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German Pages 608 Year 1848
Der
Kriegszug
Napoleons
gegen
Rußland
im Jahr 1812 .
Der
Kriegszug
Napoleons
gegen
Rußland
im Jahr 1812.
Nach den besten Quellen und seinen eignen Tagebüchern dargestellt nach der Zeitfolge der Begebenheiten von
Franz Röder, K Großherzoglich hessischem Obersten des Generalstabs. Nach des Verfassers Tode herausgegeben von dessen Sohn Karl Röder, Profeffor des Rechts zu Heidelberg.
Mit 9 plänen und
einer
Karte.
Leipzig , Verlag von Wilhelm Engelmann. 1848.
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Vorwort des Herausgebers .
Wenn zuverlässige Berichte über selbsterlebte merkwürdige Zeitereignisse, zumal dann wenn der Berichterstatter mithandelnde Person war, zu den besten Quellen der Geschichte gehören, dann darf der Herausgeber der vorliegenden Schrift wohl auch für diese auf einige Beachtung Derer hoffen, denen geschichtliche Wahrheit am Herzen liegt ; denn deren Verfasser spricht hier als Augenzeuge
und zwar nicht bloß aus dem Gedächtniß,
sondern größtentheils aus an Ort und Stelle gemachten genauen Aufzeichnungen
über die Begebenheiten eines Kriegszugs,
der an Großartigkeit und Umfang seiner Vorbereitungen wie ſeiner Ausführung überhaupt in der Geschichte, wenigstens der gebildeten Nationen Europa's ,
ohne Beiſpiel ist und deſſen
Ausgang einen ewig denkwürdigen Wendepunkt bezeichnet in der Geschichte des gesammten europäischen Volks- und Staatslebens, ganz insbesondere aber in der Entwickelung unsers Volks. Denn bei dieſem knüpfte sich daran der erste kräftige Verſuch, aus
mehrhundertjähriger äußerster politischen Ohnmacht und
Versunkenheit sich allmählich wieder die Stellung und Rolle im Nath der Nationen zu erringen, wie sie dem Herzen von Europa gebührt und wie sie vor Zeiten auch unbestritten ihm zuerkannt ward.
Für uns, mehr noch wie für andere Völker, spielte Na-
poleon in der Hand der Vorsehung sichtlich, wenn auch ohne ſein
VI Wollen und Verdienst , die Rolle des Geburtshelfers unsrer Nationalität , unsrer
endlich nicht mehr bloß geistigen
Volkseinheit, die für uns schon darum eine doppelt schwere Schmerzengeburt sein zu müssen schien , damit wir die theuer erkaufte Frucht endlich erkennen , lieben und bewahren lernen. Es bedurfte, scheint es, dieses ganzen Uebermaßes von universalmonarchischem Uebermuth einer- und willenloser Verknechtung andrerseits , womit Europa's Völker - und vor allen unser
deutsches Volk — an den Siegeswagen des Helden des Jahrhunderts gekettet waren, dieses Herrschers kraft natürlichen Berufsrechts , der , zum Bändiger und Ordner der entfesselten Elemente seiner Zeit wahrhaft geboren, zu Anfang seiner ruhmreichen Bahn als Vertreter und Werkzeug der unwiderstehlichen Ideen einer neuen Zeit erschien und von ihnen getragen und auf den Gipfel der Größe emporgehoben ward, dann aber, als er mehr und mehr sich ihnen untreu erwies , ebendamit die Wurzeln ſeiner irdischen Allmacht sich selber abgrub ; es bedurfte vielleicht dieses Uebermaßes einer echt macchiavelliſtiſchen inneren und äußern Politik, einer Politik , die mit äußerster Mißachtung jedes Schattens von Volksleben Alles im Staats- und Staatenleben mechanisirte und uniformirte, mithin abtödtete und entſittlichte , um endlich die mißhandelten Völker wieder zum verlorenen Bewußtsein ihrer selbst zu bringen und ihnen die Ueberzeugung tief in Fleisch und Blut dringen zu lassen : daß kein Talent, auch das größte nicht , die Befugniß geben könne zur eigenwilligen Leitung von Völkern , die der Vormundschaft entwachſen ſind , sowie zum Segen einer bloßen , durch die Zweckerreichung sich geheiligt dünkenden Klugheit und Gewalt an die Stelle des ewigen Rechts und der Sittlichkeit ; daß endlich nur eine auf diese Grundsäulen sich stügende Staats-
VII weisheit fortan sich versprechen dürfe , auf die Dauer mit Erfolg die Geschicke der Völker zu lenken.
Nichts hat zugleich
eindringlicher das Unhaltbare abſoluter Herrscherwillkür gepredigt nach Unten wie nach Oben , als Napoleons riesige Versuche, aus Frankreich und Europa einen ungeheuern Automaten zu machen, dessen einzige Triebkraft er selbst sein sollte !
Hoffen
wir , daß die Frucht der welterschütternden Ereignisse nicht, wie es bisher zuweilen fast den Anschein hatte , uns verloren sei! -
abermals für
Jeder tüchtige neue Beitrag zum Verständniß Deſſen, was die gewaltige Katastrofe herbeiführte, die das Drama dieſes in ſeiner Art einzigen Feldzugs beschloß und den Glauben wiedererweckte ,
daß höhere Mächte als das bloße Herrscher- und
Feldherrntalent in der Menschengeschichte walten , wird , wie der Herausgeber hofft , den Geschichtsorschern sowohl als den Zeitgenossen überhaupt um so willkommener sein , je geringer in Verhältniß zu dem Umfang und Einfluß der Begebenheit noch immer die Zahl der eigentlichen Quellenſchriften , zumal der deutſchen , ist und je lebhafter darum Männer , deren Urtheil das größte Gewicht hat , den Wunsch kundgegeben haben, daß die reinen Quellen aus jener thatenreichen Zeit (z. B. Tagebücher u. dergl.) reichlicher fließen
möchten
als
bisher.
Diesen Wunsch, soviel an mir war , zu erfüllen durch Herausgabe der gegenwärtigen Schrift meines verstorbenen Vaters, hielt ich ebensosehr für Pflicht gegen diesen , der mir dieselbe zu freier Verfügung anheimgegeben hatte, als gegen das Publikum ; um so mehr als ich glauben durfte , daß darin schägbare und nicht selten unersegliche Beiträge zur
Geschichte dieſes
merkwürdigen Krieges enthalten seien. Es bleibt mir nur noch übrig , das Nöthigste zu berichten
VII über die Schrift selbst , ihre Quellen , Veranlaſſung und dermalige Gestalt, ſowie über Das worauf sich meine Mitwirkung, als Herausgeber , beschränkt. Die merkwürdigste der bei dieser Feldzugsgeschichte von meinem Vater benugten Quellen ,
wohl ziemlich einzig in
ihrer Art , wie davon die Selbstsicht Jeden leicht überzeugen find seine eignen Tagebücher. Ein paar Worte über wird die Beschaffenheit dieſer Quelle und , soweit es zu ihrer Kennzeichnung wesentlich scheint , über Den von dem sie ausgeht, find daher hier wohl an ihrer Stelle. Mein Vater, Kriegsmann mit Leib und Seele, hatte ſchon vor dem Beginn seiner langen Kriegslaufbahn , d. h. vor den Revolutionsfeldzügen , während eines zweijährigen Aufenthalts auf der Hochschule zu Heidelberg (vom Herbst 1791 bis dahin 1793) , um die Rechte zu studiren , zwar nur nebenbei , aber mit größtem Eifer , sich den kriegswissenschaftlichen Studien ergeben , wie zahlreiche Arbeiten von seiner Hand aus jener Zeit es darthun.
Diese so früh und ſtark ausgesprochene Vor-
liebe für seinen späteren Lebensberuf erklärte sich aber nicht bloß daraus , daß er - ich darf es gewiß mit voller Zustimmung aller Derer sagen , die ihn im Leben und Wirken mit der Feder wie mit dem Degen kannten - wie Wenige für diesen Beruf geboren war.
Sie war vielmehr hauptsächlich
wie er selbst sich darüber in einem Entwurf seiner Lebensgeſchichte ausspricht : „die Frucht eines Traums , der aus dem Knabenalter stammte , und jezt
(auf Univerſität)
mit einem
gleichgesinnten Jugendfreunde vollständig in ein System gebracht wurde , um in die Wirklichkeit geführt zu werden , eines Traums , der zu wichtig in meinem Leben ist , als daß ich ihn mit Stillschweigen übergehen könnte, denn er gab meinem Thun
-
IX
eine auf die Folgezeit sehr Einfluß habende Richtung."
Den
eigenthümlichen Anlaß zu diesem „ Jugendtraum“ gab nämlich ein besonders lebhaftes Dankgefühl meines Vaters gegen das alte Hellas ; dieses aber hatte seinen Grund darin , daß das Studium vor Allem der Geschichte der Griechen es war, was ihm ,
der als Knabe unter der pfäffischen Regierung Karl
Theodors von der Pfalz auf den besten Weg gelangt war, Kapuziner zu werden , sehr bald den Staar gestochen , „ alle Kapuzinaden aus dem Kopf gebracht“, und ihn gewissermaßen geistig errettet hatte.
Von diesem Gefühl durchdrungen wollte
er , und mit ihm sein erwähnter Freund, zum Dank sein Leben der Befreiung der Nachkommen der alten Hellenen weihen, und bereitete sich dazu besonders
durch kriegswissenschaftliche und
mathematiſche Studien vor mit einem Ernst, der ihn zwei Jahre hindurch die größten Anstrengungen, äußeren Opfer und Entbehrungen nicht scheuen ließ *) , und mit einer Nachhaltigkeit, wozu nur das Feuer der reinsten Jugendbegeisterung, verbunden mit der Kraft eines festen Charakters , die Fähigkeit geben konnte.
Der Entwurf zur Ausführung dieſes „ Jugendtraums“
ward auch mit so großer Umsicht und Besonnenheit angelegt, und Alles , soweit irgend möglich bis ins Einzelne , dazu vorbereitet , daß mein Vater noch in spätern Jahren dafür hielt, daß er es auch jest kaum besser einzuleiten wissen würde , und daß schon mancher Neugrieche mir sein Erstaunen über die
*) So gab er , um seine sehr kärglichen äußeren Mittel zur Anschaffung der nöthigften Bücher und Karten zu vermehren und noch, wo möglich , jedes Jahr etwas Bestimmtes für den Anfang zurückzulegen, nicht nur täglich Unterricht , sondern entzog sich auch oft lange Zeit den Genuß warmer Speifen ; so daß er wirklich nach nicht ganz zwei Jahren faft 200 Gulden überſpart hatte.
daraus hervorgehende ausgedrückt hat *) .
genaueste Kunde von Land und Volk
Indeſſen mußte dieſer Plan, bei der äußeren
Mittellosigkeit meines Vaters , schon völlig scheitern an dem vorfrühen Tode seines bemittelteren Studienfreundes. Das meinem Vater lieb gewordene Fach und die den Friedensstudien äußerst ungünstige Zeit führten ihn bald darauf seinem künftigen Berufe zu , und zwar unmittelbar ins Feldlager.
Die früh erworbene Liebe zur Sache und die Gewohn-
heit , bei aller Kriegsbeschäftigung seines ganzen vielbewegten Lebens niemals
über der Ausübung der Kriegs - Kunft die
Grundsäge und den Geist der Kriegs - Wissenschaft aus dem Auge zu verlieren, auf Schritt und Tritt sich Rechenschaft über das Gesehene, Gehörte und Gelernte zu geben, unabläſfig alles irgend Bemerkenswerthe gewissenhaft aufzuzeichnen, verließ ihn aber in keinem Augenblick.
Daher die seltne Ausdauer , mit
der er in allen seinen Feldzügen jede nur irgend , wenn auch auf Kosten der Nachtruhe , zu
erübrigende Minute auf die
Führung seiner Tagebücher verwandte.
Von allen seinen Feld-
zügen sind diese mit der größten Genauigkeit und Ordnung geführten Tagebücher vorhanden, voll des mannichfaltigſten und interessantesten Inhalts. Am Merkwürdigsten und ihres Gleichen suchend sind aber die beiden äußerst eng geschriebenen Bände ſeines Tagebuchs über den Feldzug vom Jahr 1812.
Auch während des beiſpiel-
*) Zahlreiche Entwürfe von Befestigungen , besonders auf Poros und Hydra , wo begonnen werden sollte , find noch heute vorhanden. Zu meines Vaters nicht geringer Freude , und zum Beweis , daß der Punkt, von wo nach seinem Plan der erfte Schritt für Befreiung geschehen sollte , nicht übel gewählt war , gingen 30 Jahre später gerade von da die erften Versuche aus.
XI losen Jammers des Rückzugs , mit Ausnahme weniger Tage vor dem Eintreffen in Wilna,
wo das Uebermaß des Elends,
der Kälte, des Unwohlseins , ſeinem Schreiben ein Ende gemacht hatte , das er aber sogleich in Wilna nachholte, ―― find ſie mit eiserner Beharrlichkeit fortgeführt , ſehr oft im Rauch der Biwackfeuer, mit von der Kälte geschwollenen Händen und einer Schrift , die deutliches Zeugniß von der übeln Lage abgibt , in der sie entstanden ist ; -- weil , wie mein Vater oft äußerte, auch in dieser verhängnißvollsten Zeit des Feldzugs, wo die äußerste Ermüdung und Abstumpfung auch auf das Gedächtniß zurückwirkte , der Gedanke ihn nie verlassen habe, daß, was er nicht auf der Stelle aufschreibe , fast nothwendig vergeffen und für immer ihm verloren sein werde.
Auf diese Weiſe
find , ebenfalls in eroberten Augenblicken, einige der beigefügten Pläne (nämlich der von Smolensk und Dorogobusch, Wjäsma und Witebsk) , die sonst entweder noch gar nicht oder doch nicht richtig vorhanden sind, an Ort und Stelle von ihm entworfen worden.
Gar manche lehrreiche und anziehende Schilderungen und Betrachtungen, die in den Tagebüchern , außer dem daraus in die vorliegende Schrift Aufgenommenen, enthalten sind, würden allerdings geeignet gewesen sein, das Interesse dieser Darstellung, zumal für den nicht kriegskundigen Leser , merklich zu erhöhen, und jene sind darin gewiß noch lange nicht genug , obgleich, wenigstens in Hinsicht des Militärischen, doch schon etwas mehr benugt worden als in der ursprünglichen , übrigens viel umfafsenderen Arbeit , die der hier veröffentlichten zum Grunde liegt. Diese ursprüngliche Arbeit war nämlich eine amtliche, die mein seliger Vater im Auftrag des Generalstabscommandos ausgeführt hatte unter dem Namen von „ Materialien zur Ge-
XH schichte des Feldzugs in Rußland im Jahr 1812 , als Beitrag zu einer fünftigen Geschichte des großherzoglich hessischen Militärstaats “, und die sich an die von ihm und Andern ebenfalls amtlich zusammengestellten Materialien für die Geschichte der übrigen Feldzüge der heffendarmstädtischen Truppen anschließt. Die eben erwähnte ausführlichere Arbeit hatte nun zwar zunächst die Aufgabe ,
bis ins Einzelne alles auf das hessische
Militärwesen und den Antheil der Hessen am russischen Feldzuge darzustellen , enthält aber zugleich eine ganz vollständige Geschichte dieses Feldzugs überhaupt , und stüßt sich nicht nur auf alle bis dahin bekannt gewordenen deutschen und nicht deutschen Quellenschriften ,
die in jener Urschrift aufs Aller-
genaueste überall angegeben sind , sondern auch auf zahlreiche bis dahin unbekannt und unbenugt gebliebenen amtlichen und nichtamtlichen Quellen (Berichte , Tagebücher des hessischen Generalcommandos oder einzelner Truppentheile , sowie auf schriftliche und
mündliche Mittheilungen der glaubwürdigsten
Augen- und Ohrenzeugen) ,
endlich und vor Allem
auf die
vorerwähnten eignen Feldzugstagebücher meines Vaters . Aus dieser umfassenderen Arbeit hat nun mein Vater alles, aber auch nur das allgemein , für die rein militärische Geschichte oder auch sonst , Bemerkenswerthe ausgehoben und in gegenwärtiger Schrift niedergelegt ,
noch Manches verbeſſert
und, namentlich aus seinen Tagebüchern , hinzugefügt.
Von selbst versteht sich übrigens , daß hier wie dort mit größerer Genauigkeit , als es von ausländischen Schriftstellern geschehen ist und auch wohl geschehen konnte , der bedeutende. Antheil besprochen worden ist , der an den Thaten des Feldzugs den deutschen Truppen zufällt.
Ueber die Theilnahme der hef-
sischen Truppen aber ist hier überhaupt zum ersten Male,
XIII quellenmäßig und umfassend Näheres berichtet worden.
Dieß
Legte würde vielleicht passend schon auf dem Titel des Buchs bemerkt worden sein , wenn nicht dadurch leicht die irrige Vorstellung hätte erzeugt werden können , als ſei nur hiervon und nicht auch , und vorzüglich , von einer allgemeinen Geschichte des ganzen Kriegszugs die Rede. Nach dem Allen erscheint dieses Werk nicht nur durch zahlreiche , über manche Vorgänge dieses Feldzugs hier zuerst gegebene zuverlässige Nachrichten als eine neue Quelle für dessen Geschichte , sondern ich darf auch wohl glauben , daß überhaupt an Reichthum eines authentischen und ,
insofern
als es von andern Augenzeugen herrührt, wenigstens mit militäriſchem Auge kritisch gesichteten Stoffs das Werk im Ganzen jedem andern sich an die Seite stellen darf, auch wenn es ohne Zweifel in Einzelnem noch mancher Berichtigung und Ergänzung bedarf, zumal durch die in den lezten Jahren ſeit ſeiner Abfaffung erfolgten Veröffentlichungen Anderer. Nur die Lieferung eines möglichst treuen und reichen Stoffs für den künftigen Geſchichtschreiber war überhaupt bei der ganzen Arbeit ins Auge gefaßt.
In diesem Sinn ist denn auch, der leichtern Benugung
halber, nicht nur die Zeitfolge der Begebenheiten soviel möglich beibehalten , sondern wohl auch die an sich störende , aber die Uebersicht der einzelnen Vorgänge befördernde Zerfällung der Kapitel in SS gewählt worden.
Ebendeßhalb sind auch nur
gelegentlich kurze Bemerkungen , meist militärischer Art , über das Eine oder Andere eingestreut und fast alle ausführlicheren Betrachtungen vermieden worden.
Eine eigentliche Verarbeitung
der einzelnen Bilder und Gruppen in ein, allen Anforderungen der Kunst genügendes , historisches Gesammtgemälde , in der Art wie es mit anerkennenswerthem Geschick der ungenannte
XIV Verfasser des 1844 in 3 Bänden erschienenen ,,Buchs vom Jahr 1812" versucht hat , war nicht beabsichtigt , ergibt sich aber freilich schon aus
der' natürlichen Aneinanderreihung der
Begebenheiten fast von selbst.
Wohl aber lag es in der Absicht
meines Vaters , in einer ausführlicheren Einleitung sich näher über den ganzen Feldzug in militärischer und politischer Hinsicht auszusprechen.
Ein Schlaganfall , der ihn im Sommer 1837,
drei Jahre vor seinem Tode, traf, machte ihm die Ausführung leider unmöglich, und ich durfte nicht wagen, aus den wenigen Andeutungen , die sich darüber vorfanden , in seinem Sinn das Fehlende zu ergänzen.
Die dermalige allzukurze Einleitung,
die er nur einstweilen beigelegt hatte, ist fast buchstäblich dieselbe womit er sein Tagebuch vom Jahr 1812 eröffnet hatte. Zu deren Vervollständigung aber , wenigstens soweit sie zur Andeutung der ferneren Heerbewegungen bis zum Beginn der Feindseligkeiten unerläßlich war , konnte ich ganz füglich und beinahe wortgetreu Deſſen mich bedienen , was sich darüber in den Tagebuchsbeilagen vorfand.
Nur in diesen wenigen Be-
ziehungen war mir für die Herausgabe noch etwas nicht ganz Unerhebliches zu wünſchen übrig geblieben. Soviel glaube ich indessen hier sagen zu sollen über die Ansicht meines Vaters vom ganzen Feldzuge, daß sie am Meiſten und mitunter auf eine mich ganz überraschende Weise zuſammenstimmte mit der des Verfaſſers des vorhin erwähnten mehre Jahre nach meines Vaters Tod erschienenen „ Buchs vom Jahr 1812".
Namentlich auf diese , sowohl durch den Reichthum
der mitgetheilten Thatsachen, als durch ein überall unparteiisches und kerngesundes Urtheil ausgezeichnete Schrift, sowie auf den ſiebenten Band der nachgelassenen Werke von Clausewig , den mein Vater ebenfalls nicht mehr hatte benugen können , habe
XV
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ich mir erlaubt hier und da, wo daraus Ergänzungen, Berichtigungen oder Bestätigungen sich entnehmen ließen , in kurzen Anmerkungen oder Zusäßen zu verweisen.
Die vorerwähnte
Uebereinstimmung der Ansichten zeigt sich besonders in einer ganz ähnlichen Beurtheilung der meisten über diesen Feldzug bisher erschienenen Schriften , z. B. des „Romans “ von Segür im Gegensatz zu den durch Sachkunde und Wahrheitsliebe äußerst verdienftlichen und brauchbaren Arbeiten von Chambray, Gourgaud , Buturlin u. s. w.; nicht minder zeigt sie sich in dem Urtheil über Napoleon selbst als Herrscher und Feldherr überhaupt , und insbesondere während dieses Krieges .
Auch mein
Vater war , ebenso wie jener ungenannte Verfaſſer , der Meinung ,
daß nach den Grundſägen der Kriegskunst der Feldzug
eine ganz andere Gestalt hätte annehmen müssen und , nach Napoleons ursprünglichem ,
mit größter Umſicht berechnetem
Plan , wohl auch hatte annehmen sollen , als er sie durch die Gewalt der Ereignisse, die ihn weit über die vorausbestimmten Gränzen fortriß, später wirklich annahm ; daß ferner an seinem unglücklichen Ausgang mehr als Alles die Gewiſſenlosigkeit der französischen Kriegsverwaltungsbeamten und die Vernachlässigung der beſtimmteſten Befehle, zumal in Bezug auf die Verpflegung des Heers , endlich ein Zuſammentreffen von verhängnißvollen Umständen Schuld war , die sich aller Berechnung entzogen. In einer kurzen Skizze von meines Vaters Hand über sämmtliche Feldzüge finde ich die Bemerkung :
„Alle Pläne
dieser 14 Campagnen Napoleons waren den wahren Prinzipien des Kriegs angemessen ; seine Kriegszüge waren kühn , aber methodisch.
Nichts ist mehr als Dieses durch die Defensive
an der Etsch 1796 bewiesen , wo das Haus Oestreich mehre Armeen hintereinander verlor und durch jene an der Paſſarge
XVI 1807 , um die Belagerung Danzigs zu decken."
Jener Sag
wird nun in Kürze an allen einzelnen Feldzügen erläutert , an dem des Jahrs 1812 mit folgenden Worten :
„, 1812 waren
Danzig , Thorn , Modlin, Praga ſeine Pläge an der Weichſel, Grodno ,
Wilna , Minsk seine Magazine in der Nähe des
Niemen ; Smolensk sein großer Depotplag für seine Bewegung nach Moskau.
Während dieser Operation hatte er alle acht
Marschtage einen befestigten Stügpunkt ; alle Posthäuser waren crenelirt und verschanzt , von nicht mehr als einer Compagnie mit einer Kanone beſegt : was indeſſen dergestalt die Verbindung sicherte , daß während des ganzen Feldzugs keine Eſtafette, kein Convoi dem Feinde in die Hände fiel ; daß selbst während des Rückzugs ,
die vier Tage ausgenommen wo der Admiral
Tschitschagof an
der
Beresina stand
und geworfen wurde,
die Armee beständig die Verbindung mit ihren Depots frei hatte" *). Zu den einzelnen im Buche selbst vorkommenden Andeutungen , woraus mehr oder minder deutlich die Ansicht meines
*) Von den Feldzügen des Jahrs 1813 und 1814 ist gefagt : ,,1813 waren Königstein , Dresden , Torgau , Wittenberg , Magdeburg , Hamburg feine Pläße an der Elbe , Merseburg , Erfurt , Würzburg seine Eschelons , um rückwärts zum Rheine zu gelangen. In dem Feldzuge von 1814 hatte er überall Pläße , und man würde die ganze Wichtigkeit der flandrischen inne geworden sein , wenn Paris nicht durch Verrätherei dem Feinde in die Hände fiel ; und auch selbst nachdem es gefallen , wenn nicht der Uebergang des 6. Armeecorps zum Feinde Napoleon verhindert hätte auf Paris zu marſchiren , würden die Alliirten diese Stadt zu verlassen gezwungen gewesen sein , indem ihre Generale ficher eine Schlacht auf dem linken Seine- Ufer nicht gewagt haben würden , wobei sie diese große Stadt im Rücken behielten , die fie erst seit drei Tagen befeht hatten. Die Verrätherei mehrer Minister und Civilbeamten begünstigte das Einrücken des Feindes in Paris, aber nur jene eines Marschalls hinderte , daß diese momentane Beseßung der Hauptftadt den Alliirten nicht verderblich wurde.“
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XVII
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Vaters über den Feldzug und dessen unglücklichen Ausgang erhellt (z. B. S. 58, 63 u. f. f. , besonders aber S. 185 bis 188), glaube ich noch eine dort fehlende Stelle des Tagebuchs hinzufügen zu sollen ,
die sich anschließt an die auf S. 329
aus demselben mitgetheilten Worte über die vielen Erfrornen : „ihr Tod hat eher etwas Reizendes als Abschreckendes“ ; ſie ist am Biwackfeuer
zu Koritnja geschrieben *) und
lautet :
„Man geht vorbei , wahrlich ungerührt ! weil dieser heillose Krieg , die täglichen gräßlichen Scenen des Elends , alles Gefühl für Anderer Leiden abgeſtumpft haben , und eignes Elend Jeden auf sich selbst aufs Strengste reducirt hat. — Niemand, der es nicht mit angesehen , hat auch nur eine Idee von dem Zustande dieser einst so prächtigen Armee, Niemand von dem gesunkenen Geiste derselben.
Wir Deutschen müssen den fran-
zösischen Garden sagen , nicht das Vertrauen zu ihrem großen Feldherrn zu verlieren , deſſen jeziger Kriegszug nach Moskau nur ein militäriſch- politischer Verſuch , aber von hoher Wahrſcheinlichkeit, war, uns dadurch den Frieden aufs Schnellste wiederzugeben.
Daß wir die russische Armee nie an solchen
Stellen zum Schlagen bringen konnten , wo sie zur totalen Niederlage , zur unordentlichen Flucht zu bringen war , Wer konnte Dieß bei unserm raſchen Vorrücken erwarten, und Wer hat nicht das Gegentheil
geglaubt ?
Wer konnte erwarten,
daß der schwache Charakter des ruſſiſchen Kaiſers nicht nach-
*) Nach der ebenfalls auf S. 329. angeführten Stelle: „ Wir marschiren heute -- (bis) Nacht" , fährt nämlich das . Tagebuch fort: ,,Meine rechte Hand (mit Nichts als den Handschuhen bedeckt, die einft meine gute Mina ftrickte) scheint von Kälte gelitten zu haben und schwoll ſehr dick an , doch ist sie jest wieder in gutem Stande , denn am 15. früh 2 Uhr schreibe ich Dieß mit ihr am Feuer , nachdem ich kaum ein´ paar Stunden gelegen und geschlummert , nicht geschlafen.“
XVIII geben werde oder könne ?
Dieser Versuch kostet uns freilich
drei Viertheile der schönen Armee , die den Feldzug begann. Dieß ist freilich traurig ; und nur ein Souverän und Feldherr, wie Napoleon, deſſen bloße Gegenwart den Feind schon zittern (und jegt ängstlich vorschreiten) macht, konnte es wagen.
Jeder
Andere mußte sich auf die Eroberung und Organiſirung Polens beschränken und sich die Mittel sowie eine Basis zum zweiten Feldzuge bereiten , der dann , wie ich glaube , die Eroberung Lieflands und Efthlands, ſowie ein Vordringen bis Petersburg bezwecken mußte ; denn diese Länder konnte man dann im zweiten Winter behaupten und von da aus zum dritten Feldzuge vorschreiten.
Aber Wer erschrickt nicht vor dieser Reihe von
Feldzügen ?
Wer würde , wenn man ihm die Wahl gelaſſen,
nicht den Versuch gewagt haben , die Sache im ersten zu beendigen ?
Sollte Dieß aber geschehen, so mußte man, wie Na-
poleon , handeln ,
obgleich sich alsdann ,
versuch nicht gelang ,
wenn der Friedens-
nicht , wie er , sich so lange auf jener
äußersten Spize : Moskau verweilen" * ). Abgesehen von den wenigen oben erwähnten Beziehungen, in denen mir für die Herausgabe noch Etwas zu wünſchen geblieben war , lag im Uebrigen das Werk ganz vollſtändig vor und war fast ganz (nämlich bis zum § . 2 des 82. Kapitels)
*) Das Tagebuch fährt hier folgendermaßen fort: ,, Alle Infan terieregimenter der bisher activen Armee find , in dem Augenblicke wo wir Smolensk verlaffen , auf 7 ihrer Combattanten herabgeſchmolzen, die Cavalerieregimenter völlig auf ein Nichts (etwa ) heruntergekommen, auch die alten Garden auf 4 und die jungen Garden auf zusammengeschmolzen. Demungeachtet scheinen uns die Ruffen aus dem Schach zu lassen, wie es bei ihren Mitteln zu verfolgen faft unglaublich ift, und unser Kaiſer hat die Zeit seine Reservearmeen anrücken und vor den Riß treten , uns aber Winterquartiere beziehen zu laſſen.“ [Was nun freilich eine herbe Täuschung war !]
-
noch von meinem Vater worden.
XIX
eigenhändig ins Reine geschrieben
Nicht geschehen war dieß Legte nur mit einigen Ka-
piteln am Schluß ,
zu denen auch die
Inhaltübersicht noch
fehlte , und deren legtes , das die Fortführung der Geſchichte des Rückzugs bis ins Jahr 1813 enthält , ich , in besonderer Rücksicht auf die hessischen Truppen , nicht für überflüssig gehalten habe durch Auszug aus der größeren amtlichen Arbeit noch bei Lebzeiten und mit Wiſſen meines Vaters hinzufügen zu lassen, deſſen ursprüngliche Absicht dahin gegangen war, die Geschichte am Niemen ebenso wieder endigen zu lassen wie sie dort auch angefangen war.
Von dem Punkt an , wo mein
Vater selbst nicht mehr den Auszug aus der umfassenderen Arbeit ins Reine gebracht , sondern nur der Corpsschreiber des Generalstabs die mehr oder minder allgemein intereſſanten SS daraus abgeschrieben hat, (freilich nach einer ihm ſchon früher darüber ertheilten Anweiſung und mit einer durch viele Uebung unter Leitung meines Vaters erlangten Sicherheit), mag überhaupt Manches allerdings eine etwas andere Gestalt angenommen haben , als sie mein Vater ſelbſt ihm gegeben haben würde. Um das Werk ganz druckfertig zu machen, blieb mir hiernach nicht viel Mehr übrig als eine legte genaue Durchficht. Mein Hauptaugenmerk dabei ging lediglich auf die Berichtigung unbedeutender Versehen ,
Auslassungen ,
Nachlässigkeiten
im
Ausdruck, ſowie auf Beseitigung mancher vermeidlicher Fremdwörter ; doch war hierbei und bei Schreibung der polnischen und russischen Ortsnamen eine durchgehende Folgerichtigkeit nicht wohl zu erreichen.
Von großer Hülfe war mir bei man-
chen zweifelhaften Stellen die Vergleichung mit der ausführlicheren amtlichen Urschrift , deren Einsicht ich der Gefälligkeit
XX des großherzoglich hessischen Kriegsministeriums verdanke. Auch gab ich mir alle Mühe , um den Druck des Tertes sowohl als der Pläne , von denen ich selbst einige (nämlich den von Witebsk , Smolensk , Dorogobusch und Wjäsma) nach den Entwürfen und der Anleitung meines Vaters ins Reine gezeichnet hatte, von Fehlern frei zu halten.
Daß die Karte , in der
mein Vater selbst unterwegs (man vergl. auch Kap. 45. ) die einzelnen Namen von Witebsk bis Wjäsma möglichst genau eingetragen hatte ,
nur
ein Bruchstück geblieben und ſo zum
Ueberblick des ganzen Feldzugs nicht wohl geeignet iſt, iſt nicht meine Schuld ,
ſondern nur durch ein Versehen bei der Aus-
führung herbeigeführt. Ich schließe mit der Hoffnung , daß die Schrift allen Denen von Nugen sein werde ,
denen es um geschichtliche
Wahrheit zu thun ist , und mit dem besondern Wunsch , daß fie ein Weniges beitragen möge , den alten Kriegern aus jener ereignisvollen Zeit , und namentlich den wenigen noch übrigen Kriegsgefährten meines seligen Vaters , eine lebendige Rückerinnerung zu gewähren an den Antheil , der ihnen selber an den merkwürdigen Thaten und Leiden jenes großartigen Kriegszugs beschieden war. Seidelberg, zu Anfang Januars 1848.
K. Röder.
Inhalt.
Einleitung Erstes Kapitel. Heerbewegungen vom Betreten der ruffischlitthauischen Gränze an durch die franzöfifchen Heere bis zu Ende Juni
Geite 1
Zweites Kapitel. Militärische und politische Anordnungen Na• 13 poleons nach der Occupirung Wilnas bis Ende Juni Drittes Kapitel. Wetterveränderung und daraus hervorgehender Fallen der großer Nachtheil für die franzöfifchen Armeen. . 17 Pferde und Leiden der Soldaten Viertes Kapitel. Heerbewegungen in der erften Decade des Juli 19 (franzöfifcher- und ruffiſcherſeits) Fünftes Kapitel. Heerbewegungen in der zweiten Decade des Juli bis zur Beendigung des erften Abschnittes des - Feldzugs (am 16. Juli)
21
Sechstes Kapitel. Fortseßung der Heerbewegungen bis zur Be= endigung des ersten Abſchnittes dieſes Feldzugs (mit dem 16.Juli) 25 Auf den Krieg influirende Tractaten mit
Achtes Kapitel . Heerbewegungen in der leßten Hälfte des Juli, und zwar vom 18. bis 22. Gefecht bei Eckau .
28 N w ∞ ∞
Siebentes Kapitel. Schweden
28
Neuntes Kapitel. Treffen von Mohilew zwischen der zweiten russischen Weftarmee und den Truppen des Fürften Eckmühl .
33
Behntes Kapitel. 25. Juli
36
Fortseßung der Heerbewegungen vom 22. bis
Elftes Kapitel. Die Treffen und Gefechte von Oftrowno , am 38 25., 26. und 27. Juli Zwölftes Kapitel . Schönes Manöver Barklays , den Abzug feines Heeres von Witebsk zu maskiren, und Vorbereitungen Napoleons 42 zur Schlacht dafelbft Dreizehntes Kapitel. Rückzug des ruffischen Heers des Generals Barklay von Witebsk und Vorrücken Napoleons mit dem ſeinigen dahin. Raft
43
---
XXII
Sette Vierzehntes Kapitel. Bewegung und Stellung der franzöfifchen Heertheile, besonders des Centrums und linken Flügels in der legten Halbdecade des Juli. General - Gouverneur Litthauens 45 zu Wilna. Verpflegung des Heeres Fünfzehntes Kapitel. Vorrücken des ruffiſchen äußersten Linkenflügelbeeres unter Tormassow und Gefecht von Kobryn am · 47 27. Juli Sechzehntes Kapitel. Gefecht und Treffen bei Jakubowo und Treffen an der Driffa zwischen dem ersten russischen und zweiten franzöfifchen Armeecorps , am 30. und 31. Juli und 1. August Siebzehntes Kapitel. Vorrücken der französischen Reserve - Armeecorps (des 9. und 11.) Außerordentliche Anstrengung Beseßung Dünaburgs . Polens. Achtzehntes Kapitel. Gegenseitige Lage und Stellung des franzöfifchen und ruffischen Heers zu Anfang Augusts und während Napoleons Residenz zu Witebsk. Bei dem erften Krankheiten und Mangel an Verpflegung und Heilanstalten Neunzehntes Kapitel. Projekt des russischen Oberfeldherrn die franzöfifche Armee_zwiſchen Onjeþr und Düna zu überfallen, und Ueberfall der Vortruppen derselben zu Inkowo. Gegen anftalten Napoleons und Entschluß wieder vorzurücken
60
Zwanzigstes Kapitel. Treffen von Gorodeczna (am 12. Auguft) und Rückzug von Tormafſows Armee bis hinter den Styr .
64
49
1241
52
54
Einundzwanzigstes Kapitel. Bewegungen und Operationen des franzöfifchen Hauptheeres in der zweiten Decade des Augufts und Gefecht der Cavalerie mit der ruffischen Infanteriedivifion 67 Newerowski (den 14.) Zweiundzwanzigstes Kapitel. Fortseßung der Bewegungen des franzöfifchen Hauptheeres bis zum Anlangen vor Smolensk (am 70 16. Auguft) und Gegenhandlung des russisches Heeres . . Dreiundzwanzigstes Kapitel. Lage und Befestigung von Smolenst*) . Vierundzwanzigstes Kapitel. 17. Auguft
73
Treffen von Smolensk , am • 78
Fünfundzwanzigstes Kapitel. Einnahme von Smolensk (am 18. Auguft ) durch die Franzosen ; Uebergang derfelben aufs rechte Dnjeprufer und Abzug Barklays mit der 1. ruffischen 82 Weftarmee auf der Straße von Moskau . • Sechsundzwanzigstes Kapitel. Verfolgung der bei Smolensk abziehenden ruffifchen ( 1. Weft-) Armee und blutiges Treffen 86 (Gemeßel) von Valutina (am 19. Auguft) · Siebenundzwanzigstes Kapitel. Ereignisse bei Polosk in den zwei erften Decaden des Monats Auguft, und Schlachten daselbft 95 am 17. und 18. Auguft
* Der von mir aufgenommene Plan nach dem Augenmaße , wie ich ihn zu Smolensk frizzirte, ist von meinem Sohne ins Reine gezeichnet , hier beigefügt , das Original aber an den Generalstab abgegeben worden.
XXIII
Gette Achtundzwanzigstes Kapitel. Rückzug der ruffischen Hauptarmee bis Zolomischtſche * ) (diesseits Gschatsk) und Vorrücken der französischen bis Wjäsma 2c. oder bis zum 31. Auguft . . 99 Neunundzwanzigſtes Kapitel. Vorrücken des 9. Armeecorps unter Marschall Victor von Tilfit nach Smolensk. Schuß 105 der Communicationen. www Witebsk - Bobruisk 2c. Dreißigstes Kapitel. Ereignisse an der unteren Düna in der legten Decade des Augusts bei dem 10. Armeecorps der großen Armee und dem russischen Corps von Effen. Gefechte bei Gräfenthal und dem Schockhof zwischen den Preußen und Ruffen 112 Einunddreißigstes Kapitel. Auf den Krieg influirender Tractat 114 zwischen Schweden und Rußland. ( S. VII . ) .. Zweiunddreißigstes Kapitel. Heerbewegung in den erften Tagen des Septembers und Vorbereitung Napoleons zur Schlacht diesseits Moskau. Gefecht am 5. September oder Treffen bei . . 114 Szewardino Dreiunddreißigstes Kapitel. Vorfälle beim ruffischen Heer von Ende Augufts bis zur Schlacht von Borodino, besonders Wechsel des Oberbefehls bei demselben. Vorbereitung zur Annahme der Entscheidungsschlacht und Beschreibung des Schlachtfeldes . 119 Vierunddreißigstes Kapitel. Schlacht an der Moskwa oder von Borodino , am 7. September. (S. Plan V.) . . . . 125 Fünfunddreißigstes Kapitel. Rückzug der ruffischen Armee nach der Schlacht von Borodino und Vorrücken der franzöſiſchen nach Moszaisk u. f. w. bis Moskau. Schauderhafter Zu . . 154 Atand der Verwundeten Sechsunddreißigstes Kapitel . Das russische Heer zieht sich hinter Moskau zurück und diese Reichshauptstadt fällt in die Hände des franzöfifchen. Einzug Napoleons daselbst (am 15. September). Ruffische Vorbereitung zum Anzünden der Stadt. · 161 Cantonirung der französischen Arméecorps daselbft Siebenunddreißigſtes Kapitel. Der Brand von Moskau. Ausund Wiedereinzug des kaiserlich - französischen Hauptquartiers 166 dafelbft 2c.. Achtunddreißigstes Kapitel. Bewegungen der russischen und franzöfifchen Hauptarmee zur Zeit und kurz nach dem Brande . 170 von Moskau Neununddreißigstes Kapitel. Anmarsch des 9. Armee- (Reserve-) Corps unter Marschall Victor ; dann verschiedener Verstärkungstruppen (worunter auch drei großherzoglich beffische Bataillons 172 2c.) für die Hauptarmee im September (f. XLV.) . Beunruhigung_der_Communication Vierzigstes Kapitel. Beunruhigung der Communication der franzöfifchen Hauptarmee auf der Straße von Moskau nach Moszaist durch die ruffischen Truppen, und Gefecht, füdlich Wurzewa, der französischen Garde-Dragoner und eines combinirten Bataillons (wobei eine Abtheilung des 1. Bataillons . 175 des hessischen Leibgarderegiments) gegen leßtere
Auch Saimiszce benannt.
XXIV Gette Einunddvierzigstes Kapitel. Fernere Bewegungen der gegne rischen Hauptarmeen bis zu Ende des Septembers (f. XXXVIII.), 178 resp. 4. October Zweiundvierzigstes Kavitel. Ruffische Operationen von Riga aus gegen das französische 10. Armeecorps ( Macdonald) und • 180 Ankunft von Steinheils Corps daselbst aus Finnland Dreiundvierzigstes Kapitel. Bewegung und Kriegsoperationen der Russen mit der Moldauarmee (Tschitschagofs) und der Refervearmee (unter_Tormassow) gegen den rechten Flügel des franzöfifchen 3nvafionsheeres unter Schwarzenberg und Reynier · 183 im September. Hertels Corps . Vierundvierzigstes Kapitel. Schluß einer Hauptperiode des Feldzugs mit dem September und Beginnen einer neuen (der • 185 dritten). Zustand und Stärke der franzöfifchen Armee . Fünfundvierzigſtes Kapitel. Marsch eines von Smolensk auf Moskau dirigirten Artillerie und Proviant-Wagenzugs , von drei hessischen Bataillonen escortirt ( vom 29. September bis 13. October) , und Wegbeschreibung. Verstärkungen für die Hauptarmee (f. XXXIX) . Transport russischer Kriegsgefangenen 191 Sechsundvierzigstes Kapitel. Ereignisse bei den gegnerischen Hauptarmeen in der ersten Decade des Octobers ; Friedensanträge franzöfifcher Seits ; Waffenstillstand auf den Vorposten ; 213 Stellung bei Winkowo Siebenundvierzigstes Kapitel. Bewegungen bei dem 9. Armeecorps (und insbesondere des großherzoglich hessischen Chevaulegersregiments) . Anmarsch des hessischen leichten Infanterieregiments und der Artilleriedivifion , als Verstärkungstruppen, > nach Rußland. Kutusows Thun in den ersten Tagen der · 219 zweiten Decade des Octobers Achtundvierzigstes Kapitel. Napoleon , das Hinhalten mit Friedenshoffnungen durch Kutusow würdigend , beschließt den Rückzug von Moskau, läßt ihn vorbereiten und´iſt marschfertig. Stellung des 9. Armeecorps zur Unterfüßung der bedrohten Flügel der großen Armee. Baragay d'Hilliers ſoll das Heer . . 221 in Jelnia empfangen Neunundvierzigstes Kapitel . Marsch der Armee Wittgensteins und des Corps von Steinheil zum Angriff der franzöfifchen Armeecorps unter St. Cyr bei Poloßk. Gefecht dafelbft und Gefecht Wredes gegen Steinheil. Poloßk fällt in der Ruffen 224 Hände. Rückzug und Trennung des 2. und 6. Armeecorps Fünfzigstes Kapitel. Ueberfall des combinirten Armeecorps des Königs von Neapel bei Tarutino durch Kutuſows Armee ; dann Stellung beider Theile. Napoleon bricht mit der Armee von Moskau auf gegen Kutusow und diese Stadt wird am 23. Oc= 229 tober früh ganz von den Franzosen verlassen Einundfünfzigstes Kapitel. Bewegung des Heeres von Wittgenstein und des Corps von Steinheil ruffischer Seits ; dann bes 2., 6. und 9. franzöfifchen Armeecorps in der leßten Decade des Octobers · • 236 Zweiundfünfzigstes Kapitel. Bewegungen des franzöfifchen Hauptheeres bis zum 25. October einſchließlich gegen Kutusow
XXV Seite Treffen von Malofaroslaweß. in der Richtung von Kaluga. Befehle Stellung der gegnerischen Heere nach demselben. des Kaiſers an die Plaßcommandanten auf der Hauptstraße in Beziehung auf den eventuellen Rückzug des Heeres , und Ent239 schlüsse desselben
Dreiundfünfzigstes Kapitel. Rückzug der franzöfifchen Hauptarmee von Malojaroslaweß nach Wjäsma in der Periode vom 246 26. bis Ende Octobers. Kutusows Maßregeln · Vierundfünfzigstes Kapitel. Eine Recognoszirung von Rückzugswegen nördlich und füdlich der großen Straße auf SmoTenst in der Strecke von Wiäsma bis Dorogobusch (vom 24. bis 29. October) durch die hessischen Truppen zugleich Geleit des Colonel- General Baragay d'Hilliers bis Dorogobusch . . 253 Fünfundfünfzigstes Kapitel. Bewegung des Marschalls Victor gegen Wittgenstein und Steinheil mit dem 9. uud 2. (verbundenen) Armeecorps. Gefecht bei Czasniki. — Stellung Victors 258 Witebsk betreffend . am 1. November. Sechsundfünfzigstes Kapitel. Bewegungen der ruffischen Truppen (im October und November) unter Tschitschagof und Hertel auf dem rechten Flügel des französischen Heeres ; ihr Marsch an die Berefina in den Rücken der französischen Hauptarmee. General Sacken bleibt gegen Schwarzenberg und Reynier stehen. 264 Gefecht bei Wolkowiszk Siebenundfünfzigstes Kapitel. Aufenthalt des Kaisers (bis zum 2. November Mittags) zu Wjäsma. Nachtkälte und farfer Reif. Fallen der Pferde. Heerbewegungen in den zwei erften Tagen des Novembers. Miloradowitschs Zug. Krankentransport 270 Achtundfünfzigstes Kapitel. Die Tage vom 3. und 4. November. Treffen bei Wiäsma (des 4., 5. und 1. Armeecorps gegen Miloradowitsch und Platow) und Folgen deffelben. Steigen der Kälte und Rückzugsfortseßung. Elend des Soldaten ; 275 Zugrundegehen der Kranken Neunundfünfzigstes Kapitel. Rückzugsfortseßung der franzö fischen Hauptarmee vom 5. bis 7. November. Schneefall und Winteranfang. Vermehrtes Elend der Soldaten. Befehle an Marschall Victor. Thun Miloradowitsch's und Baragay d'Hilliers'. Detaſchirung des 4. Armeecorps gegen Witebsk · 286 Sechzigstes Kapitel. Bewegungen des Marschalls Victor_mit dem 2. und 9. Armeecorps und des russischen Generals Wittgenftein , der Witebsk nehmen läßt. ( Gefechte des heffiſchen Gardechevaulegers- Regiments. ) Trennung des 9. vom 2. Armeecorps, bei welchem Marschall Oudinot wieder eintrifft • • 291 Einundsechzigstes Kapitel. Fortseßung des Rückzugs nach Smolensk , am 8. November. Insbesondere Ankunft der fungen Garde und hessischen Brigade in dieser Stadt. Das Ende der Leiden ist noch nicht , wie man boffte , damit gekommen. Manches die großherzoglich beffischen Truppen insbes sondere Betreffende. (Ankunft des hessischen leichten Infanterieregiments und der hessischen Artilleriedivifion in Wilna ; Stärke bes Marschbataillons des Capitans Stolz zu Smolensk ; Kriegs297 commissariat 2c.) •
XXVI
Geite Zweiundsechzigstes Kapitel. Die Tage des 9. und 10. Novembers bei und in Smolensk. Ankunft des Kaisers in dieser Stadt. Fortgefeßte Bewegungen der Hauptarmee dahin sc. Unglücksfälle des 4. Armeecorps am Wop. - Alertposition bei • 304 Smolensk Dreiundsechzigstes Kapitel. Ereignisse beim 6. oder Wrede's Armeecorps , beim 2. oder Oudinots , und 9. oder Victors. Verstärkung (auch durch hessische Truppen) von Wredes Corps und Abgang von Corbineau's Cavalerie-Brigade. Anrücken Gefecht seiner Avantgarde unter Tschitschagofs auf Minsk. General Lambert mit dem polnischen General Kocheßki. Operationen des Marschalls Victor gegen Wittgenstein und 313 Treffen bei Smoliani am 14. November . igstes Vierundsechz Kapitel. Die Tage vom 11. bis einschließlich zum 13. November in und bei Smolensk ; Eintreffen des 1. und 4. Armeecorps dafelbft. — Beginnen der Fortseßung des Rückzugs der Hauptarmee von Smolensk nach Wilna .. 318 Fünfundsechzigstes Kapitel. Rückzugsfortseßung und Ereig Des Kaisers und sämmtnisse am 14. und 15. November. licher Garden , sowie des 4. Armeccorps , Verlaffen der Stadt Smolensk und Ankommen zu Krasnoi. Eintreffen des 3. ArBewegungen des ruffimeccorps (Arrieregarde) zu Smolensk. fchen Armeecorps von Miloradowitsch , der Hauptarmee KutuGefecht der sows und der von dieser detaſchirten Corps. jungen Garde gegen Ozarowski bei Krasnoi , und des 4. Ar325 meecorps gegen Miloradowitsch bei Merlino ( am 16.) . . Sechsundsechzigstes Kapitel. Minst mit seinen großen Magazinen wird von Tschitschagof eingenommen ; die französische Besaßung und Dombrowskis Corps ziehen sich nach Borisów. General Hertel. Napoleon befiehlt, Minsk wieder zu nehmen 336 Siebenundsechzigstes Kapitel. Vorfälle beim 10. Armeecorps (Macdonalds) und 6. Armeecorps (Wredes ) . Stand des leßteren am 16. November. BRUNING General Marquis Paulucci wird Der russische General (ftatt Effen's) Gouverneur von Riga. Löwis rettet sich mittels einer Eis- Strohbrücke über die Düna 339 Achtundsechzigſtes Kapitel. Abmarsch des ersten Armeecorps von Smolensk; die Garden öffnen ihm den Weg nach Krasnoi. Treffen von Krasnoi den 17. November und RückzugfortBefehle Napoleons ſeßung bis über die Gränze Altrußlands. . . 343 zu Dubrowna . • Neunundsechzigstes Kapitel. Abmarsch des Arrieregardecorps von Smolensk. Gefechte diefes Armeecorps und bewunderns. würdiger Rückzug desselben unter dem kühnen Marschall Ney bis zur Erreichung des Heeres bei Orscha am 21. November. Schicksal der Stadt Smolensk und dieſes Corps von Nep . . 356 Bewegungen des Marschalls Victor, Siebenzigstes Kapitel. Oudinot und des Generals Wrede , oder des 9. , 2. und 6. Armeecorps bis zum 21. November ; dann der ruffiſchen Corps unter Tschitschagof, Wittgenstein und Wlaftow. --- Corbineaus . . 363 Brigade leichter Cavalerie Einundfiebenzigstes Kapitel. Rückzug von Dubrowna und Verfuch der Sammlung der Hauptarmee zu Orſcha . Rebe
XXVII
Seite Napoleons an seine alte Garde und Proclamation an die Armee. Weisungen für Marschall Victor. Ney's Ankunft • 365 Tschitschagofs Bewegungen. Zweiundsiebenzigstes Kapitel. Wegnahme Borisows durch seine Avantgarde, und Wiedernahme durch Oudinots (das zweite) Armeecorps, sowie deffen fernere Operationen. Erfte Vorbereitung zum Uebergang der Berefina (bei Studienka) durch Oudinot. — Vereinigung von Dombrowskis Divifion und Wiedervereinigung von Corbineaus leichter Reiterbrigade mit dem 2. Armeecorps. Die Reservedivifion Loison .. 375 trifft zu Wilna ein. whats Wredes Thun . Dreiundfiebenzigstes Kapitel. Rückzug der franzöfifchen Hauptarmee von Orsca_nach der Berefina (vom 21. bis 24. November). Dispofitionen Napoleons hinsichtlich des Uebergangs über diesen Fluß und Befehle an Oudinot und Victor. Strenge Befehle zur Verminderung der Impedimenta des Heeres. Fortgesettes Elend und Auflösung desselben , auch gänzliches Abgehen der Cavalerie (heilige Schaar). - Platows Corps 379 und Winzingerodes , jezt Kutuſoms , leichtes Corps Vierundfiebenzigstes Kapitel. Bewegungen des_Marschalls Victor mit dem 9. Armeecorps in der Nähe der Hauptarmee und dessen Arrieregarde- Gefecht bei Baturi (unter Markgraf 389 Wilhelm von Baden) Fünfundfiebenzigstes Kapitel. Die Tage vom 25. und 26. November. Thun der französischen Hauptarmee und der Armeecorps von Oudinot und Victor (des 2. und 9.) ; leßteres übernimmt die Arrieregarde der Armee. Brückenschlag über die Stärke der Berefina bei Studienka. Thun der Russen. . 395 französischen und russischen Armee zu dieser Zeit Sechsundfiebenzigstes Kapitel. Die Tage vom 27. bis 29. November. Uebergang des Kaisers und der Garden 2c. über die Berefina. Schlacht auf beiden Ufern des Fluſſes (beziehungsweise Treffen bei Stachow am rechten Ufer und entscheidender Sieg über Tschitschagof; und Treffen bei Studienka am linken 412 Ufer und glorreiche Behauptung der Position) . Siebenundfiebenzigstes Kapitel. Stellung und Ungewißheit Wredes zu dieser Zeit. Befehle Napoleons an Wrede , die Aufnahme der rückziehenden Hauptarmee betreffend. Exogy.com Befehle an Marschall Victor , das linke Ufer der Berefina zu verlaffen und aufs rechte überzügehen. Säumen und Schicksal der Ifolirten 431 Achtundsiebenzigstes Kapitel . Fortseßung des Rückzugs der französischen Hauptarmee bis Ende Novembers. Marschall Ney macht wieder die Arrieregarde. Unbedeutende Verfolgung durch die Ruffen. Das Hauptcorps Kutusows und die Armeecorps von Tschitschagof, Wittgenstein und Hertel. Vertheidigung des Marshalls Oudinot in einem Hauſe. — Die große Armee hört auf zu existiren. Stärke an Combattanten. Wrede tritt in . . 435 Verbindung mit ihren Resten Neunundfiebenzigstes Kapitel. Ereigniffe am ersten December. Truppenfammlung zu Wilna zur Unterflüßung des Heeres und zur Deckung jenes Hauptdepotplages. Unterlassene Fürsorge zur Erhaltung der Soldaten im Winter Rußlands und im Freien (außer von Seiten der Oestreicher). Mangel eines Marshalls
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Seite zu Wilna ; überwiegende diplomatische , hintangefeßte militä443 rische Maßregeln daselbft (unter Maret) Achtzigstes Kapitel. Neue Richtung der Armee Wittgensteins. Fortseßung des Rückzugs der französischen Armee unter Napoleon bis einschließlich zum 4. December. Zweites Nachhutgefecht und sonstige Ereignisse dabet. Abficht Napoleons die Armee einen Halt machen zu lassen , selbst aber dieselbe zu verlassen. Die Division Loison und die neapolitaniſche Cava. lerie geht ihr entgegen. Das 29. Bülletin. Macdonalds Lage und Thun. sprede Beftand der Hauptarmee Kutuſows und langſă, 452 mes Fortrücken derfelben Einundachtzigstes Kapitel. Uebergabe des Commandos der vormaligen großen Armee an Murat , König von Neapel. Napoleon verläßt fie (5. December) zu Smorgoni. Seine Befehle und Instructionen desfalls. Fürchterliches Steigen der Kälte und deren Wirkung auf Alles was Leben hat. Fort feßung des Rückzugs bis zum Eintreffen des Hauptquartiers und der Garden zu Wilna (den 8.). — Das Thun der Corps yon Wrede, Schwarzenberg und Reynier und ihrer Befehlgeber. - Bewegung der Russen. ― Abreise des diplomatiſchen 463 Corps von Wilna Der 8. December in Wilna. Zweiundachtzigstes Kapitel. Zustand der Heerleitung. Mangel einer Beſaßung und eines thatkräftigen Gouverneurs. - Unordnung und heillofe Lage der Jsolirten in Wilna. Das 2. , 3. und 9. Corps rückt ein. 482 Befehle für Wrede und Ney betreffs der Arrieregarde 2c. • Dreiundachtzigstes Kapitel. Unheilbringender Verschluß der EinMagazine zu Wilna bis zum 9. December Abends. treffen der Reste des 4. und 5. Armeecorps und der Diviſion Loison. Verderbliches Gedränge vor dem Thor nach Minsk. Rückmarsch der Wrede'schen Artillerie nach Wilna. Wrede erhält den Befehl der Nachhut; er muß bis vor Wilna zurückweichen, Die Sorge für worauf Murat eiligst die Stadt verläßt. den Rückzug der Armee nach Kowno wird Neyanvertraut. Befehle an Schwarzenberg und Macdonald. Abgang des heffischen Kriegscommissariats nebst der Artillerie von Wilna 489 Vierundachtzigstes Kapitel. Fortseßung des Marsches der heffiſchen Artillerie 2c. (am 10.) - Aufbruch des Hauptquartiers und der Refte des Heers (auch der heffiſchen Brigade) von Wilna.. Stärke desselben. - Die Kriegskasse, Artillerie 2c. wird stehen gelassen zu Ponari . --- Neys besonnenes Verhals ten. - Nachhutgefechte. Klägliches Schicksal der in Wilna Zurückgebliebenen . Bestand der dort erbeuteten Magazine. Ruffische Berichte darüber und über die Gefangenen. -- Hauptquartier Kutufows. Wittgensteins Wendung gegen Macdonald. Napoleon kömmt durch Warschau. Schwarzenberg 499 erhält Nachricht von den Unfällen der großen Armee Fünfundachtzigstes Kapitel. Schwarzenbergs Rückmarsch auf Bialystok ( am 11. December) und stillschweigender Waffenftillstand mit den Ruſſen. Tichitschanofs und Kutusows Einzug zu Wilna. — Eintreffen des franzöfifchen Hauptquartiers zu Rumschischki, den 12. zu Kowno. Befchle an Wrede und Ney. Oeffnung und Plünderung der Magazine zu Kowno. 509 Ueble Folgen davon und von widerrufenen Marſæbefehlen
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Seite Sechsundachtzigstes Kapitel. Rückzug des 7. Armeecorps (unter Reynier) bis zum Bug (am 13. December). Nie menübergang des franzöfifchen Hauptquartiers (und der bessi schen Truppen , sowie ihres Feldkriegscommissariats) . Unordnung in Kowno und an der Brücke. Ehrenvolle Rettung der heffischen Artillerie. Neys und A. ruhmwürdiges Benehmen. Beftand der Armeerefte. Napoleons Reise durch Dresden (am 14.). - Rückzug des öftreichischen Generals Mohr. F Rück zugsbefehle an Macdonald. Bewegungen und Cantonirungsbezug von Seiten der Russen. Große Anzahl der Kranken. 515 -Eintreffen englischer Diplomaten in Wilna . Siebenundachtzigstes Kapitel. Das französische Hauptquartier ift (den 15. und 16. December) zu Wirballen. Heerschau dafelbft vor dem König von Neapel. Damalige Stärke der heffischen Truppen und des ganzen Heeres. Verdientes Lob 522 der Erfteren Achtundachtzigstes Kapitel. Gefecht mit Tschitschagofs Vorbut. Cantonirungen seiner Truppen. - Murats Hauptquartier kömmt ( den 17. December ) nach Gumbinnen. General Noguet erhält den Oberbefehl über einen Theil der jungen Garde mit Einschluß der hessischen Truppen. Kurier nach Darmftadt. - Eintreffen des heffiſchen_Feldkriegscommiſſariats zu • 524 Infterburg. Rückzugbefehle an Schwarzenberg .. Neunundachtzigstes Kapitel. Schwarzenberg bezieht (am 18. December) Cantonirungen in und bei Bialystok. w w . Schreiben Napoleons von Paris an Berthier. — Murats Hauptquartier zwischen Gumbinnen und Königsberg (zu Wehlau ?). Dirigirung des 4. Armeecorps nach Marienwerder. Schicksal der Gefangenen in Wilna. Macdonalds kritische Lage, Befehle an ihn und Aufbruch desselben gegen den Niemen. Gegenbewegungen Wittgensteins und der Besaßung von Riga. 526 Neunzigstes Kapitel. Wrede geht über die preußische Grenze. Sammelpunkt der würtembergischen Truppen. Französis sches Hauptquartier in Königsberg. - Raft der Garden (mit Snbegriff der hessischen Truppen) zu Insterburg. Stärke derselben. - Nachlaffen der Kälte. Das hessische Kriegscom529 miffariat trifft zu Königsberg ein Einundneunzigstes Kapitel. Kaiser Aleranders Ankunft zu Wilna (am 22. December). Anzahl der Kranken und Gebrechlichen der jungen Garde und Rücksendung derselben nach Danzig. Bestimmung von - Sammelpunkten für die einzelnen Corps der großen Armee. Ueberfüllung Königsbergs und mehrtägige Raft daselbst , demzufolge Zugang vieler fölirten. Stand der beffiſchen Infanterie und Artillerie. Langsamer • 531 · Marsch der Leßten nach Danzig Zweiundneunzigstes Kapitel. Abmarsch der Garden (und Hessen) nach Wehlau (am 24.). Besserung der Lage der Gefangenen und Kranken zu Wilna durch Alexanders Fürsorge. Allarm durch Kosacken Platoms. Tschitschagofs Wiedervor, rücken auf Infterburg . Wittgensteins Vorgehen gegen Macdonald (auch um mit York zu unterhandeln). Aleranders Befehl, die Feindseligkeiten gegen das ößreichische Corps einzu stellen. Verhandlungen mit Schwarzenberg über einen Waffen.
XXX Seite Atillstand. Dieser und Reynier müffen ihre Cantonirungen wei• 535 ter gegen Warschau hin zurückverlegen Dreiundneunzigstes Kapitel. Einleitung des Rückzugs des 10. Armeecorps (unter Macdonald) . Die Garden (und beffischen Truppen) marschiren nach Königsberg und werden durch die Division Heudelet erſeßt. - Abfall der preußischen Truppen durch Yorks Convention mit Diebitsch (am 30. December). Bedenkliche Lage und schneller Rückzug Macdonalds. -- Kutufows Befehl an Wittgenstein und Tschitschagof zur Beseßung Ostpreu 539 Bens , und Aufruf an die Bewohner
f
Fortsegung in das Jahr 1813 , bis zu dem Augenblick der Abberufung des großherzoglich beffischen Generalcommandos und der Trümmer der Corps zur Reorganifirung ins Vaterland und der Verfeßung des Hauptquartiers der Armee nach Posen.
Vierundneunzigstes Kapitel. Schreiben an Schwarzenberg. Fortseßung des Rückzugs . Macdonald erhält den Befehl der Nachhut. Gefecht mit Wittgenstein. - Napoleons Aufforderung an seine deutschen Verbündeten zu neuer Rüstung. - Heimkehr der Würtemberger. Wiederaufbruch der russischen Garden und des Kaisers Alerander von Wilna. Bestand dieser Garden. Weiterer Rückmarsch der franzöfifchen Garden (und beffischen Truppen) bis Posen. - Heimkehr des Prinzen Emil von Hessen. Bildung eines provisorischen Bataillons aus den Reften der hessischen Infanterie ; dessen Zusammenseßung und Stärke. Heimkehr aller andern Offiziere und Mannschaften der Reyniers Rückzug heffifchen Brigade und der jungen Garde. gegen Warschau. Ruffische Proclamation von Meretsch. Der König von Neapel übergibt den Oberbefehl an den Vicekönig von Italien und kehrt heim. Verstärkung der Besaßung 545 von Danzig u. f. f. . Beilage. Stärke und Eintheilung der französischen großen Armee mit Einschluß der Hülfscorps beim Eröffnung des ruffi556 schen Kriegs im Jahr 1812
Einleitung ") .
Wenn auch außer Zweifel schon in dem Frieden von Tilsit der Funke des Kriegs lag, welcher im Jahre 1812, fünf Jahre nach jenem Frieden , aufflammte , so möchte dennoch nichts gewiſſer ſein , als daß der Kaiſer der Franzosen , der damals ſogar dem Stolze der besiegten Ruſſen ein Opfer in bewilligter Gebietvergrößerung gebracht hatte, die allmähliche Erstickung welcher nothwendig aus dem Streit jenes Funkens hoffte, des Interesse der russischen Nation und ihrer Großen mit der Politik der Regierung entſprang — und , nach allen Schritten die er bisher gethan ,
auf's
Ernstlichste beabsichtigte.
Hätte
Rußland, obgleich noch in scheinbarem Kriegsverhältniß, dennoch offen einverstanden mit England (und wohl auch insgeheim mit den Kabinetten der Landmächte **)) nicht schlechterdings Krieg gewollt, um einen Umschwung der Dinge herbeizuführen , so möchte ſolcher , ſelbſt am Niemen und die beiderseitigen Heere einander im Angesicht , sich noch haben vermeiden laſſen ***) .
*) Die in [ ] eingeschloffenen Stellen in Tert und Noten der Einleitung find meistens faft wörtlich aus den Tagebüchern seines Vaters von dem Herausgeber aufgenommen. ** ) Daran ift jeßt nicht mehr zu zweifeln. Namentlich über die geheime Sendung Scharnhorst's nach Petersburg erzählt Näheres Clausewiß, nachgelaffene Werke Bd. VII. Anmerk. d. Herausg. ***) Das 1. Bülletin sagte desfalls: 99 Tous les moyens de conciliation furent employés de la part de la France , tout fut inutile. A la fin de 1811 on vit en France que tout ceci ne pouvait finir que par la guerre. On s'y prépara. La garnison de Danzig fut portée à 20,000 hommes. Des approvisionnements de toute espèce , canons, Röder, Kriegszug.
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Im Januar 1812 erging an alle Rheinbundesfürften die Aufforderung (der Befehl) ihre Contingente bereit zu halten, im Februar , sie nach der Elbe hin in Bewegung zu ſehen : was denn sofort geschah. Das großherzoglich hessische Contingent wurde zu dem bevorstehenden Feldzuge (vielleicht weil man sich schmeichelte, es werde nicht zu Feindseligkeiten kommen) nicht nur um die Hälfte stärker gegeben als es die Verpflichtung erheischte , sondern auch gerüstet wie zuvor noch nie, und ihm selbst ein Sohn des Großherzogs zum Anführer gegeben. Im Februar ward auch von Frankreich Preußen ein Allianztraktat aufgedrungen, - da man diesen Staat, um Rußland anzugreifen, nothwendig zum Freund oder Feind haben mußte, und dann im März ein solcher auch mit Oestreich geschlossen. Die große Armee, welche unter des französischen Kaisers Anführung fechten sollte, wurde organisirt, das Beobachtungsheer an der Elbe unter Marschall Davouft, Fürsten von Eckmühl, ward , als 1. Corps der großen Armee , an die untere Oder , [dann im April an die Weichsel dirigirt , wo es sich von Thorn bis zum Meer verbreitete und seine leichte Reiterei
fusils , poudre , munitions , équipages de pont furent dirigés sur cette place et travaillé à l'augmentation de ses fortifications " und das 2. Bülletin : „ Tout moyen de s'entendre entre les deux empires devenait impossible ; l'esprit qui dominait le cabinet russe le précipita à la guerre . Le général Narbonne , aide de camp de l'Empereur , fut envoyé à Wilna. On n'acquérait par là que la preuve que la sommation arrogante et tout - à- fait extraordinaire qu'avait présentée le prince Kourakin (à Paris) , --- où il declara ne vouloir entrer dans aucune explication que la France n'eût evacué le territoire de ses propres alliés (nur Preußens) , abandonné la ligne de la Vistule et s'était mise tout-à-fait à la discrétion de la Russie - était le sine qua non de ce cabinet , et il s'en vantait auprès des puissances étrangères. “ Mit der Abreise des russischen Kaisers von Petersburg zu seinem Heere (am 22. April ) konnte man den Krieg von Seiten Rußlands als unabänderlich beschlossen erachten. „ L'Empereur ( Napoléon ) partit de St. Cloud le 9. Mai , passa le Rhin le 13 , l'Elbe le 29 , la Vistule le 6. Juin." [Von Thorn ging er nach Danzig, von da nach Königsberg, das er den 17. Juni verließ. In Thorn hatte er die Organisation der großen Armee vollendet, befonders was die Eintheilung der Rheinbund und polnischen Truppen und ihrer Cavalerie in die verschiedenen Corps und Divisionen der Armee betraf. Zuſaß d. Herausg.]
3 bis zur Paffarge vorschob.
An der Oder war das 3. Corps
unter Ney, wozu hier die Würtemberger stießen, an ſeine Stelle getreten. Das 2. Armeecorps, unter Marschall Oudinot, hatte die Elbe erreicht, am 28. März Berlin besegt und sich bis zur Oder ausgedehnt. Das 4. Armeecorps unter Eugen, Vicekönig von Italien , war von Verona her in Unterschlesien angelangt. Die Polen , unter Poniatowski, als 5. Armeecorps, hatten sich bei Warſchau zuſammengezogen ; das 6. , 7. und 8. (westphälische) Armeecorps cantonirte in Großpolen. Das Hülfscorps der Destreicher , unter Schwarzenberg , zog sich bei Lemberg, das der Preußen bei Königsberg zusammen.
Die kaiserlichen
Garden ſtanden zu Ende Aprils in der Lauſiß , in dem untern Theil von Schlesien, zum Theil auch in Stettin, deſſen Besagung vor den andern von den Franzosen besegten Oderfestungen eine bedeutende Verstärkung erhielt. Zu Ende Mai hatten die Corps der großen Armee an der untern Weichsel von der Gegend oberhalb Warschau an bis nach Elbing auf verhältnißmäßig engem Raum Cantonirungen bezogen, oder sie waren doch (nämlich die Kaisergarden und die Reservereiterei des Königs von Neapel) auf dem Marsche dahin *). Nur das 10. Armeecorps, deſſen Haupttheil die Preußen ausmachten , befand sich zu Königsberg und das östreichische Hülfscorps zu Lemberg. Zu Anfang Juni ward bei Weitem der größte Theil des Heers , nämlich Alles was von der Narew bis zur Ostsee ſtand , nach dem Pregel und so fort nach dem Niemen hin in Bewegung gesezt. Die drei dem Könige von Westphalen untergebenen Armeecorps (das 5. , 7. und 8.) rückten erst etwas später vor (am 17. Juni) an der Narew hinauf in der Richtung gegen Grodno ; es den Punkten,
ebenso das östreichische Hülfscorps , weil wo es handeln sollte, näher stand , erst den
12. Juni in der Richtung gegen Lublin. Das 9. Armeecorps ſammelte sich damals zwischen Elbe und Oder ; nur eine ſeiner
*) [Das 1. Armeecorps ftand nämlich bei Elbing, das 2. bei Marienwerder, das 3. bei Thorn (die würtembergische Divifion in und um Straßburg) , das 4. und 6. bei Ploßk, das 5. in Warschau, das 8. zwischen Warschau und Pulawi. Anmerk. b. Serausg.] 1*
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Divisionen (Dändels) war schon nach der Weichsel gegangen und bildete die Besagung von Danzig.
Die Truppen für das
11. Armeecorps (unter Augereau) waren erst im Anzuge nach der Elbe hin. Unmittelbar vor dem Ausbruch der Feindseligkeiten hatten die verschiedenen Corps der französischen Armee folgende Stellungen: Das 1. Armeecorps vor dem Walde von Pilwiſchki, das 2. Armeecorps und die Kaiſergarden hinter dem 1. (die legteren vorwärts von Wilkowiſchki) , das 3. Armeecorps bei Dobelin , das 4. zu Olegko , das 6. vorwärts von Olezko (beide gleichweit von Grodno wie von Prenn entfernt), das 5. , 7. und 8. in der Gegend von Lomza an der Narew (den 23. Juni zu Nowogrod) ; das 10. (unter Macdonald) war hinter Tilsit versammelt, das öſtreichische Corps auf dem Marſche zwischen Lublin und Siedlce ; die Reservereiterei des Königs von Neapel stand als Vorhut nahe am Niemen und zwar das 1. und 2. Reitercorps zwischen Kowno und Prenn , das 3. Meretsch gegenüber , das 4. vor Grodno. Von der russischen Hauptarmee (erste Westarmee genannt) , die etwa 100,000 Mann stark und dem Befehl des Kriegsministers , Generals der Infanterie , Barklay de Tolli untergeben war , stand zu Ende Mai's und bis zum Beginn der Feindseligkeiten das erste Armeecorps (unter Fürſt Wittgenstein) zu Keidani , das 2. zu Kowno, das 3. zwischen Troki und Lida , das 4. bei Troki, das 5. (die Garden in Verein mit der ersten Grenadierdivision) zu Wilna, - wo das Hauptquartier des Kaisers Alerander und der 1. Westarmee sich befand , - und zu Swenzjani , das 6. zwischen Lida und Grodno bei Ostrina , das 1. Reitercorps bei Jewje , das 2. zwischen Schischmori und Piloni , das 3. zwischen Troki und Grodno, Die zweite russische West= irreguläre Reiterei bei Meretsch. armee ſtand in der Gegend von Wolkowisk, wohin ihr Befehlshaber , der Fürst Bagration , ſein Hauptquartier von Bialiſtok zurückverlegt hatte ; sie bestand aus dem 7. , 8., 9. und 10. Armeecorps und dem 4. , 5. und 6. Reitercorps und war im Ganzen gegen 80,000 Mann stark. Die Verbindung zwiſchen der ersten und zweiten Westarmee wahrte und gleichsam die Vorhut beider bildete das zu der legteren gehörende besondere
Corps unter dem Hetmann Platow , das , etwa 16,000 Mann meiſtens irregulärer Truppen stark, bei Grodno ſtand. Auf und zum Theil hinter dem rechten Flügel der ersten Westarmee über Schawli und Teltsch bis zur Ostsee hin stand ein aus der Besagung Rigas bestehendes abgesondertes Corps , etwa 10,000 Mann stark, unter dem Gouverneur dieser Festung , General Essen I. Auf dem linken Flügel sammelte sich in Volhynien (zu Kowel und Lugk) die sogenannte dritte * ) Reservearmee unter dem Fürsten Tormaſſow gegen das öftreichische Hülfscorps, die beiläufig zu Anfang des Feldzugs aus 30,000 Mann an regulären und irregulären Truppen bestehen mochte und später wohl um die Hälfte stärker wurde; bei Mozyr endlich , unter General Hertel, ein ebenso zusammengesettes Beobachtungsheer von etwa 12,000 Mann.
Erst im Laufe des Feldzugs wurde der
russische rechte Flügel durch das finnländische Corps von 12,000 Mann , unter Steinheil , der linke durch die im Ganzen ungefähr 65,000 Mann betragende Moldauarmee , unter dem General der Infanterie Golenitschew Kutusow, verstärkt.] Die Streitmittel des französischen Kaiserreichs erschienen unermeßlich. Es zählte im Jahre 1811 beinahe 35 Millionen Einwohner zwischen dem Rhein, den Pyrenäen und Alpen, 4,600,000 in den italienischen Departements , 3,300,000 in den Departements Hollands und Norddeutſchlands. Das Königreich Itazu= lien hatte 6,400,000 und Jüyrien 1,500,000 Seelen ; ſammen beiläufig 51 Millionen. Ein Krieger auf 100 Seelen gab dieß schon die Mittel zu einem Heere von 500,000 Mann **) .
*) [Eine erfte Reservearmee hatte sich bei Nowgorod , eine zweite bei Smolensk sammeln sollen. Wegen des raschen Vordringens der Franzosen kam es aber nicht dazu. Anmerk. d. Herausg. ] **) Und wenn auch für die Ergänzung der 500,000 Mann fährlich noch ebenso viele Mannschaft, fa wegen des menschenfreffenden spanischen Kriegs , dem der ruffische gleich kommen konnte , 14 auf 100 Seelen gerechnet wurde , so war doch damit keine Erschöpfung der waffenfähigen Bevölkerung zu fürchten. [ 3n der That find , wie die Beilage zeigt , über 500,000 , ja mit Einrechnung des nachziehenden ftarken 11. Armeecorps, nahezu 600,000 Mann - zum Feldzug gegen Ruß, land in Bewegung gefeßt worden, wie der Verf. des ,,Buchs von 1812" behauptet , sogar 637,000 Mann. Allein , obwohl die Contingente der
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Auch stand Frankreich in Wirklichkeit ein Landheer von 450,000 Mann zu Gebot, von welchem jedoch die Hälfte sich in Spanien befand und daselbst verbleiben mußte, da man hier in einen Volkskrieg verwickelt war und ein starkes und gut geführtes englisch - portugiesisch - deutsches Heer daneben gegen sich hatte. Der Kaiser der Franzosen konnte hiernach zum Kriege gegen Rußland nur über etwa 180,000 Mann Infanterie und 30,000 Mann Cavalerie an Franzosen und Italienern gebieten, wozu noch die Truppen des Rheinbundes mit etwa 90,000 Mann und Polens 40,000 Mann kamen , deren Staaten ruhte.
Ergänzung auf diesen
Jedoch wurde auf alle Art für die Verstärkung des beſtehenden activen Heeres, durch Errichtung der sechsten Bataillons der französischen Infanterieregimenter, einer Weichsellegion u. s. w., gesorgt und ihm eine auf das große Unternehmen , einen ruſſischen und spanischen Krieg zugleich zu führen , bemeſſene Organiſation gegeben. Zugleich bereitete Napoleon sich auch eine, auf der ganzen waffenfähigen Bevölkerung seiner Reiche beruhende Reserve , indem er jene in drei bans : vom Alter von 20 bis 26 , bis 40 und bis 60 Jahren eintheilte. Der erste Bann , ausschließlich der zur Conscription des Jahres gehörigen Individuen , umfaßte (nach öffentlichen Blättern) eine Maſſe von 1,940,000 Männern , deren unverheiratheter, etwa fünfter Theil sogleich aufgeboten und in 100 Cohorten organifirt wurde. Alle Verbündeten Frankreichs, etwa mit Ausnahme der neuesten : Preußens und Oestreichs - scheinen gleichfalls aufgefordert worden zu sein, wie es der Großherzog von Heſſen wurde,,,nicht bloß auf den gewöhnlichen Ersag der Truppen im Felde, sondern auch auf die Mobilifirung einer Reserve -Bedacht zu nehmen." — Wirklich hatte das Großherzogthum Hessen eine solche im September , aus fünf Bataillonen , einer
Rheinbundestruppen und Polens stärker gestellt wurden, als oben geſagt ift , so beliefen sich doch wohl die ersten schwerlich , wie jener Verf. angegeben hat, auf 147,000 Mann und die Italiener auf 70,000 Mann. Die Franzosen allein sollen nach ihm 320,000 Mann betragen haben (wovon 138 Infanterie-Regimenter ). Offenbares Verfehen feinerseits ift die Stärkeangabe der gesammten Reiterei auf 187,000 Pferde. Zu faß d. Herausg.]
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Schwadron und vier Geschüßen bestehend , auf die Beine gebracht * ). Die Hülfsquellen und Heere Rußlands kamen bei Weitem jenen des franzöfifchen Kaiserreichs nicht gleich; und da es dem ruſſiſchen Cabinet mißlang , fene Preußens denselben noch beizufügen , so suchte es die Dinge mittels der Entfernungen , bei den wenigen Hülfsmitteln , die die von seinen Heeren aufgegebenen (verlaſſenen) ungeheuern Landstrecken den vordringenden französischen Heeren gewährten , zu einiger Gleichheit zu bringen **) , besonders da es noch auf einen vortrefflichen Verbündeten in der französischen Kriegsverwaltung zählen konnte. ,,Die Rahmen (cadres) der russischen Landmacht wiesen zwar auf die Zahl von 400,000 Mann Linientruppen hin, die indeſſen noch nie diese Zahl (und selbst beim Ausbruch dieſes Kriegs nicht über 300,000 ) betragen haben möchten“ *** ). Hiervon
*) Die Befehle , welche der Großherzog schon im April dazu ge= geben hatte , wurden am 6. Mai dem franzöfifchen Kriegsminister mitgetheilt. **) Daß indeß ein solcher Gedanke , so nahe er auch lag , doch nicht schon zu Anfang des Feldzugs beftimmt vorhanden war , sondern erft nach und nach durch die Verhältnisse des Landes felbft hervorgerufen ſein mag , kann nach Clausewiß's Mittheilungen keinem Zweifel unterliegen (f. Bd. VII seiner nachgelaff. Werke). Wohl aber ergibt sich, daß der Kaiser Alerander entschloffen war, vertheidigungsweise zu verfahren und deßhalb die untere Düna und namentlich das zum Zweck einer Vertheidigungsschlacht befeftigte Lager von Drissa den beiden Westarmeen ursprünglich zum Sammelplaß bestimmt hatte. Vergl. auch VI, 1 . Anmerk. des Herausg. ***) Clausewiß am eben angeführten Ort gibt hierüber genauere Kunde, woraus erhellt, daß Napoleon die ruſſiſche Armee, besonders die linke Flügelarmee, viel schwächer angenommen habe als sie wirklich war, daß fie aber allerdings in Wirklichkeit ungemein viel schwächer war als auf dem Papier. Während nämlich auf diesem über 600,000 Mann geftanden und vom Kaiser hätten bezahlt werden müssen , habe das ganze Heer (mit Abrechnung von 10,000 und späterhin , zur Zeit des Rückzugs der Franzosen, von höchftens 20,000 Kosacken) troß aller Anftrengungen : nämlich troß dreier seit dem Ende des Jahrs 1810 bis zu Anfang des Jahres 1812 ftattgefundener starken Aushebungen - doch nur etwa auf die Hälfte, d. h. auf etwa 412,000 Mann wirklich gebracht werden können - womit er denn überhaupt so ziemlich das Aeußerfte geleiftet glaubt , was Rußland leisten könne.
Davon aber hätten zu
war überdies noch etwa der sechste Theil im Kriege mit den Türken verflochten , der erst einige Monate nach dem Frieden mit dieſen verfügbar wurde , und fast ebenso viele Truppen ſtanden auf der kaukaſiſchen Linie und in Finnland auf Schildwache *). Rußland konnte jedoch , außer einer zahlreichen in den Ebenen Polens und Rußlands gut zu gebrauchenden irregulären Reiterei, auch einen großen Theil seiner Marinetruppen zu Lande verwenden und eine Miliz aufstellen , deren Güte jedoch gering und deren Marimum nicht über 200,000 Mann anzunehmen ist.
Anfang des Feldzugs den Franzosen nur 180,000 Mann entgegengestellt werden können , die überdieß nichts weniger als schlagfertig gewesen feien. Vgl. auch ,,das Buch vom Jahr 1812“ Bd. I. S. 218 ff. Die einzelnen Stärkeangaben find mit Rücksicht auf Clausewiß oben schon berichtigt. Anmerk. d. Herausg. *) Zufolge eines lange geheim gebliebenen Vertrags (vom 24. März 1812) zwischen Rußland und Schweden, welchem die Truppen in Finnland zur Eroberung Norwegens behülflich sein , wogegen die Schweden dann Rußland Hülfe leisten sollten.
Erstes Kapitel. Heerbewegungen vom Betreten der ruffiſch - litthauischen Gränze an durch die französischen Heere bis zu Ende Juni. 1. Das 1. Armeecorps ging nach Ueberschreitung des Niemen am 24. Juni Morgens noch bis Rumsziszki , der König von Neapel mit 2 Reitercorps bis Ekatani auf der Straße nach Wilna vorwärts .
Das 2. Armeecorps verblieb bei Kowno,
das 3. bei den drei von den Franzosen geschlagenen Brücken noch am linken Ufer des Flusses . Das 10. Armeecorps, unter Marschall Macdonald (aus der Diviſion Grandjean *) und dem königl. preußischen Hülfscorps des Generallieutenants von Grawert gebildet) , überschritt gleichfalls den 24. Juni zu Tilsit den Niemen. --- In der Nacht vom 24. auf den 25. ließ der Kaiser über die Wilia bei Kowno eine Brücke schlagen und ſofort am 25. früh das 2. Armeecorps daselbst übergehen , das sich theils nach Buiwidi , theils nach Bobti dirigirt. — Am 25. fängt die Hauptarmee überhaupt an sich auszubreiten. Die Reiterei des Königs von Neapel zieht sich vor das erste Armeecorps und geht , von ihm unterstügt , bis Sziszmori ; das 3. Armeecorps zieht sich , nachdem es den Niemen paſſirt hat, an dem linken Ufer der Wilia hinauf, die sogenannte kleine Straße nach Wilna einhaltend. Das große Hauptquartier bleibt den 25. und 26. in Kowno **). Da Napoleon die Meldung erhalten hatte ,
daß das 3. und 4. russische Corps
vorwärts
*) Der 7. der großen Armee , bestehend aus 3 Brigaden : einer baierischen und westphälischen (von je einem Regiment) , sowie einer polnischen (aus 3 Regimentern). **) Nach Abmarsch der Kaisergarden bezog das erfte heffiſche Bataillon Leibregiments , das nun das bisher innegehabte Klofter verließ,
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Wilna zu Riconti Stellung genommen habe, so begibt er sich den 27. auf die Vorposten , recognoscirt und ordnet Alles zu einem Angriff auf den 28. Juni an : weßhalb denn auch das 3. Armeecorps am 27. einen Marſch von 12 Stunden, nämlich von Skoruli bis Eve ( Jewje) machen muß. Die beiden ruſſischen Corps hatten indessen nicht Stand gehalten , sondern sich bei dem Herannahen der französischen Avantgarde auf Wilna und , nachdem sie ihre großen Magazine daselbst angezündet und die Wiliabrücke abgebrannt hatten , weiter auf der Straße Der Kaiser trifft Nachmitnach Swenzjani zurückgezogen. < Um 3 Uhr Nachmittags ist bereits die tags zu Wilna ein. Brücke über die Wilia wiederhergestellt und wird eine zweite neben ihr auf Befehl des Kaisers erbaut.
Ueber erstere folgt
sogleich ein Theil der Reſervereiterei den russischen Corps nach ; der Haupttheil dieser Reiterei , unter dem König von Neapel, hält zu ihrer Verfolgung die Hauptstraße nach Swenzjani über Njemenczin ein. 2. Während das 1. Armeecorps nach Wilna den Marsch fortzusehen hatte , ward dem 3. zu Jewje ein Rafttag gegeben ; es sollte dann kürzesten Weges über die Wilia gehen und sich zur Vereinigung mit dem 2. Armeecorps auf Gedroizi dirigiren.
Das 2. Armeecorps selbst marſchirte am Tage der Oc-
cupirung Wilnas (28.) von Szeimi , wo es wieder vereinigt worden war , nach Wilkomir und traf bei Deweltowo auf das 1. russische Corps , das jedoch nicht Stand hielt , sondern durch Wilkomir , wo es starke Magazine vorher in Brand steckte, sich weiter zurückzog. Nur ein Nachtrab - Gefecht von wenig Bedeutung fand Statt. 3. Der Vicekönig , Prinz Eugen , kömmt den 29. Juni mit seinem aus dem 4. und 6. Armeecorps bestehenden Heere am Niemen zu Piloni , zwischen Prenn und Kowno, an und passirt diesen und den folgenden Tag , nach geschlagener Schiffbrücke , den Fluß. Der ihm gegebene Directionspunkt war Wilna : was sich nun insoweit ändert, daß das 6. Armeecorps, welches nach dem Uebergang des Niemen seinem Befehl entnom-
nebft 1 Bataillon Zllyrier und dem mecklenburg -schwerinschen Regiment ein Lager Stunde von der Stadt die Wilia hinauf.
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men ist, allein und direct auf Wilna zu marſchiren hat , der Vicekönig aber mit dem 4. Armeecorps * ) sich nach Troki wenden muß , um den wichtigen Punkt Wilna gegen die dahin auf dem Marsche befindliche russische 2. Westarmee zu decken. Es kömmt den 4. Juli zu Troki in Stellung. 4. Der König von Westphalen kommt gleichfalls am 29. Juni mit seinem Heer am Niemen an und passirt denselben den 30. zu Grodno ** ) .
Dieß Heer hat die Weisung, sich über
Bjeliza und Nowogrodek zu dirigiren. 5. Die Stellung der französischen großen Armee war hiernach zu Ende des Juni folgende : Das 10. Armeecorps befand sich zu Rossiena ; das 2. zu Wilkomir ; das 3. zwischen Suderwa und Szirwinti ; die Reserve- Cavalerie (die beiden ersten Reitercorps) bei Njemenczin ; die Kaisergarden zu Wilna, das 1. Armeecorps etwas vorwärts Wilna gegen Oszmiana ; das 4. Armeecorps im Marſche nach Nowi-Troki ; das 5. , 7. und 8. nebst dem 4. Reitercorps zu Grodno ; das 6. Armeecorps noch am linken Niemenufer ; das östreichische zu Drohiczyn ***). 6. Was das russische Heer betrifft, so wollte der Kaiser Alerander sich nicht eher schlagen , bis die französische Armee durch Mangel und angestrengte Märsche geschwächt sei.
Hier-
nach hatte er , nachdem die Meldung von des Feindes Uebergang über den Niemen eingetroffen war, befohlen, die 1. Westarmee bei Swenzjani und Widzi zu sammeln ; die 2. aber sollte sich mit der 1. an der unteren Düna (bei Driffsa) vereinigen . Das 1. , 2. , 3. , 4. und 5 Corps , so wie die 2 ersten Reiter-
*) Das vor dem 6. Armeecorps den Fluß paffirte. Nach dem 5. Bülletin soll das 6. Armeecorps erst den 3. Juli zu Piloni übergegangen , und das 7. (die Baiern) am 2. noch zu Bialistok gewesen fein (f. IV, 1.) . **) Deffen sich General Allir schon den 27. Abends durch einen überraschenden Angriff mit 2 polniſchen Cavalerie- Regimentern auf die Kosacken des Corps von Platów, fammt den 3 daselbst über den Niemen geschlagenen Brücken, bemächtigt hatte. ***) Es soll nach dem 5. Bülletin dort den Bug am 2. und 3. Juli paffirt haben.
12 corps bewerkstelligten sofort die Sammlung bei Swenziani leicht und ohne Verlust.
Dem 6. Corps, unter General Doctorow,
das sich den 28. zu Lida versammelt hatte , konnte jenes wegen der großen Entfernung und des raschen Vordringens der Franzosen nur noch auf großen Umwegen und durch eine außerordentliche Thätigkeit seines Anführers
gelingen *).
Der 2.
Westarmee ward die befohlene Vereinigung unmöglich , da sie erst am 20. Juni den Befehl empfing nach Wilna zu marſchiren und am 30. zu Wolkowisk versammelt ſein konnte. 7. Die Stellung der russischen Armee am 30. Juni war nun :
Das 1. Corps stand zu Maljati (auf der Straße
von Wilkomir nach Widzi und Braslaw) ; das 2. Corps zu Gedroizi ; das 3. und 4. Corps mit dem 2. Reitercorps standen vorwärts von Swenzjani auf der Straße nach Wilna ; das 5. Corps ( Garden) in und um Swenzjani nebst dem 1. Reitercorps.
Die Nachhut , unter General Korff, war auf der
Straße zwischen Swenzjani und Njemeczin.
Das 6. Corps
nebst dem 3. Reitercorps standen den 30. bei Maloi- Soleszniki, wo sie auf die Franzosen stießen **) . Fürst Bagration hatte die 2. Westarmee bei Wolfowisk versammelt. Das Corps von Platow stand an diesem Tage hinter Grodno ***). Die Reservearmee, unter Tormaſſow, befand sich noch in den früheren Cantonirungen in Volhynien bei Kowel und Lugk ; ebenso das Observationscorps unter General Hertel bei Mozyr.
*) Seine Avantgarde ftieß unter anderm am 30. zu MaloiSoleszniki auf die leichte Brigade Bordesoult vom 1. Armeecorps. Die Nähe der Gefahr erkennend unterſtüßte er jenen nicht , sondern wandte das Corps nach Oszmiana; in dem Augenblicke aber, als dasselbe hier einrückte, traf auch die leichte Reiter-Brigade Pafol vom 1. Armeecorps daselbst ein, griff an und warf deſſen Vortrab. Doctorow ging vorerst auf Olszani zurück und wußte sofort einen günftigen Moment zu be= nußen , um über Smorgoni , bevor Pajol verstärkt ihn hemmen konnte, und sofort Swir, den Sammelort Swenzfani zu gewinnen. **) S. die vorhergehende Anmerk. ***) Wo es Fürft Poniatowski angriff und warf.
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Zweites Kapitel. Militairische und politiſche Anordnungen Napoleon's nach der Occupirung Wilna's bis Ende Juni. 1. Sobald Napoleon in den Besig der alten Hauptstadt Litthauens, Wilna , gekommen war, beſtimmte er dieſen höchst vortheilhaft gelegenen Plag zum Hauptdepot seiner Heere. Die Wilia ist für geringere Fahrzeuge bis hierher von ihrer Einmündung in den Niemen , und
dieser Fluß vom Meere bis
Kowno schiffbar ; auch hing er durch die bekannte Canal- und Flußverbindung über das friſche Haff hin mit der Weichſel, ſelbſt mit der Elbe zusammen. Kowno ward hiernach zum Ausschiffungsplag
der Magazinvorräthe aller Art und Entrepôt zwischen
Königsberg und Wilna bestimmt , und es wurden dort sowohl als in Wilna große Magazine bereitet , aus welchen das Benöthigte an Lebensmitteln , Schieß- und anderm Kriegsbedarf dem vorrückenden Heere nachgeschafft werden sollte. 2. Kowno sollte gegen einen Handstreich sicher gestellt, mit einer Enceinte umgeben und mit 60 Geſchüßen versehen werden, - wozu sogleich den Anfang zu machen der aus dem Hauptquartier als Gouverneur zurückgelassene General Tarayre beauftragt war. Auch Wilna sollte gegen einen ersten Anlauf sicher gestellt werden , und der Kaiser befahl bei dieser Stadt auf dem rechten Ufer der Wilia ein verschanztes Lager zu errichten, sowie zu deſſen Verbindung mit der Stadt, außer denbeiden stehenden Pfahlbrücken , auch noch 3 Floßbrücken zu schlagen. Ferner sollte der alte Palast der Jagellonen ,
auf dem linken
Ufer der Wilia und rechten der Wilika gelegen , umwallt und gleichsam als Citadelle von Wilna vorgerichtet werden u. ſ. w. *) . 3. Während Napoleon sich mit dieſen militairischen Maßregeln zur Sicherstellung seiner Operationen und bereits gemachten Eroberungen beschäftigte , wurden auch die politiſchen, insonderheit jene nicht verabsäumt, die er aus dem Bestreben des polnischen Volks ziehen konnte , wieder unter den ſelbſtſtän-
*) Bei Wilna kam nichts zu Stande und Gott weiß , wie die Generalgouverneure dieser Stadt einen so weisen Befehl völlig unvollzogen laffen konnten.
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digen Nationen Europas seinen Rang einzunehmen und aus der Neigung derjenigen Theile Polens, die nach und nach unter Rußlands Zepter gekommen waren , sich wieder davon loszureißen *). Hierzu ward der Reichstag des Herzogthums Warschau nach Warschau einberufen , der sich sogleich durch seinen ersten Beschluß (am 28. Juni) zu einer allgemeinen Conföderation des Königreichs Polen constituirte und dessen Wiederherstellung , so wie die Befreiung der polnischen Nation von fremdem **) Joch , dem sie weder durch Krieg , noch durch Friedensschluß (überhaupt nichts Völker Bindendes) , ſondern durch Verrätherei 2c. unterworfen worden, beschloß. Die Wiedervereinigung Litthauens , Proclamationen und die Wahl der Deputirten , welche Napoleon zu Wilna von den (weiter als dieser es wollte gehenden) Beſchlüſſen in Kenntniß ſegen sollten, beschäftigten die Conföderation den 29. und 30. Juni. [3, a. Am 22. Juni erließ Napoleon von Wilkowischki folgende Proclamation an die Armee : ,,Soldaten ! der zweite In dem ersten , der nach der polnische Krieg hat begonnen. Schlacht von Friedland durch den Frieden von Tilſit endete, beschwor Rußland ein ewiges Bündniß mit Frankreich , sowie Krieg mit England. Heute bricht es seinen Schwur , es verweigert jede Auskunft , indem es solche nur geben will , wenn die französischen Adler über den Rhein zurück ***) und folglich
* In denjenigen Theilen , die vor 1795 ruffisch wurden , war diese Neigung gering, in den Städten meist gar nicht vorhanden. **) Ein Ausdruck, den zwar ihr Nationalgefühl vollkommen, nicht aber die Staatsklugheit rechtfertigte , denn man hatte die Senfibilität Oestreichs und Preußens zu schonen. [ Der Verf. des ,,Buchs vom Jahr 1812" macht recht verständige und treffende Bemerkungen darüber , daß Napoleon in Bezug auf die Wiederherstellung Polens damals nicht wohl anders handeln konnte als er gehandelt hat, obwohl man ihm dieß zum großen Vorwurf hat machen wollen (f. deffen Bd. II. S. 43 ff.). 3usaß d. Herausg.] ***) Diese Stelle bezieht sich auf die vom 2. Bülletin erwähnte Erklärung ( ,,sommation arrogante et tout - à - fait extraordinaire" ) des Fürften Kurakin : „, de ne vouloir entrer dans aucune explication que la France n'eût evacué le territoire de ses alliés“, was man auch aus der Sendung des Generals Narbonne nach Wilna als die ruffiſche conditio sine qua non erkannt habe. Ebenda wird noch erwähnt, wie übel ein
15 unsre Bundesgenossen seiner Willkür preisgegeben sind. Rußland wird vom Verhängniß fortgerissen und ſein Schicksal wird in Erfüllung gehen !
Sollte es glauben, daß wir entartet, daß
wir nicht mehr die alten Soldaten von Austerlig sind , indem es uns die Wahl zwischen Entehrung und Krieg läßt ? Vorwärts also ! Ueberschreiten wir den Niemen und bringen wir den Krieg auf Rußlands Boden ! Der zweite polnische Krieg wird für die französischen Waffen ebenso ruhmvoll als der erste sein; aber der Friede , den wir hierdurch erringen werden , ſoll eine Bürgschaft in sich tragen, welche dem hochmüthigen Einfluß Gränzen ſegt , den Rußland ſeit 50 Jahren auf die europäischen Angelegenheiten geübt hat." 3,b. Der russische Kaiser Alerander erließ dagegen zu Wilna am 25. Juni folgende Proclamation *) . ,, Seit langer Zeit hatten Wir von Seiten des Kaisers der Franzosen ein feindliches Benehmen gegen Rußland bemerkt. Wir hatten indeß immer gehofft , es im versöhnenden und friedlichen Wege zu beseitigen. Da Wir aber dennoch die ununterbrochene Wiederholung offenbarer Beleidigungen wahrnahmen , ſo ſind Wir, trog Unseres Wunsches die Ruhe zu erhalten , gezwungen ge-
letter Versuch des franzöfifchen Gesandten, Grafen Lauriston, abgelaufen ſei, Rußland zum Abftehen von fener für Frankreich ehrenrührigen Be= dingung zu bewegen : ,,Le cabinet russe empêcha le Comte de Lauriston de remplir sa mission , et l'on vit pour la première fois un ambassadeur ne pouvoir approcher le Souverain ni son ministre dans des circonstances aussi importantes. " - Aus Allem geht hervor , daß Rußland zum Kriege feft entschloffen war, und zwar schon seit geraumer Zeit, obwohl es bisher noch Grund gehabt haben mochte , ein offenes Hervortreten zu verzögern. Dieser Entschluß gereichte auch jedenfalls uns Deutschen, und nicht bloß uns , zum Heil und war in der Sache wohl hinreichend gegründet. Daß aber dieser Entschluß Napoleon ge= wiß sehr ungelegen und gefährlich sein mußte (schon wegen des gleichzeitigen spanischen Kriegs und der weiten Entfernung von Frankreichs Gränze, bei der Unzuverlässigkeit des Bündnisses mit Deftreich und Preußen , von allem Andern abgesehen) , ist wohl ebenso klar als daß formell eben darum ſeinerseits (troß der Versicherung der ruffischen Proclamation) mehr geschah als russischer Seits , um den Frieden zu erhalten. Anmerk. d. Herausg. *) Ich füge fie hier bei , so wie fie Loßberg (Briefe in die Heimath, S. 62) mittheilt. Anmerk. d. Herausg.
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wesen Unsere Heere vollzählig zu machen und zuſammenzuziehen; aber dann auch noch schmeichelten Wir Uns mit der Möglichkeit einer Aussöhnung , wenn Wir , an den Gränzen Unserer Staaten , ohne den Friedenszustand zu brechen, nur zu Unsrer Vertheidigung bereit stehen blieben. Alle diese aussöhnenden und friedlichen Mittel haben jedoch die Ruhe , die Wir wünſchten , nicht zu erhalten vermocht.
Der Kaiser der Fran-
zosen hat, durch einen plöglichen Angriff gegen Unſre Armee zu Kowno, zuerst den Krieg erklärt. Da Wir also sehen, daß er auf keine Weiſe für Unſern Wunsch, den Frieden zu erhalten, zugänglich ist , so bleibt Uns nichts übrig , indem Wir den Allmächtigen , der der Zeuge und der Vertheidiger der Wahrheit ist , um Seine Hülfe anflehen , als Unsere Kräfte den Kräften des Feindes entgegenzustellen. Es ist unnöthig , die Befehlshaber, Corpschefs und Soldaten an ihre 1 Pflicht und ihre Tapferkeit zu erinnern. Tapferes Slavenblut fließt in ihren Adern. Krieger , Ihr vertheidigt die Religion , das Vaterland und die Freiheit !
Ich bin mit Euch.
Gott ist gegen die An-
greifenden ."] 4. Das Hauptziel der nächsten Anordnungen, die Napoleon nach dem Einrücken in Wilna traf, war , die Vereinigung des Corps von Doctorow (des 6. russischen) und Reitercorps von Pahlen (des 3. ) , dann der 2. Westarmee mit den nach der Dwina (Düna) gezogenen Theilen der 1. Westarmee oder des russischen Hauptheeres zu verhindern , und diese sämmtlichen Streitkräfte immer tiefer nach den südlichen Provinzen des russischen · Polens hinzudrängen. Daher ward General Bordesoult mit seiner leichten Reiterbrigade *) auf die Straße , die von Wilna nach Lida führt, gesandt und dem 4. Armeecorps Befehl gegeben nach Troki (von Piloni aus , ſ. I. 3 ) zu marſchiren ; Marschall Fürst Eckmühl aber mit der leichten Reiterbrigade Pajol , einem Regiment ( ?) ** ) . Lanciers von der Garde , der Division Deſſair und der Cüraſſierdiviſion Valence südöstlich über Oszmiana auf die Straße nach Minsk entſendet und ihm bald darauf die Division Compans , die der Garde zugetheilte
*) Vom ersten Armeecorps, wie jene des Generals Pajol. **) Chambray und Andere sagen : einer Brigade.
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Weichsellegion , unter General Claparede, und das Reitercorps von Grouchy (f. IV. 3) *) nachgesandt ; da man glauben mußte, er werde den stärksten Stoß der oben berührten, nach Vereinigung mit der Hauptarmee strebenden russischen Corps zu pariren haben. 5. Dem König von Neapel ward aufgetragen , mit dem Reitercorps des Generals Montbrun (2.) , den Divisionen Friant und Gudin vom 1. Armeecorps und dem 3. Armeecorps (Ney) dem Rückzug der russischen Hauptarmee auf der Straße von Swenzjani zu folgen , sie nach der Düna hinzudrängen und scharf im Auge zu behalten. Die linke Flanke dieſer Bewegung mußte das 2. Armeecorps (Oudinot) decken. 6. Als Napoleon , der mit seinen Garden zu Wilna als in einem Mittelpunkte verblieb, seine Vermuthung bestätigt sah, daß Doctorow nebst Pahlen (s. I. 5 und 6) durch eine rasche Bewegung die Wilia zwischen sich und den Heertheil unter Fürst Eckmühl bringen werde (s. 4) , ſo detaſchirte er den General Nansouty mit der Cürasfierdiviſion St. Germain , die leichte Reiterdivision des Generals Bruyeres und die Infanteriedivision Morand (vom 1. Armeecorps ) nach Michaliszki, um jedenfalls jenen den Weg nach Swir zu versperren. Die Raschheit, womit Doctorow sich bewegte, vereitelte indeſſen auch diese Schlinge ** ). Nur ſein Nachtrab konnte am 3. Juli noch bei Swir erreicht werden , und Doctorow kam mit dem Verlufte seines Gepäcks, einiger Leute und Munitionswagen davon.
Drittes Kapitel.
Wetterveränderung und daraus hervorgehender großer Nachtheil für die Fallen der Pferde und Leiden der Soldaten. französischen Armeen. 1. Die zwei legten Tage des Juni und die drei ersten des Juli zeichneten sich durch einen Wetterwechsel aus , der auf die
*) Das nur noch aus einer schweren und einer leichten Reiter division bestand , da die Cüraffierdivision dem 2. Armeecorps zugetheilt worden war. **) General Nanſouty wurde durch die verdorbenen Wege (f. III.) und die Mattigkeit seiner Pferde gehindert , mit der Schnelligkeit zu Röder, Kriegszug. 2
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Kriegsoperationen sehr bedeutenden Einfluß hatte. Bis dahin war es schön , trocken , die Tage heiß ; jezt goß der Regen in Strömen vom Himmel und es wurde kühl. Hierdurch wurden die Wege, die schon für sich nicht gut in dieser wald- und morastreichen Gegend sind, von denen sich die Hauptstraße durch nichts als die größere Breite unterscheidet , auf's äußerste verdorben.
Menschen und Vieh , da man dabei nur wenig Obdach
fand und ſehr starke Märsche zu machen hatte , litten in nicht geringem Maße. Man konnte nur mit größter Anstrengung fortkommen und ermüdete doppelt durch das längere Unterwegsbleiben und die kürzere Ruhe. Eine Menge Pferde fiel und, pour surcroît de malheur , verpestete mit ihren Cadavern die Straßen. Was die Sterblichkeit der Pferde vermehrte, waren die Bivouaks in den falten Nächten und die grüne Fütterung des Getreides , die nicht selten, aus Unüberlegtheit, im Uebermaße Statt fand *). 2. Zu dieser Wetterveränderung kam , daß immer mehr und mehr Mangel an Lebensmitteln eintrat. Zwar hatten die Armeecorps in den unermeßlichen Magazinen, die an der Weichsel aufgehäuft waren , sich , als sie diesen Fluß verließen , mit Brod und Mehl versorgt, so viel sie davon auf ihren VivresWagen nur immer fortbringen konnten und was abging aus den Schiffsmagazinen am Pregel wieder ersezt. Aber die wenige Zeit , welche zwischen der Gewißheit lag , daß der Krieg ausbrechen werde und der Eröffnung des Feldzugs , brachte eine Reihe so forcirter Märsche hervor, wenn man solchen mit
marschiren, die erlaubt hätte Doctorow einzuholen oder gar abzuschneiden , dessen Pferde und Leute durch beffere Nahrung weit kräftiger auf den Beinen waren, als die ſeinigen. *) General Rapp fagt in feinen Memoiren : „ La pluie n'arrêtait pas , les routes étaient défoncées , impraticables ; on se perdait dans la vase, on succombait de lassitude et d'inanition . Dix mille chevaux gisaient sans vie sur un éspace que nous avions parcouru en deux jours ; jamais mortalité aussi effrayante n'avait signalé le début d'une campagne Nos soldats chancelants sur ces terres argileuses s'épuisaient en vains efforts , la plupart ne pouvaient suivre , ils trainaient. Les troupes alliées surtout en avaient un nombre prodigieux sur nos derrières."
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Vortheil eröffnen wollte , daß dadurch die Verpflegsanstalten gelähmt werden mußten : - wozu kam , daß die den Schluß bildenden Abtheilungen des Heers sich nur mit großer Schwierigkeit das zum Fortbringen der Lebensmittel erforderliche Fuhrwerk, zudem nur elendes und endlich weit zurückbleibendes Fuhrwerk , hatten verschaffen können. Ein großer Theil der Truppen war sogleich bei dem Betreten des russischen Bodens , hinsichtlich seiner Verpflegung , auf die Hülfsquellen des Landes reduzirt , die , wenig ergiebig und zumal von den rückziehenden Gegnern so weit möglich zerstört , erst durch Durchstöbern der zumeist höchst armseligen Wohnungen und mit argem Druck der Bewohner , dem Soldaten oder seinem Pferde etwas bringen konnten. Die Mannschaft hatte nur noch regelmäßig Fleischaustheilung von den abgematteten Heerden , die die Divisionen mit sich führten. Brod ward bei dem gemeinen Soldaten etwas Seltenes.
Die Folge war schon hiernach, daß die Armee eine
unzählige Menge Nachzügler erhielt , die selbst durch die ſtrengen vom Kaiser angeordneten Maßregeln nicht alle zu ihren Corps zurückgebracht werden konnten , und daß nun auch eine Menge von Krankheiten, besonders ruhrartige, vom Wetter (f. 1 ) und der unregelmäßigen Nahrung erzeugt , das Heer, und zwar in immer wachsendem Maße, zu vermindern begannen. Viertes Kapitel. Heerbewegungen in der ersten Decade des Juli (franzöfifcher- und rufflfcherfeits).
1. Napoleon hatte erwartet , daß das 5. und 8. Armeecorps und das 4. Reitercorps am 29. zu Grodno den Niemen paffire, und es geschah erst den 30. Man wartete dann zu Grodno wieder einige Tage , bis das 7. Armeecorps, von Bialistok aus , auf gleiche Höhe gekommen war , und alle 3 Armeecorps vereinigten sich endlich am 8. Juli zu Nowogrodek, wohin das 7. Armeecorps über Wolfowisk , die beiden andern nebst dem Reitercorps über Bjeliza marſchirt waren *).
( S. L. 4.)
*) Ein solch' langfames Vorrücken lag nicht in der Kriegsart Napoleons und der Divifionsgeneral Marchand , Chef des Generalftabes obgleich des Königs von Westphalen , konnte es kaum verantworten 2*
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2. Fürst Bagration dirigirte die 2. russische Westarmee von Wolkowisk (ſ. I. 7) über Slonim nach Nowogrodek. Der Atamann Graf Platow zog sich den 5. Juli nach Jwije, um sich mit jener zu vereinigen (s. 3) . Das 4. französische Armeecorps brach am 7. von Troki auf, gegen die 2. russische Westarmee.
Das 6. Armeecorps stand zu Gnusziski am 7. 3. Das 3. französische Reitercorps , unter Grouchy , war
am 4. Juli bis Subodniki und Wisznew vorgerückt (f. II. 4), was den Atamann Platow zum Rückzuge von Jwife über den Niemen bestimmt haben dürfte , wo er nun mit seinem Corps den Nachtrab der 2. Weſtarmee machte. -qe in in 4. Marschall Fürst Eckmühl war mit den 2 Divisionen Deſſair und Compans von ſeinem Armeecorps , der Cüraſſierdivision Valence und der leichten Brigade Colbert *) von Oszmiana gleichfalls gegen Wisznew marschirt , wo er am 4. Juli ankam, so daß er sich nun in Vereinigung mit dem 3. Reitercorps befand. Den 5. stand er hinter Woloszin. Seine leichte Brigade Bordesoult ging an diesem Tage zur Deckung seiner rechten Flanke bis Bakschti , und jene Pajols zur Deckung seiner Front bis Perszai vor.
Von Woloszin wandte sich dann der Marschall über Rakow gegen Minsk, um hier dem Fürsten Bagration den Weg zu verlegen , während diesem der König von Westphalen von Grodno aus nach Nowogrodek und so ferner, möglichst auf der Ferse, folgen sollte, um seinen Marsch beunruhigen und ihn verhindern zu können , dem Fürsten Eckmühl irgend zuvorzukommen oder sich, mittelst eines kräftigen Angriffs auf ihn, Bahn zu brechen. 5. Der Zweck der combinirten Operationen des Marschalls und des Königs von Westphalen war , die russische Armee unter
man vielleicht des üblen Wetters wegen Menschen und Pferde schonen wollte. Man machte Bagration gutes Spiel und fürchtete wohl , von ihm angegriffen zu werden ( vgl. VI , 3) . — [ Auch Loßberg drückt zwar mehrfach sein Befremden über diese Langsamkeit aus , sucht aber später doch Jerome deßhalb zu entschuldigen. S. dessen Briefe in die Heimath , S. 65, 69, 70 ff., vgl . mit S. 87 ff. Anmerk. d . Herausg.] *) Diese Brigade kann die Garde- Lancier-Brigade, oder nur 1 Regiment derselben , nebst dem 3. Lancier - Regiment gewesen und von Colbert befehligt worden sein.
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Bagration an den Dnjepr zu drängen und hier zu erdrücken, ehe sie diesen Fluß passiren könnte , um dann das 1. , 5. , 7. und 8. Armeecorps zu freier Disposition, besonders gegen Smolensk hin , zu erhalten * ).
Fünftes Kapitel. Heerbewegungen in der zweiten Decade des Juli bis zur Beendigung des ersten Abschnittes des Feldzugs (am 16. Juli) .
1. Am 12. Juli befand sich das ganze 4. Armeecorps , nach einem dasselbe sehr erschöpfenden und besonders viele Pferde kostenden , alle Straßen südlich von Wilna durchschneidenden Zuge ** ) zu Smorgoni vereint , welchen Marsch es in ununterbrochener Anstrengung in 6 Tagen (es war am 7. zu Trofi aufgebrochen) zurücklegte , über Rudniki , theils auch über Deveniki ziehend. 2. Der König von Neapel , welcher sein Hauptquartier von Opsa am
13. nach Zamoscha verlegte (in deſſen Umgebung die 3 Divisionen des 1. Armeecorps und das Reitercorps von General Montbrun cantonirten , so wie jenes von General Nansouth am 13. zu Czerk ***) einrückte) , hatte momentan auch den Oberbefehl über das 2. und 3. Armeecorps erhalten. Legteres war , seit dem 9. über Kokuiski, Daurenari, Liboni , Jenolani, Driswjati herangekommen , den 15. in's Lager von Raskimosi eingerückt.
Das 2. Armeecorps war von Avanta über Solok (wo es sich am 12. befand) vor dem Brückenkopfe von Dünaburg am 13. angekommen, hatte hier ein ziemlich heftiges Gefecht begonnen und sich beinahe desselben bemächtigt, dann , in Folge erhaltenen höheren Befehls , sich gegen Druja hingezogen +).
*) Durch die raschen und zweckmäßigen Bewegungen des Fürften Bagration einerseits bei dem richtigen Benehmen feines Arrieregarde corps unter Platow, dann der Zögerung in den Bewegungen der Armee des Königs von Weftphalen andrerseits, ward dieser Zweck vereitelt. **) Die Sumpfftellen der Querwege , sagt Labaume , waren nach dem früheren Regen faßt nicht zum Durchkommen. ***) Vielleicht Czeres, gleich weit von Druja und Driffa. +) In eben dem Maße zog sich das russische Corps unter Graf
22 3. General Sebastiani , der mit seiner Reiterviviſion den Vortrab des Corps des Königs von Neapel hatte und am 14. zu Druja einrückte , wo er 500 Kosacken gefangen nahm, ward hier den 15. vor Tagesanbruch durch die Reiterbiviſion des russischen Generals Kulniew * ) und eine Menge Kosacken überfallen, welche General Graf Wittgenstein aus seinem Lager hinter der Düna (westliche Dwina von den Russen genannt) Druja gegenüber, indem er in aller Stille eine Brücke schlagen ließ , dazu befehligt hatte. Sebastiani wurde mit einem nicht unbedeutenden Verlust (worunter 200 Gefangene) bis Slobodka zu retiriren gezwungen.
Man hielt diesen Uebergang
und Angriff für den Anfang einer offensiven Bewegung der concentrirten 1. Westarmee der Russen gegen die Armee des Königs von Neapel, was jedoch nicht der Fall war **). 4. Napoleon, auf die Nachricht von dem Einmarsche und Feststehen der russischen Haupt- ( 1. West-) Armee in dem befestigten Lager von Driſſa, dirigirte sofort das ganze Centrum feines Heeres (s. 6) auf Glušokoë , oder in der Richtung von Disna und Pologk.
Hiernach erhielt das 4. Armeecorps Be-
fehl, von Smorgoni über Wileika nach Dokschiße zu marſchiren, wo es ben 17. eintraf. Marschall Mortier war schon am 9. mit der jungen Garde und Marschall Bessières mit der Cavalerie der Garde von Wilna nach Glubokoë aufgebrochen , wo fie den 16. , nebst der bairiſchen Cavalerie , eintrafen. Das 6. Armeecorps hatte seit dem 14. denselben Weg einzuschlagen, an welchem Tage es von Wilna aufbrach. 5. Das östreichische Hülfscorps befand sich am 15. noch zu Pruschani , wo es den 9. ( über Siemyaticze und Wiſoki-
Wittgenstein mit den 7000 Mann der Besaßung von Dünaburg ftromaufwärts, um sich mit Barklay zu verbinden. *) Auch 5000 Mann Infanterie waren dem 7. Bülletin zufolge dabei, und die Cavalerie der Ruffen wird von demselben zu 5000 Pferden angegeben. Die Franzosen verloren dabei den General St. Genies, 1 Capitain und 1 Lieutenant vom 11. Chasseur-Regiment. **) Jeder offensive Gedanke mußte bei Barklay wegfallen , als er von dem Marsche des franzöfifchen Centrums in der Richtung von Poloßk hörte , indem er nun versichert sein konnte , daß der König von Neapel einer Schlacht ausweichen werde.
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Litewski) angekommen war , in Beobachtung des Corps des russischen Generals Kamenski (zu Tormassow gehörig) , der mit seinen Truppen bei Kowel Posto gefaßt und bis Ratno Vortruppen hatte. Zu Pinsk, wo die Oestreicher am 11. eingerückt waren und ebenso zu Janow, hatten sie sich russischer Magazine bemächtigt. 6. Das französische Heer hatte sich fest in 3 Armeen und 2 Flügelcorps geschieden : die Armee des linken Flügels unter dem König von Neapel ; die Armee des Centrums unter directer Anführung des Kaisers , und die Armee des rechten Flügels , bisher unter Befehl des Königs von Westphalen , jezt des Marschalls Fürsten Eckmühl *) ; das linke Flügelcorps unter Marschall Macdonald ; das rechte unter Fürst Schwarzenberg. Sie befinden sich am 16. Juli in nachfolgender Stellung : 7. Der rechte Flügel : das 8. und 7. Armeecorps zu Njeswitsch ; das 5. Armeecorps zu Romanow ; das 4. Neiters corps als Avantgarde , deren Vortrab die 4. leichte Reiterdivision (6 polnische Uhlanenregimenter) unter General Ros niezki bildete , vorwärts Nomanow. Marschall Fürſt Edmühl, der den 13. Juli von Minsk wieder aufgebrochen war, mit den 2 Infanterievivifionen seines Armeecorps (Deffair ** ) und Compans) und der Cüraſſierdiviſion Valence , zu Igumen ; seine Avantgarde , die leichte Reiterei von Pajol , zu Jakſchizi und Vortruppen derselben bis Swislotsch.
Das 3. Reitercorps
(2 Divisionen) und die Brigade Colbert , unter Grouchy , zu Borissow, - wo es am 15. Juli angekommen war und einige Magazine gefunden hatte (s. X. 7 **). 8. Die Mitte : die junge Garde und Garde-Cavalerie, und die bairische Cavalerie (welche nun von dem 6. Armee-
*) Während seines Aufenthaltes in Minsk kam ihm der Befehl des Kaiſers zu , auch den Oberbefehl über das Heer des Königs von Weftphalen (deffen Generalftab sofort aufgelößt wurde) zu übernehmen, was diesen so verdroß , da er dadurch nur Befehlshaber des 8. Armeecorps blieb, daß er den Armeecorpsbefehl sogleich niederlegte, den 16. Juli das Heer verließ und in seine Staaten zurückkehrte. **) Hier befand sich also auch jeßt das großh. heffiſche 2. Bataillon Leibregiments.
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corps getrennt erscheint) zu Glubokoë ; das 4. Armeecorps auf dem Marsche nach Dokschigi ; das 6. Armeecorps auf dem Marsche nach Glubokoë ; die alte Garde zu Wilna , aber nun gleichfalls nach Glubokoë im Aufbruch * ) . 9. Der linke Flügel : die Avantgarde (Division Sebastiani) zu Slobodka ; Hauptquartier , die 3 Divisionen des 1. Armeecorps und das 2. Reitercorps (Montbrun) in und bei . Zamoscha ; das 1. Reitercorps (Nanſouty) zu Czerk (Tscheres) ; das 3. Armeecorps zu Raskimosi (hinter Braslaw), in welcher Stellung der König von Neapel, die russische Hauptarmee unter Barklay aufmerkſam im Auge haltend, die weiteren Dispositionen des Kaisers erwartete. 10. Die abgesonderten oder Flügelcorps betreffend : so hatte Marschall Macdonald sein Hauptquartier zu Szawle. Das östreichische Hülfscorps stand zwischen Pruschani und Slonim , hatte ein detaſchirtes Corps zu Pinsk und Beobachtungsposten längs der Pina und Muchawiez. 11. Das russische Heer stand am 16. Juli wie folgt : General Essen hatte sich mit der Besagung von Riga vor dem Von der 10. Armeecorps auf diese Stadt zurückgezogen. Haupt (oder 1. West ) Armee stand das 1. Corps Druja gegenüber hinter der Düna (s. 3) ; die übrigen Corps dieser Armee, wobei der Kaiser gegenwärtig , standen in dem befestigten Lager von Drissa. - Die 2. Westarmee befand sich bei Budenitſchi , auf dem Marſche nach Bobruisk, ihren directen Verfolgern (dem rechten Flügel der französischen Armee) entkommen. - Die Reservearmee unter Tormassow hatte sich zu Lusk, wo sich den 16. noch das Hauptquartier befindet, zum Vorrücken zusammengezogen. Die beiden Diviſionen unter Kamenski, als 10. Corps zur 2. Weſtarmee gehörend , find jezt der Reservearmee Tormaſſows zugetheilt und bilden zu Kowel und in der Umgegend das Avantcorps derselben. — General Hertel mit der (sich noch bildenden) Observationsarmee steht zu Mozyr.
: *) Der Kaiser reifte in der Nacht des 16. nach Glubokoë ab.
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Sechstes Kapitel. Fortseßung der Heerbewegungen bis zur Beendigung des ersten Abschnittes dieses Feldzugs (mit dem 16. Juli). 1. Bis zu diesem Augenblicke läßt uns der Feldzug nichts als rasche Märsche und nur unbedeutende Gefechte erblicken. Die große Uebermacht Napoleons hatte es ihm möglich gemacht, Heertheile in allen Richtungen zu entsenden und den russischen, durch sie getrennten Armeen und Corps kein anderes Rettungsmittel gelaſſen als raſchen Rückzug. Dieses sowohl, als die beträchtlichen Magazine *), die die Ruſſen an mehreren Orten hatten und zerstören oder, von ihren Gegnern überrascht, in deren Hände fallen laſſen mußten , läßt , was sie auch selbst sagen mögen, nicht wohl annehmen daß ihre Bewegungen in der Hauptsache prämeditirt waren , um die französischen Heere nach- und von ihren Hülfsquellen abzuziehen. Obschon sie geordnet und mit vielem Glück (wozu man das ihren Verfolgern besonders ungünstige Regenwetter (f. III.) zählen muß) zurückgingen , so Ihre hatten sie doch nicht unbeträchtliche Verluste gehabt. Nachzügler (deren sie übrigens verhältnißmäßig nur wenig hatten) , ihre Kranken und Bleſſirten (so weit sie solche , aller Bemühungen ungeachtet , nicht fortbringen konnten) , fielen den Verfolgern in die Hände.
Sehr viele ihrer national-polnischen
Soldaten desertirten , um unter die Fahnen ihrer Landsleute zu treten 2c. Das französische Heer hatte dagegen in viel höherem Maße durch Erkrankte, Nachzügler und Marode gelitten, besonders bei den vorangehenden und sich am raschesten bewegenden Corps . Die Infanterie hatte sich wohl um den 7., ja man behauptet : den 6. Theil des Dienststandes vermindert während dieser 22 Tage seit der Feldzug eröffnet war ; die Cavalerie und der Train hatte , wenn auch weniger Menſchen, doch außerordentlich viele Pferde verloren ** ) . Obschon ſich nun *) Nämlich stehende , nicht etwa (auf Wagen befindliche) zum raschen Fortbringen eingerichtete. Auch hatten sie es nicht darauf angelegt das Land zu verwüßten , um den Franzosen die Lebensmittel zu entziehen, die dieses liefern konnte. **) Vergl. S. 18. Der königl. würtembergischen Division waren so seit dem Uebergange des Niemens, wo sie 8187 M. ftark war, 726 M. zurückgeblieben (Major v. Miller).
26 leştere einigermaßen aus jenen des Landes erſegen ließen , so war doch zu fürchten , daß viele der , wenn schon anfänglich nur leicht , erkrankten Menschen , aus Mangel an guten oder überhaupt nur erträglichen Hospital- Einrichtungen und zweckmäßiger Pflege erliegen , und daß , da es so wenig zu einem Stillstande der Heerbewegungen als, eben darum, zu einer baldigen regelmäßigen Verpflegung kommen konnte, die Nachzügler, Kranken 2c. sich fortwährend in gleichem Maße vermehren dürften. 2. Der Gefechte des verfolgenden Vortrabs der französischen Colonnen mit dem Nachtrabe der russischen ist, was jene des linken Flügels und des Centrums betrifft , schon gedacht *) ; bei dem rechten Flügel hatten deren Statt , außer den bei Grodno stattgefundenen ( I. 4, 6) , zu Koreliczi vorwärts Nowogrodek am 9. Juli , zu Mir am 10. und zu Romanow am 14. zwischen der den Vortrab des Heeres des Königs von Westphalen machenden polnischen leichten Reiterdivision des Generals Rosniegki und der Reiterei des russischen Atamann Platow, der den Nachtrab der Armee von Bagration machte, und zwar solche , die beiden Theilen zur Ehre gereichten , insbesondere aber die Tapferkeit der polnischen Reiterei im glänzendsten Lichte zeigten. Das Gefecht bei Romanow war das lezte zwischen beiden, da nun Platow sich schnell der Armee Bagrations nachzog , die schon einen großen Vorsprung erreicht hatte. 3. Dem Marschall Fürsten Eckmühl war , als er sich zu Minsk befand **) (das er am 13. Juli mit Rücklaſſung des 33. leichten Infanterieregiments wieder verließ, um weiter vorzurücken) , das Obercommando über das ganze bisher von dem König von Westphalen befehligte Heer übertragen , sowie diesem , wegen seines langsamen Vorrückens (ſ. IV. 1 ) entzogen worden. Indessen war die verlorne Zeit nicht wieder einzuholen. Als Fürst Poniatowski ***) mit dem 5. Armeecorps am
* ) S. I. 2. (4. 6. ) ; II . 6 .; V. 3. **) Das er am 8. Juli beseßt und wo er 30 Kanonen und große Magazine von Lebensmitteln, Fourrage und Kleidung genommen hatte. ***) Poniatowski wurde durch die Entfernung des Königs von Weftphalen ad interim Oberbefehlshaber. Auch bei dem 8. Armeecorps hatte
27 16. Juli zu Romanow einrückte , befand sich das Heer Bagrations schon zwischen Slugk und Glugk, und hatte 3 Märsche Vorsprung gewonnen. Die Mitwirkung des 5. und 8. Armeecorps in dem combinirten Manöver gegen ihn war ziemlich = 0 geworden. Dieser Ansicht zu Folge lauteten nun die vom Kaiſer und Fürsten Eckmühl gegebenen Befehle : „ das 8. Armeecorps hat über Minsk nach Orscha zu gehen (wozu es den 16. Juli von Nieswitsch aufbrach) ; das 5. über Igumen nach Mohilew zu ziehen ; das Reitercorps von Latour - Maubourg, mit legterem in Verbindung bleibend , fortzufahren der Armee Das 7. Armeecorps Bagrations unmittelbar zu folgen *). (unter Reynier) habe auf Slonim zurückzugehen , hier das öftreichische Armeecorps (das den Befehl erhalten , auf Minsk zu marschiren) abzulösen und statt dessen dem ruffiſchen Corps von Tormaſſow die Spize zu bieten." Hierzu ward es von Napoleon für genügend erachtet (f. XV. 1) . 4. In dem Zeitraume vom 30. Juni bis 16. Juli wo sich nun der erste Abschnitt dieses Feldzugs völlig beendigt darstellt , indem die russische 1. Westarmee (intact) im Lager von Drissa angelangt , die 2. dem sie bedrohenden Verhängniß (f. IV. 5 ) entgangen war- hatte die Armee unter dem Könige von Neapel eine Strecke von 140 Wersten ( 7 auf die deutsche Meile) zurückgelegt. Der Marschall Fürst Eckmühl ging in dieser Zeit von Wilna bis Jgumen , 270 Werfte vorwärts . Der König von Westphalen legte 180 Werste zurück ** ) .
Der
Marschall Fürst Eckmühl hatte also Wegs mehr gemacht als der König von Westphalen , woraus sich die Unzufriedenheit Napoleons mit diesem leicht erklären läßt (s. VI. 3 und IV. 1) .
bas Commande gewechselt und war ad interim auf den Divisionsgeneral Tharreau übergegangen , da Vandamme das Commando durch den König von Weftphalen (wegen eines Zwiftes) entzogen worden war. *) Ohnehin hätte auch das 5. und 8. Armeecorps vereint , nebft dem 4. Reitercorps der Armee Bagrations durch den Waldftrich von Slußt nach Bobruisk nicht folgen können , da es hier an Unterhalt ge= brach, **) Nach Major von Miller's Berechnung.
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Siebentes Kapitel. Auf den Krieg influirende Tractaten mit Schweden *). 1. Am 18. Juli wurde zu Örebro ein Frieden zwischen Schweden und Großbritannien — der freilich schon längst factiſch nun auch förmlich geschlossen und damit das alte bestand freundschaftliche Verhältniß zwischen diesen Staaten , wie es im Jahre 1791 war , hergestellt ; dabei ward bedungen , daß, wenn irgend eine Macht Schweden dieses Friedenschlusses wegen bekriegen wollte, Großbritannien es unterstüge und ihm seine Staaten garantire . 2. Einen andern , bis jezt geheim verbliebenen Vertrag hatte Schweden schon früher **) mit Rußland geschlossen, welchem zufolge dieſes jenem den Erwerb von Norwegen zugesichert und die Verpflichtung übernommen hatte, ihm hierbei mit 30,000 Mann behülflich zu sein und solche in Finnland bereit zu halten. Schweden dagegen hatte sich anheischig gemacht, nach vollbrachter Eroberung Norwegens thätigen Antheil am Kriege gegen Frankreich zu nehmen ; bis dahin jedoch nur scheinbar , indem es lediglich mit Landungen in Pommern 2c. drohe. Englischer und russischer Seits ſucht man nun dahin zu wirken , daß es auch vor jener Eroberung Norwegens thätigen Antheil an dem Kriege gegen Frankreich nehme, indem man ihm jenes dann garantiren will (f. XXXI. ) .
Achtes Kapitel. Heerbewegungen in der leßten Hälfte des Juli und zwar vom 18. bis 22. Gefecht bei Eckau. 1. Der Kaiser Napoleon trifft den 18. Juli , sowie das große Hauptquartier und die alte (Fuß-) Garde, zu Glubokoë *) Auch bestanden , wie diese Tractaten unter gegen Frankreich feindselig gesinnten Mächten , ebenso Uebereinkünfte Frankreichs mit Dänemark und Preußen zur Abwehr starker feindlicher Landungen an Deutschlands Küßten. Dänemark machte sich anheischig in solchem Falle das französische Reserveheer mit 10-12,000 M., Preußen es mit ſeiner ganzen noch übrigen Streitmacht (22,000 M.) zu verftärken. **) Am 24. März 1812 , wahrscheinlich auch unter Beirath und Betrieb Englands.
29 ein, und an demselben Tage geht Marschall Mortier mit der jungen Garde, dem größten Theile der Garde- Cavalerie und der bairischen leichten Reiterei nach Uszacz vor, wo er den 20. eintrifft. 2. Ebenso bricht Barklay , bestimmt sowohl durch die Nachricht von der Bewegung des französischen Heeres des Centrums gegen Pologk hin , als durch jene, die Bagration gibt , daß er die Vereinigung der 2. Westarmee mit der 1. in dieser Gegend nicht bewerkstelligen könne , am 18. aus dem Lager von Driſſa auf und geht in ſtarken Märſchen nach Witebsk , indem er das 1. Corps unter Wittgenstein bis Pologk nachziehen und hier vorerst Halt machen , dann das 6. Corps ( Doctorow) bei Beszenkowiczi stehen läßt. Der Kaiser Alerander ist den 18. in Pologk (X. 1 ) . · 3. In Folge der Bewegung von Barklays Armee sezte sich auch der König von Neapel mit der ſeinigen sogleich Düna aufwärts in Bewegung. Das 1. Reitercorps befindet sich schon den 19. Pologk gegenüber , und der König ſelbſt trifft den 20. mit den 3 Infanteriediviſionen des 1. Armeecorps und dem 2. Reitercorps *) ( ſ. V.9) am 20. zu Disna ein, wo er legteres über die Düna zum Erkunden vorgehen läßt **).
(Forts.s. 8.)
*) Zusammt der (zum 3. Armeecorps gehörigen) leichten Reiterbrigade Beurmann , aus 2 königl. würtembergischen Regimentern beftehend (Major v. Miller) . **) Man fand hier nicht nur eine Proclamation an die ruſſiſchen, fondern auch einen Aufruf zur Deſertion an die französischen , sowie an die beim französischen Heer befindlichen deutschen Soldaten unter seyr gehässigen Ausfällen gegen Napoleon. [Da es nicht ohne Interesse ist , den Inhalt der beiden leßtern am 17. Juli an der Düna gefundenen Aufrufe zu kennen, so theile ich denselben wörtlich so hier mit , wie ihn meines Vaters Tagebuch gibt (vielleicht nach dem 8. französischen Bülletin ? ) : 1) Appel aux Allemands, pour se rassembler sous les drapeaux de l'honneur et de la patrie , par le général russe Barclay de Tolli. • Allemands ! Pourquoi faites-vous la guerre à la Russie ? pourquoi violez-vous ses frontières ? pourquoi traitez-vous en ennemis ses peuples , qui depuis plusieurs générations ont été avec vous en relations amicales, ont reçu dans leur sein des milliers de vos compatriotes et ont donné des occupations à leur industrie, des récompenses à leurs
30 4. Das 10. Armeecorps hatte vom Niemen bis zur Aa, welche es am 18. erreichte , und sofort Mitau , Bauske 2c. be-
talens ? Qui vous pousse à cette injuste aggression ? elle ne peut qu'amener votre perte et ne se terminera que par la mort de cent milliers d'hommes ou par votre entier asservissement. Mais cette aggression n'est pas la suite d'une libre résolution. Votre raison, votre sentiment de la justice, m'en sont garants. Vous êtes les malheureux instrumens de cette ambition étrangère qui s'occupe sans cesse à achever de mettre sous le joug la malheureuse Europe. Allemands ! malheureux et honteux instrumens de l'ambition relevez-
vous ! Songez que vous occupez dans l'histoire la place d'un grand peuple distingué dans les arts de la paix et de la guerre. Apprenez , par l'exemple des Espagnols et des Portugais , que la ferme et constante volonté d'un peuple peut repousser l'attaque et les fers de l'étranger ! Vous êtes opprimés, mais non pas avilis. Vous n'êtes pas encore degénérés . Si beaucoup des votres dans les classes supérieures ont oublié leur devoir envers la patrie, la masse de votre nation n'en est pas moins loyale , brave , dégouté d'un joug étranger et fidèle à Dieu et à la patrie. Vous donc que le conquérant a trainé sur les frontières de la Russie, abandonnez les drapeaux de l'esclavage ; rassemblez- vous sous ceux de la patrie, de la liberté, de l'honneur national, qui sont arborés sous la protection de Sa Majesté l'Empereur mon maître ; il vous promet l'appui de tous les braves russes en état de porter les armes dans une population de 50 millions d'ames , et qui sont déterminés à combattre jusqu'au dernier soupir pour l'indépendance et l'honneur de la nation. S. M. l'Empereur Alexandre m'a chargé d'offrir une place dans la légion allemande a tous les braves officiers et soldats allemands qui émigreraient. Elle sera commandée par un des Princes de l'Allemagne qui a montré son attachement à la cause de la patrie par ses actions et ses sacrifices, et son premier but est le rétablissement de la liberté de l'Allemagne ! Si le grand but est atteint , la patrie réconnaissante distribuera de brillantes récompenses à ses braves et fidèles enfans qui l'auront sauvée de sa ruine . Le succès n'est-il pas complétement heureux , alors mon maître assure à ces braves un asile et des terres sous le beau climat de la Russie méridionale . Allemands choisissez ! Répondez à l'appel de l'honneur et de la patrie , et jouissez des récompenses dues à votre valeur et à vos sacrifices ; ou bien courbezvous de plus en plus sous le joug de l'esclavage , et vous périrez
31 ſezte, keinen Widerstand gefunden.
Die Befagung Rigas war
vor ihm nach dieſem Plage zurückgegangen , jedoch ein großer Theil derselben noch auf der linken Seite der Düna in einem Lager bei Dahlenkirchen stehen geblieben.
General Essen ließ
nun, unter General Löwis , 8 Bataillons , 2 Cavalerieregimenter und einen starken Trupp Kosacken auf Ecau vorrücken, welche der königl. preußische General von Grawert, von Bauske und Kanken her, anzugreifen Befehl erhält : was den 19. Juli geschieht.
Sie werden durch die Preußen nach einem sehr hart-
näckigen Gefechte zum Rückzuge gezwungen. Der Verluſt betrug Die Preußen nehmen auf beiden Seiten etwa 600 Mann. hierauf hinter der Miß Stellung.
( S. XII. Bülletin.)
5. Marschall Macdonald, der sich mit der ( aus 3 Brigaden bestehenden) Division Grandjean auf dem Marsche nach Jacobstadt befand, hielt inzwischen zu Schönberg an und schickte eine Brigade zum etwa nöthigen Succurs dem General Grawert nach Bauske. Er nahm dann am 21. Juli ſein Hauptquartier zu Jacobstadt und ließ die Düna daselbst überbrücken. 6. Am 18. recognoscirte Marschall Oudinot , Herzog von Reggio, Dünaburg * ) mit einer Bedeckung von nur 25 Chaſ-
dans l'avilissement , la misère et la honte ; vous périrez la risée de l'étranger et la malédiction de vos enfans ! 2) Soldats français ! L'on vous force de marcher à une nouvelle guerre ; l'on vous persuade que c'est parce que les russes ne rendent pas justice à votre valeur : non camarades ; ils l'apprécient , vous le verrez un jour de bataille. Songez qu'une armée , s'il le faut, succédera à l'autre et que vous êtes à 400 lieues de vos renforts. Ne vous laissez pas tromper à nos premières manoeuvres ; vous connaissez trop les russes pour croire qu'ils fuient devant vous : ils accepteront le combat et votre retraite sera difficile. Ils vous disent en camarades : rétournez chez vous en masse : ne croyez point à ces perfides paroles, que vous combattez pour la paix : non, vous vous battez pour l'insatiable ambition d'un Souverain qui ne veut point la paix , sans cela il l'aurait depuis longtemps, et qui se fait un jeu du sang de ses braves. Retournez chez vous, ou si vous voulez en attendant un asite en Russie, vous y oublierez les mots de conscription , de levée , de ban et d'arrière- ban et toute cette tyrannie militaire qui ne vous laisse pas un instant sortir de dessous le joug. Zusaß d. Herausg.] *) Nach der Aussage eines Aide de camp des Generalgouverneurs Rapp. Graf Walden, der aus dieser Gegend kam und nach Danzig zurückkehrie,
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seurs. Man hatte ihm die Meldung gemacht , daß sich kein Geſchüß mehr auf den Wällen befinde und die Beſagung im Begriffe stehen müsse es zu räumen. Auch ließen ihn die Ruſſen bis auf einen Flintenschuß herankommen , fuhren aber inzwiſchen ihr zurückgezogenes Geſchüß wieder ein und begannen mit 30 Stücken zu feuern. Auf 200 Grenadiere , die herausgeschickt wurden , ließ der Marschall sogleich von seiner kleinen Bedeckung chargiren, die sie auch glücklich auseinander sprengten und etliche 50 Mann davon gefangen machten.
Mehrere fran-
zösische Truppen, die dann herankamen, mußten sich, nach einigem durch das russische Geschüß erlittenen Verlust , aus deſſen Bereich ziehen. Die Ruſſen waren jedoch im Räumen begriffen und verbrannten noch vor ihrem Abzuge ihre dortigen bedeutenden Magazine an Lebensmitteln. Doch fanden die Truppen von Macdonalds Armeecorps noch mancherlei andre Kriegsvorräthe , selbst metallene Geschüge 2c. vor, als sie in diesen Play einrückten , die dann dieser Marschall noch vollends zerstören ließ. 7. Marschall Fürst Eckmühl , der den 20. Juli nach Mohilew , ohne eine Spur vom Feinde , gelangt, sowie ohne Nachricht vom 5. und 8. Armeecorps und dem 4. Reitercorps war, nicht minder über Alles was den Marsch der Armee Bagrations betraf, ließ am 22. das 3. Chasseurregiment auf der Straße nach Daschkowka zur Erkundung vorgehen , und folgte diesem Regiment selbst in einiger Entfernung . Er mußte indessen in vollem Pferdslauf nach Mohilew zurück, da jenes von Kosacken überfallen und bis zu dieser Stadt gejagt wurde, wo dann ein Infanterieregiment die Verfolger zurückwies *) . Der Marschall ließ sofort legteres bis zum Paſſe von Saltaika vorrücken , ihn beſegen, und bereitete sich darauf vor, trog der geringen Kräfte die er zur Hand hatte , einem Angriffe von Bagrations Heer zu widerstehen und ihm den Durchbruch bei Mohilew zu verwehren. 8. Nachdem sich der König von Neapel zu Disna (ſ. 3)
*) Nach dem 9. Bülletin wurde das Regiment von 3000 Kosacken überfallen und verfolgt. Es verlor dabei ſeinen Oberften , 4 Offiziere und (über) 100 Pferde, todt oder gefangen.
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überzeugt hatte , daß Barklays Armee bereits über diese Stadt hinaus gegen Witebsk war, ſegte er am 22. feinen Marſch mit der Cavalerie, die er bei sich hatte, und den 3 Divisionen des 1. Armeecorps fort , Düna aufwärts , so daß in der Entfernung eines Tagemarsches das 3. Armeecorps ihm folgte ; er ging zu Ula über den Fluß dieses Namens und traf den 24. zu Beszenkowiczi ein *) . Das 2. Armeecorps , ebenfalls Düna aufwärts gehend (s. 6) , kam den 22. zu Drissa an. Es hatte Befehl , das befestigte Lager der Russen daselbst gänzlich zu zerstören , dann den Marsch nach Polosk fortzuſegen und das ruſſiſche 1. Corps von Wittgenstein , das Barklay nicht weiter gefolgt, sondern auf dem rechten Ufer der Drissa verblieben war , im Auge zu behalten (Forts. XIV. 5).
Neuntes Kapitel. Treffen von Mohilew zwischen der zweiten russischen Westarmee, und den Truppen des Fürften Eckmühl. 1. Bagration über Bobruisk und Rochaczew am 21. Juli nach Staroi-Bichow gekommen , hatte daselbst Platow mit dem größten Theile seines Corps durch eine Furt des Dnjeprs gehen lassen , mit der Weisung, # nordöstlich von Mohilew (über was bei DuGorki) über diesen Fluß wieder zurückzugehen
browna geschah -
und sich mit der 1. Westarmee (Barklay)
in Verbindung zu ſegen, während Bagration dieſe Verbindung über Mohilew zu erzwingen beabsichtigte. Es bestand aber seine Armee noch aus ungefähr 36,000 Mann Infanterie , 12,000 Mann Cavalerie und 6000 Kosacken **) , während Marschall *) Das 3. Armeecorps war (nach würtembergischen Berichten) den 19. zu Raskimosi aufgebrochen , über Braslaw und Zamoscha bis Okoloki , den 20. bis Bonachon , den 21. Kruki , den 22. Disna , den 23. Bononija gegangen und traf den 24. , Poloßk gegenüber , zu Kazmirowi ein. **) Nach Oberst Buturlin en Detail : das 7. Corps Rajewski, 16,000 Mann ; das 8. Corps Barasdin , 20,500 Mann ; die 2. Divifion Cüraffiere, 2500 Mann ; das 4. Corps Cavalerie Sivers , 3500 ; Kofacken der 2. Weftarmee 3500 ; dann das von der 1. Weftarmee abgeschnittene und sich an die 2. angeschlossen habende Detaschement Dorochof 3000 Mann ; endlich die Kosacken Platows 6000 Mann. Röder, Kriegszug. 3
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Fürst Eckmühl ihm für den 23.
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nicht mehr entgegenzustellen
hatte, als die zwei Divisionen Deſſair und Compans seines ( 1.) Armeecorps , die zuſammen nur noch aus 5 Regimentern = 21 Bataillons bestanden ,
da die übrigen Regimenter und
Bataillons derselben in Beſagung zu Kowno * )_und_Minsk verblieben , auch 1 Infanterieregiment bei der noch an der Druz stehenden Arrieregarde von Pajols Reiterbrigade gelaſſen , und 1 Bataillon **) als Bedeckung des Parks zurück war. An Cavalerie hatte der Marschall nur die Cüraſſierdiviſion Valence und die leichte Reiterbrigade Bordesoult bei sich. General Pajol mit der Arrieregarde war auf's eiligste berufen worden , konnte aber erst den 23. gegen Abend eintreffen. Der Marschall wählte eine Stellung hinter dem von einem Bach durchflossenen Ravin, das bei Zastenok , 54 Stunden Wegs vorwärts Mohilew, beginnt und sich in südöstlicher Richtung über die Dörfer Seließ, Atowka und Saltaika, die auf seinem linken Rande liegen, nach den Dnjepr zieht.
Bei allen diesen Dörfern giebt es Ueber-
gänge. Die Hauptstraße von Staroi-Vichow her , zunächſt am Dnjepr , führt über Saltaika. Die ganze Nacht vom 22. auf den 23. ward aus allen Kräften an Befestigung dieser Uebergänge gearbeitet , wodurch diese Stellung bedeutend verstärkt und widerstandsfähig wurde.
Nur wenn der Gegner das Ravin
bei Zastenok umging ***) , konnte seine Uebermacht entscheidend wirken und die Terrain- Vortheile gingen für die Franzosen verloren. Der Marschall besezte darum auch leßteres Dorf mit einem Regiment (4 Bataillons) und ließ 1 Regiment Infanterie als Reserve zu Mohilew , und stellte seine gesammte Reiterei und Reserve-Artillerie bei Buiniczi hinter seinem rechten Flügel auf, um sie gegen Zastenok zur Hand zu haben. übrigen 3 Infanterieregimenter Zugänge.
Seine
beſegten die 3 vorerwähnten
Die ganze Truppenstellung von Saltaika , als dem
*) Wobei das heffiſche 1. Bataillon Leibregiments und das Regiment Juprier; zu Minsk das 33. leichte Infanterieregiment. **) Das hessische 2. Bataillon Leibregiments , das mit dem Park erft den 24. nach Mohilew kam , somit an dem Treffen keinen Antheil batte. ***) Was er , wenn er , sobald es Tag ward , recognoscirt hatte, ficher gethan haben würde , der Marschall auch erwartete.
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linken Flügel , an , war eine staffelförmige nach dem rechten Flügel hin. 2. Bagration rückte am 23. Juli Morgens 7 Uhr mit seiner ganzen Armee auf der Straße nach Saltaika an und das Treffen begann hier sogleich. Die Nussen deployirten in Maſſen links der Straße ; ihr Angriff ging aber nicht viel über Atowka hinaus. Es ward bald sichtlich, daß das, was sie gegen Selieg geschickt , nur zum Demonstriren geschehen und ihre Abſicht gar nicht war, den rechten Flügel der französischen Stellung zu umgehen , um den Angriff auf freies Terrain zu spielen. Fürst Eckmühl zog nun seine 3 Linken - Flügel - Eschelons an's Ravin heran und behauptete sich so mit nicht mehr als 3 Infanterieregimentern gegen alle wiederholten Angriffe des Gegners bis Abends 6 Uhr *) , wo Bagration abbrach und das Zeichen zum Rückzuge gab, der alsbald auf derselben Straße nach Staroi-Bichow hin , von der Waldung gedeckt, angetreten wurde. Die Russen, besonders da sie, zur Forcirung der llebergänge, ihre geſchloſſenen Colonnen mehrmals dem mörderiſchſten Artilleriefeuer aussegten, hatten starken Verlust erlitten. Ihr Rückzug blieb unbeunruhigt und mußte es bei der Schwäche ihrer Gegner bleiben. Bagration ging dann mit ſeiner Armee zu Staroi-Bichow über den Dnjepr und suchte seine Verbindung
*) Das 4. Regiment (f. 1 ) wurde erft , als das Treffen sich dem Ende näherte , von Zaftenok weg und auf's Schlachtfeld herangezogen ; das 5. Regiment aber verblieb zu Mohilew. Das 9. Bülletin sagt von dieſem Treffen ( da der ausführliche Rapport des Marschalls nicht bekannt gemacht wird) nur Folgendes : ,,Le général russe Sivers avec deux divisions d'élite commença l'attaque. Depuis 8 heures du matin jusqu'à 5 heures du soir le feu fut engagé sur la lisière du bois et au pont que les russes vouloient forcer ; à 5 heures le Prince d'Eckmühl fit avancer 3 bataillons d'élite, se mit à leur tête (Redensart !) , culbuta les russes , leur enleva leurs positions et les poursuivit pendant une lieue (Alles Zeitungsund Bülletins- Schreiber- Geſchwäß , an dem kein wahres Wort !) La perte des russes est évaluée à 3000 h. tués et blessés, et à 800 prisonniers . Nous avons perdu 900 h . tués et blessés et prisonniers. Eckmühl n'avoit que 5 regiments d'infanterie, une division de curassiers et une de chasseurs à cheval ; Bagration 4 divisions d'infanterie, 5000 cosaques et 8000 h. de cavalerie, en tout 35,000 hommes." 3*
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über Smolensk mit jener Barklays : wobei er jedoch eine Diviſion (die von Neweriskow befehligte 27.) bei Krasnoi zurückläßt. 3. Fürst Eckmühl verblieb nach dieser schönen Waffenthat bis zum 28. Juli zu Mohilew, wo er dann mit ſeinem Truppencorps am Dnjepr aufwärts zog, um sich demHauptheere unter Napoleons eigner Führung zu nähern.
Zehntes Kapitel. Fortseßung der Heerbewegungen vom 22. bis 25. Juli. 1.
Die Armee Barklays , mit Ausschluß des 1. Corps
das sich nach Osweja gezogen hatte (ſ. VIII. 2) , befand sich den 22. Juli zu Kurilowszina, und General Doctorow hatte mit seinem (dem 6. ) Corps und dem 2. Reitercorps (von Korff), um die rechte Flanke der Armee zu decken , eine Stellung gegenüber von Beszenkowiczi genommen, mit seiner leichten Reiterei diesen Ort besezt und sie bis Ula vorgeschoben. ― General Barklay erreichte , während Doctorow in erwähnter Stellung blieb , mit der Armee am 24. Juli Witebsk , wo er die Düna passirte und sie gegen die Lucziffa hin ein Lager beziehen , das 4. Corps unter Ostermann aber , dem er das 3. Reitercorps (von Pahlen) beigibt , als Avantgarde, auf einen Tagmarsch vorgehen ließ , die dann bei Ostrowno sich aufstellt (s. XI. 1 ) . 2. Der Kaiser Alerander nebst dem Großfürsten Constantin
hatten jezt das Heer verlassen, und Barklay, außer dem Oberbefehl desselben , auch die ganze Leitung des Kriegs überlassen. Für den Großfürsten Constantin war Lawarow als Befehlshaber des 5. Corps eingetreten. Der Kaiser , nachdem er zu Pologk Proclamationen an das russische Volk und die Stadt Moskau erlassen und darin Napoleon des Vorsages bezüchtigt hatte , Rußland vernichten und die russisch - griechische Religion zerstören zu wollen , so wie die bisherigen Rückzüge der Unzulänglichkeit seiner Streitmacht , der übermächtigen des Feindes gegenüber , beimaß und seine Unterthanen aufrief, dem Vaterlande die größten Opfer zu bringen und jene Absicht Napoleons zu Nichte zu machen , geht über Witebsk nach Moskau , und ebenso Großfürst Constantin nach Petersburg , um die Verſtär-
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fung der Streitmittel aus allen Kräften und persönlich zu bes treiben * ). 3. Das 4. französische Armeecorps ( des Vicekönigs Eugen), das den 23. Juli zu Boczeikowo angekommen war (von Smorgoni über Dokschigi, s. V. 1 und 8), schickte sogleich leichte Reiterei auf der Straße nach Beszenkowiczi vor , welche eine starke Abtheilung der russischen warf, worauf der Vicekönig noch desselben Tages mit seiner Avantgarde an die Düna nach Beszenkowiczi vorging und am 24. das ganze 4. Armeecorps , welchem jezt auch die bairische Chevaulegers - Division des Generals von Preifing (4 Regimenter) zugetheilt war, daselbst versammelte. Auch das 1. Reitercorps (Nansouty) kömmt noch an diesem Tage daselbst an. 4. Unter dem Schuge ſeiner Artillerie ließ der Vicekönig am 24. eine Brücke über die Düna schlagen und inzwischen durch eine Furt die bairische Chevaulegers - Diviſion übergehen , der er einige Voltigeurs - Compagnien zur Unterſtügung beigibt. Der russische General Doctorow widersezte sich , da er zurückzugehen Befehl hatte, diesem Beginnen nicht und marſchirte auf Witebsk. 5. Napoleon, der am 23. zu Glubokoë aufgebrochen und den 24. Nachmittags zu Beszenkowiczi eingetroffen war, begab sich sogleich über die Düna zur bairiſchen Chevaulegers-Diviſion (Preising) und recognoscirte mit ihr 2 Stunden auf der Straße nach Witebsk, um sich zu überzeugen ob Barklays Armee wirklich vorübergekommen und dahin gegangen sei. Als ihm dieß nun aus den Bewegungen des Corps von Doctorow unzweifelhaft geworden war , nimmt er die bairische Reiterdivision und begibt sich selbst nach Beszenkowiczi zurück.
General Montbrun
wurde sofort befehligt , mit seinem (dem 2. ) Reitercorps dem russischen Corps von Doctorow zu folgen , und General Nansouty mit dem 1. Reitercorps , nebst einem (dem 8. leichten)
*) Im Lager von Driſſa waren etwas früher von Barklay Aufrufe (f. VIII. 3 **) an die franzöfifchen und deutschen Soldaten ergangen, Napoleon , den Tyrannen , zu verlassen. Man griff sonach jezt zu allen Mitteln , ſelbft indem man die Religion bedroht erklärte, um die Ruſſen zu enthusiasmiren und den nun drückender als man wohl vermuthete gewordenen Krieg fortführen und zu glücklichem Ende bringen zu können.
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Infanterieregiment, am linken Ufer der Düna auf der Straße nach Witebsk vorzugehen, wo er dann seine leichte Reiterdivision Napoleon vereinigt nun (Bruyères ) bis Budilowa vorschickt. das bisherige linke Flügelheer des Königs von Neapel, excl . des 2. Armeecorps , mit dem Heer des Centrums. 6. Die Garden , welche gleichfalls , so wie die drei Diviſionen des 1. Armeecorps , noch am 24. zu Beszenkowiczi eintreffen, lagern nebst dem 4. Armeecorps rückwärts dieses Fleckens. Das 3. Armeecorps befindet sich bei Ula *) . Alle dieſe Truppen erhielten Befehl, den 25. Juli, der Vicekönig mit dem 4. Armeecorps voran , der Avantgarde des Generals Nansouth , deren Führung der König von Neapel felbft übernahm, auf der Straße nach Witebsk, am linken Ufer der Düna aufwärts, zu folgen. 7. Der General St. Cyr , der sich mit dem 6. , nur noch aus den 2 bairischen Infanteriedivisionen bestehenden Armeecorps , rückwärts befindet , erhält den Befehl bei Uszacz zur Beobachtung stehen zu bleiben ; auch wird eine leichte CavalerieBrigade beordert, den 25. in der Richtung von Sjenno vorzustoßen, um die Verbindung mit dem 3. Reitercorps ( Grouchy) zu suchen und zu erhalten , das in Orscha sei **) .
Elftes Kapitel. Die Treffen und Gefechte von Oftrowno, am 25., 26. und 27. Juli.
1. Die Cavalerie des russischen Generals Pahlen (s. X. 1), welche am 25. Juli früh Morgens gegen Budilowa vorging, stieß bald auf das gegen Ostrowno in Bewegung befindliche
*) Nach würtembergischen Berichten kam der Haupttheil des 3. Armeecorps den 25. Juli zu Ula an ; er lagerte zu Uswicha hinter der Ula ; den 26. marschirte er nach Dubiſcha , den 27. Nachmittags erreichte er Oftrowno , wo er die Einladung erhielt , den 28. Morgens frühe vor Witebsk zu der bevorstehenden Schlacht einzutreffen , weßhalb er den Marsch noch weiter und bis Abends fortsette. In Beszenkowiczi waren 3 Bataillons Würtemberger zurückgelaffen worden. **) Nach dem 8. Bülletin war General Grouchy am 15. Juli in Borissow (f. V. 7) . Ein Detaſchement , das er nach Staroi - Lepel geschickt, hatte dafelbft große Magazine weggenommen und 2 Compagnien Mineurs (8 Offiziere , 200 Mann) gefangen ; den 18. war er zu Ko -
39 Reitercorps von Nansouty und ward von der voranziehenden leichten Division (Bruyères , s. X. 5) desselben mit äußerstem Ungestüm angegriffen und mit dem Verlust von 6 Geſchüßen auf die Stellung des Generals Ostermann (s. X. 1 ) zurückgeworfen. Der König von Neapel , obgleich er nicht mehr als das Reitercorps Nanſouty's und ein leichtes Infanterieregiment bei sich hatte , begann doch sogleich das Gefecht zur Sprengung dieser Stellung , und Ostermann hielt für gerathen , als die Division Delzons (vom 4. Armeecorps) noch zur Verstärkung des Angriffs herangekommen war , nach einem heftigen Kampfe und Verlust von 8 Geſchügen , nicht länger in seiner Stellung halten zu wollen , und zog sich in eine andere hinter Ostrowno bei Kukowiaczi zurück *) . 2. Hier hatte dann Ostermann am 26. , da er inzwiſchen mit einer Diviſion Infanterie (Kanowißin) verstärkt und dadurch sein Corps auf 20,000 Mann Infanterie und 5000 Mann Cavalerie gebracht worden war, gegen die Angriffe des Königs von Neapel mit der Reiterdivision Nansouty, die nun von dem ganzen 4. Armeecorps unterstügt wurde , ein heftiges Treffen zu bestehen, das sich ebenfalls damit endigte, daß er seine Stel-
chanow. An diesem Tage traf General Colbert zu Orscha ein, wo er fich sehr großer Magazine von Mehl, Hafer und Kleidung bemächtigte und hierauf den Dnjepr paſſirte. *) Von Beszenkowiczi nach Witebsk geht die Straße nur immer・ in kurzer Entfernung von der Düna hin. Vor Oftrowno ift das Land offen und bebaut , einen Kanonenschuß dahinter , gegen Witebsk hin, fangen die Wälder an , die bis zur Lucziffa hin gehen , in welchen man nur hin und wieder eine freie , bebaute Stelle findet. Die Straße ift von mehreren , ziemlich tiefen Ravins , worin kleine Bäche rinnen, durchschnitten, an deren Ursprung (fie zieben von Süden nordwärts nach der Düna) die Waldung fich so verwachsen findet, daß, bei dem Hinzukommen vieler Moräfte die es darin gibt , das Durchdringen oft ganz unmöglich wird. So gaben fie dem Corps von Oftermann eine gute Anlehnung für seine linke Flanke, während er feine rechte an die Düna Vaudoncourt giebt die Stellung Oftermanns am 25. hinter Atüßte. Dolgaia an , also vorwärts des Baches von Gorodnia, Oftrowno links rückwärts. Chambray dagegen sagt: „Oftrowno lag vor seiner Front.“ Ich möchte Leßteres , da ich hier sehr viele Todte fand und dort nur wenige , für richtig annehmen. Das Schlachtfeld am 26. aber ist außer allem Zweifel das angegebene bei Kukowiaczi.
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lung verlassen mußte und den Rückzug in den hinterliegenden Wald , dann in eine noch weiter zurück , doch noch vor der Luczissa liegende Stellung nahm *) . Jenen Wald hatte man, da man eine größere Macht , vielleicht Barklays ganze Armee, hinter demselben vermuthete , auf eigne Verantwortung anzugreifen nicht gewagt , bis der Kaiser herankam , den Angriff und lebhafte Verfolgung befahl : worauf man sich desselben, nach einer hartnäckigen Vertheidigung der Russen , am Abend noch bemächtigte. Der Kaiser mit seinen Garden verbrachte die Nacht in Kukowiaczi, der König von Neapel und der Vicekönig in Dobrejika. 3. Obgleich Barklay jede allgemeine Schlacht vermeiden zu wollen geschienen , ehe nicht seine Verbindung mit Bagrations Armee bewerkstelligt sei, so hatte es nun doch das Ansehen gewonnen als wollte er die Stellung bei Witebsk behaupten und , da er sich dem jest gegen ihn verwendbaren Theile des französischen Heeres
gewachsen glauben mochte , es auf eine Schlacht ankommen lassen , um Bagration Zeit zum Herankommen zu verschaffen **) . In dieser Absicht waren offenbar von dem General Ostermann die beiden Gefechte von Ostrowno am 25. und 26. Juli mit solcher Hartnäckigkeit bestanden und dann doch noch nicht Rückschritte bis über die Luczissa gemacht worden. Napoleon schloß auch daraus auf die bevorstehende Schlacht. - Inzwischen ward Barklay durch eine in der Nacht vom 26. auf den 27. erhaltene Meldung Bagrations , daß er Orscha über Mohilew nicht habe gewinnen können und seine
*) S. im 12. Bülletin die Relationen des Königs von Neapel und des Vicekönigs über diese Gefechte. **) Die Stärke der Armee Barklays am 25. Juli zu Witebsk gibt Buturlin wie folgt an : 2. Corps (Bagohufwut) 16,000 Mann ; 3. (Tutfchlof) 16,000 Mann ; 4. (Oftermann) 9000 Mann ; 5. (Labanof+) 19,000 Mann; 6. ( Doctorof) 15,000 Mann ; 1. Corps Cavalerie (Uwarof) 3000 Mann ; 2. Corps Cavalerie (Korff) 4000 Mann . Summa 82,000 Mann. Da der Reiterei von Pahlen keine Erwähnung geschieht , so commandirte er wohl Garde- Cavalerie , als mit welcher auch die französische leichte Reiterdivifion Bruyeres am 25. zu thun gehabt haben wollte.
Wird auch manchmal Labarof genannt.
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Vereinigung über Smolensk bewirken müsse , bewogen , von seinem Vorhaben, eine Schlacht zu liefern, abzugehen *) und ſelbſt den Marsch gegen Smolensk anzutreten.
Um indeſſen nicht
gedrängt zu werden und diesen Rückzug in bester Ordnung zu machen, beschloß er , das Ansehen beizubehalten als wolle er wirklich die Schlacht annehmen. Er ließ zu diesem Ende das Ostermannsche Corps , da es sehr gelitten hatte , ablösen und befahl Pahlen , dem er das Commando über dieß Arrieregardecorps gab , den hartnäckigsten Widerstand in seiner Stellung vorwärts der Lucziſſa , und dann so weiter , zu leisten. Hierdurch hoffte er seinen Gegner zu veranlassen, den 27. nicht mit ganzer Macht vorzudringen **) und einen Theil dieſes Tages mit Recognosciren zu verbringen , welche sehr begründete Erwartung denn auch der Erfolg rechtfertigte. 4. Als die französische Armee am 27. früh ihre Bewegung
fortsegte gegen Witebsk , fand sie das erwähnte ( s. 3) ruſſiſche Arrieregardecorps (noch als Avantgarde erscheinend) in starker Stellung hinter einem Ravin, 5 Werste von Dobrejika entfernt (f. 2) . Ein heftiger Kampf zwischen ihr und der angreifenden Reiterei des Königs von Neapel , unterſtügt von den Infanteriedivisionen des 4. Armeecorps Broussier und Delzons entbrannte sogleich ***) ; Pahlen ward indessen nach einem sehr lebhaften Widerstande gezwungen über die Lucziſſa zurückzugehen. Die Franzosen sicherten sich noch an diesem Tage den Uebergang über jenen, gegenwärtig seichten aber tief eingeſchnittenen Fluß,
*) Buturlin beftätigt , daß Barklay die Abficht gehabt , seine Verbindung mit Bagration, wenn dieser Orscha erreicht habe, über Babinowiczi zu bewerkstelligen und nöthigen Falls zu diesem Zweck bei Witebsk eine Schlacht zu wagen. **) Napoleon hatte am 27. sein Heer noch nicht zusammen und würde an dieſem Tage doch nicht die Schlacht haben wagen können. ***) Das 10. Bülletin gibt als Resultat der 3 Gefechttage , die von Oftrowno den Namen tragen (25. , 26. und 27. Juli) , an : 10 bespannte Kanonen, 20 Munitionswagen der Ruſſen und 1400 Mann fielen den Franzosen in die Hände ; auch sollen fene 5000 Todte und Blesfirte gehabt haben ; die Französen nur 200 Tødte, 900 Bleffirte und 50 Gefangene (was kaum die Hälfte der richtigen Zahl sein mochte , da ich felbft mehr als 200 Tode gesehen hatte).
42 sowohl auf der Straße als bei der Ausmündung deffelben in die Düna.
Zwölftes Kapitel. Schönes Manöver Barklays , den Abzug feines Heeres von Witebsk zu maskiren , und Vorbereitungen Napoleons zur Schlacht. 1. Nachdem am 27. Juli das Corps von Pahlen (s. XI. 4) schon geraume Zeit im heftigsten Gefecht begriffen war, etwa um 9 Uhr Morgens , ließ Barflay seine Armee unter das Gewehr treten, zog seine gesammte Reiterei und den größten Theil der Jägerbataillone vor und stellte erstere auf dem Kamm der Anhöhe hinter der Lucziſſa ſo auf, daß sie die Bewegung seiner Armee verdecken konnte. Durch die Jäger ließ er die Stadt und alle für dieſe Waffe geeigneten Terraintheile zwiſchen derfelben und dem Arrieregardecorps Pahlens besegen. Um die Franzosen bei dem Vorrücken für ihre rechte Flanke beſorgt zu machen, befiehlt er Pahlen, so wie einem Theile seines linken Flügels , eine Bewegung links (nämlich südlich der Straße , die sie zu ziehen hatten) auszuführen , und bringt durch dieses zweckmäßige Manöver Verzögerung in den franzöſiſchen Angriff, indem der französische Feldherr nun erst einen Theil der rückwärtsstehenden Truppen vorziehen und sie rechts entgegen senden mußte * ). *) Außer dem schönen Manöver Barklays , wodurch er ſeinen Abzug , durch scheinbare Vorbereitungen zur Annahme einer Schlacht, maskirte und fich einen ganzen Tag Vorsprung zu verſchaffen wußte , find auch 2 Episoden aus dem Tage vom 27. für die Kriegsgeschichte nicht ohne Intereffe , nämlich 1 ) das Beiſpiel von Standhaftigkeit und Waf, fenüberlegenheit , welches 2 Voltigeurs - Compagnien gaben , die, an der Düna aufwärts über die Lucziffa gehend , plößlich jenseits von einer ungeheuren Maſſe feindlicher Cavalerie umringt, gleichsam verschlungen werden , und dennoch unversehrt , zum Erstaunen ihrer zufehenden Waffenbrüder , wieder aus den Maſſen hervorkommen ; 2) der panische Schrecken , welcher , als das Gefecht am hißigften war , ein Heer von Beamten , Marketendern und Knechten überfiel , als fie ein Regiment franzöfifche Cavalerie rasch zurückreitend erblickten und das für Flucht nahmen, was nur ein Plaß machen für hervorzuziehende Infanterie war. Dieser Troß ging unaufhaltsam zurück , überall aussprengend , daß die französische Armee geschlagen und in vollem Rückzuge sei. Eine Er scheinung , die 1815 beim Vorrücken des alliirten Heeres im Elsaß unter
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2. Mittlerweile hatte die russische Armee den Rückzug angetreten. Zuerst marschirte das Reservecorps ab , dann die Armee selbst in 3 Colonnen. Das Arrierecorps Pahlens, unterſtügt von den vorgeschobenen Jägern , hielt die Franzosen bis zum Abend auf, zog sich dann mit ihnen, nachdem man ein sehr bedeutendes Magazin zwischen der Luczissa und der Stadt angesteckt und vorher Bivouacfeuer angezündet hatte , als wenn noch die ganze Armee gegenwärtig sei , durch Witebsk in 3 Haufen dieser nach , ohne auch nur eine Spur hinter sich zu laffen , welchen Weg sie genommen haben könnte. 3. Die Franzosen bezogen Abends Bivouacs am linken Ufer der Luczissa schlachtbereit auf den folgenden Morgen , den 28. Das 4. und 3. Armeecorps standen im 1. Treffen , legteres zur Linken und sich an die Düna lehnend.
Die 3 Divi-
sionen des 1. Armeecorps , die Garden und das Reitercorps von Nansouty bildeten das 2. und 3. Treffen.
Das Reiter-
corps von Montbrun , nebst der leichten Reiterbrigade Beurmann vom 3. Armeecorps , stand in gleicher Höhe auf dem rechten Ufer der Düna und hielt zugleich die dortige Vorſtadt von Witebsk cernirt.
Dreizehntes Kapitel. Rückzug des ruffischen Heers des General Barklay von Witebsk und Vorrücken Napoleons mit den ſeinigen dahin. Raft. 1.
Von der Armee Barklays ward die 1. Colonne über
Falkowiczi auf Lioszna und Rudnia dirigirt ; sie hatte eine Nach-
dem Troß in völlig gleicher Weise sich zeigte , die gar nicht selten in der Kriegsgeschichte ist , und von der wir Heffen selbst im eignen Corps am 11 Februar 1807 beim Vorrücken zur Erftürmung der Stadt Graudenz ein bemerkenswerthes Beispiel erlebt haben. [Da nach Clausewiß (nachgelassene Werke Bd. VII. S. 101 ff. ) Barklay hier wie immer (z . B. fpäter bei Smolensk) hin- und herschwankte zwischen Offensive und Defenfive und ganz ernftlich ein Paar Tage mit dem Gedanken fich trug , bei Witebsk eine Schlacht anzunehmen , was Clausewiß das non plus ultra der Unklarheit , um nicht zu sagen Wahnsinn , nennt , so waren also die getroffenen Vorbereitungen zur Schlacht nicht bloße Maske, obgleich fie , als endlich der weitere Rückzug beschlossen war , als solche Hüglich benugt wurden. Zusaß d. Herausg]
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hut nicht nur auf dieser Straße , sondern auch auf der Hauptstraße nach Orscha, ſo daß man glauben konnte, auch die leztere ſei von einem Theile der Armee eingehalten. Die 2. und 3. Colonne , wobei der General en chef selbst war , nahmen die Richtung auf Agaponowezina, von wo sie dann die Straße nach Porjätszie einhielten. Zu Agaponowezina ließ Barklay die Arrieregarde unter Pahlen Halt machen und schickte den General von Winzingerode mit einem Reiterdetaſchement nach Surasz, um die von Weliki-Luki unter Wegs befindlichen Munitionstransporte zurückzubegleiten. General Pahlen erhielt Befehl, auf Janowiczi zurückgedrängt , sich von der Straße nach Porjätszje ab und nach Rudnia zu wenden. 2. Die französische Armee unter Napoleon passirte den 28. Juli mit Tagesanbruch an mehreren Orten das Ravin der Luczissa ; kein Ruſſe war mehr zu erblicken und man war über die Rückzugsrichtung des Haupttheiles von Barklays Armee einige Zeit in Ungewißheit.
Die Wahrscheinlichkeit sprach übri-
gens dafür , daß Barklay die kürzeste Straße auf Smolensk, alſo jene über Rudnia , eingeſchlagen haben werde. Dieser Vermuthung gemäß erhielt das 3. Armeecorps Befehl durch Witebsk auf dieser Straße vorzugehen und das 4. , ihm zum Soutien zu folgen. Von den 3 Divisionen des 1. Armeecorps bekamen 2 Befehl , über Babinowiczi an den Dnjepr zu gehen , um die Vereinigung mit ihrem Armeecorps zu suchen , - wobei sie zugleich , besonders anfänglich , den vorerwähnten (3. und 4.) Armeecorps möglichst in der Nähe blieben, und dazu angewieſen sein mochten *) . Der König von Neapel ging durch Witebsk mit dem Reitercorps Nansouty's und jenem von Montbrun (das den 28. früh unterhalb Witebsk auf's linke Dünaufer übergegangen war) und einem leichten italieniſchen Infanterieregiment, endlich auch mit dem Reitercorps Grouchy's (das sich wieder zur Hauptarmee gezogen hatte) und ging auf der Straße ―― von Surasz vorwärts . Der Kaiser zog mit seinen Garden in Witebsk ein und nahm daſelbſt ſein Hauptquartier (ſ. 3).
