Geschichte des Feldzugs gegen Russland im Jahre 1812 [2]

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Geschichte

des

Feldzugs gegen Russland

im

Jahr 1812 von M ...

Frey aus dem Franzöſiſchen , und mit Anmeri kungen versehen

F. d.

Kausler ,

Hauptmann im Königt . Würtemb. General - Quartiermeiſterſtab.

Mit einem Plan der Schlach Shlai t an der Moskwa und mehreren

Charten.

Quae priores eloquentia percoluere rerum fide tradentur. Tacitus.

Zweiter

Band.

STUTTGART, bei Friedrich 1 8 24.

Franck h.

Fortschung des zweyten Buchs.

Obgleich Napoleon wegen der Unterhandlungen Hoff-

i nung hegte, bereitete er sich dennoch zum Rückzug vor , damit, wenn jene etwa ſich zerschlügen , er diesen sogleich antreten könne.

Zuerst faßte er den Plan, sich grade auf

Smolensk zurückzuziehen ,

nachdem er alle sowohl in

Moskau als der Umgegend befindlichen Hülfsmittel vernichtet haben würde.

Allein aus Sorge , es möchte dem

Heer auf dieser verwüsteten Straße an Unterhalt fehlen, gab er diesen Plan wieder auf.

Er beschloß sofort , sich

mit dem größern Theil seiner Streitkräfte über Woloklamsk, Zubtow und Bieloi nach Witepsk zurückzuziehen und den Rest des Heerés auf der Straße nach Smolensk zu«, rückzuschicken.

Da er mehrere Märsche heimlich thun

konnte und es auf der neuen Straße an Lebensmitteln ` nicht fehlte , so hätte wahrscheinlich der größere Theil des Heers , der dieser Straße folgte , nur durch die schnellen Märsche, die unausgesetzten Bivouaks , und die strenge Jahrszeit gelitten.

Winkingerode, der auf dieser Scite

stand , wåre überfallen worden , und hätte , weil es ihm an Fußvolk ( a) fehlte,

das franzöſiſche Heer nur durch

seine Reiterey beunruhigen können.

(a) Er hatte zwar anfänglich 3000 Rekruten der Infanterie. erhalten , diese jedoch an Kutusows Heer abgeben müssen. 1

Alle Befehle zu dieser Bewegung wurden ausgefertigt und Murat erhielt den Auftrag , den Engpaß zu re kognosziren , den er zurücklegen mußte , um nach Mojaisk zu kommen.

„ Es ist von Wichtigkeit, schrieb, ihm Na-

„poleon, daß Sie Ihre Truppen auf mehrere Tage mit ,,Lebensmitteln versehen.

In Moskau sind 1000 Centner

" Mehl und eine Menge Branntwein vorräthig ; geben „ Sie Befehl , daß alle Wågen , über die Sie verfügen ,,können , diese Vorräthe abholen." Napoleon gab den Plan , sich auf Witepsk zurückzuzichen , wieder auf und beſchloß , sich über Kaluga nach Smolensk zu bewegen.

Er ließ mit Fortſchaffung der

Verwundeten den Anfang machen.

Die Division Brouss

fier von Eugens Corps und die leichte Reiterey deffelben wurden

am

15ten October nach Fominskoe gesendet.

Junot erhielt Befehl , die in dem Kloster Kolotskoi befindlichen Gewehre heimlich zu verbrennen und diejenigen Munitionswågen , welche er nicht bespannen konnte, zur Sprengung bereit zu halten.

Auch sollte er alle Trupe

pen , welche von Smolensk anlangten , bey sich behalten, und vom 20sten bis 23sten October zum Abmarsch von Ruza ,

Mojaisk und vom Kloster Kolotskoi bereit seyn.

Baraguay-d'Hilliers erhielt Befehl, am 21sten mit seiner Division von Smolensk nach Jelnia zu marschiren und daselbst Magazine anzulegen. Am 17ten wurden zum erstenmal Leder , Leinwand , Brod und Branntwein ausgetheilt (a) .

Während Napoleon dieſe Anstalten traf,

(a) Diese Vertheilung war, besonders was das Leder betrifft, • zu lange verzögert worden , weil man immer einige Zeit braucht , um dasselbe verarbeiten zu können.

3 hielt er Heerschau über die in Moskau ſtationirten Corps und nahm Beförderungen und Austheilungen von Ehrens zeichen bey denselben vor. Dieses Benehmen war nach eingetretener Nuhe gewöhnlich ein Zeichen, daß die militärischen Operationen ihren Wieder-Anfang mit voller Thätigkeit nehmen sollten. Durch solche Belohnungen weckte Napoleon den Eifer feiner Truppen in dem Augenblick, wo sie Geles genheit hatten, sich auszuzeichnen.

Am 18ten October

war er eben im Begriff, Heerschau zu halten ,

als er

von Murat einen Bericht erhielt , worinn dieser meldete, daß ihn Kutusow unvermuthet mit Tages-Anbruch mit allen seinen Streitkräften , angegriffen habe.

Sogleich

wurde die Heerschau eingestellt , und Napoleon ertheilte auf der Stelle Befehl zum Abmarsch.

Das Heer bezog 1 noch an demselben Abend ein Lager auf der alten Straße nach Kaluga ; der Raum , den es einnahm , war länger als eine Stunde. Die Armee-Corps standen in folgender

Ordnung , die zugleich die Marschordnung für den fola genden Tag war : Eugen mit der Bestimmung , die Vorz hut zu bilden ; Davvuft ; bie alte Garde, und Ney, welcher die Nachhut bildete.

Mortier war mit der Verthei-

digung von Moskau beauftragt ; zu diesem Zweck waren ihm die Division Laborde ,

die aus Mangel an Pferden

abgesessene Mannschaft der Reiterey und 500 Reiter zurückgelassen worden. Napoleon befahl ihm , den Kreml zu bezichen , dort Lebensmittel auf einen Monat zusammen zu bringen , und mit äußerster Thätigkeit an der Befestigung deffels ben arbeiten zu lassen.

Alle Kranken sollte er in das

Spital des Findelhaußes bringen und sowohl dieses als

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auch die Magazine durch starke Truppen-Abtheilungen bewachen lassen.