*) S. XIV. 4 , wonach fie doch noch nicht , um jene Vereinigung zu suchen, weiter als Babinowiczi vorgehen sollten , wenn nicht auch andre Heertheile bis zum Dnjepr vorstießen.
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3. Der König von Neapel traf auf das Corps von Pahlen, verfolgte dieſe Nachhut und blieb den 28. zu Agaponowezina, eine Vorhut sowohl auf der Straße von Surasz als von Porjätszje vorschiebend.
Der Vicekönig mit dem 4. Armeecorps
ward von der Straße nach Rudnia abgerufen, als man Pahlen auf jener von Surasz gefunden hatte, und nach Agaponowezina beschieden , welches Dorf er auch am 28. noch erreichte und wo er sich hinter den Reitercorps lagerte.
Der Kaiser selbst
folgte noch mit einem Theile ſeiner Garden nach Agaponowezina hin und blieb die Nacht hinter dem 4. Armeecorps, kehrte jedoch folgenden Morgens (den 29. ) nach Witebsk zurück , als er bemerkt hatte , daß es die Ansicht des feindlichen Feldherrn sei, den Rückzug fortzuſegen.
Er beſchließt nun seiner Armee einige
Ruhetage zu gestatten , die ihr auf die vielen Gewaltmärſche, die sie gemacht, höchst nothwendig geworden waren. Er behielt für diese Zeit seine Residenz in Witebsk *) .
Vierzehntes Kapitel. Bewegung und Stellung der franzöfifchen Heertheile , besonders des Centrums und linken Flügels in der leßten Halbdecade des Juli. General- Gouverneur Litthauens zu Wilna. Verpflegung des Heeres. 1.
Nach den Befehlen des Kaisers Napoleon vor seiner
Rückkehr nach Witebsk ( XIII. 2) , ging der Vicekönig Eugen noch den 29. auf der Straße von Witebsk nach Petersburg bis nach Surasz, dem Punkte vor, wo jene von Moskau darauf trifft und läßt dann das, einen Tagmarsch weiterhin, am Vereinigungspunkt der Straße von Smolensk mit vorerwähnter, liegende Welisz mit einer Brigade leichter Reiter und einem Bataillon besegen, worauf 2 seiner Divisionen zwischen dieſem Flecken und Surasz (wohl zu Werchowja) , die 3. aber zu Janowiczi, und die königl. italienische Garde zu Surasz und auf dem gegenüberliegenden rechten Ufer der Düna theils enge Cantonirungen
*) In Witebsk , welche Stadt von den ersten eingerückten franzöfischen Truppen geplündert und von dem größten Theile ihrer Bewohner verlassen worden war , wurde nun Alles zu einem längeren Aufenthalte des Kaisers vorgerichtet.
$46 beziehen , theils lagern.
Während dieser Märsche überfiel und
eroberte man zu Surasz und Welisz Magazine mit Lebensmitteln , die den Truppen gut zu Statten kamen. 2. Der König von Neapel ging von Janowiczi , wo er die bei sich gehabte Diviſion ( die 14.) des 4. Armeecorps (s. 1 ) läßt , der Indication des ruſſiſchen Nachzugs von Pahlen folgend (s. XIII . 1 ) , mit dem 1., 2. und 3. Reitercorps bis Rudnia, von wo er das 2. noch weiter vorstößt und die Division Sebastiani nach Inkowo verlegt. 3. Das 3. Armeecorps unter Marschall Ney ging den 30. von Falkowiczi nach Kasinski , den 31. nach Lioszna , wo es nun hinter der Reiterei des Königs von Neapel lagert. 4.
Was die 3 Divisionen des 1. Armeecorps
betrifft
(XIII. 2) , so lagerte die eine bei Witebsk, die 2 andern beſegten Paulowiczi , halben Wegs von Witebsk nach Babinowiczi. Garden des Kaiſers ſtanden in und um Witebsk.
Die
5. Das 2. Armeecorps (f. VIII. 8) segte nach der Zerstörung des Lagers von Driſſa ſeine Bewegung nach Pologk fort , wo es den 26. Juli ankam. Es verließ aber die Stadt den 28. wieder und hielt die Straße nach Sebesz ein.
Seine Vorhut
ging an diesem Tage noch über die Drissa (bei Siwoszina) . Die 3. Division , welche bei Disna zurückgelassen worden war, passirte die Düna und lagerte zu Lozowko. Der Marschall Oudinot erfuhr jezt, daß Wittgenstein die Reſerve unter Repnin und die Division Jachwill aus Dünaburg an sich gezogen, Stellung bei Osweja genommen und eine Avantgarde unter General Kulniew von 4000 Mann Infanterie, 1 Husaren- und 2 Kosacken-Regimentern bei Kochanow ſtehen habe. 6. Ein Aide de camp des Kaisers , Graf Hoogendorp, früher in Königsberg , trifft den 28. in Wilna ein, wo er fortan als General - Gouverneur von Litthauen seine Residenz hat. - Alle Bedürfnisse des Heeres , bisher zu Wasser nach Königsberg gebracht , werden nun theils zu Waſſer , theils zu Lande nach Wilna , als dem Hauptdepot der Armee , geschafft. Auchwerden dazu gegenwärtig alle nur irgend noch aufzubringende Pferde verwendet , und kein Fuhrwerk sonst , Artillerie und Munition ausgenommen, darf vor der Hand von dort aus mehr
47 passiren oder mit Vorspann versehen werden *).
Statt Hoo-
gendorp's kam der Diviſionsgeneral Loison nach Königsberg.
Funfzehntes Kapitel. Vorrücken des ruffischen äußersten Linkenflügelheeres unter Tormaſſow und Gefecht von Kobryn am 27. Juli. 1. Während das Centrum der französischen Armee schnelle Fortschritte machte , und in eben dem Verhältniß die beiden ruſſiſchen Weſtarmeen (Barklays und Bagrations) wichen , ergriff der äußerste linke Flügel des russischen Heeres , nämlich Tormaſſows Armee, die Offensive. Nach einem kurzen Einfall ihrer leichten Truppen in's Herzogthum Warschau , der mit den größten Verheerungen begleitet war, und außerordentliche Sensation bis nach Ost- und Westpreußen hin machte (und dem man in Warschau durch schnell errichtete neue Truppen zu begegnen sucht) , geht General Tormassow nun , da sich das vor ihm befindliche öftreichische Armeecorps im Zuge nach Slonim befindet (f. VI. 3) , in deſſen Rücken vor ** ). 2. General Reynier befand sich mit dem 7. Armeecorps im ´Marſche von Slonim (VI. 3) , um über Kobryn der ruſſiſchen
*) Nach Oberst von Gall's Bericht. **) Tormassow, sagt Buturlin, hatte 4 Avantgarden vor fich, die 1. unter GeneralLambert : 4 Bataillons, 16 Schwadronen, 5 Regimenter Kofacken, 6 Geschüße, sollte von Wladimir aufbeiden Ufern des Bugs auf Brzesc marschiren ; die 2. unter Tscherbatof : 6 Bataillons , 8 Schwadronen, 1 Regiment Kosacken, 12 (6) Geschüße (feitwärts des Hauptcorps), war von Ratno über Mokrani auf Brzesc zu gehen angewiesen ; die 3. unter Tschapliß : 2 Bataillons, 12 Schwadronen, 1 Regiment Kosacken, 6 Geschüße, sollte vor dem Hauptcorps hergehen (das von Kowel aus gerade auf Kobryn ging) ; die 4. unter General Meliffino : 4 Bataillons , 7 Schwadronen, war angewiesen, Demonstrationen nach Janow und Pinsk hin zu machen , um den Feind irre zu führen . Das Gros blieb noch 20 Bataillons , 8 Schwadronen , 96 Geſchüße ftark und hatte eine Referve von 6 Bataillons, 24 Geſchüßen. Die ganze Stärke betrug 32,000 Mann , worunter 3000 Mann irregulärer Truppen. Nach der von Chambray gegebenen Uebersicht der Reserve (resp.. 3. Weft-) Armee Tormaſſows würde sie 32,000 Mann Infanterie , 11,000 Mann Cavalerie , Artillerie und Genietruppen, nebft 4000 Kosaken betragen haben ; auch war ihre Stärke ursprünglich von Buturlin zu 43,000 Mann angegeben.
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Armee Tormaſſows entgegenzugehen. Abtheilungen seiner Cavalerie hatten die des öftreichischen Armeecorps an der Pina und Muchawiez , von Pinsk bis Brzesc - Litewski abgelöst , und ſeine Avantgarde : 3 Schwadronen Uhlanen und 1 Brigade Infanterie mit 8 Kanonen (Sachsen) unter General von Klengel *) war am 25. Juli Abends zu Kobryn eingerückt. Dieser General wurde nun hier am 27. Juli Morgens **) von der russischen Division des Generals Lambert von der Seite von Brzesc her (welches Orts sich dieselbe bemächtigt hatte) angegriffen , während die Avantgarde Tormaſſows sich vor ihm zeigte und er sogleich von einem Detaschement sich auf der Seite von Antopol umgangen fand. Nach einem hartnäckigen Kampfe von 8 Stunden gegen die größte Uebermacht und nachdem die Sachsen schon an 1000 Todte und Bleſſirte hatten , mußte der Rest, da er keinen Ausweg sah , sich ergeben. Hierdurch fielen 1 General (Klengel), 3 Obersten, 63 Offiziere und etwa 2000 Mann in russische Gefangenschaft ; auch gingen 4 Fahnen und 8 Kanonen verloren. Die Ruſſen erkauften diese Siegestrophäen mit einem Verluste von beinahe 2000 Todten und Blessirten. 3. General Reynier, der sich auf die erste Meldung eines Angriffs von Kobryn beeilte , von Chomsk aus mit dem Gros seines Corps dem General Klengel zu Hülfe zu eilen , war doch kaum über Antopol hinaus , als er die Nachricht von der Uebergabe Kobryns erhielt. Er repliirte sich sofort und ging über Selez und Ruszana nach Slonim auf's östreichiſche Corps zurück, welches Fürst Schwarzenberg, auf die Nachricht von dem Vorrücken der Armee Tormassows und ihrer zu 40,000 Mann geschäßten Stärke, daselbst hatte Halt machen, statt es (wie er Befehl hatte) den Marſch auf Minsk fortſegen zu laſſen ***).
*) Das Corps des Generals Klengel bestand aus 3 Schwadronen des Regiments Prinz Clemens , 2 Bataillons des Regiments König, 6 Compagnien vom Regiment Niesemeuſchel , dann 8 Geſchüßen , in Summa 2300 bis höchstens 2400 Streitbaren , nach fächſiſchen Berichten. **) Nach dem 10. Bülletin u. A.; Chambray u. A. sagen den 26. Morgens. ***) Napoleon glaubte nicht , daß das Reservecorps Tormaſſows aus alten Truppen bestehe und hielt deßhalb das schwache 7. Armeecorps (die Sachsen) für genügend ihm zu widerstehen. Nur was von
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Sechzehntes Kapitel. Gefecht und Treffen bei Jakubowo und Treffen an der Driffa zwischen dem ersten ruffischen und zweiten, französischen Armeecorps, am 30. und 31. Juli und 1. Auguft. 1. Auch zwischen dem russischen 1. Armeecorps unter Graf Wittgenstein und dem 2. franzöſiſchen unter Marschall Oudinot, Herzog von Reggio , kam es noch in den lezten Tagen des Juli und am 1. August zu blutigen Treffen , indem auch Wittgenstein , wie Tormassow, die Offensive ergriff. Wittgenstein nämlich, durch die Gegenwart des Marschalls Macdonald, Herzog von Tarent , mit dem 10. Armeecorps zu Jakobstadt beunruhigt , hatte sich zu Osweja in eine Centralstellung zusammengezogen , von wo es ihm möglich war , sowohl auf das 10. französische Armeecorps , wenn es vorrückte , als auf das 2., wenn es von Pologk vorgehe, zu marſchiren . Da er das legtere nun im Marsche nach Sebesz erblickte und er in Betreff des 10. , das sich an der Düna hielt , beruhigt war , so beschloß er das 2. mit seiner ganzen Kraft anzugreifen. Er brach sofort nach Kliastiza auf, wo er demselben zuvorzukommen hoffte. Seine Avantgarde , unter General Kulnief, fand indeſſen am 30. Juli Nachmittags auf dem Wege, ihr entgegen , schon die 1. Division (Legrand) des 2. Armeecorps bei Jakubowo , am Ausgange des Defilees von Kliastiza dahin , in Stellung , die Kulnief zwar sogleich angreift, wobei er aber heftig zurückges worfen wird. Verstärkt durch die allmählich ankommenden Truppen des Gros läßt Wittgenstein denselben Angriff noch zweimal wiederholen , ohne besseren Erfolg. Dieß Gefecht , dem die Nacht ein Ende machte, war ganz zum Vortheile der Franzosen ausgefallen. 2. Obgleich Marschall Oudinot einer Fortsegung des Tref-
der 2. Weftarmee zu ihm gestoßen , hielt er für alte Truppen. Auch dem Fürsten Schwarzenberg wollte er nicht glauben was ihm dieser über die Stärke von Tormassows Armee sagte ; doch billigte er , daß er bei Slonim Halt gemacht , ftellte Reynier unter seine Befehle und trug ihm auf, Tormassow zur Schlacht zu zwingen und ihn zu verfolgen , bis er ihn aufgerieben habe. Chambray. Röder, Kriegszug.
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fens am 31. entgegensah und deshalb seine 2. Division (Verdier) und die Cürassiere unter Doumere herangezogen und in's 2. und 3. Treffen hinter der 1. Division aufgestellt hatte , so ließ er dennoch zur Sicherung seines Rückzugs die ganze 3. Diviſion (Merle) bei Siwoſchtſchina und eine leichte Reiterbrigade weiter unterhalb an der Drissa zurück 2c. , und nahm so mit nicht einmal
seiner Kraft in einer sehr beengten Defensivstellung
ein Treffen an , das er , wenn er ſeine ganze Stärke heranzog, offensiv führen konnte *) . Wittgenstein, der ſein ganzes Armeecorps versammelt hatte, ließ , wie abzusehen war , den 31. am frühen Morgen die Angriffe fortseyen , die jedoch jedes Mal, wie am vorhergehenden Tage, abgeschlagen wurden: wobei indessen die Franzosen, die in ihrer beengten Stellung nicht mehr als 12 Geſchüge etlichen 40 russischen entgegenstellen, noch auch, da sie dazu nicht stark genug waren , verfolgen konnten , bedeutend leiden mußten. Dieß bestimmte denn auch den Marschall das Treffen abzubrechen und auf seine 3. Division an die Drissa zurückzugehen : — was denn in bester Ordnung und, da man so sehr vom Terrain begünstigt ist, ohne daß der Feind aufdringt, bewerkstelligt wird **).
*) Hier erscheint Oudinot mehr als ein Nachahmer Moreaus denn Bonapartes , der nicht ein einziges Bataillon entbehren wollte wenn die Schlacht drohte. **) Buturlin fagt : ,,Bei dem Gefecht von Jakubowo war die Avantgarde (Kulniefs ) 4 Bataillone, 8 Schwadronen , im Ganzen 3731 Mann mit 12 reitenden Geſchüßen ; das Gros 22 Bataillone , 8 Schwadronen , im Ganzen 13,065 Mann und 72 Geſchüße ; die Reserve , unter General Saſſenow , 8 Bataillons oder 4559 Mann und ein Detafchement unter Fürft Repnin , 2 Bataillone , 8 Schwadronen, 1607 Mann zählend , blieb mit einer Compagnie Pofitions - Artillerie hinter Katerinowo ftehen.“ Hiernach müßte Oudinot_bei Jakubowo mit Wittgenstein von gleicher Stärke , an der Driffa ( den 1. Auguft) aber ihm überlegen gewesen sein. Es bleibt immer auffallend , daß er nach feinem Siege daselbst nicht mit seinem ganzen Armeecorps verfolgte, nur Polosk , wie ihm Napoleon vorgeschrieben , mit etwas befeßt haltend. Er muß Wittgenstein für viel kärker gehalten haben als er war. Tel brille au second ràng, qui s'éclipse au premier ! [Für unfrei, willig hält Oudinots Rückzug der Verfasser des Buch vom Jahr 1812" Thl. II. S. 112 ff. , der aber dennoch das Handeln dieses Marschalls in weit günstigerem Lichte betrachtet. Zusaß des Herausgebers .]
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3. Als der Marschall bei der Furt der Drissa, zu Siwoschtſchina angekommen war, ging er, ohne sie besezt zu lassen, noch nach Oboiarschtschina, 3 Werste hinter dieselbe zurück. Da nun die Avantgarde Wittgensteins noch in der Nacht vom 31. Juli auf den 1. August an der Furt eintraf und diesen Umstand bemerkte, so erachtete man das französische Armeecorps in vollem Rückzuge auf Pologk. Wittgenstein verstärkte sofort die Truppen Kulniefs bis zu einem Avantcorps von 12,000 Mann und trug ihm die lebhafteſte Verfolgung auf.
Als dieser nun auf die
Truppen Oudinots traf, die sich, durch die Localität begünstigt, größtentheils verborgen halten konnten , so glaubte er nur eine Arrièregarde vor sich zu haben, griff lebhaft an und entwickelte bald , da er ſtarken Widerstand fand , sein ganzes Corps und Diesen Moment hatte Oudinot erbrachte es in's Gefecht. wartet, der nun hervorbrach und es, aller Tapferkeit unerachtet mit der es focht, in kurzer Zeit gänzlich über den Haufen warf. Es retirirte nun mit Verlust von 8 Geschüßen und zum Theil in großer Unordnung über die Driſſa und versuchte noch die Behauptung der Furt. Die zur Verfolgung beorderte Division Verdier wirft es aber sogleich und verfolgt es bis Sakoliga, kehrt . aber dann um und geht über die Drissa zurück als sie bemerkt, daß der Marschall mit dem Gros des Armeecorps nicht folgt, sondern in Stellung bei Bjeloë verbleibt, — von wo er dann, bloß mit Zurücklaffung einer Division und der leichten Reiterei, folgenden Tags (den 2. August) sein Armeecorps nach Pologk zurückführt *).
* ,,Sowie Napoleon diese Ereignisse erfuhr (fagt Chambray ) bezeigte er Oudinot feine Verwunderung , daß er nicht eine dem Sieger angemessene Stellung angenommen habe , statt in die Defensive überzugehen , da er doch sowohl an Zahl als Güte der Truppen Wittgenstein überlegen fei." (Die Zahl betreffend , so möchte der jeßige Stand des Armeecorps , durch die eingeriffenen Krankheiten, wohl bedeutend von jenem verschieden gewesen sein , womit man den Niemen überschritten hatte , und Wittgenstein fonach , wenn nicht überlegen , doch gleich fart gewesen sein). Napoleon bemerkte weiter : " Der feindliche General müſſe ja aus seinem Verfahren schließen , daß er , falls man nur die ernsthafte Absicht zeige ihn zu zwingen , auch wohl alsbald das rechte Ufer der Düna ganz aufgeben dürfte. " Er befahl dann noch , daß er sogleich die Offensive wieder ergreifen solle. Um jedoch das Gelingen 4*
52 4. General Wittgenstein hatte hiernach dennoch, aller harten Stöße und großen Verluste unerachtet , seinen Hauptzweck erreicht , das feindliche 2. Armeecorps nach Pologk zurückzuführen. Er segte dann ungehindert seinen Rückzug in seine frühere Stellung nach Osweja fort , um von da das 2. sowie das 10. Armeecorps ferner im Auge zu behalten *) .
Siebzehntes Kapitel. Vorrücken der Reserve-Armeecorps (des 9. und 11.). Befeßung Dünaburgs. Anstrengung Polens.
Außerordentliche
1. Das 9. Armee corps unter Marschall Victor näherte sich immer mehr der russischen Gränze im Laufe des Juli , um seiner Bestimmung (der großen Armee als Reserve zu dienen bei ihrem weiteren Vordringen in's Innere Rußlands) näher zu kommen. Dieß Armeecorps , das 3 Diviſionen Infanterie, etwa 30,000 Mann enthielt, eine (die 26.) aus deutschen, meist badischen **) Truppen bestehend unter Daendels ; die andere (12.) aus Franzosen bestehend (Partonneaur) ; die 3. aus Polen und Sachsen bestehend (die 28. , Girard) ; ferner aus einer leichten Cavaleriedivision von 15 Schwadronen (incl. der 3 dazu gehörigen des hessischen Chevaulegers -Regiments ) unter General Fournier. Es befand sich zu Ende Juli ganz an der Weichsel. Der Marschall Victor, Herzog von Belluno, war am 30. von
feft zu begründen, erhielt das 6. Armeecorps (was jedoch auch kaum feines früheren Bestandes noch haben mochte , da die Baiern sehr erkrankten) Befehl noch zu dem 2. zu stoßen. *) Das 11. Bülletin läßt 15,000 Ruffen und 14 Geſchüße unter Kulnief über den Fluß gegangen sein, diesen General getödtet und alles Geſchüß genommen werden (ich habe nur 8 Stück vorbeibringen ſehen) ; außerdem spricht es von 3000 gemachten Gefangenen und 3500 getödteten oder im Fluß umgekommenen Ruffen. (Man wird auch hierbei das Verhältniß 8:15 Plaß greifen lassen können .) **) Das großherzoglich badische Truppencorps, unter Markgraf Wilhelm von Hochberg , lag schon seit dem Juni an der Weichsel , nämlich die Artillerie , das Leib- und 3. Regiment Infanterie zu Danzig und Zugehör, das Füfilierbataillon zu Elbing (ſeit dem 20. Juni) und das Hufarenregiment war von Stettin seit dem 13. Juni im Anmarſche nach Marienburg , nur in Hinterpommern etwas aufgehalten.
53 Berlin abgegangen und dort durch Marschall Augereau, Herzog von Castiglione, der am 28. Juli eingetroffen war , erſezt worden. 2.
Das 11. Armeecorps unter Marschall Augereau,
das sich inzwischen immer mehr bildete , bestand aus 5 Infanteriedivisionen (der 30. bis incl. 34. * ) , mehreren Cohorten des 1. Banns und einer leichten Cavaleriebrigade, gegen 60,000 (57,554) Mann.
Es hatte seit dem Vorrücken des 9. Armee-
corps die ganze Strecke zwischen der Weichsel und Weser besegt. Der König von Dänemark hatte außerdem die Verpflichtung übernommen es , im Falle einer feindlichen Landung , mit 10 bis 12,000 Mann zu verstärken. Auch der König von Preußen würde in solchem Falle gehalten gewesen sein , seine ganze auf den Beinen befindliche Kriegsmacht (ſ. VII. ) zum Beistande aufzubieten. 3.
Das Herzogthum Warschau ,
dem durch die außer-
ordentlichsten Anstrengungen, die es machen mußte um sich dem Streifzuge, der von Tormassows Heer ausging , zu widersezen (f. XV. 1 ) , ein neuer Schwung gegeben worden war , hatte jezt 70,000 Mann gegen die Ruſſen im Felde stehen : nämlich, außer der der Garde Napoleons zugetheilten Weichsellegion Claparedes und einer bedeutenden Artillerie , 17 Regimenter Infanterie , jedes von wenigstens 3 Bataillons , und 17 Regimenter Cavalerie; wobei noch eine beträchtliche Zahl Nationalgarden zu Pferd und zu Fuß auf den Beinen gehalten wurden. 4. Vom 10. Armeecorps beſegte am 1. Auguſt die Brigade Ricard das befestigte Dünaburg am rechten Ufer der Düna, das von den Russen , nachdem sie am 30. Juli die Dünabrücke abgebrannt hatten , am 31. verlassen worden war.
Marschall
*) Chambray gibt die Stärke derfelben am 15. Juli folgendermaßen an : Division Heudelet (30.) Hauptquartier Hamburg unter Waffen 15,604 Mann. Stettin " 9,128 " " " " Lagrange (31.) Berlin Durutte (32.) " 10,162 " " " " " 10,142 " " Morand (34.) (bald nachher Loiſon) Stralſuud " 7579 " Destrès (33.) " " Danzig " " 3834 " Bremen • · " " 6 Cohorten in Besaßung zu 1105 " • Hannover " " Eine Brigade leichter Reiter 57,554 Mann.
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Macdonald nahm dann auch mit den beiden andern Brigaden der Division Grandjean seinen Marsch hierher und ließ die Brücke abbrechen , die er zu Jakobstadt über die Düna hatte schlagen lassen, dagegen zu Dünaburg eine herstellen. Die Festungswerke dieser Stadt , so wie was noch von ihrer Armirung vorgefunden wurde , ließ er zerstören. Man beabsichtigte also keineswegs , auf diesem Wilna nächstgelegenen Punkte der Düna sich zu behaupten *) , wohl aber einstweilen die starke Division
Grandjean hier verweilen zu laſſen , um
damit gegen Pologk, wie gegen Friedrichstadt manövriren, und Hülfe bringen zu können.
Achtzehntes Kapitel.
Gegenseitige Lage und Stellung des franzöfifchen und russischen Seers zu Anfang Augufts und während Napoleons Residenz zu Witebsk. Bei dem ersten Krankheiten und Mangel an Verpflegung und Heilanftalten. 1. Indem Napoleon seinen Armeen eine Rastpause zur Erholung (Quartiers de rafraichissement, f. 11. Bülletin) wäh rend der gegenwärtigen , mehr als italieniſchen Hige (26 bis 27º Réaumur) gewährte , die für die Truppen unter seiner Anführung mit dem 1. Auguſt begann , ſezten die zu dem Befehlbereiche des Marschalls Fürsten
von Eckmühl gehörigen
Truppen zur befohlenen Vereinigung mit jenen , und um in die ihnen von dem Kaiser bezeichneten Stellungen zu gelangen, noch mehrere Tage ihre Bewegungen fort. Der Marschall selbst mit den Truppen , die er von Mohilew am Dnjepr hinaufführte, - nämlich den Divisionen Desfair und Compans und der Cavalerie seines Armeecorps, dann der Division Claparede (Polen) fam den 2. August gegenüber von Dubrowna an, ließ hier den Fluß überbrücken, ging über und legte ſeine Truppen
*) Was doch wohl hätte geschehen müssen , wenn man nur irgend die Möglichkeit dachte , daß der Krieg mit diesem Jahre nicht zu Ende gehen , und man dann eine , Litthauen deckende Linie (von der Düna nach dem Dnjepr und diese Flüffe abwärts) mit dem Eintritt der rauhen Jahreszeit zu behaupten haben dürfte.
55 hier herum in Cantonirung , indem er sein Hauptquartier in dem Städtchen Dubrowna nahm. 2. Der Fürst Poniatowski , der mit dem 5. Armeecorps am 28. Juli zu Mohilew eintraf, als Fürst Eckmühl diese Stadt verließ, legte dasselbe in dieser Gegend in Cantonirungen. 3. General Tharreau mit dem 8. Arme corps erreichte Orscha den 27. Juli *) und dehnte seine Cantonirungen ebenfalls auf dem linken Ufer des Dnjeprs aus . General Junot, Herzog von Abrantes , übernahm hier das Commando dieſes (aus Westphalen bestehenden) Armeecorps. 4.
General Latour - Maubourg mit dem 4. Reitercorps
erreichte erst den 5. August Mohilew.
Für ihn war damit noch
keine Raft gekommen , indem er den Befehl daselbst vorfand, in Verein mit der Division Dombrowski des 5. Armeecorps zur Einschließung von Bobruisk und Beobachtung des russischen Corps von Hertel bei Mozyr (f. V. 11) , wieder Dnjepr abwärts zu marſchiren.
Erst am 9. August gewährte er dann,
als er bis Rogaczew gekommen war , demselben Rast. 5. General St. Cyr, der mit dem 6. , nur aus Infanterie (2 bairischen Divisionen) bestehenden Armeecorps von Uszacz nach Beszenkowiczi u. s. w. gegen Witebsk marschirt war, hatte auf diesem Marsche den Befehl des Kaisers erhalten (s. XVI.3 * ), nach Pologk zu marschiren und sich unter die Befehle des Marschalls Oudinot zu stellen. Er trifft hier den 6. August ein und läßt sein Corps zu beiden Seiten der Düna Cantonirungen beziehen. 6. Hiernach bilden nun die französischen Heere in ge
schlossenem Zusammenhange einen ungeheuren converen Bogen, der sich bei der Mündung der Aa (unweit jener der Düna) an die Vorposten an der Miß — nach der die Ostsee lehnt, dann Düna und so fort längs dieser bis über Witebsk (nach Surasz) hinaufzieht , von da sich über den Landrücken bei Rudnia nach.
*) 3m Tert stand , vermuthlich nach Chambray's 4. Auguft. Loßberg (Briefe in die Heimath S. 96) , unbedenklich folgen konnte , berichtigt diese Angabe in Jedoch gibt ,,das Buch vom Jahr 1812" Bd. II. S. 84 4. Auguft an. Anm. d . Herausg.
Angabe : > am dem ich wohl obiger Weise. ebenfalls den
56 dem Dnjepr wendet, an diesem Flusse bis zur Einmündung der Beresina hinabzieht, dann, sich rückwärts wendend , die Sümpfe des Prypiät vor sich , über Slonim und Ruszana den Bug erreicht * ). 7. Weniger festen Zuſammenhang hatten die Stellungen der russischen Heere, den französischen gegenüber, wie sich dieß schon daraus ergibt, daß sie, weniger stark, einen noch größeren concaven Bogen zu beschreiben hatten. 1) Auf dem äußersten rechten Flügel , an der Mündung der Düna hielt, völlig abgesondert , das etwa 15,000 Mann starke Corps des Generals Essen Riga besezt **) , mit einer Avantgarde von etwa 6000 Mann vorwärts auf dem linken Ufer der Düna bei Dahlenkirchen.
2) Die Armee Wittgensteins ,
mit
der Besagung von Dünaburg jezt vereint , völlig abgesondert, hat Stellung zu Osweja und Beobachtungstrupps gegen Dünaburg und Pologk.
3) Die Hauptarmee (nämlich die ſeit
dem 3. August in Vereinigung getretenen beiden Weſtarmeen) unter Barklay de Tolli stand , was die 1. Westarmee betrifft,
*) Das 13. Bülletin sagt : „ La grande armée étoit placée de la manière suivante : „ Le 4. Corps , commandé par le Viceroi étoit à Suraj , occupant par des avantgardes Velij , Ousviat et Porietch." „ Le Roi de Naples étoit à Nikoulino (6 Werfte nördlich von Rudnia) avec la cavalerie (den 3 erften Reitercorps) , occupant Inkowo .“ „ Le 3. Corps étoit à Lioszna. “ „ Le 1. Corps à Doubrowna.“ „ Le 5. Corps à Mohilew. " ,,Le grand quartier-général à Witebsk. " Le 2. Corps sur la Drissa (wozu das 6. Corps kommt , Hauptquartier Poloßk).“ ,,Le 10. Corps sur Dunabourg et Riga. “ ( Es ftand von Schlock über Mitau , Eckau und Bauske, Vortruppen an der Miß , nämlich das preusische Hülfscorps ; zu Jakobstadt und Dünaburg aber die Division Grandjean und zwar dem Haupttheile nach auf dem linken Ufer der Düna hinter Dünaburg) . – Was das 7. Armeecorps und das öftreichische Hülfscorps betrifft , so war das Hauptquartier zu Slonim. Das des Beobachtungs- und resp . Verbindungscorps (zwischen dem 5. Armeecorps und öftreichiſchen Hülfscorps) des Generals LatourMaubourg zu Rogaczew (f. XVIII . 4). Das 8. Armee corps endlich hatte sein Hauptquartier zu Orfcha (s. XVIII. 3). **) Eine wichtige Seehandelstadt des russischen Reichs mit etwa 50,000 meistens deutschen Einwohnern , befestigt auf dem rechten Ufer der Düna liegend. Eine Vorstadt am linken Ufer ist durch eine ftändige Schiffbrücke mit der Stadt verbunden.
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auf dem rechten Ufer des Dnjeprs bei Kasplia ; ihre Vorposten erstreckten sich rechts von Kholm, an und vorwärts der oberen Kasplia hin , über Tuchkowo an den Beresinabach , und dann diesen bis zum Dnjepr hinab. Hier fing dann die Vorpostenkette der 2. Westarmee an , die bei Smolensk auf dem linken Ufer des Dnjeprs stand , und mit Vorstoßung einer Diviſion bis Krasnoi , Truppen bis Mszislawl in Cantonirung hielt. Ueber den rechten Flügel des Hauptheeres hinaus stand ein Detaſchement von 1 Dragonerregiment und 3 Koſackenregimentern unter General von Winzingerode zur Beobachtung der Franzosen bei Welisz 2c. , so wie auch um ihren Streifen eine Gränze zu sehen.
Isolirt auf dem weiten Bogen steht 4) nach
einer großen Lücke zu Mozyr das Observations corps von Hertel, und endlich 5 ) nach einer abermaligen großen Lücke die Armee Tormaſſows bei Kobryn. 8. Der Stillstand , welchen Napoleon seinem Heere gewährte , war dringend nothwendig geworden, da es eine Schrecken erregende Abnahme , sowohl durch Krankheiten als durch die große Menge der aus Schwäche zurückbleibenden Nachzügler, erlitten hatte und durch erstere fortwährend erlitt. „ Es waren unendliche Leiden , sagt
Chambray , welche gleich seit den
ersten Tagen des Einbruchs in Rußland das Heer überſchütteten * ). Das Marodiren verschaffte weder Brod , noch Mehl, noch Branntwein in erforderlicher Menge; es fehlte an Zeit, das Korn zu mahlen ; die an der Straße befindlichen Mühlen wurden durch keine Schuhwachen sicher gestellt und daher vielfach ein Raub der Flammen und der Zerstörung.
Fleiſch und
ein mooriges Waſſer waren häufig die einzige Nahrung des Soldaten. Die Strapagen , die Entbehrungen , ungesunde Lebensmittel, eine brennende Sonne während der sehr langen Tage, der , obwohl in der schönen Jahreszeit den dumpfigen, ſtinkenden Bauerhütten vorzuziehende Biwack (bei den meist
*) Woran wir Heffen auch unsern Antheil , obgleich bis jeßt bei Weitem noch nicht die Kranken in dem Verhältniſſe hatten, wie die Truppen in erster Linie. Nur das 2. Bataillon Leibregiment, das mit in erster Linie zog , mochte den andern darin gleich stehen. Nachzügler hatten wir beim 1. Bataillon Leibregiment , 1. und 2. Bataillon Leibgarde noch gar keine.
58 fühlen Nächten) , waren die Ursachen vieler Krankheiten und namentlich der (jegt ſehr ſtark eingeriſſenen) Ruhr.“ 9. ,,Kaum war es möglich den Kranken die unentbehrlichften Lebensmittel zu reichen , geschweige denn ihnen die Pflege zu gewähren , deren sie bedurft hätten * ). Litthauen bot für Anstalten dieser Art gar keine Hülfsmittel dar.
Die Vorräthe,
die man mitführte , waren auf eine so große Menge Kranker gar nicht berechnet worden und hatten sich überdieß mit Herankommen so verspätet wie alle übrigen Transporte." ,,Die Lazarethe in Wilna schienen eine Ausnahme machen zu müssen; auch gingen in dieſer Hoffnung eine Menge verwundeter und franker Soldaten auf diese Stadt zurück ; allein obgleich man (endlich) Alles , was dazu erforderlich war, zusammen brachte, so wurden jene Kranken doch sehr schlecht gepflegt." „ Auch kam ein großer Theil derjenigen , welche Wilna zu erreichen strebten , nicht dahin , sondern erlag auf dem Marsche, da ihnen weder Transport- noch Lebensmittel dazu gegeben wurden, der Erschöpfung und dem Mangel" **).
*) Reichliche Belege hierzu gibt mein Tagebuch. **) Daß in den verschiedenen Provinzen nicht Leute an der Spiße der Verwaltung ftanden , die mit diefem , hier ganz besonders schwierigen Amte im Kriege vertraut genug , ja daß die meiſten der Ordonnateurs junge , aus den Auditoren 2c. entnommene Leute ohne alle Erfahrung waren , vermehrte noch die Unordnung und ließ alle auf Verpflegung Bezug habende Dienstzweige auf's Aeußerste leiden. Diese Ordonnateurs mit ihrem hohen, dem des Divifionsgenerals gleichen Range waren für den Rath Kriegskundiger, mochten sie höher oder niederer ftehen, wenig empfänglich und kamen mit den Diviſionsgeneralen, Gouverneurs der Provinzen , Armeecorps - Commandanten (die ihnen nichts zu befehlen hatten) in Berührungen , die nichts weniger als dem allgemeinen Beften des Heeres (wenigftens nur dem ruffiſchen, wenn irgend einem) förderlich waren . Sie verschanzten sich hinter Formen und den BuchAtaben der von der General-Intendanz erlaffenen Befehle oder der Armeebefehle, die für den Moment, wofür sie gegeben, paffend, für den folgenden Moment dem gefunden Menschenverstand widerftrebend gefunden werden mußten, und so dem Geifte in dem sie gegeben waren ebenso widerftanden als der Natur dieses erceptionellen Krieges - was aber nur alte Krieger , die leider ! hier nichts zu befehlen hatten, gehörig zu würdigen verftanden. So allein konnte es geschehen , daß der Soldat an der Schwelle eines gefüllten Magazins darbte, verhungerte, der Kranke,
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10. Da die russischen Heere, gewöhnter an eine hier noth wendige Lebensart als die franzöfifchen , (mit alleiniger Aus-
der fich bis an die Schwelle des Lazareths geschleppt , an derselben liegen bleiben mußte ohne Aufnahme zu finden. Jeder mußte fo fich felbft zu helfen suchen wie er konnte , mußte fich in's Land ftürzen und marodiren , wenn er leben wollte , - und dieß Schicksal traf monatelang nach dem ersten Ueberschreiten der ruffischen Grenze noch Alle, die nachkamen , bei den jezt schon gefüllten und überfüllten Magazinen zu Kowno , Wilna und weiterhin Minsk , Orscha 2c.; ja das Zuſammenbringen ungeheurer Massen von Lebensmitteln in den Gouvernementsftädten, das der Kaiser in Vorsorge für sein Heer befohlen hatte, mußte bei einem solchen Verwaltungsperfonal als eine Calamität betrachtet werden , indem nun die Truppenanführer im Lande nicht mehr die bes nöthigte Aushülfe fanden. Es war ein ungeheurer Train beim Heer, aber kein wandelndes Magazin hinter ihm her , als etwa insoweit ein Truppenbefehlshaber hierauf Bedacht nahm, für die Seinigen sorgte und zu sorgen im Stande war. Auf Errichtung nur einigermaßen genügender Magazine in den kleineren Etappen der Hauptheerstraßen und Abgabe des Bedarfs aus den Hauptmagazinen dahin war das oberste Verpflegungspersonal sehr wenig bedacht. Was hierin geschah, geschah auf beständige Anregung der Etappe- Commandanten, oder indem sie selbst durch Aussendung von Abtheilungen so viel möglich Lebensmittel und Futter zusammenbringen ließen. Die Streifen welche die Intendanten aussandten , um ihren und den Ausschreiben der aus polnischen und litthauischen Edelleuten gebildeten Commiffionen in Beitreibung von Lebensmitteln Nachdruck zu geben , kreuzten sich in allen Richtungen mit jenen der Etappe- Commandanten und Truppenbefehlshaber ; dazwischen ftreiften Häuschen und Haufen Marodeurs , auch eine Menge Ifolirter, welche Nahrung suchten, und jeder nahm weg was er konnte , ohne im Geringften auf die Beschlagnahme von höheren Autoritäten, gefeßlichen Bestimmungen, Schußwachen u. dergl. zu achten. - Es bestand schon zu dieser Zeit ein Verpflegungskrieg unter den eignen Truppen, der kein anderes Recht als das des Stärkeren achtete , und der das bellum omnium contra omnes um einen Biffen Brod , in das wir später so fürchterlich verflochten wurden , bereits ahnen ließ. [Ganz übereinstimmend mit der hier und unten mehrfach ausgesprochenen Ueberzeugung ist in dem ,,Buch vom Jahr 1812" Bd. I. S. 177 ff. näher entwickelt, daß der , gewöhnlich ganz übersehene, Hauptgrund des unglücklichen Ausgangs dieses Feldzugs für Napoleons Heer in der Gewiffenlosigkeit der Angestellten in allen Zweigen der Heerverpflegung , der Lazareth- und Transportadminiftration gelegen habe. Besonders hervorgehoben, und durch Neys Urtheil bekräftigt, wird dabei noch der Umstand , daß Napoleon den unverzeihlichen Fehler begangen habe, die meisten und wichtigsten Stellen in dieser Verwaltung den Hän-
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60%
nahme der bei diesen befindlichen polnischen Truppen)
-- auch
weit weniger mit Entbehrungen aller Art zu kämpfen hatten und dabei täglich Verstärkungen an sich zogen , wobei es nicht vorkommen konnte, daß solche (wie die Marsch- Compagnien, Bataillone 2c. der Franzosen) sich zerstreuten ehe sie ihr Corps erreichten *), so verschwand mit jedem Tage mehr die numerische Ungleichheit zwischen ihnen und den französischen und ihre Haltung wurde in eben dem Maße kühner.
Neunzehntes Kapitel. Projekt des ruffischen Oberfeldherrn die franzöfifche Armee zwischen Dnjepr und Düna zu überfallen, und Ueberfall der Vortruppen derfelben zu Inkowo. Gegenanstalten Napoleons und Enischluß wieder vorzurücken. 1. Der Oberbefehlshaber des russischen Heeres , Barklay, hatte den Entschluß gefaßt das französische Heer zwischen Dnjepr und Düna in seinen Cantonirungen zu überfallen , in der Hoffnung Napoleon zu einer Schlacht zu zwingen , ehe er die unter Marschall Fürst Eckmühl am Dnjepr und deſſen linkem Ufer stehenden Truppen heranziehen könne, um so bei ungefähr gleicher Stärke , aber dem Vortheil des Angriffs, einen entscheidenden , die Wahrscheinlichkeit eines glücklichen Erfolgs für sich habenden Schlag zu versuchen.
Er sammelte zu dieſem
Ende schnell und geheim seine ganze Kraft, indem er bloß eine Division bei Krasnot zur Beobachtung und Maskirung seiner
den seiner fich dazu drängenden erbittertften Feinde , des alten Adels (des blancs), anzuvertrauen, deren Raubſucht und schmählicher Verrath feine besten Anordnungen in der Ausführung vereitelt und den größten Koftenaufwand vergeblich gemacht habe. Zusaß d. Herausg.] *) Major Zimmermann , Commandant zu Kowno , fammelte in den erften 10 Tagen nach der Ueberschreitung des Niemen mehr als 6000 Nachzügler und fandte fie in größeren oder kleineren Marschcolonnen dem Heere nach , und diese zerstreuten sich meistens schon gänzlich wieder bevor sie Wilna erreichten , weil es bis dahin nichts zu leben gab. Ebenso ging es auf andern Heerstraßen , und selbst mit dem fpäter aus Frankreich , Deutschland 2c. kommenden Nachschub. Selten dürfte er auch nur in der Hälfte feiner erften Stärke das Corps erreicht haben.
61 Bewegungen zurück- , dann zu etwa nöthiger Unterstügung legterer Division bei Katan eine Brücke schlagen ließ , und in 3 Colonnen gegen Rudnia vorrückte. Die zur Linken , oder was links der nach Rudnia führenden Straße marſchirte, bestand aus der Armee Bagrations ;
die Straße selbst aber hielt der
Oberfeldherr mit der mittleren Colonne ein.
Der Atamann
Platow , der die Vorhut der mittleren Colonne bildete, überfiel nun (am 8. August) bei Inkowo die Division leichter Cavalerie des Generals Sebastiani , warf sie mit bedeutendem Verlust zurück und machte die in dem Ort liegende Voltigeurs - Compagnie gefangen *) . Der Oberfeldherr aber , dem inzwiſchen neue, nicht ungegründete Bedenklichkeiten gekommen , mit dem rasch entſchloſſenſten Feldherrn und den manövrirfertigsten und kriegsgewöhntesten Truppen der Welt einen Entſcheidungskampf zu wagen, hält die Bewegung an, indem er den gefaßten Entschluß (und den Beginn der Ausführung) aufgibt , und seine eigne Armee bei Wuidra ** ) , jene Bagrations aber bei Katan Stellung zu nehmen anweist. 2. Sobald Napoleon das Gefecht bei Inkowo erfuhr , befahl er: 1 ) dem in Witebsk anwesenden *** ) König von Neapel und dem Marschall Ney , den Feind (von deſſen Offenſiv-
*) General Sebaftiani ward hierauf in's Hauptquartier berufen. und verlor das Commando der Division , welches dem General Pajol gegeben wurde. **) Wuidra , das ich auf keiner der mir zu Gebote stehenden Karten finde , lag wohl hinter Wortikowa , südlich des Kasplia - Sees. [Clausewiß (Werke Bd. VII. S. 61 , 110 ff.) schildert sehr gut die beftändige Unschlüssigkeit Barklay's zwischen Vorgehen und Rückziehen , so daß das ftete Zurückweichen in's Innere , das den Feldzug glücklich für die Ruffen beendigt habe , nicht sowohl das Werk kluger Berechnung als der Umstände und der Furcht vor einer Entscheidungsschlacht geweſen sei. Dießmal habe die ungegründete Besorgniß , die französische Hauptmacht sei auf der Straße von Porjetsch im Anzug , Barklay bestimmt mit der ersten Weftarmee auf dieser Straße sich aufzustellen und dort vier Tage vergeblich zu warten. S. auch oben S. 25 und S. 42 den Zuſaß zu Anmerk. * . Zuſaß d. Herausg.] ***) Der König von Neapel traf am Abend des Tages zu Witebsk ein , wo unser General Commandeur , Prinz Emil , daselbst anlangte (7. Auguft).
62 bewegung er Kunde oder starke Muthmaßung haben mochte) aufzuhalten ; 2) dem Prinzen Eugen mit dem 4. Armeecorps, sowie den 3 Divisionen des 1. Armeecorps nach Lioszna zu marſchiren ; 4) der Kaiſergarde sich marschfertig zu halten. Der Marschall Fürst Eckmühl sollte für den Fall des weiteren Vorrückens des feindlichen Heeres seine zur Hand seienden Truppen, sowie die Armeecorps von Poniatowski und Junot (5. und 8. ) bei Rasasna und Ljubowiczi zusammenziehen. 3. „ Uebrigens war der Kaiser entschlossen , nun da seine Truppen einmal in Bewegung gesezt waren, seine Operationen weiter fortzusehen , der feindliche Obergeneral mochte handeln wie er wollte (sagt Chambray) , so daß dieser Versuch desselben das französische Heer nur einige Tage früher in Bewegung brachte , als es sonst der Fall gewesen sein dürfte." - Vielleicht hatte aber auch der Kaiser aus den Tageslisten ersehen, daß die Rastpause seinem Heere die beabsichtigte Verstärkung nicht bringe ,
weil , was sich auch von Nachzüglern zu dem-
selben wieder finden mochte , doch kaum die große Anzahl von Kranken ausglich , die sich täglich ergab : indem nun gerade während der Ruhe eine Menge Menschen erkrankte , die , wenn man in Bewegung geblieben wäre , sich noch eine Weile auf den Beinen erhalten haben möchte. Auch bekam die bessere und reichlichere Nahrung auf das Darben und die unregelmäßige Nahrung, die man bisher genoß , um so weniger gut als man häufig über das rechte Maß hinausging , was bei dem Mangel starker Bewegung nothwendig noch nachtheiliger wirkte * ). Die
*) Major v. Miller ( Darstellung des Feldzugs vom J. 1812) in besonderer Beziehung auf das würtemberger Corps fagt : ,,Der Verlust der französischen Armee an Kranken vom 16. Juli bis 1. Auguft übersteigt den bei Weitem , den sie vom Niemen bis dahin erlitt. Die Ruhr, ſchon früher in der Armee eingeriſſen, war nun sogar epidemisch geworden. Man hoffte , der Soldat werde sich durch die Ruhe und beffere Nahrung , welche die genommene Stellung gewährte, erholen ; allein gerade jeßt erlag eine Menge Menschen , welche fich früher wegen der fteten Unruhe und Bewegung noch fortschleppten. So zählte z . B. die würtembergische Infanteriedivifion, nachdem sie 10 Tage in der Stellung bei Lioszna fich befand , am 11. Auguft nur noch 3810 Mann vom Obersten abwärts unter den Waffen ; folglich hatte sie auf dem Marsche von Raskimofi ( 19. Juli) bis Lioszna und in den 10 Nuhe-
63 Vernachlässigung mancher Lagerregeln , welche die Gesundheit des Soldaten bezwecken, übte auch bei der Hige und dem Stillliegen einen weit nachtheiligeren Einfluß als bei dem täglichen Wechsel der Lagerstelle 2c. * ). 4. Neberhaupt aber mochte der Kaiser , der einen genügenden Vorrath von Lebensmitteln bis zum 15. für ſein Heer in den Magazinen wußte , der die Heerversorgung , die Organisation Litthauens zc. während seines Aufenthaltes in Witebsk mehr consolidirt und auch Zeit gefunden hatte zur Erledigung der Angelegenheiten seines großen Reichs und zur Meditation über die Lage desselben , so wie jene seines Heeres in Rußland , wo man nun, wie in Spanien, ein aufgeregtes, durch die kaiserlichen Proclamationen und die Predigten der Geistlichkeit bis zum Fanatismus gebrachtes Volk gegen sich zu erhalten fürchten mußte , jeden weiteren Aufschub der Operationen nicht länger für rathſam halten.
Das Land , wohin
er den Kriegsschauplag versezen wollte, besaß auch einen großen Reichthum an Vieh und Früchten zur Ernährung des Heeres ; es war noch unberührt längs der Straße nach Moskau ;
da-
gegen das Land zwiſchen Düna und Dnjepr schon sehr von Feind und Freund erschöpft. 5. Vor dem Wiederaufbruche seines Heeres theilte Napoleon noch Belohnungen für Großthaten aus ; u. a. ernannte tagen 3642 Mann durch Krankheiten (während der Märsche auch wohl Nachzügler) eingebüßt. Freilich hatte sie auf dem Marsche auch stets den Nachzug im 3. Armeecorps ; wcßhalb fie selbst auf den Lagerpläßen, wo die vorderen Divifionen noch Manches fanden , nichts, nicht einmal Stroh zur Lagerstätte mehr erhalten konnte.“ Der Cavalerie , die voranzog , ward ein glücklicheres Loos. Die 3 Reiterregimenter beim 3. Armeecorps , 1587 Mann ftark vom Oberften abwärts als sie den Niemen paſfirten , erhielten sich ziemlich in ihrer Stärke. Sie hatten, als fie in das Lager bei Lioszna rückten , nicht mehr als 105 Mann zurückgelaffen ; auch ihre Pferde waren noch ziemlich im Stande. *) Hieraus ergibt sich für die Praktik im Kriege die wichtige Regel, daß man die Soldaten nie ganz ftille liegen, sondern immer ihre Kräfte etwas (ja 6 Tage von 7 etwas ftark) anstrengen müsse , daß man die Lagerftelle im Sommer nie lange an demselben Ort lassen solle , und baß man im Lager auf Reinlichkeit , regelmäßiges Abkochen , Hüten vor nächtlichen Erkältungen 2c. , ganz besonders in ftehenden Lagern , auf's Aeußerste zu achten habe.
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er am 9. den Divisionsgeneral Friant auf der Parade zu Witebøf zum General-Obersten der Grenadiere (wobei derselbe jedoch das Commando seiner bisherigen Diviſion , der 2. des 1. Armeecorps , behält) . Auch uns Hessen ward ein ehrenvolles Loos beschieden. Das Leibgarderegiment (früher zum Dienſte im Hauptquartier beſtimmt) und das (dem 1. Armeecorps zugetheilte) Leibregiment ſollten fortan eine Brigade in der jungen Garde, unter Anführung unſres Generals Prinzen Emil von Hessen bilden , und der 1. Division derselben (Laborde) zugetheilt sein. 6. Die Besagungen von Kowno, Wilna, Minsk, Slonim, Borisow, Mohilew, Orscha, Witebsk und allen den Orten, die die Franzosen inne hatten , bestanden größten Theils aus Marschregimentern , aus Nachzügler-Bataillons
und neuorga-
nisirten litthauischen Regimentern *) .
Zwanzigstes Kapitel. Treffen von Gorodeczna ( am 12. Auguft) und Rückzug von Tormaſſows Armee bis hinter den Styr. 1. Fürst von Schwarzenberg, der die Nothwendigkeit einſah (f. XV.) Tormassow zurückzuwerfen , marschirte von Slonim aus gegen ihn , die Jassiolda bei Kartuszka mit dem östreichischen Armeecorps passirend , von wo er dann sich westwärts nach Pruszani wendete nachdem er eine feindliche Colonne über Chomsk zurückgeworfen und etwas zu ihrer Beobachtung, und Behauptung des dortigen Passes , zurückgelassen hatte. Zu Pruszani vereinigte er sich am 10. August mit dem 7. Armeecorps von Reynier , der (mit Umgehung der Quelle der Beide Armeecorps Jasfiolda) direct dahin vorgerückt war. vereint gingen dann nach Kobryn , und da sie Tormaſſow mit
*) Die den Armee - Divisionen angehörigen Bataillons wurden im kleinftmöglichen Maße zu Besaßungen und nie länger verwendet, als bis so viele Reconvaleszirte oder sonst hinter dem Heer Zurückgebliebene gesammelt oder eingetroffen waren , daß fie für einige Zeit die Besaßung übernehmen konnten.
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dem Hauptheile seiner Armee bei Gorodeczna , hinter einem morastigen Bach , in Stellung fanden , so kam es hier
am
12. August zu einem Treffen. 2. Da der Bach nur 2 Uebergänge , bei Gorodeczna und oberhalb beim Dorfe Podubnje, hatte, die als lange und schmale Defilees sich leicht gegen jeden Angriff behaupten ließen , so ward das hinter Podubnje stehende 7. Armeecorps (etwa 13,000 Mann stark), mit einer östreichischen Brigade Cavalerie und Infanterie verstärkt (zuſammen etwa 6000 Mann) , beordert den Bach und linken Flügel der russischen Stellung durch einen Wald zu umgehen , während Schwarzenberg jene Uebergänge bei Podubnje und besonders Gorodeczna, wo er mit dem Gros seines Corps stehen blieb, zu erzwingen drohen wollte. General Reynier kam wirklich unentdeckt durch den Wald auf die linke Flanke und
bedrohte diese sowie
die
ganze Stellung Tor-
massows im Rücken , der sofort mit seinem 2. Treffen eine Rückwärts = Rechtsschwenkung machen und einen Haken bilden mußte. Reyniers -Truppentheil ( 19,000 Mann) war indeſſen nicht stark genug , jenen Vortheil in vollem Maße geltend zu machen , da man ihm gleiche und bald genug stärkere Kräfte entgegenseßte. Er gerieth dadurch in die Defensive und hätte selbst einen argen Stoß erleiden können , wenn Tormaſſow, nur eine Brigade gegen Schwarzenberg stehen lassend, sich mit ganzer Kraft gegen Reynier gewendet hätte. Legterer endlich was man ihm entgegenstellte.
Doch besiegte Da das Gefecht
aber sich bis in die Nacht hineingezogen hatte , so konnte Tormassow sich intact zurückziehen *). Diesen Rückzug segte dann derselbe bei dem weiteren Vorrücken Schwarzenbergs und Neyniers welch' lezterer durch eine polnische Brigade, die man in Warschau gebildet , inzwischen verstärkt worden war
ge=
gen Ratno und endlich bis über den Fluß Styr fort. 3. Das Treffen hatte Tormassow, der viel detaschirt hatte, mit etwa 30,000 Mann bestanden ; Schwarzenberg , der von
*) Was wohl nimmer hätte geschehen können , wenn man Reynier noch etwa 8000 Mann , zur Hälfte Cavalerie, zur Hälfte Infanterie, nachgeschickt hätte, und diese, wenn auch erst spät Nachmittags, auf dem Schlachtfelde eingetroffen wären. Röder, Kriegszug. 5
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seinem Armeecorps 5000 Mann detaschirt hatte , mochte etwa 24,000 Mann desselben gegenwärtig haben und Reynier , wie oben bemerkt , 13,000. Ins Gefecht gegen Tormaſſow waren nur 19,000 Mann gebracht worden. 4. Der russische General, ſeine rückgängige Bewegung fortsegend , vermied jedes Gefecht , das zu einem allgemeinen Engagement führen konnte , mit seinem überlegenen Gegner , und zwar um so mehr als es ihm bekannt war , daß die durch den Frieden mit den Türken disponibel gewordene Moldauarmee im Marsch war , ihn zu verstärken. Bis er hinter den Styr (s. 2) gelangte, wo er Stellung nahm (und sein Hauptquartier zu Dubno aufschlug) , fanden nur zwei Arrieregarde-Gefechte, zu Liuboml und Wischwa, Statt, in welchen zwar die gegnerische Avantgarde etwas gedrückt wurde , ohne daß man darum die Bewegung des Fürsten Schwarzenberg aufhalten konnte. Legterer , der die Muchawieg bei Kobryn und Brzesc - Litewski überschritten hatte, seine Hauptmacht am rechten Ufer des Bugs hinauf dirigirend, brach seine (wenig kräftige) Verfolgung endlich ab , als Tormassow den Styr überschritten hatte : weil er wegen befürchteter Verstärkung desselben durch die Moldauarmee nicht tiefer in Volhynien einzudringen wagte *). (Fortſ. XLIII.) 5. So stellten am 29. Auguſt beide gegnerische Armeen ihre Bewegungen ein ** ) . Tormassow besegte das rechte Ufer des Styr. Sein Centrum stand zu Lugk und Roschige ; sein rechter Flügel erstreckte sich bis nach Kolki; ſein linker bis Beresteczo. Fürst Schwarzenberg , der sein Hauptquartier zu Golubje hinter dem Stochod nahm , hatte die östreichische Division in Ratno und Ljubaszewo (einem Hauptpaß am Stochod, unweit dessen Einmündung in den Pripiät) gelassen , die zwei andern Divisionen zu Kisselin (bei den Quellen des Stochod), Front gegen Lugk, aufgestellt. Das 7. Armeecorps bezog etwa eine Meile davon zur Rechten zwischen Torczin und Lokaczi eine Stellung.
Die zu diesem Armeecorps getheilte polnische
*) Indem er versäumt hatte , 8 Tage früher , wie er wohl gekonnt , am Styr anzukommen. ** ) S. 16. Bülletin . Journal des operations du corps auxiliaire autrichien.
67 Brigade des Generals Kosinski befand sich zu Wladimir und Ustilug (am Bug). Einundzwanzigstes Kapitel. Bewegungen und Operationen des franzöfifchen Hauptheeres in der zweiten Decade des Augufts und Gefecht der Cavalerie mit der russischen Infanteriedivision Newerowski (den 14.).
1. Als Napoleon gewiß war , daß die Bewegung , welche Barklay vorwärts gemacht (s. XIX. 1 ) , keine Folge habe, schrieb er ſeinen Truppen neue Richtungen vor, um sie auf dem linken Ufer des Dnjeprs zu vereinigen, dann auf Smolensk zu führen. Er bestimmte die Stellen , welche den Dörfern Rasasna und Komino gegenüber liegen , zu Flußübergangspunkten. Napoleon, der für seine Person in der Nacht vom 12. auf den 13. Witebsk verlassen hatte *) , langte den 13. Nachmittags , als die Brücken geschlagen waren, zu Raſasna an und ließ augenblicklich das 3. Reitercorps ( Grouchy) , sowie die 3. Division des 1. Armeecorps ( Gudin) , die schon am 12. bei der Uebergangsstelle angelangt waren , übergehen. AddGdy Zu derselben Zeit führte der König von Neapel mit dem 1. und 2. Reitercorps (Nansouty und Montbrun) zu Komino den Uebergang aus. Marschall Ney , der am 11. von Lioszna dahin aufgebrochen war, folgte ihnen mit dem 3. Armeecorps auf dem Fuße, und dann so weiter nach Ljadi , nach. Die leichte Reiterdivision Pajol (sonst Sebastiani) vom 2. Reitercorps verblieb auf dem rechten Ufer des Dnjepr , um die Bewegungen des Feindes zu beobachten. Sie sollte am Strom , ohne sich zu entfernen und ohne der Avantgarde am linken Ufer zuvorzukommen , hinaufgehen. Das Armeecorps des Fürsten Eckmühl war nach Kozianui vorgegangen ** ). *) Se. H. der Prinz Emil geht, da der Kaiſer ihm seine Intention zu erkennen gab , daß er fortan dem kaiserlichen Hauptquartier folgen folle, mit dieſem am 13. von Witebsk über Babinowicze (wo der größte Theil des Hauptquartiers blieb , nicht der Kaiser , der ohne Aufenthalt weiter eilte), Dubrowna und Krasnoi gegen Smolensk hin ab. **) Mit diesem Armeecorps bricht das 2. heffische Bataillon Leibs regiment von Dubrowna auf, unter Commando des Capitain Rabe (da Major Dunker in Orſcha krank zurückblieb) und folgt deffen Bewegungen , als Escorte des Parks. 5*
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2. Fürst Poniatowski traf mit dem 5. Armeecorps am 13. August zu Romanow auf der Straße von Mohilew nach Smolensk ein. General Junot, Herzog von Abrantes, folgte mit dem 8. Armeecorps von Orscha dem Armeecorps des FürGeneral Latour - Maubourg verließ mit ſten von Eckmühl. dem 4. Reitercorps am 14. August Rogaczew , um über Mohilew und Mszislawl nach Smolensk zu marſchiren. Er hatte Befehl, eine Brigade leichter Reiter und die Diviſion Dombrowski zu Mobilew zu lassen.
Mit diesen Kräften und den
ersten litthauischen Regimentern , die disponibel ſeien , sollte Dombrowski Minsk decken und die Beſagung von Bobruisk, sowie das Corps von Hertel , im Zaum halten. 3. Die kaiserlichen Garden waren ebenfalls den 10. zu Witebsk aufgebrochen und den 14. zu Rasasna verſammelt. — Prinz Eugen mit dem 4. Armeecorps hatte, unter Rücklaſſung einer leichten Reiterbrigade und eines Infanterieregiments zu Surasz , um das russische Detaſchement von Winzingerode zu beobachten , den 10. seine Stellungen verlassen und sich über Lioszna und Ljubowiczi nach Raſasna in Marſch gesezt, wo er den 14. den Dnjepr passirte *). 4. So war am 14. die ganze franzöſiſche Hauptarmee, bestehend aus 5 Armeecorps , 4 Corps Reserve-Reiterei und den Garden des Kaiſers, auf dem linken Ufer des Dnjeprs verſammelt. Diese Kräfte betrugen (nach Abzug der Division Dombrowski von ungefähr 6000 Mann und des 4. Reitercorps, das noch nicht heran war , von etwa 5000 Mann) beiläufig 185,000 Mann ** ) , womit man gegen Smolensk vorrückte.
*) Alle Märsche auf dem rechten Ufer des Dnjeprs , um fich dieſem Fluffe zu nähern , geschahen meist auf Querwegen , die gerade als man aufbrach durch einen Gewitterregen äußerst verdorben waren. Man mußte fie , um die Artillerie fortzubringen , erst an mehreren Stellen bessern. **) Der Kaiser felbft schäßte , in einem Briefe vom 10. Auguft, was er bei Smolensk zuſammen bringen würde , auf 200,000 Mann. Chambray , nach den Tageslisten vom 3. Auguft , wobei er die Bemerkung macht , daß das Heer in den folgenden 10 Tagen eher ftärker als schwächer geworden sein müffe , zählt 182,608 Mann , nämlich : Infanterie mit dazu gehöriger Artillerie 150,886 Mann ; Cavalerie 31,722 " "
69 Der russische Oberfeldherr konnte ihnen nur etwa 120,000 Mann entgegenstellen , worunter 20,000 Rekruten waren. 5. Barklay hatte in irgend einer irrigen Annahme , daß Napoleon ihn auf seinem rechten Flügel anzugreifen beabsichtige , Wuidra bald wieder verlassen , um mit der 1. Westarmee nach Apolia zu marschiren , während die 2. Westarmee jene Stellung einnahm.
Nach 3 Tagen kehrte er indessen wieder
um, ließ Bagration gegen Smolensk zurückmarſchiren und nahm endlich am 14. Stellung hinter dem See Kasplia , Bagration wieder an sich ziehend in dem Glauben , er werde daselbst angegriffen werden. - Von den Märschen , die Napoleon sein Heer hatte ausführen laſſen, um es auf dem linken Dnjeprufer zu concentriren , hatte er keine Ahnung *) . 6. Der König von Neapel ging , sobald er den Dnjepr passirt hatte, nach Ljadi vor , verjagte hier 2 Koſackenregimenter und trieb sie bis Krasnoi vor sich her. 圈 Hinter dieser Stadt stand die ruſſiſche Diviſion Newerowski vom 7. Corps (Rajewski) in der Stärke von 6000 Mann Infanterie , 1200 Mann Cavalerie , 8 Geschüßen ; 1 Infanterieregiment ** ) war davon vor die allseitig offene Stadt zu ihrer Deckung detaſchirt. Die Division Ledru vom 3. Armeecorps warf dieß Regiment auf ſeine Diviſion zurück, die ein starkes Ravin vor sich hatte, während die Cavalerie des Königs von Neapel rechts aufwärts an demselben zog um die Stellung zu umgehen. Newerowski, eine feindliche Armee vor sich erblickend, trat sogleich den Rück-
*) In dem Uebergang Napoleons auf das linke Dnjeprufer wollen Clausewiß und Loßberg einen großen Fehler sehen. Der Verfaffer des Buchs vom Jahr 1812 findet diesen Uebergang aber sehr erklärlich (Bd. II. S. 153 f.) , indem Napoleon so eher habe hoffen können Barklay endlich zu einer Schlacht , zum Schuß von Smolensk das auf diesem Ufer lag , zu bringen. Wohl aber fieht er mit Clausewiß einen großen Fehler darin, daß Napoleon , als er sich in dieser Hoffnung getäuscht sah , nicht, ohne den kostbaren Versuch eines Sturms , durch Ueberschreitung des Dnjeprs oberhalb , Barklay zu schnellem Abzug zwang. Anmerk. d. Herausg. **) Ein russisches Infanterieregiment ist nach dem Feldetat ftark 2666 Mann , wovon aber 130 Officiersbursche , 76 Fuhrleute 2c. abzuziehen find , um die Combattanten zu erhalten. Es besteht aus 3 Bataillons.
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zug gegen Koritnja an , der , da er in der Ebene ging und dabei von sumpfigen Bächen gebildete Defilees in Gegenwart der feindlichen Cavalerie paſſirt werden mußten , ſehr critiſch wurde; auch ward er von dieser zwischen dem 2. und 3. Defilee eingeholt. Seine Cavalerie konnte sich nur durch die Flucht retten ; seine Infanterie formirte er in eine geschlossene Colonne und benugte die Birkenreihen am Wege, um einer Flanke derſelben Deckung zu verleihen ; er ward jedoch, ehe er diese Formirung noch völlig vollendet hatte, angegriffen und verlor hierbei seine 8 Kanonen und 800 Mann Gefangene. Dennoch segte er mit dem festgeschlossenen Rest der Infanterie den Rückzug fort, schlug die nun unaufhörlich aufeinander folgenden Angriffe der franzöſiſchen Cavalerie, - (da der König von Neapel sich darauf caprizirt hatte die reitende Artillerie nicht zu gebrauchen) stets glücklich ab und erreichte so Koritnja. --- Ein schönes Beispiel standhaften Benehmens der Infanterie gegen Cavalerie *) !
Zweiundzwanzigstes Kapitel. Fortseßung der Bewegungen des französischen Hauptheeres bis zum Anlangen vor Smolensk (am 16. Auguft) und Gegenhandlung des ruffischen Heeres. 1. Am 15. August brach das 3. Armeecorps vorwärts Krasnoi auf und biwackirte bei Lubna , 4 Stunden von Smolensk, vor welcher Stadt es den 16. Morgens eintraf. ―― Das Heer selbst war den 15. staffelweise von Sinjaki , wo Eugen mit dem 4. Armeecorps stehen blieb , bis Lubna aufgestellt und folgte den 16. in kurzen Zwischenräumen dem 3. Armeecorps nach. Der Kaiser verbrachte die Nacht vom 15. auf den 16. zu Koritnja. - Die Division leichter Reiter Pajols hatte auf dem rechten Dnjeprufer eine Recognoszirung gemacht und war,
und gerechter Strafe des Anführers *) Man darf hinzufeßen : der Cavalerie; denn mochte er auch immer dieser zutrauen , daß fie unfehlbar die Infanterie niederreiten müſſe , ſo durfte er doch den Beiftand der Hülfswaffe nicht verschmähen und so , ganz unnöthiger Weise, viele seiner bravsten Cavaleristen opfern und das Heer ihrer berauben.
71 da sie das russische Heer vor sich fand, den 15. auf die Beresina zurückgegangen. 2. Der russische Oberbefehlshaber , der am 14. einen Angriff vermuthet und beide russische Westarmeen in die vortheilhafte Stellung bei Wolodkowo zusammengezogen hatte , ward den 15. belehrt , daß Napoleon mit seiner ganzen Macht auf das linke Dnjeprufer übergegangen und im Marsche auf Smolensk sei. Er beorderte hierauf nicht nur das ganze 7. Corps (Rajewski) von Bagrations Armee, das zunächst stand, in diese Stadt , sondern schickte auch , da die Division Newerowski defselben bedeutend gelitten hatte, das 6. Corps (Doctorow) dahin. Sein ganzes Heer erhielt zugleich diese Richtung , Bagrations Armee voran. 3. Den 16. kam das russische Heer nach und nach bis in die Nacht hinein auf dem rechten Ufer des Dnjepr bei Smolensk an. - Barklay , befürchtend daß ihm das franzöſiſche Heer durch einen Flußübergang oberhalb Smolensk auf der Straße nach Moskau zuvorkommen möchte , ließ noch in der Nacht auf dieser Straße die 2. Westarmee (Bagrations) sich gegen Dorogobusch in Bewegung ſegen und die 1. Westarmee, da jene hart an der rechten Flanke des feindlichen Heeres vorbeigehen mußte, fie decken , bis sie den Dnjepr bei Pnewa passirt hatte. Zu diesem Zwecke wurden auch starke Haufen Kosacken auf die Straße von Jelina (Jelnia) geschickt. 4. Während des 16. Auguſts kam die ganze franzöſiſche Hauptarmee unter Napoleon vor Smolensk an , mit Ausnahme jedoch des 8. Armeecorps , dem die Deckung der rechten Flanke aufgetragen war und das sich verirrt hatte * ), dann des 4. Armeecorps , das gefliffentlich noch auf der Hauptstraße zurückgelassen war. Voran kam das 3. Armeecorps, das , sobald es die Höhen vor Smolensk erreichte, von der Straße links gegen
*) Und zwar so sehr , daß es erst den 17. Auguft auf der Straße von Roslawl gegen Abend vor Smolensk ankam und nun Stellung hinter dem 5. Armeecorps nahm. [Ueber den Zeitverluft durch den am 15. gemachten Umweg und das unnöthige Zögern Junot's , versichert Loßberg (Briefe in die Heimath S. 120) , nur eine Stimme des Unwillens bei allen höheren Officieren gehört zu haben. Zuſaß des Herausgebers.]
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Schitmontowa abging , Stellung nahm , und dessen Artillerie dann sogleich ein starkes Feuer gegen die feindlichen Batterien begann. Napoleon , der nach Schitmontowa kam um die ruſsische Stellung am rechten Ufer des Dnjeprs zu recognosziren, gab dem Divisionsgeneral Marchand Befehl , eine Brigade Würtemberger mit einigen Geschüßen ins Dnjeprthal rücken zu lassen , um die Bewegung der Russen am rechten Ufer zu beobachten und die etwaigen Ausfälle am linken Ufer aus der unteren Vorstadt abzuweisen. Ein würtembergisches Bataillon und 1 Regiment Jäger zu Pferde war schon früher weiter unterhalb , dem Dorfe Katani gegenüber , wo die Kosacken mit Uebergängen drohten , aufgestellt , und auf dem rechten Flügel des 3. Armeecorps auch 1 Bataillon würtembergische Jäger Es wurde übrigens am 16. auf zum Tirailliren verwendet. der ganzen Linie von den Smolensk allmählich einschließenden Truppen geplänkert und eine beständige Kanonade unterhalten, bis die einbrechende Dunkelheit am Abend dem Feuer ein Ende machte. 5. An den rechten Flügel des 3. Armeeeorps schloß sich das (jegt wieder ganz vereinte) 1. Armeecorps des Fürsten Es hatte Eckmühl mit seinen 5 Divisionen Infanterie an. seine Aufstellung links und rechts und besonders zwischen den (in einem beinahe rechten Winkel vor Smolensk zusammenlaufenden) Straßen von Krasnoi und Mohilew. 6. Rechts vom 1. Armeecorps , an der Straße von Roslawl nach Smolensk , stand das 5. Armeecorps ; und die
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Reserve-Cavalerie des Königs von Neapel dehnte sich auf dem äußersten rechten Flügel (an der Straße nach Jelina hin) bis gegen den Dnjepr , eine Strecke oberhalb Smolensk , aus. 7. Die Kaisergarden befanden sich als Reserve hinter dem 1. Armeecorps , vorwärts des Dorfes Jnowaiskaja oder Zwanowkaja , wo Napoleon sein Hauptquartier hatte *). --- Das 4. Armeecorps kam am 16. bis Koritnja (s. 1). *) Se. H. der Prinz Emil mit seinem Stabe kam erst den 16. und zwar in dem Moment beim Kaiser hier an , als dieser eben die Ruffen , welche die Stadt vertheidigen zu wollen schienen und deren Hauptarmee zur Interftüßung auf dem rechten Dnjeprufer sich bereit zeigte , recognoszirte.
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8. In dem ganzen , von der Infanterie beſegten Umkreiſe waren die Ruſſen auf eine Entfernung von 12-1500 Schritte um die Ringmauern des Plages herum beschränkt ; nur oberhalb , längs dem Dnjepr , dem König von Neapel gegenüber, dehnten sie sich bis auf etwa 2500 Schritte aus.
Dreiundzwanzigstes Kapitel. Lage und Befestigung von Smolensk. menen Plan II. )
( Siehe den von mir aufgenom
Die Lage von Smolensk gewährt dem Vertheidiger 1. erhebliche Vortheile (heißt es in einem Berichte des hessischen Generalcommandos) . Die Stadtmauer , 12-15 Fuß dick, troht selbst den Schüssen schwerer Caliber, und gegen Ersteigung ist sie durch eine Höhe von 24 bis 30 Fuß hinlänglich gesichert.“ ,,Sie ist in 3 verschiedenen Höhen mit Schießscharten durchbrochen und deren Seitenvertheidigung durch starke Thürme geDer untere Theil der Mauer hat an der inneren Seite Hallen, worin zu wirksamerem Empfange des Feindes auch Geſchüße verwendet werden können. In der halben Höhe der Mauer sind die Vertheidiger in einem gewölbten Gange placirt
sichert.
und ganz oben schüßt eine crenelirte Mauer die hier , übrigens unbedeckt , ſtehenden Vertheidiger gegen die Schüsse des Angreifers." 2. „Die eigentliche Stadt (sagt Chambray) umgab eine Mauer von 25-30 Fuß Höhe; unten ist sie 16 (Pariſer) Fuß stark und hat einen Umfang von 3000 Toisen." (Ich füge aus meinem Tagebuch hinzu) :
Sie besteht aus gut gebrannten
Ziegelsteinen und ruht auf einem Fundament aus Quaderſtücken von einem röthlichen Sandstein. Die Dicke der Thürme , besonders der runden oder Hauptthürme, schäßte ich auf 20 bis 22. Fuß , die der Stadtmauer auf 19'. Es kamen, nach meinem Fuß gemessen , einen Schuh dicht vor den andern gesezt, 14 auf die Breite des Wallgangs , 3 auf die Dicke der kammartigen Brustwehre , und die Böschung der Innenseite der Mauer betrug
etwa 2 Fuß.
Ich fand bei der nordwestlichen
Maueröffnung (Nr. 8 meines Plans) 32 Stufen bis zum Wallgange zu ersteigen, jede von beiläufig eines rheinischen Schuhes
74 Höhe.
Die Brustwehre daselbst war etwa 7' hoch *).
Es war
dieſes aber eine der höchsten Mauerseiten. Chambray sagt : ,,29 mit der Mauer im Zuſammenhang stehende Thürme , eben so hoch wie diese aber von verschiedenem Umfange , die einen viereckig , die andern rund , umgeben es unregelmäßig." Es werden wohl nur 23 oder , die 2 kleinen neben dem Thore Dnjeprowski dazu gerechnet, 25 Thürme gewesen sein (ſ. meinen Plan).
Es scheint ** ) , daß auf der Süd- und Westseite in
älterer Zeit ein Graben um die Mauer gegangen sei und vor dieſem eine Erdenveloppe oder bedeckter Weg bestanden habe. Vom Graben sieht man beinahe gar keine Spur mehr , von der Enveloppe oder dem Glacis nur noch eine geringe dammförmige Erhöhung von meist 3 Fuß. Auf der Ostseite war nie ein Graben oder konnte ein solcher bestanden haben, wegen der hier befindlichen gegen die Mauerseite sehr steilen und tiefen Schlucht , ebensowenig auf der Nordwest- und Nordseite. Durch die Mauer waren einige kleine Thüren gebrochen (wohl bloß Schießscharten etwas erweitert) worden, als Communicationen für die Truppen welche im bedecktem Wege wachen , vielleicht ihn vertheidigen sollten. In dem , was noch vom bedeckten Weg (oder was man so nannte) übrig war, konnte keine Linieninfanterie zur Vertheidigung aufgestellt
werden ;
diese fand
vielmehr ihren durch die Natur des Terrains angewiesenen Plaz (s. den Plan) hinter den die südliche Vorstadt umgebenden --Schluchten; es war ihr dann aber , war sie hier geworfen, leicht jeder Rückzug abzuschneiden, wenn eine feindliche Colonne nach dem einzigen Thore, das sich nach der Landseite hin findet, vordrang und sich der daſſelbe umgebenden, sehr unbedeutenden Flesche bemächtigte (die vielleicht zu dieser Zeit noch nicht einmal beſtand oder so bestand, wie sie unter dem Beſig der Franzosen wurde). Hinter dem niedern Damm vor der Mauer konnte sie sich nicht seßen und dann etwa durch die Mauerlöcher in die Stadt abziehen. Zwei Compagnieen Tirailleurs war Alles was hier etwa Posto fassen konnte. Die Erdfleſche vor
*) Sie reichte mir etwa 14 Fuß über den Kopf. **) So heißt es in meinem Tagebuche. Was nicht mit Anführungszeichen bemerkt ist , ist aus dieſem genommen.
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dem erwähnten Hauptlandthor *) konnte 5 Feldstücke fassen und wurde von einer (vielleicht schon alten ** )) links in Kartätschschuß- oder guten Flintenschuß-Weite gelegenen Erdbastion bestrichen , die 10 bis 12 Geschüße faffen konnte und vor einem an der südöstlichen Ecke gelegenen runden Mauerthurm erbaut war. Rechts vom Malo-Ochogk-Thor , auf der Südwestseite ein runder und sechs viereckige Thürme dazwider Stadt schen (f. den Plan) lag ***) die Citadelle, welche die Mauer unterbrach (die Mauer und 2 Thürme , die es in älterer Zeit hier geben mochte, waren nämlich abgebrochen, und es gab auch wohl einen Ausgang auf's Feld, durch eine Erdschanze gedeckt). Die Configuration dieser Citadelle nach der Feldseite , wohin fie gegenwärtig feinen Ausgang bot, war die eines Hornwerks, deſſen rücklaufende Schenkel aber tenaillenförmig gebrochen waren und sich so nördlich und südlich an die Mauer anschlossen +). Das starke Erdwerk hatte ein Glacis , aber keinen bedeckten Weg , keine Futtermauer und keine Palissadirung , -- welche erst später die Franzosen hinzufügten.
Nach der Stadt hin
4 *) Man hieß es in der Stadt das Malo - Ochoßk - Thor , und wir nannten es unter uns das Krasnojer ; links desselben lag das Thürchen , la fausse porte (f. XXV. 2 , Anm. *) . **) Die aber , als ich sie 5 Wochen nach der Schlacht sah , schon sehr von den Franzosen ausgebessert war. Ebenso hatten diese die links liegende Erdbastion schon sehr verbessert und waren noch daran beschäftigt ; auch mochten sie es gewesen sein , die dem dahinter liegenden , der Bastion als Reduit dienenden runden Thurm Vieles von seiner ursprünglichen Höhe genommen hatten. ***) 3n ungefähr 400 Toisen Entfernung , fagt Chambray. t) ,,Sie bestand , sagt Chambray , aus einem regelmäßigen Polygon aus 5 Baftionen zusammengefeßt , die ganz von Erde aufgeführt waren." Chambray , sie nur von Außen erblickend , konnte sich leicht täuschen. Es ging mir beim ersten Umritt um die Stadt wie ihm, ich machte denselben Schluß. Wie aber fein Ueberfeßer Blefson , der fie in späterer Zeit gesehen und aufgenommen haben will , dasselbe fagen kann : ,,3 Baſtionen sehen nach dem Feld hinaus , 2 nach der Stadt“ ift kaum erklärlich. Ebenso redet Blesson von 3 Thoren und 2 Maueröffnungen , nämlich auch noch von einem ,,öftlichen Thor, Nikolajewski, zur Verbindung der Offiziers- und Soldaten-Vorftadt." Es muß, wenn er es sah , später hinzugekommen sein. Zu der Zeit , als ich und Chambray Smolensk fahen und ich es aufnahm , war nichts davon zu erblicken.
76 war es ein förmliches Hornwerk mit geraden, sich an die Mauer anschließenden Schenkeln (die aber die Franzosen später , wie die äußeren , zu brechen beabsichtigt haben) .
Hier , nach der
Stadt hin , war es ein bloßer Wall ohne Glacis und Paliſſadirung , aber mit Futtermauer und etwas breiterem Graben als das äußere Hornwerk versehen. Ein starkes gemauertes Thor in der Courtine bildete einen Zugang aus der Stadt in die Citadelle.
Ueber den Graben führte eine hölzerne Brücke
ohne Aufzug. Der Graben des äußeren und inneren Hornwerks war ein trockener und nicht über 12 Fuß. Das Hineinspringen in denselben unterlag bei einer Bestürmung (wenn die Soldaten nur ein wenig Anweisung dazu erhalten hatten) gar keiner Schwierigkeit. In der That konnte das äußere Hornwerk der Citadelle unschwer mit Sturm genommen werden , da seine Defension fast ganz allein in den Armen seiner, allerdings -sehr tapfern , Vertheidiger ruhte : was die Wegnahme der Stadt zur Folge haben mußte. Das Terrain um Smolensk war an dem Punkte der Cidatelle ungleich und bis auf Stunde und näher mit Gesträuch bewachsen. Da die Thürme hohl waren , so konnten sie (zur Zeit als Smolensk von den Franzosen
angegriffen
wurde)
kein
Geschüß
aufnehmen * ).
Etwas Feldartillerie , von den ruſſiſchen Diviſionen abgegeben, war in der Flesche des Malo-Ochogk-Thores , auf der alten Bastion an der Südostecke und den Werken der Citadelle, die nach dem Felde hinaussahen , aufgefahren. ---- Zwei Maueröffnungen , die man als Communicationen nach der nordwestlichen oder unteren Vorstadt (Stasnaja) im Dnjeprthale und nach der östlichen oder oberen (Sloboda Radzinska) in eben demselben Thale findet,
waren
bloß mit Tambours ,
die
aus einer einfachen Palissadirung bestanden , versehen , wovon der der oberen Deffnung außen, der der unteren innen sich befand (s. den Plan) ** ) .
*) Auch fand man im Plaße nur etwa 50 Stück eiserne Geſchüßröhre ohne Lafetten , sagt Chambray. Vergl. Anmerk. * der folgenden Seite , sowie auch XXV. 2. **) Unſer General-Commando sagt in seinem Tagbuche : ,,Die jenseitige Höhe , wo ein Theil des russischen Hauptheeres poftirt war, do-
77
3. Auf dem rechten Ufer des Dnjepr lag die große, regelmäßig ( meist nach Vierecken ) in Quartiere getheilte Vorstadt Peterburg , die man auch die Niederstadt nannte. Eine hölzerne Brücke , von Pfeilern nach Vogelbauerart , die mit Steinen gefüllt waren , getragen , bewirkte die Verbindung der oberen und unteren Stadt. Vor der Brücke lag ein Brückenkopf, Erdwerk, das genau die Form eines halben bastionirten Vierecks hatte und sich mit den Halbbastionen an den Fluß anschloß Cf. den Plan ) . Der Hauptausgang aus demselben in die Niederstadt führte von der Brücke in gerader Richtung, mittels einer schönen breiten Straße, durch die zu diesem Ende wohl schon von den Russen demolirte Spige der ganzen Bastion, obgleich dieser Ausgang ( wie es scheint , nach einem früheren Plan) durch die Courtine links führen sollte , zu welchem Zwecke hier auch bereits ein hübscher Thorbogen erbaut war (s. Plan Nr. 14). Der innere Raum dieses Brückenkopfs enthält eine Kirche und mehrere andere schöne steinerne Gebäude , - wie denn auch die ganze Niederstadt meist steinerne Häuser enthielt. 4. Hiernach war Smolensk nicht im Stande sich selbstständig, auch nur auf kurze Zeit, zu halten, und konnte nur gehalten werden durch die Gegenwart eines Heeres
auf dem
rechten Dnjeprufer, welches, besonders durch flankirende Batterien , verhinderte, die beiden bestehenden Mauerbreschen ( oder die Dnjeprowski- und Radzinski-Deffnung ) unter- und oberhalb am Fluß zu benugen und das äußere Hornwerk der Citadelle in Bresche zu legen *) .
Auch scheint es , als habe der
minirt die Stadt ; dieffeits nach oben des Dnjeprs ift fie ebenfalls durch eine vorliegende Höhe dominirt ; übrigens aber beherrscht sie ziemlich alle andern ihrer Umgebung. Die faft nach allen Nichtungen der Landseite hin befindlichen Schluchten und Thäler können größtentheils sehr gut zur Vertheidigung benußt werden“ - (und wurden es) . *) Bleſſon ſagt : „ Allerdings machen die Lage von Smolensk und die starke Mauer diesen Plaß fähig eine förmliche Belagerung auszu halten." - Ohne Frage suchten ihn die Franzosen dahin zu bringen und zu einer Place du moment zu machen ; aber er war es , als fie davor kamen , sicher nicht , und Vieles , was der Ingenieur Bleſſon im Jahr 1822 geſehen , rührte von ihnen her. Die Unhaltbarkeit war ja ſelbft
78 russische Oberfeldherr ( Barklay ) keine andere Absicht gehabt, als es so lange zu behaupten , als nöthig war um die Magazine zu leeren und etwa der Armee Bagrations den beabsichtigten Vorsprung ( s. XXII. 3 ) zu verschaffen. — „ Er ließ nicht Truppen genug übergehen,“ ſagt Chambray,,,um eine Schlachtlinie oberhalb der Stadt, was man vielleicht erwartet und wozu man ihm Raum gelassen hatte , zu bilden , so daß ein unter den Mauern von Smolensk engagirtes Gefecht kein entſcheidendes Resultat zur Folge haben , höchstens einen Theil der russischen Divisionen daselbst in Gefangenschaft bringen konnte. Barklay hatte 2 Schiffbrücken vor Smolensk , oberhalb der ſtehenden Brücke, schlagen lassen , um die Leichtigkeit der Communicationen zwischen beiden Ufern zu vermehren ; außerdem war der Dnjepr durchwatbar."
in dieser Jahreszeit an mehreren Stellen
Vierundzwanzigstes Kapitel. Treffen von Smolensk , am 17. Auguft. 1.
Während des Morgens
am
17. August war Alles
ruhig , mit Ausnahme des äußersten linken Flügels des französischen Heeres, wo nämlich die königl. würtembergische Infanterie bei dem Spitalgebäude vorging und angriff, um zu er fahren ob der Feind in Stärke die Vorstadt Stasnaja besegt habe. Sie fand ihn hier sehr stark und zog sich dann wieder zurück. Napoleon, der nach den Bewegungen der feindlichen Armee jenseits glaubte , daß Barklay sie auf das linke Ufer führen und unter den Mauern von Smolensk, dessen Erhaltung -ihm zur Pflicht gemacht war , eine Schlacht liefern würde,
den Russen klar. Zwar sagt auch Blesson : „ Es scheint , daß man die Absicht gehabt habe ( er meint ruffischer Seits) Smolensk 1812 zu vertheidigen ; denn in einzelnen Thürmen find noch jezt (1822) die erforderlichen Balken eingezogen um wieder Geſchüß hinauf zu bringen, und hinter der Mauer der Landfront liegt ein hoher Erdwall aufgeschüttet, der wahrscheinlich zur Aufnahme von Geſchüßen , da der Wallgang zu schmal ist, bestimmt war 1c." Alles dieß rührt aber von den Franzosen her , die unausgefeht an der Befestigung von Smolensk arbeiteten.
(worin er auch
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noch durch das Ausrücken des Corps von
Doctorow, um 8 Uhr Morgens , bestärkt wurde, der die südlichen Vorstädte mit 2 Divisionen besegen ließ), wollte ihm Als er aber Mittags hierzu alle Zeit und Raum gewähren. das feindliche Heer auf den jenseitigen Höhen entwickelt ſah, ließ er das 3. Armeecorps den Angriff auf die Vorstadt StasEs gelang der 25. Diviſion (Würtemberger) naja beginnen. nach wiederholten Anstrengungen, sich in den Besit des unteren Theils derselben bis über die Kirche hinauf zu sehen , und der 10. Division (Ledru), welche jener rechts vorrückte, die Ruſſen bis über die gegen die Citadelle hinauf ziehende Schlucht zu werfen. 2. Nachmittags 2 Uhr begann der allgemeine Angriff. Die Batterien des 1. Armeecorps eröffneten ein heftiges Feuer gegen die südlichen Vorstädte , und der Kaiser begab sich in Person zu dem Fürsten Poniatowski, dem er befahl, mit dem 5. Armeecorps „ Changement de front , le droit en avant“ zu machen, den rechten Flügel an den Dnjepr anzulehnen, die besezten Vorstädte von der Ostseite anzugreifen , sich ihrer zu bemächtigen , sofort dann eine Batterie auffahren zu laſſen, die die Brücken der Ruſſen zerstöre und alle Communication des rechten mit dem linken Ufer unterbräche. Die Cavalerie des Königs von Neapel ward angewiesen , der Bewegung des 5. Armeecorps zu folgen. Alle diese Bewegungen wurden rasch und unwiderstehlich ausgeführt. Der Kaiser , welcher hinter dieſem Flügel verblieb, ließ sogleich selbst die reitende Artillerie feiner Garde mit einigen Schwadronen der Gardecavalerie im Trabe vorgehen und die Ruſſen bis an die Mauer zurückwerfen. Die polnische Infanterie folgte , überholte die Artillerie und Cavalerie , die, des coupirten Terrains wegen , nicht weiter als auf die Höhe der Kirche (s. Plan II. nr. 25) vorgehen konnte, und schlug sich in den tiefen Schluchten und den Vorſtädten dieser Seite mit den russischen Jägerbataillonen und Tirailleurs. Eine Batterie von 60 Geſchüßen fuhr auf dem Plateau auf, das bis nahe an den Dnjepr reichte und von dem man Meister geworden war. Ihr Feuer entfernte zwar von dem rechten Ufer Alles, was in dem Bereiche ihrer Kartätschenschüsse war ; ſie konnte indessen die (tiefen) Schiffbrücken gar nicht und von
80 der stehenden Brücke nur den Ausgang entdecken und mit einigen Geschügen bestreichen. Eine starke Contrebatterie , die die Ruffen auf der Höhe einer gegenüber liegenden Kirche aufführten, zog sie auch bald von jenem Zweck ab, da sie nun ihre Stellung ändern und auf dieſe feuern mußte. Die polnische Infanterie drang , alles Widerstandes der russischen , und des von der jenseitigen Höhe und der Stadtmauer her sich kreuzenden Feuers unerachtet, wodurch sie einmal völlig zurückgeworfen worden war , auf dem Plateau und am nördlichen Hange bis zu der großen östlichen Schlucht , die längs der Mauer zieht, vor, fand jedoch an deren Ausgang bei einem Hohlwege durch die in Flammen stehenden Häuser und das Feuer von den Mauerzinnen die Gränze ihres Vorrückens . 3. Das 1. Armeecorps , das die Vorstädte zu beiden Seiten der Straße von Krasnoi zu nehmen befehligt war - (was für die Division Gudin, die den der Citadelle zunächst gelegenen, durch tiefe Schluchten von dem Plateau der Straße getrennten Theil zu erstürmen hatte , besonders schwierig wurde, während die beiden andern Angriffsdiviſionen ihr rechts , Morand und Friant , freieres Terrain , dagegen das Geschüß der Thorslesche und alten Bastion wider sich hatten), - griff um 3 Uhr an und ward nach einem dreistündigen Kampfe völlig Meister derselben. Die Vertheidiger waren theils in die östliche Schlucht , theils an die Mauer gedrängt , wo sie in der Noth eine Aufstellung hinter dem sogenannten Glacis versuchten und es ihnen auch gelang, durch das einzige Thor, unter Bedeckung des Feuers aus der Thorslesche und von den Mauerzinnen, größten Theils zu entkommen *) , worauf sie wieder Schüzen
*) Hätten die Franzosen die Lage dieses Thores gekannt und alle Kraft ihrer Artillerie auf die Flesche deffelben gerichtet und sie erſtürmt, während sie zugleich das Feuer der alten Bastion dämpften , so blieb einem Theile der Ruffen aus den südlichen Vorstädten kein Rückzug, wenn sie sich nicht in den Graben der Citadelle warfen und damit deren Sicherheit äußerst gefährdeten , oder an der Front des Ney'schen Armeecorps vorbeigingen. Ich weiß noch weniger wie fie davon kommen konnten , wenn die Angreifer rasch nachdrangen , was man doch behaupten wollte. An der Mauer mußten fie gefangen werden , wenn dieses Nachdringen wirklich stattgefunden hätte. Röders Tagebuch.
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hinter den Glacis - Aufwurf schickten (durch die Mauerlöcher). - Das 3. Armeecorps schlug sich fortdauernd während dieser Ereignisse vor der Citadelle. Die russische Infanterie hielt am Hartnäckigsten hinter der nach dem Fluß hinabziehenden westlichen Schlucht und maskirte die Schwäche jenes Werks , ― welches zu erstürmen Marschall Ney , als eines seiner Bataillone den Versuch begann, wohl nicht sobald abgelassen haben würde, wenn er feine Beschaffenheit gekannt hätte. Auch möchte in diesem Falle wohl der vergebliche Versuch , welchen die ZwölfpfünderBatterien des 1. Armeecorps einen Moment zur Beschießung der Mauer begannen (fie, wie man sagte, in Bresche zu legen), unterlassen und hierher , von mehreren Haubigbatterien unterſtügt, gerichtet worden sein. Inzwiſchen wurden die ZwölfpfünderBatterien auf der Südseite wohl nur , oder doch bald genug, gegen den bedeckten Weg und die Mauerzinnen gerichtet, auch eine Menge Granaten nach den Thürmen geworfen , wodurch jener völlig wurde.
gereinigt und ein Theil der Stadt angezündet
4. Abends gegen 8 Uhr ließ der russische Oberfeldherr auf's Neue 2 Divisionen und eine Gardebrigade in die Stadt rücken, um diese wenigstens bis zum Einbruche der Nacht zu behaupten. Nun stürmten auch die Russen auf der Seite , die ihnen die meiste Gefahr für ihren Rückzug drohte, in der Vorstadt Stasnaja vorwärts und zwangen durch vierfache Ueberlegenheit die Würtemberger zum Weichen ; doch eroberten diese, als sie Verstärkung erhalten, bald wieder das verlorne Terrain ; aber noch weiter vorwärts , als sie schon früher waren , konnten sie eben so wenig kommen als die ihnen rechts fechtenden franzöfifchen Divisionen Ledru und Razout.
Das Gefecht löste sich nun in
Geplänker auf, welches sich rundum bis in die Nacht fortsette. Napoleon ließ mit dem Einbruch derselben 2 Compagnien Mineurs an die Mauer vorrücken (nach dem 13. Bülletin) . 5. Die Russen gestehen ein, 4000 Mann und 2 Generale verloren zu haben *). (Hinsichtlich des französischen Verlustes vergl. XXVI, 9.)
*) Das merkwürdige russische Bülletin lautete , wie folgt: ,,Die franzöfifche Armee, welche am 4. April durch Rajewski, 6 Werfte Röder, Kriegszug. 6
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Fünfundzwanzigstes Kapitel. Einnahme von Smolensk ( am 18. Auguft) durch die Franzosen ; Uebergang derselben auf's rechte Dnjeprufer und Abzug Barklays mit der 1. russischen Westarmee auf der Straße von Moskau. 1. Da die Franzosen am 17. überall den Punkten nahe gekommen waren , von wo der russischen Besagung von Smolensk der Rückzug abzuschneiden war ; da sie ferner durch die Gefangenen und ihr Nähergerücktsein die Schwächen der Enceinte kennen lernen und , bei ihrer Ueberlegenheit , mit einem ansehnlichen Theile ihres Heeres über den Fluß gehen und Smolensk isoliren konnten , indem sie die russische Armee daselbst schlugen oder zu weichen zwangen, so wollte Barklay die 6 Divisionen , welche er in der Stadt hatte, nicht der Gefahr der Gefangenschaft aussehen , und befahl, sowie die volle Nacht hereingebrochen , Smolensk zu räumen , was mit der größten Stille und Ordnung geschah. General Korff, der mit einer Division die Arrieregarde zu machen hatte , hielt während des Abzugs die Mauern und Außenposten besezt und zog dann nach Mitternacht gleichfalls ab , nachdem er vorher noch die Kaufmannsläden hatte anzünden lassen.
Die Schiffbrücken waren
von Smolensk , einen starken Echec gelitten hatte , ward am 15. Mai abermals von Doctorow angegriffen und durch die ruffischen Soldaten, die Gott zu ihrem Beiftande anriefen , complett geschlagen. Die Franzofen verloren 20,000 Mann und viele Gefangene. Ganze Bataillone fireckten das Gewehr. 3 Cavalerie- und 3 Kosacken-Regimenter schlugen die ganze Cavalerie des Königs von Neapel in die Flucht. Die ruffiſche Armee hat 4000 Mann , darunter die Generale Scalon und Balla verloren. Aber Smolensk brannte inzwischen ! Das siegreiche Heer hat Stellung zwischen Pnewa und Dorogobusch genommen." -- Der russische Verlust mag fich auf 3000 Todte , darunter die erwähnten Generale, und doppelt so viel Blessirte schäßen lassen. 2000 der Leßteren fielen den Franzosen in die Hände. Die Franzosen schäßen ihren Verlust auf 4000 Mann , worunter etwa 1000 Todte. Er mag } bis Į Mal mehr betragen haben , da die Polen allein 500 Tødte und mehr als 700 Blef= firte, ihrer Angabe nach, hatten ; der Verluft der würtemberger Divifion des 3. Armeecorps fich auf 250 Mann belief 2c. Unter den Todten war der Brigadegeneral Grabowski , unter den Verwundeten befanden fich Zavonczek , und die Brigadegenerale Grandjean und Dalton.
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bereits abgebrochen ; die legten Truppen seiner Nachhut seßten die stehende Hauptbrücke in Brand. 2. Das französische Seer hatte rings um Smolensk auf dem Boden, worauf es gekämpft , in der Nacht vom 17. auf den 18. biwackirt , das 8. Armeecorps (s. XXII . 4) eine Stellung hinter dem 5. eingenommen. war in Iwanowskaja verblieben.
Napoleons Hauptquartier Allen französischen Corps
war Befehl geworden , mit Anbruch des Tages (am 18.) das Gefecht zu erneuern. Da man jezt aber keine Schildwachen mehr auf den Wällen und Mauern erblickte und die Plänkler der vorrückenden Corps auf keinen Feind mehr stießen, so mußte bald die Entdeckung folgen , daß die Stadt von den feindlichen Truppen geräumt sei *) . Truppen des 1. und 5. Armeecorps nahmen sie alsbald in Besig ; Napoleon zog mit den Grenadieren und Chaſſeurs ſeiner alten Garde ein **) . Der Brand wüthete, besonders in dem schönen oberen Stadttheile, mit aller Heftigkeit ; ihm Einhalt zu thun, wurden nun die französischen Truppen aufgeboten , indem die meisten Einwohner geflohen waren. Fast alle Magazine waren ausgeräumt oder von den Flammen zerstört. Das französische Heer fand wenig oder gar keine Hülfsmittel mehr hier vor ; denn das , was die Garden und andre Soldaten etwa noch an Branntwein, Wein, Taback und allerlei Spezereiwaaren aus Kellern und Verstecken hervorzuholen wußten , konnte als Hülfe für jenes nicht in AnRuſſen 22, An Geschüß hatten die Russen schlag gebracht werden. längst vernagelte, schwere Kanonen ohne Laffeten, worunter 18 von Eisen und nur 4 von Metall (vergl. S. 76 Anm. *) zurückgelaſſen, die wohl aus älteren polnischen Kriegen herrühren mochten. 3. Der russische General Korff hatte das rechte Dnjepr-
*) ,,Âu point du jour (fagt Vaudoncourt) quelques Polonais et quelques soldats de la division Friant , voyant les remparts degarnis, penetrèrent par une fausseporte qui est vers le bastion et rapportèrent que la ville était evacuée." Dieſe fausseporte wurde wohl später ein wirkliches Thor und ist das was Bleſſon das öftliche Thor , Nikolajewski , nannte. **) In des Kaiſers Gefolge war unſer General- Commandeur, Se. H. Prinz Emil von Heſſen ( S. S. 67 *). 6*
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sufer mit einigen Bataillonen Jäger längs der Peterburger Vorstadt , in der Strecke von fast einer Stunde Wegs, beſezt, seine Posten jedoch hinter den Häusern versteckt , so daß man diese Vorstadt ebenfalls verlassen glaubte. Die Würtemberger in und bei der Vorstadt Stasnaja erhielten Befehl, durch eine Furt (ſ. Nro. 15 des Plans) , die 4 Fuß Tiefe hatte, hinüberzugehen und sie , vorzüglich aber den Brückenkopf, zu besegen. Auch 2 Compagnien Portugiesen von der Division Razout wurden beordert jenen zu folgen und den Theil der Vorstadt aufwärts
der Furt , nebst dem dortigen Dorfe (Katani * ) ) , zu
besegen.
Dem 2. Bataillon des würtembergischen Regiments
Prinz Wilhelm unter Oberst Bauer war diese gefährliche Erpedition aufgetragen ( die für den Nothfall viele , wenn nicht lauter Schwimmer erfordert hätte) . Die Brigade Hügel sollte diesseits der Furt zu seiner Unterſtügung bereit sein.
Das Ba-
taillon vollzog, troß des unerwarteten und heftigen Widerſtandes der Ruſſen, ſeinen Auftrag, ward aber von dieſen, als sie nach der ersten Ueberraschung seine Schwäche gewahr wurden, gezwungen sich auf die Brückenschanze zurückzuziehen , und konnte auch hier nur dadurch sich halten, daß ihm die Brigade Hügel **) zu Hülfe eilte , die auch ihrer Seits einen harten Kampf bestehen mußte, und daß ſofort alle 5 Bataillone Würtemberger, sowohl durch's Geſchüß als auch das Flintenfeuer einer weiteren Brigade Würtemberger zu Stasnaja , dann der Division Morand, von welcher sich Truppen am ſteilen Rande des linken Ufers ober- und unterhalb der zerstörten ſtehenden Brücke aufgestellt hatten ***), Unterstügung erhielten .
Die Pe-
*) Ob die hier an der Mündung des Bachs liegenden zerfreuten Häuser auch zu Katani gezählt werden, darüber bin ich in Zweifel ; mir dünkt einmal einen andern Namen gehört zu haben. **) Deren Anführer der nachherige (i . F. 1830) königl. würtembergische Kriegsminister war. ***) Es geht hieraus klar hervor , daß es die königl. würtembergische Infanterie war , welche am 18. das Gefecht in der Peterburg, Vorstadt bestand und zuerst den Dnjepr paſfirt hatte (wie es die würtembergischen Berichte behaupten) und nicht die Division Morand , wie es Chambray zu verstehen gibt , indem er sagt : „ Gegen 5 Uhr Abends gelang es endlich Morand, fich mit seiner Division in den Ueberreften des Brückenkopfs festzuseßen. Die Truppen waren auf Schiffen,
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terburger Vorstadt gerieth inzwischen in Brand , und nachdem man sich bis 9 Uhr Abends in Rauch und Brand geschlagen hatte, verließen die Ruſſen die Vorstadt gänzlich ; die Brigade Hügel zog sich hierauf auf's linke Ufer zurück, das Bataillon von Prinz Wilhelm verblieb in der Brückenschanze. --- Mar schall Ney ließ nun noch , wie er Befehl hatte , zwei Brücken nicht weit unterhalb der Ruinen der stehenden Brücke über den Fluß schlagen. Die Herstellung dieser legteren hatte man schon den Tag hindurch versucht, ohne diesen Zweck erreichen zu können , da dieser Punkt von einer russischen Batterie ( die nicht zum Schweigen zu bringen war) bestrichen wurde. - Die abziehenden Ruſſen vermehrten den Brand der Vorstadt. onde 4. Der Brand von Smolensk dauerte, aller Bemühungen
unerachtet, den ganzen Tag am 18. August fort. Gegen Abend brach sogar ein neuer Brand aus , der in wenigen Stunden über 40 der schönsten Häuser der oberen Stadt , so wenig sie auch an einander gebaut waren , zerstörte. Das Feuer konnte erst den 19. von den französischen Sapeurs gänzlich bewältigt werden. 5. Während des 18. kam das 4. Armeecorps bei Schitmontowa an. Die 15. Division (Pino) dieses Armeecorps war jedoch bei Koritnja zurückgeblieben , auf gleicher Höhe mit der Division leichter Cavalerie des Generals Pajol, welche bis Katan vorgerückt war.
Beide hatten Befehl erhalten den 19. ſich
gegen Witebsk zu dirigiren , um die von den Ruſſen bedrohte Verbindung zu erhalten ; allein zu Rudnia angekommen , erhielten sie Gegenbefehl : Pino sollte auf Smolensk zurückkommen, Pajol sich nach Porjetschje zu bewegen. 6. Der russische Obergeneral machte am 18. Nachmittags ſeine Dispositionen zum Abmarsche seiner (der 1. Weſt-) Armee in 2 Colonnen. Nach seinem eignen Berichte segte sich die 2. Colonne um 7 Uhr Abends auf der Straße von Porjetſchje (Petersburg) in Bewegung, bestehend aus dem 2. und 3. CaFlößen und durchwatend übergegangen." Doch läßt er auch ,,Ney es gelingen , von der Division Morand unterſtüßt , Truppen auf's rechte Ufer zu werfen und die feindlichen Tirailleurs zu entfernen , wodurch es möglich wurde an den Brücken zu arbeiten , die (den 19. ) um 3 Uhr Morgens fertig waren."
86 valeriecorps (Dragoner und leichte Reiter) , dem 5. und 6. Corps Infanterie (Garden und Doctorow) und den Resten des 7. Corps (Rajewski) .
Diese Colonne brach nach 4 Stunden Wegs, bei
Stabna, rechts aus der Straße und dirigirte sich über Zakolyna, Aponaskow , Marjowska und Suschtschow auf Prudiſchtsche (gegen Slob. Pnewa am Dnjepr) 10 Stunden von Smolensk. Die 1. Colonne, bestehend aus dem 1. Cavaleriecorps (Cüraſſiere) , dem 2., 3. und 4. Infanteriecorps (Bagohufwut, Tutſchkow und Ostermann) unter Befehl des Generals Tutschkow , ging nur 2 Stunden auf der Petersburger Straße , brach bei Passowo rechts aus der Straße und dirigirte sich durch Krachotkino, Paludnia, Stupino und Lubitscha auf Bredichino am WopegBach, 6 Stunden von Smolensk , und auf der Hauptstraße nach Moskau . Mit dieser Colonne ging der Obergeneral Barklay selbst. General Korff hatte mit der Arrieregarde diese Bewegung zu decken und zu maskiren , und zog den 19. Morgens um 2 Uhr auf der Moskwastraße ab. Der Atamann Platom warf einen Theil seiner Kosacken auf die Straße von Porjeczje und Duchowschtſchina , um sich mit dem Trupp von Winzingerode in Verbindung zu ſegen.
Sechsundzwanzigstes Kapitel . Verfolgung der bei Smolensk abziehenden russischen ( 1. Weft-) Armee und blutiges Treffen (Gemezel) von Valutina (am 19. Auguft). 1.
Morgens um 4 Uhr den 19. passirte das 3. Armee-
corps die von ihm in der Nacht geschlagenen Brücken (ſ. XXV. Nr. 3) . Die Cavalerie des Königs von Neapel ging hierauf durch die Furten über. Endlich folgte das 1. Armeecorps (5 Infanteriedivisionen stark *) c. ) über die Brücken nach. Das 4. und 5. Armeecorps , sowie sämmtliche Garden blieben an diesem Tage in und bei Smolensk in ihrer alten Stellung. – Das 8. Armeecorps, unter Junot, Herzog v. Abrantes, hatte Befehl erhalten am linken Ufer des Dnjeprs aufwärts nach
*) Der Fürft von Eckmühl hatte nur noch seine ursprünglichen 5 Divifionen Infanterie unter Commando , da die Divifion Claparede zu der Garde zurückgetreten war.
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Prudiſchtſche zu gehen , dort den Fluß zu paſſiren und Stellung zu nehmen. 2. Marschall Ney , welcher , mit der Division Ledru an der Spige , auf welche die Würtemberger Division , dann Razout folgte, das rechte Ufer des Dnjeprs betrat, hatte dieselben drei Colonnen formiren laſſen , die er , durch eine Linie von Plänklern gedeckt , nach den vorliegenden ( nördlichen) Höhen dirigirte, wo er zu seiner Verwunderung keinen Widerſtand und nur einige Kosacken fand , die sich nach der Hauptstraße von Moskau hinwandten.
Auf seinen Rapport an den Kaiser , der
um 6 Uhr Morgens abging , ließ ihm Se. Majestät durch den Major - General um 8 Uhr bemerken *) : „ Die feindliche Armee kann entweder ihren Rückzug mit einer starken Arrieregarde ausführen , um an jedem Tage nur die Märsche zu machen, die sie für angemessen hält : dann muß man dem Wege folgen, den diese Arrieregarde gegangen ist ; oder der Feind hat seinen Rückzug auf allen Wegen bewirkt , wie er es that als er Witebsk verließ : dann muß man es vorziehen, auf die Straße von Stabna zu appuyiren , als den Durchschnittspunkt der Straße von Witebsk und Duchowschtschina, und starke Partien ausschicken um sich zu vergewiſſern, daß die Straße nach Rudnia frei ist 2c.“
Napoleon läßt hierbei dem Marschall die leichte
Cavalerie-Diviſion Bruyeres noch überweisen und ſpricht ſeine Verwunderung aus, wie er nämlich glauben könne, keiner Cavalerie als derjenigen seines Armeecorps bedürftig zu sein ; es dürften ihm vielmehr nicht nur die ihm eben zugetheilte leichte Cavalerie-Division , sondern auch noch 2 Divisionen Cüraſſiere nöthig sein **). Marschall Ney wandte sich nun rechts hin auf die direct nach Moskau ziehende Straße , und der König von Neapel folgte ihm mit seiner Reiterei. 3. In
der Ungewißheit über die Rückzugsrichtung und
*) Nach Chambrays Anführung. ** ) Der Kaiser äußerte hierbei ( nach Chambray) : „ In diefem Lande muß man mit 20,000 Mann Cavalerie marschiren, was der große Vortheil des Verfolgenden gegen den Zurückgehenden ist. Derjenige der verfolgt kann seine Cavalerie in Bereitschaft halten , während der welcher sich zurückzieht , wenn er an Defileen geräth , in die Lage kommen kann , daß fie ihm im Wege ift."
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Einhaltung der Wege der russischen Colonnen * ) beorderte Napoleon den General Grouchy, mit seinem Reitercorps der Petersburger Straße bis Stabna zu folgen , dann den Weg nach Duchowschtschina einzuschlagen. - Von dem 1. Armeecorps beseßten 3 Divisionen eine Höhe links der Hauptstraße nach Moskwa, etwa eine Stunde von der Kolodnia , wo sie stehen blieben. Die Division Gudin nahm unten auf dieser Straße die Division Morand hingegen , welche die Spige des 1. Armeècorps machte, befand sich eine Stunde nördlich vom Gros des Corps und hatte rechts hin durch dichte Tan-
selbst Stellung ;
nenwaldung einen Querweg eingeschlagen, der, verfolgt, sie gerade in oder hinter die rechte Flanke der Stellung der russischen Arrieregarde gebracht haben würde **) . 4. Die russische Armee marſchirte auf den bemerkten Seitenwegen. Die erste Colonne bedurfte wegen der Schwierigkeit derselben den ganzen Tag , selbst noch einen Theil der Nacht des 19., um bei Bredichino in die Hauptstraße einzufallen. Es lag daher dem Oberfeldherrn Alles daran , daß seine Arrieregarde ihr die hierzu nöthige Zeit verschaffte.
General Korff
hatte sich darum mit solcher an und hinter der Stabna in einer sehr vortheilhaften Position aufgestellt, mit Beſegung des noch diesseits , an einem einmündenden Bächlein , liegenden Dorfes Solotiti ( ,,vis-à-vis du village de Stabna" ) , und ebenso der weiter unten an der Brücke auf der (Moskauer) Hauptstraße auch diesseits, nämlich westlich liegenden Häuser. 5. Sobald Marschall Ney die Stellung des russischen
Generals Korff erreicht hatte , ließ er sie auch angreifen ; und binnen 2 Stunden waren die Russen , des lebhaftesten Widerſtandes unerachtet, vertrieben, wobei die Würtemberger Cavalerie
*) Diese Ungewißheit zu verbreiten verftand der ruffische Feldherr vortrefflich (vergl. XII. u. XIII ) . Hierin ist seine Anordnung wahrhaft musterhaft. **) So behauptet wenigftens Chambray , und seßt hinzu : ,,Der Kaiser, fürchtend daß diese Division bedrängt werden dürfte , ließ ihr Umkehr befehlen , welcher Befehl fie erreichte als fie schon auf die Höhe der Schlachtlinie gekommen war und die Kanonen in geringer Entfernung rechts donnern hörte. Man freute sich schon , den Feind zu über. raſchen , und jeder war voll Eifers 2c.“
89 zweimal Gelegenheit fand in die russische Infanterie einzuhauen. Dem General Korff, der sich rasch nach Valutina Gora zurückziehen mußte , ward , auf seine Meldung von der Stärke des Gegners 2c. , von dem Obergeneral die Diviſion des Prinzen Eugen von Würtemberg ( des 2. Corps ) zur Verstärkung zugesandt , die sich nebst den Truppen Korffs hinter der Kolodnia aufstellte. Aber dieß so verstärkte Arrieregardecorps konnte sich hier nicht halten.
Es wurde sogleich von der auf
der großen Straße marschirenden, den andern voran befindlichen Division Razout angegriffen und sah sich zum weiteren Rückzuge genöthigt. Der Obergeneral Barklay , der sich persönlich zu seiner Arrieregarde begeben hatte , überzeugt von der Nothwendigkeit das verfolgende feindliche Corps aufzuhalten, schickte ſofort den Infanterie-Diviſionen Tutſchkow (vom 3.) und Strøganow (vom 4. Corps ) Befehl zu, ebenso der Cüraſſier- Division Uwarow, eiligst zur Verstärkung der Arrieregarde vorzurücken. Ueberdieß hatte er schon etwas früher die Division Karpow südlich der Hauptstraße nach Latoſchtſchino dirigirt, ſowohl um den linken Flügel der Stellung des Arrieregarde - Corps zu decken, als auch wohl wegen des Uebergangs des 8. französischen Armeecorps über den Dnjepr bei Prudischtsche. 6. Die vorerwähnten 3 russischen Divisionen (Tutschkow, Stroganow und Uwarow) kamen auf der Höhe von Slob. Borodino und Jukowo an, als Razout die dahin sich zurückziehenden Truppen unter Korff verfolgte , wodurch Marschall Ney, der seine übrigen Divisionen noch nicht heran hatte und selbst mit diesen sich dem Gegner nicht gewachsen erachtete , in die Defensive gerieth und das Gefecht auf eine Stunde unterbrochen wurde. Barklay benugte diese Zeit , nicht zu einem heftigen Angriff auf die Division Razout , sondern um seine Truppen - auf jener Höhe in Schlachtordnung zu stellen , nämlich : die Cavalerie Uwarows und Korffs
auf den äußersten rechten
Flügel, wo das Terrain am Freiesten (mit Buschwerk nicht so sehr wie anderwärts bewachsen) war. Es folgten dann von der Rechten zur Linken die Diviſionen Stroganow, Tutſchkow, Eugen von Würtemberg und Korffs Infanterie ; jede Division in 2 Treffen und legtere auf der Hauptstraße aufgestellt. ' Endlich befand sich jenseits des südlich dieser Straße fließenden
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Bachs *) die Diviſion Karpow.
Die Division Razout be-
hauptete die sehr bebuſchte Höhe am linken Ufer der Kolodnia, welche von jener , worauf das russische Corps in Schlachtordnung stand , gleichfalls durch ein Thal mit sehr bebuschten, aber nicht steilen Rändern getrennt ist **) , worin ein Wäſſerchen (die Wolczeifa) rinnt , und etwa 2 Werste oberhalb der Hauptstraße ein Dorf ( Senkowo) liegt.
Auf der von den Franzosen besegten Höhe liegt gleichfalls , etwa 1 Werste von der Hauptstraße nördlich , ein Dorf ( Slob. Poloki) , welchem zur Linken die Cavalerie, ziemlich der russischen gegenüber, Stellung nahm, während die Infanterie-Diviſion Razout rechts und zumeist auf der Hauptstraße hielt. 7. Die würtembergische sehr schwache Division , welche zuerst herankam , ward von dem Marschall rechts der Straße über den Bach auf die Höhe von Gedowo geschickt (wo sie sich entwickelte, wohl um stärker zu scheinen) , und die nachfolgende Division Ledru links der Straße (Razout eſchelonirend) in Reserve gehalten.
Man plänkerte bloß , bis die Division Gudin
herankam , welche Napoleon , auf die Meldung daß Ney auf die Defensive beschränkt sei, zur Verstärkung abgesandt hatte. Nun aber ging Marschall Ney sogleich wieder zur Offensive über , indem er diese Division links jener von Razout in die
*) In welchen 2 Werfte unterhalb die Kolodnia fließt, und der sich dann selbst etwas weiterhin in den Dnjepr in westlicher Nigtung ausmündet. **) Dieses flachere Thälchen heißt man vielleicht das heilige Thal ; und hier war es ganz gewiß , wo man am Heftigsten gefochten hatte. Ich fand den Boden ftreckenweise ganz mit todten Ruffen und Franzosen überdeckt als ich hier vorüberkam und das Schlachtfeld unterfuchte , während zwischen dem 13. und 16. Werftenzeiger, also vorund rückwärts dieses Thales , zwar auch viele Todte , aber nirgends in folcher Masse lagen . Dieß bestimmte mich auch , ganz von Chambray abzuweichen , der die ruffifche Stellung gleich hinter der Kolodnia annimmt und dort das Gefecht , resp . das Hauptgemeßel , vorfallen läßt. Den würtembergischen Major von Miller, ohnehin den glaubwürdigften Zeugen , da hier die Würtemberger mit fochten und das ganze Schlachtfeld durchliefen , finde ich hierin mit meiner Beobachtung ganz übereinftimmend.
91 Linie zog, jede in 2 Colonnen * ) theilte und, mit einer dichten Kette Plänkler vor der Front , zum Angriff vorrücken ließ. Mehrere Batterien Zwölfpfünder auf der Höhe von Poloki unterstügten denselben, indem sie auf die russischen bei S. Borodino ein heftiges Feuer begannen. Alle 4 Colonnen kamen zwar mehrmals über das Thal und bis auf die Höhe von S. Borodino, ja selbst zum Handgemenge mit der ruſſiſchen Infanterie, wurden aber jedesmal , vorzüglich durch das heftige Feuer dem sie ausgesezt waren, zurückgeworfen. Die linke Flügel-Colonne der Division Gudin (oder nun Gérard , da jener vortreffliche General gefallen war) hatte schon wiederholte Stürme auf das Dorf Senkowo versucht, ohne es nehmen zu können.
Da nun
Abends gegen 7 Uhr das 1. Armeecorps (3 Diviſionen) sich so viel genähert hatte , daß Marschall Ney ohne Gefahr über seine Reserve disponiren konnte, so erhielt die würtembergische Division Befehl über den Bach zurück zu gehen , nach dem linken Flügel zu marſchiren und ihn zu unterstügen. Die Brigade ihrer Spize ( Stockmaier ) vereinigte sich auch in dem Augenblick ihres Anlangens mit der linken Flügel - Colonne Gudins zu einem Sturme auf Senkowo, der nun gelang, worauf beide Divisionen auf die Höhe von Borodino vordrangen und sich hier behaupteten. Zugleich mit der würtembergiſchen Division hatte die Diviſion Ledru Befehl erhalten , der Diviſion Razout nachzurücken, und auch diesen beiden Divisionen gelang es nun sich auf der Höhe festzusehen . Eine Colonne von Razout war zu gleicher Zeit über den Bach rechts gegangen, hatte die russische Division Karpow angegriffen und sie nach einem hartnäckigen Kampfe aus ihrer Stellung getrieben. Dieses Alles und die schon stark hereinbrechende Nacht bestimmten Barklay , der ohnehin nun den Tag gewonnen und damit seinen Zweck erreicht, wenn schon nicht gesiegt hatte, zum Rückzuge. Um 10 Uhr war das Mordgefecht zu Ende , obgleich das Geplänker bis Mitternacht dauerte ,
dieß jedoch
ohne daß noch ein Feind gegenwärtig war, indem die Tirailleurs
*) Chambray fagt : „ Die Division Gudin in 3 Colonnen.“ Die 3. Colonne war vielleicht nur ein Abstreif der 2. nach Senkowo ge= richtet. Siehe den Plan III.
92 der 2 Linken- und jene der 2 Nechten - Flügeldivisionen der Franzosen in der Dunkelheit eine Richtung gegen einander erhalten hatten und sich beschoffen . 8. Die Franzosen geben ihren Verlust an diesem Tage (den fie das ,, Combat de Valontina “ nennen *) ) auf 600 Tødte **) und 2600 Bleſfirte an, jenen der Ruſſen auf's Dreifache und darunter 1000 Gefangene. - Beide Theile mögen indessen gleich stark, oder doch die Russen nicht viel mehr als die Franzosen gelitten haben ( da ihnen die Verfolgung nichts koftete). Die Cavalerie beider Theile hatte bei dem legten und heftigsten Kampfe dieses Tages nichts zu thun. den
9. Junot, Herzog von Abrantes, der schon zu Prudiſchtſche Dnjepr auf 2 Brücken überschritten und Stellung ge=
nommen hatte ***), als das ruſſiſche Arrieregardecorps auf die Kolodnia zurückwich, befand sich hierdurch nur auf eine Stunde Entfernung in und hinter der linken Flanke jenes feindlichen Corps . Er konnte , wenn er nicht starr an dem Befehle Napoleons hielt : „ überzugehen und Stellung zu nehmen “ (f. XXVI. 1 ) , vielmehr von der Befugniß der ArmeecorpsBefehlshaber Gebrauch machte , den günstigen Moment zu benugen wozu ihn überdieß der König von Neapel dringend aufforderte (der sich eigens deßhalb, als er ihn stille stehen sah, von nur einigen Reitern begleitet, zu ihm begeben hatte†) ) dem Gefechte zum höchsten Nachtheil der Russen , vielleicht mit
*) Obschon hier nur erst das eigentliche Treffen begann , und man es eher das Mordgefecht vom heiligen Thale , wie die Ruffen thun , nennen sollte. **) Mir dünkt , nicht viel weniger todte Franzosen , bei dem Dorfe Senkowo schon allein , gesehen zu haben. Vgl. auch 10 . ***) [Und zwar auf einer Höhe , etwa eine bis anderthalb Stunden von dem Uebergangspunkt entfernt, wie Loßberg und andere Augenzeugen (f. das Buch vom Jahr 1812) erzählen. Dann aber muß Prudischtsche und der Uebergangspunkt etwas mehr weftlich gelegen haben als der Plan angibt , also wohl die Krümmung des Dnjeprs etwas ftärker und seine Richtung bei jener Stelle noch mehr nördlich gewesen fein. Anmerk. d. Herausg.] †) Schon aus der Ferne soll er ihm zugeschrieen haben : „ Que faistu! Que n'avances-tu?" Er stellte ihm noch vor , daß hier für ihn der Marschallsftab zu holen sei ze.
93 Gefangennehmung zweier ihrer Diviſionen , schon bald nach Mittag ein Ende machen. Marschall Ney mochte bei seinen Dispositionen (zulegt noch in Aufstellung der Würtemberger Division) und ebenso der König von Neapel hierauf gerechnet haben. Junot ließ sich indessen durch nichts bewegen *) vorzurücken , und blieb mit dem 8. Armeecorps so völlig müßiger Zuschauer bis in die Nacht, daß es schien : er wolle das ganze 3. Armeecorps lieber unter seinen Augen zu Grunde gehen laſſen, als zu ſeinen Gunsten mehr als ein paar Kanonenſchüſſe zu thun und 1 Bataillon Tirailleurs (was sich nicht vermeiden ließ) mit jenen der Division Karpow zu engagiren: wodurch dann am Abend dieses Tages Barklay mit den bis dahin Widerhalt thuenden Truppen so gut wegkommen_konnte und die Schlacht für die Franzosen so blutig werden mußte **) .
*) ,,Da Jedermann sah was zu thun war und nur Junot nicht fehen wollte , so schrieen Einzelne und endlich ganze Bataillcne : Laßt uns drauf losgehen ! Junot konnte nur durch Bedrohen mit augenblicklichem Tod dieſem Geſchrei Einhalt thun. “ v. Rotsmann . **) Chambray entschuldigt zwar Junot und gibt Napoleon felbft die Schuld : da er ihm nicht Befehl zum Vorrücken geschickt , wie er zeitig genug gekonnt habe ; auch habe er einen fumpfigen Bach vor seiner Stellung und endlich die ruffiſche Division Karpow vor sich gehabt. Daß aber leßtere Hinderniffe zu überwinden waren , besonders die des Terrains , als Karpow dieß noch gar nicht zu hindern im Stande war, und weil endlich die Division Würtemberger demſelben entgegen ftand, ift wohl außer Zweifel. Napoleon würde sicher gegen seinen alten, treuen Freund und Gefährten kein ſo hartes Urtheil gefällt haben, hätte ihm nur irgend eine haltbare Entschuldigung zur Seite geftanden. Allerdings gab er ihm , auf Rapps Weigerung (auf Kosten dieses Kameraden) den Armeecorps - Befehl zu übernehmen und auf vielfältige Verwendung von allen Seiten, das Armeecorps- Commando wieder , - woraus sich aber bei Napoleon auf ein Bewußtsein eigner Verschuldung nicht schließen läßt. Gourgaud behauptet bestimmt, vom Kaiſer abgeschickt geweſen zu fein ,,pour faire coincider les mouvements de Ney, du Roi de Naples et de Junot ," daß aber der Leztere nicht habe gehorchen, wollen" (nämlich Gourgaud's Vorschlägen, nicht des Kaisers Befehlen) .. [Auch Loßberg , als Augenzeuge , tabelt auf's Bitterfte Junot's Benehmen und bestätigt in der Hauptsache ganz das bisher Ausgeführte, namentlich auch den äußerst üblen Eindruck , den deſſen Benehmen hervorgebracht habe und die hohe Wahrscheinlichkeit eines glänzenden Erfolgs im Fall eines entschiedenen Vordringens in Flanke und Rücken
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Napoleon nahm dieß Betragen (dessen Gegentheil ihm vielleicht die Schlacht an der Moskwa erspart und dem ganzen Krieg eine andre Wendung gegeben hätte) auch so höchſt übel, so der geltenden Marime kameradschaftlicher Unterſtügung und des indizirten Beistandes in engagirter Schlacht zuwiderlaufend, daß er ihm sogleich das Armeecorps - Commando nahm und es dem General Grafen Rapp gab *) , der vor dem Treffen von Smolensk wieder bei dem Kaiser eingetroffen war , um ihm während des Feldzugs als Aide de camp zu dienen. Das 8. Armeecorps war übrigens an diesem Tage nicht mehr als 12,000 Combattanten stark. 10. Durch sämmtliche Gefechte bei Smolensk vom 16. bis
incl. 19. August dürften nach Chambray dem franzöſiſchen Heer 18 bis 19,000 Mann alter, vortrefflicher Truppen abgegangen sein **) ; da schon am 18. mehr als 6000 Verwundete nach Smolensk gebracht wurden , obgleich Tags vorher schon ein Theil der leichter Blessirten nach Krasnoi zurückgegangen war ;
der Ruffen. Erft Nachmittags gegen drei , als es zu spät gewesen , indem Barklay , die Gefahr erkennend , bedeutende Verstärkungen herbeigefandt hatte , sei es Junot eingefallen die leichte Cavaleriebrigade (unter Hammerstein) und einige Bataillone Infanterie (außer einem bereits früher vorgegangenen leichten Bataillon) durch das vorliegende Defilee vorgehen zu lassen. Diese Truppen hätten sich aber darauf beschränkt , die Russen , so weit es die Verbindung mit Ney forderte, etwas zurückzudrängen , zwischenliegendes Gehölz zu säubern und zu plänkern. Nicht minder hart urtheilt im 1. Theil des Buches vom Jahr 1812" S. 194 ff. ein anderer Augenzeuge (deſſen Erzählung in Manchem von der Loßberg's abweicht) über Junot ; über deſſen Ungeschick, Eigenſucht , Rohheit und Gewiſſenlosigkeit im ganzen 8. Armeccorps nur eine Stimme gewesen zu sein scheint. Zusaß d. Herausg . ] *) Siehe Mémoires de Rapp . **) Major von Miller bemerkt , daß die würtembergiſche Infanteriedivifion vor diesen Gefechten 2827 Combattanten stark, vom 16. bis incl. 19. August 726 Mann vom Obersten abwärts verloren habe ; daß die 10 franzöfifchen Infanteriedivisionen , die noch gefochten hätten, im Durchschnitt jede doppelt so stark als die würtembergische geweſen ; allein da , ftark oder schwach , eine Division wie die andere verwendet worden wäre (was sich jedoch beim Gefecht im heiligen Thal nicht sagen liek), so könne man den Verlust einer franzöſiſchen Diviſion auf 1000 Mann, der gesammten Infanterie , die gefochten habe , auf 11,000 Mann beiläufig anschlagen 2c.
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die Kundigsten aber den Verlust am 19. an Todten und Blesfirten auf 6-7000 Mann anschlugen. Die Blessirten an diesen Tagen wurden dann ebenfalls noch nach Smolensk gebracht. Hier war zwar ein großer Theil der Gebäude , die der Brand verschont hatte , zur Unterbringung derselben und zu Hoſpitälern bestimmt; aber nie waren Blessirte in elenderer Lage. Aufeinander gehäuft , vielfach ohne Stroh auf bloßen Boden gelagert, ohne Lebensmittel , lange auf den ersten Verband harrend , das Charpie , wenn es gut ging , von aufgedrehtem Seilwerk genommen 2c. , seufzten sie unter qualvollen Schmerzen dem Tode entgegen. Die grausamsten Entbehrungen , die unmäßige Hige , der von allen um Smolensk herum und in der Stadt selbst und in den Häusern liegenden Leichen ausgehende furchtbare Verweſungsgeſtank verursachte eine ansteckende Krankheit , die eine Menge jener Bleſſirten in kurzer Zeit hinraffte und nicht wenige der noch bis dahin Geſunden auf's Kranken-lager niederwarf * ) . — Das Schicksal der russischen Blesfirten in und um Smolensk war, wo möglich, noch grausamer. Ihnen Der Abgang der konnte gar keine Hülfe geleistet werden. russischen Armee in diesen Tagen muß in seiner Gesammtheit jenem der französischen wenigstens gleich erachtet werden , wie vermindert ihn auch die ruſſiſchen Berichte darstellen mögen. Der russische General Tutschkow wurde am Abend des 19. im Handgemenge ruſſiſcher Grenadiere mit 2 franzöſiſchen Bataillons von einem Lieutenant der Voltigeurs gefangen.
Siebenundzwanzigstes Kapitel. Ereignisse bei Polosk in den zwei erften Decaden des Monats August und Schlachten daselbst am 17. und 18. Auguft. 1. Nachdem Marschall Oudinot , Herzog von Reggio, das 6. Armeecorps unter General St. Cyr zur Verstärkung erhalten hatte (s. XVIII. 5. ) , das durch Krankheiten 2. ge=
*) ,,Se. H. der Prinz Emil mit seinem Stabe befand sich zu dieser Zeit in Smolensk , und wir hatten gerechte Ursache für ihn beſorgt zu sein , als wir von den Uebeln hörten , die ihn bei und in Smolensk treffen konnten 2c. “ fagt mein Tagebuch.
96 schwächt , an Infanterie (woraus es nur noch allein bestand) 15,000 Mann Waffenfähige haben mochte , ging er mit dem ſeinigen (2.) etwas über 20,000 Mann ſtarken, jenes zu Polozk laſſend , aus der Stellung von Bjeloë, zwischen der Driſſa und Düna hinab , nach Walyngi und schob eine Vorhut über die Swoiana nach Swolna vor . Der russische General Wittgenstein , inzwischen ebenfalls verstärkt, und an regulirten Truppen den beiden Armeccorps Dudinots beiläufig gleich , ging sofort, um diesem zu begegnen, über Kochanow vor *).
Am 10. August
ſtießen die beiderseitigen Vorhuten aufeinander und die stärkere Wittgensteins zwang, nach einem hartnäckigen Gefecht bei Swolna, die französische über die Swoiana zurückzuweichen. Oudinot, der vielleicht auf eine Diversion von Dünaburg her gerechnet hatte , blieb noch in seiner Stellung bis zum 13. und zog dann vor , lieber mit dem 6. Armeecorps zu Pologk sich zu vereinigen (also zurückzugehen) als zu Walyngi (also lezteres vorrücken zu laſſen) . nach.
Wittgenstein folgte ihm sofort nach Polozk
2. In der Nacht vom 16. auf den 17. rückte ein Avantcorps Wittgensteins aus den Engpässen von Ropno (durch den Wald von Prismeniga ** ) ) und von Gromewo (auf der Straße von Newel , wohin er den Obersten Wlaſtow geſchickt hatte) in die Ebene von Pologk vor. Hierauf deployirte die ruſſiſche Armee rechts und links der Straße von Drissa am Saume des Waldes von Prismeniga und Czasowna unter dem Schuße des Avantcorps, - was Oudinot geschehen ließ. Seinerseits stellte dieſer ſeine Armee jener Wittgensteins gerade gegenüber in dem Winkel auf, den die gegenwärtig überall durchwatbare Polota mit der Düna bildet, Pologk im Rücken behaltend. Die Diviſion Wrede (Baiern) stand auf seinem rechten Flügel und hatte das 1 Stunde von Pologk entfernte Dorf Spaß beſegt ; die
*) Zur Beobachtung des Marschalls Macdonald ward jedoch ein Detaſchement gegen Dünaburg vorher entfendet , und dafelbft gelaſſen. **) Das Dorf Prismeniza liegt in diesem Walde an der Petersburger Straße , etwa zwei Werfte von Polozk und ebenso weit von der Düna ab, zwischen dem Dorf und der Düna ein See und das Dorf Czasowna.
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andere Division des 6. Armeecorps Deroy (Baiern) war rückwärts auf dem linken Ufer der Polota zur Reserve und Deckung der Stadt Pologk von dieser Seite aufgestellt. Das 2. Armeecorps , zunächst die Division Legrand , hatte seine Stellung zur Linken der Division Wrede und erstreckte sich bis zur Düna hin. Die Cavalerie stand in Reserve. Wittgenstein ließ angreifen. Der Hauptangriff war auf das Dorf Spaß *) und den rechten Flügel Oudinots gerichtet. Er scheiterte gänzlich an der Standhaftigkeit der Divifionen Wrede und Legrand. Die Nacht machte dem Kampf ein Ende. Man biwackirte in der Stellung , die man einander gegenüber hatte. Oudinot , der , obschon bedeutend bleſſirt , dennoch das Commando behielt , hielt der Vorsicht angemessen ** ) Pologk zu räumen und seine Armee über die Düna zurückzuführen , zu welcher Bewegung er denn auch sofort das Gepäck , die Cavalerie und Artillerie antreten ließ. Alles Dieses war schon über dem Strom als er endlich . dem General St. Cyr das Commando übergab. 3. Außerdem daß Wittgenstein schon darauf gefaßt war, alle französischen Truppen der begonnenen Bewegung folgen zu sehen , was er in Ruhe abwarten zu wollen schien , so unterließ auch St. Cyr , der zu schlagen und Pologk zu be= haupten beschlossen hatte , kein Mittel ihn in jener Meinung zu bestärken. So ließ er Nachmittags 1 Uhr das Gepäck auf dem linken Dünaufer aufbrechen und , von einigen Truppen begleitet , auf der Straße von Ula weiterziehen : was man aus dem russischen Lager sehr gut sehen konnte ; dagegen die Cavalerie und Artillerie verdeckt auf das rechte Ufer wieder übergehen und Stellung nehmen.
Im russischen Lager war Alles
in größter Ruhe , als St. Cyr seine zur Sprengung des ruſ-
*) S. die Anmerk. der folgenden Seite. **) Wer die früheren kühnen Thaten Oudinots mit der Vorsicht vergleicht, die man ihn hier , und schon bei Jakubowo (XVI. 2) , anwenden sieht , der muß eine gänzliche Umänderung des Charakters des Mannes annehmen. - Und in der That : wir waren auf eine Stelle gelangt, wo solche Veränderung möglich war, ✔ wie denn jeder, mehr oder weniger , zu dieser Zeit sich schon nicht mehr ganz so wie früher gefunden haben wird , wenn er nur ein wenig auf sich Acht gab. Ich wenigstens war durchaus der Frühere nicht mehr. 7 Röder, Kriegszug.
98 fiſchen Centrums angeordneten Angriffs -Colonnen in raſche Bewegung sezte. Deroy debouschirte rechts , Legrand links vom Dorfe Spaß ; Wredes Division durchzog dieſes Dorf*) . Den Ueberrest des Schlachtfeldes besezte , links von Legrand , die Division Verdier und die Cavalerie, wobei die Cüraſſierdiviſion Doumere, sich an die Düna lehnend , die äußerste Linke hatte und die leichte Cavalerie auf der Petersburger Straße stand. Die Division Merlé war auf dem linken Ufer der Polota zur Deckung desselben und der Stadt Pologk als Reserve aufgestellt. Der überraschende Angriff verursachte keineswegs Unordnung unter den ruſſiſchen Truppen.
Sie griffen in ihrer Lagerord-
nung zu den Waffen und schlugen sich tapfer , mußten jedoch, auf dem angegriffenen Punkte zu schwach , bald weichen , und ehe Wittgenstein frische Truppen zur Verstärkung heranziehen konnte , waren jene von St. Cyr schon bis an den Wald vorgedrungen und hatten die russische Armee in zwei Theile getrennt. Sie dachte sofort nur an ihren Rückzug, welchen indessen jener Theil , der solchen auf der Straße von Petersburg bewerkstelligen mußte und durch die Defileen des Waldes beengt war , nur mit großer Schwierigkeit und nicht ohne Unordnung bewerkstelligen konnte. Man hielt dafür , daß die Cürassiere von Doumerc, in Benugung des Momentes , hier etwas sehr Entscheidendes hätten thun können. Wittgenstein kam der Abend zu Statten. Er segte seinen Rückzug in der Nacht fort , und am 19. hatten sich die getrennten Theile seiner Armee bei Obojarszina wieder vereinigt , worauf er am 20. hinter der Drissa zu Sokoliga Stellung nahm. Diesseits dieses Flusses ließ er eine Nachhut, welche indeffen die Baiern am 22. unter General Siebein , der dabei ſein Leben verlor , angriffen und über die Drissa warfen.
4. Die Franzosen geben ihren Verlust an beiden Schlacht-
*) Spaß liegt 2 Werfte oberhalb Poloßk an der Straße nach Njewel auf dem rechten Ufer der Polota, in welche fich bier ein kleiner, aus dem von den Ruffen befeßten Wald ( von Nordwest) kommender Bach unter einem rechten Winkel einmündet. Poloßk liegt zu beiden auch auf Seiten der Mündung der Polota in die Düna und zum dem linken Ufer der Düna.
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tagen (den 17. und 18.) auf 2500 Mann , fenen der Rufsen auf 7000 Mann, worunter 1000 Gefangene und 20 Kanonen, an. Der Sieg St. Cyrs war aber in andrer Hinsicht bedeutend, ja von der höchsten Wichtigkeit, denn er hinderte Wittgenstein, sich auf der Communication der französischen Hauptarmee festzusehen. Auch ward St. Cyr, zur Belohnung daß er dieß erkannt und den Gegner besiegt hatte , von Napoleon zum Marschall ernannt *).
Achtundzwanzigstes Kapitel. Rückzug der ruffischen Hauptarmee bis Zolomischtsche (dieffeits Gschats!) und Vorrücken der franzöfifchen bis Wjäsma 2c. oder bis zum 31. Auguft. 1. Der russische Obergeneral Barklay de Tolli zog sich noch in der Nacht vom 19. auf den 20. (f. XXVI. 6 ) mit den Truppen die an dem Kampf im heiligen Thal Theil genommen, nebst einer bei Konjuszewo als Reserve verbliebenen Division, auf der Straße von Moskau eilig zurück und sofort bei Pnewa über den Dnjepr , an dessen linkem Ufer er sie dann, wie es scheint (ja Buturlin behauptet ) zur Annahme einer Schlacht Stellung nehmen ließ, - nur einen starken Nachtrab von leichter Cavalerie und Kosacken auf dem rechten Ufer belassend. Hier traf die 2. Colonne, unter General Doctorows Führung , bei ihm ein, worauf sein Nachtrab am 21. auf's linke Ufer überging und er seine Armee bis nach Uswiatje (einem Dorfe am linken Ufer der Usza, etwa 12 Werfte diesseits Dorogobuſch) zurückführte. 2. Fürst Bagration , der mit ſeiner Armee schon am 19. bei Dorogobusch angekommen war, vereinigte nun die Division Rajewski wieder mit derselben und rückte am 23. auf den linken Flügel jener von Barklay bei Uswiatje hinter der Usza genommenen Stellung ein.
*) ,,Diefer Sieg deutet zugleich das Ergebnis an, welches Oudinot herbeiführen konnte, wenn er mit seinen beiden Armeecorps nach Swolna vorgegangen wäre , die russische Armee keck angegriffen und sich mit der (Harken) Division Grandjean zu Dünaburg verbunden hätte ,“ ſagt Chambray, - und dieser Meinung wird wohl jeder sein. 7*
100 3. Gleich andern Tages , als die im heiligen Thal gefochten habenden Truppen der französischen Armee , mit Ausnahme der Division Würtemberger , jenes blutige Schlachtfeld verlassen und Stellung in der Nähe bei Konjuszewo genommen hatten *), erschien Morgens früh Napoleon bei ihnen, musterte fie und ertheilte ihnen die wohl verdienten Ehrenzeichen , wobei denn auch das 127. Regiment ( das früher noch keiner Schlacht beigewohnt hatte ) seinen Adler erhielt. Er ging hierauf, nachdem er dem König von Neapel den Befehl ertheilt hatte die Russen lebhaft zu verfolgen , nach Smolensk zurück. 4. Das 4. Armeecorps passirte am 20. den Dnjepr zu Smolensk und bezog ein Lager jenseits der rauchenden Petersburger Vorstadt, auf der ( nördlichen) Höhe bei dem großen Kloster neben der Petersburger Straße. - Ebenso passirte die zum 1. Armeecorps gehörige Artillerie - Reserve (vom 2. Bataillon des großh. hessischen Leibregiments escortirt) durch Smolensk über den Dnjepr, um dem Corps auf der Straße nach Moskau zu folgen. Grouchy erreichte Duchowschtschina. - Das 5. Armeecorps schickte gegen Jelnia starke Recognoszirungen. 5. Am 21. Auguft lagerte das ganze 1. Armeecorps nebſt dem 3. (mit Ausnahme der noch immer auf dem Schlachtfelde stehenden würtembergiſchen Division) vorwärts Konjuszewo, von wo das 1. Armeecorps am 22. nach Pnewa aufbrach, welchem dann den 23. das 3. und 8. Armeecorps dahin u. s. w. auf der Straße nach Moskau folgten. - An diesem Tage (dem 23.) verließ auch das 4. Armeecorps (nachdem der Kaiser es Tags zuvor gemustert und ihm die in den Gefechten von Ostrowno verdienten Belohnungen ertheilt hatte) die Gegend von Smolensk und ging auf der Straße nach Duchowſchtschina bis Pomogailowa vor , worauf es einen Querweg rechtshin in der Richtung von Dorogobuſch nahm , um sofort auf der
*) Was am 20. Auguft geschah. Der Kaiser kam den 21. früh zu Ihnen , obgleich Chambray u. A. behaupten , es sei dieß schon am 20. Indessen wäre es wegen früh auf dem Schlachtfelde felbft geschehen. der Todten und Sterbenden nicht wohl möglich gewefen am 20. hier Musterung zu halten.
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linken Flanke des Gros des Heeres, das auf der großen Hauptstraße gegen Moskau vorrückte, zu marſchiren. In gleicher Art ging das 5. Armeecorps am 23. von Smolensk aus auf der rechten Flanke des Gros des Heeres vorwärts, sich auf dem linken Dnjeprufer haltend , über Balkino (u. s. f. gegen Wolotschok, die Ugra zur Rechten behaltend) vorwärts. — Die kaiserlichen Garden blieben noch allein zu Smolensk. 6. Der König von Neapel drängte die russische Nachhut, welche unter beständigen und hartnäckigen Gefechten langſam wich. Am 23. fand er dieselbe im Dorfe Uswiatje und zwang fie über die Usza zurückzugehen. Am Abend dieſes Tages trafen hier noch das 1. , 3. und 8. Armeecorps ein, vom rusfischen Heere nur durch jenen Fluß getrennt , und eine starke Kanonade erhob sich sogleich. 7. Als der russische Obergeneral die Nachricht erhielt, daß feine linke Flanke von dem 5. , noch mehr seine rechte von dem 4. franzöſiſchen Armeecorps und dem 3. Reitercorps (Grouchy ) bedroht würde *) , beschloß er (von Bagration vermocht , sagt Buturlin) den Rückzug , und marſchirte in der Nacht vom 23. auf den 24. hinter Dorogobusch , um sich daselbst (wo man Schanzen aufgeworfen hatte) abermals aufzustellen. Da er aber hier keine befriedigende und besonders ihn gegen die erwähnte Flankenbedrohung sichernde Stellung fand , so faßte er den Entschluß, den Rückzug bis über Wjäsma hinaus in die vortheilhafte Stellung bei Zarewo-Zolomiſchtſche (auch Zaimiſchtſche benannt) fortzusehen. Indem er hierbei mit dem 3. , 4. , 5. und 6. Corps unter dem Schuß einer starken Nachhut von leichter Reiterei auf der großen Straße blieb , ließ er nördlich derselben über Kanuszkino 2. das 2. Corps und südlich über Luszki z die ganze 2. Westarmée unter Bagration ziehen. Zur Verbindung mit dem General Winzingerode , der mit seinem Detaschement die Straße von Bjeloë auf seinem Rückzuge ein-
*) Am 24. hatte das 4. Armeecorps die Straße bei Poloki erreicht, die von Duchowschtschina nach Dorogobusch führt. Eine Stunde weiterhin paffirte es den Wop und traf sofort den 25. bei Zaſelje ein, wo es das Reitercorps von Grouchy bereits vorfand und mit demselben die Nacht daselbft verbrachte,
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geschlagen hatte, entsandte er 3 Kosacken-Regimenter unter General Krasnow. 8. Sobald Napoleon erfahren hatte , daß Barklay mit feiner ganzen Armee hinter der Usza Stellung genommen habe, erwachte in ihm die Hoffnung , daß es zu der sehnlichst gewünschten Schlacht kommen werde. Mit Ausnahme der Diviſion Laborde von der jungen Garde , die bis zur Ankunft der zur Besagung von Smolensk bestimmten Marschregimenter daselbst verbleiben sollte, ließ er seine Garden noch in der Nacht vom 24. auf den 25. August aufbrechen , um bis an die Vorposten (wo er sich bisher vorzugehen. Er selbst verließ Smolensk mit Musterungen 2c. und insbesondere mit Anordnungen für die Verpflegung seines Heeres beschäftigt hatte) — am 25. Morgens früh und eilte vorwärts * ), fand aber, bei der Armee anlangend , das russische Heer schon auf weiterem Rückzuge. Die Franzosen rückten am 25. gegen Abend in Dorogobusch (nach einem vorhergegangenen starken Gefechte mit der ruſſiſchen wo dann auch noch der Kaiser eintrifft Arrieregarde) ein , Die Stadt hatte und die Nacht im Schloſſe verbringt **). durch Brand in Folge jenes Arrieregarde - Gefechtes, oder weil man Magazine angezündet hatte , etwas gelitten ; ein großer Theil war jedoch unversehrt geblieben. Eine Hülfe für das Heer fand sich hier nicht mehr vor. Die Bewohner hatten sich beim Abzuge des russischen Heeres größten Theils geflüchtet.
9. Das 5. Armeecorps stand am 25. Auguſt zu Wolotschok auf der Höhe der Avantgarde des Gros des Heeres ; das 4. Armeecorps befand sich noch einen Tagmarsch rückwärts dieses Punkres , zu Zaselje. Es erhielt Befehl , dieselbe Höhe zu gewinnen und sich, gleich dem 5. , darauf zu erhalten , -- worauf es in Fortſegung seines Marſches am 27. den Dnjepr (oberhalb Dorogobusch und der Osma - Einmündung ) zu Blagowe passirte.
*) Se. Hoheit der Prinz Emil brach am 25. mit dem kaiserlichen Hauptquartier ebenfalls zu Smolensk auf und kam sofort über Michalewka und Dorogobusch den 29. zu Wjäsma an. **) Nach meinem Tagebuch, aus dem auch das (von mir aufgenommene) Plänchen der Weftseite oder Gegend von Dorogobusch herftammt, wo die russische Arrieregarde das Gefecht bestand.
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CO
10. Das 1., 3. und 8. Armeecorps, die Reſerve-Cavalerie und die Garden waren am 26. früh zu Dorogobusch verſammelt. Napoleon , der nun die Ruſſen , die sich ihm entzogen hatten , zu einer Schlacht zu zwingen oder bis Moskau zu gehen beschlossen hatte, sezte sein Heer auf der großen Straße dahin (Poniatowski zur Rechten , Prinz Eugen zur Linken) in Bewegung und befahl dem vorangehenden König von Neapel die rascheste Verfolgung des ruſſiſchen Heers. ―― Nach den Tageslisten zählte sein Heer (zufolge Chambray) nur noch 155,600 Combattanten , darunter 123,978 Mann Infanterie und 31,697 Mann Cavalerie, einschließlich der diesen Waffen zugetheilten Artillerie. 11. Das Hauptquartier des Kaiſers Napoleon kam am 27. nach Slawkowo , wo das Gros der Armee sich den 26. und 27. befand. Die Avantgarde desselben ging auf dem rechten, das 5. Armeecorps auf dem linken Ufer der Doma mit ihr auf gleicher Höhe.
Das 4. Armeecorps übernachtete den 27. zu
Agopoczina *). Noch am 27. Abends griff der König von Neapel die 7000-8000 Mann Cavalerie starke Arrieregarde der ruffischen Armee beim Dorfe Rybki an und zwang sie nach einem Gefechte, wobei es zu mehreren Cavaleriechargen kam , über die Osma zurückzuweichen , worauf noch in derselben Nacht der Rückzug des russischen Heeres , aus seiner Stellung hinter der Osma und Ozeraika , nach Wjäsma erfolgte. 12. Das zu Slawkowo erlassene ( 15. ) Bülletin macht die Ernennung des Generals Gouvion St. Cyr zum Marschall für den Sieg bei Pologk und die Erhebung des braven bairiſchen Generals Deroy (,,der, 72 Jahr alt und schon beinahe 60 Jahre dienend , auf dem Felde der Ehre hart bleſſirt worden“) zum Grafen des französischen Reichs (comte d'Empire) mit einer Dotation von 30,000 Francs, bekannt. Blessur.)
(Deroy stirbt an jener
13. Napoleons Hauptquartier kam den 28. nach Semlewo. Von Rybki aus machte der Major- General dem russischen Oberbefehlshaber, indem er ihm über den gefangenen General Tutschkow Nachricht gab , den Vorschlag zur Auswechslung
*) (Nach Labaume.)
104 der Gefangenen und machte ihm zugleich den Wunſch Napoleons bekannt, daß der russische Kaiser , im Interesse seines Volks (um für dessen Schuß und Eigenthum zu sorgen), Civilgouverneurs in den Provinzen zurücklassen möchte die seine Armeen verließen , wie dieß Kriegsgebrauch sei. 14. Barklay, Wjäsma verlassend, unter dem Schuße eines Stunde vorwärts der Stadt hinter dem Wjäsmafluß aufgestellten Arrieregarde - Corps , trifft mit beiden Westarmeen in der starken Stellung von Zarewo-Zolomiſchtſche ein, die er sogleich durch Verschanzungen noch verstärken läßt in der AbDie 2. Westarmee , welche , seit sicht hier Stand zu halten. man die Usza (Uscha) verließ , rechts der 1. am linken Ufer der Osma hinauf über Baſchino, Gabrikowo, Luszki und Skorbelo marschirt war , hatte sich zu Fedorowskoë wieder an die Das russische Arrieregarde - Corps , als es 1. angeschlossen. nach einigem Widerstande weichen mußte, zündete nicht nur die Brücken über die Wjäsma, sondern auch den großen GostinnoiDwor *) in Wjäsma an , wodurch zugleich die halbe Stadt in Brand gerieth und zerstört wurde. Bedeutende Magazine der Kaufleute , von Lebensmitteln und Futter 2c. wurden zugleich damit vernichtet, und damit die Hülfsquellen, die sonst das französische Heer hier finden konnte. 15. Napoleon hatte ſein Hauptquartier am 29. Auguſt in einem Schlosse etwa eine Stunde diesseits Wjäsma (wohl Kneschinkino) und den 30. in Wjäsma selbst. Hier erhielt er am Abend Kunde von dem Rückzuge des russischen Heeres nach Gszat (oder Gschatsk) und verkündigte, daß nun nach 3 oder 4 Märschen eine Hauptschlacht vorfallen werde , indem er zuDer gleich Befehl zum allgemeinen Vorrücken ertheilte. Kaiser ging folgenden Tages (den 31. ) mit ſeinem Heer bis Weliczewo ; ebenso der größte Theil seines Hauptquartiers (wobei das großherzoglich hessische General-Commando) . 16. Das 4. Armeecorps auf der linken Flanke des Heeres - war über Kanuschkino , Znamenskoë, Kostereſchkowo
auf Nowoë marſchirt, wo es den 29. und 30. verblieb, dann Das 5. Armeecorps, den 31. August zu Pogrow ankam.
* Ein geschlossener Kaufhof (Bazar) von etwa 600 Laben,
105 auf der rechten Flanke , hielt bis Luszki den Weg der 2. rufsischen Westarmee ein , und
ging dann über Pokroskoë und
Slukino , wo es am 30. gleichfalls rastete, am 31. nach Slobodka.
Neunundzwanzigſtes Kapitel. Vorrücken des 9. Armeecorps unter Marschall Victor von Tilfit nach Smolensk.— Schuß der Communicationen. — Witebsk — Bobruisk 2c. 1. Bei dem so tief in's russische Reich beschlossenen Vorrücken der französischen Hauptarmee (f. XXVIII . 10) bedurfte es aller Sorgfalt für die rückwärtigen Communicationen . Der Kaiser ließ deßhalb (durch den Major- General am 28. August) dem Marschall Victor , Herzog von Belluno , den Befehl zugehen mit dem 9. Armeecorps ohne Verzug (vom Niemen) nach Smolensk zur Deckung jener Communicationen vorzurücken *) , zu welchem Zweck ihm zugleich der Oberbefehl über alle in den Gouvernements Mohilew , Witebsk und Smolensk befindlichen Truppen mit der Befugniß ertheilt wird, nach den Umständen zu handeln **). ( S. XVII. 1. ) 2. In der Instruction, welche dem Marschall in dieser Beziehung (schon am 28. von Dorogobuſch aus) ertheilt wurde, kommen folgende wichtige Punkte vor : a) Er solle sich für seine Person zum Herzog von Baſſano (Maret) nach Wilna begeben , um von ihm den ganzen Stand der Dinge zu erfahren.
*) Hierbei war beſtimmt , daß jeder Soldat bei Paffirung Kowno's 10 Pfund Reiß daselbst faffen und tragen solle, dazu 6 Pfund Zwieback ( Pfund für den täglichen Bedarf nebft 2 Loth Reiß) . Eine hübsche Belastung des Mannes ! **) Hierbei fehlte indeffen doch die Einheit des Commandos im Rücken der Hauptarmee ; denn es gab hier , außer Victor , noch 3 unabhängige Marschälle: Macdonald, St. Cyr oder Oudinot und Schwarzenberg. Einheit des Commandos dürfte aber bei der weiten Entfer nung des Kaisers für guten Erfolg absolut nöthige Bedingung gewesen sein ! Marschall Fürst Eckmühl mit dem Oberbefehl bekleidet, oder der Vicekönig , hätten darum hier dem Kaiser wohl mehr nüßen können, als fie es als Armeecorps - Befehlshaber unter seinen Augen oder in feiner Nähe konnten.
106 b) Es werde wahrscheinlich in Bälde zur Schlacht kommen, die den Kaiser nach Moskau führen dürfte ; es sei darum wohl möglich, daß auf so langer Linie die Communication unterbrochen werde und also Jemand das Commando übernehmen und nach den Umständen handeln müſſe. c) Daß es wichtig sei , daß er sein Armeecorps nach Wilna heran führe (f. 1 , wo es schon Smolensk heißt) , um nach Umständen Minsk , Mohilew , unterſtügen zu können .
Witebsk ,
Smolensk
d) Der Kaiser habe bereits befohlen , das 129. Regiment, das illyrische Regiment ,
das westphälische Regiment welches
zu Königsberg stehe und die beiden sächsischen Regimenter auf Minsk zu dirigiren. e) Daß überdieß die Division Dombrowski, 12 Bataillons und 1 Brigade leichter Cavalerie stark , zwischen Minsk und Mohilew stehe , welche zureichen müſſe die Verbindung von Minsk über Orscha nach Smolensk zu behaupten , da sie nur die Rekruten-Division des russischen Generals Hertel bei Mozyr von etwa 8000 Mann gegen sich habe. f) Daß 4000 Mann in Witebsk *) , Smolensk als Besagung ständen.
4000 Mann in
g) Daß den 4 Marſch-Halbbrigaden (wobei auch wohl das hessische leichte Infanterieregiment) , 9000 Mann , die einen Theil der Division Lagrange (vom 11. Armeecorps) ausmachten , Befehl geworden sei auf Kowno zu marſchiren. h) Daß eine Bewegung des 9. Armeecorps auf Minsk, Orscha, Smolensk geeignet sei den ganzen Rücken der Hauptarmee zu decken und eine Aufstellung desselben zwiſchen Dnjepr
*) Ein Drittheil , und den beften, wenigstens kräftigsten Theil diefer Besaßung machten zu dieser Zeit die großherzoglich hessischen Truppen aus , von welchen das 1. Bataillon Leibgarde- Regiments , ſeit dem 16. , dem Tag des Abgangs Napoleons nach Smolensk , ſchon hier lag, das 2. , nebst dem 1. Bataillon Leibregiments , das beſtimmt ist hier in Garnison zu bleiben , am 29. Auguft in Witebsk eintraf ( Leßteres , mit Einschluß der 180 Mann starken Marsch- Compagnie des 2. Bataillons, hatte etwa 550 Mann unter den Waffen ; das 2. Bataillon Garde 480, nachdem es 220 Kranke auf dem Marsch zurückgelaffen hatte ; das 1., excl. 191 entfernt Commandirter ( S. XL. ) , 360 Mann). Rdr. Tgbch.
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und Düna es dem Marschall leicht machen werde , die Befehle des Kaiſers zu empfangen . i) Daß Marschall St. Cyr mit dem 2. und 6. Armeecorps wohl stark genug ſein dürfte die Armee Wittgensteins im Schach zu halten, und nur wenn dieß nicht mehr der Fall sei oder er gar geschlagen würde , so solle ihm Marschall Victor zu Hülfe marſchiren , sonst seinen Marsch gegen Smolensk fortſegen. k) Daß endlich Marschall Macdonald (Herzog von Tarent) auf Riga marschire um diesen Plag zu berennen. 3. Da die Stadt Witebsk an der Düna sowohl zur
Erhaltung dieser wichtigen Communication an der Düna , als (nebst Orſcha) zum Schuß des ganzen hinterliegenden Landes gegen russische Streifen diente, darum auch mit einer Befagung von 4000 Mann und mehr versehen worden war , so suchte man , in dem Maße als dieß die große Ausdehnung der Stadt und ihre Lage (f. den Plan IV) erlauben wollte , fie gegen ´jeden Angriff eines Parteigängers und selbst eines ſchon ſtarken Detaschements combinirter Waffen , durch Befestigungen sicher zu stellen , ohne jedoch sie zu einer place du moment erheben zu wollen. A) Zum besseren Verständniß dieser Befestigungsversuche und des beigegebenen Plans dürfte es hier an seiner Stelle ſein , einige weitere erläuternde Bemerkungen über die Oertlichkeit voranzuschicken * ) . Auf dem großen Plag des Basilianerbergs steht der jezt sogenannte Kaiserpalast , ein Gebäude von drei Stockwerken mit neun Fenstern und einem Porticus von vier Säulen nach dem Plag zu , und drei nebst einem ähnlichen Porticus gegen die Düna hin. Auf dieser Düna- Seite ist noch ein zweistöckiges Gebäude von dreizehn Fenstern angehängt , welches früherhin der Prinz von Oldenburg als ruſſiſcher Generalgouverneur bewohnte.
Mehrere kleine hölzerne Häuſer auf dem Schloßplag
wurden auf des Kaisers Befehl niedergeriffen und dadurch derselbe mehr zum großen Paradeplag umgeändert. Auf diesem
*) Diese , meinem Tagebuch entnommenen Bemerkungen find während meines mehrwöchentlichen Aufenthalts in Witebsk nach eigner Beobachtung und eingezogenen Erkundigungen niedergeschrieben,
108 Plaz waren vier Stücke Geſchüß aufgepflanzt : zwei sechszöllige Haubigen und zwei italienische Sechspfünder , zum Theil zur Deckung der Dünabrücken gerichtet. Der Stadttheil jenseits der Düna oder Klein-Witebsk ist noch ganz mit italienischen Blessirten aus den Gefechten von Ostrowno zc. angefüllt.
Als der Kaiser nach einer Raft von
3 Wochen seinen Kriegszug gegen Smolensk fortsegte, häuften sich die Blessirten nicht nur in diesem Stadttheil , ſondern auch in der eigentlichen Stadt Witebsk so , daß der General Charpentier alle irgend disponiblen Gebäude damit anfüllen mußte. Selbst die große Kirche der Basilianer oder St. Sopor , die größte der Stadt , wurde zum Spital für Bleſſirte. Die Witeba oder Witebsa fließt zwischen dem Schloßberg, der auf ihrem linken und dem Basilianerberg , der , so wie der größte Theil der Stadt , auf ihrem rechten Ufer liegt, unmittelbar unterhalb der Dünabrücken in die Düna, und ist dort Sie hat dermalen so klein daß sie kaum die Schuhe negt. zwei Brücken , eine gewölbte aus Backsteinen und eine hölzerne nebeneinander , über welche die Hauptstraße geht. Etwas oberhalb der beiden Witebabrücken , zwischen dem Plaz vor der Jesuitenkirche auf dem linken und jenem des Polizei- oder Stadthauses auf dem rechten Ufer , befindet sich eine Mühle und ein Mühlwehr , wodurch dermalen die Witeba völlig gestauet ist , so daß sie von da an aufwärts mehr als Mannestiefe hat.
Sonst ist sie , wie der Rutscheifluß , sehr klein,
strömt aber in großer Stärke in der regnerischen Jahreszeit. = Auf dem neuen Markt steht das Posthaus, ein sehr schönes Gebäude von drei Geschossen, vorn mit sechs Säulen, zwiſchen denselben fünf Fenster, mit einem kleinen einstöckigen Anbau zu beiden Seiten. Bei diesem , mit elenden hölzernen Häuſern versehenen Plag , der nicht weiter gepflastert ist als insofern die Smolensker Straße zu dem nahen Thor darüber hinführt, fängt der schönere Theil der Stadt an , wenn man die Smolensker Straße hinaufgeht : zweiſtöckige Häuser, zum Theil mit geschmackvollen Frontispicen , bis an die beiden Witebabrücken. Links in der Nähe dieser Brücken find viele Buden, rechts zwei Pläge , durch das mit einem Thurm versehene Polizeigebäude oder Stadthaus getrennt.
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Das große Flußbett , welches sich um die Höhe herzieht, auf der die neue Basilianer- (Nonnen-) Kirche liegt, heißt der Rutschei und ist jegt kaum ein Bächchen.
Dicht bei ſeinem Aus-
fluß ist eine Brücke , jezt nur eine Nothbrücke , da die Ruſſen die starke Hauptbrücke abgebrannt haben. Im Frühjahr ist er indessen stärker als die Witeba , mit welcher er hinter dem Jesuiten-Seminarium , wo sich beide Flüsse sehr nahe kommen, durch einen Kanal verbunden ist , über den eine Brücke führt. Die Juden haben ein sehr schönes Gebäude , ganz nahe am Ausfluß des Rutſchei und der Brücke über denselben , linker Hand wenn man von Ostrowno kömmt, von Backsteinen aufgeführt und zu einer Synagoge bestimmt, aber noch nicht vollendet. Jenseits der Brücken der Witeba , wenn man den Weg nach dem Ostrowno-Thor verfolgt , gelangt man zu dem Plaz, auf welchem links Jesuiten-Kirche und Seminar , rechts zwei recht hübſche einstöckige Gebäude am Fuß des Schloßbergs liegen, in deren einem jezt der Gouverneur General Charpentier wohnt. Hinter denselben auf dem höchsten Punkt des Schloßbergs ist ein Beluftigungsort, mit hölzernem Tempelchen, rusAlles zwischen Birken-Alleen fischer Schaukel, Tanzsaal 2c. u. dgl. gelegen und wahrscheinlich zu jenen hübschen Gebäuden Hinter dieser Art Vaurhall liegt an der Düna ein
gehörend.
großes Gebäude , das ehemals ein Polizei- oder Stadthaus war , aber schon seit 20 Jahren verlassen sein soll. Bei der Jesuiten -Kirche in der Straße nach der Kanalbrücke steht ein Schulgebäude für den ersten Unterricht der Kinder , das sehr geſchmackvoll gebaut und hierzu ſehr gut eingerichtet, jezt aber ein Lazareth ist.
Ueber die Düna in die jenseitige Vorstadt führte eine 230 Schritt lange Bockbrücke , und zwei dicht ober- und unterhalb dieser , bei dem kleinen Sommerwasserstand nur 120 Schritt lange Floßbrücken . Die französischen Genie-Offiziere , durch die Allgegenwart ihres Kaisers angefeuert , ließen sich angelegen sein alle Zugänge zur Stadt und den Vorstädten durch Palissadirung, Crenelirung der nächstgelegenen Häuser 2. zu verwahren. So wurde die Brücke über den Rutſchei (der aus Süden , so wie die Witebka aus Often, die Düna aus Nordost kömmt) durch
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einen starken Tambour auf dem linken Ufer 'gedeckt , und die neue Synagoge crenelirt und zur Vertheidigung eingerichtet. Die breiten Straßen, die durch die Suraſcher Vorſtadt zur Stadt führen , find gleichfalls mehrfach durch Paliſſadirungen mit Palissadenthoren unterbrochen. Um die Wachtstube des Smolensker Thores (da man das Meiste durch Parteien von Surasch her befürchtete ) wurde ein Palissadenviereck mit kleinen runden Bastiönchen *) gezogen, um darin einige Zeit Widerstand. leisten und die Pläge vor- und rückwärts durch ihr Feuer bestreichen zu können.
Alle diese Befestigungen der äußeren enceinte ſind
indessen mehr erbaut um einem Ueberfall von Cavalerie , als einem zugleich mit Infanterie und reitender Artillerie unternommenen Angriff zu widerstehen **) , was man in der That nur beim Schloßberg konnte ; denn alle Palissaden hatten zwar mehr als einen Fuß im Durchmesser , waren aber , wohl eben darum , in den Zwischenräumen nicht noch durch andere , in 6 Fuß Höhe abgeschnittene, zum Auflegen des Gewehrs und zum Schuß gegen Infanteriefeuer gedeckt. Auch war nirgends auf die Wirkung feindlichen Geſchüßes, etwa durch Erdanſchüttungen, Rücksicht genommen. Der Schloßberg der, von der Düna, dem Rutschei, der Witebka und einem (Mühl-) Graben umſchloſſen, eine unterhalb der Düna liegende Insel bildet, wurde als Reduit für die Besagung , wenn die äußeren Stadttheile verlassen werden mußten, vorgerichtet. Auch wurde ein Brückenkopf in KleinWitebsk geschaffen durch sehr zweckmäßige Benugung der vor der Brücke (rechtshin) liegenden Kirche , eines großen Magazingebäudes (links des Weges) und anderer Häuser , die man crenelirte, durch Paliſſadirung verband 2c.
(Vgl. den Plan IV. )
B) Der Gouverneur von Witebsk erli.ß am 18. August folgenden , in mehrfacher Hinsicht intereſſanten Tagsbefehl : „Da Se. Majestät, ehe Sie Witebsk verließen, dem Gouverneur
*) Wie man sie auch um isolirt ſtehende Pofthäuser oder Wohnungen eines Etape- Commandanten nicht selten auf den Straßen fand. **) Es gab allerdings , solange Wittgenstein gehörig im Schach gehalten werden konnte, nicht leist etwas anderes als Cavalerieftreifen zu befürchten , die sich noch nie mit Arttuerie versehen gezeigt hatten ; und auf einen Winteraufenthalt bereitete man sich nicht vor (so ficher war man , den Frieden noch vor Winter zu erkämpfen) .
111 den Befehl ertheilt haben, jeden Tag die Parade auf demselben Ort , zu derselben Stunde und auf dieselbe Art zu halten, wie solches während des Aufenthalts Sr. Majestät in hiesiger Stadt geschehen ist, so befiehlt der Gouverneur Folgendes : „Jeden Tag Morgens um 7 Uhr ist vor dem Palast Parade ; es soll daselbst die Infanterie und Cavalerie der Kaiſergarde (zum Dienst des Palastes) gegenwärtig sein , so wie die zum Dienst in der Stadt sowohl diesseits als jenseits des Fluſſes beſtimmten Truppen.
,,Die Herren Offiziere der Garde , der Linien-Regimenter, des Geniecorps , der Artillerie , des Generalstabes , der Commissaire- Ordinnateur und die Kriegscommissaire, so wie alle Chefs der Adminiſtration ſollen sich auf der Parade befinden, ebenso und in der Ordnung wie sie derselben während der Anwesenheit Sr. Majestät in Witebsk beiwohnten. Nur Sonntags erscheinen die Truppen in voller Ordonnanz ; soll dieß auf andere Tage geschehen, so wird der Befehl vorher gegeben. „Die Nähe des Feindes und die Lage der Stadt , welche es ihm leicht macht überall hereinzudringen , nöthigen den Gouverneur die strengsten Vorsichtmaßregeln zu nehmen. Von heute an tritt die Garnison eine halbe Stunde vor Tagesanbruch unter die Waffen , und bleibt bis zum hellen Tage und bis die Meldungen von den zum Recognosciren Ausgeschickten eingegangen sind. „ Die Herren Stabsoffiziere , da sie alle ein bestimmtes Commando haben , können ohne Inconvenienz nicht mehr den Dienst der Stabsoffiziere vom Tag thun ; es wird deßhalb in jedem Regiment ein Capitän commandirt , der die Aufsicht über alle Posten bei Tag und Nacht hat. ,,Derjenige vom Regiment der Flanqueurs hat alle Posten. der Eurascher Vorstadt bis zum Rathhausplage, den am Spital des Gymnaſiums und den am Gefängniß ; derjenige vom Regiment der Kaisergarde alle Posten in der Wilnaer Vorstadt, und die die auf dem rechten Ufer der Düna stehen, ferner den beim Spital Nr. 3 ; derjenige vom Marschregiment des 3. Corps hat alle Posten vom Rathhausplag bis an die verbrannte Brücke (über den Rutschei) , den am Spital (Mönchſpital) und alle übrigen welche in der Vorstadt sind (jenseits des Kanals_zwi-
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schen dem Rutschei- und Witebkafluß) , wo dieses Regiment einquartiert ist, zu visitiren. „ Die Herren Capitäne geben auf der Parade einen ſchriftlichen Rapport sowohl an den Gouverneur als auch an den Plagcommandanten ein , worin von allem dem die Meldung erstattet wird was während der 24 Stunden auf den Poſten vorgefallen sein könnte. ,,Der Gouverneur hat sich bei den Runden , welche er mehrere Nächte hintereinander gemacht , überzeugt , daß die Schildwachen im Allgemeinen sehr nachlässig find, nicht gehörig anrufen und eraminiren , daß die Wachen sehr langsam herantreten : mit einem Wort , daß große Nachlässigkeit herrsche *).“ 4. Ein Befehl Napoleons ging an den Diviſions-General Dombrowski durch den Major- General (zu Ende Augusts) ab : er solle die Festung Bobruisk mit seiner Infanterie (die aus 12 Bataillons — 4 Regimentern bestand) einschließen ; mit seiner Cavalerie (f. 2, e.) die Defileen von Pinsk und Mozyr eclairiren (resp. beobachten) und endlich mit Haubigen die aus hölzernen Häusern bestehende Stadt Bobruisk in Brand schießen ,
um
dadurch vielleicht den russischen Commandanten zur Uebergabe zu vermögen (welch' Lezteres freilich eine sehr zweifelhafte Sache blieb , jedoch vielleicht durch die Zerstörung der Magazine und den dadurch zu erzeugenden Mangel im Plage dasselbe indirect bewirken konnte).
Dreißigstes Kapitel. Ereignisse an der unteren Düna in der leßten Decade des Augufts, bei dem 10. Armeecorps der großen Armee und dem russischen Corps von Essen. -- Gefechte bei Gräfenthal und dem Schockhof zwischen den Preußen und Ruſſen. 1. Nachdem Marschall Macdonald die Festungswerke von Dünaburg völlig zerstört hatte (s. XVII. 4), ließ er die daselbst *) ,,Dieß ist nur allzuwahr; die Franzosen und Italiener thun ihren Dienst ungeheuer nachläffig, die Wachen und Piquete schlafen, die Schildwachen lassen paffiren was Luft hat oder höchftens France auszuspre chen weiß. Den Hessen gab der Gouverneur das Zeugniß , daß fie die einzigen wären , deren Piquet unter Waffen , und wo alles gehörig wachsam gewesen sei" - sagt mein Tagebuch.
113 bisher in Besagung gestandenen zwei französischen Regimenter über die Düna zurückgehen und Stellung zu Esoros (Jesoros) Die Division zur Deckung der Straße nach Wilna nehmen. Grandjean versammelte er zu Jakobstadt (zwischen Jesoros und Bauske). Die Preußen befanden sich in ihrer alten Stellung (f. VIII. 4) fortdauernd in strenger Defensive.
2. Der russische General von Eſſen (s. XVIII. 7) , deſſen Vorhut unter General Löwis noch zu Dahlenkirchen stand, erfuhr am 20. August zu Riga , daß der zur Belagerung dieser Stadt bestimmte Artilleriepark von Königsberg in der Nähe von Mitau angekommen sei, und beschloß einen Verſuch zu seiner Aufhebung zu machen. Er ließ deßhalb am 23. August den General Löwis auf der Straße nach Eckau die preußischen Truppen an der Miß bei Tamonja und Dracken angreifen, während der General Weliamow einen Scheinangriff auf die 6 Stunden unterhalb bei Ohley ( St. Olai) und Zennhof stehenden, durch Wälder und Moräste von vorgenannten getrennten Truppen machte und eine Flotille von Kanonierschaluppen unter Befehl des englischen Commodore van Müller, durch die Truppen der Garniſon von Dünamünde * ) unterstügt , Schlock angriff. Der preußische Posten zu Tamonja unter Oberst Horn wurde genöthigt sich auf Edau zu repliiren , und der hier stehende preußische Generallieutenant von Grawert selbst mit ſeiner Diviſion auf Bauske zurückzuweichen. Hier paſſirte derselbe ſofort die Aa und zog sich mit dem größten Theil ſeiner Kräfte aufs Eiligste an deren linkem Ufer hinunter nach Mitau um den Artilleriepark zu decken. - Den 26. detaſchirte der General von York , als er erfahren daß die Russen die Aa bei Grafenthal passirt hatten , den General von Kleist mit seiner Division dahin , der sie nach kurzem Gefecht wieder zum Rückzug über den Fluß zwang und , als er folgenden Tags (den 27.) das Corps von Löwis bei Schockhof einholte , dem-
*) Ein Fort mit einer ftarken Strandbatterie , zum Schuße der Dünamündung und des Hafens von Riga auf einer Insel erbaut , die die hier parallel mit dem Meeresgeftade, und kaum { Werfte von diesem entfernt , fich in die Düna mündende Aa mit dieser und dem Meer bildet. Röder, Kriegszug. 8
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felben -- besonders durch das Einhauen eines Huſarenregiments in die Infanterie noch einen empfindlichen Verluft beibrachte und viele Gefangene machte. Es zog sich sofort aufs Eiligste nach Dahlenkirchen und daselbst über die Düna zurück. Ebenso verließen die Russen Schlock ; die Preußen aber bezogen ihre alte Stellung wieder hinter der Miß. (Fortſegung XLII. )
Einunddreißigstes Kapitel. Auf den Krieg influirender Tractat zwischen Schweden und Rußland. (S. VII.) 1. Am 27. Auguft hatte der Kronprinz von Schweden (Bernadotte) eine Zusammenkunft mit dem Kaiser Alexander zu Åbo in Finnland. wurde festgesezt ,
In den Conferenzen der folgenden Tage
daß die
russischen Truppen , welche bisher
müßig in Finnland gestanden um den auf Norwegen beizustehen , jezt bei den England und den Einfluß dieses Staats (indem Norwegen den Schweden auch
Schweden im Angriff durch den Frieden mit veränderten Umständen durch England , aber
erst nach glücklich beendigten Kriege der Russen , garantirt wurde) nach Liefland übergehen sollten , um die russische Armee an der Düna zu verstärken, — was auch bald darauf erfolgt, - und daß Schweden fortfahren sollte die Preußen an der preußischen Küste zu beschäftigen ,
wenn es auch nicht auf
Antrag Englands , mit einer Armee wirklich zu landen, unter Beziehung von englischen Subsidien , für die zur Landung verwendeten Truppen einginge : - was der Kronprinz aus gu ten Gründen abzulehnen fortfuhr *).
Zweiunddreißigſtes Kapitel. Heerbewegung in den ersten Tagen des Septembers und Vorbereitung Napoleons zur Schlacht diesseits Moskau. Gefecht am 5. September oder Treffen bei Szewardino.
1. Nachdem die Vorhut des Avantcorps des Königs von Neapel sowohl als jene des 4. Armeecorps mit der russischen *) Siehe Anmerk. * zu VII. S. 28.
115 Arrieregarde bei Gszat ( Gſchatsk) lebhafte Cavaleriegefechte bestanden hatte (worin beſonders die würtembergiſchen und bairischen Reiter sich auszeichneten) , bemächtigte man sich dieser Stadt, welche zwar die rückziehenden Ruſſen anzündeten , wo man aber noch zeitig genug einrückte um löschen und dadurch einige Vorräthe für das Heer erhalten zu können.
Früchte gab
es überdieß hier im Ueberfluß. 2. Napoleon rückte schon mit der Avantgarde des Königs von Neapel, zu welcher er sich begeben hatte, am 1. September zu Gszatsk ein und verweilte dann drei Tage daſelbſt *) , um Alles zur Schlacht, die man nun , Moskau nahe gekommen, aufs Baldigste erwartete , vorzubereiten , die rückwärtigen Armeecorps und Artillerieparks zu erwarten und den Truppen. eine kurze Ruhe, auch zum Sammeln ihrer zerstreuten , nach Lebensmitteln c. ausgegangenen Leute , zu gewähren. — Das 4. Armeecorps , auf der linken Flanke , nimmt Stellung zu Paulowa , das 5. , auf der rechten Flanke , zu Budajewo. 3. Napoleon gab , am 2. , dem Major- General den Auftrag dem König von Neapel , dem Fürsten Eckmühl , dem Vicekönig , dem Fürsten Poniatowski und dem Herzog von Elchingen (Ney) den Befehl zu ertheilen , ihre Truppen ruhen zu lassen - (was Rectification der Stellung der Vortruppen ― nicht ausschließe) , um drei Uhr Nachmittags ein Verlesen zu halten und ihn hernach auf's Genaueste wissen zu laſſen wie stark jedes Corps der bevorstehenden Schlacht werde beiwohnen können ; Waffen, Munition, Artillerie und Ambülancen zu inspiziren x . 2. „ Es ist nöthig ,“ ſagt Er , „daß ich vor 10 Uhr Abends die Etats in Händen habe , welche mich in Kenntniß segen was an Infanterie , Cavalerie und Geſchüß vorhanden ist, und mir den Caliber des legteren, die für dasselbe und für die Mannschaft vorhandene Munition , die Zahl der Ambulancen, mögen sie den Regimentern, Divifionen oder dem Artilleriecorps angehören, die Zahl der Wundärzte, der Wund-
*) Das Generalcommando der großherzoglich hessischen Truppen feßt seinen Marsch im Gefolge des großen kaiserlichen Hauptquartiers fort, und verbleibt , gleich diesem , den 1. , 2. und 3. September in Gezatet. 8*
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binden ic. angeben. Aus diesen Etats muß ich gleichfalls erſehen können, wie viele Abwesende binnen zwei oder drei Tagen sich eingefunden und die Corps verſtärkt haben können , wenn die Bataille so lange aufgeschoben wird , den Ort wo sie sich befinden, und welche Maßregeln man nehmen dürfte ſie herbeizubringen. Diese Etats müſſen mit der größten Genauigkeit gefertigt sein , da von dem Reſultat , welches sie geben , mein Entschluß abhängt 2c.“ 4. Ein weiterer Befehl Napoleons betraf die Reise-, Packund Lebensmittel -Wagen. Er segte fest, daß diese Wagen hinter der Artillerie marſchiren sollten und nie näher als zwei Stunden an die Avantgarde heran, auch durchaus nicht auf der Straße auffahren dürften. Alle gegen diesen Befehl handelnden Wagen sollten verbrannt werden ic. 5. Er schreibt endlich dem Major - General :
„ Der état-
major général ist mir von keiner Hülfe *) , ebenso der Grandprevot der Gendarmerie , der Wagenmeister , die Officiere des Generalstabs 2c. Niemand dient (mehr), wie er soll." 6.
Das französische Heer brach am 4. September aus
seiner Stellung bei Gszatsk auf. Die Avantgarde des Königs von Neapel erreichte Nachmittags die ruſſiſche Arrieregarde unter General Konownigin bei Gridnewo und zwang sie, nach einem hartnäckigen Kampfe , dieß Dorf zu räumen und auf Kologkoi zurückzugehen. ( S. Plan V.) — Das 4. Corps der Reserve-Cavalerie unter General Latour-Maubourg (das , am 28. August zu Jelnia aufbrechend ,
am 1. September durch
Ermankowo gegangen war) stieß am 4. , als für die Schlacht sehr erwünschte Verstärkung , wieder zum Heer. 7. Napoleon nahm an dieſem Tage (den 4.) ſein Haupt-
*) Es lag dieß keineswegs an der Befähigung der Einzelnen und deren Wollen , sondern allein in dem allgemeinen Nachlaß der Geifteskraft und Thätigkeit , der zu dieser Zeit allgemein herrschte und , wo er nicht aus wirklich körperlichem Unwohlfein entstand , wenigstens aus einem Gefühl hervorgegangen war , das große Verwandtſchaft mit dem Heimweh hatte. So fand ich es wenigftens , so weit ich mich und Andere beobachten konnte.
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quartier zu Gridnewo *). Das 4. Armeecorps hatte das ſeinige zu Luzos ; das 5. zu Kolotſchina. 8. Der König von Neapel , mit einem aus der gesammten Reserve - Cavalerie und der (ftarken) Division Compans beste= henden Avantcorps , hielt fortwährend die große Straße nach Moskau ein ; zwei Stunden Wegs hinter ihm folgte das 1. Armeecorps (von dem jene Division war) zur Unterstügung, welchem in Abständen von einer Stunde das 3. Armeecorps und die Garden folgten. Junot mit dem 8. Armeecorps verblieb beim Abmarsch am 4. noch zu Gszatsk. ― Das 4. und 5. Armeecorps marſchirten wie bisher auf eine Entfernung von einer bis zwei Stunden zu beiden Seiten des Avantcorps. Erſteres unter dem Vicekönig Eugen auf dem Wege , der über Grias nach Maloje und Staroje führt ; Lezteres auf der alten Smolensker-Straße, die über Jellnia und Utiza nach Moszaisk führt.
Beide näherten sich, am 5. , als die feindliche Arriere-
garde Kolotzkoi zu verlassen gezwungen war, der Hauptstraße, und Poniatowski ward Nachmittags in der Richtung von Jellnia auf Doronino in ein starkes Gefecht verwickelt. 9. Die russische Arrieregarde unter Konownigin , nur Schritt für Schritt weichend , konnte doch bei dem großen Klofter Kolotzkoi wegen der Neberflüglung durch das 4. franzöſiſche Armeecorps nicht Stand halten und ging sofort bei Walujewo über die Kolocza auf das Plateau zurück, das sich zwiſchen diesem Bach und dem südlich liegenden Walde befindet.
Hier
wurde sie von dem Fürsten Gorczakow unterſtügt, der, auf dem linken Flügel des russischen Heeres stehend **) , mit der Diviſion
*) ,,Campa (nämlich in seinem Zelte, wie gewöhnlich bei ruffischen Dörfern, wenn das Hauptquartier bei solchen verblieb) près de la poste de Grudnewa ," fagt das 17. Bülletin. So ward denn auch den 5. , 6. , 7. und 8. campirt. Unſer Generalcommandeur immer im Gefolge des kaiserlichen Hauptquartiers. **) Gorczakow war Befehlshaber des 9. , zur 2. Weftarmee gehörigen Corps , zu welchem die Grenadierdivifion Woronzow (von welcher einige Bataillons in das Gefecht dieses Tages gezogen wurden) und die 27. Infanteriedivifion, Kolubakin, gehört hatten. Ob fie noch dazu gehörten , ist zweifelhaft : da man zwar der Gegenwart Gorcza= kows ſowohl als dieser Divifionen in der Schlacht am 7. gedacht findet ; aber keineswegs bes 9. Corps.
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Newerowski (der 27.) das Dorf Szewardino und eine links davor liegende Redoute besegt hatte *). - (Auch eine Grenadierdivision und ein Cavaleriecorps wurde hierzu verwendet. ) 10. Napoleon, der sich selbst zu seiner Avantgarde begeben hatte und keineswegs die Aufstellung dicht hinter der Arrieregarde der Ruſſen vermuthete ,
sondern diese nur durch das
Corps des Generals Gorczakow unterſtügt glaubte, gab, nachdem er ihre Stellung recognoszirt hatte, dem König von Neapel zum Uebergang über die Kolocza und der Division Compans insbesondere zum Angriff und Wegnehmen jener Redoute Befehl , zu deren Unterstügung auf der Linken die Diviſionen Friant und Morand , und auf der Rechten Poniatowski vom Walde her mitzuwirken hatten. ( S. den Plan V.) Compans passirte sofort den Bach, welchen dann unterhalb auch die Division Friant, und noch mehr unterhalb Morand , passirten. Der Feind wurde , seines starken Widerstandes unerachtet, zum Weichen gezwungen und die mit 5 Kanonen besette Redoute nach einem heftigen Gefechte **) genommen. Die Franzosen (von der Division Friant) verloren , bei einem Gegenangriff der russischen Cavalerie , hierbei selbst 2 Geschüße. 11. In Folge dieses bei Einbruch der Nacht endigenden Gefechtes besegte das französische Heer einen Theil des Waldes,
*) Diefe Redoute (meift aus Feuerstein - Gerölle beftehend) war weder palifſadirt noch fraiſirt, fagt Chambray. Die Escarpe war etwas höher als die Contrescarpe und ziemlich feil , jedoch leicht zu erklimmen. An der Contrescarpe war der Graben wenig tief und leicht hineinzuspringen. **) General Gourgaud , examen critique de l'ouvrage de Ségur. Liv. 7. chap . 5. beschreibt dieß Gefecht sehr genau. Er sagt : ein Sturm auf die Schanze fand gar nicht Statt. Merkwürdig war dabei, daß die russische und französische Infanterie am entgegengefeßten Hange eines Hügels , bis an die Bruft dadurch gedeckt , nur 30 bis 40 Schritte auseinander , 2 Stunde lang en bataille , in einem feu à volonté gegeneinander beharrten , ohne daß ein Mensch fie vorwärts und zu einem Angriffe mit dem Bajonnet bringen konnte. Compans führte endlich ein noch nicht im Feuer befindliches Bataillon herzu , und deffen Vorrücken zum Angriff in geſchloſſener Colonne entschied, brachte die Ruſſen zum Weichen, die feuernde franzöfifche Infanterie wieder zur Befinnung und zum Vorrücken. Die ruffischen offiziellen Berichte sagen nichts von den Einzelheiten dieses Gefechtes.
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welchen Poniatowski angegriffen hatte ; die Vorposten wurden unweit des Randes eines Ravins, das an diesem Walde anfängt und sich in den Semenoffskoje - Bach mündet (deffen westlicher, zu dieser Zeit völlig trockener Arm es ist) , und ſo fort längs eines Gehölzes bis zur Kolocza, dann am linken Ufer derselben und dann an der Woina hinauf ausgefeßt. (S. den Plan V.) Die 5 Divisionen des 1. Armeecorps biwackirten zwischen der genommenen Redoute , rückwärts nach der Kolocza, das 5. Armeecorps rechts des 1. und des Dorfes Doronino , wobei es zugleich die alte Straße behauptete ; die Reserve-Cavalerie auf dem Plateau zwischen dem Walde und Framkino , westlich des Baches von Doronino. Das 4. Armeecorps stand links des 1. und der durch Walujewo auf Borodino ziehenden Hauptſtraße, gegen die Woina hin , jenſeits welcher es Vortruppen hatte. Die Kaisergarden verblieben hinter Walujewo und des Kaisers Zelte waren links der großen Straße , etwa 300 Toisen westlich jenes Dorfes aufgeschlagen. Das 3. Armeecorps verblieb hinter Golowina , rechts der Hauptstraße ; und auf gleicher Höhe, links derselben , bezog dann das 8. einen Biwack.
Man fürchtete den Abzug des russischen Heeres und
daß es abermals der Entscheidungsschlacht sich entziehen möchte.
Dreiunddreißigstes Kapitel. Vorfälle beim ruffiſchen Heer von Ende Augufts bis zur Schlacht von Borodino , besonders Wechsel des Oberbefehls bei demselben. Vorbereitung zur Annahme der Entscheidungsschlacht und Beschreibung. des Schlachtfeldes.
1. Da sich der allgemeine Unwille der Höheren und Niederen des russischen Volks gegen den Oberfeldherrn Barklay de Tolli wegen seines bis ins Herz des russischen Reichs be--- wodurch er doch, reits fortgesezten Rückzuges erhoben hatte, ein anderer Fabius ! Rußland rettete und das feindliche Heer zernichtete, -- so war der Kaiser Alerander , obgleich er die Verdienste seines Oberfeldherrn vollkommen anerkannte, dennoch genöthigt einem andern den Oberbefehl des Heeres zu übertragen, indem er Barklay den Befehl über die 1. Weftarmee ließ, wie er ihn , so lange der Kaiser beim Heer war , gehabt
120 hatte.
Diesen Oberbefehl erhielt der von der Moldauarmee
kommende General Golenitschew Kutuſow ; - und dieser traf gerade in dem Moment bei dem Heer ein und übernahm deſſen Oberbefehl, als Barklay wirklich zur Schlacht entschloſſen war *) und das Heer in der trefflichsten Defensivposition stand, die es bis Moskau gab **) . Kutuſow theilte das Vorhaben Barklays nicht, bei Zarewo-Zolomiſchtſche eine Schlacht anzunehmen , vielleicht weil große Verstärkungen von Moskau im Anmarsche waren, die er erst abwarten wollte. Es war nämlich (russischen Anführungen zufolge) General Miloradowitsch mit 30,000 Mann Infanterie , 3800 Pferden und 40 Geſchüßen im Herankommen ***) und nur etwa mit so in der Nähe, daß er den 30. August Abends in Gszatsk eintreffen oder den
*) Die russischen Berichte behaupten, daß Kutufow nicht weiter als Gszatsk und keineswegs bis Zarewo-Zaimiſchtſche (Zolomiszcze) gekommen fei; -- worauf indeffen nichts ankömmt. Nur konnte er in dieſem Falle die Vortheile jener Stellung nicht selbst ermeffen. [Vergl. den Zusaß zu Anmerk. *** )] **) Bleſſon , der fie , wie die folgenden bis Moskau , unterſuchte, erklärt fie dafür : „ Ein mehrere Stunden langer Damm," sagt er, ,,führt die Straße quer durch einen Moraft, der sich rechts und links in unabsehbarer Ferne hinzieht , auf eine fanfte Anhöhe zu , die vor dem Damm in einem flachen Halbkreise liegt. Der Versuch , auf dieſem Damme vorzubringen , hätte nie gelingen können und das Umgehen würde so weit abgeführt haben , daß das umgehende Corps außer aller Verbindung gekommen wäre 2c." Buturlin behauptet , Kutusow habe die Vortheile jener Stellung wohl eingesehen. ***) Dieß machte Roftopschin in seiner Proclamation am 4. Sept. zu Moskau bekannt ; auch daß Markow überdieß noch mit 24,000 Milizen nachrücke. Indeſſen wird ziemlich allgemein angenommen, Miloradowitsch habe dem ruffiſchen Heer bei Borodino nur 16,000 Mann zugeführt, – was bei einer Stellung wie jene von Zolomiſchtſche kein so bedeutendes Gewicht in der Wagschale gewesen wäre , daß es die Nachtheile einer Schlacht näher bei Moskau aufwiegen konnte. [Clausewiß, hinterlassene Werke Bd. VII. S. 129 fagt , daß die Reserve unter Miloradowitsch, nur 15,000 Mann ftark , den 27. Auguft bei Wiäsma eingetroffen sei, Kutuſow aber den 29., an welchem Barklay mit Bagration wieder vereinigt gewesen und in der verschanzten Stellung zu ZarewoZaimischtsche angelangt sei , wo er die Schlacht habe annehmen wollen, wie auch oben gesagt worden ist, -— daß aber Kutusow vorgezogen habe ben Rückzug fortzuseßen. Zusaß des Herausg.]
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31. , wo die Schlacht wahrscheinlich vorgefallen sein würde, eingerückt sein konnte. Kutusow ließ am 30. Nachmittags das Heer aus jener festen Stellung aufbrechen und hinter Gszatsk lagern.
General Benningsen, der Chef seines Generalstabes,
hatte ihm gemeldet , daß er auf seiner Reiſe von Moskau her bei Borodino eine Stellung gefunden , die zur Annahme einer Schlacht vollkommen geeignet sei. 2. Der neue russische Oberfeldherr Kutuſow hatte hierauf am 1. September jene (wohl von Benningsen (f. 1.) bezeichnete) Stellung hinter der Kolocza nehmen laſſen , den rechten Flügel an die Moskwa, den linken an die Waldungen der alten Straße zwischen Utiza und Jelnia lehnend , und schien die Absicht gehabt zu haben, dieſem legteren durch die Redoute bei Später dürfte Szewardino eine stärkere Stüge zu geben. jedoch der Entschluß gefaßt worden sein , die Front des linken Flügels hinter dem Grund des westlichen Arms des Semenoffskoje-Bachs zu firiren und diese sofort durch Redouten zu decken. Diese Redouten , in Redanform, deren drei zwischen den beiden Armen des Semenoffskoje-Bachs und eine vor dem Dorfe Semenoffskoje selbst errichtet wurden , hatten indessen auf der Seite gegen die russische Linie nur ein schwaches Profil , ohne Graben, von geringer Höhe und mit breitem , ungesperrtem Eingange, so daß Reiterei sie hier angreifen konnte * ). Die Franzosen nennen sie auch nur redans , oder bezeichnen sie als Sie hatten gar keine Haltbarkeit, hinten offene Sägewerke. vielmehr völlig den Schein nur des moralischen Eindrucks wegen aufgeworfen zu sein , und dabei zwei bedeutende Nachtheile : 1 ) daß sie die vorliegenden Gründe nicht bestrichen ; 2) daß, da sie aus Feuersteingerölle aufgeworfen waren , bei auf ſie ſpielendem Geſchüß den Vertheidigern dieſes SchußDasselbe läßt sich von der, mittel selbst Verderben brachte. den linken Flügel des russischen Centrums verstärkenden großen,
*) Die würtembergischen Truppen , welche eine dieser ' Redouten lange besest hielten, geben eine solche Beschreibung davon (f. des Mafor von Miller's Darstellung des Feldzuges vom Jahr 1812, S. 112) -und Gourgaud sagt : ,,es waren so wenig geschloffene Redouten , daß es keinem französischen Trupp einfiel , fich darin zu vertheidigen ; man ftellte sich hinter oder neben ihnen auf.“
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ein vorspringendes Bastion darstellenden Redoute sagen , die man auch die große Batterie nannte. Der rechte Flügel des Centrums war durch eine vor Gorki liegende Redoute und eine noch mehr vorliegende Verſchanzung sehr stark unterſtüßt ; davor , jenseits der Kolocza, befand sich das theils verſchanzte, theils barricadirte Dorf Borodino. Auf dem rechten Flügel bis zur Moskwa bei Maslowo befand sich eine Reihe Fleschen. Durch Natur und Kunst war das Defilee der großen Straße von Borodino nach Gorki unangreifbar. ( S. den Plan V.) 3. Der unter einem sehr spigen Winkel , ein wenig oberhalb Borodino sich in die Kolocza mündende Pſarewobach mit seinem Grunde * ) theilte das russische Heer in zwei Hälften, von welchen die etwas größere am 5. und 6. September auf der rechten Seite desselben befindlich war.
Gorki, wo sich das
Hauptquartier Kutuſows befand, machte den Mittelpunkt. Der Grund der Kolocza und die übrigen Schluchten und Gründe, sowie die Dörfer , hatte Kutusow mit den Jägerbataillonen besegt.
Sein Heer , durch den Zuzug unter Miloradowitsch
(ſ. 1.) und Markow verstärkt ** ) , war in zwei Treffen aufgestellt : die Infanteriecorps von der Rechten zur Linken nach der Folge ihrer Nummern : das 2., 4., 6., 7., 8.; im dritten Treffen, und zwar in Linie , die Cavalerie. - Hinter dem Centrum der russischen Armee befand sich das 5. Corps (die Garden) als Reserve (nach russischen Berichten) ; auch das 3. Corps (Tutſchkow) ; lezteres jedoch zwischen der Hauptstraße und dem Moskwafluß. Das 2. und 4. Corps (Bagohufwut und Ostermann) waren (nach russischen Berichten) dem Befehl des Generals Miloradowitsch untergeben worden ; beide standen zwischen der großen Straße und der Moskwa. Links von Ostermann stand Doctorom oder das 6. Corps. Es dehnte sich von der Straße bis zur großen (bastionartigen) Batterie aus.
Rajewski oder
das 7. Corps lehnte seinen rechten Flügel an die große Batterie *) Der von Oft nach Weft , der Hauptstraße von Moskau auf Smolensk entlang , und füdlich derselben zieht. **) Miloradowitsch's Zuzug bekkand aus Rekruten und ward darum fofort unter alle Corps vertheilt; jener Markow's aber, da er die Miliz von Moskau enthielt , blieb zuſammen und erhielt den Wald der alten Straße zum Kampfplag.
123 und beſegte mit seinem linken das Dorf Semenoffskoje. Barasdin oder das 8. Corps und Woronzows Grenadierdiviſion *) waren mit der Vertheidigung der redans , die die Ruſſen „ die Bagrations - Redouten " nennen, beauftragt. Ihr rechter Flügel lehnte sich an Semenoffskoje; der linke erstreckte sich in Jedem , ein Infanden Wald (der alten Straße) hinein. teriecorps commandirenden General war ein Cavaleriecorps überwiesen ; an Tutschkow allein nur eine Diviſion Cüraſfiere, während die andere Cürassierdivision neben den Garden (zur Barklay commanallgemeinen Reserve) aufgestellt wurde. ― dirte, wie bisher , die 1. , Bagration die 2. Westarmee im Ganzen, oder Ersterer von der Moskwa an bis zu der Stelle der großen Batterie , Legterer von dieser Batterie an, welche die Truppen einer seiner Divisionen (Paskewitsch) besegt hatten , bis zur alten Straße. 4. Die Gegend , welche zum Schlachtfelde dienen sollte, hat viele breite Plateaur mit wenig hervortretenden Erhöhungen.
Die obere Abdachung ist flach, wird aber gegen den Rand
steil und endigt mit schroffen , oft mit Strauchwerk bewachsenen Abhängen. Die höchsten Stellen sind zumeist mit Laubholz bedeckt. (S. Plan V.) In den tiefen und zahlreichen Schluchten , welche diese Anhöhen durchschneiden , rinnen kleine Gewässer , die bei der Hige dieser Jahreszeit meist vertrocknet waren. Die Wege sind nur in den Thalschluchten schmal und schwierig. Die große Straße nach Moskau ist sehr breit und erlaubt mehreren Colonnen verschiedener Waffen nebeneinander zu marschiren. Sie durchschneidet die, einen Hauptabschnitt in dem zum Schlachtfelde ausersehenen Terrain bildende Kolocza (die nur noch ein untiefes, fast stehendes schlammiges Waſſer enthielt) sehr schräg bei Borodino ; von welchem Punkte an der Thalrand der sich hier nach Norden zur Moskwa wendenden
*) (Siehe die Anmerk. ** der Seite 117. ) Die Division Kolubakin , nebft den Grenadieren von Woronzow zum 9. Corps gehörig, war vielleicht noch rückwärts zu Moſzaist, da ihrer bei der Aufstellung des Heeres zur Schlacht nicht gedacht wird , und fie doch während diefer im Centrum zum Vorschein kömmt. -- Markows Miliz dürfte erft nach dem Abmarsche von Tutschkows Corps mit dem als Reserve verbliebenen Theil deffen Stelle einzunehmen befehligt worden sein.
124 Kolocza so steil ist und so seltene und schwierige Communicationen hat , daß dieser Theil fast nicht zu überschreiten ist. Die große Straße hat auf ihrer Rechten oder südlich von Kolotzkoi bis Borodino die in östlicher Richtung fließende Kolocza , und von hier an den in entgegengesezter Richtung fließenden Psarewobach , meist nur in kurzer Entfernung (ſ. 3). Von der ersten Brücke bei Borodino bis Gorki führt sie über einen Hügel , der , von der Kolocza und dem Ravin des Psarewobachs begränzt , ein Defilee von etwa 3000 Schritten ( 1000 Toisen) Länge bildet. — Die alte Straße von Smolensk, welche sich mit jener vor Moſzaisk vereinigt , geht über den waldigen Hügelzug bei Utiza. Außer diesem Dorfe und einigen Gehölzen bietet sie keine Schwierigkeiten dar. - Unter den Gewässern ,
welche die Kolocza zur Rechten aufnimmt,
hatte der in zwei, etwa eine halbe Stunde auseinanderliegenden Quellen auf dem Plateau von Utiza entspringende Bach , dessen Arme sich etwa 900 Schritte vor seinem Einmünden in die Kolocza vereinigen und nach Norden fließen, den größten Einfluß auf die Schlacht. Der öftliche Arm , an deſſen rechtem Ufer das Dorf Semenoffskoje liegt, und welchen man von der Seite, wo das französische Heer stand , nicht eher entdecken konnte bis man ihn erreichte, hat beiläufig 1600 Toiſen Länge und kommt aus Südost. Der westliche Arm , aus Südwest kommend , ist nur 1200 Toisen lang ; hinter ihm hatte Kutuſow am 6. und 7. September seinen linken Flügel aufgestellt. Dieſe Schlucht ist tief; die steilen , mit Geftrüppe bewachsenen Abhänge find schwer zu überschreiten ; die Sohle ist ungefähr 150 Schritte (50 Toisen) breit , der untere Theil des linken Uferrandes mit Bäumen bewachsen. Die Gehölze , mit Jägern von ruſſiſcher Seite befeßt , erleichterten die Vertheidigung des Ravin und verhinderten die französischen Anführer sehr an Beurtheilung des Terrains.
Zwischen beiden Armen , näher
beim östlichen , erhebt sich ein vorragender Hügel mit kleinen Erhöhungen , welcher die Umgegend beherrscht. Dieser war Der es , worauf die Ruſſen drei Redouten erbaut hatten. Woina- oder Woënkabach , welcher sich unterhalb des eben bezeichneten, von Semenoffskoje benannten Bachs ,
in südlicher
Richtung in die Kolocza mündet und rechts an Borodino vor-
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beifließt, trennte gleichfalls die beiden gegnerischen Armeen ; er ist das erste Terrainhinderniß bei einem Angriff auf die große Straße. Borodino beherrscht das rechte Ufer desselben. Dieß Dorf ist auf der Westseite oder gegen die Woina hin leicht zu vertheidigen , hat aber auf der Nordseite keine Widerstandsfähigkeit. - Auf der Seite von Utiza (oder Süden) her war am Leichtesten zu der Stellung des russischen Heeres zu gelangen, besonders nach dem Vortheil den die Franzosen am 5. (bei Szewardino) erfochten hatten.
Von Borodino bis zum Wald-
ſaume südlich von Szewardino find nur etwa 4 Stunden Wegs. Vierunddreißigstes Kapitel. Schlacht an der Moskwa oder von Borodino , am 7. September. ( S. Plan V.) 1. Das französische Heer zählte (nach Chambray) an Combattanten für die Schlacht 134,000 Mann , darunter 103,000 Infanterie , 31,000 Cavalerie nebst zugetheilter Artillerie und 588 Geſchüßen , - wenn man nach den Tageslisten , die dem Kaiſer am 2. Abends (ſ. XXXII. 3) eingereicht wurden, urtheilt. ― Pelet sagt dagegen : „ Man kann die Armee am Tag der Schlacht nur 126,000 Mann stark annehmen, darunter 84,000 Mann Infanterie , 27,000 Mann Cavalerie , 15,000 M. Artillerie und Genie, mit 563 Geſchüßen." Jene Tageslisten vom 2. beſagten : Armeecorps und Corps.
1) Kaiſergarde *) 2) 1. Armeecorps ( Fürft Eckmühl) 3) 3. **) (Ney, Herz.v.Elchingen) 4) 4. " ***) ( Eugen, Vicek.v.Italien) 5) 5 . " †) (Fürft Poniatowski) 6) 8. (Junot, Herz. v.Abrantes) " 7) 1. Corps d. Reserve-Caval. (Nanfouty) 8) 2. " " "/ ++) (Montbrun) 9) 3. " (Grouchy) 10) 4. " +++) (Latour " Maubourg) Zu2) u. 3) Cavalerie d. 1. u. 3. Armeecorps| Summa
Entfernte, jedoch| Anwesende bis zum7. eintreffen Ge. könnende Infant. Caval. schüße. n Caval. u. Artill. u. Artin. Infa terie. u. Artill.
13932 36402 10314 20063 8430 7932
676
100 147 69 88 50 30 25 29 10
196
24 6
1318
588
4930
3465 1638 936 4999 3943 2907
2784 964 1466 260 529
3600 3007 97073 29425
6003
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259 160
*) Die_detaſchirte, von Smolensk erst am 4. September abmarſchirte Divifion Delaborde der fungen Garde nicht gerechnet. **) Das 3. Armeecorps hatte sowohl vor dem Feind als durch
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Dieser Tageslisten unerachtet, gibt doch auch Chambray nur 120,000 Mann anwesend in der Schlacht zu. 2. Das russische Heer zählte für die Schlacht (nach Buturlin) 131,000 Combattanten mit 600 Geſchügen und zwar : = 11,500 M. 1) das 2. Corps der 1. Armee (Bagohufwut) = 7,000 ,, 2) "1 3. " // // "/ (Tutschkow) 3) " 4. " = 10,000 (Oftermann ) " " " 4) " 5. " LI (Lawrow, Garden) = 17,000 " " " = 8,500 ,, 5) " 6. " !!!! " (Doctorow) = 2,500 6) das 1. Corps Cavalerie (Uwarow) 2. 7) = 3,500 ,, (Korff) " " Hierzu die Arrieregarde von Konownißin, incl. feiner eignen Divifion , die am 6. Sept. in die verschiedenen Corps der 1. Armee ver= 15,000 ,, theilt wurde Zusammen die 1. Armee = = 14,000 M. 8) das 7. Corps der 2. Armee (Rajewski) = 20,000 ,, (Barasdin) 9) " 8. "1 "/ 10) !! 9. " fehlt *) " (Gorczakow) = 2,200 11) die 2. Division Cüraſfiere = 3,000 ,, 12) das 3. Corps Cavalerie (Pahlen) Beftand der 2. Armee 13) die Milizen von Moskau = 14) Kofacen
3m Ganzen
75,000 M.
39,000 M. 10,000 , 7,000 ,
131,000 M.
Strapazen ganz besonders gelitten. Die Stärke des würtembergischen Corps z . B. war auf † ſeiner ursprünglichen heruntergekommen ; weßhalb im Lager von Gszatsk die würtemberger Infanteriedivifion in drei Bataillons eingetheilt wurde. Jede der drei Brigaden formirte ein Bataillon , jedes vorherige Bataillon eine Compagnie. Der ausrückende Stand der drei in eine Brigade formirten Bataillons betrug vom Oberften abwärts nur 1456 Mann. Die würtembergischen Reiterregimenter zählten noch 762 Säbel, die Artillerie 418 Mann. Das ganze würtembergische Corps den 2. Sept. 2636 Combattanten. ***) Die detaſchirte Divifion Pino nicht mit gerechnet , da fie den 7. noch nicht eingerückt sein konnte. +) Die detaſchirte Division Dombrowski natürlich nicht mit gerechnet. tt) Die detaſchirte leichte Reiterdivision Pajol mitgezählt , da fie den 4. einrückte. ttt) Ungefähr ; und ohne die an Dombrowski attaſchirte ReiterDas 4. Reitercorps stieß am 4. September brigade einzubegreifen. wieder zum Heer und ift darum hier gezählt. *) S. Seite 117 , Anmerk. **.
127 Da indessen Buturlin die unter Miloradowitsch und Markow von Moskau angekommenen Verstärkungen des russischen Heers (s. XXXIII. 1.) nur zu 22,000 Mann annimmt , welche Roftopschin in öffentlicher Bekanntmachung zu 63,000 Mann angab, so möchte, wenn man auch nur die Hälfte ersterer Angabe annimmt , das russische Heer 140,000 Mann , und wenn man das fehlende 9. Armeecorps Gorczakows (die Diviſionen Woronzows und Kolubakins) mit etwa 10,000 Mann hinzuthut , so muß das russische Heer 150,000 Mann stark gewesen sein, oder doch jedenfalls 140,000 Mann betragen haben *). 3. Morgens 3 Uhr am 6. September war der Kaiser Napoleon bereits zu Pferd, um das Terrain und die feindliche Stellung zu recognosziren **).
Er durchstrich den größten Theil
des Tages das Terrain , lange Zeit , oft zu Fuß , die wichtigsten Punkte mit großer Aufmerksamkeit betrachtend. Auf dem linken Flügel vor dem (italienischen) 4. Armeecorps , wo er die Thäler der Kolocza und Woina untersuchte, ließ er dem Zuſammenlaufe dieser Bäche gegenüber mehrere Befestigungswerke aufführen , sowohl um die Aufmerkſamkeit des Feindes hierherzuziehen , als die Verbindung und diesen Stüß- und Schwenkpunkt des Heeres zu sichern. — Auf dem rechten Flügel bei dem (polnischen) 5. Armeecorps bestieg er eine Anhöhe zwischen Doronino und Utiza.
Hier war es , wo er dem in
seinem Gefolge befindlichen König von Neapel bemerkte: „ Er solle morgen unaufhaltsam gerade vordringen , niederwerfen was er vor sich finde, dann sich links wenden , um den Feind in die Flanke zu nehmen und den Angriff gegen die Mitte zu unterſtügen.“ Von der Stellung des russischen rechten Flügels , des 2. Treffens und der Reserven konnte man am 6.
*) Immer muß hiernach angenommen werden , daß das ruſſiſche Heer 10,000-20,000 Mann stärker zur Schlacht ausrückte als das franzöfifche. [Clausewiß spricht von etwa 120,000 Ruffen , wovon 30,000 Kosacken und Milizen , gegen 130,000 Franzosen ; gibt jedoch Näheres zum Beleg feiner Behauptung nicht an. Zuf. d. Herausg. ] **) Unſer Generalcommandeur , Prinz Emil von Heffen, hatte vorzugsweise die Ehre den Kaiser zu begleiten. -- (Was von dieser Recognoszirung gesagt ist, ift dem Tagebuche des Generalcommandos entnommen).
128 nichts entdecken. Man nahm nur die verschiedenen Anhöhen wahr , auf denen sich feindliche Werke und einige Biwacks des 1. Treffens befanden. - Der linke Flügel der feindlichen Stellung war offenbar der schwächste Punkt.
Es war (dem
17. Bülletin zufolge) unschwer zu unterſcheiden , daß die hier befindlichen Redouten kaum etwas aus der Erde geſchaufelt und weder mit Palissaden noch Sturmpfählen versehen waren. — Mit großer Zufriedenheit hatte Napoleon das feindliche Heer in Stellung und , wie es allen Anschein hatte , zur Annahme der Schlacht entschlossen gefunden.
Um diesen Entſchluß des
feindlichen Feldherrn nicht wankend zu machen , ließ er heute sein Heer in scheinbarer Unthätigkeit beharren, mehr den Schein von Defensiv- als Offensiv-Maßregeln annehmen und vermied es insbesondere den feindlichen linken Flügel zu bedrohen. 4. Die Dispositionen der Ruſſen, ſoweit sie Napoleon_bemerken oder errathen konnte , bestimmten die ſeinigen. Daß die Ruffen auf dem rechten Ufer des Psarewobachs ebensoviel oder mehr Truppen in Stellung haben würden , als auf dem linken , ließ sich weder bemerken noch auch nur mit einiger Wahrscheinlichkeit vermuthen. Napoleon mußte das russische Heer in vielfachen Linien hintereinander zwiſchen beiden Straßen auf Moskau zu finden glauben. Hierauf weisen die Aeußerungen des 17. Bülletins , noch mehr seine Dispositionen hin, indem er seine Truppen mit vielfachen Reserven zur Lieferung einer Parallelschlacht ordnete ,
wobei er zugleich den linken
Flügel des Gegners auf der alten Straße zu überlangen und seinen Hauptangriff auf dieſen und das Centrum , wie es sich darstellte, nämlich von den drei Bagrations - Redouten bis zu der großen bastionirten Batterie , zu richten suchte , ſeinen eignen linken Flügel, unter Festhaltung der großen Straße, verſagend. In diesem Sinne schickte er , nach Vollendung seiner Recognoszirungen , den verschiedenen Corps Befehle in Betreff der auszuführenden Bewegungen , die aber erst mit der Abenddämmerung beginnen ſollten und zugleich seine allgemeinen Befehle über ihr Verhalten beim Beginnen der morgigen Schlacht; endlich eine Proclamation , die nur in dem Falle vorgelesen werden sollte wenn es wirklich zur Schlacht komme. 5.
Die von dem Kaiser zur Aufstellung des Heeres in
129 Schlachtordnung auf den Abend angeordneten Bewegungen er gaben Folgendes : Die Divisionen , brigadenweise formirt *), ihre Artillerie links habend , eſchelonirten sich von der Rechten zur Linken. Sie zeigten drei (durch den geringen Raum der Front béengt) sich berührende Linien. ― Das polnische (5.) Armeecorps stand füdlich von Doronino. Auf dem rechten Flü( gel wurde die Division Compans in dem Holze südlich der Redoute von Szewardino aufgestellt ; etwas rückwärts von ihr, zwischen dem Holze und der Redoute , die Division Deſſair ; mehr rückwärts links die Division Friant. Das 3. Armeecorps faßte (nach dem Befehl des Kaisers ,,hinter der gestern genommenen Redoute") im Centrum Posto und hatte in 2. Linie das 8. Armeecorps (die westphälischen Diviſionen). -- Auf dem linken Flügel , und zwar jenseits der Kolocza oder auf deren linkem Ufer, war die an die Befehle des Vicekönigs angewiesene Division Morand (vom 1. Armeecorps ) aufgestellt und hatte die (gleichfalls zum 1. Armeecorps gehörige) Diviſion Gérard in 2. Linie. Die Division Broussier (des 4. Armeecorps) befand sich links auf der Höhe der Division Gérard, und endlich die Division Delzons (des 4. Armeecorps) auf dem äußersten linken Flügel der Infanterie. Die italienischen Garden bildeten hier die Reserve. Hinter dem Centrum, nordwärts der am 5. genommenen Redoute rangirten, gleichfalls brigadenweiſe in Colonne **) , die junge und alte Garde des Kaisers ***) , unweit der Division Friant. Die Division Claparede oder Weichfellegion befand sich links der Garde. Das 1. Corps der Reservecavalerie (Nansouty) stand in Schwadrons - Colonne hinter dem rechten Flügel ; das
2. Corps
(Montbrun)
im
Centrum; das 3. ( Grouchy ) hinter dem linken Flügel , an die
*) (Also in geöffneter , oder auf halbe Diftanz gefchloffener Brigadencolonne.) Die Brigaden der Infanterie waren Regimenter. **) ,,Placée en bataille par brigade en arrière de la gauche de la rédoute (lautete die Ordre) la jeune garde en tête, la vieille garde et la cavalerie ; toute l'artillerie de la garde sera placée sur la gauche.“ ***) Es gab einen kleinen Hügel (tertre) vor fenem der Redoute, worauf sich der Kaiser begab , als die Schlacht begann. Vor demselben öffnet sich ein Ravin , das sich nördlich zog. Röder, Kriegszug. 9
130 Befehl des Vicekönigs angewiesen ; das 4. (Latour-Maubourg) in Reserve in legter Linie , hinter dem Centrum. General Ornano mit der leichten Reiterei des 4. Armeecorps befand sich auf dem äußersten linken Flügel und eclairirte ihn. Man baute in der Nacht des 6. Brustwehren zu drei Standbatterien, jede für 24 Zwölfpfünder des Reservegeſchüges, deren eine am Waldſaum auf der Rechten , die andre gerade vorwärts Szewardino *) , die dritte endlich vor dem linken Flügel errichtet wurde, legtere mit der Bestimmung , auf die große bastionirte Batterie , die ersteren beiden auf die BagrationsRedouten oder redans ihr Feuer zu eröffnen , wozu sie durch die mobilen Batterien, jede bis auf 60 Geschüße, verstärkt und namentlich dazu auch sämmtliche Haubigen der Garde verwendet werden sollten. 6. Die allgemeinen Anordnungen des Kaiſers zur Schlacht waren :
"/Alle Armeecorps -Befehlshaber ſollten mit
Ordnung und methodisch verfahren ; jede Division solle succesſive ihre Brigaden in's Gefecht bringen wc.;“ der Vicekönig (Eugen) in der Nacht Brücken über die Kolocza schlagen laſſen, um darüber zu dem Plateau, worauf sich der Feind aufgestellt (und die große Batterie erbaut) hatte , debouschiren zu können. Die Schlacht solle durch ein heftiges Feuer der beiden verstärkten Standbatterien rechts gegen die redans des
russischen linken
Flügels eröffnet werden ; inzwiſchen Poniatowski die alte Straße von Smolensk gewinnen und darauf sogleich bis auf gleiche Höhe mit jenen redans vorzubringen suchen. Davouft (Fürst legterer dem Eckmühl) und Ney (Herzog von Elchingen) , ersteren zur Linken , wie sie zur Schlacht rangirt standen , waren mit dem Angriffe der redans und Semenoffskojes beauftragt 2c. Eugen sollte abwarten bis die Kanonade auf dem rechten Flügel in vollem Gange sei , dann durch einen Angriff auf Borodino sich dieses Punktes bemächtigen , um die Auf-
*) Nach dem Tagebuche unseres Generalcommandos wurden hier Brustwehren für 2 Batterien (also wohl eine für die 24 Zwölfpfünder des Reservegeſchüßes und eine für das Wurfgeſchüß) erbaut. Ebenso möchte es auf dem linken Flügel der Fall gewesen sein , da es hier mehrere Brustwehren zur Aufstellung des Geschüßes gab.
131 merksamkeit des feindlichen Feldherrn hierher , oder von dessen linkem Flügel , dem der Hauptangriff galt , insoweit abzuziehen, daß er nicht sogleich dorthin Verſtärkungen ſende ; hierauf denn, wenn man der redans dieſes Flügels sich bemeistert, unverweilt mit dem Haupttheile seiner Streitkräfte die Kolocza passiren, sich der großen bastionirten Batterie bemächtigen und ſich mit dem 3. Armeecorps verbinden 2c. 20. Um 5 Uhr Morgens den 7. September solle das Heer vollkommen zum Angriff bereit sein. Den Garden wurde insbesondere auch befohlen, en grande tenue zu sein *). Die den Reserve- Cavaleriecorps ertheilten Befehle besagten : Nansouth habe den Divisionen des 1. Armeecorps (deren Führung dem General Compans namentlich vom Kaiſer übertragen war) , Latour-Maubourg jenen des 3. Armeecorps zu folgen ; Montbrun solle sich längs des Ravins , welches sich vom Walde her nach der Kolocza ziehe (der weftlichen Quelle des Semenoffskojebaches), bewegen und mit dem rechten Flügel vor Semenoffskoje stellen. Anderweitige Befehle sollten diese Corps nach den Umständen erhalten. 7. Der russische Oberbefehlshaber Kutusow, welcher in der Aufstellung und dem Thun des französischen Heeres keine Veranlaſſung fand , ſeine Kräfte in der genommenen Stellung anders als bisher zu vertheilen (s. XXXIII. 3) , um so weniger, als jenes auf dem linken Ufer der Kolocza stärker erſchien und war als auf dem rechten ; auch das polnische (5. ) Armeecorps sich von der alten Straße ab und linkshin gegen Doronino ge= wandt hatte , begnügte sich am 6. seine Truppen zu inspiziren, sie zur Schlacht leiblich zu kräftigen und bis zur Eraltation geistig zu stärken.
Bei seiner Heerschau , wobei er das wun-
derthätige Marienbild , das man von Smolensk mitgenommen, umherführte , forderte er , unter Hinweiſung auf daſſelbe , die Soldaten auf, für Religion und Vaterland den Sieg zu erkämpfen
gegen den Tyrannen der die ganze Welt beunruhigte,
*) Pelet fagt : „ La vieille garde , en grande tenue , formée en colonne par bataillon à distance de 60 pas , ce qui faisait croire à l'ennemi qu'elle étoit deux fois plus nombreuse. " Das hessische Generalcommando sagt: ,,Die Garden in der Staatskleidung , theils aufmarſchirt , theils in Colonne fehend.“ 9*
132
den Erzempörer gegen alle göttlichen und menschlichen Geseze, Menschenschlächter , Tempelschänder 2c. " und versicherte fie, ,,daß Gott sich nicht weigern werde , seinen Schild über sie auszubreiten und seinen Feind mit dem Schwerte des heiligen Michael (womit dieser den Teufel niederwarf) zu bekämpfen ;" was denn , verbunden mit dem religiösen Schaugepränge, mächtig auf die abergläubigen Russen wirken mußte und wirkte. 8. Hierzu kam , daß die russischen Soldaten, im Ueberfluß mit Lebensmitteln und geistigen Getränken versehen, die Nacht vor der Schlacht in gutem Schlafe in ihrem Standlager verbrachten und wohl gestärkt am 7. früh zu den Waffen griffen, während die französischen , für ihre Nahrung auf das Fleisch ihrer Heerden reduzirt , einen großen Theil der Nacht in Bewegung zubrachten und endlich kaum ein Paar Stunden auf kalter feuchter Erde ruhen konnten. 9. Um 3 Uhr Morgens waren alle von dem franzöſiſchen Heer zu machenden Bewegungen ausgeführt und es befand sich nach Vorschrift zur Schlacht aufgestellt. Napoleon, dessen Zelt seit dem 5. Abends hinter Walujewo (s. Plan V) in der Mitte eines von der Infanterie der alten Garde gebildeten Carrees stehen geblieben war , erwachte um 2 Uhr Morgens und erkundigte sich nach dem Wetter. Auf die Antwort, es sei hell , rief er aus : „ wir werden dasselbe wie zu Auſterlig haben." Bald darauf stieg er zu Pferd und begab sich mit ſeinen dienstthuenden . Schwadronen zu der am 5. den Russen entrissenen Redoute. Die junge Garde und Gardecavalerie war ihm hierher vorangegangen , die alte Garde kam bald nach. Hier gab er , als es nun nach den Meldungen gewiß war , daß der Feind seine Stellung beibehalten habe, den Armeecorpsbefehlshabern seine legten Befehle zur Schlacht und von hier aus leitete er diese dann auch bis zu ihrer Entscheidung. Die alte Garde stellte sich vor und hinter den Hügel des Kaisers * ) in zwei Linien. Die Gardefüfiliers und die junge Garde formirten sich späterhin vor jener in Colonne, während sich die Gardecavalerie links derselben aufstellte **).
*) S. Seite 129 , Anmerk. ***. **) Unser 2. Bataillon Leibregiments befand sich (noch immer als
133 10. Um 5 Uhr Morgens wurde ban geschlagen und den Truppen regimenterweise die vom Kaiser hinausgegebene Proclamation vorgelesen. Kurz und energisch wies sie auf die Nothwendigkeit zu ſiegen hin (wovon für sich schon jedermann durchdrungen war) und gab den Siegern gute Winterquartiere, schnelle Rückkehr in's Vaterland und dauernden Ruhm in Aussicht. 11.
Kaum schimmerte der Tag *) , so fing man auf dem
linken Flügel (wo Eugen vier Brücken oberhalb Borodino und der Einmündung der Woina über die Kolocza hatte ſchlagen laſſen) zu tirailliren an und noch konnte man auf keine größere Entfernung als 100 Schritte sehen ,
als (gegen 6 Uhr) die
schweren Batterien der Franzosen eine donnerähnliche Kanonade begannen."
(Die Batterie des Generals Sorbier , rechts am
Walde, machte den Anfang.) „ Die russische Artillerie antwortete nicht eher als bis die Sonne aufgegangen war ; dann aber ging sie den Wettkampf ein. Die Einhörner warfen Granaten bis zum Aufenthalte des Kaisers ." 12. Während dieser Kanonade marſchirten die Truppen, um die befohlenen Bewegungen auszuführen. Zuerst das 5. ArN meecorps , welches schon um 5 Uhr aufbrach , um die alte Straße von Smolensk zu gewinnen. Es sollte im Vorrücken auf derselben frühzeitig genug die Waldung vom Feinde säubern , damit von dorther kein Hemmniß der Attaque, die gegen die Redouten des linken Flügels geführt werden sollte, eintrete. Der Marsch betrug keine Stunde Wegs . Da Poniatowski aber lauter Waldung zu durchziehen hatte, was ihn, bei der Schwäche seines Armeecorps, welches nicht viel über 10,000 Mann zählte, und der Ungewißheit über die Stärke des Feindes zu doppelter Vorsicht aufgefordert zu haben schien , so rückte er nur sehr langsam vorwärts und kam endlich , nachdem Utiza genommen worden war , was noch vor 8 Uhr Morgens geschah , bei dem nachfolgenden Waldhügel ganz zum Stillstehen, wo er mit dem hier befindlichen russischen Corps eine Kanonade engagirte und tiraillirte bis Nachmittags. Ledeckung des Artillerieparks des 1. Armeecorps) am Fuße des Hügels der Redoute von Szewardino (zufolge einer Relation eines Offiziers dieses Bataillons). *) Laut Tagebuchs des großherzoglich heffischen Generalcommandos.
134 13. General Compans , von dem Kaiſer zur Führung des Angriffs gegen die Redouten oder redans des russischen linken Flügels unter Direction des Marschalls Fürsten Eckmühl ausersehen , segte sich mit seiner und der Division Deſſair (die Division Friant blieb als Reserve stehen) ―― nachdem die Kanonade eine halbe Stunde gedauert hatte, in Bewegung. Marschall blieb rechts der Batterie am Walde halten.
Der Die
Division Compans , die Artillerie beider Diviſionen zur Linken, marſchirte am Waldsaume hin, die Division Deſſair eschelonirte fie rechtsrückwärts , im Walde gehend. Das halben Wegs befindliche, stark mit russischen Jägern besezte Ravin (der westliche Arm des Semenoffskojebachs ) ward bald forcirt und die ſie unterſtügende 1. Linie Barasdins , des heftigsten Feuers der ruſſiſchen Batterien unerachtet, zurückgeworfen. Compans, der sich nun nur noch mit seiner ersten Brigade (Duplain) in der Nähe des Waldsaumes hielt , nebst 30 Geschügen aus denen er ein starkes Feuer auf die Redouten beginnen ließ, detaschirte seine 2. Brigade (Teſte) , aus dem 25. und 57. Infanterieregiment bestehend, gegen die nächſte derselben (die äußerste des linken Flügels). Das 57. Regiment hatte sie auch nicht sobald erreicht, als die Russen auch schon sie zu verlassen gezwungen waren. In diesem Augenblick wurde General Compans schwer bleſſirt ( 74 Uhr) , was um ſo nachtheiliger wurde, da er ganz allein die Idee des Kaiſers in Führung dieses Angriffs kannte. Das Commando der Division Compans ging nun auf den Brigadegeneral Duplain über und der Divisionsgeneral Deſſair führte das Ganze der Attaque. Diese kam jedoch nun , da auch Duplain blessirt wurde *) und der Feind die Offensive ergriff, ſehr ins Stocken , um so mehr , als der Marschall auf seinem Standpunkte auch eine Blessur erhielt und dadurch verhindert ward zur Abhülfe heranzueilen.
Der Kaiser ,
dieß
Alles im Auge habend , schickte nun zur Anführung der beiden
*) Gourgaud versichert zwar , daß auch Dessair alsbald , also bevor Rapp eingetroffen , bleſſirt worden sei und dieß das Schwanken vermehrt habe. Ebenso Andere. Rapp aber in seinen Memoiren widerspricht und sagt , daß er von Deffair erseßt , dieser aber kurz nach ihm auch_bleſſirt_worden ſei.
135 Divisionen seinen Aide de camp , Grafen Rapp , ab und befahl zugleich dem König von Neapel dorthin zu eilen ,,,um zuzusehen was es gäbe“ und in wie weit die Beihülfe der Tavalerie erforderlich sei. Inzwischen ging die genommene (linke Flügel-) Redoute wieder verloren. 14. Marschall Ney , unter deſſen Befehle auch das 8. Armeecorps gestellt worden war , erhielt um 7 Uhr den Befehl zum Angriff vorzurücken. Die ihm über Szewardino gegebene Richtung würde ihn nordwärts von Semenoffskoje gebracht haben ; aber kaum war die Spize des 3. Armeecorps in den ersten Grund (des westlichen Arms des Semenoffskojebachs) gekommen, als er auch schon die Stockung und rückgängige Bewegung der Division Compans bemerkte und sofort seiner Spige die Richtung rechtshin gab *) .
Die voranziehende Division Ledru
(die 10. ) mußte mit einem Regiment (dem 72. ) sogleich die 1. oder äußerste Redoute des linken Flügels ** ) angreifen und nehmen, während die zwei Diviſionen Compans , die sich inzwiſchen linkshin gewendet hatten , „ ermuthigt durch diesen Angriff" (sagt Gourgaud), von Neuem angriffen. Das 57. Regiment stürzte sich nun , zugleich mit dem 24. leichten der Division Ledru , auf die 2. (zunächst Semenoffskoje liegende ?) Redoute und drang ,,pêle-mêle" mit ihm ein. Die Ruſſen kamen indeffen durch neue Angriffe bald wieder in den Besig der einen Redoute, doch nicht jener des äußersten linken Flügels (die die Würtemberger von 11 bis 4 Uhr Nachmittags behaupteten). Es scheint übrigens , daß dem Marschall Ney gleich Anfangs und bevor noch die Hälfte seines kleinen Armeecorps
*) Ohnehin hätte er nun seine Bewegung, an den noch in feindlicher Gewalt befindlichen Redouten vorbei , nicht fortzusehen vermocht. So handelte er , wie es Noth that. **) Nach Pelet hätte er die zunächst dem Dorfe Semenoffskoje liegende Redoute zuerst angreifen und nehmen laſſen ; nach den würtem= bergischen Berichten möchte es aber die 1. oder äußerste des russischen linken Flügels gewesen sein , welche demnächst die würtembergische Infanterie zu behaupten hatte und behauptete. Major von Miller spricht sich darüber klar aus. Aus dem Bericht an den König von Würtemberg geht es nicht klar hervor, noch aus jenem des Marschalls Ney oder des Königs von Neapel.
136 aus dem Grunde sich herausgezogen hatte, die Umstände so dringend schienen , daß er nahm , was er zur Hand fand , um dem Vorrücken der russischen Infanteriecolonnen etwas Einhalt zu thun. So warf er ihnen denn die leichte Cavaleriebrigade Beurmann, insbesondere die zwei würtemberger Jägerregimenter entgegen , die auch tapfer einhieben , 2. Kanonen nahmen und fie zum Stehen brachten. 15. Das 8. Armeecorps unter Junot , Herzog von Abrantes , folgte dem 3. , mit Ausnahme jedoch der 1. Brigade (Damas) , als welche auf Befehl des Kaiſers in das Holz zur Rechten des Angriffs der Divisionen Compans um 7 Uhr geschickt wurde, wo sie dann , zuerst ihre Artillerie (9 Stücke) mit der jener beiden Diviſionen vereinigend, als diese sich nach den Redouten wandten , ungefähr auf gleicher Höhe mit ihnen, aus dem Holze ins Freie trat und sich den sehr heftig werdenden Angriffen der russischen Truppen entgegenzustemmen suchte. 16. Eugen , Vicekönig von Italien , hatte Befehl sich des Dorfes Borodino zu bemächtigen, sobald die Kanonade auf dem rechten Flügel lebhaft im Gang sei , dann , nach Maßgabe des fortschreitenden Angriffs daselbst, vorzurücken (vergl. 6). Demzufolge ward die Division Delzons ( 13.) beauftragt über die Woina zu gehen , welchen Bach die leichte Cavalerie des General Ornano schon früher passirt hatte. Um 62 Uhr griff das 106. Regiment von der Brigade Plauſanne Borodino an, nahm es trog des starken Widerstandes der russischen Gardejäger und verfolgte diese so rasch , daß ihnen nicht Zeit blieb die Brücken über die Kolocza zu zerstören. Hierauf jedoch sich nicht beschränkend drang es weiter und bis zu den Verſchanzungen von Gorki vor. General Plausanne , der es zurückhalten wollte , fiel und es wurde nun hier von einer solchen Uebermacht angegriffen , daß es nur nach schwerem Verluste sich einen Rückzug erkämpfen konnte und diesen größtentheils dem 92. Regiment verdankte , das zu seiner Rettung ihm nachgefolgt war. Diese heftige Attaque hatte jedoch den Nugen, den russischen rechten Flügel einige Zeit festzuhalten. Borodino wurde behauptet. Inzwischen hatte Eugen die Divisionen Morand (die 1. ) und Brouſſier (die 14. ) oberhalb jenes Dorfs
137 über die Kolocza gehen lassen (f. 11) . Legtere versuchte zwischen dem Grunde des Psarewobachs und einem von der bastionirten Batterie herabziehenden Grunde in dem Moment vorzudringen , als das 106. Regiment
(der Diviſion Delzons)
gegen die Batterien von Gorki anstürmte , litt aber von jener Batterie so stark, daß General Brouffier, was die Höhe hinaufgegangen war , wieder in den Grund zog und hier Stellung nahm. General Morand, der Befehl erhalten hatte die große bastionirte Batterie wegzunehmen , führte um 8 Uhr seine Diviſion , die 1. Linie deployirt , die 2. in Bataillonscolonne *), unter dem Feuer von 80 auf sie gerichteten Geschügen aus dem Grunde der Kolocza auf das Plateau.
Sie warf und zerstreute
die sich ihr entgegenstellende russische Division Paskewitsch **) ; das 30. Regiment unter General Bonami erſtürmte die Batterie. „Hätte Ney in diesem Augenblicke ," sagt Pelet , „ den Semenoffskoje- Grund in der ihm angewiesenen Richtung paſſirt gehabt und sich mit ihr in Verbindung segen können, so dürfte jegt schon die Schlacht entschieden gewesen sein *** ) ; " aber iſolirt sich auf der rechten Seite des Kolocza- Grundes befindend, und auch nicht aus allen Kräften von Eugen auf dem eroberten Punkte unterstügt — (wohl, weil er die Attaque auf dem rechten Flügel nicht fortrücken sah und zu früh gehandelt zu haben glauben mochte , auch noch auf der Hut gegen eine Offensive des russischen rechten Flügels an der Woina ſein mußte) war dieſe brave Division gezwungen, vor der feindlichen Uebermacht zu weichen. Kutusow hatte den ganzen Rest seiner Reſerve
*) ,,Par colonne de bataillon " und ,,en colonne par bataillon" wird davon geredet. Hier folgte also der 1. Linie en bataille nicht eine 2. von in Maffe zum deployiren geschlossener einzelner Bataillons, fondern eine einzige Bataillonscolonne mit ganzer , halber oder Viertelsdistanz. **) ,,Les débris dispersés ne présentent plus que des colonnes informes," fagt Buturlin. ***) Dieß wäre doch noch sehr die Frage ; - denn die Ruffen hatten ' hier herum Truppen genug , und es konnten leicht aus dem Centrum und felbft vom rechten Flügel noch mehr herangezogen werden. Jedenfalls mußte man erst Meifter des Hügels von Semenoffskoje fein.
138 mit einer Diviſion des 6. Corps und der Diviſion_Kolubakin *) vereint aufgeboten , diesen wichtigen Punkt wieder zu nehmen. Die Division Morand wich zwar beim Herannahen solcher Uebermacht sogleich, jedoch nur langsam und in großer Ordnung, wobei sie durch die herangekommene Division Gérard (3.) gut unterſtügt wurde ; die große Batterie ging aber wieder verloren, ohne daß man noch ihr Geſchüß ganz oder zum Theil (vermuthlich weil man nicht darauf vorgesehen war oder schnell genug Vorsehung that) unbrauchbar gemacht hatte.
Das 30.
Regiment mußte sich schon , mit Zurücklaffung seines schwer bleſſirten Generals (Bonami) durchschlagen ; auch vermochte die Division sich nur am Hange des Plateau nach dem Grunde hin zu behaupten , wo sie vor dem russischen Artilleriefeuer, besonders jenem , das in der von den Ruffen wieder beſegten großen Batterie lebendig wurde, ziemlich Schug fand. Unterſtügt von den Diviſionen Gérard und Brouſſier schlug sie dann hier die heftigsten Angriffe der Ruſſen ab. Legtere fielen nun selbst in das Feuer der französischen stehenden und mobilen Batterien jenseits der Kolocza und litten außerordentlich davon. Auch die italienische Garde ging jezt über die Kolocza und wurde in dem Grunde hinter der rechts von Morand stehenden Diviſion Gérard aufgestellt ; ſo daß nun der größte Theil der Infanterie des 4. Armeecorps eine gegen das russische Kanonenfeuer geschütte Stellung hatte. 17. Der russische Oberfeldherr, welcher einen großen Theil des französischen Heeres bei Szewardino und insbesondere auch Napoleons Garden bei der dortigen Redoute versammelt sah, dem auch alle Meldungen seiner Generale bestätigten, daß der französische Hauptangriff auf seinen linken Flügel gerichtet ſei, dem es ferner nicht mehr zweifelhaft sein konnte , daß sein rechter zwischen der Moskwa und dem Psarewobach stehender Flügel nichts zu befürchten habe , hatte , nachdem das Corps
*) Diese Divifion nennt hier Pelet ausdrücklich ( S. Seite 117, Anmerk. **) ; fie muß nicht zur Reſerve gehört haben , weil man ihrer fonft nicht speciell erwähnt haben würde ; und dieß ist es , was mich glauben machte , daß fie erst nach begonnener Schlacht (vielleicht von Moszaisk) auf dem Schlachtfelde eingetroffen sein möchte,
139 von Tutschkow ſchon mit Tagesanbruch auf den linken Flügel dirigirt worden war , dem General Bagohufwut nach 7 Uhr Morgens befohlen , auch mit dem ſeinigen (2. ) in aller Eile dahin zu marſchiren und sich dort unter Bagrations Befehle zu ftellen. Die Spige dieſes Corps traf bald nach 8 Uhr bei Semenoffskoje ein ; Bagration ließ sie sogleich vorrücken und verwendete die nach und nach herankommenden Regimenter deſſelben so wie sie herankamen. Auch die Artillerie des 5. Corps (oder der Garden) wurde zu dieser Zeit Bagration zu Hülfe gesendet. 18.
Schon früher hatte indeffen Bagration die Division
Konownizin von Tutschkows (dem 3.) Corps (welche zwiſchen Semenoffskoje und Utiza am Waldſaume als Reſerve der nach legterem Dorfe vorgegangenen Division Stroganow verblieben war), nebst der Division Woronzow und der Division Newerowski (vom 7. Corps) zur Unterstügung des geworfenen (8.) Corps von Barasdin und zu Angriffen auf die gegnerischen Divisionen vom 1. und 3. Armeecorps verwendet ; auch war ihm zu gleichem Zweck eine Brigade der Garden (die Regimenter Ismailowski und Lithauni) als Verstärkung zugegangen, nebst einer Cüraſſierdiviſion.
Mit dieſer bedeutenden Truppen-
maſſe war denn auchBagration in die thätigste Offenſive übergegangen und hatte die Divisionen Compans (vom 1. Armeecorps) zu rückgängiger Bewegung , den Marschall Ney zur absoluten Defensive und wie es scheint ----- die Brigade Damas (vom 8. Armeecorps) zum gänzlichen Rückzuge am Walde hin , wahrscheinlich bis über das Ravin, und Weichen bis in ihre erste Stellung gezwungen.
Die Chargen der russischen
Cürassierdivisionen machten es insbesondere einem großen Theile der vorgegangen gewesenen französischen Artillerie zur Nothwendigkeit , über jenes Ravin eiligst zurückzugehen * ) .
Dieſer
Moment , welcher mit jenem zuſammenfiel, worin die Diviſion *) Was sich von der Artillerie nicht schnell flüchtete , fiel den ruffischen Cürasfieren in die Hände , die schnell unbrauchbar machten, was fie nicht fortbringen konnten. So wurde bei dieſer Gelegenheit eine würtembergische reitende Batterie unbrauchbar gemacht, so schnell fie auch die würtembergische Cavalerie wieder eroberte , indem sie die Cürassiere zurückschlug .
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Morand zum Verlassen der eroberten großen bastionirten Batterie und des dortigen Plateaus gezwungen war, gab den ſämmtlichen stehenden Batterieen der Franzosen Gelegenheit, ihr Feuer, das geraume Zeit geschwiegen hatte , wieder zu beginnen. Es war jener Moment der Schlacht eingetreten , wo es — (wie erlaubt schien der Bericht unsers Generalcommandos ſagt) ― den Sieg zu bezweifeln. 19. General Rapp hatte indeſſen die Diviſionen Compans und Deſſair des 1. Armeecorps wieder geordnet und ihre Führung übernommen *).
Das 3. Armeecorps war gänzlich debouſchirt
und von dem Marschall Ney in's Gefecht gebracht worden, der König von Neapel hier eingetroffen. Diese tapfern und umfichtigen Anführer wußten nicht nur dem ferneren Vorrücken der Truppen Bagrations Einhalt zu thun , sondern auch fie allmählich wieder zurückzutreiben : wozu nicht wenig beitrug, daß der Kaiser dem 8. Armeecorps befahl , es solle sich rechtshin wenden , die Russen am Walde zurücktreiben und endlich Poniatowski Gelegenheit geben seinen Angriff fortzusehen. Hierdurch wurde das ganze feindliche 3. Corps (Tutſchkow) und noch eine weitere Division beschäftigt. -- Der König von Neapel, überall gegenwärtig wo es galt den gesunkenen Muth zu entflammen und dem Feinde Stirn zu bieten , warf die leichte Reiterbrigade Beurmann, beſonders die beiden würtembergischen Jägerregimenter — (die bei ihrem legten Angriff im Laufe ihres Sieges durch die russischen Cürassiere in Flanke und Rücken genommen worden waren) zum dritten Male auf die feindliche Infanterie, und als sie abermals den zu Hülfe eilenden Cürassieren weichen mußten , so focht er so lange unter den Legtweichenden mit , daß er sich nur noch dadurch retten konnte, daß er sich in die von der würtembergischen Infanterie besegte Redoute des russischen linken Flügels warf **) .
Endlich (ſobald
*) ,,Je me concertai en arrivant (ſagt Rapp) avec Ney , dont je tenais la droite. Nos troupes étaient pêle- mêle ; nous les raillâmes, nous nous précipitâmes sur les russes etc. etc." **) Diese Redoute , worin zuerst die würtembergische Infanteric das 72. franzöfifche Infanterieregiment unterſtüßte , dann , als dieſes Dennoch den heftigen Angriffen der Russen wich, fie allein theils be-
141 er loskommen konnte) führte er die leichte Reiterdiviſion Bruyères herbei , welche die russischen Cürasfiere und die übrige russische Cavalerie gänzlich zurückwarf. Kaum war die russische Cavalerie entfernt , als dieser König sich wieder an die Spige der Infanterie segte und der ruffiſchen Infanterie die 2. Redoute (vom linken zum rechten Flügel) entreißen ließ. Die 3. etwas hinterliegende Redoute fiel dann auch den 2 Divisionen des 1. Armeecorps in die Hände , welche sich fortan immer rechts jener des 3. Armeecorps hielten. Ihr Führer, Graf Rapp, viermal binnen einer Stunde bleſſirt, mußte ſich nun zurückbringen laſſen ; dagegen nun der Marschall Fürst Eckmühl ſelbſt (deſſen früher erhaltene Wunde verbunden worden war) zu ihrer ferneren Leitung erschien. 20. Um 11 Uhr Morgens befanden sich die in der Gabel des Semenoffskojebachs liegenden drei ruſſiſchen Redouten definitiv in der Gewalt des 1. und 3. französischen Armeecorps *) .
Bis zu diesem Zeitpunkte hatte Bagration fort und
fort Versuche zu ihrer Wiedereinnahme gemacht und nach und nach das ganze 2. Corps von Bagohufwut dazu verwendet. Jegt war er auf die Stellung am rechten Ufer des östlichen Arms des Semenoffskojebachs reduzirt.
Der Kaiser hatte in-
zwischen die Division Friant (des 1. Corps) vorgeſchickt , die sich nun am Grunde dieses Baches vor das in dem langen Kampfe, den es bestanden , fast aufgeriebene 3. Armeecorps ſegte **) , die 5. und 4. Division des 1. Armeecorps auf der Rechten. - Der König von Neapel hatte ferner das 1. Cavaleriecorps (Nansouty ) , nachdem es verschiedene Angriffe auf die russische Cavalerie und Infanterie rechts der Redouten gemacht
feßte , theils fich an fie lehnte , wurde von ihr auch kandhaft bis zu Ende der Schlacht behauptet. *) Nicht um 8 Uhr Morgens , wie Pelet , Gourgaud u. A. fagen. Zu dieser Zeit waren fie es noch keineswegs ,,definitivement ;" fie tofte. ten noch einen langen Kampf. Die würtembergischen Berichte ſagen : um 11 Uhr , --- was das Rechte sein mag. **) Ein würtemberger Bataillon hatte nämlich die 2. zunächst Semenoffskoje liegende , und die zwei andern würtemberger Bataillone die 1. (äußerfte) Redoute des ruffiſchen linken Flügels befeßt. Hinter leßterer ftand die Division Ledru ; hinter erfterer die Division Razout.…… .
142
und die Ebene daselbst gänzlich gereinigt hatte, hinter die Hügel, worauf sie lagen , aufgestellt ; endlich das 4. Cavaleriecorps (Latour - Maubourg) ,
nachdem es , die sächsischen Cürassiere
voran, eine gelungene Charge auf die russische Infanterie, Cavalerie und Artillerie beim Dorfe Semenoffskoje gemacht *), auf der linken Flanke des 3. Armeecorps aufgestellt. 21. Das 8. Armeecorps hatte seine Aufgabe insoweit gelöst , daß es , was vom Feinde vor ihm war , zurückgedrängt und die Angriffe des 1. und 3. Armeecorps gegen die Feinde im Walde und von der alten Straße her gesichert hatte. Nach der Seite von Utiza war von ihm um die Mittagszeit noch nicht detaschirt worden, und Poniatowski noch immer vor einem dominirenden von den Russen stark besegten Hügel hinter (nämlich oftwärts) Utiza [Andere schreiben : Uschiza) aufgehalten (f. 26). 22. Die Division Friant, welche der Kaiser in ihrer früheren Reſerveſtellung (s. 5 ) durch die Division Roguet der jungen Garde hatte ersehen lassen, war kaum in die Schlachtlinie eingerückt , als Friant , dem die Cürassierdivision Lorge eben freie Bahn gemacht hatte , die 1. Brigade (das 15. leichte und 48. Linienregiment) unter General Dufour über den Grund gehen und das Epaulement angreifen ließ , welches das von der Artillerie bereits gänzlich zerstörte Dorf Semenoffskoje deckte ; das auch alsbald, ſowie das ganze Dorf, erobert wurde. General Friant ging sofort auch mit der 2. Brigade über den Grund und ſegte sich in die Ruinen des Dorfes fest, — woraus dann alle nachfolgenden heftigen Angriffe der Ruſſen ſie nicht mehr herauszuwerfen im Stande waren. 23. Als der russische Oberfeldherr gewahr wurde, daß sich
nur wenige (von Eugens) Truppen auf dem linken Ufer der Woina und Kolocza befanden - (vielleicht auch, um durch eine Offensivdemonstration die eigne Schwächung seines rechten Flügels zu verbergen und den gegnerischen Angriff auf seinen linken Flügel zu schwächen) – so befehligte er die gesammte, sich noch *) Die Cüraffierdivifion Lorge , aus einer weftphälischen , einer sächsischen Brigade und einem Regiment (2 Escadrons ) Polen bestehend, machte diese Charge. Die Sachsen (unter Thielemann) sprengten Infanteriecarrees , schlugen die ruffische Cavalerie zurück, nahmen Artillerie c.; nicht minder tapfer bewiesen sich die Polen und Weftphalen.
143 zwischen der Moskwa und dem Pfaréwogrund befindende Cas valerie unter den Generalen Uwarow und Platow (38 Schwadronen und einige tausend Kosacken) bei Nowoje und zwischen da und Borodino über die Kolocza zu gehen, und anzugreifen was sie vor sich fänden *) . Die leichte Cavalerie Ornanos, da ſie zu einem ernsthaften Widerstande zu schwach war , wurde mit Leichtigkeit von ihnen zurückgedrängt ; dagegen scheiterten alle ihre Angriffe an den Infanterieregimentern der 2. Brigade der Division Delzons , die sich ihnen, in Carrees formirt, auf dem linken Ufer der Woina entgegenstellten. Sobald der Vicekönig (Eugen) diesen Angriff der Rufsen bemerkte , ließ er sogleich die italienische Garde über die Kolocza zurück dahingehen und eilte , mit Aufſchub jeder sonstigen offensiven Bewegung seines Corps , selbst nach diesem Punkte. Auch der Kaiſer wurde unruhig darüber , dirigirte die bis dahin in Reſerve gehaltene Division Claparede nach der Woina, stieg selbst einen Moment zu Pferd und ging über die Kolocza, um näher zu beobachten **). Hierdurch allein wurde diese Diversion , welche die ruſſiſche Cavalerie machte und die sonst ohne allen Erfolg blieb, Kutuſow Vortheil bringend . Sobald indessen Uwarows Angriff für das erkannt wurde was er war, kehrte der Kaiser wieder zu ſeinem Mittelpunkte zurück.
Hierbei erhielt die Division Claparede
eine andere Bestimmung. Sie ward zur Reinigung des Gehölzes beauftragt, das sich in dem Winkel zwischen der Kolocza und dem Semenoffskojebach auf dem linken Ufer des legteren befindet und noch immer von russischen Jägern besegt war. Hierdurch vermag das 2. Reitercorps (Montbrun) durch den
*) Clausewit ist der Ansicht , daß hier nicht ein wohlberechneter Plan , sondern nur ein Einfall zum Grunde gelegen habe , von dem vorauszusehen gewesen , daß er zu Nichts führen werde , und daß der Oberbefehlshaber hier nur habe geschehen lassen , was ihm als sehr vortheilhaft angelegentlichst empfohlen worden set. Anmerk. d . Herausg. **) So sagt Pelet ! -Gourgaud, Chambray , der Bericht unsers Generalcommandos thun dieſer momentanen Entfernung Napoleons keine und daß dieser Punkt zweifelhaft bleibt , zeigt , wie Erwähnung wenig verläffig die Geschichte, besonders einer großen kriegerischen Action , ift. Hier wird man in der That dahin gebracht , daß man fich oft felbft nicht mehr glaubt , was man geſehen , gethan hat.
144 vordersten Grund zu gehen und nimmt nun bei dem Zuſammenfluß der beiden Arme des Semenoffskojebachs , im Mittelpunkt der französischen vordersten Linie , seine Stelle in der (wahrscheinlich in dem dort etwas verbreiSchlachtordnung terten Grunde selbst). Die Division Claparede verbleibt dann Da endlich Uwarow, stets die Reserve des 4. Armeecorps. zurückgeschlagen , seine Versuche aufgibt und über die Kolocza zurückkehrt, so beeilt sich auch Eugen über diesen Bach zu seinem Haupttrupp zurückzukehren. Die italienische Garde folgt ihm bald nach. 24. Der russische linke Flügel unter Bagration hatte um Mittag seine Stellungen und eine Strecke von 3000 Schritten des innegehabten Schlachtfeldes geräumt , sich aber immer mit vieler Ordnung zurückgezogen. Seine vielfach durchbrochenen Regimenter und Corps sammelten sich stets nach wenig Rückschritten wieder und jede Spanne Bodens wurde von ihnen aufs Lebhafteste streitig gemacht. Mittels einer Frontveränderung links-rückwärts , welcher die bastionirte große Batterie zum Pivot diente, begann jegt eine neue Linie der Russen sich zu bilden , welche vorwärts des Pſarewogrundes über das Plateau, das sich öftlich von Semenoffskoje befindet , hinzog und die bei jenem Pivot einen stumpfen Winkel bildete, deſſen einer Schenkel rechtshin ſich bis an den Psarewogrund in der Nähe von Borodino erstreckte. Die Diviſionen des 1. und 3. Armeecorps der Franzosen bei Semenoffskoje waren von Anstrengungen und Siegen erschöpft ; General Friant , obgleich bleſſirt , fuhr fort ſeine Division zu commandiren und jenes Dorf zu behaupten. Die Divisionen des 4. Armeecorps standen gegen die Corps
des russischen Centrums im Feuer , welche fort und fort Verstärkungen erhielten und durch die Nähe Kutusows und die Gegenwart Barflays das Aeußerste thaten. Mehr als die Hälfte des Tages war verflossen ; Napoleon war sorgfältigſt bemüht zu erforschen , wann der russische Oberfeldherr vollends ins Gefecht gebracht haben möchte was ihm an Reserve verblieben war und erachtete diesen Augenblick nun gekommen. Er hielt für Zeit, die große bastionirte Batterie zu nehmen, die der ruffiſchen Linie zum Stügpunkt diente, und ließ darüber ſofort ſowohl an den Vicekönig als an den König von Neapel Befehle ergehen.
145 25. Eugen ordnete sogleich seinen Angriff an.
Fünf Ba-
taillone der Diviſion Gérard , welche noch nicht im Gefecht gewesen waren , zur Rechten , die Diviſion Brouſſier zur Linken, ein Theil der Division Morand im Centrum *), segten sich im Sturmschritt in Bewegung .
Kurz zuvor hatte der König von
Neapel , von den Erfolgen des General Friant Nugen ziehend, dem General Caulaincourt (der sich gegenwärtig an der Spige des 2. Reitercorps befand , da General Montbrun geblieben war) befohlen , über den Grund links von Semenoffskoje zu gehen, sofort linkshin Alles anzugreifen was er vor sich fände und , wenn sich die Gelegenheit ergäbe , zu suchen , von hinten in die große Batterie einzudringen , die durch ihr flankirendes Feuer den bei Semenoffskoje aufgestellten Truppen vielen Schaden thue. Dieser Befehl wurde mit ebenso viel Tapferkeit als Schnelligkeit ausgeführt. An der Spige der zweiten Cürassierdivision (Watier) stürzte Caulaincourt Alles vor sich nieder und nun bemerkend , daß er über die große Batterie hinausgekommen war , ließ er das 5. Cüraſſierregiment umkehren , führte es auf jene Batterie hin und drang von hinten ein. Die Cürassiere hieben die Vertheidiger zum Theil nieder und suchten die Geſchüge zu demontiren ;
ihr tapfrer Anführer aber fiel.
Schon fing das Feuer einer hinterliegenden Batterie und eines ruſſiſchen Infanterieregiments ( der 24. Diviſion) an ihnen sehr beschwerlich zu fallen , so daß sie im Begriff standen ihre Eroberung wieder zu verlassen **) ,
als die Infanterieregimenter
*) Ein Theil der Divifion Morand muß nämlich mit in erster Linie der Anftürmenden gewesen sein , denn das zu ihr gehörige 17. LinienInfanterieregiment ift ausdrücklich unter den erften genannt , welche die Batterie erreichten. **) Folgende Variation gibt die öftreichiſche militärische Zeitſchrift : ,,Die Cüraffiere wichen 2c. , die Russen bemächtigten sich der Batterie abermals. Während deffen hatte die zum 4. Reitercorps gehörige fächfische Brigade durch eine Linksziehung sich derselben genähert , als ein Adjutant Napoleons , um 2 Uhr Nachmittags , ihr den Befehl brachte fie zu nehmen (vergl. 20). Die Sachsen und Polen (3 Regimenter) brangen, ungeachtet des den Boden übersäenden Kartätſchenhagels unaufhaltsam vor und über die lose , durch das heftige Feuer bereits niebergeschoffene Brustwehre. Lieutenant von Minkwiß , Adjutant Thielemann's , war der Erfte dem dieß gelang. Die Redoute ward erobert. 10 Röder, Kriegszug.
146 von Eugens Corps (das 21. , 17. , 9. und 35.) herankamen, die Batterie in Front und Flanken umfaßten und sich ihrer nun definitiv bemächtigten , - was gegen 1 Uhr stattfand. Alles, was sich noch vertheidigte, wurde niedergemacht oder gefangen. Unter den Gefangenen war der russische General Likatſchew, Befehlshaber der 24. Infanteriediviſion (vom 6. Corps) , der sogleich zum Kaiser gebracht wurde *) , und 21 Geſchüge , die sich in der Batterie befanden, fielen den Franzosen in die Hände. Eugen blieb bei dieſem ersten Vortheile nicht stehen , sondern ließ weiter vorrücken. Er griff nun das 6. Corps (Doctorow) in seiner Stellung an , durchbrach und zwang es nach einem hartnäckigen und blutigen Gefechte zum Rückzuge. ___ Der Ge= neral Grouchy, welcher der italienischen Garde über die Kolocza gefolgt war , hatte bald Gelegenheit , trog der Terrainhindernisse , eine schöne Charge an der Spige der leichten Reiterdiviſion Chaſtel auf die ruſſiſche Gardecavalerie , die zur Unterstügung von Doctorow gerufen worden war, zu machen, wobei sich die zwei bairischen und das sächsische Chevaulegersregiment (Prinz Albrecht) auszeichneten. 26. Als sich die vorerwähnte (s. 24. ) neue Linie des linken Flügels und Centrums der Ruſſen gebildet hatte, wobei sie noch immer sich im Besige des dominirenden Hügels hinter Utiza (Uschiza ?) auf der alten Straße erhielten (s.21 .), (deſſen Poniatowski erst nach 2 Uhr Nachmittags sich bemächtigte, als das 8. Armeecorps zur Linken auf die Höhe des 5. und ―― mit ihm in Verbindung gekommen war , wobei die westphälische Division Ochs , mit namhaftem Verluste , Antheil nahm) beschloß Kutusow noch einen Angriff gegen das Centrum der Ein Theil der Befaßung hatte sich herausgezogen, der andre leiftete verzweifelten Widerstand und wurde niedergehauen. Doch bald eilten von allen Seiten ruffische Truppen herbei. Es erhob sich ein neuer schrecklicher Kampf. Die Sachsen begannen sich zu schwach zu fühlen dem fich immer mehrenden Andrange zu widerstehen ; selbst die zur Verstärkung nachgerückten zwei französischen Carabiniersregimenter (vom 2. Reiters corps) vermochten nicht den Feind zu bezwingen. Man war im Begriffe die Redoute abermals aufzugeben, als ein Infanterieregiment des linken Flügels herbeikam 2c.“ *) Er traf gerade beim Kaiſer ein als dieser fein Frühſtück beendigt hatte.
147
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französischen Linie zu versuchen , das zu dieser Zeit bloß aus Er bildete eine Masse aus dem Theile Cavalerie bestand *). der Garde welcher noch nicht vorgewesen war 2c., ließ sie durch Cavalerie unterſtügen und gab diesen Truppen eine solche Richtung , daß ihr linker Flügel auf Semenoffskoje marſchirte. Die Einleitung zu dieser Bewegung wurde indessen so langſam ausgeführt , daß man von mehreren Punkten der französischen Stellung die Gewitterwolke aufsteigen sah. General Sorbier, der die Gardeartillerie commandirte, wurde jenes bedrohliche Zusammenziehen der russischen Truppen zuerst gewahr und befahl , indem er nur die Nothwendigkeit zu Rath zog , sofort der Reservebatterie der Garde (24 Zwölfpfündern , die früher hinter einer Brustwehre am Walde aufgestellt, dann, als sie hier nicht mehr wirken konnten , weiter vorgegangen waren) im Centrum aufzufahren und auf die sich formirenden ruſſiſchen Der König von Neapel beschäftigte sich Massen zu feuern. gleichfalls damit , Artillerie auf diesem Punkte zusammenzu bringen, so daß bald an 80 Feuerschlünde hier beiſammen waren. Napoleon , durch die Meldung seiner Generale von der Gefahr benachrichtigt , in welcher das Centrum schwebte, ließ die Infanterie seiner jungen Garde vorrücken , um es im Falle der Noth unterstügen zu können. Inzwischen rückten die Russen vor, aber langsam und von dem heftigsten Artilleriefeuer getroffen. Ihre Cavalerie hieb zwar wiederholt auf die Batterieen ein ; die unterstüßende französische Reiterei nahm sie ihr jedoch Die furchtbare Masse russischer jedesmal sogleich wieder ab. Infanterie begann , ungeheurer Verluste unerachtet , doch fort und fort vorzugehen und hielt endlich an , - wodurch es zu einem stehenden Gefechte mit der französischen kam , die ihr endlich entgegen gegangen war ; - und als endlich Unordnung
*) ,,Den_Theil der Stellung zwischen Eugen und Marschall Ney hatten die Reitercorps von Montbrun und Latour-Maubourg (das 2. u . 4.) inne. Es wurde jezt dort nur mit Geſchüß gefeuert. So befand sich folglich die Cavalerie dem gewöhnlichen Gebrauche zuwider im Centrum im 1. Treffen , und es war hierdurch Napoleon gelungen , diese Waffe, die nicht überall anwendbar ist, mit zu benußen, indem er fie auf dem ihr angemessenen Terrain aufstellte , wodurch ihm zugleich möglich ward auf andern Punkten seine Infanterie zu verftärken “ sagt Chambray. 10*
148 bei der russischen einzugreifen anfing, ſo zog sie sich wieder langſam, von ihrer Cavalerie und Artillerie, ſowie von einer ſtarken Tirailleurslinie gedeckt, zurück. „ Nie und nirgends ließ ſie ſich drängen" *) . Das Unternehmen, welches einen augenblicklichen guten Erfolg gegen das französische Centrum hätte haben können, scheiterte gänzlich an der Langſamkeit der Ausführung **). Der Kampf der Russen gegen Eugen unter der Leitung von Barklay und Miloradowitsch , und ihr Bestreben ihm die errungenen Vortheile wieder zu entreißen, ebenso hartnäckig und wüthend wie jener auf dem (ruſſiſchen) linken Flügel , hatte ebensowenig einen glücklichen Erfolg. „In diesen legten, sowie in den ihnen unmittelbar vorhergehenden Kämpfen war von den Höhen von Utiza bis zu jenen von Gorki die Artillerie beider Heere in ungeheurer Zahl sich oft sehr nahe gekommen *** ) ; ihr Donner schien die Erde zu erschüttern.
Sämmtliche Strei-
ter, Offiziere und Soldaten legten bewundernswürdigen Muth und Hingebung an den Tag ;" sie bewiesen sich einander würdig ; sie verdienten die Lobeserhebungen ihrer Gegnert) . In dieſem ungeheuren melée fiel der ruſſiſche Befehlshaber auf der äußerſten Linken, General Tutschkow , und der Befehlshaber der 2. Westarmee , Fürst Bagration , ward tödlich, der Chef seines Generalstabes, General St. Priest , schwer blessirt. Tutschkow wurde von General Bagohufwut , Bagration von General Miloradowitsch ersegt.
27. Bis jezt war die Schlacht ihren regelmäßigen Gang gegangen. Wennschon nur langsam , so waren die Franzosen doch immer vorgeschritten und endlich das Dorf Semenoffskoje und die bastionirte große Batterie, der Stüßpunkt des russischen
*) Sagt das Tagebuch des großherzogl. heffischen Generalcommandos. **) Fügt Chambray hinzu. ***) Anführung von General Pelet. †) ,,Le choc fut terrible ," ſagt Buturlin ,,,aucun des deux partis ne voulant céder la victoire , qui semblait devoir dépendre de ce moment. Il s'ensuivit une mêlée affreuse , où de part et d'autre on épuisa les prodiges d'une valeur presque surnaturelle. Fantassins, cavaliers , artilleurs se mesurèrent corps à corps avec la rage du désespoir." Napoleon gibt den Ruſſen das erhabenfte Lob : ,,Sie hätten Sieger zu sein verdient." Mém. de St. Helène.
149 Centrums , in ihre Hände gefallen.
Napoleon wollte nun
selbst urtheilen , ob und wie er die neue Linie , welche der rusfische Feldherr gebildet hatte , angreifen lassen sollte. Er stieg zu Pferd und begab sich vorwärts , zuerst zu den genommenen (Bagrations ) Redouten des russischen linken Flügels , dann nach Semenoffskoje, wo er sich lange Zeit aufhielt. Napoleon, der hier der Division Friant selbst eine Aufstellung_anwies *), befahl, nachdem das Artilleriefeuer eine geraume Zeit die bloßstehenden Russen getroffen und schreckliche Verwüstung unter ihnen angerichtet hatte, daß man gegen dieselben anrücken solle. Die Division Friant **) ging sofort über Semenoffskofe , in Die Divisionen von der Richtung von Knioskowo , hinaus. Compans und Desfair , denen jene Ney's, nämlich die Divisionen Razout und Ledru (da die Würtemberger bei den genommenen Bagrations-Redouten verblieben), folgten und zur Unterſtügung dienten , persönlich von dem Marschall Ney geleitet , suchten den linken Flügel des Feindes zu überflügeln. Die Cavalerie unter dem König war dabei unermüdet thätig , da sie in der gegnerischen die Aufforderung zu den größten Anstrengungen fand. Die Gegenwart Napoleons belebte von Neuem den frans Etwa um 3 Uhr Nachmittags befand sich zösischen Soldaten. der Kaiſer bei der großen , von den Cürassieren genommenen Batterie.
*) Napoléon , fagt Gourgaud , ayant appris que Friant , quoique blessé , commandait encore sa division , dit en souriant devant ses soldats : ,, en ce cas je suis tranquille ; laissons- le faire ! " Mais bientôt , voyant les forces considérables, avec lesquelles l'ennemi se disposait à attaquer Semenoffskoje , il fit établir le 48. , le 33. et le regiment éspagnol sur le mamélon en arrière de ce village ; il fit former le 33. en carré sur l'emplacement de Semenoffskoje, ayant le 15. ( 1. ?) à sa gauche. Ce fut de là encore qu'il donna ordre au Maréchal Ney de réunir les divisions Compans et Dessaix et de déborder les ennemis par leur gauche etc." Das Kartätschen- und Kleingewehrfeuer war hier so heftig , äußert Pelet , daß der Generalftab abAteigen mußte. (Von diesem Absteigen blieb dem Chef unsres Generalftabes keine Erinnerung. Es dürfte also wohl bloß ein partielles Abfteigen gewesen sein.) **) Aus dem 1. leichten , 33. und 48. Linienregiment bestehend, nach meinem Tagebuch.
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28. Miloradowitsch hatte nach dem Fall von Bagration (ſ. 26. ) die Trümmer der Corps von Barasdin, Rajewski und Doctorow gesammelt und sofort dann , in Verbindung mit dem Corps von Ostermann , die legte Linie gebildet, welche das russische Heer dem französischen entgegenstellen konnte , impoſanter durch ihre Haltung als reelle Stärke ; sie lief über die flache größtentheils bewaldete Höhe zwischen den Dörfern Semenoffskoje und Knioskowo (den Knioskowogrund im Rücken) faſt längs des Weges der von Zakaritno nach Alchinkowo führt (f. den Plan V).
Hinter ihr als Reserve auf dem durch den Psarewo-
und Knioskowogrund umschlossenen Plateau befanden sich die Reste des 5. Corps (der Infanterie und Cavalerie der Garden), des 2. und 3. Reitercorps 2c. Ihre Front war durch das Gehölz maskirt , so daß man nichts als Batterieen und einige Colonnenköpfe bemerkte. Die Rechte dieser Linie hatte an den Batterieen von Gorki und den der noch mehr vor gegen Borodino zu liegenden Verſchanzungen, die mit schwerem Geſchüß befegt waren, eine sehr starke Anlehnung und dieselben flankirten zugleich einen großen Theil des Schlachtfeldes und somit die französischen Corps , die sich der russischen Linie näherten. - Kutusow hatte Alles, was ihm noch an Artillerie übrig war, zur Verstärkung dieser neuen Front entsendet.
Eine neue fürch-
terliche Kanonade begann von französischer Seite gegen dieſelbe und ward aufs Lebhafteste erwiedert.
29. Napoleon war noch wenig durch die bisher errungenen Vortheile der Schlacht befriedigt.
Er wollte das russische Heer
durchbrechen, um dann, in deſſen Verfolgung, ſeine Vernichtung vollenden zu können. Hierzu mußte eine legte Verschanzung, jene von Gorki , genommen werden *).
Der Kaiser , welcher
den Angriff dieses Werks beabsichtigte, nahete, seinen General-
*) So sagen Pelet, Gourgaud u. A. Ich glaube indeffen an dick Erforderniß keineswegs ; vielmehr würden alle Batterieen bei Gorki haben verlassen werden müſſen , wenn die Garde nach Tartarinewo den Durchbruch versucht und dort den Uebergang über den Pfarewogrund erzwungen hätte. In größere Verwirrung und Verlufte war das ruffische Heer nicht zu bringen , als durch auf diese Weise geführten Angriff. Die phyfiſche Kraft dazu war jedoch nur noch bei den Garden vorhanden. ( S. die folgende Anmerk.)
151 ftab zurücklaſſend , gegen 4 Uhr Nachmittags demselben, um es zu recognosziren , wobei er unter dem stärksten Geſchüßfeuer bis über ein kleines Gehölz im Angesicht von Gorki hinausging und auf seinem Beobachtungspunkt sich im Bereiche der feindlichen Tirailleurs befand. Bloß Berthier, Caulaincourt, Duroc und Bessières befanden sich in seinem Gefolge ; der König von Neapel kam hinzu.
Alle diese stellten ihm vor , als er ſeinen
Entschluß aussprach , die Batterieen von Gorki stürmen laſſen zu wollen, daß die Truppen von Anstrengungen erschöpft seien ; daß nur ſeine Garden (wozu man noch die Weichsellegion von Claparede zählen konnte, die bisher in Reserve verblieben war) noch im Stande seien mit Kraft zu handeln und seiner Intention zu enſprechen vermöchten, wobei indeſſen Beſſières bemerkte , daß es dieses Alles nicht mehr bedürfte , indem das Hauptresultat der Schlacht, die Eroberung von Moskau, bereits unzweifelhaft geworden sei und vollgenügen würde.
Da der
Kaiser , welcher nun zurückging , keineswegs Willens war ſeine Garde zu dieſem legten Angriffe zu verwenden , so war von diesem Moment an die Schlacht als beendigt anzusehen *). Die Kanonade, und an mehreren Stellen das Feuer der Tirailleurs, dauerte zwar noch lebhaft fort ; allein gegen 6 Uhr Abends hörte auch jene gänzlich auf. Die lezten Schüsse fielen (südöstlich) im Walde zwischen den Truppen von Bagohufwut und Poniatowski ; welch' legterer endlich sich der oftwärts von Utiza gelegenen Höhe bemächtigt hatte und noch eine Werste weiter vorgedrungen war. - Man bemerkte später , daß die Russen Ruſſen einen großen Theil ihrer Truppen zurückzogen ; die Tirailleurs der Division Friant gingen hierauf in das jene verdeckende *) In der That hätte jedoch auch auf dem Schlachtfelde auf ein entscheidenderes Resultat gegen das russische Heer selbst gewirkt werden sollen , wie es der Kaiser wohl fühlte ; und dieß Reſultat hätte durch einen bloßen Marsch der Garden von etwa 2 Stunden erreicht werden können in der obigen Richtung (f. die vorhergehende Anmerk.) , während die Division Claparede zuſammt den Diviſionen unter Eugens Befehlen sich gegen Knioskowo hin mit der ruffiſchen Linie aufs Stärkste einließen, damit Kutuſom die Schlacht nicht abbrechen konnte, was Napoleon zu befürchten ſchien und wohl durch seinen auf die GorkiBatterieen beabsichtigten Angriff verhindern wollte. Seine Garden freilich durfte er im Sturm gegen diese Batterieen nicht ruiniren laſſen.
152 Gehölz vor , um sie zu beunruhigen , ohne jedoch , aus Furcht vor Hinterhalt, es zu wagen tiefer in dasselbe einzudringen. Die französische Armee bezog nun einen Biwack auf dem eroberten Theile des Schlachtfeldes , nahe bei dem Gehölze , in welches sich die Russen zurückgezogen hatten. Die Division Roguet der jungen Garde rückte hier am Abend noch in die Linie und half das Schlachtfeld bewachen.
Der Kaiſer biwackirte im Carree
seiner alten Garde hinter der am 5. genommenen Redoute von Szewardino. Außer der Artillerie hatte keine Waffe der Garden Theil an der Schlacht genommen. Vom russischen Heer war nur der auf dem rechten Flügel befindliche Theil der Miliz von Moskau ohne Antheil an dem Gefechte geblieben. Die französische Artillerie hatte in dieser Kanonenschlacht 91,000 und einige hundert Schüsse gethan. 30. Die Schlacht war von den Franzosen unwidersprechlich gewonnen, obschon auch die Ruſſen, da sie die Nacht auf einem Theile des Schlachtfeldes , oder vielmehr des noch nicht angegriffenen Theiles ihrer Poſition verbrachten , sich als Sieger proclamirten und man deßhalb zu Petersburg, Moskau 2c. das Tedeum sang *). - Den Verlust des französischen Heeres schlägt Dr. Larrey, der oberste Feldwundarzt deſſelben, zu 9000 Todten, 12 bis 13,000 Bleſſirten , und Buturlin jenen des ruſſiſchen Heeres auf 50,000 Mann an , darunter 15,000 Tødte. Man darf annehmen , daß die Zahl der Todten bei dem französischen Heer nur den dritten Theil jener des russischen betrug ; - was alle diejenigen bestätigen, welche das Schlachtfeld
*) 3n Petersburg wurden Artillerieſalven abgefeuert, Jlluminationen und Tedeum zum Dank für den neuen Sieg veranstaltet. Die Ruſſen hatten ein ganz entschiedenes , aber wohl berechnetes Trugsyftem eingeführt , nämlich sich in allen Gefechten als Sieger zu proclamiren , ihr Weichen (demungeachtet) aber als von der Uebermacht des franzöfifchen Heeres herrührend zu erklären, - was zugleich indirect die Aufforderung an alle Klaffen der Nation enthielt , das Heer zu verftärken. Da der gemeine Ruffe noch auf einer sehr geringen Stufe der Bildung ftand, so verfehlte man des Zweckes nicht , der fich in solcher Weise fonft nicht hätte erreichen lassen. Um dem Sieg bei Borodino mehr Glauben zu verschaffen, ward auch der Fürft Kutuſow zum General - Feldmarschall ernannt und der Kaiſer ſchenkte ihm 100,000 Rubel. Jeder Soldat bekam 5 Rubel (Papier , 1 Rubel = 61 8. Groschen.)
> -gesehen haben *).
153
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Französischer Seits hatte es in der An-
lage der Schlacht gelegen , die Ruſſen , deren Standhaftigkeit man unüberwindlich gefunden hatte , durch das Geſchüß zu zerschmettern : was von dem Moment an , wo sie unbedeckt erschienen , buchstäblich in Erfüllung ging. Zwar war die rusfische Artillerie, die an Geſchüßzahl der französischen gleich ſtand, ja sie noch übertraf**) , nicht minder als dieſe in unaufhörlicher Thätigkeit , bewies sich aber weder so gewandt noch so Nach dem Resultate , daß verhältnißmäßig wirksam als sie. mehr französische (zu Pferd befindliche) Generale getroffen wurden, schließt das großherzoglich hessische Generalcommando, daß die ruſſiſche Artillerie vielfältig zu hoch geschossen haben möchte : womit die Berichte anderer Augenzeugen übereinstimmen . Etwa 40 Generale wurden beiderseits getödtet oder verwundet. Von Generalen blieben bei dem französischen Heer : die Divisionsgenerale Montbrun und Caulaincourt , die Brigadegenerale Plausonne , Huard , Compère , Marion, Stark blessirt Lepel , Lanabère, Tharreau und Damas . wurden : die französischen Divisionsgenerale Nansouty, Grouchy, Rapp , Compans , Morand , Friant , Desfair , Lahoussaye und der königl. würtembergische Generallieutenant Scheeler ; ebenso viele Brigadegenerale. - Von den russischen Generalen blieben : der Befehlshaber des 3. Corps Tutschkow ; der ge= sammten Artillerie Kutaisow ; der 3. Division Konownitſchin ; der 10. Division Generalmajor Tutschkow. Der Befehlshaber der 2. Westarmee , Bagration , wurde so schwer bleſſirt daß er wenige Tage nachher starb. Ueberdieß erhielten schwere Bleſssuren : der Chef des Generalstabs von Bagration , Generalmajor GrafSt.Priest ; die Generallieutenants Rajewski und Gortschakow ; die Generalmajors Baſchmetschew, Kretow, Woronzow und Grapowitschi ; auch General Yermolof, Chefdes Generalstabs der 1. Westarmee , ward blessirt. Gefangen hatten die Ruſſen
*) ,,Die Gebliebenen waren meißt Ruffen, “ sagt der Bericht unseres Generalcommandos; „ nur der 5. , höchftens 4. Mann Franzos.“ **) Die Zahl des ruffischen Geſchüßes wird auf mehr als 600 Stück , des franzöſiſchen Geſchüßes auf 588 Stück (f. XXXIV. 1 ) an'gegeben. Von leßterem kam aber ein Theil der Artillerie der Garde nicht in Thätigkeit.
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den französischen schwer bleſſirten Brigadegeneral Bonami ; die Franzosen den russischen Befehlshaber der 24. Division , General Likatschew.
Außerdem machten die Franzosen noch etwa
1000 Mann, worunter ein Oberst 2c. gefangen *) .
Gegenseitig
hatte man sich einige Feldgeschüße , die Franzosen überdieß den Ruſſen 21 Positionsgeschüße genommen. - Französischer Seits war es die Cavalerie, welche verhältnißmäßig viel gegen die andern Waffen, überhaupt außerordentlich viel in der Schlacht gelitten hatte **) ; russischer Seits die Infanterie.
Fünfunddreißigſtes Kapitel. Rückzug der ruffischen Armee nach der Schlacht von Borodino und Vorrücken der französischen nach Moszaisk u. s. w. bis Moskau. Schauderhafter Zustand der Verwundeten. 1. In der Nacht vom 7. auf den 8. zog sich Kutusow über Moszaisk hinaus , mehr als 4 Stunden vom Schlachtfelde zurück nach Jukowo , wo er sein Hauptquartier nahm . In dieser guten Stellung ſammelte er, unter dem Schuße derjenigen Truppen die am Wenigsten gelitten hatten, die Trümmer ſeiner Armee, welche (nach Buturlins Ausdruck) der Massacre von Borodino entgangen waren und suchte sie zu ordnen.
Er hatte Platow
die Arrieregarde übertragen, wozu er ihm den besten Theil der Cavalerie gab , und ihm befohlen Moszaisk bis aufs Aeußerste zu halten. Die Ordnung , womit das russische Heer in der Nacht vom Schlachtfeld u. s. w. abzog, war merkwürdig, wozu
*) Nach dem Bülletin bis 5000 Mann ; jedoch find hierbei unzweifelhaft die Schwerbleſfirten , die man auf dem Schlachtfelde fand (und die alle zu Grunde gingen) , inbegriffen. - Die sächsischen Cürassiere brachten von ihrer Charge bei Semenoffskoje allein 250 Gefangene und eine Kanone zurück, fie ließen hierbei jedoch auch den Oberften der Garde du Corps, Leyser, und einige Leute in den Händen der Ruſſen zurück. ( S. Feldzüge der Sachſen 1812.) **) So hatte z. B. die würtembergische Cavalerie 4 Offiziere, 30 Mann todt , 24 Offiziere , 250 Mann verwundet , 10 vermißt. Die Infanterie hatte 1 Offizier , 21 Mann todt, 14 Offiziere, 223 Mann verwundet , 15 vermißt. Das würtembergische Corps verlor überhaupt beinaheseiner Mannschaft.
155 allerdings die Breite der großen Straße , welche mehreren Colonnen verschiedener Waffen nebeneinander zu marſchiren erlaubte , beitrug , -- was aber auch bewirkte , daß , da Alles auf dieser Straße zusammenstieß und weiter marschirte, die Infanterie des Heeres bald nur eine ineinander gewirrte Maſſe bildete, die, bevor sie wieder geordnet war, alle Schlagfähigkeit verloren hatte. 2. Dem französischen Heere , durch einen so langen und mörderischen Kampf des Schlachttages vom 7. erschöpft , ward der ganze Vormittag des 8. zur Ruhe und Erholung vergönnt, ſoweit sich leztere durch Braten des Fleisches der gefallenen Pferde erzielen ließ. Napoleon brachte ihn zum Theil hin um das Schlachtfeld zu besehen, für die franzöſiſchen und ruſſiſchen Blessirten sorgen zu lassen 2c. 2c. Um 10 Uhr Morgens verbreitete sich ein falscher Lärm von einem Kosackenüberfall ; alle Corps sezten sich in Vertheidigungsstand. Der König von Neapel erhielt zu dieser Zeit Befehl , mit der Reservecavalerie und der (jezt von General Dufour befehligten) Diviſion Friant die Avantgarde des Heeres zu machen und damit 7 bis 8 Werste über Moszaisk hinauszugehen. Eugen und Poniatowski wurden beauftragt , wie früher, mit ihren Armeecorps auf der Höhe dieser Avantgarde zu beiden Seiten der großen Straße in einiger Ferne zu marschiren. Marschall Mortier sollte mit der Division Roguet der jungen Garde und der Division Claparede der Avantgarde zur Unterſtügung folgen , und dieſem Corps dann der Rest des Heeres . In diesen Befehlen ist noch bemerkt , daß man sich nothwendig ausdehnen müsse , um leben zu können. Um Mittag begann die Bewegung . Die alte Garde sezte sich um 3 Uhr Nachmittags in Marsch. Das 3. und 8. Armeecorps blieben noch bis Schlachtfelde stehen.
auf weiteren Befehl auf dem
Das 4. Armeecorps , bei welchem heute
(den 8.) die lange detaschirt gewesene Division Pino wieder einrückte *), ging bis an die Moskwa, auf deren rechtem Ufer zu Uspenskoje verbleibend. Es ließ den Oberst Bourmont mit allen zerstreuten ,
die man sammeln konnte , auf dem
*) Lange und beschwerliche Märsche hatten die Division Pino mehr heruntergebracht als die geftrige blutige Schlacht die andern Divifionen.
156 Schlachtfelde zur Zerstörung der feindlichen Verschanzungen zurück. 3. Die russische Arrieregarde hatte eine sehr vortheilhafte Stellung vorwärts Moszaisk inne ; dichtes Gehölz zu beiden Seiten der großen Straße verengte die Angriffsfront.
Der
König von Neapel dachte nicht daran , sie durch eine Umgehung rechts zu delogiren (was gar keine Schwierigkeit gehabt hätte), - wodurch es geschah , daß das Gefecht Schritt vor Schritt auf der Straße und bis zum Abend sich hinzog , so daß dieser bereits völlig hereingebrochen war als die ersten Häuser von Moszaisk in die Gewalt der Diviſion Friant fielen.
Der Kaiſer
wollte indessen nicht Moszaisk in der Nacht angegriffen und während dieser seine Infanterie in den Straßen einer Stadt ins Gefecht verflochten haben (die den Russen bekannt , den Franzosen unbekannt war) . Er that sofort Einhalt und nahm sein Hauptquartier bei einem Dörfchen an der Straße , herwärts (westwärts) jener Stadt , - wo er auch sein Heer biwackiren ließ (S. den Plan V). 4. Die französische Avantgarde nahm am 9. Morgens ohne sonderlichen Widerstand Moszaisk, das jedoch der russische Nachtrab, obgleich sich hier mehr als 10,000 schwer blessirte Ruſſen befanden, bevor er es verläßt, in Brand ſegt, den man indessen glücklich genug ist , durch das schnelle Vordringen der Voltigeurs in größerer Ausdehnung zu hindern und bald zu gewältigen. Napoleon verlegte alsbald sein Hauptquartier in diese Stadt und arbeitete , obgleich an einem Katarrh leidend , der sich schon am 7. zu zeigen begann , dennoch mit äußerster Thätigkeit *) . - (Unſer Generalcommandeur kömmt mit dem kaiserlichen Hauptquartier sogleich ebenfalls nach Moszaisk.)
*) Gourgaud theilt zum Beweise dieser Thätigkeit (während Ségur fie ganz erschlafft darzukellen bemüht ift) folgenden eigenhändig von dem Kaiſer für den Major-General niedergeſchriebenen Befehl mit. ,,Mosaisk le 9 Septembre.: Faire faire la reconnaissance de la ville et tracer une rédoute qui tourne le défilé. - Faire construire deux ponts Ecrire au Prince Eugène qu'il peut se rendre sur la Moskwa. à Rouza et faire construire des ponts à Serguiewo ; réunir beaucoup de bestiaux et de vivres et avoir des nouvelles. Ecrire au Prince d'Eckmuhl de faire occuper Borissow et de ramasser des vivres et des
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5. Das 4. Armeecorps unter Eugen überschreitet den 9. früh zu Uspenskoje die Moskwa und geht auf deren linkem Ufer bis zu der hier liegenden Vorstadt von Moszaisk.
Da
es jedoch diese Stadt schon in Händen der Franzosen findet, so wendet es sich linkshin gegen Ruza , welche Stadt es, nach dem von dem Kaiser besonders erhaltenen Befehl *), auch heute noch besegt. Man findet hier viele Lebensmittel ; die andern Armeecorps (auf der Hauptſtraße) ſind dagegen größtentheils auf Pferdefleisch reduzirt. 6. Moszaisk, wie alle russischen Städte denen sich das französische Heer nahete , von Einwohnern verlassen , gab das große Hoſpital für alle schwerer Blessirten desselben in der eben gelieferten Schlacht, die man sogleich maſſenweiſe hierherbrachte. Da indeſſen jene des russischen Heeres schon alle Häuser und Kirchen füllten , so mußten diese erst herausgetrieben oder geworfen werden , um für jene Unterkünfte zu finden. Diejenigen nun , welche ihre eignen Landsleute unbarmherzig den Flammen übergeben wollten , wurden hierdurch (von ihren Feinden) einem andern elenden, nur langsameren Tode (der Verblutung, des Hungers, der Nachtkälte 2c. ) hingegeben. Irgend eine Fürsorge für sie von Seiten der Franzosen war unmöglich, da ihre eignen Bleſſirten aus Mangel solcher Fürsorge von Seiten der Intendanz dem schauderhaftesten Elende hingegeben waren :
„Transportmittel , Lebensmittel, Arzneimittel, Leinen, ja Stroh , Alles fehlte für sie in gleichem Maße“ (ſagt Chambray) . Viele, selbst von den leichter Blessirten, die man vom Schlachtfelde zurück in das Kloſter Koloczkoi gebracht, oder die ſich mühsam dahin geschleppt hatten , starben als Opfer dieser Vernachlässigung , - vielfältig aus Mangel an Lebensmitteln in den ersten Tagen und durch die bei dem Blutverluste daraus -hervorgehende Ermattung **).
nouvelles ; au Duc d'Elchingen de venir demain avec son corps à Mosaisk. - Laisser le Duc d'Abrantes pour garder le champ de bataille." *) S. die vorhergehende Anmerkung. **) Die Erzählungen der Schriftsteller ( Augenzeugen) und der Blesfirten, die wir gesprochen, waren schauderhaft ! Am Bitterften beklagten sich Lettere über den Mangel an Lebensmitteln die zwei erften Tage nach der Schlacht , und daß sie sich aus dem Kloster Koloczkol
158 7. Hätte die französische Avantgarde sich noch am 8. Abends der Stadt Moszaisk bemächtigen und am 9. früh rasch verfolgen können , so würde eine außerordentliche Zahl von Gefangenen und vielleicht eine gänzliche Auflöſung des ruſſiſchen Heeres die Folge davon geweſen ſein. So aber hatte Kutuſow, durch die Standhaftigkeit seiner Arrieregarde , die Nacht auf den 9. und den Morgen des 9. zur Entleerung der Stadt Moszaisk von den Zerstreuten und Leichtbleſſirten , dann zum Wiederordnen seiner Infanterie gewonnen, auch aufs Beste benugt.
Indem er nun mit seinem Heer weiter nach Moskau
zurückging , verstärkte er noch seine Arrieregarde und übergab fie dem Befehl des Generals Miloradowitsch , was die hohe Wichtigkeit bewies , die er ihr unter den gegenwärtigen Umſtänden beimaß. 8. Napoleon, der sich zu einer zweiten Schlacht unter den Mauern Moskaus, von denen ſein Heer sich nur 4 Tagmärsche entfernt befand , vorbereiten zu müssen glaubte, machte zu Moszaisk Halt; seine Garde biwackirte in der Umgegend ; ſein Avantcorps unter dem König von Neapel befand sich 7 Stunden vorwärts .
Das 3. Armeecorps traf den 10. zu Moszaisk
vom Schlachtfelde ein und ging durch; das 8. Armeecorps stand noch auf dem Schlachtfelde. Das Heer sandte zahlreiche Abtheilungen zur Aufsuchung von Lebensmitteln rechts und links von der Straße. 9. Das Avantcorps machte den 11. zu Kubinskoje einen Ruhetag ; ebenso die auf der Straße hinter ihm ſtehenden Armeecorps der Marschälle Mortier , Davouft (Fürſt Eckmühl), Ney. Der Vicekönig Eugen, der am 10. zu Ruza verblieb, ging den 11. auf der Straße nach Zwenigorod bis Alpaſchtſchuina vor : wobei er jedoch Ruza , wegen der Lebensmittel die aus dieser Gegend zu beziehen waren , und da sich hier ein Schloß
wieder auf das Schlachtfeld hätten schleppen müffen , um den Hunger mit dem geronnenen Blut und dem Fleisch der Pferde ftillen zu können. - Der Soldat , welcher für diesen Fall nicht mit einem kleinen Reservevorrath von Nahrung und einer Wundbinde versehen ist , wird das Opfer entweder der Kriegsunkenntniß oder unverantwortlicher Sorglosigkeit seiner Vorgefeßten. Verfchen damit , würden dem franzöſiſchen Heer nach der Schlacht 10,000 Mann erhalten worden ſein.
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mit umgebendem breiten Wassergraben befand, das einem Trupp Poniatowski hatte gute Sicherheit gewährte , besegt ließ. rechts der Hauptstraße jene Straße, die von Kaluga nach Moskau führt , erreicht und befand sich den 11. *) zu Fominskoje und vorwärts. Der Park des 1. Armeecorps entfernt sich erst den 4. Tag nach der Schlacht vom Schlachtfelde und folgt (noch immer von dem 2. heſſiſchen Bataillon Leibregiments bedeckt) dem Armeecorps in angestrengten Märschen , über Moszaisk , nach. 10. Die Langsamkeit der Verfolgung des französischen und die feste Haltung der Arrieregarde des russischen Heeres hatten diesem , das noch etwa 50,000 Streitbare anwesend zählte, wieder einige Zuversicht gegeben , und es war Kutusow gelungen die Ordnung wieder ganz herzustellen. Er traf mit dem Gros desselben den 12. zu Moskau ein und ließ es eine Stunde Wegs vorwärts dieser Stadt , wo zu diesem Zweck Verſchanzungen begonnen waren , Halt machen , ohne jedoch dasselbe weder in genugsamer Verfassung und Stärke, noch die Position hier mit dem Feinde einen zweiten Kampf zu wagen. Er war darum auch zum weiteren Rückzuge entſchloſſen **).
hinlänglich
geeignet
zu finden ,
um
*) Der Kaiser ließ an diesem Tage an den Marschall Victor schreiben : ,,daß der am Herzen angegriffene Feind fich nicht mehr um das, was auf den Extremitäten vorgehe , kümmere und den Entschluß zeige, Alles aufzubieten , um das franzöſiſche Heer an der Befeßung Moskaus zu hindern oder , wenn er es nicht vermöchte, es bald möglichst wieder daraus zu vertreiben. Er müſſe ſich darum bereit halten , von Smolensk nach Moskau zur Verstärkung des Hauptheeres zu marſchiren ; die zahlreich nachrückenden Truppen und die des Großherzogthums Litthauen dürften ausreichen , den Rücken zu bewachen , die kleinste Besaßung, Witebsk zu schüßen , indem der Feind diese Stadt ruhig laffen werde. Bataillone, Schwadronen, Isolirte, Artillerie müßten auf Smolensk dirigirt werden , um von da nach Moskau marſchiren zu können." Dieß Leßtere hatte für die drei heffifchen in Witebsk garnisonirenden Bataillone (Leibgarderegiment und 1. Bataillon Leibregiments) die Folge, daß fie dort (den 21. Septemb.) nach Smolensk aufbrechen mußten und von da (den 29. Septemb.) so weiter auf Moskau dirigirt wurden. **) Kutuſow hielt deßhalb am 13. Kriegsrath. Barklay war, nach ruffischen Berichten , vorzüglich gegen die Schlacht , und Kutuſow pflich-
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11. Napoleon ließ den 12. die allgemeine Bewegung des Heeres gegen Moskau fortsegen. Eugen mit dem 4. Armeecorps hatte seinen Weg dahin über Swenigorod und Spaskoë (wo man damals durch die Moskwa waten konnte), Poniatowski auf der Kalugaſtraße über Burczowo 2c. fortzuſegen. Alle andern Corps und die Garden marschirten auf der großen Straße von Smolensk in der früher besagten Ordnung (s. 9). Das 8. Armeecorps rückte am 12. zu Moszaisk ein und Junot, Herzog von Abrantes , nahm daſelbſt ſein Hauptquartier. Napoleon, von seinem Katarrh gänzlich wieder hergestellt, brach Nachmittags (den 12.) daselbst auf und nahm sein Hauptquartier in einem Schlosse bei Tatarki *) . 12. Der Kaiser Napoleon , zwar überzeugt daß das ruffische Heer auf die Hauptstadt Moskau direct zurückgehe , hatte darüber dennoch am 13. früh noch nicht volle äußere Gewißheit, indem das Avantcorps bisher bloß auf feindliche Cavalerie gestoßen war , und es immer möglich blieb , daß sich das Gros der russischen Armee , durch seine Arrieregarde verborgen, ſüdlich von der Hauptstraße , gegen Kaluga hin, abgewendet hatte, um sich in den Rücken des franzöſiſchen Heeres zu werfen. Er ließ darum das 1. und 3. Armeecorps , sowie seine Garden, bei Tatarki ** ) Halt machen , bis ihm von dem Könige von Neapel und Fürsten Poniatowski , welchen er deßhalb Befehl zugeschickt hatte, beſtimmte Meldungen darüber zugegangen waren. Als diese endlich den 13. Morgens um 10 Uhr eintrafen , so ließ er den Marsch auf die Hauptstadt fortseßen.
Er verblieb
tete seiner Meinung bei. In seinem Bericht vom 16. an den Kaiser Alerander führt Kutuſow die Gründe an , die ihn zum Rückzuge hinter Moskau bestimmten. ( S. XXXVIII. 1.) *) Das Bülletin nennt Peselina. ( S. 19. Bulletin de la grande Armée.) **) Unfer Generalcommando , das am 12. nach dem Kaiser (f. 11.) zu Moszaist aufgebrochen und wahrscheinlich nur bis Alexandrowo gekommen war , traf den 13. , nach zurückgelegten 11 Stunden Wegs , in einem Dörfchen jenseits Kubenskoje (bei oder zu Tatarki) ein und biwackirte daselbft. An der Straße von Moszaist bis dahin lagen viele todte Menschen und Pferde einzeln umher , worunter in den Dörfern viele Verbrannte. Tagebuch des heffiſchen Generalcommandos.
161 (nach dem 19. Bülletin)
im Schlosse von Berewska *) .
Die
Avantgarde kam, ohne den geringsten Widerstand zu finden, bis 3 Stunden Wegs von Moskau ** ) . Das 4. Armeecorps blieb (den 13.) zu Buzejewo.
Sechsunddreißigſtes Kapitel. Das russische Heer zieht sich hinter Moskau zurück und diese Reichshauptstadt fällt in die Hände des franzöfifchen. Einzug Napoleons dafelbft (am 15. September) . Ruffische Vorbereitung zum Anzünden der Stadt. Cantonirung der französischen ***) Armeecorps daselbst.
1. Am 13. war in Moskau Niemand mehr über die Nähe des französischen Heeres in Zweifel , Niemand ließ sich noch von der Hoffnung in der Stadt halten , das russische Heer vor den Thoren werde dessen Einzug zu hindern wissen. Auch waren alle Straßen in der Richtung von Kutuſows Rückzug mit Truppen aller Waffen, Artillerie, Gepäck, Abführungen der in Moskau vorhandenen Vorräthe 2c. bedeckt. Alles mit einem Male begann nun aus der Stadt zu flüchten ; sie ward dadurch einer Verwirrung und Unordnung ohne Gleichen preißgegeben . 2. Roftopschin, Gouverneur von Moskau, hatte auf diesen Fall schon lange Alles zur Zerstörung dieser großen Hauptstadt des Reichs vorbereitet. Nach einer Unterredung mit Kutuſow ließ er dann am 13. die Zündstoffe an die mit deren Zündung
*) Wohl Berewski unweit Szarapowo auf der Straße von Kaluga nach Moskau , wie auch Vaudoncourt bemerkt. Hiernach würde sich also der Kaiser den 13. auf diese Straße begeben haben , um den Melbungen näher zu sein , die von Poniatowski kommen mußten, der weithin rechts recognosziren zu lassen befehligt war. Er erachtete fonach einen Seitenmarsch Kutuſows dahin noch als wahrscheinlich. **) ,,Wo Kutusow Verschanzungen hatte anfangen laffen ," feßt Chambray hinzu. Diese Verschanzungen befanden sich aber nach Blesson nur 3 Werfte und , nach dem Tagbuch unsres Generalcommandos,,,eine Stunde von Moskau in einem Walde links und rechts der Straße.“ ***) Nachdem das französische Avantcorps schon Tags vorher (den 14.) fich derselben bemächtigt hatte ; - an welchem Tage Abends auch unser 2. Bataillon Leibregiments mit dem Artilleriepark des 1. Armeecorps nahe bei Moskau eintrifft und zu Fili ftationirt wird. S. Seite 165, Anmerk. Röder, Kriegszug, 11
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beauftragten Polizeidiener austheilen , die solche dann wieder den Verbrechern vertheilten, welchen unter der Bedingung, die Stadt an allen Ecken anzuzünden , die Freiheit gegeben worden war.
3. Das französische Heer fuhr fort seinen Marsch gegen Moskau in der bisherigen Ordnung fortzusegen.
Der König
von Neapel befand sich um Mittag auf dem Grußberg (Poklonui-Gora) , von wo aus man Moskau in halbstündiger Entfernung vor sich erblickt. 4. Das russische Heer zog früh Morgens den 14. durch Moskau und ging auf der Straße nach Wladimir zurück. Kutusow selbst passirte um 94 Uhr die Stadt und stellte sein Heer (nach russischen Berichten) unweit Panki, 14 Werfte hinter derselben, wieder auf. Seine Arrieregarde, eine zahlreiche Cavalerie von Uwarows Corps , Kosacken ic. hielt noch an den (westlichen) Barrieren und schien den Eingang in die Stadt der französischen Avantgarde streitig machen zu wollen. - Indessen ließ Miloradowitsch dem König von Neapel , unter dem Vorwande die Stadt zu ſchonen, einen Waffenſtillſtand während des Durchzugs der ruſſiſchen Arrieregarde anbieten, den er sonst durch Anzündung decken müsse ; der König nahm ihn, wegen der großen Wichtigkeit , die diese Schonung für die französische Armee haben mußte , an , obgleich er dadurch große Vortheile aus der Hand gab , die ihm ein Angriff auf das große feindliche Cavaleriecorps , das sich in den Defileen der Straßen ab- und sie lange durchziehen mußte, ferner eine rasche Verfolgung , wodurch noch viele Transporte und alle Nachzügler in Moskau in seine Hände fallen mußten , gewähren konnte. Der König rückte hiernach um 1 Uhr Nachmittags ein und folgte dem sich aufs Langſamſte zurückziehenden feindlichen Nachtrabe auf dem Fuße nach. ― Kaum in Moskau eingedrungen, mußte ihn nothwendig die Einsamkeit , welche ihn umgab, in Erstaunen segen, das immer mehr und mehr wuchs . Aus Beſorgniß , daß man ihm eine Falle gestellt haben möchte, entfendete er Recognoszirungen in alle Nebenstraßen und marſchirte mit der größten Vorsicht . Am Kreml angelangt, findet er den Weg durch Wagen mit Verwundeten , Gepäck 2. verstopft und es fallen vom Volke, dessen man hier zum ersten Male einen
163 Haufen gewahr wurde , Schüsse auf ihn. Er ließ sofort diesen zerstreuen und auf die Kosacken des Nachtrabs einhauën , da er jegt vollkommen erkannt hatte daß man ihn hintergangen habe. Durch die Vorsicht jedoch , die er in dieser unermeßlichen Stadt beim Verfolgen unausgefegt anwenden mußte , gelangte er erst um 7 Uhr Übends zu den östlichen Barrieren der Stadt. Er ließ seine Truppen sogleich außerhalb einen Biwack beziehen und eine Postenkette von der Straße nach Rjäsan bis zu jener nach Petersburg aufstellen , sowohl vorwärts als bei der Stadt, welch' legtere Kette zum Zweck hatte , die Truppen zu verhindern sich in diese zu verlaufen , darin zu plündern ic.
5. Der Kaiser Napoleon traf um 3 Uhr Nachmittags vor Moskau ein und hielt am Eingange der Vorstadt, durch welche die Straße von Smolensk führt (Nowenkoje Predmjeſtje), wohl in Erwartung einer Deputation von Seiten des Magistrats der Stadt , deren gänzliches Verlaffenſein Niemand annehmen. konnte. Alles war zur Beſegung vorbereitet, Marschall Mortier zum Gouverneur , Divisionsgeneral Durosnel zum Commandanten, Lesseps zum Intendanten der Provinz Moskau ernannt. Die Generale, welche auf einen Triumpheinzug gerechnet hatten , hatten die Soldaten den Paradeanzug anlegen lassen. -Um zu verhindern, daß man Moskau nicht plündere, hatte Napoleon durch zwei Brigaden leichter Cavalerie eine Postenfette westlich und südlich der Stadt ziehen lassen (wie sie der König von Neapel östlich und nördlich angeordnet hatte) , die Niemand einlassen sollte. - Eugen und Poniatowski erhielten Befehl , mit ihren Armeecorps eine Stunde von Moskau Halt zu machen *). - Mortier , welcher unmittelbar aufdas Avantcorps des Königs von Neapel folgte, war angewiesen, bis zum Kreml vorzugehen , ihn zu besegen , aber alle Strengė anzuwenden, daß nicht geplündert werde , und blos die Division der jungen Garde bei sich zu behalten , jene Claparedes aber an den König von Neapel abzugeben. Die Marschälle Davvuft und Ney mit ihren Armeecorps, sowie die alte Garde, langten nacheinander an und wurden angewiesen , Biwacke auf beiden Seiten und rückwärts der erwähnten Vorstadt zu beziehen. *) So blieb das 4. Armeecorps zu Koreczewo.
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Junot mit dem 8. Armeecorps war zu Moszaisk geblieben und hatte sich bis Ruza links und Wereja rechts ausgedehnt , diese Städte besegend. - Mortier ließ seine Truppen im Kreml und dessen Nähe biwackiren
und sendete Patrullen zu ſeiner
Sicherung nach allen Richtungen aus. 6. Napoleon , der an der durchschnitten geweſenen , aber schnell wiederhergestellten Brücke über die Moskwa gehalten und die Truppen defiliren gesehen hatte , erfuhr endlich durch einige ausländische Kaufleute , die man ihm brachte, den Zustand und das Verödetsein Moskaus - (was viele Hoffnungen, die er auf dessen Einnahme gegründet hatte , zu Nichte machen mußte) und schlug endlich sein Hauptquartier in der Vorstadt, nahe bei jener Brücke , für diesen Tag (den 14.) auf *) — (Faubourg de Dorogomilow von Gourgaud genannt). 7. „Bis zur Nacht wurde die Ordnung unter den Truppen erhalten ; späterhin wurde dieß unmöglich (sagt Chambray) . Man konnte Menschen , die vor Hunger fast umkamen , nicht abhalten sich Hülfe zu verschaffen , die ihnen so zur Hand lag daß sie nur darnach greifen durften. Die Offiziere selbst gaben das Beispiel des Ungehorsams. Eine Menge Militärs verbreitete sich sofort in der Stadt , um Lebensmittel zu suchen, und viele begannen hierbei zu plündern , da sie die Häuſer von Einwohnern verlassen und Alles
preißgegeben fanden.
Sie
ſtießen oft auf russische Nachzügler , die , von Branntwein und Beute gelockt, in großer Zahl zurückgeblieben waren **). Dieß Zuſammentreffen hatte die Folge, daß es einigemal zu Flintenschüssen kam , jedoch keineswegs zu irgend anhaltendem Feuer,
*) Unser Generalcommandeur ,,,des Prinzen Emil Hoheit , holte (am 14.) nach zurückgelegten 10 Stunden Wegs die Garden des Kaiſers und bald darauf das 3. Armeecorps ein. Den Kaiser selbft trifft er erft 2 Stunden Wegs weiterhin in der Vorstadt gegen Smolensk hart an der Moskwa wieder. Dieser Fluß hat hier (ſeßt das Tagbuch des Generalcommandos hinzu) die Breite des Mains bei Miltenberg , ift aber sehr feicht" (die Avantgarde batte ihn durchwatet) . **) Am 15. ließ man die Stadt durch Patrullen durchsuchen und bekam so über 6000 der ruffischen Nachzügler in die Hände. Man würde felbft mehr als das Dreifache dieser Zahl aufgehoben haben , wenn die ruffiſche Nachhut nicht so langsam und unter dem Schuße der Convention (f. 4.) hätte abziehen können.
165 da beide Theile nicht die Absicht hatten sich zu schlagen. Während Moskau so die ersten Folgen seiner Verödung empfand , brach auch Feuer an mehreren Stellen aus. Das erste bemerkte man im Bazar und in der Börse , bald darauf auch in der Bank.
Man versuchte zu löschen, was aber der Mangel
Man hielt diese Feuersan Sprigen nicht möglich machte. brünste für zufällig und als in einer fast öden Stadt nicht zu vermeiden. Daher wurden sie noch kaum beachtet. 8. Den 15. um 6 Uhr Morgens begab sich Napoleon in die Stadt und nahm sein Hauptquartier in dem russisch-kaiserlichen Palast des Kreml oder Kremlin. Die Infanterie der alten Garde versah hier den Dienst. Die Cavalerie der Garde lag in den Vorstädten wegen größerer Nähe beim Ausrücken zumFourragiren. — Marschall Davouſt, Fürst von Eckmühl, rückte mit seinem Armeecorps in den Theil der Stadt , der um die Straße von Smolensk herum lag *). Napoleon hatte ihm befohlen , die Straßen , welche zwischen denen von Swenigorod und Tula lagen , besegen zu lassen. Eugen rückte gleichfalls auf seiner (der Nordwest-) Seite mit dem Auftrage ein , alle Straßen von der nach Swenigorod bis zu der von Jaroslawl, beide eingeschlossen , besegen zu lassen. -- Der Fürst Poniatowski hatte sich mit seinem Corps unter die Befehle des Königs von Neapel zu stellen und dieser , welcher außerdem die Reservecavalerie und die Diviſionen Claparede und Dufour befehligte, zog heute den Haupttheil seiner Truppen auf der Straße von Rjäsan zusammen , da er nach den eingetroffenen Meldungen annehmen zu müssen glaubte , daß Kutuſow auf dieser Straße zurückgegangen sei **) , - (was indessen nicht der Fall war, obgleich er sich vielleicht schon den 15. von der Straße von Wladimir nach jener von Rjäsan , hinter der Pekorka auf
*) Das 2. heffiſche Bataillon Leibregiments mit dem Park des 1. Armeecorps verblieb ftets zu Fill (f. S. 161 , Anmerk. ***). **) Wegen der Menge von Wagenspuren , durch das allgemeine Flüchten von Moskau veranlaßt , konnte man nicht sogleich die Straße gewahr werden , worauf das ruffische Heer rückzog und hielt jene von Rfäfan dafür; ba vielleicht der Theil der Nachhut, welchem die franzöfifche Vorhut unmittelbar folgte , fich hierher gewandt hatte und fie ohnehin die meiste Wahrscheinlichkeit für sich hatte.
166 Szilino herüberzog *)).
Marschall Ney zog gleichfalls am
15. durch Moskau und bezog Cantonirungen in dem Theile der Stadt , der an der Straße nach Rjäsan liegt, um zur Unterſtügung des Königs von Neapel zur Hand zu sein. Er hatte die Landstraßen von der nach Rjäsan bis zu der nach Tula einschließlich zu beſegen.
Siebenunddreißigſtes Kapitel. Der Brand von Moskau. Aus- und Wiedereinzug des kaiserlich - französischen Hauptquartiers dafelbft 2c. 1. Die in Moskau ausbrechenden Feuer vervielfältigten sich am 15. , besonders Nachmittags , in dem Maße , daß man Man sie unmöglich länger für Zufälligkeiten halten konnte. erkannte ihren wahren Ursprung sowohl aus der Entfernung der Feuersprigen von Moskau **) als aus den Aussagen der Brandstifter selbst, welche man auf der That ertappt hatte, oder die von den in Moskau angesiedelten französischen oder andern fremden Kaufleuten ertappt und dem französischen Militär überliefert worden waren. Alle nämlich sagten aus, daß sie in Folge der von Rostopschin erhaltenen Befehle gehandelt Sie wurden sogleich erschossen und ihre Leichname zum abschreckenden Beispiel in die Straßen gestellt , ohne daß dadurch irgend etwas bewirkt wurde. Bis zum Abend lagen schon ganze Straßen der Stadt im Schutt. Sobald Napoleon hätten.
gewiß war , daß die Ruffen selbst ihre Hauptstadt anzündeten und der Zerstörung geweiht hätten , überließ er die Ereignisse ihrem Lauf. Der Wind trieb die Flammen unaufhaltsam fort; Niemand achtete mehr darauf***), *) ,,Le 15 l'armée russe séjourna à Panki à 4 ou 5 lieues de Moskou ," fagt Gourgaud. Gewiß ist , daß Kutuſow den 16. aus dem Hauptquartier zu Szilino einen Bericht an seinen Kaiſer erließ (fiehe XXXVIII. 1). **) Roftopschin gesteht selbst ein , daß er 96 Feuersprißen , 3 aus jedem Stadtquartier , am Tage des Einmarsches der Franzosen, habe wegbringen lassen (und zwar gesteht er dieß in seiner Rechtfertigungsſchrift, daß er nicht der Veranlaſſer des Brandes gewesen !). *** ) ,,Auch dem Hause, wo ich wohnte (heißt es in dem Tagebuche unsres Generalcommandeurs, des Prinzen Emil von Heffen Hoheit),
167 2. Obgleich der Kreml burch einen breiten Graben und davorliegende Esplanade vor den nahenden Flammen geschüßt war, so wurde doch das Leiden durch den Glutstrom und Rauch hier so stark, daß der Kaiser , besonders da er auch durch das Feuer sich von seinen Truppen getrennt fand, demselben weichen zu müssen glaubte und, von einem Polizeiagenten längs des Kai der Moskwa und über einen Theil der Brandstätte geführt, von seinem Stabe begleitet, wie gesagt , gegen Abend sich außerhalb der Stadt nach Petrowski begab, wo das 4. Armeecorps. biwackirte, das sich aus der brennenden Stadt zurückgezogen Der Kreml blieb jedoch von einem Bataillon der alten. Garde besegt. Die übrigen Armeecorps hatten sich gleichfalls, jedes auf seiner Seite , aus der Stadt zurückgezogen und Biwacks in der Nähe bezogen. hatte.
näherte fich das Feuer , glühende Kohlen fielen auf das Dach 2c.; indeffen das Haus war fleinern und mit Kupfer gedeckt , andere eben folche Häuser ftanden umher und die große Promenade lag noch dazwischen ; die Flamme schlug aber im nächsten Hause zum Fenster heraus , das Feuer mußte also drinnen angegangen sein 2c. Morgens um 5 Uhr den 16. mußte das Haus verlassen werden, da ſchon Stallung und Remiſen im Hofraume brennen. Tiefer in der Stadt an der Marschallsbrücke, unweit des Kreml , fand man eine andre Wohnung , wo man einige, jedoch nur einige Stunden ruhen konnte. Es brannte bereits überall 2c. Das Feuer war dieser neuen Wohnung wieder ganz in der Nähe. Hier trieben zwar die Gardeartillerie-Offiziere Soldaten und Bürger zum Löschen an, so gut man es ohne Sprißen vermochte. Man brach nebenftehende Gebäude ab , schaffte das Holzwerk aus den Hofräumen , Alles ift thätig das Feuer zu isoliren ; aber die Flammen pflanzten sich, hinterwärts fort und kamen von da unaufgehalten heran. Müde der unnüßen Anstrengung ließ endlich der rühmlich bewiesene Eifer zur Rettung nach. Die Offiziere traten in die Reihen der müßigen Zuschauer 201“ -- Um Mitternacht mußte Se. H. der Prinz Emil abermals ſeine Wohnung verlassen , um nicht Gefähr zu laufen im Rauche zu erfticken. Er fand (den 17. früh) für einige Stunden einen Aufenthalt in dem Hause des Generals Monthion ; aber auch hier von Feuer und Rauch vertrieben , flüchteten fich beide Generale nach dem kaiserlichen Hauptquartier (das den 16. Abends vom Kreml nach Petrowski, einem kaiſerl. Schloß außerhalb der Stadt an der Straße nach Petersburg verlegt worden war). Da Se. H. der Prinz Emil aber hier ſchon alle Häuſer in der Nähe beseft fand , so kehrte er nach der Stadt zurück, wo er endlich in einem kleinen hölzernen Hauſe des äußersten nach Petrowski þin liegenden Stadttheiles vorläufig eine Unterkunft fand. (S. S. 167. **)
168 3. Bei dem Anblick des in Flammen aufgehenden Moskau war nichts so schrecklich als der Brand der Hospitäler. Nur die sehr Kranken und Schwerblessirten der Russen waren darin zurückgeblieben, zwischen 20,000 und 30,000 Individuen. Was auch die Menschlichkeit der französischen Krieger ihnen für Hülfe bot- und sie bewies sich hier im höchsten Grade thätig, so gingen doch mehr als 10,000 dieſer Hoſpitaliten, theils durch die Flammen, theils durch den Mangel an Pflege, aufs Elendeſte zu Grund. ― Daß der Soldat , sowie er in dem Brande von Moskau seine Hoffnungen zerstört sah, sich nur dem Genusse des Moments hingab und eine allgemeine Plünderung begann, war ganz natürlich. Napoleons strenge Befehle zur Verhütung derselben hoben sich durch diese Umstände von ſelbſt auf, da man größtentheils nur den Flammen entriß , wessen man sich bemächtigte 2c. 4. Napoleon verblieb vom 16. Abends bis zum 18. (September) Morgens zu Petrowski und begab sich dann wieder nach dem Kreml zurück. Der Brand , wennschon noch fortdauernd , hatte am 18. bereits bedeutend nachgelassen. Die Brandstätte war schon fast unübersehlich. Man hatte von der Außenseite eine halbe Stunde über sie hinzuwandeln , ehe man auf Häuser traf. Nur die Kirchen waren noch erhalten. Sobald der Kaiser zurückgekehrt war , gab er die strengsten Befehle , dem Plündern Einhalt zu thun , berechtigte jedoch die verschiedenen Corps , welche in und um Moskau cantonirten, eines nach dem andern , Abtheilungen in die Stadt zu senden, um Vorräthe von Lebensmitteln aufzutreiben *).
5. Den 19. hat das Feuer meisten Orts nachgelaſſen, wozu ein starker Regen in der verflossenen Nacht viel beitrug , und dann , daß fast alle Häuser, die von ihren Bewohnern verlaſſen standen , bereits eingeäschert waren **). Den 20. brannte es nicht mehr. G Nach einer russischen Anzeige sind von 6591
*) Alle ihre Nachſuchungen konnten sich nur auf die Keller und feuerfesten Gewölbe der verbrannten Häuser erstrecken , da die übrigen fämmtlich von Militärs bewohnt wurden, die ihr Näherrecht behaupteten. **) Unser Prinz Emil verlegte nun auch seine Wohnung (f. S. 167 Anmerk.) wieder in das Innere der Stadt, in die Nähe des Kremls.
169 hölzernen Häusern , die Moskau hatte , 2100 und von 2567 steinernen 526, überhaupt 2626 Häuser den Flammen entgangen. Mortier, Durosnel und Leſſeps (ſ. XXXVI. 5. ) traten . nun in ihren Wirkungskreis ein , was bis zu diesem Augenblicke unmöglich war. Man theilte die Stadt in 20 Quartiere, deren jedes seinen Commandanten erhielt, organisirte , so gut es gehen wollte , eine Municipalität , legte Hoſpitäler für die große Menge Kranker und Bleſſirter des französischen Heeres die demselben hierher, als den Ort, wo am Meisten Hülfe und Unterſtügung für sie zu erwarten war , gefolgt waren ; ebenso für die russischen Kranken und Blessirten ; sorgte für Unterkunft und Nahrung der ärmeren russischen Familien , die in Moskau verblieben und durch den Brand aller Mittel zum Lebensunterhalt beraubt worden waren 2c. , wobei der Kaiser selbst thätigst mitwirkte *).
6. Alle Lebensmittel- und andere Magazine, die dem französischen Heere so nüglich hätten sein können , waren zerstört ; nur jene des Artillerieparks (zwischen den äußersten Häuſern und dem Kloster Semenoff gelegen) , die noch 400,000 Pfund Pulver , 40,000 Pfund Schwefel und Salpeter 2c. enthielten, blieben zu großem Vortheil des französischen Heeres verschont , dem gerade Abgang hieran höchst empfindlich geweſen ſein würde. „Der Verlust an Lebensmitteln (bemerkt Chambray) war dem französischen Heer nicht so nachtheilig als es schien. Man fand , abgesehen von den Hülfsmitteln die sich in den vom Brand verschonten Häusern befanden , in den Kellern der Abgebrannten noch sehr viele , sehr brauchbare Vorräthe und die Gärten lieferten Gemüſe aller Art in Menge, ſo daß die Corps, welche bei oder in Moskau cantonirten, wo sie zum Theil (wie das 4. Armeecorps am 18.) wieder eingerückt waren, Ueberfluß hatten. Besonders reichlich hatte man Liqueurs (nicht ſo ordinäre Branntweine) , feine (nicht so ordinäre) Weine, Zuder, Kaffee, Thee , getrocknete Fische und Gemüse 2c. Brodmehl und Schlachtvieh war in geringer Menge vorhanden ;
*) S. darüber Gourgaud examen critique etc.; besonders aber die Briefe des Abbé Surugues , curé de la paroisse de St. Louis à Moscou, publiées en Angleterre et en Russie.
170 doch litt man gerade keinen Mangel daran , und fast alle Regimenter und Corps hatten eine Heerde und konnten Mehlund andere Vorräthe sammeln. Nur der Theil des Heeres litt noch , welcher von Moskau entfernt stand oder sich entfernte, und in dem Maße mehr als er sich entfernte. - Man fand Leder genug, um das Schuhwerk, und Getüche genug, um die Kleidung der Soldaten herzustellen *). Jeder Soldat hätte auf die nicht mehr sehr ferne kalte Jahreszeit mit einem guten Schafpelz des Landes versehen werden können , wenn solches hätte ſtattfinden sollen. Die Offiziere versahen ſich beinahe sämmtlich mit guten Pelzen. 7. „Am 22. wurde zu Moskau eine Anzahl Mordbrenner, worunter auch vornehme Ruſſen waren , erschossen , und ihre Leichname dann zum abschreckenden Beispiel an Laternenpfähle gehängt“ **). Achtunddreißigſtes Kapitel. Bewegungen der ruffifchen und franzöfifchen Hauptarmee zur Zeit und kurz nach dem Brande von Moskau. 1. Kutusow, der sich am 16. September zu Szilino befand, ließ von da aus einen Bericht an seinen Kaiser ergehen , der die Gründe enthielt welche ihn bestimmten , nach dem Siege bei Borodino über das französische Heer, demselben dennoch den Einzug in Moskau zu gestatten, — welcher Officialbericht dann unverweilt, nebst einer Proclamation des Kaiſers Alerander im russischen Reiche bekannt gemacht wurde , um der Bestürzung und der Muthlosigkeit zu begegnen , welche die Gegenwart des Feindes in der Hauptstadt des Reichs hervorbringen konnte. In dem Berichte Kutusows fam vom Wahren nur so viel por , daß der schwierigen Lage des französischen Heeres gedacht wurde, auf deſſen Communication nun das ruſſiſche stehe und
*) Eine Relation vom 2. Bataillon des heffiſchen Leibregiments sagt : ,,Wir hatten aus dieſer brennenden Welt so viel gerettet , daß wir an nichts Mangel litten als an Brod . Pelzwerk und Getüche war im Ueberfluß vorhanden. Wir hätten den ganzen Winter aushalten können 20.4 **) Stelle aus dem Tagbuch des þeffiſchen Generalcommandos.
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wie es darum nothwendig Moskau bald wieder verlassen und völlig zurückgehen müsse. 2. Das russische Heer ging am 16. bei Miatschkowo. über die Moskwa zurück; Kutuſow führte es die Pakra hinauf über Podol und ließ es am 19. hinter diesem Fluß beim Dörfchen Krasnoë *) (Krasnoë-Pakra) Stellung nehmen und sich sogleich verschanzen. Eine starke Cavalerie - Abtheilung blieb vor dem König von Neapel zur Maskirung dieser Bewegung stehen, und Abtheilungen von Cavalerie und Kosacken wurden auf allen Straßen (im östlichen Halbkreise), von der von Rjäſan an bis zu der von Petersburg, zur Beobachtung und Beunruhigung des französischen Heeres gelassen. Starke gemischte Abtheilungen ſtanden zu Podol und zu Desna, 2 Stunden vorwärts des Lagers. 3. Am 20. erhielt Fürst Poniatowski von Napoleon Befehl, mit ſeinem (dem 5.) Armeecorps auf Podol zu marſchiren, von dem man zwar wußte, daß es von russischen Truppen besett sei, aber nicht, daß diese von der auf die Straße von Kaluga vorbeigegangenen Hauptarmee hier zurückgelassen worden seien, über deren gegenwärtigen Aufenthalt der Kaiſer überhaupt noch immer keine sicheren Nachrichten hatte. Man vermuthete nur, daß sie sich auf der Straße von Rjäsan über die Moskwa und dann wohl westwärts ziehen dürfte. 4. Als kaum das russische Heer in seine neue Stellung hinter der Pakra , und damit der Communication des französischen , näher gekommen war , dachte Kutuſow darauf, dieſe ernsthaft beunruhigen zu lassen. Zu diesem Zweck wurde insbesondere der General Dorochof mit einem combinirten Detaschement aus allen Waffen , vorzüglich jedoch Cavalerie , auf von die neue Kaluga - Straße nach Szarapowo entsendet , wo dann derselbe seine Operationen begann (ſ. XL .). 5. Der König von Neapel ging am 22. September mit seinem Corps bei dem Dorfe Zazeria durch eine Furt über die Moskwa (da die Russen die Brücke bei Miatschkowo abgebrannt hatten) und trieb die ihm entgegenstehende Cavalerie bis jenseits des Städtchens Bronnigi , wo er dann sein Hauptquartier nahm.
*) Die ruffischen Schriftsteller nennen den Ort Krasnoiſelo.
172 6. An eben diesem Tage sezte Napoleon , der nun endlich wissen wollte was aus dem russischen Heere geworden , und muthmaßte , daß Kutusow doch wohl sich gegen Kaluga gezogen haben dürfte , ein Corps aus folgenden Truppen zusammen : die Infanteriedivision Friederich (ſonſt Deſſair) vom 1. Armeecorps ; eine Brigade leichter Cavalerie von eben demselben ; das Reserve - Cavaleriecorps von Lahouffaye (sonst Grouchy) ; die Brigade Colbert der Gardelanciers .
Mit dem Oberbefehl beauftragte er den Marschall Bessières und gab ihm die Weisung,
auf Desna (das auf der alten Kalugastraße liegt) zu marſchiren und „ Erkundigung über den Marsch des feindlichen Heeres einzuziehen, bis die Avantgarde wieder auf der Spur deſſelben ſei.“ 7. Der König von Neapel, der - wohl wegen des ſtarken Cavalerietrupps , der vor ihm stand und für die Arrieregarde den General en chef des feindlichen Heeres gelten konnte Kutusow auf Kolomna hinter die Oka gegangen wähnte , wird endlich seinem Irrthum entriſſen, als er einen Tag in Bronnişi zugebracht und erfahren hatte daß das russische Heer auf Podol gezogen sei. Er brach nun selbst dahin auf und traf den 25. zu Podol ein ; — wo er bereits Poniatowski vorfand, der Tags zuvor diese Stadt besegt hatte.
Neununddreißigstes Kapitel. Anmarsch des 9. Armee- (Reserve-) Corps unter Marschall Victor ; dann verschiedener Verstärkungstruppen (worunter auch drei groß. herzoglich hessische Bataillons 2c. ) für die Hauptarmee im September (f. XLV.). 1. Nachdem das 9. Armeecorps * ) sich (den 31. Auguft) über Kowno , Minsk und Orſcha nach Smolensk in Bewegung gesegt hatte , traf es am 22. September **) daselbst ein (wo der Divisionsgeneral Charpentier
Gouverneur war).
Den
Marsch von Wilna hierher betreffend macht der großherzoglich
*) Siehe XVII. 1. und XLIV. 2. **) So sagt Oberft von Dalwigk ; Oberft von Gall gibt den 27. an ; ich hatte den 28. als den Tag der Ankunft des Marschalls und der leichten Cavaleriedivifion in meinem Tagebuch notirt.
173 hessische Oberst von Dalwigk (der ihn an der Spige des GardeCheveaulegersregiments mitmachte) folgende Bemerkung : „ Auf diesem Marsche stieß man jeden Tag auf eine Menge Soldaten von der großen Armee, oft in zahlreichen Haufen, die unter dem Vorwand von Krankheit , Bleſſuren 2c. , ohne alle Autoriſation ſich rückwärts bewegten, sich auch wohl als Sauvegarden in den polnischen Edelhöfen , wo man sie gern aufnahm , eingenistet hatten *), - was offenbar auf ein großes Nachlassen in der Disziplin und mangelnde Mittel hinwies , die ſtrengen Geseze des Kaisers deßfalls geltend zu machen. Die Commandanten der verschiedenen Etappe - Stationen thun wenig diese Leute zu sammeln , für ihre Verpflegung zu sorgen und ſie, in provisorische Compagnieen, Bataillone und Schwadronen (wozu die Cavaleristen hätten beritten gemacht werden müſſen) eingetheilt, dem Heere wieder zuzuschicken." 2. Ein Complettirungstrupp von 2 Compagnieen fürs hessische Leibregiment unter Capitän Stolz **) , der durch manchfach unterwegs an sich gezogene Mannschaft 2. aus Wilna, 4 Offiziere, 23 Unteroffiziere , 4 Tambours , 488 Gemeine und 63 (meist Zug-) Pferde stark, auf Minsk und ſofort nach Smolensk abmar-
*) Es ist schon mehrmals bemerkt worden, wie wenig für die Kranken und Blessirten der großen Armee Sorge getragen wurde. Was zu dieser Kategorie gehörte , mußte fich , wollte es nicht zu Grunde gehen, felbft so gut zu helfen suchen als es konnte. Genesen beeilten sich dann die Leute nicht eben ihre weit entfernten Corps und noch größere Entbehrungen und Leiden , als fie bisher erduldet , aufzusuchen. Ebenso schlugen sehr viele Trupps , die wegen mangelnder Verpflegung nach Lebensmitteln ins Land geschickt worden waren und bei der Rückkunft ihr Corps nicht mehr an der Stelle fanden , wo fie es verlassen, mehr den Weg rückwärts als auf Gerathewohl vorwärts ein ; und endlich Alle die fich gern wegdrückten. **) Er war 3 Offiziere , 16 Unteroffiziere , 3 Tambours , 314 Gemeine (meißt Rekruten) stark von Darmstadt am 20. Juli abmarſchirt ; am 10. Auguft in Berlin eingetroffen, am 1. September zu Königsberg, wo noch 2 Unteroffiziere und 31 Gemeine unfrer Truppen (Reconvaleszenten) zu ihm fließen, endlich den 19. September zu Wilna, wo er den Stabsquartiermeißter (Förfter) des Leibregiments mit der Caffe deffelben (von Danzig gekommen) und 3 Unteroffiziere 52 Mann , ferner 6 von Darmstadt gekommene Lebensmittelwagen, die hier aus Mangel an Vorspann lagen, antraf.
174 sährte, war am 13. Sept. in legterer Stadt eingetroffen, wo er aber vorerst verbleiben und Garnisonsdienste thun mußte, da ein Befehl des Kaisers vorlag, daß man, wegen der starken Streifcorps der Russen , nur bis auf wenigstens 1500 Mann angewachsene Marschcolonnen nach Moskau abgehen lassen solle * ). (Forts. LI. 8. ) 3. Zufolge der von dem Kaiser (f. XXIX. 2. ) erlassenen Befehle marschirten am 15. September aus Witebsk gegen 4000 Mann von der dortigen Garnison , nämlich das etwa 1600 Mann starke Garde- Flanqueursregiment und 2300 Soldaten von allen Nationen (Franzosen , Spanier , Portugiesen, Nord-Italiener , Neapolitaner , holländische Garden , deutsche Bundestruppen) , in Marschbataillons formirt , nach Smolensk ab **) , um von da so weiter auf der Straße nach Moskau zur Hauptarmee abzugehen. 4. Die großherzoglich hessischen
Bataillons
(nämlich zwei Bataillons des Leibgarde- , das 1. des Leibregiments nebst einer provisorischen Compagnie des 2. Bataillons), welche noch in Witebsk garnisonirten, erhielten von dem in der Provinz commandirenden General Charpentier *** ) den 19. gleichfalls Befehl , den 21. September von da aufzubrechen und innerhalb 4 Tagen zu Smolensk einzutreffen. Diese Truppen marſchiren sofort unter Commando des Oberſten v. Gall (dem Oberst Follenius , als noch unwohl , dasselbe überlassen hatte) über Falkowiczi , Rudnia , Inkowo zc. dahin und treffen den 25. in der Petersburger Vorstadt von Smolensk ein †), von wo sie den 26. zum einstweiligen Garnisonsdienst in die Stadt gezogen wurden. *) Kriegscommiffär Dannenberger , als Courier an Se. H. den Prinzen Emil abgeschickt, traf 4 Tage nach Capitän Stolz zu Smolenst ein und wurde aus gleichem Grunde daselbst angehalten. **) Hierdurch bildeten nun die großherzoglich hessischen 3 BatailIons fast allein die Besaßung von Witebsk , indem außer ihnen keine 200 dienstbare Soldaten incl. der Gendarmen mehr in der Stadt waren. ***) Divifionsgeneral Charpentier war Generalgouverneur der Provinz Witebsk und wurde jezt als solcher nach Smolensk verfeßt, wo er bald nach unsern Bataillons eintraf. Bis dahin hatte der Brigadegeneral Barbenegre das Commando zu Smolensk. †) Das Detail dieses Marsches findet sich in meinem Tagebuch.
175 5. Am 28. marſchirte das Garde-Flanqueursregiment (ſ. 3.) von Smolensk weiter , als Escorte eines ziemlich starken 'Artilleriezugs , nach Moskau ab , und am 29. folgten ihm die von Witebsk eingetroffenen hessischen Bataillone unter Commando des Obersten von Gall (s. 4.) mit einem Lebensmittelwagenzug nach, zu dem auch noch einige Artillerie stieß (f. XLV) . Beide Züge marſchirten auf der Straße nach Moskau einander so nahe, daß sie erforderlichen Falls sich gegenseitig Hülfe leiſten oder zuſammenstoßen konnten. Es waren bis Moskau (den Werstenzeigern zufolge) 385 Werste. Am Tage des Abmarsches kamen noch die (längst von Darmstadt erwarteten) Lebensmittelwagen der Bataillons an und schlossen sich sofort ihnen, nebst einiger Ergänzungsmannſchaft, an. An gegenwärtigen Streitfähigen mochten die drei hessischen Batailfons beim Abmarsche von Smolensk etwa 1250 Mann zählen (nämlich das 1. Bataillon Leibregiments incl. der proviſoriſchen Compagnie des 2. hatte zufolge Rapports 526 Streitfähige gegenwärtig, das 2. Bataillon Leibgarde deßgleichen 425 , das 1. Bataillon beiläufig , da der Rapport verloren ging , 300 *)).
Vierzigstes Kapitel. Beunruhigung der Communication der franzöſiſchen Hauptarmee auf der Straße von Moskau nach Moszaisk durch die ruffischen Truppen und Gefecht , südlich Wurzewa , der franzöfifchen Garde-Dragoner und eines combinirten Bataillons (wobei eine Abtheilung des 1. Bataillons des hessischen Leibgarderegiments) gegen leßtere. 1. Da die Cavalerie und Kosacken des russischen Generals Dorochof (s. XXXVIII. 4) schon sehr lebhaft die Communication auf der Straße nach Moszaisk beunruhigten **) , so entsendete
*) Alle drei Bataillons hatten in Witebsk etwa 80 kranke Solda`ten und mehre Offiziere , und ebenso wieder einen Offizier und mehre Soldaten in Smolensk zurückgelaſſen (f. LX. 7) . **) Nach einem Brief des Major- General an Marschall Beffières mußten fie schon 15 Munitionswagen in die Luft gesprengt , 2 Marschſchwadronen angegriffen und davon 200 Pferde genommen haben , auch griffen fie einen großen Munitionstransport an , wo fie aber abge. schlagen wurden.
176 der Kaiser den Major Letort mit 200 Garde - Dragonern auf diese Straße , um sich bei dem Hauſe des Fürsten Gallizin (wo der Kaiser übernachtet hatte) aufzustellen , mit dem Befehl , alle Marsch - Cavalerie anzuhalten , wodurch 1500 bis 2000 Pferde zusammenkommen würden , womit er die Straße schüßen solle. Außerdem ward General St. Sulpice befehligt, mit allen seinen Dragonern aufzubrechen und ihn nothfalls zu unterſtügen.
„ Am 23. brachen die Garde - Dragoner *) mit
zwei reitenden Batterieen und einem Linien-Infanterieregiment (sagt Chambray) nach Bezowka (Dorf auf jener Straße , 7 Stunden von Moskau) auf und am 26. folgte halben Wegs dahin (31 Stunden Wegs) die Division Brouſſier und die leichte Cavalerie vom 4. Armeecorps nach." 2. Am 24. September war Capitän Hoffmann mit einem noch aus 2 Offizieren und 80 Mann bestehenden Detaſchement vom 1. Bataillon des heſſiſchen Leibgarderegiments **) in einer vom westphälischen General Dalowert geführten, von Smolensk abgegangenen Marschcolonne bis auf etwa 10 Stunden (seinem Berichte zufolge) angekommen und übernachtete zu Wurzewa ***). „Dieſer Theil der Straße wurde besonders durch Koſacken und Cavalerie (von General Dorochofs Corps) beunruhigt.
Oberst
*) Es gab nur ein Regiment Garde - Dragoner , das wohl ganz marschirte, oder so, daß der Reft des Regiments unter Oberft Marton der Abtheilung des Majors Letort fehr bald folgte , ' da jener Oberft mit 200 Dragonern im Gefecht am 25. vorkömmt. **) Der Trupp des Capitäns Hoffmann, aus den vier Compagnieen des 1. Bataillons Leibgarde zuſammengefeßt, war beim Abgang zu Beszenkowiczi 3 Offiziere 150 Mann ftark , um ruffische Gefangene nach Glubokoë zu bringen ; er mußte also inzwischen durch Krankheit und Zerfreute (oder seit dem 7. Auguft) beinahe die Hälfte der Mannschaft eingebüßt haben. Er war im Rückwege an seinem Regiment, das man mit dem großen Hauptquartier gegangen angenommen hatte , das aber zu Witebsk Garnison hielt , vorbeigekommen , da ihm eine Marschroute auf Smolensk gegeben worden war und von da, nach 10tägigem Aufent halte , nach Moskau , wobei er einen Theil der von General Dalowert befehligten Marſchcolonne ausmachte. *** ) Dieß Dorf möchte hiernach in der Gegend von Nikolskoë bis Perkutschkowo gelegen haben ; so wie das Dorf, wo hierauf das Gefecht vorfiel , südlich auf ungefähr gleicher Höhe auf der Kalugastraße, wahrscheinlich bei Wlasowa , unweit Szarapowo (Czerepowo ?).
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Marton mit 200 Dragonern der Kaisergarde wollte deßhalb den 25. Morgens einen Streifzug gegen sie machen, unterstügt von einem combinirten Bataillon Infanterie aus der Marschcolonne des Generals Dalovert, der den Capitän Hoffmann einlud daran Antheil zu nehmen . Das Bataillon bestand so= nach aus 80 Heffen *) , 80 ouvriers de la Danube , und 140 Mann vom 33. leichten französischen Infanterieregiment , und ward von dem Bataillonchef Schürmann befehligt. Morgens 6 Uhr brach dieser Trupp von 300 Männ 3. Infanterie und 200 Pferden unter Oberst Marton's Befehlen auf **) , um , wie es hieß , die Kosacken aufzusuchen. Man ging gleich rechts von der Straße ab und durchzog (in südlicher Richtung) zwei Stunden lang einen Wald , als man auf eine große freie Waldstelle stieß , in deren Mitte auf etwa 4 Stunde Entfernung (vom diesseitigen Waldſaum) ein Dörfchen lag, hinter welchem man , sowie am jenseitigen Waldsaum, starke feindliche Cavaleriecolonnen , beiläufig 2000 Pferde , erblickte. Die Garde-Dragoner drängten die vorgegangenen schwärmenden Kosacken zurück und ließen sich nicht abhalten, bis zu dem Dorfe vorwärts zu gehen. Das Bataillon machte dagegen am WaldKaum war dieß aber geschehen saume Halt und deployirte. als Oberst Marton Befehl schickte , daß es ihm in geschlossener Colonne nach dem Dorfe folgen solle, -was sofort und mög Ein Theil der feindlichen Cavalerie bes wegte sich sogleich auf die Flanken der Colonne, jedoch in einiger Ferne verbleibend. Oberst Marton ließ sich dadurch nicht irren, gewann das Dorf und ſegte (mit der Cavalerie) den Marsch jenseits fort. Das Bataillon hatte aber kaum ebendieß (wahrlichst schnell geschah.
scheinlich aus zerstreut liegenden Hütten bestehende) Dorf erreicht, als die Dragoner angegriffen , geworfen wurden und in voller Flucht zurückkamen. Ohne Miene zu machen , sich unter dem Schuge ihrer Infanterie wieder segen zu wollen, eilten sie, nur den Wald wieder zu gewinnen , woraus sie gekommen waren. Erst zu Wurzewa fand man sie wieder. (Sie hatten die Infanterie
*) Deren Offiziere , außer Capitän Hoffmann , waren : Oberlieutenant Ludwig Graf von Erbach und Unterlieutenant Seyd. **) Laut des amtlichen Berichts des Capitäns Hoffmann . Röder, Kriegszug . 12
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gänzlich im Stich gelassen.) Oberst Marton war bleſſirt in feindliche Gefangenschaft gefallen. - Der Bataillonchef Schürmann befahl sogleich den Rückzug , der (vom Dorf nach dem Wald) in einem Carree angetreten werden sollte. Um dieſes Carree ruhiger formiren zu können , wurden auf den Flanken Tirailleurs zur Abweisung der kühn heranschwärmenden Kosacken vorbeordert : auf der rechten Flanke Lieutenant Seyd mit 18 Gardisten des 1. Bataillons. (Wie es scheint wagte sich dieser Trupp etwas zu weit vor die geschlossene Linie.) Er wurde sofort von den Kosacken angegriffen , abgeschnitten und die zerstreut fechtenden Leute, einer tapfern Gegenwehr unerachtet , wobei Einzelne sich mit dem Bajonnet wehrten * ), ſammt Lieutenant Seyd gefangen. Das sich zurückziehende Carree wurde nicht nur fortdauernd umſchwärmt , sondern mußte auch mehrmals Halt machen , um geschlossene Cavalerie-Angriffe abzuschlagen. Man war so glücklich den Saum des Waldes wieder erreicht zu haben , als der Feind Geschüß erhielt , so daß er nur noch drei Kartätſchenschüsse nachschicken konnte, — wodurch indessen doch noch mehrere Leute blessirt wurden. Man erreichte von da an ohne weitere Beunruhigung Wurzewa wieder.“ Im Carree hatte Capitän Hoffmann in ſeiner Abtheilung einen todten , einen tödtlich bleſſirten , 14 minder schwer bleſſirte Soldaten **). Die ganze Expedition war von Oberst Marton , der den Feind verachtet haben möchte , sehr übel geleitet worden.
Einundvierzigstes Kapitel. Fernere Bewegungen der gegnerischen Hauptarmeen bis zu Ende des Septembers ( f. XXXVIII .) , resp . 4. October. 1. Napoleon erfuhr erst am 26. September mit Verläsfigkeit , wo das feindliche Heer unter Kutuſow ſtehe. Er stellte *) Und, da fie gar nicht damit zu fechten gelernt hatten , ſich desfelben nur zu ihrem Nachtheile bedienten. Das Gewehr, als Prügel geführt , würde ihnen beſſere Dienſte geleistet haben. **) Was von dem Tirailleurtrupp des Lieutenant Seyd getödtet oder bleſfirt worden war , wußte man nicht. Er war geradezu dem Feind zum Fangen hingegeben worden . Die Kosacken hatten Verstand genug , es sogleich einzusehen und zu benußen. — Hoffmann traf am 30. mit nur noch 46-48 Combattanten zu Moskau ein.
179 sofort das 3. Reserve-Cavaleriecorps (von Lahoussaye ) und das 5. Armeecorps (Poniatowski) wieder unter die Befehle des Königs von Neapel und befahl diesem die feindliche Armee einige Tagemärsche von Moskau zurückzudrängen ; ― zu welchem Zweck auch (nach Chambray ), oder damit Kutusow um so eher weichen möchte , das Gerücht ausgesprengt wurde, Napoleon marſchire persönlich um ihn anzugreifen. Bessières ſollte hierbei den König von Neapel unterſtügen . 2. Nach Empfang der Befehle des Kaisers marschirte der König von Neapel sogleich von Podol ab nach Krasnoë- Pakra und befand sich am 27. September in der rechten Flanke des rusdie er, wenn er nicht zu schwach gewesen fischen Heeres , wäre , mit Vortheil hätte angreifen können. Auch bezeigte Kutuſow (der wohl die Stärke des Gegners ziemlich kennen mochte) hierüber keine Besorgniß *). Beffières , bei dem sich noch zur Zeit das 3. Reitercorps befand , war an diesem Tage (den 27.) bis Batukinka vorgegangen. Die Truppen beider Anführer waren durch die Pakra getrennt , von Kosacken umschwärmt und außer Verbindung .
3. Napoleon ertheilte am 28. , auf eine Meldung daß Kutusow Stand halten zu wollen Miene mache , allen Truppen zu Moskau Befehl sich bereit zu halten, in der Nacht auf Podol zu marschiren. Er wollte das russische Heer in der rechten Flanke und im Rücken angreifen .
Auf eine zweite Meldung
des Königs von Neapel, daß Kutusow zum Abzuge Anstalt mache , blieb man jedoch ruhig zu Moskau, Kutuſom verließ in der That den 28. seine Stellung , um auf die Verschanzungen, die er zwei Tagmärsche rückwärts (hinter der Nara) hatte anlegen lassen , zurückzugehen ; doch scheint er noch nicht bis hinter jenen Fluß gegangen zu ſein , indem er erst am 3. October zu Tarutino ankam und daselbst Stellung nahm (f. XLVI. 2). 4. Der König von Neapel verfehlte nicht den russischen Nachtrab zu verfolgen und zu verdrängen. Das bedeutendste
*) Ohnehin hatte Kutusow ja den Vorsaß sich auf der Communiwovon man ihn nicht ´cation des französischen Heeres zu halten , abbringen konnte , wenn man auf seine rechte Flanke drückte. 12 *
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Gefecht fiel am 29. September towski *) gegen Platow) .
bei Czerifow vor (PoniaErst den 4. October stellte sich der
König zu Winkowo auf (s. XLVI. 2) .