„ Morgen, schrieb Napoleon an Berthier,

,,wenn die Armee abmarſchirt ist ,

soll er

(Mortier)

,,durch die Municipalität ( a) eine Proclamation verfas„ ſen laſſen , um die Bewohner zu benachrichtigen, daß ,,das Gerücht von der Räumung Moskaus falsch sey; „ daß das Heer nach Kaluga , Tula und Bransk mars ,,schire , um sich dieser wichtigen Punkte , und der Waf,,fen-Fabriken , welche sich daselbst befinden , zu bemächti,,gen ; endlich soll er darinn die Bewohner zur Handha„ bung der Polizey auffordern und den gänzlichen Untergang der Stadt zu verhüten suchen." Endlich verließ also Napoleon nach 34tägigem Aufenthalt diese Hauptstadt ; sein Abmarsch wurde durch Kutusowe Angriff um einige Tage beschleunigt. Die Hauptursache seines verlängerten Aufenthalts war , wie oben bemerkt wurde , die Meynung , Merander werde sich in Friedens-Unterhandlungen einlassen.

Allein das Ver-

trauen auf sein Glück und auf sein Heer , die Begriffe , welche er von dem rußischen Volke hatte , und die treffs liche Witterung zu einer Periode, wo gewöhnlich die Regenzeit einfällt , trugen gleichfalls das Ihrige zur Verzögerung des Abmarsches bey (b). Ueberdieß verdient bes merkt zu werden ,

daß er troß seiner Thätigkeit ohne

gleichen, wenn er einmal Halt gemacht hatte , die Ereig

(a) Die Municipalitåt ftellte an dem Tag des Abmarsches der Armee ihre Verrichtungen ein . Beynahe alle Mitglieder , aus denen sie zusammengesett war , folgten dem französi schen Heere. (b) Zu der Zeit , wo der Regen gewöhnlich die Straßen un= gangbar macht, regnete es in diesem Jahr beynahe gar nicht.

5 niße gerne abwartete , wobey er jedoch stets bereit war , die erste günstige Gelegenheit zu ergreifen.

Es fiel ihm

schwer , Moskau zu verlassen , ohne daß der Besih dieſer Hauptstadt,

auf den er so große Hoffnungen geſetzt :

hatte, ihm den mindesten Vortheil gewährte. Kutusow hatte sich in der Ueberzeugung , daß er nicht hoffen dürfe , Napoleon långer im Irthum zu halten , entschieden , Murat unvermuthet anzugreifen.

Alles.

war ihm bey dieser Unternehmung günstig : die Minder-` zahl der Streitkräfte seines Gegners , seine Sicherheit , feine gewagte, drey Tagemårsche von Napoleons Heer entfernte Stellung, selbst die Nachläßigkeit , welche sich in Folge des seit einigen Tagen abgeschlossenen Waffens stillstandes im Dienst eingeschlichen hatte. " Beide Generale standen seit dem 4ten October in denselben Stellungen.

Allein das Heer des rußischen. Ge-

nerals , das zu jener Zeit nar . 70000 Mann regelmäßiger Truppen zählte , war jcht mehr als 100000 Mann stark, während Murats Armee kaum 20000 Mann zåhlte , unter denen sich etwa 8000 Reiter befanden, welche jedoch mit sehr schlechten Pferden versehen waren ( a). Achtzehn Stunden

von

Moskau ,

auf der

alten



Straße nach Kaluga liegt das Dorf Winkowo, auf dem linken Ufer der Tscherniſchna , welcher Bach sich eine halbe Stunde von da in die Nara ergießt.

Dieser Fluß

(a) Man wird sich erinnern , daß Murat Poniatowskis Corps , die Divisionen Claparede und Dufour , die leichte Reiterey 1 des iften und 3ten Corps und die 4 Reserve-Reiter-Corps unter Nansouth, Sebaftiani , St. Germain und Latour• Maubourg unter seinen Befehlen hatte.

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läuft nachdem er die Tschernischna aufgenommen hat , 2 Stunden weit rechts an der Straße hin , worauf er den Bach Istia aufnimmt , plößlich seine Richtung veråndert, und die Straße bey Larutino durchschneidet , die er von nun an links laßt. Kutusow hatte sich hinter der Nara und der Istia verschanzt ; bey Tarutina , wo er eine Division aufgestellt hatte , befand sich eine Brücke ; mit seiner Reiterey bez sezte er einen Theil des zwischen der Tscherniſchna und der Nara und des jenseits der Istia gelegenen Terrains. Murar hatte an den Ufern der Tschernischna von der Mündung dieses Baches bis zu dem Dorfe Teterinka Stellung genommen. Vor dem Bache hatte er die Diz vision Claparede aufgestellt , welche Winkowo besetzte ;; rechts von diesem Dorfe stand eine Reiter-Division , des ren Posten sich bis an die Nara ausdebuten ; links von demselben stand eine andere Reiter-Division ; links von dieſer lettern und etwa 1½ Stunde von Winkowo lagerte Poniatowskis Corps ;

Sebastianis Reiterey hielt Tete-

rinka besest ; hinter dem Bache und rechts von der Straße stand Saint-Germains Reiter-Corps ( a) , links die Dis vision Dufour, und noch etwas weiter links Nansoutys Reiter-Corps ; da s unter Latour-Maubourg war zur Bes obachtung eine Stunde hinter dem rechten Flügel zwischen der Straße und der Nara aufgestellt.

Murat hatte sein

Hauptquartier zwischen der Division Dufour und Nansouths Corps genommen.

Die Vorposten standen von

(a) Die beyden rechts und links stehenden Divisionen gehörten zu Saint-Germains und. Nanföutys Corps. St. Germain J hatte Lahousfaye ersetzt , weil er der åltefte General beym 3ten Reiter-Corps war.

der Nara an bis Poniatowski gegenüber, etwa eine halbe Stunde von der Tscherniſchna ab. Vor Sebastiani standen sie einander sehr nahe , we gen einem ziemlich langen aber schmalen Wald, den die Franzosen nicht besetzt hatten.

Von diesem Walde konn-

ten die Rußen alles beobachten , was in Sebastianis Lager vorgieng.

Schon am 7ten October hatten ihn die

Kosacken , jedoch in geringer Anzahl angegriffen und Man ersicht aus dieser Bes waren geworfen worden. schreibung , daß der linke Flügel Murats keinen Anlehnungspunkt hatte , welcher Umstand ihm um so nachtheiliger werden konnte , da die Straße eine Stunde hinterWinkowo bey dem Dorfe Spas-Kuplià durch ein Defilee führt, das durch zvey an einander grenzende Wälder gebildet wurde , und da Teterinka nåher an diesen Defileen lag , als Winkowo.

Man rechnete 2 Stunden von Le-

terinka bis zum Einfluß der Tschernischna in die Nara ; eine Stellung von dieser Ausdehnung ſtand in keinem

· Verhältniß zu den mit ihrer Bertheidigung beauftragten Truppen ; zwar hatte das kleine Armee-Corps unter Murat 187 Canonen (a) bey sich ; hältniß mit der mußte ,

allein diese im Misver-

Truppenzahl stehende Menge Geſchüß

anstatt Vortheile zu gewähren , nur Unordnung

veranlassen. Kutusows Heer bestand aus denselben Corps , welche in der Schlacht an der Moskwa gefochten hatten (b) ; (a) Die Zahl der Geschüße war noch dieselbe , wie zu Anfang des Feldzugs , während die der Truppen sich beträcht lich vermindert hatte. (b) Man wird sich erinnern , daß das rußische Heer in jes ner Schlacht aus dem aten, 3ten, 4ten, Sten, Sten, 7ten

8 es war nur durch einige Kosacken- und Milizen-Regis menter vermehrt.

Der rußische Feldherr hatte bey Spas

koe, eine Stunde unterhalb Tarutino mehrere Brücken schlagen lassen und war mit seinem ganzen Heer im Laufe des 17ten Octobers und der Nacht vom 17ten auf den 18ten auf das linke Ufer der Nara übergegangen . Platow ,

welcher das 1ste Reiter-Corps und die besten

Kosacken-Regimenter unter seinen Befehl vereinigte, wendete sich so weit rechts , daß er Murat gänzlich überflügelte.

Bagawut und Strogonof ( a) follten Murats lin-

ken Flügel von vorn angreifen, um Platow zu unterſtüHen ; der Wald , welcher diesen Theil der Stellung deckte und von den Franzosen unbesetzt war , begünstigte dieſe Bewegungen dergestalt , derselben blieb.

daß Murat ohne alle Kenntniß

Der Rest des rußischen Heeres war in

mehrere Linien aufmarschirt und lehnte den linken Flügel an die Nara , während sich der rechte bis hinter den Wald ausdehnte, von welchem eben die Rede war. Mit Tagesanbruch rückte Platow aus dem Wald hervor, und warf eine Abtheilung Kosacken auf Sebaſtianis Corps , der bey diesem Ueberfalt sein Gepäcke , sein Ges

und 8ten Infanterie-Corps, aus dem iften, 2ten, 3ten, 4ten, 5ten und 6ten Reiter-Corps und aus Plätows Kosacken bestand. Von den Reiter- Corps waren » detaſchirt , mithin zählte Kutusows Heer in diesem Augenblick nur 4 Reiter Corps. (a) Man weiß , daß Bagawut das ate Infanterie-Corps be fehligte. Strogonof hatte Tutschkow , der in der Schlacht an der Moskwa geblieben war , in dem Befehl über das 3te Infanterie-Corps ersetzt , und Beningsen den Ober-Befehl über diese beide Corps erhalten.

ſchütz und einen Theil seiner Truppen verlor.

Zu gleicher

Zeit griffen die Rußen auf dem übrigen Theil der Linie an; allein da die Vorposten dork weiter von den Truppen entfernt waren, hatten lettere Zeit, zu den Waffen zu greifen.

Platow wendete sich mit dem ersten Reiter-Corps

und dem Rest seiner Kosacken nach Spas-Kuplia um sich des Defilees, Murats cinzigen Rückzugwegs, zu bemächtigen.

Bagawut überschritt die Tschernischna bey Teterinka

und bewegte sich nach der großen Straße zwischen Winkowo und Spas-Kuplia. telbar.

Ihm folgte Strogonow unmit-

Links von Bagawut überschritt Ostermann (a)

den Bach, während er Poniatowski verfolgte , den er angegriffen hatte, und noch weiter links setzten drey Reiters Corps , cine Grenadier- und eine Jäger-Diviſion gleichfalls über denselben, und zwar eines derselben rechts von Winkowo, die beyden andern und die Jager- und GrenadierDiviſion links von diesem Dorfe, um den rechten Flügel der Franzosen zu umgehen. Alle an den Ufern der Tschers nischna stehenden Corps hatten weniger in Folge des Front-Angriffs als der Gefahr, womit ihr Rücken bedroht war , ihren Rückzug schleunigst bewerkstelligt.

Wenn es

Murat nicht gelang, die Bewegung der beyden Corps uns ter Bagawut und Strogonow aufzuhalten, so ward seine • Lage sehr mißlich.

Er fühlte dieß und stürzte sich mit

jenem ungestůmen Muthe , der ihn nie verließ , und der ihm hier bessere Dienste leistete ,

als alle Rathschläge der

Klugheit, mit den Karabiniern auf die Spiße von Bagas wuts Colonne, und warf ſie über den Haufen.

(a) Man wird sich erinnern , daß dieser General das 4te Ins fanterie-Corps befehligte.

-

ΙΟ

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Der rußische General, erstaunt über einen eben so kräftigen als unvorgesehenen Angriff , machte Halt und ließ sein Geschütz spielen.

Von

diesem Augenblick an

war Murat wieder Herr seiner Bewegungen , und konnte seinen Rückzug ordnen. bemächtigt ,

allein

Platow hatte sich des Defilees

Claparede

und Latour

Maubourg

warfen ihn und stellten die Verbindung wieder her.