Zweiundvierzigstes Kapitel. Ruffische Operationen von Riga aus gegen das französische 10. Armeecorps (Macdonald) und Ankunft von Steinheils Corps daſelbſt aus Finnland. 1. Der russische General von Essen, Gouverneur von Riga, wiederholte am 18. September von da aus (s. XXX. 2), durch Kanonenschaluppen unterstügt , den schon mehrmals gemachten Versuch auf den linken Flügel des preußischen Corps (unter Macdonalds Oberbefehl). Seine Truppen wurden aber, nachdem sie schon von Schlock Meister geworden und bis Wolgund vorgedrungen waren , kräftig zurückgewieſen und nahmen dann ihre alte Stellung wieder ein. 2. Der russische General Steinheil , der mit etwas über 10,000 Mann guter Truppen zu Riga gelandet war (am 25. September) , und aus Finnland herübergekommen ( f. XXXI.) , um die Armee Wittgensteins zu verstärken, ließ sich bestimmen, in Verbindung mit der 11,000 Mann starken Besagung Rigas unter General von Effen, einen Verſuch auf den zur Belagerung von Riga bestimmten , bei Ruhenthal (unweit Bauske) aufgestellten Park von 130 Geschüßen zu machen , - wohin man von Riga in zwei starken oder drei kleinen Tagmärschen gelangen konnte. Dabei beabsichtigte man die Magazine des 10. Armeecorps zu Mitau zu zerstören. General von York (der gegenwärtig das königl. preußische Corps statt des kürzlich abgegangenen Generallieutenants von Grawert commandirte) hatte etwa 16,000 Mann unter seinen Befehlen , die er entgegenstellen konnte , und deren Haupttheil zwischen Mitau und St. Olai, der Rest auf der ganzen Linie zerstreut stand. Die Brigade Hünerbein , 3000 Mann , die nur zwei Tagmärsche von
*) Dieser Fürft feßte fich selbst an die Spiße von zwei polnischen Cavalerieregimentern und warf eine russische sehr bedrohliche Infanteriediviſion über den Haufen.
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Bauske entfernt stand , konnte nothfalls von York herangezogen werden. 3. General Effen bestimmte 18,000 Mann zum Angriff und war damit seinem Gegner überlegen , dem er jedoch an Cavalerie und Artillerie nachstand.
Den 26. griffen die Ruſſen
die Preußen auf der ganzen Linie an und trieben ihre Vorposten zurück. General Steinheil ging mit 12,000 Mann auf Eckau los, während General Effen mit 6000 Mann auf Mitau zuging. Ersterer nahm am 27. Eckau , am 28. Bauske, und dehnte sich bis auf zwei Stunden unterhalb dieser Stadt am rechten Ufer der Aa aus. Hier war er nur noch Stunde von dem Artilleriepark zu Ruhenthal *) und dem Geniepark zu Bornsmünde entfernt. Die seichte Aa legte seinem weiteren General Marsch wenig Schwierigkeiten mehr in den Weg. von York, der nicht Mitau und den Park zugleich decken konnte, gab jene Stadt auf und eilte am linken Ufer der Aa zur Deckung des letteren hin. Auch hatte er den General Hünerbein hierher zu eilen befehligt. Auf der Höhe von Meschten (wohl Meſohten ?), einem Dorfe am rechten Ufer der Aa, concentrirte er seine Truppen und ließ eine Brücke (vom linken Ufer) zur Communication dahin erbauen. Zu derselben Zeit ließ auch Steinheil in der Höhe von Ruhenthal eine Brücke schlagen , um aufs linke Ufer , zum Angriff dahin , zu gehen. Am 29. September ging York , der unter General von Kleist 3000 Mann zu Ruhenthal gelaſſen hatte , über die Aa (die Infanterie über die Brücke , die Cavalerie und Artillerie durch Furten).
Die Russen lehnten ihren linken Flügel an den Fluß ; ihr rechter stand quer über die Straße von Bauske nach Mitau.
York griff ſie in dieſer Stellung um 3 Uhr Nachmittags an. Man schlug sich** ) ohne Nachdruck bis in die Nacht. Steinheil ging dann 1 Stunde Wegs zurück. Durch einen Angriff von Seiten der preußischen Cavalerie verloren die Ruſſen jedoch hierbei zwei Bataillone.
Steinheil , der seinen Zweck demun-
*) Obgleich die Belagerung vertagt worden war , so batte man doch noch nicht die geringste Anstalt gemacht , den Belagerungspark zurückzuschaffen ; auch geschah dieß erst in der Mitte des Octobers. **) — Als wenn man sich gegenseitig schonen wollte.
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geachtet noch erreichen wollte, ließ den 30. mit Anbruch des Tages einen Theil seines Corps aufs linke Ufer der Aa übergehen , um den Park zu überfallen. York erhielt davon noch zeitig Nachricht, ging sogleich aufs linke Ufer zurück und griff an. Der Kampf war kurz und ohne Bedeutung. Die Russen wichen, sobald sie ihr Project vereitelt sahen. General Steinheil zog sich nun auf Eckau zurück , ohne daß York verfolgen ließ (troß der Thatenluft und Ueberlegenheit seiner Cavalerie) ; er rückte so , ohne alle Beunruhigung , folgenden Tags (den 1. October) wieder in Riga ein. — General Hünerbein war am 30. September gleich nach dem zweiten Gefecht zu York gestoßen. - Mitau , das am 29. in die Hände der von General Eſſen dahin dirigirten Abtheilung gefallen war , mußte den 30. wieder von den Ruſſen verlassen werden. Die Zerstörung einiger Magazine daselbst war die Folge ihres kurzen Besiges. 4. Marschall Macdonald war , auf die Nachricht von der Bewegung der Russen (aus Riga) auf Bauske , unter Rücklaſſung einer schwachen Beſagung zu Dünaburg *) , eiligſt mit der Diviſion Grandjean über Deniszti (?) nach Eckau gezogen, fand aber die Russen schon wieder in ihre alte Stellung zurückgekehrt. Er nahm nun sein Hauptquartier zu Stalgen (einem Dorfe am linken Ufer der Aa) zwischen Mitau und Bauske, Gleich nach seiner Ankunft ließ er den Divisionsgeneral Grandjean mit einer Brigade nach Illurt (einen Tagmarsch unterhalb Dünaburg , 14 Stunde von der Düna) zurückkehren , behielt aber die Brigade Hünerbein , die auf 8 Bataillons gebracht wurde, bei sich **) . York dehnte sich von der Ostsee bis nach Eckau aus. Hünerbein , mit einer polnischen und einer preußischen Brigade und sechs preußischen Schwadronen besegte Eckau und reichte rechts bis nach Friedrichstadt (an der Düna). Reserven wurden in Mitau , Stalgen und Annenburg aufgestellt. Jakobstadt erhielt Besagung ***).
*) In Dünaburg blieb General Fürft Radziwil bloß mit einem polnischen Regiment Infanterie , einer Compagnie Sapeurs und zwei Geschüßen. **) General Hünerbein befehligte alſo die halbe Diviſion Grandjean, da folche aus 16 Bataillons beftand. ***) Das Unternehmen der Russen auf den Belagerungspark und
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Dreiundvierzigstes Kapitel. Bewegung und Kriegsoperationen der Russen mit der Moldauarmee (Tschitschagofs ) und der Reservearmee (unter Tormaſſow) gegen den rechten Flügel des franzöfifchen Invafionsheeres unter Schwarzenberg und Reynier im September. Hertels Corps. 1. Die russische Moldauarmee unter Admiral Tschitschagof (f. XX. 4) , welche am 6. August Befehl zum Aufbruch über den Dnfefter erhalten hatte , konnte manchfacher Ursachen wegen , die sie noch zurückhielten *) , dennoch erst den 6. September bei Choczim über jenen Fluß gehen. Von dieser Zeit an aber rückte sie schnell zur Vereinigung mit der Armee Tormaſſows vor. Am 15. September traf ihre Vorhut bei derſelben ein ; am 18. war sie ganz mit ihr vereinigt. Ihre Stärke betrug zu dieser Zeit 34,000 Mann , worunter 8000 Mann Cavalerie, die Kosacken, die sie bei sich hatte, ungerechnet. 2. General Tormassow , dessen Armee selbst noch 30,000 Mann betrug und, nach der Vereinigung mit Tschitschagof, über 64,000 Mann regulirter Truppen , ohne die Kosacken , zählte, ergriff sogleich die Offensive wieder , da ſein Gegner (Fürst Schwarzenberg) nur noch über etwa 41,000 Mann_gebot **), worunter 26,000 Destreicher *** ). Wegen dieser Ueberlegenheit Tormaſſows trat denn auch Fürst Schwarzenberg , nachdem er am 20. eine große Recognosziruug gemacht, am 21. den Rückzug
dessen Zerstörung hätte glücken können , wenn General Steinheil sich anfänglich mit größerer Schnelligkeit bewegt hätte. Ebenso möchte diefer General später nicht so gut davon gekommen sein , wenn es General York rechter Ernst gewesen wäre , ihn wo möglich aufzureiben . *) Die Türken nämlich, durch falsche Vorspiegelungen der Enge länder zum Friedenstraktat von Bucharest mit Rußland verleitet, hielten die Ratification zurück , als sie erfuhren , Napoleon sei in Rußland eingefallen, weshalb man das Moldauheer , bis dieß geschehen , nicht wegziehen konnte. **) Napoleon hatte schon von Oestreich eine Verstärkung des Schwarzenbergischen Corps um 10,000 Mann gefordert , und gewünscht , daß das öftreichische Corps bei Lemberg eine Offensivdemonstration machen möchte. ***) Das dazu gehörige 7. Armeecorps (von Reynier) bestand noch aus 9500 Sachſen und 5500 Polen , zuſammen 15,000 Mann.
184 an , ohne vom Feinde beunruhigt zu werden. Den 22. ging Tormassow auf vier Punkten über den Styr ; eine seiner Divisionen ward auf Kowel dirigirt ; der Rest des Heeres folgte Schwarzenberg nach , der mit dem östreichiſchen Corps hinter die Turija zurückging, während das 7. Armeecorps nach Uſtilug hin wich, an welches sich die verfolgenden Russen vorzüglich attaschirten. Am 23. fand ein Gefecht zu Lokaczi Statt. Den 27. wurde die Arrieregarde des 7. Armeecorps (Polen) von Wladimir und Ustilug vertrieben. Die Arrieregarde des östreichischen Armeecorps hatte den 28. eine Stellung auf der Höhe von Ljuboml, die sie in der Nacht auf den 29. verließ um dem Corps nachzufolgen , das Schwarzenberg bei Opalin über den Bug geführt hatte , von wo er seinen Rückzug am linken Ufer hinab nach Brzesc-Litewski fortsegte. Die öftreichische Division Siegenthal ging über Kobryn auf Pruſchani zurück. 3. Am 29. wurde General Tormassow durch einen Befehl des Marschalls Kutusow abberufen , um das Commando der 2. Westarmee an der Stelle des an seinen Wunden gestorbenen Admiral Tschitschagof, Fürsten Bagration zu übernehmen. dem nun der Oberbefehl blieb , erhielt hierbei Verhaltungsbefehle von seinem Monarchen , die ihm vorschrieben die Muchawiez zu passiren , dann mit der Moldauarmee über Njeswitsch nach Minsk vorzurücken, während die Reservearmee fortführe den Fürsten Schwarzenberg zu beschäftigen und wo möglich nach Warschau hinzudrängen. — General Hertel sollte zu Minsk mit der Moldauarmee zusammentreffen * ). 4. Im Laufe des Monats September fanden folgende Bewegungen des ruſſiſchen Beobachtungscorps unter General Hertel zu Mozyr Statt. Der polnische General Dombrowski war mit dem Haupttheile ſeines Corps zur Einschließung von Bobruisk nach Swislotsch vorgerückt , wo er durch eine Abtheilung lit*) ,,Den 21. October (neuen Styls) fpäteftens , hieß es, werden Sie Minsk mit dem größten Theil ihrer Truppen befeßen, wo an demfelben Tage das von Mozyr kommende Detafchement zu Ihnen stoßen foll. Von da an müssen Sie so schleunig als möglich sich des Laufs der Berefina und der Stadt Borisow bemächtigen 2c.“ ( S. Chambray, Anmerk. und Belege in Blesson's Ueberfeß.)
185 thauischer Truppen verstärkt wurde ,
die er unter General
Dziwanowski nach Wiltſcha schickte. Jenes Corps ſowohl als das damals in Pinsk stehende östreichische Detaſchement beschloß Hertel anzugreifen. Als er hierzu sich in Bewegung segte, bestand die Besagung von Bobruisk (nach Buturlin) aus 13 schwachen Reservebataillons und 100 Koſacken, im Ganzen 5500 Mann. Hertel war mit 6 Bataillons aus Zaslaw verſtärkt worden und hatte sonach 19 Bataillons , 14 Schwadronen , 3 Regimenter donische Kosacken, 1300 kleinrussische Kosacken , im Ganzen mehr als 11,000 Mann unter seinen Befehlen mit 17 Geschüßen. - Die Destreicher verließen Pinsk ohne Gefecht ; die Abtheilung Litthauer bestand dagegen (am 15. September) ein ziemlich lebhaftes, zog sich dann aber nach Swislotsch zum Hauptcorps. Hertel verstärkte die Besagung von Bobruisk mit einigen Schwadronen und traf am 22. wieder zu Mozyr in seinen alten Quartieren ein, sowie der gegen Pinsk entsandte General Zapoliski einige Tage nachher.
Vierundvierzigstes Kapitel. Schluß einer Hauptperiode des Feldzugs mit dem September und Beginnen einer neuen (der dritten) . Zustand und Stärke der französischen Armee. 1. Mit dem Monat September beendigte sich eine weitere, und die entscheidende , Periode des Feldzugs *). „Der Gewinn . der Schlacht von Borodino und die Einnahme Moskaus schien dem französischen Heer die Bürgschaft eines ſiegreichen Schluſſes für dieses Jahr zu gewähren , wenn auch nicht mehr die Beendigung des Krieges zu hoffen war , bei der furchtbaren Aufregung der Russen , die ihre Hauptstadt selbst lieber mit allen den großen Schäßen der Bewohner den Flammen opfern, als unbeschädigt in den Händen des Feindes sehen wollten. Ein Verweilen auf der Brandstätte Moskaus über Anfang Octobers hinaus konnte man weder voraussehen , noch war es
*) Diese Betrachtungen wurden von dem Verfaſſer meist zu Wjäsma angestellt , und er sah darum dem Zurückkommen der Armee von Moskau in der ganzen ersten Hälfte des Octobers entgegen.
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auch nur im Geringften für thunlich zu erachten , wenn man erwog : daß dem russischen Feldherrn der Zustand des französischen Heeres durch die Gefangenen , welche täglich gemacht wurden , bekannt sein mußte ;
daß die zwar jezt der ruſſiſchen
an Zahl noch überlegene franzöſiſche Hauptarmee doch an Cavalerie außerordentlich herabgekommen und die ruſſiſche ihr weit überlegen geworden war, was in diesem Flachlande nicht geringen Nachtheil für die Franzosen haben mußte (besonders da fie ihre Lebensmittel sich erst aus den entfernteren Gegenden herbeizutreiben hatten) ; daß Smolensk, welches in der vorderſten Linie der zu beziehenden Winterquartiere lag , 385 Werste von Moskau entfernt war , welche noch bei gutem Wetter zurückgelegt werden mußten , und daß der Winter in diesen Gegenden schon mit Ende Octobers beginnen konnte." - Die russische Hauptarmee hatte überdieß bereits
eine (wie vorauszusehen
war) drohende Bewegung gegen die so übermäßig lange Communicationslinie der franzöſiſchen gemacht und wirkte ſchon mit starken Detaſchements sehr thätig darauf. - Die Moldauarmee war in Verbindung mit der Reservearmee Tormassows gekommen und man durfte nicht hoffen , daß Schwarzenbergs Armee, mit Hülfe Destreichs durch zeitgemäße Verstärkungen, diese vereinten Armeen werde im Zaum halten und den rechten Flügel ſicherſtellen können.
Eher konnte man solche Hoffnung für den
linken Flügel fassen , wo sich , außer den vereinten 2. und 6. Armeecorps, die allerdings schon sehr gelitten hatten (besonders legteres) , auch das 10. befand , das noch von allen am Wenigsten gelitten hatte. Diese aber schienen , da die Division Grandjean vollkommen gegen die Besagung Rigas genügte, bei gehörigem Zusammenwirken (und etwa sämmtlich dem Oberbefehl Macdonalds * ) unterstellt ) dem, was Wittgenstein in Verbindung mit Steinheil dagegen aufbringen konnte, vollkommen gewachsen. 2. Das 9. Armeecorps hatte die Centralſtellung von Smo-
*) Oder St. Cyrs , - so daß dann einer dieser beiden Marschälle nach Wilna dem Herzog von Baſſano, der Vorbereitung zu einem Winterfeldzug wegen 2c. , zur Seite gegeben worden wäre , mit etwa 2 Divisionen vom 11. Armeecorps als Reserven.
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lensk erreicht, konnte jedoch eben hier nur als eine Nothreſerve für die Flügel und mußte mehr als Aufnahmscorps für das von Moskau zurückkommende Hauptheer betrachtet werden, ---(dem es wohl bis Jelina entgegenzugehen hatte, mochte es nördlich oder , wie es wahrscheinlicher war der Lebensmittel wegen , südlich der Ugra ziehen) ; beſonders wenn ſolches , wie es allen Anschein hatte , auf den Flanken beunruhigt wurde. Es war überdieß auch zur Occupirung der vordersten Linie der Winterquartiere des Hauptheeres in den von Orscha ausgehenden Rayons nöthig , wenn jene ruhig bezogen werden sollten. 3. Die Divisionen vom 11. Armeecorps , Dürütte (die 32.) , 13,600 Mann, und Loison (die 34. ) 13,200 Mann stark, welche sich eben im Marſche , jene nach Warschau , diese nach Königsberg befanden , waren als die eigentlichen Reſerven für den rechten und linken Flügel der großen Armee zu betrachten, ebenso wie das 9. Armeecorps für das Centrum ; und auch ihnen mußte die Deckung der Flügel am Bug und der Düna in vorderster Linie zufallen , sobald die hier activ geweſenen Armeen in die Winter- und Erholungsquartiere zurückgingen ; sowie auch aller fernere Nachschub vom 11. Armeecorps vorläufig zu gleicher Bestimmung in Aussicht genommen sein mochte *). — Nur Umstände, von Napoleon allein gekannt und die in seinen Augen ein überwiegendes Gewicht haben mußten Cauf welche hin es auch nur ein Regent, der an der Spige seines Heeres stand , wagen durfte) - konnten dem Aufbruch der Armee von Moskau , dem Beschluß des diesjährigen Feldzugs und den Maßnehmungen für den nächsten Feldzug noch Aufschub geben ** ).
*) ,,Als ich den Eifer , den man in Herstellung der Befestigungen. von Smolensk bewies , bemerkte, glaubte ich solches auf den Beschluß baldiger Beziehung von Winterquartieren deuten zu müſſen , und daß man diesem Plaße , der doch wohl vor der vordersten Linie derselben liegen bleiben sollte, hierzu die erforderliche Haltbarkeit geben wolle 2c.“ So mein Tagebuch. ** **) Nicht aber ebenso den Maßregeln , bezüglich auf Verpflegung, Unterkunft, Winterkleidung 2. für die in Reserve zu bleiben beſtimmten Divifionen und Corps , welche , wenn es endlich doch zu Winterquartieren kommen mußte, voraussichtlich in die 1. Linie zu treten hatten
188 4. Die französische Hauptarmee unter Napoleons unmittelbarer Anführung bestand zu Ende Septembers noch aus 90,000 Streitern und zwar nach dem Berichte des Major- General an den Kaiſer : a) Die Infanterie der alten Garde , laut feuille d'appel vom 20. September b) Die 1. , 3. und 5. Division des 1. Armeecorps desgl. feuille d'appel Das 3. Armeccorps ohne die Cavalerie desgl. ebenso desgl. c) Das 5. Armeecorps d) Das 1. Corps der Reserve- Cavalerie e) Das 2. Corps der Reſerve- Cavalerie und die leichte Cavalerie des 3. Armeecorps f) Das 4. Corps der Reserve- Cavalcrie
4,831 Mann. 13,821 " 6,243 *) " " 6,923 2,721
4,263 1,775
" "
[Der Verf. des ,,Buchs vom Jahr 1812“ Bd. I. Abſchnitt V. führt vortrefflich aus, daß Napoleons ursprüngliche Absicht ohne Zweifel nur gewesen sei den Feldzug von 1812 mit einer feften Stellung über Winter an Dnjepr und Düna zu schließen und gibt ebenda zum Belege feiner Behauptung sehr merkwürdige Aufschlüsse nicht nur über die hierfür beabsichtigten Befestigungsarbeiten (verschanzte Lager und Stellungen vorwärts Smolensk , hinter der Kasplia an der Straße von Porjetsche nach Witebsk, 'ebenso bei der leztgenannten Stadt, bei Kochanow, Orfcha , Kepys , Minsk , Mohilew 2c.) , sondern und vor Allem über die ,,mit tiefster Einsicht und sorgsamfter Berechnung von Napoleon felbft angeordneten Maßregeln zur Anlegung von Magazinen und Hoſpitälern in Litthauen ," worüber der Verf. aus einem vom Kaiſer eigenhändig unterzeichneten Heft einen denkwürdigen Auszug ( S. 251 ff. ) mittheilt. Erwägt man Dieß und das ( nach Clausewiß) nichts weniger als von Anfang an beabsichtigte und wohlberechnete unerwartet schnelle Zurückweichen der Ruffen , wodurch es allein Napoleon unmöglich wurde sie innerhalb der von ihm für den ersten Feldzug bestimmten Gränze einmal tüchtig zu schlagen , so daß er immer tiefer (feinem ersten Plan zuwider) in das Innere fortgerissen wurde ; erwägt man ferner , daß seine besten Berechnungen und die größten Fehler der Russen (wie die genannten Schriftsteller darthun) , kurz fast alle Umstände diesen Leßten zum Glück ausschlugen und Napoleons Heer dem Untergang entgegenführten, so möchte sich weniger als irgendwo sonst in dieſem ungeheuern Verhängniß eine Fügung der Vorsehung verkennen lassen. Vergl. die vorige Anmerk. u. S. 189 Anmerk. ††. Zuf. d. Herausg .] *) Die hier einbegriffene königl. würtembergische Infanterie und Fußartillerie zählte noch kaum 1000 Mann und das ganze Corps 1300 Streiter. Es gingen demselben jedoch vor dem Abzug von Moskau 1000 Wiedergenesene zu.
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Nach den Bestandlisten oder Schäßung : g) Das Corps von Mortier, Bestandliste vom 26. Septbr. 9,875 Mann . h) Garde-Cavalerie, ungefähr 4,000 " i) Das 4. Armeecorps, Bestandlifte vom 20. September 27,326 " k) Die 4. Divifion des 1. Armeecorps nebst der leichten Cavalerie desselben 6,000 *) 1) Das 3. Corps der Reserve- Cavalerie, ungefähr 3,000 .. " Combattanten Summa : 95,775 **) " Hierunter beiläufig 17,000 Mann Cavalerie (nebst reitender Artillerie). Da unter dieser Nachweisung (sagt Chambray) jedoch unzweifelhaft sich noch viele Kranke und Blessirte leichterer Art befanden , die unter dem Stand der Regimenter (und bei ihnen in Heilung befindlich) einbegriffen waren , so kann man die Stärke der wirklich Streitfähigen , wie oben gesagt, zu 90,000 Mann zu Ende Septembers annehmen ***). 5. Von den drei Hauptwaffen des französischen Heeres war nur die Infanterie in gutem Stande. Mit der Ruhe und wennschon es an Brod gebrach - hatte dem Ueberfluß der Infanterist auch seine Kräfte wieder erhalten ; die erkrankt nach Moskau Gekommenen und nur leicht Blessirten traten allmählich wieder in die Reihen †) . Einige Marschregimenter waren ebenfalls angelangt und in die Corps vertheilt ; Schuhwerk und Kleidung befand sich in Ordnung ; kein Corps, das nicht wenigstens mit einem vierzehntägigen Vorrath zum Marſche versehen wartt).
*) Hierunter ist das 2. Bataillon des großherzoglich hessischen Leibregiments , noch circa 330 Streitbare ftark , einbegriffen. **) Es ist hier zu bemerken , daß der französischen Armee seit der Schlacht von Borodino zugegangen waren : die Division Pino des 4. Armeecorps ; die Division Laborde der jungen Garde und einige Marſchregimenter; daß dagegen das zu Moszaist verbliebene 8. Armeecorps hier nicht mitgezählt ist. *** ) Hieraus geht aber auch hervor , daß man den Stand der Kranken und Verwundeten des französischen Heeres , die sich in Moskau befanden, um 5000 Mann vermehrt über die Spitalliften, die den Krankenstand zu 15,000 Mann angaben , annehmen müsse , folglich zu 20,000 Mann beiläufig. +) Vergl. die leßte Anmerkung der vorhergehenden Seite. ++) Es war also jeßt der Zeitpunkt da, wo das Heer Moskau verlassen konnte (und mußte) , wo man den großen Wagenzug unter
190 6. Von der ganzen Cavalerie des Heeres war dagegen nur die Gardecavalerie noch im Stande gute Dienste zu leisten, noch zahlreich und leidlich beritten. Die unter dem König von Neapel vereinten Corps der Reserve-Cavalerie waren dagegen, durch die drückendsten Entbehrungen die Menschen und Pferde zu ertragen hatten , und durch die beständigen Beunruhigungen denen sie ausgesezt waren , einer völligen Auflösung ziemlich nahe gekommen. Man mußte diese Cavalerie schon durch Infanterie und Kanonen gegen die feindliche beschüßen lassen, wenn sie zum Fourragiren ausgeschickt wurde. Die leichte Cavalerie der Armeecorps war hinsichtlich des Physischen der Mannſchaft und Pferde weit weniger herunter , aber außerordentlich an Zahl vermindert. 7. Die erbärmlichen Pferde der Artillerie waren erschöpft und konnten sich aus Mangel an Hafer , sowie bei der Nothwendigkeit ihre Fourrage öfters mehrere Stunden weit zu holen ,
nicht wieder kräftigen.
Dazu war die Artilleriewaffe
außer allem Verhältniß zu den übrigen Waffen gekommen und wuchs täglich zu einem größeren Hinderniß für die Bewegung an *). 8. Was von den Pferden der Artillerie gesagt ist, gilt auch für jene der Gepäck- und Proviant-Wagenzüge.
Die unermeß-
liche in Moskau gemachte Beute mußte überdieß , zu großem Nachtheile des Heeres ,
entweder
eine übermäßige Belastung
Bedeckung von 20-25,000 Mann der wenigft Kräftigen auf Wjäsma u. f. w. Smolensk zurückſchicken konnte , während 70-75,000 Mann des Hauptheeres Kutusow aufzusuchen gingen und, wich er aus, über Zuchnow den Rückzug nach Mohilew antreten konnten (f. 1) . Es mußte durchaus in der Idee des Kaiſers liegen sofort Frieden , und diefen in Moskau , zu schließen . Ein zweiter Feldzug mußte so viel Abschreckendes haben , daß er mit dem Gedanken daran gar nicht zurecht kommen konnte. *) Man hätte doch wohl einen Theil des Hindernisses weg- nämlich zurücksenden können (felbft schon vom Schlachtfeld von Borodino aus , vorerst nach Wjäsma , dann so weiter) , wenn man nicht allzusehr sich der Hoffnung hingegeben hätte , der Friede werde in Moskau geschlossen werden können. Nichts beweist mehr die Richtigkeit der Aeußerung des Kaiſers , „ daß ihm fein Generalftab von gar keiner Hülfe set : " denn Niemand scheint an etwas gedacht zu haben, wenn Er nicht daran rachte.
191 der Wagen oder Rücklassung der unentbehrlichsten Lebensmittel welcher schwer , wenn nicht unmöglich zu zur Folge haben, begegnen war. Fünfundvierzigstes Kapitel. Marsch eines von Smolensk auf Moskau dirigirten Artillerie- und Proviant-Wagenzugs, von drei hessischen Bataillons escortirt (vom 29. September bis 13. October), und Wegbeschreibung*) . ― Verflärkungen für die Hauptarmee (f. XXXIX). Transport ruſſiſcher Kriegsgefangenen. 1. Der Marsch der großherzoglich hessischen drei Bataillons als Escorte für einen Mehl- und Artillerie- Convoi (ſ. XXXIX. 5) , welcher (den 29. September abgehend) vorwärts auf der Straße nach Moskau für das Heer gebracht werden ſollte , und ihres eignen sehr großen Wagenzugs, war von dem Colonne-Commandeur , Oberst von Gall , wie folgt geordnet : „ Sämmtliche Schüßen der Bataillone machen die Vorhut, zwei Compagnieen geben die Seitenpatrullen , sechs Compagnieen marschiren vor dem Wagenzuge her , ein Bataillon (= vier Compagnieen) folgt ihm nach als Arrieregarde und ist mit ſeiner unmittelbaren Deckung beauftragt. In der Wagencolonne følgen unsre eignen Wagen zunächst auf das Gros der Truppen ; der Artillerie-Convoi geht jenem der Lebensmittel voran. " 2. Der Zug kam täglich nur geringe Strecken vorwärts
wegen der nothwendigen Pferdefütterung, wozu man jeden Tag weitausgehende Fourragirungen machen mußte , und wozu anfänglich auch noch die durch regnerische Witterung oft sehr verdorbenen Wege kamen, in welchen die matten Pferde die Fuhrwerke kaum und oft nur mit gegenseitiger Hülfe fortbringen konnten. In dieser Weise war man den ersten Tag des Marsches von Smolensk nur bis an die Kolodnia, 12 bis 13 Werfte, den zweiten Tag (den 30. ) nur bis auf eine Höhe beim 22. Werstenzeiger gekommen ** ) , alſo kaum 10 Werste fortgerückt. *) Aus meinem Tagebuch. **) Es ftand hier ein Poſthaus , das ich das von Bredichino nennen hörte, im Viereck von Palissaden umgeben, welche in den Ecken in Form von Baftiönchen gefeßt waren, die höchstens in ihren Flanken zwei Schüßen Raum zur Bestreichung gewährten.
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Diese beiden Tage hatte man sehr elende Biwacks ; doch konnten sich die Soldaten, bei dem vielen umherstehenden Buſchwerk, mittelst ihrer Säbel Windschirme machen , auch etwas davon zur Unterlage benußen. Der ganze Strich von Smolensk bis Bredichino ist mit Wald oder bloß kurzem Buſchwerk bedeckt und zeigt nur insoweit gereinigte Stellen , als es die nothwendigste Bodencultur für die Bewohner der darinliegenden Dörfer erfordert. Größere freie Pläge fanden sich : bei Valutina- Gora, unweit welches Dorfes der erste Biwack stattfand ; bei der 15. und 16. Werfte, sowohl rechts als links des Bachs, den man bei Koniuszewo passirt ; endlich bei dem Posthaus (von Bredichino) . - Von der 6. bis zur 16. Werste von Smolensk wandelten wir über lauter Schlachtfeld zwischen umherliegenden Leichnamen. Das Hauptgefecht mußte, hiernach zu urtheilen, zwischen dem 13. und 16. Werstenzeiger stattgefunden haben auf den zwei Höhen links der Straße zwischen dem Kolodniabach und jenem woran Koniuszewo lag. Besonders heftig und anhaltend mußte in dem zwischen beiden Höhen liegenden flachen Thale * ) , worin ein zerstörtes Dorf lag , und bei Erſtürmung des linken (östlichen) mit Buschwerk überdeckten Thalrandes Cf. Plan III.) gefochten worden sein. Hier lagen die schon in starke Fäulniß übergegangenen Leichname der Russen und Franzosen , die im Handgemenge gefochten haben mußten , maſſenweiſe neben- und übereinander, vorzüglich thalaufwärts bei jenem Dorfe und unweit einem dahinter auf der Höhe liegenden öden, nicht in gleicher Weise zerstörten Dorfe , wo das Centrum der russischen Linie gestanden haben mochte **) . An der Straße waren die Leichname zumeist weggeschafft worden 2 . 3. Den 1. October ging der Marsch wieder durch Wald,
der erst bei der 27. Werste von Smolensk aufhörte. Zwischen der 28. und 29. Werste links der Straße lag ein Dorf mit einer sehr großen Kirche (das eben dadurch sehr ins Auge fiel), --ein Russe nannte es Zurkowa, bei welchem die verflossene
*) Man nannte es, wie ich später erfuhr,,,das Heilige(n ?) -Thal.“ **) Da ich wegen Unpäßlichkeit dem Trupp vorausging und erst den dritten Tag nach dem Abmarsche von Smolensk bei demselben blieb, so hatte ich alle Zeit das Terrain genau zu besichtigen.
193 Nacht der vor uns hergehende, und sonach noch kürzere Märsche als wir machende Artillerie - Convoi des Garde-Flanqueurregiments (s. XXXIX. 5. ) biwackirt hatte. Bei der 30. Werfte passirte man einen starken Bach (Kmost), worüber, sowie bisher über jeden stärkeren Bach (die Stabna, Kolodnia, den Bach bei Koniuszewo) , mehrere Bockbrücken nebeneinander geschlagen waren. So wie man die jenseitige Höhe erstiegen hat, beginnt wieder der bewaldete Strich, der auch erst nach der 37. Werste sein Ende erreicht hat. Hier wurde, an den Wald gelehnt, ein Biwack von uns bezogen . Man hatte das bei der 39. Werfte zu beiden Seiten eines Bächleins liegende, aus vielen schlechten Hütten bestehende Dorf Slobod-Pnewa im Auge *). Wir hatten hier etwas Schnee und eine quälend kalte Nacht; doch schüßte der Wald ein wenig vor dem scharfen Nordwind. Zu Schirmen fehlte uns kleines Gebüsch in der Nähe , und das Holzhauen kostete jedem Bataillon wenigstens ein Dugend Säbelklingen. Den 2. ging es durch Slobod-Pnewa (2 Werste) , die Dörfchen Skrutschowa (3 W. ) , Krasnajel (2 W. ) , Makeuske ( 1 W.) **). Hier , bei dem schönen Hüttenlager unsrer Vorgänger , etwas vorwärts, links der Straße an einem Walde, ward der Pferdefütterung wegen Rast gemacht , die die Soldaten zum Kochen benugten. Ueberall , wo das Land , wie hier , offen ist , zeigt ſich die Straße mit einer Doppelreihe Birken eingefaßt, jedoch zumeist ruinirt 2c. In Fortsegung des Marsches erreichten wir bald, und zwar bei der 47. Werste von Smolensk, den Dnjepr,
*) ,,Hier kam General Tarayre (deffen Adjutant ich lange gewesen war) , von Kowno nach Moskau gehend , an uns vorbei , und von ihm erfuhren wir zuerst die schreckliche Nachricht , daß die Ruſſen ſelbft die große Hauptstadt ihres Reichs verbrannt hätten, um das franzöfiſche Heer der Hülfsquellen, die fie ihm gewähren konnte, zu berauben. Wir konnten daraus schließen , daß wir, wie die Heere in Spanien, in einen Vertilgungskrieg mit der Nation verflochten feien , deffen Ende mit diesem Jahre nicht kommen werde. Ich schloß daraus, daß die Convois bald Halt zu machen haben und die Hauptarmee zurückkommen werde.“ Worte meines Tagebuchs. **) Da die Namen der Dörfer mir von ganz rohen Leuten genannt wurden, die sogar meine polnisch-ruffischen Fragen nicht recht verftanden haben mochten , so kann ich für die Richtigkeit der Ortsnamen nicht bürgen , die ich polnisch niederschrieb. Röder, Kriegszug . 13
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der hier 36 Schritte breit ist und über welchen 3 starke Bockbrücken geschlagen find . Das links der Straße liegende Dorf wurde Solowiewa genannt. Ein Haus bei der Straße , vielleicht der Krug , und worin jezt die Post etablirt ist , war mit einer starken Palissadirung umgeben und hatte eine kleine Besagung, welche die Brückenwache bestritt. Nach Uebergang des Dnjeprs zieht rechts der Straße ein Tannenwald, bei welchem wir , nachdem wir 3 Werfte uns vom Dnjepr entfernt und einen Bach paſſirt hatten , den Biwack für die Nacht bezogen. Gleich hinter der 2. Linie, am linken Ufer des Bachs, der uns Waſſer gab , lag ein Dorf , Karowniki genannt , das uns Stroh und, in Verbindung mit dem Tannenwald, Material zu Hütten und Schirmen gab. Es war die Nacht über so kalt , daß der jegt nur wenig Waſſer habende Bach am Morgen fast ganz zugefroren war. 4. Den 3. October in Marschfortſegung (das 1. Bataillon Garde hatte die Nachhut und kam erst um 9 Uhr zum Aufbruch) gelangte man nach 5 Werften, oder 55 Werfte von Smolensk *), in Tannenwaldung ; bei einer kleinen Oeffnung derselben durch ein verbranntes Dorf (vielleicht Powoselki) ; nach weiteren 3 Werften durch meist Birkenwaldung , ein Dörfchen links des Weges. Der auf dieser (der Dnjepr-) Seite nur schmale Strich Wald zeigte durch seine Deffnungen eine große, freie , angebaute Gegend. Man kam nun durch dichtere Waldung , worin sich nach 2 Wersten eine Moraststelle fand , die unserem Fuhrwerk äußerst schwer zu überwinden wurde **). Unser (vorn befindliches ) Fuhrwerk quälte sich mit der übermäßigsten Anstrengung der ohnehin matten Pferde durch. Erst der franzöſiſche Artilleriezug legte, zur Schonung seiner Pferde, Hand zur Wegbesserung an 2c. Alles dieß verzögerte den Marsch des Arriere-
*) Der Werftenzeiger befagte : 329 auf Moskau, 55 auf Smolensk. **) Es war bedauernswürdig , daß wir auch hier , wie schon von Witebsk her , die Bataillons- Sapeurs an der Spiße der Bataillons behielten, ftatt sie , wenigftens zum größten Theil, mit einem Offizier und nothfalls erforderlicher Bedeckung eine Strecke dem Zuge vorangehen zu lassen. Ein Beweis , wie sehr der Geißt unserer Anführer in diefem unfeligen Rußland faft noch mehr als der Körper gefunken ſein mußte ; denn fie waren keine Neulinge in Feldzügen.
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Eine * Werfte garde - Bataillons um wenigstens 6 Stunden. weiterhin endigte der Wald und noch eine Werste weiter, oder bei der 62. Werste von Smolensk, lag der Postort MichaLewka.
Hier sollte zwar nur Mittag gemacht werden; da man aber den Convoi des Garde - Flanqueurregiments noch
hier vorfand , der erst Nachmittags weiter zog, und unser eigner erst gegen Abend eintreffen konnte, so blieben wir die Nacht bei dieſem 322 Werste von Moskau liegenden Dorfe. Aus Strohmangel konnten wir nur sehr luftige Hütten und durchfichtige Schirme aus Tannenzweigen bauen. ---- Man ließ die Soldaten , selbst an Fleisch, großen Mangel leiden, obgleich wir starke Viehheerden mit uns führten, so daß gewiſſermaßen das Auslaufen derselben nach Lebensmitteln bei jedem Halt der gemacht wurde *) , noch mehr bei jedem Nachtlager , von dem Colonnecommandeur provozirt wurde , und an ein nur einigermaßen regelmäßig s Abkochen nicht gedacht werden konnte, obgleich nichts leichter war , als durch regelmäßiges Ausſchicken von Commandos unter Offizieren zum Herbeiholen von Lebensmitteln oder Schlachtvieh 2c. , dergleichen genüglich im Voraus auf die Pläge zu bringen , wo man zu biwackiren gesonnen war , so lange man noch nicht in den Bereich der russischen Streifen kam **) . Dem Soldaten war beim Abmarsche von Smolensk für den Marsch bis Dorogobusch ein Vorrath *) Dieß wirkte fürchterlich zerstörend auf die Disziplin ; kein Capitän konnte jemals wissen , mit wie viel Combattanten seine Compagnie ausrücken werde. **) ,,So fchickte ich z . B. , um das Auslaufen meiner Soldaten zu verhindern , heute sogleich wie es zu dem großen Halt wegen der ſchlechten Wegstelle kam , einen Serschanten mit 8 Mann in pas cultivírte Land zur Linken mit meinem polnischen kleinen Wagen , um Brod für die Compagnie herbeizuschaffen , mit der Weifung auf Michalewka den Rückweg zu nehmen und von da schnellstens dem Convoi zu folgen, wenn er schon weiter gegen Dorogobusch auf der Hauptstraße gegangen fein follte. Er kam , noch ehe wir von Michalewka am 4. wieder aufbrachen , zurück und brachte 130 Pfund Brod , die er selbst die Nacht über gebacken hatte , einen Sack Mehl und zwei Hämmel mit. Da mir aber allein der Einfall gekommen war , so hatte auch meine Compagnie nun allein , bei sparfamem Gebrauche , auf 2 bis 3 Tage Brod und Mehl. - Dasselbe hätte sich aber ebenso leicht fürs Ganze thun lassen 2c." Tagebuch . 13*
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von Laib Brod und etwa 1 Pfund Mehl gegeben : (d. h. er war angewiesen worden , für sich selbst zu sorgen) ; dazu empfing er täglich 1 Pfund Fleisch, oder mit Knochen manchmal Pfund, benebst dem Trost zu Dorogobusch wieder Brod zu erhalten. 5. Den 4. Die Soldaten hatten wegen kalten Windes die Nacht über wenig geschlafen und sich meist um die Feuer gruppirt 2c.
Wir kamen nun , in Marschfortſegung , bei dem
isolirt liegenden mit
Graben und
Paliſſadirung
umgebenen
Poſthaus vorbei , das jenſeits eines kleinen, hier einen Teich bildenden Baches links am Wege lag , bei dem schönsten hellen Wetter , aber stark mit Reif überdecktem Boden, in offene Gegend , und stießen nach 5 Wersten auf ein Dorf, das nach der Karte Savino ſein mochte ; dann nach 3 Wersten weiter auf einen abgebrannten Krug , nachdem wir bereits wieder eine Werste in Buschwerk zurückgelegt hatten , auch noch ferner eine Strecke von einer Werste darin marschirten. Nun erblickte man das Usza- und Dnjeprthal , eine weit ausgedehnte, fruchtbare Gegend , und wir kamen eine Werſte weiterhin ( 72 von Smolensk) an ein abgebranntes Dorf, wo ein kleiner Bach durch eine höchft verdorbene Furt passirt werden mußte ; für unſern Wagenzug wieder eine schlimme Stelle ! Wir machten darum unsern großen Mittaghalt bei derselben, indem wir einstweilen wenigstens die heffiſchen ,
als die vordersten Wagen sich durch-
arbeiten ließen ; auch fanden wir noch den Zug des GardeFlanqueurregiments jenseits in Fütterung der Pferde begriffen. Auf dieser , einige 100 Schritte von der Usza befindlichen Raststelle , woraus wir unser Wasser zum Trunk und zur Suppe • schöpften , mußten wir 5 Stunden , rauhen Winden ausgesezt, verweilen , worauf dann der Fluß Usza , über den wieder drei Bockbrücken geschlagen waren , von denen die höchſte 52 Schritt Länge hatte, überschritten wurde. Nach einiger Zeit erblickte man links, jenseits des Dnjeprs , etwa 3 Werste von der Straße, ein großes Kloster mit großer Kirche und Dorf (wohl Biziuko) und wir paſſirten 6 Werste von dem Dorfe , wo wir den Halt gemacht hatten (Uszwiati) , bei der 306. Werste von Moskau, abermals ein abgebranntes Dorf, Dawikali, und einen kleinen Bach, worauf wir sogleich rechts hinüber zu einem Birken-
197 wäldchen lenkten ,
um hier einen Biwack zu beziehen.
Wir
hatten heute 16, gestern nur 12 Werste zurückgelegt. Die Nachhut mit dem Artillerie- und Lebensmittelzug für die Armee kam nicht bis zum Biwack heran , da diese Fuhrwerke wohl kaum heute noch durch die Moraststelle kommen fonnten (zu deren augenblicklicher Besserung durch Faschinen wieder nichts gethan worden war).
6. Den 5. October Aufbruch erst Nachmittags 2 Uhr bei warmem Sonnenschein. Wir erwarteten nämlich den Artillerieund Lebensmittelzug bis dahin , von denen aber nur erst der Artilleriezug bei uns eingetroffen war , als wir aufbrachen. Nach 6 Wersten war Dorogobusch erreicht. Das Terrain ist, ehe man an die Stadt kömmt , mit kleinen Wäſſerchen durchschnitten , die schlimme Stellen im Wege bilden (ſ. Plan VI.), wie denn auch rechts und links desselben Moorgrund und moraftige Wiesen sich befinden, so daß nicht nur die Wagen, sondern auch die Truppen sich mit Anstrengung durcharbeiten muß---ten. Da der Commandant von Dorogobusch sich nicht einmal um die Herstellung der Communication für die Wagenzüge dicht vor der Stadt bekümmerte, so ist es kein Wunder, daß etwas weiter davon und besonders zu Uszwiati die Wege in so verdorbenem Zuſtande gefunden wurden, daß die nach Moskau bestimmten Züge tagelang daselbst am Fortkommen gehindert waren 2. Die Klagen der Colonne- Commandanten mußten ihm nothwendig zu Ohren gekommen sein , falls er sich auch noch nie aus der Stadt ſollte bemüht oder die Straße selbst im Schlafe passirt gehabt haben. Solche heillose Vernachlässigungen auf der Hauptverbindungslinie des Heeres , die einen Artillerie-Munitionstransport um acht Tage später ankommen machen konnten , als man darauf beim Heere Rechnung machen mußte , konnten die besten Combinationen zu Nichte machen , den Feldherrn und das Heer bloßstellen , dem Feind gewonnen Spiel machen 2c. * ) . — Statt *) ,,Ich habe mich überzeugt , daß nicht nur die Unwissenheit, Raubsucht und Absurdität der Militär- Intendanten und des Commiss fariatspersonals überhaupt auf den Ruin des französischen Heeres losarbeiteten , was sie nur vermochten , sondern daß auch gar manche Militär - Commandanten , durch Trägheit und Mangel an Vorsichtsmaßres geln c. , nicht wenig dabei hülfreich waren." Tagebuch.
198 in Dorogobusch den beabsichtigten Rasttag halten zu können, mußten wir weiter ziehen ; doch ließ der Oberst von Gall kaum 2 Werste weiterhin Halt machen und befahl einen Biwack zu beziehen , indem wir uns nicht weit von der Stadt entfernen wollten wegen des Brodes , das man daselbst keineswegs erhielt, wie es zu Smolensk versprochen worden war , das wir aber von dem Mehl , das wir zu erhalten gedachten , daſelbſt backen wollten, ehe wir weiter zögen und wozu wir alle Bäcker unter den Soldaten der Colonne dahin schickten. Wie man uns aber den fatalsten aller Biwacks beziehen laſſen konnte, nämlich an einer Stelle , wo es weder Holz , noch Wasser, noch sonst irgend ein Lagerbedürfniß gab und man allen Winden ausgesezt blieb , da man doch , ohne daß es ein Mensch zu hindern im Stande war, ganz nahe der Stadt und dem Fluſſe, der uns wenigstens Waffer gegeben hätte , bleiben konnte , das mochte wenigstens nicht in der Thätigkeit des menschlichen Verstandes (vielmehr darin , daß er bei uns Allen zu dieſer Zeit durch Schlafsucht gelähmt war) seinen Grund finden. Selbst für die Stabsoffiziere gab es hier nichts als eine stallähnliche Hütte zur Unterkunft *). Die Soldaten konnten kaum soviel Gesträuch als man zu einigen Feuerschirmen nöthig hatte in weiter Ferne finden , und, um Holz zu haben , mußte man das verkohlte Gebälf der den Flammen preißgegeben gewesenen Häuſer Dorogobuſchs herbeiſchleppen. Zudem wurde der Zweck des Lagerns an dieser Stelle gänzlich verfehlt und des Soldaten Hoffnung auf ein Stück warmen Brodes nach einer sehr kalten , schlaflos von ihm verbrachten Nacht getäuscht. Die Bäcker fanden nichts wovon sie backen konnten , und stellten sich am 6. Morgens trübseligen Gesichtes wieder beim Trupp
*) " Die wohl zum Ausspre d H ! und Biwackb chen es alt efehles an diesem Fleck das ihrige beigetr h agen aben mochte : denn , da die Adjutante nicht ein wenig vorher auf Recogn geschickt worden n os waren , so wußte Nieman , ob sich nicht etwaziaruufng1-2 Werfte Entd fernung ein schicklich Fleck , vielleic hinter der Höhe ein Dorf fand , ht er und die erste Wahrne e H f d H O hmung iner ütte ür ie erren berften konnie Bestim z B w ." T . i u e a w r g m a d e ck en buch mungsg rund
199 ein *).
Es war eine herbe Täuschung und der dadurch veran-
laßte allgemeine Unmuth groß ! Oberst Follenius veranlaßte nun noch, daß von jedem Bataillon ein Hauptmann mit 20 Mann auf Brodsuchung ins Land geschickt wurde, was uns aber schwerlich zu Brod oder nur zu Mehl verhelfen konnte ; Körnerfrüchte konnte man genug finden , aber man mußte sofort felbft Hand anlegen , sie auf den Handmühlen der Landleute schroten und das Schrotmehl dann verbacken. Hätten sich die Capitäne an die ihnen gegebenen Befehle genau halten wollen (was sie denn auch nicht thaten) , so mußten auch sie unverrichteter Sache wieder kommen **). 7.
Dorogobusch ist eine Stadt , die an Größe Witebsk
nichts nachgeben mag ; sie hat acht große Kirchen, sechs auf dem linken , zwei auf dem rechten Dnjeprufer. Der Stadttheil des rechten Ufers ist der kleinere und liegt mehr am Flusse hinab als der des linken Ufers , da der Moorgrund dieß hier nicht erlaubte ; dagegen erstreckt sich dieser Stadttheil auch die Höhe hinauf, die den linken Thalrand des Fluſſes bildet. Auf dem höchsten Punkte derselben lag vormals eine kleine Festung ; jezt befindet sich die Hauptkirche und noch ein schönes großes Gebäude , einige kleine ungerechnet , innerhalb der Spuren der
*) ,,Die Herren Oberften wollten nun freilich einige Tonnen Mehl vom Convoi für uns verbacken lassen ; ftatt indeffen sogleich zu handeln, wie es die Proceduren in Rußland erforderten (wo man in bello omnium contra omnes lebte) , d . h . dem Convoi zeitig entgegenzuschicken und die Tonnen in Empfang zu nehmen , glaubte der Oberst von Gall deßfalls nach Dorogobusch sich bemühen und beim Commandanten darum anfragen zu müſſen . Das Reſultat war vorauszusehen. Man erwartete die Ankunft des Convois in Dorogobusch , und als er am 6. eintraf, so war das Veto vom Commandanten oder Commiffär ausgesprochen, auch nur das Geringfte davon an die Truppen abzugeben , und da er hier in die Magazine gebracht wurde , so sahen wir ihn auch nicht weiter." Tagebuch. **) ,,Dieß wußten auch die Stabsoffiziere des Bataillons, und man hätte hiernach gar wohl den den Hauptleuten gegebenen Befehl angemeffen modifiziren können. Auch traute ich nun der Brodzufuhr so wenig , daß ich sogleich wieder einen Unteroffizier mit acht Mann wegschickte mit der Weifung zu schroten , wenn sie kein Mehl fänden.“ Tagebuch.
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ehemaligen Umwallung , die jest dammartig aussieht , und der man wieder etwas Form mit Graben davor zu geben sich bestrebte. Der Zugang der Stadt von der Seite von Smolensk her ist, ohne daß man Meister der Höhen des rechten Dnjeprufers sei, nicht zu erzwingen, besonders wenn der Feind hier Geschüß hat, da er dann den Angreifenden in der linken Flanke So war denn dieß Termit großem Erfolg beschießen kann. franzöſiſchen Avantgarde der mit ngs um günstig, sehr rain allerdi ein Gefecht zu bestehen und ihr großen Schaden zu thun, wenn sie hier durchdringen wollte. Indeffen scheint es doch, als wenn die franzöſiſche Vorhut den Eingang zur Stadt am linken Ufer hinauf zu erzwingen versucht habe, wie man aus den vielen leicht eingescharrten und so zum Theil noch sichtlichen , auch wohl im Sumpfe noch unbegraben liegenden Leichnamen schließen mußte. Die Hälfte des hier liegenden größeren Stadttheils scheint dabei , wohl durch die rückziehenden Russen vorzüglich selbst, zur Deckung ihres Rückzugs und um dem Feinde auf der großen Straßeso wenig als möglich Hülfsquellen und Unterkunft zu laſſen, in Flammen aufgegangen zu ſein (ſ. Plan VI. u . S. 209 , Anm. **).— Der Dnjepr hat hier eine Breite von 150 Schritten ; die die beiden Stadttheile verbindende Brücke eine Länge von 180 SchritDer mitten in der Stadt stehende Werstenzeiger bemerkt ten. 300 Werfte auf Moskau , 87 auf Smolensk. Diese Differenz von 2 Werften, da früher 385 von Smolensk auf Moskau angegeben wurden , rührt wohl daher , daß man einmal bis an die äußerste Barriere , dann bis in die Mitte von Smolensk Es kamen am 6. was gerade 2 Werste beträgt. ziemliche Verstärkungen , beziehungsweise Ergänzungen, für die Hauptarmee durch Dorogobusch , nämlich : das 8. königlich westphälische Linien - Infanterieregiment ; ein starkes Marsch-
zählte,
Cavalerieregiment , das aus den Depots des 2. und 4. französischen Lancierregiments , des 10. Chasseur- und 5. Husarenregiments , endlich des 2. und 10. Cüraſſterregiments zuſamWir hielten fest an unserem elenden Biwackmengesezt war. plage und dem zu Dorogobusch versprochenen Raſttag daſelbſt (wozu es auch nicht entfernt einen auf die Truppen selbst Bezug Der Himmel hatte Mitleid habenden Grund geben konnte). mit den armen leidenden Soldaten und schenkte uns auf eine
201 Nachtfälte von 5 bis 6º Reaumur einen warmen Tag, so daß jene wenigstens nothdürftig den Tag über den Schlaf finden konnten , den sie (durch den Biwackplay 2c. gezwungen) bei Nacht nicht finden konnten. Wäre dieß nicht gewesen, ſo hätten wir am 7. Morgens die Hälfte unsrer Mannſchaft ins Spital nach Dorogobusch schicken können . 8. Den 7., nach einer zweiten durchwachten Nacht, Marschfortsegung Morgens um 8 Uhr , den Dnjepr zur Linken , der hier eine längliche Insel in einer Strecke von 2 Wersten bildet ; rechts auf der Höhe zeigte sich Waldung. Drei Werste vom Biwackplay oder fünf von Dorogobusch stieß man auf ein abgebranntes Dörfchen und eine Werste weiterhin an der waldfreien Anhöhe rechts der Straße gab es ein Dorf, das besser dazu geeignet gewesen wäre, uns zwei Nächte zu beherbergen als jener fatale Biwackplay (auf dem nur reine Gedankenlosigkeit oder Stumpfsinnigkeit beharren konnte * )) . Hier ist die Straße durch ein Bächlein durchschnitten , das eine schlimme Wegstelle verursachte , wie denn die Straße überhaupt hier in Wiesengelände zieht und bei regnerischem Wetter kaum zu paſſiren ſein muß. Die Hügel , über die man dann wohl die Colonne dirigiren mußte , befinden sich rechts (südlich) der Straße auf eine bis zwei Werste Entfernung. Weiterhin eine Werste auf der Straße (7 von Dorogobusch) kommt ein Flüßchen aus Osten, die Osma , die sich hier in den Dnjepr mündet , worüber zwei sehr schlechte Brücken führen (die den Commandanten von Dorogobusch anklagen) ; die Straße läuft dann noch zwei Werste durch Wiesen bis der Werstenzeiger 290 von Moskau weist ( 10 vom Mittelpunkt der Stadt Dorogobusch). Hier erreicht man die Hügel ; die Moskaustraße wendet plöglich unter einem rechten Winkel rechtshin ; links geht es über den Dnjepr , von dem man nun abkömmt, und über den eine schlechte Brücke zur Straße führt, die nordwärts diesen Fluß entlang zieht, etwa eine Werste unterhalb eines guten , mit Kirche und Edelhof versehenen Dorfes , das man Plaweszinja nannte. Nach weiteren zwei Wersten Marsches erreichten wir einen Bach, wo man die Mittagrast zu machen beschloß.
*) Ebenfalls Worte meines Tagebuches.
Hier kam uns der
202 vom Garde-Flanqueurregiment vorwärts gebrachte Munitionstransport im Rückmarsche nach Smolensk, und nur noch von der Hälfte jenes Regiments escortirt, entgegen. Der Commandeur bemerkte uns , daß alle Convois , die sich im Zuge nach Moskau befänden , Befehl um- und zurückzukehren empfangen hätten oder ihn empfangen würden, wie denn der Befehl für unsern Artillerieconvoi ſehr bald eintreffen müſſe. Wir schlossen daraus , daß die Hauptarmee auf den Rückmarsch in die Winterquartiere denke, wohl gar dazu schon Moskau wieder verlaſſen haben möchte.
Nach Paſſirung des Bachs und Zu-
rücklegung von drei Werften erblickten wir rechts das große Kloster mit Kirche , Monastyr Bodim , wo ebenfalls ein WäſDrei Werste weiter vorwärts, serchen die Straße verdirbt. bei der 282. auf Moskau, liegt ein Dorf rechts an der Straße *). Man erblickt an dieser Stelle eine schöne fruchtbare Ebene, die durch ferne Hügel begränzt ist ; 1 Werfte weiterhin verdirbt abermals ein Bächlein die Straße. Die Brücke darüber ist unbrauchbar geworden. Niemand sorgt für Herstellung . Unſre Sapeurs hätten es in zwei Stunden vermocht und unser Fuhrwerk dabei des Vortheils genossen , sich nicht fast ebenso lange durchquälen zu müssen. Man steigt nun einen mit Birken begränzten mäßigen Hang
Werste hinan, jenseits welches Coder
auf der Höhe) der Trupp bei der 280. Werfte auf Moskau ( 107 Werfte von Smolensk) links der Straße an einem Birkenwäldchen den Biwack für die Nacht bezog.
Der Artil-
lerie- und Munitionszug biwackirte, von zwei Compagnieen bedeckt , rechts der Straße , auch an einem Birkenwäldchen ; der Stab und die Kranken aber zogen fürbaß, nach einem 14 Werfte mehr vorwärts sich zeigenden Dörfchen und Edelhof, die zugleich
Werste von der Straße rechts abliegen mochten.
9. Die schon acht Tage anhaltende Nachtkälte , Reif und Eis an jedem Morgen fiel an diesem Morgen des 8. weg. Es regnete ein Paar Stunden , ehe die Sonne durchbrach.
*) Es konnte dieses Dorf der auf der Karte ,,Slawkowo “ bezeichnete Ort sein. Ich hielt dieß eher dafür , als den Ort , wo der Stab verblieb.
203 Das 1. Bataillon Garde , das die Nachhut machte , segte sich erst , als jene leuchtete , um 9 Uhr , in Bewegung.
Nach 14
Werften , auf der Höhe des Dorfes , wo unser Stab lag, einen kleinen Bach überschreitend, kamen wir nach abermals 14 Werſten , bei der 277. auf Moskau, durch ein Dörfchen und überschritten wieder ein Bächlein , dann so weiter innerhalb einer Werste über eine sandige Höhe ,
mehre Moraststellen und
einen größeren Bach. Es liegt dann ein Krug an der Straße und rechts derselben ein Kirchhof; drei Werste weiter (bei der 273. auf Moskau) an der Straße liegt abermals ein Krug und rechts ein großer Edelhof, beide steinerne Gebäude . Zwei Werste weiter , bei der 271. Werfte, ging es durch einen Bach, bei welchem dann rechts der Straße der Park , der Mittagsfütterung wegen ; aufführ. Der Haupttrupp ging Werste weiter vor bis zu dem , auf der Karte Zazkow genannten (Schaschkow ausgesprochenen), 1164 Werste von Smolensk entfernten Postort. Hier fand sich der Courier vor , der für unſeren Artillerieconvoi den Befehl brachte , sofort nach Smolensk umzukehren.
Wir ließen dieſen Convoi ziehen ohne ihm
auch nur die geringste Bedeckung mitzugeben, obgleich das französische Garde-Flanqueurregiment uns das Beispiel eines anderen Verfahrens gegeben hatte *) . Auf uns und unsern eignen Wagenzug reduzirt, ward nun der Marsch gegen Moskau fortgesezt durch Schaschkow. Nach zwei Wersten passirte man einen Bach, dann kam Sandweg ; nach drei Wersten weiter kam ein großes Dorf, das Dzopotowa genannt wurde und brannte, wie es denn gewöhnlich in jedem Dorf, das man erblickte, brannte oder gebrannt hatte. - Die durchmarschirenden Truppen (jezt die vor uns marſchirenden Herrn Garde-Flanqueurs) und ihre Streifen und Nachzügler machten nämlich , besonders die Nächte hindurch , in Häusern , Ställen , Scheunen Feuer an
*) In der That war keine Deckung nöthig und die französische Artillerie gewöhnt , sich selbst zu bewachen ; eine Compagnie , z . B. die provisoriſche des 2. Bataillons Leibregiments , hätte man jedoch wohl, da doch eine ftarke Kosackenstreife darauf ftoßen konnte , dazu verwenden müffen , die noch dazu beffer erhalten worden wäre , da man ja Rückzug in die Winterquartiere annahm.
204 und ließen es brennen wenn sie weiter zogen *) , oder warfen es auch wohl aus Muthwillen auseinander und segten so die Gebäude, die ihnen Schuß gaben , in Flammen , ohne nur im Geringsten daran zu denken ,
wie sie sich dadurch deſſelben
Schuges beim Rückzuge beraubten und alle Kameraden, die noch nachkämen. (So standen selbst in Dorogobusch nicht weniger als vier Häuser in Brand da wir die Stadt verließen. ) Links der Straße konnte man hier in sehr cultivirter Ge= gend mehre Dörfer erblicken. Nach zwei Wersten , oder eigentlich zwischen der 265. und 264. Werfte auf Moskau, erreichten wir das große Dorf Sarobeszjä, das , obgleich zum Theil abgebrannt , doch noch unserem ganzen Trupp , 3 Bataillons 2c. , Unterkunft für die Nacht gewähren konnte, so daß die Soldaten zum ersten Male seit Smolensk , jedoch rein zuwelches fällig ** ) , ein Nachtquartier unter Dach fanden , Glück fie, wie die uns voranziehenden Garde-Flanqueurs, ſchon einige Male, statt sehr übler ihre Gesundheit ruinirender Biwacks, hätten haben können, wenn wir einen tüchtigen Offizier mit einem Quartierbereitungstrupp an jenen der Garde-Flanqueurs angeschlossen und so einen Tag hätten vorausgehen laſſen , oder auch nur jeden Tag ein Adjutant mit einigen Soldaten ein Paar Stunden früher aufgebrochen wäre und sich deßfalls ein wenig umgesehen hätte. Selbst die gemeinen Soldaten äußerten sich vielfach in dieser Weise. 10. Am 9. October segte man den Marsch bei schönem gelinden Wetter fort. Die Soldaten waren munterer als gewöhnlich, da sie einmal gut geschlafen hatten ; singen aber hört man keinen mehr, oder Späße machen. Vor Sarobeszjä gegen Moskau hin liegen noch in der Länge einer halben Werſte einzelne Häuser. - (Bei der 262. Werste tritt eine Unordnung oder Rectifizirung bei den Inschriften der Werstenzeiger ein, indem der nächstfolgende , welcher nach alter Zählung 261 auf *) Als wir durch Dorogobusch zogen, brannten dafelbft vier gerade auf solche Weise in Flammen gerathene Häuser. **) ,,In ächter Frömmigkeit auf Gott vertrauend , der die jungen Raben ernährt (denen jedoch die Alten Nefter bauen) , marſchirten wir fo hin , immer die breitefte Straße verfolgend, von der wir hofften , fie werde uns mit des Höchsten Hülfe nach Moskau führen." Tagebuch...
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205
Moskau weisen müßte , 10 Werste weniger, d. h. 251 weist: welche neue Zählung dann beibehalten wird , obgleich hier die alte beibehalten werden soll.) 11 Werste weiter fand sich ein Dorf auf der Straße, links derselben ein See und 24 Werste 260. (alt) weiter oder gerade bei dem 250. (neu) Werstenzeiger abermals ein Dorf; Werste von da gibts einige Häuser an der Straße. Es ward nun zu beiden Seiten derselben buschig und die Gegend hügelig. Wieder 12 Werste weiterhin kam ein Krug und einige abgebrannte Häuser , die zu einem rechts im Grunde liegenden Dorfe gehören mochten , das vielleicht Rybki war. Hier passirte man auf der Straße ein Bächlein und 24 Werste weiter einen starken Bach , der in südlicher Richtung floß *). Man hätte hier die Mittagraft machen können , schon um des Tränkens des Viehes willen und weil wir nicht wiſſen konnten, ob sich dazu bald wieder Gelegenheit finden würde (da wir Niemand voran hatten, der deßfalls Bericht geben konnte) . Gewissermaßen bestimmte uns aber heute die Uhr den Fleck dazu, 11 Werste von jenem Bach ; im Busch zwar , was Schatten gab , aber an völlig waſſerloser Stelle **) , weshalb auch das Fuhrwerk, unter Bedeckung der Nachhut , fürbaß zog . Nach Wiederaufbruch kam man nach 14 Wersten aus dem Busch ins Freie und nach abermals 14 Wersten zu dem Flecken oder Städchen Sjemlewo, das 139 Werste von Smolensk liegt. Ein Bächlein fließt mitten hindurch und unser Fuhrwerk hielt beim Ort.
Es gab zwei Kirchen , eine hölzerne und eine steinerne
daselbst. Legtere mochte das Postetablissement geworden sein, da vor ihr ein Raum mit Palissaden umgeben war. Jedenfalls war sie als Schanze für einen kleinen Militärposten, allerdings nachlässig genug , vorgerichtet. - Zwei Werste von Sjemlewo
*) Ich hielt ihn für die Osma , welche sich einige Werfte südlich der Straße im Grunde westwärts wenden mochte. Tagebuch. **) ,,Schade , daß der Commandoftab , der das Halt ! Raft ! gebot, nicht auch Waffer ! gebieten oder durch einen Schlag auf den Boden, wie ein Mofisstab , hervorſpringen machen konnte 2c. Die Herren Commandeurs bedurften deſſen nicht , da ihnen mit den Proviantwagen von Darmstadt Fäßchen mit Flüssigkeiten zugekommen waren 2c. Des Abkochens' wegen bedurfte der Soldat freilich kein Waffer 2c.“ Ta. gebuch.
206 wird es waldig in einer Strecke von einer Werfte der Straße entlang ; etwas weiterhin lag ein Dorf links von der Straße ab , endlich eine Werste weiterhin ein starkes Dorf rechts von der Straße , das man uns zum Nachtquartier anwies. Es war wohl Poljänowo *) .
Durch unser munteres Marschiren hatten wir heute 174 Werfte zurückgelegt. — Auf dem Wege hatten wir da und dort mehre , kürzlich erschossene ruſſiſche Soldaten gefunden. Sie gehörten zu einem Gefangenen-Transport von etwa 400 Mann , der uns gestern , von Italienern escortirt , begegnet war. Wer nämlich von den Gefangenen nicht mehr fort kann , wird erschossen. Wenn wir heute von unserem bitterbösen
Mittagrastplage aus ,
von Seiten des
Bataillons- oder auch Colonne- Commandos weggeschickt hätten in die naheliegende sehr cultivirte Gegend , so hätte man noch vor Nacht genüglich Brod und Mehl auf einen ganzen Tag haben können ** ) . Wir wußten indessen die Stadt Wjäsma in der Nähe. Man hoffte also wieder , wie bei Dorogobuſch , und ging ſonach nicht an das : Hilf dir selber , wenn dir Gott oder - um noch die Vorsehung der Plaz-Commandanten helfen soll, -Werste Nur etwa erst weitere Erfahrungen zu sammeln. von Poljänowo lag ein guter Edelhof, durch hohe Gebäulichkeiten auszeichnete.
obschon er sich nicht Soldaten der Leib-
compagnie fanden ihn auf und da sie es ihrem Capitän anzeigten, so fand dadurch diese Compagnie eine treffliche Unterkunft für die Nacht , während der Stab sich mit einer sehr schlechten in einer Hütte des Dorfes , da ihm Niemand Kunde davon gab , begnügen mußte; - was vielleicht doch die gute Folge haben könnte, daß derselbe künftig ein wenig im Voraus die Lagerpläge recognosziren läßt ***).
*) Vergl. LVIII . 10. **) ,,Ich schickte sogleich von da wieder danach aus , und mein Corporal fand nicht nur kaum 1½ Stunden von der Straße noch ganz bewohnte Ortschaften , sondern kam eben darum auch schon vor 9 Uhr Abends mit mehr Brod und Mehl zurück als die Compagnie in acht Tagen bedurfte , brachte überdieß ein gutes Vorspannpferd dem Bataillon und ein Dußend Gänse mit , die zur Hälfte an die Offiziere des Bataillons abgegeben wurden." Tagebuch. ***) ,,Für Verpflegung und Lagerung zu forgen , scheint gar nicht mehr zu den Pflichten des Colonnen- Commandanten zu gehören. Jeden-
207 11. Marschfortsegung den 10. Morgens 74 Uhr , an dem Edelhof vorbei , worin die Leibcompagnie übernachtet hatte. Nach etwa drei Werften wird das Terrain waldig , nämlich von der 344. alt 334, neu auf Moskau an ; drei Werste weiter kömmt ein großes Dorf mit einem Edelhof links der Straße , rechts sieht man eine Kirche nebst einigen Häusern ; vielleicht lag das Dorf, wozu sie gehörten, in einer Vertiefung, die es nicht zu erblicken erlaubte.
Das Terrain wird nun offener ;
ein Krug , ein Bächlein und nach
11 Werste weiter
Werste wieder ein Krug,.
der zu einem Dorf gehört , das links der Straße liegt. Der Werstenmesser sprach hier 14 auf Wjäsma, 229 neuer Zählung auf Moskau aus .
Nach Zurücklegung von noch vier Werften
und Ueberschreitung zweier Hügel in dieser Strecke , ward am öftlichen Hange des legteren Mittagruhe
gehalten.
Auf der
Höhe dieses Hügels lag ein Edelhof, links der Straße das dazu gehörige Dorf (falls es nicht etwa bloß Scheunen waren, die wir schon öfters für Dörfer angesehen hatten) . Nach weiteren drei Wersten begegnete uns der Rest des Garde- Flanqueurregiments mit dem Obersten , der einen zu Wjäsma in Empfang genommenen Artillerieconvoi nach Smolensk zurückbringt * ). Eine Werste weiter stießen wir auf einen schönen Edelhof, den man Maſelniko nannte , der rechts der Straße lag und deſſen Park dieſe berührte ; wieder eine Werſte und man stieg einen wäldigen Hügel hinan , an dessen östlichen Fuß zu gelangen man eine Werste marschiren mußte ; noch Werste und der Wald hat ein Ende ; man hatte einen in nordwestlicher Richtung fließenden starken Bach oder kleinen Fluß (es war die Wjäsma) erreicht , worüber eine gute Brücke führte , und ſah die Stadt Wjäsma , bei deren ( Smolensker) Vorstadt nach 14 Wersten eingetroffen wurde , wo man dann Halt machen mußte. - Von der die Stadt , Werste weiterhin , von der
falls eignen sich unsere Oberften , ohne Beistand von Generalstabsoffizieren, nicht zur Colonnenführung, wenn höhere Befehle und Weisungen fehlen." Ebendaf. *) Auch unser Lieutenant Siebert war bei einem Theile dieſes Mus nitionsconvoi verwendet , nämlich jenem, der mit Ochsen bespannt war und wozu man unfre in den Spitälern zurückgelaffenen und genesen entlassenen Leute als Fuhrleute verwendet hatte.
208 ebengenannten Vorstadt scheidenden Barriere (in der Nähe einer rechts liegenden großen Kirche) , hatten wir dann , da unſere Truppen nicht in die Stadt aufgenommen wurden *), 1½ Werſte zu marſchiren , bis wir zu der sie durchschneidenden , südwärts fließenden Wjäsma kamen , deren Brücke verbrannt und nur durch eine schlechte, bloß für Infanterie zu gebrauchende Nothbrücke ersezt war , während Pferde und Wagen durch die verdorbene Furt des Flusses mußten , der hier höchstens 30 Schritt Breite hat. Wir hatten dann noch Werste zu marschiren, bis wir bei dem 215. (neu) Werstenzeiger auf Moskau den, rechts neben der Hauptstraße liegenden, quadratförmigen Hauptplag der Stadt erreichten , der, da er aufwärts am Hange des Hügels , rechts der Hauptstraße, liegt, eine schiefe Bodenfläche zeigte. Der große Bazar ( Goſtinnoi- Dwor), völlig ausgebrannt, der etwa 400 Gewölbe gehabt haben mochte, begränzte eine Seite (die südliche) dieses Plages und stieß mit der schmalen Seite , denn es war ein Oblongum, rechtwinklich auf die Straße. Auf dem Plaze stand eine kleine Kirche oder Kapelle , die ihm
*) ,,Der Oberst von Gall, Commandeur der Colonne , ging zwar hier derselben persönlich vom Haltplaß , bei den erften Häusern, voran, um fie anzumelden und sich für die Aufnahme , Rafttag 2c. zu verwenden ; reüffirte aber nur in dem , was uns Niemand wehren konnte, nämlich uns in den benachbarten Dörfern Unterkunft , einen nothwendigen Rafttag zum Flicken und Waschen zu machen, und zu speisen was wir hatten oder finden konnten. Doch ward ihm die (wohl erbetene) Gunft einer Quartieranweisung in der Regel auf die Dörfer X und 3 , denn die Namen wußte der Commissär selbst nicht , aber wohl daß links der Straße nach Moskau Dörfer lägen , die wir nur suchen sollten. Dieſen kleinen Umstand abgerechnet , war Alles so schön in der Ordnung , daß man es bei Frankfurt nicht regelmäßiger hätte finden können ; ja wir konnten uns bei dem Papier , das der Herr Oberft brachte und zeigte, ehe er Marsch ! commandirte und mit Ordnung und klingendem Spiel durch die Stadt zu ziehen befahl , völlig ins Vaterland zurückdenken. Die Bataillons mußten eine volle Stunde unter Gewehr vor der VorAtadt stehen , bis sie angewiesen waren, - was man, ohne der Sprache große Gewalt anzuthun , in Allem abgewieſen nennen durfte —- und fürbaß ziehen konnten . Ohne ein wenig Brummen oder doch Kopfschütteln ging es beim Wiederaufnehmen des Gewehres nicht ab ; die Tambours halfen jedoch bald zu einem leidlichen Takt und raſchen Marſch durch die Stadt." Tagebuch.
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nicht zur Zierde gereichte. Die oberste Seite des Plages , schon auf dem Plateau der Höhe , hat einige besonders schöne und große Gebäude , worunter wohl das des Gouverneurs , denn es befanden sich zwei Schilderhäuser vor demselben. Wir brauchten vollkommen eine Stunde um die Stadt von einem Ende . zum andern im Geschwindmarsch zu durchziehen oder zur MoskauBarriere auf dem Plateau (2 Obelisken , Schlagbaum und Wachthaus bezeichneten sie , wie gewöhnlich,) zu gelangen *). Diese Stadt war die größte und bestgebaute , die wir noch betreten hatten. Die Hauptstraße, welche wir durchzogen, bestand aus lauter Häusern mit zwei Stockwerken und meist schönen Façaden , aus Ziegelsteinen erbaut , und deren Dächer meist aus rothangestrichenen Blechplatten bestanden. Jene der Westseite, entlang der Hauptstraße , waren sämmtlich , und jene der Ostſeite oder links der Wjäsma größtentheils , nämlich bis zum Hauptplage , durchs Feuer zerstört ** ).
Es stand überhaupt
der eigentlichen Stadt. Sie hat viele nur noch 1 , höchstens und mehrere sehr schöne, noch unzerstörte Kirchen. Was auf dem Plateau der Ostseite lag , blieb meist von den Flammen verschont. Die Stadt ist in ihren Haupttheilen an dem Westhange der östlichen und Osthange der westlichen Höhe gebaut, zwischen welchen das Wjäsmaflüßchen hinströmt. Legtere Höhe hat einen sanfteren Hang als erstere nach dem Fluß; auch liegt der westliche Theil der Stadt und die Smolensker Vorstadt bei Weitem zumeist auf dem Plateau des dortigen , von einem jezt trockenen Bächlein umgebenen Hügels (s. Plan VII). 12. In der Hauptstraße von Wjäsma lag ein kürzlich auf den Kopf geschossener russischer Gefangener, den man erst etwas bei Seite ziehen lassen mußte , wenn die ganze Colonne nicht im Marsche über ihn wegsteigen sollte.
Die Maßregel, jeden
Gefangenen im Transport , der sich legt und nicht mehr fort will oder kann , zu erschießen , so grausam sie erscheint , wird
*) Vom Hauptplaß bis zu dieser Barriere ift 14 Werfte zurücdzulegen. **) Clausewit fagt, daß das Anzünden der zurückgelaffenen Städte und Dörfer bei den Ruffen immer mehr System geworden sei und daß dieß namentlich bei Wjäsma und Gschatst sich gezeigt habe. Anmerk. d. Herausg. Röder, Kriegszug. 14
210 in diesem unseligen Kriege, tief im Nothwendiges, das man jedoch sehr die Russen zu Repressalien dadurch Zweifel an den Gefangenen , die
russischen Reiche, fast etwas modifiziren könnte *). Daß berechtigt sind und sie ohne sie von uns machen , üben
werden, ist ein Gedanke, der sich nothwendig bei solchen Szenen Offizieren und Soldaten aufdrängen mußte, und die düstere
*) ,,Man rechtfertigt diese Maßregel damit , wenigftens sprach fich der Colonel-General Baragay d'Hilliers, Generalgouverneur der großen Provinz Smolensk (als ich ihn mit 300 Mann Jnfanterie und 100 Pferden nach Dorogobuſch escortirte), so darüber aus : „ Es könne sonft mancher russischer Gefangene an der Straße liegen bleiben und bei der . bekannten , Schläge und Stöße nicht achtenden Hartnäckigkeit der Nation würde nichts vermögen fie zum Weitergehen zu bringen als der Flintenlauf am Kopfe und die durch Beispiel gewonnene Ueberzeugung, daß augenblicklicher Tod auf längerem Verweilen stehe ; ließe man fie liegen, so könnten sie sich retten und ihren Landsleuten Alles was fie gesehen, unsre Schwäche in den Etappe - Orten 2c. hinterbringen ; daß ferner, würden sie nicht durch das Niederschießen aufs Aeußerßte eingeſchüchtert, fie fich überhaupt schwerlich durch so schwache Escorten fortbringen laſſen würden , als man doch nur geben könne , und häufig revoltiren (besonders , hätte hinzugefeßt werden müſſen : wenn man sie nicht nährt und die Wuth des Hungers fie dazu zwingt) . Ein dritter Grund , und zwar der humanfte, ergab sich hieraus von selbst, nämlich daß die Kugel durch den Kopf für jeden eine Wohlthat war , der wirklich nicht mehr fortkonnte, indem er sonst doch auf jämmerliche Weise hätte verschmachten müssen. -- In der That hatten die Gefangenen nichts sich zu nähren als das Fleisch des fich auf der Straße findenden faulenden Viehes ; fie mußten sich überglücklich schäßen , wenn ein menschlicher Commandant fie manchmal etwas seitab führte und ihnen erlaubte die auf den Feldern ftehenden Korngarben zu holen und fich mit ihren Körnern zu nähren. Für das Niederschießen in den großen Etappörtern reichten jedoch die angeführten Gründe nicht aus (wie z. B. der Commandant von Dorogobusch fich bei unserem Dortſein erlaubte, 30 , die fich gelegt und nicht mehr aufstehen wollten oder konnten , auf einmal niederſchießen zu laffen) ; hier konnte man unterſuchen , ob sie wirklich krank waren , und Kranke durften keinesfalls niedergeschoffen werden; aber was mit ihnen anfangen , da wir für unsre eignen Kranken häufig keine Mittel hatten fie zu nähren ? Man hätte sie den nächsten ruffischen Gemeinden zur Nahrung und Pflege nothwendig übergeben müffen 2c." So mein Tagebuch. - [Der Verf. des Buchs vom Jahr 1812, Bd. III. S. 48 erzählt als Augenzeuge von Napoleons Befremden und Unwillen , als er in Erfahrung gebracht hatte , daß bei Gschatsk einige ruffische Gefangene todtgeschossen worden waren. Zusaß d. Herausg.]
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Stimmung, in der sich ohnehin schon alle befanden, noch düsterer machte. 13. Als die Colonne
Werfte die Moskau-Barriere im
Rücken hatte , erblickte man links neben der Straße fünf hölzerne , einstöckige, lange Gebäude, die einen länglich viereckigen Hofraum umschloſſen und den Kaiſer-Anstrich (nämlich dunkelgrün) hatten. Sie dienten gegenwärtig zu einem Lazareth und mochten früher eine Caserne gewesen sein. Es wurde hier wieder ein Halt gemacht und Capitän Röder befehligt , mit den beiden vordersten Compagnieen weiterzugehen und noch Zurücklegung von etwa einer Stunde Wegs links abzugehen und die zwei Dörfer zu suchen , die uns zum Nachtquartier und Rasttag angewiesen seien.
Sie sollten in der Nähe des Fluſſes
liegen und nicht über eine Stunde von der Stadt.
Hätte er
gefunden, ſo ſollte er die Eintheilung machen und Nachricht geben 2.
Diese Avantgarde zog hierauf etwa drei Werfte auf
der Straße bis zu dem ersten links führenden fahrbaren Wege fort, den sie dann einhielt. Er leitete in seiner größten Breite nach drei Wersten zu einem zum Theile abgebrannten Dorfe, das Kochanow gewesen sein mochte. Capitän Röder ließ die Leibcompagnie hier und bestimmte es für den Stab , den Wagenzug und drei Compagnieen , worauf er sich mit seiner Compagnie einem (etwas links rückwärts) mehr nach dem Fluffe hin liegenden Dorfe zuwandte , eine starke Werfte vom vorigen entfernt , das aus verschiedenen Abtheilungen oder Gruppen von Häusern und Scheunen in der Strecke von mehr als 1½ Werften bestand , Selo oder Selo - Zerkow genannt wurde , welches Dorf dann nach seinen Hauptabtheilungen den 5 Compagnieen des Leibregiments , den 4 des 2. Bataillons Leibgarde und der noch übrigen 1 Compagnie des 1. Bataillons Leibgarde angewiesen wurde *). Wir hatten heute auf gerader Straße nach Moskau 27 Werste zurückgelegt , dann noch etwa vier bis zum Nachtquartier, so daß
an diesem Tage einer der stärksten
*) Auf diese meine Compagnie kam dadurch nur ein , etwas ent fernt liegendes Häuschen und eine Scheune. Da man in Wjäsma viel von Kosackenstreifen gehört haben wollte, so blieb ich mit der Compagnie unter Waffen stehen , bis Alles eingerückt war und meine Vorgeseßten ihre Sicherheitmaßregeln felbft angeordnet hatten. 14*
212 Märsche (31 Werste) seit dem Ausmarsche von Smolensk gemacht wurde. 14. Den 11. um Mittag erhielt das Leibgarderegiment von dem Commandanten zu Wjäsma den Befehl in dieſe Stadt zurückzukehren , da ein von dem Gouverneur, Colonel- General Baragay d'Hilliers (von Gschatsk her , wo er sich in diesem Moment befand) eingetroffener Befehl die beiden Bataillone dieses Regiments zur Verstärkung der Besagung Wjäsmas anweise. Major von Steinling marſchirte hiernach , jedoch erst gegen 6 Uhr Abends *) , mit dem Theile des Regiments, welcher in Selo lag (nämlich dem 2. Bataillon und einer Compagnie vom 1. ) nach der Stadt zurück. Die übrigen 3 Compagnieen des 1. Bataillons verblieben auf Befehl des Obersten Follenius (sowie er selbst und Major Strecker) zu Kochanow zur Bedeckung des Wagenzuges , der erst nächsten Morgen den 12. , mit den 5 Compagnieen des Leibregiments unter Oberſt von Gall (der auch zu Kochanow logirte) den Marsch gegen Moskau weiter fortsegen sollte.
Major von Steinling nahm
seinen Marsch über Kochanow , um daselbst die Wagen ſeines (des 2.) Bataillons an sich zu ziehen. Binnen einer Stunde war die Stadt erreicht ; einer andern bedurfte es , um dieselbe bis zur Smolensker Stadt-Barriere zu durchziehen. Hier wendete man rechts und folgte der breiten , die Stadt von der Vorstadt trennenden Straße bis zu einem ummauerten Klostergarten , in der Nähe der Commandanten-Wohnung , wo uns weder gegen Regen noch Wind schüßende Barracken , die sich, da es schon Abend geworden war, nicht mehr ausbeſſern ließen, zum heutigen und künftigen Aufenthalte angewiesen wurden. Man hatte, da es gerade weder an Regen noch an Wind fehlte, die Nacht viel zu leiden und sie mußte größtentheils bei den Feuern im Freien , also schlaflos zugebracht werden ** ).
*) Man wartete nämlich mit dem Abmarsch noch auf die Rückkunft eines Detaschements zur Fourragirung ausgeschickter und vieler auf eigne Hand dazu ausgelaufener Leute. **) Leider ! fehlte es auch an Waffer ; denn troß der Nähe des Fluffes konnte man in der Stadt doch daraus wegen der vielen darin liegenden faulenden Leichname und den Verunreinigungen aller Art kein Waffer schöpfen , und da die Soldaten in finsterer Nacht nicht wußten
213
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15. Das 1. Bataillon Leibregiments nebst der Marschcompagnie des 2. ging sofort den 12. Morgens mit seiner hübschen Viehheerde , die es sich bis hierher zu erhalten wußte, dann den Proviantwagen des Leibregiments und des Generalstabes auf der Straße nach Moskau weiter. Der Oberst Follenius , der nun das Commando des Leibgarderegiments wieder übernahm, marſchirte dagegen mit den noch übrigen 3 Compagnieen des 1. Bataillons , den Stabs- und zum Regiment gehörigen Proviantwagen nach Wjäsma zurück , wo er noch Vormittags eintraf. Die Truppen erhielten , gleich den andern und neben ihnen, ihre Stelle im Klosterhof, die Herren Stabsoffiziere mit ihren Adjutanten ein noch in gutem Stande befindliches Haus gegenüber angewiesen. Das Regiment hatte auch sogleich den ganzen Garniſonsdienst zu übernehmen , da es außer ihm nur noch eine Marſchcompagnie Dragoner und ein neuformirtes Bataillon Polen hier gab, das gleich nach unsrer Ankunft zur Escortirung von 900 ruſſiſchen Kriegsgefangenen nachDorogobusch verwendet wurde ; ja wir mußten selbst noch 60 Mann zur Escorte eines Mehltransports vorwärts nach Gschatsk geben, den Oberst von Gall recht gut hätte mitnehmen können 2c.
Sechsundvierzigstes Kapitel.
Ereignisse bei den gegnerischen Hauptarmeen in der ersten Decade des Octobers ; Friedensanträge franzöfifcher Seits ; Waffenftillftand auf den Vorposten; Stellung bei Winkowo. 1. Zufolge eines Tagbefehls des Kaisers sollte vom 1. October an nicht nur das Plündern , sondern auch alles sonstige willkührliche Handeln zu Moskau aufhören. 2. Der ruffische Oberfeldherr ließ vor Tag den 1. October seine Hauptarmee den Rückmarsch nach Tarutino antreten,
woselbst sie am 3. ankam und hinter der Nara Stellung nahm. Der König von Neapel , der den russischen Nachtrab verdrängte und verfolgte , hatte, nach einigen Gefechten (f. XLI. 4.) , Stellung bei Winkowo genommen.
Diese er-
wo es sonst holen (denn es war , wie gewöhnlich , im Voraus für nichts gesorgt), so mußten sie endlich aus Durft doch dazu greifen. Tagebuch.
214 streckte sich (am 4. October) längs den Ufern der Czerniszna, von der Mündung dieses Bachs bis an das Dorf Tetrinka, und vor dem Bach ward die Division Claparede aufgestellt, die Winkowo (das am linken Ufer liegt) besegt hielt. Rechts des Dorfes stand eine Division Cavalerie , deren Posten bis zur Nara reichten, links eine andere Division Cavalerie. Das (5.) Armeecorps von Poniatowski lagerte links der legteren Division, Stunde von Winkowo. Das (2.) Cavaleriecorps von Sebastiani besegte Tetrinka. Hinter der Czerniszna, rechts des Wegs, stand das 3. Cavaleriecorps, (jegt von General St. Germain befehligt) , links die Infanteriediviſion Dufour (die 5. des 1. Armeecorps) , weiterhin das ( 1.) Cavaleriecorps von Nansouty. Von diesen beiden Corps (dem 3. und 1. ) waren die rechts und links Winkowo stehenden Divisionen detaſchirt. Das (4.) Cavaleriecorps von Latour-Maubourg stand zur Beobachtung eine Stunde rückwärts des rechten Flügels zwiſchen der Nara und der Straße von Moskau auf Kaluga. Der König von Neapel hatte sein Hauptquartier zwischen der Division Dufour und dem 1. Cavaleriecorps. Vor dem Cavaleriecorps Sebastiani's (oder dem 2. ) standen die russischen Vorposten sehr nahe , wegen eines ziemlich langen aber schmalen Waldes vorwärts Tetrinka , den die Franzosen nicht besezt hatten.
Von Tetrinka bis zur Mündung der Czerniszna waren
2 Stunden , die Ausdehnung folglich außer Verhältniß mit der Truppenzahl , die nicht über 20,000 Mann betrug, obgleich ſie 187 Geschüge bei sich hatten. Der linke Flügel stand ganz in der Luft, und Tetrinka befindet sich näher bei dem Dorfe SpasKuplia, wo die Straße von Winkowo nach Moskau in ein von Wäldern gebildetes Defilee zieht , als Winkowo ſelbſt *). 3. Das Hauptquartier Kutusows war am 4. zu Lestaszewo.
Er hatte sich hinter der Nara und Iſtia verschanzt und die Brücke zu Tarutino beibehalten, wo er eine Division Infanterie
*) Dieß war es , was den Gedanken eines , auf die Vernichtung der Heerabtheilung des Königs von Neapel zielenden Ueberfalles bei Kutuſow entstehen lassen und befestigen mußte. Auch war es unverantwortlich, daß diese schlecht gewählte Stellung in geraumer Zeit nicht erkannt und verbessert wurde , ---— was dem Generalftab des Königs wenig Ehre macht.
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ſtehen hatte. Seine Cavalerie verbreitete sich sowohl zwischen der Czerniszna und Nara als jenseits der Istia. 4. Napoleon schickte am 4. den General Lauriston ins russische Hauptquartier ab mit Friedensvorschlägen , die man, wie es schien, dort gern (wenn auch nicht in friedlicher Absicht) aufnahm. Kutuſow machte Hoffnungen , die Unterhandlungen zu beginnen , sobald er von seinem Kaiſer Inſtructionen werde erhalten haben ; auch ließ er (wohl zu besserer Beglaubigung seiner friedlichen Gesinnung *)) den kleinen Krieg einstellen, den er mit großem Vortheil gegen die Cavalerie des Königs von Neapel führte. Hieraus , ſagen die Ruſſen , entstand ein factischer Waffenstillstand , aber es ward kein förmlicher Waffenstillstand der Vorposten geschlossen, der nöthig gehabt hätte aufgekündigt zu werden. Der König von Neapel dagegen behauptet, es sei ein solcher Waffenstillstand mit bedungener dreistündiger Auffündigung zwiſchen seinen und den Vorposten des Gegners geschlossen worden. Auch läßt sich hieraus allein die große Unbeſorgtheit erklären , der sich nun die leichte Cavalerie der Franzosen überließ. 5. Um die Fourragirungen zu begünstigen, befahl Napoleon dem 4. Armeecorps die Ausdehnung seiner Vorposten am 5. gegen Dimitrow ( in nördlicher Richtung von Moskau) zu beginnen. Demzufolge brach die 13. Diviſion nebst einem Corps leichter Reiter nach dieser Stadt auf und traf am 10. daſelbſt ein , indem sie alle vorgeschobenen Posten von Winzingerodes Abtheilung zurückwarf; auch von dieser Stadt aus ein starkes Detaſchement gegen Klin_vorschickte **) , wo das Corps leichter * ) Clausewiß erzählt , der Fürft Kutusow habe sich das Ansehen gegeben (bei den Ruffen) , als sei er allen Friedensunterhandlungen entgegen , und wohl Niemand habe erfahren was eigentlich seine Meinung war. Allgemein habe im (ruffischen) Heere Niedergeschlagenheit ge= herrscht und man im Frieden den einzigen Ausweg gesehen. In Petersburg habe man , und schon früher , richtiger geurtheilt. Anm. d. Hrsg. **) Napoleon hatte zu dieſer Zeit den Gedanken , ſagt Chambray (und diese Bewegung scheint es zu bestätigen), den größten Theil seines Heeres über Woloklamsk, Subßow (Zubßow) und Bjeloi aufWitebsk gehen und nur den Reft durch den König von Neapel (der aber zu solchemAuftrag nicht viel Geſchick gehabt baben möchte) auf Smolensk zurückführen zu laffen - (wodurch dem feindlichen Heere einige Märsche abzugewinnen waren).
216 und irregulärer Reiterei von Winzingerode seinen Hauptpoſten mit Detaſchements zu Woloklamsk , Woskresensk , gegen Rusa und vor Winograzdowo hatte. 6. Napoleon ließ ferner alles Mehl, was man zusammenbringen konnte, in Magazinen zu Moskau aufschütten und gab den Corps Befehl , sich Vorräthe an Mehl , Schlachtvieh c. auf mehrere Monate zu verschaffen *) . Wo es den Corps nicht gelang genügend Mehl zu finden , brachten sie Kartoffeln , getrocknete Fische 2c. ein. 7. Der Kreml , schon seit dem 2. mit 12 Geſchüßen bewaffnet, sollte es sofort noch mit 18 andern und gegen jeden Handstreich sichergestellt werden , was sogleich zur Ausführung fam. 8. Marschall Bessières , der mit seinem Observationscorps Cf. XXXVIII. 6. und XLI. 4.) dem König von Neapel gefolgt war und das (3. ) Reitercorps ( Grouchy jezt St. Germain) zurückgegeben hatte , stellte sich , nachdem er die ruſſiſchen Verschanzungen bei Krasnoi-Pakra hatte einebnen laſſen , bei Woronowo auf, wo er die Infanteriedivision Friederich (die 4. des 1. Armeecorps ) mit der Brigade leichter Cavalerie in Stellung ließ , für seine Person aber nach Moskau zurückging ; auch die Gardebrigade Colbert zurücknahm und sie zwischen Podol und Moskau Cantonirung beziehen ließ. Der Kaiser hatte auch die Dragoner und Jäger seiner Garde wieder nach Moskau zurückgerufen , Broussier aber seine Stellung (s. XL. 1. ) behaupten lassen. 9. Am 6.October ertheilte Napoleon (dem Major- General) Befehl: a) dem Colonel- General Herzog von Abrantes zu Moschaisk, und dem Colonel- General Baragay d'Hilliers zu Wjäsma die Mittel zu überweisen , um Meister des Landes zu bleiben; b) daß ferner Ersterer alle Blessirten nach Wjäsma , Legterer
*) Das 2. heffische Bataillon Leibregiments , noch immer zu Fili, westwärts Moskau, ftehend , erhielt zu dieser Zeit Befehl , fich auf 20 Tage mit Lebensmitteln zu versehen und sich die allenfalls nöthigen Pferde , Ohrlappen , Pelze zc. auf alle mögliche Art zu verschaffen, kurz Alles zu bereiten , was nöthig zu einem langen Zuge bei nun zu erwartender kalter Witterung , dabei jeden Augenblick zum Marſche bereit zu sein.
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sie von da nach Smolensk zurückschaffen solle und daß hierzu, außer den aufzubringenden Landesfuhren , auch jene der Mehltransporte , die ihre Ladung zum Behufe der Hoſpitäler 2c. in den Etappenorten niederzulegen hätten, verwendet werden sollten. Binnen 14 Tagen müßten alle Blessirten von Moszaisk, Ruza, Kolozkoi und Gschatsk zurückgeschafft ſein ; c) daß künftig nicht mehr die zu Königsberg , Witebsk 2c. aus Iſolirten formirten Marſchbataillone , sondern geschlossene Bataillone und Corps zum Transport von Artillerieconvois verwendet werden sollten ; d) daß , da General Baragay d'Hilliers mit Recht ein starkes Corps zu Wjäsma , Dorogobusch und Gschatsk haben wolle, dazu die angezeigten Truppen , welche noch nicht über die legtere Stadt hinausgekommen, angehalten und ihm zu fernerer Dispoſition überwiesen werden sollten : (was denn auch die großherzoglich hessischen Bataillone traf, von denen die beiden des -- nicht aber Leibgarderegiments (s. XLV. 14.) in Wjäsma — als die 5 Compagnieen des Leibregiments (ſ. ebenda) *) Besagung designirt wurden). 10. Am 10. erging ein Befehl Napoleons an den General Baragay d'Hilliers, wegen Erschöpfung der großen Straße an Lebensmitteln , die Commandanten von Dorogobusch, Wjäsma und Gschatsk zu beauftragen , zwei mit jener Straße auf zwei bis drei Lieues Entfernung (nord- und füdwärts) parallellaufende Straßen recognosziren zu laſſen, worauf sich noch Dörfer zu Unterkünften und Hülfsquellen fänden , um die Detaschements darauf ziehen lassen zu können ** ) . 11. Ebenso ward am 10. October ein Befehl an den Marschall Victor , Herzog von Belluno, erlassen, alle Truppen, einschließlich der sich wieder zu Dienst meldenden Generale, alle Artillerie-, Kleidungs- und andere Züge in Smolensk zurückzubehalten und nichts mehr auf der ganz ruinirten großen Straße nach Moszaisk vorgehen zu lassen , als Estaffeten und
*) Vermuthlich , weil hinsichtlich dieses Regiments ein besonderer Befehl vorlag ; vielleicht war es jedoch derselbe Fall mit dem Leibgarderegiment, und dieses wurde nur aus Nothbedarf von General Baragay d'Hilliers angehalten , wozu jeder Etappecommandant ein Recht hatte. **) Welches Recognoszirungsgeschäft auch uns Hessen , und zwar mich, zu Wjäsma traf. Siehe LIV.
218 Briefpackete für die Armee, die Generalstabsoffiziere im Dienſt und einige für den Dienst des Heeres am Meiſten dringliche Sachen (wozu der Kaiser die von Paris verſchriebenen 500 Handmühlen zählte). Die große Straße sollte bloß für aus den Hospitälern rückwärts Geschickte, und was sonst von Moskau zurückkehrte , bleiben. Endlich sollte nur alle Monate ein Wagenzug auf der neuen Straße ,
die der Kaiser anzeigen
würde, zur Armee gehen, den 6000 Mann überall durchbringen könnten , wenn er nur auf feindliche Abtheilungen und nicht geradezu aufs feindliche Heer stieße. 12. Weiter befiehlt der Kaiser, der Major-General ſolle zu Smolensk eine Division von mindestens 12,000 Mann Infanterie und 4000 Mann Cavalerie formiren , ihr 12 Geſchüge zutheilen , und was sonst zu ihrer Mobilifirung * ) erforderlich, fie auf 10 Tage mit Lebensmitteln versehen und zum Marsche auf der neuen Straße bereit halten lassen.
Es seien dazu die
3 Marſchhalbbrigaden in Smolensk etwa 6000 Mann , dann das 4. , 5. und 6. zu Königsberg formirte Marschregiment, ebenfalls etwa 6000 Mann, vorhanden ; dazu könnten drei aus Reconvaleszirten formirte Bataillone, nämlich zwei zu Witebsk und eines zu Smolensk, kommen, auch wohl noch zwei weitere Bataillone von dem 129. und dem illyrischen Regiment 2c. **).
13. Endlich bemerkte der Kaiser dem Major-General, daß ihm der Colonel- General Baragay d'Hilliers (für den Moment) in Wjäsma deplacirt scheine und das Commando der zu Smolensk zu formirenden (starken) Division erhalten , dagegen zu Wjäsma durch den sehr thätigen vormaligen Oberſten des 57. Regiments , jezigen Brigadegeneral Charrière erſegt werden könne (d. h. solle) ***).
*) Bei der jezt in Aussicht ſtehenden kalten Jahreszeit , wozu denn Pelzwerk , wenigstens Schaffelle zur Mantelfütterung zc. gehörten. **) S. XXIX . 2, d. 2, g. ***) Er wird es indessen durch den Brigadegeneral Tefte , und der General Charrière erhält zu Moskau das Commando einer aus demontirten Cavaleriften formirte Brigade. (Vor General Teste war Oberft Durand Plaßcommandant zu Wjäsma , auch einige Tage nach dem Abgange des Leßteren bis zur Ankunft des Erfteren interimiſtiſch unſer Oberft Follenius.)
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14. Wereja, das General Junot, Herzog von Abrantes, hatte palissadiren und durch ein Bataillon Westphalen beſeßen laſſen , wurde am 10. October durch den russischen General Dorochof mit Sturm genommen, wobei die Bewohner den Stürmenden behülflich gewesen sein sollen.
Die Occupation dieſes
nur einen kleinen Tagmarsch von Moszaisk entfernten Orts war hinsichtlich der Communication der Hauptarmee auf der großen Straße von Moskau nach Smolensk von besonderer Wichtigkeit ; dazu lag Wereja noch auf dem Rückzugswege des Königs von Neapel dahin.
Siebenundvierzigstes Kapitel. Bewegungen bei dem 9. Armeecorps (und insbesondere des großherzoglich hessischen Chevaulegersregiments). Anmarsch des hessischen leichten Infanterieregiments und der Artilleriedivifion , als Verftärkungstruppen , nach Rußland. Kutuſows Thun in den erften Tagen der zweiten Decade des Octobers. 1.
Nachdem das 9. Armeecorps bis zum 11. October
ruhig in seinen Cantonirungen bei Smolensk *) verblieben war, ließ Marschall Victor an diesem Tage die 26. Diviſion (Daendels) aufbrechen und , sie über Rudnia dirigirend ,
zu Babi-
nowiczi Stellung nehmen , wo sie den 15. ankam , um dadurch die Verbindung mit dem 2. Armeecorps zu sichern. Ebenso wurde am 11. die 12. Division (Partonneaur) entſendet und hatte zu Mszislawl Stellung zu nehmen. Die Division Girard (die 28. ) verblieb in Smolensk. 2. Die leichte Cavaleriedivision des 9. Armeecorps behielt noch immer ihre Cantonirung auf dem linken Ufer des Dnjeprs (von Smolensk gegen Jelnia hin ** )) ; nur hatte zur Beobach-
*) Wo seine ersten Truppen (vom hessischen Chevaulegersregiment) am 22. September eintrafen. Die Cantonnements waren Dnjepr aufwärts von Smolensk am rechten und linken Ufer genommen. **) Das großherz. heffiſche Garde- Chevaulegersregiment war hier zu Glinitschi ( Straße nach Jelnia) einquartirt , was demselben (nach Oberst von Dalwigks Bericht) nicht mehr Raum gewährte ,,als zwölf elende Strohhütten und etwa ebenso viele Schoppen , worunter die Pferde stehen konnten."
220 tung der jenseits auf der Straße von Porjetschie und Duchowſchtschina streifenden Kosacken schon seit einiger Zeit das groß= herzoglich heſſiſche Chevaulegersregiment und großherzoglich bergische Lanciersregiment einen Rittmeister mit 50 Pferden nach Rjäfino , etwa 20 Werfte ( nördlich) von Smolensk detaſchirt. 3. Das großherzoglich hessische leichte Infanterieregiment (2 Bataillons) und die hessische Artilleriedivision (6 Geſchüge), von Schwedischpommern herkommend *) , trifft über Stettin (wo es sich vom 24. September bis 29. verweilte, dann über Gollnow , Naugarden , Wigmiz , Cörlin , Cöslin , Brauſchnig, Schlawe , Stolp , Lupow , Lauenburg , Neustadt , Belicke marschirte) den 12. October zu Danzig ein und wird sofort von da nach Smolensk instradirt. Es sollte daselbst den 24. November eintreffen , zufolge Marschroute ** ) .
Dieß ließ aber der in-
zwischen eingetretene Rückzug der großen Armee nicht zur Ausführung kommen , so daß es von Wilna aus zum 6. Armeecorps (unter Wredes Oberbefehl) zu stoßen hatte (ſ. LI. 6 ; LXI. 7; LXIII. 2. und 3). 4. Kutusow schickte am 12. October aus seinem Hauptquartier Letaczewo einen (merkwürdigen) Bericht an ſeinen Kaiser
*) Wo es einen Theil der 34. Divifion (Morand) des 11. Armeecorps ausmachte (doch nur provisorisch) ; das 1. Bataillon war auf der Insel Rügen ftationirt. **) Die zu dieser Zeit dahin einzuhaltende Etappeftraße bezeichnete seine Marschroute wie folgt : den 14. October Dirſchau , 15. Marienburg , 16. Elbing , 17. Braunsberg , 18. Brandenburg, 19. und 20. Königsberg , 21. Tapiau , 22. Labiau , 23. Mehlauken , 24. und 25. Tilsit, 26. Lenken , 27. Johannisburg , 28. Blogoftawienstwo , 29. Nititi , 30. und 31. Kowno. Den 1. November Rumsziszki, 2. Pismaronie (Sziszmori ?) , 3. Eve (Jewje) , 4. und 5. Wilna , 6. Miedniki, 7. Oszmiana , 8. Smorgoni , 9. Molodeczno, 10. Radoczkowiczi, 11. und 12. Minsk , 13. Smolewiczki , 14. Borisow , 15. Nacza , 16. Bobr, 17. Kochanow , 18. und 19. Orscha , 20. Dubrowna, 21. Ljadi, 22. Krasnoi , 23. Koritnja und Lukereſchtschino , 24. Smolens k. “ Zufolge eines Regimentsbefehls wurden für diesen Marsch an Transportmitteln dem Bataillon nur 4 vierspännige Wagen und 4 Vorlegpferde bewilligt. - Es erkrankten nach und nach, noch bevor der Niemen paffirt wurde , der Oberft von Schönberg , ein Major (Kraft) und der älteste Capitän (Königer) ; so daß der 2. Capitän (Westerweller) das 2. Bataillon nach Rußland führte.
221 über die vortheilhafte Lage , in der das russische , fich täglich verstärkende Heer und die nachtheilige und sich täglich verschlimmernde Lage , in der sich das französische Heer bei Moskau befände. Hiernach mußte es dem russischen Oberfeldherrn nothwendig darum zu thun sein , durch Aufbietung aller Lift (woran er es auch nicht fehlen ließ) das französische Heer noch einige Zeit auf dem Fleck zu halten, und dieß um ſo mehr, als man nun dem Eintritt des Winters mit jedem Tage entgegensah , der es aus übler Lage in die übelste , und ihm völligen Untergang bringen konnte.
Kutusows Heer hatte sich
bereits so verstärkt , daß es an regulären Truppen dem französischen gleich geworden war , obschon mehr als der dritte Theil desselben zur Zeit nur noch aus wenig geübten Rekruten bestand; an irregulären Truppen war es zahlreicher als noch in irgend einer Epoche dieses Feldzugs *).
Achtundvierzigſtes Kapitel. Napoleon, das Hinhalten mit Friedenshoffnungen durch Kutuſow würdigend , beschließt den Rückzug von Moskau, läßt ihn vorbereiten und ist marschfertig. xx Stellung des 9. Armeecorps zur Unterftüßung der bedrohten Flügel der großen Armee . - Baragay d'Hilliers soll das Heer in Jelnia empfangen. 1. Napoleon , der zu besorgen anfing , daß es dem ruſſischen Kaiser nicht um Frieden und dem Feldherrn Kutuſow nur um das Verzögern des Abzugs der französischen Hauptarmee zu thun ſei , bis der Winter eingetreten sei , schickte zwar den General Lauriston abermals ins russische Hauptquartier , beschloß aber den Rückzug und wählte nun , wie es schien definitiv , einen südlicher als die Hauptstraße ziehenden Rückzugsweg , sei es indem man das russische Heer zuvor über Kaluga hinaus zurücktreibe , oder es nur dort etwas festhalte und über Juchnow gegen Jelnia u. s. w. den Rückzug antrete. *) Das russische Heer war zwar an Infanterie viel schwächer als das französische, auch die französische Infanterie der russischen an innerer Kraft weit überlegen ; dagegen übertraf in gleichem Verhältniß die rusfische Cavalerie die franzöfifche ; und das ruffische Heer hatte 24,000 Kosacken bei sich.
222
2. Marschall Fürst Eckmühl ,
Marschall Ney und Prinz
Eugen erhielten Befehl , ihre frühere Stellung zu Moskau (den 13. ) wieder einzunehmen, wo ihre Armeecorps noch ihre Hauptdepots (jedes in einem befestigten Kloster) hatten *). Die alte Garde erhielt Befehl sich marschfertig zu halten 2c. 3. Der König von Neapel wurde benachrichtigt , daß die Armee aufbrechen und zu ihm stoßen werde , um Kutuſow anzugreifen. Er habe also noch vier oder fünf Tage auszuhalten und allenfalls bis dahin in die Stellung von Woronowo zurückzugehen , wo Infanterie die Cavalerie zu decken vermöge, und dieser etwas Erholung gewährt, Verlust erspart und größere Sicherheit überhaupt erzielt werden könnte. In Moskau lägen 1000 Centner Mehl und viel Branntwein zu seiner Disposition, die er holen lassen möge 2c. Ferner : „ Er solle alle Kranken und Bleſſirten nach Moszaisk zurückschicken, sich so beweglich als möglich machen , den Rückzugsweg nach Moszaisk wohl recognosziren lassen 2c.; auch hoffe der Kaiser, daß seine Stellung so genommen sei , daß Bagage, Park und der größte Theil der Infanterie seines Corps , ohne vom Feinde bemerkt zu werden, aufbrechen könne, wenn Rückzug nöthig würde 2c.“ **). 4. Da Kutusow , um Napoleon noch etwas länger mit Friedenshoffnungen
einzuwiegen und in Moskau festzuhalten (wie schon erwähnt) , den kleinen Krieg gegen das Corps des Königs von Neapel hatte einstellen lassen , so bewog dieß Lezteren in seiner ausgesezten Stellung von Winkowo zu bleiben : wozu noch kam, daß er mit der Fortſegung der Frie-
*) Fürft Eckmühl hatte , außer dem ihm in Moskau angewiesenen Stadtviertel, auch Cantonnements in den benachbarten Dörfern , dabei die Division Friederich in Woronowo stehen. Der Prinz Eugen befand fich in demselben Falle und hatte dabei die Division Delzons zu Dmifrow und die Division Brouffier 3½ Stunden vorwärts auf der Straße nach Smolensk , die auch hier blieb (f.5) . Ney war noch in Bogorodsk. **) Hiernach scheint dennoch aus diesem Schreiben (vom 14. Oct.) hervorzugehen , daß erft noch die Umstände darüber entscheiden sollten, ob der Rückzugsweg für das Gros des Heeres nord- oder südwärts der Hauptstraße genommen werde , in welch' ersterem Falle fich dann der König von Neapel so geheim als möglich gegen Moszaisk abzuziehen gehabt hätte.
223 densunterhandlungen beauftragt wurde, als Lauriston aus dem ruffiſchen Hauptquartier , am 16. October , zurückging. 5. Die Division Broussier nebst der leichten Cavalerie des 4. Armeecorps
wurden am 15. October nach Fominskoë zu
marschiren befehligt und daselbst (an der Nara) sich aufzustellen. 6. Junot, Herzog von Abrantes , erhielt Befehl unbemerkt die in Folge der Schlacht von Borodino auf dem Schlachtfelde gesammelten und nach Kloster Kolozkoi gebrachten Gewehre zu zerstören , und die Voranstalten zu treffen um alle daselbst befindlichen Munitionswagen in die Luft zu sprengen , die er nicht bespannen könne. Ferner habe er alle Truppen, die von Smolensk herkommen möchten , zu Moszaisk Halt machen zu laſſen *) und sich in Bereitschaft zu sezen , Moszaisk, Ruza und das Kloster Kolozkoi den 20. bis 22. zu verlassen. 7. General Baragay d'Hilliers wurde befehligt, mit seiner Division den 21. October von Smolensk nach Jelnia aufzubrechen und in dieſer Stadt (auf welche der Kaiser das zurückgehende Heer zu dirigiren beabsichtigte) Proviantmagazine zu errichten **). 8.
Nach den von dem Kaiser an den Marschall Victor
Cam 6.) erlassenen Befehlen , zur Unterstügung der Armeen auf den Flügeln benöthigten Falls bereit zu ſein, verlegte derselbe am 15. ſein Hauptquartier von Smolensk nach Orſcha zurück.
Seine Truppen ließ er nun folgende Cantonirungen
beziehen : Die Division Daendels mit einem Cavalerieregiment (den badischen Huſaren) nach Babinowiczi und Gegend , wohin die Diviſion ſchon früher (f. XLVII. 1.) aufgebrochen war. Die Diviſionen Girard und Partonneaur, ſowie die Diviſion leichter Cavalerie (wobei das hessische Chevaulegersregiment) zu Orſcha, Sjenno und dazwiſchen. FOR Zu Smolensk beläßt er , außer einigen Marschtrupps ***) , vorerst nur die aus drei Marsch*) Dieser Befehl influirte auf das heffische Leibregiment und hatte, wie es scheint, dessen nochmalige Rücksendung von Gschatsk nach Moszaist zur Folge. **) Baragay d'Hilliers ging indeffen erft den 24. October von Wjäsma ab , von uns bis Dorogobusch escortirt. Seine Division ift noch nicht ganz zufammen, als schon ein Theil davon nach Jelnia abging. ***) Darunter etwa 600 Mann heffischer Infanterie , größtentheils der von Capitän Stolz nach Smolensk gebrachten Ergänzungsmannschaft.
224
-
Infanteriebrigaden neu errichtete Division Baragay d'Hilliers mit einem Regiment polnischer leichter Cavalerie , das er dazu theilte und 6 Kanonen , das Ganze etwa 10,000 Mann stark. 9. Den 16. (Nachmittags) marſchirte das 2. hessische Bataillon Leibregiments zusammt dem Rest des Detaschements (des Capitän Hofmann) vom 1. heſſiſchen Bataillon Leibgarde von der Smolensk-Barriere Moskaus ab, um einen starken Transport aus den Spitälern evacuirter Soldaten von Moskau nach Moszaisk zu bringen ; von wo sie dann noch weiter rückwärts gebracht werden ſollten *).
Neunundvierzigstes Kapitel. Marsch der Armee Wittgensteins und des Corps von Steinheil zum Angriffe der franzöfifchen Armeecorps unter St. Cyr bei Polosk. Gefecht dafelbft und Gefecht Wredes gegen Steinheil. Poloßk fällt in der Ruſſen Hände. Rückzug und Trennung des 2. und 6. Armeecorps. 1. Die Ruhe , welche nach den Gefechten bei Pologk am 17. und 18. Auguſt (ſ. XXVII . 2. 3.) zwiſchen dem ruſſiſchen General Wittgenstein und Marschall St. Cyr eingetreten war, hatte bis zur Mitte Octobers gedauert. Während dieser Zeit war die Armee Wittgensteins , durch Rekruten vollzählig gemacht und mit 7000 Mann Petersburger , mit Piken bewaffneter Landwehre verstärkt , bis auf 40,000 Mann angewachſen. Ueberdieß rückte das Corps von Steinheil die Düna hinauf zu
* ) An demselben Tage ging das großherzoglich heffiſche Kriegscommissariat , außer Major Weber (Oberkriegscommiffär) bestehend aus 5 Offizieren , 112 Mann incl. der Knechte , 4 vierspännigen herrschaftlichen Wagen und 12 Vorspannswagen , worauf sich noch Kiften mit Effecten 2c. befanden , von Königsberg , wo es einige Zeit refidirt hatte , ab, um weiter vor und den heſfiſchen Truppen näher zu kommen. Vorerst ward bezweckt (bis auf weitere Weisung) mit demſelben in Wilna zu verbleiben und der Marsch über Tilfit und Kowno dahin genommen , wo es am 6. November eintraf. Kriegscommissär Dannenberger ward inzwischen zu Sr. Hoheit dem Prinzen Emil, Generalcommandeur, abgeordnet, konnte aber nur bis Smolensk (am 17. Oct.) gelangen.
225 dessen Verstärkung (was Macdonald nicht hätte entgehen, vielmehr ihn bewegen sollen , die Diviſion Grandjean in derselben Richtung am linken Ufer dieses Fluſſes hinauf- und nothfalls St. Cyr zur Unterstügung zuziehen zu lassen) . Marschall St. Cyr hatte diesen vereinten Kräften nur 27,000 Mann , jedoch ſehr guter Truppen , entgegenzustellen , wovon 22,000 Mann dem 2. , 5000 dem 6. Armeecorps angehörten , bis auf welche geringe Zahl die bairische Infanterie herabgekommen war *) . Polosk war in der Zwischenzeit etwas befestigt worden. Palissadirung umgab die Stadt.
Eine
Drei Redouten lagen jenseits
der Polota, zwei Batterieen zwischen diesem Fluß und der Düna vor der Palissadirung. Die Arbeiten waren noch nicht ganz vollendet als Wittgenstein sich gegen die Stadt in Bewegung segte , die er von vorn angreifen wollte , während das Corps von Steinheil sie auf der kleinpologker Seite, oder vom linken Dünaufer her , bedrohen sollte **). 2. Am 16. October sezte sich Wittgenstein wie Steinheil in Bewegung.
Legterer , durch einige Cavalerie von Erſterem
*) Chambray sagt : ,,Die vor dem Feind untadelhaften Baiern konnten die Strapaßen und Entbehrungen dieſes Kriegs nicht ertragen.“ Es lag jedoch wohl nicht hierin die Ursache , sondern darin , daß ihre Vorgeſeßten die Zügel der Disziplin für den Ort , wohin man fich verseßt fand , zu straff anhielten und so weniger erlaubten , daß der Soldat für sich selbst sorgte , für den man doch nicht sorgen konnte ; und überhaupt darin , daß nicht gethan wurde , was die Gesunderhaltung, beziehungsweise Erhaltung des Mannes, erforderte , auch so weit es geschehen konnte , ― weil man es zumeist entweder gar nicht verstand , oder es doch nicht für die erfte Pflicht hielt. **) Es wäre nun die höchste Zeit gewesen , wenigftens 6000 Mann der Division Daendels, etwa das ganze badische Corps, zur Verftärkung heranzuziehen , oder die halbe Divifion Grandjean vom 10. Armeecorps zur Unterstüßung zu erhalten. Es wäre sogar des Marschalls Victor Sache gewesen , darauf im Voraus Bedacht zu nehmen und den General Daendels dazu zu inftruiren und zu dislociren (z. B. mit der Hälfte. feiner Divifion nach Witebsk) . Aber kein Marschall konnte fich entſchließen , zum Besten des Ganzen etwas von den seinem Commando untergebenen Truppen dem Kameraden in Noth vorzuleihen. 6000 Mann mehr und St. Cyr hätte Wittgenstein geschlagen und Polosk wäre erhalund es waren ten worden - zu unendlichem Heil der Hauptarmee ! mehr als 5-6000 disponibel !! Ein Oberfeldherr , der das Ganze im Auge behielt, fehlte leider ! Maret in Wilna konnte ihn nicht erseßen. Röder, Kriegszug. 15
226
verstärkt, bemächtigte sich schon am 15. Abends der Stadt Disna, wo er über die Düna gegangen war. Die bairische Brigade Ströhl, welche hier gestanden und kaum noch die Stärke eines Bataillons hatte, war bei der Bedrohung sogleich gewichen und hatte sich hinter die Uszacz zurückgezogen. Steinheils Truppen folgten ihr. Marschall St. Cyr fchickte sogleich die leichte Reiterbrigade Corbineau zur Verstärkung ab, welcher General sofort das Commando übernahm , und bereitete sich zur tapfersten Vertheidigung in Pologk vor , indem er sein Gepäck und seine Cavalerie aufs linke Ufer der Düna schickte und nur 4 Schwadronen bei sich behielt.
Dem Corps von Wrede,
das aus den Cadres des 6. Armeecorps bestand , wies er jenseits der Polota den äußersten linken Flügel an und gab ihm die Düna zum Stügpunkt ; rechts neben Wrede erhielt die Division Merlé ihre Stellung.
Die Division Legrand ward in
dem einspringenden Winkel zwischen der Polota und Düna, so daß sie ihren linken Flügel an die Polota anlehnte, und, rechts dieſer Division , die Division Maiſon (früher Verdier) aufgestellt. Die 4 Schwadronen waren auf der äußersten Rechten längs dem Ufer der Düna angewiesen.
Die noch nicht vollendete
Befestigung der Front der Stadt war der schwächste Punkt dieser Stellung.
Uebrigens wußte St. Cyr sich nicht einmal
von der oberen Düna her sichergestellt : denn er schickte ein Cürassierregiment nach Beszenkowiczi (wo es eine Brücke über die Düna gab). 3.
Der rechte Flügel Wittgensteins , unter Befehl des
Fürsten Jachwill , rückte auf der Straße von Petersburg , das Centrum unter General Safonow auf der von Newel und der linke Flügel unter Wittgensteins unmittelbarer Anführung zwischen der Polota und Düna gegen Pologk und die erwähnte Mit Tagesanbruch den 18. begann die KaStellung vor *). nonade.
Heftige Angriffe des linken Flügels gegen Maison
*) Unter persönlicher Anführung Wittgensteins 20,825 , und unter Jachwill 11,299 Mann (fagt Oberft Okunjeff) , wobei wohl die Petersburger Miliz nicht gezählt ift. Der Graf Steingell (Steinheil) hatte 13,000 Mann auf dem linken Ufer der Düna (die aber zu rechter Zeit nicht bei der Hand waren).
227
und Legrand wurden stets zurückgeschlagen.
Nachmittags um
4 Uhr ward auch Jachwill und Safonow befehligt , auf dem übrigen Theile der Linie anzugreifen. Dieser Angriff, der mit dem größten Ungestüm geschah , scheiterte nicht minder an der ausgezeichneten Ordnung und Festigkeit der Baiern und der Truppen der Division Merlé ; indessen erlaubten sich von legterer die Schweizerbrigade und das 3. Regiment Croaten, gegen den Befehl des Marſchalls , aus der Linie zu rücken , den Angreifer mit gleichem Ungestüm anzufallen und ihn zurückzuschlagen : wobei sie indessen bald in einen Kampf mit großer Uebermacht verwickelt wurden und bis an die Polota zurückweichen mußten, da keine Reserve sie zu unterstügen vorhanden war *). Dieser Rückzug geschah , ohne das Feuer zu unterbrechen , mit aller Ordnung . Die Ruſſen ſegten mehrmals hier an, um die in gutem Vertheidigungsstand befindlichen Redouten zu erstürmen (darunter auch die Petersburger Landwehr mit einer an Wahnsinn gränzenden Tapferkeit) . Die Nacht machte dem für die Russen höchst blutigen Gefecht ein Ende. Sie bezogen nun einen Biwack um Pologk herum , rücken (gegen Kleinpologk) entgegensehend.
Steinheils An-
In Erwartung des Corps von Steinheil erneuerte Wittgenstein am 19. Morgens den Angriff auf Pologk nicht. Auch ging Steinheil erst um 10 Uhr über die Uszacz und trieb 4.
nun Corbineau vor sich her. Auf die Nachricht hiervon zog Marschall St. Cyr sogleich aus jeder der drei Diviſionen des 2. Armeecorps ein Regiment Infanterie und schickte diese Infanterie unter Commando des Generals Amey über die Düna nebst einem Cürassierregiment Steinheils Corps entgegen. Es gelang dieſen , mit jenen Corbineaus vereinten Truppen , das Corps von Steinheil den ganzen Tag in einem Walde , dem Defilee von Soleuk, aufzuhalten ; ja , als dann Wrede den Oberbefehl übernommen hatte und es schon ziemlich nahe Kleinpologk gekommen war , gelang es sogar , dasselbe wieder etwas
*) Die Infanterie von 3 auf 2 Glieder formirt , würde schon eine hübsche Reserve haben geben können ; und damit , indem man fie am 19. gegen Steinheil disponibel behalten hätte , Poloßk wohl ganz zu behaupten gewesen sein ! 15 *
228
zurückzutreiben *) .
Da indeſſen St. Cyr unter diesen Umstän-
den Pologk ferner zu behaupten nicht wagen durfte **), ſo gab er Befehl, mit dem Einbruche der Nacht den Rückzug über die Düna anzutreten. Nur daß die Lagerhütten der Division Legrand bei dieser Gelegenheit aus Zufall oder durch dummen Muthwillen angehender Soldaten in Brand geriethen , machte den General Wittgenstein mit dieser Rückzugsbewegung bekannt, der dann nicht säumte , sogleich alle Batterieen ſpielen und Pologk durch Granaten in Brand ſtecken zu laſſen , auch Alle die Helle benugend auf der ganzen Linie anzugreifen . Anstrengungen seiner Truppen durch die Palissaden in Pologk Die die Arrieregarde einzubrechen blieben jedoch vergebens. habende Division Merlé vertheidigte die Straßen Schritt vor Schritt. Der Rückzug war gegen 3 Uhr Morgens am 20. worauf die zwei Schiffbrücken mit größter Ordnung vollendet, Diese beiden blutigen Tage kosteten angezündet wurden. den Ruſſen an 12,000 , den Franzosen etwa 6000 Mann an Gefangene wurden fast gar keine Todten und Verwundeten. gemacht. 5. Marschall St. Cyr hatte sogleich die ersten Truppen, welche über die Brücken zurückgingen , dem General Wrede zugeschickt und ihm befohlen , das Corps von Steinheil gänzlich zurückzuwerfen ***).
Der Angriff fing den 20. Morgens gegen fünf
Uhr an, und General Wrede bemächtigte sich nicht nur inner-
*) So sagt der eigne Bericht des General Wrede aus Danielowicze vom 30. October an den Major- General und weicht darin etwas von jenem St. Cyrs an denselben vom 20. October ab. **) Indem er auf eine baldige Unterflüßung von Seiten des 9. oder 10. Armeecorps nicht gewiß zählen konnte und fich, auch felbft kurze Zeit, nicht allen Rückzug sperren laffen durfte. ***) Hiernach hatte General Wrede gegen Steinheil : das 19. , 37. und 124. französische Linien-Infanterieregiment ; das 2. Regiment Schweizer und ein Detaſchement des 11. franzöfifchen leichten Infanterieregiments ; dann die Cadres der 3. Brigade der 2. Divifion des 6. Armeecorps ( 1 Bataillon) nebst dem 7. franzöfifchen Cüraffierregiment und der leichten Cavaleriedivifion Corbineau , endlich 1 Batterie franzöfifcher reitender Artillerie , 12 Geschüße leichter bairischer Artillerie und eine bairische Batterie Zwölfpfünder. - Steinheil hatte gegen ihn die 1. , 2., 6. und 21. ruffiſche Infanteriedivifion und etwas Cavalerie.
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halb 2 Stunden des 24 Stunden Wegs langen Defilees wieder und warf das gegnerische Corps über die Uszacz zurück, ſondern erzwang auch diesen Uebergang und trieb es bis Benkowizi, — - wobei an 2000 Gefangene gemacht wurden. – General Wrede wurde nun sammt den französischen Truppen von der weiteren Verfolgung ab- und nach Kleinpologk zurückgerufen. Er erhielt dann hier Befehl , das Commando der Baiern wieder zu übernehmen und sofort nebst dem zugetheilten 7. Cürasfierregiment und der leichten Reiterbrigade Corbineau auf Rudnia zu gehen und daselbst Stellung zu nehmen * ). — Steinheil ging mit ſeinem Corps bis Disna zurück. 6. Marschall St. Cyr, der in dem Gefecht am 19. bleſſirt, dabei krank war **) , gab (nach dem 20. ) das Commando des 2. Armeecorps an den Divisionsgeneral Merlé ab — da es der ältere Divisionsgeneral Legrand ausschlug — und trennte das 6. Armeecorps Coder deffen noch übrige geringen Reste) unter General Wrede davon.
Funfzigstes Kapitel. Ueberfall des combinirten Armeecorps des Königs von Neapel bei Tarutino durch Kutusows Armee ; dann Stellung beider Theile. Napoleon bricht mit der Armee von Moskau auf gegen Kutuſow und diese Stadt wird am 23. October früh ganz von den Franzosen verlassen. 1. Kutuſow, überzeugt daß er nun mit Friedenshoffnungen seinen Gegner nicht länger in Unthätigkeit hinhalten könne, beſchloß , demſelben wenigstens durch einen auf Vernichtung des Armeecorps des Königs von Neapel angelegten Ueberfall einen äußerst starken Stoß beizubringen und damit zugleich das Andenken an die Schlacht von Borodino bei seinem Heere vollends zu verwischen. Alles war ihm bei diesem Unternehmen günſtig : die geringen Kräfte seines Gegners (da derselbe kaum 20,000 Mann unter Waffen und darunter 8000 Mann höchft elend
*) Es ist dieß Rudnia an der Uszacz. **) ,,Ne pouvant pas vaquer aux soins du commandement , “ ſagt der Chef seines Generalftabs.
230 berittener Cavalerie hatte) ,
die er mit seinem ganzen , auf
mehr als 100,000 Mann angewachsenen Heer bekämpfen konnte ; dessen Unbesorgtheit ; dessen gewagte Stellung, drei Tagmärsche von dem französischen Hauptheer ; und eine Dienſtvernachläffigung , wie sie nur Folge des factisch bestehenden Waffenstillstandes und des Glaubens an ernstliche Friedensgefinnung des Kutusow ließ zu Spaskoe, eine Stunde Gegners sein konnte. unterhalb Tarutino mehrere Brücken schlagen und am 17. sowie in der Nacht vom 17. zum 18. October seine ganze Armee Platow , der unter aufs linke Ufer der Nara überſegen. seinem Befehl das 1. Corps Cavalerie und die besten KosackenRegimenter vereinigte , zog sich rechts und schlug eine solche Richtung ein , daß er den linken Flügel des Königs von Neapel gänzlich überflügelte. - Bagohufwut (Befehlshaber des 2. ) und Strogonow (Befehlshaber des 3. Infanteriecorps) sollten dieſen linken Flügel von vorn angreifen , um Platow zu unterftügen. ― Der vor diesem Theile der Stellung liegende , von den Franzosen unbeſegt gelassene Wald entzog ihrer Beobachtung Der diese Bewegung der feindlichen Truppen gänzlich. Ueberreft des russischen Heeres stand in mehreren Treffen, mit dem linken Flügel an die Nara gelehnt, den rechten hinter dem General Benningsen commandirte eben erwähnten Walde. jene zum Angriff befehligten beiden Infanteriecorps.
2. Den 18. October mit Tagesanbruch brach Platow hinter dem linken Flügel der französischen Stellung hervor und warf einen Theil seiner Kosacken auf das Corps von Sebaſtiani, das in der Ueberraschung sein Gepäck , ſeine Artillerie und viele Leute einbüßte , indessen tapfer focht. (Die leichte Division Pajol desselben ward beim Füttern überfallen und ganz zers sprengt ; die Brigade Subervic behielt noch etwa 70 Pferde zuſammen *). — Die Ruſſen griffen zugleich auf allen Punkten der Linie an ; hier hatten aber die französischen Truppen Zeit, unter die Waffen zu treten ; alle indessen , welche die Ufer der
Worunter 25 Würtemberger. - Sie machten bei ihrem Rück *) zuge noch mehrere Angriffe und nahmen hierbei den Kosacken von 10 polnischen Geſchüßen , deren fie fich bemächtigt hatten , 6 wieder ab. (Nach dem Bericht des würtembergischen Major von Miller.)
231 Czerniszna besegt hatten , gingen, wegen der Gefahr die ihnen im Rücken drohte , alsbald zurück. Platow war nämlich mit dem 1. Cavaleriecorps auf Spas -Kuplia losgegangen , um sich dieses Defilees , welches das Corps des Königs von Neapel auf seinem Rückzuge paſſiren mußte , zu bemeistern. Bagohufwut hatte die Czerniszna zu Tetrinka überschritten, Strogonow folgte ihm unmittelbar ; links folgte das Corps unter Ostermann (das 4. ) dem sich zurückziehenden 5. französischen Armeecorps Poniatowskis 2c. - Der König von Neapel , die abso= lute Nothwendigkeit erkennend , das Corps von Bagohufwut und Strogonow zum Stehen zu bringen, wenn seine Lage nicht verzweifelt werden sollte , fand in seinem kühnen Muthe das Mittel. Er segte sich an die Spige der Carabiniers und stürzte sich mit ihnen auf die Spige der Colonne von Bagohufwut, die er sofort warf. Dieser kraftvolle und unerwartete Angriff brachte die Colonne zum Stugen ; sie begann ihre Artillerie auffahren und feuern zu laſſen , - und der König wurde dadurch wieder Herr der Bewegungen seiner Truppen. Claparedes Infanteriedivision und Latour-Maubourgs Cavaleriecorps vertrieben Platow (dem feine Infanterie beigegeben war , um die Waldung von Spas -Kuplia zu besegen) aus dem Besige des Defilee von Spas-Kuplia und machten so die Communication wieder frei ; Poniatowski schlug zurück was ihm nahe fam , und der Rückzug der Truppen des Königs von Neapel nach Woronowo wurde glücklich zu Stande gebracht ; doch ward dann hinter der Mocza Stellung genommen. 3. Die russischen Berichte geben den Verlust der Franzosen in diesem Treffen zu 17 Geſchügen , 500 Gefangenen und etwa 1000 Todten und Blessirten an, und stellen ihm den ihrigen an Mannschaft gleich.
Wenn legterer aber auch jenen
der Franzosen , wie aus dem Gange des Gefechtes wahrscheinlich , übertroffen hat, so hatten diese doch durch die Erschöpfung der schon matten Pferde ihrer Cavalerie an dieſem mühevollen Tage, und den Muth, den die russischen Rekruten dadurch gewannen, daß sie eine französische Armee vor sich weichen sahen, den Hauptnachtheil.
Was aber Kutuſow vorzüglich beabsichtigt
hatte , das Aufreiben dieſer Armee , war durch die ungeeigneten Anordnungen ſeinerseits und die Beſonnenheit und Tapferkeit
232
des Gegners vereitelt. Kutusow begnügte sich, Platow dem Truppencorps des Königs von Neapel folgen zu lassen und vereinigte den Rest seines Heeres auf dem linken Ufer der Czerniszna , wo er es einen Biwack beziehen ließ. Die Generale Bagohufwut und Müller waren russischer Seits in dem Treffen gefallen. 4.
Sobald Napoleon am Nachmittage des 18. Nachricht
von dem Angriffe der Stellung des Corps des Königs von Neapel durch das russische Hauptheer erhalten hatte , gab er Befehl zum Aufbruche des ſeinigen von Moskau und zum Marsche desselben auf der alten Straße von Kaluga. Er selbst nimmt in der Nacht des 18. sein Hauptquartier an der dahinführenden Barriere Moskaus . - Marschall Ney ward noch vorher zum Prince de la Moskwa ernannt *) . 5. Marschall Mortier wurde von seinem Kaiser zur Vertheidigung Moskaus , während dieser mit dem Heere dem russischen entgegenzog , beauftragt und ihm dazu die Division Laborde der jungen Garde , die Brigade demontirter Cavaleriſten von 4000 Mann , welche General Charrière befehligte , und, benebst einigen Sapeurs und Artilleristen, ein Trupp von 500 Pferden überwiesen.
Hierbei ward ihm befohlen, sich besonders
im Kreml festzusehen ; auch sollte er die baldige Rückkehr des Kaisers nach Moskau der Einwohnerschaft bekannt (und glaubhaft) machen.
6. Mit Anbruch des Tages , am 19. marschirte hiernach das Heer auf der alten Straße von Kaluga vorwärts. Prinz Eugen mit dem 4. Armeecorps als Avantcorps ging voran ; auf ihn folgte Ney mit dem 3. , dann die Garde , hierauf Fürst Eckmühl mit den 2 Divisionen des 1. Armeecorps , die er um sich hatte. Die Division Roguet der jungen Garde, beauftragt, die Equipagen des großen Hauptquartiers , die Kriegskaffe , die Trophäen zu escortiren, folgte nun , und endlich die Arrieregarde , welche General Morand mit der 1. Division des 1. Armeecorps und der Gardebrigade leichter Reiterei
*) Deffenungeachtet ward er noch im ganzen Laufe des Feldzugs -Herzog von Elchingen genannt.
des General Colbert bildete.
233 Die Avantgarde lagerte den
19. zu Bjatutinka. 7. Napoleon verließ an demselben Morgen des 19. Octobers Moskau und nahm Abends sein Hauptquartier zu Troitskoe* ). 8. Die Stärke des Heeres , welches Napoleon in dieſem Zeitpunkte, einschließlich der zu Moskau befindlichen Abtheilung, gegen das ruſſiſche Hauptheer zu verwenden hatte, betrug (nach den von Chambray gegebenen Daten) 104,000 Mann an Infanterie und Cavalerie mit dazu gehöriger Artillerie, und zwar : Infanterie etwa 89,70 Mann , Cavalerie 14,300 Mann (nach dem Verluste bei Winkowo) , - ungerechnet die Truppen der Gendarmerie , des großen Hauptquartiers , des Hauptartillerieparks , des Geniecorps , der Militär - Equipagen und der Feldlazarethe , die sich zusammen auf 12,000 Mann beLaufen mochten. 9. Napoleons Hoffnungen, dem russischen Heere obzufiegen, konnten fast allein nur auf seiner vortrefflichen Infanterie beruhen ; die Artillerie war zwar , was die Mannſchaft anbetraf, nicht minder gut und von dem Gefühle ihrer Ueberlegenheit
erfüllt , aber die Bespannung zu schlecht , um nicht
vorauszusehen, wie sehr ihre Wirksamkeit dadurch gelähmt sein würde. Die Cavalerie, etwa mit Ausnahme der Garden, hatte das Gefühl ihrer Ueberlegenheit verloren , da ihre Pferde zu sehr heruntergekommen waren. Uebrigens war das Heer mit einer solchen Menge den Marsch hemmender Fuhrwerke beschwert ** ) , daß es , wollte es sie nicht im Stiche lassen , sich nur mit der äußersten Langsamkeit bewegen konnte. 10. Die ungeheure Beute , welche man in Moskau gemacht, trug jezt , wo Alles mit einem Male zum Rückzuge aufbrach, ihre bittern Früchte : denn kein Wagen ließ sich durch
*) Mit diesem Hauptquartier ging das heffiſche Generalcommando von Moskau ab. **) Chambray gibt an : 607 Geschüße , 2455 Artilleriewagen, 5000 Bagage- und Lebensmittelwagen , wozu noch die Reisewagen , Martetenderfuhrwerke (welche keineswegs mit Lebensmitteln, sondern mit Beute beladen waren) und jene der sich aus Moskau flüchtenden und mit der Armee abziehenden Familien kamen.
234 die Erklärung des Kaiſers , man werde nach Moskau zurückkehren , sobald das russische Heer geschlagen und entfernt sei, daselbst zurückhalten und alle diese Fuhrwerke waren nicht etwa, selbst wenn sie dazu bestimmt, mit Lebensmitteln auf 6 Wochen, sondern größtentheils mit jener Beute beladen , die zugleich in dem Mantelsacke des Reiters deffen mattes Pferd niederdrückte und im Torniſter der Fußgänger deren Bruft und Schultern beengte. -- Der Kaiser ergriff nicht die strengen Maßregeln, welche die Vorsorge für ſein Heer, um es beweglicher zu machen, nothwendiger Weise erfordert hätte ; vielleicht auch weil er glauben mochte, daß sich doch wohl die ganze Beute, der Lohn der Anstrengungen seiner Soldaten , bis Smolensk werde zurückbringen laſſen , und gewiß war , daß vom geringsten Befehlshaber bis zum höchsten, vom Corporal bis zum Marschall Niemand ernstlich Hand zur Ausführung der dahin abzielenden Befehle anlegen werde oder auch nur irgend Jemand den kleinſten Theil der Beute aus eignem Ermessen würde aufgeben wollen *). Für vernünftig genug mußte er so kriegsgewöhnte Leute wie die ſeinigen erachten, daß sie seine Mahnungen und Befehle , sich auf 6 Wochen mit Lebensmitteln zu versehen, nicht würden unbeachtet gelaſſen haben, da Niemand war, dem der Mangel , welchem man auf dem Rückzuge ausgesezt sein. konnte, nicht in die Augen sprang. ------ Nur zur Fortschaffung der Kranken , soweit sie nur irgend transportabel waren , bot der Kaiser Alles auf und machte es zu einem Ehrenpunkte, Keinen , der fortzubringen war , zurückzulassen.
Auch blieben
überhaupt nur etwa 1200 in Moskau zurück. 11. Der Vicefönig Eugen marschirte mit seinem Armeecorps am 20. von Krasnoë-Pakra , wo es übernachtet hatte,
*) Da auch nicht dazu gethan wurde , daß alles der Armee ab. folut nothwendige Fuhrwerk auf der kürzesten oder Hauptstraße nach Smolensk gewiesen und dazu allenfalls mit einer starken Escorte versehen wurde (weil der Kaiser die Ruffen wohl in dem Glauben erhalten wollte , daß er ohne den Frieden nicht aus dem Herzen des Staats weichen werde) : so mußte er insgeheim die Hoffnung nähren , daß [Das im Tert ihn Ereignisse von dem Hemmniß befreien würden. Gesagte bestätigt vollkommen eine lefenswerthe Stelle des „ Buchs vom Jahr 1812" Bd . II. S. 370. Zusaß d . Herausg.]
235 gegen Fominskoë , auf der neuen Straße nach Kaluga, wo sich schon eine Division (Brouſſier) und die leichte Cavalerie feines Armeecorps befand (f. XLVIII. 6). - Marschall Ney bewirkte ſeine Verbindung mit dem König von Neapel , der noch seine Stellung hinter der Mocza (bei Woronowo) behauptete ; Poniatowski mit dem 5. Armeecorps verließ ihn dagegen und bewegte sich rechts rückwärts, um zu dem Vicekönig zu stoßen. Das Hauptquartier des Kaiſers blieb zu Troitskoë. 12. Marschall Mortier erhielt Befehl , in der Nacht vom 22. auf den 23. October Moskau zu verlassen und über Kubinskoë (wo er den 24. ) auf Wereja (wo er den 25. eintreffen ſollte) zu marſchiren.
Vor ſeinem Abzuge sollte er den Kreml
ſprengen 2c.; „ er könne als die Arrieregarde des Heeres betrachtet werden." 13. Der russische General von Winzingerode, der sich am 22. , unvorsichtig recognoszirend , in die Stadt Moskau wagte, ward darin gefangen *). Sein Corps mußte hierauf General Graf St. Priest übernehmen. 14. Marschall Mortier (f. 12.) in Moskau sprengte den 23. October Morgens früh 2 Uhr den Kreml und nahm noch bei seinem Abzuge , was nur irgend möglich , von den Schwerfranken mit , so daß (nach Vaudoncourt) der ruſſiſche General Jowaiski bei seinem Einrücken desselben Tages in Moskau nur noch etwa 650 derselben vorfand ** ) .
*) Der Verf. des „ Buchs vom Jahr 1812″ Bd . III. S. 40. verfichert (gegen Segür's Lügen) felber Winzingerode sagen gehört zu haben: ,,Er habe sich über den Empfang beim Kaiſer , wie über die ihm widerfahrene Behandlung als Gefangener durchaus nicht zu beflagen." Buf. d. Herausg. **) Ein Theil dieser Kranken , welche die Ruffen nach Twer fortschaffen wollten , ging durch die Kälte und die russischen Bauern, welche fie zu transportiren hatten , elend zu Grunde. [ Der Verf. des „ Buchs vom Jahr 1812" Bd. III . S. 39. behauptet : etwa 1200 in Moskau zurückgelassene Kranke seien dort , obgleich der Großmuth des Feindes empfohlen , vom Pöbel ermordet worden. Zuf. d . Herausg.]
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236
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Einundfunfzigstes Kapitel. Bewegung des Heeres von Wittgenstein und des Corps von Steinheil ruffischer Seits ; dann des 2. , 6. und 9. französischen Armeecorps in der leßten Decade des Octobers. 1.
Nachdem General Merlé am 20. October Pologk ge-
genüber , Wrede bei Rudnia an der Uszacz , stehen geblieben war (f. XLIX. 5 , 6.) , wurde am 21. der Rückzug in drei Richtungen angetreten : Wrede ging mit dem 6. Armeecorps , das bis auf 2000 Mann heruntergekommen war , und der Brigade leichter Reiter des Generals Corbineau vom 2. Armeecorps aufs linke Ufer der Uszacz über , die Deckung Wilnas gegen das Corps von Steinheil im Auge habend , ohne die erſten Tage sich viel von der Uszacz zu entfernen, oder die Verbindung Die Division Legrand mit dem 2. Armeecorps aufzugeben. vom 2. Armeecorps bewegte sich in der Richtung von Beszenkowiczi. Die Divisionen Merlé, Maiſon und die Cüraſſierdiviſion Doumerc gingen erst an der Uszacz hinauf, dann über Lepel nach Czasniki hinter die Ula : welche Bewegungen oder jene der legterwähnten drei Divisionen (unter Merlés Befehlen) mit den Bewegungen des 9. Armeecorps combinirt waren. 2. Der russische General Wittgenstein ging den 21. Detober über die Düna , verband sich mit Steinheils Corps und brach dann zur Verfolgung * ) des 2. Armeecorps auf.
Eine
Abtheilung schickte er der Division Legrand die Düna aufwärts nach, und eine zweite , von General Wlastow befehligt , die Düna abwärts. Legtere sollte sich überzeugen : ob von Macdonalds Armeecorps wirklich nichts zu beſorgen ſei — (was allerdings Wittgenstein kaum glaublich sein konnte) — und in dieſem
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Falle sich dann gegen Wilna hinwenden, ſowohl um deſſen Besagung als das (kleine) Corps von Wrede zu beobachten. 3. Als Wrede (wie er berichtet) am 21. Abends zu Rudnia die überraschende Nachricht erhalten hatte, daß Wittgenstein die Düna bei Pologk passirt (das 2. Armeecorps also Raum
*) Es war dieß mehr ein , durchaus nicht beunruhigendes Nachfolgen ; auch zog sich Merlé mit aller Langſamkeit zurück.
237 gegeben) habe, zog er sich ohne Weiteres mit den unter seinem Befehl stehenden Truppen aufs linke Ufer der Uszacz und dann sofort über Wetern nach Arekowa - wie er an Marschall St. Cyr berichtete
(zu berichten fortfuhr) „ um die Vereinigung des Corps von Steinheil mit Wittgenstein zu hindern “ (ſoweit er's vermöchte *)) , dann zur Deckung der nach Wilna führenden Straße , - was St. Cyr
fehr billigte. 4. Am 23. zog sich auch Wrede bereits von Arekowa weiter nach Babiniczi zurück, und dieß in der Vermuthung (denn das 2. und 6. Armeecorps schienen sich seit ihrer Trennung auch nicht mehr um einander bekümmern zu wollen, da sie sich nicht mehr gegenseitig Nachricht gaben) , daß das 2. Armeecorps wenigstens die Verbindung über Uszacz mit ihm zu erhalten suchen werde, nach welcher Stadt er darum auch seine Zwölfpfünder-Batterie zurückschickte. Diese fand nun aber hier die Brücke über den Fluß abgebrochen : was die Veranlassung wurde , daß diese Batterie der ruſſiſchen Cavalerie in die Hände fiel.
Ebenso fiel auch ein Wagen in ihre Hände , worin sich
22 Fahnen der bairischen Infanterie befanden, die man zurückschicken wollte , weil die Brigaden in schwache Bataillone zusammengeschrumpft waren. Wrede ging nun in der Nacht vom 24. auf den 25. October über Zwonia (wo er die Division Maiſon und den Befehl fand auf die Deckung Wilnas ganz besonders sein Augenmerk zu richten) nach Puichna , des Vorsages , Glubokoë zu gewinnen. 5. Am 26. ging Wrede nebst der Cavaleriebrigade Corbineau über Mal-Doltſui nach Sloboda , von wo er folgenden Tages Glubokoë zu erreichen hoffte.
Inzwischen erfuhr er,
daß General Vivier , Commandant daselbst, sich schon von da
*) Steinheil war allerdings am 20. nach Disna zurückgeworfen, aber die Kräfte , die dieß bewirkt hatten , ftanden Wrede nicht mehr zu Gebot ; obgleich jener es noch nicht wiffen und Wredes Stellung zu Arekowa ihm darum allerdings so bedrohlich erscheinen mußte , daß er vielleicht nicht wagen durfte, den directen Weg am linken Dünaufer hinauf einzuhalten und verleitet werden konnte, die Verbindung auf dem rechten zu suchen. (Etwas Anderes konnte wohl Wrede nicht meinen oder beabsichtigen.)
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zurückgezogen und die Magazine verbrannt habe, und ſo ging er den 28. über Dokszizi und Boïare und traf den 29. zu Danielowiczi ein, wo er vorläufig Stellung nahm.
Hier fand
er einen großen Theil seines Artillerieparks , ſowie mehrere bairischen von Glubokoë kommenden Detaſchements, die er dem Rest des 6. Armeecorps einverleibte und dadurch, mit Einſchluß der leichten Cavalerie des Generals Corbineau, wieder 4000 Streitbare unter Commando erhielt.
Bei dem Rückzuge jener
Detaſchements mußten zu Pliſſa 51 Wagen des bairiſchen Corps aus Mangel an Bespannung verbrannt werden , die die Armatur c. der seither dem Armeecorps abgegangenen Mannschaft enthielten. Ueberhaupt erlitten die Baiern diese Tage her hinsichtlich ihres Materials große Verluste : Depots , Reserveparks , Batterieen , Kassen 2c. gingen
verloren oder mußten geopfert
werden , weil der anfängliche Befehl , daß das 6. mit dem 2. Armeecorps sich in Verbindung zu erhalten habe , es von der directen Communication mit Wilna zu lange entfernt hielt ; dann , weil schon früherhin das , bei der großen Verminderung an Mannſchaft , überflüssig gewordene Material nicht gänzlich auf Wilna oder bis an den Njemen zurückgeschickt, ja zum Theil gänzlich nach Haus gegangen war. 6. General Wrede verlangte nun von Maret, Herzog von
Baſſano, zu Wilna nur 3000–4000 Mann, und darunter 500 Mann gute Cavalerie zur Verſtärkung , um sogleich wieder die Offensive zu ergreifen und dem verbundenen Corps Wittgensteins und Steinheils in den Rücken zu gehen und dadurch die Operationen des 2. und beziehungsweise 9. Armeecorps gegen sie zu erleichtern *) .
*) Eine solche Operation hätte allerdings von sehr großer Bedeutung werden können , wenn auch Marschall Macdonald angewiesen worden wäre , wenigstens 8000 Mann von seinem Armeecorps ( worunter Cavalerie) dazu floßen zu laſſen , oder noch beffer selbst mit dem geſammten preußischen Truppencorps dazu zu ftoßen und das Commando zu übernehmen. Die Division Grandjean würde vor Riga zugelangt haben. - Hier zeigte sich, daß ein Soldat als Stellvertreter Napoleons und mit seiner ganzen Gewalt versehen in Wilna fehlte - - (was wohl nur der Vicekönig hätte ſein können). Wittgenstein würde dann raſch über die Düna zurückgeschlagen worden und Alles anders gegangen ſein.
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Zweiundfunfzigstes Kapitel. Bewegungen des franzöfifchen Hauptheeres bis zum 25. October einschließlich gegen Kutuſow in der Richtung von Kaluga. - Treffen von Malojaroslaweß. - Stellung der gegnerischen Heere nach dem selben. - Befehle des Kaiſers an die Plaßcommandanten auf der Hauptstraße in Beziehung auf den eventuellen Rückzug des Heeres, und Entschlüsse deffelben. 1. Napoleons Hauptquartier kam den 21. nach Ploskowo (das Bülletin sagt Ignatiew). Der Vicekönig erreicht Fominskoë , wo er mit dem 4. Armeecorps eine Stellung hinter der Nara nimmt. Die Garden , Fürst Eckmühl (zu welchem an diesem Tage wieder die Divisionen Frederic und Dufour, die 4. und 5., stießen) , endlich die Division Roguet der jungen Garde folgten dem 4. Armeecorps. -- Der König von Neapel mit dem Marschall Ney blieb noch hinter der Mocza , der General Morand mit der Arrieregarde- Division (der 1.) hinter der Desna stehen. 2. Den 22. kam Napoleons Hauptquartier nach Fominskoë. Das 4. Armeecorps passirte die Nara und nahm jenseits eine Stellung , wobei die Divisionen Broussier und Delzons über Masikowa vorgeschoben wurden und die leichte Cavalerie bis Katowo. 3. Poniatowski wurde deſſelben Tages befehligt, auf Wereja zu gehen , die Ruffen aus dieser Stadt (die sie seit dem 10. in Besiz hatten) zu verjagen und sich mit Moszaisk in Verbindung zu sezen : was er sogleich bewerkstelligte . ―― Der König von Neapel wurde zum Kaiser berufen und marschirte mit dreien der Cavalerie-Reservecorps nach Fominskoë ab. — Marschall Ney verblieb mit seinem Armeecorps , mit der Division Claparede und einem Cavalerie-Reservecorps (jenem von LatourMaubourg), dann der leichten Cavalerie des 1. Corps allein auf der alten Kalugastraße hinter der Mocza. General Morand marschirte noch am Abend (f. 1. ) hinter der Desna ab , um zum Fürsten Eckmühl zu stoßen , der dadurch seine 5 Divifionen endlich wieder zusammen hatte. 4. Marschall Ney verließ am 23. seine Stellung (ſ. 3.), -um sich auf Fominskoë zurückzuziehen — (ſo daß jezt die Mar-
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schälle Ney und Mortier (f. L. 12. ) , ersterer zunächst am feindlichen Heer , die Arrieregarde machen). 5. Dem General Teste , Commandanten zu Wfäsma, ließ der Kaiser, am 23., durch den Major- General befehlen : er solle den General Evers , welcher mit 3000 bis 4000 Mann Infanterie, Cavalerie und Artillerie , in Marschregimenter formirt, jegt daselbst eintreffen müßte , auf Juchnow (an der Ugra) dirigiren , von wo dann derselbe Posten bis nach Znamenskoë vorstoßen und Sofsowa , Trofimowa und Andriewka mit Playcommandanten besegen solle , die er anzuweisen habe , sich daſelbſt in Häusern c. einen festen Posten zum Schuge gegen die Kosacken und Bauern zu bereiten. Ferner solle General Teste Nachricht nach Smolensk geben, die Hauptarmee dirigire ſich auf Kaluga und werde ihre Operations- (Rückzugs-) Linie auf Jelnia (Jelina , zufolge der Schrift auf den Werftenzeigern) nehmen 2c. *). 6. Zugleich ward Poniatowski zu Wereja zu wiſſen gethan, daß, wenn er eine (Rückwärts- ) Bewegung zu machen befehligt werde , er nichts zurücklassen , seine Kranken aber nicht etwa auf Moszaisk schicken , sondern mit sich nehmen solle , „da die Hauptstraße **) ohnehin ſchon (mit Fuhrwerk aller Art) mehr als zu viel angefüllt sei.“ (Poniatowski schob eine Avantgarde auf der Straße von Medyn vor.)
Junot, Herzog
von Abrantes , in Moszaisk ward Nachricht gegeben, ſich bereit zu halten , mit Allem, was daselbst befindlich, nach Wjäsma abzugehen. 7. Napoleon , durch das Feststehen Kutusows bei Tarutino hoffend , daß er noch vor ihm Kaluga werde erreichen können,
*) Napoleon hatte andeuten laſſen , daß er zwischen dem 25. und 27. October mit dem Heere zu Znamenskoë (an der Tecza) eintreffen und sich über Juchnow dirigiren werde , - was er auch immer gekonnt haben würde, gleichviel ob er Kaluga erreichte oder nicht. Höhere Rückfichten (besonders wohl die Detaſchirung Platows nach dem Treffen von Malojaroslaweg mit viel Cavalerie auf Medyn , und der unverkennbare Entschluß Kutuſows fich durch nichts abhalten zu laſſen , dem rückzie, henden franzöfifchen Heere auf dem Halfe zu bleiben) mochten die Aenderung veranlaßt haben. **) (Die er also keinesfalls einhalten sollte.)
241 sezte sein Heer dahin in Bewegung, in der Art staffelförmig geordnet wie bisher. Eugen , mit dem 4. Armeecorps voran, Stunde weiterhin (gegen ging über Borowsk und lagerte Gorodnia) mit drei seiner Divisionen ; die vierte , Delzons, segte den Marsch bis an die Lusza fort, deren Brücke zwar das dort stehende Kosacken - Detaſchement durchhauen , die aber Delzons sogleich wieder herstellen ließ , worauf er noch am Abend das jenseits (auf dem hohen Ufer) liegende Malojaroslaweg mit 2 Bataillons beſegte. -◄ Napoleon nahm sein Hauptquartier (dieſen 23.) in Borowsk. 8. Kutusow, der wieder sein verschanztes Lager bei Tarutino bezogen hatte, war am 23. Morgens noch über die Bewegungen des französischen Heeres ungewiß. Auf die Nachricht, daß Borowsk von dieſem besegt worden sei , befahl er aber Doctorow, den er dahinwärts geschickt , aufs Eiligste Malojaroslaweh zu gewinnen und brach selbst mit dem ganzen Heere auf den bei den Querstraßen über Spaskoë und Federowskoë mit möglichster Eile dahin auf. 9. Der russische General Doctorow traf mit Anbruch des Tages am 24. vor Malojaroslaweg ein und griff sogleich die beiden französischen Bataillone in dieser Stadt an, die er sofort bis an die Brücke über die Lusza zurückzuweichen zwang. Ge neral Delzons , hiervon benachrichtigt , stürzte mit ſeiner Division herbei und trieb die Ruſſen bis in den oberen Theil der Stadt zurück; dieses aber konnte er sich nicht völlig bemächtigen.
Prinz Eugen ließ auf die Meldung sein Armeecorps aufs Eiligste zur Unterſtügung der Diviſion Delzons heranrücken und sprengte selbst voraus. Bald nach seiner Ankunft wurde Delzons tödtlich bleſſirt und der Chef des Generalstabs des Vicekönigs, Brigadegeneral Guilleminot, übernahm das Commando der Division. Um sich trog des Nachtheiles der Stellung derselben in der Stadt behaupten zu können, ließ dieser sogleich durch Grenadier - Compagnieen eine Kirche und zwei steinerne Häuser beſegen und befahl , daß sie sich hier halten sollten, wenngleich die ganze Division weichen müßte. Diese Maßregel bewährte sich. Sobald die Russen über die drei Posten hinaus vorgedrungen waren und sie sich im Rücken von ihnen beschossen fanden, wichen sie wieder und die zurückgedrängten Truppen Röder, Kriegszug. 16
242 gewannen die verlorne Bodenstrecke abermals .
So gelang es,
daß man sich in der Stadt bis zur Ankunft der Hauptmacht des 4. Armeecorps zu halten vermochte. 10. Um 10
Uhr Vormittags konnte endlich die vorderste
Division Broussier der bedrängten von Delzons Hülfe gewähren. Zu derselben Zeit erschien aber auch die Vorhut des russischen Hauptheeres und unterſtügte die Truppen Doctorows. Das Gefecht entbrannte heftiger. Napoleon , der um die Mittagszeit bei Malojaroslaweg eingetroffen war und diesseits der Lusza auf einem Hügel hielt , konnte vollkommen den Anmarsch des russischen Heeres bemerken , ---- dessen so baldiges Herankommen er nicht erwartet zu haben schien. Den beiden Divisionen in der Stadt ward nun noch die italienische Diviſion Pino und bald darauf auch die italieniſche Garde zu Hülfe gesandt. Jegt erst gelang es , die Russen ganz aus der Stadt zu schlagen und sich auf dem Kamme der Höhe (s. Plan VIII) festzusehen. Jegt erst konnte man auch die Artillerie hinüberschicken und sie fand Entwicklungsraum , um auf dem Plateau die Artillerie der Ruſſen, die (ihren Berichten zufolge) 100 Geſchüge daſelbſt (besonders in drei großen Batterieen) in Thätigkeit hatten, zu bekämpfen. - Der Kaiser ließ nun auch die vom 1. Armeecorps herangekommene Division Gérard auf einer, oberhalb der stehenden ,
geschlagenen Bockbrücke übergehen und befahl
ihr , sich rechts von Malojaroslaweh bis zum Gehölze von Terentiewa auszudehnen ; ebenso schickte er links von der Stadt die Division Dufour (sonst Compans) und unterstügte den rechten Flügel Gérards durch eine Batterie von einer Höhe des linken Ufers der Lusza ; sowie er denn auch beim nächsten Dörflein , Stunden unterhalb der Stadt, Truppen übergehen und sie Stellung hinter demselben nehmen ließ (zum Theil von Buschwerk verborgen) , — wodurch er , benöthigten Falls , den erforderlichen Entwicklungsraum für sein Heer fand und seine Stellung für das angreifende russische bedrohlich wurde. Der Tag neigte sich und mit zunehmendem Abend nahm das Gefecht allmählich ab. Die Franzosen waren völlig Herrn der Stellung geworden und Sieger in dieſem blutigen Gefecht geblieben. Die russischen Berichte geben ihren eignen Verlust zu 8000 Mann, jenen der Franzosen zu 5000 Mann an. - Russischer
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Seits sollen nur 20,000 Mann , französischer Seits 15,000 16,000 Mann ins Feuer gekommen sein. Die Ruſſen verloren den General Doctorow , welcher blieb , die Franzosen den General Levié. 11. Kutusow zog sich mit dem Hauptheer eine starke Stunde vom Schlachtfeld und nahm für die Nacht hinter dem kleinen Bach Korisza Stellung . Seine Vorposten blieben auf einen Kanonenschuß von den französischen aufgestellt , und eine starke zu ihrer Aufnahme bereite Arrieregarde unter Miloradowitsch. Als die Nacht völlig hereingebrochen war , kehrte Napoleon mit seinem Gefolge , in Begleitung der Garde , nach Gorodnia zurück , wo er in einem elenden Bauernhauſe übernachtete. Das 4. und 1. Armeecorps verblieb auf dem Schlachtfelde. 12. Am 25. zog sich Kutusow , unter Hinterlassung der erwähnten Nachhut, und ohne etwas in der Stellung der Vorpoſten zu ändern , 5 Stunden mit der Hauptmacht des Heeres zurück , das er nun bei Gonczarewo , eine Stunde vorwärts des Punktes , wo die Straßen von Malojaroslawez , Kaluga und Juchnow zusammentreffen , Stellung nehmen und sich verschanzen ließ. Platow war von ihm noch in der Nacht vom 24. auf den 25. October mit einem starken Corps regulirter Cavalerie und Kosacken nach Medyn gesandt worden , sowohl um Poniatowskis Vorhut, die im Anzuge war , als dem französischen Hauptheere zu begegnen , wenn es sich etwa in dieſer Richtung und auf die linke Flanke des russischen hin bewegen ſollte. 13. Napoleon , der nach den ihm zugegangenen Meldungen glauben mußte , daß das russische Hauptheer noch unverrückt vor dem ſeinigen bei Malojaroslaweg stehe , brach ſchon mit Tagesanbruch dahin auf, nur von der dienstthuenden GardeSchwadron begleitet.
Kaum eine halbe Stunde vor Gorodnia
brach indeſſen plöglich ein Kosackenschwarm , der in der Nacht unter General Kaissarow über die Lusza gegangen war, hervor und der Kaiser konnte sich nur durch rasche Umkehr nach Gorodnia, während des aufopfernden Entgegenwerfens seines Gefolges (worunter auch sein Adjutant , Graf Rapp,) retten. Das Erscheinen der übrigen Garde - Cavalerie vom Dorfe her mußte indeſſen jenen Koſackenschwarm bald zum Umwenden beſtimmen; 16 *
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doch stürzte er sich noch desselben Morgens auf einen Zug Geſchüßes und nahm 11 Stücke davon. Auch ein anderer bis Borowsk vorgegangener und mit Geschüß versehener Kosackentrupp allarmirte nicht nur jene Stadt , sondern machte auch verschiedene Hurrah auf der von da nach Gorodnia führenden Straße *). Hierbei fielen ihnen unter andern die Fourgons des Generals Sanſon und damit die Arbeiten des topographischen Büreaus in die Hände. 14. Napoleon brach um 10 Uhr Morgens abermals von Gorodnia nach Malojaroslaweg auf und recognoszirte den ganzen Nachmittag daselbst. Alles blieb indessen von seiner Seite dort unverändert.
Eugen hatte mit dem 4. Armeecorps
die Stadt und das Thal der Lusza inne ; der Fürst Eckmühl biwackirte mit dem 1. Armeecorps und dem 2. Corps ReserveCavalerie vorwärts der Stadt. Die Garde und die zwei andern Reserve - Cavaleriecorps befanden sich zwischen Gorodnia und Malojaroslaweg in Reserve.
Man erwartete die Schlacht
und war in Verfassung ; jedenfalls glaubte man , daß sie nur auf den 26. verschoben bliebe , weil der Kaiser erst alle verfügbaren Kräfte dazu zuſammenziehen wollte **).
Es scheint
aber, daß er sie nicht ſuchen , sondern, wenn anders die Ruſſen wichen , fie vermeiden wollte , obgleich er sich des Sieges versichert halten durfte ; auch wohl darüber nicht zweifelhaft war und durch das Treffen vom 24. eine unzweideutige Probe erhalten hatte.
Vielleicht aber urtheilte er , daß der ruſſiſche
Feldherr bei seiner außerordentlichen Ueberlegenheit an Cavalerie, die ihm nichts zu rauben vermochte, auch geschlagen,
*) ,,Darunter eines kurz vorher , als unser Generalcommandeur Prinz Emil mit seinem Gefolge paffirte." (Tagebuch des beffischen Generalcommandos.) **) Napoleon dürfte für eine Schlacht am 25. höchftens 64,000 Mann haben zusammenbringen können (das 3. Armeecorps konnte schon vor dem 26. nicht mehr herankommen) , unter denen höchftens 10,000 Mann Cavalerie , auf den 26. höchstens 10,000 Mann Infanterie mehr. Kutusow , wenn man seinen Verluft in dem Treffen vom 24. an Todten und Verwundeten zu 10,000 Mann annimmt , mußte doch immer noch 100,000 Mann stark ſein, worunter 30,000 Mann Cavalerie , oder, nach Abzug starker Detaſchirungen , doch 22,000 bis 24,000 Pferde.
245 doch immer noch Infanterie und Geschüß genug übrig behalten: müſſe , um dem französischen Heer auf seinem immer nöthig bleibenden Rückzuge alle Defilees zu verlegen , wenn es sich über Juchnow nach Jelina bewegen wollte; daß, bei diesen uns aufhörlichen Kämpfen des Avantcorps und den Anfällen der feindlichen Cavalerie von allen Seiten das französische Heer nicht ohne sich aufzulösen oder doch ohne die schwersten Verluſte an Menſchen , Einbuße der Artillerie , Bagage 2c. durchzukommen vermöge (auch wenn das Wetter das günstigste bliebe, was man durchaus nicht mehr erwarten konnte) , und so hatte der Kaiser denn beschlossen , sein Heer die große Straße über Wjäsma einhalten zu laſſen , ſobald es nur einige Tage Vorſprung vor dem ruſſiſchen gewinnen könne. Vielleicht , ja sehr wahrscheinlich , wurde von dem Kaiſer von• Wjäsma oder Dorogobusch aus , wenigstens für einen Theil des Heeres , ein nördlicherer Rückzugweg in Aussicht genommen, jedenfalls gehofft, daß die verschiedenen Truppentheile auf Lebensmittelvorräthe genugsam Bedacht genommen haben würden, um das mit bis Dorogobuſch auszulangen : von wo dann nördlich in einem minder erschöpften Landstrich sich wohl finden lassen werde, was man von Tag zu Tag für Menschen und Pferde nöthig In allen Fällen entging man dadurch täglichen Avantund Arrieregarde - Gefechten zugleich , die auf der südlichen Straße gar nicht ausbleiben konnten nach der gegenwärtigen Stellung des russischen Heeres , dem es alles Ernſtes daran
habe.
gelegen sein mußte, von dem Rückzuge des franzöſiſchen zu profitiren und es dabei bis zur Zernichtung zu bekämpfen. Der Probabilitäts-Calcül für die große Straße hatte offenbar überwogen. 15. Napoleons Heer dehnte sich von Moszaisk bis Malojaroslaweg aus. Jünot mit dem 8. Armeecorps hielt Moszaisk besegt. Mortier stand auf der Straße zwischen Kubinkoë und Wereja ; Poniatowski in Wereja mit einer starken Avantgarde zu Kremenskoë (an der Lusza) ; die Division Claparede zu Borowsk. Marschall Ney traf erst am 25. Nachmittags umi 3 Uhr mit dem 3. Armeecorps in der Stadt Borowsk ein *), *) - Nach würtembergischen Berichten , die hierin von Chambray abweichen.
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wo er verblieb. Die Artillerie- und Lebensmittel - Parks befanden sich theils hier, theils zu Gorodnia und Malojaroslaweg , der übrige Theil des Heeres (wie schon bei 14. bemerkt) in und bei lezterer Stadt.
Dreiundfunfzigstes Kapitel. Rückzug der franzöfifchen Hauptarmee von Malojaroslaweß nach Wjäsma in der Periode vom 26. bis Ende Octobers. Kutusows Maßregeln. 1. Mit Tagesanbruch am 26. October marschirte Napoleon mit seiner Garde und zwei Cavalerie-Reſervecorps nach Malojaroslawez , erhielt indessen, noch bevor er dahin gelangte, die Meldung vom Rückzuge der ruſſiſchen Vorposten auf der Straße nach Kaluga , worauf er sogleich Befehle zum Rückzug auf der großen Straße nach Moszaisk und so fort Wjäsma ertheilte. Seine Garde, und was mit ihm gekommen war, mußte auf der Stelle umwenden und sollte zu Borowsk übernachten . Eugen mit dem 4. Armeecorps ward ebendahin abzuziehen befehligt ; jedoch sollte er seine Bewegungen nach jenen des Marschalls Fürsten Eckmühl einrichten , der mit dem 1. Armeecorps , 1. und 3. Cavalerie-Reservecorps die Arrieregarde zu machen beauftragt wurde. Marschall Ney erhielt Befehl, mit allen Parks von Borowsk den 26. nach Wereja , den 27. nach Moszaist zu gehen. Poniatowski sollte mit dem 5. Armeecorps eine Stellung bei Jegorsewskoi nehmen, um den Marsch des Heeres zu decken. Mortier, der den 26. Abends zu Wereja ankommen sollte , sollte den 27. nach Moszaisk und so fort dann von da nach Wjäsma marschiren. Jünot sollte mit dem 8. Armeecorps sogleich nach dem Eintreffen Mortiers nach Wjäsma aufbrechen. General Evers, der sich auf dem Marsche gegen Juchnow befand ( LI. 5.) , erhielt Befehl nach Wjäsma zurückzukehren *).
(S. S. 250. Anm. ***.)
*) Faft ebenso wurde das großherzoglich beffische Leibregiment hinund hergeschoben ! Nämlich : nachdem 5 Compagnieen dieses Regiments am 12. October bei Wjäsma aufgebrochen waren ( 1. Bataillon, stark 12 Offiziere, 316 Soldaten, 26 Mittel- und Unterftab ; Marschcompagnie des 2. Bataillons : 2 Offiziere, 229 Soldaten, 5 Mittel- und Unterstab),
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2. Marschall Fürst Eckmühl ward angewiesen , zwei seiner Infanteriedivisionen in Malojaroslaweg , eine in Gorodnia zu laſſen , mit den zwei übrigen aber und den zwei CavalerieReservecorps den rückziehenden Gegner zu drängen ; sobald es jedoch Abend werde , eine Stellung so zu nehmen , daß sie ihm den unbemerkten Rückzug erleichtere und diesen sofort um 10 Uhr Abends anzutreten. Hiermit war der Befehl verbunden, Alles auf dem Rückzuge, was er von bewohnten Orten erreiche, zu verbrennen. 3. Der Kaiser verließ erst gegen Mittag den 26. den Biwack hinter der Lusza bei Malojaroslaweg , nachdem alle diese Rückzugs-Anordnungen getroffen waren, und nahm ſein Hauptquartier zu Borowsk. 4. Den 27. kam das kaiserliche Hauptquartier nach Wereja.