Der

Rückzug wurde zwar nicht ohne großen Verlust, doch im mer noch glücklicher bewerkstelligt , Anfang des Gefechtes hoffen durfte. größten Theil seines Gepäcks , Theil seiner Reiterey (a).

als man nach dem Murat verlor den

36 Kanonen und einen

Von dem rußischen Heer hats

ten fünf Infanterie-Corps die Tschernischna nicht übers schritten.

Kutuſom begnügte sich , Murat durch Platow

verfolgen zu lassen ; der Rest seines Heers vereinigte sich auf dem linken Ufer der Tschernischna, wo er lagerte. Der rußische General verdient , Tadel statt Lobes wegen des erfochtenen Erfolgs, weil er Murats Corps entkommen ließ. Håtte er dem Corps unter Platow zwey von den 5 InfanterieDivisionen, die unbenůßt auf dem linken Tscherniſchna-Ufer stehen blieben, folgen lassen, so wäre es um das französische Corps geschehen gewefen.

Håtte Strogonow allein diese

Bewegung ausgeführt , statt Bagawut zu folgen, so konnte Kutusow noch dasselbe Reſultat hoffen, weil jedes dieser beyden rußischen Infanterie-Corps so stark war , als Murats gesammte Infanterie.

(b) Es fällt ins Auge , welche Wirkung ein so mühevoller Tag auf die ohnehin erschöpften Pferde hervorbringen mußte ; er war daher auch für diese von den traurigsten Folgen.

11 Um die Darstellung der Operationen, welche von jekt an sich unter so wichtigem Geschichtspunkt zeigen, nicht zu unterbrechen, will ich hier einige Betrachtungen über die vorangegangenen Operationen

einschalten ( a).

Ich

habe nachgewiesen, daß Kutusow , statt Napoleon in eis ner defensiven Stellung zu erwarten, die unberechenbaren Vortheile håtte benutzen sollen, welche ihm eine kühne, uners wartete Offenſive in feiner damaligen Lage darbot.

Nach-

dem er die Schlacht an der Moskwa angenommen und verloren hatte, durfte er sich in dem Zustand der Unordnung , in welchen sein Fußvolk durch den Rückzug versett war ,

nächtlichen

nicht auf Moskau zurückziehen ;

håtte Napoleon von diesem Umstand Kunde gehabt, so würde er ihn uṇausgefeßt verfolgt und in Moskau einen Theil seines Heeres gefangen genommen haben (b) . In diesem Fall hätte er sich bis Kaluga ausdehnen, und von dort mit Smolensk und Mohilow seine Verbindung hers stellen, und somit sich im Innern von Rußland festseßen können. Nachdem Kutusow auf der Straße nach Moskau ein Infanteric-Corps, ein Reiter-Corps und den dritten Theil seiner unregelmäßigen Reiterey zurückgelassen , hätte er sich so langsam als möglich über Wereia und Borowsk

(a) um die nachfolgenden Betrachtungen gehörig zu würdi gen , behalte man ftets im Auge , daß der verlängerte Aufenthalt Napoleons zu Moskau , dieſes für die Nußen so glückliche Ereigniß , von Kutusem selbst nicht geahnet wer den konnte, weil es außer aller Wahrscheinlichkeit lag. (b) Es wurde, wie wir gesehen haben , in dieser Hauptstadt eine Menge Gefangener gemacht , obgleich Kutuſow Zeit hatte , die Ordnung in seiner Infanterie wieder herzustellen.

12 nach Kaluga zurückziehen sollen.

Zu gleicher Zeit mußte

er zwey Corps ( a) auf Napoleons Verbindungen entsenden, was nicht schwer seyn konnte , weil dieser nur die einzige Straße nach Smolensk besetzt hatte (b).

Diese

Corps mußten Seitenwege einschlagen und zu desto leichterem Marsche wäre eines rechts ,

das andere links der

Straße nach Smolensk geblieben ; sie wären je nach den Umständen nach verschiedenen Punkten dieser Straße mar schirt und hätten die Munitions-Zufuhren vernichtet , deren man nicht entbehren konnte ,

weil die Armee-Corps

schon in der Schlacht an der Moskwa sich beynahe von aller Munition

entblöst hatten.

Auch die Zufuhren an

Lebensmitteln und Gepäcke hätten sie aufgehoben und sowohl die nachrückenden Abtheilungen, als auch die in den Etapenplätzen liegenden Truppen angegriffen ; endlich würden fie die Plünderung , da wo sie sich befanden, verhindert haben.

Wenn Napoleon Truppen zu ihrer Verfol

gung absendete, so mußten sie sich auf den nächsten Seitenwegen nach dem Jnnern des Landes zurückziehen, wäh rend ihre Reiterey sie deckte, um ' bald auf einem andern Pankte wieder zu erscheinen und dort auf ähnliche Weise zu verfahren. Um feine Verbindungen zu sichern, mußte er in jes dem Etapenplay 3000 Mann zurücklaſſen , die genöthigt (a) Jedes dieser Corps mußte aus 4 bis 5000 Mann Infanterie , 1500 2000 Reitern und 12 Canonen, wopon 6 der reis Kosacken-Regimentern tenden Artillerie sich befanden, und bestehen. (b) Rit Ausnahme des Punkts , auf welchem er sich befand, weil die beiden Corps, die auf seinen Flanken marschirten , sich bis 3 Stunden je nach Beschaffenheit des Terrains von der großen Straße entfernten .

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gewesen wären , sich zu verschanzen ;

ferner durften mit

den Zuführen nie weniger als 5000 Mann nebst Geschütz abmarſchiren. - Napoleon konnte unmöglich eine so große Menge Truppen von seinem Heere entsenden ;

er wåre

daher genöthigt gewesen, sich nach Smolensk zurückzuziehen (a).

Anstatt daß Kutujow dieſe einfachen und leich-

ten Mittel anwendete ,

um seinen Gegner zum Rück-

zug zu zwingen, suchte er nur dessen Verbindungen von Mojaisk bis Smolensk durch einige schwache Reiter-Abtheilungen zu unterbrechen ; daher wurde auch nicht eine Infanterie-Truppe in den Etapenplätzen aufgehoben. Diese Maaßregeln wären noch wirksamer gewesen, wenn Kutusow sich ohne Gefecht bis Mojaisk zurückgezogen hätte. Gleichwohl trifft ihn kein Vorwurf • darüber ,

daß er die

Schlacht an der Moskwa lieferte , weil der Wunsch des ' Volks und des Heeres ihn gleichsam dazu zwang. poleon war so fest überzeugt ,

Na-

er könne nicht fortfahren ,

sich von Smolensk zu entfernen, wenn Kutuſow ſich auf feine Verbindungen sehen würde, daß er jenseits Mojaisk plötzlich seine Armee- Corps Halt machen ließ, weil er in Ermanglung von Nachrichten über die Richtung , welche

(a) Man erinnere sich , daß Dorochow , unter deffen Befehl höchstens 2000 Mann Infanterie 'standen , Napoleon ge= zwungen hatte , eine Infanterie-Division, seine Garde-Jäger und Geschüß 3½ Stunde von Moskau , und 1000 Mann Fußvolk, die Dragoner der Garde, nebst Geſchüß 3 ½ Stunden weiter zu entsenden. Obgleich er dem franzöſiſchen Heer großen Abbruch that, so glaube ich, daß er noch mehr båtte leisten können , wenn er nicht so schüchtern geweſen wåre ; der Angriff auf Wereia , welcher gelang , war seine einzige kühne Unternehmung .

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dieser General genommen hatte, befürchtete, er möchte sich auf Kaluga zurückgezogen , oder mit einem Theil seines Heers auf seine Verbindungen gesetzt haben.

In unsern

Zeiten zwingt die Nothwendigkeit der Munition und der große Verbrauch derselben; zu einer ununterbrochenen Vers bindung mit den Hauptdepots. nicht unumgänglich nöthig. len Verbindungen mit

Bey den Alten war dieß

Lbgleich Xenophon von al-

Griechenland abgeschnitten und

durch unermeßliche feindliche Länder von demselben getrennt war, blieb ihm doch immer die Hoffnung, daff:lbe wieder zu sehen und er war des Sieges so lange gewiß, als seiz ne Soldaten im Besize ihres Muthes und ihrer Waffen blieben.

Sobald Kutusow einmal entschlossen war, sich nach Moskau zurückzuziehen, handelte er klug, Verschanzungen aufwerfen zu lassen ( 22) , als ob er abermals eine Schlacht annehmen wollte ; er durfte hoffen, diese Demons stration werde Napoleon zum Rückzug bestimmen ;

dage-

gen läßt sich sein Rückzug auf Riazan mitten durch Moskau, und sein Marsch um diese Hauptstadt, um die Stra ße nach Kaluga zu besetzen ,

durch nichts rechtfertigen.

Denn dadurch gab er diese Straße seinem Gegner mehrere Tage lang preiß, und setzte sich aus, während seines Flankenmarsches ,

den er in kurzer Entfernung von dem

französischen Heere

ausführte , augegriffen zu werden. Hatte er die Absicht , den Muth der Seinigen zu ents flammen, und sie durch den Anblick der brennenden Hauptstadt mit Rache zu erfüllen, so ist er noch tadelnswürdiger, weil erstens durchaus keine Betrachtung zu fals schen Märschen Veranlassung geben darf, die zu unglücklichen Resultaten führen können ; und zweytens weil die

15 Wirkung eines solchen Anblicks auf die Truppen gerade der entgegengesetzt seyn mußte , die er sich hievon vers sprach (23) .

Verwüstete etwa Hannibal vor der Schlacht

an der Trebia und am Trasimener-See das ganze Gebiet in der

Nähe der

römischen Heere mit Feuer und

Schwerdt und erneuerte er dieselben Greuelszenen an den Thoren Roms im Angesicht eines consularischen Heeres, das keinen Widerstand zu leisten wagte ,

um den Muth

des römischen Soldaten zu entflammen ? Nachdem Kutusow

beschlossen hatte ,

Moskau zu

verlassen, ohne eine zweyte Schlacht zu wagen , hätte er mit seinem Heere die alte Straße nach Kaluga einschla gen sollen, während seine Nachhut sich nach Moskau und von da nach Kolomna zurückzog, um Napoleon über die wahre Richtung seines Rückzugs zu täuschen. Zu Desna angelangt, hatte er sich auf einem Seitenweg nach der neuen Straße nach Kaluga gewendet ( a) , rowsk Stellung zu nehmen ;

um bey Bo-

zu gleicher Zeit håtte er ein

starkes Corps über Wereia nach Mojaisk gesendet ,

um

sich dieses Städtchens zu bemächtigen (b) ; Winhingerode håtte diese Operation unterstützt. In Folge dieser Maaßregeln wåre Mojaisk am 21. oder 22. September in Kutuſows Gewalt gekommen.

Das Heer dieses Generals

war damals 70000 Mann, das Napoleons 90000 Mann stark, ohne 20000 Verwundete und Kranke zu rechnen (c); (a) Kutusow hatte sich nicht unmittelbar auf der neuen Straße nach Kaluga zurückziehen können , weil Poniatowski ſie damals einige Stunden von Moskau beſezt hatte. (b) Junots Corps , das in Mojaisk lag , war etwa 1000 Mann fark. (c) Der Stand der Armee am 20ten September nach einem Bericht Berthiers an Napoleon war folgender :

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allein die Pferde seiner Reiterey waren dergestalt erschöpft, daß diese nicht mehr gegen die rußische Stand halten konnte. Ucberdiß war das Heer von seinen Strapatzen noch nicht ganz hergestellt ; seine Munition reichte nur für eine Schlacht

· Infanterie der alten Garde . ifte, 3te und 5te Division des ersten Corps 3tes Armee- Corps ohne die leichte Reiteren 6tes Armee-Corps 1tes Reserve-Reiter-Corps ates und leichte Rei-

4831 Mann 13821 6.43 6923 2721

terey des 3ten Armee-Corps

4263 1775 Zusammen 40577 Mann Diese Angaben sind aus den Verles-Listen vom often September gezogen ; von den nachfolgenden Corps konnten diese nicht beygebracht werden , die Zahlen sind daher nåherungsweise aus den Rapporten genommen. Mortiers Corps , nach dem Rapport vom 26ften September 9875 Mann 4000 Reiterey der Garde , ungefähr . 4tes Armee-Corps , nach dem Rapport vom 20sten September 27326 4te Diviſion des iften Corps , nach dem · 4997 Rapport vom 20ften September ate Division und leichte Reiterey des sten Corps 6000 3000 Stes Reserve-Reiter- Corps 4tes

55198 hiezu die obige 40577 Zusammen 95775 Mann Mithin betrug das unter Napoleons unmittelbarem Befehl stehende Heer immer noch 95775 Mann, unter denen sich 17000 Reiter befanden. Bedenkt man jedoch , daß unter dieser Zahl ohne Zweifel eine große Anzahl Verwundeter und Kranter befindlich war , welche bey ihren Regimen-

1 17

hin, der Marsch der Armee wurde durch 607 Geschütze, 2455 Munitionswagen ( a) und durch mehr als 5000 mit Gepäcke und schwert.