Fürst Eckmühl erreichte zwar mit seinen vordersten Diviſionen auch Wereja an diesem Tage, jene aber, die die Nachhut machten , gelangten erst den 28. hierher. Dieser Nachhut folgten bloß Kosacken. — Die Marschälle Ney und Mortier trafen zu Moszaisk ein*) ; Ney marſchirte den 28. nach Kologkoi. Platow griff den 27. die Avantgarde beziehungsweise Arrieregarde des 5. Armeecorps zwischen Kremenskoë und Medyn an
und am 20. eine Stunde jenseits Moszaisk auf das 2. Bataillon (das von Moskau mit einem Convoi Kranker kam) gestoßen , hierauf, mit ihm vereinigt, zurückgegangen waren , ward das Regiment , bis nach Gschatsk gekommen , abermals zum Vorrücken befehligt , und so bekam es , nochmals wieder in die Nähe von Moszaisk gelangt , am 29. aus dem kaiserlichen Hauptquartier dafelbft Befehl „ nur wieder nach Gſchatsk zurück zu marſchiren.“ Auf diesem Rückmarsche begegnete dann Se. Hoheit unser Generalcommandeur, Prinz Emil von Heffen, dem Regiment und machte es (den 31. ) mit seiner Bestimmung , daß es künftig nebft dem Leibgarderegiment eine Brigade in der jungen Garde , Divifion Laborde , unter Befehl Sr. H. des Prinzen Emil , bilden werde , bekannt; worauf es noch desselben Tags , 2 Werfte von Wjäsma, fich dem Biwack dieser Diviſion anschloß und den 1. November in dieser Stadt mit dem Leibgarderegiment fich zur Brigade-Infanterie vereinigte, die fortan bei der Divifion blieb. *) ,,Das Wetter ift superbe , seßt das Bülletin hinzu , und wird es noch acht Tage bleiben. " Indeffen trat schon am 27. Nachts Kälte ein , so schönen Sonnenschein man auch am Tage hatte , die den Soldaten peinlich wurde und den matten Pferden noch weniger zusagte.
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und warf sie zurück; Poniatowski zog sich nun , den 28. den Rückzug antretend , auf Querwegen gegen Gschatsk. -- Der Vicekönig befand sich den 27. zu Alferewa. 5. Den 28. kam Napoleons Hauptquartier über Moszaisk hinaus (vielleicht an oder in die Nähe der alten Stelle , wo es sich am 9. September befand , da die Garden biwackiren müſſen , das Bülletin für die Stelle keinen Namen weiß und von jenen bemerkt , daß sie am 29. früh „ noch vom Froft erstarrt" über das Schlachtfeld von Borodino marſchirten). Den 29. Abends traf der Kaiser zu Gſchatsk ein *). Der Marſchall Ney war mit dem 3. Armeecorps am 29. zu Drowino und kam den 30. nach Gschatsk ; der Vicekönig , der am 28. in einem Dorfe, eine Stunde hinter Borisow (wahrscheinlich Mitiewa), verblieben war , biwackirte mit dem 4. Armeecorps am 29. zu Uspenskoë , Krasnoë genannt , und am 30. (nach Labaume) zwischen Kologkoi und Prokafewo , bei einem Dorfe, eine halbe Stunde rechts der Straße. Am 31. erreichte er Gschatsk und sein Armeecorps biwackirte (ſ. 9.). 6. Alles was der Kaiser noch an Blessirten und Kranken zu Moszaisk und Kologkoi , dann in Gschatsk antraf, mußte sofort auf allen Fuhrwerken , die sich vorfanden, nach Wjäsma zurückgebracht werden (was leider , so gut es gemeint war, denselben unmöglich zum Heil gereichen konnte). 7. General Teste, Commandant zu Wjäsma, welcher zwar
Nachricht empfangen hatte , daß der Kaiser den 31. in dieſer Stadt eintreffen würde , aber über die Gegend , wo sich das Heer oder auch nur die Garde befinden dürfte , in völliger Unwissenheit gelassen , sonach im Zweifel war ob und was davon diesseits Teplucha kommen dürfte, glaubte jedenfalls dem Kaiser etwas entgegenschicken zu müſſen, um ſeinen Weg besser gegen Kosackenstreifen zu sichern **) , wenn er etwa nur mit geringem Gefolge seinen Garden nach Wjäsma voraneile. Es
*) Der Kaiser glaubte , daß sich das ruffiſche Hauptheer über Zuchnow auf Wjäsma dirigiren dürfte und eilte darum mit seinen Garden dahin. (Von Ermankowa konnte es aber auch die große Moskauftraße nach Smolensk bei Slawkowo erreichen.) **) ,,Pour faire jour à l'Empereur ," lautete der Befehl.
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erhalten deßhalb 200 Mann des großherzoglich hessischen Leibgarderegiments Befehl ,
unter
Anführung
des Majors von
Steinling liegigen großherzoglich hessischen Kriegsministers Zusag des Herausg. ] dem Kaiſer bis Teplucha entgegenzugehen, und dazu den 31. Morgens um 2 Uhr abzumarſchiren *) ; ſobald der Kaiser aber passirt oder sonst für seine Sicherheit durch die auf der Straße befindlichen Truppen des rückziehenden Heeres gesorgt sei , aufs Schnellste zurückzukommen.
Dieß De-
taſchement trifft nun, bis auf etwa 24 Stunden von Teplucha gekommen , auf das nach Wjäsma im Anzuge befindliche westphälische (8.) Armeecorps und kehrt hierauf wieder um **) . Auf diesem Rückmarsche (während jenes Armeecorps noch weit hinter ihm ist) wurde es , etwa eine Stunde von Wjäsma, von dem Kaiſer eingeholt , der sich von dessen Anführer über den Zweck der Sendung berichten läßt , und ſofort wieder einzurücken befiehlt : - was etwa um 5 Uhr Abends geschieht, während der Kaiser selbst bereits um 4 Uhr Abends in der Stadt eintraf. 8. Napoleon bezog eine Wohnung ( die früher die der großherzoglich hessischen Stabsoffiziere des Leibgarderegiments war, und die sie deßhalb geräumt hatten) in der Smolensker Vorstadt , unweit der Smolensker Barriere , dem Klostergarten gegenüber worin das Leibgarderegiment Hessen und ein Bataillon Polen (Litthauer) neuer Errichtung campirten (f. den Plan VII) . Da der Kaiser keine Garde bei sich hatte , so wurde Capitän Röder mit seiner bis auf 100 Mann der schönsten Leute des 1. Bataillons hessischer Leibgarde verstärkten Compagnie zur
*) Da deffetben Morgens ein Detaſchement Polen von 1 Offizier 20 Mann dem 5. Armeecorps Schlachtvieh von Wjäsma aus entgegenbringen follte , so schloß fich daffelbe jenem des Majors von Steinling an , und feßte dann , als dieses zurückkehrte , seinen Weg allein fort. **) Zuerst stieß der großherzogliche Major Prinz von Wittgenstein aus dem Gefolge Sr. H. des Prinzen Emil , voran nach Wjäsma gehend, auf das Detaſchement des Majors von Steinling und gab diesem Kunde von dem Anmarsche der Weftphalen u. f. w. , des (rückziehenden) Heeres , worauf dieser , als er sich selbst davon überzeugt hatte (die Westphalen , ruheten auf der nächsten Höhe), umwenden ließ.
250 Wache des Kaisers bestellt * ) . - (Se. Hoheit der Prinz Emil von Hessen mit seinem Stabe war eine Stunde vor dem Kaiser Am Abend trafen die Garden des Kaisers zu Pferd zu Wjäsma ein , gingen aber eilfertig auf der Smolensker Straße weiter ; ebenso ein Theil der Reſerve-Cavalerie. eingetroffen ** ).
Die Garde zu Fuß konnte Wjäsma nicht mehr erreichen ***). 9. Das französische Hauptheer hatte am 31. folgende Stellung : Die Corps von Mortier und Jünot biwackirten etwa 1 Stunde öftlich †) von Wjäsma ; die Cavalerie der Garde und die zwei Cavalerie - Reservecorps , welche der König von Neapel bei sich hatte , etwa 2 Stunden westlich dieser Stadt an der großen Straße. Marschall Ney stand bei Weliczewo (Horka nach den würtemberger Berichten) ; Poniatowskis (5.) Armeecorps eine Stunde östlich von Gschatsk ; des Vicekönigs (4.) Armeecorps etwas über eine Werfte östlich , da wo sonst Iwaszkowo stand.
Marschall Fürst Eckmühl befand sich
zu
Gridnewo. Lezterer war außerordentlich langsam zurückgegangen , um auch kein einziges Fahrzeug in die Hände von Platows Kosacken , die ihm mit reitendem Geſchüße nahe ge-
*) Hiervon wurden indeffen nur etwa 30 Mann unmittelbar als Wachen und Poften im Haus und Hausbezirk aufgestellt. Der Haupttrupp der Wache ftand der Front des Gebäudes auf etwa 50 Schritte rechtshin gegen die Smolensker Barriere (f. den Plan VII ). ― ,,Die Straßen in der Nähe der Wohnung des Kaisers waren schon von längerer Zeit her so barricadirt, daß nur ein Wagen zum Durchkommen Raum hatte. Ich suchte nun noch die Gartenſeite, soviel in der Geschwindigkeit möglich , zu sperren und sicherte fie durch kleine Wachpoften. " Tagebuch. Der erste Befehl den der Kaiser gab, war, daß man sogleich alle Kranken und Bleſfirten, die sich hier befänden oder noch ankämen, nach Smolensk fortbringen solle. **) Se. Hoheit bezog ein isolirtes Häuschen in der südwestlichen Vorstadt (Lomskaja Sloboda). ***) Auch sehr viele Wagen und Soldaten kamen noch in der Nacht nach Wjäsma , doch nicht über den Fluß herüber. Es waren General Evers Truppen , f. LVII. 1 . +) Nach Loßberg (Briefe in die Heimat S. 240) müßten beide Corps weftlich von Wjäsma biwackirt haben , was den aus meines Vaters Tagebuch genommenen Stellen (Kap. LVII. §. 3. ) und dem da, mit ganz übereinstimmenden ,,Buch vom Jahr 1812“, deſſen Verfaſſer ebenfalls westphälischer Offizier war , .widerspricht. Anm. d. Herausg.
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kommen waren * ) , fallen zu lassen.
Sie griffen darum auch
den 31. den Nachzug bei Kologkoi ohne Erfolg an. 10. Als Kutuſow den Abmarsch des französischen Heeres erfahren hatte , befahl er dem General Miloradowitsch , demfelben zur Seite zu bleiben; nur der Hettmann Platow allein, dem dazu noch die 26. Infanteriedivision , nebst den Abtheilungen der Generale Jlowaiski und Paskjewitsch gegeben wurden, sollte der Nachhut des feindlichen Heeres direct folgen. Die russische Hauptarmee wandte sich erst gegen Juchnow, verließ aber diese Richtung bei Preobraszenaja und schlug (vielleicht in der Vermuthung , Napoleon würde seinem Heer eine nördlich der Hauptstraße ziehende Rückzugrichtung anweiſen) den Weg gegen Moszaisk ein , worauf sie am 30. Kremenskoë erreichte. Am 31. October war das Hauptquartier Kutusows in Spaß, von wo aus er den bekannten Tagsbefehl an die ruſſiſche Armee erließ , und ihr jezt erst die feindliche Räumung Moskaus bekannt machte , sowie sie aufforderte , Rache für die daselbst von den Franzosen verübten Grausamkeiten zu nehmen.
11. General Miloradowitsch hatte zwei Infanteriecorps, das von Rajewski und von Dolgoruki (vormals Bagohufwut) und zwei Cavaleriecorps , das von Uwarow und Waffilczikow nebst Kosacken , unter seinem Befehl.
Das Gros seines Corps
erhielt die Direction über Jegoriewskoi , Dudino, Femenofskoë Coder Federowskoë) , unweit welches Ortes es über die Worja ging u. s. w. auf Glodowo gegen Wjäsma heranzog. 12. Die Hauptmasse der französischen Hauptarmee ſegte übrigens auf der großen Straße , welche seit dem 29. und 30.
*) ,,Man klagte beim 3. , 4. und 5. Armeecorps über die Langsamkeit des Rückzugs des 1. Armeecorps , als sie am Fortkommen aufhaltend , und erlaubte fich auch im Hauptquartier bittere Bemerkungen darüber : obgleich man hier doch wissen mußte , daß dieſe Langsamkeit fich bald in Raschheit verwandelt haben dürfte , wenn die Hemmniſſe nicht gefesselt hätten und der Wille des Kaisers, den Ruffen nichts zu überlaſſen (f. 12) . Verglichen indeffen mit der Eile, die die Cavalerie anwandte , vorwärts und der ruffifchen bei Slawkowo zuvorzukommen, mußte es mir doch auch auffallen , besonders da ich wußte , daß nichts zur Sperrung des Passes an der Ugra geschehen und General Evers nicht einmal Beobachtungstrupps hier gelaſſen hatte.“ Tagebuch.
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October alle Armeecorps gewonnen hatten *), mit großer Ordnung den Rückzug fort. Man brach früh Morgens auf, hielt Mittags einige Stunden an und bezog Abends das Lager (Biwack) . Man fand zu dieser Zeit noch ungedroschene Früchte, ja manchmal noch Hafer (in den von der Straße etwas entlegneren Dörfern).
Auf den schlechten Seitenwegen , die die
Corps bis zur Gewinnung der großen Straße zurückzulegen hatten, war jedoch, bei dem Mangel (und der schlechten Pflege) woran die Pferde schon in Moskau litten , die legte Kraft derselben, besonders der Zugpferde , daraufgegangen. Die würtemberger Artillerie mußte schon im Lager bei Borowsk (am 25.) den Reſervepark auflösen , 30 Munitionswagen zerstören, die Pferde den Kanonen vorspannen , und war doch schon, wegen deren Ermattung , am folgenden Tage genöthigt , zwei Doch hatte die würtemberger Zwölfpfünder stehen zu lassen. Artillerie, wegen strenger Aufsicht und zweckmäßiger Behandlung ihrer Pferde, sich noch die Transportmittel für ihre übrige Artillerie und die Hälfte ihrer Munitionswagen bis zum Einrücken in Wjäsma zu erhalten gewußt , während bei der französischen schon weit größere Zerrüttung eingetreten war. ,,Bei der Arrieregarde des Heeres mußte man , sowie sie über Moszaisk hinaus war , anfangen Pulverwagen in die Luft zu ſprengen , um sie nicht stehen und in Feindes Hand fallen zu laſſen, und von diesem Moment an täglich mehr Aufopferungen dieser Art machen , sogar Geschüße stehen lassen" sagt Chambray **)) . Die Bespannung der beiden großherzoglich hefſiſchen Sechspfünder und ihrer Munitionswagen, welche sich beim Leibregiment befanden , hatte zwar ebenfalls gelitten , doch waren
*) Am 30. October traf nämlich Poniatowski (f. 4.) mit dem 5. Armeecorps , das bisher füdlich der großen Straße zog und die Flanke der Hauptarmee deckte , auf dieser Straße ſelbſt ein. **) Der Kaiser wollte nicht , daß ein Theil der Artillerie aufgege= ben würde , um den andern um so gewiffer fortzubringen ; er ſprach fich darüber aus ,,,daß es entehrend für ein fiegreiches Heer sein würde 2c." Die Artilleriegenerale fuchten sich nun einigermaßen dadurch zu helfen , daß fie die Munition zur Hälfte aus den Wagen werfen ließen , wodurch man aber die großen , am Fortkommen hemmenden Wagenzüge nicht los wurde 2c.
253 die Pferde, durch die große Sorgfalt die man darauf verwandt (und die der Oberst des Regiments auf alle Weise unterſtügte) verhältnißmäßig gegen alle andere noch gut im Stande , als sie zu Wjäsma eintrafen.
Vierundfunfzigstes Kapitel. Eine Recognoszirung von Rückzugswegen nördlich und südlich der großen Straße auf Smolensk in der Strecke von Wjäsma bis Dorogobusch (vom 24. bis 29. October) durch die heffiſchen Truppen - zugleich Geleit des Colonel- General Baragay d’Hilliers bis Dorogobusch. 1. Nach aus dem Hauptquartier erhaltenen Befehlen beorderte am 24. October General Teste zu Wjäsma das hesfische Leibgarderegiment ein Detaſchement von vier Compagnieen, und nicht unter 300 Feuergewehren , zu geben , wozu noch 50 Pferde (20 französische Dragoner und 30 portugiesische Chasſeurs à cheval) ſtoßen sollten , dann einen Offizier auszuwählen, der unter Bedeckung desselben sowohl nördlich als südlich der großen Straße von Moskau nach Smolensk , nicht über drei Lieues von ihr entfernt, Rückzugswege bis nach Dorogobuſch *) aufſuchen , ſkizziren , beschreiben sollte , die für eine Armee oder größere Heerabtheilung zu paſſiren seien , und auch den Truppen (und Pferden) bei Nacht möglichst Unterkünfte, sowie auf den Tag Lebensmittel gewähren könnten .
Ein genauer Bericht,
sowohl was den einzuhaltenden Weg und dessen Beschaffenheit betreffe , als auch was darauf und in deſſen Nähe zu finden ſei, ſolle in französischer Sprache verfaßt und sobald das Detaſchement , das den 30. zurück ſein müſſe , eingerückt ſei , dem Commandanten (General Teste) zu Wjäsma übergeben werden , damit er ihn sogleich an den Major- General expediren könne.
Der General - Gouverneur , Colonel- General Baragay
d'Hilliers , nach Smolensk versezt , werde, bei der gegenwärtigen Unsicherheit der
Straße durch feindliche Streifen , die
Bedeckung des Detaſchements bis Dorogobusch benugen 2c.
*) Von wo zu gleichem Zwecke ein Detaſchement abging , um wetterhin gegen Smolensk Wege zu recognosziren.
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2. Es ward (statt eines geschlossenen Bataillons von vier Compagnieen) ein aus beiden Bataillons des Regiments zusammengesettes Detaſchement , jedoch in der Art beliebt , daß das 1. Bataillon zwei geſchloſſene und das 2. Bataillon ebenfalls zwei geschlossene Compagnieen * ) zu geben hatte, und das Commando dem ältesten Capitän zufiel , der zweite Capitän aber die Recognoszirung , Leitung und Führung des Ganzen übernehmen (nothfalls aber an der Spige seiner Compagnie kämpfen) sollte.
Legterer meldete sich hierzu bei dem
Com-
mandanten Wjäsmas und dem General- Gouverneur Baragay d'Hilliers. Der Trupp brach dann sofort nach seiner Anordnung auf und man nahm mit Genehmigung des Generals Baragay die Recognoszirung des nördlicheren , bekannteren und jedenfalls kürzeren Weges nach Dorogobuſch vor , da es dem General darum galt , so früh als möglich diese Stadt zu erreichen. Man ging nicht bis zur Brücke über die Wjäsma auf der Hauptstraße , sondern sogleich nordwestlich, den Fluß zur Linken behaltend , durch waldiges Terrain auf ein Dorf zu, das Krasnoë-Dzorno heißen mochte (da die schlechte Aussprache der Bewohner oder Mißverſtand nicht dafür bürgen läßt). 3. Der ferner eingehaltene Weg (indem man , nach der von Baragay hergeliehenen Karte, zwischen Trufanowo und Nowikowo die Wjäsma durch eine gute , zur Zeit nur einen Fuß Wasser habende Furt überschritt , bei der es auch eine ruinirte, aber in kurzer Zeit durch ein Paar Zimmerleute herzustellende Brücke gab , ward genommen über Dzipczukowa, Czelfanowa (welche Dörfer alle noch standen und in welch' legteren, wo man am 24. übernachtete, sich auch einige hübsche steinerne Gebäude fanden) , dann über Kakuszinja (Kanuszkino wo Nachtquartier am 25. gemacht ward nach der Karte)
*) ,,Die Anführung hätte nothwendig einem der beiden Majors zufallen müſſen, besonders da der ältefte Capitän dazu gar nicht geeigenschaftet war und mir , dem 2. Capitän , der die Recognoszirung zu machen hatte , zu viel oblag , um darauf die höchft nöthige Aufmerk» ſamkeit zu wenden , besonders da man in Verfassung gegen feindliche Cavalerie fein mußte , und wir einen hohen franzöfifchen General und Schuß bedürftige Cavalerie bei uns und zu verwenden hatten.“ Tagebuch.
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u. s. w. nach Malodilowa , wo sich eine Dnjeprbrücke finden ſollte, da die andere angegebene Dnjeprbrücke, die von Jwanskoje nach Gorodek die Communication bildete , zerstört war . Allein auch in Malodilowa ward etwas vorn an der Brücke zerbrochen gefunden , so daß ohne vorherige Ausbesserung die Wagen Baragays 2. nicht paſſiren konnten , weßhalb hier nicht weiter zu kommen war *) und das Detaſchement sich links ab und auf die große Straße wenden mußte, um Dorogobuſch zu erreichen : wo man dann auch Abends den 26. eintraf und Der Weg war, der erste Theil der Aufgabe gelöst war. bis auf die herzustellenden Brücken , vollkommen gut befunden worden und so, daß ein Theil des Heeres ihn benugen konnte ; nur durfte man nicht hoffen , hier noch genügend Lebensmittel zu finden , da von den Zügen , die auf der Hauptstraße ſtattfanden , beständig bis auf die Entfernung von zwei auch drei Stunden abgestreift und wegfourragirt wurde was zu finden war. Ungedroschene Körnerfrucht, in dünnen Garben auf dem Felde zusammengestellt, gab es jedoch noch in Menge, und wenn man den Weg in etwas größerer Entfernung von der großen Smolensker Straße genommen hätte , so würde man außer einem guten Wege an dem Dnjepr (über Mitino) auch noch Lebensmittel mancher Art gefunden haben.
(Bei der Kürze
der vorgeschriebenen Zeit und der Eile , die General Baragay d'Hilliers hatte, konnte ich, der mit der Recognoszirung Beauftragte, nicht selbst zusehen , sondern nur Unteroffiziere ** ) dazu abschicken und darüber ihre Meldung hören. ) 4. Baragay d'Hilliers ſchied hier von dem heſſiſchen Detaſchement und ging unter einer Bedeckung Mecklenburger den 27. weiter. Er erlaubte dem Capitän Röder , sich , Behufs der südlichen Recognoszirung, einen Auszug aus der großen ruſſi-
*) ,,Daß man von Seiten des Regiments commandos nicht den vier Compagnieen ihre Sapeurs mitgab (die man zum Ordonnanzdienst in Wjäsma behielt !), war ein Fehler , den wir an den berührten Orten, besonders zu Malodilowa (wo Baragay fich sehr verdrüßlich darüber zeigte) büßen mußten." Tagebuch. ** ) ,,Brauchbare Offiziere , die mehr als diese hätten leisten köns nen , waren außer den Capitäns oder als solche functionirenden , nicht vorhanden." Ebenda.
256 schen, ins Französische übertragenen Karte , die jedem General gegeben worden war , zu machen, und genehmigte , daß die Recognoszirung sich weiter als drei Lieues (und bis auf fünf) von der Hauptstraße entfernt halten durfte, der minderen Zerstörung der Ortschaften und Beraubung der Lebensmittel halber, wobei sie ihr Augenmerk vorzüglich auf die zunächst der Ugra von Jelnia (Jelina) herziehende Straße um so mehr zu richten habe , als dieſe wohl die Rückzugstraße für einen Theil des Heeres werden dürfte (und als dem Capitän Röder auch schon, wie er dem General die Versicherung ertheilen konnte , eine Zwischenstraße von Wjäsma über Buikowa nach Staroselje, bis wohin man von jener Stadt ſchon fourragirt hatte, vollkommen bekannt war) . Er schrieb darüber ſelbſt dem General Das Physische des Teste die Gründe der Abweichung. Generals Baragay d'Hilliers war übrigens durch Kränklichkeit sehr geschwächt und er, wie es schien , keineswegs mehr geeignet, das ihn zu Smolensk erwartende Commando einer starken Diviſion unter höchſt ſchwierigen Umständen zu übernehmen, das er jedoch eben dieser halber (wie er sagte) nicht ablehnen, sondern so lange führen wolle, als sein Körper aushalte *). 5. Capitän Röder dirigirte sich am 27. von Dorogobuſch, statt auf der Jelinastraße über Iftlenewo die Ugrastraße zu gewinnen, (da dieser Strich schon von jener Stadt aus erforscht war) über Woloczok auf Krukowa u. f. f. auf Spaja, wo das Detaſchement die Nacht verblieb ; dann den 28. (nachdem am Morgen die Cavalerie wegen ihrer Ercesse davon entfernt worden war **) , weil sie zerstörte , was so nothwendig für das
*) ,,Findet er nicht einen tüchtigen , sehr thätigen Adjutanten, so möchte es übel gehen ! " Tagebuch. ** ) „ Der Marschtrupp Cavalerie , der dem hessischen Detaſchement attaſchirt worden war , zumeist Portugiesen , machte gleich Anfangs nichts als Erzeffe, so daß ich General Baragay bat , fie zurückſchicken zu dürfen ; dieſer aber meinte , er wollte nur einige todtſchießen laſſen, so follte es sich wohl damit geben , und drohte mit fürchterlichem Ernft, selbst dem Offizier. Nun aber hielten sich die Portugiesen wieder für emanzipirt, da jener fort war, und zündeten troß meines ftrengen Verbots zum Spaße vor dem Abmarsche den Theil von Spaja an, der fie beherbergt hatte,
worauf ich das Detaſchement Cavalerie fortjagte
257 rückziehende Heer zu erhalten war , und die Portugiesen desfalls den Befehlen des französischen Offiziers durchaus nicht gehorchten , zog es auf guter Straße bis nach Spiridowa, immer den Thalrand auf der Höhe des linken Ufers der Ugra verfolgend. Hier fand sich noch überall an Körnern und Schweinen Ueberfluß und in den noch völlig unbeschädigten Dörfern, die auf diesem , schon vormals vom polnischen Armeecorps benugten Wege sich ziemlich zahlreich vorfanden, fehlte es auch nicht an Unterkünften bei den jest schon zum Biwackiren für Menschen und Pferde zu kalten Nächten ; kurz diese Straße war so gut, als man sie nur wünschen konnte ; man fand nicht einmal Sumpfstellen darauf in der Strecke , die wir zogen, und die
gra zur Seite , die , wenn sie schon mehre Durchgangsstellen hatte, doch einen guten Flankenschuß gewährte, war für ein rückziehendes Heer auch von Werth , weil die Kosacken sich nicht so leicht herüber wagen durften. Da man von Spiridowa aus Truppen auf der von Juchnow kommenden Straße im Anzuge bemerkte, welche nicht wohl für befreundete anzunehmen waren , und es dem Detaſchement an Cavalerie fehlte, um solches näher zu erkunden ; da man ferner schon in der Gegend von Sel(z) o mit Piken Berittene erblickt hatte , die dem Detaschement folgten und es zu beobachten schienen; so wollte Capitän Röder dasselbe den Weg an der Ugra nicht bis zu ſeinem Zuſammentreffen mit jenem von Juchnow verfolgen lassen , besonders da er nicht Gewißheit hatte, daß von unsrer Seite die Brücke über die Ugra gesperrt ſei, und ließ es darum den direct nach Ermankowa führenden Seitenweg einschlagen , wo es die Nacht mit aller Vorsicht verbrachte ; von wo man dann am 29. mit grauendem Tage abmarſchirte und mit raſchem Marsche , nachdem man zu Buikowa Mittag gemacht, noch Wjäsma bei guter Zeit erreichte *) . und drohte, auf es feuern zu lassen, wenn es nur bis auf Flintenschußweite uns nahe komme ; denn es wollte troßdem aus Furcht vor den Kofacken unter dem Schuße der Infanterie verbleiben 2c.“ Tagebuch. *) ,,General Tefte war mit dem Ergebniß der Recognoszirung fehr zufrieden , und drang sehr auf Beschleunigung meines schriftlichen Berichtes , da ich unterwegs nur Noten machen , aber nichts Zuſammenhängendes darüber ausarbeiten konnte. Ich saß die ganze Nacht Röder, Kriegszug. 17
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Hier erfuhr denn Capitän Röder von dem Commandanten, daß jene Truppen, die man jenseits der Ugra bei Snamenskoë erblickt hatte, vom Marschtrupp des Generals Evers und keine feindlichen waren *) .
Fünfundfünfzigstes Kapitel.
Bewegung des Marschalls Victor gegen Wittgenstein und Steinheil mit dem 9. und 2. (verbundenen) Armeecorps. Gefecht bei Czasniki. - Stellung Victors am 1. November. Witebsk betreffend. 1. Nachdem Marschall Victor die Nachricht von der nahen Vereinigung, des ruſſiſchen Corps von Steinheil mit der Armee Wittgensteins, ihrem Vorrücken gegen Pologk und der nach den blutigen Tagen vom 18. und 19. October erfolgten Räumung dieser Stadt (ſ. L.) durch die Truppen des Marschalls St. Cyr erfahren hatte, beorderte er die Division Daendels von Babinowiczi nach Witebsk, wo sie am 24. October eintraf und vier Bataillons nach Beszenkowiczi entsendete. Divisionen des 9. Armeecorps
Mit den übrigen
ging Marschall Victor ſelbſt
nach Sjenno vor und nahm am 25. daſelbſt ſein Hauptquartier. 2. Die Trennung des geringen Restes des 6. Armeecorps vom 2. (ſ. LI. 4. 5. ) und der nothwendig gewordene Rückzug des letteren bestimmten den Marschall Victor zur Vereinigung mit demselben , um Wittgenstein wo möglich wieder über die Düna zurückzuwerfen **) . Demgemäß erhielt General
daran ; man ließ mir aber nicht Zeit den Entwurf ins Reine zu schrei. ben, da der General ſchon (den 30. ) Morgens früh danach ſchickte. Oberft Follenius nahm meine Nachtarbeit , wie sie war , und schickte fie fort; ich behielt darum auch nichts davon übrig als einige Noten." Tageb. *) ,,General Evers war den 1. November mit seinem ganzen Trupp, der etwa 2400-2500 Mann ftark sein mochte , in Wjäsma wieder eingerückt: was mich , da nichts zur Sperrung der Communication an der Ugra zurückblieb , glauben machte , der Kaiser dürfte , schon von Bjäsma aus , den größten Theil seines Heeres den nördlichen Weg (etwa über Mitino) nach Sloboda ( am Wop) u. f. w. einhalten zu laffen beabsichtigen 2c. 2c." Ebenda. **) Diese Sache hätte dem Marschall keinen Augenblick zweifelhaft sein müssen - (wie fie es doch offenbar war) . Es erforderte dieß die Ehre der franzöfifchen Waffen ebensowohl als das wohlverstandene
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Daendels Befehl, seine Division jener (des 2. Armeecorps ) von Legrand nach Beszenkowiczi (ſ. LI. 1. ) entgegenzuführen , wo er , den 28. von Witebsk aufbrechend , auch den 29. eintraf. Das badische leichte Infanteriebataillon wurde sofort von ihm nach Butrowa an die Ula (Boczeikowo gegenüber) vorgeschoben, wo dasselbe die Division Legrand vorfand und sich mit ihr vereinigte.
Ein andres Bataillon , von den bergischen Truppen, war mit zwei Kanonen zur Verstärkung der Garniſon in Witebsk gelassen worden *). Am 29. October kam auch General Merle (provisorischer Commandeur des 2. Armeecorps) mit seiner und der Infanteriedivision Maison , sowie mit den Cürassieren von Doumere zu Czasniki (beim Einfluß der Lucomlia in die sich hier von Osten nach Norden wendende Ula) an und dadurch in nähere Verbindung mit dem 9. Armeecorps . 3. Der russische General Wittgenstein , der immer dem General Merlé nachfolgte , befand sich auf dem Marſche von Lepel nach dem Städtchen Czasniki und besezte es am 30. , an welchem Tage sich Merlé über die Lukomlia nach Smoliani zurückzog. Alles gebot nun dem Marschall Victor zur Offensive gegen Wittgenstein zu schreiten und er beschloß den Angriff desselben auf den 31. früh mit beiden vereinten Armeecorps (dem 2. und 9.). Hiernach hatte er dem General Daendels Befehl gegeben , mit seinen beiden Divisionen
(da General
Legrand unter ihm stand) , schleunigst zu ihm zu stoßen.
Daen-
Intereffe des Ganzen. Wittgenstein konnte schon am 26. wieder über die Düna geworfen sein , wenn er rasch seinen Entschluß zu fassen gewußt hätte. Sein Kaiser konnte es sich auch gar nicht anders denken ; er ließ darum auch , als er am 1. November in Wjäsma die Meldung von ihm erfuhr , daß Marschall St. Cyr Poloßk zu verlaffen gezwungen und Wittgenstein über die Düna gegangen sei , ihm durch den Major - General zuſchreiben : „ Se. Majestät hofft, daß Sie Wittgenstein zurückgeworfen und Poloßk wieder genommen haben werden.“ Zugleich ward ihm gesagt : ,,Die Armee ist auf dem ( Rück-) Marsch 2c. Es ift wahrscheinlich , daß der Kaiser sich mit dem rechten Flügel an der Düna , mit dem linken am Boryfthenes (Dnjepr) aufftellen werde.“ Chambray. *) Hier fiel denn auch später dieses Bataillon mit der übrigen (schwachen) Garnison in die Gefangenschaft der Ruffen. 17*
260 dels traf auch noch vor Tagesanbruch den 31. mit ſeiner, um zwei Bataillons geschwächten (ſ. oben 2.) , Diviſion ein. „ Aus einem Mißverständniß aber (sagt Chambray) war die Division Legrand nach Boczeikowo detaschirt worden , konnte folglich nicht sobald (wie jene von Daendels ) herankommen (? *)." Die fünf Stunden Wegs entfernte leichte Cavaleriedivision Fournier aber, statt wie Daendels bei Nacht zu marſchiren (um am Morgen zur Schlacht zur Hand zu sein) brach erst Morgens den 31. auf, und Marschall Victor hatte dadurch nicht nur einen Abgang von 4000 Mann guter Infanterie, ſondern auch von 2000 Mann Cavalerie **). Dieß bestimmte ihn, mit dem entscheidenden Angriff zu zögern. Zwar waren die Diviſionen Maiſon und Merlé mit Tagesanbruch von Smoliani gegen Czasnifi vorgerückt und es begann ein Tirailleursgefecht, sowie später eine starke Kanonade ; auch rückte gegen Mittag die Division Daendels rechts neben die Division Merlé in die Schlachtlinie;
da aber Wittgenstein das Wenige von franzö-
sischen Truppen, was sich über der Lukomlia befand, zurückwarf, mit Tirailleurs den Bach besegen ließ und man beiderseits nicht weiter vorzurücken wagte, so blieb es bei jenem Geplänker und einer Kanonade, wobei die Russen viel mehr Geſchüß in Thätigkeit hatten, als die Franzosen, bis zum Eintritt der Nacht. 4. Obgleich nun Marschall Victor zu Ende des Tages (am 31.) noch alle seine Truppen zuſammen bekam
( gegen
Mitternacht auch noch der Divisionsgeneral Legrand ankam), deren Stärke 36,000 Mann betragen mochte ( 14,000 Mann vom 2. , 22,000 vom 9. Armeecorps) , so wollte er nun doch am 1. November den Angriffsplan nicht mehr zur Ausführung *) Von Boczeikowo mußte man wenigstens ebenso bald in die Ges gend von Czasniki kommen können , als von Beszenkowiczi , auch die Benachrichtigung von leßterem Ort nach erfterem in Rechnung gebracht. **) Es scheinen noch andere arge Verstöße vorgekommen zu sein ; denn v. Miller, Feldzug von 1812, ſagt : „ Kurz nach dem Gefecht traf die Reiterei unter Fournier (wobei das großherz . beffische Chevaulegerøregiment) und später die Divifionen Partonneaur und Girard auf dem Schlachtfeld ein . Die Division Legrand und das badiſche leichte Infanteriebataillon erreichten erst um Mitternacht die Gegend von CzasEs war nicht die Cavaleriedivifion Fournier allein , die zu nifi." spät kam , oder zu spät Befehl zum Aufbruch erhalten hatte, oder 20.
261 bringen, wozu er Tags vorher nicht Truppen genug zur Hand hatte. Er befahl um drei Uhr Morgens den Rückmarſch beider Armeecorps auf Sjenno , wo er fie , als sie am 2. November daselbst ankamen, ein Lager beziehen ließ * ). 5. General Fournier mit der leichten Reiterei des 9. Armeecorps erhielt den Befehl , diesen Rückzug zu decken, weßhalb er noch kurze Zeit bei Smoliani stehen blieb. General Doumere mit der Cürassierdivision des 2. Armeecorps sollte, wenn es nöthig , dem General Fournier zum Soutien dienen. »Beide Reiterdivisionen ſegten sich, sobald der Tag völlig angebrochen war und die Infanterie und Artillerie bereits eine Meile zurückgelegt hatten , auf der Straße von Czasniki nach Sjenno in Bewegung : wobei das großherzoglich heſſiſche GardeChevaulegers - Regiment unter Oberst von Dalwigk den Nachtrab machte. Die Russen verhielten sich Anfangs beobachtend und sendeten dann dem Nachtrabe mehrere Pulks Kosacken nach, die sich in einer Entfernung von 600 Schritten von ihm hielten« **) . Der Rückzug geschah langsam und mit Ordnung. Bei dem Schlosse Krasnoë- Gurra blieb die Division Fournier als Vorhut der Armee des Marschalls Victor stehen der sein Hauptquartier wieder in Sjenno genommen hatte ***).
*) Die Tage des 31. October , 1. und 2. November dürften durch Erkrankung leicht mehr Leute außer Gefecht gebracht haben, als es eine Schlacht gethan hätte. **) Laut Bericht des Obersten von Dalwigk. **** * ) General Wittgenstein erhielt durch diesen Rückzug feines Gegners alle die Vortheile , die ihm sonst nur eine gewonnene Schlacht verschaffen konnte , so lange nämlich Victor sich auf das in seiner Lage durchaus unnatürliche Pofitioniren beschränken (denn diese Lage erforderte die raschefte Bewegung) und so die Communicationen der Hauptarmee decken und deren Herankommen von Moskau erwarten wollte. Wittgenstein konnte dadurch , wie er nur wollte und in welcher Stärke er wollte , Entsendungen auf Minsk , Wilna , Dünaburg , Witebsk machen oder zur Vereinigung mit Tschitschagof marschiren (wie ihm ein Operationsplan von Petersburg her vorschrieb , wozu er aber , da er dadurch jenem Admiral untergeben worden wäre , nicht die geringfte Neigung hatte). Vorerst nahm er jedoch mit seiner Armee nur Stellung , gleich seinem Gegner , nämlich zwischen Czasniki und Smoliani ; vermuthlich weil ihm das Unnatürliche in Victors Thun unerklärlich war und er die Aufklärung dieses Räthsels abzuwarten für's Gerathenfte hielt,
262 6. Als Marschall Victor Stellung bei Sjenno nahm, ſcheint er nur die Behauptung der Gegend im Auge gehabt zu haben, welche die franzöſiſche Hauptarmee bei ihrem Nückzuge in die doch wohl zwischen Witebsk und Smolensk in vorderster Linie zu nehmenden Winterquartiere zu besegen gehabt haben würde , insbesondere die Behauptung ersterer Stadt gegen die Versuche Wittgensteins , bis jene Hauptarmee in die Nähe gekommen sei (was etwa in 8 Tagen geschehen konnte) . Er scheint also auch wohl keine Ahnung von der Gefahr gehabt zu haben, die von einer andern Seite, durch Tschitschagofs Heer, für die großen Magazine von Minsk , oder durch die Verbindung Tschitschagofs mit Wittgenstein hinter der Beresina, drohend genug (f. LVI. 1.) erſchien * ) . Der Versuch , Legteren , was es auch koste, zurück auf Pologk zu werfen , möchte sonst ohne Zweifel nicht von ihm aufgegeben und auch wohl Befehl ertheilt worden sein, die Magazine von Minsk nach Borisow, das viel haltbarer war, zu bringen.
Er dürfte dann gesucht haben, mit
seinem durch Heranziehen alles Disponiblen zu verſtärkenden Heere sich zwischen Beresino und Lukoml , oder bei Neu - Lepel (in engen Cantonirungen , denn die Campements waren fürchterlich ruinirend) sich so lange zu halten, bis er die Rückzugsrichtung, welche die französische Hauptarmee definitiv einzuhalten hatte, die Intention des Kaisers und das Thun von Tſchitſchagofs Heer genauer kannte, als es zu dieſer Zeit der Fall sein mochte *). Die Besagung von Witebsk würde darum nicht *) Napoleon hatte den Marschall Victor weder von der Veränderung seiner Streitkräfte , noch von dem ruinirten Zustande seiner Artillerie und Cavalerie in Kenntniß feßen lassen : was , wenn es geschehen wäre , vielleicht noch am Erften hätte des Marschalls Thun erklären laffen. - Immer wäre das Natürlichßte unter allen Umständen das Beste gewesen. Wittgenstein war klug genug , gegen die befferen Truppen feines Gegners keine entscheidende Schlacht zu wagen. Eine entschloffene Offenfive würde ihn schnell über die Düna zurückgeführt haben ; auch würde folche Victor den Vortheil gewährt haben, das Corps von Wrede und die Truppen , welche Wilna deckten , an fich ziehen zu können 2c. In der Ungewißheit über die Lage des Hauptheeres und jener des rechten Flügels scheint er es, als Reserve, fürs Angemeffenfte gehalten zu haben , zu temporifiren , bis ersteres mehr herangekommen und er in genauerer Kenntniß seiner Lage sei. Wittgenstein wollte er nahe im Auge behalten , so scheint es wenigstens.
263 mehr preißgegeben gewesen sein ,
als es auch durch die Stel-
lung bei Sjenno geschah. Sie konnte gar nicht compromittirt werden , wenn Befehl gegeben war , nur den inneren, zwischen der Düna , dem Ruczei und der Witebka gelegenen Stadttheil (s. Plan IV.) zu behaupten, welcher mit 1000 Mannwenn auch dabei eine starke , 250 Mann erfordernde Schanze auf dem Basilianer Berg und ein bedeckter Weg bis zur Witebka, dann ein Brückenkopf ( - Gebäude) über dem Ruczei ebenfalls mit 250 Mann besezt werden mußte *) - gegen jeden Angriff fünf bis sechs Tage und länger zu halten war ; und in dieser Zeit war Hülfe heranzubringen. Die Beschränkung auf den erwähnten Stadttheil hätte nicht gehindert , hier Körnermagazine in Gruben (die durch eine Bewerfung mit Granaten aus Einhörnern nicht leiden konnten) für 25,000 Mann und 3000 Pferde auf 8 Tage und mehr anzulegen ; auch konnte man hier Heerden von einigen 100 Stück Schlachtvieh halten, und mehr bedurfte es für den Zweck, wegen deſſen man Witebsk vorläufig halten wollte und mußte, nicht. War aber der angedeutete Stadttheil nicht in dem erwähnten haltbaren Stande (was nur durch eine ** ) kaum erklärliche Vernachlässigung der dortigen Commandantſchaft und Ingenieurs der Fall ſein konnte), so mußte man gar keine Truppenabtheilung als Beſagung an den Plag binden, die Spitäler evacuiren (was ohnehin immer hätte geschehen sollen), die Magazinvorräthe größtentheils wegbringen und , was man nach Witebsk ſtationirte, bloß als fliegendes Corps
betrachten , das sich, sobald es ernstlich von
*) Ueber Vorrichtung solcher Befestigungen sprach ich mich zur Zeit unfres Aufenthaltes in Witebsk bei der Commandantſchaft aus. In der That hatte man schon in Etwas ein Gebäude links des Ruczei, zur Sicherung der Communication , befestigt und war daran, auch jene über die Witebka , besonders aber jene über die Düna und den Schloßbezirk zu sichern. **) Für den Winter hatte man noch vorzüglich auf das Gefrieren der beiden trägen Nebenflüsse Rücksicht zu nehmen und für unterirdische Magazinirung des Getreides zu sorgen (wofür noch gar nichts geſchehen war) ; dann für beffere Verſchanzung und Palissadirung des Schloßbezirks. Der am Beften verfchanzte Düna-Brückenkopf mußte ohnehin verlaffen werden , wenn der Fluß ſtark mit Eis zu gehen anfing.
264 irgend einer Seite her Gefahr laufen konnte, zurückziehen, ſowie diese aber entfernt war, wiederkommen mußte. Eine keines ernstlichen Widerstandes fähige Stadt konnte ohnehin die französische Armee , wenn sie ihrer bedurfte , zu jeder Zeit wieder nehmen.
Sechsundfünfzigſtes Kapitel. Bewegungen der ruffischen Truppen (im October und November) unter Tschitschagof und Hertel auf dem rechten Flügel des franzöfifchen Heeres , ihr Marsch an die Berefina in den Rücken der franzöfifchen Hauptarmee. General Sacken bleibt gegen Schwarzenberg und Reynier stehen. Gefecht bei Wolkowiszk. 1. Nachdem Admiral Tschitſchagof sein Heer getheilt (ſ. XLIII.) und 27,000 Mann unter General von Sacken zur Beobachtung der über den Bug verdrängten Armee Schwarzenbergs gestellt hatte, brach er zur Vollziehung der ihm vorgeschriebenen Operationen mit 28,000 Mann am 27. October von Brzesc - Litewski auf und befand sich an dem Tage , wo Marschall Victor seine Armee den Rückzug nach Sjenno antreten ließ ( 1. November; s. LV. 4. und 6. ), auf dem Marsche von Pruszany nach Slonim u. s. w. nach Minsk. Auch hatte General Hertel Befehl erhalten mit seinem Observationscorps von Mozyr aufzubrechen , direct auf Minsk zu marſchiren und daselbst am 12. November, wo auch Tschitschagof über Njeswitsch anlangen wollte, einzutreffen *) . 2. Die Vorfälle im Monat October zwischen Schwarzenbergs und Tschitschagofs Armee bis zur Theilung der legteren waren von wenig Bedeutung und kurz folgende : Tschitschagof
*) Daß Tschitschagof 14 Tage ungenußt zu Brzesc-Litewski verlieren und, auch als er sich endlich zum Marsche nach Minsk entschloß, noch zu Slonim Halt machen , überhaupt so sehr , als er that, zaudern würde , lag ebenso außer der Berechnung des Wahrscheinlichen , als es wahrscheinlich war , daß Minsk die Gefahr von seiner Seite, und raſc, nahen dürfte : was auch General Fürft Schwarzenberg dagegen thun möchte. Nur Marschall Victor , wenn er, wie er follte , von Allem in gehöriger Kenntniß erhalten wurde (durch Maret zu Wilna 2c. ) konnte helfen , - und Er schien nichts gewußt zu haben.
265
Code
hatte die öftreichische Division Siegenthal (die sich nach Pruszany gewandt hatte) durch die Diviſionen Woinow und Bulatef verfolgen lassen, den Rest seines Heeres aber in zwei Colonnen auf Brzesc-Litewski und Bulkow dirigirt, um an diesen Orten die Muchawiez zu passiren.
Da man aber das östreichische
Armeecorps am 1. October zu Brzesc fand , so mußte der Uebergang ganz bei Bulkow bewerkstelligt werden, — was am 8. October geschah und wobei zugleich der Vortrab Schwarzenbergs nach einem ziemlich lebhaften Gefechte zurückgeworfen wurde. Am 9. October recognoszirten beide gegnerischen Anführer, worauf Tſchitſchagof_den Angriff des , vorwärts Brzesc, sich rechts an die Muchawiez , links an die Lsna anlehnenden feindlichen Heeres beschloß und deßhalb eiligst die gegen Siegenthal entsendeten Diviſionen zurückrief, Schwarzenberg aber, dieß vermuthend, den Angriff nicht abwarten wollte, sondern in der Nacht vom 10. auf den 11. über die Løna ging und sich in der Richtung von Briansk (Bransk, nördlich) zurückzog . Tschitschagof ließ bis Wiſoki-Litewski verfolgen, schickte Sacken mit zwei Divisionen Infanterie und einer Diviſion Cavalerie nach Pruszany und bezog sofort Cantonnirungen. Starke Trupps Koſacken streiften inzwischen jenseits des Bugs und verwüsteten das Warschauer Gebiet.
General Fürst Schwarzenberg, indem
er die Division Siegenthal zu Bialiſtok Poſto faſſen ließ, ging nun zur Deckung Warschau's zu Drohiczyn über den Bug und nahm zu Wengrow Stellung ; das 7. Armeecorps unter Reynier aber rückte bis Viala vor , um jener Verwüstung Einhalt zu thun.
Gegen Lezteres schickte Tschitschagof den General Eſſen
mit 10,000 Mann, deſſen Vorhut indeſſen am 17. October mit starkem Verlust zurückgewiesen wurde, - worauf Tschitschagof mit dem ganzen Heer gegen Reynier aufbrach, dieſer aber nun nach Wengrow zurückging , und ſofort Tschitschagof nun auch wieder Cantonirungen beziehen ließ (scheinbar ganz unge= wiß, was er beginnen ſolle) . 3. Admiral Tschitschagof, der endlich doch (wie oben unter 1. gesagt) nach langem Zaudern von Brzesc - Litewski mit der Hälfte seines Heeres nach Slonim aufbrach und daselbst am 3. November ankam, blieb hier abermals stehen und ſegte erst, als er von der Ankunft der Avantgarde des östreichischen Armee-
266 corps zu Wolkowiszk hörte, am 8. November Morgens, nachdem er die Brücke über die Selwa hatte zerstören lassen , den Marschweiter gegen Minsk fort. - Um diesen Aufbruch dem General Grafen Wittgenstein zu melden (mit dem er gemeinschaftlich operiren sollte), schickte er den Obersten Tschernitscheff mit einem -Regiment Kosacken ab , der damit , um auf dem kürzesten Wege dahin zu gelangen , sich Bahn machen sollte, - auch diese Aufgabe vollkommen löfte , indem er über Nowogrodek, Radoskowiczi u. s. w. zu Czasnifi am 17. November glücklich eintraf*). 4. Inzwischen hatte General Fürst Schwarzenberg , als er die Bewegung Tschitschagofs gegen Slonim erfahren hatte, ſeine Armee in Bialistok zuſammengezogen und sich ebenfalls dahin in Bewegung gesezt , um dessen weiteren Projekten entgegenzuwirken. Seine Avantgarde erreichte Wolkowiszk am 8. , Selwa am 10., Slonim am 14. *** ) November. General Reynier sollte diese Bewegung verdecken. Zu diesem Ende versammelte er sein Armeecorps nachdem er die polnische Brigade des Generals Kosinski zur Deckung Warschaus beſtellt und eine Verstärkung von sechs Bataillons der Diviſion Dürütte am 4. (vom 11. Armeecorps) an sich gezogen hatte ***) November zu Narewka und segte sich nach Swislotsch in Marsch, das er am 6. erreichte. - Der russische General Sacken, um der von Tschitschagof erhaltenen Instruction zu genügen, ließ 6000 Mann zu Brzesc - Litewski zurück und ſegte sich mit dem Reste seines Armeecorps (alſo 20-21,000 Mann ) über Bjelowesz nach Wolkowiszk in Marsch.
General Reynier ging
*) Die Straße von Wilna nach Minsk zu Radoskowiczi durchschneidend, hatte er Gelegenheit den russischen General von Winzingerode zu befreien , der zu Moskau gefangen war und von zwei Gendarmen nach Wilna transportirt wurde. **) Durch welche langsame Bewegung nimmer jenen Projekten, mochten fie fein welche sie wollten , am Wenigften aber wenn sie der Eroberung von Minsk galten , entgegenzuwirken war. ***) Die Divifion Dürütte hatte von Maret, Herzog von Baſſano, Befehl erhalten , zu Verstärkung des Armeecorps des Generals Reynier zu marschiren. Sie zählte 18 Bataillons = 13,600 Mann und ließ ein Regiment (etwa 3000 Mann) in Warschau als Garnison zurück.
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267
ihm dahin bis Rudnia entgegen (wo er am 11. anlangte) ; da er aber Sackens Corps dem seinigen bedeutend überlegen fand, so wich er von da wieder nach Wolkowiszk hin vor demſelben. 5. General Fürst Schwarzenberg, welcher am Tage seiner Ankunft zu Slonim (den 14. ) die Nachricht von dem Rückzuge Reyniers vor dem überlegenen Sackenschen Armeecorps nach Wolkowiszk erhielt , beschloß den General Frimont mit 6500 Mann in Slonim zu laſſen und mit dem Reste des östreichischen Armeecorps , 18,000 Mann , jenem zu Hülfe zu ziehen *), wozu er auch gleich folgenden Tages (den 15.) aufbrach und sich über Jwachkewiczk nach Isabelin in die rechte Flanke des Sackenschen Armeecorps dirigirte. 6. General Reynier erreichte das Städtchen Wolkowiszk am 14. wieder und bewirkte hier seine Vereinigung mit dem Reste der Division Dürütte, womit dieser General ſeit dem 12. hier eingetroffen war. Reyniers Streitmittel (einschließlich der Verstärkungen von Dürütte) betrugen nun 16,000 Mann Jnfanterie und 1100 Mann Cavalerie. Sacken war ihm an Infanterie gleich oder doch wenig überlegen , hatte aber 5000 Mann Cavalerie, außer 5000 Kosacken, die auch etwas zählten. Reynier hatte Stellung am rechten Ufer des (jegt gefrornen) Baches, woran das Städtchen lag, auf den Anhöhen genommen und dieses nur mit einigen Compagnieen sächsischer leichten Truppen beſegt gelassen , obgleich er sein Hauptquartier hier nahm und sämmtliches Gepäck (zur Schonung der Pferde) General Sacken , als er daselbst untergebracht worden war. diesen Umstand erfahren hatte , beschloß die Stadt zu überfallen. Am 15. Morgens um 3 Uhr warf er die Compagnieen, welche Wolkowiszk deckten und drang in die Stadt ein. Reynier und die hier einquartierten Generale mußten sich in
*) Durch das umgekehrte Verfahren , nämlich Frimont dem General Reynier zu Hülfe zu senden , ja nur etwa 1500 Mann Cavalerie an ihn abzugeben , würde schon hinlänglich geholfen gewesen sein , — und wenn Schwarzenberg wußte , daß die Divifion Dürütte dazu ſchon nahe war , so war gar kein Grund da von Tschitschagof abzulaſſen und umzukehren (wenigstens kann man keinen ganz wohlmeinenden unterftellen).
268 eiliger Flucht retten ; doch wurden die Ruſſen mit Anbruch des Tages wieder zur Räumung derselben gezwungen. Nun entwickelte Sacken sein Armeecorps. Sein rechter Flügel beseste die Straße von Wolkowiszk nach Slonim , um die Communication zwischen Schwarzenberg und Reynier zu unterbrechen, ſein Centrum und ſein linker Flügel die beiden Straßen nach Pruszany. Er begnügte sich an diesem Tage damit, den linken Flügel seines Gegners ohne Nachdruck anzugreifen , vielleicht in der Hoffnung daß Reynier weichen werde , ohne es zur Schlacht kommen lassen zu wollen.
Der erste nur durch Rei-
terei ausgeführte Angriff wurde von der sächsischen Cavalerie abgeschlagen ; der zweite ernstlichere , welcher mit Infanterie und Cavalerie unternommen wurde, von der sächsischen Infanterie abgewiesen, welche Reynier Zeit hatte vom rechten Flügel heranzuziehen und sie einen Wald besegen zu laſſen. 7. Den 16. November Morgens ließ Sacken Wolkowiszk durch 2000 Mann angreifen und nahm es weg. Reynier hatte nur einige Compagnieen darin gelaſſen , weil ihm wenig auf diesen von seiner Stellung abgesonderten Posten ankam . Am Mittag ließ Sacken abermals den linken Flügel von Reyniers Stellung angreifen und er schien diesen Angriff lebhaft unterstügen zu wollen , als man hier gegen 3 Uhr Nachmittags Kanonendonner aus der Gegend von Iſabelin hinter Sackens Centrum vernahm , auch sogleich bemerkte , daß ein Theil der russischen Truppen zurückging . Es blieb nun Reynier kein Zweifel mehr über die Ankunft von Schwarzenbergs Truppen in jener Gegend. Er ließ daher augenblicklich Wolkowiszk angreifen und nehmen. General Sacken benugte die Nacht um sich auf Querwegen nach Swislotsch zurückzuziehen. Er war glücklich genug diese Stadt noch vor Reynier zu erreichen (der in Besiz der großen Straße ihm hier zuvorkommen konnte, wenn er auchNachts marschirt wäre *)) ; sonst dürfte das Sackenſche Corps in eine sehr mißliche Lage gerathen sein , denn das öftreichische, welches auf Porozow vorgegangen war, ſchnitt ihm den Rückzug auf Pruszany ab. Reynier segte sich den 17. vor
*) Nach den Mittheilungen aus dem Tagebuch eines sächsischen Offiziers in dem Buch vom Jahr 1812 ", Bb. III. S. 118 ſollen zwar
269 Tagesanbruch in Marsch und schlug zuerst (wohl
von den
Bewegungen des öftreichiſchen Corps nicht in genauere Kenntniß gesegt) die Straße über Porozow (Porosow) nach Pruſzany ein.
Er sandte hierauf seine Reiterei hinter Sacken her
und ging gerade auf Hrinski, um hier wo möglich dem ruſſiſchen General zuvorzukommen ; doch langte er erst mit der feindlichen Arrieregarde an und hatte nur noch Gelegenheit sie zu werfen. So großer Gefahr entgangen , theilte Sacken sein Armeecorps in Rudnia und zog sich in forcirten Märschen nach Brzesc-Litewski und Kobryn zurück. Nach ersterem Ort folgte ihm Reyniers , nach legterem Schwarzenbergs Armeecorps *). Er hatte ungefähr 10,000 Mann , worunter 7000 Gefangene, eingebüßt. 50 Pferde von der todtmüden fächsischen Reiterei noch rechtzeitig angelangt ſein nebft einem Bataillon Infanterie , um durch Beseßung des Paſſes von Rudnia den Feind aufzuhalten , wozu fie aber zu schwach gewesen seien. Die auf Reynier's Ersuchen ebendahin abgesandte öftreichische Division Fröhlich sei aber zu spät eingetroffen. Anmerk. des Herausg. *) Es ist gewiß , daß am 17. in keiner Weise eine Nothwendigkeit mehr vorhanden , oder auch nur irgend ein bedeutender Erfolg mehr zu erzielen war , wenn das Armeecorps des Fürsten Schwarzenberg gleichfalls im Verfolgen des in großer Eile retirirenden russischen Armeecorps Sackens blieb. Eine Avantgarde von 1500 Pferden und ebenso viel Infanterie mit einer Batterie leichten Geschüßes in dieser Verfolgung bleibend , würde völlig dasselbe bewirkt haben ; ja es würde kaum in den ersten 3 Tagen zu Sackens Kenntniß gekommen sein , daß ihm von öftreichischer Seite nur eine kleine Avantgarde folge , und das öftreichiſche Armeecorps konnte schon am 17. zur Umkehr nach Slonim befehligt werden. Der militärische Grund , welcher früher Schwarzenberg dahin- und Tschitschagof nachzog, konnte durch den Zwischenfall nicht aufgehoben worden sein , daß man Reynier zu Hülfe kommen und Sacken vernichten wollte : denn dieser hatte jeßt einen solchen Verlust erlitten , daß er vor dem (durch Dürütte verstärkten) Reynier nicht mehr stehen oder gar ihm gefährlich werden konnte, besonders wenn man dieſem noch 5 bis 6 Schwadronen Cavalerie abgab . Schon am 18. vor Tagesanbruch hätte Frimont von Slonim aus wieder den Fußtapfen Tschitschagofs als Avantgarde des öftreichischen Armeecorps folgen können. Diese Bewegung Schwarzenbergs mußte wohl ohne Frage bis Kaidanow fortgefeßt und dann eine starke Avantgarde nach Minsk vorgeschoben werden , um sich nach den Umständen zu Weiterem zu beftimmen.
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270
Siebenundfünfzigstes Kapitel. Aufenthalt des Kaiſers (bis zum 2. November Mittags) zu Wjäsma. Nachtkälte und starker Reif. Fallen der Pferde. Heerbewegungen in den zwei ersten Tagen des Novembers. Miloradowitschs Zug. Krankentransport. 1. Am ersten November lag starker Reif; die verflossene Nacht hatte wohl 3 ° Reaumur unter 0 * ) . Der Kaiser war unaufhörlich beschäftigt und konnte (nach der Verdunklung und Wiedererhellung seines Zimmers zu schließen) kaum 3 Stunden geschlafen haben. — General Evers ' Corps, das die verflossene Nacht rastlos in dem Stadttheil links der Wjäsma tumultuirte **) , erhielt Befehl sich aufzulösen und seine MarschBataillons und Trupps an die Armeecorps abzugeben, wozu fie gehörten. 2. Nach 8 Uhr Morgens (den 1. ) traf Marschall Lefebvre mit der alten Fußgarde zu Wjäsma ein, die dann alsbald, die hessische Compagnie ablösend, die Wache bei dem Kaiser übernahm , aber auch sofort die Baracken der hessischen Bataillone (im Klosterhof) in Anspruch nahm. Sie mußten ihr geräumt werden, und um 9 Uhr marschirte das hessische Leibgarderegiment (nachdem die Kaiſerwache und das von Moskau gekommene Detaſchement des Capitän Hofmann, noch 46 Mann ſtark, eingerückt war) an der Wohnung des Kaisers vorüber , der das noch 800 Feuergewehre starke, aus sehr schönen Leuten bestehende Regiment defiliren sah , in seinen Biwack. Dieser war rechts des Kirchhügels , vorwärts der südwestlichen Vorstadt , Front nach außen (unmittelbar vor der Wohnung Sr. Hoheit des Prinzen Emil) für das hefſiſche Leibgarde- und Leibregiment
*) ,,Ich mußte meine zwei kleinen Unteroffizierwachen in der Umgebung der kaiserlichen Wohnung, die keine Feuer hatten, alle Stunden ablösen laſſen , um sich bei dem himmelhohen Feuer der Hauptwache wieder erwärmen zu können." Tagebuch. **) ,,Ich schickte verschiedene Male starke Patrullen hinüber, um fie von der Straße und in den Häusern , wo sie tobten , zur Ruhe zu bringen; die Brücke ließ ich sperren." Ebenda.
271 ausgesteckt ; (beide Regimenter in einer Linie als Brigade formirt) zuſammen etwa 1300 Feuergewehre stark *) . 3. Die Rückzugsbewegung der französischen Armee wurde fortgesezt. Das westphälische Armescorps (gar schwach) geht durch Wjäsma auf der Straße gegen Sjemlewo fort. Marschall Mortier rückt noch Morgens zu Wjäsma ein , uud das hessische Leibregiment begibt sich sofort in den Biwack zum Leibgarde-Regiment ** ). - Nachmittags rückte das 3. Armeecorps unter Marschall Ney in den öftlichen Stadttheil und quarDer Marschall , der von hier an die Arrieregarde des Heeres übernehmen soll, begab sich zum Kaiſer. 4. Am 1. erhielt der Kaiser von allen Seiten her keine
tierte sich ein.
erfreulichen Nachrichten, worunter wohl das starke Fallen der Pferde die schlimmste war. Sonst erfuhr er noch : daß ein Theil der unter Baragay d'Hilliers gestellten Division sich noch zu Jelnia befinde (auch wohl , daß es keine den Feind_beobachtende Abtheilung weiterhin an der Ugra gebe ***). Ferner daß Marschall St. Cyr Pologk zu verlaſſen gezwungen und Marschall Victor in der Nothwendigkeit gewesen sei , dem 2. Armeecorps zu Hülfe zu eilen, um dem Vordringen der Heerabtheilung Wittgensteins ein Ziel zu ſegen. 5. Alles was sich noch an Kranken und Bleſſirten zu
*) Das 1. Bataillon Leibregiments zählte noch 300 Feuergewehre weniger ; beide zusammen 500. (laut Rapport) , das 2. etwa **) ,,Das Leibregiment brachte wieder eine Heerde Schlachtvieh mit. Das Leibgarderegiment zu Wjäsma hatte nur ein oder zwei Stück im Vorrath , da man sehr gewissenhaft , was man einbrachte , an den Commandanten abgab (was nun Andern zu gut kam) ; dagegen hatte dieß Regiment auf zwei Tage Mehlvorrath , den man geschwind noch zu Brod verbuck. In der That hätte es dem Regiment nicht schwer werden können (bei etwas mehr Sorgen für den andern Morgen) einen fünf- und mehrtägigen Vorrath an Brod , Mehl und Körnern für die Pferde zu Wjäsma zuſammen- und in den Lebensmittelwagen mit fortzubringen 2c. Von den von Moskau Gekommenen tauschte man Colonialwaaren gegen Brod ein 2c." Tagebuch. ***) Worauf der Kaiser auch keinen Werth , wohl aber darauf gelegt zu haben schien , daß keine Truppentheile in so geringer Stärke oder an so wenig haltbaren Orten den feindlichen Angriffen ausgefeßt würden, daß fie compromittirt werden könnten.
272
Wjäsma befand wurde am 1. vollends fortgebracht , ſowohl auf den vorhandenen als den hier durchgehenden Wagen. Es war kaum denkbar, daß sie, bei solchen üblen Transportmitteln, dem Hunger und der Kälte ausgesezt, bei ihren größtentheils schweren Wunden oder Krankheiten nach Smolensk gelangen konnten. Man hätte sie besser in dem vor der Stadt liegenden Hospital mit einer Sauvegarde , die das Gebäude vor Brand schüßte, gelassen und sie der Menschlichkeit des russischen Feldherrn empfohlen ; dann ihretwegen den Befehl aufgehoben, der dem Ney'schen Armeecorps gegeben worden war , Wjäsma vor ― Es war dem Abzuge vollends durch Brand zu zerstören. des Kaisers Absicht gewiß nicht, und konnte es nicht sein, jene Kranken durch den Transport tödten zu wollen , und doch scheint es , als wenn ihm über deren Zustand und Leiden unterwegs Niemand Vorstellung gemacht und man sich nur beeifert habe, seine allerdings ernstlichen und wiederholten Befehle, gehe auch Alles zu Grunde , zu erfüllen. 6. Wennschon den Tag über die Sonne ziemlich wärmte, so hatte man doch in der Nacht vom 1. auf den 2. einen rauhen und ermüdenden Biwack ;
es war nicht minder kalt als Tags
zuvor, also starker Reif ; die Sorge der Oberen aber, die Biwacks und Biwackfeuer ſo anlegen zu laſſen, daß dabei möglichst die Gesundheit und Kraft des Soldaten erhalten werden , er also wenigstens einige Stunden ruhen konnte , zeigte sich nirgends , und dieß war eine von den Hauptursachen der Aufreibung des Heeres.
So war z . B. bei uns (der hessischen
Brigade) zu Wjäsma die Sorge der Oberen für den Biwack der Soldaten damit abgethan , als eine gerade Linie (die ein hübsches Paradeaussehen gewährte) gefunden und bezeichnet war. Die Stelle war allen Winden ausgesezt und zehn andere hätten ſich mit Leichtigkeit finden lassen , die mehr Schuß gewährt haben würden ; wennschon für den Tag keine so hübsche Linie, doch für die Nacht eine gesundere Schlafstelle * ) ."
In
*) ,,Indeffen war hier allerdings ein wenig Parade verzeihlich (die auch weiterhin wegfiel) , da das Auge des Kaifers und unfres Generalcommandeurs nahe war ; aber es hätte dabei immer ein wenig für Schlafstellen unter Wind und etwas gewärmte (z. B. durch Ausgraben
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273
dieser Hinsicht hätte sich bei der ganzen Armee unendlich viel zur Erhaltung des Soldaten thun laſſen , und sie würde (mir) unzweifelhaft dann in dreifacher Stärke nach Smolensk (und noch in doppelter an die Beresina 2c.) haben kommen können : denn es war , bei vielem andern Mangel , der Mangel an Schlaf, der die Kräfte so völlig und bald erschöpfte.
7. Am 2. November brach die junge Garde Morgens acht Uhr auf (und wir Hessen mit der ersten Division derselben, Delaborde, deren 3. Brigade wir bildeten) , um den Marsch nach dem 160 Werste entfernten Smolensk auf der großen Straße anzutreten. „Der Marschtag war hübsch ! auch legten wir 23 Werste zurück und kamen damit zwei über Sjemlewo hinaus.
Biwack ohne Weiteres . Wir konnten hier noch recht gut von unsern mitgenommenen Vorräthen zehren. Es fiel
auch Niemand von uns Hessen ein , auf eine Fassung in Sjemlewo (deſſen Vorräthe , oder vielmehr Nichtvorräthe , wir genüglich kannten) zu rechnen , wie die Franzosen in Etwas. Auch war keine Rede davon *)." 8. Der Kaiser verließ erst um 11 Uhr Morgens Wjäsma und verlegte sein Hauptquartier nach Sjemlewo. Noch vor
von Feuerplägen 2′ tief in einem Durchmesser von 8′- 9′ in die Runde, Feuer in der Mitte , die ausgegrabene Erde rundum als Wall aufgeworfen, wozu freilich Spaten gehörten) gesorgt werden können . In Ermangelung dessen mußten die Soldaten nach ihrem Instinkt für sich forgen. Dieß geschah nun zum Theil dadurch , daß fie sich im dieſſeitigen Stadttheil zerstreuten und in die Ruinen verkrochen , theils , wie es Nacht wurde , in den hinterliegenden Hohlweg wichen und hier ihre Feuer anmachten. Hierzu ermunterte ich die Soldaten meiner Compagnie selbst , indem ich ihnen schon unter Tags das Beispiel gab, mir hier eine Art Hütte zu bauen und dazu die Hohlwegwände zu benußen ; am Abend aber Feuer anmachen zu lassen. Doch fuchte man sich gegen Morgen wieder allseitig in die Gränze der Lagerlinie , so kalt es war, einzuschränken. Die Soldaten thaten dieß zumeist aus eignem Antrieb und sich erinnernd , daß man Sr. Hoheit dem Prinzen Generalcommandeur keinen Anlaß zum Mißvergnügen geben dürfe ; auch wollten fie nicht in den Augen des Kaisers und der alten Garde als eine unordentliche Horde erscheinen 2c." Tagebuch. *) Nach Aufzeichnung in meinem Tagebuch. · ,, Das 8. Armeecorps und die Reserve- Cavalerie waren (uns Heffen) voran in dem Strich von Sarobeszja bis Slawkowo." Ebenda. Röder, Kriegszug. 18
274 seiner Abreise ließ er dem Fürsten Eckmühl den Befehl zuschicken : seinen Marsch mit dem 1. Armeecorps immer nach jenem des Marschalls Ney mit dem 3. , das Nachhut machen sollte , einzurichten, um ihm zur Stüße dienen zu können , wenn es nöthig werden sollte. Er schien das 1. und 3. Armeecorps völlig ausreichend zu halten zur Deckung des Rückzugs der Armee : denn er ließ dabei auch dem Fürsten Eckmühl (durch den Major - General) bemerken : daß das 4. und 5. Armeecorps (den 3. ) einen tüchtigen Tagmarsch machen würden, um voran nach Smolensk zu kommen ; ferner , daß man wegen Cavalerie-Mangels , zur Deckung des Gepäcks, es wie in Egypten (es also zwischen die Infanterie nehmen) müſſe 2c.“ *). Ney hatte der Kaiser mit dem 3. Armeecorps in Wjäsma gelassen und ihn beauftragt , von hier an (an Marschall Fürst Eckmühl's Stelle) die Arrieregarde des Heeres zu machen, wozu er auch sogleich die nöthigen Einleitungen trifft. 9. Das 4. und 5. Armeecorps erreichte am 2. November Federowskoë , etwa 12 Werste von Wjäsma , wo fie , Legteres zur Rechten des Ersteren , einen Biwack bezogen. Auch das 1. Armeecorps hatte sich beeilt heranzukommen.
Die Nachhut
stand zu Babasow , nur 2 Werste jenseits Federowskoë. 10. Am Abend des 2. Novembers erschien die Vorhut des rufſiſchen Armeecorps von Miloradowitsch in der rechten Flanke des 3. Armeecorps bei Glodowo und Petruszina oder vielmehr in einer Stellung , von wo aus es sich zwischen das 3. und die bei Federowskoë stehenden Armeecorps werfen und diese auf ihrem Rückzuge nach Wjäsma sehr beunruhigen konnte. — Es scheint, daß man französischer Seits
von der Ankunft und
Stellung Miloradowitschs an der Uliza am 2. Abends nichts erfuhr und höchstens die Kosacken , die den Vorhang machten, hier allein vorhanden erachtete.
*) Siehe Chambray.
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Achtundfünfzigstes Kapitel. Die Tage vom 3. und 4. November. - Treffen bei Wiäsma (des 4., 5. und 1. Armeecorps gegen Miloradowitsch und Platow) und Folgen deffelben. Steigen der Kälte und Rückzugsfortſeßung . Elend des Soldaten; Zugrundegehen der Kranken. 1. Den 3. vor Tagesanbruch brachen Poniatowski (das 5. Armeecorps) , Eugen (das 4. Armeecorps) und Fürſt Eckmühl (das 1. Armeecorps ) zum Marsche nach Wjäsma auf. Ney stand mit dem Haupttheil des 3. Armeecorps * ) hinter dieser Stadt und hatte eine Division , nebst einem Bataillon Würtemberger hinter einer Brücke , welche er einen Kanonenſchuß oberhalb Wjäsma (beim Dörfchen Germanowa) hatte schlagen laſſen. Er hatte ferner eine Recognoszirung auf der Straße nach Juchnow vorgestoßen , die aus der noch 400 Pferde starken Brigade Beurmann bestand ** ) und zwei Geschüge bei sich hatte. Die auf diesem Wege (etwa 2 Werste von Wjäsma) über die Uliza führende Brücke wurde von einem würtemberger Bataillon , das von Germanowa dahin vorrückte und bei dem Dorfe Grapiwna Posto faßte , gesichert. 2. Es war schon völlig Tag und das 5. Armeecorps nebft der vorangeschickten Artillerie des 4. hatten eben Wjäsma erreicht, als sich zwei starke Kosackenbaufen von dem Armeecorps Miloradowitschs , das zum Angriff aufgebrochen war und die Uliza zu paſſiren begann , zwischen das 1. Armeecorps und die legten Divisionen des 4. , dann das 4. und 5. Armeecorps der
*) Bestehend aus der Division Ledru und zwei von den noch übrigen drei würtemberger Bataillons , dem größten Theile der Artillerie (worunter die würtembergische) und der leichten Reiterbrigade Valmabelle , die (incl. 64 Würtemberger) noch 257 Pferde stark war. **) Auf dem Marsche nach Wjäsma war der Artilleriepark voran (und das Gepäck , welches schon in die Stadt einzurücken begann). Von Infanterie war es die italienische Garde , auf die die 15. Division, dann die 14. und 13. folgte. Leßtere wurde zuerst ins Gefecht verwickelt , auch hatte sie nebst der 14. Division nicht nur den Anstrengungen der zahlreichen feindlichen Reiterei, sondern auch einer Division Infanterie zu widerstehen. 18*
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Franzosen warfen und ihre Communication unterbrachen. Gegen den Nachtrab des 1. Armeecorps wurde zugleich vom Corps des General Orlow-Denisow lebhaft kanonirt und die Kosacken desselben beunruhigten den Zug jenes Armeecorps von Nordost Die Vorhut des Armeecorps von Miloradowitsch (aus her. Südwest kommend) hatte zwischen Sokolowo und NowajaIftarowa die Uliza passirt und eine den Nachtrab des 4. Armeecorps machende Infanteriebrigade angegriffen , als diese eben das Dorf Meſaidowa (6-8 Werste von Wjäsma) passirt hatte. -Das ganze Corps von Miloradowitsch mochte etwa 19,000 Mann Infanterie , 6000 Mann Cavalerie und 6-8000 Kosacken betragen (vergl. LIII. 11). 3. Auf dieß Ereigniß ließ Eugen sofort das 4. Armeecorps Halt machen , seine Artillerie zurückkommen und stellte sich in Schlachtordnung. Poniatowski wurde gleichfalls (mit dem 5. Armeecorps ) zurückgerufen und formirte sich zur Linken der Hauptstraße. Die italienische Garde und die 15. Division bildeten (mit viel Artillerie) die Reserve. Die gesammte Reiterei beider Armeecorps stellte erst die Verbindung her und sich dann größtentheils zur Rechten der Hauptstraße auf, mit welcher des Vicekönigs Schlachtordnung immer mehr und mehr einen rechten Winkel zu bilden begann , nach Maßgabe der feindlichen Bewegung (s. 4) . Der Marschall Fürst Eckmühl ließ unter diesen Umständen den Marsch seines (des 1. ) Armeecorps beeilen ,
was aber schwierig auszuführen war, da es von allen Seiten durch die feindliche Cavalerie beunruhigt, ſein Nachzug kanonirt und jede ſeiner Bewegungen durch eine große Menge Gepäcks und Nachzügler von allen Corps (besonders viele unberittene Cavaleristen) gehemmt wurde. Seine Bataillone , in Maſſen formirt , marſchirten hintereinander. Dieser Colonne wurde nun noch unglücklicher Weiſe , links (südlich) von der Hauptstraße ab , die Richtung auf die rechte Flanke der Schlachtordnung des Vicekönigs gegeben (vielleicht um als 1. Armeecorps die ihm zur Rechten gebührende Stelle in der Schlachtlinie einzunehmen und jedenfalls ohne gehörige Beachtung des von der Uliza her anrückenden Feindes) , wodurch fie fortwährend in ihrer ganzen Länge dem feindlichen von dieser Seite anrückenden Hauptcorps die Flanke bot und zulegt
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noch die verwickelte Bewegung : mit Massen Front rückwärts sich in Bataille zu formiren , auszuführen hatte. Hierbei stieß sie endlich noch auf das 1. Treffen des Vicekönigs , welches dieser rechtshin in Bewegung gesezt hatte und sehen mußte, um der russischen Infanterie Stirn zu bieten und zugleich dem 1. Armeecorps , wenn es sich (nördlich der Straße) gegen die linke Flanke des Treffens des Vicekönigs hätte wenden wollen (wie natürlich anzunehmen war), sein Einrücken zu sichern. Da das 1. Armeecorps aber den Marsch (wie blind) in der genommenen Richtung fortsegte , so mußte der Vicekönig plöglich halten und zum Theil wieder links rücken lassen, während welchen Bewegungen man sich einander den Feind verdeckte und wenn dieser den kritischen Moment erkannt und in vollem Maße benugt hätte , indem er mit Infanterie und Cavalerie entschieden darauf losging , so war kein geordneter Widerstand, noch weniger irgend eine Offenſivbewegung möglich, das Schicksal des Tages aber compromittirt. Dieß Gefühl bei den ſchon bestandenen Kämpfen (denn Offiziere und Soldaten waren zu kriegskundig , als daß ihnen entgehen konnte , wohin solche Verwicklung führen möchte) , dabei die bereits eintretende Erschöpfung der Menschen, und die eingetretene der Pferde, wirkten ſo ſehr auf das 1. Armeecorps , daß sich nichts mehr von der ihm ſonſt in ſo hohem Grade eigen geweſenen festen Haltung zeigte und theilweise wirkliche Unordnung eintrat. Doch kam es endlich noch glücklich genug auf dem rechten Flügel des 4. Armeecorps in die Schlachtlinie. Legteres dagegen, in voller Haltung , wie es war , wußte sich der Collision zu entziehen und führte, indem es jenem Plaß machte , ſeine Bewegungen geordnet aus, so schwer ihm auch das Linksrücken werden mußte, indem es dort einen Haken gegen die feindliche Cavalerie gebildet hatte. Poniatowski rückte inzwischen auch mit dem 5. Armeecorps in die Linie des ersten Treffens (auf der Rechten des 4. Armeecorps , das, einmal im Linksrücken, dazu auch noch Play machte) . Um Mittag befand sich nun die französische Linie à cheval der Hauptstraße in Stellung und zwar größten Theils rechts derselben , das 1. Armeecorps bis an NowajaJstarowa reichend ; die bairische Reiterei auf dem linken Flügel ; der rechte Flügel durch die Infanterie des 1. Armeecorps in
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Colonnestellung *) (die_Bataillons hinter einander) geſchügt ; im Ganzen etwa 3 bis 4 Werste von Wjäsma, und die Reserve (die italienische Garde und 15. Division) etwa 2 Werfte von da.
Die Russen standen zu dieser Zeit ebenfalls à cheval
der Hauptstraße , und hatten sich der französischen Linie gegenüber formirt. 4. Das Bestreben des Generals Miloradowitsch, nach dem Uebergang der Uliza , fortwährend sein Armeecorps aus der rechten Flanke marschiren zu lassen , um zu Platow zu stoßen, brachte ihn in eine Stellung quer über die Hauptstraße (parallel mit der gegnerischen Linie , die sich nach seinem Thun formirt hatte). Er wollte demnach nicht längs der Uliza hin auf der linken Flanke der feindlichen Colonnen manövriren und sie so auf eine ihnen den höchsten Nachtheil bringende Weise zwingen, gegen ihn dahin Front zu machen, somit ihre linke Flanke dem Armeecorps von Platow und ihren Rücken jenem von OrlowDenisow Preiß zu geben. Es läßt sich unmöglich annehmen, daß er dieß mißkannt habe , doch aber einerseits durch die Stellung des Ney'schen Armeecorps erklären , von welchem er für seine eigne linke Flanke und Rücken Befürchtungen gehabt haben konnte **), andrerseits durch die ihm ſichtlich gewordene Ueberlegenheit seiner Gegner an Truppen (nämlich InfanT vielleicht auch , weil er sonst die Uliza im Rücken terie) ; behalten mußte,
Cobgleich dieß in der Regel für die Ruſſen
kein Grund zu ſein pflegte) . 5. Keiner von den französischen Marschällen, deren Armeecorps im Gefecht standen, hatte das Obercommando erhalten,
*) - (In dem Winkel zwischen der Nliza , der fie auf 800 und der Wjäsma , der fie auf 1500 Schritt beiläufig nahe kam.) **) Es könnte sein , daß die Rückkunft der leichten Reiterbrigade des Generals Beurmann (f.1 .), welcher füttern und umwenden ließ, sobald er die Kanonade bei Federowskoë hörte, dem General Miloradowitsch als der Anfang einer Offenfivbewegung des Ney'ſchen Armeecorps gegolten hätte , da diese Brigade , bei Skoplewo ankommend , sogleich die beobachtenden Kosackentrupps fortkanonirte, dann die Uliza aufwärts verfolgen ließ , noch ehe fie diefen Bach repaffirte , und hierauf nach dem Uebergange abermals an demselben eine Strecke hinauf zur Be obachtung vorwärts ging,
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und so kamen sie denn auf der Hauptstraße zwischen dem 4. und 5. Armeecorps zusammen (nämlich Eckmühl, Eugen und Ney , denn Legterer , der das Aufnahmcorps befehligte , war im Laufe des Treffens immer gegenwärtig und beobachtete den Feind), um sich über das zu Unternehmende zu berathen, -und sie beschlossen den Rückzug : da die durch Entbehrungen und Strapagen phyſiſch und durch die Ereignisse des heutigen Tages moralisch sehr geschwächten Soldaten , sowie die ganz heruntergekommenen Pferde der Cavalerie und Artillerie , wodurch legtere nicht einmal mehr manövriren konnte, bei keinem Offensivunternehmen mehr Aussicht zum Erfolg zeigten, noch ein längeres Verweilen in bloß passivem Fechten erlaubten. Dieser Rückzug begann sofort , ohne das Gefecht abzubrechen , um 2 Uhr Nachmittags. Das 5. und 4. Armeecorps ging in guter Ordnung (der Hauptstraße entlang und dem Feinde immer Stirn bietend , oder en bataille retirirend) auf die Stadt zus rück *) ; das 1. Armeecorps etwas übereilt und minder geordnet auf die oberhalb der Stadt (beim Dörfchen Germanowa s. 1.) geschlagene Brücke, wo es die Division Razout des 3. Armeecorps zu seiner Aufnahme in Stellung fand. Marschall Ney deckte überhaupt den Rückzug aufs Beste, indem er überall dem folgenden Feinde durch die feste Haltung seiner Truppen, auch
*) ,,Es war beinahe 4 Uhr Nachmittags (fagt Labaume) als das 4. Armeecorps durch Wjäsma zog. Als wir aus der Stadt kamen, ſahen wir links auf einer platten Erhöhung das 3. Armeecorps , dem wir großen Dank schuldig waren , da es so ftandhaft diese wichtige Stellung behauptet und alle Anstrengungen des Feindes sie (beziehungsweise die Stadt) wegzunehmen vereitelt hatte." „ Als wir durch den Wald marſchirten (feßt Labaume hinzu) , der fich unterhalb der platten Anhöhe von Wjäsma befindet , fließen wir auf einen Transport Kranker , der vor uns von Moskau aufgebrochen war und wo diese Unglücklichen , denen es an aller Unterstüßung ge= brach , schon seit einigen Tagen biwackirten (vermuthlich weil man fie in Wjäsma nicht aufnahm) , da die Schwierigkeit , die Pferde von der Stelle zu bringen und ihnen Futter zu verschaffen, die Fuhrleute zwang Alles im Stich zu laffen und sich selbst zu retten." --- Die Blesfirten aus dem Treffen von Wjäsma kamen nun noch hinzu ; und die aus dieser Stadt abgegangenen Kranken konnten sicher auch nicht viel wetter kommen,
280 wohl bedrohende Offensivbewegungen zu imponiren wußte. Er zog sich am Abend *), nachdem er das, was noch von Wjäsma stand, den Flammen übergeben hatte, auf der Hauptstraße aufs linke Ufer des Wjäsmaflusses und blieb hier mit seinem Armee corps als Arrieregarde stehen. Die leichte Reiterbrigade Beurmann war befehligt, zur Beobachtung an den Ufern der Uliza bei ihrer Einmündung bis um Mitternacht zu beharren und sich erst dann zum Hauptcorps zu ziehen. -Das 1., 4. und 5. Armeecorps hatten , nicht weit auf der Rückzugsstraße dem 3. voran , in dem Waldstriche bis Kneginkino ihre Biwacks . 6. Durch diesen blutigen Kampf und Rückzug verlor die französische Armee ungefähr 4000 Mann an Todten und Blesfirten; auch nahm ihr der Feind einige tausend Gefangene, meist Nachzügler, viel Gepäck und einige (nicht fortzubringende) Geschüße ab. Unter den Gefangenen befand sich nach Kutuſows Bericht der Oberst Morat, Chef des Generalstabes des 1. Armeecorps, und der Artilleriegeneral Pelletier. - ,,Das Treffen bei Wjäsma war indessen weniger nachtheilig durch diesen Verlust als durch die Folgen, welche es nach sich zog (sagt Chambray) , indem die Pferde der Cavalerie , außer Stand die Strapagen des Tages , ohne Fütterung und bei der Nachtkälte , zu ertragen, fast sämmtlich unterlagen ; und aus gleichem Grunde in der Nacht dieses Tages auch viele Infanteristen , nämlich se, daß sie zu matt wurden ihre Waffen noch ferner zu tragen, wenn sie sich auch wieder aufrafften und weiter gingen (was viele nicht thaten , und sich lieber fangen lassen wollten), wodurch die Zahl der Nachzügler bedeutend vermehrt wurde" (f. 8).
7. Die Stärke der am 3. November bei Wjäsma vereinten Truppen des französischen Heeres betrug ,
nach Cham-
bray , ungefähr 37,500 Mann , die bei den Fahnen waren. Hierunter vom 1. Armeecorps 13,000 Mann Infanterie und Artillerie ; vom 3. 6000, vom 4. 12,000, vom 5. 3500 Mann ;
*) -- Und keineswegs mit dem Bajonnet vertrieben (wie die rufsischen Berichte ſagen).
281 dann an Reiterei das 1. und 3. Cavaleriecorps und die leichte Cavalerie der Armeecorps circa 3000 Pferde *). 8. Der Bericht des Marschalls Ney , der dem Kaiser am 4. früh Morgens zukam , verhehlte Sr. Majestät die betrübenden Folgen des Treffens von Wjäsma nicht. Er schloß folgendermaßen : „Beſſere Anordnungen hätten ein günſtigeres ReſulDas Schlimmste aber , was dieser Tag tat geben können. bewirkt hat, ist , daß meine Truppen Augenzeugen der UnordEin so unheilbringendes nung des 1. Armeecorps waren. Beispiel lähmt die moralische Kraft des Soldaten" 2c. halte das Walddefilee hinter Wjäsma und Tagesanbruch abmarschiren.
„Ich
werde noch vor
Es wäre aber nothwendig daß
Echelons angeordnet würden, sonst kann ich auf Nichts rechnen.“ Er bemerkte dem Kaiser, wie er nicht glaube, daß die feindliche Hauptarmee zugegen sei.
Die Infanterie des Corps , mit
dem man es zu thun gehabt, schlug er auf 20,000 Mann an ; die Cavalerie und Artillerie desselben bezeichnete er als sehr zahlreich und fügte endlich noch bei : „daß er nicht so für den Rückzug stehen könne, als wenn er ihn allein befehlige" **). 9. Der Vicekönig, um einen tüchtigen Tagmarſch zu machen und Vorsprung zu gewinnen vor den nach ihm (aber doch wohl nach gemeinsamer Uebereinkunft) aufbrechenden (5., 1. und 3.) Armeecorps , segte sich schon eine Stunde nach Mitternacht in Bewegung. Auch gestattete der Hunger kein Verweilen auf diesen verödeten Gefilden, und an eine stärkende Nachtruhe war ohnehin nicht zu denken.
So zog man denn, im Finstern tappend,
*) Es waren mithin nur die alte und junge Garde, das auf 1200 Mann geschmolzene 8. Armeecorps und zwei Cavaleriecorps , die von der Hauptarmee an diesem Treffen nicht Theil genommen hatten. [Loßberg behauptet gegen Chambray , daß am 29. October das 8. Armeecorps noch über 6000 Streitbare stark gewesen sein müſſe, ſagt aber selbst , daß täglich nach wie vor sehr viele Leute aus Entkräftung zurückgeblieben feien , und daß es am 5. November keine 3000 , am 10. keine 1800 Mann mehr in Reih' und Glied gehabt haben könne. Zuf. d. Herausg . ] **) Der Verf. des ,,Buchs vom Jahr 1812", Bd. III. S. 66 ff. nimmt indeß Davouft gegen die Vorwürfe in Schuß , die ihm über fein Benehmen beim Treffen von Wjäsma von Ney und Chambray gemacht werden. Anmerk. d. Herausg.
282 auf der ganz mit Gepäck und Artillerie überdeckten Heerstraße hin. Menschen und Pferde schleppten sich nur mit Mühe fort und sowie die legteren fielen , theilten sich die Soldaten in fie und ließen dieß Fleisch, das schon seit einigen Tagen ihr Hauptund meist einziges Nahrungsmittel ausmachte, über glühenden Kohlen braten.
Viele , die noch mehr von Kälte als Hunger
litten, oder die gerade noch nicht starke Kälte (etwa 4 bis 5 °) wegen Erschöpfung in höherem Grade drückend fanden , legten sich bei den großen Feuern , die bei jedem Rasten angezündet wurden, ohne etwas zu genießen, sogleich nieder und verſuchten zu schlummern ; wollte man dann zur Marſchfortſegung wieder aufbrechen , so fehlte es ihnen an Kräften oder doch an moralischem Muthe wieder aufzustehen, und so blieben (bereits) viele bei den Feuern liegen und wollten lieber (was auch daraus erfolge) dem Feinde in die Hände fallen , als sich aufraffen und versuchen, mit ihren Kameraden den Rückzug weiter fortzusehen (in dem sie nur eine Verlängerung ihrer Leiden erblickten) . 10.
"/ Es war schon heller Tag (sagt Labaume) als das
4. Armeecorps (mittels dieſes langſamen Nachtmarſches) bei dem Dorfe Poljänowo ankam (f. S. 206 ) , wo es eine schmale und in schlechtem Zustande befindliche Brücke, die über eine der Quellen der Osma führt, passiren mußte *), - was , da Jeder gern aufs Baldigste passiren wollte ,
ein
großes Gedränge verursachte , so daß es der ganzen Autorität des Vicekönigs bedurfte und der Anstellung seines Generalſtabes , um, besonders bei den Artilleriezügen und der Menge von Bagage die hinzuströmte, Ordnung zu erhalten und den beschwerlichen Uebergang nicht zu sperren. Besser ging es jenseits Sjemlewo (f. S. 205) , wo es über einen stärkeren Arm der Osma eine breitere und festere Brücke gab. Gegen Ende des Tages wurde die Colonne schon von Kosacken beunruhigt, welche die aufs Futterholen Ausgegangenen jagten und Ver-
*) Dieſe hätte , wenn von dem vorangehenden Generalftabe des Heeres auch nur ein wenig an das nachfolgende Heer gedacht worden wäre , verbeſſert und erweitert werden müſſen. – Jeder bekümmerte fich aber nur um sich , nicht mehr um seine Pflichten !
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wirrung bei dem Bagagezug verursachten, die sich sofort weiter, und Bestürzung unter dem großen Haufen , verbreitete. Der breite, tiefe, halbgefrorene , mit Moräften umgebene Bach zwischen Sjemlewo und Rybki , welcher keine Brücke hatte (oder deſſen Brücke man vielleicht in der Dunkelheit verfehlte) mußte durchwatet werden ; doch verlor man nur einige Wagen, die in dem Wasser stehen blieben. Nacht bei Rybki.“
Das Armeecorps verbrachte die
11. Marschall Ney meldete am 4. , daß er mit seinem Armeecorps um 6 Uhr Morgens
aufgebrochen sei und die
Staffeln so angeordnet gewesen wären , daß man vor Stockungen auf dem Wege und vor Ueberfällen des Feindes gesichert sein konnte. Die rückgängige Bewegung sei , was die Truppen des 3. Armeecorps anlange, mit aller Ordnung, die man wünſchen könne, ausgeführt worden ; die Straße ſei aber mit gewiß 4000 Mann von allen Regimentern der großen Armee bedeckt gewesen , die man unmöglich habe zuſammenhalten können. Dieß mache die Lage eines mit der Nachhut beauftragten Offiziers um so beschwerlicher , als sie bei dem geringsten feindlichen Anfall ausriſſen und dann leicht in den Colonnen Unordnung hervorbrächten.
Der Feind habe das rückziehende 3 .
Armeecorps mehrmals angegriffen, ſei aber von allen Abtheilungen so gut empfangen worden , daß er nirgends einzudringen vermocht habe ; und als daſſelbe endlich eine Stellung eingenommen, so habe er ein starkes Feuer begonnen um es zu vertreiben, ſei aber durch die Uebermacht des dieſſeitigen Artilleriefeuers (woran das würtemberger seinen guten Antheil gehabt) , gezwungen worden sich zu entfernen. Die Stellung und der Biwack für die Nacht fand bei Sjemlewo Statt * ). 12. „ Die hessische Brigade ſezte mit der jungen Garde am 3. den Marsch bis etwa 5 Werſte über Zazkow (Schaschkow) hinaus fort und bezog dann für die Nacht einen Biwack, zufolge der Werstenpfähle bei der 111. Werste von Smolensk. Die 26 Werfte , welche die Brigade an diesem Tage zurücklegte, galten zwar für einen starken Marsch, waren jedoch bei
*) Das 1. Armeecorps mußte hiernach die Nacht zwischen Sjemlewo und Rybki verbracht haben.
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Marschirern, wie wir sind, und bei dem guten Wetter, das wir hatten , ein wahres Nichts . Ohne Anstand würden wir, wenigstens vom Garderegiment , in zwei Tagen , wenn es darum gegolten hätte , von Wjäsma nach Dorogobuſch marſchirt ſein ; dem Leibregiment und den Regimentern der jungen Garde aber würde dieß schon schwer geworden sein. Daß wir uns etwas matt fühlen , daran ist blos die wenige Nachtruhe in den Biwacks Schuld, und diese wird uns auch bald so herunter gebracht haben , wie die übrigen Soldaten des Heeres ; denn zu eſſen hat unser Soldat heute noch genüglich ; es ist aber zu fürchten, daß mit diesem Abend auch der Vorrath der Meisten zu Ende geht , und wenn nicht noch vor Nacht geschlossene Compagnieen zum Fourragiren ausgeschickt werden (die in Dorogobusch wieder zum Trupp stoßen könnten) , so wird es von morgen an übel damit aussehen *) , und noch mehr die folgenden Tage : denn, mit dem Stande der Magazine in Dorogobuſch hinlänglich bekannt, und da die alte Garde und das Hauptquartier mit seinem großen Anhang daraus vor Allen befriedigt ſein müſſen , konnte man wissen , daß schwerlich für die junge Garde oder gar für die hessische Brigade , die legte derselben, ein Sack Mehl oder Körner übrig bleiben würde" ** ). Den Burschen aber predigte man vergebens Sparsamkeit mit ihren wenigen Lebensmitteln , da fie , bei der scharfen Nachtluft und wenigem Schlaf, gewöhnlich auch noch ein Mitternachtessen hielten ***). Den 4. November marschirte die hessische Brigade 13. mit der Division bis in das Birkengehölz (s. S. 202) bei der 107. Werfte von Smolensk. Hier wurde eine große Raft von
*) ,,Da dieß aber nicht geschah , wie es denn ohne die Erlaubnis des Brigade- und Divifionsgenerals, vielleicht ohne die des Marschalls, nicht geschehen konnte , obgleich eine geschloffene Compagnie von 80100 Mann von allen Kosacken der Welt nichts zu fürchten hatte , und ich das Geschäft gern freiwillig mit meiner Compagnie übernommen hätte , so blieb mir nur übrig , meine Leute zur äußerßten Sparsamkeit mit dem was fie noch hatten und Benußung des Pferdefleiſches zu ermahnen 2c." Tagebuch. **) Tagebuch. ***) ,,Wo unser Generalcommando eine Hütte gefunden , blieb mir unbekannt , so viel ich auch geforscht hatte.“ Ebenda.
285 ungefähr 6 Stunden gemacht. Se. H. der Prinz Emil, Generalcommandeur , traf bei uns ein, als wir unsre Feuer angemacht und eben einige gefallene Pferde zerstückt hatten (denn von unsrem Hornvieh ward höchstens zur Abendſpeiſe › etwas verabreicht) . Als Grund des Verweilens der Diviſion und ganzen jungen Garde so geraume Zeit an dieser Stelle ward angegeben , daß der Kaiser hier den Russen eine Schlacht zu liefern beabsichtige , und wir dazu im Versteck dieſes Birkengehölzes lägen ; auch wurde uns angedeutet , uns dazu bereit zu halten *). Die beste Bereitschaft war aber offenbar (nach östreichischer Sitte) Abkochen , oder , da wir dazu nicht vorgesehen waren , Abbraten , wozu die Soldaten , ohne weitere Erinnerung als die ihnen ihr Magen gab, auch sogleich schritten. Se. Hoheit der Prinz Emil schenkte ihrem Thun vollen Beifall und nahm selbst ein Stück gut gerathener Pferde - Carbonade von ihnen an , kostete es und fand , als ächter Soldat , ſolches schmackhaft genug und wohl geeignet der Brigade die nöthige Beihülfe zu gewähren , wenn etwa die Austheilungen (sonstiger Lebensmittel) einigemal etwas schmal ausfallen dürften, bis wir Smolensk erreicht hätten „wo dann die reichlich gefüllten Magazine es uns an nichts mehr fehlen lassen würden.“ Hunger , frische Luft und ein freundliches Wort des jungen Fürstensohnes **) , der mit uns dulden und tragen mußte, machten das saftlose Pferdefleisch der verhungerten Thiere zum schmackhaften Mahle. Die Kälte war diesen 4. schon ſehr im Steigen, und wenn man sie gestern höchstens 5 unter 0 Réaumur ſchägen konnte , so wird man sich nicht viel irren,
*) Der Kaiser war (nach Chambray und Andern) einen Moment ernstlich Willens , feine Armee in dem Birkenwalde in den Hinterhalt zu legen und daraus über Miloradowitsch , wenn er glaube , es nur mit der Arrieregarde zu thun zu haben , herzufallen. Die allgemeinen Dispofitionen zur Ausführung dieses Entwurfs (der zu Wjäsma noch am Plaß gewesen wäre) waren schon gegeben . Die Berichte über den absoluten Mangel an Lebensmitteln 2c. scheinen den Kaiſer davon abgebracht zu haben. **) ,,Ein freundliches Wort war dem Soldaten etwas ganz Neues ; es wurde ihm selten , man kann ſagen nie , von seinen (freilich kränklichen) Regimentschefs 2c." Tagebuch.
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wenn man ihr heute das Doppelte gibt.
Auch hatte sich schon
in der verflossenen Nacht etwas Schnee gezeigt , was in dieſem Lande das Beginnen der größeren Kälte , des eigentlichen Winters , anzeigt. Während unsrer Rast wiederholte sich dieses und deutete leider ! auf baldigen starken Schneefall, etwas höchſt Unglückseliges für uns , hin.“ 14. „Marschall Mortier mußte nun andere Befehle erhalten haben ; denn statt, wie es allen Anschein hatte, die junge Garde im Birkengehölze für die Nacht und dazu auch die andern Armeecorps kommen zu lassen , erhielt sie Befehl noch nach Dorogobusch zu marſchiren. Da der Abmarsch erst Nachmittags geschah , so war die Nacht schon lange eingetreten, als wir Hessen den Biwack bei jener Stadt bezogen ; die andern Brigaden der jungen Garde rückten größtentheils ein ; die Westphalen , welche Dorogobusch heute verlassen hatten und weiter gezogen waren , hatten dazu Plaß gemacht *)." --- Das kaiserliche Hauptquartier , welches am 3. von Sjemlewo nach Slawkowo gekommen war , verblieb auch am 4. daselbst.
Neunundfünfzigstes Kapitel. Rückzugfortſeßung der franzöfifchen Hauptarmee vom 5. bis 7. November. Schneefall ; Winteranfang. Vermehrtes Elend der Soldaten. Befehle an Marschall Victor. Thun Miloradowitsch's und Ba ragap d'Hilliers'. Detaſchirung des 4. Armeecorps gegen Witebsk. 1. Die allgemeine Rückzugbewegung der Hauptarmee wird am 5. November , und zwar in folgender Ordnung, fortgesezt : Voran das 8. Armeecorps unter Jünot ; dann die junge Garde unter Marschall Mortier ; das 2. und 4. Cavaleriecorps ; die alte Garde ; das 5. Armeecorps ; das 4.; das 1 .; endlich Marschall Ney mit dem 3. Armeecorps als Arrieregarde der Armee , - (welche für dieſe Nacht des 5. zwiſchen Oreko und Boldin stehen blieb) .
*) Was mit Anführungszeichen ,, " ohne Weiteres verfehen ift, ift aus meinem Tagebuch, und was von den hefſiſchen Truppen vorzugsweise daraus angeführt wird , ift (als etwas mir genau Bekanntes) als Beis spiel auch auf andere Truppen bezüglich.
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2. Das Hauptquartier des französischen Kaisers kam am 5. nach Dorogobusch ; jenes des feindlichen Feldherrn Kutusow war (nach russischen Berichten) zu Bakowi unweit Wjäsma. 3.
„Die hessische Brigade brach bei Schneewetter aus
ihrem rauhen Biwack bei Dorogobusch den 5. Morgens ziemlich spät auf, immer noch hoffend , in jener Stadt wenigstens beim && Durchzuge einige Lebensmittel ausgetheilt zu erhalten. war eine vergebliche Hoffnung . Daß es den Regimentern der jungen Garde wie uns ging , ist , was das Eßbare_betrifft, nicht zu bezweifeln ; aber etwas Branntwein hatten sie , wir nicht , erhalten. - Die Lage der hessischen Soldaten, von welchen auch die sparsamsten mit ihren Vorräthen zu Ende waren, ward nun sehr übel ! Unter drei Tagen fonnte Smolensk nicht erreicht werden , und an andere Lebensmittel ,
als die uns die
fallenden Pferde oder einige Stücke des noch übrigen jämmerlich abgetriebenen Hornviehs gewähren konnten, war bis dahin nicht zu denken. Schon beim heutigen Abmarſche blieben einige Leute des Leibgarderegiments und noch mehrere des Leibregiments zurück , die vom Aufsuchen von Lebensmitteln noch nicht wiedergekommen waren ; und ebenso blieben mehrere auf dem heutigen , wennschon nur kurzen Marsche aus Mattigkeit zurück *). Der Marsch ging überhaupt beim ganzen Corps der jungen Garde so schläfrig und matt, daß wir bei einem Marſche von nur 5 Stunden Wegs doch stark in die Nacht hinein kamen , bis er zurückgelegt war. --- Wir hatten unsern Nachtbiwack etwa eine Werste über die Stelle hinaus , wo das Garderegiment und 1. Bataillon Leibregiments am 4. October
* ) ,,Mit meinem Brodvorrath, da ich den Dürftigsten meiner Compagnie (auch einigen Offizieren) mitgetheilt hatte, war es heute zu Ende gegangen ; ich hatte vor den Soldaten nichts mehr voraus als zwei Hände voll gerößtete Gerftenkörner (Kaffee - Surrogat) , wovon jedoch das Uebrige dem Koch zur Speise diente, ein Stück Zucker, etwas Moskauer Thee und eine Bouteille Branntwein. Leßtere kaufte ich für schweres Geld in Dorogobuſch, wohin ich gestern Abend zum Einkauf einiger Lebensmittel gegangen war , wo ich aber nichts als diesen Branntwein fand , und den Unteroffizier und zwei Soldaten , die ich bei mir hatte, nur einen Balken von einem verbrannten Haus mitnehmen ließ , damit wir uns wenigftens gute Feuer in unsrem Biwack machen und vielleicht dabei den Hunger etwas verſchlafen konnten.“
288 (f. S. 196) Mittag gemacht hatten“ *) . vollen Winter ! ** ) .
Wir hatten nun
4. Am 6. fam des Kaisers Hauptquartier nach Michalewka. Hier erfuhr er das Gefecht bei Czasniki (ſ. LV. 3. 4. ), sowie den Rückzug des Marschalls Victor mit dem 2. und 9. Armeecorps.
Der Kaiser war unzufrieden damit , und es erging
sofort ein Befehl an ihn , sogleich die Offensive wieder zu ergreifen und die Armee Wittgensteins über die Düna zurückzuwerfen, das Heil der Hauptarmee hänge davon ab. Dabei bemerkte ihm der Major- General, daß diese den 8. November Smolensk erreichen werde und gab ihm einigen Aufschluß über den Zustand , worin sie sich befand , z. B. daß die Cavalerie zu Fuß sei, der Frost (er hätte sagen können : der Hunger nebst Frost 2c.) die Pferde hingerafft habe 2c. 5. Die junge Garde kam am 6. etwa zwei Stunden Wegs über Michalewka hinaus.
Mein Tagebuch sagt :
„Schon matt
und müde beim Aufbruch zur Fortſegung des Marſches ! Der heute aus ſturmweiſe vorüberziehenden Schneewolken fallende Schnee ist dabei ein arges Hemmniß desselben, noch mehr aber das Glatteis , zu welchem sich die gestrige Schneedecke gestaltet hat.
Der Offizier , welcher noch ein Pferd hatte, mußte
deßhalb entweder vom Pferde steigen , oder er konnte , da die Pferde nicht geschärft und äußerst matt waren , nur in dem tiefen Schnee auf den Feldern reiten und sie damit völlig erschöpfen. Unser Nachtbiwack fand in einem Birkengehölz (56 Werste von Smolensk), zwei Stunden über Michalewka hinaus, Statt. Man hatte gehofft , diesen Tag noch bis über den Dnjepr zu kommen. Es ging nicht! Die mit Eis infruſtirten Birkenreiser, die man zu Biwackfeuern ſammelte, wollten nicht in Brand kommen und hüllten uns nur in Rauch ein. So konnte der arme Teufel von Soldat heute sich weder wärmen , noch sein zähes Fleisch braten. Er mußte es geräuchert verzehren, wenn er sich nicht mit ganz leerem Magen in den
*) Nach Notizen des Majors Zimmermann 72 Werfte von Smo lensk; was ungefähr mit meinen Tagebuch-Anführungen zuſammentrifft. **) Obgleich ihn das 29. Bülletin erft mit dem 7. November anfangen läßt !
289
Schnee legen wollte.
Das Elend ist unsäglich! ―
Der Rest
unsrer Hornviehheerde muß nun nothwendig ebenfalls zu Grunde gehen , da für dieselbe auf dem Felde keine Nahrung mehr zu suchen ist; auch fallen uns in dieser Nacht schon mehrere Stücke, so daß wir wenigstens heute reichlich Fleiſch von ihnen hätten haben können , wenn es nur ein Mittel gegeben hätte, es genießbar zuzubereiten 2c.“ 6. Vom rückwärtigen Haupttheile der Armee hatte das 4. und 1. Armeecorps ſeinen Nachtbiwack bei Dorogobuſch, die Stadt vor sich habend , das 3. sie im Rücken behaltend, und seine Nachhut stand noch eine gute Strecke davon , vielleicht hinter der Osma. Das würtemberger Corps mußte auf dem --heutigen Marsche alle Zwölfpfünder stehen lassen. Die Polen waren bis Uswiati gekommen. 7. Eugen hatte Befehl erhalten , den Dnjepr am 7. November mit dem 4. Armeecorps bei Dorogobusch zu passiren, was auf einer Floßbrücke geschah.
Das Armeecorps hatte noch
80 Geſchüge und unzählige Bagagewagen bei sich : was schon erschrecklichen Aufenthalt verursachte , um sie mit den matten Pferden nur auf das hohe rechte Dnjeprufer hinaufzubringen ; der Weg war spiegelglatt. Die Richtung ward auf Duchowschtschina genommen, auf der Straße nach Witebsk , wohin das 4. Armeecorps sich begeben sollte. Zazelje ſollte an diesem Tage erreicht werden; allein der Weg war durch Glatteis und tiefen Schnee so schlecht , und die Pferde waren so matt geworden , daß das Fuhrwerk erst den 8. dahin gelangen konnte und zum Theil stehen gelassen werden mußte *). Die ArriereDer garde blieb noch über eine Stunde hinter Zazelje. Hetmann der Kosacken (Platow) war dem 4. Armeecorps auf dem Fuße gefolgt und hatte es in der Queue und Flanke kanonirt , auch verschiedene Hurrahs darauf machen laſſen, ohne ihm etwas anhaben zu können ; doch mußten einige Geſchüge und Bagagewagen verlassen werden. *) Der Soldat fing an die Wagen zu plündern , und nicht blos die, welche man im Stiche laſſen mußte, -- ,,und nahm man diejenigen Soldaten aus , welchen diese Plünderung neues Leben gegeben hatte, so erblickte man überall nur Menschen , die vor Hunger und Kälte ftarben, Pferde die vor Durft verschmachteten 2c." Labaume. Röder, Kriegszug. 19
290 8.
---
Die Nachhut des Marschalls Ney ward am 7. gleich-
falls angegriffen , zog sich aber in guter Ordnung auf Dorogobusch zurück, wo das 3. Armeecorps den Angriff, der hier (nach russischen Berichten von der 4. Infanteriediviſion und zwei Jägerregimentern) gemacht wurde, kräftig zurückwies . Es zerstörte hierauf die Brücke über den Dnjepr , gab die noch stehenden Reste der Stadt den Flammen Preiß und zog sich dann ohne weitere Anfechtung zurück , die Nacht dieſes Tages zwischen Sawino und Michalewka verbringend. 9. „Wir Hessen sahen am 7. Morgens gar nicht mehr nach , wer fehlte oder im Biwack liegen blieb ; man stellte nur, geordnet in den Compagnieen , Bataillons 2. auf, wer gerade erſchien , und die Regimenter marſchirten sofort ab. Es fällt noch immer Schnee und die Kälte steigt. Sie muß schon 15° unter 0 Réaumur betragen! Wir repassirten den Dnjepr. Was wir (Offiziere) auch bei dieser Gelegenheit dem Soldaten, und gewissermaßen uns selbst, Aufmunterndes sagen , indem wir auf das nahende Ende unsrer Leiden , Smolensk , hinweisen: Körper und Geist sind bei Allen schon zu sehr herunter, als daß es noch anregen konnte. Man marschirte in dumpfer Fühllosigkeit fort. Fiel einer oder blieb zurück , man ſah nicht mehr hin und schritt mechanisch weiter 2c." *). Nachtbiwack am 7. 31 Werste von Smolensk. 10. Des Kaiſers Hauptquartier kam diesen Tag (7. November) nach Pnjewa (ein Dorf und Schloß , das , wenn man den Dnjepr passirt hatte, auf etwa eine Stunde zur Rechten, oder nordwärts der Straße lag). - Das 8. Armeecorps kam bis in die Nähe von Smolensk ( ſ. LXI. 5). 11. Miloradowitsch , der , wie es schien , schon vor der
*) ,,Meine Füße , als wir den Nachtbiwack erreichen , find ſo geschwollen, daß ich es in den Stiefeln nicht mehr aushalten kann und mir von einem meiner großen Soldaten Schuhe borgen , die Stiefel aber von den Füßen schneiden lafsen muß. Auch bin ich von SchlafTofigkeit so erschöpft, daß ich nicht mehr an Effen denke, ſondern, ſobald nur ein Feuer zu Stande gebracht ist , mich in den Mantel wickle und zu schlafen versuche, was mir auch für einige Stunden gelang und mir wieder etwas auf die Beine half zc. Eine Taffe Pferde-Bouillon genoffen , that dann das Weitere." Tagebuch.
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Einmündung der Osma den Hetmann Platow rechtshin und über den Dnjepr gewiesen hatte, hatte auch linkshin auf Chlifti u. s. w. den General Orlow - Denisow mit
einem Regiment
Fußjäger , zwei Regimentern Cavalerie , mehreren Pulks Kosacken und Geschüß entsendet. Er selbst mit dem Haupttheile seines Armeecorps verließ schon eine Stunde hinter Dorogobusch die ganz verwüstete , seinen Truppen keine Unterkunft mehr gewährende Hauptstraße , und dirigirte fie , da das Winterwetter jegt eine solche Unterkunft absolut erheischte, auf Jelina. Nur den General Yurkow mit einer Infanteriedivision (s. 8.) , Geſchüß und Koſacken ließ er zur unmittelbaren Verfolgung der feindlichen Nachhut auf der Hauptstraße. 12. Die Reservedivision Baragay d'Hilliers ' räumte am 7. Jelina und zog sich auf Smolensk zurück , ließ jedoch die Infanteriebrigade Augereau halben Weges zwischen beiden Städten, zu Liaskowo , nebst etwa 500 Pferden und 6 Geſchüßen , aufgestellt zurück (s. LXII. 4).
Sechszigstes Kapitel. Bewegungen des Marschalls Victor mit dem 2. und 9. Armeecorps und des ruffischen Generals Wittgenstein , der Witebsk nehmen läßt. (Gefechte des hessischen Gardechevaulegers- Regiments .) Trennung des 9. vom 2. Armeecorps , bei welchem Marschall Oudinot wieder eintrifft. 1. Marschall Victor beſchloß nach zweitägiger Ruhe zu und bei Sjenno eine Bewegung links gegen Czereja auszuführen , sowohl um von hier aus die Stellung Wittgensteins bei Smoliani in ihrer rechten Flanke zu bedrohen , als auch wohl für den Nothfall Borisow und Minsk näher zu sein. Demgemäß ertheilte er dem General Fournier den Befehl, mit drei Regimentern seiner leichten Reiterdivision nach Lukoml zu marschiren und Stellung zu nehmen, das badische Husarenregiment (unter Oberst Cancrin) aber vor der Hand zu KrasnoëGurra zur Beobachtung des Feindes zu lassen , ---- (der inzwischen auch Beszenkowiczi mit einem Detaschement unter General Laharpe besezt hatte). Der Marschall felbft traf་ ་noch an diesem Tage zu Czereja ein , wohin er das 2. und 9. Armee19 *
292 Auch wurde das badische corps in Bewegung gesezt hatte. Husarenregiment noch desselben Tages (am 5.) von einem feindlichen Cavalerie - Angriff bedroht , griff aber sogleich ſelbſt an und warf den Feind mit Verlust zurück. 2. ,,General Fournier, der auf seinem Marsche viel Waldung und mehrere Defileen zu paſſiren hatte *), marſchirte mit äußerster Vorsicht. Es war ein Marsch von drei Meilen, den man zu machen hatte (21 Werfte) . Die Stadt Lufoml wurde sogleich besezt.
Wegen schon eingetretener Kälte wurden Men-
ſchen und Pferde unter Obdoch gebracht. Das ſächſiſche Chevaulegers- und bergiſche Lanciers-Regiment erhielt seine Quartiere in der auf dem rechten Ufer der Lukomlia liegenden Stadt; das großherzoglich hessische Chevaulegersregiment ward auf die am linken Uf.r liegende, ganz offene Vorstadt angewiesen. Da man hier dem feindlichen Angriffe zuerst ausgesegt war , und einem solchen jeden Augenblick entgegensehen mußte , so befahl Oberst von Dalwigk, daß alle Pferde des Nachts geſattelt und (Beobachtungspoſten waren nach aufgezäumt bleiben sollten.“ Lepel und Czasniki hin ausgestellt.) 3. „ Die Nacht (berichtete Oberst von Dalwigk) war ruhig vorübergegangen ; den 6. Morgens 7 Uhr aber kam ein Reiter von der Feldwache ,
die auf der Straße von Czasniki (500
Schritt vom Ort) poſtirt war , angeſprengt und meldete , daß der Feind dieselbe mit drei Schwadronen angegriffen und geworfen habe“ **).
(Diese Feldwache, aus zwei Offizieren und
*) So sagt Oberst von Dalwigk , Befehlshaber des heffiſchen Chevaulegeisregiments , in ſeinem ſchon oben (LV. 5.) erwähnten „ Bericht an Se. H. den Prinzen Emil von Heſſen über die Gefechte welchen das großherzoglich heifische Garde- Chevaulegersregiment während des Feld. zugs 1812 in Rußland beigewohnt hat." Dieser Bericht , der mir von seinem Verfasser mitgetheilt worden ist , ward schon von Kausler (Zeitschrift für Kriegswissenschaft, 1823) zur Kunde des Publikums ge bracht, entbehrt jedoch in seiner dortigen Geftalt noch mehrfacher nöthigen Berichtigungen. **) ,,Der Feind hatte 5 Schwadronen theils ſchwere, theils leichte Reiterei." ,,Während seiner Attaque des Vorpostens Lukoml schickte er kleine Detaſchements rechts um den Ort (ift in der Regimentsgeſchichte gefagt), um das Terrain in unsrer linken Flanke zu recognosziren. In Zeit von vier Minuten war das Regiment zu Pferd , und ungeachtet
293 60 hessischen Chevaulegers bestehend , war , mit 30 sächsischen Dragonern (bez. Chevaulegers) unter Major von Zirkel verstärkt , zur gewöhnlichen Frührecognoszirung auf der Straße von Lepel vorgegangen , als sie hier auf den Feind stieß.) „ Es wurde sogleich Allarm geblasen ;
aber kaum hatten die
Chevaulegers , trog ihrer Bereitschaft , Zeit auf die Pferde zu kommen , als man auch schon den Feind hinter der Feldwache her mit fürchterlichem Geſchrei nach der Vorstadt herein jagen sah." " Ihn hier aufzuhalten (sagt der Oberst) war nicht möglich, da , wegen eines engen Defilees im Rücken , das (um auf den Allarmplag zu kommen) zu passiren war, sich nicht verweilt werden durfte. Das Regiment beeilte sich daher nur, ſo ſchnell als möglich auf den hinter der Stadt Lukoml befindlichen Divisions - Sammelplag , eine freie Ebene , zu kommen, in der Hoffnung , den nachseßenden
(starken) Feind daselbst
(ohne Risico) nachdrücklich empfangen und zurückwerfen zu können. Es wurden dabei auch nur ein säumiger Chevauleger gefangen und acht verwundet."
Die Schnelligkeit , womit sich
das (großherzoglich hefſiſche) Chevaulegersregiment formirte, machte den auch über den Bach * ) gekommenen Feind stugen;
es im Ort eine tiefe Furt paffiren mußte , wodurch, da der Feind dicht auf der Ferse saß , einiges Gedräng entfland , so wurden doch nur acht Leute bleffirt und ein Mann gefangen. Die zwei andern Regimenter kamen nicht so gut weg , als das heffiſche Chevaulegersregiment , da fie ihre Pferde größtentheils abgeſattelt und Leute auf Fourragirung geschickt hatten. Es wurden mehrere von ihnen gefangen , und befonders (welches Unheil vorvon den Sachſen mehrere Pferde erbeutet" zugsweise die zurückkehrenden Fourrageurs traf, die zum Theil dem rückkehrenden Feind in die Hände fielen ). *) Die Situation von Lukoml beschreibt Oberft von Dalwigk Lukoml ist ein offener (in der Sammlung seiner Notizen) wie folgt : Ort, unregelmäßig gebaut und dessen Häuser bloß aus Holzftämmen aufgeführt find. Er wird von einem Bach (der hohe und steile Ufer hat, und) den man mittelft einer Furt paſfiren muß, durchſchnitten. (Unweit dieser Furt , die zur Zeit des obenberührten Gefechts bis 4′ Wafferhöhe hatte , gibt es auch eine etwa 6′ breite Brücke ( oder Steg) für Reiter und Fußgänger. Von der rechten Seite her zieht nach der Furt eine Hohle durch die Vorstadt, welche der ruffifchen Cavalerie glück. licherweise durch einen Marketenderwagen bei jenem Anfalle versperrt wurde , die dieffeitige Localkundige aber zu vermeiden wußten. ) Auf
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er wurde ebenso rasch angegriffen und gezwungen , mit derfelben Schnelligkeit, als er gekommen, und einem Verluste von 10 Mann, die er auf dem Plage ließ und 20 Gefangenen, sich zurückzuziehen. Die Regimenter Prinz Johann (sächsischer) Chevaulegers und Lanciers von Berg trafen zu spät auf dem Sammelplage ein , um an dem Gefecht noch Antheil nehmen zu können *). 4. General Fournier ließ auf die Meldung, daß der Feind sich wieder völlig zurückgezogen , die drei Cavalerieregimenter wieder einrücken ; allein da er wohl einsah , daß dieser unverkennbaren Recognoszirung ein ernstliches Unternehmen auf das Städtchen Lukomt baldigst folgen dürfte , dasselbe aber ohne Infanterie gegen die Russen nicht zu halten sei, so erbat er sich dieſe von Marschall Victor , während er in der Zwiſchenzeit (nach Oberst von Dalwigk) folgende Anstalten zur Vertheidigung traf: Er ließ alle Straßen der Vorstadt und des Städtchens verrämmeln , während eine Schwadron der bergischen Lanciers hinter der Brücke (und Furt) des Bachs aufgestellt ward und die besten Schüßen jener Lanciers und der hessischen Chevaulegers (unter dem hessischen Lieutenant Miß zu Fuß) bei den Communicationen vertheilt standen, um im Falle eines feindlichen Angriffs das Städtchen so lange , bis die erwartete Infanterie herangekommen , behaupten zu können. Dem größten Theile seiner Reiterei ließ er den Sammelplay hinter Lucoml anweiſen (ſ. 293). “ 5. Am 7. , øder dem Tage nach fener Recognoszirung, Morgens 10 Uhr erschien der Feind mit 5 Schwadronen, 4 Grenadierbataillonen und 4 Sechspfünder-Kanonen , und griff das Städtchen sogleich mit 2 Bataillonen und 2 Kanonen an (wäh-
eine Viertelftunde von der Vorstädt (des linken Ufers) beginnt nach Czasniki hin Waldung , und das ganze dazwischen liegende Terrain erhebt sich vom Bache Lukomlia an zu einer sanften Anböhe , die zuleşt fich in mehrere Hügel endigt.“ – (Die Notizen des Obersten von Dalwigk suchte ich aus den Erzählungen der Offiziere des Regiments zu vervollständigen . ) *) Es scheint nicht, daß das heffiſche Chevaulegersregiment bei dem Zurückwerfen des Feindes noch besonders Blesfirte erhalten habe , da keiner als der obigen 8 gedacht wird (f. jedoch 6.).
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rend er die andern zwei Bataillone und Kanonen in Reserve behielt). Durch die muthige Gegenwehr der Schügen (unter Lieutenant Miß , s. 4.) wurde der erste Angriff, den die Tirailleurs der russischen Bataillone machten, abgeschlagen. Doch wurden , durch die Verstärkung die . sie sofort erhielten , bald darauf sowohl die dieſſeitigen Schüßen, als auch die Schwadron Lanciers (unter Rittmeister Kihner) zum Weichen genöthigt. Jeden Schritt vorwärts mußte aber der Feind bei dem gut geleiteten Carabinerfeuer der abgesessenen Reiter theuer erkaufen ; auch gelang es ihm erst nach zwei Stunden in den vollen Besig von Lukomt zu kommen (da er hierbei durch die Straßen-Barrikaðirungen und Bachübergänge sehr aufgehalten wurde). Sobald die russische Infanterie in Besig von Lukoml gekommen war , debouſchirte ihre bis dahin in Reserve gehaltene Reiterei und formirte sich zum Angriff gegen die hinter dem Ort en échelons aufgestellten Lanciers von Berg und hefſiſchen Chevaulegers *). Kaum aber waren sie hierzu etwas vorgerückt, als eine badische halbe Batterie herbeieilte und zu feuern begann, - was nicht allein die feindliche Cavalerie zu Unterlassung des Angriffes und zum Rückzuge bestimmte , sondern auch die feindliche Artillerie bald zum Schweigen brachte. „Kurz darauf kam die Infanteriedivision Legrand in eiligem Marsche von Czereja heran, rückte gegen Lukoml vor und vertrieb die Ruſſen womit sich diese Affaire benach einem lebhaften Gefecht , schloß , indem die Russen sofort den Rückzug , von der dieſſeitigen Cavalerie verfolgt, nach dem nahen Walde antraten, wo fie vollkommen in Sicherheit waren" (sagt Oberst v. Dalwigk, und fährt dann fort) :
6. „ Das großherzogliche Chevaulegersregiment, die Elitencompagnie der bergischen Lanciers und die badische halbe reitende Batterie , welche an diesem Tage am meisten mit dem Feinde engagirt waren, wurden in einem Tagbefehl des General Legrand besonders gelobt." --- ,,Verwundet wurden am 6. und
*) Weder Oberft von Dalwigk, noch Major von Miller (der voy dieſem Gefecht redet) gedenkt dabei des sächsischen Chevaulegereregis ments , und doch war es sicher dabei.
296 7. bei Lukoml : zwei Wachtmeister, zwei Corporale und dreizehn Mann" * ). 7. Der russische General Graf Wittgenstein hatte bereits am 1. November ein Detaſchement unter Generalmajor Laharpe nach Beszenkowiczi geschickt, wo dieſer bis zum 5. ruhig ſtehen blieb. Sowie er aber hier die Entfernung des Marschalls Victor von Sjenno erfuhr , brach er auf beiden Ufern der Düna nach Witebsk auf, um diese Stadt den Franzosen zu entreißen. Der Angriff erfolgte am 7. November mit Tagesanbruch ; und da, wie es scheint, der Commandant dieſer Stadt zum Rückzug vor sehr überlegener Macht angewiesen war , so trat er dieſen nach kurzer Gegenwehr mit dem Theile der Garnison an, den er versammeln konnte , nebst zwei Geſchüßen auf der Straße über Lionza nach Smolensk. Aufs Lebhafteste jedoch von der feindlichen Cavalerie (Dragoner und Kosacken) verfolgt und gedrängt , ward er genöthigt , sich ungefähr zwei Stunden von Witebsk zu ergeben , so daß nur noch wenige Leute , die gleich Anfangs dahinwärts geflohen waren, sich nach Smolensk retten konnten **) . 8. Den Tag nach dem Gefechte zu Lukoml (8. November) löfte die bergische Brigade Infanterie , die zur Unterſtügung der Division Legrand nach Strozewicze vorgerückt war , diese Division zu Lukoml ab , welche sofort nach Czereja zurückging. Zur Unterstügung der bergischen Brigade aber rückte die baMarschall Dudinot, der, dische (am 9. ) in Strozewicze ein. genesen von seiner Wunde , zu Czereja eingetroffen war, ſammelte daselbst sein Armeecorps (das 2.) , deſſen Befehl er wieder übernommen hatte.
Erhaltenen (höchsten ?) Befehlen zufolge
*) General Fournier wurde wegen dieses glücklichen Gefechts von Lukoml zum Divifionsgeneral ernannt. **) ,,Sierunter ein etwas Reconvaleszirter meiner Compagnie, der dieß erzählte, was denn auch sonst Bestätigung erhielt.“ Tagebuch. — Die Kranken und Reconvaleszenten der großherzoglich heffiſchen Truppen , welche beim Abmarſche dafelbft im Spital gelaſſen worden waren , noch beiläufig 80 Mann vom Unteroffizier abwärts , dann Lieutenant de Grandville vom 1. Bataillon Leibgarde, fielen dadurch in ruffische Gefangenschaft. ― Wäre ich nicht krank von Witebsk mit dem Bataillon weggegangen , so dürfte es zugleich auch mein Schicksal gewesen sein.
297 follte er sich mit demselben über Chlopeniczi nach Borisow ziehen , während Marschall Victor mit dem 9. Armeecorps ſich bei Lukoml zur Beobachtung Wittgensteins zu verweilen beabsichtigte und sein Hauptquartier nun in dieſe Stadt verlegte. 9. Marschall Oudinot hatte schon am 4. , als er durch Borisow nach Czereja ging , dem General Corbineau Befehl zugeschickt, wieder vom 6. Armeecorps (des Generals Wrede) abzugehen und ohne Verzug sich dem 2. wieder anzuschließen (f. LXIII. 1.) (da er diese leichte Cavaleriebrigade nicht entbehren wollte noch konnte).
Einundsechszigſtes Kapitel. Fortsetzung des Rückzugs nach Smolensk , am 8. November. Insbesondere Ankunft der jungen Garde und der heffiſchen Brigade in dieser Stadt. Das Ende der Leiden ist noch nicht, wie man hoffte, damit gekommen. Manches die großherzoglich hessischen Truppen insbesondere Betreffende. (Ankunft des hessischen leichten Infan= terieregiments und der heſfischen Artilleriedivifion in Wilna ; Stärke des Marschbataillons des Capitäns Stolz zu Smolensk ; Kriegscommiffariat 2c.) 1. „Aufbruch (der jungen Garde) am 8. November zur Fortsegung des Rückzugs ; bei uns Heffen , wie gestern *) ! Die Artillerie (zwei Sechspfünder 2.) des Leibregiments war zu dieser Zeit , 7 Uhr Morgens , noch nicht bei der Brigade eingetroffen ; auch kümmern wir uns nicht darum ; (wir hätten es auch nicht gekonnt und wußten sie in guten Händen, da der commandirende Unteroffizier gewiß Alles that, sie heranzubringen).
Nach einer Werste Marsches passirten wir den Kmost-
fluß (der gefroren war) und da die Soldaten seine Brücken erkannten , so erscholl der Ruf: „ wir erreichen heute noch Smolensk ! " Auch half dieser Gedanke ihren gesunkenen Kräften so weit nach, daß sie den Marsch von 10 Stunden um 7 Uhr Abends vollendet hatten , und wir uns an der Barriere der Petersburger Vorstadt befanden. Wir rückten ein, mußten aber alsbald einen Halt ! auf der Straße machen ; die niederschla-
*) (Siehe LIX. 9) . abgeschrieben.
Der ganze erfte §. ist aus meinem Tagebuch
298 gende Nachricht kömmt aus der Stadt : Smolensk bleibe für uns verschlossen. Wir bewegen uns nun wieder mit untermischten Halten , winden uns so mit der unerträglichsten Langſamkeit vorwärts nach der obersten Dnjeprbrücke , die das Armeecorps der jungen Garde zu passiren angewiesen war, gehen über dieselbe und werden durch die große öftliche Schlucht auf äußerst glattem Wege , der uns unendlich schwer zu passiren wird , um die Stadt herumgeführt , bis wir endlich oben (auf dem Plateau , f. den Plan II. ) bei der Bastionecke anlangen. Die Colonne machte nun Halt ! erst mit dem Gewehr im Arme eine halbe Stunde , bis die Arme vor Frost erstarrt sie fallen zu lassen anfingen , dann Gewehr bei Fuß. Niemand wußte, was werden sollte.
Unser Stand war unbegreiflich.
Warten
auf Nachricht aus der Stadt hieß es von Zeit zu Zeit zwei unerträglich lange Stunden hindurch und immer in Colonne verbleibend ,
wennschon
jezt herumwandelnd und stampfend,
wenn man nicht Lust hatte stehenden Fußes bei dieſer argen Kälte * ) zu erfrieren.
Unſerem in Smolensk Unterkunft ge-
funden habenden Marschall Mortier muß kein Gedanke mehr an sein Armeecorps übrig gewesen sein 2c. Er durfte nur kräftig wollen , so mußte wohl eine Austheilung an ſein Corps erfolgen , oder man mußte uns mit der Hoffnung nicht so unmenschlich auf dem Fleck halten und uns Unterkunft oder Feuer erlauben.
Die junge Garde , von schwächerem Körper als die
Heſſen , wurde hier ganz eigentlich von ihrem Anführer zum vierten Theile todtgeschlagen , und hätten ihre Offiziere sie ganz so streng und so lange auf dem Fleck festgehalten, so würde kein Viertel mehr den nächsten Morgen gesehen haben.
End-
lich , etwa 104 Uhr Nachts, hieß es bei der heſſiſchen Brigade : „sucht euch Quartier !" ** ). Man stürzte nun in die Häuſer,
*) Die Kälte mochte doch nicht gar zu arg , wohl nur 15º, gewesen fein ; aber uns kam fie bei dieſem Stehen nüchternen Magens und dem sehr scharfen Winde als die ärgfte vor , die wir noch erlebt hatten und auch weiterhin auf dem Rückzuge erlebten, **) Se. Hoheit der Prinz Generalcommandeur hatte an der Spize der Brigade den ganzen harten Stand mitgemacht und unser Auseinandergehen befohlen als die vor uns befindliche Colonne der jungen Garde, theils von selbst , theils auf Befehl ihrer Vorgeseßten , auseinander ge
299 raufte sich um den Raum zu einer Schlafstelle, so lange Kräfte dazu vorhanden waren , fiel endlich übereinander in Ohnmacht oder in Schlaf und blieb liegen. So geschah es wenigstens in der Stube des kleinen Häuschens , in das ich mich mit dem Ueberreft meiner Compagnie warf und worin wir schon eine Compagnie der jungen Garde fanden. Keinen Biſſen Nahrung hatte irgend einer von uns genossen. Mein kleiner Vorrath gerösteter Gerstenkörner 2c., den ich in den Satteltaschen hatte, war zusammt dem Pferde fort ; jener , wie ich später erfuhr, wie natürlich , geplündert , dieses aber , was ich bereits verzehrt glaubte , hatte schon zwei Stunden früher als ich Unterkunft gefunden , indem der Soldat der es führte so klug war sich davon zu machen , und nicht den Stand, für Menſchen und Pferde zum Erfrieren, mitzumachen, im Angesicht von Häusern, in die man nur zu schüßen 2c.“
gehen brauchte ,
um sich dagegen zu
2. Von Smolensk waren am 8. für die Arrieregarde, auch wohl fürs Hauptquartier und die alte Garde, die an dieſem Tage nach Bredichino ( Gorodichino) kamen, Lebensmitteltransporte abgegangen , deren Begegnen den nach jener Stadt pilgernden Truppen die Hoffnung einer bessern Zukunft und daß man , dort angelangt, wenigstens nicht mehr zu hungern haben Diese Lebensmitteltransporte, denen auch werde , erweckte. die hessische Brigade begegnete, wurden zum Sporn einer äußerften Anstrengung für dieselbe, sowie für die ganze junge Garde. Um so stärker war die Verzweiflung am Abend , als man sich so bitter getäuscht ſah, die sich jedoch wegen Uebermüdung und Druck der Kälte nicht mehr Luft machen konnte 2c." 3. Das 3. Armeecorps , oder die Arrieregarde der HeeresTrümmer , wurde von dem verfolgenden russischen Corps des Generals Yurkow zwischen Michalewka und Pnewa am 8. heftig angegriffen und sehr gedrängt. Es stellte sich hinter dem Dnjepr auf.
Die Artillerie des Armeecorps brauchte, um 1000
gangen war. Er verbrachte die Nacht mit seinem Gefolge nicht viel weniger elend wie wir Andern in einem schon mit Offizieren angefüllten Häuschen, auf jammervollem Strohlager auf dem Boden zc,
300
FED
Schritte zurückzulegen , den ganzen Tag *).
Sie ward von
dem sehr geringen Rest der würtemberger Infanterie gedeckt. 4. Das 4. Armeecorps erreichte ( im Marſche nach Duchowſchtſchina) an diesem Tage das Dorf Sloboda. Der Vicekönig schickte desselben Abends noch eine Avantgarde bis an den Wop , um eine Brücke über den Fluß zu schlagen , die auch in der Nacht zu Stande fam ; aber da es zu dieser Arbeit an dem erforderlichen Material fehlte , um den Böcken die gehörige Festigkeit zu geben, so wurde es keine haltbare Brücke. — Der Wop war überfroren , aber nicht von der Stärke , daß ſein Eisspiegel trug **). Auch wuchs sein Wasser über Nacht und brach diesen , sowie die schwache Brücke. 5. Der die Avantgarde des Heeres machende kleine Rest des 8. Armeecorps (Weftphalen) unter General Jünot, Herzog von Abrantes , der am 7. die Barrieren von Smolensk nicht mehr zu erreichen im Stande war und seinen Nachtbiwack (in einem Tannenwäldchen) eine Stunde davon aufgeschlagen hatte, rückte schon am 8. November Morgens in die Petersburger Vorstadt jener Stadt ein und erhielt Unterkunft in dem noch stehenden geringen Theile der (meist kleinen) Häuſer derselben, als man ihn nicht in die Stadt selbst aufnahm. Auch bekam er (gleich der jungen Garde , f. 1.) keine Lebensmittel diesen Tag aus der Stadt ***). 6. Am 8. November wurden von den in den Spitälern zu Smolensk befindlichen 3672 Kranken 900 nach Orscha befördert, und mit dieser Rückbringung nun Tag für Tag fortgefahren nach Maßgabe der Anzahl der dazu verfügbaren Fuhrwerke. 7. Nachdem das großh. hessische leichte Infanterieregiment ſammt der Artilleriedivision am 30. October zu Kowno ange-
*) Nach Major von Miller brachte die würtemberger Artillerie nur noch 12 Sechspfünder - Kanonen über den Dnjepr und mußte den Rest fammt allen Haubigen jenseits ftehen lassen. **) Man hatte wohl nicht daran gedacht , eine ruffische Strohbrücke zu conftruiren , die in dieser heftig kalten Nacht gewiß alle gewünschte Haltbarkeit erlangt hätte ; oder sollte dem dirigirenden General Poitevin und seinen Ingenieurs die Sache unbekannt gewesen sein? ***) Nach Notizen des Rittmeifters von Rotsmann, damals königl. westphälischen Infanterie-Oberlieutenants im 3. Regiment 1. Bataillons.
301
langt war, wo auch schon das hessische Kriegscommiſſariat am 27. (von Königsberg her) eingetroffen war, so wurde von allen Waffen und Branschen am 31., unter Escorte jenes Regiments , der Marsch nach Wilna fortgesezt, wo man am 2. November einrückte * ). Das Regiment und die Artilleriedivision (des Capitäns Haak von 6 Geſchüßen) ward in Wilna angehalten und der 3. Brigade der 28. Division (des 9. Armeecorps) zugetheilt , die aus dem 4. westphälischen Infanterieregiment, das mit 2 Kanonen von Danzig kam, und jenen hessischen Truppen bestehen und, befehligt von dem Brigadegeneral Baron Coutard, eine Reserve für Wilna sein sollte , nun aber (von Maret, Herzog von Bassano) befehligt wurde zur Verstärkung des 6. Armeecorps des Generals Wrede zu marſchiren. Die Marschdirection war ihr auf Glubokoë gegeben. Der Abmarsch sollte am 8. nach Lawariszki erfolgen ;
das hessische leichte Infante-
rieregiment konnte ihn aber erst den 9. früh antreten, weil es seine Lebensmittel erst an diesem Morgen fassen konnte. Man erreichte diesen Tag Michaliski und die Brigade ſegte dann so weiter ihren Marsch auf der Straße nach Glubokoë fört, wobei fie alle Detaſchemente , die sie unter Wegs vom 6. Armeecorps (Baiern) fand , an sich zog und mitnahm. 8. „In Smolensk befand sich am 8. noch Capitän Stolz mit der Verstärkungsmannſchaft des hessischen Leilregiments (ſ. XXXIX. 2.) , die durch hinzugekommene Reconvaleszenten und Isolirte unsrer Truppen auf die Stärke eines Marſchbataillons von 503 Köpfen (worunter 7 Offiziere , 1 officier de santé ) angewachsen war (und dem überdieß interimiſtiſch noch 180 Würtemberger mit 3 Offizieren , und 27 Westphalen mit einem Offizier zugetheilt worden waren).
Er hatte ein Haus rechts
des Malo-Ochogk-Thors (ſ. den Plan II. ) zur Wohnung, worin zugleich, nebst einem franzöſiſchen , auch ein kleines hessisches
*) Der Wagenzug des Commiſſariats war jedoch, bis auf weitere Benachrichtigung in Sziszmori gelassen worden und traf erft den 6. November in Wilna ein (wohin nur der Oberkriegscommiffär, Major Weber, vorausgegangen war). Hier fand man den Lieutenant Pilger mit einem kleinen Depot von Mannschaft des Leibregiments vor, das sich dann an die Mannschaft des Kriegscommissariats anschloß , während das leichte Infanterieregiment wieder ausmarschhirte.
302 Privathospital errichtet worden war (zu befferer Pflege unsrer Kranken * ). Sobald am Morgen des 9. Capitän Stolz in Erfahrung gebracht hatte, daß sich Se. Hoheit der Prinz Emil in der Malo-Ochogk-Vorstadt mit den hessischen Truppen befinde, ging er dahin sich zu melden und auch dem Obersten von Gall die Rapporte über die seinem (dem Leib-) Regiment zugeführte Mannschaft zu übergeben. Da er indessen Se. Hoheit nebst Gefolge ** ) in der elenden Kammer eines Häuschens (rechts der Straße nach Czerepowo) auf einem zu Spreu gewordenen Strohlager , und die vordere (geheizte) Stube gedrängt voll französischer Offiziere fand : so säumte er keinen Augenblick ſein Logis in der Stadt zur Unterkunft für Se. Hoheit nebst Ge1 folge anzubieten , und hatte nicht nur die Freude es angenommen zu sehen , sondern war auch glücklich genug, ſie nebst dem Obersten von Gall *** ) nicht nur durch die Masse der sich vor dem Thore angehäuft habenden Soldaten , sondern auch (durch die Gefälligkeit des die Thorwache habenden Offiziers für ihn) zum Thore hineinzubringen — (was für Jedermann, der nicht zur Garnison gehörte , streng untersagt war). - Das Haus, welches nun der Prinz Generalcommandeur der hessischen Truppen bewohnte , ward durch dessen Gefolge , die beiden Oberſten der hessischen Regimenter , den Capitän Stolz mit ſeinen Offizieren , dem Kriegscommissär (Dannenberger) , Stabsquartiermeister (Förster) 2c. , durchs Spital , die commiſſariatiſchen Effecten u. s. w. aufs Aeußerste angefüllt 2c.“
*) (Mit Hülfe unsres anwesenden Kriegscommiſſärs Dannenberger) um fie nicht in das große kalte Hospital einer Kirche bringen zu müffen. **) Hierzu gehörte : Major Prinz August von Wittgenstein , sowie die Capitäne Lyncker und Bechstatt vom Generalftab (von welchen der Erfiere Chef des Generalftabs) ; der königl . würtembergiſche Oberft von Münchingen (der , da sein Regiment aufgelöst war , sich als ehemaliger hesfischer Offizier an das Gefolge Sr. Hoh. des Prinzen Emil angeschlossen hatte) 2c. ***) Der Oberft und Commandeur des Leibgarderegiments , Follenius, war schon in der Stadt und Wohnung des Capitäns Stolz, da er, als kränklich, noch am 8. Abends aus der Petersburger Vorstadt fich Eintritt in die Stadt (wohl mit Hülfe einer heffiſchen Thorwache) zu verschaffen wußte - (wo er das Freiherrn-Patent fand).
303 9. Ebensowenig am 9. Morgens als Tags vorher ward einem der hungernden Offiziere oder Soldaten Eintritt in die Stadt verstattet ; doch kamen schon früh Leute , besonders Marketender, heraus, die wenigstens Schnaps zu Verkauf brachten, den man ihnen sehr theuer abzukaufen hatte ; von Lebensmitteln war keine Rede *) ; doch stand uns frei , uns einander selbst aufzufreſſen ; und wenn die Leute noch Kraft zum Toben gehabt und sich nicht in einem Zustand von Agonie befunden hätten , so wäre ein tobender Ausbruch und Sturm aufs Thor unvermeidlich erfolgt.
Die Rede war wenigstens bei den sich
vor dem Thore gesammelt habenden Haufen stark von gewaltsamen Eindringen.“ 10. „ Die Uebergabe der Verstärkung für das hessische Leibregiment nahm Oberst von Gall am 9. noch nicht an **) ; doch erfolgte von Seiten des Gouverneurs der Stadt der Befehl zur Auflösung des Marſchbataillons , welches bisher dem Commando des Capitäns Stolz untergeben war : wodurch denn die bisher dazu gehört habenden Würtemberger und Westphalen (s. 8.) , sowie auch die Iſolirten der hessischen Regimenter , sich davon
*) Ich kaufte einem oldenburger Soldaten am Thor etwa Pfund Brod , oder Kuchen aus Schwarzmehl , für einen Fünffrankenthaler ab und gab ebensoviel für etwa einen Schoppen Branntwein , den ich, nebft der Hälfte des Brodes , meinen Leuten überließ, die mich begleitet hatten. Etwas später sorgte aber für diese mein in der Stadt als Reconvaleszent befindlicher Trainsoldat (Köppinghof aus Weftphalen) - nicht etwa , wie man glauben sollte , der gleichfalls in der Stadt befindliche reconvaleszirte Premierlieutenant der Compagnie von P. Als jener nach mir am Thor fich erkundigte und die klägliche Schilderung der Noth durch einige Soldaten der Compagnie gehört hatte , so beschied er fie zu warten , kehrte um , kaufte wenigftens 12 Pfund Fleiſch, ein Säckchen voll Mehl , eine Flasche Branntwein 2c. in der Stadt und brachte es sofort mit in das Haus wo ich mit der Compagnie lag, felbft ein 'Kochgefäß — wodurch wohl 20 Mann ein Frühstück erhielten. Dabei nahm er keinen Erſaß für das von ihm ausgelegte Geld ! ( Er erfror leider auf dem Krankenwagen , obgleich ich ihm einen guten Pelz gege. ben hatte. ) **) Der Oberft hatte nöthig sich erft etwas zu erholen. Er war so von den bisherigen Leiden entſtellt , daß Capitän Stolz ihn nicht kannte , und Se. H. den Prinzen Generalcommandeur nach ihm fragte, obgleich er neben ihm ftand.
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trennten und nur die ursprüngliche Ergänzungsmannschaft (bis zu ihrer Uebergabe ans Leibregiment) unter ſeinem Befehl und in der Stadt verblieb zc.“
Zweiundsechszigstes Kapitel. Die Tage des 9. und 10. Novembers bei und in Smolensk. Ankunft des Kaisers in dieser Stadt. Fortgefeßte Bewegungen der Hauptarmee dahin 2c. Unglücksfälle des 4. Armeecorps am Wop. Alertpofition bei Smolensk. 1.
Am 9. November gegen 10 Uhr Morgens kam die
Infanterie der alten Garde , die den Weg , ganz wie die junge, um die Stadt Smolensk herumzunehmen hatte , in der MaloOchoßk-Vorstadt an, und ergriff sogleich Befig von den nächsten Häusern der Straße entlang , und ohne Berücksichtigung der früheren Besizer, zwar nicht geradezu fordernd daß dieſe weichen und sich ander Quartier suchen sollten , aber doch sich ge= waltsam eindrängend und sich mit ihrem noch kräftigeren Körper Raum durch Verdrängung der Schwächeren machend , wozu bei den Leuten der jungen Garde nicht viel Anstrengung erfordert wurde , und wozu noch kam , daß diese auch aus Reſpekt vor ihren alten Kriegskameraden wichen. So ward z. B. auch eine Compagnie der alten Garde auf das Eckhäuschen angewiesen , worin ich mit meiner , und außerdem noch eine Compagnie der jungen Garde sich befand ; legtere , die auch ihre Offiziere nicht bei sich hatte, wich nach einigem Druck aus Respekt aus dem Häuschen ; meine Leute waren schon auch nachzufolgen gewillt : was ich aber untersagte , indem ich sie anwies , den Raum standhaft und mittels ihrer Fäuste kräftig zu behaupten, den sie bedürften ; kurz , nicht aus der Stube zu weichen bis wir ein andres Logis hätten , möge daraus erfolgen was wolle *). Doch schickte ich den Feldwebel und einen
*) ,,Da ein (jüngerer) Offizier der alten Garde seine Leute anspornte , fich Plaß in meinem Häuschen zu verſchaffen (mit andern Worten , da es gepfropft voll war , die Inhaber herauszuwerfen) , ſo reizte mich dieß zu harten Vorwürfen über die Anmaßungen , die die alte Garde , der jüngeren und den andern Truppen gegenüber , sich zu erlauben unterftehe. Ob sie etwa glaubten , weil sie Speiſe erhielten,
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Soldaten aus , Erkundigung bei den Vorgesezten einzuziehen, wie es gehalten werden solle und sich um ein anderes Logis umzusehen. Nach einer Stunde kam die Nachricht , daß das ganze hessische Leibgarderegiment , mit Ausnahme meiner Compagnie, der alten Garde bereits Plag gemacht und nach dem westlichen Theile der Vorstadt , in die Nähe der Citadelle , gewichen , doch auch meiner Compagnie Unterkunft vorbehalten worden sei : worauf ich denn dahin mit der Compagnie abzog, und die alten Grenadiere allein im Besig ließ. ―― Auch das Leibregiment hatte sich im westlichen Theile der Ochogk-Vorstadt, zum Theil mit Leuten der jungen Garde vermischt, untergebracht und der alten Garde war der öftliche Theil allein verblieben." Auf die dringendste Vorstellung unsrer Vorgesezten 2. erhielten wir noch am Abend (des 9.) eine Mehlaustheilung ; doch trug es dem Manne so wenig , daß man kaum die Suppe davon dick machen konnte ; und doch wird dem Soldaten Mehl statt Brodes gegeben, - welches ziemlich unbegreiflicher Weise auch schon seit geraumer Zeit bei den die Garnison von Smolensk bildenden Truppen der Fall war , obgleich es daselbst Sie waren in der Nothwendigkeit, eine große Bäckerei gab. sich ihr Mehl so gut sie konnten und es verstanden , ſelbſt in Brod (meist ungesäuerten Kuchen) zu verwandeln. Fleisch erhielten wir schon um 2 Uhr Nachmittags , etwa 12 Loth auf Es war doch einer den Mann , einschließlich der Knochen. meiner Soldaten gestern Abend erfroren am Wege liegen ge= blieben, wie sich diesen Morgen ergab und war ſonach der zehnte Todte meiner Compagnie , um den ich mit Bestimmtheit wußte ; aber ich vermißte noch viele Leute, von deren Schicksal ich ohne Kunde war und von denen wohl viele schon in ein besseres Sein , durch Hunger , Kälte , oder eine feindliche Waffe, über-
während die andern Soldaten auf die Leichname ihrer Kameraden und, wenn's Glück gut sei , jene der verhungerten Pferde angewiesen seien, daß fie auch auf Schuß gegen Kälte vor diesen vorzugsweise angewiesen feien ? 2c. Es kam bis zum Degenziehen zwischen uns , jedoch nicht weiter ! - Die alten Grenadiere begnügten sich auch mit dem Plaß, den die junge Garde ihnen gemacht , und moleftirten meine Gardiften nicht mehr als nöthig war 2c.“ Tagebuch. Röder, Kriegszug. 20
306 und wir noch übrigen werden bald gegangen sein mögen , auch dahin kommen *)! " 3. D Kaiser kam erst Abends (um 7 Uhr , nach dem 28. Bülletin) nach Smolensk. Wenigstens verließ um diese Zeit die alte Garde ihre Quartiere in der Vorstadt und marschirte in die Stadt. Die junge Garde bemächtigte sich sogleich der Quartiere derselben , und da sie meist mit uns zuſammen lag , so bekamen wir dadurch für die Nacht wenigstens Schlafoder Lieg-Raum. 4. Bei seiner Ankunft erfuhr der Kaiſer nicht nur sogleich, daß Witebsk von den Ruſſen genommen worden sei (f. LX. 7.), søndern es treffen auch noch betrübendere Nachrichten von Unglücksfällen ein , die die Division Baragay d'Hilliers oder was sich davon auf der Straße nach Jelina befand, betroffen hatten. Die etwa 1600 Mann Infanterie und 500 Reiter ** ) ſtarke Brigade Augereau (s. LIX. 12. ) war von drei sich zu ihrem Verderben vereint habenden Parteigängern : Orlow - Denisow, Dawidow oder Dawindof***) und Seslawin , zu Liaskowo
*). Nach der Art , wie es den Soldaten bei Smolensk erging , wo man Verbeaung , Truppen zur Ablösung und Unterkun zu finden erwartet und fo böllig sich getäuscht hatte , konnte Keiner mehr mit dem Leben davon zu kommen hoffen : denn nun war es klar, daß der Rückzug mit den bisherigen Entbehrungen und noch bei ftrengerer Kälte fortgesezt werden mußte. *** D , welche er in Auf iese Reiterei und auf die Bespannu ngen Smolens finden werde , mußte Napole r s . e e h c r hnen on k ***) Dawind of sagt , indem er hiervon ( in einer von ihm verfaßten Schrift) redet : „Wenn die Franzosen Mostan 14 Tage früher verlassen hätten, so würde keines der Projekte Kutusows zur Reife gekommen sein. Die rüſfische Armee würde nicht Zeit gehabt haben, fich mit den durch den Fürsten Labanof gesammelten Truppen zu verstärken ; man würde die den Regimentern einverleibten Rekruten und neuen Soldaten nicht genugsam haben ererziren können ; man würde die Verftärkung von 24 Regimentern donischer Kosacken noch nicht empfangen gehabt haben , welche mit der leichten Cavalerie , die fich schon beim Heere befand, eine Masse von mehr als 20,000 Pferden bildete, die den Franzosen so große Nachtheile auf ihrem Rückzuge brachten ; der Enthus fiasmus der Rüssen würde nicht durch den Sieg bei Tarutino (vom 18. October) erregt worden sein ; endlich würde die franzöfifche Armée dann nicht nur die Hungersnoth vermieden, sondern auch auf der ganzen
307 eingeschlossen und mußte der Uebermacht der Angreifer erliegen, Hier fielen zugleich alles tapfern Widerstandes unerachtet. nicht unbedeutende Magazine in die Hände der Ruſſen, die dem aufdie Jelina-Straße versezten Armeecorps von Miloradowitsch, sowie dem Hauptheere (das sich auch hierher gewandt), gute Ressourcen gewähren mußten. Ebenso bemächtigten sie sich eines bedeutenden Depots zu Klemenstiewo ; auch wurde der größte Theil der Trainpferde , die in Cantonirung dahinwärts lagen, von Kosacken überfallen und aufgehoben. 5. Der Kaiser , welcher dem General Baragay d'Hilliers wiederholt hatte empfehlen lassen, ja Alles zu vermeiden was ſeine Division compromittiren könne *), war aufs Aeußerste über deren Zerstreuung und den dem Heer daraus erwachsenen Nachtheil aufgebracht. Er hatte mit großer Zuversicht auf diese frischen Truppen , die Cavalerie , die Trainpferde , die Magazine c. , als Hülfe bei den Unfällen der lezten 4-5 Tage ge= rechnet. Baragay trug durch nicht gehörige Beachtung bestimmter Befehle des Kaisers offenbar Schuld , daß ein Theil der Hoffnungen desselben zu Nichte wurden ; auch nahm er ihm sogleich das Commando und schickte ihn vor ein Kriegsgericht nach Berlin **). So streng war von dem Kaiser in dieser ganzen Campagne noch nicht gestraft worden , worin ſo unge-
Strecke zwischen Moskau und Smolensk nur schönes Wetter und gute Wege gehabt haben. Der Herbst war außergewöhnlich schön und warm. Die Kälte fing nicht eher an als am 22. October (alten , also 2. November neuen Styls)." — ( Ein großer Theil der Unfälle würde ſchon durch einen etwas schnelleren Rückzug und wenn man dadurch etwa vier Tage früher Wjäsma erreicht und so fort nach Smolensk aufgebrochen wäre , vermieden worden sein. Die Divifion Baragay d’Hilliers würde intact erhalten worden , die Catastrophe des 4. Armeecorps am Wop nicht eingetren fein 2c. 2c.) *) ,,Faites connoître (fagte ein Schreiben aus Wjäsma an den General Charpentier zu Smolensk) au Général Baragay le mouvement de l'armée etc. Je vous ai déjà fait connoître que ce général ne devait pas se compromettre. Renouvelez-lui de ma part cette disposition etc." ** ) Es kam nicht dazu. Der Gram, bei seiner schon in Smolensk höchft leidenden Gesundheit , ließ ihn sogleich zu Berlin ein Raub des Todes werden. 20*
308 heure Fehler gemacht, so große Nachlässigkeiten begangen wurden, beſonders in Beziehung auf Verpflegung, Sicherung gegen Ueberfall , Kriegsoperationen der Marschälle; freilich jedoch kein einziger gegen so bestimmt gegebene Befehle *). 6. Das 8. Armeecorps , welches am 8. November in der Petersburger Vorstadt die Nacht verbrachte, war befehligt worden, am 9. um Smolensk (oftwärts ) herum auf der Straße gegen Adamowo (Jelina ? ) einen Posten zu beziehen **) , - wozu in der Stadt einige Lebensmittel (da man am 8. nichts bekam) empfangen werden sollten , und von den Regimentern Abtheilungen an die Magazine daselbst geschickt wurden , die jedoch erst am 10. zu etwas Wenigem an Mehl gelangen konnten. Die mit dem 8. Armeecorps marſchirte demontirte Cavalerie war dagegen sogleich auf die Straße von Krasnoi verwiesen und fand etwa 2 Stunden von Smolensk Unterkunft (wohin das Armeecorps erst den 12. aus der am 9. bei 5 Häusern genommenen Lagerung***) zur Fortſegung des Rückzugs aufbrach).
*) Freilich wollten die Befehle des Kaiſers auch richtig verstanden sein , und z . B. 8-10,000 Mann würde man in Liaskowo nichts angehabt und sie würden Alles gedeckt haben. So hatte auch Marschall Victor beftimmte Befehle und handelte doch nicht in der Intention des Kaisers. Um 4 Uhr Abends den 9. ging ihm darüber doch Folgendes von dem Major-General aus Smolensk zu : „ Sa Majesté a vu avec peine, que vous fussiez incertain de votre marche. Cette incertitude a déjà fait bien du mal. Je vous ai fait connaître par l'adjudant commandant d'Albignac , que l'intention de l'Empereur était , que vous marchassiez droit à l'ennemi dans la direction de Polotzk , et que vous le rejetassiez au délà de la Duna etc. Faites connaître qui occupe Beszenkowiczi et Ula (wenige Stunden nach Abgang des Briefes trafen die Versprengten von Witebsk ein !) . Vous n'avez pas un moment à perdre pour marcher à l'ennemi , cela est de la plus grande importance. Votre principale instruction était de défendre Wilna et Minsk , ou sont les magazins de l'armée etc. . . . Voilà deux éstaffetes qui manquent à l'Empereur etc. . . . “ **) Loßberg bestätigt die obige Vermuthung , daß das Armeecorps auf der Straße nach Jelina , zur Aufnahme des Generals Baragay d'Hilliers , aufgestellt gewesen sei , weicht aber sonst in Einigem von den obigen Angaben ab , die zum Theil , aber nicht bloß , auf Mittheilungen eines Offiziers seines eignen Regiments beruhen (f. die folg. Anmerkung). ***) Nach Mittheilungen des Rittmeisters von Rotsmann : „ "Ein
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7. Die Brücke , welche der Vicekönig in der verflossenen Nacht (ſ. LI. 4.) über den Wop hatte schlagen lassen, war am Morgen (des 9.) wieder gebrochen, als er mit dem 4. Armeecorps hier zum Uebergang ankam und keine Hoffnung zu ihrer Wiederherstellung vorhanden , da es am nöthigsten Material fehlte und zudem das Wasser wuchs und starke Eisschollen trieb. Um die Gemüther nicht allzuſehr niederschlagen zu laſſen, trachtete er sogleich den Feind so viel als möglich im Rücken und auf den Flanken entfernt zu halten , und sandte deßhalb sogleich neue Truppen hierzu ab.
Er befahl dann , um den Soldaten zum Durchwaten der Furt des Wop durch die Eisschollen hin Muth zu machen , daß ſein Adjutant Oberst Bataille und Ordonnanz-Offizier Oberst Delfanti absteigen , sich an die Spige der königlichen Garde ſegen und durchgehen sollten. Man hatte Waſſer bis zum Gürtel (ſagt Labaume , der dabei war) . Nach dem Uebergang der Garde ritt der Vicekönig mit seinem Stabe durch, worauf der Durchgang der Fuhrwerke begann. Die erſten Wagen und Kanonen kamen glücklich durch ; der Wop fließt aber in einem sehr tiefen Bett mit steilen Ufern , und die abgestochenen Auf- und Niederfahrten bezogen sich mit Glatteis, besonders erstere (was jedoch wohl , da es leicht zu entfernen war , nicht lange gehindert haben wird). „ Die Furt wurde bald (in der Angst und eingetretenen Unordnung) verrammelt durch eine Menge Wagen , die stecken geblieben waren , und man sah sich gezwungen , die Artillerie und das Gepäck, die noch auf dem linken Ufer oder im Fluß waren , im Stich zu laffen. Sobald die Nothwendigkeit, dieß Opfer zu bringen, bekannt wurde (sagt Labaume) boten die Ufer des Wop ein grausenvolles Schauſpiel dar , von dem die Kriegsgeschichte wenig Beispiele hatte 2c." ,,Eine große Menge von Menschen und Pferden, die schon zu schwach waren oder deren Glieder in dem Augenblick erstarrten , als sie durch den Fluß gingen, ertranfen und dieser ward bald mit Leichen angefüllt. Die Soldaten, welche das rechte Ufer erreicht hatten , beeilten sich Feuer an-
großes Haus hatte Jünot inne , die andern Gebäude waren Scheunen und Hütten. Es mochte 4 bis 5 Werfte von Smolensk und auf der Straße sein , die das Armeecorps am 8. November gekommen war.“
310 zumachen , um sich zu erwärmen und ihre Kleider zu trocknen ;
doch kamen viele,
da sie guter Nahrung und eines
Schlucks Branntwein entbehren mußten ,
auch hier noch um.“
,,Der Vicekönig ließ während des ganzen Tages am 9. die 14. Division (Broussier) am linken Ufer stehen , um die Kosacken abzuhalten , und allen denen , die es noch vermochten, Zeit zu gewähren hinüber zu kommen“ *). 8. Am 10. Morgens ging auch die División Brouſſier durch den Wop , indem sie den Kosacken einige Bleſſirte und Kranke , ungefähr 60 Geschüße , eine große Anzahl Wagen und viele kostbare Effecten überließ , die alle von der Plünderung Moskaus herrührten und nun hier auf dem Schnee zerstreut umher lagen. Eine große Zahl kranker oder zu ſehr geschwächter Soldaten warf die Gewehre weg , sobald sie über den Wop waren , so daß das 4. Armeecorps nur ungefähr noch 6000 Mann bei den Fahnen zählte und ihm von den 92 Geſchügen, die es aus Moskau mitnahm, nur noch 12 übrig blieben“ **) . 9. Das Hauptquartier Kutusows war am Tage des 9. Novembers zu Jelina.
In der Absicht , den französischen Kaiser
`zu hindern , mit seiner Armee auf der Straße von Orscha und Minsk zurückzugehen , wo sich die Vorräthe , besonders an Lebensmitteln, befanden, entsandte Kutusow das Corps von Oster'mann in der Richtung von Koritnja. Mit dem Ueberrest der russischen Armee ging der Oberfeldherr dann über Liaskowo, Pronia und Wolkowo auf Krasnoi.
General Miloradowitsch,
der noch vor ihm in Liaskowo anlangte , bildete seine Avantgarde. 10. Platow mit seinen Kosacken verfolgte lebhaft das den Marsch nach Duchowſchtſchina (am 10.) fortſegende 4. Armeecorps und ließ es durch seine Artillerie beschießen. Er hatte den gestrigen Aufenthalt desselben benugt und ihm einige Kosacken - Regimenter dorthin vorangeschickt. Man fand sie vorwärts Duchowschtschina auf der
Ebene.
Durch Feinde vor
*) Seinen Adjutanten Oberst Bataille schickte er mit der 15. Divifion auf Seitenwegen nach Smolensk, um dem Kaiſer von dem unglücklichen Uebergang des Wop Bericht zu erstatten und dessen Befehle einzuholen. **) Labaume .
311 sich und im Rücken bedrängt , sowie durch die große Menge Kranker und Waffenloser , gerieth das Armeecorps in solche Unordnung , daß es nur noch einen großen Haufen bildete. Der Vicekönig ließ indeſſen die voranziehende italienische Garde Vierecke bilden und vorwärts marschiren , welche , sowie die bairischen Chevaulegers und leichten Reiter, die in Schwadronen marschirten , die Kosacken bald zwangen Raum zu geben und das Armeecorps ruhig in jene Stadt einrücken zu lassen. Duchowſchtſchina hatte noch sehr wenig gelitten und bot Hülfsmittel dar. Der Vicekönig sah sich gewissermaßen gezwungen, hier seinen Truppen , zur Restauration und Wiederherstellung der Ordnung , einen Rafttag zu gewähren ; zugleich aber auch, um die Befehle des Kaisers zu erwarten (f. S. 310. Anm . * ) . 11. Am 10. stand übrigens die französische Hauptarmee wie folgt: Das 4. Armeecorps , wie eben erwähnt, mit der 13. und 14. Division und der italienischen Garde zu Duchowschtschina, die 15. Diviſion auf dem Marsche (über Szakino) nach Smolensk ; die alte Garde in Smolensk , die junge in deffen (südlichen) Vorstädten ; die berittene und unberittene Cavalerie in den Dörfern zwischen der Straße auf Krasnoi und dem Dnjepr. Des 8. Armeecorps Infanterie - Reste bis auf 14 Stunden von Smolensk auf der Straße nach Jelina ; die Reste des 5. 堂 Armeecorps , (unter Zayonczek*) ) bis auf drei Stunden von Smolensk auf der Straße nach Mszislawl. Das 3. Armeecorps , unter Ney , beim Dnjeprübergang zu Slobpnewa ; das 1. Armeecorps unter Fürst Eckmühl in Tſuginowo , bereit das 3. zu unterstügen wenn es nöthig sein sollte. 12. Um gegen Ueberfall der starken russischen Streifcorps , wie es hieß, auf der Hut zu sein ** ) (wohl mehr um zur Unterstüßung des cantonirten 8. und 5. Armeecorps , wenn diese angegriffen, oder überfallen werden sollten, bereit zu ſein), mußte die junge Garde von 4 Uhr Morgens bis es heller
*) Dieſer commandirte jeßt, da Poniatowski durch einen Sturz mit dem Pferde verlegt worden war. **) So hatte ich es in meinem Tagebuch notirt ; auch konnte man nach unsrem Aufmarsch en bataille in der Position durchaus nicht vorausseßen, daß vor uns noch andere als feindliche Truppen sein könnten.
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Tag geworden unter Waffen stehen , wozu in eine sogenannte Alertposition auf der Straße nach Jelina, zwei Werſte von der Stadt, gegen halb vier Uhr abmarſchirt und von wo etwa um acht Uhr Morgens wieder zurückmarschirt wurde. Wir jagten hierzu unsre Soldaten schon um zwei Uhr heraus , nicht etwa damit sie Zeit hätten , vor dem Abmarsche sich eine kräftige , vorhaltende Suppe zum Frühstück zu bereiten (denn außer frischem Wasser und den Knochen vom Abend - oder Mittags - Mahl des gestrigen Tages , die nichts weniger als Suppentafeln waren , obschon sie als solche gezählt worden sein mochten, war nichts dazu vorhanden), sondern weil die Stabsoffiziere unruhig waren und Besorgniß hatten , die einmal in Schlaf verfallenen Leute nicht zu rechter Zeit auf- und zuſammenbringen zu können. Wir stellten vier- und mehrmal auf und ließen dann, was wir zusammen hatten , wieder in einige der nächsten Häuser treten , nach den noch fehlenden suchen 2c. Auch traute man nicht dem Gange unsrer Uhren und ihrer Uebereinstimmung mit jener des Marschalls , der an die Spiße seines Armeecorps sich zu sehen pflegte , der aber auch nicht befahl, daß man die Uhren nach einer regulirenden stellen solle. Durch die Trommel durfte aber auch zum Ausrücken nicht avertirt werden : welches Alles die Leute ungeheuer erschöpfte; dazu dann der lange Stand in Reih und Glied bei scharf kalter Luft, ohne daß Feuer zur Erwärmung (gleichsam als lägen wir in unsrer Alertposition , en bataille im Hinterhalt *)) erlaubt wurde. Nur ein hoch zu bezahlender Schluck Schnaps ward , ohne ein Stückchen Brod , von den sich in der Position einstellenden Marketendern gereicht 2c."
Die Compag-
nieen des großherzoglich hessischen Leibgarderegiments rückten zum ersten Male in der Stärke von 50 bis 60 Mann in die Alertpoſition **) ; wohl 20 Mann schwächer jene der jungen Garde,
Was denn nothwendig als eine Absurdität , entſprungen aus *) der allgemein herrschenden Gedankenlosigkeit , erscheinen mußte. Tageb. **) Am 11. rückte meine Compagnie im 1. Bataillon Garde am stärksten aus , da Tags vorher die Marschcompagnie , die fich unter Lieutenant Siebert in Smolensk befunden hatte , ins Regiment eintrat und jene dadurch 10 Mann und, mit den 2: Versprengten von Witebsk, 12 Mann Verstärkung erhalten hatte. Ihr Stand ward dadurch :
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und unser Leibregiment rückte gar nur mit zwei Plotons in die Alertposition (da die Verstärkung noch nicht ins Regiment getreten war *) , auch wohl derjenigen , die hätten ausrücken können , nicht auf- und heranzubringen war.
Dreiundsechszigstes Kapitel. Ereignisse beim 6. oder Wrede's Armeecorps , beim 2. oder Oudinots, und 9. oder Victors. Verstärkung ( auch durch heſfiſche Truppen) von Wredes Corps und Abgang von Corbineau's Cavalerie - Brigade. — Anrücken Tschitschagofs auf Minsk. Gefecht seiner Avantgarde unter General Lambert mit dem polnischen General Kocheßki. -Operationen des Marschalls Victor gegen Wittgenstein und Treffen bei Smoliani am 14. November. 1. Durch den an General Corbineau (f. LX . 9.) erlassenen Befehl , zum 2. Armeecorps zurückzukehren , mußte General Wrede nothwendig in große Verlegenheit gerathen, da ihm bei nur noch 2000 Streitbaren , die ihm vom 6. Armeecorps übrig waren, auch diese Cavalerie entzogen werden sollte. Doch gab er unverzüglich Corbineau Befehl , seine Cavaleriebrigade zu Boïare zusammenzuziehen , was am 8. November bewerkstelligt wurde, und sofort auf kürzestem Wege sich zum 2. Armeecorps zu begeben (welcher Weg ihn jedoch über Rudnia , vielleicht Borisow führen mußte).
2. General Wrede behielt deffenungeachtet seine Stellung bei Danielowiczi sowohl zur Deckung Wilnas , als um von da aus sogleich zur Offensive übergehen und eine Diverſion im
Vermiste: 1 Tambour , 2 Schüßen , 43 Gemeine ; zusammen 46 Mann. - Abwesend krank : 1 Unteroffizier, 2 Spielleute, 31 GeAnwesend krank : 2 Unteroffiziere, 10 meine; zusammen 34 Mann. Gemeine ; zusammen 12 Mann. — In der Ferne Commandirt : 1 Unteroffizier , 7 Gemeine ; zuf. 8 Mann. In der Nähe : 1 Schüße, 7 Gemeine ; zusammen 8 Mann. - Zum Ausrücken : 8 Unteroffiziere, 1 Tambour , 7 Schüßen , 43 Gemeine ; zuſammen 59 Mann. * ) Erft am 11. übergab Capitän Stolz die Mannſchaft ans Leibregiment, das ſonach erst den 12. in größerer Stärke ausrückte. Die Lieutenants Voigt und Hoff von der Reserve treten zu provisoriſchen Dienstleistungen auch ins Regiment und Capitän Stolz übernimmt in der Schlacht von Krasnoi das Commando einer Compagnie.
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Rücken Wittgensteins machen zu können , wenn er die ihm zugesagte Verstärkung von Wilna her erhalten haben würde , die in 2 Brigaden, eine (Franceschi) theils Cavalerie, theils Infanterie, und eine blos Infanterie (Coutard) bestehen sollte, wobei das hessische leichte Infanterieregiment und die hessische Artilleriedivision.
Wrede entgegen stand der russische General Wlastow.
3. Die Brigade Coutard (welche über Lawariski , Michaliszki, Niezki und Menkaliszki gezogen war) traf den 12.*) November zu Danielowiczi ein, wo sie sich mit dem 6. Armeecorps vereinigte. Die Brigade Franceschi, aus einem Marschregiment Infanterie **) und zwei Marſchregimentern Cavalerie, (über 1300 Pferde) bestehend nebst 4 Geſchüßen, sollte gleichfalls an diesem Tage eintreffen , langte aber erst am 13. und zum Theil am 14. an; außerdem wurden die Baiern mit 1000 bis 1200 Mann bairischer Isolirten und Reconvaleszenten .17 , die man gesammelt hatte , zu dieser Zeit verstärkt (s. LXVII. 4). 4. General Wrede hatte (selbst schon bevor er desfalls Oudinots Schreiben erhalten) den Plan, sich sogleich nach Eintreffen dieser Verstärkung in den Rücken der Armee Wittgensteins zu werfen, - was um so weniger Anstand finden konnte, als er durch seine Kundschafter die Ueberzeugung gewonnen hatte , daß das , was jener Feldherr zwischen der Disna und Uszacz zurückgelaſſen, nur aus Kosacken und Lanciers mit wenig Infanterie beſtehe. Ein jezt aber von Maret , Herzog von Bassano, an Wrede erlassenes Schreiben that dieser Bewegung ** ) *) Das provisorische hessische leichte Infanterieregiment langte (laut Tagebuchs des 1. Bataillons) erft den 13. an. Anm. d . Herausg. **) Dieß Marschregiment bestand aus 3 Bataillons ; da es fich indeffen große Unordnungen zu Schulden kommen ließ , auch viele der jungen , noch nicht einmal die Chargirung verftehenden Leute deſertirten, so fezte General Franceschi zur Wiederherstellung der Ordnung und beſſeren Rahmen das Regiment von 3 Bataillons auf 2, wodurch mehr alte Leute und Unteroffiziere zu den jungen Soldaten kamen , ― was aber ein Paar Tage aufhielt. ***) Diese Bewegung versprach entscheidend zu werden ; wenn fie nämlich am 14. begann und den 15. die Uszacz paffirt wurde , falls zugleich der Marschall Victor von derselben in Kenntniß zu ſeßen war. Dieß war aber nicht zu bezweifeln , da es dem General Wrede an gewandten Kundschaftern nicht fehlte, die für gute Bezahlung Alles unterternahmen. Es schien aber in diesem Kriege nichts mehr gelingen zu follen !