Lebensmitteln beladenen Wågen er

In diesen Umſtånden wäre Napoleon , von seis

nen Verbindungen abgeschnitten und von feindlicher Reis terey umringt , genöthigt worden , Moskau schleunigst zu verlassen. Mojaisk

Er konnte sich entweder auf Borowsk oder oder

über Woloklamsk,

auf Witepsk zurückziehen.

Zubtow und Bieloi

Im erstern Fall håtte er das

rußische Heer vor sich, und ein Corps, das seine einzige direkte Verbindung beſeßt hielt, in seiner rechten Flanke gehabt. tern bleiben , fo läßt sich daraus folgern , daß die Zahl der waffenfähigen Mannschaft am 20ften September kaum 90000 Mann betragen konnte. Man wird sich erinnern , daß die Armee durch die Diviſion Pino vom aten Corps und durch die Diviſion Laborde der jungen Garde verstärkt worden war. Junots Corps und die in Mojaisk gebliebenen Kranken und Verwundeten ſind unter obiger Schäßung nicht mitbegriffen. (a) Der Stand der Geſchüße des unter Napoleons Befehlen Kehenden Heers war am 7ten October folgender : 12pfünder Kanonen · 58. 264.

63dllige Haubigen 5% -

32. Diese wurden durch die Are tillerie der jungen Garde bedient. 122. Diese wurden durch die Nes giments-Artillerie bedient. 10.

119. 605.

Der in Moskau befindliche Theil des großen Parks mochte etwa aus & Geschüßen und 300 Munitions-wagen bestehen.

18 Im zweyten Fall hätte er das ganze rußische Heer bey Mojaisk vereinigt gefunden , weil Borowsk um die Hälfte näher an dieser Stadt liegt , als Moskau.

Ku-

tusow hätte ein Corps auf der großen Straße bis nach Wiazma zurückgehen lassen , und wäre mit seinem Fußvolk auf Seitenwegen nach dieser Stadt marſchirt , während seine ganze Reiterey zur Beunruhigung Napoleons und dazu verwendet worden wäre , die Franzosen stets auf die große Straße zu beschränken und sie somit durch Hunger zu bezwingen. Im 3ten Fall konnte Napoleon dem rußischen General einen, zwey bis

drey Märsche

abgewinnen , je

nachdem letzterer früher oder später von dem Abmarsch der Franzosen in Kenntniß gescht worden wäre , und ſeinen Entschluß hienach gefaßt hätte.

Dieser letzte Fall

versprach allein einige Aussicht auf günstige Wechselfälle ; man mußte jedoch mit äußerster Schnelligkeit marſchiwodurch die Aufopferung eines Theils der Wägen und selbst des Geschüßes nothwendig geworden wäre. Wenn Kutusow sich nach Borowsk wenden mußte , um sogleich , nachdem er Moskau verlassen hatte, daselbst Stellung zu nehmen , so war diß , nachdem er KrasnoePachra erreicht hatte, noch viel nothwendiger , statt sich hinter die Nara zurückzuziehen , was er that.

Als er

diese Stellung bezog , ließ er seinem Gegner die Wahl , sich entweder auf der von uns bezeichneten Straße nach Witepsk, oder auf der Straße nach Smolensk zurückzus ziehen.

Napoleon konnte demnach seinen Rückzug ohne

anderes Unglück , als großen Verlust an Menschen und Pferden zu erleiden , bewerkstelligen , welchen Verlust er leicht wieder ersetzt hatte.

Durch ein besonderes Geschick,

19 von dessen Einwirkung die Kriegsgeschichte mehrere Benspiele aufweißt , wendeten sich Kutusows Fehler wegen Napoleons verlängertem Aufenthalt zu Moskau zu seinem Vortheil ; und wenn der rußische General nach 4 dem Ges fecht bey Winkowo auf den beyden Straßen von Kaluga in Eilmårſchen auf Moskau herangezogen wäre , damit Naş poleon ihm keinen Marsch hätte

abgewinnen können,

während zu gleicher Zeit eine Diviſion im Einverstånd, niß mit Winßingerode sich nach Mojaisk gewendet und Junot daraus vertrieben hätte , so wäre es wahrscheinlich um das franzöſiſche Heer geschehen gewesen.

Moten zum zweyten Buch.

(1.)

Seite 193.

,,Daß Napoleon Absichten auf die Zürs key habe."

Ohne Zweifel lag es in Napoleons Plan ,

spåter gegen die Türkey Krieg zu führen. Abgesehen von den Gründen , welche wir anführten , bemerken wir noch , daß er durch Offiziere militärische Recognoszirungen in diesem Lande vornehmen ließ , welche dasselbe unter vers schiedenen

Vorwänden durchreisten , und daß er kurze

Zeit nach dem Frieden von Tilfit in einem ungewöhnlichen Augenblick der Vergessenheit einem der ihn begleis tenden Großen, auf die Rede : er sey nunmehr Herr des Geschicks von Europa , und es bleibe ihm jezt nichts mehr übrig , als seinen Ruhm in Frieden zu genießen, erwiederte :

,,der Friede !

schließen !"

Somit scheint es wahrscheinlich,

er ist in Constantinopel zu daß Na-

poleon und Alerander zu Tilsit übereingekommen waren, die Türken aus Europa zu verjagen , und ihre Provinzen in Vereinigung mit Destreich zu theilen.

(2.)

Seite 196.

Klein Rußland bot 18000 Kosacken an.“ Diese Provinz hieß die rußische Ukraine, als sie noch den Kosacken gehörte. Sie besteht aus den beyden Gouver -nements Pultawa und Tschernigow. Ihre Bewohner stammen großentheils von den ukrainischen Kosacken ab ;

21

allein seit Peter dem Großen hat man sie gezwungen , sich mit dem Feldbau zu beschäftigen.

Ihr Anerbieten

bewies , daß sie das Andenken an ihre alten Sitten erhalten haben.

Außer den 18000 Kosacken ,

welche nach

Verlauf eines Monats zum Marfche bereit waren , stellten sie Rekruten zum Linien-Heer und zur Miliz. (3.) " Diese

Seite 196.

Truppen

durften

nur

bis zur

,,Räumung des rußischen Gebiets vom Feins „ de dienen.

Das Versprechen , sie nach der Rau-

mung des Gebiets in ihre Heimath zu entlassen, erleichterte die Truppen-Aushebung ungemein ; denn der Ruße wird nur deshalb ungerne Soldat , weil er , sobald er in Dienſt tritt , überzeugt ist , die Heimath nie wieder zu sehen. (4.)

Seite 197.

" Mehr als drey Viertheile der Rekruten ,,giengen zu „ reichten.“

Grunde, ehe sie die Armee ere Rußland ist von allen Ländern Europa's

dasjenige, wo die Sterblichkeit unter den Rekruten die größte ift.

Es ist dieß die natürliche Folge der geringen

Sorge, welche auf sie verwendet wird.

Diejenigen , wel

che damit beauftragt find , haben ihren Vortheil bey dem Lode dieser Unglücklichen , weil die Unordnung in der Verwaltung es ihnen gestattet , sie noch lange nachdem fie gestorben sind , auf den Listen fort zu führen , und das , was die Regierung zu ihrem Unterhalt ausgesetzt hat , in die Tasche zu stecken. (5.) Seite 205. ་ „ Die Rußen bis in jene Hauptstadt zu verfolgen ."

Es ist vortheilhaft , sich rasch auf die

22 Hauptstadt des Feindes zu bewegen , und sein Heer ohne Unterlaß zu verfolgen , wenn der Bewohner nicht zum

1 Aufstand geneigt , und man , falls es zu einer Hauptschlacht kommt , des Sieges gewiß ist ; wenn man ſtark genug ist , seinen Rücken zu decken und seine Verbindungen zu sichern , hauptsächlich aber wenn das zu durchzichende Land Hülfsmittel darbietet, und man sich nicht zu weit von seiner Operations Basis entfernt, Die Schnelligkeit eines solchen Marsches fett den Feind in Erstaunen und Schrecken.

Da seine Plane un-

ausführbar werden , so ist er genöthigt , die Vertheidigung aus dem Stegreif zu entwerfen.

Die Seiten- Corps fürch-

ten abgeschnitten zu werden , und ziehen sich schleunigst zurůď.

Entmuthigung und Unordnung sind gewöhnliche

Folgen dieser rückgängigen Bewegungen. Als Napoleon in den Jahren 1805 und 1809 sich auf Wien bewegte, bewerkstelligte das dstreichisch-italienische Heer aus Furcht abgeschnitten zu werden , ſeinen Rückzug , obgleich es anfangs glücklich gefochten hatte. Im Jahr 1806 ward ganz Preußen auf dieselbe Weise überschwemmt ; in Spanien dagegen hatte dieses Kriegssystem traurige Folgen , weil die Einwohner ſich empôrten und das feindliche Heer über das Meer stets einen sichern Rückzug hatte.

Der größte Theil der großen

Straßen war stets bescht , ohne daß das Land bezwungen wurde.

Man war genöthigt , Besatzungen in allen Eta-

penpläßen zu halten , um alle Zufuhren , Kouriere und einzelne Militárs zu geleiten.

Das ganze Land war vers

wüstet und durchzogen , aber nicht unterworfen worden. Die Insurgenten führten gegen das französische Heer den Kleinen Krieg , der einen Theil seiner Truppen in Anspruch

23 nahm ,

und sie daher bey großen Operationen zu ver

wenden verhinderte.

Diese Armee erlitt auch so großen

Verlust , daß dieſer die Haupt-Ursache seiner Unfälle war. Die Anwendung desselben Systems auf den Krieg in Rußland mußte noch traurigere Folgen haben.

Ich habe

gezeigt , wie schwer in diesem Laude fortzukommen ist , wènn man in Maſſe marſchirt , und welchen unglaublichen Verlust das Heer an Menschen und Pferden erlitt. Die unermeßliche Ausdehnung dieses Reichs gestattet nicht, entſendete Corps so leicht abzuschneiden ;

die Rußen zo-

gen sich anfangs , als Napoleon sich mit dem Hauptheer nach Witepsk wendete , auf allen Punkten zurück , weil er ihnen allenthalben an Truppenzahl überlegen war. Als jedoch durch die Verminderung seines Heers

das

Gleichgewicht hergestellt war , sah man Wittgenstein Polosk angreifen , Tormaſſow in Littauen eindringen und wenn Barklay auf seinem Rückzug sich begnügt håtte, seine Reiterey zu vermehren und alle Verstärkung

an

Infanterie und Geschütz denen Corps zuzuschicken , welche im Rücken von Napoleons Flanken fochten , so hätte er ihn sicher noch vor seiner Ankunft in Moskau zum Rückzug gezwungen. Napoleons

Entschluß , bis Moskau vorzudringen ,

ſtand mit der Ansicht im. Widerspruch , welche er zu Wilna in einer Unterredung mit einem polnischen GroBen an den Tag gelegt hatte.

Dieser sagte ihm nehm,

lich, er könne leicht noch in diesem Jahr bis Moskau marſchiren.

„ Es wird besser seyn , erwiederte er ihm,

2 Jahre dazu zu verwenden.“

(6.)

Seite 229.

„ Er sprach in trockenem Zon und in ab-

24

gebrochenen Perioden.