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im Moment der Ausführung Einhalt, indem darin dem General Wrede bemerkt war : daß er sich unter den gegenwärtigen Conjuncturen nicht weit von Wilna entfernen dürfe, bevor die Befehle des Kaiſers eingelaufen.
Die Brigade Coutard fei
ohnehin eine nach Wilna bestimmte Reservebrigade , auf die der Kaiser vielleicht daselbst zähle ; auch habe er von demselben Befehl , die 34. Division und 800 Mann neapolitanischer Reiterei ohne Verzug nach Wilna kommen zu lassen ,
was
beweise, daß der Kaiser hier einen starken Trupp haben wolle ; Tschitschagof, im Marſche nach Minsk , sei dem ihm nachfolgenden Schwarzenberg wenigstens 3 Tagemärsche voraus 2c. 5. Die leichte Reiterbrigade Corbineau , welche nur durch
große, fie bis in die Nähe von Borisow führende Umwege zum 2. Armeecorps gelangen konnte, wobei sie zugleich großer Gefahr ausgesezt blieb und jedenfalls viel zu spät ' kam , um noch zu Operationen desselben mitwirken zu können, hatte von General Wrede , da er am 14. selbst vorwärts gehen wollte , Befehl erhalten , ihrem Marsche südöstlich ( da sie damit Tschitschagofs Vortruppen in die Hände fallen konnte) Einhalt zu thun und in Verbindung mit ihm der Vereinigung mit dem 2. Armeecorps entgegen zu gehen : weßhalb sie am 12. zu Seilze Halt machte, linkshin über Wolkolati die Verbindung mit Wrede erhaltend und rechtshin, wie ihm dieser angedeutet, bis Beresino eclairirend. — Nun aber, da Wrede's Offensivprojekt (s. 4.) Einhalt gethan war , gab er erneut Corbineau den Befehl , die Vereinigung mit dem 2. Armeecorps , wie und ſo ſchnell er immer könne, zu suchen. 6. General Bronikowski , Gouverneur von Minsk , war sehr für diese Stadt besorgt geworden , als er das Einrücken von Tschitschagofs Armeccorps zu Slonim und dann deſſen fortgesezten Marsch in der Richtung auf Minsk erfuhr . Er hatte nur 3500 Mann , und darunter an guten Truppen nur das würtembergische Infanterieregiment Lalance, das nicht mehr über 550 Streitbare zählte , dann einige Marschdetaſchements Infanterie und Cavalerie, zusammen kaum 1000 Mann.
Der
Reſt beſtand nur aus 3 Bataillonen frischausgehobener Litthauer. -- Die zum Schuße von Minsk gleichfalls angewiesene Division Dombrowski zählte außer dem , was von ihr bei Mohilew
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-
stand und nicht disponibel war, nur 4500 Mann, welchen der russische General Hertel, mit mehr als dem Doppelten entgegenstand ; Marschall Victor aber hatte sich, um das 2. Armeecorps zu unterſtügen und die feindliche Armee Wittgensteins - zurückSo vorerst auf sich selbst zuwerfen , gänzlich abgewandt. reduzirt , glaubte Bronikowski nur durch ein keckes Verhalten besonders da er für Minsk etwas Zeit gewinnen und es die große Stärke des nahenden feindlichen Corps nicht kannte in solcher Weise noch retten zu können. Zu diesem Zweck schickte er den polnischen General Kochezki mit beiläufig 2300 Mann Infanterie, meist neu ausgehobener Litthauer, und 300 Mann Cavalerie halben Wegs Slonim, bis Novoi- Swerszen (am Niemen) vor, den Truppen Tschitschagofs entgegen. Der russische General Lambert , der die Avantgarde Tschitschagofs führte, stieß am 13. November auf Kochezki, griff ihn an , nahm ihm 1 Bataillon und drängte ihn so lebhaft , daß er die Brücke zu Novoi-Swerszen nicht zerstören konnte. 7. Am 13. November machte Marschall Victor *) mehrere Scheinbewegungen gegen die Stellung Wittgensteins , um ihn über den eigentlichen Angriffspunkt irre zu leiten **) . Das 9. Armeecorps rückte nach Czuslaki vor , und es wurde ein Biwack in der Nähe des vom Feinde stark besezten Dorfes Smoliani bezogen , wobei es vorher noch zu einem kurzen, aber lebhaften Gefecht zwischen der Diviſion der Avantgarde Partonneaur' und dem Feinde kam, der zurückgeworfen wurde. Die vereinten Kräfte des 9. und 2. Armeecorps , mit welchen Victor eine Schlacht zu wagen entschloſſen ſchien, betrugen nur noch 25,000 Mann , während jene Wittgensteins etwa 30,000 zählen mochten. ***) *) Der am 12. , um den Befehlen des Kaiſers zu genügen , in Dissens mit Oudinot , aufbrach. **) Nicht bedacht war wohl, daß es kein Wetter zum Manövriren war , und daß die heftige Kälte und jeder Biwack mehr Leute außer Gefecht bringen mußte , als der heftigste directe Angriff. *** ) Victors Armee hatte sich mithin ſeit dem leßten Gefechte bei Smoliani , am 31. October (f. LV. 4.) , um 11,000 Mann vermindert ; er befand sich jeßt in einer ungünftigeren Lage Wittgenstein gegenüber als damals , und hatte durch Unentschloffenheit eine höchft kostbare Zeit (und Minsk) eingebüßt.
317 8. „ Am 14. mit Tagesanbruch eröffnete eine lebhafte Kanonade vor und links Smoliani den Angriff *) ; 2 Jnfanteriedivifionen, Partonneaur und Girard, rückten in 2 Colonnen gegen das Dorf vor ; die Division Daendels bildete die Reserve. Die leichte Cavaleriedivision (wobei das hessische Chevaulegersregiment) deckte die rechte Flanke der Infanterie und folgte in zwei Treffen ihren Bewegungen, war aber durch ein impraktikables Terrain gehindert , die feindliche Cavalerie zu chargiren. Auch diese segte in gleicher Intention zweimal an , fand sich aber jedesmal durch dieselben Terrainhinderniſſe aufgehalten. - Der Feind , welcher sich in Smoliani nicht behaupten konnte , da dieser Ort durch nichts gedeckt war, verließ solchen, nachdem er ihn in Brand gesezt hatte und zog sich jenseits desselben in seine Verschanzungen zurück. Zwei polnische Regimenter von der Diviſion Girard machten zwar wiederholte Versuche, die Ruſſen mit dem Bajonnet aus ihren Verſchanzungen zu vertreiben ,
auch gelang es ihnen
zweimal sie zum
Weichen zu bringen ; da die Ruſſen aber Verstärkung von der Reserve an sich zogen, so mußten die Polen die mit dem Blute -so vieler Braven errungenen Vortheile wieder aufgeben." Marschall Victor wollte diese directen blutigen Angriffe nicht fortsegen lassen , sondern den Feind durch ein Umgehen seiner äußersten linken Flanke , mittels Ueberschreitung der (wahrscheinlich gefrornen) Ula zum Verlassen seiner befestigten Stellung ** ) zwingen. Zu dieſem Ende mußte sich die Diviſion Partonneaur rechtshin bewegen und die badische Brigade (von der Division Daendels) wurde befehligt , dieser Bewegung zu folgen.
General Partonneaur gewann dadurch das andere
Ufer der Ula ; die badische Brigade aber verbrachte die Nacht vor dem Dorfe Woczenka an der Ula. „ Das 2. Armeecorps (von dessen Bewegung unter Tags nichts zu finden ist) war gegen Abend (endlich) sagt Oberst von Dalwigk, auf unsrer (des 9. Armeecorps) linker Flanke erschienen." „Die Division Girard vermochte sich nur mit Mühe in dem Flecken Czasniki
*) Nach Bericht des beffischen Obersten von Dalwigt. **) Die Befestigungen wollten nicht viel bedeuten.
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zu halten.*) Die einbrechende Nacht machte dem heftigen Gefechte (dieser Division ?) ein Ende." -- ,,Alles mußte nun die Nacht hindurch bei einer fast unerträglichen Kälte biwackiren und sich auf den folgenden Tag zu einem neuen Kampf bereit halten." **) 4. Marschall Victor, da er am 15. fand, daß Wittgenstein durch seine Demonstration sich nicht zum Weichen bestimmen ließ und es aufferneres Batailliren nicht ankommen lassen wollte, (wozu auch dem französischen Heer durch den nächtlichen Biwack alle Kraft benommen war : was Victor vielleicht doch wohl bemerkt haben mochte, so wenig sonst dergleichen in Betracht gezogen wurde) ließ den Rückzug antreten und zwar das 2. Armeecorps direct über Lukoml nach Czereja , während er mit dem 9. Armeecorps die Straße nach Sjenno einhielt. Das großherzoglich hessische Chevaulegersregiment machte den Nachtrab des legteren. Man ging sehr langsam zurück. Einige hundert Kosacken folgten bloß beobachtend.
Vierundfechszigstes Kapitel. Die Tage vom 11. bis einſchließlich zum 13. November in und bei Smclensk ; Eintreffen des 1. und 4. Armeecorps dafelbft. --- Beginnen der Fortseßung des Rückzugs der Hauptarmee von Smolensk nach Wilna. 1. Napoleon soll, nach Chambray, die Absicht gehabt haben, mit seinen Garden am 11. November wieder aufzubrechen ; aber die Verzögerungen , die Eugen mit dem 4. Armeecorps erlitten hatte , und die Zeit , welche ordnungsmäßige Vertheilungen erheiſchten, sollen ihn bewogen haben diesen Abmarsch noch zu verschieben . - Außer den in den Magazinen von Smolensk vorfindlichen Lebensmitteln waren 1500 Ochsen bei Krasnoi cantonirt, und mehrere Heerden von Ochsen, sowie auch Trans-
*) Deffen sie sich also , über die gefrorne Lukomlia gehend , bemächtigt haben mußte. **) Während dieses Treffens hatte das großherzoglich heffiſche Chevaulegersregiment vier Verwundete (einen Offizier , Lieutenant Sommerlad , und drei Gemeine) erhalten.
319 porte von Lebensmitteln befanden sich im Anzuge auf der Straße von Mſzislawl her. Alles wurde eine Beute der zahlreichen russischen Parteigänger bis auf einen Transport von 200 Ochsen, der sich schon ganz in der Nähe von Smolensk befand, aber nun von den Truppen der Moskauer Armee ſelbſt geraubt wurde. 2. Seit dem 11. wurde Smolensk auf der Nordseite oder dem rechten Dnjepr-Ufer durch einige von Platows Corps detaſchirte Kosackenregimenter eingeschloffen und die Communication mit dem 4. Armeecorps unterbrochen.
Auf der Südseite
oder dem linken Dnjepr-Ufer streiften die von der Hauptarmee ausgegangenen russischen Parteien. 3. Marschall Ney zog sich am 11. mit der Arrieregarde hinter den Kmoſt zurück und nahm hier Stellung *) ; das 1. Armeecorps ging bis nach Bredichino ( Gorodichino) und weiter gegen Smolensk hin zurück. Das 4. Armeecorps machte Raft zu Duchowſchtſchina (ſ. LXII. 10). 4.
In Beziehung auf die Fassung von Lebensmitteln geht
es den hessischen Truppen am 11. um nichts besser als am 9. (ſ. LXII. 2.) ; Mehl und Fleisch nicht den dritten Theil der zur Sättigung M erforderlichen Portion. Nur die alte Garde erhielt vollauf ausgetheilt und trieb Handel mit Lebensmitteln, -was ein Glück für die Isolirten war, indem sie sonst hier vor den Magazinen , da sie keine Bons en règle zu präsentiren hatten, hätten Hungers sterben müſſen“ 2c. 5. „Am 12. November, einem furchtbar kalten Tag, (wohl 18º ), wo wir glaubten in der Alertſtellung erfrieren zu müſſen, *) Major von Miller läßt in seiner Geschichte des Feldzugs vom Jahr 1812 das 3. Armeecorps am 11. zu Smolensk eintreffen : was ein Frrthum ist und sich wohl nur auf die würtembergische Infanterie beziehen läßt , die wohl als Escorte des Artillerieparks an diesem Tage zu Smolensk angelangt sein möchte. Die Würtemberger brachten nur noch 10 ihrer Geſchüße mit dahin. Die zwei hessischen des Leibregiments mußten diesen Tag 10 Stunden von Smolensk ftehen gelaſſen werden. Die Pulverwagen waren schon früher nach und nach aufgege= ben und in die Luft gesprengt worden. Die ftreng kalten Biwacks (fagt Oberfeuerwerker Schneider) , der Mangel an Fourrage , dazu noch der Umstand , daß bei dem argen Glatteise die Pferde nicht geſchärft werden konnten , machten die Fortbringung der Fahrzeuge , unmöglich.“
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begann die theilweise Fortsegung des Rückzugs der Moskauer Armee auf Wilna. Die Gardeartillerie und zugleich der große Park marſchirten eben ab , als wir , von jenem verzweifelten Frühstand fast erstarrt , in unsrer Vorstadt wieder einrückten (8 Uhr Morgens).
General Jünot, mit den geringen Ueber-
bleibseln des 8. Armeecorps (der westphälischen Infanterie) ebendaselbst angekommen , war bestimmt sie vereint mit der unberittenen Cavalerie zu escortiren. *) Der Zug geht auf der großen Straße von Krasnoi , kömmt aber mit den matten Pferden und des Glatteises halber Cobgleich hier die Pferde dagegen geschärft worden waren) doch nur bis etwa 5 Stunden über Smolensk hinaus , obgleich der Zug bis Mitternacht unter--wegs blieb (wobei man noch einige Wagen stehen lassen mußte). 6. Gleich den Weftphalen brach auch Zavonczek mit den Polen (dem 5. Armeecorps) dieſen Morgen auf und, beauftragt die Avantgarde des Heeres zu machen , nahm er am Dnjepr hin über Wolkowo den Weg nach Krasnoi. Die Pferde dieses Armeecorps waren , sowohl was die Cavalerie als den Train betraf, bei Weitem am Besten unter allen des Heeres im Stande zur Dienstleistung. **) Dieß Armeecorps hatte noch 45 bespannte Geſchüße, als es aus seiner Cantonirung bei Smolensk aufbrach. *) Die Weftphalen schickten zum Empfange von Lebensmitteln Detaschements in die Stadt , die aber bis gegen Abend vergebens fich an den Magazinen bemühten , zu Brod oder Mehl zu gelangen. Endlich wurden jene geſchloſſen und fie hatten noch nichts empfangen. „ In der Verzweiflung wurden die Thüren des Mehlmagazins eingeschlagen, feder Soldat nahm einen Sack und man zog zum Thor hinaus , hier fand man nun das Armeecorps längs abgezogen , die Leute konnten die schweren Mehlsäcke nicht fortbringen , das Mehl wurde größtentheils zerAtreut bis man zum Corps kam (spät in der Nacht) und Niemand kamen die Lebensmittel zu gut." Nach Mittheilungen des großherzoglich hessischen Rittmeisters von Rotsmann. [ Eine nähere Schilderung der Gefahren in dem Gedränge am Stadtthor, denen die zum Mehlempfang Beauftragten ausgefeßt waren, gibt Loßberg. Zus. d. Herausg.] **) Die Polen pflegten ihre Pferde mit Liebe und hatten auf ihren Seitenmärschen Gelegenheit , sich mit einem Körnervorrath für fie zu versehen ; auch fuchten fie fie durch Feuer und Rauch 2c. bei den Biwacks gegen Kälte zu schüßen.
321 7. Marschall Ney
wurde am 12. November in seiner
Stellung bei Tsuginowo durch das Corps von Yurkow angegriffen und mußte sich den ganzen Tag schlagen , behauptete ſich aber in seiner Stellung, die er zur Begünstigung des Rückzugs des 4. Armeecorps so lange zu halten sich genöthigt sah. Von dem 1. Armeecorps trafen am Abend dieses Tages 4 Diviſionen zu Smolensk ein , welche in die Vorstädte und nächstgelegenen Dörfer quartiert wurden (so eng als möglich) . In der südlichen , von den Hessen und den Truppen der jungen Garde occupirten Vorstadt rückte das 15. leichte und 33. Linieninfanterieregiment der Diviſion Friant ein ; ·ſie überfüllten die schon sehr angefüllten Wohnungen. Eine Division des 1. Armeecorps war noch zum Soutien der Arrieregarde oder des 3. Armeecorps etwas zurück. 8. Am 12. November Morgens vor Tagesanbruch ließ Eugen das 4. Armeecorps den Marsch von Duchowſchtſchina nach Smolensk ( 51 Werste) unter baldiger und dann fortgesezter Beunruhigung durch die Kosacken antreten. Die Nachhut des Armeecorps übergab die Stadt und so weiter alle Dörfer , die sie verließ , den Flammen. Am 13. Nachmittags langte Eugen mit dem Corps bei Smolensk an, ließ die Division Broussier in einer Stellung auf der Petersburger Straße zurück und rückte mit dem Reste des Armeecorps in die Stadt ein. Während der Nacht fingen seine ausgehungerten Soldaten, welche die Langſamkeit der Lebensmittelvertheilung nicht ertragen (oder wieder bis zum nächsten Morgen warten) konnten , zu tumultuiren und die Magazine zu plündern an ; doch gelang es (da man die Magaziniers zum Austheilen herbeibrachte) die Ordnung wiederherzustellen. 9. Es gab bei den Truppen folgenden Befehl : „ Man ſoll sich von der Brauchbarkeit der Gewehre überzeugen , die etwa zum Gefecht untauglichen sogleich nach dem Arsenal schicken und dagegen brauchbare empfangen, endlich nachsehen, ob Jedermann mit 50 Patronen versehen sei.“ „ Bei uns (Heſſen) wird zugleich Anstrich des Lederwerks von Seiten der Bataillonscommandeurs befohlen und uns bemerkt ſowohl auf den morgigen Röder, Kriegszug. 21
322 Marsch*) als auf eine Revue vor dem Kaiſer bereit zu sein. Ein Hospital brannte heute (den 12.) in der Stadt ab ; eben so eines in der Nacht vom 11. auf den 12. In diesem legteren scheint man nicht so glücklich gewesen zu sein, wie bei ersterem die Kranken entfernen zu können, da sehr viel von Verbrannten die Rede war. Die in den Kirchen liegenden Kranken mußten bei dieser schrecklichen Kälte, um nicht zu erfrieren, nothwendig Feuer anmachen, das häufig das Strohgenist ergriff, worin fie staken, und nicht immer gelöscht werden konnte." 10. „Zur Fortbringung der großherzoglich hessischen Fahrzeuge ließ diesen Tag das hessische Generalcommando alle Pferde aufkaufen , die es bekommen konnte , namentlich von den Offizieren, die solche jegt gern hergaben, da sie fürchteten sie nicht mehr ernähren zu können ** ) . Die Wagen und Equipagen ſollten den 13. Morgens mit dem Gepäck des kaiserlichen Generalstabes aufbrechen, wozu sie schon am 12. Abends ( wohl um den Moment nicht zu versäumen und zum Thor hinaus kommen zu können) ausrücken.
Auch gab es bei uns (Hessen)
noch spät Abends große Austheilungen von Schuhen, Gamaschen, Hemden und geflochtenen (von Darmstadt gekommenen) Branntweinflaschen (ohne Branntwein), da man die Wagen zu leeren suchte , die entweder jezt schon oder doch baldigst nicht mehr fortzubringen waren und stehen gelassen werden mußten ***). Auch bekamen die Offiziere noch einen Monatsold (den vom September) und die Soldaten
noch
eine
Löhnung
ausgezahlt (außer zwei ihnen schon gegebenen) .
weiter
Endlich erhält
*) Wie man von Seiten der Oberen die Soldaten sich zu einem Marsche vorbereiten läßt , fiehe §. 11. eine Stelle aus meinem Tagebuch. Daß wir an Kreide noch nicht Mangel hatten, zeigt obiger Befehl. **) ,,Auch ich bot dazu mein bisher noch gut genährtes Reitpferd, für das ich aber nur noch Fourrage auf einen Tag hatte , an und wollte mich mit einem Koni weiter schaffen , da diese Landespferde das Darben beffer ertragen . Es gab aber keine Möglichkeit es zum Thor hineinzubringen , wo das Gedränge so stark war , daß heute 3 Menschen erdrückt wurden , und als es spät Abends endlich gelang , war das Gepäck des Generalcommandos bereits fort." Tagebuch. ***) Diese Austheilungen waren den Soldaten für die Kälte von Werth , nur die Flaschen unnüß und die späte Austheilung bis tief in die Nacht schädlich.
323
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von Seiten der französischen Behörden jedes Bataillon eine der unlängst für das Heer aus Frankreich angekommenen Handmühlen zum Schroten der Körner *) . " 11. ,,Wegen der Austheilungen , die bei unsern Truppen über Mitternacht hinaus bis 1 Uhr (den 13.) dauerten , und da wir Befehl hatten um 4 Uhr marſchfertig zu ſein
also
um 2 Uhr wieder zu rüsten , die Leute zu Gang zu bringen und zu sammeln hatten wurde diese Nacht wohl von den meiſten Leuten völlig ſchlaflos zugebracht und zum größten Theile auf der Straße bei einer Kälte von ungefähr 18º , — und dieſe Wirthschaft in solcher eisigen Nacht, die in einer Sommernacht kaum zu verantworten geweſen und wozu bei etwas Vorsehungsgabe und Beachtung der Erhaltung der Gesundheit des Soldaten (diese als erste Pflicht der Vorgesezten angenommen) der gestrige Nachmittag alle Zeit gewährt haben würde ! So gräbt Alles an unserm Grabe , und um uns nur um so baldiger hinein legen zu können , ergreifen wir proprio motu die Schaufeln und graben selbst die Nächte hindurch. - Wo man da die Hoffnung hernehmen soll , daß es auch nur einem Einzigen gelingen werde , den Niemen oder gar den Rhein wieder zu ſehen ?! Auch gibt es weder Hoffnung noch Furcht mehr." 12. „Wir marschiren nun zwar doch nicht , Gesicht gegen Westen, wie wir erwarten mußten, wohl aber, wie seither ge wöhnlich, gegen Often um 4 Uhr früh in die Alertpofition ohne geschlafen zu haben und nüchternen Magens , denn wir hatten gestern (den 12.) quasi gar nichts (so muß man einer Ration , das bei der Austheilung auf den wohl das Mann gekommen war, nennen) an Lebensmitteln erhalten. So standen wir über 4 Stunden , bis zum Gefrieren des Marks in den Knochen , auf einer Stelle, bevor wir uns zum Rückunter marsch ins Quartier wieder in Bewegung sehten ,
*) ,,Diese Mühlen waren klein , eine Art Pfeffer- oder KaffeeMühlen großer Art, mit einer Kurbel zum Drehen und zum Anschrauben an eine Bank oder dergl. vorgerichtet. Für die Umstände höchft zweck=" mäßig , da man immer noch hier und da Körner fand , aber kein Mehl oder Brod. Zu Krasnoi machten wir zum erstenmal Gebrauch davon.“ Tagebuch. 21 *
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allen Soldaten , die mit 50 Patronen in der Tasche ausgerückt waren , gewiß kein Einziger der noch im Stande gewesen wäre seine einmal abgeschossene Flinte wieder zu laden oder auch nur einen Augenblick im Anschlag zu halten. Wir waren alle todtmatt als wir einrückten ! * ) . — Wären unsre sonst so kräftigen Soldaten nicht durch diese fürchterlichen Frühstände , wobei es immer eine Menge erfrorner Glieder gab und mehre tödtlich Erkrankte **) , so ruinirt worden , und hätten sie nur einigermaßen genügende Lebensmittel erhalten , so würden sie nicht nur sich wieder haben erholen , sondern auch zu den noch be= vorstehenden harten Märschen sich wieder haben stärken können . Smolensk kostete uns mit seinem Raste mehr Soldaten als die harten Märsche bis dahin. Dasselbe war bei den Regimentern der jungen Garde der Fall." 13. ,,Diesen Abend des 13. November erhalten wir einmal genüglich Mehl und etwas Reiß ausgetheilt. Es wird uns aber dabei gesagt , daß die Portion auf 6 Tage vorzuhalten habe , alſo zu z auf den morgigen Marsch aufgespart und mitgenommen werden müſſe. Die heutige Abendmahlzeit, die einzige dieses Tages , nahm jedoch sicher schon die Hälfte und mehr der ganzen Austheilung weg , (da sich so ausgehungerte Leute, wie wir sie hatten ,
nicht mehr Enthaltsamkeit vorpredigen
ließen , auch einmal volle Sättigung erforderlich war) .
Das
Ganze der Austheilung , die auf den Mann gekommen war, hätte bei einer ſo frischen Luft , wie sie uns der Himmel gab, jedoch für sich keine 3 Tage ohne Pferdefleisch - Zubuße vorzuhalten vermocht 2c." - ,,Nach den auf den Höhen des rechten
*) Der heutige Stand koftete meiner Compagnie 11 Mann, wovon 6 ohne alle Hoffnung der Wiedergenesung waren , aber Keiner bis Krasnoi kam . **) ,,Besonders da man sich nicht mit Gewehr in der Hand um ein Feuer herumstellen durfte , - eine um ſo abfurdere Härte, als nach schon zweistündigem Stande kein Soldat mehr zum Fechten brauchbar war , und ein einziger Kosackenpulk Meißter der nur noch ſtumpffinnig den Fleck haltenden , aber ihn zu behaupten nicht mehr vermögenden zwei Divifionen (der jungen Garde} werden konnte. Auch warfen fich die Leute , wenn sie das Quartier erreicht hatten , völlig erschöpft an Lebensgeistern nieder und bedurften mindestens 5-6 Stunden , fich wieder zu erholen ." Tagebuch.
325 Dnjeprufers sich zeigenden Kosackenhäufchen geschahen den ganzen Nachmittag (des 13. ) Kanonenschüsse 2c. “ 14. Es war General Claparede , der diesen Morgen mit den Resten seiner Division nach Krasnoi aufbrach , und die Trophäen , die Kriegscaſſe und das Gepäck des großen Generalstabs (dabei das des unſrigen) zu escortiren hatte. 15. Marschall Ney kam den 13. mit der Arrieregarde der Stadt Smolensk ziemlich nahe und dürfte mit derselben die Nacht in der Stellung bei Valutina - Gora , oder auf seinem Schlachtfelde vom 19. August , zugebracht haben. - Die sich in ſeinem Rücken zeigenden Kosacken schienen diesen Marschall und sein Armeecorps gar nicht zu affiziren ; überhaupt schien sich die moralische Kraft des Anführers auf alle Soldaten des 3. Armeecorps verbreitet zu haben , und dieſes zeigte sich darin allen andern zu dieser Zeit (und so nachher noch lange) überlegen.
Fünfundſechszigſtes Kapitel. Rückzugsfortseßung und Ereignisse am 14. und 15. November. Des Kaiſers und sämmtlicher Garden , sowie des 4. Armeecorps, Verlaffen der Stadt Smolensk und Ankommen zu Krasnoi. Eintreffen des 3. Armeecorps (Arrieregarde) zu Smolensk. -- Bewegungen des ruffischen Armeecorps von Miloradowitsch, der Hauptarmée Kutuſows und der von dieſer detaſchirten Corps. Gefecht der jungen Garde gegen Ozarowski bei Krasnoi , und des 4. Armeecorps gegen Miloradowitsch bei Merlino (am 16.).
1. Am 14. November ließ der Kaiser dem Marschall Fürſten Eckmühl und Marschall Ney schriftliche Befehle über die Räumung von Smolensk zugehen *) , hinsichtlich deren Ausführung noch folgende Instruction hinzugefügt wurde : „Der Herzog von Elchingen (Ney) wird den ganzen heutigen Tag (den 14.) in seiner gegenwärtigen Stellung (f. LXIV. 15.) verbleiben. Morgen den 15. wird er die Anhöhe des Klosters , den Brückenkopf und die Vorstadt (auf dem rechten Dnjeprufer) besegen. Den 16. um 4 Uhr Morgens könnte man , wenn
*) Chambray und Gourgaud theilen diese Morgens um 7 und 8 Uhr erlassenen Befehle mit.
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ww .
Alles bereit wäre , die Wälle sprengen und die Munition verbrennen. Der Fürst Eckmühl könnte in der Nacht vom 15. auf den 16. eine Stellung hinter dem Ravin nehmen und in Smolensk nur eine Division lassen , die unter dem Befehl des Herzogs von Elchingen stehen kann. " ,,Den 16., wenn alle Minen gesprengt sind , wird der Herzog von Elchingen sich in Marsch auf Krasnoi segen.“
„ Sollte der Feind nicht größere Kräfte
zeigen als bisher *) und alle Anstalten nicht beendigt ſein , ſo könnte der Herzog von Elchingen den ganzen Tag vom 16. in der Stadt bleiben , indem er den Brückenkopf besegt hielte und die Wälle erst den 17. zwei Stunden vor Tagesanbruch sprengen ließe." ,, Der Fürst Eckmühl, der Herzog von Elchingen, der General Lariboſſière , der General Haro und der General Charpentier (Gouverneur der Stadt , der diese mit seiner aus 3 polnischen dritten Bataillons und einem Cavalerieregiment bestehenden Besagung bis zulegt behaupten sollte) werden sich über die etwa nöthigen Abänderungen und Berichtigungen vorstehender Vorschriften verständigen."
( Es war dem Fürsten Eck-
mühl insbesondere aufgegeben : daß er den Herzog von Elchingen in dem Rückzug der Arrieregarde unterstüge ; dem Herzog von Elchingen , daß die Geschüße und die Munition vernichtet würden ; Beiden , Sorge zu tragen , daß keine Nachzügler und ſo wenig Kranke als möglich im Plage blieben.) 2. Während Napoleon auf diese Weise den Rückzug ſeines Heeres in größten Theils so weit getrennten Abtheilungen (échélons) disponirte, daß eine wechselseitige Unterſtügung derselben nur wenigen möglich, und einem herzhaften Angriffe des feindlichen Hauptheers Widerstand zu leiſten unmöglich geworden wäre , segte Kutuſow mit legterem seinen Marsch auf Krasnoi langsam fort. General Ostermann langte mit seinem Corps am 14. zu Koritnja , und Miloradowitsch einen halben Tag-
*) Daß Kutuſow selbst mit der Hauptarmee , Miloradowitsch als Avantgarde habend , Smolensk auf füdlicherem Wege inzwischen vorbeiund auf Krasnoi gehen , den zurückbleibenden Theil abschneiden , den vorangegangenen angreifen und schlagen könne, davon scheint man keine Ahnung gehabt zu haben und muß jenen noch zurück oder auf einem andern Wege angenommen haben ; was auch das nachfolgende Benehmen Rey's zu bestätigen scheint.
327 Die russische Armee dürfte , einmarsch von Krasnoi , an. schließlich der Kosacken, etwa 90,000 Mann (nach Chambrays Schägung * ) ) mit 500 gut haben.
bespannten Geschügen betragen
3. Eine Nachweisung der Stärke aller Corps (der leberbleibsel) der großen Armee an Combattanten bei ihrer Rückkunft nach Smolensk gibt Chambray wie folgt : a) Garde-Infanterie, einschließlichder noch 1000 M. ftarken Division Claparede (ohne Artillerie) 14,000 3nf. ---- Cav. 2000 " h) Garde-Cavalerie c) 3. Armeecorps, inbegriffen 500 M. und 2 Regimenter , die einen Theil der Garnison von Smolensk ausmachten 6000 5000 " d) 4. Armeecorps e) 5. Armeecorps (ausschließlich 3 Bataillons zu 800 Smolensk in Besaßung) " 700 " f) 8. Armeecorps g) Unberittene, als Infanterie organifirte Cavalerie 500 " 1900 " h) Die 4 Cavaleriecorps (unter Latour- Maubourg ) " 1200 " i) Leichte, den Armeecorps attaschirte Cavalerie Summa 37,000 Inf. 5100 Cav. 4. Das Geschüß betreffend , so hatte die Moskauer
Armee, dasjenige inbegriffen, welches von Smolensk nicht mehr wegzubringen war , bereits einen Abgang von mehr als 350 Stücken , und was ihr noch davon übrig blieb , konnte , wenn man sich etwa zum Gefechte aufzustellen genöthigt wurde , unmöglich auf den mit Schnee bedeckten Feldern manövriren. Es war schon ,
um nur auf der Hauptstraße zwischen Smolensk
und Krasnoi Hügel aufwärts zu kommen, die Hälfte aller Kanoniere nöthig , die zur Forthülfe in die Speichen
greifen
mußten. 5. Der russische Parteigänger , General Dzarowski , der ein Detaſchement befehligte , das an Stärke jenem von OrlowDenisow gleichkommen mochte , bemächtigte sich den 14. des eni red rotid *) Die russischen Berichte stellen dieß in Abrede und sagen , die Armee sei durch Mangel 2c. , bis auf 40,000 Mann , mit Ausschluß der Kosacken , zusammengeschmolzen gewesen. 11 Was indeffen, nicht recht glaublich ist , und selbst durch Rekruten- Natur der Hälfte des Heeres kaum zu erklären sein würde : denn fie konnten immer noch Nahrung und Unterkünfte finden , wo ihre Gegner nicht mehr.) bilinu dulghtro
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Städtchens Krasnoi , wo es einige Magazine und Vorräthe für die französische Armee gab , wurde aber , als gegen Abend die Division Claparede hier ankam, es zu verlassen genöthigt. Er zerstörte jedoch jene Vorräthe vorher so weit es in der Geschwindigkeit anging und ſegte sich dann im Dorfe Putkowa, eine Stunde von Krasnoi , fest. 6. „ Von 4 Uhr Morgens an standen wir Heſſen in der Straße der Vorstadt (Malo - Ochogf) unter dem Gewehr , in Erwartung des gewöhnlichen Abmarsches in die Alertposition. Um 6 Uhr trafen endlich , statt dessen , Befehle zum Marsche (nach Krasnoi) ein.
Rasch ging man auseinander, machte sich
dazu fertig und trat , da keine Zeit bestimmt war, wieder unter das Gewehr. Von der jungen Garde , die es trieb wie wir, erfuhren wir (ich glaube zufällig), daß noch vor Tagesanbruch marschirt werden solle.
Der Soldat wurde durch dieses un-
nöthige und so lange Stehen unter dem Gewehr in Erwartung des Abmarſches nicht nur um einige wohlthätige Stunden Schlafs , sondern auch um ein vorhaltendes Frühstück , das er sich in einer gerösteten Mehlsuppe hätte bereiten können , gebracht ; und da sein Herumtreiben auf der Straße schon um 3 Uhr früh begann , wennschon bei etwas minderer Kälte als gestern, doch wohl bei 15 bis 16° , so war dieses eine so ruinirende Vorbereitung zum Marſch und den dabei drohenden Gefechten, daß man sich dabei nur den trübsten Ahnungen überlaſſen konnte. Man hatte dazu dem Soldaten , man möchte sagen muthwillig - wenn nicht die allgemeine Gedankenlosigkeit dagegen stritte alle Kraft vorher geraubt. Ich hatte hierdurch bei meiner Compagnie *) , und so mehr oder weniger jede andere Compagnie , 7 Kranke erhalten , von denen ich drei sogar liegen lassen mußte **).“ ,,Schon vor 7 Uhr fielen jenseits des Dnjeprs Schüsse und das Artilleriefeuer ließ sich daselbst bald und immer stärker hören (s. 8) . Es war gleich 8 Uhr , als wir endlich hinter der jungen Garde den Marsch antraten.
Die Straße
*) Laut der Worte meines Tagebuchs. **) ,,Alle würden wohl geblieben und munter gewesen sein, wenn man fie erft um 5 Uhr zur Bereitung des Frühstücks geweckt und zur Marschstunde unters Gewehr gerufen hätte.".
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war mit Glatteis bedeckt ; dabei marſchiren wir so unter Fuhrwerken und Pferden , die nach allen Richtungen hin rollen und ftürzen, und fallen ſelbſt ſo oft *) , daß man keinen Augenblick ſicher ist , nicht gerädert oder von einem stürzenden Pferde todtgeschlagen zu werden, oder Arm und Bein zu brechen. " — „Welch' eine Menge Erfrorner lagen an der Straße ! Viele , deren Geist mit der Ermattung ihres Körpers sinkt , oder die stürzend die Hoffnung verlieren sich wieder erheben zu können , da ihnen Niemand eine hülfreiche Hand reicht , oder sich gefliffentlich legen , um längerer Qual ein Ende zu machen , erfrieren unter unsern Augen. Ihr Tod hat eher Reizendes als Abschreckendes ! " Wir marſchiren heute etwa 24 Werste gegen Westen bis zu einem Dorfe links der Straße, wo der Marschall Mortier , Herzog von Treviso , sein Quartier nahm. Das 1. Bataillon des (hessischen) Garderegiments war de service im Dorfe ; die Division biwacirte etwas weiterhin an der Straße in einem Birkengehölz x . **). Die Infanterie der alten Garde , welche sogleich nach unserem Aufbruch (also dem der jungen Garde) auch von Smolensk abmarſchirte , traf in demselben Ort ein (Koritnja), wo wir de service waren ; auch der Kaiser kam hier an und verbrachte die Nacht." 7. Die Division Broussier vom 4. Armeecorps , welche bis zum Morgen des 14. in Stellung auf der Höhe beim nächften Dörfchen oder Hof nordwärts von Smolensk , auf der
*) ,,Ich für meine Person Atürzte einmal mit dem Pferd , und da ich dann , wie viele Andere , nicht mehr aufstieg , noch viermal zu Fuß, das leßte Mal mit einem hübſchen Kind von 4 Jahren auf dem Arm, während Major Prinz Wittgenstein, kräftiger als ich, eines von 6 Jahren trug und die Mutter das Kleinfte. Wir fanden die 3 Würmchen im Schnee fißen. Die Mutter jammerte über das Elend und suchte alle 3 mit ihrem Körper etwas gegen die Kälte zu ſchüßen; der Vater schob seinen kleinen Wagen oder flüßte das Pferd um das Fuhrwerk eine Höhe hinauf- und hinabzubringen . Einige meiner Unteroffiziere halfen ihm dabei , und wir luden endlich die Mutter und Kleinen unten wieder ein." **) ,,Kälte und Glätteis verhinderten mich die Gegend aufmerkſam zu betrachten , da ich alle Aufmerksamkeit auf den Weg 2c. heften mußte. Es war ein hochhügliches Terrain ; in den Thälern gab es Bächlein ; nicht fern von der Straße Waldung 2c.“ Tagebuch.
330 Straße nach Stabna , verblieben war , brach mit dem Grauen des Tages auf um die Stadt zu gewinnen , und kam sogleich ins Gefecht mit Platows Corps. Der Vicekönig ging mit der italienischen Garde zu ihrer Aufnahme über den Dnjepr und ihr entgegen. Man hatte indessen wenig Schwierigkeit damit, da es kein Feind war der sich ernsthaft in den Weg werfen und ihn sperren wollte mit aller Gewalt der Waffen , womit man es zu thun hatte. Es galt hauptsächlich nur eine reitende Batterie von einer Höhe mit Infanterie zu vertreiben , die sie beſegt hatte , um die Brücke , worüber das Fuhrwerk der Diviſion defiliren mußte , zu bestreichen , was ziemlich rasch bewerkstelligt wurde. - Erst als der Vicekönig mit beiden Divisionen in Smolensk eingerückt war und der Kaiser ihm seine Befehle für den Abmarsch auf den folgenden Tag gegeben, auch ſonſt Alles angeordnet hatte, verließ derselbe in einem Wagen nun die Stadt, von den Garde- Chasseurs und Lanciers begleitet, und folgte seiner Fußgarde nach. 8. Erst Nachmittags am 15. November rückte Marschall Ney mit der Arrieregarde in Smolensk ein, indem er nur noch den Brückenkopf jenseits
des
Dnjeprs beſegt hielt *).
Der
Marschall Fürst Eckmühl war mit dem ganzen 1. Armeecorps (also allen 5 Divisionen) seit dem Morgen dieses Tags in der Stadt; allein seine Truppen hatten sich sogleich an die Plünderung der Magazine gemacht , und als Marschall Ney einrückte , so fand er für die feinigen nicht mehr die ihm angewiesene Quantität Lebensmittel, worüber es zu einem lebhaften Wortwechsel zwischen beiden Marſchällen kam (der vielleicht von
*) Die ruffischen Berichte sagen : „ Am 15. kam Hettmann Platow bei der Stadt Smolensk an, und da er von den Ausgewanderten der Stadt erfuhr , daß der Feind die St. Petersburger Vorftadt beseßt halte, ſo befahl er ihn , unter Bedeckung der donſchen Artillerie , zu attaquiren. Der Oberft Kaisarow, welcher mit den Jägern die feindliche Kette zurückwarf, verfolgte rasch den Feind in die Vorstadt, der sich nach dem Feftungsthor zog. Während so die Zäger und Kosacken den Meister in der Vorstadt spielten , rückte der Feind in 2 Colonnen mit 8 Kanonen und einer Haubiße aus der Festung (dem Brückenkopf) ; allein man ftürzte sich auf ihn, warf die Infanterie und nahm das Geſchüß ." (Was, nach der Art wie Neys Truppen fochten , sehr wenig Wahrscheinlichkeit hat.) ,,Das Gefecht dauerte bis in die Nacht“ (?).
331 einigem Einfluß auf ihre Entschließung am folgenden Tage war). 9. Eugen mit dem 4. Armeecorps , da man mit den Austheilungen an den Magazinen sehr lange aufgehalten wurde, konnte erst spät am Morgen zu Smolensk aufbrechen, weßhalb es auch nicht weiter als bis zu dem abgebrannten Weiler Lubna kam , wo es die Nacht verbrachte * ).
*) Labaume sagt bei dieser Gelegenheit : ,,Von Smolensk bis zu diesem etwa 3 Stunden entfernten Weiler war die Heerstraße ganz mit Kanonen und Munitionswagen bedeckt, deren erftere man nicht einmal Zeit hatte (oder fich nahm) zu vernageln, leßtere in die Luft zu spren gen. Ganze Gespanne erlagen den Mühseligkeiten und fielen auf einmal , ein Pferd über das andere. Todte und fterbende Pferde bedeckten bie Straße (vergl. das 29. Bülletin) . Alle Hohlwege , durch welche die Wagen nicht hindurch (oder bei Hügeln , wo sie aus der Tiefe nicht wieder die Höhe hinauf) hatten kommen können , lagen voll Waffen, Kaskets , Tschakos und Küraſſe. Aufgeſchnittene Mantelsäcke und Kleider aller Art waren im Thale zerfreut. Von Zeit zu Zeit sah man Bäume, an deren Fuß Soldaten Feuer anzumachen versucht hatten , allein dieſe Unglücklichen gaben den Geist auf, indem sie vergebens fich bemühten zu einem fie wärmenden Feuer zu gelangen - (und dieß Alles schon zwischen Smolensk und Krasnoi , ja schon vor den Thoren ersterer Stadt ! ) . Zu Dußenden sah man fie um einige grüne Zweige ausgeAtreckt liegen , die fie vergebens anzuzünden versucht hatten. So viele Leichen würden den Weg versperrt haben , wenn man sie nicht oft zu Ausfüllung der Gräben und Wagengleise gebraucht hätte. Solche Schreckensscenen erregten indeſſen kein Mitgefühl mehr, verhärteten nur die Herzen, (reduzirten alle noch übrigen Gedanken auf die Selbfterhaltung). Die besten Freunde kannten einander nicht mehr. Wer nur die geringste Unpäßlichkeit spürte (wenn er Offizier) keine guten Pferde und treuen Bedienten hatte, der konnte versichert sein, daß er sein Vaterland nicht wieder sah (wenigftens drang sich jedem , der noch denken konnte, diese Ueberzeugung auf) . Jeder zog die Rettung der Beute von Moskau dem Vergnügen der Rettung eines Kameraden vor ! ( So ließ sich in der That nicht sagen oder es konnte nur oberflächlich betrachtet so ins Auge gefaßt werden. Der Zustand der Soldaten und der der meisten Offiziere war dem einer Anzahl Menschen ähnlich geworden , die sich auf einem untergehenden Schiffe befinden, wo jeder zunächst nur an ſeine Rettung denkt und in der Zerrüttung seines Geiftes, wenn er im Unterfinken ist , festhält was er gepackt hat. Alle Schäße Rußlands hätte jeder gern gegeben , wenn er, wo ihm der Hungertod drohte, ein Stüc Brod und, wo Froßt sein Gebein erschütterte, eine Stelle am Feuer dafür hätte erhalten können ; aber man warf die Beute nicht weg, wenn damit
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10. Den 15. segte Napoleon seine Bewegung mit den Garden nach Krasnoi fort. Das russische Avantcorps unter den Befehlen von Miloradowitsch (russischen Berichten zufolge jegt aus den zuſammengesezten der Avantgarden und dem 2 . und 7. Corps bestehend) hatte sich etwas rechts gezogen , um eine Stellung bei Merlino , einem 14 Stunden vor Krasnoi dicht an der Straße gelegenen Dorfe einzunehmen . Kutusow, der noch an demselben Tage mit einem Theile seiner Armee Krasnoi hätte erreichen können , machte einige Stunden von dieser Stadt Halt. Miloradowitsch begnügte sich damit , die französischen Garden zu kanoniren *) . Er nahm Gepäck und einige an den Ravins aufgehaltenen Geschüße weg , machte einige Nachzügler zu Gefangenen , hielt aber den Marsch Napoleons mit den Garden keineswegs auf, der zu Ende des Tages zu Krasnoi eintraf. 11. „ Wir
(Heſſen mit der jungen Garde) marſchirten
nichts für die eigne phyfische Erhaltung zu erzielen war ; man blieb sich wenigstens dunkel bewußt, daß es doch noch einen Moment geben könne, wo man vielleicht durch die Schäße etwas zur eignen Erhaltung würde thun können ; bis ans Rückbringen derselben ins Vaterland haben damals gewiß nur Wenige gedacht oder noch denken können. Um den Nebenmenschen konnte man sich nicht mehr bekümmern . Röder. ) ,,Auf allen Seiten vernahm man das Geächze der Sterbenden und das Klaggefchrei derer, die man verließ. Jeder war aber gegen ihre Stimme taub (wohin hätte man auch hören føllen !?). Näherte man sich Einem, der den Geist aufgeben wollte, so geschah es in der Abficht ihn zu plündern." (Dieß muß dahin verftanden werden : fich seines Kleides zu bemächtigen , wenn man fror , oder nach einem Stück Brod in feinen Taschen zu forschen , wenn man hungerte ; und man nahm es nicht selten schon dem , der niederfiel , obschon er noch Leben hatte , aber bereits als Todter anzusehen war. [ Eine Dieß völlig bestätigende tragikomische Anekdote erzählt Loßberg , Briefe in die Heimat S. 303. Zuſaß d. Herausg.] An Geldrauben dachte Niemand. Das Vergnügen , auch nur einem Stürzenden wieder aufzuhelfen, kam Niemand in Sinn, darin hat Labaume recht ! und wenn es geschah , war es doch zwecklos , wie heute unser Kinderschleppen , von denen gewiß keines dem tödtenden Frost entging. Röder.) *) Chambray sagt : „ Miloradowitschs Corps bestand aus denselben Abtheilungen wie bei Wjäsma (was nach ruffiſchen Berichten (f. S. 330. Anm. *) nicht ganz richtig ift) und zählte ungefähr 16,000 Mann Jnfanterie und 3000 Mann reguläre Cavalerie ohne die Kosacken.
333 Morgens um 7 Uhr (also vor der alten Garde) ab und ſegten den Marsch nach Krasnoi , noch immer bei starkem Glatteiſe der Straße und unter Hemmnissen wie gestern , fort. Gegen 2 Uhr Nachmittags fanden wir die Russen in bedeutender Stärke, beſonders an Cavalerie, Koſackentrupps voran, links der Straße (bei Merlino). Die Kosacken fielen vorwärts von uns das Fuhrwerk an. Wir (Hessen) , sowie die ganze junge Garde, formirten regimenterweise alsbald Carrees en échélons ſo gut es gehen wollte links oder südlich der Straße, und ſo neben ihr her ziehend , suchen wir sie für das Fuhrwerk frei zu erhalten und dieses gegen feindliche Anfälle zu ſchügen , dabei ſelbſt in Verfaſſung den stärksten feindlichen Angriffen begegnen zu können, die etwa auf die Truppen versucht werden könnten . So zogen wir nun mit weitgeöffneten Rotten da es keine Möglichkeit war , auf dem mit Schnee schuhhoch bedeckten und mit einer leichten Eiskruste, die mit jedem Schritt einbrach , überzogenen Felde geschlossen zu marſchiren und suchten vorwärts zu kommen, kamen auch wirklich an jener so drohenden Cavalerie ganz unangefochten vorüber (die uns, kühn anreitend, ſicher gesprengt und niedergeritten haben würde) .
Sie schien es wirklich nur
auf unſre Bagage abgeſehen und deren Plünderung den Koſacken erleichtert , jedes ernsthafte Gefecht mit Infanterie aber gefürchtet zu haben. So kamen wir noch vor Abend intakt, wennschon von dem 21 Werste betragenden Marsche auf theils so glatter , theils so übermäßig rauher Bahn sehr ermattet, nach Krasnoi , und erhielten rechts nahe vorwärts des Orts auf einer kleinen Anhöhe den Biwack *) . Die Offiziere des Leibgarderegiments zogen sich zumeist in ein kleines Häuschen des Städtchens, worin der kränkliche Regiments- Commandeur (Oberst Freiherr Follenius) eine Unterkunft gesucht und (nebst uns Andern für die Nacht) gefunden hatte 2c.“ „Das Leibregiment und 2. Bataillon Garde hatte heute seine Bagage verloren, die des 1. Bataillons Garde kam bis auf einen Wagen durch zc." **). *) In meinem Tagebuche fteht : „ vor dem Städtchen ." Im Jour nal des Majors Zimmermann aber hinter. 3ch meine jedoch, daß wir rechts , südlich der Stadt geftanden hätten. **) ,,Auch die Wagen Sr. Hoheit des Prinzen Emil und ſeines
334 12. „ Napoleon , welcher einen russischen Parteigänger (Ozarowski) aus seiner Stellung 3 Werfte südlich von Krasnoi (zu Putkowa) entfernen vorsichtiger machen
und, wie Chambray sagt, den Feind
wollte , hatte der Division Roguet von
der fungen Garde Befehl geben laſſen, ihn den 16. vor Tagesanbruch zu überfallen und zu verjagen : was General Roguet mit vollkommenstem Erfolg ausführte. Gegen 8 Uhr rückte die Division wieder im Lager ein. Wir mit der Division Laborde waren , etwa um 7 Uhr früh, zu ihrer Aufnahme unter Waffen getreten. Sie hatte nur geringen Verlust gehabt und einige Hundert gefangene russische Jäger mitgebracht. Die Expedition war so geheim und still vor sich gegangen, daß wir Andern erst durch das Getöse des Kanonen = und KleingewehrFeuers, das sich um 5 Uhr Morgens erhob, aufgeweckt wurden und erfuhren , daß eine unsrer Divifionen (der jungen Garde) ausgerückt war :c.“
13. Die von den Gefangenen , welche Roguet gemacht, er-
Stabes waren den Kosacken in die Hände gefallen -- wie wir erft Tags darauf erfuhren." - ,,Mein Reitpferd mußte ich, als wir beim geſtrigen Marsche von der Straße ab aufs Feld hinübergingen ( wo seine Kräfte bald erschöpft gewesen sein würden) auf jene zurückschicken und zu Fuß gehen. Hier ftürzte es auf dem Glatteis und so hart , daß es sich allein nicht wieder aufhelfen konnte, und, da man sich aus Furcht vor den Kofacken nicht aufhalten wollte, ihm wieder aufzuhelfen , so blieb és liegen und ging zu Grunde. Ich verlor mit ihm meinen Biwackteppich , mein Mantelsäckchen (woraus ich , Unglück ahnend , wenigftens das Geld genommen und zu mir gesteckt hatte) und den Sattel, den ich aufs Schmerzlichste entbehrte , da man wohl noch einen Koni bekommén konnte , aber keinen Sattel. Durch meine eigne Mattigkeit konnte ich bei geschwollenen Füßen bald nicht mehr mit den Soldaten gleichen Schritt halten und mußte zurückbleiben , wodurch ich denn allmählich ans Ende der Colonne kam . Ich war schon in die Linie der leßten Schüßen der Nachhut gekommen , als mir ein Pferd Sr. Hoheit des Prinzen Emil , dem mein Zurückbleiben gemeldet worden war , auf feinen Befehl gebracht und ich so gerettet und wieder nach vorn gebracht wurde. Die Kosacken hatten mich schon als gute Beute im Auge. Ich war Sr. Hoh. mein Leben schuldig geworden 2c. Da wir uns von hier an wieder auf die Straße zogen , so konnte ich auch das 1 Stündchen bis Krasnoi zu Fuß mit fortkommen. Drei meiner Soldaten , gleich mir zurückgeblieben, bekam ich nicht wieder zu sehen ze. 2c." Tagebuch.
335 haltene Nachricht hatte endlich Napoleon überzeugt , daß die russische Hauptarmee nebst Miloradowitsch auf seiner linken Flanke stehe. Sie langte am 16. vor Krasnoi an und nahm folgende Stellung ein :
Der rechte Flügel , bestehend aus dem
Armeecorps von Miloradowitsch reichte bis an die große Straße in der Höhe von Merlino, der linke Flügel stand vor Krasnoi, das Centrum vor Szidowa , wo Kutusow sein Hauptquartier nahm.
Napoleon, der die Gefahr seiner Lage wohl erkannte,
sah , daß er sich auf der Stelle zurückziehen müſſe *) ; dann aber mußten die Armeecorps von Eugen , Davouft und Ney unvermeidlich unterliegen.
Indem er also auf die Unentschlof-
ſenheit und Kleinmüthigkeit seines Gegners , welche durch den bisherigen schlechten Gebrauch seiner Kräfte , das Langsame und Schwankende seines Marsches 2c. beurkundet wurden, rech nete , beſchloß er Krasnoi zu halten , bis man ihn zwingen würde es zu verlassen. Die junge Garde ward der ruffiſchen Armee gegenüber aufgestellt ; die Cavalerie von Latour - Maubourg rechts von Krasnoi ; die alte Garde, sowohl Infanterie als Cavalerie, und die Division Claparede blieben in der Stadt und um dieselbe. 14. Eugen mit dem 4. Armeecorps segte am 16. noch vor Tagesanbruch seinen Marsch fort, womit es nur langſam vorwärts ging. An jeder, auch der kleinsten, Anhöhe mußte man Geschüße stehen lassen, da die matten Pferde nicht mehr ziehen konnten und so waren nur noch 2 Geschüße übrig , als man gegen Ende des Tags auf den Feind traf. Miloradowitsch hatte in der Gegend von Merlino alle Anstalten getroffen, das
*) Chambray bemerkte : ,,Kutuſow konnte mit ſeiner ganzen Macht auf der Straße von Krasnoi nach Ljadi gehen , fich bei leßterem Ort feßen, ſeinen linken Flügel bis an den Dnjepr ausdehnen und Napoleon den Rückzug gänzlich abschneiden ; oder , bei der großen Ueberlegenheit ſeiner Truppen , Krasnoi angreifen und , was hier stand , erdrücken. Seine Unterfeldherrn drängen auch in ihn , eine dieſer Partieen zu ergreifen. Er hielt aber , obgleich ihm der üble Zustand des franzöfifchen Heeres bekannt war , dasselbe doch für stärker an Combattanten als es war , und seine Antwort lautete : Wie , ihr wollt , daß ich dem Zufall überlaſſe , was ich mit Gewißheit erreichen kann , wenn ich einige Tage zögere? "
336 4. Armeecorps zu empfangen und es beim Uebergang über das dortige Ravin anzugreifen.
Nach dem ruſſiſchen Berichte waren 44 Geſchüße so aufgeführt, daß sie die Straße nach der Länge bestreichen konnten, und ebenso viele ſtanden entlang derselben, um über sie hinzuschießen. Eugen , der sein Corps hatte deployiren lassen *), befand sich in einer sehr üblen Lage. Mit etwa 5000 Mann Infanterie, ohne Cavalerie und Geſchüß, war es ihm nicht möglich sich gewaltsam Bahn zu brechen ; er konnte nur durch Offensivdrohungen und standhaftes Hinhalten des Gefechtes bis zum Einbruch der Nacht hoffen, einen Punkt zum Durchbruch unter Begünstigung dieser zu finden. Der Feind hatte auch bis dahin noch keine anderen Vortheile über ihn erfochten , als die ihm sein zahlreiches Geſchüß gab ; und die Angriffe ſeiner Reiterei hatten nur auf dem am meiſten ausgesezten linken Flügel einigen Erfolg, wo sie 2 sehr geschwächte Bataillone warfen. ― Es gelang Eugen , obgleich die Nacht ſeine Bewegungen nicht so verbarg , wie er wünſchen mußte, da man hellen Mondschein hatte , sich rechts von dem Wege ab (um das Dorf Fomino herum) zu manövriren, an mehreren feindlichen Corps vorüberzukommen und endlich um Mitternacht Krasnoi mit seinem Armeecorps zu erreichen , das noch 3500 Mann stark, ſein Geſchüß und Gepäck aber zurückzulaſſen gezwungen war.
Sechsundfechszigſtes Kapitel. Minst mit seinen großen Magazinen wird von Tschitschagof eingenommen ; die französische Besaßung und Dombrowskis Corps ziehen sich nach General Hertel. ― Napoleon befiehlt , Minsk wieder Borisow. G zu nehmen. 1. Da der Gouverneur von Minsk, General Bronikowski, keine Nachricht vom General Kochegki (ſ. LXIII. 6.) hatte , so
*) - Während General Guilleminot mit den vorn befindlich gewefenen Sapeurs und Marine- Soldaten , wozu fich die ebenfalls voranziehenden theils bewaffneten, theils unbewaffneten Ifolirten gefellten, im Ganzen etwa 1200 Mann , fich bei einem Wäldchen , wodurch die Straße ging, geſeßt hatten und hielten , endlich fich auf die entwickelte Linie zurückzogen.
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schickte er 100 Mann würtemberger Infanterie (2 Compagnien des 7. Regiments) nebst den 2 Regimentsgeschügen und eine Abtheilung französische Reiterei nach Kaidanow, die hier am 14. November mit General Kochezkis Truppen zuſammenſtießen und am 15. vereint mit ihnen den Rückzug auf Minsk fortsegten.
Der russische General Lambert drängte indessen so lebhaft nach, daß Kochezki etwa 4 Stunden von Kaidanow Halt
machen und Widerstand leisten mußte , aber auch bald völlig umringt und durch die große Ueberlegenheit des Feindes sowohl, als den Schrecken der Litthauer Rekruten-Bataillone , gezwungen wurde das Gewehr zu strecken ; kaum gelang es ihm selbst sich mit noch etwa 100 Reitern durchzuschlagen.
Diese Niederlage mußte die größte Bestürzung zu Minsk verursachen. Nun war es keinem Zweifel mehr unterworfen, daß Tschitschagof in Perſon anrücke ; auch stand sein Vortrab am Abend dieſes Tages nur noch 5 Stunden von der Stadt. General Dombrowski, der sich zur Rettung von Minsk im Anzuge befand und dessen Division an diesem Tage Smelowiczi erreichen sollte, war für seine Person nach Minsk vorangeeilt. Da er aber hier den Stand der Sachen erfahren und erwogen hatte , daß er weder vor Tschitschagofs Avantgarde jene Stadt mit ſeiner Division erreichen, noch auch sich mit dessen Armeecorps messen
könne, so kehrte er augenblicklich zu ſeiner Division zurück (von welcher er ohnehin nur 2000 Mann Infanterie , 300 Mann Cavalerie und 12 Geſchüge bei sich hatte, indem der Rest noch zurück war) , ließ nach Igumen umkehren und von da dann über Beresino nach Borisow marschiren. 2. Am 16. Nachmittags 2 1hr verließ Bronikowski mit dem Neste der Besagung , ungefähr 1000 Mann , Minsk und zog sich auf Borisow zurück. Eine große Menge isolirter Militärs, Verwaltungs- und Bureau-Beamten flüchteten dagegen Tschitscha(auf der Straße von Molodeczno) nach Wilna. gofs Truppen rückten unmittelbar nach Bronikowskis Abzug in
*) Dieser Erfolg zeigte klar , daß es nicht wohl überlegt war, diese Rekruten dem Feind entgegenzuschicken. (Höchftens ein Bataillon, und blos zum entfernten Demonftriren bestimmt , hätte mitgegeben werden können.) Röder, Kriegszug. 22
338 Minsk ein. Die Ruſſen fanden in den Magazinen (obgleich noch Vieles fortgebracht worden war) mehr als 2 Millionen Portionen aller Art , und in den Hospitälern etwa 4700 Mann von allen Graden. General Hertel , dem Tschitschagof Befehl zugeschickt hatte , in Minsk zu ihm zu stoßen , weigerte sich und blieb in Mozyr. 3. Als Napoleon obige Ereignisse (ſ. LXVIII . 15.) erfahren hatte * ) , befahl er augenblicklich, daß General Dombrowski seine Division in Borisow zusammenziehen und den auf dem rechten Ufer der Beresina liegenden Brückenkopf vertheidigen solle; ferner daß Marschall Oudinot in aller Eile mit seinem ganzen Armeecorps und der Cüraſſierdiviſion Doumerc nach Borisow aufbrechen , die Division Dombrowski und was Bronikowski noch an Truppen verblieben sei mit jenem vereinigen und so nach Minsk marschiren solle, um diesen Plaz wieder zu nehmen.
(Hierbei mußte der Kaiser wohl unterstellt
haben , daß Fürst Schwarzenberg von seiner Seite auch gegen Tschitschagof im Anmarsch und dieser in solcher Weise genöthigt gewesen sein möchte, einen Theil seines Armeecorps gegen jenen zu verwenden ; denn man konnte alle die Truppen, welche Dudinot zu dieser Erpedition untergeben worden waren , nur zu 15,000 Mann ** ) und , selbst wenn man sich Täuſchungen machte, nicht über 20,000 Mann annehmen. Man durfte also auch nicht hoffen, das noch vereinte Armeecorps Tschitschagofs, wenigstens 30,000 Mann alter Truppen , damit schlagen und zum Rückzuge zwingen zu können.
*) Was am 18. November zu Dubrowna (nach Chambray) Statt fand , also nach dem kritischen Tage von Krasnoi. **) Chambray sagt : ,,Das 2. Armeecorps zählte nur noch 8000 Mann , die Division Dombrowski 4000 und Bronikowskis Detaſchement zusammt der Befaßung von Borisow nur 1200 Mann.“ - Major von Miller sagt : die Besaßung von Borisow bestand am 18. November nur aus dem dort von Minsk angekommenen würtembergischen Regiment Lalance , kaum noch 400 Mann stark, und einem französischen Bataillon, 250 Mann stark, - wozu man dann die von Bronikowski mitgebrachten Reiter (höchftens 250 Pferde) wird zählen müſſen.
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Siebenundsechszigstes Kapitel. Vorfälle beim 10. Armee corps (Macdonalds) und 6. Armeecorps (WreGeneral Marquis des). Stand des leßteren am 16. November. Paulucci wird (ftatt Eſſen's) Gouverneur von Riga. — Der ruffische General Löwis rettet sich mittels einer Eis - Strohbrücke über die Düna.
1. Nachdem der früher gemeldete Versuch des Generals Steinheil (s. XLII. 2.) , fich des großen französischen Belagerungsparks vor Riga zu bemächtigen, verunglückt und dieſer General mit ſeinem Corps zu Wittgenstein gestoßen war, trat in dieſem Striche des Kriegsschauplages bis auf höchst unbedeutende Ereignisse eine Unthätigkeit ein , die bis zum 15. November dauerte. Zu Ende Septembers hatte der russische GeneralLieutenant, Marquis Paulucci den General v. Essen im Ober― commando zu Riga abgelöst. Marschall Macdonald hatte ſein Hauptquartier unverrückt in Stalgen (einem Dorfe am linken Ufer der Aa zwischen Mitau und Bauske) und die halbe Diviſion Grandjean, 8 Bataillons, die der preußische General von Hünerbein befehligte, bei sich. Die andere halbe Diviſion unter Grandjean selbst war bis Jllurt , einem Dorfe an der Düna einen Tagemarsch dieſſeits Dünaburg , zurückgegangen. York dehnte sich von der Ostsee bis nach Eckau aus. Hünerbein mit der polnischen und einer preußischen Brigade nebst 6 Schwadronen hielt Eckau besegt und dehnte sich rechts bis nach Friedrichstadt aus.
Jakobstadt hatte Besagung erhalten.
Reſerven waren in Mitau, Stalgen und Annenburg aufgestellt. Die Russen hatten St. Olai, Baldonen und Neugut inne. — Friedrichstadt war zu Anfang Octobers in die Hände der Russen gefallen, ihnen nach einigen Tagen wieder abgenommen worden , aber am 13. October wieder in ihren Besig gekommen und von dieser Zeit an darin verblieben.
2. Marschall Macdonald , welcher bedeutend in die Operationen Wittgensteins hätte eingreifen können und auch wohl von dem Moment an hätte eingreifen müſſen , wo an eine BeLagerung Nigas nicht mehr gedacht und der Belagerungspark 22 *
340 allmählig zurückgeschafft wurde *) , stand, wie vorerwähnt, einem Corps von ungefähr 8000 Russen der Besagung von Riga gegenüber , welche auf dem linken Ufer der Düna den Strich von Schlock bis nach Friedrichstadt inne und den Haupttrupp zu Neugut hatten. Da man ihnen in dieser gewagten Stellung durch einen, in einem Tage zurückzulegenden, Marsch von Eckau nach Dahlenkirchen den Rückzug abschneiden konnte, so beschloß nun Macdonald dieß Unternehmen , wozu er dem General Ba- . chelu das Commando über ein Corps von etwa 8000 Mann (bestehend aus der von General Hünerbein nur noch allein befehligten polnischen Brigade ,
aus einer von General Horn
commandirten preußischen Brigade und 6 Schwadronen Preußen) unter seiner eignen Leitung übergab. Den 15. November marschirte Bachelu vor Tagesanbruch nach Baldonen , nahm es weg und trieb , indem er den General Hünerbein dort stehen ließ , die Ruſſen bis Dahlenkirchen , wo er eine Stellungnahm. Zugleich wurden Scheinangriffe auf Olai und Neugut gerichtet, während General von Maſſenbach, welchem der Marschall das Commando der Reserve gegeben hatte , mit derselben aus Annenburg über Eckau und Wahldorf nach Friedrichstadt vorging. Alles , was rechts der Straße von Eckau nach Riga stand, General Löwis , welcher dieſen Theil der russischen Linie befehligte, wenig Reiterei und Geſchüß und nur ungefähr 5000 Mann neuformirter Infanterie hatte, zog sich
wurde abgeschnitten.
erst gegen Riga zurück; als er aber eine Stunde Wegs vor Thomsdorf auf die Avantgarde von Hünerbein stieß , die ihm ein Bataillon abnahm, und erfuhr, daß Bachelu Dahlenkirchen besezt hatte , so wandte er sich gegen Friedrichstadt hin ; unterwegs indessen, als er von dem Marsche des Generallieutenants von Maſſenbach Nachricht erhielt , machte er halt. Die Düna war zwar gefroren , aber noch trug das Eis nicht. Er hätte also wahrscheinlich das Gewehr strecken müssen , wenn er nicht *) Er würde dazu 10,000 Mann disponibel gehabt haben ; und es konnten dieß Preußen sein , was denn auch noch politisch gehandelt gewesen wäre (meint Chambray) . Ein Marschall gibt aber nicht 10,000 Mann von seinem Armeecorps an einen andern Corpsbefehlshaber ab, sollte dieser sie auch noch so nüßlich und er fie gar nicht gebrauchen können - ohne höheren Befehl.
341 (da ihm von allen Corps , die ihn umstellten , keines nah auf den Leib ging) in Verfertigung einer Strohbrücke über das Eis *) Mittel gefunden hätte , aus dem Garn zu entkommen. Da dieser Dünaübergang , etwas unterhalb Linden , indessen erst in der Nacht vom 17. auf den 18. Statt fand , so wirkte zur Rettung des Corps von Löwis auch mit , daß General Hünerbein , statt nach oben berührtem Avantgarde- Gefecht den zurückgehenden Feind zu verfolgen , selbst auf Baldonen zurückden er , nach seinem ging, um Befehl dazu abzuwarten (!) Bericht , zu spät empfing. Ein Theil der russischen Truppen, welche Friedrichstadt besezt hielten , ging gleichfalls über das Eis zurück; doch machte General Maſſenbach durch sein unerwartetes Erscheinen am 17. Abends 9 Uhr ** ) noch ein Bataillon und eine Schwadron gefangen. So hatte dieß Unternehmen weiter keinen Erfolg , als daß General Paulucci nun vorsichtiger wurde und seine Truppen ähnlicher Gefahr nicht mehr ausſegte (der fie , bei aller Discretion der gegnerischen Generale , doch kaum entkommen konnten). 3. Marschall Macdonald erhielt (erst) am 16. durch Maret, Herzog von Bassano , Nachricht , die ihm die Rückkehr des Kaisers und der Armee von Moskau nach Smolensk anzeigte, ohne ihm jedoch über den elenden Zustand , worin die legtere daselbst anlangte und das Thun der Russen , womit sie ihn benugten (als Aufforderung zum Nachdenken über das unter solchen Umständen nüglichste Handeln) , einen Wink zu geben. 4. Während nun bei dem Armeecorps des Marschalls Macdonald die alte Raft und Thatlosigkeit wieder Play griff, wozu allerdings bei der gegenwärtigen argen Winterkälte genügendere Motive vorhanden waren als früher , fuhr General Wrede in rastloser Thätigkeit fort und bot Alles auf, um das von ihm befehligte (6. ) Armeecorps gegen Wittgenstein in Bewegung zu segen und eine wirksame Diversion (wie man von ihm gewünſcht) in seinem Rücken zu machen, so daß, das Thun beider Armeecorps -Befehlshaber mit einander verglichen, Wrede
*) Die Ruffen haben große Gewandtheit in Verfertigung solcher Brücken. **) Wozu also er doch wohl bestimmten Befehl haben mußte ?
342 der französische , Macdonald ein General der Verbündeten zu sein schien (der die Schonung der eignen Truppen , so weit es nur immer , ohne sich Verantwortung auszusehen , geschehen konnte, als erste Pflicht betrachtete). — Endlich hatte es Wrede nun wieder bis zu einem Stand von beinahe 10,000 Soldaten gebracht und von Maret die Erlaubniß erhalten sich in Bewegung segen zu dürfen , ― wie ihn denn auch das Schreiben des Marschalls Oudinot vom 8. , das ihm jezt , den 16. November , erst zukam , dazu aufforderte. Ueber die gegenwärtige Stärke seines Corps schickte er am 16. folgenden Standesausweis an den Major- General , wobei er zugleich erwähnte, daß sich die Brigade Coutard , nämlich das königlich westphäliſche 4. Linien = und das großherzoglich hessische leichte InfanterieRegiment in vortrefflichem Zustande befinde ; ebenso die Cavalerie der Brigade Franceschi , daß er dagegen auf das Allerlei der Infanterie der legteren nicht viel rechnen könne und er sich genöthigt gesehen habe , daraus zwei Feld- und ein Depotbataillon zu formiren , da viele Leute noch nicht chargiren könnten ; auch die bairische Infanterie habe sich seit 14 Tagen bedeutend verstärkt und würde noch 2000 Mann stärker sein können, wenn man für die aus den Spitälern Zugegangenen genug Gewehre gehabt hätte.
Es betrug aber : Infant. Caval. Artill. Stücke. 2035
1317
93
4
2460
-
215
8
517
24
1367 1753 --
90
I
a) Die Brigade Franceschi (Offi= ziere u. Soldaten) b) Die Brigade Coutard desgl. (3. der 28. Diviſion) c) Die 19.Divifion (Baiern) dsgl. d) Die 20. Division (Baiern) dsgl. e) Die bairiſche Artillerie, desgl. f) Bairiſche Cavalerie- Detaſche= ments , desgl. g) Gendarmerie - Detaſchements (französische) , desgl. Zusammen
32 7615
1439
825
36 Geſchüße. 9879 Mann.
343
Achtundsechszigstes Kapitel. Abmarsch des ersten Armeecorps von Smolensk ; die Garden öffnen ihm den Weg nach Krasnoi. - Treffen von Krasnoi den 17. November und Rückzugfortſeßung bis über die Gränze Altrußlands. - Bes fehle Napoleons zu Dubrowna. 1.
Davoust, Fürst von Eckmühl , marschirte den 16. mit
4 Diviſionen des 1. Armeecorps von Smolensk ab , indem er die 2. (Friant) dem Marschall Ney daselbst zurückläßt. Diese 4 Diviſionen ließ er mit Intervallen von etwa 1½ Wersten ziehen, um die Artillerie und das Gepäck vor den ununterbrochenen Anfällen der Kosacken zu bewahren.
Sie blieben auch die Nacht
hindurch in dieser Marschordnung im Biwack, wobei die vorderste Division bis etwa 1 Stunde über Koritnja hinauskam. Bald benachrichtigt von dem Stoße , den Eugen mit dem 4. Armeecorps auszuhalten hatte und daß Miloradowitsch die Straße beſegt habe , gab er dem Marschall Ney hiervon Nachricht, ſowie von der Nothwendigkeit in der er sich befinde , seinen Rückzug eiligst , und somit ohne ihn abwarten zu können, fortſegen zu müſſen, damit der Feind nicht Zeit gewinne sich noch stärker vorzulegen . 2. Marschall Ney erhielt dieſe Depesche Davouſts um acht Uhr Abends ; da er aber keineswegs vermuthete, daß er durch die russische Hauptarmee abgeschnitten werden könnte , so gab er bloß die Antwort : „daß ihn alle Kosacken Rußlands *) nicht zu schrecken vermöchten und er seine Instruction erfüllen werde" (nämlich erst aufzubrechen , wenn Alles zur Zerstörung der Mauern von Smolensk und der zurückzulaſſenden Artillerie bereit ſei) . An diesem Tage brach in Smolensk Feuer an mehreren Stellen aus und die Kranken und Bleſſirten , welche aus den brennenden Häusern flohen , vermehrten noch die Unordnung , die bereits in der Stadt durch die große Anzahl von vereinzelten Militärs , von Weibern und Kindern, die man hier laſſen mußte, und durch die vielen Kranken herrschte – (bei der
*) Es muß also nicht einmal völlig ins Klare gekommen sein, daß das ftarke Armeecorps Miloradowitſchs , das man zu Wjäsma kennen lernte , vorliege..
344 Rathlosigkeit und dem Zagen vor dem bevorstehenden Schicksal, wenn die Mauern gesprengt und die Stadt vollends dem Feuer übergeben werden , dann der Feind mit der Erbitterung eindringen würde , die die völlige Zerstörung von Smolensk erzeugen müſſe) . -
Die Zahl der Kranken in Smolensk hatte
sich wieder (großentheils durch unser Frühausrücken) bis zu 5000 erhöht. 3. Napoleon war, nach der Erfahrung die das 4. Armeecorps gemacht hatte , überzeugt von der Nothwendigkeit daß etwas geschehen müſſe , um Miloradowitsch aus seiner gegenwärtigen Stellung weg- und näher an das Centrum des ruſsischenHeeres von Kutuſow heranzuziehen, wenn es demMarschall Fürst Eckmühl ( Davouft) gelingen sollte am 17. , und vielleicht etwas später auch Ney , nach Krasnoi durchzukommen . Es wurden daher folgende Befehle in der Nacht vom 16. auf den 17. gegeben : Marschall Mortier solle sich bereit halten , noch vor Tages Anbruch anzugreifen ; die alte Garde mit 30 Geschüßen der Garde - Artillerie auf der Straße gegen Smolensk bis halben Weges Katowa vorzurücken ; die Cavalerie von Latour - Maubourg , 1800 Pferde der Garde und 400 seines Corps , sollten dieser Bewegung folgen. General Claparede erhielt den Auftrag Krasnoi zu vertheidigen , wozu , außer ſeiner Diviſion und der Beſagung von Krasnoi , die hier befindlichen Isolirten und der Rest der Garde-Artillerie mitwirken sollten. Eugen mit dem 4. Armeecorps sollte noch vor Tages Anbruch seinen Rückzug auf Ljadi antreten * ) . Napoleon wagte sonach mit nicht viel mehr als 14,000 Mann Infanterie und 2200 Reitern die Offensive gegen die russische Armee zu ergreifen , wobei die einzige Artillerie , welche zu manövriren fähig, die der jungen Garde war , indem der Ueberrest nur langſam marſchiren und sich kaum auf der Straße fortſchleppen konnte. Um den geringsten Hang hinaufzukommen, mußten die
*) Labaume (zum Generalstabe des 4. Armee corps gehörig) fagt: ,,Wir feßten uns gegen 11 Uhr Vormittags in Bewegung um nach Ljadi zu marschiren , - sobald fich der Prinz von Eckmühl mit uns vereinigt hatte." - Es mußte fich also obige Bestimmung noch durch Umstände geändert haben.
345
Kanoniere in die Speichen greifen. -
In der That brachte das
kühne Manöver Napoleons die beabsichtigte Wirkung hervor und Miloradowitsch ward , als es begann , von Kutuſow bald aus seiner Stellung (vom Ravin bei Katowa bis Merlino an der Straße) weg- und näher an Szidowa herangezogen , so daß dort nur Kosacken blieben. 4. Marschall Fürst Eckmühl hatte sich mit dem 1. Armeecorps um 3 Uhr Morgens ( am 17. ) in Marsch gesezt, und da er nicht anders glaubte , als sich fechtend den Weg öffnen zu müſſen , ſeine Diviſionen geſchloſſener als Tags vorher marschiren lassen. Angenehm fand er sich nun überrascht, als er am Morgen die Stelle erreichte , wo Eugen Tags vorher gefochten hatte und nicht durchgekommen war , kein feindliches Corps mehr vorzufinden, das ihn aufhalten konnte, so daß er erst, als er bereits Katowa erreicht hatte, auf ein solches stieß,. das sich von der Straße ab in seiner linken Flanke aufgestellt befand und von hieraus seine Diviſionen zu kanoniren begann. Nichts hinderte indeſſen mehr die Paſſage derselben, nebst dem was sie an Geſchüß und Fuhrwerken bei sich hatten, durch das legte Ravin, das sie noch von den Garden trennte. Die Division Friederich blieb jenseits stehen bis Alles durch war. 5. „Morgens 2 Uhr stellen wir (die Brigade der Heſſen) uns zu der vorſeienden Expedition , die der Kaiser persönlich leiten wollte , auf *). Um 3 Uhr marschirten wir , und überhaupt das Armeecorps der jungen Garde (die Diviſionen Laborde und Roguet) , unter Marschall Mortier links ab , die Straße nach Smolensk
einhaltend.
Major von Steinling
commandirte das Leibgarde - Regiment, da Oberst v. Follenius sich unwohl befand und in seinem und der Offiziere Nachtquartier in Krasnoi verblieb. An der Spige der hessischen Brigade befand sich Se. Hoheit der Prinz Emil (mit seinem Stabe). Die Stärke unsrer 4 Bataillone betrug nicht völlig mehr die gewöhnliche eines Bataillons beim Ausrücken. Zwar besagte die (zum Einreichen ans General - Commando) am gestrigen Abend entworfene Standesliste 49 Offiziere, 892 Soldaten, und namentlich jene des Leibgarde- Regiments 26 Offiziere, 443 Sol-
*) Aus meinem Tagebuch.
346 daten.
Daß aber davon beim Ausrücken zur Schlacht abging,
fonnte ich an meiner Compagnie ermessen, da ich beim Aufſtellen nicht mehr als 7 Unteroffiziere, einen Tambour, 27 Gardisten, also 34 Bajonnette hatte ; - davon fiel mir aber noch Einer vor dem Abmarsch in Ohnmacht und blieb so schwach, daß ich ihn nur in das Quartier des Regiments- Commandeurs zurückbringen lassen konnte, und ein Zweiter fiel , als wir den ersten glatten Hang hinaufmarschirten , so hart , daß er auch zurückbleiben mußte * ) .
Es bestand jedes meiner beiden Plo-
tons in der Schlachtlinie nur aus 5 Rotten, mit Einſchluß der Offizierrotte , indem wir , wie die Franzosen , 3 Mann hoch standen **), und einen Mann gab ich an die Leibcompagnie ab, damit sie auch 10 volle Rotten herausbringen konnte 2c. 6. „ Nachdem wir etwa eine Stunde , anfänglich ziemlich raſch, dann immer langſamer, marſchirt waren , formirten wir uns regimenterweiſe in geschlossene Colonne par Diviſion ; und nun kam es bald zu halten , bald wieder zu kleinen Bewegungen, die, da wir jest rechts von der Straße ab auf dem beschneiten Felde waren, uns ungemein ermüdeten.
Wir ſehn-
ten uns nach dem Anbruche des Tages, mochte er bringen was er wollte.
Matt , ſchlaftrunken ,
hungrig und frierend
über
das Feld hin und her zu stolpern , ist ein unerträglicher Zustand ! Unſre Nerven es ging Andern gewiß wie mir bekamen erst wieder Ton und der Geist wachte auf, als endlich einige Schüsse fielen 2c.
Je mehr es Tag wurde, desto mehr
nahm das Geplänker zu ; endlich ging es auch rechts vorwärts von Krasnoi und in stärkerem Maße los ; das Geſchüß tönte kräftig dazwischen.
Unfre Colonnen wandten sich jest schnell
nach dieser für uns gefährlichsten Seite ; auch wird die große Straße , die wir dem 1. Armeecorps eröffnen wollten, demselben nun geöffnet gewesen sein , wozu wir bloß durch Schneetreten noch zur Zeit beigetragen hatten." (In der That war die Spize des 1. Armeecorps angekommen , über das Ravin
*) Beide habe ich nie wieder gesehen. **) Hier wäre es ganz besonders passend gewesen nur 2 Glieder zu bilden, um } ftärker zu erscheinen und den Kanonenkugeln weniger Prise zu geben.
---
347
und dann sogleich an demselben hinaufgegangen, und hatte sich dort dem Feind gegenüber entwickelt, als wir rechts rückwärts uns in Bewegung segten *). Es war etwa 9 Uhr des Morgens geworden, als wir dieß Manöver damit beendigten , daß wir uns Front rückwärts en bataille , ziemlich parallel mit der Hauptstraße und diese nah im Rücken habend, formirten." Der Feind stand mehr als eine Werfte von uns entfernt bei einem Dorfe **), Waldung rechts und links deſſelben, mit viel Cavalerie und Geſchüg, welch lezteres sich bereits mit uns zu ſchaffen machte che wir noch völlig in die Linie gekommen waren. Inzwischen waren von unsrer Division (Laborde) das hessische Leibregiment und ein Regiment der Gardetirailleurs mit einigem Geschütz gegen die feindliche Linie stark (etwa 1000 Schritte) vorgegangen.
Sie plänkerten mit dem Feinde am Walde, wur-
den heftig von ihm beschossen und von Zeit zu Zeit von seiner Cavalerie angefallen ,
ohne daß er sie überwältigen konnte .
Das Leibregiment, welchem 2 Geschüße beigegeben waren, die, da sie eine 10fach stärkere Zahl feindlicher Geschüße gegen sich hatten , bald unbrauchbar wurden , hielt sich auf diese Weise über eine Stunde auf einem kleinen Hügel mit äußerster Bravour , formirte mehrmals Carree und schlug die Angriffe der feindlichen Cavalerie ab. Seine Ordnung und Standhaftigkeit war um so bewunderungswürdiger , als der Leute Rekruten waren, und sie unter sehr heftigem feindlichen Feuer sich bewegen mußten. Die beiden Regimenter wurden etwa um 10½ Uhr von andern abgelöst und rückten um die Hälfte vermindert wieder in die Linie ein.
Eben solche Trupps hatte die Diviſion
Roguet vorgeschickt und die wenige Artillerie , die wir hatten, manövrirte dazwischen herum.
Sie suchte vorzüglich durch die
kleinen Erhöhungen des Bodens sich dem Strich des feindlichen Geſchüges zu entziehen und , indem sie bald an der einen bald an der andern Seite eines solchen Hügels abprogte , mit erhöhten Vortheilen zu schießen. Wir (das Leibgarderegiment u. a.) in der Linie hatten nur passiv in dem Strich feindlicher
*) Ich erfuhr dieß etwas später und trug es im Tagebuch nach. **) Nach der von Vaudoncourt gegebenen Karte hieß das Dorf wohl Woskresenje .
348 Batterien zu halten ; die eine derselben , aus wenigstens zwölf Geſchügen , worunter einige Einhörner , bestehend , befand sich ziemlich gerade vorwärts des (Leibgarde-) Regiments , eine andre von 6 Geſchüßen etwas linkshin , in deren Strich wir 3 Stunden fast unbeweglich hielten und deren Kugeln, obgleich meist zu hoch gehend , doch häufig genug einschlugen * ) . Wir machten in dieser uns sehr lange bedünkenden Zeit keine andere Bewegung , als daß wir manchmal ein paar Schritte rechts rückten , was blos durch das Rechtsanschließen in der Diviſion (um die von den feindlichen Kugeln gemachten Lücken zu ſchließen) hervorgebracht war ; nun aber begannen wir, etwa um 12½ Uhr, einen Marsch rechts aus der Flanke , obschon noch durch manchen Stillstand unterbrochen. Einige Divisionen des 1. Armeecorps mit viel Fuhrwerk waren hinter uns weg nach Krasnoi gezogen.
Im Abmarsch nach dieser Stadt gegen 1 Uhr wur-
den wir (die 1. Diviſion , und ſo hernach auch die 2. der jungen Garde) beständig von dem feindlichen Geschüß in der Seite beschossen und verloren dadurch noch manchen Soldaten ** ) .
Bis
*) ,,Es war zu verwundern , daß die Kugeln nicht mehr auf die Stelle einschlugen , wo Se. Hoheit der Prinz Emil mit ſeinem Gefolge vor der Front ſeiner Brigade zu Pferd hielt , da auf diese auffallende Gruppe ficher gezielt wurde und ich wenigftens deßhalb nicht ohne Bangigkeit war. Durch meine Rottlücke schlugen , während ich (gegen die Regel) fie verlaffen hatte und vor der Front der Compagnie herumspazierte , um die Leute ein wenig aufzumuntern und bei dieſem so höchft fatalen Halten auf der Stelle zu zerstreuen , zweimal Kanonenkugeln ein ; die erste riß meinem Nebenmann im zweiten Gliede den Kopf ab und bleſſirte auch den Mann im 3. tödtlich ; die 2. Kugel riß auch einem Nebenmanne den Tornister mit solcher Gewalt ab , daß er wie todt dabei hinftürzte , wobei noch ein 2. Mann im vorderen Glied leicht bleſfirt wurde. Außerdem hatte ich noch zwei bleffirte Soldaten, und hinter der Front der Compagnie ward einem Tambour der Leibcompagnie ein Arm abgeschlagen und das Reservepferd des Majors von Steinling getödtet." **) ,,Bei dieser Gelegenheit erwarb ich einen Pelz von grobem Soldatentuch (der wohl früher einem russischen Offizier gehört hatte) und den gewiß Niemand so leicht angezogen hätte, der nicht , wie ich, ſo jämmerlich feit 10 Stunden vor Frost zitterte , indem von meinem an Biwackfeuern verbrannten Mantel nur noch der Kragen übrig war und ich nur einen dünnen Rock auf dem Leibe hatte. Moisson , Lieutenant vom 6. vor uns her marſchirenden Voltigeursregiment der jungen
349 auf Kartätschschußweite ging das feindliche Geschüß jedoch nicht an uns heran : was ein besonderes Glück war ; denn ich wenigstens erblickte nichts , was es zu hindern vermocht hätte. Als es von der Höhe nach der Stadt hinunterging, ſegten wir uns in Plotons,“ - und da das feindliche Geschüß uns nicht zu verfolgen abließ und enfilirte , so verloren wir noch mehre Leute (sagt das Generalcommando) , selbst als wir schon in der Stadt waren (vom Leibregiment) . 7. „ Das 1. Bataillon Leibgarde hatte in diesem Treffen einen Verluft von 2 todten , 7 bleſſirten Soldaten ; das 2. Bataillon einen leicht bleſſirten Offizier , 6 todte , 7 bleſſirte Soldaten. Das Leibregiment hatte im Verhältniß zu ſeiner Stärke einen ungeheuern Verlust ,
nämlich einschließlich der beiden
Lieutenants von der Reserve (die die Verstärkung gebracht und Blessuren erhalten hatten) an Todten und Bleſſirten 10 Offiziere und 119 Soldaten *).“ „ Dem 2. Bataillon Leibregiments Garde, sein Befiher, ward durch eine Kanonenkugel in die Brust getroffen ; als ich mit meiner Compagnie an die Stelle kam , wo er in leßter Zudung lag , brachte ich (mittels eines Trinkgeldes) den Pelz an mich und zog ihn sogleich an , die zerrissenen Blutfeßen des Rückens mit dem Mantelkragen bedeckend , - und so behielt ich ihn zur Erwärmung auf dem Leibe bis Wilna (einen Moment bei Smorgoni ausgenommen, wo mir ihn die Kosacken auszogen , aber , als fie feine Beschaffenheit erblickten , ihn sogleich wegwarfen , so daß ich ihn wieder umnehmen konnte) . Erft zu Wilna konnte ich ihn vom Blute reinigen und flicken laſſen. In den Taschen fand ich einen rührenden Brief an seine Eltern in Frankreich , den ich Jahre nachher mit der Meldung von seinem Tode auf dem Schlachtfeld ohne Leiden abschickte ; ferner eine Brodrinde und etwa 14 Pfund Zucker , die mir zur Stillung des Hungers dienten (da ich noch nichts genoffen) und eine recht freudige Entdeckung für mich waren ; denn mein Bursch hatte sich mit dem Koni geflüchtet, und meine wenigenLebensmittel, eine Handvoll geröstete Körner, waren mitgegangen.“ *) Dieß ist die offiziell eingegebene Zahl. Major Zimmermann ſagt : ,,Wenn ich nach der Stärke des 1. Bataillons Leibregiments rechne , welches mit 17 Offizieren , 156 Soldaten in die Schlacht ging, so war das Regiment 32 Offiziere und 300 bis 320 Soldaten ftark, und als wir nach dem mörderischen Kampfe , in welchem das Regiment 8 schwer , 2 leicht bleffirte Offiziere erhielt, in die Linie einrückten und das Häuflein zählten , fanden wir noch 22 Offiziere, 65 Soldaten ; der Berluft betrug also über 250 Mann ." ( Es find fedoch Diejenigen noch hinzuzuzählen , die , Bleffirte , Offiziere 2c. wegbringend , fich entfernt hatten.)
350 war die Fahne entzwei geschossen worden ; man band sie an jene des 1. Bataillons und brachte sie fort , jedoch den Fahnenträger selbst nicht weiter als bis Krasnoi, wo er wegen Schwäche zurückbleiben mußte.
Er war in dem Treffen selbst
schon von einer Kanonenkugel umgerissen worden 20.“ 8. Daß die großherzoglich beſſiſchen Truppen an dieſem Tage Lob und Ehre erwarben und er zu den rühmlichsten derselben gehört , bestätigt folgender Bericht Sr. Hoheit des Prinzen Generalcommandeurs an Se. königl. Hoheit den Großherzog : „Das Leibregiment betrug sich , trog des gewaltigen feindlichen Feuers , mit einer besonnenen Kaltblütigkeit , die nur Eigenſchaft geprüfter Truppen ist *) . Es formirte Carree , schlug feindliche Cavaleriecorps ab und stellte sich wieder her als wären es Manöver auf dem Nebungsplay.
Rotten wurden
niedergeschmettert, langsam und muthig schlossen die Nebenleute die entstandenen Lücken wieder. Der Oberst von Gall verlor 2 Pferde unter dem Leibe.
Noch während der Affaire, als das
Leibregiment zurück und wieder in die Linie eingerückt war, zollte der Divisionsgeneral (Laborde) sämmtlichen großherzoglichen Truppen , die gegenwärtig waren , dem Leibregiment aber ins,,Die besondere , seinen Dank und seine Hochachtung 2c.“ Schüßen des Leibregiments (der ungünſtigen Umstände unerachtet) plänkerten gewandt und unerschrocken und tödteten dem Feinde viele Leute." und ging zu Fuß 9. Napoleon befand sich auf der Straße zwischen Krasnoi und Katowa ; ebenso Berthier und ein Theil des Generalstabes , als die vorderste Diviſion des 1. Armeecorps über das Ravin (beim Dörfchen Kenzowa) gegangen war ; wo sie denn sogleich Befehl erhielt , sich links in Bataille zu formiren und vorzugehen. Sie kam dadurch beiläufig in gleiche Linie mit den von der jungen Garde (ſ. 6.) vorgestoßenen Regimentern. Die bis auf 12 Geſchüge zuſammengeschmolzene reitende Artillerie der alten Garde , deren * Sie hatten besonders in den Schlachten von Aspern und Wagram diese Prüfung bestanden ; aber auch die kürzlich von Darmſtadt gekommenen Rekruten , unter die alten Soldaten eingetheilt und die größere Hälfte ausmachend , eiferten rühmlich ihren alten Kameraden nach und betrugen fich ebenso ftandhaft und unerschrocken.
351 sämmtliche Kanoniere jegt unberitten waren (da sie ihre Schwadronspferde zur Anspannung hatten hergeben müſſen), hatte die Straße etwa halben Weges zwischen jenem Defilee und Krasnoi besegt ; auf beiden Seiten standen die Bataillone der alten Garde in geschlossenen Colonnen formirt.
Inzwischen
fing. Kutusow , der nur einen geringen Theil seiner Truppen ins Gefecht gebracht hatte, während seine Maſſen dahinter unthätig stehen blieben , an allmählich immer mehr Truppen vorzubringen. Das Corps von Galigin marſchirte (nach Vaudoncourt) gegen das 1. Corps (den linken Flügel unsrer BatailleLinie) ; zugleich präsentirten ſich die Corps von Barasdin und Rosen nebst Ozarowski vorwärts Woskresenje , welchen gegenüber sich die junge Garde formirt hatte.
General Roſen drang
gegen Krasnoi vor und machte große Anstrengungen, den rechten Flügel der jungen Garde zu werfen *) . Das 1. VoltigeursRegiment ward
durch die 2. ruſſiſche Cüraſſierdiviſion und
durch das Regiment Rewel Infanterie angegriffen.
Milorado-
witsch ließ den linken Flügel mehrmals durch das 2. Cavaleriecorps angreifen. Nichts konnte die französische Infanterie erſchüttern , und auch die Cavalerie half wacker mit , die Ruſſen im Zaum zu halten und warf einmal auf dem rechten Flügel einen heftigen Angriff der ruſſiſchen ( Cüraſfiere) kräftig zurück. 10. Da Napoleon das 1. Armeecorps nunmehr heran, aber keine Hoffnung hatte, auch das Armeecorps von Ney noch an sich ziehen zu können (das erst den 17. von Smolensk abmarſchirt war), indem er die ganze Armee Kutuſows gegen sich und zum Theil nach Dobroë, ſeiner Rückzugslinie, in Bewegung ſah , es aber auf eine allgemeine Schlacht nicht ankommen laſſen durfte, so benugte er das Zaudern Kutusows, seine ganze Kraft ins Gefecht zu bringen , und ließ den Rückzug durch Krasnoi nach Ljadi, wohin das 4. Armeecorps vorausgegangen war, antreten.
Nur die Division Friederich, sonst Deſſair (des
1. Armeecorps) , welche auf die junge Garde folgte und die Arrieregarde zu machen hatte , wurde lebhaft gedrängt.
Ihre
3 Regimenter zogen sich staffelweise zurück ; das, welches zulegt
*) Die Brigade Heffen ftand beiläufig im Centrum der Linie der jungen Garde.
352 marschirte , wurde, sowie es aus Krasnoi vertrieben war, gezwungen das Carree zu bilden , um einem Cavaleriechoc zu widerstehen *). Es wollte dann seinen Rückzug fortsegen, ward aber durch neue Cavalerieangriffe zum Stehen gezwungen, und da endlich Infanterie und eine Batterie hinzukam , die seine Reihen lichteten , und es zulegt bis auf 78 Mann aufgerieben war, so ward dieser kleine Rest sich zu ergeben gezwungen. Es war 2 Uhr Nachmittags, als das Treffen von Krasnoi ſich mit der Niederlage dieses Regiments , des einzigen das die Russen besiegten , beendigte. 11. Gränze.
Unser Rückzug ging rasch bis über die alte russische Wir (die Division Laborde) gingen , bis etwa eine
Stunde von Krasnoi gekommen, an der 2. Diviſion (Roguet) der jungen Garde vorbei , die uns voran und hier en bataille aufgestellt war, um die Arrieregardediviſion (Friederich) aufzunehmen. Bis auf etwa 6 Werste über Krasnoi hinaus gegen Ljadi cotoyirte die ruſſiſche reitende Artillerie unsre Colonne, ohne jedoch durch ihre übelgezielten Schüſſe uns nennenswerthen Schaden zu thun. Die Verfolgung durch die Russen war überhaupt lahm , ja quasi gar keine. Sie schienen froh zu sein, daß wir gegangen waren 2c."
,,Es war schon stark dunkel geworden , als wir bei Ljadi ankamen , wo wir einen Biwack ― bezogen. Der Kaiser, welcher schon gleich nach Mittag von Krasnoi ab hieher gegangen war, hatte sein Hauptquartier in der Stadt. Wir holten hier einiges Holz zu unsern Biwackfeuern von dazu abgebrochenen Häusern. Uebrigens gab es hier noch, zumeist jüdische, Einwohner genug, aber von Lebensmitteln nichts bei ihnen einzukaufen. Ein Theil unsrer Soldaten drückte sich weg und suchte sich in Ljadi unter Dach für die Nacht zu bringen. Im Herzen mußte man Jedem Glück wünschen, dem solches gelang“ **).
*) ,,Bei der Vertreibung dieses Regiments aus Krasnoi wurde die aus hölzernen Häusern bestehende Stadt in Brand geschoffen und da dieser sehr um sich griff, so mußten wir auf die traurige Vermuthung kommen , daß unsre schwer verwundeten Offiziere und Soldaten dadurch direct oder indirect umgekommen ſein dürften. Tagebuch. **) Wie hätten wir sie auch halten können ? da wir ihnen nach solchen Tagesstrapaßen, wo möglich , einen etwas ruhigen Schlaf
353 12. Nach dem Gefecht dieses Tages (Treffen vom 17.) ließ Kutusow das rückziehende französische Heer unter Napoleon nur durch Kosacken und das Corps des Parteigängers Ozarowski verfolgen. Er schlug sein Hauptquartier in Dobroë auf und gab seinen Truppen 2 Tage Ruhe , obgleich sie nicht gerade der Ruhe bedurften (meint Chambray) und Unterfunft und Lebensmittel hatten. 94 hands fed but 13. Für seine Person verließ Napoleon Ljadi in der Nacht vom 17. zum 18. November und erreichte Dubrowna noch vor Tagesanbruch *).
Zavonczek war in Orſcha und Jünot auf
dem Marſche dahin. Eugen mit dem 4. Armeecorps ging vor der alten Garde her und hatte dem 1. Armeecorps zum Soutien zu dienen, das unter Davouſt, Fürst Eckmühl, die Arrieregarde machte. 14. „ Wir (von der jungen Garde) brachen aus unserem, häßlichen Biwack, - der, obgleich es sehr gelind (faſt bis zum Thauen) geworden war , uns doch nicht den geringsten Schuß gegen den sehr rauh gebliebenen Wind gegeben hatte, ohne eines wohlthätigen Schlafes genossen zu haben und wohl größtentheils nüchtern um 5 Uhr Morgens (den 18.) auf und segten den Rückzug auf der Straße nach Orscha fort. Wir passirten Kazany , wo es eine Brücke über den dortigen Bach zwar gab, die aber für den Moment vom Fuhrwerk fast gänzlich gesperrt war, so daß die Infanterie größtentheils durch das Wasser und die Eisschollen mußte. Man legte zwar Stangen darüber , aber da wenige Soldaten , und besonders bei ihrer Mattigkeit, so balanciren konnten, um sich auf diesen Stangen, die bald naß und glatt wurden, zu erhalten, so verzögerte dieß nur den Marsch der Soldaten um einige Stunden , und fast
gönnen mußten , indem wir ihnen gar nichts , nicht einmal Schaufeln zu geben hatten , fich damit einen Schirm von Schnee gegen den rauhen Wind zu machen. Ich hatte von meiner Compagnie noch 4 Unteroffiziere und 15 Soldaten im Biwack um mich und sie mußten fich mit Säbeln und Bajonetten ein wenig in den Schnee einzugraben suchen. *) Der Verf. des ,,Buchs vom Jahr 1812" versichert , daß Chambray irre und Napoleon erst am 18. früh von Ljadi abgegangen sei. Anmerk . d. Herausg. Röder, Kriegszug. 23
354 alle mußten dennoch durchs Wasser. Man schlug inzwischen zum Hungervertreib einige Pferde des in einander gerathenen Fuhrwerks todt , zerlegte sie und röstete Carbonaden an den Feuern , die man in der Pause angezündet hatte , und woran man sich wieder etwas trocknete. Es ging dann noch etwa 11 Stunden Wegs über Kazany hinaus und wir bezogen einen Biwack rechts der Straße bei einem Dorfe mit hoher und großer Kirche. Die Offiziere suchten Unterkunft in den Häusern *). Hier fanden wir auch einige unsrer Soldaten , die gestern voran hierher gegangen waren , suchen“ **).
um Unterkunft zu
15. Napoleon erfuhr sogleich bei ſeiner Ankunft zu Dubrowna (f. 13. ) , daß Minsk in Feindes Hände gefallen sei, wodurch seine Lage wieder ebenso bedenklich geworden war, als diejenige , aus welcher er sich eben , fast wundervoll, bei Krasnoi gezogen hatte.
Die Befehle , welche er zunächſt in
Bezug hierauf erließ, sind bereits (LXVI. 3.) angeführt worden. Seine Hoffnungen aber, Minsk noch in Zeiten, nämlich bevor sämmtliche Magazine daselbst zerstört seien ,
dem Admiral
Tschitschagof wieder entreißen und seiner Armee dadurch diese Hauptstraße auf Wilna wieder öffnen zu können, scheiterten. 16. An Marschall Victor erließ der Kaiser ebenfalls sogleich Verhaltungsbefehle , die ihm der Major - General den 19. Morgens um 3 Uhr in Nachfolgendem wiederholte : „ Der Es Kaiser wird den 19. um Mittag zu Orscha eintreffen. ist nöthig , daß die Stellung , welche Sie einnehmen werden, Sie näher als das feindliche Heer an Borisow , Wilna und Orscha bringe. Richten Sie sich so ein , daß Sie die Bewegung des Herzogs von Reggio (Oudinot's ſ. LXVI. 3. ) maskiren und daß der Feind vielmehr glaube , der Kaiser wolle
*) Wir Offiziere vom 1. Bataillon Leibgarde waren mit fenen vom 6. Tirailleurregiment der fungen Garde in einem Haus zusammen . Die Soldaten mußten im Biwack liegen , insofern fie fich nicht zu Beſſerem zu verhelfen wußten , was ihnen nicht verargt wurde. Major Zimmer. mann gab ihnen indeſſen dadurch ein Beispiel zum Ausharren , daß er fich im Biwack bei der Fahne niederlegte. **) Auch mein Pferd fand ich hier mit dem Burschen wieder , der gestern vom Schlachtfeld bis hierher fich zurückgezogen hatte. Tagebuch.
355 gegen den General Wittgenstein marschiren : was ein ziemlich Es ist die Absicht Sr. Majestät, natürliches Manöver wäre. auf Minsk zu gehen, und wenn man Herr dieser Stadt sein Es wäre wird , die Linie der Beresina einzunehmen. daher möglich , daß Sie den Befehl erhielten , auf Beresino (nämlich jenes oberhalb Borisow liegende) zu marschiren, auf diese Weise die Straße nach Wilna zu decken und mit dem 6. Armeecorps (Wrede) in Verbindung zu treten. UeberLegen Sie diese Bewegung und lassen Sie mich wissen , was Sie darüber zu bemerken haben.“ - ,,Sobald Sie mir angezeigt haben werden, wie viel Artillerie Sie den andern Corps abtreten können , werde ich Ihnen Befehle , wohin sie gesendet werden kann , zukommen laſſen.“ 17. An Jünot , Herzog von Abrantes , war folgender Befehl gekommen : Er habe (den 19. November) zu Orſcha Poſition zu nehmen , die Brücke wohl bewachen zu lassen und aus allen Kräften beizutragen, daß die größte Ordnung in der Stadt herrsche. Bei seinem Armeecorps (dem 8. ) habe er den unter Waffen Gegenwärtigen auf eine regelmäßige Art Rationen daselbst austheilen zu lassen. Er solle zu Dubrowna und Orſcha die Isolirten anhalten und sie nach Armeecorps classifiziren laffen. Sie sollten dann gleichfalls regelmäßige Austheilungen erhalten; wer aber zu plündern sich unterfange, solle vor ein Kriegsgericht gestellt und erschossen werden. Man sei in dem Falle, Erempel statuiren zu müssen und auf die Linie gekommen , wo die Armee Halt machen und sich herstellen müsse. Man müsse darum mit den Lebensmitteln öconomisiren und sich die Ressourcen erhalten. Die Generale d'Alorma *) und Jomini befänden sich zu Orscha und hätten ähnliche Befehle erhalten 2c.
*) D'Alorma , ein portugiesischer General , war Gouverneur von Mohilew und verließ diese Stadt erst den 21. Er war also zu dieser Zeit noch nicht in Orscha , sondern Jomini allein daselbst.
23*
356
Neunundsechszigstes Kapitel.
Abmarsch des Arrieregardecorps von Smolensk. Gefechte dieses Armeecorps und bewundernswürdiger Rückzug desselben unter dem kühnen Marschall Ney bis zur Erreichung des Heeres bei Orſcha am 21 . November * ) . Schicksal der Stadt Smolensk und dieses Corps von Ney. 1. Marschall Ney zog endlich den 17. November Morgens um zwei Uhr von Smolensk ab. Sein (Arrieregarde-) Corps bestand aus 6000 Mann Infanterie , 300 Mann Cavalerie und 12 Geschügen. Ungefähr 7000 Nachzügler folgten ihm und erschwerten den Marsch der Colonnen. Seine Infanterie hatte er in drei Divisionen getheilt : die 1. bestand aus der 2. des 1. Armeecorps , die andern beiden aus Ueberbleibseln des 3. Armeecorps **) , 500 Mann , die man von dieſem Corps in Smolensk vorgefunden hatte , und den zwei Regimentern der Besagung dieser Stadt (bestehend aus drei Bataillons Polen und einem Bataillon rheinischer Bundestruppen, nämlich Mecklenburgern , Oldenburgern 2c.) . Die Nachhut war kaum ½ Stunde von der Stadt, als die Minen ſprangen ; doch war Smolensk dazu nicht auch in Brand gesezt worden , wie man fürchtete (und bisher bei allen andern Städten geschehen war). Dieſe Rücksicht nahm man doch auf die vielen zurückgelassenen Kranken, ohne daß aber ein Arzt bei diesen (beordert oder freiwillig) zurückblieb , oder sonst etwas für sie gethan worden , oder sie der Menschlichkeit der Ruſſen (da man an diese zu appelliren wohl für ganz vergebens hielt) empfohlen worden wären ***).
*) Das "Buch vom Jahr 1812“ (Bd. III. S. 172 ff. und Bd . I. S. 249 ff.), deffen Verf. bei Ney's Corps auf diesem Rückzug fich befand, enthält noch manche intereſſanten Einzelheiten zur Vervollständigung oder Berichtigung der nachfolgenden Darstellung. Anm. d. Herausg. **) Hierunter befand sich auch das 3. provisoriſche Bataillon Würtemberger , etwa 300 Mann. ***) Der Verf. des „ Buchs vom Jahr 1812″ versichert als Augenzeuge das Gegentheil ; er rühmt die große Sorgfalt Ney's für die zurückgelaſſenen Kranken , die aus der Nähe der zu sprengenden Werke entfernt , mit Lebensmitteln versehen , durch angeheftete Schreiben in deutscher , französischer und ruffischer Sprache dem Feinde empfohlen worden, jedoch bei dessen tollem Fanatismus ohne Erfolg. Auch das
357 Die den Mauern und Thürmen geltenden Zerstörungen durch Pulverminen waren indeſſen für die Stadt und die darin Zurückgelaſſenen auch nicht so verderblich als man befürchten mußte. Das Mauerwerk konnte durch deren Kraft nicht in dem Maße gewältigt und zersplittert werden , um Häuser und Menschen niederzuſchmettern ; und das dadurch entstehende Feuer in den Häusern entlang der Stadtmauern * ) halfen die schnell eindringenden Kosacken löschen. Während seines Marſches an diesem Tage (den 17. ) hatte Ney's Armeecorps nur einige Kosacken um sich. Es biwackirte die Nacht bei Koritnja. 2. Am 18. segte Marschall Ney den Marsch nach Krasnoi fort. Als er gegen Merlino kam , erschien russische Cavalerie in seiner linken Flanke. Durch mehrere Vierecke , welche er formiren ließ , um welche das würtemberger Bataillon eine Plänklerkette bildete , wurde diese Cavalerie entfernt gehalten. Um drei Uhr Nachmittags erreichte der Vortrab das Ravin von Katowa und machte Halt , als er die jenseits aufgestellten Truppen vom Armeecorps Miloradowitschs mit vielem Geschüße wahrnahm.
Marschall Ney ließ sogleich zwei seiner Diviſionen
in Linie aufmarſchiren ; die dritte blieb in Colonne **) und ſollte
Sprengen sei von Ney nicht rechter Ernst , sondern nur auf Verblüffen der Kofacken und Abhalten derselben vom Verfolgen abgesehen gewesen und habe sich so bewährt. Anm. d. Herausg. *) Die ruffischen Berichte sagen : „ Ein Theil der der Petersburger Vorstadt gegenüberliegenden Gebäude ( die Kehle der Stadt war vorzüglich unterminirt) wurde dadurch verbrannt.“ **) Major von Miller spricht fets von zwei französischen und einer italienischen Division ; und leßtere ſoll es gewesen sein , die die Colonne zur Attaque formirte. Es war dieß aber wohl die Division Ricard (fonft Friant) vom 1. Armeecorps , da es gewiß ist , daß vom 4. Armeecorps keine Division an Ney abgegeben worden war. Sonft müßte es die aus der Besaßung von Smolensk formirte Division gewesen sein , bei der einige Italiener sein konnten ; wahrscheinlich ist dieß aber nicht. [Auch der Verf. des "Buchs vom Jahr 1812 " , der die Zuſammenſeßung der ganzen Ney'schen Truppe genau angibt , gedenkt keiner italienischen Division. Er gibt die Gesammtstärke etwas anders an , als dieß oben geschehen ist , nämlich auf 7000 Mann Infanterie des 3. und 1. Corps (Division Ricard) , einer aus polnischen Ulahnen, würtembergischen und franzöfifchen Jägern zu Pferd gebildeten Schwadron von 80 Mann und 16 Geſchüßen. Zus. d . Herausg. ]
358
längs des kleinen Waldes , an dem sich die Straße aus der Schlucht auf die Ebene vor Krasnoi hinzieht , die russische Linie durchbrechen , während zugleich die Vorhut dieses Gehölz zu nehmen suchen würde. Auf dem rechten Flügel der BatailleLinie standen zwei Colonnen , welche Ney aus gesammelten Nachzüglern gebildet hatte , die gegen 6000 Mann stark waren. Diese Colonnen sollten die Russen glauben machen, der Hauptangriff sei auf ihre linke Flanke
gerichtet.
Auf dem linken
Flügel stand das (3.) provisoriſche Bataillon Würtemberger, noch etwa 300 Mann stark. Nachdem das Artillerie- und Infanteriefeuer bereits zwei Stunden angehalten hatte (bis alle diese Anordnungen getroffen waren) unternahm nun die bestimmte Division den Sturm und zwar mit solchem Ungestüm, daß sie das 1. und 2. Treffen des Feindes warf; allein bald von allen Seiten umringt , durch Cavalerie angegriffen und um die Hälfte geſchwächt , ward sie zurückgeworfen und ging in größter Unordnung über das Defilee zurück. Es gelang Ney den Ueberreft seiner eben vorgewesenen Truppen hinter der Linie , die nicht gefochten hatte, wieder zu sammeln. Das Feuer wurde nun immer lebhafter ; es zeigten sich neue ruffiſche Colonnen in der linken Flanke. Marschall Ney mußte jeden Gedanken an weiteres offensives Unternehmen aufgeben und ordnete den Rückzug auf der Straße nach Smolensk an. Es wurde ihm schwer , diesen geordnet zu bewerkstelligen , da die Colonnen und Vierecke , welche zu formiren ihm gelungen war , unaufhörlich durch die ruſſiſche Reiterei und Koſacken_angegriffen wurden , die durch Feuer und Bajonnet abgetrieben und , da ſie öfters einbrachen, herausgeschlagen werden mußten. So kam man zwei Stunden bis gegen Merlino zurück. Die Nacht war völlig hereingebrochen. Zu dieser Zeit schickte Miloradowitsch einen Major an Marschall Ney, der schon zweimal zur Uebergabe aufgefordert worden war , um ihn zu benachrichtigen , daß die Armeecorps von Eugen und Davouſt gänzlich vernichtet worden seien , die ganze russische Armee Krasnoi besegt habe und jeder längere Widerstand vergebens sei.
Ney
nahm diesen Offizier gefangen (weil er angekommen als Kanonenschüsse fielen), und da er schon links von der Chauſſee in der Richtung von Danikowo abgewichen war , so ließ er nun
359 halten und viele Biwackfeuer anzünden, als sei er Willens den Tag hier zu erwarten. Die Russen , in dem festen Glauben, daß er ihnen nicht
enkommen könne , thaten dasselbe. Nach einigen Stunden indessen , die er seinen Truppen zur Ruhe und Stärkung gestattet hatte, ließ er wieder antreten und nahm seine Richtung Dnjepr abwärts an Fomino vorbei, längs der Nordostgränze des Waldes von Natiuki, zwischen den ruſſiſchen Truppen durch nach jenem Fluſſe hin , den er in der Richtung seines Laufes verfolgte , bis er bei dem Dorfe Waryski eine Stelle fand , wo das Ufer nicht steil und das Eis einigermaßen fest war *). Hier erwartete man dann den Anbruch des Tages. 3. Das Eis trug kaum (am 19. früh). — Bald ward es bei der Ein- und Ausfuhrt des Stromes zerbröckelt. Man mußte Alles, was man an Artillerie, Bagage, Pferden gerettet hatte, im Stiche laſſen , und die Infanteristen , welche allein durchkommen konnten , waren genöthigt , größtentheils bis an die Hüften ins Wasser zu gehen um das Eis zu erreichen und so das jenseitige Ufer , nachdem sie es verließen. Indeß gelang es doch dem Marschall ,
in dieser Weise den Strom
zwischen die russische Armee und sein Corps zu bringen , das jegt bis auf etwa 3000 Streiter zusammengeschmolzen war, denen noch ungefähr ebenso viele Isolirte folgten , indem der Rest derselben entweder schon bei dem Lagerplay (wo er fortfuhr, die Lagerfeuer zu unterhalten) oder beim Uebergangplage am Dnjepr zurückblieb.
Man erreichte mit der Vorhut zu An-
bruch des Tages Gufinoë ,
in welchem Dorfe einige sich in
vollkommener Sicherheit glaubende Kosacken von Platows Corps überrumpelt und (mit ihren, Ney sehr nüglich werdenden Pfer=
*) Ein Versuch , es durch Strohlagen ( Strohbrücke) zu verftärken, wurde nicht gemacht , und konnte wohl auch nicht gemacht werden , da die Kälte gering und der Fluß stark angelaufen (feine Eisdecke wohl mit Waffer , besonders an den Ufern , überlaufen) war. Ney wollte daher auch anfänglich füdwestlich gegen Mohilew hin durchbrechen ; von welcher Idee er jedoch von Pelet , Oberst des 48. Linienregiments abgebracht wurde. Das Dörfchen Waryski liegt übrigens (nach Plan XIII . zu Vaudoncourt , Mémoires pour servir à l'histoire de la guerre entre la France et la Russie 1812) zwischen Syrokorenje und Gufinoë, viel näher leßterem als ersterem Dorfe.
GIRING
360
den) gefangen wurden. Hieraus ging hervor , daß dem Ney'schen Corps schon wieder neue Gefahr durch jenes Corps Platows drohe; auch war zu fürchten , daß Kutusow bei Komino oder Rasasna übergehen lassen möchte , wodurch man in eine nicht minder gefährliche Lage gekommen wäre , der man soeben entkommen.
als die war,
Deßwegen ließ Marschall Ney
auch den Truppen , obgleich sie von Müdigkeit erschöpft waren, nur so viel Raft als nöthig war, einige Lebensmittel zu sich zu nehmen und brach sogleich wieder auf. So marſchirte man unordentlich , wie es der erschöpfte Zustand der Mannſchaft und der Marsch in einem Walde kaum anders erlaubte, an ſechs Stunden fort. Beim Austritt aus dem Walde , unweit eines Dorses , ließ der Marschall halten , um die Truppen zu sammeln , sie ruhen und (worauf dieser Marschall hielt) sie abkochen zu laſſen , bevor er sie den Marsch über die vorliegende freie Ebene , wo sich Platow bereits mit seinen Koſacken zum Empfange bereit zeigte, antreten ließ. Auch ließ er *) , als nun seine wieder formirten Truppen unter's Gewehr traten, sie mehrmals aus geöffneter Colonne Vierecke bilden , ehe er gegen die russische Reiterlinie mit ihnen vorrückte. Das vorderste Viereck bildete das noch etwa 100 Mann starke würtembergische Bataillon mit dem kleinen Ueberrest des illyrischen Regiments (der 11. Division) . Jene Reiterlinie gab sogleich Raum und zog sich hinter das nächste Dorf zurück; als die Spige aber durch dieses gekommen war (etwa auf der Höhe von Komino) feuerte die nun erscheinende ruſfiſche Artillerie heftig mit Kugeln und Kartätschen auf die debouschirenden Truppen und fuhr dann fort die Colonne in der rechten Flanke zu beschießen. Ney ſuchte nun einen nahen Wald zu erreichen, worin man bis zum Einbruch der Nacht fortmarschirte.
Damit waren jedoch die
Gefahren für diesen Tag noch nicht bestanden.
Marschall Ney
wollte nicht eher anhalten lassen , als bis er über die Höhe von Rasasna hinausgekommen war , und dazu mußten noch zwei starke und breite Bäche passirt werden.
Beim ersten an-
gekommen fand man Platows Artillerie zum Empfang in Be-
*) Nach dem Bericht des königlich würtembergischen Hauptmanns Fribolin,
361
ww .
reitschaft, die mit Kugeln und Kartätschen schoß.
Ney , der
sich bei der Vorhut befand , die das würtemberger Bataillon mit den Illyriern machte , befahl ihnen , unverweilt und mit großem Geschrei sich in den Graben zu stürzen und die Ruſſen vom jenseitigen Ufer zu verjagen : was sofort bewerkstelligt wurde, so daß die nachfolgende Colonne freie Bahn erhielt. Schwieriger wurde dieses bei dem nächsten , viel tieferen Bach. Hier wollte nun Ney erst die zum Durchgange geeignetste Stelle aufſuchen lassen; allein ein sehr lebhafter Angriff der Kosacken im Rücken und von der Seite bewog die Nachfolgenden ohne alle Rücksicht vorwärts zu drängen und so die die Spige habenden Würtemberger und Illyrier in den Bach an der Stelle zu stürzen , die sie gerade vor sich hatten , aus welchem dann nur wenige wieder heraus- und ans jenseitige Ufer kamen *) . Ebenso in ihrem, durch die Nacht gesteigerten Schrecken warfen sie sich selbst hinein , ohne auf irgend etwas zu achten und litten bei ihrer Erschöpfung dadurch in gleichem Maße wie die Vordersten. Mit dem nun so zusammengeschmolzenen Rest seines Corps marschirte Ney noch bis zu einem Dorfe (vielleicht NjiPakinja) , wo man , sich bei großen Feuern trocknend, die Nacht verbrachte. Die Rettung dieses Restes hatte nun schon viel Wahrscheinlichkeit gewonnen, besonders da der Marschall hoffte bei Dubrowna den Dnjepr repassiren und sich mit dem Haupttheile des Heeres vereinigen zu können . 4. Am 20. mit Tagesanbruch ſezte Marschall Ney sein Corps wieder in Marsch , den er in möglichst directer Richtung auf Dubrowna nahm , in der Hoffnung über die daselbst befindliche Brücke gehen und zum Haupttheil der Armee stoßen zu können. Der Kaiser hatte zwar in Hoffnung dieses Ereigniſſes (ſagt Gourgaud) dem Marschall Davouſt befohlen , so lange als nur möglich Dubrowna besezt zu halten; — doch war er etwas früher von da aufgebrochen als nöthig war , um heute noch Orscha zu erreichen und ohne daß ihn der Feind
*) Nach Capitain Fribolin's Erzählung waren nur 18 Würtemberger und 40 Jllyrier übrig , als man nach dieser unglücklichen Bachpaffage die Leute überzählte.
362 gedrängt hatte. Ney verfehlte dadurch sein Ziel. Er fand die Brücke bereits abgebrochen. Die Nachhut von Davouſt hatte kaum die Stadt verlassen , als seine Vorhut sich jenseits zeigte. Er mußte so denn fortfahren , am rechten Flußufer hinabzumarſchiren , um Orscha auf diesem Ufer zu erreichen. Die Kosacken erschienen erst gegen Mittag , da das Terrain ſie zu großen Umwegen gezwungen hatte. Marschall Ney bildete nun (nach Hauptmann Fribolin) aus dem Reste seiner Truppen zwei Vierecke und sezte seinen Marsch unter dem stärksten rusfischen Artilleriefeuer fort.
Gegen Abend drängten die Ruſſen
wieder von allen Seiten heran , sprengten auch eines der Vierecke und hieben die Mannschaft nieder. Mit dem zweiten Viereck glückte es dem Marschall, ein nahes Gehölz zu erreichen. Die Russen hatten aber dieß kleine Holz bald völlig eingeschloffen und beschossen es von allen Seiten mit ihrem Geſchüg. Nunmehr entschloß sich Ney zum Scheine Unterhandlungen anzuknüpfen , um sich dieſem mörderischen Feuer zu entziehen.
Er
brauchte hierzu jenen ruſſiſchen Major, den er als Gefangenen bisher mitgeführt hatte. Die Unterhandlungen dauerten bis in die Nacht. Um diese Zeit kam ein Adjutant des Marschalls und ließ die Mannschaft ganz in der Stille antreten. Während dessen erschien der Marschall selbst und forderte die Offiziere auf Gewehre zu nehmen und die Plänklerlinie der Colonne zu formiren. Nun rückte man (erzählt Hauptmann Fribolin), Ney an der Spige , in aller Stille gegen das ruſſiſche Lager an, - welchem der Feind den Anschein eines Armeecorps, durch die vielen Biwackfeuer und durch den Trommelschlag den er hören ließ , gegeben hatte.
Ney befahl Sturmſchritt , und
man stürzte auf diese Feuer los, um sich einen Weg zu bahnen. Man fand aber nichts vor als Kosacken , die schnell Raum gaben.
Der Marschall hatte früher schon zwei mit Koni be-
ritten gemachte Offiziere nach Orscha gesandt um dort zur Hülfe für ihn aufzufordern ; sie waren auch in der Nacht glücklich dahin gelangt und der Vicekönig Eugen zögerte keinen Augenblick dieſe Hülfe zu gewähren.
Der Rest des Ney'ſchen
Corps traf nach Mitternacht auf der Straße von Witebsk nach Orscha, welche er erreicht hatte , die Vorhut des Corps des Vicekönigs , vier Grenadiercompagnieen , an , und so ward er
363 gerettet *) . Er rückte am 21. November Morgens im Lager fürs 3. Armeecorps bei Orscha ein **). (S. Forts. LXXI. 7.)
Siebenzigstes Kapitel. Bewegungen des Marschalls Victor , Oudinot und des Generals Wrede, oder des 9. , 2. und 6. Armeecorps bis zum 21. November ; dann der ruffiſchen Corps unter Tschitschagof, Wittgenstein und Wlaftow. - Corbineaus Brigade leichter Cavalerie. 1. Marschall Victor , der auf seinem Rückzuge von Smofiani (f. LXIII. 9. ) den 16. November Mjeleszkowiczi erreicht und daselbst die Nacht verbracht hatte , traf den 17. zu Krasnogura ein , wo er einige Tage stehen blieb *** ) ; Marschall Oudinot (mit dem 2. Armeecorps) ebenso zu Czereja , indem er ein Detaſchement zu Lukoml ließ. 2. General Wrede brach am 18. November mit seinem Armeecorps , zur Unterstügung des 2. und 9. , von deren Engagement mit Wittgenstein ihn die Kanonade am 14. (die ihm hinterbracht worden war) überzeugt hatte , zuerst gegen die Truppen von Wlastow, die er entfernen mußte, nach Glubokoë auf, und nahm mit dem Haupttheile der Truppen (wobei das hessische leichte Infanterieregiment und die Artilleriediviſion) drei Stunden vorwärts Danielowiczi Stellung. Seine Avant-
*) Bauffet fagt: Der Vicekönig hatte 3 bis 4 Stunden am Dnjepr aufwärts Poften mit Kanonen aufgeftellt , die Signale geben sollten, wenn Ney gefunden fei. Sie ließen sich in der Nacht um 11½ Uhr hören. **) Hauptmann Fribolin fließ hier mit den wenigen Leuten , die vom 3. provisorischen Bataillon Würtemberger übrig waren , 7 von 300 , zu dem 1. und 2. provisorischen Bataillon , die unter Oberft von Stockmayer zufammen 300 Mann zählten. Dieß war der Reft der ganzen 9500 Mann starken würtembergischen Infanteriedivifion ! [ Der Verf. des „ Buchs vom Jahr 1812″ gibt an, daß von 7000 Mann nebft 160 Offizieren , womit Ney Smolensk verlaffen habe, nur 1100 Mann mit 21 Offizieren glücklich Orscha erreicht hätten , aber auch von dieſen wohl nur Wenige von da rüßtig wieder ausgezogen wären. Zuſaß d. Herausg.] ***) Die großherzoglich badische Infanteriebrigade erreichte am 17. das Dorf Ulianowicz , wo fie auch den 18, und 19, ftehen blieb,
364 garde rückte in Glubokoë ein, wo sich 300 Kosacken , ebenso viel Dragoner und 1000 Mann Infanterie befunden , aber deren Ankunft nicht abgewartet hatten. Er hatte zu Danielowiczi 600 Baiern gelassen , um die Verbindung
mit Wilna über
Widzy (welches von dieſer Stadt aus beſcht war) * ) zu_erhalten. - Der General Corbineau mit seiner leichten CavalerieBrigade befand sich am 18. zu Wolkolata. 3. Am 19. rückte General Wrede mit dem Gros seines Corps in Glubokoë ein , wo er das hessische leichte Infanterieregiment diesen und den folgenden Tag stehen läßt ** ) , ſelbſt aber am 20. mit dem Haupttheil des Corps bis Golubiczi marſchirt. Seine Avantgarde ging in Verfolgung des sich rasch zurückziehenden Corps von General Wlastow (am 20.) noch bis nach Zawalia.
Allein da Wlastow die folgenden Tage über
Uszacz zurückgeht und von ihm keine wesentliche Störung mehr zu fürchten war, so wandte sich General Wrede nun ungeſäumt gegen Dokszice, um sich sofort von hier rechtshin über Bereſino die Verbindung mit dem 2. Armeecorps zu eröffnen oder mit dem 9. , die er auf dieser Höhe vermuthete. Der Haupttheil seines Corps befand sich am 22. November zu Dokszice. (Forts. LXXII. 7.) 4. Die Marschälle Victor und Oudinot , welche indessen die Befehle Napoleons vom 19. und 20. erhalten hatten, waren am 20. aufgebrochen , Ersterer aus der Gegend von Sjenno, um sich auf Czereja zu bewegen , Lesterer um von Czereja nach Bobr zu gehen , wo er am 21. eintraf. 5. Bei Victors (9. ) Armeecorps zogen die Divisionen
*) Widzy war unter Oberft Bonin beſeßt mit dem MecklenburgStrelißer Contingent, 120 Mann ; 45 Mann Jfolirten ; 387 wenig ererzirten Polen und einigen Gendarmen zu Pferd. **) ,,General Wrede behandelte die großherzoglich beffischen Trup"1 pen mit Auszeichnung." - ,,Die Kranken derselben fingen an sehr zuzunehmen. Beim leichten Infanterieregiment belief fich ihre Zahl (am 20.) auf 351 , bei der Artillerie in demselben Verhältniß ; auch war der Commandeur derfelben (Capitän Haak) und der Train-Lieutenant erkrankt. Nur die richtige Auszahlung der Löhnung und daß fich der Soldat dadurch im Stand befand , sich etwas Branntwein , mitunter auch einige Lebensmittel zu erkaufen , die sehr fehlten , verhinderte, daß es nicht noch mehr Kranke gab 2c." Bericht des Obersten v. Schönberg.
365 Partonneaur und Girard voran ; diesen folgte die Artillerie, und die Division Daendels schloß. Leztere kam auch erst mit Einbruch der Nacht zu Czereja an. Den 21. blieb das (9.) Armeecorps hier stehen. - Die Reserve- Artillerie und Bagage war schon am 19. voran hierher geschickt worden. (Fortsegung LXXIV. 1. )
Einundfiebenzigstes Kapitel. Rückzug von Dubrowna und Sammlung der Hauptarmee zu Orſcha. Rede Napoleons an seine alte Garde und Proclamation an die Armee. did Weisungen für Marschall Victor. - Ney's Ankunft.
1. Am 19. November kurz vor Tagesanbruch gab es zu Dubrowna einen falschen Allarm, und gleich darauf ging Napoleon von da nach Orscha ab. Er war zu Pferd und trug sein polnisches Costüme *) . Ungefähr eine Stunde über Dubrowna hinausgekommen, stieg er ab , ließ die Infanterie der alten Garde ein Carree bilden und redete sie mit folgenden Worten an : „Grenadiere meiner Garde! Ihr seht die Desorganiſation meines Heeres ! Durch eine unglückliche Verblendung haben die meisten Soldaten ihre Waffen von sich geworfen. Solltet ihr diesem schändlichen Beispiele folgen , so wäre jede Hoffnung verloren **) . Die Rettung des Heeres ist euch anvertraut. Ihr werdet die gute Meinung , die ich von euch habe, rechtfertigen. Es müssen nicht allein die Offiziere eine strenge Disziplin handhaben , sondern auch die Soldaten eine genaue Aufsicht über einander führen , und selbst diejenigen strafen, die sich aus den Reihen entfernen." Nach dieser kurzen Rede (die er, sagt Chambray , mit einer Stimme hielt , als befände er sich in einem leidenden Zustande) ſegte er den Ritt auf Orscha
*) Bisher war er gefahren und viel dabei zu Fuß gegangen. **) Labaume fagt : ,,Das Empfindlichste für Napoleon war der Anblick ſeiner alten Garde, die ebenso muthlos geworden war wie wir" (vom 4. Armeecorps) . - So schien es auch mir , den mündlichen Aeußerungen der alten Schnurrbärte und ihrer auffallenden Niederge= schlagenheit nach. Aber seine Waffe warf keiner weg , wenn ihn nicht Todmattigkeit neben fie ftreckte. Vereinzelung kam ebenso wenig bei ihnen vor ; so lange einer noch folgen konnte , folgte er.
366 fort, wo er gegen Mittag_anlangte. Vor ihm und der alten Bevor er Garde war das 4. Armeecorps hier angekommen .
über den Strom ging , worüber hier zwei Brücken geschlagen waren , nahm er den Brückenkopf in Augenschein * ). 2. Gleich nach seiner Ankunft zu Orscha verwandte Napoleon alle Sorge darauf, ſeine Armee so viel möglich wieder zu organisiren. Er ordnete Lebensmittel- und Waffenvertheilungen an , ließ die Munition wieder complettiren und aus 36 Geſchügen , die er hier vorfand , 6 Batterieen einrichten, da es dazu nicht an gehöriger Bespannung von einem zahlreichen Artillerietrain , der sich in dieser Stadt gesammelt hatte, fehlte.
Von diesen Batterieen wurden zwei dem 4. Armeecorps beſtimmt , das ſeine sämmtliche Artillerie verloren hatte , zwei dem Cavaleriecorps von Latour - Maubourg und endlich zwei dem 1. Armeecorps , das nur 8 Geſchüße übrig behalten hatte. 3. Noch an diesem Tage (dem 19. November) erließ Napoleon folgende Proclamation , die an mehreren Stellen der Stadt Orscha angeschlagen und ſofort bei allen Corps verleſen wurde: ,,Soldaten ! Eine große Menge von euch hat ihre Fahnen verlassen und marschirt vereinzelt.
Sie verlegen auf
diese Weise Pflicht , Ehre und Sicherheit des Heeres . Indem fie nach Gutdünken verschiedene Wege einschlagen , gerathen fie in Feindeshand.“ - „Eine solche Unordnung muß aufhören **) !
*) -- Der ihn auch wenig befriedigt haben wird , denn er ſchien mehr eine ruffische Arbeit als die französischer Ingenieure. Die Sorg, losigkeit und der wenige Ernst , womit dieſe überall in diesem Feldzuge handelten , war eine der auffallendften Erscheinungen in demselben. **) ,,Es würde nie , auch unter den verzweifeltſten Umständen nicht, dazu gekommen sein , wenn der Soldat nur Vertrauen in den Verftand , den guten Willen und das Pflichtgefühl seiner Vorgeseßten hätte haben können.“ ,,Er sah aber , daß fie ihm weder mit Rath noch That behülflich waren , seine Lage zu verbessern ; daß fie nur an sich dachten ; daß sich seine Lage unter ihrer Leitung nur verschlimmere, wie die heillosen und verftandlosen Biwacks , die sie wählten , der Stand bei Smolensk 2c. ihm zur Genüge bewiesen. - Wer Menschen (und das bleiben die Soldaten , obgleich es nicht selten ihre Vorgeſeßten vergeffen) unter folchen außerordentlichen Umständen , wie fie in diesem Feldzuge waren , leiten will , der muß mehr können und thun als ein soldatiſches Commandowort ausfłoßen; er muß sich als Schußengel den Untergebenen bewähren. Seinen Worten , seiner Fürsorge muß
367 Der Kaiser befiehlt , daß alle
Bereinzelte, Verwundete und
Waffenlose, welche ihre Fahnen verlassen haben, in Orscha sich wieder an dieſelben anſchließen : 1 ) Die Mannschaften des 1. Armeecorps unter dem Befehl des Fürsten Eckmühl werden auf der Höhe der Stadt Orscha zwischen der Straße nach Minsk und der von Sjenno unter General Charrier zusammentreten.
Dort sollen sie am heutigen Tage mit ihren Re-
gimentern wieder zuſammentreffen , die sich auf dieſen Höhen aufstellen werden (was jedoch erst den 20. geschah) . 2 ) Die Soldaten des 4. Armeecorps unter dem Befehl des Vicekönigs werden in der von diesem Corps außerhalb der Vorstadt von Orscha auf der Straße von Witebsk genommenen Stellung zusammentreten.
3) Die Soldaten des 2. Armeecorps (denn
es gab auch deren hier) und jene des 3. unter Anführung des Marschalls (Ney) , Herzogs von Elchingen , werden unter dem Befehl des Generals Marchand sich bei dem 4. Armeecorps stellen. 4) Die Soldaten des 5. Armeecorps unter dem Fürften Poniatowski werden in Baranui , 3 Lieues von hier auf der Straße nach Minsk , wo ihr Armeecorps steht, zusammentreten. 5) Die Soldaten des 8. Armeecorps unter den Befehlen des Herzogs von Abrantes werden sich zu Kochanow auf der Straße von Orscha nach Bobr sammeln. 6) Alle unberittenen Leute der Cavalerie werden sich zu Kochanow mit dem 8. Armeecorps vereinigen. 7) Die Soldaten der Artillerie ,,Alle werden sich dem großen Park bei Orſcha_anſchließen." Soldaten , welche nach Bekanntmachung dieses Befehls noch einzeln marſchirend angetroffen werden , werden arretirt und durch das Prevotalgericht gerichtet. Die Pferde , welche man bei ihnen findet , sollen weggenommen und zur Artillerie oder ― den Transporten abgeliefert werden. Alle Gegenstände , mit welchen sie , außer Schuhwerk und dem was in den Tornister gehört , belastet gefunden werden , sollen ihnen weggenommen unbedingtes Vertrauen werden können durch den Erfolg und die geiſtige Ueberzeugung. Von einem solchen Vorgeseßten trennt man sich nicht in der Noth , sondern ſieht in ihm sein Heil ! — Napoleons Proclamation konnte nichts mehr wirken , da die Oberen nicht zu ändern , ihnen das verlorne Zutrauen nicht mehr zu gewinnen war; auch wirkte fie nichts !" Tagebuch. (Vergl. LXXIII. 1.)
368 und verbrannt werden."
„ Alle Herren Generale und Offi-
ziere der Armee werden überall, wo sie Gelegenheit dazu finden, die Anordnungen des obigen Befehls ausführen lassen ; sie werden es Allen einprägen , daß die Ehre unsrer Waffen und die Sicherheit des Heeres davon abhänge. Der große Generalstab, die Befehlshaber der Armeecorps und die Corpschefs werden mittels Trommelschlags auf allen benachbarten Punkten diese Proclamation bekannt machen und laut vorlesen laſſen. Um größere Aufmerksamkeit bei dieser Bekanntmachung zu erregen , wird man dem Tambour einen Pfeifer oder andere Musik beigeben.
Bei der Armee dürfen nur die dem Dienste
unentbehrlichsten Wagen verbleiben.
Demnach sollen am heu-
tigen Tage alle Wagen verbrannt werden , die nicht unumgänglich nöthig und durch das Gesez erlaubt sind * ). Kein Soldat darf Pferde oder Gepäck führen. Der kleinen Anzahl Moskauer Flüchtlinge (es waren schon manche derselben erlegen) wird man die nöthigen Wagen lassen."
Orscha , den 19. No-
vember 1812. Auf Befehl des Kaisers. Der Fürst von Neufchatel, Major-General (gez.) Alerander. 4. Den 19. segten wir (die hessische Brigade der jungen Garde) den Marsch nach Orscha fort , der indessen von unsern Soldaten , noch ehe die Offiziere aus der Hütte des Dorfs (f. LXVIII. 14.) kamen und sie dazu aufforderten , schon von ihnen selbst großen Theils angetreten gewesen sein mochte, denn Alle drängte es in eine Stadt wie Dubrowna oder Orſcha, zu
*) ,,Diese Maßregel , von unendlichem Nußen wenn sie beim Beginn oder bald nach Beginn des Rückzugs von Moskau ergriffen wurde, war jezt von gar keinem mehr. Allerdings stand fie in nothwendiger Verbindung mit dem von dem Kaiſer gefaßten Gedanken , sein Heer wieder hier zu sammeln und zu reorganisiren ; aber da dieſes nicht mehr möglich war (f. die vorhergehende Anmerkung) , so konnte auch sonst nichts mehr helfen. Vielleicht war es felbft nachtheilig , daß der Kaiſer, was seinem Auge nicht entzogen werden konnte , zerstören ließ. Unbedenklich darf man dazu die sämmtlichen Pontons und dazu gehörigen Brückengeräthschaften zählen (f. LXXIII. 15) , da er glauben mochte, daß der Winter schon genüglich Brücken machen werde, und doch hatten wir noch kaum vor einigen Tagen den Mangel solchen Brückengeräths beim Armeecorps des Vicekönigs und des Herzogs von Elchingen zu beklagen , und in diesem Moment Thauwetter." Tagebuch.
369 Magazinen und über den Dnjepr in freundlicheres Land zu kommen.
Wenigstens war unser Leibgarderegiment kaum 100
Unteroffiziere und Soldaten (meine Compagnie nur 4 Unteroffiziere und 9 Soldaten) stark als wir abmarſchirten ; und das Leibregiment (trog des schönen Beiſpiels , das Major Zimmermann gegeben hatte , s. S. 354 * ) war stärker an Offizieren als an Soldaten.
Wir passirten nach etwa 11 Stunden die
aus guten einstöckigen hölzernen Häusern (denn nur eine Kirche und ein Schloß
sind
von
Stein erbaut)
bestehende Stadt
Dubrowna, wo Handel und Fabrikweſen geblühet haben mußte *). Es hatte hier Lebensmittel- und Fourrage - Magazine gegeben, wie wir wußten.
Sie waren indessen theils nach Orscha zu-
rückgeschafft worden , theils unsern Vorgängern zu gut gekommen. Für das Armeecorps der jungen Garde und das 1. Armeecorps ſchien nichts mehr übrig zu sein.
Gewiß wenigstens
ist, daß wir Andern (von der jungen Garde) nichts erhielten. Kein Kosack ließ sich während unsres Marsches sehen; auch waren wir in unserem Biwack diesen Morgen halb fünf Uhr keineswegs allarmirt worden , wie es zu Dubrowna der Fall war : woran jedoch wohl eher losgerissene Nahrung suchende Koni als Kosacken Schuld gewesen sein mochten. — Kaum eine Werste von Dubrowna entfernt hatten wir einen 30 Schritt breiten Fluß oder bis zu dieser Breite durch Schneewasser angelaufenen Bach in einem Ravin zu paſſiren , und etwa 1½ Stunden weiterhin abermals einen solchen; worauf wir , nach noch 14 Stunden Marsches , rechts der Straße einen Biwack zu beziehen angewiesen wurden , wahrscheinlich nach einem auf der Karte angedeuteten Punkt ; wenigstens war es gewiß , daß weder unser Marschall noch ein Offizier seines Stabes auch nur hingeblickt hatte , wo man die Truppen zu biwackiren anwies, denn der Plag war ganz abscheulich und wegen der Näſſe und dem nassen Holz nicht einmal ein Feuer anzubringen. Den Dnjepr im Rücken machte unser Biwack Front nach Orſcha hin 2 . Daß auch nur ein Mann die Nacht hindurch hier verblieb, war
*) ,,Es gab nämlich auch hier ein großes hölzernes Kaufhaus mit eben folchen Arcaden und vielen Buden auf dem Marktplaße.“ Röder, Kriegszug. 24
370 zu verwundern *) 2c.! - Das 1. Armeecorps blieb heute zu Dubrowna und fand daselbst gute Unterkunft." 5. „ Am 20. Morgens ging es fort nach Orscha, das wir (von dem Armeecorps der jungen Garde) nach 14 Stunden Marsches erreichten , über alle Maßen erschöpft von unsrem Biwack im Schneewasser und die Meisten mit fürchterlichem Katarrh behaftet , den wir uns diese Nacht zuzogen. Die Stadt lag (ganz gegen mein Erwarten) dem größeren Theile nach auf dem linken Ufer des Dnjeprs . Sie ist weder ſo hübsch, noch dürfte sie so wohlhabend gewesen sein als Dubrowna. Die hessische Brigade ward auf dem linken Ufer anzuhalten befehligt, obgleich die junge Garde und wir mit ihr den Lagerplay jenseits angewieſen erhalten hatten. Mittlerweile ritt ich dahin, mir ihn anzusehen über die 125 Schritt lange Brücke , deren es hier zwei nebeneinander gab, die durch eine große , schlechte bastionförmige Flesche auf dem linken Ufer gedeckt war. Auf dem uns , und ebenso der jungen Garde , angewiesenen Lagerplag angekommen, fand ich hier **) den Obersten von Follenius (Commandeur des Leibgarderegiments) nebst vielen Offizieren vor, die in Orscha übernachtet hatten , und jezt damit beſchäftigt waren, die von uns nach Orſcha vorausgelaufen geweſenen Leute zu sammeln , deren Zahl ich bereits größer fand, als die des Regiments , die noch jenseits Halt machten , also bei der Fahne geblieben waren. Hier hörte ich denn auch des Kaisers Proclamation (s. 3.) an die Armee *** ) mit lauter Stimme vorlesen .
Unsre Truppen (die hessische Brigade) verweilten auf dem linken Dnjeprufer bis nach 4 Uhr Nachmittags. Es
*) ,,Da man nicht anders als herumwandeln konnte , und der Bimack ganz eigentlich ein Nachtmarsch war, so befand ich mich einigemal in Versuchung , mit meiner 12 Mann ftarken Compagnie davon zu gehen und eine Schlafftelle zu suchen. Der Oberst , mehrere Stabs- und andere Offiziere waren am Abend schon nach Orscha gegangen ; auch war ein Capitän schon mehr als genug das Regiment nothfalls zu befehligen." Tagebuch. **) Es sind dieß wörtlich meinem Tagebuch entnommene Stellen. ***) ,,Sie schien mir und war in der deutſchen Ueberſeßung , die unfern Soldaten vorgelesen wurde , wesentlich verändert , worauf es diefen freilich nicht ankam , wohl aber mir , weßhalb ich mir denn auch das Original in französischer Sprache zu verschaffen suchte."
371
-
sollten nämlich in den dortigen Magazinen große Mehl- und Branntwein-Fassungen gemacht (hiernach auf den Soldaten ein Schoppen Branntwein empfangen und für das Regiment 20 Säcke Mehl mitgenommen) werden — um uns auf einige Zeit mit Vorrath zu versehen und die dortigen Magazine zu leeren. Leider ! wurde dieser so höchst wichtige Gegenstand ohne alle Rücksicht auf die gegenwärtige Lage der Armee und ihren Auflöſungszustand behandelt. Es wurden zur Faſſung, wie wenn Alles in schönster Ordnung wäre und man es etwa in einer Friedensgarnison bewerkstelligen kann, Unteroffiziere beauftragt, obgleich dazu Capitäne und noch Ansehen habende Subalternoffiziere zur Genüge vorhanden waren ,
es selbst an Stabs-
offizieren nicht gefehlt haben würde *). — Und so geschah denn, was wenn dem Befehlgeber des Regiments das Wohl seiner Untergebenen einiger Reflerion werth geschienen (oder sonst irgend Jemandem, der Einfluß auf ihn haben konnte und einen solche geltend gemacht) hätte - so leicht zu ermeſſen war : die Fassung brachte nur Unheil und ging, ohne einem Menſchen zu gut zu kommen, zu Grunde. Die zur Faſſung abgesandten Soldaten, welche so lange den Branntwein entbehrt und in der verflossenen Nacht so sehr nach einem Schlückchen sich gesehnt hatten , nahmen sogleich einen starken Schluck, wie sie ihn wohl ſonst , aber bei ihrer jezigen Schwäche und Nüchternheit nicht mehr vertragen konnten und wurden sogleich davon dergestalt betrunken , daß die 20 Säcke Mehl , welche man empfangen, von ihnen nicht fortgebracht werden konnten. Nur etwas Branntwein brachten die Unteroffiziere mit, welche die mit dieſem Naß gefüllten Bidons selbst umgehängt hatten. Sie hatten die größte Mühe , die Betrunkenen nur wieder durch das Gedränge über die Brücke zurückzubringen und zum Theil zu schleifen. Einige Mehlfäcke, die noch bis dahin gekommen waren, mußten gleich den früheren den gierig sich darnach ausstreckenden Händen der Isolirten überlassen werden.
So erhielt also
*) Ich hatte bei meinen ersten Feldzügen am Rhein gegen Frank, reich nicht nur einigemal Capitäne zu Fassungen von Wichtigkeit beordern sehen , sondern selbst einmal einen Stabsoffizier (Major Schulz), wo die Autorität der höheren Charge von Nußen sein konnte. Hier lag ein solcher Fall vor. 24*
372 der Soldat , trog dem Ueberflusse der hier herrschte und der, da an den Magazinen strenge Aufsicht herrschte , auch richtig in die Hände der Empfänger kam , dennoch nichts und wir hatten nichts davon , als betrunkene Leute : denn als das, was die Unteroffiziere an Branntwein ins Lager brachten , vertheilt wurde, ließ sich kein Soldat abhalten , sogleich ganz oder zum größten Theile seinen Antheil zu verschlingen , der in mäßiger Eintheilung wenigstens vier Tage zureichen konnte." - ,,Da das 1. Bataillon Leibgarde (der hessischen Brigade) als Beſagung in der Brückenfleſche zu verbleiben befehligt wurde, als die drei andern Bataillone (mit den Regimentern der jungen Garde) zum weiteren Rückmarsch auf der Minsker Straße um 41 Uhr Nachmittags antraten, so mußten auch die Soldaten, die von diesem Bataillon diesseits (oder am rechten Ufer) gesammelt worden waren , hinüber.
Auch ich sehr unwohl , und
frank im Rapport stehend , wollte nicht zurückbleiben ,
da es
dort zu einem legten Kampf und allgemeiner Erlösung von allem Uebel Hoffnung gab, und führte diejenigen meiner Leute, die ich hier gefunden , selbst hinüber , in meiner Schwäche auf einem Koni reitend.
Hierbei hätte ich aber beinahe, statt in
einem Treffen wie ich hoffte, im Dnjepr geendet (indem mein Koni im Durchdrängen durch die über die geländerloſe Brücke fluthenden Menschen- und Pferdemaſſen einen Stoß vor die Brust bekam , der ihm die Hinterfüße über die Brücke hinabstieß *). Der Tod zeigte sich Jedem von uns täglich, stündlich in andern Gestalten , außer jener , die uns das allgemeine Elend stets vor Augen hielt , ſo daß man dergleichen blos als *) ,,Die_wild aufwachsenden Pferdchen dieses Landes wissen sich auf bewundernswürdige Art in Gefahren zu helfen. Jedes andere Pferd würde bei dem harten Stoße, den mein Koni von einem großen Pferde erhalten , rückwärts in den Strom geftürzt sein , dieser aber warf fich augenblicklich auf den Leib nieder , streckte den Hals , an den ich mich angeklammert , und die Vorderfüße aus so weit er konnte und gab mir Zeit ihn loszulaffen und auf die Brücke zu kommen ; auch brachte er sich mittels verschiedener Rucke , die er sich gab und endlich mit einiger Beihülfe meiner Soldaten so weit vor , daß er die Hinterbeine wieder auf die Brücke bringen und sich wieder erheben , ich aber wieder aufsteigen konnte. Stürzte ich mit dem Pferd in die Eisschollen des Stroms, so würde mein Schwimmen mich nicht haben retten können !" Tagebuch.
G
373
Episoden im Trauerspiele betrachtete , über die man als Abwechslung einmal zu reden der Mühe werth fand 2c.“ - „Wir verließen nach einer Stunde, als es Abend geworden, die Flesche wieder , von einem Regiment des 1. Armeecorps abgelöst, und gingen über die Brücke zurück, den vorausgegangenen Bataillonen nach. An einem starken Bach (es wird das Flüßchen Orszika gewesen sein) ließ der Bataillonschef (Major Strecker) Halt machen , um , wie er die Weisung erhalten , die Austheilungen zu erwarten. Nach einstündigem Erwarten in Nacht und Koth empfingen wir indessen die Nachricht , daß — aus den bereits gesagten Ursachen — nichts auszutheilen ſei, ein Schluck Schnaps ausgenommen , der sogleich genommen wurde , und segten dann noch etwa 2 Stunden den Marsch bis zu einem Dorfe rechts der Straße fort , wo wir den Rest unsres Regiments und der Brigade (auch des Armeecorps) biwackirend fanden und zu ihm stießen. Alles Mehl , welches Einzelne, besonders die Unteroffiziere , in Schnupftüchern oder sonst aus Orscha davon gebracht hatten , wurde in dieser Nacht gekocht oder in sogenannten Aſchkuchen verbacken und verzehrt ; kein Stäubchen Mehl blieb für die folgenden Tage man darf es wohl behaupten - im ganzen Armeecorps der jungen Garde, wenigstens gewiß nicht in der hessischen Brigade , übrig.“ „ Marschall Davouſt war in Orſcha eingerückt.“ 6. Napoleon verließ Abends Orscha und verlegte sein Hauptquartier nach Baranui. - Von Orscha aus hatte der Kaiser noch an Marschall Victor , Herzog von Belluno , durch den Major - General ein Schreiben ergehen lassen , Intention klar erkennen läßt.
das seine
Es heißt darin (s. Chambray)
unter Anderem : „ Der Kaiser hofft, daß der Herzog von Reggio den 20. nach Borisow aufgebrochen sein wird oder daß , wenn ein Tag nöthig war die Anstalten zu dieser Bewegung zu treffen, er morgen am 21. abmarschiren und den 24. bei Borisow wird eintreffen können 2c.
Se. Majestät sezt voraus, daß Sie
am 21. die Stellung von Czereja zwischen den Seen nehmen werden , was am Meisten für den Zweck geeignet scheint. Am 22. wird Se. Majestät Ihr Hauptquartier in Toloczin , den 23. wahrscheinlich in Bobr und den 24. ohne Zweifel in der Gegend von Nacza haben.
Am 25. wird der Herzog von Reggio
374 nahe an Borisow sein. Sie haben , Herr Marschall , Ihre Bewegungen so einzurichten , daß Sie die Linie von Borisow nach Nacza gegen alle Bewegungen der Armee von Wittgenstein und seiner Cavalerie sicherstellen ; und da die Armee erst den 25. oder 26. in Borisow anlangen wird , so müssen Sie Ihre Anstalten so treffen , daß Sie den 25. oder 26. anlangen, um die Arrieregarde der ganzen Armee zu übernehmen , die Se. Majestät Ihnen anzuvertrauen beabsichtigt. Da das Hauptquartier nur 5 oder 6 Stunden Wegs von Ihnen entfernt sein wird, so werden die Mittheilungen regelmäßig geschehen können und wird Ihre Bewegung nach Umständen verzögert oder beschleunigt werden." - „Ich habe Ihnen anempfohlen (f. LXVIII. 16. ) , den Feind so lange wie möglich über die Bewegungen des Herzogs von Reggio zu täuschen. Sie werden demgemäß seine Truppen durch einige der Jhrigen in Lukoml und in der Stellung die er vor seinem Abmarſche inne hatte , erſezt haben ic.“ „Ich brauche Ihnen nicht zu empfehIon , so viele Lebensmittel als möglich mitzunehmen. Dieß ist um so nöthiger, als die Straße von Borisow nach Minsk durch Wälder geht und gar keine Hülfsmittel darbietet. --- Schicken Sie eingeborne Agenten und einige Polen ab, um den General Wrede von Ihren Bewegungen zu benachrichtigen." 7. Napoleons Freude war außerordentlich als er am 21 . gegen Mittag zu Baranui die Ankunft des Marschalls Ney erfuhr , an dessen Rettung er bereits verzweifelt hatte * ) . Um die betäubenden Gerüchte , die über Ney's Schicksal im Umlaufe waren , zu zerstreuen , ließ Napoleon sogleich an Maret nach Wilna, an Victor und Dudinot schreiben, daß dieser Marschall sich auf dem rechten Ufer des Dnjeprs
mit seinen Truppen
gerettet habe und zu Orſcha zur Armee gestoßen sei.
*) Gourgaud meldet , daß Napoleon , als an dem Ereignis von Ney's Ankunft nicht mehr zu zweifeln war , avec la plus vive émotion ausgerufen habe : ,,j'ai deux cents millions dans mes caves des Tuileries , je les aurai donnés pour sauver Ney." [ Der Verf. des ,,Buchs von 1812" erzählt zugleich von der Auszeichnung und sorgfältigften Verpflegung , die dem geretteten Rest von Ney's Truppen zu Theil geworden sei. Zusaß d. Herausg.]
375
Zweiundfiebenzigstes Kapitel. Tschitschagofs Bewegungen. Wegnahme Borisows durch seine Avantgarde, und Wiedernahme durch Oudinots (das zweite) Armeecorps sowie deffen fernere Operationen. Erste Vorbereitung zum Uebergang der Berefina (bei Studienka) durch Oudinot. Vereinigung von Dombrowskis Divifion und Wiedervereinigung von Corbineaus leichter Reiterbrigade mit dem 2. Armeecorps. www Die Reservedivifion Loison trifft zu Wilna ein. ― Wredes Thun. 1. Admiral Tschitſchagof, welcher nach der Einnahme von Minsk zwei Tage daselbst verweilte ( ſ. LXVI.) , ſegte sich am 19. November von da in 3 Colonnen in Marsch , um zur Beresina zu gelangen.
Lambert und Langeron folgten der großen
Straße, die nach Boriſow führt , Tschaplig ging über Logoisk nach Zembin ; und Tschitschagof selbst mit der Division Woinow marſchirte auf Antonopolje , von wo er sich nach Boriſow wie nach Zembin wenden konnte. Nur eine Abtheilung , vorzüglich aus Kosacken bestehend , war Dombrowski's Division gefolgt. 2. Der Brückenkopf von Borisow , weil er nach Frankreich gekehrt war , war weder ausgebessert noch armirt worden, und auf solche Weise nicht zum Widerstand gegen gewaltsamen Angriff im Stande *) . Die Brücke von Borisow konnte also nur durch Truppen, die zahlreich gegen Tſchitſchagofs Corps waren, vertheidigt werden. Den 20. November kam die noch um ein zurückgebliebenes Regiment geschwächte Division Dombrowskis an und stellte sich auf dem rechten Ufer der Beresina , rechts vorwärts von Borisow ,
auf der Straße gegen Zembin auf.
In der Zwischenzeit waren unter General Pamplune mehrere franzöſiſche Bataillon-Cadres in Borisow angekommen.
General
Bronikowski hatte sie aber nach Weselowo hinaufgeschickt und nur ein schwaches franzöſiſches Bataillon vom 95. Regiment und den Rest des 7. würtembergischen Infanterieregiments in Borisow behalten.
Ersteres war in und beziehungsweise vor
dem Brückenkopfe ſtationirt , Lezterer in Borisow ſelbſt. 3.
Am 21. mit Tagesanbruch überfiel General Lambert
*) Hiermit ftimmt ganz überein was Loßberg von diesem Brückenkopf erzählt (Briefe in die Heimat S. 91) . Anmerk. d. Herausg.
376 (der die Vorhut Tschitschagofs commandirte) das französische Bataillon, welches den Brückenkopf deckte , und schon drangen die Russen über die Brücke der Beresina vor (obschon eine Schanze rechts im Brückenkopfe noch standhaft vertheidigt wurde), als das würtemberger Regiment herbei eilte, sie zurückwarf und den Brückenkopf aufs Neue beſegte. Der General Dombrowski, dessen Lage äußerst kritisch geworden war , hatte unterdessen eine Frontveränderung gemacht und die russische Vorhut in der Flanke angegriffen. Er schlug sie zurück und nahm nach einem äußerst heftigen Kampfe Nachmittags 2 Uhr vor dem Brückenkopf rechts und links der Straße nach Minsk Stellung * ) . Jndessen war die russische Division Langeron angekommen. Dieser General , der , in Verbindung
mit den Truppen Lamberts,
10,000 Mann zur Verfügung hatte, erneuerte nun den Angriff auf die kaum noch 3000 Mann zählende Division Dombrowskis und die geringen Reste der Besagung Borisows . Dieser gelang. Die Russen drangen mit den Polen untermischt in den Brückenkopf, über die Brücke und in Borisow ein. Um 5 Uhr Abends überließ Dombrowski die Stadt den Russen , zog sich auf der Straße von Orscha zurück und nahm eine Stellung auf der Höhe von Njemaniza . Von 20 Geſchügen hatte er 5 verloren , und seine Diviſion , obſchon das zurückgebliebene Regiment, welches zu Usza über die Beresina gegangen , nun zu ihm gestoßen war , zählte hier doch nur noch 1500 Mann ; (das würtemberger Regiment , welches diesen Tag 384 Mann unter Waffen gezählt hatte, verlor 8 Offiziere und 214 Soldaten an Todten, Verwundeten und Gefangenen ;) — so äußerst hartnäckig war der Kampf um die Erhaltung der Brücke von Borisow gewesen. Tschitschagof begnügte sich , die Division Pahlen hinter Dombrowski herzuschicken und stellte sich mit seinem übrigen Corps auf dem rechten Ufer der Beresina, Borisow gegenüber , auf.
* Inzwischen hätte recht gut General Pamplune (f. 2. ) von Wefelowo wieder herbeigerufen werden können und wenn er auch nur 800 Mann mitzubringen gehabt hätte , die fich in Borisow gehörig feftge= fest, so wäre dieß schon von großem Werth, wenigstens für Dombrowski, geworden.
377 4.
General Corbineau (f. LXX. 2. ) mit seiner Brigade
leichter Reiterei hatte sich über Pleszeniczi und Zembin auf Borisow dirigirt, um durch Paſſirung der dortigen Brücke wieder zum 2. Armeecorps zu stoßen , wie er Befehl hatte.
Er langte
am 21. Abends in der Höhe von Studienka an , nachdem er ein Detaſchement Kosacken zurückgeworfen , und ging , als er erfahren, daß Tschitschagof mit seinem Heere sich vor der Brücke von Borisow befände , durch eine Studienka gegenüber befindliche Furt , die ihm ein Bauer gezeigt hatte ; worauf er dann am 22. zu Marschall Oudinot in Losznica (Loschniza) stieß. Er gab diesem nun die Nachricht , daß am 21. Abends die Tiefe des Waſſers in jener Furt nur 24 bis 3½ Fuß betragen habe, daß sich aber auf dem rechten Ufer der Beresina ein Morast befinde , welcher in Folge des Thauwetters gegenwärtig für Wagen nicht passirbar sei. (Diese Nachrichten wurden von größter Bedeutung für den Uebergang des franzöſiſchen Heeres über jenen Fluß.) 5. Marschall Oudinot in Vereinigung mit dem Reste von Dombrowskis Corps stieß , schon bevor er Losznica erreichte, auf die ihm entgegenkommende Division Pahlen (sonst Lambert) ; er griff fie sofort lebhaft an und trieb sie von Stellung zu Stellung nach Borisow , dessen er sich gleichfalls bemeiſterte. Tschitschagof unterstügte seine Division nicht , ließ aber so wie sie das rechte Ufer wieder gewonnen hatte, den Theil der Brücke, welcher daran stößt, abbrechen. Dudinot machte etwa 800 Gefangene und erbeutete viel ruſſiſches Gepäck in Borisow. 6. Oudinot veranstaltete noch am Abend Recognoszirungen der Beresina oberhalb und unterhalb Borisow. - Der nächste Punkt unterhalb , der sich zum Ueberschreiten der Beresina eignete, ward beim Dorfe Ukolada , 3 Stunden von Borisow, gefunden , wohin man aber mit Artillerie nur bei starkem Frost kommen konnte. Oberhalbfag der nächste Uebergangspunkt dem Dorfe Stachow gegenüber , das nur 14 Stunden Wegs von Borisow an einer am rechten Ufer hinaufziehenden Straße liegt *) . *) Dieſe Straße zeigt die große ruffische Charte nicht. Sie ( f. Plan IX. ) entfernt fich nirgends weit vom Ufer der Berefina ; Studienka gegenüber ist fie jedoch wegen eines hier befindlichen Moraftes (nach Chambray) 700 Toiſen ( = 1750 Schritte) davon entfernt.
378 Der nächste folgende Punkt lag bei Studienka (Studengi, nach russischen Autoren) , einem Dorfe 4 Stunden von Borisow auf dem linken Ufer.
Ueber die Furt bei diesem Ort hatte man durch den General Corbineau , der sie kürzlich paſſirt hatte, Nachricht (s. 4). Der dritte Uebergangspunkt befand sich bei Weselowo.
Oudinot durfte nicht wagen den Uebergang bei Stachow zu versuchen , da , wie er wußte, Tschitschagof mit dem größten Theil seiner Kräfte bei Borisow stand. Er hatte in Erfahrung gebracht , daß der Fluß bei Weselowo tiefer sei als bei Studienka ; lezterer Ort war zugleich der einzige rechts von Borisow , wo man die Annäherung zum Flusse auf beiden Ufern kennen gelernt hatte; und da wieder Frost eingetreten war , so konnte man auch hoffen , daß der Moraſt am rechten Ufer fahrbar werden, äußersten Falls durch Faſchinirung eines Wegs zu helfen sein würde. Aus diesen Gründen und da kein Augenblick Zeit zu verlieren war , bestimmte sich Dudinot für diesen Punkt zum Uebergange und befahl dem General Aubry, Chef seiner Artillerie, sogleich dahin abzugehen und alles zu einer Brücke Nothwendige zu veranstalten ; dabei aber Sorge zu tragen , daß man nichts davon am jenseitigen Ufer gewahr werden könne. 7. Von der als Reserve nach Wilna entbotenen 10,000 Mann starken Division Loison rückt den 21. November die erste Brigade und zwei Tage darauf der Rest daselbst ein. Vom Armeecorps des Generals Wrede rückte General Franceschi am 24. in Beresino ein (f. LXX. 3.) , von wo sich die kleinen feindlichen Detaſchements bei seiner Ankunft sogleich zurückziehen *). - Wrede hatte nun Nachricht von der Einnahme von Borisow durch das Armeecorps Tschitschagofs (durch seine Spione) erhalten , was seine Operationen gegen das Armeecorps Wittgensteins beengte. Er hielt nun (bis er klarer sehen konnte) ſein Armeecorps in Dokszici zuſammen.
*) General Franceschi, in Berefino angekommen, ließ dort sogleich 12 Kanonenschüsse thun , um dadurch dem 2. oder 9. Armeecorps , wenn fie ihn hören könnten , die Gegenwart Wredes auf diesem Punkt kund zu thun.
379
Dreiundsiebenzigstes Kapitel. Rückzug der franzöfifchen Hauptarmee von Orscha nach der Berefina Dispofitionen Napoleons hin(vom 21. bis 24. November). fichtlich des Uebergangs über diesen Fluß und Befehle an Oudinot ― und Victor. Strenge Befehle zur Verminderung der Impedimenta des Heeres. Fortgesettes Elend und Auflösung desselben , auch gänzliches Abgehen der Cavalerie (heilige Schaar) . - Platows Corps und Winzingerodes , jeßt Kutusows , leichtes Corps. 1. Die allgemeine Rückzugsbewegung wurde am 21. von Orscha nach der Beresina von dem französischen Hauptheere fortgesezt. -Das 1. Armeecorps verließ Orscha, wo man wieder viele Verwundete und Kranke zurücklassen mußte, zulegt und brannte einen Theil dieser Stadt , sowie beide Brücken ab. - Daß Napoleon in der Nothwendigkeit war , jenen Rückzug so bald und ohne Rast fortzusehen, machte Alles zu Nichte, was er sich von der Sammlung des Heeres an dieser so geeigneten Stelle versprach , wo außer dem , was sich in den Magazinen vorfand , auch das Land noch einige Hülfsmittel darbot ; wo wegen der nothwendig zu passirenden Brücken kein Isolirter vorüberkommen konnte und endlich selbst das gelinder gewordene Wetter und die Möglichkeit sich besser Feuerung zu verschaffen *) die Biwacks zu begünstigen schien. - Die Auflösung der sich gesammelt habenden Leute begann sogleich wieder mit dieſem ersten Marschtage. Es hatte sich zu der physischen Schwäche der Soldaten eine moralische gesellt, die bei dem größten Theile völlige Muthlosigkeit, ein Verzweifeln an einer besseren Zukunft hervorgebracht hatte. Im Zuſammenhalten der Maſſe und Erhaltung der militärischen Disziplin glaubten kaum noch einige alte Krieger eine legte Hoffnung glücklichen Entkommens aus
*) Nur diese Möglichkeit , fich bessere Feuerung durch das Abreißen der hölzernen Häuſer der (kleinen) Dorfschaften , die nicht von der Generalität belegt waren , zu verschaffen , machte die Biwacks hier erträglicher. Die feuchte Kälte während des Thauwetters , wie Chambray richtig bemerkte , war der Gesundheit weit nachtheiliger geworden , als es ein trockener , aber mäßiger Frost gewesen wäre. ― So hatte fie mir und mehreren Leuten einen furchtbar heftigen Katarrh zugezogen der mich schrecklich mitnahm.
380
Rußland zu erblicken ; die minder Erfahrnen betrachteten gerade dieſes allgemeine Zusammenhalten (unter für die Umstände kein Vertrauen genießenden , und es nun noch zu erwerben unfähigen Vorgesezten , ſ. S. 366. **) gleich einem vom Versinken nicht mehr zu rettenden Schiff, das man sich , troß des Bleibens des Capitäns und Steuermanns, gar nicht genug beeilen kann zu verlassen.
Sie bildeten kleine Gesellschaften , zumeist
von 3 bis 6 Mann, nicht mehr wie früher blos zum Aufſuchen von Lebensmitteln , sondern um auf ihre eigne Hand nach Westen zu ziehen *) und den todtbringenden Nächtigungen in den Biwacks zu entfliehen. Die Waffen und Alles was beschweren und nicht unmittelbar zur Erhaltung des Lebens dienen konnte , wurden zur Erleichterung der Pilgerschaft weggeworfen. „In Smolensk, sagt Chambray (und ich muß es beſtätigen), überstieg noch die Anzahl der Combattanten die Menge der vereinzelten Soldaten , nach dem Gefecht von Krasnoi war es damit umgekehrt und von da an nahm die Zahl der Combattanten jeden Tag mit außerordentlicher Schnelligkeit ab." Als man Orscha verließ , konnte man die Armee als ohne Cavalerie ansehen , da von dem Corps von Latour - Maubourg noch kaum 200 Mann beritten waren und die Cavalerie der Armeecorps noch mehr zusammengeschmolzen war. Nur die Garde - Cavalerie bildete noch einen ansehnlichen Haufen von wohl 1000 Pferden **) . Sie marschirte mit dem Kaiser.
Auch
waren es die (alten) Garden allein, die noch eine widerstands-
*) - Und dieß thaten nicht blos Unteroffiziere und Soldaten, fondern auch Capitäne und Subalternoffiziere, besonders der deutſch-alliirten Truppen. Bei uns kam dieß indessen nicht vor. Die Offiziere und Unteroffiziere blieben so lange fie nur irgend fort konnten , und immer auch noch einige Soldaten, Fahnentrupps, um Se. H. den Prinzen Emil geschaart. Er war uns aber auch nicht nur hochverehrter und geliebter Prinz des Hauses und General , sondern theilnehmender Mensch , der bei dem allgemeinen Elend seinen Mitmenschen und Mittheilnehmern manch' freundliches und ermunterndes Wort gönnte und mit Rath und That half wo er konnte. ( S. S. 333. **.) **) Chambray zwar gibt sie noch 1600 Pferde stark an ; ich kann mich aber von der Richtigkeit dieser Angabe nicht überzeugen , da ich den Haufen mehrmals geſehen und geschäßt habe , wenn ich ziemlich viele Detaschirte annehme.
381 fähige Masse bildeten. Vom übrigen Theile des Heeres erblickte man auf der Heerstraße nur noch bewaffnete Sectionen, als Reste von Bataillonen oder Regimentern , unter einer verworrenen Masse ohne Waffen und in die abenteuerlichsten Kleidungen gehüllt , die Füße der Soldaten, wegen mangelnder Schuhe, meistentheils mit Lappen oder Thierhäuten umwickelt c. 2. Napoleon nahm ( am 21. November) sein Hauptquartier in Kochanow. - Die Besagung von Orscha , das um 2 Uhr Nachmittags verlassen wurde , jene von Mohilew (eine Abtheilung Polen und Litthauer) und ein Cavaleriedepot , das in Gorki (zwischen Orſcha und Mſzislawl) gestanden hatte, stießen zum Heer, und da diese Truppen noch in guter Haltung waren, verstärkten sie es wesentlich. Die Marschordnung war folgendermaßen bestimmt worden : Als Vortrab Jünot und Zayonczek; dann kamen welch' Legterer mit dem hatte. Eugen mit dem unterstügen. - Dieß 4.
die Garden , Ney , Eugen , Davoust, 1. Armeecorps wieder die Arrieregarde 4. sollte ihn , wenn es nöthig würde, Armeecorps blieb am 21. eine Stunde
Wegs hinter Kochanow, und das 1. Armeecorps bei Baranui. 3. „ Als wir (Heſſen mit der jungen Garde) *) heute auf dem Marsche waren , näherten sich uns etwa 20 Kosacken von der rechten (oder Nord-) Seite her und nahmen Angesichts von unsrer Brigade und von franzöſiſcher Cavalerie, die , statt darauf loszugehen , davon ritt , einen mit 2 Pferden bespannten Wagen. Die Schüßen unsrer Brigade gingen sogleich auf sie los und diese selbst machte sich fertig , aber die Kosacken hielten es für gerathen sich schnell mit ihrem Wagen davon zu machen und auf Weiteres zu verzichten. Das Davongehen unsrer Cavalerie erregte uns wieder ein wenig ; die Soldaten schimpften sie und spotteten ihrer. Wir passirten einen Fluß (es dürfte der Odrow geweſen ſein) , marſchirten im Ganzen etwa sieben Stunden und bezogen einen Biwack bei Kochanow am 1. Werſtenzeiger der von da nach Beszenkowiczi führenden Straße.“ 4. Den 22. Morgens 21 Uhr ging aus dem Hauptquartier (vom Major - General) ein Schreiben an Marschall Dudinot
ab , worin (nach Chambray) gesagt war :
„Sollte der Feind
*) Stück aus meinem im Biwack geschriebenen Tagebuche.
382
den Brückenkopf von Borisow weggenommen und die Brücke verbrannt haben , so wäre dieß ein großes Unglück 2c. Es wäre nöthig , daß Sie sich an Ort und Stelle überzeugten , ob es möglich ist irgendwo über die Beresina zu gehen , und für den Fall daß es schwierig wäre , müßte man sich darauf einrichten, auf Lepel zu marschiren (und Wittgenstein hart auf die Seite zu stoßen * ) . Der Kaiser hofft aber, daß der Brückenkopf nicht in Feindes Hände gefallen sein wird (der Kaiser hielt also den Brückenkopf für hergestellt und vertheidigungsfähig ?), daß Dombrowski zeitig genug eingetroffen sein wird (ſ. LXXII. Lassen 2. 3.) , und hinterher Ihr (das 2. Armee-) Corps. Sie Offiziere relaiartig zurück , damit die wichtigen Nachrichten aus Boriſow uns schnell zukommen.“ 5. Auf dem Marsche nach Toloczin , wohin Napoleon den 22. November aufbrach , um sein Hauptquartier dahin zu verlegen , und kurz zuvor ehe er diesen Flecken erreichte , langte indeſſen ein Adjutant Oudinots als Courier bei ihm an und hinterbrachte, daß die Ruſſen nicht nur den Brückenkopf, sondern sogar die Stadt weggenommen hätten 2c.
Bei dieser Nach-
richt soll Napoleon unruhig geworden sein **) .
Jest mußte
freilich der Uebergang über die Beresina gegen Tschitschagof erzwungen werden , wenn man den Marsch über Minsk noch im Auge behalten wollte (was jedoch zu nichts besonders Vortheilhaftem mehr führen konnte) , oder wenn man auch nur auf die directe (kleine) Straße (über Pleschtschenizi) kommen wollte. Zu Brücken konnte man noch Böcke verwenden, da der in Orſcha vorhanden gewesene Pontontrain (60 Pontons 2c.) auf Napoleons Befehl zerstört worden war, um die Pferde zur Bespan= nung der dort vorgefundenen Artillerie verwenden (und die impedimenta vermindern) zu können.
Doch waren 4 Wagen
*) Man hätte da Wredes Corps zur Aufnahme zur Hand gehabt ; die Cavalerie von Franceschi befand sich (f. LXXII. 7.) zu Berefino. Dieß Projekt hätte jedenfalls gelingen müssen ; Tschitschagof konnte es nicht hindern. **) Er foll hierbei, nach Chambray, im Unmuth ausgerufen haben: ,,So ift es denn ausgemacht , daß wir nichts als Dummheiten begehen. werden ! "
383 mit Arbeitszeug , Klammern 2. zu Fertigung von Bockbrücken beibehalten worden , die nun von höchster Wichtigkeit wurden. 6. Sobald Napoleon zu Toloczin angelangt war , schrieb er (durch den Major - General) an Oudinot ,
daß er seinen
Entschluß billige , dem Feind auf den Hals zu fallen , ihn in die Beresina zu stürzen und zu versuchen sich der Brücke zu Borisow wieder zu bemächtigen ; daß er aber , wenn der Feind dieſe Brücke zerstören sollte , sich rechts oder links eines Ueberganges bemächtigen müsse , wo er augenblicklich Redouten und zwei Brücken errichten lassen solle.
Dann wird es von uns
abhängen , ſagt er ihm , entweder gegen den Feind zu rücken und ihn aus dem Brückenkopf von Borisow zu vertreiben, oder gerade auf Minsk zu gehen. Legteres können wir über Zembin , wenn die Brücken rechts , oder über Beresino wenn sie links liegen.
Es ist wichtig , Herr Marschall , daß Sie diese
Unternehmung rasch ausführen. Der General Colbert ist durch eine Furt vor Zembin über die Beresina gegangen *). Er sagt, daß bei dieser Furt der Uebergang nur 5 bis 6 Toisen betrage. Der Fluß ist bei Beresino (nämlich unterhalb Borisow) nicht breiter ; der General Dombrowski wird das Nähere darüber ſagen können. Zu berücksichtigen ist , daß von Bobr über Berefino und Igumen nach Minsk 14 Werste weniger sind als von Bobr über Borisow dahin **) . Sie müssen morgen den 23. Herr eines Ueberganges sein , damit wir spätestens den 24. wissen, woran wir sind ***).
Sollte man über Beresino
*) Dieß geschah indeffen im Sommer , wo die Flüſſe Rußlands eine Wasserabnahme zeigen , die faft bis zum Vertrocknetsein geht, und es ließ sich daraus durchaus kein Schluß auf den jeßigen Wasserstand machen , wenn nicht , daß er jeßt , wie wir überall gefunden, sehr hoch und sehr verschieden von jenem ſein müſſe. ** ) Blos die Eile , womit dieß Schreiben erlaffen wurde , konnte diesen Irrthum erzeugen, der sich schon durch einen Blick auf die große Karte Rußlands berichtigt haben würde. Ueber Berefino würde es einen Tagmarsch weiter gewesen sein als über Borisow. ***) Hiernach wurde angenommen, daß es Oudinot gar nicht mißglücken könne , was doch seine Stärke , verglichen mit der von Tschitschagof, sehr problematisch machte. Vermuthlich nahm man aber Schwar zenberg auf der Ferse von Tschitschagof an , und daß dieſer dadurch genöthigt worden einen Theil seiner Kräfte gegen jenen zu wenden.
384
gehen, so müßte man die Straße zu Bobr verlassen.
Der
Kaiser rechnet in dieser wichtigen Angelegenheit auf Ihren Eifer und Ihre Ergebenheit für seine Perſon ." 7. „Wir (Hessen mit der jungen Garde) marſchirten heute (den 22. November) etwa 7 Stunden Wegs bis Toloczin. Obgleich von Orscha hierher eine breite, mit zwei Reihen Birken eingefaßte Straße führt , so ist es doch nichts weniger als eine feste Chauffee und unser Marsch ging öfters in tiefem Koth. Es scheint indessen sich wieder in Frost umſegen zu wollen , dem man vor dieser kalten Nässe , die uns fast unleidlich quält, den Vorzug zu geben hat ic.“ 8. Das russische leichte, sonst von Winzingerode , jegt von Generalmajor Kutuſow commandirte Corps traf zu dieſer Zeit in der Gegend von Sjenno ein . Das bedeutendere Corps von Platow, welches über Rasasna von der Hauptarmee mit einigen Bataillons Infanterie verstärkt worden war , befand sich in dem Raume zwischen Toloczin und Czereja. 9. Sobald Napoleon durch den vorhin erwähnten Brief (f. 6. ) an Oudinot das Dringlichste beseitigt hatte , mochte er in reifliche Erwägung gezogen haben , was dann zu thun ſei und damit von dem Gedanken ganz und gar abgekommen sein, zu Beresino oder unterhalb Borisow die Beresina zu paſſiren, wenn man sich der Brücke zu Borisow nicht bedienen könne, und er bestimmte Weselowo zum Uebergangspunkte oder dessen Umgegend , wie folgendes Schreiben an Oudinot , das acht Stunden nach jenem (s. 6.) erfolgte (nämlich den 23. um 1 Uhr Morgens), beweist *) . Hier hieß es unter Anderm : „ Bieten Sie Alles auf, um sobald als möglich Herr der Furt von Weselowo zu sein , um daselbst Brücken schlagen und Schanzen und Verhaue anlegen zu lassen zu deren Deckung. Von da aus werden wir entweder auf den Brückenkopf von Borisow zurückgehen oder auf Minsk oder endlich , wie Sie vorschlagen, auf Wileika und den Weg gehen , den Sie gegangen sind und sehr gut gefunden haben. Die Hauptsache ist , schnell Meiſter
*) Dieses Schreiben war zugleich die Antwort auf eine Depesche von Oudinot , die dieser am 22. zu Nacza geschrieben und an den Kaiser expedirt hatte.
385 eines Uebergangspunktes zu ſein 20.“
Marschall Victor er-
hielt die Weiſung auf Baran und sofort nach Weselowo zu marſchiren ; wozu es indessen , als er das Schreiben erhielt , schon zu spät war, indem er sich bereits auf dem Marsche gegen Baturi hin (f. LXXIV. 1. ) befand.
10.
Den 23. November mit Tagesanbruch , von seinen
Garden umgeben , verließ Napoleon Toloczin und erreichte Bobr um 4 Uhr Nachmittags , wo er sein Quartier nahm. — „Die alten Garden hatten in Toloczin aus Resten daselbst befindlicher Magazine Austheilungen bekommen , für die jungen schien nichts übrig gewesen zu sein ; wenigstens kam an die hessische Brigade nicht das Geringſte. Wir machten heute wieder etwa 7 Stunden Wegs , erreichten Bobr mit dem Kaiſer und bezogen hier einen Biwack. Wir hatten an diesem Tage wieder etwa 2 bis 3° Réaumur Frost *)." 11.
Das 4. Armeecorps blieb diesen Tag zu Jablonka,
halben Wegs zwischen Toloczin und Bobr ; die Reste des 3. Armeecorps waren zu Bobr. Napoleon stellte hier noch die Besagung von Mohilew ** ) unter das Commando des Marschalls Ney (f. 2. ) , sowie die Reste des von General Zayonczek befehligten 5. Armeecorps , das , obgleich nur noch 500 Mann stark, doch noch die Hälfte seiner Artillerie bespannt erhalten
*) ,,Der Commandeur des 1. Bataillons (heffischer) Leibgarde hatte heute einen schlagartigen Anfall ; doch kam er mittels ärztlicher Hülfe wieder zu sich. Ich befand mich wegen Bruftschmerzen und geschwollenen Füßen so übel , daß ich fürchtete , weder gehend noch reitend weiter kommen zu können und mich entſchließen mußte den Oberften um einen Plaß in seinem Wagen zu bitten . Ich fand dieſen indeffen schon von dem fterbenden Cadet Becker beſeßt und ließ mich fofort auf meinen Koni heben. Dieß Thier sehte mich jedoch schon in der ersten ViertelAtunde bis unter die Arme ins Waſſer, indem es über einen Bach schreitend sich plößlich hob und deſſen Eisdecke einschlug zur Löschung seines Durftes. Wollte ich nun nicht auf dem Thier erfrieren , so mußte ich herab und ich ging mit Aufbietung aller Geiftes und meiner leßten Körperkraft den ganzen Tag , so daß ich am Körper völlig trocken war als wir im Biwack ankamen.“ Tagebuch. **) Chambray gibt sie zu 12,000 Mann (wenigstens nach Blessons Neberſeßung ) an, - was ein starker Irrthum sein muß (vgl. S. 405) . Mehr als ein Paar Tausend waren es nicht , die ich gesehen. Röder, Kriegszug . 25
=
386
hatte. Mit diesen vereinten Kräften sollte Ney eine Stellung bei Bobr nehmen , um Eugen und Davouſt zu unterſtügen, welche nur langsam zurückgehen sollten, bis der Uebergang über die Beresina festgestellt sei. 12. Obgleich die Cavalerie der Armeë (mit Ausnahme der Garde-Cavalerie , f. S. 380. ** u. S. 405 ) jegt bis auf einige Hundert Reiter zusammengeschmolzen war, so blieb doch noch eine ziemliche Anzahl Offiziere beritten. Dieſe marſchirten bisher einzeln. Man vereinigte sie nun und bildete 2 Compagnieen daraus , deren Befehl die Generale Grouchy und Sebastiani erhielten. Es waren dabei Brigadegenerale , Premierlieutenants, Obersten , Secondlieutenants u. s. w. Der König von Neapel commandirte dieſe Escadron , die man die heilige nannte. Sie sollte dem Kaiser zur unmittelbaren Leibwache dienen und ihn nicht aus dem Auge laſſen. 13. Bevor der Kaiser Bobr verließ , befahl er den Divifionsgeneralen Eblé (Director der Brücken - Equipage) und Chaffeloup (Commandeur des Geniecorps der Armee) und dem Brigadegeneral Jomini (vom Generalstabe) sich schleunigst zu Marschall Oudinot zu begeben, unter deſſen Befehl er sie stellte, um ihm bei Recognoszirung der Berefina behülflich zu ſein ; auch sollten Erstere sich mit der Brücken- Construction beſchäftigen. ,,Il est indispensable, que l'armée puisse passer au plus tard demain ,“ nämlich den 25. November , besagte der Befehl an General Eblé. Alle Pontonniers, Sapeurs und Mineurs, die noch übrig waren *) , mit dem noch erhaltenen Material **) wurden befehligt in forcirten Märschen nach Borisow zu gehen. *) Die Pontonniers , 7 Compagnieen, waren noch 400 Mann ftark ,,excellens soldats , sagt Gourgaud , qui avaient tous conservés leurs fusils." **) Der Kaiser hatte Befehl gegeben , als er die beiden BrückenEquipagen zu Örscha zerstören ließ (um die Pferde zur Bespannung der Artillerie verwenden zu können , ſ. LXXI. 3.) : „ tous les outils, forges , ustensiles, fers , charbons etc. dont on pouvait avoir besoin pour la construction des ponts de chevalets“ beizubehalten, ſagt Gourgaud - und man kann davon überzeugt sein , daß er es befahl , da er fich um alles wesentliche Detail zu bekümmern pflegte, und hier, wo ihm die Sache so sehr am Herzen lag , 'gewiß darum bekümmert hat. Es wollen nämlich Einige das ganze Verdienst der Sache lediglich
387 14. Der Kaiser wiederholte nochmals den Befehl , alle unnügen Wagen zu verbrennen. Die Generale Zayonczek, Jünot und Claparede wurden angewiesen, die Hälfte der bei ihren Corps befindlichen Reisewagen , Transport- und kleinen Wagen aller Art zu verbrennen und der Garde- Artillerie die Zugpferde abzugeben. Jeder General ſollte die Wagen ſeines Corps zu dieſem Behufe versammeln und ein GeneralstabsOffizier und 50 Gendarmen der Verbrennung beiwohnen. Endlich autoriſirte Napoleon die Artillerie - Offiziere, alle Pferde wegzunehmen die sie bei der Hand finden würden , wenn es auch seine eigenen wären , ehe sie auch nur ein einziges Artil-leriefahrzeug im Stiche ließen (da man auf Erzwingung eines Ueberganges über die Beresina ſich gefaßt halten , alsø eine zahlreiche Artillerie haben mußte). 15. Napoleon , nachdem er alle berührten Maßregeln getroffen und sich von deren Ausführung überzeugt hatte, brach erst dann , nämlich den 24. November Morgens
10 Uhr, von
Bobr auf mit ſeinem Generalstabe und verlegte sein Hauptquartier nach Loſchniza. 16. ,,Wir (die hessische Brigade mit den andern der jungen Garde) brachen mit dem Tage von Bobr , ich glaube, nach Loschniza auf. Der Kaiser , der noch zurück war , holte uns aber *), als wir noch etwa 34 Stunden von legterem Städtchen waren , ein ; und da sich zu dieser Zeit eine heftige Kanonade rechtshin oder gegen Norden hören ließ ** ) , so stieg derselbe mit seinem Generalstabe ab.
Hier erhielt Se. Majestät auch
Depeschen , las sie und schickte darauf Offiziere weg .
Wir
rasteten eben und konnten das ganze Thun mit guter Muße beobachten .c.“ „Wir Offiziere alle lagen heute mit dem Prinzen Emil zuſammen in einer Scheune und drängten uns ganz gewaltig um ein Pläßchen .
Unser Elend ist gar groß.
dem General Eblé zuſchreiben ; so sehr dieser ohne Zweifel zur verftändigen Ausführung mitgewirkt haben mag. — [ Dieſer leßteren Anficht scheint auch der Verf. des Buchs vom Jahr 1812“ zu ſein. Zusaß d. Herausg.]
*) Es war unweit Natſcha. **) Es war das Gefecht von Baturi (f. LXXIV. 4. u. 5) . 25 *
388 Wir sind alle mehr oder minder krank *) !
Die wenigen Sol-
daten , die uns noch übrig sind , biwackiren in keiner Ordnung mehr ; sie liegen von allen Bataillons und Compagnieen um uns herum, wie sie dazu kamen 2c.“ 17. Das 4. Armeecorps kam den 24. November nach Bobr; Marschall Ney mit dem dermalen ihm untergebenen Corps ging etwas weiter zurück bis Krunki oder Krupki , wo er Stellung nahm. Das 1. Armeecorps wird , gleich dem 4. , heute in Bobr gewesen sein oder dessen Nachhut doch nicht viel weiter zurück, anganandas da in einer Depesche des Major-General an Marschall Victor gesagt ist , daß die Arrieregarde (die dermalen das 1. Armeecorps machte) den 25. von Bobr nach Natſcha aufbrechen werde. 18. Der Marschall Oudinot ſendete an diesem Tage (dem 24.) dreimal Depeschen von Borisow an den Major - General, worin er unter Anderm in jener vom Morgen die Nachricht gab : Aus eingezogenen Erkundigungen gehe hervor, daß Fürſt Schwarzenberg das Corps des Generals Müller, welches Tſchitſchagof vor ihm ſtehen gelaſſen, vor sich her stoße, wodurch auch Tschitschagof beunruhigt sei **), so daß er auch Truppen, welche er gegen Wilna geschickt , zurückgerufen habe - (was wahr -sein mochte, aber aus einer andern Ursache). — In der zweiten Depesche von Mittag 1 Uhr war gesagt , daß er sich für den Uebergang bei Studianka (Studenzi , wie die Ruſſen ſagten)
*) „Ich felbft befand mich so übel , daß ich auf nichts achten oder nur mit Gewißheit erfahren kann , ob der Kaiser im Ort ist mit der alten Garde oder nicht , meine Hände find so geschwollen, daß ich nicht mehr schreiben oder den Zügel des Koni führen kann. Der Cadet Becker starb in des Obersten Wagen und dieser bot mir an , dessen Stelle sofort darin einzunehmen , verhoffend , daß ich ihm, mittels meines Zungenwerks und mich nothfalls zum Divifionsgeneral avancirend, denfelben durchs Gedränge , durch die Anfechtungen der Artillerie ( denn die Gäule waren noch sehr gut erhalten und für fie gesorgt worden), kurz über die Berefina bringen werde. So nahm ich es denn (den 25.) Morgens an , dem Cadet zur Seite die ewige Nuhe gönnend , und es war weit mit mir gekommen , daß ich in dieſem Momente mich in den Wagen sperren mußte.“ **) Der Kaiser wurde damit in Hoffnungen beftärkt, die auf Frrthum beruhten.
389 entſchieden habe und er ihn in der folgenden Nacht ausführen“ zu können hoffe.
Uebergangsdemonſtrationen werde er unter
Tags (den 25.) zu Ukolada und Stachow machen. Der Feind vor ihm zeige sich in beständiger Bewegung , nehme ſelbſt den Schein an, die Brücke von Boriſow wieder herstellen zu wollen ; ſeine entſchiedensten Bewegungen mache er aber aus der rechten Flanke in der Richtung von Beresino. Er (der Marschall) zweifle nicht , wenn er morgen aufs rechte Ufer komme, sich daselbst so lange halten zu können, um allem Demjenigen, was der Kaiser nach ihm übergehen zu lassen beabsichtigen könne, den Uebergang zu sichern ; aber daran zweifeln dürfe man wohl nicht, daß Wittgenstein und Steinheil, die aufgeregt seien, Alles aufbieten möchten , den Uebergang zu behindern (am rechten wie am linken Ufer) . In der dritten Depesche am Abend kam endlich die (in der That beunruhigende) Nachricht , daß nach dem Rapport des ( Artillerie-) Generals Aubry , welcher von Studianka zurückkomme , der Uebergang bei der Furt daſelbſt noch nichts weniger als gelingend anzunehmen sei , indem es gewiß sei , daß man dort die Truppen von Steinheil , welcher von Beresino (nämlich dem oberen) herkomme, vor sich habe * ) . Inzwischen gedenke er doch die Schwierigkeiten zu überwinden wenn er schnell unterſtügt werde , denn nach wenig Stunden könne er sich jenseits zwischen zwei feindlichen Corps befinden. Nun ſcheine ihm jedoch die Sache zu kritisch , als daß er nicht die Befehle Sr. Majestät abwarten müſſe 2c. (Forts. s. LXXV.)
Vierundfiebenzigſtes Kapitel. Bewegungen des Marschalls Victor mit dem 9. Armeecorps in der Nähe der Hauptarmee und dessen Arrieregarde- Gefecht bei Baturi (unter Markgraf Wilhelm von Baden). 1. Marschall Victor , der am 22. November den Marsch gegen Baturi hin fortsegte (s. LXX. 5.) , bildete zur Deckung
*) Es war glücklicherweise ein Frrthum , den man als etwas, was man an Wittgensteins Stelle felbft gethan hätte , sehr glaubhaft fand. Bielleicht gaben einige Kosacken, die früher zu Steinheil gehörten, Veranlassung dazu.
390 desselben eine Arrieregarde unter General Delaitre *) , die aus folgenden Truppen bestand : das großherzoglich hessische Chevaulegersregiment ; das großherzoglich bergiſche Lanciersregiment ; ein Bataillon Franzosen ; ein Bataillon Polen ; ein Bataillon bergischer Infanterie ; ein Bataillon badischer leichter Infanterie und zwei Kanonen. Die Kosacken folgten dieser Nachhut dicht auf dem Fuße und seßten , als man für die Nacht eine Stellung nahm , ihre Vedetten — was sie vorher nie zu thun pflegten auf Piſtolſchußweite den diesseitigen gegenüber. Es veranlaßte dieß den General Delaitre , die Nacht unaufhörlich patrulliren zu lassen und die äußerste Wachsamkeit anzuempfehlen. 2. Am 23. November stand Marschall Victor mit den Divisionen Daendels und Girard und mit der Reiterbrigade des Obersten Laroche (dem badischen Huſaren- und fächſiſchen Dragonerregiment) in Doknicza ; die Division Partonneaur zu Baturi , die Arrieregarde unter Delaitre bei Staroszisce. Victor hatte vorgeschlagen , über Baran auf Borisow hin zurückzugehen , war aber beschieden worden , den Rückzug über Baturi und Szczavry ( Schtſchawry) zu nehmen ( vgl. LXXIII. 9). - Die Kosacken hatten am Abend zwischen Doknicza und Baturi einen Angriff auf einen Lebensmitteltransport fürs 9. Armeecorps von 200 Wagen gemacht ; diesen rettete der Oberst Laroche von den badischen Huſaren durch die Eilfertigkeit , mit der er ihm zu Hülfe fam. 3. In der Nacht vom 23. auf den 24. wurde die beim Schloß Staroszisce biwackirende Arrieregarde des 9. Armeecorps (f. 1.) durch einen Schwarm Kosacken um 1½ Uhr Morgens allarmirt. „Sie kamen (erzählt Oberst von Dalwigk) wie gewöhnlich mit einem Hurrah ! fielen über ein in der linken Flanke stehendes badisches Jägerpiket von einem Offizier und 24 Mann her , nahmen es gefangen **), jagten darauf auf die
*) Zumeist nach des (heffifchen) Oberften von Dalwigk Bericht. **) Ich habe nicht selten gesehen , daß solche Infanterie-Feldwachen gar keine Anlehnung hatten , noch auch sich selbst für ein Hemmniß gegen ansprengende Cavalerie sorgten (wären es auch nur ein Paar zu sonst nichts nüße Wagen gewesen) : was hier wohl der Fall geweſen fein möchte.
391
―
in der Nähe befindlichen Wachtfeuer des großherzoglich bergischen Bataillons (des Oberstlieutenants von Hemskerk) los, wurden aber von dieſem ſo nachdrücklich empfangen, daß sie in der größten Unordnung (wie es ſchien * )) die Flucht ergriffen. Die unter Lieutenant von Buseck stehende Feldwache von 30 Pferden (des großherzoglich hessischen Chevaulegersregiments) ging zwar bei dem ersten Lärm auf den Feind los, wurde aber geworfen und verfolgt ;
auch würde sie ohne Zweifel mit dem
badischen Jägerpiket , welches die Cavalerie hatte unterſtügen sollen , gleiches Schicksal gehabt haben , hätte nicht die Dunkelheit der Nacht den Feind von weiterem raschen Verfolgen abgehalten und dadurch der Cavalerie - Feldwache Zeit verschafft ſich auf ein andres Infanteriepiket zu repliiren und sich durch dessen Feuer den Feind vom Hals zu schaffen. (Bei dieſem Vorfall blieb ein Unteroffizier der Chevaulegers todt und vier wurden verwundet) .“ Ein dritter Ueberfall traf noch die Division Partonneaur, Hierbei waren die Russen so glücklich ein Bataillon und zwei Kanonen zu nehmen. 4. Marschall Victor versammelte am 24. November ſein Armeecorps bei Baturi und ſegte gegen Mittag seinen Rückzug fort. Markgraf Wilhelm von Baden erhielt den Auftrag, den Abmarsch zu decken und, im Falle die Arrieregarde unter General Delaitre angegriffen werden sollte , sie soweit nöthig zu unterstügen.
(Oberst von Dalwigk sagt :)
General Delaitre
brach zur Fortsegung seines Marsches Morgens um 4 Uhr auf und erreichte nach Zurücklegung von 24 Meilen das Dorf Doknicza. Hier ließ er Halt machen und , da die Kälte schon (wieder) einen so hohen Grad erreicht hatte, daß die Reiter sich kaum
Stunde auf dem Pferd halten konnten , so ließ er
die Hälfte der Cavalerie absigen und erlaubte ihr , sowie der Infanterie Feuer anzumachen. Kaum hatte man so eine halbe Stunde gerastet, so erschien der feindliche Vortrab 2c. General Delaitre, welcher einsah daß er diesem nicht gewachsen war, gab Befehl zum weiteren Rückzug.
Während die Infanterie
das Dorf Doknicza durchzog , blieb das hessische Chevaulegers-
*) Diese Unordnung ist für solchen Fall wohl eingeübte Ordnung der Kosacken.
392 das nur noch aus zwei Schwadronen (höchftens regiment 250 Pferden) bestand jenseits stehen und hatte Befehl sich en échélon zurückzuziehen , sobald jene das Dorf paſirt haben würde. Der Feind blieb ruhig beim Abzug des Chevaulegersregiments." „Kaum hatte aber die Spige des Regiments (erzählt Oberst v. Dalwigt en detail weiter) das Ende des Dorfes erreicht , als ich in meiner linken Flanke einen Zug Kosacken gewahrte. Ich ließ solchen sogleich durch das erste Peloton chargiren; er hielt aber die Charge nicht aus , sondern kehrte um und zerstreute sich en débande. Der Pelotons - Commandeur, Lieutenant Graf Ifenburg *) , folgte in vollem Jagen. Ich (der Oberst) folgte mit der ersten Schwadron ** ) zum Soutien. Da der Feind nicht mehr als eine einzige Schwadron vor sich und sonst nichts erblickte, was einem Rückhalt ähnlich sah, sich aber mit drei Schwadronen Dragoner, während ich durch Doknicza defilirte, links vom Dorfe durch ein Gehölz gedeckt, mir in der linken Flanke formirt hatte, so rückte er nun von der Stelle im Galopp gegen mich an ; da ich aber eben so schnell zurückging , so wurde er im Verfolgen nur um so higiger und es gelang mir , ihn in das Feuer eines französischen Infanteriebataillons zu locken , das sich an einem Buſch als Soutien aufgestellt hatte ; auch wurde er durch dasselbe so nachdrücklich empfangen, daß er schnell umkehrte und davon jagte. Mittlerweile war aber auch die feindliche Infanterie nachgerückt, welche nun mit der dieſſeitigen ein hartnäckiges Gefecht begann.
Da
indeſſen General Delaitre sah , daß damit nichts gefördert wurde, so suchte er den naheliegenden Wald zu erreichen, durch welchen dann dem Feinde wenigstens die Möglichkeit entzogen wurde , schnell zu verfolgen . Die Retraite der Arrieregarde ging nun ununterbrochen 14 Stunden fort bis Baturi, wo ein zweites und hißigeres Gefecht als bei Doknicza Statt_fand.“ 5.
„ Markgraf Wilhelm war
eben im Begriff mit der
*) Ein Jüngling im 16. Jahr , der die nöthige Besonnenheit noch nicht haben konnte und , wie dieß Nachrennen bewies , nicht hatte, wodurch er sich und ſeinen Trupp in große Gefahr und, wollte man ihn nicht aufgeben , seinen Obersten in große Verlegenheit brachte, ja selbst die ganze Arrieregarde. **) - Wohl weil ihn das Signal nicht zurückrufen konnte.
393 badischen Brigade von Baturi abzuziehen , als er die Meldung des Generals Delaitre empfing , daß er , vom Feinde hart gedrängt *) , zu ſchnellem Rückzuge gezwungen worden sei : weßhalb der Markgraf das badische 1. Infanterieregiment (Leibregiment) bei Baturi zurückließ und nur mit den übrigen drei Bataillons den Rückzug antrat ** ). Kurz hierauf erschien auch schon die Arrieregarde unter Delaitre bei Baturi , und zugleich mit ihr zeigten sich die nachrückenden Ruffen. General Delaitre stellte sich ungefähr 600-800 Schritte hinter dem Dorfe auf, während die Ruſſen Baturi beſeßten und sogleich Artillerie geUnter der Zeit gen die französische Arrieregarde aufführten. als General Delaitre seine Truppen ordnete, rückte das hier gelassene badische Leibregiment gegen die Ruſſen vor ; ein Bataillon löste sich in eine Plänklerlinie auf, während das 2. Bataillon links des Dorfes in Colonne stehen blieb .“ – „ Das Dorf Baturi liegt auf einer kleinen freien Hochebene , die sich gegen die Stellung des Generals Delaitre sanft hinneigte. Einige hundert Schritte jenseits des Dorfes gegen Doknicza hin ist die freie Hochebene durch einen dichten Wald begränzt, an deſſen Saum der russische General ſeine Truppen sehr vortheilhaft aufgestellt hatte , das bereits von ihm beſegte Dorf Baturi als Bollwerk vor der Front benugend. Auf der entgegengesezten Seite am Fuße der Hochebene, 600-800 Schritte von dem Dorfe entfernt , begränzt ebenfalls ein dichter Wald die freie Ebene, und da , wo die von Baturi herabkommende Straße in den Wald eintritt, bildet sie ein Defilee, biegt beinah in einem rechten Winkel links und zieht nun parallel mit dem linken Flügel der feindlichen Stellung nahe am Saum des Waldes *) Die Relation des Obersten von Dalwigk sagt: ,,Die Arrieregarde, zu schwach , den nachrückenden , weit überlegenen Feind , welcher viele leichte Truppen und reitende Artillerie bei ſich führte , mit Nachdruck zu empfangen , besonders da die Leute und Pferde durch Hunger und anhaltende beschwerliche Märsche abgemattet waren , wurde durch das badische Leibregiment verstärkt , welchem 3 Bataillons zum Soutien nachrücken mußten. Obgleich diese Truppen durch ebenso große Mühfeligkeiten gelitten hatten , so daß man kaum sehr ersprießliche Dienste von ihnen erwarten durfte , so griffen fie doch den Feind mit äußerster Entschloffenheit an 2c. 2c.“ ** ) Nach badischen Mittheilungen.
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in diesem hin." - ,,General Delaitre hatte die Infanterie der Arrieregarde rechts der Straße am Saum des Waldes aufgestellt. Das badische Leibregiment , das hessische Chevaulegersregiment und das bergische Lanciersregiment standen mit zwei reitenden Geschügen links der Straße auf einem ganz freien „Markgraf Wilhelm von Baden hatte indeſſen, Terrain." als er die mißliche Lage der Arrieregarde unter Delaitre erfuhr, den ihm befohlenen Marsch unterbrochen , die drei Bataillons, die er bei sich hatte , wieder umkehren lassen und hinter dem rechten Flügel der Infanterie (4 Bataillons ) der Arrieregarde Kurz nachher kam auch General Fournier mit zwei bergischen Infanteriebataillons und dem badischen
ſtaffelförmig aufgestellt.
und sächsischen Reiterregiment wieder zur Arrieregarde zurück *). Markgraf Wilhelm übernahm nun den Oberbefehl über die bis auf 9 (bez. 11 ) Bataillons und 2 (bez. 4) Reiterregimenter angewachsene Arrieregarde des 9. Armeecorps.
Da die ein-
zige Rückzugsstraße , welche dem Markgrafen blieb , sich vom linken Flügel seiner Stellung dicht hinter der Front seiner Truppen bis nach dem rechten Flügel hinzog , so mußte ein glücklicher Angriff der Russen gegen den rechten Flügel der französischen Arrieregarde den Rückzug derselben im höchsten Grad gefährden , weßhalb er, seine gefährliche Lage erkennend , sogleich den Befehl ertheilte , daß der linke Flügel ungesäumt den Rückzug antreten solle.
Die beiden auf diesem
Flügel stehenden Reiterregimenter mit den zwei reitenden Kanonen führten diesen Befehl im Trab in größter Ordnung aus, woraufdie Infanterie folgte ; doch in dem Augenblick, als leytere vom linken Flügel aus den Rückzug angetreten hatte, warfen sich die Russen mit Ungestüm auf den rechten Flügel der französischen Arrieregarde und drängten denselben in den Wald, bis auf die hinter ihm wegmarschirende Infanterie des linken Flügels zurück.
Sobald jedoch Markgraf Wilhelm den Erfolg
*) General Fournier scheint nicht in die Nähe von Baturi gekom. men , sondern nur zur Aufnahme der Arrieregarde vorgerückt geweſen zu sein. Er würde sonst auch als französischer Divisionsgeneral das Obercommando übernommen haben, --- wenn anders er schon sein Patent als solcher hatte.
395 des russischen Angriffs gewahr wurde , ſegte er sich selbst an die Spige des hinter dem rechten Flügel (en échélon) stehenden dritten badischen Infanterieregiments und drang im Sturmmarsch mit demselben in die linke Flanke der Russen , wodurch diese in ihrem Angriffe aufgehalten wurden. — Die geworfene Infanterie des rechten Flügels gewann hierdurch Zeit sich wieder zu ordnen und das Defilee zu durchziehen : was jedoch im feindlichen Gewehrfeuer geschehen mußte." „ Die Russen, durch die tapfere Gegenwehr abgeschreckt , beunruhigten den Rückzug nicht weiter und der Markgraf erreichte mit der Arrieregarde mit Einbruch der Nacht das Dorf Beszaury, woselbst das 9. Armeecorps (den 24. ) lagerte und sich das Hauptquartier des Marschalls Victor befand." - Der Verlust der Arrieregarde des 9. Armeecorps an diesem Tage war bedeutend ; indessen wurde die feindliche Avantgarde , die 6000 Mann stark sein mochte, lange genug durch sie zurückgehalten, um der Artillerie und dem Gepäck desselben volle Zeit zu geben , sich aus dem Walde herauszuziehen , worin sie steckten. LXXV. 10.)
( S. Fortſegung
Fünfundsiebenzigstes Kapitel. Die Tage vom 25. und 26. November. - Thun der französischen Hauptarmee und der Armeecorps von Oudinot und Victor (des 2. und 9.) ; leßteres übernimmt die Arrieregarde der Armee. - Brückenschlag über die Berefina bei Studienka. - Thun der Ruffen. Stärke der franzöfifchen und ruffiſchen Armee zu dieser Zeit. 1. Auf die verschiedenen Meldungen Dudinots am 24. November (f. LXXIII. 18. ) hatten die Bewegungen und Anordnungen Bezug die der Kaiser am 25. traf. Er ließ bereits um 1 Uhr Morgens durch den Adjutanten des Major - General, Flahaut, dem Marschall Oudinot folgende Antwort überbringen : ,,Durch Ihr Schreiben vom 24. um 5 Uhr Abends lassen Sie mich wissen , daß Sie Unterstügung nöthig zu haben glauben, um den Flußübergang zu bewerkstelligen. Der Herzog von Treviso (Mortier) wird heute bei guter Zeit mit zwei Divi-
396 fionen der Garde *) zu Boriſow sein. Der Herzog von Belluno (Victor) hat gestern , den 24. November , ein Treffen gehabt, was , nach der Kanonade zu schließen, einige Zeit zwischen Klopenitschi und Baran gedauert haben muß **) . Sie werden ohne Zweifel Böcke zum Mindesten für zwei oder drei Brücken haben vorrichten laſſen. Der General Eblé muß zu Borisow eingetroffen sein. Wenn Sie dieſe Nacht nicht übergegangen sind, so wird es unter den gegenwärtigen Umständen sehr dringlich heute überzugehen. " 2. Mit den Bewegungen und dem Verfahren des Marschalls Victor äußerte der Kaiser große Unzufriedenheit.
Der
Major- General ſchrieb ihm um 5 Uhr Morgens : „ Sie sagen in Ihrem Briefe vom 24. nichts von der ſtarken Kanonade, die gestern gegen halb 4 Uhr angefangen, noch daß man Infanterie gesehen hat ***)." Es hieß weiter : Ihre Hauptaufgabe ist, den General Wittgenstein an der Erreichung Oudinots zu hindern , und es war Ihnen immer aufgegeben worden rasch über Baran herzukommen, um die Straße nach Lepel abzuschneiden. Sie haben dieß nicht gethan , so daß General Steinheil sich schon mit Tormassows Heer vereinigt (f. S. 389 * ) und unſere Bewegung zum Uebergang über die Beresina aufgehalten hat, dessen schleunige Ausführung doch in unsrer dermaligen Lage so wichtig ist. Sie haben, sagen Sie , zwei Diviſionen , die ſich 15 Werfte von Kostriza befinden ; bewegen Sie sich mit denselben in aller Eile, so daß Sie bei guter Zeit zu Kostriga anlangen ; erkunden Sie Alles was von Kostriga bis nach Baran vorgeht ; greifen Sie nachdrücklich Alles an was Ihnen vorkömmt ; sehen Sie sich in Verbindung mit Oudinot , der zu Borisow ist, wohin auch der Kaiſer zu gehen im Begriff iſt.
*) Es dürften damit ohne Zweifel die beiden Divifionen de la jeune garde gemeint gewesen sein , deren Stärke sich aus jener der hessischen Brigade , die keine von den schwächsten war , entnehmen läßt (f. S. 405 ) . Die beiden Divisionen konnte der Marschall Oudinot nur zu 2 Bataillons , oder 15-1600 Mann , anschlagen. **) Es war das Arrieregarde- Gefecht bei Baturi (f. LXXIV. 4. ut. 5). ***) Die Kanonade hatte des Kaifers große Aufmerkſamkeit erregt, und da er daraus auf ein Treffen , ihrer Stärke nach, schließen mußte, so war er sehr ungeduldig , darüber nichts erfahren zu haben.
397 Es ist nöthig , daß Sie viele Offiziere abschicken um mehrmals des Tags von Ihrer Stellung Nachricht zu geben, und daß Sie in der Nacht vom 25. auf den 26. , auf den Brücken die so eben geschlagen werden , mit dem Herzog von Reggio, der Kaisergarde und Ihrem Armeecorps über die Beresina gehen können 2c.— Ihre Nachhut wird, da sie weiter entfernt iſt ,
fortfahren können die Armee zu decken , deren Nachhut heute von Bobr abgeht um auf Natſcha zu gehen und in forcirtem Marsch zur Brücke zu kommen , sobald diese zum Ueber-
gang offen ist. Wenn der General Fournier auf Truppen von geringerer Stärke ſtößt als er selbst , so soll er sie angreifen.“ 3. Der General en chef der ruſſiſchen Armeen , Kutuſow, hatte mit dem Hauptheer am 20. November Morgens Dobroë verlassen und war auf Nebenwegen , links der Hauptstraße, worauf das Heer Napoleons zog , über Romanow und Laniki (wo er am 21. eintraf und sinige Tage verweilte) nach Kopys am Dnjepr gegangen , wo er am 25. eintraf und folgenden Tags (den 26.) daselbst den Fluß passirte * ). Seine Avantgarde unter Miloradowitsch befand sich zu Staroselje. 4. „Der Admiral Tschitschagof hatte zur Vertheidigung der Beresina sein Armeecorps zersplittert : der eine Theil unter Tschaplig stand (zur Linken) bei Bril (Brilowa ?) , der zweite Theil unter Pahlen bei Borisow , der dritte unter Oruk bei Ucha , der vierte unter seinem eignen Befehl zu Szebaszewiezi, wo am Wenigsten zu besorgen war." Der Admiral soll durch einen Befehl Kutusows , den er am 25. erhielt, zu dieser Ausdehnung rechtshin bestimmt worden sein (ohne welchen solche ſich auch nicht erklären ließe) , nämlich : er solle fich Beresino nähern und besonders die Gegend um Pogost im Auge behal-
*) Okunieff sagt : ,,Als der Admiral (Tssitſchagof) am 19. November Borisow erreichte , ftand Wittgenstein zu Czasniki an der Ula, 14 deutsche Meilen davon , Napoleon zu Orscha. Als Leßterer diefe Stadt verließ , hatte er , die Corps von Oudinot und Victor mitgerechnet, nur 30,700 Streiter , dagegen hatte er unter Tschitſchagof 33,000 Russen vor sich , ebensoviele unter Kutuſow hinter sich und nicht viel weniger unter Wittgenstein auf der rechten Flanke ," -- also circa 100,000 Mann, ohne die Kosacken, gegen sich , felbft nach ruffiſchen Berichten.
398 ten , indem er (Kutusow) die Gewißheit erhalten habe, daß die französische Armee sich von Bobr auf Beresino dirigiren werde, um sich über Igumen auf Minsk zu bewegen“ * ) . Eine von Wittgenstein erhaltene Nachricht soll diese Weisung des Obergenerals bestätigt haben , auf die Tſchitſchagof nun nothwendig alle Rücksicht nehmen mußte. 5. Um 8 Uhr Morgens (den 25. ) stieg der Kaiser zu Pferd und begab sich nach Borisow. Unterwegs erhielt er oft Er stieg fünf Nachrichten , besonders von der Beresina her. Mal ab , wobei er dann, am Rande des Weges stehend, die Truppen und die verworrene Masse die ihnen folgte gewiß mit schmerzlichen Betrachtungen , besonders in solchem verhängEr ordnete an, nißvollen Augenblicke , vorüberziehen jah. erpedirte Befehle x . 2. Folgendes Schreiben ging um 2 Uhr Nachmittags, eine Wegstunde von Borisow, an Marschall Victor vom Major- General auf des Kaisers Befehl ab: 6. Ich erhalte Ihr Schreiben vom 25. um 10 Uhr Morgens.
Der Kaiser ist erstaunt, daß Sie die Nachhut , die die
Straße von Bobr nach Natscha deckte, weggezogen und die Straße von Lepel nach Borisow ganz verlassen haben. Da Sie nun einmal auf der Straße nach Loschniza sind , so ist dem nicht mehr abzuhelfen. Diese übermäßige Ueberfüllung (ce surcroit d'encombrement) wird Ihren Truppen großen Nachtheil bringen. Es ist übel , da Sie im Angesicht des Feindes waren, daß Sie ihn nicht tüchtig geschlagen haben (bien rossé **) ). Wenn er Ihnen gefolgt ist und Sie beunruhigt , so fallen Sie mit Ihrer Nachhut und einer Ihrer Divisionen auf ihn. Morgen vor Tag gehen Sie mit zwei Ihrer Divisionen ab, um in Bovisow und von da am Uebergangspunkt einzutreffen. - Es würde sehr gefährlich sein Ratulitschi in Gegenwart
*) Vielleicht ist ein von dem Major-General an einen Marschall oder Corps- Commandanten erlaſſener Befehl , worin (ähnlich jenem an Oudinot, f. LXXIII . 6. ) jenes Vorſaßes des Kaifers gedacht wurde, Kutusow in die Hände gefallen , oder ihm auch wohl durch einen Spion übermacht , oder, am Wahrscheinlichsten , als der Kaiser dieß Projekt aufgegeben hatte, als bestehend in die Hände gespielt worden. **) Der Kaifer hatte wohl gestern so etwas erwartet , als er die ftarke Kanonade hörte.
399 des Feindes zu räumen.
In diesem Fall müſſen Sie mit einer
der des Feindes gleichen Anzahl Diviſionen auf ihn zu schwenfen (faire volte-face) und ihn schlagen ; wenn Sie anders handelten, so würden Sie alle Corps bloßstellen (compromettre), die sich zu Krupki befinden (ſ. LXXIII . 17) .
Der Kaiſer ſieht,
daß der Feind Ihnen gute Gelegenheiten gegeben hat ihn zu schlagen, und daß Sie nie verstanden haben dieselben zu bes nugen * ). Ich wiederhole Ihnen den Befehl des Kaisers, der dahin geht, daß Sie den Feind angreifen sollen sobald Sie ihn zu Gesicht bekommen ; das ist von der größten Wichtigkeit, wenn er in der Stellung ist sich zwischen unsre Colonnen hineinzuschieben. Das Hauptquartier des Kaisers ist diesen Abend zu Borisow. Der Uebergang über den Fluß muß morgen (den 26.) früh bewerkstelligt werden." 7. Der Kaiser erreichte Borisow erst eine Stunde vor Nacht. Die Stadt war zum Theil abgebrannt. Er durchstrich fie sowie die Ufer der Beresina in der Nähe der Brücke und ließ sich dann in dem ersten Hause, welches man von Orſcha her antrifft, nieder. 8. „Die Division Laborde (der fungen Garde) war heute in ein schwaches Bataillon formirt ; unſere (die heſſiſche) Brigade hatte etwa 100 Feuergewehre , zu 4 vom Leibgarde- zu 4 vom Leibregiment. Wir marſchirten in vielem Gedränge bis auf etwa 3 Stunden von Borisow in ein großes Kirchdorf oder Flecken (ohne Zweifel Njemaniza) . Hier über die Brücke des Bachs durfte vorerst nur Artillerie , kein sonstiges Fuhrwerk, paſſiren ; hierauf die zum 2. Armeecorps gehörigen Truppen; endlich die Combattanten des unſrigen (nämlich der jungen Garde).
Ich mußte also , in dem Wagen des Obersten ein-
gekäfigt (f. S. 388. *) , halten , ebenso unsre Kriegskaffe 2c., und diesseits des Bachs oder Flüßchens übernachten , während unsere Truppen jenseits einen Biwack bezogen. In diesem verweilten solche dann bis 3 Uhr Nachmittags und marſchirten dann weiter nach Borisow. Sie kamen indessen wegen der noch
*) Der Kaiser nahm hierbei Steinheils Corps von jenem Wittgen, steins getrennt und jenseits der Berefina an ; beide waren aber dieſſeits vereinigt und dem Armeccorps Victors sehr überlegen.
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zu pasfirenden Brücken und dem daselbst entstehenden Gedränge erst um 10 Uhr Nachts in dieser Stadt an (bedurften also, um diese Wegstrecke von etwa 24 Stunden Wegs zurückzulegen, 7 Stunden , oder fast das Dreifache an Zeit , deren es sonst bedurft hätte). Das Corps von Dombrowski und das 2. Armeecorps waren bereits flußaufwärts nach dem Uebergangspunkt weiter marſchirt und ihr Gepäck im Nachziehen dahin. — Die junge Garde schlug ihren Biwack in der Stadt_auf*) . — Es gab heute wieder starken Frost." 9. Die Stellung des franzöſiſchen Heeres am 25. Abends war folgende : Napoleon befand sich zu Borisow , von wo er indeſſen um 10 Uhr sein Hauptquartier noch nach StaroiBorisow verlegte. Seine Garden befanden sich theils in Borisow, theils im Dorfe Staroi-Borisow. Dombrowski und das 2. Armeecorps marſchirten auf Studienka ; Marschall Ney mit den ihm untergebenen Truppen stand zwischen Loſchniza urd Njemaniza , ein Theil in legterem Dorf. Eugen mit dem 4.. Armeecorps in Natſcha ; Davouſt zwischen Natscha und Krupki. 10. Marschall Victor hatte eine Stellung mit einem , und wohl dem stärksten , Theile seines ( 9. ) Armeecorps (den 25.) bei Ratulitſchi genommen ( ſ. LXXIV . 5. ) ; ein andrer Theil (der an diesem Tage wohl vorangezogen war und wobei sich das großherzoglich hessische Chevaulegersregiment befand) war bis Loschniza gekommen und verbrachte bei dieſem Dorfe die Nacht **). (S. 6.).
*) ,,Wir andern ans Fuhrwerk Attaſchirten , die in Njemaniza verbleiben mußten , kamen in einem Hause , wennschon äußerst schlecht, unter ; für mich aber gingen 2 Wohlthaten daraus hervor : 1) konnte ich meinen , mir durch die Geschwulst meines Körpers ziemlich enge gewordenen Pelz in der faft zu heißen Stube ablegen , wodurch die Circulation des Blutes in den Armen freier und die Geschwulft der Hände etwas vermindert wurde ; 2) fand ich bei den Herren von der Kaſſe Lebensmittel genug , und sie waren ſo gütig mich miteffen zu laſſen, - keine Kleinigkeit für einen Mann der den ganzen Tag noch nichts genoffen hatte." Tagebuch. **) Auf keine andre Weise vermag ich die Anführung des Oberften von Dalwigk, daß das hessische Chevaulegersregiment die große Straße am Abend berührt habe , mit der Anführung Chambrays und Anderer zu vereinigen, daß Marschall Victor zu Ratulitschi Stellung genommen
401 11. General Wittgenstein war mit dem Haupttheile ſeiner Armee dem Armeecorps des Marschalls Victor nicht gefolgt (f. LXXIV. 4. und 5.) , sondern bei Baran , als wenn er ungewiß sei was weiter beginnen , stehen geblieben. Er hatte demſelben am 25. nur das Corps von 6000 Mann nachgeschickt, welches gestern mit der Arrieregarde des 9. Armeecorps engagirt gewesen war , ohne daß es jedoch heute zwischen denselben zu einem Gefecht kam , da Victor , um dieß zu vermeiden (oder aus andern Gründen) , sich schon Morgens um 2 Uhr in Marsch gesezt hatte. 12. Die Generale Eblé und Chaffeloup waren den 25. um ― 5 Uhr Morgens zu Borisow eingetroffen und um Mittag nachdem sie so viel Material und Mannschaft zurückgelaſſen hatten als nöthig war , um den seit zwei Tagen gemachten Demonstrationen * ) mehr Leben und Wahrscheinlichkeit zu geben — nach Studienka gegangen, wo sie um 5 Uhr Abends anlangten. Sie sollten hier das zur Schlagung einer Brücke nöthige Material vorfinden , und fanden nur ungefähr 20 Böcke und zwar von zu schwachem Holze zu Stande gebracht , so daß man sich ihrer gar nicht bedienen konnte. (,,Die Arbeit war einem Oberften der Artillerie des 2. Armeecorps aufgetragen gewesen.") Beide Generale vereinigten nun ihre Mittel und ließen sofort ihre Leute mit größter Thätigkeit an der Zubereitung des MaDer Befehl Napoleons , der terials zu 2 Brücken arbeiten. des Brückenmaterials Zubereitung bei Verzögerung von der nichts wußte , um 10 Uhr den Brückenbau zu beginnen , war unausführbar geworden **).
habe. Victor hatte nämlich beim heutigen Marsche fich auch vorwärts aufzuklären und die Colonne auf der linken Flanke zu decken , außer der Rückendeckung durch die Nachhut, - und so mag die Cavalerie des Armeecorps getheilt und der Vorhut selbst eine Infanteriediviſion beigegeben gewesen sein. *) --- Nämlich bei der Stadt Borisow selbst , bei Ukolada und auf einem Punkte Stachow gegenüber. **) Der Kaiser muß dieß entweder erft bei feiner Ankunft zu Studienka , oder ganz kurz vor seiner Abreise zu Alt- Borisow in Erfahrung gebracht haben; denn von leßterem Ort aus schrieb er noch an den Vicekönig : In diesem Augenblick schlagen wir Brücken 2c." (Man Röder, Kriegszug. 26
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13. Nach einer Raft von einigen Stunden marſchirte (den 26.) die Garde in der Nacht (die junge Garde brach um ein Uhr auf) weiter nach Studienka. Der Kaiser langte um 7 Uhr Morgens daselbst an. - Zwei Wege führen von Borisow nach Studienka (f. Plan IX.) ; der eine ist die Straße nach Weselowo , welche rechts an Studienka , ebenso an Alt - Borisow, vorbeizieht.
Auf dieser Straße , die rechts des Abhanges der
Hügel bleibt , welche an der Beresina hinaufziehen , dürften es von Boriſow bis Studienka 20 Werfte sein. Ein anderer Weg, der links des Abhanges jener Hügel zieht , Alt-Borisow zur Rechten läßt und Anfangs dem Flusse ziemlich nahe ist , führt direct nach Studienka, wohin es auf diesem Wege von Boriſow 16 Werste oder 4 Stunden ſein mag . Leßteren nahm die junge Garde und mit ihr die hessische Brigade , wenigstens ging ſie darauf bis Alt-Boriſow *). 14. Das auf dem westlichen Hang eines Hügels , welcher sich längs der Beresina hinzieht und im Süden bewaldet ist, gelegene Dorf Studienka ist etwa 180 Schritte (60 Toiſen) vom Flusse entfernt. Das Terrain vom Dorfe bis zum Fluß war fester Boden, aber jenseits der Beresina kam man in tiefen
übereilte sich also nicht mit der Meldung eines so wesentlichen Umftandes, wohl aus Schonung für den damit beauftragt geweſenen Oberften.) *) Durch mein Forschen habe ich wenigstens zu nicht mehr Ge= wißheit kommen können , als zu der oben angeführten. Gourgaud aber behauptet Ersleres , und er konnte es wissen. In den Erzählungen meiner Offiziere und Unteroffiziere lautete es übereinstimmend : ,,Wir marſchirten von Boriſow bis zu einem Dorf, wohl 1½ Stunde und hielten da eine Weile (also wohl Alt-Borisow ; doch könnte es auch Bidze gewesen sein) ; dann marſchirten wir wieder bis zu einem Dorfe, wo wir blieben. " Ich war sehr geneigt zu glauben , daß unsre Truppen denselben Weg gekommen feien , den ich selbst mit des Obersten Droschke nahm , nämlich den directen bis Alt-Borisow und zwar jenen von den beiden die am Fluß hinaufgehen , der auf der Höhe bleibt, dann nicht ferner gerade aus über die Mühle, da es hier eine undurchdringliche Wagenstockung gab , sondern rechtshin durch Alt-Borisow auf die nach Weselowo führende Hauptstraße , von welcher man sofort nach etwa 2 Stunden aus dem Wald auf einen freien Hügel gekommen links nach Studienka ablenkt. Auf diesem Wege begegnete ich auch mehreren Leuten der jungen Garde, selbst der heffiſchen Brigade , die nachhinkten.
403 Moraft, jezt glücklicherweise durch den Frost auch fest, den die Anhöhe, worauf Studienka liegt, beherrscht ; weiterhin ſteigt das Terrain westwärts allmählich und breitet sich in einer Entfernung von etwa 1000 Schritten (350 Toisen) zu einer Position aus, die der Feind mit Vortheil benugen konnte um Batterieen aufzustellen , wenn er sich dem Brückenbau widersehen wollte ; ſeine Stärke konnte er in der oben beginnenden Waldung verborgen halten. Etwas weiterhin , unweit des östlichen Nandes des Plateaus oben , in einer Entfernung von 700 Toisen = 2100 Schritten vom Fluß, zieht die von Borisow über Stachow kommende Straße (welche in jene führt ,
die von Weselowo
nach Zembin geht und die kleine Wilnaer Straße genannt wurde). Zahlreiche Biwackfeuer hatten während der Nacht vom 25. auf den 26. auf jener für Batterieen so vortheilhaften Stelle gebrannt ; man mußte folglich auf lebhaften Widerstand, und auf eine Erzwingung des Ueberganges, wozu der Kaiser wohl 100 Geſchüze (zunächst vom 2. Armeecorps und von der --Garde) zusammenbringen und in Batterieen auffahren ließ, gefaßt sein. 15. Um 8 Uhr Morgens (den 26. ) ging eine Schwadron Polen von der leichten Cavalericbrigade Corbineau , vor ihnen her einige Tirailleurs, zuerst aufs rechte Ufer über ; jeder Reiter hatte hierbei
einen Voltigeur hinter sich
auf dem Pferde.
Bald folgte ein Theil der Brigade der Schwadron nach und stellte sich auf dem rechten Ufer in Schlachtordnung , um die Kosacken welche sich blicken ließen entfernt zu halten und die Arbeiter an den Brücken gegen Beunruhigung zu schüßen. Auch begann man zu gleicher Zeit mittels einiger Flöße *), deren jedes 10 Mann trug, nach und nach 400 Mann Infanterie überzusehen , um das Buſchwerk zu reinigen und die Koſacken daraus zu verjagen ; endlich schickte der Kaiſer ſeinen Ordonnanzoffizier Gourgaud hinüber , um zu prüfen ob der Moraft durch den Frost fest genug geworden sei , Artillerie zu tragen , so daß man nicht nöthig habe , durch Faschinen für ſie einen Weg zu machen : was glücklicherweise der Fall war. Der
*) Chambray fagt 2 , Gourgaud 3 Flöße. Es werden erft 2 Flöße gewesen und dann noch ein drittes hinzugekommen sein. 26*
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Feind leistete , fast unbegreiflich , gar keinen Widerstand . Nur zwei Geſchüße brachen einen Moment links des Ueberganges aus dem Walde hervor, thaten aber nur zwei Schüffe und zogen sich , als das Feuer des franzöſiſchen Geſchüßes auf ſie ſogleich gerichtet wurde , aufs Eilfertigste wieder zurück. Die Kosacken wurden durch die Tirailleurs völlig vertrieben. 16.
Der Kaiser hatte die Verfertigung von drei Brücken
befohlen, zwei durch die Artillerie und eine durch die Sapeurs. Man hatte indessen den Fluß breiter gefunden als man vermuthete (nämlich nicht 40 , sondern 54 Toisen) , auch tiefer (nämlich bis 6 Fuß) ; sein Bett war dabei sumpfig und ungleich , ſein Lauf träge ; er trieb Eisschollen. Die zu überwältigenden Schwierigkeiten waren alſo (nur nicht was den Feind betraf) überall größer als man gerechnet hatte. General Chaſseloup vom Geniecorps erklärte , die dritte Brücke nicht zu Stande bringen zu können und übergab dem General Eblé von der Artillerie seine Sapeurs nebst den bereits von ihnen verfertigten Böcken zum Baue seiner zwei Brücken. Diese lagen vor Studienka ungefähr 300 Schritte auseinander. Die obere war nur für Infanterie und Cavalerie beſtimmt , die untere, breiter und fester erbaute , sollte auch der Artillerie und dem Fuhrwerk zum Uebergange dienen. 17. Als man Morgens 8 Uhr das Schlagen der Brücken begann *) zählte das Heer Napoleons, welches übergehen ſollte, einſchließlich des 2. und 9. Armeecorps , nur noch ungefähr
*) ,,Durch Einreißung der aus runden Tannenstämmen gefertigten Häuser von Studienka verschaffte man sich aufs Kürzeste die nöthigen Holzftücke zu Böcken 2c. Da es an Kähnen fehlte , so erſeßte man fie durch 2 Flöße , die nur von geringer Größe waren , weil das vorhan, dene Holz es nicht anders zuließ ; fie dienten zuerst dazu , Infanterie aufs jenseitige Ufer zu bringen , dann zum Bau der Brücken. - Die Höhe der Böcke war zwischen 3 und 9 Fuß und zu jeder Brücke bedurfte man 23. Man hatte nicht Zeit , das dazu und zu Streckbalken verwendete Holz zu beschlagen. Statt der Belege-Bohlen behalf man fich bei der Brücke fürs Fuhrwerk mit - - ? Zoll langen Knüppeln und bei der für Fußgänger mit einer dreifachen Lage von einigen Linien dicken , gewöhnlichen hölzernen Dachziegeln (oder Schindeln) die von den Häusern genommen worden waren ; auch wurde die Deckung mit Flachs oder Heu belegt , was oft erneut werden mußte. “
405
von Chambray entworfenen Verzeichniß , nach Erkundigungen beruht *) .
Artillerie N . eben u corps nicht find einbegriffen Isolirte waren mehr Combattanten als .vorhanden
29,700 Combattanten, worunter 4000 Reiter, nach folgendem das auf Schäßung
Bezeichnung d. Armcecorps.
Commandirende.
Infanterie der alten Garde Infanterie der jungen Garde Cavalerie der Garde 1. Armeecorps 2. Armeecorps, die Divifion , Dombrowski u. Besaßung von Minsk mitgerechnet, 3. u. 5. Armeecorps, die Division Claparede (f. 22. ) u . die Besaßung von Mohilew 4. Armeecorps 8. Armeccorps und die unberittene als Infanterie organifirte Reiterei ***) 9. Armeecorps Die 4 Corps der ReserveCavalerie Gen.
Marschall Lefèbvre. Marschall Mortier. Marsch. Bessières. Marschall Davouft.
3,500 1,500 **)
Marschall Oudinot.
5,600
1400
Marschall Ney.
2,700
300
Vicekönig Eugen.
1,200
Infant.
1400 1,200
Colonel-General Jünot. Marschall Victor.
10,000
Latour-Maubourg.
-
25,700. 18.
Die
Caval.
Brücke rechts ,
800
100 +) 4000.
oder die obere, wurde nach
fünf Stunden , Nachmittags um ein Uhr , fertig. Napoleon, dem die Arbeiter für seine Ungeduld zu langsam vorschrit-
*) ,,Napoleon ließ sich zu dieser Zeit keine Tagesliften mehr einreichen ; man hätte , die alte Garde etwa ausgenommen, auch nur noch den Stand schäßen können.“ **) ,,Was wir (Heſſen) der Zeit noch an Combattanten haben mochten, Offiziere, Unteroffiziere und Spielleute eingeschlossen, nicht zu vergeſſen die 8 oder 10 Feuergewehre bei der Kaffe , belief sich sicher nicht über 150 Mann." Tagebuch. ***) ,,Das westphälische Armeecorps und die demontirte Reiterei war zu dieser Zeit bereits völlig aufgelöst, “ so hatte ich es notirt ; und Chambray gibt es so an. [Ebenso Loßberg, jedoch mit der Einſchränkung, daß noch gegen 60 Reiter von der westphälischen leichten Cavalerie und faft ebenso viele Offiziere unter General von Hammerstein die Berefina überschritten hätten. Zusaß d. Herausg.] +) Hierunter befanden sich (nach Chambray) 80 fächsische Cüraffiere (dieſe mußten also von Allen die Wartung ihrer Pferde fich am Meißten haben angelegen sein laſſen).
406 ten *) , hatte die Arbeit , so lange sie im Gange war , nicht verlassen und ließ nun sofort das Corps von Dudinot übergehen , das in bester Ordnung vorbeimarſchirte und viel Eifer bezeigte. Die leichte Reiterbrigade Caster kam zuerst ; ihr folgte die Infanteriebrigade Albert, dann der Rest der Division Legrand u. s. w. , zulegt die Cüraſſierdiviſion Doumerc ; auch gelang es, obgleich die Brücke kaum breit genug war Artillerie durchzubringen , zwei Geſchüge mit ihren Munitions- und noch einige Infanterie - Munitionswagen hinüberzuſchaffen. - Soz bald Oudinot das rechte Ufer erreicht hatte , marſchirte er (linkshin) gegen die Russen und trieb sie über Brilowa hinaus. Sie thaten Anfangs wenig Widerstand , zogen aber Verstärkung an sich und hielten sich zulegt jenseits Stachow. Diesseits nahm Oudinot Stellung hinter dem Bach.
Alle Vortheile des
Terrains waren für ihn , um sich mit Wenigen gegen Viele zu vertheidigen. Er vermochte die Ruffen zu umfaſſen wenn fie aus dem Wald-Defilee von Borisow her debouschiren wollten, und an eine Umgehung von ihrer Seite war wegen des weit hinauf westlich ziehenden ſumpfigen Thales der Brodnía (ſ.den Plan) nicht zu denken. Oudinot schickte gleichfalls ein Detaschement, wennschon von geringer Stärke , auf Zembin , um die Nebergänge über die noch nicht stark gefrornen Sümpfe der Gaina zu gewinnen. Nichts war wichtiger als die Eröffnung und Beſegung dieser Straße , die einen engen Durchgang durch das erwähnte moraſtige und theilweise bebuschte Terrain von mehr als einer Stunde Wegs gewährte , der noch dazu über drei Brücken führte, die zusammen 300 Toisen oder 900 Schritt Länge haben mochten und 100 Toisen auseinander lagen. Glück*) Die Anstrengungen der Pontonniers waren indeffen faft übermenschlich ; auch versprach nachher Napoleon Allen das Ehrenkreuz. „ Nie ,“ ſagt Chambray,,,wird das Andenken an ihren hingebungsvollen Eifer erlöschen, es wird ſolange leben als das an den Uebergang über die Berefina." Entkräftet burch Mangel an nahrhaften Speisen und Drang. fale aller Art, ermangelnd eines Schlucks Branntwein, ſah man fie bei dieser Kälte oft bis an die Brust ins Wasser gehen. Sie gaben sich faßt einem gewissen Tode preis und opferten fich zur Rettung des Heeres,,,mais seulement par l'honneur et par le sentiment de leur devoir ," feßt Gourgaud hinzu (auch arbeiteten fie unter den Augen des Kaisers !) .
407 licherweise hatte der Feind diese äußerst starke Stellung nicht besegt, nicht einmal die Brücken zerstört, wodurch dem französi= schen Heere die Straße nach Wilna versperrt und es wieder in eine arge und noch weit größere Verlegenheit versezt worden wäre , als die war , worin es sich kaum noch befunden hatte. ― Es hätte wieder über die Beresina zurück gemußt ! Man fand nur einige Kosacken in Zembin , die sich rasch zurückzogen. 19. Nach 8 Stunden oder um 4 Uhr Nachmittags wurde die fürs Fuhrwerk bestimmte (untere) Brücke zur Linken fertig *).
*) ,,Zu dieser Zeit kam ich heute erst in den Biwack unsrer Truppen und sah den Zug und die zum Zug sich bereit haltende Artillerie, die, da fie gegen all' mein Vermuthen noch so sehr stark war, uns jedenfalls Raum zum Uebergange über den Fluß gemacht haben würde.“ Ich war um 3 Uhr Morgens zum Aufbruche mit des Obersten Droschke bereit , um über die vielen Brücken des vorliegenden Weges zu kommen , bevor sich wieder die ganze verworrene Masse in Bewegung seßte ; es war mir indeffen unmöglich , das schläfrige Commissariatspersonal, das ich nebst der Kaffe auch mit durchbringen wollte , noch auch nur die Soldaten , die ihm attaſchirt waren oder sich angeschlossen hatten, auf die Beine zu bringen ; meine Gründe, Vorstellungen, Donnerwetter verhallten ohne Wirkung. Nur noch ein Stündchen wollte man schlaWäre mir nicht fen , dann nur noch das Kaffeechen kochen u. f. w. allzuviel an den Soldaten gelegen gewesen , die sich fest an die Commiffariatswagen geflammert hatten , worin fie einen Schaß von Lebensmitteln wußten oder vermutheten , so hätte ich Kaffe und Personal der göttlichen Vorsehung empfohlen und wäre abgereift ; es wäre auch ziemlich einerlei gewesen , ob sie heute oder morgen oder auch gar nicht kamen; aber 10 Feuergewehre waren zu wichtig ; ich durfte fie uns in so critischem Moment , wo fie Bataillon ausmachten , nicht abgehen lassen und noch dazu Leute die gegeffen und unter Dach geschlafen hatten, also wohl waren. -- Um 5 Uhr endlich kam ich mit ihnen vom Fleck ; aber nun waren auch schon die meisten Fuhrwerke der Maſſe im Gang. Es blieb mir nichts übrig als mich rasch zum (kranken) General zu avanciren ; und doch kam ich erst nach 4 Stunden Wartens und unsäglichen Anftrengungen des Kutschers und der Soldaten über die lange Brücke des Sumpfs und Sees von Borisow und die zwei folgenden kurzen Brücken über Sumpfbäche dafelbft 2c.“ - „ Um 9 Uhr begann ein Gefecht oberhalb am Fluß , das bald in ein starkes Tirailliren mit untermischten Kanonschüssen überging und Nachmittags heftig wurde ; da es aber den Fluß herab kam , so schloß ich daraus , daß wir jenseits ſcien und den Feind zurücktrieben. Um 3 Uhr etwa mochte es am Stärkßten sein. Es ließ dann mehr und mehr nach und verlief, wie es angefan-
408 Die Artillerie des 2. Armeecorps ging augenblicklich über , die der Garde folgte auf sie , dann begann der große Park den Uebergang , der unter Befehl des Generals Nègre aus 50 Geschügen und 250 Wagen bestand . — Der Frost hatte den Morast, den man gleich hinter der Brücke betrat , fest genug gemacht das Geſchüß zu tragen ; doch zitterte er unter demſelben und brach auch an einigen Stellen durch , ſo daß ſowohl hierdurch als durch den Bruch der Brücke * ) der Uebergang des Fuhrwesens sehr erschwert und verzögert wurde ; - auch war der erwähnte große Park erst am 27. gegen Mittag ganz durch. 20. Der geringe Widerstand , den Tschitschagof dem Uebergang des französischen Heeres bei Studienka entgegenſegte, obgleich dieser langsam , bei hellem Tage und an einer Stelle
der Beresina bewirkt wurde , in deren Gegend er vermuthen mußte daß solcher Statt finden werde , lag an dem LXXV. 4. berührten Umstande , - und wenn er durch eine Kriegslist veranlaßt war , so hat nie eine solche vollkommner ihre Abficht Noch bevor der in der Gegend stehende General erreicht.
gen , mit einzelnen Schüssen , die man noch bis 8 Uhr Abends hörte. Der Gang und das Geknall erinnerte mich aufs Lebhaftefte an das Treffen auf dem Schorlenberg (20. September 1794) , mit dem es viel Aehnlichkeit hatte , – und ließ mich zugleich den traurigen Contraft fühlen zwischen damals , wo ich in der ganzen Kraft meiner Jugend, mit eisernem Körper , jubelnd der bevorstehenden Schlacht entgegenſah, und feßt, wo ich, meine Seele tief niedergedrückt, mein ganzer Körper aus Kraftlosigkeit geschwollen , dieser Schlacht als dem endlichen Ziele dieser Anstrengungen und Leiden entgegenſah 2c.“ Tagebuch. *) ,,Gegen 8½ Uhr kam die Hiobspoft zu uns (dem Biwack der jungen Garde) : die Brücke ſei gebrochen“ (Tagebuch). Chambray ſagt : fie brach das erste Mal um 8 Uhr Abends den 26. , das zweite Mal um 2 Uhr Morgens den 27. Gourgaud drückt sich folgendermaßen aus : ,,Plusieurs fois les chevalets de ce pont , s'enfonçant dans la vase de la rivière , causèrent des interruptions de passage et exigèrent des réparations ; mais les braves pontonniers , stimulés par la présence de l'Empereur et encouragés par le général Eblé et par leurs officiers (M. M. Chapelle , Chapuis , Peyherimoff, Zabern , Delarue etc.) surmontèrent tous les obstacles . Plongés dans l'eau glacée jusqu'aux épaules ils travaillèrent sans rélâche à réparer et à entretenir les ponts : dévouement heroïque et presque au dessus des forces de l'humanité !
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Tſchaplig , welcher Befehl erhalten hatte flußabwärts zu ziehen , aufbrach , meldete er an Tschitschagof, daß der Feind unzweifelhaft * ) den Uebergang bei Studienka versuchen würde ; dennoch wiederholte dieser nur seinen Befehl : worauf denn fast alle vor Studienka stehenden Truppen in der Nacht vom 25. auf den 26. nach Boriſow abzogen.
Jenem Dorfe
gegenüber und zu Brilowa blieben nur etwas Infanterie, ein Husarenregiment, einige Kosacken und 12 Geſchüge zurück. Der Befehlshaber dieser legteren ſegte sie indessen nicht einmal gegen die Brückenarbeiten in Thätigkeit , wie aus dem bereits Gesagten (f. 15.) hervorgeht. 21. Während die Corps , welche den Marsch der Armee eröffneten , über die Beresina gingen, beeilten sich die folgenden heranzukommen. Marschall Victor erreichte am 26. Morgens die große Straße in Loſchniza, ließ hier, da er Befehl erhalten hatte die Arrieregarde des Heeres zu machen , die Diviſion Partonneaur und die Cavaleriedivision Fournier (wobei das hessische Chevaulegersregiment) stehen und marſchirte mit seinen beiden andern Divisionen ( Girard und Daendels) nach Borisow, das er besezte.
Hier fuhr er fort lebhaft Angriffs-
(bez. Uebergangs-) Demonstrationen zu machen, die schon Tags vorher begonnen hatten , um die Aufmerkſamkeit des Feindes noch immer auf dieſen Punkt zu heften , wo man deshalb auch die Beresinabrücke unzerstört gelassen hatte , soweit sie von den ihrer ganzen also Russen nicht abgebrochen worden war, in Erwurden Die Soldaten des 9. Armeecorps Länge. staunen und Schrecken gesezt , als sie den erbarmungswürdigen Zuſtand erblickten , zu welchem die große Armee herabgeſunken war **) ; dieß wirkte so, daß am Tage nach dem Zuſammentreffen
*) Als ganz unzweifelhaft ließ sich die Sache doch nicht melden ; aber es war die stärkste Vermuthung dafür , daß es mehr war als ftarke Demonstration was man erblickte. **) Oberft von Dalwigk sagt : „ Hier sahen wir zum ersten Mal die große Armee auf ihrem Rückzuge. Der Zustand in dem sie sich befand erregte in uns Allen ein Gefühl von Mitleid und Verwunderung. Wir fahen hier die Sieger von Smolensk, Moszaisk 2c. ohne Ordnung, halb in Lumpen gehült , erschöpft von Hunger und Strapaßen 2c. nicht ahnend , daß das Garde-Chevaulegersregiment, jezt noch so reg-
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und ehe noch eines von den Uebeln , die daraus hervorgehen konnten , eingetreten war , schon eine Menge Soldaten , vom Beispiel angesteckt und der Angst überwältigt, ihre Fahnen verlaſſen hatten *) . 22. Marschall Ney mit den ihm untergebenen Truppen langte den 26. Nachmittags in Studienka an. Er erhielt von dem Kaiser Befehl in der Nacht über den Fluß zu gehen, sich hinter Oudinot aufzustellen und ihn zu unterſtügen , wenn er angegriffen werden sollte. Die Division Claparede wurde noch weiter unter seine Befehle gestellt und sollte den 27. Vormittags zu ihm stoßen. 23. Eugen mit dem 4. Armeecorps blieb diesen Tag (den 26.) in Njemaniza ; Davoust mit dem 1. erreichte am Abend Loschniza. Er hörte hier auf, die Arrieregarde des Heeres zu bilden , die nun die Diviſion Partonneaur mit der Cavalerie des 9. Armeecorps (s. 21. ) übernahm. 24.
Unser Biwack (nämlich der Biwack der jungen Garde,
die schon mit dem Tage nach Studienka gekommen war, ſ. 13.) befand sich oftwärts des größtentheils niedergeriſſenen Dorfes, etwas mehr auf dem Plateau des Hügels ; zur Rechten und rechts vorwärts war Wald, und uns zunächst Birkenwald. Des Kaisers Wohnung und die alte Garde , die bei ihr lagerte, Hier gab es herrliche Biwackfeuer, da an waren uns links. trocknenem Holz Ueberfluß war ,
und der Soldat hatte von
fam und kräftig gegen jene , einige Tage später ebenso herunter sein und gleiches Schicksal haben werde." *) Chambray sagt : „ Es war keineswegs die Kälte allein, welche die Moskauer Armee aufgerieben und desorganifirt hat , da das 9. und 2. Armeecorps dieselbe Kälte auszuhalten hatten und doch vollkommen in Ordnung geblieben waren. Die trockene , aber doch leidliche Kälte von Moskau an bis zum Erscheinen des ersten Schnees war eher vortheilhaft als nachtheilig. Die hauptsächlichsten Ursachen waren : erst der Hunger , dann die ununterbrochenen Märsche und Biwacks , zuleßt die Kälte als sie streng und feucht wurde ,“ — dabei, feße ich hinzu , die absolute Vernachlässigung der Mittel , um bei der Kälte biwadiren zu können ( in Bereitung von in die Erde gesenkten Feuerheerden (f. S. 272 * ) und Mitführung der dazu erforderlichen Handwerkszeuge 2c.), endlich der Mangel an kleinen Kochgefäßen , worin der Soldat sich wenigstens eine Pferdebouillon hätte bereiten können. (Vergl. S. 323 , 352 * und 411.)
411 Borisow Fleisch und Mehl mitgebracht ; aber im ganzen Regiment gab es kein Kochgefäß mehr ; die Kesselkarren waren verloren , einzelne Menagekessel der Corporalſchaften , die die Soldaten noch eine Weile trugen , wegen ihrer allzugroßen Bürde weggeworfen *) , die irdenen Gefäßchen , die die Soldaten zu ihrem dringenden Bedarf da oder dort mitgehen hießen, waren zerbrochen. Es war ein Jammer, wie man nach Suppe seufzte ; man hatte jegt alle Ingredienzen und konnte sie nicht bereiten. Viele Soldaten können das auf Kohlen gebratene zähe Fleisch meist alter und halb verbungert geweſener Thiere nicht mehr. verdauen, und fast noch weniger die aus dem Mehl fabrizirten sogenannten Aschkuchen . Eine Suppe daraus bereitet, würde zur Nährung und Stärkung gedient haben.
In dem
Zuſtand , worin man sie jezt genießen mußte , brachten sie den schon so geschwächten Leuten den Tod ** ). (In eines irdenen Krugs , den einer der Soldaten meiner Compagnie in Borisow aufgefunden und mühsam bis hierher gebracht hatte, kochte man den ganzen Tag Einer nach dem Andern und dann wieder ebenso die Nacht hindurch ; — an mich kam die Reihe erst nach Mitternacht, als nur noch } des Gefäßes übrig war.)“
25. Der russische General Graf Wittgenstein , welcher heute (den 26.) Morgens schon bei Studienka hätte eintreffen und die zum Uebergang versammelten Truppen hätte angreifen können, wie Napoleon auch wohl vermuthen mochte, hielt sich, ſtatt rechts,
*) ,,In meiner Compagnie trug noch zuleßt einen solchen Keſſel ein Unteroffizier , brachte ihn , da er zu matt wurde, aber auch nicht weiter als Borisow , wo er beim Aufbruch in der Nacht blieb, da ihn Niemand weiter aufhucken wollte ; auch mein eignes kleines Blechgefäß , das ich den Offizieren geliehen hatte , war da , wie man mir ſagte, gestohlen worden." Tagebuch. **) ,,Man gab dem Soldaten so manches Unnöthige, und das so Wesentliche : ein kleines Kochgeschirr von Blech, das ihm auch als Waſſerflasche 2c. hätte dienen können, ließ man ihm fehlen ! und doch sind wir alte Krieger , und die Oberen mußten von feher den Drang geschen haben, den jeder Soldat hatte, ein Kochtöpfchen mitzuführen . Ich hätte heute gern 1000 Thaler um das Stofblech (Halbmaßblech) gegeben, das ſeit einiger Zeit mir mein Blechtöpfchen erſeßte und jezt durch die Nachlässigkeit Andrer mir verloren gegangen war. Ich gehöre zu denen die nichts mehr verdauen können als Brühe und Breiartiges." Ebenda.
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links der Ska und traf Abends zu Kostriga ein. Hier befand er sich in ungefähr gleicher Entfernung von Studienka wie Marschall Victor zu Borisow , und näher als die noch hinter dieser Stadt befindlichen Corps der französischen Armee. Legtere konnten folglich sämmtlich abgeschnitten werden wenn nur Wittgenstein wenigstens
rasch auf Staroi- (Alt-) Borisow vor-
ging , falls er , wie es schien , allzugroßes Bedenken trug zu Studienka mit dem Hauptheertheile unter Napoleon ſelbſt anzubinden.
Sechsundsiebenzigstes Kapitel.
Die Tage vom 27. bis 29. November . - Uebergang des Kaisers und der Garden 2c. über die Berefina . - Schlacht auf beiden Ufern des Flusses (bez. Treffen bei Stachow am rechten Ufer und entscheidender Sieg über Tschitschagof ; und Treffen bei Studienka am linken Ufer und glorreiche Behauptung der Position). 1. Marschall Victor marſchirte Morgens den 27. um 4 Uhr aus Boriſow mit den Diviſionen Girard und Daendels und der Reiterbrigade Laroche (aus dem großherzoglich badischen Husaren- und großherzoglich hessischen Chevaulegersregiment bestehend) , mit welcher der Divisionsgeneral Fournier ging, nach Alt - Borisow; wo er mehrere Stunden verweilte , dann seinen Marsch nach Studienka fortsegte und hier nach Mittag eintraf. Die Division Partonneaur nebst der Reiterbrigade Delaitre (aus dem königlich sächsischen Chevaulegersregiment und dem großherzoglich bergischen Lanciersregiment beſtehend) hatte Befehl in Borisow stehen zu bleiben und erst mit Einbruch der Nacht die Stadt zu räumen.
Diese Division, Arriere-
garde des Heeres , traf Mittags zu Borisow ein und ließ ein Bataillon an der Brücke über die Ska stehen , um sie zu erhalten bis Alles , was vom Heer noch an Nachzüglern zurück war , fie passirt habe. 2. Das 4. und 1. Armeecorps kam im Laufe des Tages Der Vicekönig war schon Morvom 27. bei Studienka an. gens beim Kaiser und mußte seinem Corps vorangegangen sein. 3. Napoleon beschäftigte sich persönlich damit , die immer wieder bei den Brücken zerstörte Ordnung herzustellen. Entfernte
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marincicm
er sich , so traten Berthier , Murat , Lauriston an seine Stelle ; eine Maßregel , die hauptsächlich dann nüglich war wenn der Uebergang den iſolirten Militärs offen stand , welche kein Befehl in Ordnung zu halten vermochte; ſo daß man bei ihnen fast immer Gewalt anwenden mußte. 4. Um 1 Uhr Nachmittags stieg Napoleon zu Pferd, ging über die Beresina *) und nahm sein Hauptquartier in Zaniwki (das aber , nach Blesson , Koszuki hieß) , einem Weiler oder Dörflein im Walde , nahe an der Straße nach Boriſow, eine Stunde Wegs rechts oder oberhalb der Brücken. Die alte Garde, welche sogleich hinter dem Kaiser über die Brücke gegangen war und die er sowie die junge defiliren ſah, ging sogleich dahin rechts ab und stellte sich dann beim Ort auf; „die junge (mit ihr die heſſiſche Brigade) ging um 2 Uhr über die (obere) Brücke, marſchirte an dem Kaiſer , der jenſeits links hielt, vorbei , sofort dann gerade vorwärts etwa eine Viertelstunde , wendete in einem stumpfen Winkel linkshin und bezog Stunde von jenem Wendepunkt entlegen in einem Waldetwa aussprung auf einer lichten Stelle rechts der Straße nach Borisow (links lagen noch einige zu Brilowa gehörige Hütten) den Biwack, dem gefrornen Moraft ganz nahe“ (s. Plan IX) . 5. Nach den Garden ging die Division Daendels vom 9. Armeecorps über. Sie bezog am rechten Ufer der Beresina, nicht weit von den Brücken , einen Biwack. - Abends 8 Uhr paſſirte der Vicekönig ( Eugen), und was zum 4. Armeecorps
*) Noch heißt es in meinem Tagebuch : ,,Gegen 1 Uhr erhielten. wir Befehl uns zum Uebergang zu sammeln 2c. Die Brücke , es war die obere , hatte Löcher , die die übergehenden Pferde durchgetreten hatten , und sie war zu Pferd äußerst gefährlich zu vaffiren ; doch hatte ich mich auf meinen Koni heben lassen um mit der Compagnie fortkommen zu können , und meine Unteroffiziere zogen und schoben das kraftloſe Thier mit mir fort. Wir gingen nur 3 Mann hoch und die Rotten ziemlich weitläufig auseinander , da wir ihrer Haltbarkeit gar nicht trauten. Die Gendarmen und franzöfifchen Generalftabs-Offiziere mußten uns erft Luft durch die Iſolirten machen , die fich herzugedrängt hatten ; dann aber hatte die Passage weiter keinen Anftand 2c. Der Kaifer fah uns in unsrer Erbärmlichkeit defiliren ; nie ist wohl das Gewehr schlechter vor ihm angezogen worden 2c. 2c. Wir folgten hinter der alten Garde 2c."
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gehörte, den Fluß,
oder dieses Zubehör sollte es wenigstens thun; vergebens war aber die Ermahnung an Offiziere und Soldaten zum Aufbruch von den guten Feuern , die sie hier hatten ; sie hielten in der größeren Maſſe für besser zu bleiben, als aufs Ungewiſſe in dieser finstern Nacht bei starkem Schneegestöber sich jenseits erst ein Lager zu suchen und vielleicht nichts zu finden als ein Lager ohne Feuer auf gefrornem Morast , wie es denn in der That bei denen der Fall war, die übergegangen waren. Gleichermaßen ging es mit dem 1. Armeecorps, das nach dem 4. übergehen ſollte und dem Corps von Latour-Maubourg. Das, was dieſe Corps noch an Combattanten hatten , ging zumeist erst den 28. Morgens über die Beresina. 6. Bis zum 27. Nachmittags war es gelungen ziemlich Ordnung bei den Brücken zu erhalten. Der Uebergang war nur durch die erwähnten beiden Beſchädigungen der Fuhrwerksbrücke unterbrochen worden. Um 4 Uhr Nachmittags (den 27.) brach diese nun zum dritten Male und konnte erst um 6 Uhr Abends der Passage wieder geöffnet werden.
Zu dieser Zeit
fingen gerade die Iſolirten und Nachzügler an haufenweiſe mit einer Menge von Wagen und Pferden einzutreffen. Ihr regelloser , verworrener Zug veranlaßte eine solche Stopfung , daß das Terrain zwischen dem Flusse und Studienka mit Menschen, Pferden und Wagen ganz bedeckt ward *).
Daher konnte man
*) ,,Sehr viele Wagen, nämlich die des überreichlich mit Fuhrwerk versehenen polnischen Corps Dombrowskis und jene des 2. Armeecorps waren schon am 26. Abends da ; icne des 9. Armeccorps sowie die einiger tausend Iſolirten und sonstiger Leute , die Wagen und Pferde hatten, kamen noch am 27. Vormittags (oder vor unserem Uebergang über die Berefina) an und verursachten schon ein ſehr ſtarkes Gedränge : was größtentheils hätte vermieden werden können , wenn man auf unserem rechten Flügel die Wagenführer gezwungen hätte in Ordnung aufzufahren ; dann wenn man sich nicht am Brückeneingang so ftarr an das Consigne gehalten hätte, keinen Wagen herüber zu laſſen bis alle Fuhrwerke des großen Parks paſfirt seien : wodurch die Brücke sehr oft und lange leer blieb 2c. Obgleich ich auf des Obersten Droschke heute Verzicht gethan und diese dem kranken Capitän von Schwarzenau allein überlaffen hatte, da ich , auch in meinem elenden Zustande, bei dem Treffen nicht fehlen wollte, welchem die junge Garde auf dem rechten Ufer entgegensehen
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nur mit unendlicher Mühe und unter vielen Gefahren bis zu den Brücken gelangen. Von nun an wurde es unmöglich wieder Ordnung herzustellen und der Uebergang ward oft unters brochen, theils durch die Verwickelungen die an den Einfahrten stattfanden , theils durch die Streitigkeiten und Thätlichkeiten die hier zwischen denen die hinüber wollten vorfielen , — die endlich auch durch den Druck und den Kampf bei den Eingängen der Brücken dieſe Eingänge ruinirten und den Sapeurs und Pontonniers deren Herstellung nicht mehr erlaubten. Dieß Alles gilt jedoch vorzüglich von der Fuhrwerkbrücke , wohin sich Alles drångte , da sie den Ankommenden zunächst lag. 7. Von Seiten des Armeecorps von Tschitschagof ward den ganzen 27. zu unsrem großen Erstaunen nichts gegen die Uebergegangenen gethan. Ein Theil stand Borisow gegenüber auf Beobachtung ; ein anderer Oudinot gegenüber bei Stachow, wo zu Zeiten ein Paar Flintenschüſſe fielen ; der Haupttheil aber war noch zurück und hatte erst heute von der falschen Bewegung umgelenkt, die er flußabwärts gemacht hatte ; wodurch Tschitschagof zwei Tage verloren gingen und dem franzöſiſchen Heer für den Uebergang und das Festseßen am rechten Ufer, sowie das Studium des Terrains , gewonnen wurden. 8. General Graf Wittgenstein mit seiner Armee , womit Platow in Verbindung getreten war, bewegte sich am 27. gegen Studienka und Alt - Borisow und nahm unweit des legteren Orts sein Lager. Nach seinem Berichte an den Kaiser Alexander will er erst zu Kostriga erfahren haben, daß Napoleon mit dem Heere bei Studienka über die Beresina gehe und sich hierauf nach Alt-Boriſow in Marſch gesezt haben. 9.
Als die Division Partonneaur, die noch etwa 3200
mußte, so wollte ich doch versuchen die Droschke durchzubringen und brachte sie auch bis an den Eingang ; aber hier hielt sie das farre Consigne auf, obgleich die Brücke wohl schon Stunde völlig leer war. In gezwungenem Halt hier ward fie dann zertrümmert. Ich hatte zu thun , den kranken Kameraden , die Pferde und Mantelsäcke (mit Affistenz der Gendarmen , da fie jenen für einen General hielten) davonzubringen , und der Oberft brachte sie dann mit Hülfe des Marschalls Lefebvre über die obere Brücke , als unsre Truppen sie passirten." Tagebuch.
416 Combattanten zählte , zu Boriſow ankam , fand sie die ganze Stadt mit Nachzüglern angefüllt und man gab sich alle Mühe fie zum Fortzuge anzutreiben bevor die Division sich in Marsch sezte. Gegen Abend kam indessen ein Theil derselben in großer Hast wieder nach Borisow zurück , berichtend daß der Feind den Weg verlegt habe.
Obgleich General Partonneaur Befehl
gehabt zu haben vorgibt, die Nacht noch in Boriſow zuzubringen (was nicht sehr glaublich ist), ſo glaubte er doch unter ſolchen Umständen aufbrechen zu müſſen um sich durchzuschlagen und brach auch um 4 Uhr Nachmittags auf. Zwei seiner Brigaden, in Massen formirt , gingen auf der Straße nach Weselowo (f. Plan IX. ) , welche rechts von Alt - Borisow an Studienka vorbeizieht ; die 3. Brigade bildete eine Seitencolonne - (und zwar, wie Chambray sagt , rechts jener).
Eines der beiden
Cavalerieregimenter (die zusammen 400 Pferde haben mochten) sollte den Angriff der Spige der Colonne unterſtügen , das andere die Nachhut machen und die Koſacken abhalten. Eine Maſſe von Nachzüglern, Pferden und Wagen schob sich zwiſchen die Colonnen und drängte sich um die noch streitfähige Mannschaft (die man sehr wohl links am Fluß hinab hätte weisen können und sollen) .
Obgleich der Angriff mit vieler Entschlossen-
heit geschah und mehrmal wiederholt wurde , so scheiterten doch alle die Anstrengungen an der großen Ueberlegenheit des Feindes. Nach einem vierstündigen Kampfe (tappend in der Nacht geführt) ward der Divisionsgeneral an der Spige einer seiner Brigaden umringt und mit ihr und einem Reiterregiment gefangen (capitulirend nach ruſſiſchem Berichte) . Es fielen dadurch dem Feinde (hiernach) außer dem Diviſionsgeneral Partonneaur , zwei Brigadegenerale (Belier und Delaitre) , zwei Obersten , 40 Offiziere und 800 Soldaten sammt einer Kanone in die Hände. Die beiden andern Brigaden und das die Nachhut habende Reiterregiment zogen sich gegen Borisow zurück, und es würde ihnen bei nur einiger Gegendkunde * ) oder, *) Es gehört zu den auffallenden Erscheinungen , daß man sich in der Division Partonneaur , die doch schon um Mittag zu Boriſow einrückte und Befehl hatte am Abend die Stadt zu verlaſſen , ſo gar nicht um das Terrain bekümmerte , worauf man sich zurückzuziehen und ohne Zweifel Gefechte mit dem Feind zu bestehen hatte; daß man auch nicht,
417 nicht , wie man doch glauben machen wollte , von dem Wahne befangen, daß die Brücken bei Studienka bereits zerstört und fie ihrem Schicksal überlaſſen worden seien *), - in dieſer finstern stürmischen Nacht sicher möglich gewesen sein an die Beresina zu ziehen und dieser entlang unterhalb Alt - Borisow durchzu kommen oder durchzubrechen und sich zu retten , da dieser Paß (bei der Mühle, wo noch das Nachtrab-Bataillon, das sich gerade darauf dirigirt hatte , durchkam) gar nicht gesperrt war. Die Stadt Borisow war inzwischen dem Hetmann Platow in die Hände gefallen, und sie befanden sich dadurch (wie sie glaubten) von allen Seiten vom Feinde oder dem Fluß umgeben. Es unterlag allerdings keinem Zweifel daß sie das Heer Wittgensteins vor sich hatten, wenn sie es auch dem an sie abgesandten Sie Parlamentär nicht aufs Wort hätten glauben wollen. capitulirten sonach, und so streckte (den 28. ) Morgens 7 Uhr der Rest der Division die Waffen. Die Generale Camus und Blamont, 3 Obersten , gegen 200 Stabs- und andere Offiziere und 7000 Mann (nach russischen Berichten) , worunter aber Nachzügler und Isolirte , fielen dadurch , nebst 3 Kanonen, 2 Standarten und einer Menge Fuhrwerk, den Russen in die Hände. -- Es war das erste Mal in diesem Feldzuge, daß dem Feind eine geschlossene Diviſion ſammt ihrem Anführer in .
nach gewöhnlicher Kriegsregel, eine Brigade mit einem Cavalerieregiment etwa eine Stunde Wegs voranziehen und sie zur Aufnahme der ſpäter Nachfolgenden an geeigneter Stelle (bei einem Paffe) Posto faffen (etwa den Paß bei der Mühle beseßen und jenen der Weselowo - Straße beobachten) ließ , die dann , wenn das Gros der Diviſion vorbei war, ausmarſchirte 2c. Alles dieß machte das Gerücht glaubhaft, Partonneaur habe verrätherisch gehandelt. Er war jedoch wohl nur , wie hier so Viele, physisch und pſychiſch sehr herunter, also der Mann und Anführer nicht mehr , der er sonst und vielleicht noch wenige Tage vorher war. Napoleon maß das Unglück der Divifion nie einer Verrätherei bei ! Nicht Jeder war und blieb ein Ney! *) Auf solchen Glauben konnten wohl die Jfolirten kommen , als fie den Feind zwiſchen fich und Studienka fanden , Partonneaur oder der Generalftab der Divifion nimmermehr. Auch war es nicht der Fall ! denn man wollte sich ja nach Studienka Bahn brechen ; und das NachhutBataillon zog , nichts davon wiffend , ohne Weiteres den Brücken zu (f. 10). Röder, Kriegszug. 27
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die Hände fiel! Troß allem dem Unglück das man von Moskau bis hierher hatte , und wogegen dieser Verlust ein Nichts war, darum doch dem Kaiser und Allen , die beim Heere noch empfinden konnten , am Empfindlichsten ! Auch gestand das 29. Bülletin diesen Verlust nicht ein, sondern nur den Verlust einer Die Hälfte der Combattanten der (allerdings nicht einmal die Stärke einer Brigade habenden) Diviſion war während des Kampfes außer Gefecht gesezt worden. Die Ge-
Brigade.
nerale Blamont und Delaitre waren blessirt. 10. Nur das die äußerste Nachhut habende Bataillon des 55. Regiments unter dem Bataillonchef Joyeur , das beim Abzug der Division mit der Zerstörung der Ska- und anderen Brücken beauftragt war, entging der Gefangenschaft.
Es hielt
beim Ausmarsch aus Borisow den Weg zur Linken ein , den auch das Heer genommen hatte und worauf noch Fourgons und andre Wagen zogen , erreichte ohne Anstand Bidze u. s. w. Studienka , und brachte die Kanone die es bei sich hatte nebst ihrem Munitionswagen mit. Der Kaiser , ungeduldig die Division Partonneaur so lange ihr Einrücken verzögern zu ſehen, schickte ihr seinen Ordonnanzoffizier Gourgaud entgegen um ihren Marsch zu beschleunigen , und Dieser , den Heerweg einhaltend , traf auf dieß Bataillon der Nachhut , deſſen Chef sich wunderte , daß die Diviſion , die 2 Stunden vor ihm abmarschirt , noch nicht angekommen sei. Daß der Diviſion eine Katastrophe begegnet sei, mußte man nun wohl annehmen ; auch konnte das Feuern rechts nicht von jenem Bataillonchef unbemerkt geblieben sein. Joyeur traf um 11 Uhr Nachts beim Armeecorps Victors ein.
11. Als der Kaiser an dem Verluste dieser Division nicht mehr zweifeln konnte , und da es dem Marschall Victor unmöglich war, sich mit der Diviſion Girard allein und den beiden schwachen Cavalerieregimentern , in Allem kaum 2000 Combattanten , den 28. noch auf dem linken Ufer zu behaupten und die Brücken zu erhalten , so befahl er ihm zu seiner Verstärkung die Division Daendels wieder hinüber zu ziehen, welche dann hiernach den 28. mit Tagesanbruch wieder auf das linke Ufer marschirte, jedoch ohne ihre Artillerie, und hier auf der Anhöhe vor dem Dorfe Studienka , den rechten Flügel
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gegen die Beresina (also wohl die Straße nach Bidze durchDie Division schneidend) , ihre Stellung angewiesen erhielt. Girard stand auf der linken Flanke der Division Daendels. 12. Marschall Victor mußte sich mit seinem , an dieſem Morgen (des 28. ) nur noch etwa 6000 Combattanten zählenden Corps, worunter nicht völlig 400 Pferde, (denn das hessische Chevaulegersregiment zählte kaum noch 200 Pferde und das badische Husarenregiment eher weniger als mehr, ) und 22 Geſchügen die sich noch auf dieser Seite befanden * ) , auf einen heftigen Angriff durch die ihm 7 bis 8 Mal überlegene Armee Wittgensteins gefaßt halten, und hatte nur auf seinen Flanken, insofern sie der Feind umgehen wollte , eine Stüße an den Batterieen , die Napoleon zu diesem Zweck, besonders oberhalb der Brücken, von der Garde-Artillerie auf dem gefrornen Morast hatte errichten laſſen ; er mußte dabei das oftwärts von Studienka liegende Plateau behaupten und den Flügeln , besonders dem seine Stellung also rechten , eine Stüße am Fluß geben ohne im Mittelpunkt starke, oder überhaupt conver werden ― nur , Reserven haben zu können (da es ihm dazu an Truppen Es war daher hier von Seiten seines Corps ein gebrach) . verzweifeltes Gefecht zu bestehen , das nur die geſchickteſte Anführung bei einer ganz außerordentlichen Tapferkeit der Truppen (und wenn es der Feind an dem Allen ziemlich fehlen ließ)
*) ,,Marschall Victor hatte keine andere als seine Reserve-Artillerie dieffeits," sagt Chambray . ,,Die Artillerie der Divifionen Girard und Daendels befand sich schon auf dem rechten Ufer der Beresina und jeßt war es unmöglich fie wieder herüber zu schaffen : " (denn die Fuhrwerksbrücke war verstopft und beschädigt) . An Combattanten hatten die badischen Truppen , einschließlich der Cavalerie , 2240 Mann ; die bergischen wird man höchstens zu 1500 Mann , die Division Girard noch zu 1800-1900 Mann , das heffiſche Chevaulegersregiment zu 200 Pferden annehmen können. Fügt man das von der Division Partonneaur übriggebliebene Bataillon mit circa 120 Mann hinzu und 220 Artilleriften in Activität, so beftand das Corps in der Position aus beiläufig 6000 Mann , die Sapeurs und Pontonniers bei den Brücken ungerechnet. Chambray gibt die Stärke (mit 5000 Mann) zu gering , Gourgaud nach Liften vom 25. und 26. zu hoch an , indem der Abgang beim 9. Armeecorps , ſeit es zur Moskauer Armee gestoßen , ungeheuer war (fiehe LXXV. 21). 27 *
420 bis zur einbrechenden Nacht durchzuführen hoffen durfte. Es fehlte beim 9. Armeecorps keines der berührten Erfordernisse und es löste seine Aufgabe zu ewigem Ruhme vollständig . (Auch das großherzoglich hessische Chevaulegersregiment hatte ſeinen wohlverdienten Antheil daran.) 13. Marschall Victor , da ihm von der oberen Seite des
Flusses noch keine Gefahr drohete und die jenseits aufgefahrnen Batterieen ihn auf dieser Flanke , wenn sie sich später zeigte, am Besten unterstügen konnten , glaubte unterlaſſen zu müſſen durch Bildung eines Hakens oder einer Flanke dahinwärts und Anlehnung auch oben an die Beresina ſeine geringe Truppenzahl dergestalt auszudehnen , daß sie nirgends mehr zu einem Er lehnte daher seine kräftigen Widerstande ausreichte * ). Schlachtlinie nur unten an den Fluß, so daß sie in nordöstlicher Richtung den unteren Theil von Studienka durchschnitt , sich bis auf das Plateau des Hügels erstreckte und hier unter einem ſtumpfen Winkel nordwestlich , oder in der Richtung der Mühle von Treszenige , zog --- (ungefähr wie es Plan IX zeigt). Markgraf Wilhelm von Baden mit seiner nur noch etwas über 2000 Mann starken Infanteriebrigade und dem Bataillon des 55. französischen Infanterieregiments , etwa 120 Mann, lehnte sich rechts an die Beresina und dehnte sich bis in das Dorf Studienka aus , das er beſezt hielt **) . Eine Batterie Zwölfpfünder von dem Reservepark des 9. Armeecorps stand hier. Die großherzoglich bergischen Truppen unter General Damas schlossen sich an dem linken Flügel der badischen an und erſtreckten sich bis auf die Höhe zum ausspringenden Winkel der
*) An das Hülfsmittel , die Infanterie von 3 fich auf 2 Glieder formiren zu laſſen, dachte man erft ein Jahr später kurz vor der Schlacht von Leipzig. Es würde hier sehr an seinem Plaze , vielleicht felbft geeignet gewesen sein , auch die Cavalerie nur auf ein Glied zu formiren , um in den nöthigsten Momenten alle Säbel nußbar zu machen. **) Daß die Artillerie des 9. Armeecorps, die sich auf dem rechten Flußufer zu Brilowa befand, auch, wie die Garde-Artillerie oben, hier unten in Batterien aufgefahren ward , um der rechten Flanke Schuß zu verleihen , vermag ich nicht zu behaupten , ich hab' es nicht geſehen, nicht als gesehen notirt, obgleich ich es vermuthen mußte. Thätig wurde sie nicht; dieß hätte ich hören müssen.
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Stellung. Den anderen kürzeren Schenkel dieſes Winkels oder die Front nach Osten bildete die Diviſion Girard (etwa 1800 Feuergewehre).
Die Reiterbrigade Laroche (badische Husaren
und hessische Chevaulegers , 400 Pferde) wurden zur Deckung des linken Flügels dieser Division , welcher ohne Anlehnung auf freiem Felde stand , hinter demselben aufgestellt. Der Rest der Artillerie des 9. Armeecorps, 14 Geſchüße , war auf einigen vortheilhaften (besonders sie etwas deckenden) Punkten vor der Division Girard aufgefahren * ). 14. Es war schon 11 Uhr Mittags geworden und Marſchall Victor , der die Regimenter in geschlossener Colonne in die Position hatte einrücken lassen , hatte ihre Aufstellung längst völlig beendigt, als endlich die leichten Truppen des anrückenden Heeres Wittgensteins erschienen und mit jenen Victors ein lebhaftes Tirailleurgefecht begannen , während nach und nach die der französischen Stellung gegenüberliegenden Höhen von den Ruſſen besegt und das Treffen durch ein lebhaftes Artilleriefeuer eröffnet wurde.
Die Infanterie des russischen linken
Flügels (fagt die badische Relation) , den Angriff beginnend, rückte , gedeckt durch ein kleines Gehölz das vor der Front der badischen Infanterie lag , in die kleine Ebene rechts (südöstlich) von Studienka vor und warf sich mit Ungestüm und Uebermacht auf den äußersten rechten Flügel der Badener. Nachdem die daselbst aufgestellten Bataillone sich entwickelt und lange Zeit durch ein wohlgenährtes Feuer den Ruſſen tapfer widerſtanden hatten , sahen sie sich endlich,
da es ihnen an
Munition zu mangeln begann , genöthigt zurückzuweichen. Markgraf Wilhelm hatte , sobald er die ersten Fortschritte der Russen gegen seinen rechten Flügel gewahr geworden war , ein Bataillon der Reserve dahin geschickt und sprengte nun , da er seine Truppen weichen sah, selbst dahin , nachdem er zuvor Befehl gegeben , daß ihm noch ein (badiſches) Bataillon folgen ſolle.
Auf dem Punkte angekommen , gab er sich alle Mühe
*) Es mußten dieß die 2 leichten Batterieen Chopin und Serrurier fein, deren Gourgaud als auf dem linken Ufer befindlich gedenkt, und die , nach Oberft von Dalwigk's Bericht , die Cavalerie, bis zu anderweitiger Bestimmung , zu decken befchligt war.
422 dem Vordringen des Feindes wenigstens so lange Einhalt zu thun , bis die Verstärkung eingetroffen sein würde : was ihm auch gelang ; ― und als das nachrückende Bataillon der Badener hinter dem rechten Flügel angekommen war , befahl der Markgraf, daß die Truppen das Feuern einstellen und sich zum Angriff formiren sollten. Er feste fich hierauf an die Spige ſeiner Infanterie , die , durch sein erhabenes Beiſpiel begeistert, mit solchem Erfolge gegen die Ruſſen ſtürmte , daß dieſe nicht nur die Stellung , woraus sie die Badener verdrängt hatten, wieder verlaſſen mußten , sondern auch bis hinter das oben erwähnte (vor der Front der badischen Truppen liegende) Gehölz zurückgeworfen wurden," welches diese nun beseßten, auch fortan, trog der später von den Russen während des Treffens noch mehrmals wiederholten Angriffe und der geringen Zahl und Erschöpfung der Badener, bis zur einbrechenden Nacht und Beendigung des Gefechtes behaupteten. 15. Während des Gefechtes auf dem rechten Flügel hatten die Ruffen zahlreiche Batterieen gegen den linken Flügel (d . i. die nach Osten Front machende Linie) der Stellung des 9. Armeecorps aufgefahren und ein Kreuzfeuer darauf begonnen. Insofern solches jedoch insbesondere der dahinter aufgestellten Reiterei gelten sollte , verfehlte es sehr seine Wirkung (sagt Oberst von Dalwigk) , indem die meisten Kugeln zu hoch gingen oder darüber weg ricoschetirten. Marschall Victor befahl hierauf dem General Damas mit der bergiſchen Brigade das vor der Front liegende kleine Thal zu durchgehen und die jenſeitigen von den Ruſſen besezten Höhen zu erstürmen. Das badiſche Husarenregiment erhielt Befehl dieser Bewegung zu folgen. General Damas bildete zwei Colonnen (aus jedem Infanterieregiment eine) und rückte in das Thal hinab , woselbst er die eine Colonne halten und die andere durch ein kleines Gehölz gegen die Höhe vorrücken ließ.
Nachdem dieſe Colonne das
Gehölz durchgangen hatte , wurde sie durch ein heftiges Infanterie- und Artilleriefeuer empfangen und ward kurz darauf, nachdem sie zweimal vergebens zum Sturm gegen die Höhe angerückt war , in großer Unordnung wieder durch das Gehölz zurückgeworfen. Die hinter demselben als Reserve aufgestellte Colonne bemühte sich vergebens, das Gefecht wieder herzustellen;
423 die Unordnung theilte sich auch dieser Colonne mit und die bergiſche Brigade erreichte gänzlich aufgelöſt die dieſſeitige Höhe wieder. Ihre beiden Generale , Damas und Geither, waren verwundet worden. Die Russen waren den bergischen Truppen bis in das Thal nachgefolgt , stellten aber hier ihr Vorrücken ein , als sie das zur Unterſtügung des Generals Damas nachgerückte badische Husarenregiment am Rand der diesseitigen Höhe erblickten , wo es aufgestellt war. Nachdem dasselbe auf Marschall Victors Befehl diese Stellung gleichfalls verlaſſen und sich hinter die Infanterie des linken Flügels zurückgezogen hatte, rückte die ruſſiſche Infanterie , durch mehrere Pulks Kosacken unterſtügt , über das Thal und stürmte gegen die Höhe , die sie gerade auf dem Punkte zu ersteigen drohte , wo durch die Auflösung der bergischen Infanterie eine um so gefährlichere Lücke in der Linie der Schlachtordnung entstanden war als sie sich gerade bei dem stumpfen Winkel der Linie befand. 16. Kaum hatte sich die feindliche Infanterie dem Fuße der Höhe genähert , so befahl Marschall Victor dem General Fournier mit der Reiterei anzugreifen.
Die Kosacken wurden
ohne Schwierigkeit über den Haufen geworfen ; als aber die badische und hessische Reiterei auf die russischen Infanteriecolonnen stieß , von welchen eine , des 34. Regiments *), und von dem hefst schon auf der Höhe Posto gefaßt hatte ſchen Chevaulegersregiment unter Anführung des Oberſten von Dalwigk chargirt wurde , so ward daſſelbe durch ihr kräftiges Feuer abgeschlagen und zum Rückzuge genöthigt hinter die Batterie des rechten Flügels dieser Linie **). Fournier hatte hierbei eine Wunde erhalten.
Diviſionsgeneral Marschall Victor
*) In dem Auszug der badiſchen Relationen des würtembergiſchen Majors von Miller ist nur von einem Bataillon des 34. Regiments die Rede ; Oberft von Dalwigk spricht aber (was auch wahrſcheinlicher ift) von einem Regiment , das aus einem kleinen Gehölze debouschirt sei und sich im Angesicht unsrer Batterie des rechten Flügels formirt habe." **) Unter rechtem Flügel verfteht Oberft von Dalwigk jenen der nach Often gewandten Frontlinie der Schlachtordnung des 9. Armeecorps, alſo den Scheitelpunkt des Winkels den die Schlachtordnung überhaupt bildete (f. Plan IX.)
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schickte indessen seine Reiterei abermals gegen jene russische Infanterie. Das hessische Chevaulegersregiment wiederholte nun in Gemeinschaft mit den badischen Husaren die Charge gegen das Viereck des 34. Infanterieregiments ; sie brachen in gemeinschaftlichem Wetteifer ein und nahmen Alles , was nicht davon zusammengehauen wurde , gefangen. Die übrige russische Infanterie zog sich nach der Niederlage des 34. Regiments sogleich zurück; „indeſſen (erzählt Oberst von Dalwigk) ließ Oberst Laroche (der hier als Brigadier commandirte) die durch den eben errungenen Vortheil noch kühner gewordene Reiterei *) den Angriff, unerachtet des feindlichen Kanonen- und Kleingewehrfeuers , fortsegen , ja sie hierzu ein schmales Defilee, längs eines Gehölzes paffiren , hinter welchem man die feindliche Cavalerie in Reserve aufgestellt fand. Das Entwickeln aus dem Defilee erschwerte den Aufmarsch und die weit überlegene feindliche Cavalerie , größtentheils Cüraſſiere , gestattete der diesseitigen Cavalerie keine Zeit sich gehörig zu formiren. Sie griff diese sogleich mit Ungestüm an und der größte Theil des badischen Huſaren- und heſſiſchen Chevaulegersregiments, zuſammen noch aus vier schwachen Schwadronen bestehend, deren ermattete Pferde keinem solchen Choc widerstehen konnten, wurden ein Opfer zu weit getriebener Bravour **) , indem sie beim Anreiten auf den Feind geworfen und größtentheils gefangen wurden.
Oberst Laroche wurde verwundet und gefangen,
jedoch durch die Tapferkeit und Hingebung eines Huſarenwacht-
*) Ohne daß in gleichem Maße auch ihre Anführer besonnener wurden. Es folgte weder , noch ging der Reiterei Infanterie voran ; ja nicht einmal ein Trüppchen Reiter zum Recognosziren des Terrains und des Feindes jenseits des Wäldchens und Defilees , wodurch fie, um zum Angriff gelangen zu können, mußte ― und doch kam hier ſo äußerst viel an auf möglichkle Schonung der Kräfte überhaupt und möglichke Erhaltung der wenigen Cavalerie , die man hatte. Man hatte mit höchfter Ueberlegung der Lage , worin man fich befand, und deſſen was der commandirende Marschall beabsichtigt hatte, zu handeln. Leider ! geschah es nicht. **) Bravour , ohne Umficht und beibehaltenen Ueberblick des Befehlshabers , opfert ftets die braven Soldaten. Der Offizier erwirbt damit nur den Ruf eines bon sabreur , den jeder gemeine Reiter haben tann.
425 meisters wieder befreit.
Oberst von Dalwigk mit ungefähr 50
hessischen Chevaulegers und eben so vielen badischen Husaren bewerkstelligte noch den Rückzug und formirte sich hierauf auf dem linken Flügel der Division Girard wieder. Auf diese Division hatte sich inzwischen die ruſſiſche Infanterie geworfen, sowie sie auch die Division Daendels wieder mit Macht angriff. Beide Diviſionen behaupteten sich jedoch, trog ihrer Erschöpfung, in ihrer Stellung. Oberst von Dalwigk hatte hierbei Gelegenheit mit der Handvoll übriggebliebener Cavalerie noch gute Dienste zu leisten ; er deckte wirksam den linken Flügel der Division Girard und schüßte insbesondere das sächsische Regiment Low , das gegen die Angriffe der Kosacken ein Viereck zu bilden gezwungen worden war. Die russische Reiterei unternahm außer jenem obenberührten auf die diesseitige keinen Angriff mehr.
Der Marschall Victor , welcher seine wenige
Cavalerie in dieſem Treffen überall gebrauchte, bezeigte ihr seine ganze Zufriedenheit.“ 17. Gegen 6 Uhr des Abends ließ das Kanonen- und Kleingewehrfeuer nach. Die feindlichen Truppen zogen sich gänzlich in ihre zu Anfang des Treffens innegehabte Stellung zurück ; das 9. Armeecorps behauptete sich nicht nur in seiner Stellung , sondern der rechte Flügel desselben (die badischen Truppen) auch in dem während des Gefechtes gewonnenen, vorwärtsliegenden Wäldchen *). So endigte sich dieses Treffen, welches in der Geschichte dieses Feldzugs das außerordentlichſte war , indem hier 6000 Mann unter ſehr ungünſtigen Umständen , die selbst ihre völlige Vernichtung herbeiführen konnten **), nicht nur 7 Stunden lang sich gegen 40,000 Mann und mehr schlugen , die dabei eine außerordentliche Ueberlegenheit an Artillerie und Cavalerie hatten , sondern auch keinen Fußbreit Bo-
*) ,,Es ist dieß die Ecke des Birkenwaldes (fagt Blefson , in der Ueberseßung von Chambray ) der rechts am Wege von Studienka nach Borisow liegt und etwas vom Hochwalde abgesondert ist.“ Immer bleibt es auffallend , daß Wittgenstein fich diesen wichtigen Punkt , von dem man allein die Brücken von der Seite zu faffen vermochte , nicht erhielt - was ihm bei der Maffe von Truppen, worüber er disponirte, gar nicht fehlen konnte. **) (Siehe §. 19.)
426 dens verloren und dem Feinde solche Achtung einflößten , daß er das Treffen am folgenden Tage nicht wieder aufnahm *). Wittgenstein gibt seinen Verlust über 3000 Mann an. 18. Der Verlust des 9. Armeecorps war auch , besonders im Verhältniß zur geringen Stärke des Corps und dem von demselben zu behauptenden Terrain , sehr bedeutend. Die Ges nerale Girard , Fournier , Damas , Geither und Lingg befanden sich unter den Verwundeten ; und da auch der General Daendels erkrankt war , so übertrug der Marschall Victor das Commando der gesammten Infanterie dem Markgrafen Wilhelm von Baden.
„Von dem großherzoglich hessischen Chevaulegers-
regiment wurden 4 Offiziere ** ) , 3 Unteroffiziere , 23 Chevaulegers blessirt , und über 100 Unteroffiziere und Chevaulegers fielen bei dem Angriff auf der jenseitigen Höhe (f. 16. ) in die Hände des Feindes oder blieben dabei oder bei dem Angriffe auf das russische Infanterie-Carree auf dem Plage, so daß das Regiment nach dem Treffen am Abend nur noch etwa 30 unverwundete Unteroffiziere und Reiter zählte. 19. Während des Treffens von Studienka zwischen Victor und Wittgenstein fanden beklagenswerthe Ereignisse bei den Brücken über die Beresina Statt. Mit den ersten Kanonſchüſſen nämlich, die am linken Ufer fielen , drängte sich die ganze Maſſe der Nicht-Combattanten, welche noch auf diesem Ufer biwackirte und die ganze Nacht hindurch sich es bei den guten Feuern die sie hatten wohl gefallen ließ (ohne an einen Uebergang zu denken) , zu den Brücken hin, sowohl um möglichst schnell überzugehen als sich vor den feindlichen Geschossen in Sicherheit zu bringen. Daraus entstand ein Zusammenstoß von Menschen , Wagen und Pferden , die eine Strecke längs des Flusses und seines moraftigen Ufers von ungefähr 1500 Schritten in
*) Wittgenstein hatte keine alten Truppen, wie Tſchitſchagof. Seine Armee bestand zu dieser Zeit wohl zu aus Neulingen. Daher die Ueberlegenheit , welche sich bei den Truppen Victors gegen die ſeinigen im Kampfe zeigte und ihn vielleicht zu so großer Behutsamkeit beſtimmt haben mochte. **) Es waren nämlich bleffirt : Rittmeister von Boineburg , Secondlieutenant Glock, Secondlieutenant von Boltog und Secondlientenant Graf Ifenburg ; Leßterer hatte 3 Contufionen von Gewehrkugeln.
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der Länge und 300 in der Breite einnahmen , und damit dem kämpfenden Corps ebensowohl jeden Rückzug über die Brücken als jede Unterstügung durch Truppen des rechten Ufers abschnitten. In jenem Moment endlich, wo die russischen Truppen in den Befiß der (Birken-) Waldecke zunächst der unteren Brücke gekommen waren und von hieraus das Feuer mehrerer Geschüße auf jene Haufen richteten , welche die Brücken umgaben , bemächtigte sich Schrecken und Verzweiflung aller Gemüther. Alles drängte und stürzte auf die Brücken (und die Menschen zumeist von der Seite auf die Brückendämme) los. Die Wagen geriethen fürchterlich ineinander, wurden zerbrochen, warfen um ; viele Menschen wurden erstickt oder zertreten, viele von faſchinirten Dämmen , die zu den Brücken führten, hinunter in den immer mehr und mehr sich aufweichenden Moraft oder in die Beresina gedrängt , wo sie den Tod fanden 2c. *). Der Eingang der Brücken , besonders jener zur Fuhrwerksbrücke , war zerbrochen und in dem Gedränge keine Herstellung mehr möglich. Man versuchte sich durch Schwimmen oder auf Pferden dem stehenden Theile der Brücke zu nähern , was den Wenigsten gelang 2c. Die Verwirrung erreichte den höchſten Grad ; der Stärkere kämpfte den Schwächeren nieder um über ihn hinzukommen
c. 2c.
20. Auf dem rechten Ufer der Beresina hatte Tschitschagof seine Truppen in einer Stärke von 17,000 Mann guter Infanterie und 9000 Mann Cavalerie am 28. November vor Tagesanbruch bei Stachow versammelt und mit grauendem Morgen den Angriff auf die Vorhut Oudinots im Dorfe Stachow begonnen ; bald darauf entbrannte die Schlacht in größter Heftigkeit. Die vereinten Corps von Dudinot und Ney zählten nicht über 8500 Combattanten und darunter etwa 1500 Mann Reiterei , und sie hatten es mit alten erprobten Truppen der
*) Der Damm , der zur Infanterie-Brücke führte , war schmal ; es war schwer ihn durch den schon losen Moraft von der Seite zu erreichen oder , obgleich er nicht hoch war , zu erfteigen ; hinabgestoßen gab es kaum eine Möglichkeit mehr wieder hinaufzukommen , da die Obenbefindlichen die Hinaufwollenden zurückstießen 2c. Nach Rittmeister von Rotsmann's Erzählung (der in diesem Kampf zur Brücke ſelbft verflochten war).
428 Moldauarmee zu thun , die überdem mit Lebensmitteln und Branntwein reichlich versehen waren , während sie alle Entbehrungen litten und dabei in einem Schneesturme und bei immer steigender Kälte kämpfen mußten , die die mit Eis bedeckten Gewehre fast zu schwer für die ihnen noch verbliebenen Kräfte machte. Wohl aber war die Stellung der Franzosen äußerst günstig (f. LXXV. 18. ) ; dahingegen die Ruſſen keinen Raum zum Entwickeln als im wirkſamſten Geſchüßfeuer des Feindes finden konnten und ihre Colonnen schon beim Herausziehen aus dem Walde außerordentlich leiden mußten. 21.
Auf die von Marschall Oudinot erhaltene Nachricht,
daß Admiral Tschitschagof mit seinem ganzen Corps angreife, befahl der Kaiser dem Marschall Mortier (Herzog von Treviſo) mit der jungen Garde vorzurücken.
Hiernach brach dieselbe um
9 Uhr Morgens aus ihrem Biwack auf, marſchirte den jenſeitigen nördlichen Abhang einer bewaldeten Höhe, nach Durchgehung eines Wiesenthälchens , hinauf und hatte um 10 Uhr eine Reſerveſtellung, erst quer über die nach Stachow führende Straße , dann links derselben genommen (wie es der Plan IX zeigt) ; rechts der Straße und der jungen Garde ward den Cürassieren von Doumerc eine Stellung zur Reserve angewiesen, und auf der Straße zwischen denselben und der jungen Garde fuhren vier Geschüße auf.
Die Regimenter der jungen Garde
waren zu schwachen Compagnieen zuſammengeſchrumpft *) ; das ganze Armeecorps zählte schwerlich mehr 1500 Combattanten.
*) Das großherzoglich beffische Leibgarberegiment, beziehungsweise die daraus gebildete Compagnie, zählte 80 Soldaten und mit Einſchluß der Offiziere , Unteroffiziere und Spielleute beinahe 100 Mann ; das Commando war dem Capitän von Rosenberg, als dem noch Rüftigften von uns Allen , übertragen worden ; Graf Louis von Erbach , ebenfalls noch ziemlich auf den Beinen , ward als Premierlieutenant zugetheilt c. Derfelbe Fall war es mit dem Leibregiment, das jedoch etwa 20 Mann schwächer sein mochte ; Capitän Moter, als der Rüftigste des Regiments, ward die Compagnie zu befehligen ernannt. Die Fahnen der beiden Regimenter wurden im Biwack zurückgelassen und speciell der Obhut des Majors Zimmermann übergeben. Ihre Bedeckung waren die Capitäns und Lieutenants , die keine Anstellung mehr bei den zwei Compagnieen finden konnten und die alle mehr oder minder leidend waren. Außer den beiden Sattelpistolen des Majors besaßen wir keine Waffe
429 22. Zu der Zeit als die junge Garde eine Reserveſtellung beiläufig auf dem Plaze nahm , wo vorher die Truppen von Ney zur Unterſtügung von jenen von Oudinot aufgestellt waren, hatte Marschall Ney , auf welchen, da Oudinot bleſſirt worden, das Commando des Ganzen übergegangen war , diese bereits vorrücken und jene des 2. Armeecorps sich mehr rechts ausdehnen lassen , um sowohl den heftigen, immer wieder erneuten Angriffen der Truppen Tschitschagofs , die sich jezt des Dorfs Stachow bemächtigt hatten , an der Straße kräftig Stirn zu bieten , als ihre Absicht , durch eine Ausdehnung linkshin den rechten Flügel der französischen Stellung in Flanke und Rücken zu fassen, zu vereiteln. Auch wurden durch die guten Anordnungen des Marschalls und seine Allgegenwart, sowie durch die außerordentliche Tapferkeit , mit welcher die franzöſiſchen und polnischen Truppen den ruſſiſchen widerstanden , alle Bestrebungen derselben zu Nichte gemacht.
Und als es endlich
nach Mittag einer russischen Infanteriedivifion gelungen war, fast ganz um den französischen rechten Flügel im Walde herumzukommen , ward die Cüraſſierdivision Doumere zum Angriff befehligt.
Auf einen Cavalerieangriff im Walde *) durchaus
nicht gefaßt, und ohne Unterſtügung durch ihre eigne Cavalerie, mußte die russische Infanteriedivision um so eher unterliegen, als sie sich mit einem Male durch den heftigsten Angriff des 4. und 7. Cüraſfierregiments unter General Berkheims Anführung durchſchnitten sah und, was sich zu ſammeln verſuchte **), sogleich angegriffen und , ehe es noch zu festem Anſchluß gekommen war, zerstreut wurde. Was sich von dieser Infanterie gegen den nördlichen Hang der Höhe hin verbreitet oder selbst
als unsre zu Nichts brauchbaren Degen. Sämmtliche Stabsoffiziere, die noch wohl genug waren sich auf einem Pferd halten zu können , befanden sich im Gefolge Sr. Hoheit des Prinzen Emil , Commandeurs der Brigade. *) Es war indessen Hochwald und, da wo der Hauptangriff geschah, mit wenig oder gar keinem Gebüsch durchwachsen , ſo daß die Reiter nur den Bäumen auszuweichen hatten und von Aeften wenig gehemmt wurden. **) Sechs Carrees, fagt das 29. Bülletin , — was sehr gut lautet, aber nach obiger Lesart verstanden werden muß.
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diesen schon gewonnen hatte, wurde gefangen , 1500 bis 2000 Mann, und nur mit großem Verluste konnte sich retten was sonst zum Angriffe des französischen rechten Flügels die Höhe am linken Ufer der Brodnia gewonnen hatte, - indem links jener Cürassiere fast zu gleicher Zeit die Weichſellegion unter General Claparede im Sturmmarsch vordrang.
Die Ruſſen
wurden bald darauf überall völlig zum Rückzuge auf das rechte Ufer der Brodnia gezwungen , obgleich Tschitschagof ſelbſt ſeine Reserve ins Gefecht gebracht hatte. Am Abend waren sie nur noch im Besiz der Hütten von Stachow an der Brücke der Brodnia. 23. Nachdem es mit dem Abzuge des russischen Armeecorps von Tschitschagof so weit gekommen und der Sieg von Marschall Ney glänzend erfochten war , ließ dieser Marschall, mit Zurücklassung einer Nachhut , alle seine Truppen , die im Gefecht waren, von der Höhe zwischen Stachow und Brilowa bis zu legterem Dorfe und weiter auf der Straße , an der jungen Garde vorbei , zurückgehen , und legtere selbst zog sich gegen 7 Uhr Abends (vom Kamm der Höhe) zulegt ab in ihren Biwack vom Morgen , an den Fuß der nördlicher gelegenen Höhe, zurück, so daß sie nun , jene Nachhut abgerechnet , dem Armeecorps Tschitschagofs zunächst stand. Doch war dieser durch den außerordentlichen Verlust, den er im Treffen erlitten hatte , von allen Gedanken an eine weitere Angriffsbewegung oder Wiederaufnahme des Treffens für den folgenden Tag entfernt worden. Er ließ nur sehr behutsam die Stellung beobachten worauf man gefochten hatte, um das weitere Thun der Franzosen zu erfahren *) . ― Die Russen bezeichnen dieſes Treffen (von Stachow) als eines ihrer blutigſten des ganzen Feldzugs , im Verhältniß ihres Verlustes zu der Anzahl ihrer Streiter. Ueber die Hälfte ihrer Infanterie blieb oder
*) So z . B. schlich fich eine kleine Abtheilung zum Beobachten zwischen der Berefina und der Höhe am östlichen Hang in den Wald hinauf , und befand sich gar nicht fern von unsern (den heffiſchen) Truppen einen Moment vorher ehe der Abzug der jungen Garde befohlen wurde. Sie mußten denselben nothwendig bald wahrgenommen haben. Man bekümmerte fich aber franzöfifcher Seits , so wie jezt die Sache ftand , gar nichts darum.
431 wurde gefangen oder gefechtsunfähig *) . Buturlin und andere russische Schriftsteller geben den Gesammtverlust des Armeecorps auf 10,000 Mann an. — Der Verlust der Franzosen war auch nicht unbedeutend, jedoch ihnen dadurch am Empfindlichsten, daß sie beim Zurückgehen ihre Verwundeten im Stiche laſſen mußten. Ueber die Hälfte ihrer Generale , die gefochten hatten , war verwundet worden ; darunter , außer dem Marschall Oudinot selbst , die Divisionsgenerale Legrand und Zayonczek schwer (Lesterer , Commandeur des 5. Armeecorps , hatte ein Bein verloren) , Merlé leicht ; der Brigadegeneral Coudras blieb auf dem Play ; Grundler, Berkheim und Andere wurden bleſſirt. - Die hessische Brigade hatte keinen Mann todt oder bleſſirt, obgleich die andern Brigaden der jungen Garde , Division Laborde, deren einige (auch in der Reſerveſtellung) durch Geſchüßfugeln erhalten hatten.
Siebenundfiebenzigstes Kapitel. Stellung und Ungewißheit Wredes zu dieſer Zeit. Befehle Napoleons an Wrede , die Aufnahme der rückziehenden Hauptarmee betreffend. - Befehle an Marschall Victor , das linke Ufer der Berefina zu verlassen und aufs rechte überzugehen. Säumen und Schicksal der Sfolirten. 1. General Graf Wrede , noch immer zu Dokszice (siehe LXX. 3.) , meldete am 27. November an Maret , Herzog von Bassano , zu Wilna : indem er zu Dokszice noch immer auf Nachricht vom 2. und 9. Armeecorps warte , um zu wissen was er Nügliches für sie thun könne, schmelze sein Corps ſichtlich durchKrankheiten.
Die Brigade (wobei das hessische leichte
Infanterieregiment und die Artillerie) habe sich dadurch seit 8 Tagen schon um 4, die franzöſiſche Cavalerie um 300 Mann vermindert. ,,Die Physiognomie der hessischen und westphälischen Soldaten Cheißt es in diesem Schreiben) hat sich so *) Von ruffischer Cavalerie kam , wie es schien , außer Kosacken gar nichts ins Gefecht. Man mußte geglaubt haben, nur allenfalls dieſe in der Waldung verwenden zu können und wird nun durch den Gegner eines Andern belehrt worden sein. Sie verlor darum auch , da nur Geschüß fie erreichen konnte , sehr wenig.
432 verändert seit 8 Tagen , obgleich das Corps regelmäßig seine Rationen erhält , daß sehr zu befürchten steht , die Zahl der Präsenten unter Waffen dürfte sich in kurzer Zeit sehr mindern." 2. Ebenso meldete Wrede durch einen Spion am 28. an den Major - General seine gegenwärtige Stellung und daß er Glubokoë und Widzi noch besezt halten würde ; dabei gibt er ihm Nachricht , auf den Fall daß es sonst woher noch nicht zu seiner Kenntniß gekommen , daß Marschall Macdonald Dünaburg geräumt habe , dann daß die 34. Division (Loiſon) und 800 Mann neapolitanische Cavalerie zu Wilna angekommen seien 2c. 3. Er schlug ferner Maret vor, daß er von Wilna alle
disponiblen Kräfte gegen Tschitschagof marſchiren laſſen möchte, um diesen zu hindern sich mit Kutusow oder Wittgenstein zu verbinden , womit er (Wrede) , sei es über Dolghinow oder - denn nichts sei Wileika , sich in Verbindung segen könne ; gewiſſer , als daß Schwarzenberg dem Armeecorps von Tſchitſchagof nicht mehr folge , sondern umgewendet habe. Die Umstände seien dringend und deßhalb kein Augenblick zu verlieren *). 4. Der Major = General schrieb indessen am 28. aus dem Hauptquartier Zaniwki (Koszuki) an Wrede (durch einen von dieſem in die dortige Gegend geschickten Emiſſär) : daß er auf Befehl des Kaisers (wie nun die Sachen standen) von Dokszice nach Wileika marſchiren , sich dort der Brücken versichern, möglichst viele Lebensmittel zusammenbringen , Recognoszirungen auf die Straße von Ilija schicken und mit dem AdjutantCommandant d'Albignac zu Smorgoni communiziren ſolle **). # *) Wrede , als erfahrner General , konnte besser als Maret einfehen, was hier durch den geringften Zeitverluft für unermeßlicher Nachtheil der rückziehenden Hauptarmee erwachsen konnte ; auch schien er nicht gezweifelt zu haben , daß Maret darauf eingehen und die Divifion Loison fogleich gegen Minsk aufbrechen lassen werde ; er ging wohl darum am 28. nach Dolghinow. ( Es war indeſſen da schon zu spät.) **) Eine Belohnung von 50 Napoleonsd'or ward dem Boten versprochen wenn er in 15 Stunden den Brief nach Dokszice an Wrede bringen würde. (Er dürfte ihn indeſſen, da Wrede wieder aufgebrochen war, erst auf der Straße von Jlija erreicht haben.)
433 5. An den Marschall Victor ging von dem Major-General desselben Tages Abends 7 Uhr ein Schreiben ab, besagend : „Sowie das Feuer aufgehört hat , werden Sie gewiß Ihre Artillerie vollends über die Brücken haben gehen lassen 2c. Sie werden alle Wagen anzünden laſſen , von denen Sie nicht glauben daß sie hinüber gelangen können , damit Ihre Arrieregarde um 5 Uhr Morgens das linke Ufer , d. h. Studienka, räumen könne. Gleichzeitig werden Sie , durch Ihre Arrieregarde und die Pontonniers des Generals Eblé , die beiden Brücken verbrennen und zertrümmern lassen 2c. Man sagt, daß es am Eingange der Brücken Leichen von erdrückten Menschen und Pferden gebe ; Sie müssen sie ins Wasser werfen lassen , damit der Feind dieser Zeichen der Unordnung nicht ansichtig werde. Mit der Rückkehr des Adjutanten, den Sie an den Kaiser schicken sollen, wird man Sie die Stunde wiſſen laſſen , zu welcher der Herzog von Elchingen (Ney) ,
der die Arrieregarde des
Ganzen machen soll, seine Bewegung antreten wird 2c. Stellen Sie starke Wachen an den Brücken auf, um ihrer immer Herr zu sein und damit Ihre Artillerie und Ihr Corps in Ordnung übergehen, so daß die Brücken nicht brechen. Der Kaiser denkt, der General Latour-Maubourg werde schon übergegangen ſein *). Wenn verlassene Wagen im Sumpfe stecken , so wird Ihre Nachhut sie verbrennen laſſen müſſen.“ 6. Da der Weg zum Uebergang des 9. Armeecorps über die Beresina ungangbar geworden war , so ließ der General Eblé durch die Pontonniers und mit Hülfe eines Detaſchements Artillerie der Garde eine Art Tranchee durch die angehäuften Trümmer machen.
Man trieb die herrenlosen Pferde aufs rechte
Ufer und führte die im Stich gelaffenen Wagen , die im Weg der Tranchee standen , auf die Brücke , um sie in das Wasser zu stürzen 2c. — Um 9 Uhr Abends den 28. ging Victor , indem er einen Nachtrab vor dem Feinde stehen ließ , mit ſeiner
*) Hternach mußte Latour-Maubourg mit den 20 oder 30 Reitern, die ihm von seinem Corps noch übrig waren , während des Treffens auf dem linken Ufer dafelbft gegenwärtig von dem Kaiſer angenommen worden sein. Handelnd kömmt diese Handvoll Reiter nicht vor , ſondern lediglich die badischen und hessischen (f. LXXVIII. 1) . Röder, Kriegszug. 28
434 Artillerie über die Brücke. Dieser Uebergang war um 1 Uhr Morgens den 29. beendigt. --- Von jest an waren die Brücken völlig frei zum Uebergang für Jedermann , ohne daß sie ein Mensch aus der großen Menge der noch am linken Ufer befindlichen Traineurs benugte , oder , aller Anregung unerachtet, aus der Apathie, in der Alle versunken zu sein schienen , zu erwecken war * ). Um 5 Uhr Morgens ließ man endlich , um fie zum Aufbruch zu bewegen , einige Wagen anzünden. Dieſe Maßregel half einigermaßen. Um 64 Uhr zog Marschall Victor seine Vorposten ein und ließ seine Arrieregarde übergehen. Alle , die auf dem linken Ufer geblieben waren , stürzten jest haufenweise auf die Brücken , da sie nun einsahen daß deren Zerstörung sehr bald erfolgen müſſe, und verursachten dadurch wiederum und zum legten Male eine Stockung. General Eblé, der Befehl hatte , sie um 8 Uhr abzubrennen , zögerte , da er keinen Feind erscheinen sah, bis um 84 Uhr damit **) . — Erſt um 9 Uhr erschienen die Kosacken , die nun , was sich noch auf dem linken Ufer befand , etwa 5000 Menſchen *** ) jedes Alters und Geſchlechts , darunter kein einziger Bewaffneter , zu Gefangenen machten. Auch fielen ihnen nur drei in dem Treffen beschädigt gewordene Geſchüße und einige Pulverwagen in die Hände; sonst aber war die Beute unermeßlich und von großem
*) Es gab hier noch eine Menge von Militärs ; viele unter ihnen waren bleſfirt oder krank ; das Uebermaß ihrer Leiden hatte Alle in Unempfindlichkeit verseßt ; ebenso war eine große Zahl von Knechten, Marketendern , Armeebeamteten vorhanden , auch noch einige der von Moskau geflüchteten Familien. **) Jeßt erft, als die Brücken angezündet wurden , schreckte Alles aus der bisherigen Apathie auf, und das linke Ufer der Berefina bot den schmerzlichsten Anblick dar. ***) Der ruffiſche Oberft Buturlin gibt die Zahl der hier den Ruffen in die Hände gefallenen Traineurs (denn nichts hatte sie gehindert alle über den Fluß zu kommen) auf 2000 an ; doch dürfte , Weiber 2. eingerechnet , die Zahl etwas größer gewesen sein. Der Bericht des Generals Grafen Wittgenstein verbreitet sich gar nicht darüber ; denn es waren ja keine gefangenen Krieger ! Wohl aber sagt er : „ Die Menge Gepäcks ist so groß , daß eine Strecke von mehr als einer halben Werfte ins Gevierte damit bedeckt ist , so daß man nicht vorbeifahren konnte und drei Compagnieen abgeschickt werden mußten um Plaß für die Truppen zu machen.“
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Werth. -
General Eblé trat seinen Rückzug um 94 Uhr an, nachdem die Brücken gänzlich zerstört waren ; .-und nun erst erſchienen die vordersten regulären Truppen Wittgensteins zu Studienka ( Studenzi nach russischen Schriftstellern).
Achtundsiebenzigstes Kapitel. Fortseßung des Rückzugs der französischen Hauptarmee bis Ende Novembers. Marschall Ney macht wieder die Arrieregarde. Unbedeutende Verfolgung durch die Ruſſen. Das Hauptcorps Kutuſows und die Armeecorps von Tschitschagof, Wittgenstein und Hertel. Vertheidigung des Marschalls Oudinot in einem Hauſe. ― Die große Armee hört auf zu existiren. Stärke an Combattanten. Wrede tritt in Verbindung mit ihren Reften. 1. Der Vicefönig Eugen, Marschall Davoußt und General Latour - Maubourg (vergl. LXXVII . 6. ) mit den Reſten ihrer Corps , sowie auch die demontirten Reiter , begaben sich während der Schlacht am 28. nach Zembin , wohin auch alle Isolirten , die die Brücken der Beresina passirt hatten , abgingen. An Sammlung der Legteren zu Zembin , so gelegen dieser Ort auch dazu gewesen wäre, konnte Niemand mehr denken , da man nichts zu ihrer Verpflegung hatte. - Der Vicekönig machte nun mit den wenigen Bewaffneten, die ihm vom 4. Armeecorps noch übrig waren , die Avantgarde der Armee *) . 2. Napoleon, der seine alte Garde während der Schlacht am 28. zwar sich bereit halten und eine Reserve für die an der Brodnia fechtenden Armeecorps von Dudinot und Ney machen ließ , ließ sie doch darum dahin nicht näher vorrücken. Er verließ mit ihr sein Hauptquartier Zaniwki (Koszuki) , wo sie verblieben war , den 29. November um 6 Uhr Morgens und ging dieſen Tag (über Zembin) bis Kamen. Er fuhr. Der allgemeine Rückzug ward diesen Tag fortgesezt. 3. Nach einer aus Mangel an Lebensmitteln, und noch mehr an Mitteln sie zuzubereiten , bei einem schneidend kalten Winde und jammervollen Biwackfeuern von uns (Hessen) ver-
*) ,,Major Zimmermann ging mit den Fahnen der heffiſchen Brigade gegen Abend auch nach Zembin ab." 28 *
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brachten Nacht, die uns geistig und körperlich sehr schwer durchzukämpfen wurde, traten wir mit der jungen Garde noch einige Stunden vor Tag ( am 29.) den Rückzug an zc. Wir erkannten uns erst , nachdem wir in Nacht und Dämmerung eine große Strecke
auf Knüppel - Wegen und Brücken gestolpert
waren , in Zembin ein wenig, freilich nicht mehr als geregelter sondern sehr gemischter Haufen , der von dem geſammten Armeecorps der jungen Garde kaum 600 Bewaffnete betragen haben mochte.
Unſre Brigade , nachdem sie sich wieder zuſam-
mengefunden hatte, mochte etwa 80 Mann betragen. Ich (als Compagniechef) hatte meinen Feldwebel , einen Corporal und zwei Gemeine bei mir , als wir eine Werfte vorwärts Zembin von dem größeren Haufen der schon wieder gänzlich untereinander gekommenen Brigade (da jeder nur nach dem Maß ſeiner Kraft marſchirte) abkamen , welcher, unsern Prinzen und die Fahnen geleitend , noch bis zu dem Ort , wo der Kaiser sein Hauptquartier habe , voran wollte *) ; ebenso vertrüppelten sich die andern und geriethen nun allmählich immer mehr, gleich mir und meinem Trüppchen, unter die nachfolgenden Pilger von andern Corps und Iſolirte , die keine Waffe mehr hatten, sondern an Stäben geſtügt einhergingen , schlurften und hinkten. Auch von unsern Chevaulegers fanden wir zu Pferd pilgernde
* ) ,,Mein Koni war im Biwack verfloffene Nacht abhanden gekommen ; ich ging nun mit unsäglicher Mühe , von meinem Feldwebel unterflüßt , bis zu den Hütten wo der Kaiser refidirt hatte (Koszuki) ; dafelbft fing man einen der vom jenseitigen Ufer herübergetriebenen Konis , die sich hier in Haufen gesammelt hatten , auf, feßte mich auf den scharfen Rücken desselben, gab ihm einen Strick als Zügel ins Maul und so ward es mir möglich , mit meiner etwa 10 Mann starken Compagnie bis eine Stunde über Zembin hinauszukommen ; hier blieb ich mit (oben berührten) 4 Leuten zurück , da mein Pferd nicht einmal mit den beſſeren unsrer Fußgänger fortkommen konnte. Wir blieben dann die Nacht in einem Haus , zusammen mit vielen andern Leuten ge= drängt , das aber bald in Brand gerieth , und wo wir dann an dem Biwackfeuer , das es uns gab , bis 2 Uhr früh verweilten ; dann , um das Regiment wieder einzuholen , aufbrachen und es auch beim Städtchen Kamen fanden. - Von meiner Compagnie waren nur 3 Unteroffiziere und 4 Gemeine zusammen , als fenes (den 30. Morgens) aufbrach." Tagebuch.
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Challis
Leute , meist Blessirte aus dem gestrigen Treffen.
Dieses Re-
giment war am 29. November noch einen kleinen Zug stark, und ihm nur etwa 25 Mann zu Dienst verblieben von den 200 Pferden , mit denen es gestern zum Treffen ausgerückt war."
4. Marschall Victor mit den Resten des 9. Armeecorps, die sich am 29. ebenfalls schon großen Theils in pilgernde Trüppchen aufgelöst zeigten , folgte der jungen Garde , ſowie diese der alten folgte. Marschall Ney mit den Resten des 2. Armeecorps und den Truppen , die überhaupt bei Stachow unter ihm gefochten hatten , machte den Schluß des Ganzen *). Bei Zaniwki (Koszuki) eingetroffen, mußten ſeine Truppen mehrere Stunden Halt machen, da hier eine Stockung entstanden war, welche theils die geringe Breite der kleinen Wilna-Straße , auf die hier übergegangen werden mußte , theils die bis Zembin zu paffirenden Brücken veranlaßt hatten. Er ging dann , ganz unbeunruhigt vom Feinde , über die Brücken und ließ sie abbrennen. - Es war General Maison , welcher den Rest des 2. Armeecorps befehligte , der an Infanterie noch die Stärke eines Bataillons hatte und den Nachzug machte. 5. Am Abend des 29. Novembers stand die französische Armee wie folgt : Victor mit seinen Truppen war in Zembin und Ney beseßte eine Stellung noch etwas rückwärts dieſer Stadt , worin jedoch er , wie Victor, sein Hauptquartier hatte. Eugen und Davouft waren in Pleszczenici ; der Kaiser mit sämmtlichen Garden blieb in Kamen. - Hier erhielt er zum ersten Male wieder seit dem Abmarsche von Smolensk Depeschen von Maret aus Wilna , die ihm ein jüdiſcher Emiſſär brachte, der , da er schon Ruſſen vorwärts Kamen auf der Straße fand, sich durchschleichen mußte. 6. Admiral Tschitschagof hatte schon am 28. während des Gefechtes bei Stachow an den Generalmajor Lanskoi , der sich
*) ,,Bis zu diesem Tage war noch der Reft der bewehrten würtemberger Infanterie, 57 Mann, bei Ney, trennte sich aber nun nach dem Treffen von Stachow und machte die Bedeckung des würtembergischen Hauptquartiers. Würtembergische Reiter gab es längst nicht mehr," fagt Major von Miller.
438 mit einem Detaschement von 150 Husaren und etwa 400 Kosacken nebst zwei reitenden Geschüßen zu Jurjewige befand , den Befehl ergehen lassen , nach Pleszczenici vorzugehen und daselbst auf die Spige des rückziehenden französischen Heeres zu fallen. Er traf hier den 29. November um Mittag ein, wo sich eben die Quartiermacher vom Hause des Kaisers befanden und der blessirte Marschall Oudinot nebst mehreren andern bleſſirten und kranken Generalen eingetroffen war.
Dieser schloß sich nun
mit etwa einem Dugend Offizieren und Carabinieren vom 3. italienischen leichten Regiment in ein Haus ein und alle Angriffe , die die Truppen von Lanskoi darauf machten , wurden Er mußte mit einem Verlust von 10 Todten, abgeschlagen. doppelt so viel Blessirten und einem Gefangenen abziehen. Zwar versuchte er dann noch das Haus zu kanoniren *) ; da aber die Spige der Vorhut des Heeres sich näherte , so hielt er für gerathen sich zurückzuziehen und verschwand bald gänzlich. Nur ein franker General , der auf der Straße aufgegriffen worden war und etwa ein Hundert waffenloser , ebenso aufgegriffener Isolirten waren seine Trophäen (f. §. 12. Anmerkung *** ). 7. Tschitschagof begnügte sich damit, seine Avantgarde unter General Tschaplig dem abziehenden französischen Heere folgen zu lassen. Diese wagte sich jedoch am 29. noch nicht so nahe heran , daß es zu irgend einem Gefechte kommen konnte. -Er hatte dem General Grafen Wittgenstein Pontons zugeschickt und so ließ dieser noch desselben Tages, den 29., bei Studienka wieder Brücken schlagen , um den Fußtapfen des franzöſiſchen Heeres zu folgen. 8. Kutusow , welcher am 25. November bei Kopys über den Dnjepr gegangen war, zog über Staroselje (wo sein Hauptquartier den 26. war ), Krugloë (den 27.) , Chomry (den 28.) und Mikiewiczi (den 29.) nach Usza , wo er am 29. Brücken über die Beresina ſchlagen ließ und am 1. December ſein HauptDas Corps von General Hertel, quartier nahm (f. 12).
*) ,,Dieß Haus , das ich mir genau betrachtete , hätten 50 entschloffene Männer nehmen können ; freilich wußten die Angreifer nicht, das es einen Marschall darin zu fangen gab." Tagebuch.
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das noch immer nicht zu Admiral Tschitschagof gestoßen war, erhielt nun von Kutusow Befehl über Minsk und NowoiSwerjin nach Slonim zu marschiren. 9. In militärischer Hinsicht hatte nun die große Armee zu Sie endete mit den glänzenden Thaten bestehen aufgehört. am 28. oder der Schlacht an der Beresina ; da das 2. und das 9. Armeecorps durch die hier erlittenen Verluste und die
daraus, in Verbindung mit den übrigen (oben berührten) Umständen , hervorgehende innere Auflösung , die sich am 29. und 30. November schon sehr stark zeigte , die schüßende Kraft verloren, die ihnen am Tage der Schlacht, nebst der alten Garde, Es war jest nur noch eine allein noch innegewohnt hatte *). ― gekleideten Kranken , frieLumpen in unermeßliche Menge von renden und hungernden Pilgern mit Stäben in den Händen, welche, wie von einem Bußzuge heim kehrend , da und dort von einem Trüppchen oder Trupp Bewaffneter gegen räuberiohne daß die Deckung jedoch sche Horden gedeckt erschienen, die Meisten bei dem so zersplitterten Zuge zureichen konnte; an Rettung verzweifelnd ! 10. Man thut der Sache gewiß nicht zu wenig, wenn man am 30. November nur den dritten Theil derjenigen noch nothdürftig streitfähig annimmt , die es , als sie vor Studienka am 26. ankamen, noch waren. So zählte die alte Garde damals noch 3500 Combattanten, am 29. nur 2000 Mann, die junge Garde damals noch 1500, den 29. höchstens noch 800 **), und die Meisten dieser 2800 Garden waren frank oder trugen den Keim
*) ,,Die Corps , welche an der Berefina erst mit der Moskauer Armee zusammenfließen (sagt Chambray) , hatten noch auf mehrere Tage Lebensmittel; fie hatten also hieran wenig Entbehrungen gehabt, fonach auch, kraftvoller verblieben , durch die Kälte minder gelitten. Dennoch aber hatten fie so beträchtliche Einbuße in der Schlacht vom 28. , daß fie am 29. nicht mehr halb so viel Truppen zählten als bei ihrem Eintreffen zu Studienka“ .- (auch richtete fich ihr Geift durch den Sieg nicht auf, sondern sank immer mehr). **) ,,Es dürften an Unteroffizieren, deren so viele vorhanden waren als gemeine Soldaten , an Spielleuten und Gemeinen , am 30. kaum 500 noch in Trupps zusammen, dann etwa 200 Offiziere dabei gewesen fein." Tagebuch.
440 Ueberhaupt konnte die Armee tödtlicher Krankheit in sich. (nach Chambray) nur noch 8800 Combattanten zählen, die den nachfolgend bezeichneten Corps angehörten: 2000 Infanterie, 1200 Cavalerie a) Alte Garde b) Junge Garde (inbegriffen die 800 " "1 heffische Brigade) 500 "1 " c) Unter Marschall Ney's Befehl 1800 * ) 100 2000 d) Corps von Marschall Victor " "" -400 **) " "/ e) 1. und 4. Armeecorps 1800 Cavalerie. 7000 Infanterie Es war befohlen worden , Compagnieen aus den vielen noch berittenen Cavalerieoffizieren zu bilden ; es war aber keine Möglichkeit mehr sie zusammenzubringen und militäriſch geordnet zu erhalten. 11. Das Hauptquartier des Kaiſers war am 30. November zu Pleszczenici. Die Reste der Corps von Eugen und Davoust waren
einen Tagmarsch
vorwärts des kaiserlichen
Hauptquartiers (Eugen in Nestanowiczi) ; die unberittene Cavalerie zwei Tagmärsche; alſo leztere unter Jünot , Herzog von Abrantes , etwa zu Jlija. Die von Victor und Ney befehligten Truppen waren an diesem Tage in die vom Hauptquartier verlassene Station Kamen eingerückt. 12. Am 30. November , wo das Hauptquartier Kutusows nach Szewerniczi gekommen war (ſ. 8.) , rückte das von Miloradowitsch bis dahin befehligte Armeecorps bei der russischen Hauptarmee wieder ein , indem von nun an Tschitschagofs Armeecorps das Avantcorps der Hauptarmee machte , und diese jezt in bequemen Tagmärschen, mit Rafttagen, vorging und beziehungsweiſe den Trümmern der französischen Hauptarmee folgte ; doch blieb das Armeecorps von Miloradowitsch immer an der Spige der russischen Hauptarmee ***).
*) Nämlich : Division Claparede 200 Mann ; Divifion Dombrowski 800 Mann ; die beiden andern polnischen Divifionen des 5. Armeecorps 300 Mann ; die drei Divifionen des 2. Armeecorps 500 Mann; WORLD zusammen 1800 Mann Infanterie (nach Chambrays Aufzählung) . **) Diese Militärs waren bewaffnet , marschirten auch in Trupps, waren aber nicht mehr in Compagnieen formirt. ***) Nach ruffiſchen Berichten sollte Admiral Tschitschagof am 30 . dem Feind 7 Kanonen genommen haben, was nicht mehr heißen kann
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Was den Marsch von uns Heſſen (und so der jungen Garde) am 30. insbesondere betrifft , so war dieß ein sehr übler und mit vielfacher Lebensgefahr verbundener auf der 13.
durch Eis spiegelglatt gewordenen Straße bei der Mattigkeit der Menschen und Pferde, die so sehr überhand genommen hatte. Keiner von uns , der nicht ein oder mehrere Mal gestürzt wäre, und es war schwer wieder aufzukommen, da man nicht leicht Handreichung von irgend jemand erhielt , durch die Härte des Falles in Folge des Ausglitſchens aber und durch eigne Kraftlosigkeit außer Stande war sich selbst zu helfen. Geschah der Fall am Hange eines der hier befindlichen Hügel , so glitschten Pferde und ins Rollen gekommene Wagen über den Gefallenen hin 2c. Am Eingang der Stadt Pleszczenici ward Halt gemacht und, da sie bereits überfüllt war, neben der Landstraße ein Biwack bezogen. Se. Hoheit unser General Prinz Emil, die Obersten und einige Stabsofficiere mochten jedoch in einer Hütte dieſer dorfgleichen Stadt noch Unterkunft gefunden haben. So wie wir nicht mehr in einem gemeinsamen Trupp mar-
ſchirten, ſondern in Trüppchen pilgerten, die sich nach Maßgabe ihrer Kräfte zusammenhielten und fortbewegten , so biwackirte man auch.
Das vorderste hessische Trüppchen von 10 oder 12
Flinten , als Haupt- oder Fahnentrupp , ließ sich nieder ; die andern Trüppchen von 2 bis 4 Flinten folgten successive, sobald sie an denselben Punkt kamen , dem Beispiel, so daß ein solcher Biwack immer ein Sammelpunkt wurde , wo oft 40 bis 50 zusammentrafen *) .
Der Biwack kann , was die Lebens-
als von einer verlassenen Sache Befit genommen , und nach denselben follen am 29. (f. 6. ) zu Pleszczenici von ihm (das heißt : durch ein zur Seite vorgegangenes Streifcorps) 30 Stabs- und Oberoffiziere und 217 Mann von für Napoleon Quartier Machenden gefangen worden sein. (Von diesen nur einige Wenige , sonst nur Jfolirte.) *) ,,Ich hatte bei diesem Marsche noch 4 Flinten um mich (und die Aerzte Ammann , Graf 2c.) ; wir kamen erst in der Nacht zum Fahnentrupp und ließen uns bei ihm nieder. Mein braver Unteroffizier Joft wurde diese Nacht blind und hatte dabei einen beständigen Hang fich ins Feuer zu stürzen , das er gar nicht mehr zu fühlen fchien. Es ging mir damit wieder ein Bewaffneter verloren ; auch mein Feldwebel (Vogel) erblindete , was sich aber mit dem Tag wieder etwas hob ; doch ich , der Lahme , mußte ihn , den Blinden , führen , indem ich mich auf
442 mittel betraf, ein guter genannt werden. Wir hatten heute vollauf Schweinefleisch zu braten (ich sogar vom Marketender einen alten Hahn zum Kochen erhalten) ; auch fehlte es den Pferden weder an Heu, noch an ungedroschenen Garben. Die Straße, die wir einhalten , ward noch wenig von Heerzügen berührt, - und so dürfte es denn auch bis wir auf die große Straße kommen , also noch einige Tage , bleiben 2c. Noch haben wir 28 polnische Meilen ( zu 5 Wersten )
bis
Wilna zurückzulegen, die schwerlich, wenn die Kälte noch steigt, die Hälfte der noch gegenwärtig am Leben Befindlichen zurücklegen wird , denn mehr oder minder frank und bereits Todescandidaten sind wir alle 2c. Auch leiden wir zeitweise mehr oder minder an Erblindung, besonders Nachts bei den Feuern." 14. Nach einem am 28. an General Graf Wrede abgegangenen Befehl (f. LXXVII. 4. ) nach Wileika zu marſchiren *) traf das 6. Armeecorps (nach seinen gegenwärtigen Beftandtheilen , wobei das großherzoglich hessische leichte Infanterieregiment und die Artilleriediviſion) am 30. daſelbſt ein. Durch das Heranziehen dieser schlagfertigen Truppen , wenngleich sie nur ungefähr 6000 Combattanten stark ſein mochten, auf diesen wichtigen Punkt an der Wilia war ein Bedeutendes für die Sicherung des Rückzuges der aufgelösten großen Armee gewonnen. Wrede marschirte indessen nicht direct nach Wileika, ſondern von Dolghinow sogleich über die Wilia nach der Straße die die retirirende Armee zog, und erst in der Gegend von Jlia oder Lotigol lenkte er von derselben wieder ab und nach dem angewiesenen Punkt Wileika hin (wohl weil ihn da erst der Befehl traf).
Mit Schrecken hatten seine Truppen den jam-
mervollen Zustand von Individuen der großen Armee erblickt
ihn ftüßte. Auch brachen wir am 1. December früh nicht mit dem Fahnentrupp auf wegen der Behaglichkeit am Feuer, und da wir die Nacht, faft immer mit Soft beschäftigt, der sich zulezt doch noch in ein brennendes Haus fürzte , gar nicht zum Schlaf gekommen waren. Ich erreichte darum auch am 1. das Hauptquartier (Staiki) nicht und blieb, nun von nur 2 Flinten beſchüßt, wohl 2 Stunden rückwärts." Tageb. **) Wrede war schon vor Erhaltung des Befehls , am 28. Abends, von Dokszice nach Dolghinow abmarschirt, wo er frühestens jenen Befehl erft erhalten konnte , f. oben S. 432 u. Anmerk. **.
443 und wohl auch er selbst : denn einen solchen Zustand konnte sich Niemand denken c.
Neunundfiebenzigſtes Kapitel. Ereignisse am ersten December. Truppensammlung zu Wilna zur Unterflüßung des Heeres und zur Deckung jenes Hauptdepotplates. Unterlassene Fürsorge zur Erhaltung der Soldaten im Winter Rußlands und im Freien (außer von Seiten der Oestreicher). Mangel eines Marschalls zu Wilna ; überwiegende diplomatische , hintangefeßte militärische Maßregeln daſelft ( unter Maret) . 1.
Seit dem Uebergang über die Beresina (sagt ganz
richtig Chambray) war die Armee in Beziehung auf Lebensmittel etwas besser dran ; sonst aber wurde ihre Lage immer bedauernswürdiger und alle (bisher berührten) Drangſale nahmen zu. Indisciplin und Inſubordination erreichten den äußerften Grad. Eine große Menge vereinzelter Soldaten, die bis jezt noch ihre Waffen als Schugwehr behalten (ja noch recht brav am 28. November in Reih und Glied mitgefochten) hatten , warfen sie nun weg (Leştere, sowie sie fühlten , daß sie nicht gut mehr mit den andern fortkommen konnten) . Die legten Spuren von Uniformen verschwanden gänzlich (denn jeder hing an und um sich, was ihn beſſer gegen Kälte ſchügen konnte, Die geringe Erleichterung hinsichtlich selbst Weiberkleidung). der Nahrung *) bewirkte im Ganzen keinen sichtlichen Unterſchied mehr. Man unterlag den ununterbrochenen Märschen und Biwacks (und der mit legteren verbundenen Schlaflosigkeit) . Nie hatte die Straße ein gräßlicheres Schauspiel dargeboten 2c.; fie war mit Leichen und Sterbenden wie besäet **), die Gemüther waren mehr als je erschüttert 2c.“ ***). *) Die man jeßt, etwas von der Straße entfernt , immer finden konnte, auf die Gefahr hin, besonders füdlich , von den Kosacken aufgefangen zu werden. **) Selbft der Genuß des fetten Schweinefleiſches , den man jeßt öfters ftatt zähen Pferdefleisches hatte, gereichte uns zum Verderben, da man fich daran, bei der äußerst geschwächten Verdauungskraft, gewöhnlich übernahm, und von dem leckern Mahle nicht mehr aufkommen konnte, oder bei ihm und gutem Feuer die Geisteskraft verlor um wieder aufzußtehen und weiter zu wandeln. ***) Die alte Garde gab davon den besten Beweis ! Bei Zaniwki
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2. Litthauen ist mit Kiefernwäldern bedeckt, in welchen die kleine Wilnastraße , die die Heertrümmer bis Molodeczno einschlugen , so eingeengt war , daß oft nur ein Wagen und kein zweiter neben dieſem Play fand. Dieß erzeugte denn vielfach Stopfungen. Der Weg war seit dem wieder eingetretenen Frost sehr glatt geworden (f. LXXVIII. 13.) , ſagt Chambray, und man war jeden Tag gezwungen Artillerie und Gepäck zurückzulassen *).
Kosacken erschienen oft, und sowie man ihrer an-
sichtig wurde , drängte sich Alles , was auf der Straße (und nicht wenigstens eines halben Dugends Flinten mächtig) war, vorwärts oder zurück. Es blieben dann auf der Straße nur die zu matten (und unbewaffneten) Zauderer und einiges Gepäck, deren jene dann sich mit Leichtigkeit bemächtigten. Sie zogen sich zurück, sowie man ihnen nur einige Flintenschüsse entgegenschicken konnte.“ 3. „ Napoleons Hauptquartier kam am 1. December nach Staifi (zwischen Zawitſchino und Jlija liegend). Ebenso befanden ſich hier die alte und junge Garde, und dabei die Fahnentrupps der hessischen Brigade, die bei der Vereinigung auf dem Biwackplage zusammen kaum 50 Flinten zählen mochten , worunter gewiß die Hälfte Unteroffiziere ; wobei sich aber auch das Offizier- und Stabsperſonal der ganzen Brigade angeſchloſſen hielt, im Ganzen ebenfalls und wohl noch mehr als 50 Köpfe. Se. Hoheit unser Prinz General-Commandeur befand sich ſtets bei diesem Truppenreste am Abend und im Hauptquartier des Kaisers, - war aber nicht immer so glücklich eine Hütte zur Unterkunft zu finden, die etwas beſſer gewesen wäre als ein bloßer Schoppen .c."
hörte ich sie zum ersten Male ziemlich vernehmlich über den Kaiser brummen und über das gräßliche Elend , das die Armee betroffen und nun auch fie traf, laut werden ; es kam immer mehr vor als die alten Schnurrbärte immer mehr erlagen . *) Die ruffiſchen Bülletins sagten dann immer : ,,wir haben genommen ! " [Von der Alles in dieser Art weit übertreffenden Unverschämtheit der Lüge in den ruffiſchen Bülletins, und der grauenvollen, fich immer steigernden Rohheit der Sprache ihrer auf Fanatiflrung der Maffen berechneten Aufrufe , finden fich merkwürdige Proben nebft tref. fenden Bemerkungen in dem ,,Buch vom Jahr 1812". Zuf. d. Herausg .].
445 4. Die Entfernung der übrigen Truppenreſte von der StaEugen tion des Hauptquartiers blieb die des gestrigen Tages. befand sich (nach Labaume) zu Ilija.
Marschall Ney mit der
Arrieregarde, der hinter der Dwinoſa bei Pleszczenici halten zu wollen schien , wich indessen, da ihm die feindliche Avantgarde unter Tschaplig zu nahe kam und er doch ein Engagement vermeiden wollte, noch bis Kotawiczi zurück. Indessen ließ der russische General, gegen die bisherige Sitte, nicht ab; ſeine Truppen drangen faſt zugleich mit jenen Ney's in den Flecken ein. Ney war gezwungen , denselben noch in der Nacht (vom 1. auf den 2.) zu räumen und mit einigem Verlust *) bis Zawitschino zurückzugehen. 5. Das große russische Hauptquartier befand sich am 1 . im Dorfe Rawanicza , obgleich Kutuſow für seine Person in Usza (f. LXXVIII. 8.) blieb, wo noch fortwährend Theile seiner Armee die Beresina passirten. Er ließ nun die Hauptarmee einige Tage in dieser Gegend cantoniren, indem er Tschitschagof und Platow die nächste Verfolgung der rückziehenden französiſchen Truppen des ehemaligen Hauptheeres übertragen hatte, die dazu auch vollkommen ausreichten. Miloradowitsch blieb mit seinem Armeecorps in der Gegend von Kofino, wo er auch am 2. December sein Hauptquartier nahm.
6. Der General Graf Platow, der nun zum Tschaplig'schen Avantcorps des Armeecorps von Tschitschagof gestoßen war, befand sich am 1. December zu Chotiniczi ** ). General Graf Wittgenstein hatte (einem Schreiben des Major-General an den Vicekönig zufolge) an dieſem Tage ſein Hauptquartier in Pleszczenici. ― Der russische General Szepelew marschirte zu derselben Zeit mit der auf 70,000 Mann angegebenen rusfischen Landwehr auf Mohilew. 7. Der Fürst Schwarzenberg, welcher den russischen General von Sacken bis nach Volhynien verfolgt (s. S. 269 * ) , dann aber auf Veranlassung von Maret wieder um- und gegen Minsk
*) Nach ruffischen Berichten bestand er in 5 Kanonen, 7 Offizieren, 500 Gefangenen. **) Er will an diesem Tage den Franzosen eine Kanone genommen und 1000 Mann zu Gefangenen gemacht haben (f. d. vor. S. Anm. *),
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hin sich gewandt hatte , langte auf seinem Marsche dahin (den er über Slonim nehmen wollte) am 1. December zu Pruszany an. Auch General Reynier brach an diesem Tage mit dem 7. Armeecorps von Brzesc-Litewski (wo er nur ſeine polnische Brigade zurückließ) auf und richtete seinen Marsch nach Slonim. 8. Zu Wilna, wo Maret als Stellvertreter des Kaiſers Napoleon *) residirte und wo das diplomatiſche Corps, welches Legterem gefolgt , verblieben war , hatte Jener dieſem Corps bisher noch stets mit äußerster Sorgfalt die Unfälle zu verhehlen gewußt, welche die Armee betroffen , ja selbst fie den Anführern der Flügelcorps nicht zur Kenntniß kommen laſſen (wodurch denn insbesondere auch Schwarzenberg zu der früher erwähnten falschen Bewegung, der Verfolgung Sackens bis nach Volhynien, verleitet worden sein soll **). - Nur der Verluft von Wilna, das durch seine Lage auf der Communicationslinie des Hauptheeres, als Hauptdepot aller Kriegsmittel, Hauptstadt Litthauens und Mittelpunkt der neu conföderirten Provinzen von höchster Wichtigkeit war , hätte eine allgemeine Ueberzeugung von der verzweifelten Lage des französischen Heeres hervorzubringen vermocht , und die Ruſſen machten in ihren Bülletins ganz vergebens seit 6 Wochen diese Lage als verzweifelt bekannt. Man konnte um so weniger daran glauben als noch kein Befehlshaber von franzöſiſchen ― als abgeschnitten, aufgerieben 2c. verkündeten -— Armeecorps gefangen bezeichnet worden war, und man die früheren, ſelbſt bis zum Einrücken der Franzosen in Moskau immer nur Siege verkündenden russischen Bülletins in gutem Andenken hatte ; auch war fortwährend bei Ruſſen und Franzosen von dem 1. Armeecorps , von dem 2. , dem 3. , 4. 2c. die Rede , obſchon ſie nicht einmal mehr den Bestand eines Regiments , eines Bataillons hatten ; und so feierte man auch am 1. December wieder einen von der großen Armee bei Uebergang über die Beresina erfochtenen bedeutenden Sieg , ― der auch allerdings bedeutend
*) Er konnte im Falle der Noth im Namen des Kaisers Befehle ertheilen. **) Was ich jedoch, da das Verfahren zu unmilitärisch und Schwarzenberg ein besonnener Anführer war , ohne einen geheimen Zweck zu unterftellen, nimmer glauben kann.
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war , aber keineswegs die Deutung hatte , die Maret ihm zu geben wußte , nämlich daß dieselbe hinter dieſem Fluſſe die Winterquartiere zu beziehen beabsichtigt und jede Widerſeglichkeit der Ruffen desfalls siegreich zu bekämpfen gewußt habe. 9. Es war zur Deckung des so wichtigen Depotplages Wilna daselbst wieder ein starkes Truppencorps (zumeist vom 11. Armeecorps) versammelt worden , das jest zur Aufnahme der Trümmer der großen Armee dienen konnte , auch, wie der Kaiser glaubte und beabsichtigt hatte , dienen sollte.
Die aus
deutschen Bundescontingenten der kleineren sächsischen und andern Staaten formirte 34. Division (Loison) von 10,000 Combattanten und zwei königl. neapolitanischen Garde- Cavalerie- *) Regimentern (das der Ehrengarden des Königs und der GardeHuſaren), 15-1600 Pferde stark, waren kürzlich hier eingerückt ;
außerdem gab es zu Wilna und detaſchirt in der Um-
gegend noch 7—8000 Mann, die aus Iſolirten, Wiedergeneſenen, Detaſchementen xc. , in Marschtrupps formirt , bestanden, oder auch aus Depots und schon formirten Corps, worunter einige litthauische und 500 Pferde waren. Auch gab es zu Wilna und Kowno genüglich Artilleristen und Genietruppen ; sowie fich in legterer Stadt auch die aus Marschtrupps bestehende Besagung zwischen 2000 und 3000 Mann fortdauernd erhielt. Es fehlte zu Wilna auch nicht an Geld und Erhaltmitteln jeder Art ;
ja das Gewöhnliche war selbst für das Drei-
fache der vorhandenen Zahl im Uebermaß vorhanden ;
nur
für's Ungewöhnliche (eines strengen Winterfeldzugs) fehlte es , - und blos darum , weil es an einem Manne von Kopf, Gewalt und Energie fehlte , der den Gedanken eines Winterfeldzugs in diesem Clima denken und , was dabei zu Erhaltung des Menschen erforderlich sei, erdenken konnte. Daß ein Soldat in seinem Frack, Hose und Mantel von dünnem Getüche, dann einem ledernen Czako ohne Ohrenschuß , oder mit einem Hütlein auf dem Haupte, Socken oder linnenen Lappen um die Füße 2c., in der hier ganz gewöhnlichen Kälte von 20° Réaumur nicht im Freien ausdauern , marſchiren , Schildwache stehen , biwacki-
*) Eine neapolitanische Infanterie - Divifion (die 38. der Armee) verblieb in Danzig als Garnison. '
448 ren könne , konnte jeder vernünftige Mensch wiſſen oder von einem Einwohner des Landes erfragen ; hätte ein Adjutant des Kaisers, der doch Hoogendorp war, der überaus kluge Maret, der Armee-Intendant , und jeder , der sich selbst mit Pelzrock, Pelzkappe und Pelzstiefeln zum Wandeln in den Straßen versah und seinem bunten , galonirten Rock nicht die ausreichende Schugkraft gegen Kälte beimaß , wissen und pflichts gemäß erwägen sollen. Er mußte sich zu dem Gedanken erheben ,
daß der Soldat auch ein Mensch und nicht mehr als
ein Mensch sei.
Sowie sie ihre gewöhnliche Garderobe für den
ruſſiſchen Winter nicht ausreichend erachteten , hätten sie auch die auf das mittlere Frankreich
oder Deutſchland bemeſſene
Ordonnanzkleidung , am Allerwenigsten aber gar für einen Neapolitaner , ausreichend halten sollen. Kurz man hätte für wenigstens 15,000 polnische Pelzröcke und Pelzkappen und doppelt so viel Schaffelle in Wilna sorgen sollen , und schon im Laufe des Octobers, im November aber bereits alles vorhandene Militär in diese Wintermontur zur Gewöhnung einzukleiden anfangen sollen.
Hätte endlich nur noch der Diviſionär der
34. Diviſion (Loison) und der neapolitanische General an einen so auf der Hand liegenden Gegenstand gedacht , und etwa Erſterer mit der Energie , woran es ihm doch sonst nicht fehlte, erklärt , daß ſeine jungen schön gepugten Soldaten für den Winter ausgerüstet sein müßten, wenn man wolle daß er auch nur eine Nacht im Freien mit ihnen zubringen solle; daß sie wenigstens mit Pelz gefütterte Mäntel und dergleichen Bauch-, Hals- und Ohrlappen , dicke hochheraufgehende wollene Strümpfe oder bepelzte Gamaschen 2c. haben müßten. Gab man zulegt den Soldaten auch nur Schaffelle zu Brust- und Rückenfütterung nebst Ohrlappen , wie es der Fürst Schwarzenberg bei dem öftreichischen Armeecorps that *) , ließ dabei jeden Soldaten zwei Hemden anziehen und den Reſt ſeines Torniſter-Inhaltes ad
*) Nur bei der öftreichischen Hülfsarmee ward, in dieſem außerordentlichen Fall sowohl als souft immer , auf die Erhaltung des Soldaten von Seiten der Oberen Bedacht genommen. Sie hatten ftets gute Spitaleinrichtungen und ihren Provianttrain ; man hielt aufs Abkochen; jezt gab man dem Soldaten Schaffelle 2c.
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deponiren (wofür man Zuschuß an Nahrungsmitteln und eine Bouteille Schnaps , auch Kienspäne zum Feueranma-
interim
chen , hineingeben und Schaufeln zum Eingraben hinzufügen konnte) ; sorgte man dabei auch reichlich für die gewöhnliche Verpflegung , so waren die 20-22,000 Mann , über die man gegenwärtig in Wilna verfügen , ja die man mit Hülfe Macdonalds leicht auf 30,000 Mann erhöhen konnte , eine starke und reelle Stüge , wie der Kaiser sich solche in Wilna zu finden gedacht haben mochte für sein aufgelöstes Heer ; und dieſe Stadt, wenn auch daran gedacht worden wäre , würde einigermaßen haltbar zu machen gewesen , ja das alte Heer bei den großen Vorräthen , die es hier gab , sich haben sammeln und jeden Versuch des russischen , sich ihrer zu bemächtigen, haben vereiteln können : denn die Kälte hätte nicht dem russischen Heere erlaubt, darum herum zu lagern ; auch würde der hierin vorsichtige ― Es geKutusow ſeine Armee dazu nicht hergegeben haben. schah indessen von diesem Allen nichts ; man bewies sich wie vernagelt, begnügte sich für die Höhe von Paris ordonnanzmäßig wohl ausgerüstete , schön gepußte Soldaten zu haben, bewegte sich in den ordentlichen Formen , für ordentliche Fälle gegeben , und erwartete für alles Uebrige die Befehle des KaiSo hatte man denn in Wilna allerſers in aller Ruhe ab. dings ein Armeecorps auf den Beinen , aber kein für einen ruſſiſchen Winter mobiles ; man hatte eine starke Garniſon, die aber das Clima tödten mußte, sowie sie in ihrer Kleidung einen Fuß vor die Stadt sezte. - Niemand war für den Winter ausgerüstet als die Leute, die auf die Stube angewieſen waren, die Employés des Heeres aller Art. 10. Es konnte bei dem Stellvertreter des Kaisers, Maret, Herzog von Bassano , am 21. December kein Zweifel mehr über den Zustand der großen Armee obwalten.
Er wußte, daß
fie im Rückzug auf Wilna ſei *) und man daselbst auf den Em-
*) Er schrieb dieß nämlich am 2. schon an den Fürsten Schwarzenberg und daß der Kaiser für seine Person etwa in 8 Tagen zu Wilna sein werde , wobei er ihm zu erwägen gab , ob es unter den gegenwärtigen Umständen nicht rathſam ſein dürfte, mit seinem Armeecorps fich dem rechten Flügel des Heeres zu nähern. Röder, Kriegszug. 29
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pfang der Russen gefaßt sein mußte. Auch erhielt er wahrscheinlich an diesem Tage die Nachricht von dem Uebergang der Beresina und die Gewißheit über den Zustand der Armee mit der Weisung , daß er von Wilna aus die Rückzugsstraße der Pilgrime von der ehemaligen Hauptarmee gegen die vorund ſeitenlaufenden Cavalerie- Streifcorps des Feindes zu ſchügen und Lebensmittel entgegenzuschicken habe. — In Smorgoni gab es unter dem commandirenden Adjutanten d'Albignac eine kleine Besagung und Magazine; ebenso in Oszmiana und Mjedniki, als Etapeorten , jedoch von minderer Bedeutung ; jezt aber wurden auch diese Orte , und besonders Oszmiana, wegen des Zuſammentreffens mehrerer Straßen daselbst, wichtig ; die Magazine mußten bedeutend und schnell verstärkt , die Besagung von Oszmiana auf wenigstens 2 Bataillone oder 1600 Mann Infanterie mit 3 bis 4 Geſchügen und einige hundert Pferde, deren man zum Recognosziren bedurfte, gebracht werden. Hierzu hatte man auch litthauische Cavalerie genug , und zwei bis drei Marschbataillone, jedes zu etwa 7-800 Feuergewehren aus alten Kriegern bestehend, Leuten die sich zu helfen wußten und für das nächste Bedürfniß gegen die Winterkälte ausgerüstet, waren augenblicklich aufzustellen ; man brauchte faſtnur zu wollen*) . Es genügte vollkommen , wenn man ein Bataillon mit 2 Geschügen nedst 100 Pferden bis Smorgoni vorstieß, ein Bataillon mit 2 Geschügen und 300 Pferden nach Oszmiana stationirte, und endlich noch ein Bataillon nach Mjedniki abgehen ließ, oder es vorerst auch noch nach Oszmiana schickte , bis von Seiten des Kaisers darüber verfügt wurde. Man durfte aber nicht daran denken , diese Leute von der Division Loison , oder die Cavalerie von der Neapolitanischen zu nehmen , oder sie gar, Mann wie Pferd , der Gefahr ausſegen , bei 20º Kälte eine Nacht biwackiren zu müssen, ohne sie zuvor mit allen möglichen Schugmitteln dagegen verwahrt zu haben.
*) Die älteren Soldaten würden fich längst auf eigne Hand, schon zum Schildwachestehen, climatisch ausgerüstet (und dazu nothfalls den Juden oder Employés die Pelze ausgezogen haben) wenn es nicht streng verboten gewesen wäre von der Ordonnanz abzuweichen , und nicht das Paradewesen in Wilna, wie kaum in Paris, vorherrschend gewesen wäre.
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11. Es war ein Unglück, daß Napolon zu dieser Zeit keinen Marschall als Stellvertreter in Wilna hatte und nicht auf alle Gefahr hin schon von Orscha aus den Vicekönig, oder doch den Fürsten Eckmühl , oder endlich Ney dahin schickte, und daß jezt ein Diplomat die Laſt der außerordentlichſten Ereignisse auf sich nehmen mußte , wo nur ein Mann mit der Seele eines römischen Dictators derselben gewachsen sein konnte ; ja daß Maret nicht einmal einen klugen und energievollen Militär von hohem Grade zur Seite hatte , auf den er voll vertrauen und dem er die militärischen Maßregeln mit Verlässigkeit Auch war von der Zeit an, wo Napoleon überlassen konnte. ― von Smolensk den Rückzug nach Wilna antrat, hier nichts mehr besorgt , wie es für die Umstände militärisch erforderlich gewesen wäre ; nur das Diplomatiſche ging noch seinen guten An nichts , was wesentlich gewesen wäre, wurde Gang ! gedacht. Befohlen wurde auf gut Glück ; jeder Impuls zum Handeln wurde vom Kaiser erwartet , offenbar bis auf eine Vorschrift herab, daß man den Soldaten die Winterhosen anziehen Kamen dann endlich auch des Kaiſers Andeulaſſen müsse. tungen , so verstand sie Niemand in dem Sinn wie sie verstanden sein wollten ; da Maret als Diplomat sie so nicht, mit Allem was daran hing , verstehen konnte und nicht selbst einen gewiegten Soldaten zu suchen und sich ihm ganz anzu(denn zu Hoogendorp mochte er wohl desfalls nicht vertrauen über sich gewinnen besonders Vertrauen gewonnen haben) konnte; auch wohl durch alle die Unfälle , die den Kaiser und das Heer betroffen , schon allzu erschüttert sein mochte, um seinen Geist auch außer der diplomatischen Sphäre und allumfassend , wie es von des Kaisers Stellvertreter erwartet Nur die Déhors wurden, werden mußte, wirken zu lassen. den
auswärtigen Gesandtschaften gegenüber , bis
zum legten
Augenblick gewahrt und nichts merken gelassen was auf irgend ein Abnehmen des Glanzes der großen Armee auch nur entfernt hindeuten konnte , - wie es allerdings sehr flug war * ). Daß
*) So wurde am 2. December das Krönungsfest Napoleons und der Jahrestag der Schlacht von Austerlit sehr solenn gefeiert 20. 20. Während der ersten Monate meiner Gefangenschaft in Wilna erfuhr ich 29*
452 man aber auch die unerläßlichsten militärischen Maßregeln unter dieser Firma verabsäumte und z . B. nicht sich erinnerte, und zwar schon Anfangs Novembers oder doch später , daß Kowno nicht weit hinter Wilna liege und für den ersten Anlauf befestigt genug sei , um den Schaß und einen Theil der Magazine dort in Sicherheit bringen und eine Menge in Wilna schlechterdings unnüger und hemmender Personen dahin evacuiren zu können : wozu das offene Wilna bei den Bedrohungen der Kosacken im Rücken (man konnte sagen : weit im Rücken) der Armee, Vorwände genug gab ; obgleich man auch für Sperrung dieser Stadt und einige äußere Werke nicht unterlassen durfte zu sorgen. Es ward nicht einmal die durchaus ganz unverdächtige Sorge getragen, alle Spitäler zu Wilna evacuiren und die Kranken , selbst die Kränklichen , wenigstens bis an oder , ſoweit es ihr Zustand erlaubte , über den Niemen zu bringen 2c. (So ließ man denn auch den hessischen Kriegscommiſſariatszug, und so andere , da figen 2c.) Achtzigstes Kapitel. ― Neue Richtung der Armee Wittgensteins. Fortseßung des Rückzugs der franzöfifchen Armee unter Napoleon bis einschließlich zum 4. December. Zweites Nachhutgefecht und sonstige Ereignisse dabei. Absicht Napoleons die Armee einen Halt machen zu laſſen , ſelbſt aber dieselbe zu verlassen. Die Division Loison und die neapoliMac tanische Cavalerie geht ihr entgegen. Das 29. Bülletin . donalds Lage und Thun. - Bestand der Hauptarmee Kutusows und langsames Fortrücken derselben.
1.
Die Armee des Generals Grafen Wittgenstein hatte
die Weisung empfangen, von Pleszczenici aus sich gegen Wileika von dort ftationirt gewesenen Offizieren, Aerzten und Andern sehr Vieles über die Wirthschaft und die Unterlassungsfünden in Wilna , welche lehteren ich mir zwar selbst abstrahiren konnte. (Aehnlich urtheilt der Verf. des Buchs vom Jahr 1812. Loßberg (Briefe in die Heimat S. 310 f.) macht zwar einen Versuch Maret in Schuß zu nehmen gegen ähnliche Vorwürfe , wie die auch im Obigen ihm zur Laft gelegten ; allein , was Napoleon dadurch gefehlt haben mag , daß er Maret nidt früher von der Lage der großen Armee in Kenntniß gesezt hat , kann diesen wenigstens in Bezug auf das nicht entschuldigen , was er fich felbft schon vor oder doch nach Erlangung dieser Kenntniß sagen konnte. Zusag d. Herausg.]
453 zu bewegen und fortan rhis der Rückzugstraße des französischen Heeres auf Michaliszki an der Wilia zu ziehen. Das von Generalmajor Kutusow *) commandirte leichte Corps hatte den Vorläufer desselben zu machen, wobei es schon am 1. auf eine Abtheilung des Corps von Wrede stieß und zu Dolginow mit ihm in ein Gefecht verwickelt wurde. 2. Napoleons Hauptquartier kam am 2. December nach Selicze (zwischen Ilia und Lotigol). Ebenso hatte die alte und junge Garde daselbst ihre Station für die Nacht (mit Legterer der Se. Hoh. den Prinzen Emil von Hessen begleitende Rest der hessischen Infanteriebrigade , f. LXXIX. 3 ) . — „Es war in der verflossenen Nacht bis zum Thauen gelind geworden und dadurch heute (den 2. ) , noch dazu beim schönsten Sonnenschein , sehr viel besser marſchiren als bei dem gestrigen Glatteise , obgleich es immer noch viele glatte Stellen gab und viel geglitscht wurde 2c.“ ** ). 3. Das Corps der Arrieregarde des Marschalls Ney, welches in Folge des in den leztverflossenen 24 Stunden bestandenen Gefechts (f. LXXIX . 3. ) bis auf 1000 Mann Infanterie heruntergekommen war , ward am 3. December vom 9. Armeecorps unter Marschall Victor abgelöst , welchem zur Ar-
*) Dieses leichte , früher von Winzingerode commandirte Corps (dann von St. Prieft , bis dieser zum Generalstab des Oberfeldherrn Kutuſow versezt wurde) war am 3. November zu Moskau aufgebrochen, über Rusza , Ducowschtschina , Rudnia, Babinowiczi (hier am 19.) paſſirt, und nun zu Wittgenstein gestoßen. **) ,,Durch eine erschreckliche Diarrhve, die auf den Genuß einiger faftigen Schweineschnitten erfolgt war, konnte ich und mehr andre Soldaten heute die Nachtstation der Brigade nicht erreichen ; mit 4 Bewaffneten derselben und meinem halbblinden Feldwebel, dann mehreren Polen , von denen auch 2 noch Flinten trugen , mußte ich in der Scheune eines Dorfes zurückbleiben. Andre Pilgrime brachen dieselbe inzwischen, während wir darin lagen, allmählich ab, um sich Feuermaterial zu verschaffen. Der Tumult und das Leben bedrohende Einstürzen der Balken ließ Niemand einen Augenblick zum Schlaf kommen, so daß es nun die 3. Nacht war worin ich kein Auge geſchloſſen hatte. Etwa um 3 Uhr Morgens brach ich mit meinen Leuten auf, um die Brigade noch vor ihrem Aufbruch einzuholen. (Capitän Bechftatt vom Generalftabe fällt (den 2.) dicht vor Flia den Kosacken, sammt seinem Bruder, meinem Lieutenant, in die Hände 2c.)" Tagebuch.
454 rieregarde noch die Reste von Neys Cavalerie und Artillerie (Die badische Brigade machte den bebeigegeben wurden . deutendsten Theil des 9. Armeecorps aus . ) 4. Folgendes Befehlschreiben erging aus dem Hauptquartier zu Selicze Morgens 1 Uhr am 3. durch den Major - General
an den General Wrede : „Herr General, Ich empfange soeben Das Hauptquartier wird Ihr Schreiben vom 2. December. diesen Abend (den 3. ) zu Molodeczno sein , und so nach und nach bis zu einem Ort zurückgehen , wo man den Truppen wieder regelmäßig Lebensmittel austheilen kann. Die Armee leidet sehr durch die lange anhaltenden Entbehrungen *) . Senden Sie den Stand Jhrer Truppen und der Artillerie ein. Schicken Sie uns , wenn Sie können , Lebensmittel , Brod, Schlachtvieh auf einen Punkt der Straße ; dieß würde der wichtigste Dienst sein , den Sie uns zu leisten vermöchten . - Wir haben eine große Zahl unberittener Cavaleristen. Sagen Sie mir, von welcher Waffe die ledigen Pferde sind , die Sie haben. Schicken Sie Ihre Artillerieparks , Hoſpitäler , Vieh , Magazine c. nach Wilna. — Zeigen Sie mir den Ort an, wo sich die bairischen Truppen und die 10,000 Rekruten befinden, welche vor mehreren Monaten (zur Ergänzung) von München abgingen , damit Maßregeln genommen werden können , alles Dieses auf einem Centralpunkt zu versammeln .“ 5. An den Vicekönig Eugen , der sich mit den Resten des 4. Armeecorps zu Molodeczno befand , ging ebenso um 1½ Uhr früh den 3. von Selicze ein Schreiben ab : daß er einen polnischen Offizier zur Aufsuchung Wredes abschicken solle , um ihm zu hinterbringen , was ihm bereits schriftlich zuging, wenn solches etwa nicht in seine Hände gekommen sein sollte ; ferner solle der Vicekönig , sobald er mit dem Adjutant - Commandant d'Albignac (zu Smorgoni) in Communication käme, den Stand der Truppen einsenden ,
welche dieser bei sich habe und ihm
aufgeben, unter starker Escorte die 20 Estafetten, die zu Smorgoni verweilten ,
dem Kaiſer zuzusenden.
Endlich wünschte
der Kaiser zu wissen , ob das Heer einen Augenblick auf der
*) Mehr fagte man dem Commandanten eines (des 6. ) Armeecorps noch nicht über den Zustand, in dem sich die große Armee befand .
455 Wilia - Linie , die über Wiczin (Wiazin?) und Radoszkowiczi ziehe , halten könne ; ob d'Albignac Lebensmittelfuhren bei sich babe , da man wisse daß deren von Wilna unterwegs seien. Während dieser Rafttage könne man dann alle Blessirte (und Kranke) , die unberittenen Cavaleristen und die unnüge Bagage auf Wilna zurückgehen lassen; auch wünschte der Kaiser zu wissen , wie viel Leute denn der Vicekönig bereits gesammelt habe und ob ein Anfang mit der Wiederorganisirung der Regimenter gemacht worden sei. Ein Befehlschreiben für den General Hoogendorp, Gouverneur von Litthauen , und den die Cavaleriedepots commandirenden General Bourcier, war , um mittels Ertrapost durch einen Offizier sogleich nach Wilna erpedirt zu werden , beigelegt. Auch folgendes Schreiben ward bald hernach an den Vicekönig erlassen : „ Die Intention des Kaisers ist, daß Eu. Hoheit eine starke Avantgarde gegen Minsk hin vorstoße , damit man erfahre was auf dieser Seite vor= gehe .c.; daß Sie unter einer starken Escorte der Truppen d'Albignacs die schwere Bagage , den Schaß und alle Wagen, die Blessirte oder Kranke transportiren , zurückschicken. Sie haben dem Herzog von Abrantes (Jünot) Befehl zu geben, alle unberittenen Cavaleristen zu vereinigen und sich mit ihnen in Etappemärschen auf kürzestem Wege , mit Umgehung Wilnas, auf Merecz zu dirigiren. Ebenso haben Sie die Polen von Molodeczno aus unmittelbar nach Olita abgehen zu laſſen, ohne daß sie Wilna berühren. Schicken Sie Spione nach Minsk 2c. Cantoniren Sie Ihre Truppen in der Gegend von Molodeczno. Ebenso soll es der Fürst von Eckmühl (Davouſt) machen , damit sie sich railliren und einen Moment Ruhe genießen.“ 6. „ Das Hauptquartier des Kaiſers kam , am 3. , nach Molodeczno , wo denn auch die Garden und so Se. Hoheit der Prinz Emil von Hessen mit den ihn begleitenden und die Fahnen escortirenden Trupps der hessischen Brigade , deren jeder auf das Bataillon kaum mehr 10 Flinten zählte, — Nachtstationen hatten. Die alten Garden sollen einige von Smorgoni gekommenen Lebensmittel zur Austheilung hier gefunden haben; bis zur jungen Garde und in specie der hessischen Brigade langten oder gelangten sie indessen nicht. Es fand sich jedoch in dieſem fruchtbaren, eine außerordentliche Menge kleiner Städte,
456 Flecken und Dörfer enthaltenden Landstrich für Jedermann noch immer etwas Eßbares : Erbsen , Sauerkohl und ſaure Rüben fanden sich tonnenvoll fast in jedem Hause ; die aber freilich dem schwachen Magen der Genießenden nicht eben gut und meist schlecht genug bekamen. An Braten fehlte es auch nicht; konnte ihn auch nicht jeder von Schweinen oder Hornvieh haben, so gaben ihn doch die Konis , welche die Soldaten ritten. Der größte Jammer war wieder , daß es an Kochgefäßen gebrach und so der kranke Soldat , und krank waren Alle , sich keine Fleischbrühe bereiten konnte 2c." den" *).
„ Es ist wieder kalt gewor-
7. Der Kaiser mußte den Gedanken aufgeben , hier die Truppen, wenn vorerst auch nur einen Tag, rasten und dadurch sich etwas sammeln zu lassen , weniger weil man noch keine Austheilungen zu machen im Stande war, als weil die Arrieregarde nicht mehr vermochte den Feind zurückzuhalten. So ward dieſe heute bei Ilia , als sie schon ihren Biwack eingerichtet hatte , durch die feindliche Avantgarde unter General Tschaplig gezwungen , ihn wieder zu verlassen und noch eine Strecke wohl bis Lotigol **), zurückzugehen. Es war dieß das zweite Arrieregarde- Gefecht. Der Kaiser erhielt noch die 20 bisher fehlenden Estafetten. 8. Das lezte Bülletin der großen Armee , das 29., welches die Ereignisse bei derselben seit ihrem Aufbruche von Smolensk berichtet, wurde von Molodeczno aus erlassen. - Dieses berühmt gewordene Bülletin brachte überall eine schwer zu beschreibende Wirkung wegen des Irrthumes hervor, in dem man ſich bisher allerwärts über ihre Lage befunden hatte ; denn, obgleich darin nur ein geringer Theil der Wahrheit enthüllt war, so ging doch zur Genüge daraus hervor , daß die Armee ganz
*) ,,Mittels eines Koni, den ich von einem polnischen Soldaten erkaufte , ward es mir möglich etwas rascher fort und noch spät Abends zum Fahnentrupp zu kommen." Tagebuch. **) Nach russischen Berichten wurde die französische Arrieregarde am 4. ( wohl 3.) bis Lotigol verfolgt. Sie geben an, den General von Preyffing und 1500 Kranke und Bleffirte dabei gefangen und nebft einer Kanone auch 2 Garde- Standarten genommen zu haben. (Leßteres kann aber nicht sein, da die Garde- Cavalerie nicht bei der Arrieregarde war.)
457 außerordentliche Unglücksfälle betroffen haben mußten und ihr Rückzug auf Wilna bloß Folge derselben war. Mochte nun die Kälte die wahre Ursache gewesen sein , wie sie alſo darin angegeben ist , oder nicht; immer mußte man nun , wohin es gelangte , an eine große Katastrophe glauben , da sie , die man bisher so sorgfältig zu verhüllen wußte, hier offen eingestanden war. Hier hieß es : „ Die Armee ohne Cavalerie , nur mit wenig Munition versehen , von fünfzigtägigem Marſche furchtbar ermüdet , ihre Kranken und Verwundeten aus so vielen Gefechten nachschleppend , hatte es nöthig ihre Magazine zu erreichen.“ ,,Sagen , daß es der Armee Noth thue, ihre Mannszucht herzustellen , sich zu erholen , ihre Cavalerie wieder beritten zu machen , ihre Artillerie und ihr Materielles wieder zu ergänzen, ist das Resultat der soeben gemachten Schilderung." ,,Die Kosacken haben eine Menge vereinzelter Mannschaften, Ingenieurs- Geographen, welche Positionen aufnahmen und verwundete Offiziere , die ohne Vorsicht marſchirten und sich lieber Gefahren ausseßten , als ruhig transportweise marschiren wollten * ) , zu Gefangenen gemacht c. c." 9. Maret, Herzog von Bassano , ließ am 3. die ganze Division Loison (vgl. LXXIX. 10. ) nach Oszmiana zur Sicherung der Rückzugstraße der Armee aufbrechen , welcher er die neapolitanische Cavalerie zur Stationirung von Oszmiana bis Rukoni nachfolgen, ja eine Schwadron derselben ſelbſt bis Smorgoni vorgehen ließ. (Alles wie er es mit bestem Wohlmeinen verstand, und so daß der Kaiser im Monat September, ja ſelbſt im November , bei einer Revue zu Paris seine Freude daran haben konnte. ) 10. Marschall Macdonald, welcher seit dem 16. November
keine Nachrichten über die Hauptarmee von Maret mehr empfangen hatte, zu dessen Kunde inzwischen die Wegnahme von Minsk und Borisow durch die ruſsiſche Moldauarmee und die so nahe Stellung der Armee Wittgenſteins an der Rückzugslinie der französischen Hauptarmee gekommen war , bei den Nach-
*) ,, Ruhig transportweise " wäre wohl jeder gern marſchirt ; aber an solch Transportiren war je länger je weniger zu denken ; und überhaupt, wer sich nicht selbst zu retten wagte, ging zu Grunde.
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richten , die die russischen Bülletins täglich über die Unfälle derselben verbreiteten , mußte nothwendig äußerst besorgt werden. Endlich empfing er am 4. December von Maret wieder Nachrichten und zwar lauter günstige, insbesondere wie der Kaiser die Armeecorps Wittgensteins und Tschitschagofs an der Beresina, da sie ihm deren Uebergang wehren wollten, geschlagen habe , wodurch in specie das Armeecorps des Legteren so starken Verlust erlitten habe , daß es bis auf 7000 Mann Infanterie und 6000 Mann Cavalerie heruntergekommen sei. Diese diplomatische Art der Darstellung mußte den Marschall, der noch ein starkes Armeecorps commandirte, von dem sich reelle Hülfe hätte erwarten laſſen, allerdings wieder beruhigen, aber auch abhalten nur im Geringsten etwas , ohne höheren Befehl, zu thun, was den Rückzug der Armee von der Beresina nach Wilna 2c. erleichtern konnte.
Er segte nun getrost die
Bewachung der seinem Armeecorps an Zahl und Güte weit unterlegenen Besagung von Riga fort : - während schon längst eine (preußische *)) Division seines Armeecorps sich hätte entfernen und zur Deckung Wilnas und nothfalls zur Verstärkung Wredes (mit wenigstens einer Brigade) etwa nach Swenzjani oder der Gegend hätte stationirt werden können. Sie würde jegt à portée gewesen sein, die allerwesentlichsten Dienste zu leiſten **) . 11. Da des Kaiſers Hoffnungen , das rückziehende, aufge-
löste Heer schon zu Molodeczno und der Gegend einen kurzen Halt machen lassen zu können , sich nicht realisiren ließen , so waren sie nun auf Smorgoni gerichtet , wie solches aus dem Inhalt folgender Befehlschreiben (am 3.) für den Marschall
*) Es wäre dieß auch politiſch klug gewesen. Allenfalls hätte Macdonald selbst mit 10-12000 Mann dahin gehen und dem Divifions- General Grandjean die Bewachung Rigas mit dem Reft überlassen können. Maret mußte den Impuls dazu zu geben wissen. **) Besonders , wenn man fie in Samogitien im November wenigftens , wie es bei der öftreichischen Hülfsarmee geschah , mit Pelzwerk versah ! -- was auch Wrede bei dem 6. Armeecorps nicht hätte unterlassen sollen. Aber dieser sonst so thätige Feldherr schien nie mit einem Gedanken an das gedacht zu haben, was die Erhaltung des Soldaten in außerordentlichen Fällen, insofern es nicht das Reglement vorgeschrieben (z. B. jeßt bei einem russischen Winterfeldzuge), absolut er fordert hätte.
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Victor und den Grafen Kreptowicz (litthauischen obersten Verpflegscommissär) hervorgeht : Marschall Victor solle mit der Arrieregarde die Rückzugsbewegungen bis Molodeczno fortsegen , und diese Stadt, bis sie von derselben erreicht sei , vom 2. Armeecorps gehalten werden, worauf Lezteres dann Stellung rückwärts (um sie nothfalls unterstüßen zu können) zu nehmen habe.
Das Hauptquartier werde am 4. in Bjeniza sein 2c.
„Hätte man Lebensmittel in Molodeczno gefunden (wird dem Marschall gesagt), so würde man daselbst Halt gemacht haben ; aber die ersten beträchtlichen Magazine sind zu Smorgoni; dort befinden sich Ochsen , Branntwein und Zwieback. dieß Ihren Nachzüglern *) bekannt ,
Machen Sie
damit sie sich bei diesen
Magazinen sammeln. Haben Sie Kriegsfuhrwerk, so schicken Sie es dahin um Lebensmittel zu holen . Auf alle Fälle wird man versuchen , Ihnen 10,000 Portionen Zwieback und Fleisch in Rindvich zukommen zu laſſen , wodurch es Ihnen möglich werden wird, überall, wo es nöthig ist, Stand zu halten, ohne beſorgen zu dürfen , daß ihre Truppen (um sich Lebensmittel zu verschaffen) auseinanderlaufen. Sollten die Transportmittel 2c. nicht gestatten , Ihnen am morgenden Tage (am 4.) Lebensmittel zuzuführen , so müssen Sie Ihre Bewegung bis Smorgoni , das heißt bis nahe an die Hülfsmittel fortſegen und dort Halt machen." Der Graf Kreptowicz ward angewiesen dem Marschall Victor 10,000 Portionen Zwieback und ebensoviel dem Marschall Ney, der das 2. und 3. Armeecorps commandire ,
zu übermachen.
Auch sollte jeder dieser Mar-
ſchälle für seine Truppen 20,000 Portionen Fleisch und 10,000 Portionen Branntwein erhalten ; dabei ward ihm bemerkt, ihnen wo nur immer möglich , schon morgen solche zuzuschicken, denn wo sie dieselben erhielten sollte die rückgängige Bewegung aufhören. 12. An Wrede erging Befehl, er solle (den 4. December)
*) Leute, die noch Kraft hatten schneller fortzukommen als sie fich bereits bewegten , gab es wohl bei der Armee nicht mehr. Alles bestrebte fich vielmehr vorzuzügeln und zwar immer in der Hoffnung, die der Kaiser ihnen hier durch den Marschall Victor als Impuls geben laffen wollte (soweit nämlich noch irgend jemand einen Moment Hoffnung schöpfte).
460 von Wileika ab nach Narcez marſchiren und die Brücke über die Wilia
daselbst (und sonst vorhandene Communicationen)
besegen.
Er wurde benachrichtigt : die Arrieregarde der Armee werde den 4. zu Molodeczno , den 5. zu Smorgoni ſein ; auch werde die Armee nicht mehr halten , bis sie in die Gegend ge=
kommen sei wo sie regelmäßig Lebensmittel empfangen könne. Uebrigens wurde ihm langsamer Marsch anempfohlen 2c. 13. An Fürst Schwarzenberg erging am 4. von Maret, Herzog von Baſſano , ein Schreiben , das ihn benachrichtigte, der Kaiser sei am 3. zu Molodeczno angekommen ; hinzufügend : ,,Se. Majestät schreiben mir , daß Sie die größte Wichtigkeit darauf legen, daß Ew. D. der Bewegung der Armee folgen und im Sinne der gegenwärtigen Stellung manövriren.
Se. Ma-
jestät sehen die Schleunigkeit Ihres Marſches als sehr einflußreich auf die Lage der Sachen an 2c.“ ,,Es ist die Absicht Sr. Majeſtät nunmehr die Winterquartiere zu beziehen und der Armee , die dessen sehr bedarf, Zeit zu geben sich von ihren Strapazen zu erholen." Dabei ward von Maret der Wunsch ausgesprochen , genau und schnell von den Bewegungen unterrichtet zu werden, die das östreichische Armeecorps machen werde, und der Fürst Schwarzenberg ersucht, an General Reynier dieſelben Nachrichten, die ihm hierdurch mitgetheilt worden, gleichfalls zu übermachen. Noch war beigefügt : „Von General Kutusow (und der russischen Hauptarmee) gibt es gar keine Nachrichten (s. 17)“. 14. Des Kaisers Hauptquartier ging den 4. December Morgens um 9 Uhr von Molodeczno und sofort links von der Straße ab , über Markowo * ) nach Bjeniza (vielleicht weil
*) Zu Markowo blieb (nach Labaume) an dieſem Tage der Vicekönig mit den Trümmern des 4. Armeecorps und des 1. , so daß die Garden nun vorn hin kamen. -- ,,Für meine Person kam ich mit vielen, wohl 20 , unsrer matten Leute nur bis Markowo. Der Reiz , hier wo wir eine Hütte fanden , die uns Unterkunft und ein wenig Schlaf für die Nacht versprach , war unwiderstehlich. Doch ward unsre Hoffnung größtentheils getäuscht. Um Mitternacht stand es bereits in voller Flamme , da die Nachkommenden sowohl an den Seiten als in der Hausflur Feuer angemacht hatten, und wir nur über lettere durch Feuer uns retten konnten. Es war schon wieder so kalt, wohl 15º Réaumur,
461 die directe oder Hauptstraße durch den Ruin einer der vielen Brücken unbrauchbar geworden , oder die Straße mehrmals von einem Ufer der Ucha aufs andre überging, auch zwischen dieſem Fluß und der Wilia die Kosacken, sowohl von Platow als Wittgenstein ,
in Menge streiften ; vielleicht auch weil Markowo,
Bjeniza u. m. a. hier herumliegende Orte den Truppen Unterkünfte und mehr Lebensmittel gewähren konnten , als man sich auf der Straße versprechen durfte) . Die Garden verblieben am 4. zu Bjeniza.
„ Die Stärke der beiden (hessischen)
Infanterieregimenter (sagt das hessische Generalcommando) iſt auf ein Nichts herabgesunken" *) . 15. „ Am 4. December wurden die Vorposten vor Wileika **) von ungefähr 1000 Kosacken angegriffen ; da sie aber zweckmäßig unterstügt waren , so mußte der Feind weichen. Um 2 Uhr Nachmittags erneuerte er seine Angriffe und ließ unter dem Schuge zahlreicher Cavalerie seine Artillerie vorrücken , die ein ziemlich lebhaftes Feuer unterhielt. Um 4 Uhr entwickelte er eine starke Infanteriecolonne. Man blieb indessen Meister der Stellung , indem die Kanonade mit Erfolg erwidert wurde und die diesseitige Infanterie , obgleich Verluste durch das feindliche Geschüßfeuer erleidend, nicht einen Schritt wich. “ Hierbei hielt (wie General v. Wrede rühmend erwähnte) eine großherzoglich hessische Compagnie des leichten Infanterieregiments (2. Bataillons) , nebst einem königl. bairischen Peloton den Choc einer feindlichen
Cavaleriemasse muthvoll aus ;
auch forderte und
geworden , daß ich heute nicht über eine Stunde reiten konnte , und da mein Koni nicht fortzubringen war , wenn man ihn nicht ritt oder zog, so mußte ich ihn abandonniren und mit stark geschwollenen Füßen und angeschlappten Schuhen gehen." Tagebuch. * An diesem Tage mußten wirklich außerordentlich viele Leute zurückbleiben , die bisher noch mit fortgekommen waren , wozu wohl die vom Genusse des Sauerkohls und der sauern Rüben entstandene oder vermehrte Diarrhoe die Veranlassung gab ; auch wurden viele Flinten heute weggeworfen oder die aus der Hand gelegten nicht mehr aufgenommen. ,,Von 15 unfres Regiments hatte am Abend nur noch einer eine Flinte, von ebensoviel Polen 4. " Tagebuch.
**) Officieller Bericht des Generals Grafen Wrede.
di
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erhielt General Wrede von dem Kaiser für den Anführer *) die Decoration der Ehrenlegion . Da inzwischen der Befehl des Kaisers eingetroffen war (s. 12. ) , daß Wrede sich auf Narocz zurückziehen solle, so gab Dieser Befehl, daß man Wileika verlassen und sich dahin zurückziehen solle : was Abends um 6 Uhr geschah.“
16. Die Arrieregarde der französischen Armee unter Victor brach am 4. December Morgens um 3 Uhr aus ihrem Nachtlager auf und erreichte gegen Mittag Molodeczno , wo der Marschall am Schlosse Position nehmen ließ, um die ruſſiſche Avantgarde zu erwarten und ihr für diesen Tag das weitere Vordringen zu verwehren. Gegen 2 Uhr Nachmittags erſchien diese vor Molodeczno , griff die außerhalb des Städtchens aufgestellten Neste der (aus Polen bestehenden) Division Girard mit Uebermacht an und warf sie zurück.
Markgraf Wilhelm
von Baden rückte jedoch in diesem Augenblick an der Spiße der badischen Infanterie, die in Reserve gestanden hatte, vor, griff die Russen mit dem Bajonnet an und warf sie wieder zurück, worauf diese sich begnügten , die französische Arrieregarde durch ihre Artillerie und Plänkler bis zum Einbruche der Nacht Nach diesem Gefecht war die badische Inzu beunruhigen. fanterie bis auf 800 Mann zuſammengeschmolzen , und ebensoviel mochten noch die Reste der Division Girard betragen. Vom hessischen Chevaulegersregiment waren noch 25–30 Pferde beim Marschall Victor dienstthuend und etwa ebenſoviele des badischen Huſarenregiments. 17. Das Hauptquartier Kutuſows ging am 4. December, nachdem es zwei Tage im Dorfe Rawaniczi ( vgl. LXXVIII. 9 , ) verweilt hatte, nach dem Dorfe Kofino (Kozin , nordöstlich von Minsk) vor.
Miloradowitschs Armeecorps blieb eine Marſch-
station voran und dieser General hatte sein Quartier im Dorfe Bjeloruczi (s. folg. Kapit. S. 14) . 18. Der Bestand der russischen Hauptarmee unter Kutusows directem Befehl war am 4. December, nach Buturlin,
*) (Der der hessische Capitän Meyer war.)
463 40,290 Mann *). An Kranken hatte die russische Hauptarmee : 777 Mann a) im Gefolge der Armee 1,276 "" b) bei der Bagage c) in den stehenden Lazarethen 14,531 " 31,751 d) in den Feldlazarethen Summe der Kranken = 48,335 Mann .
Einundachtzigstes Kapitel. Uebergabe des Commandos der vormaligen großen Armee an Murat, König von Neapel. Napoleon verläßt fie (5. December) zu Smorgoni. Seine Befehle und Inftructionen desfalls. - Fürchterliches Steigen der Kälte und deren Wirkung auf Alles was Leben hat. - Fortseßung des Rückzugs bis zum Eintreffen des Hauptquartiers und der Garden ** ) zu Wilna (den 8.). ― Das Thun der Corps von Wrede, Schwarzenberg und Reynier und ihrer Befehlgeber. — Bewegung der Rufsen. ―― Abreise des diplomatiſchen Corps von Wilna. 1. Napoleon , welcher in Bjeniza Vieles auf seine Abreise vom Heer Bezug habendes vorzubereiten hatte , verließ diesen Ort erst um 8 Uhr Morgens am 5. December und ging in seinem Wagen nach Smorgoni , wo er um 1 Uhr Nachmittags eintraf ***). — Da der Kaiser das Heer zu verlaſſen und nach
* In specie : a) 1. Corps Cavalerie b) 2. Corps Cavalerie, " c) 4. d) Curaffiers- Corps, e) 2. Corps Infanterie, f) 3. " "/ g) 4. " h) 5. "1 "/ i) 6. " k) 7. "I 1) 8. "/
Graf Korff Graf Waffilczikof Fürst Gallizin Fürst Dolgoruki Graf Stroganof Graf Ostermann Fürft Conftantin General Doctorof General Rajewski General Barasdin
692 Mann 2662 " 1527 2283 3315 " 8531 " 2722 " 5320 " 2944 " 6533 "/ 3711 "
40,290 Mann, worunter 5142 Recruten und 1515 Mann Landwehr waren. **) Somit auch des großherzoglich hessischen General- Commandeurs, Prinzen Emil. ***) ,,Als der Kaiser im nächsten Dorfe hinter Bfeniza (heißt es in meinem Tagebuche) an mir vorbei kam , waren viele Reiter sowohl
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Paris (wo nach solcher Katastrophe die Gegenwart desselben unumgänglich erforderlich war , da die Wohlfahrt des Reichs davon abhing *)) , zu eilen beschloffen hatte , sobald nur die Communication mit Wilna gesichert sein würde , und da er , in Smorgoni angelangt, über diese Sicherung und die Ausführung der deßhalb an Maret gegebenen Befehle gewiß sein konnte, auch hier eine Compagnie neapolitanischer Garde- Cavalerie zur Escorte vorfand , so wurden nun unverzüglich die legten Vorbereitungen zu seiner Abreise getroffen. Er versammelte dann seine höchsten Generale , Murat , Eugen , Berthier , Davoust, Mortier , Ney , Lefebvre und Bessières , bemerkte ihnen , daß er die Armee verlassen werde um nach Paris zu gehen 2c., übertrug Murat, König von Neapel, das Commando derselben **) von seiner Garde , als Offiziere feines Gefolges u. a. um ihn. Es war fürchterlich kalt diesen Morgen ( Chambray spricht von 20º Réaumur). Die Pilgrime, welche etwa um 5 Uhr Morgens (den 5. ) aufgebrochen waren , blieben darum auch schon wieder , theils in Bjeniza, theils in dem Dorfe, bei welchem die Begegnung mit dem Kaiſer ſtattfand , zurück , um sich wieder durchzuwärmen . Was noch eine Flinte hatte ließ sie aus den erstarrten Händen fallen 2c. Nur mit Wenigen schte ich den Marsch fort als ich mich etwas gewärmt ; auch traf ich heute zum letzten Mal in Smorgoni mit unsrem Fahnentrupp , der hier etwas Zwieback erhielt , zusammen. Mein Lieutenant (Pfaff) , der die Füße erfroren hatte , äußerte , daß beim Aufbruch der Brigade nicht 20 noch mit Flinten Bewaffnete vom Regiment zusammenzubringen gewesen wären 2c." *) Buturlin ſagt darüber : „ Napoléon n'était pas seulement le chef de l'armée qu'il quittait ; mais puisque les destinées de la France entière réposaient sur sa tête, il est clair que dans cette circonstance son premier devoir était moins d'assister à l'agonie des débris de son armée, que de veiller à la sureté du grand empire qu'il gouvernait . Il ne pouvait mieux satisfaire à ce devoir qu'en se rendant à Paris, afin de hâter par sa présence l'organisation des nouvelles armées devenues nécessaires pour remplacer celles qu'il venait de perdre.“ **) ,,Napoleon war entschieden, das Armee- Commando in die Hände Eugens , Vicekönigs von Italien , zu legen , bei welchem Berthier als Major - General verbleiben sollte , indem er Murat zu jenem nicht für geeignet hielt. Berthier aber wollte unter Legterem, als einer königlichen Majestät , allein die Function als Major- General ferner versehen und dieß war zu wichtig, als daß Napoleon sich nicht zum Nachgeben bestim men lassen mußte. Daru blieb Chef der Adminiſtration ,“ - sagt uns Gourgaud.
465 und reiste unmittelbar nachher
um 7 Uhr Abends -
von
obigem Detaſchement neapolitanischer Cavalerie begleitet , von Smorgoni nach Oszmiana ab. Alle Kosacken pflegten zu dieſer Zeit zur Ruhe gegangen zu sein , was die Sicherheit der Reise des Kaisers vermehrte. Er bediente sich seines gewöhnlichen Wagens , worin er den Großstallmeister Caulaincourt (Herzog von Vicence) bei sich , und auf dem Bock, außer ſeinem Mamelucken, den polnischen Capitän der Garde-Lanciers, Wasowicz, als Dolmetscher hatte ; ferneren Begleitern :
ein Schlitten folgte ihm , der seinen
Duroc ,
Großmarschall, und Mouton, ſeinem Adjutanten , zum Fuhrwerk diente. 2. Folgendes waren die Befehle und Instructionen Napoleons *) in Beziehung auf das Heer nach seiner Abreise und für seinen Nachfolger im Commando desselben : „ Zwei oder drei Tage nach meiner Abreise soll der Armee beigehendes Des cret (die Ernennung des Königs von Neapel zum Armeecommando) bekannt gemacht werden. Es soll das Gerücht verbreitet werden, daß ich auf Warschau mit dem öftreichischen und 7. Armeecorps marschirt bin. Fünf oder sechs Tage später , nach den Umständen , soll der König von Neapel einen Tagbefehl erlaſſen , um der Armee bekannt zu machen , daß ich ihm das Commando anvertraut habe , da ich genöthigt gewesen nach Paris aufzubrechen ; daß er hoffe , die Offiziere , Generale und Soldaten würden ihm ihr Zutrauen schenken , worauf er durch ſeine Hingebung und geleisteten Dienste Anspruch habe 2c.“ 3. Ferner schrieb er dem Major - General : „Ich sende Ihnen hiermit eine Instruction über die Reorganisirung der Armee. Der König von Neapel wird darin die durch die Umftände gebotenen Abänderungen treffen. Ich glaube jedoch, daß es nöthig ist, die Litthauer alsbald in Kowno , das 5. Armee-
*) Alle Befehle und Instructionen des Kaisers waren an den Ma, jor - General gerichtet. Er correſpondirte über militärische Angelegenheiten faßt nie direct mit den Generalen oder Adminiftratoren, sondern bediente fich dazu stets seines Major - General Berthier. Er dictirte seinen Willen einem Cabinetssecretär und unterschrieb. Berthier fertigte danach ein Schreiben aus , wobei er fich soviel möglich wörtlich an das Schreiben hielt, das er empfangen. Zuweilen schickte ihm Napoleon die Briefe fo zu, wie er fie schreiben sollte, sagt Chambray. Röder, Kriegszug. 30
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corps (Polen) in Warschau , die Baiern in Grodno ,
das 8.
Armeecorps (Westphalen) und die Würtemberger in Olita, die kleinen Depots in Merecz und Olita , und die unberittene Cavalerie sowie die Trainsoldaten und Kriegsequipagen , die keine Pferde haben , in der Richtung von Königsberg und Warschau zu vereinigen. - Uebermorgen (den 7. ) muß man alle Cavalerie - Remonte von Wilna nach Königsberg senden und die diplomatiſchen Agenten nach Warschau abgehen laſſen. Ebenso muß man nach Warschau und Königsberg alle verwundeten Generale und Offiziere aufbrechen laſſen, indem man ihnen die Nothwendigkeit vorstellt Wilna zu räumen , für den activen Theil des Heeres zu gewinnen.
um Quartier Man ver-
sichert , daß die Kriegskasse in Wilna beträchtlich sein soll ; ertheilen Sie Befehl , davon nach Warschau und Königsberg und wo es nöthig sein wird hinzuschicken : wodurch Wilna um ſo viel erleichtert werden wird. Es müssen endlich alle Befehle, Wilna zu räumen , morgen (den 6.) gegeben werden , da es Die beiliegende (in aus mehreren Gründen nüglich ist." Smorgoni entworfene) Instruction lautete : „Die Armee in Wilna sammeln , diese Stadt halten und Winterquartiere beziehen ; die Oestreicher am Niemen so, daß sie Brzesc, Grodno und Warschau decken * ) ; die Armee bei Wilna und Grodno ; der Ueberrest der Armee in einer Linie hinter dem Niemen, Kowno als Brückenkopf haltend. Große Mehlmagazine in Königsberg , Danzig , Warschau und Thorn einrichten. Alles aus Wilna und Kowno fortschaffen , um in seinen Bewegungen frei Die kostbarsten Sachen werden nach Danzig gezu sein. schafft“ **).
*) ― Also Bjeliza , Slonim, oder incl. des 7. Armeecorps von Mosti bis Pruszani , - die Vorposten der Winterquartiere entlang der Schtschara. **) Aus diesen Befehlen geht hervor, daß Napoleon bei den großen Hülfsmitteln, die Wilna dem Heere gewähren konnte, mit Sicherheit darauf zählte, diese Stadt, wenn nicht den ganzen Winter über, doch mindestens mehrere Tage , Kowno aber jedenfalls halten und das Heer am Niemen sammeln , reorganifiren und Winterquartiere beziehen laffen zu können. -- Hätte irgend Jemand in Wilna die Kunft verftanden (die
jeder litthauer Bürger lehren konnte) , ihm die auf einige und 20,000
-
467
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4. Die Division Loison (f. LXXIX . 9. u. 10.), von Wilna den rückziehenden Armeetrümmern , beſonders aber zur Sicherung der Reise des Kaisers (wozu dieser Befehl gegeben, s. 1. ), nach Oszmiana entgegengeschickt, traf am 5. Dec. daſelbſt ein. Dieß Städtchen ward dadurch aufs Aeußerste überfüllt, so daß 50 und mehr Mann auf ein Häuschen kamen —- sonach in die eine nur allein heizbare Stube ( etwa mit anliegender Kammer) zusammen gedrängt wurden. - Ein solches Zusammenpreſſen in eine geheizte Stube , wenn dann wieder die Leute plöglich der äußerst strengen Kälte von 20º und mehr ausgesezt wurden, konnte schon allein die Veranlassung werden, den größten Theil der Mannschaft sogleich erkranken zu machen , und die fortgesegte Wirkung dieser Kälte mußte , wenn der Trupp, bei einer Kleidung , worin ihr nicht wohl zu widerstehen war , ihr ausDurch diese gesezt blieb , ihm baldigst den Tod bringen. unglückselige Ueberfüllung (ohne alle Nothwendigkeit, ſ. LXXIX . 10. ) wurden zugleich den Pilgrimen der Armee die ihnen so nöthig thuenden Unterkünfte geraubt und sie gezwungen sich auf die benachbarten Dörfer zu werfen.
Ihr Sammeln bei den
Magazinen wurde dadurch unmöglich , was doch der Kaiser beabsichtigt hatte, und endlich mußten auch die noch bewaffneten Trupps derselben zu einem Biwack mehr gezwungen, und ihnen damit die Waffen aus der Hand geschlagen , Zerstörung und Auflösung im höchsten Grad befördert werden. - Der vierte oder fünfte Theil der Division würde gerade soviel haben bewirken können als das Ganze derselben ; damit würde Oszmiana nicht in solcher Weise überfüllt und fommen in salvo erhalten worden sein.
bis
zu Wilna voll-
5. An eben diesem 5. December kam ein königl. würtem-
Mann fich belaufende Zahl frischer Truppen , die er dafelbft wußte , zu erhalten und für eine Wintercampagne auszurüften (f. LXXIX. 9), so dürften diese Hoffaungen nicht ganz eitel gewesen sein , vorzüglich wenn man den Vicekönig zeitig voran nach Wilna geschickt hätte; aber da weder die taktischen noch die adminiſtrativen Reglements den Artikel „ Erhaltung des Mannes ," gleich den alten öftreichischen, enthielten, so fand sich leider Niemand berufen darüber zu wachen und das Erforderliche desfalls anzuordnen. Solchen Schaden können unvollständige Reglements thun ! 30*
468 bergisches Ergänzungs - Infanterieregiment (unter Commando des Obersten von Berndes ) , 1360 Mann stark, und 18 Wagen mit aus Würtemberg gekommenen Lebensmitteln zu Smorgoni an.
Die Proviantwagen waren jedoch unter Bedeckung eines
Detaſchements in Oszmiana zurückgeblieben.
Dieses Regiment
wurde sogleich von Smorgoni aus zur Escorte des kaiserlichen Schazes nach Wilna verwendet. -- Es war , als es damit nach Wilna kam , obgleich es ihm keinen Augenblick an Lebensmitteln gefehlt hatte, fast gänzlich aufgelöst; bloß Wirkung der Kälte, der die Mannſchaft in ihrer Ordonnanzkleidung nicht widerstehen konnte *) , beſonders da sie jede Nacht biwackiren mußte (wobei nichts bedacht worden ſchien, als das Allignement). 6. Der Marschall Victor berichtete ins Hauptquartier : ,,Das Gefecht, welches die Arrieregarde am 4. December beſtanden hat , ist die legte Anstrengung gewesen , die sie gegen den Feind zu machen vermochte. Die Truppen , woraus sie besteht , sind gegenwärtig (den 6. Morgens 4 Uhr) ſo zusammengeschmolzen und , was noch von ihnen unter Waffen ist, in einem so jammervollen Zustande , daß ich sie nothwendig der Verfolgung des Feindes entziehen und jedes Zuſammentreffen „Die Avantgarde des feindlichen mit ihm vermeiden muß." Corps , welches uns folgt , ist (am 5.) ebensobald als wir zu Bjeniza eingetroffen , obgleich ich einen Nachtmarsch machen und die Brücken (über die Ucha) bei Molodeczno zerstören ließ.
*) Der Soldatenmantel der Ruffen ist von viermal so dickem Wollzeug als der der deutschen und französischen Soldaten ; offenbar auf ihren Winter bemessen , was uns schon einen Wink hätte geben können ; und kein litthauer Einwohner wagt sich ohne Schafpelz ins Freie ; nur dem Soldaten muthete man es, und noch dazu Nachtbiwacks, zu. Kein Oberer ſchien überdieß zu verstehen, einen Wärme haltenden und rauhen Wind abhaltenden anzuordnen. Man überließ den Truppen sich , wenn möglich , himmelhohe Feuer anzumachen , bei denen sie sich niederlegten um auf einer Seite erfroren auf der andern gebraten wieder aufzuftehen, wenn sie überhaupt noch aufstehen konnten , was häufig nicht mehr der Fall war ; da viele schon nach einem Lager beim Feuer von nur 2 Stunden den Gebrauch ihrer Glieder verloren oder sie auch wohl vom Schlag getroffen wurden. Ich habe viele Offiziere und Soldaten von diesem unglücklichen würtembergischen Regiment in Wilna, wo fie krant Lagen, gesprochen.
469 Es war Vormittags 11 Uhr.
Hätte ich zu Bjeniza halten
wollen , so hätte ich ein neues Treffen liefern oder aushalten müſſen , das hinsichtlich des Mißverhältnisses meiner zu den feindlichen Kräften zu unserem Nachtheil ausfallen mußte.
Ich
ergriff sonach das einzige entsprechende Auskunftmittel , nämlich meinen Rückmarſch fortzusehen und machte erst zwei Wegſtunden hinter Bjeniza in einem Dorfe , noch 4 Stunden von Smorgoni entfernt, für die Nacht Halt. Meine und die feindlichen Vedetten stehen sich im Gesicht und ich dürfte beim Weitermarsche wieder ebenso lebhaft verfolgt werden ; weßhalb es wohl gerathen sein dürfte , daß der Kaiser sich etwas weiter entfernte." „Die Nachzügler (Iſolirten) , deren eine große Zahl ist, hemmen uns fort und fort. Die Gewohnheit, die sie angenommen haben , nur am Tage zu marschiren , erlaubt dem Feinde sich ihrer in großer Zahl zu bemächtigen.
Sei es in-
deſſen , daß er entweder keinen Werth darauf legt , oder daß er ihre Haufen noch immer widerstandsfähig hält :
er naht sich
ihnen nicht anders als mit großer Vorsicht ; doch möchte er eine Partie derselben gestern (nämlich die bei dem raschen und NachtMarsch der Arrieregarde dahintengeblieben waren) gefangen haben." „Ich denke mit der Arrieregarde den 6. Morgens 9 Uhr zu Smorgoni einzutreffen , würde aber außer Zweifel genöthigt sein weiterzugehen , wenn ich daselbst nicht einige Truppen zur Unterstügung fände. Jene des Generals Wrede würden bei dieser Sachlage sehr nüglich sein. Ich denke der Kaiser werde ihnen Befehl ertheilt haben, entweder uns zu erſegen (und die Arrieregarde des Heeres zu übernehmen) oder mit uns zu marschiren." 7. Fürst Schwarzenberg , der eine Depesche von Maret vom 2. December auf dem Marsche zwischen Pruszani und Slonim erhielt , worin gesagt war : „Die ganze Armee, nachdem sie den Uebergang über die Beresina erzwungen, hat mehrmals den Feind geschlagen ; sie marschirt in der Richtung nach Wilna“ (was doch wohl hieß : fie retirirt dahin ; besonders da hinzugefügt war :) „der Kaiser für seine Person wird wahr― scheinlich in 6 oder 8 Tagen hier sein“ *) gab hiernach
*) Chambray fügt hinzu ; Schwarzenberg , der dieser (diplomatisch
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sogleich dem mit 6500 Mann in Slonim ftationirten General Frimont Befehl nach Njeswitsch * ) aufzubrechen und Recognoszirungen auf Minsk und Slugk vorzuschicken , um die an der Beresina geschlagenen russischen Corps zu beunruhigen , wenn sie bei ihrer Retraite diese Punkte berühren sollten. Dieser Aufbruch Frimonts von Slonim erfolgte am 5. December. 8. Das Corps des Generals Wrede brach am 5. von Narocz auf und ging in bester Ordnung über Woistom aufs linke Ufer der Wilia über nach Slobodka, - und während dieses Marsches immer möglichst nahe von Koſacken umſchwärmt, In diesem Flecken sollte es bis auf weiteren Befehl verbleiben. 9. Der russische Oberst Seslawin , der am 5. mit einem Streifcorps von Husaren und Kosacken nebst einigen reitenden Geschüßen auf Nebenwegen südlich der großen Straße vorgegangen war , traf gegen Ende des Tages vor Oszmiana ein. Da er nun nicht wußte , noch vermuthen konnte, daß diese Stadt mit einer starken Infanteriedivision beſegt sei, so drang er ohne Weiteres an der Spige seiner Reiter ein ; ward aber sehr schnell wieder hinausgeworfen.
Er hatte übrigens die
Stärke der feindlichen
Infanterie auf diesem Punkt erkannt, was ihn bestimmte , gänzlich zurückzugehen und einen Biwack für dieſe Nacht südlich in einiger Ferne von der großen Straße zu beziehen. 10. Napoleon erreichte in der Nacht nach diesem Anfalle Seslawins Oszmiana , und segte (davon in Kenntniß gesegt) ohne Aufenthalt seine Reise nach Mjedniki 2. fort **) .
Das
gedrechselten) Nachricht gemäß glaubte , die ruffiſche Armee ſei in vollem Rückzuge. Auch sagt dieß Schwarzenberg felbft in seinem Schreiben vom 14.; aber daß er es wirklich geglaubt habe , ist schwer anzunehmen. *) Im Sinne Napoleons hätte er gegen Lida oder Zwije aufbrechen müssen. Seine dann weiter vorgehenden Streifer würden die Koſacken füdlich der Rückzugſtraße entfernt haben. **) Chambray fagte : „ Es ist einleuchtend, daß er Seslawin in die Hände fallen konnte , wenn dieser um seine Durchreise gewußt hätte.“ Da dieser aber von dieser Reiſe absolut nichts wiffen konnte und man um Mitternacht mit großer Sicherheit vor Koſackenanfällen reißte , endlich auch der Kaiser durch 50 neapolitanische Pferde gegen kleinere Patrullen geschüßt war , wenn deren etwa einmal außerordentlich auf
471 Hauptquartier der franzöſiſchen Armee kam am 6. nach Oszmiana, wo auch die Garden (und dabei der Fahnentrupp der hessischen Brigade) einrückten. Die Division Loison, welche wenigstens der alten Garde Quartier abzugeben hatte , nebst den vielen zum Hauptquartier gehörigen Personen, ward dadurch in die Nothwendigkeit verſegt wackiren.
in
dieſer
ungeheuer kalten Nacht zu bi-
11. Die Kälte soll heute 24 bis 25 ° Réaumur erreicht haben und der Marsch am 6. war einer der stärksten , den die Truppen seit dem Uebergange der Beresina zu machen hatten, wodurch denn viele selbst von denjenigen Leuten zurückblieben * ), die bisher noch immer mit dem Hauptquartier fortgekommen waren : denn , außer der Fatigue des Marſches an sich , ward bei der so wenig für solch hohen Kältegrad geeigneten Kleidung das Bedürfniß unwiderstehlich, in jedem Orte , wo man ein brennendes Haus oder sonst Feuer erblickte , anzuhalten und sich erst einmal wieder durchzuwärmen ehe man weiter schritt, wodurch denn alle Welt zurückblieb. 12. Zu Mjedniki fand Napoleon seinen Minister Maret
der Straße ftreifen sollten , so war für ihn in der That gar nichts zu fürchten. *) ,,Auch ich , da ich den Weg zu Fuß machte und öfters dem Bedürfniß meiner Leute , die nicht , wie ich , einen Pelz hatten , sich zu wärmen nachgeben und anhalten mußte, kam nur bis Suprany, wo ich viele Leute der alten und jungen Garde, Würtemberger von der SchaßEscorte, auch mehrere unsrer bisherigen Fahnenbegleiter fand. Auch die Italiener und die Leute des 1. Armeecorps waren hier für die Nacht. Noch in irgend ein Haus zu kommen war unmöglich, doch ließ ich eines als Windschirm benußen und rieth den Leuten , das Feuer des Biwacks ein 10 Schritte davon entfernt anzumachen, und fich dann zwischen dasſelbe und das Haus niederzulegen wenn sie ruhen wollten. Es gab hierdurch zwar eine durchgehenvs warme Stelle , aber wer sich legte, über den marſchirten Andre weg , stießen , traten ihn , oder feßten fich auf ihn. Nachdem ich diesen Kampf gegen 6 Stunden ausgehalten, brach ich gegen Mitternacht mit einigen Leuten auf, um ein Dorf aufzusuchen wo man etwas ruhen könne, und kam bis auf 14 Stunden von Oszmiana, wo wir so glücklich waren einen Stall zu finden, worin wir Feuer anmachten und uns auf Erfrornen niederließen, denen ein gleicher Versuch, wie uns , nicht geglückt war und die des ewigen Schlafs theilhaftig wurden 2c." Tagebuch.
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vor , dem er befohlen hatte ihm entgegenzukommen.
Maret
nahm von da an die Stelle Caulaincourts in Napoleons Wagen bis Wilna ein. Die Escorte bis dahin bestand (wie früher) aus 50 neapolitanischen Garde - Reitern , an deren Spize sich der Herzog von Rocca Romana (Anführer derselben) ſezte (der dann bei diesem Ritt einen Theil der Finger der linken Hand erfror) .
Napoleon langte am 6. um 104 Uhr Morgens zu
Wilna an ; er fuhr um die Stadt herum und stieg vor einem einzelnen Haus am Ende der Vorstadt nach Kowno ab . Hier verweilte er § Stunden in Unterredung mit Maret, erfuhr von dieſem die positivste Nachweiſung des Standes der unermeßlichen Magazine zu Wilna , an deren Dasein und ob man seine Befehle deßhalb befolgt , er sehr gezweifelt hatte.
Hierauf baute
er denn abermals die Hoffnung , daß man sich einige, wo möglich acht Tage in Wilna werde halten können , und beſtimmte darum , daß Maret bis zur Ankunft des Königs von Neapel und des Major- General , Berthier , in Wilna verharren und ihnen seinen Willen hinterbringen solle etwas hier zu verweilen , um die Armee wieder zu sammeln und den Leib, wie das Gemüth , des Soldaten sich wieder erholen zu laſſen und ihn vorzubereiten, den Rückzug in einem minder bedauernswürdigen Zustande fortzusegen *). Der Kaiser segte dann die Reiſe (über Kowno) nach Warschau fort. 13.
Schon bald nach Mitternacht marſchirte Marschall
Victor mit der Arrieregarde auf der Hauptstraße nach Smorgoni ab, um vom Feinde nicht beunruhigt zu werden . General Doumere mit dem kleinen Rest der 5. Cüraſſierdivision machte die Nachhut. In Smorgoni wurde mehrere Stunden angehalten , damit die Leute sich wärmen und mit Speiſe ſtärken konnten , wozu die Magazine dieses Orts Mehl 2c. lieferten. Da der Marschall indessen hier keine Unterstügung durch frische
*) Die leßten Worte zu Maret waren : ,,Ich rechne darauf, daß es Ihnen gelingen wird , den König von Neapel zu überzeugen , daß er hier den Rückzug eine andere Geſtalt annehmen laſſen könne. Das Heil der Armee hängt davon ab. Sagen Sie ihm, daß ich auf ihn rechne.“ - Es wäre gegangen, wenn man nicht die 20,000 Mann frischer Truppen , die man hatte und dazu erhalten konnte, auf eine so gedankenlose und fämmerliche Weiſe ( f. LXXIX . 9 u. f.) zu Grunde gerichtet hätte!
473 Truppen vorfand , so verließ er nach der Sättigung seiner Mannschaft Nachmittags (diesen 6. December) die Stadt, und zwar ohne den Rest der Magazine zu zerstören (da immer noch Nachzügler ankamen , die davon leben mußten) , ging noch zwei Stunden Wegs weiter zurück und ließ für die Nacht im Dorfe Krapowna lagern. Jene Magazine , die noch einen großen Mehlvorrath enthielten , mochten nun allerdings einigen der elendesten Nachzügler noch zur Sättigung dienen, fielen aber . bei Weitem dem größten Theile nach den bald einrückenden Russen in die Hände. An diesem so sehr kalten Tage löste sich die Arrieregarde Victors zu Smorgoni und Krapowna vollends auf. Was von hessischen Chevaulegers und badischen Husaren noch übrig gefolge. 14.
war
machte von nun an des Marschalls
Leib-
General Wrede erhielt (am 6.) den Befehl , den 7.
zu Slobodka stehen zu bleiben , indem die Arrieregarde des Heeres am 7. zu Oszmiana verbleiben werde. 15. Nachdem der russische Oberfeldherr Kutusow am 5. December (f. das vorige Kapitel S. 17. ) sein Hauptquartier zu Bjeloruczi hatte , kam es am 6. nach Radoszkowiczi (das auf der Straße von Minsk nach Wilna liegt) . Bis hierher war Kutusow auf Nebenwegen marschirt , wohl um seine Truppen besser unterbringen und ernähren zu können * ) ; von nun an folgte er aber derselben Straße wie die Franzosen und zog mit der Hauptarmee hinter dem Armeecorps Tschitschagofs her, wodurch dieselbe jedoch nothwendig , trog der Beihülfe , die die von den Franzosen verlassenen Magazine ihr gewährten , ſtark leiden und ihre Krankenzahl (s. LXXX. 18. ) sich außerordentlich vermehren mußte. 16. Kutusow , welcher schon in Radoszkowiczi (am 6. December) die Bewegung des östreichiſchen Detaſchements (unter Frimont) nach Njeswitsch und Slugk, sowie den Marsch Schwarzenbergs nach Slonim erfuhr , das Hertelsche Corps aber, wel-
*) War es dieser die Erhaltung der Mannschaft bezielende Grund, so ist es nicht wohl erklärlich , warum er nicht fortfuhr auf Seitenwegen zu bleiben, wodurch er, bei der nun so sehr gestiegenen Kälte, derfelben das ruinirende Biwackiren hätte ersparen können.
474 ches von Minsk nach Slonim zog , nicht für genügend halten konnte dem östreichischen die Spize zu bieten , entſendete ſofort den General Miloradowitsch mit zwei Infanterie- und einem Cavaleriecorps mit dem Auftrag , diese dann vereinten Kräfte über Woloczin nach Grodno zu führen. Indem er so die linke Flanke des östreichischen Corps bedrohen ließ , und hoffen durfte es dadurch zum Rückzuge zu bringen , wollte er auch dasselbe hindern der französischen Armee in der Richtung nach Wilna hin (da dieß von Schwarzenberg bis jezt unterlassen worden war) die Hand zu bieten. 17. Die Avantgarde des östreichischen Armeecorps unter Fürst Schwarzenberg langte am 7. December zu Slonim an, und diesen Fürsten traf hier ein Brief Marets vom 4. December, der ihn vollkommen unſchlüſfig gemacht haben ſoll *) , in welcher Direction er sich nun zu bewegen haben dürfte ; — weßhalb er denn in der Erwartung neuer (einem Militär verständlicher) Befehle in Slonim vorerst stehen bleiben zu müſſen glaubte. Uebrigens sagt Chambray mit Recht : „Nur die größte Noth konnte dermalen einen General bewegen , Truppen marſchiren zu laſſen , da die Kälte so streng geworden war, daß bei jedem Marsche eine Menge Soldaten hingerafft oder vom Frost verstümmelt wurden **) “ , – und dieſe höchste Noth schien Schwarzenberg aus der diplomatischen Briefstellerei Marets noch nicht hervorzugehen; war er ja ſogar dadurch ungewiß geworden, ob die französische Armee die russische oder diese die franzöſiſche verfolge (wenigstens will er es glauben machen, obſchon er ſelbſt lange Diplomat war) . 18. General Reynier mit dem 7. Armeecorps am 7. December zu Pruszani, machte daselbst Halt und ließ es in der Umgegend Cantonirungsquartiere beziehen. 19. Das Hauptquartier der franzöſiſchen Armee war am 7. December zu Mjedniki. Ebendaselbst befanden sich die Gar-
*) Wenn Schwarzenberg den Brief d. d . 2. ( f. LXXXI. 7.) nicht gehabt hätte, wollte ich Manches glauben was er geglaubt haben will ; dieser aber gibt meiner Zweifelsucht zu viel Nahrung. **) Allerdings jedoch vom öftreichischen Corps weit minder als bei denen der franzöfifchen und übrigen verbündeten Truppen ; da für jene beffer gesorgt worden war (f. S. 448 *).
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den und der Fahnentrupp der dazu gehörigen hessischen Brigade. „Die Kälte (heißt es in meinem Tagebuch) war heute abermals gewachsen; doch hatten wir , die wir uns beständig im Freien befanden , den Maßstab dafür verloren ; in unsrem Gefühl lag er nicht mehr ; wir konnten nur noch darauf aus den Wirkungen schließen, die wir durch sie auf Andre hervorgebracht sahen. Heute z. B. fielen die Pilgrime der großen Armee, die doch schon manchen harten Frost bestanden hatten , wie vom Frost gedrückte Fliegen ; und die ganz neu gekleideten , noch ziemlich wohlgenährten , kaum aus Wilna marſchirten Erſagsoldaten ganz ebenso häufig und plöglich wie die alten matten, schon von Moskau sich hierher geschleppt habenden Krieger. Es war eine ganz eigene Erscheinung, daß man die kaum noch ziemlich munter sprechenden und nach Wilna zurückschreitenden jüngeren Leute wie vom Schlage getroffen neben sich niederstürzen und auf der Stelle todt erblickte *) . Oszmiana war ganz mit Leichenhaufen angefüllt und die Straße wie besäet mit Todten und Sterbenden. Ich glaube, die jungen Leute starben zum Theil aus Schrecken über diesen gräulichen Anblick , an den sie freilich nicht allmählich, wie wir Andren, gewöhnt worden waren. Wir schritten ganz ungerührt darüber hin , gar keines Denkens mehr fähig.“ ― Die Kälte soll heute 27º Réaumur gewesen sein. 20. „ Es gab leider ! für die hinter dem Trupp aus Unvermögen zurückgebliebenen und Oszmiana durchziehenden Pilger, der Magazine unerachtet die sich da befanden, so wenig Lebensmittel als zu Smorgoni. Höchstens konnte man etwas Mehl von mitleidigen Magazinsgehülfen erbetteln. Mit Nichts als Capusta (polnischem Sauerkohl) und etwas Kleister von roh genossenem Mehl im Magen (heißt es in meinem Tagebuche), mußte ich heute den harten Tagmarsch machen. Eine für die Kälte Tod drohende Diarrhöe war bei mir , meinem mit mir pilgernden Feldwebel und so den Andern die Folge dieser elenden Nahrung ; nie auf dem ganzen Marsche war ich näher
*) Vergl. des Arztes Réné Schilderung der Wirkung der Kälte und des Zustandes des Heeres seit dem Berefina- Uebergang. Ein neueres Werk.
476 daran zu erliegen.
In dumpfem Hinbrüten wandelten wir fort und konnten eine Verwünſchung nur noch in Gedanken , nicht mehr in Wirklichkeit ausstoßen, als wir zu Oszmiana nicht ein
Stückchen Zwieback oder etwas genießbares Fleisch erlangen konnten. Der Erhaltungsinstinkt trieb uns nun von der Straße ab auf ungebahnte Wege, um in zur Seite gelegenen Dörfern eine Unterkunft gegen die Kälte und etwas genießbare Lebensmittel zu suchen, die wir zu Mjedniki ebensowenig als zu Oszmiana erhalten haben würden. Heute fielen Tausende von uns, die wir zu matt und frank waren, als daß wir noch mit dem Haupt- oder Fahnentrupp hätten fortkommen können, die, wenn sie auf der gebahnten Straße hätten bleiben und da einige Nahrungsmittel hätten erhalten können, sich bis Wilna würden fortgebracht haben ; aber die Formmänner wollten nun einmal lieber die ganze Welt zu Grunde gehen lassen und dem Feind die Magazine in Vollem erhalten, als ohne Bon einem armen, sich bis zum Magazin schleppenden. Kranken, für den man doch kein Aufnahmsſpital hatte , ein Stück Zwieback reichen . Man sollte sich sammeln in dieser Kälte! stundenlang stehen , bis man zahlreich genug versammelt und ein Haupt zum Haufen gefunden sei , der dann einen Empfang en règle machen könne ! Wäre man dazu vermögend gewesen , so würde man die Magazine kurzer Hand (wie in Smolensk) eingeschlagen , die Commissäre, die Hohn mit unsrem Elend zu treiben schienen, todtgeschlagen , oder ihnen Unterscheidungskraft in die Köpfe gefeilt haben. Wo der Soldat noch Kraft hat , sich noch helfen kann , da hat es keine Noth !
Aber wir waren so krank und
elend, daß wir nur noch seufzen konnten, und mußten uns von dummen , wohllebenden und gut bepelzten Buben Traineurs schimpfen lassen ! - Wer vermag es zu sagen , ob in diesen Tagen den ſtarren Gesegen der Natur , oder jenen der Adminiſtration die meisten Opfer gefallen find * ) ?!“ *) Diese Jeremiade schrieb ich am 11. in der warmen Stübe zu Wilna, da mein Tagebuchschreiben vom 6. an wegen geschwollener Hände und Kälte im Freien nicht mehr anging. Sicher ift es, daß die Ruſſen in diesem Feldzuge an der franzöſiſchen Adminiſtration einen Helfer hatten, der ihnen mehr Dienste leistete als wenn sie die Zahl ihres Heeres verdoppelt gehabt hätten. Ohne Bedenken kann man die Hälfte aller
477 21. Als Marschall Victor am 7. December bei Tagesanbruch die Arrieregarde unters Gewehr treten ließ, sammelten sich kaum noch 200 Mann in den Reihen. Der Rest hatte sich zerstreut, stack noch in den wärmenden Häusern oder hatte ausgelitten
(,,Am 7. Morgens war unsre Brigade aufgelöst,“
ſagen kurz die badischen Relationen − ) . Mit jenen wenigen Bewaffneten seßte der Marschall seinen Marsch fort und traf gegen Mittag bei der Division Loison in Oszmiana ein , mit welcher und neapolitanischer Cavalerie er nun die Arrieregarde bildete und sich am 7. in dieser Stadt hielt. 22. Der Major- General , Berthier , machte (den 7. ) dem General Wrede fund , das Hauptquartier werde am 7. , die Arrieregarde am 8. December zu Mjedniki ſein . „Der Kaiser (denn Wrede darf noch nicht wissen , daß dieser sich entfernt hat) befehle daher , daß er den 8. zu Slob Chomska (Szumska) auf der Route von Ke( s ) na verbleiben solle." 23. Dem General - Gouverneur Hoogendorp wurde durch den Major- General kund gethan , daß die Kaisergarde den 8. in Wilna eintreffen werde und Se. Majestät (Hoogendorp wußte, welche Majestät) wünſche , daß solche in der Oszmianer Vorstadt , die Garde- Cavalerie aber , welche auch eintreffe , in den Localen , welche sie früher inne gehabt , vorläufig cantoniren
in diesem Feldzuge von der grande armée Gebliebenen an der Adminiftration zu Grund gegangen rechnen , Į an der Unwiſſenheit der Militäroberen in Allem, was auf die Geſunderhaltung des Soldaten Bezug hat, und höchftens dann noch durch feindliche Waffen 2c. ,,Heute fiel ich auch den Kosacken in die Hände, die mich aber nicht übel behandelten , und mir Gelegenheit ließen ihnen wieder zu entkommen. Ich wich nämlich 11 Stunden von Mjedniki rechts von der Straße ab, fiel 200 Schritte von einem Dorfe (wohin fich mein Feldwebel und Andere retteten) von Diarrhoe zurückgehalten , 3 von einem vorbeiziehenden Haufen abstreifenden Kosacken in die Hände , die es gnädig mit mir machten , da fie, außer den Paar 5 Frankenstücken in meinem Beutel, auch in meiner Schreibtafel große Schäße an rothen 500 Rubelpapieren erbeutet zu haben glaubten (die keine solche waren) , und mir sofort jene mit meinen Tagebuchblättern , mein Ordensband , meinen blutigen Pelz , zurückgaben , mich dann rückwärts wiesen und laufen ließen 2c. Hinter dem ersten Buſch machte ich wieder rechtsum kehrt, gewann jenes Dorf 2c." Tagebuch.
478 könne. Das Armeecorps des Vicekönigs Eugen und des Fürften Eckmühl würden den 8. December in Rukoni verbleiben *) . „Man hoffe, daß er alle nöthigen Maßregeln ergriffen haben werde, den Traineurs und Isolirten die Konis, welche sie ritten, abzunehmen , dann ſie in die Klöster oder sonstige Locale führen zu lassen , die er gewählt habe , um sie so armeecorpsweise zusammenzubringen." „ Es sei nöthig daß viele Patrullen die Stadt durchstrichen, die nicht zu leiden hätten, daß sich Iſolirte, ohne sich auf die Sammelpläge zu begeben , darin aufhielten.“ „ Wir wünſchten ," hieß es weiter , „ eine Uebersicht der bis auf zwei Stunden Wegs um Wilna herumliegenden Dörfer zu haben, welche Ressourcen zum Unterbringen von Truppen dar--bieten. Der König denkt , daß Sie keinen Augenblick verlieren , unsre Kranken und den ganzen Embarras der Adminiſtration rückwärtshin zu evacuiren. “
„ Man muß die 6 Mil-
lionen (Francs) , die sich zu Wilna befinden , fortschicken , zwei „Was die davon nach Warschau , vier nach Königsberg." Unberittenen der Cavalerie betrifft , so muß man sie alle in demselben Local vereinigen und sie in Trupps von 500 Köpfen
nach Kowno und Warschau fortschicken . General Bourcier wird die Zahl der Mannschaft , von welcher Waffe sie seien und auf welchen von jenen beiden Punkten man sie dirigiren müſſe, angeben." ,,Viele Soldaten werden verlangen , in die Spien täler aufg ommen zu werden . Man muß ſuchen , nach Maßgabe ihres krankhaften Zustandes , sie nach Kowno zu bringen. Die Menge von Konis und kleinen Landwagen , die man den Soldaten beim Eintritt in die Stadt abnimmt , werden mehr Mittel gewähren , als man bedarf, um unsre Kranken zu evacuiren **).“ — Präpariren Sie genaue und detaillirte Standesausweise von Allem was sich in Wilna vorfindet.“
*) Der Vicekönig und so jene Armeecorps - Refte brachten (nach Labaume) am 7. die Nacht zu Runo - Pole , zwischen Oszmiana und Mjedniki auf der Landstraße, zu. **) - Alles recht schön bedacht und gesagt ; bis auf einen einzigen kleinen Umstand , daß man es in einer warmen Stube bedacht und gefagt hatte und dabei an die 27º Kälte draußen nicht dachte , deren es zur Ausführung wenigstens 20º zu viel waren. Auch mußte schon vom 2. bis 6. der größte Theil davon , ohne Erinnern Berthiers , geschehen
479 24.
„ Das Corps des Generals Wrede ward den 7. De-
cember durch die Ruſſen bei Slobodka beunruhigt * ) . ausrücken , behauptete sich aber in seiner Stellung.
Es mußte Die Trup-
pen litten hierbei außerordentlich durch die Kälte **) . Folgenden Morgens (am 8.) , als man sich eben zum Ausmarsche anschickte, versuchten die Husaren und Kosacken einen förmlichen Ueberfall , wurden aber kräftig abgetrieben , doch behielten die bereits ausgerückten Truppen kaum Zeit sich zu formiren , so rasch stürmte der Feind an. - Gegen 9 Uhr Morgens brach dann General Wrede mit seinem Corps auf und marschirte in fester Haltung über Slob. Szumska bis Ke(s)na zurück“ (obgleich er Befehl hatte bei Slob. Szumska halten zu bleiben, was er aber nur mehrere Stunden that, dann erst für die Nacht zu Kena Halt machte , vielleicht weil er glaubte , von da aus besser zur Deckung Wilnas wirken zu können , wenn der Feind gegen Lawariszki vorstoße) . „ Der Feind beunruhigte den Rückzug von Wredes Truppen mit Cavalerie und Artillerie. Die Entschlossenheit des 4. westphälischen und 1. heffiſchen leichten Infanterieregiments unter General Coutard's Führung [welches legtere die Nachhut bildete und mehrmals Vierecke ſchließen mußte, um Cavalerieangriffe abzuweisen, - nach dem Tagebuch des 1. Bataillons — Zusag d . Herausg. ] ſcheint ihn indeſſen von fernerer Verfolgung abgehalten zu haben.“ 25. Das Hauptquartier des französischen Heeres kam den December 8. nach Wilna , wo Murat, König von Neapel, nebst dem Major - General Berthier schon um 11 Uhr Vormittags eintraf, während der größte Theil des zum Hauptquartier gehörigen Personals , die Garden 2. erst Nachmittags ankamen. Der König nahm sein Quartier im Schloß , die Garden nahmen es in der Stadt , obgleich es ihnen nach dem gestrigen Befehl (s. 23. ) in der Oszmianer Vorstadt angewieſen werden
fein , wenn nur noch ein Quentchen militärischen Verftandes in Wilna vorhanden war. *) Nach den Erzählungen der Offiziere des großherzoglich heffi schen leichten Infanterie-Regiments . **) ,,Nahe an 300 Mann gingen dadurch unter den Waffen ab," fagt das Tagebuch des ebenerwähnten provisorischen leichten InfanterieRegiments. Anm . d . Herausg.
480
sollte.
Auch Se. Hoheit der Prinz Emil von Heſſen traf
mit dem Begleittrupp der Fahnen der hefſiſchen Brigade , „der nur noch aus 31 Offizieren , 24 Unteroffizieren und Soldaten bestand," Nachmittags zu Wilna ein * ) . Nur einige Wenige **) pilgerten noch isolirt Wilna zu , von welchen der größte Theil die Kraft nicht mehr besaß bis zu dieser 28 Werste von Mjedniki entfernten Stadt noch an diesem Tage (den 8. ) zu gelangen ***), obgleich Keiner war, der nicht das Aeußerste seiner, noch einmal von Hoffnung belebten Kräfte aufbot , dieses so lange ersehnte Ziel, wo man (etwas) raſten und sich wieder erholen zu können glaubte , zu erreichen . Die grimmige Kälte zwischen 27 und 30º , die dürftigen Schußmittel dagegen , die von Krankheit und Mangel erzeugte Schwäche , die spiegelglatte Straße , wodurch
*) ,,Der Rest (fagt das Tagebuch des General - Commandos) war gefangen, erfroren, verschmachtet" ( f. 26) . **) Hierunter gehörte auch ich (Capitän Röder). „ Am 8. in Mjedniki nach 4 Stunden Marsches angekommen , sammelten wir uns um die Feuer der Abmarſchirten und sahen uns nach etwas Speise um. Wenige dürften so glücklich gewesen sein etwas zu finden. Von dem Trüppchen , mit dem ich wanderte , war es keiner. Obgleich es auch hier Mehlmagazine und Vieh gab , so wollte man doch auch dafelbft lieber den Kosacken Alles aufbewahren , als uns Hungernden , die man, wie in Oszmiana, Traineurs schalt, etwas davon verabreichen. Inzwischen waren wir zwiſchen Mjedniki und Rukoni ſo glücklich auf einen badischen Offizier zu ftoßen , der mit 30 Mann Infanterie 8 mit Zwieback beladene Schlitten escortirte , um diesen der Arrieregarde zu Mjedniki zu überbringen ; er gab uns Hungernden einige Stücke Zwieback auf Bitte ab und marschirte weiter ; aber eine ganze Masse noch auf folch Manna Hoffender schnitt die beiden lezten Schlitten ab , und einige Leute der alten Garde, auch Traineurs wie wir Andern , da sie sahen daß nichts mehr hergegeben werden sollte , ermunterten die Maffe Bettler mit ,,au diable ! prenez -donc“ zum Zugreifen ; die Escorte wollte (und konnte auch wohl, wegen der Masse, die sie umwickelt hatte) nicht Gewalt brauchen , und so fielen den Isolirten 2 Ladungen Zwieback in die Hände. Er bekam den Räubern ( und ſo mir) aber schlecht, da er zu nahrhaft und zu viel genossen die Diarrhoe vermehrte. Ich kam nur bis Rukoni 2c. ic.“ Tagebuch. *** ) Konnte ich mich doch am 7. mit den 4 Heffen , die bei mir waren , und unerachtet unfres eifrigften Strebens nicht bis Mjedniki vorwärts bringen um wieder zum Fahnentrupp zu gelangen, und mußte Stunden davon liegen bleiben! -
481 die Schritte sehr beengt und anstrengend wurden , weil man wußte , daß wer einmal fiel selten wieder auffam , indem auf eine hülfreiche Hand nicht zu rechnen war , ließen nicht in dem Maße fortkommen als man wünschte , besonders da die so sehr geschwächten Isolirten an jedem Ort Halt zu machen gezwungen waren wo sie Feuer fanden , um ihre erstarrten Glieder wieder zu durchwärmen und damit soviel Beweglichkeit zu gewinnen, um zum nächſten gelangen zu können, oder auch etwas Nahrung zu finden 2c. 26. Der Bericht des großherzoglich hessischen Generalcommandos enthält eine Schilderung, in welchem Zustande der Rest der Brigade in Wilna eintraf. Hier ist gesagt: „ Nach dem Ruhepunkt Smolensk (und was das für einer war , ist vorn gesagt) gab es keinen mehr bis Wilna.
Vor Tag brach
man auf und kam erst spät am Abend im Biwack an.
Alle
Reinlichkeit ward dabei vernachlässigt. Die Meiſten hörten auf sich zu waschen, den Bart abzunehmen * ) 2c.; die Mäntel zerriſſen , verbrannten. Wer einen Pelz hatte, wickelte sich darein (mochte er auch einer Dame angehört haben). Der Kopf war in Tücher und Pelzwerk gehüllt **). dern.
Keiner erkannte den An-
So kamen wir nach Wilna zurück.
Alles zu Fuß.
Die
Pferde waren todt und die wenigen übrigen , von Hunger und Kälte zu Boden gedrückt (auch ohne Eisbeschlag) , konnten den Reiter nicht tragen ***).“ 27. Maret gab am 7. December dem diplomatiſchen Corps
*) Ich hatte den meinigen feit Orscha , da es dazu im Freien zu kalt war , nicht abgenommen, noch das Geficht gewaschen ; nur die Augen gereinigt und manchmal die Hände. **) Ich schüßte meine Ohren bloß mit Papier , auch den Nacken, Bruft , Füße, da damit das Eindringen des scharfen Windes am Besten abzuhalten war und dem Erfrieren der Nase vorgebeugt wurde , dem bepelzte Ohren ausfeßten. ***) Pferde hatten nach dem 6. nur noch Wenige der Jſolirten mehr. Sie gingen am 7. bei der grimmigen Kälte und dem Mangel , den fie an Nahrung litten, (da kein Reiter sich mehr um solche bekümmern und Zeit daran wenden konnte , fie aufzusuchen) alle zu Grund , oder doch spätestens am 8. - Was darum in dem Schreiben des Major- General (f. LXXXI. 23.) am 7. gesagt ist, galt schon für dieſen Tag nicht mehr . in Bezug auf die Koni , die die Isolirten noch haben sollten. Morer, Kriegsing. 31
482 in Wilna einen Wink , daß es an der Zeit sei abzureiſen, und so brach denn auch Alles was dazu gehörte in größter Eile (und Uebereilung) gegen Warschau auf, wohin der Kaiser vorangegangen war (ſ. 12).
Zweiundachtzigstes Kapitel. Der 8. December in Wilna. Zustand der Heerleitung. Mangel einer Befaßung und eines thatkräftigen Gouverneurs . - Unordnung und heillose Lage der Isolirten in Wilna. - Das 2. , 3. und 9. Corps rückt ein. - Befehle für Wrede und Ney betreffs der Arrieregarde 2c. 1.
Sobald der König von Neapel am 8. December in
Wilna eingetroffen war (ſ. LXXXI. 25.) kam Maret zu ihm, um ihm die legten Instructionen Napoleons mitzutheilen. Chambray sagt :
„Als Murat in Wilna anlangte , war er nieder-
geschlagen und schien jede Fähigkeit zum Handeln verloren zu haben. Er gab wenig Acht als Maret ihm die Befehle Napoleons mittheilte und rief, statt aller Antwort, aus : „ Non je ne me ferai prendre dans ce pot de chambre"*). Nach einer halben Stunde schien er dem so wichtigen Gegenstand der Debatten mehr Aufmerksamkeit zu schenken : „ Ertheilen Sie mir Befehle," sagte Berthier ; „ich werde sie ausfertigen.“
„ Sie
wiſſen beſſer als ich was zu machen ist,“ war die Antwort. „ Ertheilen Sie selbst Befehle." ,,Sie befehligen das Heer, nicht ich z . 2c.“
Dieſe kläglichen Debatten (woraus sich schon
entnehmen läßt, was in dieſer Kriſis aus dem Heer selbst werden mußte, und was Berthier gethan hatte , als er Napoleon schlechterdings durch Murat ersegt haben wollte) währten lange. Maret ging endlich davon (und es geschah in diesem ſo äußerst wichtigen Moment Nichts) . Am Abend fam Maret wieder. Einige Stunden Ruhe ſchienen Murat wieder einigermaßen zu sich selbst gebracht zu haben; er willigte ein sich in Wilna so
*) Dieser Gedanke , sowie der an die ſchnellfte Heimreife (in ſein Königreich) , schien sich ganz seiner bemächtigt zu haben und er gar keinen andern mehr denken zu können. Soweit hatte dieser unglückliche Rückzug und die Kälte diesen in der Schlacht Kühnften unter den Kühnen heruntergebracht! - Aber Wenige der großen Armee dürften nicht ebenſo herunter oder noch eines andern Gedankens fähig gewesen sein.
483 lange zu halten , als möglich “ (womit da die lebendigſte Thätigkeit nicht zugleich eingriff, so viel als nichts erreicht war). Die Armee hatte wirklich kein Haupt , - welches fürs Ganze wohl nur der Vicekönig hätte abgeben können , und für den Theil des Heeres , welcher Wilna berührte , allein der Marschall Ney ; da dieſe Männer die jezt höchſt erforderliche Spannfraft noch nicht verloren hatten *). Berthier war offenbar nicht viel weniger herunter als Murat ; er konnte nur noch, mechanisch vielleicht, Befehle ausfertigen. Die Entfernung des Mannes , an den er sich zu stügen gewöhnt war , der ihm immer geſagt was zu thun war , die Kälte, die außerordentlichen Anftrengungen , denen er sich schon seit so langer Zeit unterziehen mußte , und nun der Gedanke , daß er allein stehe , daß man sich in Wilna etwas halten solle und halten müſſe , wenn es nur einigermaßen zum Sammeln der Truppen kommen und nicht das ungeheure Material , das sich hier aufgehäuft fand, sowie die legten Trümmer des Heeres in ihrem aufgelösten Zustande dem Feinde in die Hände fallen sollten ; daß er aber, der Major - General der großen Armee, dabei gar leicht dem Feinde selbst in die Hände fallen könne, wenn er verweile und wenn das feindliche Avantcorps ernstlich angreife und siege ; — dieß Alles konnte seinen Geist schon so erschüttern, daß er zum freien Handeln , wie es der Moment erforderte , völlig unfähig war. 2. Wohl nie (sagt Chambray , und ich kann es nach dem, was ich darüber an Ort und Stelle gehört , bestätigen) iſt ein Erstaunen dem der Bewohner Wilnas gleich gewesen , als da die Masse der Isolirten der großen Armee , an deren Daſein man hier noch glaubte, mit dem 6. December Abends , dann so fort den 7. und 8. , in dieser Stadt einzutreffen anfing und man den gräßlichen Zustand erblickte, worin sie sich befanden. Auf die Militärs und Militärverwaltungs-Perſonen daselbst, die, so wie sonst Jedermann, durch die von Maret, Herzog von
*) Faft ganz übereinstimmend mit dem, was hier und in dem Folgenben geſagt ift , urtheilt auch der Verf. des „ Buchs vom Jahr 1812″ Bb. III. S. 309 ff. über die leßten Rückzugstage , über die Möglichkeit fich in Wilna zu halten , wenn nicht Murat an der Spiße geftanden hätte. Anmerk. d. Herausg. 31 *
484 Bassano , verbreiteten falschen oder doch den wahren Zustand des Heeres nicht entfernt ahnen lassenden Nachrichten, im Irrthume erhalten worden waren , schien das plögliche Erscheinen jener Krieger , die siegreich bis Moskau vorgedrungen gewesen waren, in dieſer gräßlichen Geſpenſtergestalt, wahrhaft lähmend einzuwirken ; auch läßt sich Alles , was von diesem Augenblick durch sie geschah oder nicht geschah völlig, und allein genügend, aus dieser Geisteslähmung erklären , wobei jedoch Egoismus, indem er alle Pflicht vergessen ließ , immer ſeinen guten Antheil hatte.
3. Erst am 7. December brach das diplomatische Corps, welchem Maret einen Wink gegeben, in größter Eile von Wilna nach Warschau auf; und bis zum 8. war noch keines der vielen Truppen-Depots , die hier als Besagung standen, oder auch nur die Effecten-Depots abgegangen , keines der unermeßlichen Magazine geräumt , keine Viehheerde zurückgetrieben 2c., nicht einmal 6 Millionen gemünzten Geldes zurückgebracht worden. Am 8. endlich brachen zwar die Truppen - Depots in der größten Eile auf; aber damit auch die ganze Besagung , alle Bewaffneten, welche man nie nothwendiger als eben in diesem Augenblick zur Erhaltung der Ordnung von Innen und zur Sicherung --nach Außen nöthig hatte. Es gehört mit zu den unbegreiflichsten Dingen , daß man nicht wenigstens 2000 Mann Infanterie derselben in 2 bis 4 Bataillone geordnet hatte und, da die Leute wohl erhalten waren , nun als Beſagung hier behielt; und so auch 3-400 Mann Cavalerie nebst einer leichten Batterie in Bereitschaft hatte und behielt : damit dieſe Besagung Wilnas , wie früher jene von Smolensk , die legte beim Abzuge sein konnte * ). Diese Schuld möchte indessen
*) Ich hatte in meiner Gefangenschaft zu Wilna Zeit genug Erkundigungen einzuziehen , sowie Reflexionen hierüber zu machen und Jene zu verwünschen, die nicht einmal so ein Weniges und Natürliches zu ordnen unternommen hatten, worauf indeſſen doch beruhte, fich Einen Tag wenigstens länger zu Wilna zu halten, damit man ein wenig zu sich selbst kommen , einige Haufen Iſolirter sammeln, kleiden, wieder bewaffnen, noch manches Werthvolle fortschaffen oder zerstören, in Kowno Anstalten zu einigem Halt , vorzüglich aber zu einer zulänglichen , ge ordneten Arrieregarde und ihrer Verpflegung auf dem Marſche dahin
485 lediglich den Adjutanten Napoleons , General- Gouverneur dahier und in ganz Litthauen, treffen. Rapp , Mouton oder ein Anderer an seiner Stelle würde sich nimmer in einer solchen Stellung haben finden laſſen und würde aus eignem Impuls gehandelt haben. — Nicht einmal 2000 Combattanten in Wilna zu finden , auf die man sich fest verlassen konnte, während es am 2. dieses noch 20,000 hier gab, auf die das Armeecommando zählen zu können glaubte , das auch wohl noch jezt , trog der Opferung der Diviſion Loiſon und der neapolitaniſchen Cavalerie, auf etwas davon gezählt haben mochte, mußte nothwendig deffen Bestürzung vermehren , sowie im Gegentheile ein thatkräftiger Gouverneur , der sich auf eine bewaffnete Macht, wie erwähnt , lehnen konnte , und - (wie Marschall Ney dem General Wrede *)) erklärt hätte , daß ihn alle Kosacken der Welt nicht aus Wilna vertreiben sollten , alle Gemüther aufgerichtet haben würde. 4. Die Arrieregarde der französischen Armee (nach russiſchen Berichten) zu Oszmiana angegriffen, vermochte nicht, da heute schon die Division Loison von 10,000 auf 3000 Mann herabgekommen war **), hier Stand zu halten und zog sich nach Mjedniki ab. 5. Das 4. und 1. Armeecorps , ersteres noch 150 Combattanten in Reih und Glied zählend , lezteres kaum einige
treffen konnte. - Daß, wenn eine solche Besaßung in Wilna vorhanden gewesen, Marschall Ney am 10. noch Wilna behaupten konnte , besonders wenn man ihm als Reserve dazu 600 Mann Infanterie der alten Garde und 600 Reiter der Garde, darunter die Polen , laffen wollte und er dictatorisch für Schußmittel gegen die Kälte (mittels Teppichen und Pelzwerk) sorgen durfte , unterliegt wohl keinem Zweifel. Dann wären auch ich und viele Hunderte von Offizieren und Tauſende von Unteroffizieren und Soldaten , die nothwendig einen Tag zur Erholung bedurften , dem Feinde zu Wilna nicht in die Hände gefallen. *) Siehe Gourgaud examen critique etc. Seite 486. **) Wenige Biwacks 2c. bei einer Kälte von 22 bis 28⁰ hatten diese jungen, kräftigen , für die Polhöhe von Weimar und Gotha gut gekleideten Leute , aber bei wohl gänzlicher Unkenntniß der Oberen, wie man den Soldaten unter allen Umständen erhalten könne, und bei mangelndem Reglementsartikel , daß man es , coûte que coûte , müffe, fo weit heruntergebracht.
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mehr, verbrachten die Nacht in Rufoni.
Der erkrankte Mar-
schall Davouft ging jedoch noch bis Wilna , wohin auch viele Offiziere, und was von Isolirten nur immer noch fortkommen konnte, vorangingen.
Die Trümmer des 2. , 3. und 9. Ar-
meecorps mit Marschall Ney gelangten bis zu den Vorstädten Wilnas und in die Stadt selbst. Das würtembergische Ergänzungsregiment längt gleichfalls , jedoch nur noch 60 Combattanten stark, zu Wilna an (ſ. LXXXI. 5 ). 6. Die Intention Sr. Majestät ist , daß Sie ( General Wrede) Ihre Stellung zu Slob- Schomska ( vielmehr zu Kesna) verlassen und sich nach Rukoni ziehen sollen , wo Sie weitere Befehle von dem Herzog von Elchingen (Marschall Ney) empfangen werden, dem Se. Majestät das Commando der Arrieregarde anvertraut hat. Er wird Sie hier mit den Truppen des 2. und 3. Corps unterstügen. Es ist von Wichtigkeit, daß Sie baldmöglichst zu Rukoni eintreffen. Dort haben Ew. Excellenz die Nachhut des Heeres zu machen. Sie werden den Nachzüglern Schuß verleihen und große Sorge tragen sich, so weit nur möglich , zur Rechten und Linken durch Patrullen aufzuhellen. Die Truppen des Herzogs von Elchingen, die Ihr Soutien sein sollen , werden sich in Stellung zu Njesmicza befinden; fie find beauftragt, die Route von Rudomin (auf Wilna) zu decken und aufzuhellen 2c. Das Corps des Herzogs von Belluno befindet sich heute zu Mjedniki , von wo es morgen früh auf Wilna zurückgehen und Ihnen die Sorge der Nachhut überlassen wird. Se. Majestät rechnet auf Ihre Talente und Ihren Eifer unter dieſen Umständen, wo Sie im Stande find Dieses Schreiben erder Armee große Dienste zu leisten.” hielt Wrede um 9 Uhr des Abends. 7. ,,Se. Majestät achtet für angemessen, Ihnen , Herr Marschall (Ney) , das Commando der Arrieregarde , und zwar sogleich von diesem Abend ( des 8. ) an , zu übergeben. Sie werden das 2. und 3. Armeecorps (wenn es hoch kam, jedes aus 300 Combattanten bestehend) und die Division Loison, die dazu schon verwendet ist , dann das aus 7-8000 Mann bestehende bairiſche Corps * ) des Generals von Wrede unter
*) Dieſe Zahl_gaben die Listen vom 5. oder 6.; aber „ si l'on veut
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-
Ihren Befehlen haben. Dieser General erhält eben Befehl aus seiner Position zu Slob - Schomska nach Rukoni zu marschiren 2. Ich habe dem Herzog von Belluno vorgeschrieben, legtere Position nicht eher zu verlassen bis Wrede daselbst angelangt sei ze.
Sie werden Wrede alle weiteren Instructionen
zugehen lassen , die Sie für nöthig erachten.
Sie fühlen, Her-
zog , daß das Heil der Armee in Ihren Händen liegt. Man beschäftigt sich , das 1. , 4. und 9. Armeecorps , sowie die Garde , zu railliren , um Sie, wenn es nöthig ist, unterſtügen zu können.“ 8. Da bis tief in die Nacht hinein das Strömen der Isolirten nach Wilna ununterbrochen fortdauerte , wohin mit Aufbietung der legten Kraft Jeder, auch wenn er bis jezt noch sich zum Trupp gehalten und in Reih und Glied verblieben war, voraneilte , um diesen Hafen zu erreichen , wo er einmal ſein höchftes Bedürfniß , die Ruhe , zu genießen und ſeine übrigen Lebensbedürfnisse befriedigt zu ſehen hoffen durfte : so trat nun eine erschreckliche Unordnung ein , da nicht dafür gesorgt , noch weniger, auf das Bedürfniß dieſer Leute bemeſſen, dafür gesorgt war, sie schnell unterzubringen und vorläufig ihren Hunger zu stillen.
Zwar waren unter Tags Offiziere an den Thoren auf-
gestellt, die Leute anzuweisen wohin sie sich begeben ſollten, und auf der Municipalität ſtand mit großen Buchstaben angeschrieben , welche Sammelpläge und Unterkünfte den Soldaten jedes Corps angewiesen seien (z. B. dem 4. Armeecorps das Kloster St. Raphael jenseits der Wilia) ; daß dieses aber am Abend in einer großen unbekannten Stadt, wo man den Fragenden nicht verstand , auch wenn er so glücklich war daß ihm Jemand Rede stehen wollte, nicht genügen konnte und schon unter gewöhnlichen Umständen nicht genügt haben würde , auch wenn jene Offiziere an den Thoren verblieben wären , wie es nicht der Fall war , ist klar ; und so rannten dann die Zerstreuten aller Orten herum , entweder um die angewiesene , oder doch vorerst irgend eine Unterkunft zu suchen.
Der Hunger
des soldats autrement que sur le papier, il faut les conserver en santé.“ Hier predigten fürchterliche Beispiele diesen Saß. Es waren heute nicht mehr 3000 ftreitfähig von Wredes Corps !.
488 trieb von Haus zu Haus , um ein Stück Brod erkaufen zu können. Die Buden , die Wirths- und Kaffee-Häuſer konnten bald die Menge von Käufern nicht mehr faffen *) , oder ihre Vorräthe waren erschöpft.
Wer sonst etwas hatte, schloß zu,
weil er Plünderung befürchtete , und so blieb beinah kein anderes Mittel als Thüren einzuschlagen , wobei das Bedürfniß die Offiziere ebenso Hand anlegen ließ als die Soldaten. Es kam nun schon zu particularen Kämpfen zwischen den angekommenen matten Pilgrimen und den kräftigen Hausbesigern ; vorzüglich aber traf das Loos des Einbruches die Juden, welche sich erst am Längsten vor ihren Häusern hielten und für enorme Preiſe verkauften was eßbar war , dann sich in ihr Haus verschließen wollten . Sie traf nun auch von diesem Abend an Mißhandlung, die sie die nächsten Tage so unmenschlich rächten. Man quartirte sich , ihr Protestiren nicht achtend , bei ihnen ein , allerdings vorerst nur bis zum nächsten Tage ; die Ruhe aber brachte das Gefühl von Krankheit hervor, man fand sich zu schwach zum Delogiren. Die Offiziere, welche in diesem Falle waren , bestrebten sich durch Geld noch ein genehmigtes längeres Verweilen, das erst erzwungen war, zu erkaufen ; ihre jüdischen , auch einige christliche Wirthe , ließen sich damit die Hände füllen und warfen dann, zum Theil schon in der Nacht vom 10. , die Kranken aus den Betten auf die Straße , alle ihre Habe behaltend **).
*) Hätte man die Ankömmlinge sogleich noch vor oder zunächſt der Thore in solche Locale verwiesen und dort für einen kleinen Imbiß für fie geforgt, so hätte man fie von da dann truppweise in die Cafernen führen können , die für fie angewiesen waren , falls man dazu Einwohner in genügender Zahl zu Führern aufgeboten hatte. Dieß Alles sagte man mir später in Wilna und zwar hörte ichs von ganz einfachen Bürgern, die ihre Meinung darüber aussprachen und die Schuld der Unordnungen , welche ftattfanden , ganz allein den schlechten oder verkehrten Maßregeln Schuld gaben , die getroffen worden waren. Freilich , hieß es dabei, mochte ihnen der Schrecken alle Besonnenheit geraubt haben : der aber die Militärbehörden Wilnas nicht entſchuldigen kann, wenn auch die Civilbehörden zu entschuldigen waren, daß fie unter solchen Umständen den Kopf verloren. Ueberhaupt dachte Jedermann nur an fich. **) So ging es auch unsrem ehemaligen Landsmann dem großherzoglich badischen Oberftlieutenant von Grolmann und wohl 30 Offizieren.
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Dreiundachtzigstes Kapitel. Unheilbringender Verschluß der Magazine zu Wilna bis zum 9. Decem ber Abends. - Eintreffen der Reste des 4. und 5. Armeecorps und der Divifion Loison. Verderbliches Gedränge vor dem Thor nach Minsk. -- Rückmarsch der Wrede'ſchen Artillerie nach Wilna. Wrede erhält den Befehl der Nachhut; er muß bis vor Wilna zurückweiDie Sorge für chen , worauf Murat eiligst die Stadt verläßt. Be den Rückzug der Armee nach Kowno wird Ney anvertraut. fehle an Schwarzenberg und Macdonald. - Abgang des heffiſchen Kriegscommiſſariats nebßt der Artillerie von Wilna.
1. Am 9. December öffneten die mitleidigen Bäcker , die die ganze Nacht gebacken hatten , bei wohl verſchloſſen gehaltenen Hausthüren ein kleines Ladenfensterchen und steckten den andrängenden Hungrigen , je nachdem man ihnen ein Stück von 1 oder von 5 Francs hinreichte , ein Brödchen von 1 oder 5 Kreuzern an Werth in die Hände und empfingen dabei das „ Gott lohn's ! “, aus gutem Herzen gesprochen , in den Kauf. Die ungeheuren Militär-Verpflegs -Magazine blieben aber noch immer und bis zum Abend dieses Tages den Hungernden geſchloſſen. ,,Peut- être espéraient-ils, en ne faisant de distributions qu'avec les formes régulières , obliger les hommes isolés à se railler ," ſagt Gourgaud,,,mais ce fut un grand malheur !“ Allerdings un grand malheur und um ſo ärger , da es hier als wahre menschenmörderische Barbarei erſcheinen mußte und deren Folgen hatte *). 2. Gegen Mittag dieses Tages (des 9. ) trafen die Reste des 1. und 4. Armeecorps theils von Rukoni her , theils aus den Dörfern oder Vorstädten , die sich an die Stadt schließen, zu Wilna ein ; ihnen folgte die Diviſion Loiſon, jezt , da dieſer Divisionsgeneral erkrankt war , vom Brigadegeneral Gratien befehligt. Sie hatte keine 2000 Mann mehr in Reih und Glied ; auch konnte man ihren Marsch nicht mehr einen Marsch
*) Daß die Adminiſtration durchaus von dem Militärcommando unabhängig war , machte dieſem auch das angemessene Eingreifen unmöglich : denn etwas gegen die Regeln zu thun , konnte ihr nicht ange` muthet werden. Nur der General - Intendant Daru oder der Stellvertreter Napoleons konnten befehlen.
490 in Reih und Glied nennen ; Jeder zog ziemlich, wie er wollte, einher.
(Ich glaubte erst , mich unter lauter Isolirten zu be-
finden und wunderte mich, daß so Viele davon Gewehre hatten.) Sie hatte noch von Mjedniki bis Rukoni die Arrieregarde gemacht. 3. Vor dem Minsker - Thore in dem sonst breiten Hohlwege, der den Hügel herab dahin führt, gab es (während dieses Zugs) unten ein so heilloſes Gedränge , daß ich wenigstens zulegt schwebend getragen und endlich unweit des Thores in einen Haufen zertrümmerter Wagen , todter und mit dem Tode ringender Menschen und Pferde , unter einem schrecklichen Geheul und Geschrei der Gequetschten , gestürzt wurde. Kaum gelang es Einem unter Zweien hier durchzukommen , und es war völlig das Seitenstück zu dem Gedränge an der BeresinaBrücke. Seitwärts konnte man , auch beim breiteren Theile unten, nicht mehr ausbeugen um sich zu retten, wenn man vom Menschenstrom erfaßt war , sonst wäre es vielleicht hier durch einige Gärten gegangen ; oben aber konnte Niemand es gewahr werden , als bis das ganze Defilee bis dahin vollgepfropft war; auch konnte man schon , sobald man einmal darin war, nicht mehr umwenden und zurückkommen , da Jedermann , ſich in dem Weg zu halten gewohnt, vorwärts drängte und Wenige ihres Geistes noch mächtig genug waren , die Folgen zu erwägen, wenn man sich in eine Hohl fortdrängte worin es bald, sichtlich genug , Verstopfungen gab. Die Militär- und Polizeibehörden , die hier so leicht und zeitig helfen konnten ,
wenn
fie, sobald sie die Barricaden unten gewahr wurden , oben abweisen und diese aufräumen ließen, kümmerten sich um gar Nichts. Ich hatte lange keinen andern Gedanken als einen Fluch über die, durch deren schändliche Nachlässigkeit hier noch so viele Menschen auf eine so elende Art , das Thor Wilnas im Auge, umkommen mußten.
Ich selbst ward nur durch eine Art Wun-
der gerettet : denn , bereits bis zum Ausgehen des Athems gedrückt, ward ich mit einem Male , indem ich zufällig auf den Hinterfüßen eines in Todeszuckung begriffenen Pferdes gelegen haben mußte, in die Höhe ſo glücklich geschleudert, daß ich nach dem Thore hinwärts fiel. Ich fand mich ziemlich aus dem Gedränge, den Mantelsack eines Chaſſeurs krampfhaft in Händen
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habend , als ich von einer augenblicklichen Betäubung wieder zu mir kam , und konnte mich aufraffen und dem Thore zuhinUnter dem Thore fand ich meinen Feldwebel auf mich fen. warten und nach mir rufen , dann den Stabschirurg Heinrich, deffen Nase erfroren war , dort herumirrend und nach unsrem Corps, nach dem Prinzen Emil fragend 2c. Ich eilte meinen früheren Wirth in den Univerſitäts- Gebäuden aufzuſuchen, um mir die augenblicklich nöthige Hülfe zu verschaffen *) und diesem dann das Kundschaften aufzutragen 2c." 4. „General von Wrede rückte am 9. Morgens nach Rukoni und erhielt den ehrenvollen Auftrag , von hier bis über den Niemen die Arrieregarde der großen Armee zu machen. Seine Kräfte betrugen noch 2000 (und einige Hundert) Combattanten (worunter das großherzoglich hessische proviſoriſche leichte Infanterieregiment ungefähr 300 Mann ſtark **)) ; auch hatte er noch einige Geſchüße“ (was wohl nur zwei Geſchüze der Brigade Franzeschi ſein konnten , da er damals bereits alle übrigen nach Wilna vorausgeschickt hatte ***) , s. unten §. 8. und 9) . Er sollte sich in Rukoni so lange als möglich halten, wurde aber bald lebhaft von zahlreicher feindlicher Cavalerie angegriffen, aus 12 Geſchügen beschoffen und dadurch, bei ſeiner geringen Streitkraft , kaum als Bedeckung fürs Geſchüß zulänglich, gezwungen auf Wilna zurückzugehen.
Der zugesagte
*) ,,Da mir ein Ramsden'sches Fernrohr in der Brufttasche auf der Bruft ganz platt gedrückt worden war, so fühlte ich noch solche Schmerzen und Beengung , daß ich die Rippen gebrochen glaubte; erst nach einigen Stunden hatte ich mich etwas erholt , verfiel aber nun in Schlaf und als ich erwachte, erfuhr ich schon tief in der Nacht, daß die Garden und so auch der Prinz Emil und unser Trupp fort feien. Das Einbrechen in die Magazine der Univerſitätsgebäude begann 2c.“ Tagebuch. **) Nach dem Tagebuch des 1. Bataillons dieses Regiments wäre dieſes leßtere unmittelbar vor dem Nachhutgefecht bei Wilna noch 1067 Köpfe ftark gewesen, und Tags nachher beim Abmarsch von Wilna sogar noch (nach einer gezählten, noch aus 75 Mann bestehenden Compagnie zu schließen) gegen 600 Mann (?). Danach würden zu erfterer Zeit die Kräfte des ganzen Armeecorps wohl gewiß noch über 3000 Mann betragen haben. Anmerk. d. Herausg. ***) Das ebengenannte Tagebuch sagt bestimmt, es feien zwei bai rische Geschüße gewesen. Anmerk. d. Herausg.
492 Soutien , der sich zu Njesmicza befinden sollte , mangelte (oder war doch nicht von der Art , daß er zur Anlehnung dienen Gegen 2 Uhr Nachmittags (sagt Wrede's amtlicher konnte). Bericht) „als das Armeecorps eine halbe Stunde vor Wilna ankam , zeigten sich rechts und links der Straße feindliche Cavalerielinien , welche vor ihnen stehende Batterien deckten ; die ganze Colonne mußte durch das Feuer derselben defiliren : was mit der ruhmwürdigsten Standhaftigkeit geschah *). Bei dieser Gelegenheit wurde der königl. bairiſche Generalmajor von Ströhl verwundet.“ 5. Sobald der Geschügdonner in Wilna gehört wurde, schlug es daselbst Allarm. „ Marschall Ney konnte indeſſen von der Division Loison , obschon sie noch etwa 1500 Combattanten zählte , kaum 600 Mann zuſammenbringen **) . Mit dieser geringen Hülfe und dem Ueberreft des Corps von Wrede gelang es ihm jedoch , sich auf der Höhe zu halten, welche Wilna auf der Seite von Minsk beherrscht , weil er es nur mit Reiterei zu thun hatte. --- Während der Feind so auf der Seite von Minsk angriff, überfielen Kosacken die auf der andern Seite von Wilna gelegene Vorstadt , wo sie indeſſen eine Abtheilung der Garde abwies ." 6. ,,Sobald der Feind vor Wilna erschienen war , verließ Murat, König von Neapel, dieſe Stadt mit einer Eile (er nahm ſich nämlich nicht die Zeit, erst die Pferde bringen zu laſſen, ſondern zog eilig mit seinem Generalstab zu Fuß durch das Gedränge in der Stadt) ,
daß nothwendig die Unordnung und
Besorgnisse dadurch vermehrt werden mußten, und verlegte sein
*) Das ebenerwähnte Tagebuch führt noch an , daß kurz vorher das Armeecorps aufgefordert worden sei die Waffen zu ftrecken , daß den hessischen Truppen die Ehre geworden sei beim Durchbrechen des Feindes die Spiße (unter Hauptmann Fresenius ) und den Schluß des Armeecorps zu machen und dabei wiederholte Cavalerieangriffe abzuschlagen. Anmerk. d. Herausg. **) Wie es mit der Divifion Loison zu dieſer Zeit aussah , geht aus einem Schreiben des Marschalls Ney an den Major- General hervor (was in der 2. Ausgabe von Chambray's Werk mitgetheilt ift). Danach wäre dieſelbe , zufolge des „ Fehlers “ (fagt Ney) ihrer Abschickung nach Oszmiana , durch die Kälte heruntergekommen gewesen auf höchstens 400 waffenfähige Leute.
493 Hauptquartier in ein Kaffeehaus auf der Straße nach Kowno, einen Büchſenſchuß von der Vorstadt (worin die Garde Quartier hatte), die dann dort ihre Biwacks aufschlug.“ „So zeigte Murat , dessen Muth bis dahin keine Gefahr hatte erschüttern können , jezt Mangel an Entſchloſſenheit und vernachlässigte in dieser schwierigen Lage die Obliegenheiten des Befehlshabers gänzlich." -- Nur Marschall Ney blieb unerschüttert , würdigte die Umstände richtig , nämlich daß man von der ruſſiſchen Cavalerie, die erſchienen war, nichts in Wilna zu befürchten haben könne ; wies die ihm vom General Wrede angebotenen 60 bairischen Chevaulegers -- womit dieser General , auch zur Vers. mehrung des Schreckens und der Unordnung, in die Stadt und als Geleite zum Schuge vor seine Wohnung gesprengt war ſeines Rückzugs nach Kowno ab , und, indem er sich mit dem, was er in der Stadt unter die Waffen bringen konnte , zum Wrede'ſchen Corps begab, deſſen Angriff die ruſſiſche Cavalerie, durch die kühne Haltung die dasselbe zeigte sowie durch den ankommenden Succurs bestimmt , bald aufgab, so wies er demselben die die Stadt sichernden Stellungen vor den Barrieren für die Nacht an. 7. Das großherzoglich hessische provisorische leichte Infanterieregiment , unter Oberst von Schönberg , schied hierbei aus der Brigade Coutard im Wrede'ſchen Corps , trat unter die unmittelbaren Befehle Sr. Hoheit des Prinzen Emil von Heſſen zurück und zählte von nun an , als Theil seiner Brigade, zur jungen Garde. Ebenso war die hessische Artilleriedivision von 6 Geſchüzen bereits unter die Befehle Sr. Hoheit getreten. 8. Der größte Theil der zur großherzoglich hessischen Artilleriedivision gehörigen Fahrzeuge war schon von Dokszice aus unter Commando des Feldwebels Riem nach Wilna zurückgeschickt worden ; kurz vor dem Abmarsche aus Slobodka (früh Morgens den 8. ) wurden dann auch 4 Geschüße der Division, auf Befehl des Generals Wrede , nach Wilna vorausgeschickt, die unter Lieutenant Kröll (der indessen sehr unwohl war und mit einem andern Erkrankten in Schlitten voranging) fich dahin in Bewegung segten und auch den 8. daselbst ankamen ; nur 2 Sechspfünder unter Commando des Oberfeuerwerkers Sommer
- 494 blieben noch diesen Tag bei dem leichten Infanterieregiment und dem Wrede'schen Corps zurück. 9. Der Rückmarsch des Wrede'ſchen Corps von Slobodka am 8. (nachdem Morgens die auf diesen Ort anstürmenden Kosacken abgetrieben worden waren) geschah sehr langſam in Bataillons - Carrees mit vorgeschickten Tirailleurs , wobei man beständig von den Kosacken geneckt und öfters von deren Artillerie beschossen wurde *).
Als das Corps am Abend an
einem an der Straße gelegenen Hof anhielt , gab. Wrede Befehl , daß nach kurzer Raft sämmtliche bairische , hessische und westphälische Geschüße , mit zugehörigen Fahrzeugen, unverzüglich nach Wilna abgehen sollten , um in seinen Bewegungen den 9. nicht wieder durch diesen großen Geſchüßzug gehindert zu sein. Wegen der matten Pferde konnte der weitere Nück- und Nachtmarsch der Artillerie nur in mäßigem Schritt geschehen ; dabei war die Kälte furchtbar. Die Leute , welche nicht mehr gehen und nur auf den Geſchüßen fortgebracht werden konnten , erstarrten in kurzer Zeit 2. In der Dunkelheit, des Weges unkundig , kam der Geſchüßzug unweit Wilna in eine Weghohle , die ſo abſchüssig wurde , daß man wieder umwenden mußte , was der hessischen Artillerie , die schon über 100 Schritte abwärts war, furchtbare Anstrengung kostete ; man lenkte dann auf die südlichere oder Hauptstraße, und so kamen die zwei legten hessischen Geſchüße und Munitionswagen erst Morgens um 8 Uhr (den 9.) zu Wilna an. 10. „Da General Wrede aus seiner Stellung gedrängt worden ist (schreibt Berthier an Ney) und sich dicht an den Thoren der Stadt befindet und da Ihnen die Division Gratien (Loiſon) ` nicht zulängliche Mittel dargeboten hat , ihn zu unterſtügen und den Feind zurückzuwerfen , so hat der König sein Hauptquartier nach dem Schlagbaum des Kownoer Thores verlegt, wo er die Garde vereinigt hat.” 11. „ Es ist die Absicht Sr. Majestät morgen mit der Kaisergarde um 4 Uhr Morgens aufzubrechen , um so schnell als
*) Hierbei wurden uns mehrere Leute bleffirt und dem Oberften von Schönberg das Pferd unter dem Leib durch einen Kartätſchſchuß getödtet.
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möglich Kowno zu erreichen , die Flüchtlinge und Isolirten so viel möglich zu sammeln und dort eine Stellung zu nehmen.“ Führen Sie ferner die Arrieregarde mit den Divis 12. fionen von Wrede , Loison und Allem was Sie mit diesen Truppen werden vereinigen können. Laffen Sie in dieser Nacht die Artillerie so viel wie möglich fortſchaffen, überhaupt Alles, besonders die Kriegskasse *) 2c. Thun Sie , was sich unter so unglücklichen Umständen nur thun läßt, wo strenger Frost — (und weil in Wilna für Nichts gesorgt war und wurde , was nur einigermaßen zweckdienlich gewesen wäre) - alle Bande des Heeres vollends gelöset hat."
13. „Laffen Sie die Kriegskaffe noch in der Nacht abgehen. Der General Eblé ist berechtigt worden Artilleriepferde dazu abzugeben , wenn es nöthig sein sollte. Man muß Alles aufbieten sie zu retten. Sie können sie diese Nacht ins Hauptquartier an den Kownoer Schlagbaum bringen laſſen, wo wir fie escortiren lassen." 14. „Lassen Sie , ohne langsame Verwaltungsformen `und im Ueberflusse, Lebensmittel und Kleidungsstücke an alle die, welche sich darum melden , vertheilen **) , da uns die Stellung des Feindes nicht die Hoffnung verstattet uns morgen den ganzen Tag in Wilna zu halten. Segen Sie Alles in Bewegung, um nach Kowno Alles nur mögliche fortzuschaffen.“ Auch an die Befehlshaber der Armee auf den Flügeln wurden diesen Abend Befehle wie folgt erlassen : 15. Herr Fürst von Schwarzenberg ! Die Armee ist in diesem Augenblick in Wilna. Alles führt zu der Vermuthung , daß Se. Majestät (es wird hier noch nicht gesagt , welche
*) So wird nun dem Marschall Ney mit einem Male , leider erft am 9. Abends ! die Obsorge für Alles übertragen , die , wenn sie ihm am 7. wäre übertragen worden, noch Vieles hätte retten können. **) Endlich ! - Aber auch so am Ende, daß der ganz unausführbar gewordene Befehl ganz füglich hätte unterbleiben können. Es fiel zu dieser Zeit Niemand mehr ein , sich zum Empfang zu melden , noch gab es irgend Jemand mehr , der zu Austheilungen aufzufinden gewesen wäre. Nur in der Nacht wurden mit Hülfe der Einwohner einige Magazine eingeschlagen.
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Majestät und daß der Kaiser nicht mehr beim Heer sei *) ) — ſich entschließen werden , sie über den Niemen gehen zu laſſen, um Winterquartiere an diesem Strome zu beziehen. Diese Bewegung macht es nöthig, daß Sie demgemäß mit Ihrem Corps und dem von Reynier manövriren , um eine der neuen Linie, die wir auf dem linken Ufer des Niemen einnehmen werden, angemessene Stellung zu haben , da es die Absicht des Kaisers war , daß Ihr Corps und das des Generals Reynier das Herzogthum Warschau decken sollte. —
Se. Majestät beauftragt
mich gleichzeitig Ihnen zu melden , daß diese Bewegung so langsam wie möglich geschehen müſſe, wenn Sie nicht durch die Bewegungen des Feindes zu einer schnelleren gezwungen werden. Die Armee wird nach Kowno aufbrechen , das sie als Brückenkopf behaupten wird **) ; dorthin müſſen Sie uns Ihre Rapporte zuschicken. Geben Sie uns , so oft es möglich, Nachrichten Alerander." von Ihnen ." 16. Herr Herzog von Tarent ! Die Armee ist in dieſem Augenblicke in und um Wilna. Es ist daher die Absicht Sr. Majeſtät, daß Sie sich unsrer neuen Operationslinie nähern, indem Sie an Tilsit heranrücken , um Königsberg und Danzig zu decken. Aber Se. Majestät beauftragt mich , Ihnen gleichzeitig bekannt zu machen , daß Sie Ihre Bewegungen“ u. s. w. (wie an Schwarzenberg , f. S. 15). 17. Das großherzoglich hessische Feldkriegscommiſſariat zu Wilna , welches sich schon am 8. vollkommen marschfertig gemacht hatte, indeſſen die Ankunft Sr. Hoheit des Prinzen Emil und der hessischen Truppen erwarten mußte, um Jenes Befehle zu empfangen und diesen noch allen Beistand leiſten zu können, der in seinen Kräften stand , erhielt an diesem Morgen von Sr. Hoheit den Befehl auf Kowno und so weiter Königsberg
*) Nach Gourgaud ward indeffen Schwarzenberg fein Privatſecretär, Baron Stürmer , der fich in Mission zu Wilna befand , zurückgeschickt, um ihn mündlich davon zu unterrichten. (Die obenerwähnte Zurück, haltung fand fonach wohl nur der Ruffen wegen Statt, in deren Hand die Depesche fallen konnte.) · **) Es ist doch kaum denkbar , daß Berthier, im Augenblick als er dieß schrieb und nachdem er das Schreiben an Marschall Ney ( f. §. 10 dieses Kap.) eben erlaffen hatte , dieſes glauben konnte.
497 zurückzugehen.
Oberfeldkriegscommissär Major Weber *) ver-
ließ demzufolge mit dem Kafſawagen, drei Effectenwagen, zwei Chaisen und einer Anzahl zum Transport der Effecten - Kisten und der Kranken gemietheten, oder Privat- Schlitten von kranken Offizieren 2c. , endlich mit einem Trüppchen erschöpfter , von der Beresina hergekommenen Soldaten als Escorte (indem die rüftigen, die er bei sich hatte und die von dem Ergänzungstrupp des Premierlieutenant Pilger zu Wilna waren, in ihre Corps einzutreten befehligt wurden) um 9 Uhr Morgens Wilna ** ). Allein auf der Straße etwa 6 Werfte bis zu dem durch den Frost spiegelglatt gewordenen , wohl 4 Stunde langen Steig bei Ponari gekommen , Wagen drängten und , schärften Pferden , sich men, glaubte er hier
an deſſen Fuß sich viele Hunderte von bei den matten, größtentheils nicht gemeist vergebens bemühten hinaufzukomsich nicht aufhalten zu dürfen bis es
möglich ſei durch dieß , wie es schien , unauflösliche Gewirre zu kommen , und ließ sofort , damit nicht durch Aufenthalt das Fortbringen der Kaffe gefährdet werde , nach Neu-Troki ablenken , um von da auf einer südlicheren Straße als jene von Kowno über den Niemen zu gehen. 18. Ebenso wird von Sr. Hoheit dem Prinzen Emil der Artillerie Befehl ertheilt , ohne Verzug voran nach Kowno zu gehen. Allein in welchem Zustande befand sich solche in diesem Augenblick! Durch den Rückzug der französischen Armee war Wilna seit einigen Tagen so angefüllt , daß es den Menschen schwer fiel noch unter Obdach zu kommen ; an das Unterbringen von Pferden war daher gar nicht zu denken. So kam es, daß die Pferde der von Dofszice abgeschickten Fahrzeuge bei
*) Major Weber hatte gestern Se. Hoheit den Prinzen Generalcommandeur , deffen Stab und die meisten Offiziere ſeines Geleites in feine Wohnung aufgenommen, da es so äußerst schwierig war in dieſem Moment Unterkunft in Wilna zu finden . Man verblieb nun in dieſem Logis und alle þeffischen Offiziere zogen sich nach Abreise des Commiſsariats vollends hierher. **) Eine Anzahl kranker heffiſcher Offiziere 2c. ging mit dem Kriegs. commiſſariat zurück. Zwei vierspännige Wagen waren auf Befehl Sr. Hoheit des Prinzen Emil, da ihre Bespannung zur Artillerie erforderlich war , zu Wilna zurückgelassen worden. Röder, Kriegszug. 32
498 einer so furchtbaren Kälte schon über 4 bis 5 Tage, ohne abgeschirrt worden zu ſein, im Freien *), und wahrscheinlich auch den größten Theil dieser Zeit ohne Futter , zubringen mußten. Mehrere davon waren bereits an den Wagen vor Hunger und Kälte crepirt, andere so abgemattet, daß sie unmöglich , auch ohne eingespannt zu sein, von hier weiter fortgebracht werden konnten.
Um daher vorzugsweise die Geschüße zu retten, blie-
ben , mit Ausnahme einiger Wagen und der Feldschmiede , alle übrigen Fahrzeuge zu Wilna stehen. Die Trainsoldaten mußten dabei mit Gewalt aus den zunächst gelegenen Häusern herausgeholt und gezwungen werden auf die Pferde zu figen , wenn ein Fahrzeug mit den vorher ausgewählten Pferden bespannt war. Unter solchen Umständen war es erst Mittags gegen zwei Uhr möglich Wilna zu verlassen und den Weg nach Kowne einzuschlagen.
Diese Straße war um diese Zeit mit Fahr-
zeugen aller Art bedeckt, die jedoch größtentheils an dem Berge diesseits Wilna stehen gelassen werden mußten 2c." „ Man erfuhr durch einen Unteroffizier, daß das hessische Feldkriegscommiſſariat links abgebogen habe, und die Artillerie versuchte nun auch , in Einhaltung dieses Wegs , um die Höhe herum auf den oberen Theil des Berges zu kommen.
Unter großer An-
strengung gelang es bis gegen Abend sämmtliche Fahrzeuge auf die Höhe zu bringen ; allein hier angelangt wurde man gewahr, daß die vom Vice-Korporal Maischein geführte Kanone fehlte." Er hatte (als der Vorderste) unter der Masse von Wagen unten am Berge nicht wahrgenommen, daß man wendete und einen Seitenweg einschlug , und, als er etwas Luft gewonnen , sich bestrebt auf die Höhe zu kommen , die er denn auch , jedoch viel früher als die übrige Artillerie, gewann , da er diese aber voran glaubte , sich vorwärts zu kommen beeilt. - Die Nacht war eingebrochen als die 5 Geſchüße und übrigen Fahrzeuge oben
*) Dieſe Schuld_lag nicht sowohl an der Unordnung , die damals, als fie ankamen , noch nicht wie später in Wilna herrschte , als daran daß Feldwebel Riem und seine Leute nicht aus der Stadt wollten. Major Weber wollte ihnen Quartier und Unterkunft für die Pferde auswärts verschaffen ; auch fürchtete Riem, daß ihm dann die Trainſoldaten durchgehen möchten , und wollte die Wagen auch nicht allein zu Wilna laffen ; so wartete man fort und fort auf Stallung in der Stadt.
499 in Zug kommen konnten , das nächste Dorf aber war immer` noch einige Stunden entfernt , weßhalb man in einer an der Straße gelegenen Mühle blieb , um die äußerst angeſtrengten welPferde etwas ruhen , freſſen und sich erholen zu laſſen, cher Erholung die Menschen nicht minder bedurften.
Vierundachtzigstes Kapitel. Fortseßung des Marsches der hessischen Artillerie 2c. (am 10.). - Aufbruch des Hauptquartiers und der Refte des Heers (auch der hefStärke deffelben. - Die Kriegskaffe, fifchen Brigade) von Wilna. Artillerie 2c. wird stehen gelassen zu Ponari. Neys besonnenes Verhalten. - Nachhutgefechte. - Klägliches Schicksal der in Wilna Zurückgebliebenen. Bestand der dort erbeuteten Magazine. Ruffische Berichte darüber und über die Gefangenen. - Hauptquartier Kutusows. - Wittgensteins Wendung gegen Macdonald. - Napoleon kömmt durch Warschau. ― Schwarzenberg erhält Nachricht von den Unfällen der großen Armee. 1. „ Etwa um 3 Uhr Nachts (am 10. früh) wurde (von der hessischen Artillerie) wieder aufgebrochen. So sehr man sich auch fortzukommen beeilte , so hörte man doch schon sehr früh das Feuer der Arrieregarde 2c." Bei der Schwäche der Pferde konnte man immer nur in einem gemäßigten Schritte fahren und konnte so erst bis zum 12. Abends die ganze Strecke nach Kowno zurücklegen. Die Kälte war in diesen Tagen immer noch so furchtbar wie früher und das Elend der Artilleriſten und Trainsoldaten stieg dadurch aufs Höchste. Die Artilleriedivision marschirte bis Kowno ohne alle Bedeckung immer unter der Maſſe Iſolirter einher und übernachtete ohne Wache. 2. Murat , König von Neapel , bricht mit ſeinem Hauptquartier Morgens 4 Uhr nach Evje auf. Berthier (mit ihm in einem Wagen fahrend), Eugen, Davouſt, Mortier, Lefèbvre, Bessières begleiteten ihn ; alle Trümmer der großen Armee, mit Ausnahme einiger Abtheilungen Polen , die auf Olita instradirt wurden , folgten der Straße nach Kowno. Die alte und junge Garde diente dem Hauptquartier zur Escorte. 3.
Se. Hoheit der Prinz Emil von Heffen , der sich noch 32 *
500 in der Csehr finstern) Nacht vom 9. auf den 10. *) mit seinem Stabe, den Offizieren , die sich an ihn angeschloffen , und dem Fahnentrupp des Leibgarde- und Leibregiments nach dem Kownoer Schlag begeben, dem Commandeur des provisorischen leichten Infanterieregiments , Obersten von Schönberg , aber befohlen hatte , um 4 Uhr Morgens mit demselben dort bereit zu stehen, schloß sich sofort mit seiner , durch dieß Regiment nun wieder über 300 Feuergewehre zählenden Brigade an die so starken Reste der jungen Garde an. Biwack kaum noch die Nacht zu Evje. 4. Nach Chambray zählte das Heer beim Aufbruch von Wilna nach Kowno nur noch 4300 Combattanten, die folgen-
den Corps angehörten : Alte Garde 600 M. Inf. 800 M. Caval. Junge Garde , einschließlich der hessischen 400 " " Brigade 200 "" Corps von Wrede und Division Loison 2000 " " "I 300 " " " 1. , 2. , 3. , 4. und 9. Armeecorps 3ufammen 3300 " 1000 " Leştere 300 Mann der fünf genannten Armeecorps marſchirten mit dem Hauptquartier und escortirten ihre Adler. 5.
Anderthalb Stunden von Wilna geht die Straße über
den steilen Hügel von Ponari. Seit dem 9. hatte sich hier schon eine Stockung gebildet , die durch die Ankunft des Heeres ſo zunahm , daß es in sehr kurzer Zeit selbst den einzelnen Reitern und Fußgängern unmöglich wurde auf dem Wege zu bleiben. Sie sahen sich genöthigt auf beiden Seiten durch den
*) Labaume sagt in Beziehung auf das 4. Armeccorps : ~,,Es wurde beschlossen , die Stadt gegen 11 Uhr in der Nacht zu räumen. So brachen wir zu dieser Stunde auf und verließen die mit betrunkenen, todten und schlafenden Soldaten bedeckten Straßen : Die Höfe , die Gallerieen, die Stufen der Häuſer waren damit angefüllt. Kein Einziger wollte mit marſchiren , ja nicht einmal aufftehen um den Befehlen seines Vorgeseßten , der ihn rief, zu gehorchen. Nachdem wir endlich mit ebenso viel Mühe aus Wilna heraus waren , als wir bei unſrem Einrücken (durch das Gedränge im Defilee vor dem Minsker Thore) zu befiegen gehabt hatten , ging der Vicekönig und sein Generalftab zum König von Neapel, wo alle Offiziere bis zum Aufbruch auf einander geschichtet blieben 2e."
501 Wald zu gehen , den die Straße durchschneidet.
Dieses Defilee
von Ponari *) zwang Alles im Stiche zu laſſen , was noch an Artillerie und Gepäck vorhanden war , sowie die aus Moskau mitgenommenen Trophäen, Napoleons Equipagen und ungefähr 10 Millionen Francs baares Geld , das die Soldaten plünderten **).
Man mußte endlich noch eine ziemlich große Menge
*) Man kann hinzuseßen : und die Kopflosigkeit die Alles ergriffen hatte ! - denn was konnte, so lange es Tag war , hindern es gleich unsrer Artillerie zu machen und um den Berg herum zu fahren; die große Ebene linkshin konnte man sehen ehe man an die Tannenwaldung kam, und von da mußte ja wieder irgendwo auf die Straße nach Kowno, wenigftens über den Niemen , zu kommen sein. Viele Offiziere mußten ja auch Karten haben , viele , die lange in Wilna verweilt hatten, fich etwas orientirt haben ; nur in der Nacht auf den 10. konnte Fuhrwerk, ohne Landesführer zu haben , nicht wohl mehr von der großen Straße abgehen. **) Die Soldaten plünderten nicht eher , als bis man ihnen gesagt hatte : Greift zu ! Auch war ein Detaſchement der alten Garde als Escorte beim Schaß , das es nicht gelitten haben würde (was ich hier anführe , weil auch einige unsrer , ſpäter als der Hauptrupp von Wilna abgegangenen Soldaten einige Hände voll Geldes von diesem Shaße erhielten). Marschall Ney gab die Erlaubniß zuzugreifen Jedem wer Luft hatte. Gourgaud bestätigt was unsre Soldaten erzählten , indem er fagt : „ Le Maréchal, sortant de Wilna avec l'arrièregarde et arrivant au bas de la montagne de Ponari, vit une longue file de voitures et de fourgons du trésor arrêtés. Jugeant de l'impossibilité de les sauver, parceque l'ennemi nous talonnait, il ordonna que ces caissons fussent ouverts et que les éspèces qu'ils contenaient fussent remises à tous ceux qui voudraient en prendre ; son ordre fut exécuté.“ ,,Cette dispersion du trésor était regrettable sans doute, fügt er hinzu, mais la circonstance (die zu dieser Zeit Niemand besser als Ney zu beurtheilen wußte) la commandait. Aurait-on mieux aimé que les Russes en eussent profité ? Et fallait-il en faire un sujet d'accusation contre l'honneur de l'armée ? " Auch der Schaßmeister Mollien sagt in seinem Bericht vom 4. Januar 1813 an den Grafen Daru , daß der Schaß von französischen Traineurs geplündert worden , daß er bereits die gehörigen Nachforschungen machen lasse 2c. Er wird zuleßt auf Marschall Ney getroffen fein. - Uebrigens geht das Schicksal des Schaßes aus diesem Bericht hervor, nämlich es heißt : ,,Von Smolensk bis Wilna ift an einer Summe von 5,209,245 Francs 34 Cent. die Summe von 3,209,245 Francs 34 Cent. verloren gegangen und auf dem Wege von Wilna bis Königsberg an einer Summe von 10,919,455 Fr. die Summe von 6,813,295 Francs 18 Cent.; so daß von der Totalſumme von
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verwundeter (und
erkrankter) Offiziere zurücklaſſen , die bis
dahin das Glück gehabt hatten , ihre Wagen zu retten 2c.“ 5. „Man mußte Alles aufbieten , die Kriegskaſſe zu retten ," sagt Berthier am 9. Abends , und am 9. den ganzen Tag scheint also Niemand daran gedacht zu haben , daß man fie , falls fie gerettet werden sollte, noch diesen Tag , wenn auch erst Nachmittags , abgehen lassen müsse , der Generalintendant des
Heeres so wenig
als der Schagmeister oder
irgend einer Derjenigen, die unmittelbar für sie zu sorgen hatten. Jeder der am 8. Angekommenen war durch Kälte und Leiden halb betäubt und wollte wenigstens einen Tag in Wilna zur Erholung bleiben. So geschah es , daß der Schaß erst in der Nacht auf den 10. an den Kownoer Schlag gebracht wurde und erst nach dem Hauptquartier in tiefer Finsterniß von dort sich auf den Weg machte. Der Zug scheint auch keine landeseingeborne Führer bei sich gehabt , noch irgendwoher von dem dieſe Nacht und schon den 9. den ganzen Tag bis auf eine Stunde vom Schlag sich erstreckenden Wagengedränge Nachricht erhalten zu haben. Wie erst der Morgen am 10. anbrach und man sich erkennen konnte, hätte selbst kein Ablenken mehr auf der Straße von Neu-Troki helfen können , da nun auch hier alsbald Kosacken erschienen ; wohl aber wäre noch Rettung möglich gewesen , wenn man noch um 4 oder 5 Uhr Morgens vom Hauptquartier Jemand zurückgesandt hätte , der Colonne des Schages die Weisung zu bringen , vorerst links den Weg nach Troki einzuhalten , wenn sich hierzu ein tüchtiger Wegweiser fand und ein paar hundert Mann von der alten Garde geschirmt hätten , bis man wieder die Straße nach Kowno gewann. Schon wie der Schaß zunächst der Arrieregarde und nicht mehr vor dem bewaffneten Haupttrupp des Hauptquartiers einherzog , war er preisgegeben ; die geringste Zufälligkeit brachte ihn in die Hände der Kosacken ; es brauchte nicht des Gedränges an der Steige bei Ponari dazu. 16,128,700 Francs 34 Cent. nur die Summe von 6,106,159 Francs gerettet wurde.“ -- Uebrigens könnten auch gar wohl Einzelne ein Intereffe dabei gehabt haben , daß Schafwagen dem Feinde in die Hände fallen möchten , da dieß die Rechnungsablage so sehr erleichtert , und leider ! sehr usuel ift.
503 6. Marschall Ney verließ Wilna mit Tagesanbruch , mit dem was er vom Corps von Wrede , der Division Loison, dem 2. und 3. Corps unter Waffen hatte und hielt dann noch am Kownoer Schlag , um dem, was noch etwa in der Stadt wäre und sich retten wollte (worunter auch noch ein paar Hundert Bewaffnete von den genannten Corps , auch Garden und andere) , Zeit zu geben heranzukommen , die auch dadurch in der That Rettung fanden , indem sie , durch die eindringenden Kosacken aufgescheucht und mit ihnen in der Stadt und durch die Vorſtadt Schüſſe wechselnd , sich anschlossen. Doch fielen in Wilna immer noch ungefähr 20,000 zum Heer gehörige Individuen in ihre Hände , theils Verwundete, theils und zumeist aber Kranke, vom Frost Verstümmelte , oder in dieser Nacht, wo sie zum ersten Male nach langer Zeit eine gewärmte Stube oder ein Glas Schnaps gefunden hatten, in eine Art von lethargiſchem Schlaf Verfallene, von dem sie sich , als der Feind eindrang , noch nicht wieder aufraffen konnten. „ Die unerhörten Anstrengungen (sagt Chambray) die sie gemacht , um eine Stadt zu erreichen wo sie Hülfsmittel zu finden hofften , die ihr Zustand erheischte (und etwas Ruhe) , hatten ihre Kräfte vollends erschöpft“ *). 7. Die Arrieregarde unter Marschall Ney , da dieser sich ſowohl bei Wilna als am Steig bei Ponari lange aufhielt, hatte einige heftige Angriffe der von Geschüß unterstügten Kosacken und Husaren des Corps von Platow (der ihr von Wilna an nur noch allein folgte) zu bestehen ; und - was darüber auch die russischen Berichte sagen mögen1 **) **
fie machte sich, da
*) Hierzu gehörte ich und die allermeisten der Zurückgebliebenen. Dabei war der Körper von Krankheit ergriffen, die bei Vielen mit dem erften Moment der Ruhe sogleich und aufs Heftigste zum Ausbruche kam. Von den 3 Offizieren , die ich bei meiner Compagnie hatte, war der Secondlieutenant Bechßtatt unterwegs, ein Opfer der Kälte und Krankheit, gefallen ; der Secondlieutenant von Succow und Secondlieutenant Pfaff hier sogleich ins Hoſpital (Dobreszinez) gekommen, Erfterer schwer krank, Leßterer mit erfrorenen Füßen , wovon ihm die Zehen sowie ein Theil des einen Vorderfußes sogleich abgenommen werden mußten , da Brand die gefunden Stellen neben den erfrorenen sehr bald ergriff. **) Der Rapport des General en chef Kutufow an den Kaiſer Alexander vom 2/14 December sagt : ,,Nach der Einnahme Wilnas
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ANGULA
die Koſacken ſie um Wilna herum umgangen und sich vor sie gesegt hatten , nicht nur leicht Bahn , sondern schlug auch alle später folgenden Angriffe zurück. Freilich war sie viel zu schwach , um bei Ponari länger als einige Stunden halten zu können ; aber sie gab wenigstens allen, wenn nur noch einigermaßen gesunden Leuten , die zu dem vielen Fuhrwerk gehörten, das hier stehen gelassen werden mußte , Zeit , mit der Bespannung und einem Theil der besten Effecten , auch einem großen Theile des Schages (deſſen Gold ausgetheilt, das Silber Jedem der nehmen wollte , überlassen wurde) davonzukommen. Da die Beute den Feind bei diesem Steige dann beschäftigte und er sein Geschüß nicht sogleich durchbringen konnte, obgleich es auf Schlitten gesezt war , so kam die Arrieregarde , Nachmittags minder beschwert , bis Rikonti , wo Marschall Ney fie für die Nacht bleiben ließ , obgleich dieser Postort nur 22 Werfte von Wilna entfernt ist; alle Isolirten aber mußten weiter. 8. Weder von Seiten des französischen Hauptquartiers noch der Adminiſtration war etwas zur Preisgebung oder Zerſtörung der unermeßlichen Magazine , die sich zu Wilna befanden , veranlaßt worden ; die ganze Thätigkeit des Marſchalls Ney aber in der verflossenen Nacht und bei der Verlassung dieſer Stadt mußte dahin gerichtet sein, die Bewaffneten, welche. die Arrieregarde bilden sollten , zu sammeln , zu ordnen , für
am 28. November ( 10. December neuen Stils) dirigirte fich der Feind gegen Pogolianka , und der General Platow , um ihm den Rückzug auf der Straße von Kowno abzuschneiden , warf fich auf dieſe Straße mit allen seinen Kofacken , den Husaren von Olwiopol und den Dragonern von Schitomir und Arsamas. Nachdem er die erfte Colonne des Feindes hatte vorbeiziehen laffen , befahl General Platow dem Grafen OrlowDenisow das Feuer zu beginnen und griff zugleich rasch die andern an, indem er fie ftark mit seiner unter Befehl des Oberften Prinzen Kudaszew ftehenden Artillerie beschoß. Er befahl hierauf dem Grafen Orlow den Feind zu umgehen und sein Detaſchement auf deffen beide Flanken zu vertheilen, um ihn zu verhindern auf die Höhe von Ponari zu kommen. Große Colonnen wurden durch das Feuer unsrer Artillerie in Unordnung gebracht, dann zerstreut. Wir nahmen einen General (krank im Wagen) 30 Offiziere, mehrere Taufend (unbewaffnete) Soldaten, 28 Kanonen, und viel Bagage. Getödtet wurde unfrer Seits der Oberft Flowaiski II., schwer bleffirt der Oberftlieutenant Bibikow.“
505 einige Lebensmittel zu ihrer Verpflegung zu sorgen , die Isolirten , die in ſeinen Bereich kamen , auf- und fortzutreiben u. s. w.; und so konnte er sich um Zerstörung der Magazine und Effecten-Depots gar nicht bekümmern , obschon dieß Sache Auch würde er nicht eines Arrieregarde - Befehlshabers ist. einmal Jemand gehabt haben , der sie ihm angezeigt, viel weniger zur Zerstörung Hand angelegt hätte , und so vermag ihn keine Schuld zu treffen, daß solche (einigen Abgang durch Plünderung , die das eine oder das andere in der Nacht traf, ausgenommen) ganz in die Hände des Feindes fielen. Die Brandfackel hätte sich auch bei den wenigsten , ohne daß man die Stadt selbst den Flammen ausseßte , anwenden laffen ; und eine solche Grausamkeit gegen die Hauptstadt der Conföderation Litwozu thauens , die vielen Freunde die man hier hatte , man unbedingt alle Polen , nicht gerade aber alle Litthauer, zählen konnte — würde unverantwortlich gewesen, auch auf die vielen Tausende , die man vom Heer hier zurücklaſſen mußte, So war denn Wilna auch unmittelbar zurückgefallen sein. zugleich von Moskau an die erste Stadt , welche unzerstört blieb und nicht vom Feuer litt. 9. Was den Bestand der Magazine betrifft , die zu Wilna dem Feinde überlassen werden mußten , so befanden sich nach den französischen offiziellen Ausweiſen darin : Brod , Zwieback, oder Mehl hierzu für 100,000 Mann auf 40 Tage , das Getreide ungerechnet , welches für die Wintermagazine aus Samogitien schon zum Theil eingetroffen war (und für welches die Vermahlmittel und bez. Bereitung zu Brod gesichert waren, da die Mühlen zu Wilna die Einrichtung haben , daß sie der Frost nicht zum Stehen bringt) ; Fleisch in Viehparks für 100,000 Mann auf 36 Tage ; Branntwein und Wein (oder Bier) 9 Millionen Rationen ; 42,000 Paar Schuhe (von denen indeſſen der vierte Theil ausgetheilt oder geraubt worden sein mochte) ; die bedeutendsten Magazine an Fourrage, Gemüſen, Kleidungsstücken *) , Pferde - Rüstungen
c.;
34,000 Gewehre
*) So waren neue Kleidung für die sämmtliche Kaifergarde in einem Magazin der Universitätsgebäude, Uniformen für die Offiziere derfelben, Hüte und, was mich nicht wenig wunderte , auch Paradedegen (da fie
506 (von welchen zwar einige Austheilungen gemacht wurden, aber darum doch kein Stück aus Wilna hinauskam) ; Munition aller Art in größter Quantität zc. 10. Der General en chef Kutuſow sagt darüber sowohl als bezüglich der in Wilna gemachten Gefangenen in ſeinem Bericht an den Kaiser Alerander vom 14. December : ,,Vor meiner Ankunft in Wilna haben der Commandant des Hauptquartiers Stawrakow und Generalmajor Bezrodno mir bereits den Befund in den verschiedenen Magazinen von 14,000 Tschetweriks Getreide , 5000 Mehl und Zwieback gemeldet, und von außerordentlich großen Niederlagen von Kleidung , Waffen, Patrontaschen,
Sätteln , Tschakos ,
Feldflaschen und
andern
commissariatischen Gegenständen Anzeige gemacht." 11. An Gefangenen haben wir hier 7 Generale , 18 Stabsoffiziere, 224 Offiziere , 9517 Unteroffiziere und Soldaten , außerdem 5139 Kranke in den Hoſpitälern gefunden“ → (und man kann ohne Uebertreibung annehmen, daß, ehe die Zählung am 12. oder 13. begann , wohl 5000 andere bereits in den Hoſpitälern, auf den Straßen und in den Häusern umgekommen und davon etwa ermordet worden waren) . „ Ueberdieß findet und vereinigt man in der Umgegend der Stadt viele Gefangene ; auch hat man da einige Magazine entdeckt , deren Bestand aber noch nicht aufgenommen werden konnte 2c.“ 12. „Morgens um 8 Uhr waren * ) bereits Kosacken in Wilna; um diese Zeit hörte man ſelbſt einiges Schießen in den Straßen und ich erfuhr, daß sich ein Offizier mit einem Trupp Soldaten vermuthlich ein Posten, der vergessen worden war, durchgeschlagen habe; jenseits der Stadt erhob sich gegen Unſre 9 Uhr ein sehr starkes Gefecht und Artilleriefeuer.
doch im Felde Säbel trugen) vorhanden, und ſehr viele Ballen des feinsten weißen und Scharlach - Getüches zu Uniformen für die andern Offiziere des Heeres. Von diesem Getüche dürfte indeſſen wenig in die Hände des russischen Commiſſärs gekommen sein, da mein Hauswirth durch einfache Oeffnung von ein Paar Bretern ins Magazin kommen konnte, und was er nicht (mit Hülfe meines Feldwebels) in 2 Nächten wegbrachte, dann von den Kosacken auf demselben Wege geholt und verkauft wurde. *) Nach meinem Tagebuch.
507 Arrieregarde war also noch in der Nähe 2c.
„Eine erbar
mungslose Jagd auf die in den Straßen liegenden oder aus den Häusern hinausgestoßenen Kranken oder jammervoll elenden Offiziere und Soldaten begann, und dauerte dieſen ganzen Tag fort, mehr jedoch von Seiten der Juden und einiger des niedrigften Volkes der Litthauer , als der Kosacken , die nur in den ersten Stunden ihres Eintritts Einige tödteten, Andere ausziehen halfen , worauf an diesem fürchterlich kalten Tage, bei Schneegestöber , der Tod in kurzer Zeit folgen mußte ic." - „Alle eigentlichen Polen bewiesen sich edelmüthig und ebenso die vielen hier befindlichen deutschen Handwerker ; fein Soldat , der bei ihnen eingetreten war , wurde ausgewiesen oder angezeigt, bevor Ordnung wieder in der Stadt vorhanden war ; Erstere (die Polen) leisteten aber auch selbst activen Beistand , vorzüglich gegen die raſenden Juden , entriſſen ihnen manchmal ihren Raub und prügelten sich , selbst in Gegenwart der Kosacken, mit ihnen herum 2c. “ *). 13. „ Die Passage der Armee zu Wilna wurde so zur heillosesten Epoche des ganzen Rückzugs ; keine , nicht jene von Smolensk , nicht jene an der Beresina , kam dem Menschenverluste gleich der hier stattfand ! Der Gedanke ist zum Verzweifeln , daß gerade hier , dem Orte welchen man als den
*) Ich will nicht die Gräuelscenen , worauf ich schon in Kapitel LXXXII. 8, hingewiesen , wie sie mir von diesem Tage zur Kenntniß kamen, aus meinem Tagebuche hier aufnehmen ; die folgenden Tage waren für die Gefangenen, die man alle in das Bafiliusklofter zuſammentrieb, wo fie weder Feuer, noch Wasser noch Nahrung erhielten und fortdauernd von Plünderern heimgesucht wurden, die ihnen Kleidung raubten, nicht minder schauerlich , ja man konnte gegen fie jene glücklich preiſen, die , am 10. nackt in die Kälte gestoßen , nur kurz zu leiden hatten. Offiziere kamen nur wenige in jenes Klofter , und zufällig , wenn fie nämlich schon so geplündert auf der Straße gefunden wurden, daß man fie nicht mehr als Offiziere erkennen konnte ; Keiner aber möchte den Aufenthalt dafelbft überlebt haben. Zwieback wurde zwar einige Male den Gefangenen dort ausgetheilt , aber ihnen nie Holz , woran es in Wilna wegen ausgebliebener Zufuhr sehr fehlte , zum Erwärmen gege= ben , und nur mit Schnee konnten sie ihren Durst ftillen - bis zu Kaiser Alexanders Ankunft. In den Hofpitälern war es fast ebenso arg, was aber theils die Schuld der franzöfifchen Vernachlässigung, theils der plößlichen Ueberfüllung war.
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Rettungshafen betrachtete und mit Recht betrachten konnte, noch die Meisten untergehen mußten 2c.“
14. General Tschaplig ,
dessen Corps heute zum legten
Male die Avantgarde des verfolgenden russischen Heeres machte -und mit der französischen Arrieregarde ein Gefecht bestand wobei , nach seinem Berichte , die Generale Lahoufsfaye (blessirt und frank) und Zayonczek (an der Beresina schwer bleſſirt) gefangen wurden , traf Nachmittags in Wilna ein und ſein Corps besezte die Stadt. General Platow mit dem ſeinigen übernahm nun allein und ohne Infanterie die weitere Verfolgung der Trümmer des französischen Heeres bis zur preußischen Gränze. Der Admiral Tschitschagof selbst zu dessen Armeecorps Rufoni.
Tschaplig gehörte) hatte sein Hauptquartier in
15. Der General en chef der russischen Armee , Kutuſow, welcher sein Hauptquartier am 7. December zu Molodetſchno, am 8. zu Smorgoni , am 9. zu Oſchmiana hatte , verblieb am 10. daselbst und der, nach Miloradowitschs Abgang, noch übrige Theil des Hauptheeres machte in der Umgegend Raft. 16. General Graf Wittgenstein , welcher mit dem Haupttheil seines Heeres von Pleszczenice über Wileika, Narocz und Nestawiczi immer am rechten Ufer der Wilia hinabgezogen war, hatte sein Hauptquartier am 10. December zu Swiranki.
Seine
Vortruppen unter Generalmajor Kutusow und Barasdin befanden sich am 9. zu Njemezin und am 10. traf die Vorhut derselben unter dem Obersten Tettenborn bei Wilna ein, in welche Stadt fie gleichzeitig mit Tschaplig einrückte. - Wittgenstein, der bisher in Verbindung mit Tschitschagof und der Hauptarmee gegen Wilna operirte , wandte sich nun - da die französische Armee hier nicht , wie man vermuthet haben mochte (nach den neuen Truppenverstärkungen , die nach Wilna dirigirt worden waren und den Ruſſen kein Geheimniß ſein konnten), ſich ſegte, und da diese Stadt sich in russischen Händen befand - rechts hin gegen das Armeecorps Macdonalds , und zwar in einer Richtung , wodurch er deſſen Rückzug , der nun unausbleiblich erfolgen mußte, abzuschneiden drohte. Sein Marsch ging nämlich nun auf Szirwinti , Wilkomirz , Keidani , alſo dem rechten
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Ufer der Wilia , dann des Niemens
entlang. Die Vorhut ſeiner Armee machte das Corps des Generalmajors Kutuſow. 17. Napoleon , welcher die Reise in seinem Wagen bis Wilkowiszki fortgeſegt und dieſen dann hier mit einem Schlitten, den ihm ein polnischer Edelmann gab, vertauscht hatte, traf am 10. Morgens zu Warschau ein. Hier nahm er die Aufwartung seines Gesandten (de Pradt, Erzbischofs von Mecheln), des Präsidenten der Regierung und des Finanzministers des Herzogthums Warschau an und reiſte dann , schon nach 2 Stunden wieder , nach Dresden ab. 18. Am 10. erhält Fürst Schwarzenberg genauere Kunde von den Unfällen der großen Armee, und ― Cobgleich ihm das Schreiben des Major = General Berthier vom 9. aus Wilna erst einige Tage später zukam) - nicht zweifelnd , daß dieselbe
über den Niemen zurückgehen werde, bricht demzufolge (da ſein linker Flügel in einer so weit vorgeschobenen Stellung zu ſehr ausgesezt gewesen wäre) folgenden Tages auf.
Fünfundachtzigstes Kapitel.
Schwarzenbergs Rückmarsch auf Bialystok (am 11. December) und Atillschweigender Waffenftillstand mit den Ruffen. - Tschitscagofs Eintreffen des franzöfifchen und Kutusows Einzug zu Wilna. Hauptquartiers zu Rumschiſchki , den 12. zu Kowno. Befehle an Wrede und Ney . Oeffnung und Plünderung der Magazine zu . Kowno. Ueble Folgen davon und von widerrufenen Marschbefehlen. 1. Den 11. December geht Fürst Schwarzenberg mit ſeinem Armeecorps nach Swislocz, in der Richtung von Bialystok. Es wird an diesem Tag (sagt Major von Stranz ) von Morgens 5 Uhr bis zum Einbruche der Nacht marſchirt. Die Kälte war so groß , daß das Brod , obgleich es die Soldaten unter den Leibpelz gesteckt hatten, nicht dagegen geschügt werden konnte Eine große Anzahl Leute blieb aus und steinhart gefror *).
*) Major von Stranz rühmt übrigens, wie wohlthätig das für die Mannschaft requirirte Pelzwerk bei dieser Kälte gewesen ; jeder Soldat habe 1 Schaffell zur Bedeckung der Brust , des Unterleibs, zu Ohrlap. pen 2c. erhalten ; die Infanterie- Offiziere trugen Pelzspenzer 2c. Ebenso
510 Ermattung zurück; ein Theil derselben erfror , der andere fiel den Kosacken in die Hände , deren Gefangenschaft aber sehr freundschaftlich ausfiel , ja die sie zum Theil sogleich wieder entließen *). 2. ,,Admiral Tschitschagof kömmt heute (den 11.) Vormit tags in die Stadt und ein Theil seines Armeecorps wird hier einquartirt. Nachmittags soll der General en chef Kutusow selbst hier eingetroffen sein. Da der große Generalstab erst in den folgenden Tagen hierher kam, so habe ich über dieſe Nachricht , die mir hinterbracht wurde , noch einigen Zweifel." Chambray gibt den 13. als den Tag des Eintreffens Kutusows zu Wilna an ; die russischen Berichte sagen indeſſen mit Bestimmtheit: den 11. Nachmittags 4 Uhr hielt der Oberfeldherr Kutuſow seinen Einzug zu Wilna. 3. An diesem Tage machten die Garden, das Hauptquartier und was mit ihm war , den sehr starken Marsch von ungefähr 35 Wersten bis Rumsziszki , den Kälte und Schneegestöber kaum die Hälfte derjenigen, die ihn angetreten, vollenden ließen, und dem viele auch der alten Garden (die schon im Durchmarsch zu Wilna , wo viele Erkrankte zurückblieben, ſehr
wohlthätig war die Einrichtung von 6 Lebensmittelfuhr- Divifionen, jede zu 60 vierspännigen Wagen , beim öftreichischen Armeecorps , die stets im Gange gehalten wurden. *) ,,Dès ce moment (fagt Vaudoncourt) on ne peut pas douter qu'il n'y ait eu une neutralité tacite entre l'armée russe et l'armée autrichienne, car non seulement il n'y eut plus de combat entre les uns et les autres jusqu'à la rentrée des Autrichiens en Galicie , mais , dès le 13. Décembre, le Général Tormassow (wohl Miloradowitſch ſ. LXXXI. 16. ) detaché avec trois corps d'armée pour observer le Prince de Schwarzenberg , les fit entrer en cantonnement ; ces cantonnements même furent établis sur le pied de paix , car ils s'étendaient dans les districts de Wilkomir, Wileika, Oszmiana et Lida (was nicht von den Cantonnirungen Miloradowitschs , sondern jenen des Reftes der Hauptarmee unter Tormaffow gilt). Au reste on n'ignore plus à présent, que les ordres expédiés par le canal du prince de Metternich au Prince de Schwarzenberg étaient communiqués d'abord à Lord Walpole , envoyé secret d'Angleterre à Vienne , et ne partaient qu'après avoir été ratifiés d'après ses notes et avoir reçu son approbation etc."
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vermindert worden wären) unterlagen *) . Der Rest des hefſiſchen provisoriſchen leichten Infanterieregiments hielt ihn dagegen ziemlich aus und die Zahl seiner Combattanten wurde nur wenig Der König von Neapel sezte für dadurch vermindert **). ― ſeine Perſon die Reiſe bis Kowno fort , wo er um Mitternacht eintraf. 4. Die Arrieregarde unter Marschall Ney hielt unweit Schischmori an und verbrachte daselbst die Nacht; sie war auch an diesem Tage fast immer mit der verfolgenden feindlichen Cavalerie engagirt und von ihrem Geſchüg beſchoffen worden ***). Ein großer Theil der Iſolirten kam nicht weiter als gleichfalls bis Schiſchmori. 5. Marschall Ney erhält aus dem Hauptquartier zu Kowno eine dringende Aufforderung , heute zu Rumsziszki zu halten ; auch werden ihm dahin 6 Geſchüge von der Division Loiſon zugeschickt†) , um ſolches dadurch um ſo eher zu können. Auch geht er in der That nicht weiter als bis auf diese Poststation, 15 Werfte, mit der Arrieregarde zurück und hält so dieſes (wie man es im Hauptquartier nennt) Defilee gegen jeden Andrang des Feindes am 12. 6.
General Wrede , dessen Corps bisher den Haupttheil
der Arrieregarde ausmachte , erhält Befehl aus dem Hauptquartier , mit sämmtlichen Baiern den Niemen zu Balwierziski
*) Der Major-General berichtet dem Kaiſer aus Kowno : ,Toute l'armée est totalement débandée, même la garde, qui à peine présente 400 ou 500 hommes." **) [Nach der Angabe des mehrerwähnten Tagebuchs des 1. Bataillons des Regiments soll dieses freilich nur bis Schiſchmori gekommen fein. Anmerk. d. Herausg.] ***) Marschall Ney machte ans Hauptquartier die Meldung , daß ihm kaum noch 1500 Mann übrig feien und er Mühe haben werde, Rumsziszki zu erreichen , indem ihn eine zahlreiche feindliche Cavalerie, mit 15 auf Schlitten geſeßten Geſchüßen verfolge. +) Als die Divifion Loiſon nach Wilna marſchirte , hatte fie 16 zu ihr gehörige Geſchüße nicht bei sich , dieſe marſchirten nach und waren im Begriffe zu ihr zu foßen , als Murat dieſem Geſchüßzug zu Evje begegnete und ihn sogleich wieder nach Kowno , wohin Alles im Rückzuge war , umkehren ließ. Von diesen Geſchüßen wurden nun 6 nach Rumsziszki geschickt.
512 zu passiren und sich sofort über Kalwari , Lyzk , Willemberg nach Plozk an der Weichsel zu dirigiren. (Hiernach blieben nur noch die Reste der Brigade Franceschi und des westphälischen Infanterieregiments von dem vormaligen Wrede’ſchen Corps bei der Arrieregarde , sowie die Trümmer der Division Loison , des 2. und 3. Armeecorps , schwerlich 1500 Combattanten zuſammen *) . 7. Das Hauptquartier , die Garden , und ſo Se. Hoheit der Prinz Emil mit dem Reste der großherzoglich hessischen Brigade , in specie dem provisorischen leichten Infanterieregiment , die Reste des 1. und 4. Armeecorps , der Vicekönig Eugen , Marschall Davouft 2c. treffen den 12. December zu Kowno ein. Alles was von den Isolirten oder den isolirt Marſchirenden nur immer fort kann (wozu auch die großherzoglich heffiſche Artilleriediviſion gehört **)) ſucht gleichfalls an diesem Tage Kowno zu erreichen , wodurch diese Stadt außerordentlich überfüllt wird und die größte Unordnung einreißt, Feuer entsteht 2c. 8. Nachdem dem Marschall Ney gesagt worden ist, von welcher Wichtigkeit es sei , daß er den Feind
abhalte heute
noch bis vor Kowno zu kommen und zu Rumsziszki ſtehen bleibe , weil man unermeßliche Magazine zu Kowno habe“, wird ihm weiter bemerkt : In der gegenwärtigen Lage der
*) Da der Befehl für Wrede , mit den Baiern sich von der Arrieregarde zu trennen , am 12. zu Kowno ausgefertigt , ihn erft erreicht haben dürfte, als jene schon nach Rumsziszki unter Wegs war, so würde es für die Arrieregarde und für ihn höchft gefährlich gewesen sein , fich unter den Augen des Feindes zu trennen. Er wird also wohl mit ihr bis zum Abend vereint geblieben sein , den Niemen über das Eis bei Rumsziszki paffirt und den Weg am linken Ufer desselben aufwärts, über Prenn, nach Balwierziski genommen haben. **) Die heffische Artillerie-Divifion, bei dem elenden Zustande ihrer Pferde und ihrer ſo ſehr heruntergekommenen und verminderten Mannschaft, konnte erst am 12. Abends Kowno erreichen, wo fie in der Nähe des Thores von Wilna die Nacht verbrachte , und ihr Commandant, Lieutenant Kröll , nachdem man so glücklich war den Aufenthalt Sr. Hoheit des Prinzen Emil zu erfragen , gegen 3 Uhr Morgens den 13. deffen Befehle einholte. Die Kanone des Vicecorporals Maiſchein war schon am 11. Abends hier eingetroffen , und noch Vormittags den 12., da fie ihre Division hier nicht fand, nach Tilfit weiter gegangen.
513 Dinge hat der König geglaubt , daß das Erste , was zu thun sei, die Entleerung Kownos von Allem, was sich daselbst bes finde , sein und daß man dazu den 12. und 13. verwenden müsse“ Cobgleich nach der Sachlage, die man am 9. Abends in Wilna völlig erkannt hatte , Befehle gegeben sein konnten, die den Anfang damit schon am 10. , längstens 11. zu machen erlaubt haben würden). — „ Wir haben hier einen Brückenkopf oder eine Art von verschanztem Lager , mit 12 Geſchügen armirt , worin man sich halten kann bis feindliche überlegene Infanterie erscheint“ (was also nicht viel sagen will). — „ Der König hat der unberittenen Cavalerie (nämlich vorzüglich von der Garde, da sonst wenig hier noch vorhanden war) , der ganzen Kaisergarde , dem 1. und 5. Corps Befehl gegeben, Lebensmittel auf 8 Tage zu faſſen (das heißt : so viel sie wollten und fortbringen konnten) und auf das linke Ufer überzugehen.“ -- „Zwölf bespannte Geſchüße, die in dem Plage waren, sind auf den Höhen des linken Ufers aufgefahren worden.“ ( Es gab nur keinen hinlänglichen Trupp , sie zu vertheidigen , und der Niemen war gefroren.) --- ,,Die Intention Sr. Majestät ist : daß Alles was zum 2. und 3. Corps, zur Diviſion Loiſon und der Weichsellegion gehört, die jezt dem 3. Corps zugetheilt find , in Kowno verbleibe, um die Annäherung zum Brückenkopf und überhaupt den Plag , worin sich Artillerie, viele Munition , Lebensmittel , Kleidungs- und Rüstungs - Gegenstände befinden , zu vertheidigen." „ Der König glaubt , daß man in dieser Stellung den Kosacken eine Lection geben könnte , wenn „ Die Division Loison findet Alles sie zu nahe aufdringen." hier was sie bedarf; (fie bedurfte nicht viel mehr, denn es war nicht viel mehr davon übrig - und Pelzwerk, das allein gegen die Kälte ſchügen konnte, gab es hier so wenig als in Wilna; so weit erstreckte sich die Gabe der Vorsehung im franzöſiſchen Heere nicht ! — ) So wird das uns ein respectables Corps Infanterie formiren" ( - und das wird dem Marschall Ney geschrieben, der die Diviſion Loison unter dem Aug' hat ! — ). ,,Das Hauptquartier des Königs wird wahrscheinlich morgen, nebst den Garden und den Resten des 1. und 4. Corps aufs linke Ufer übergehen. Uebrigens erwartet Se. Majestät , ehe Sie einen definitiven Entschluß ergreifen wird, Ihre Rapporte." Röder, Kriegszug. 33
514 9.
Von einem der längsten und beschwerlichsten Märsche
ermüdet und vor Hunger sterbend (ſagt Labaume , der , ſowie der größte Theil der zum 4. Armeecorps Gehörigen, zu Sziszmori übernachtet hatte) langten wir endlich in Kowno an , wo sich alle Trümmer jedes Corps vereinigt fanden. Sie lagerten, wie gewöhnlich, auf den Straßen , und da man wußte , daß wir wegen unserer kläglichen Lage keine Stellung mehr behaupten (auch aus den reichlich gefüllten Magazinen aus Mangel an Transportmitteln nichts fortbringen) konnten , so gab man die Magazine der Plünderung preis." (Niemand bekümmerte sich mehr darum und offen waren sie von den Empfängern.) „Sogleich hatte man Ueberfluß an Kleidern , Mehl, Branntwein." Die vornehmsten Bezirke standen voll eingeschlagener Tonnen und der ausgeschüttete Branntwein bildete auf dem Markt eine Art Pfüße. Die Soldaten, die dieß Getränk lange hatten entbehren müſſen (fich auch dadurch erwärmen wollten) , tranken es im Uebermaß , so daß sich mehr als 1200 betranken und in den Häusern oder auf dem Schnee einschliefen , wodurch denn , wer in der Kälte lag , gar bald aus dem Schlaf in die Arme des Todes überging." — ,,Abends meldete man uns , das 4. Corps habe den Weg nach Tilsit einzuschlagen, und da Viele die Gewohnheit hatten, immer eine bis zwei Stunden vorwärts des Hauptquartiers zu übernachten , so machte sich eine große Menge dahin auf den Weg." Um Mitternacht wurde der Befehl widerrufen und angezeigt, daß man
nach Gumbinnen marschire.
Diese Befehle
und
Gegenbefehle vollendeten die Zerstreuung des 4. Armeecorps. Von nun an war Nichts mehr davon weiter beiſammen als das Haus des Vicekönigs und 8 bis 10 Offiziere des Generalſtabes." (Dasselbe wird der Fall mit dem 1. Armeecorps gewe sen sein , da es dieselben Befehle wie das 4. Armeecorps erhielt.)
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Sechsundachtzigſtes Kapitel. Rückzug des 7. Armeecorps (unter Reynier) bis zum Bug (am 13. December). Niemenübergang des französischen Hauptquartiers (und der beffischen Truppen , sowie ihres Feldkriegscommissariats). Unordnung in Kowno und an der Brücke. Ehrenvolle Rettung der heffischen Artillerie. Neys und A. ruhmwürdiges Benehmen. Be ftand der Armeerefte. Napoleons Reise durch Dresden ( am 14.). Rückzugsbefehle Rückzug des öftreichischen Generals Mohr. an Macdonald. — Bewegungen und Cantonirungsbezug von Seiten der Ruffen. ― Große Anzahl der Kranken. - Eintreffen englischer Diplomaten in Wilna. 1. Das Hauptquartier des Generals Reynier, der Sackens Armeecorps in Volhynien beobachtete, bricht den 13. von Ruszana (Pruszani ?) auf und geht ſo fort die folgenden Tage bis auf Kamenez (nach dem Bug hin) zurück. Das 7. Armeecorps bezog dann Cantonirungen hinter der Lsna ; der rechte Flügel lehnte sich an den Bug , der linke stand in Kamenez. Der russische General Sacken war den 12. wieder in Pinsk eingerückt. 2. Das großherzoglich hessische Feldkriegscommiſſariat, das den 9. zu Troki , den 10. zu Wysoki , den 11. zu Anusziszki, den 12. zu Butremanzi übernachtet hatte , passirte den 13. bei Puni den Niemen über das Eis und kam diesen Tag bis Simno. (So war denn nun auch unsere Kriegskasse über den Fluß gerettet , die durch mehrere Zufälle unter Wegs *) , sowie der ganze Zug des Commissariats , noch sehr in Gefahr war dem Feinde in die Hände zu fallen.) 3. Murat, König von Neapel , verläßt Kowno den 13. um 5 Uhr Morgens , nebst sämmtlichen hier befindlichen Marschällen ,
dem Vicekönig Eugen , der von nun an im Haupt-
*) Vernachläffigung der Pferde von Seiten ihrer Pfleger , wegen eignen Leidens, Furchtſamkeit der Trainsoldaten und Verwirrung bei den oft fich wiederholenden Kosacken-Allarms , die Kranken und die Schwäche sämmtlicher Bedeckungs - Mannschaft , endlich Schnee und fürchterliche Kälte ließen den Zug nicht schnell vom Fleck kommen und den Major Weber mehr als einmal fürchten , daß ein Theil der Leute und Wagen nicht weiter kommen möchte. Man scheint auch ein Mal einen falschen Weg eingehalten zu haben oder irre geführt worden zu ſein. 33 *