Diese Art zu sprechen ,

machte, daß seine Befehle hart klangen , und es begeg nete ihm häufig , wenn er Widerspruch erfuhr , oder uns zufrieden war , daß er seine Generale unhöflich behans delte ; diese verfuhren mit ihren Untergebenen auf gleiche Weise , und wer ein Commando hatte, sey es auch noch so klein , ahmte sie nach.

Diese Aenderung wurde jedoch

nicht durch Napoleon herbeygeführt ; sie stammt Anfang der Revolution her.

vom

Die Umwälzung , welche

damals in der geselligen Ordnung statt fand , hatte cine Menge Menschen ohne Erziehung, plöglich und ohne daß die untersten Stufen zu durchlaus

fie genöthigt waren,

fen, zu den ersten militárischen Aemtern erhoben. Benehmen war gemein ,

Ihr

ihr Commando rauh und oft

grob, allein sie waren tapfer , hatten Kriegs-Erfahrung und viele derselben ,

welche ihre Muße zum Studieren

anwendeten , wurden ausgezeichnete Krieger.

Jenes hdfs

liche Benehmen , das so lange die französischen Offiziere ausgezeichnet hatte , war verloren gegangen ;

allein in

militärischer Beziehung hatte man gewonnen.

Der Sols

dat war derselbe geblieben , äußerst intelligent , von einer andern Völkern unbekannten Reinlichkeit , und im Besitz eines durch nichts zu störenden Frohsinns. (7) Seite 242.

„Ein denkwürdiges flusses und

guter

Beyspiel

des Eins

militärischer Einrichtungen

einer trefflichen

Krieges . Metho d. e.“

Italienische, holländische 2c. Truppen, welche damals nicht in dem besten militärischen Rufe ſtanden, wetteiferten im Muth mit den seit langer Zeit berühmten französischen Truppen.

Dieses Ergebniß rührte daher, daß sie die mis

25 litärischen Einrichtungen und

die Kriegs-Methode der

Franzosen angenommen hatten.

Diese beyden Ursachen

üben größern und schnellern Einfluß aus, feit man nicht mehr Mann gegen Mann kämpft und ſeit es nicht mehr unumgänglich nöthig ist , daß die Soldaten , um gute Heere zu bilden ,

von jenem persönlichen Muthe beseelt

feyn dürfen, der in den römischen Heeren durchaus nicht fehlen durfte.

In unserer Zeit sind diejenigen Truppen

die besten, welche die besten Chargen haben ;

um daher

gute Heere zu bilden, bedarf man nur einer hinlänglichen Anzahl tüchtiger Subjecte zum Ersak tapferer, erfahrner Es verdient jedoch bemerkt und disciplinirter Chargen. zu werden, daß das Beyspiel der französischen Truppen, das Verlangen ihnen zu gleichen

und das Vertrauen,

welches der sieggewohnte Feldherr einfldßte, eben so viele Hebel waren, welche zu dem guten Benehmen dieſer Trups pen beytrugen.

(8.) Scite

244.

Wenn nicht einige Batterien aus Mangel an Munition sich genöthigt gesehen hats ten , ihr Feuer zu schwächen oder gänzlich einzustellen.

Da die Artillerie in dem Treffen vor

der Infanterie steht, und daher ihren Blicken ist , so aus.

ausgesetzt

übt sie einen moralischen Einfluß auf dieselbe

Macht eine Batterie eine Bewegung vorwärts, ſo

folgt ihr die Infanterie (a) ; macht sie eine rückgängige Bewegung, so wird die Infanterie dadurch eingeschüchtert.

(a) Das heißt, die Bataillons-Chefs folgen der Bewegung der Artillerie ; dieß gilt für den häufig vorkommenden Fall, daß ein Batterie- Commandant auf seine Verantwortung verrückt.

26 Aus diesem Grunde ereignete es sich in so manchen Gefechten und Schlachten, daß die Batterie-Commandanten in ihrer Stellung abgeprozt stehen blieben , obgleich sie ihre ganze Munition verfeuert hatten , und ein Theil ihrer Geschütze demontirt war ;

hätten sie sich zurückgezogen,

so würden sie die Infanterie entmuthigt haben. Je schlechter die Infanterie ist, desto größer ist der moralische Einfluß der Artillerie ; ist daher die Artillerie schlechter Infanterie zugetheilt , so ist ihr Nußen größer durch diesen Einfluß,

als durch den Schaden , den sie dem Feinde

zufügt. (9.) Seite 253. „Sie beneideten das Loos derer , welche auf der Stelle geblieben waren."

Ein Oberst,

der sich zu seinem Corps begab, begegnete vor dem Thor des Klosters Koloskoi mehreren Verwundeten ; sie hatten ſich bis dahin geschleppt um von den durchmarſchirenden Truppen Brod zu verlangen ; auch in der Nähe der Straße stieß er auf eine große Anzahl hülfløser Verwundeten ; einige lagen in den Häußern und Scheunen , andere auf Wågen, der größte Theil auf offenem Felde.

Einige

Stunden von Mojaisk hatten sich etwa 500 dieser Uns glücklichen um eine Scheune gelagert, welche von einigen derselben besetzt war ; seit mehreren Tagen waren sie ohne Nahrung geblieben ;

ein Offizier und 25 Mann bewach-

ten sie ; zwey Aerzte sollten sie verpflegen ; allein der Offizier hatte keine Lebensmittel , den . Aerzten fehlte es an den nöthigen Mitteln zum Verband.

Vergebens hatten

fie nach Mojaisk um Hülfe gesendet ; man war dort auffer Stande, ihnen welche zu leisten.

27 (10.) Seite 255.

" Auch durfte man che ' sprechen ,

ohne

keine

sich

fremde Spra,

auszusehen.“

Ein

Rath, welcher kurze Zeit, ehe Napoleon ſich Moskaus bemächtigte, durch diese Hauptstadt passirte , ſtand Todesangst aus, weil er vor dem Volke französisch gesprochen hatte ; er war sehr klein und hatte eine ſpißige Naſe, Rostopschin hatte in einer Proklamation gesagt, die Fran zosen seyen nicht viel schwerer als ein Bund Stroh ; die Rußen haben gewöhnlich breitgedrükte Naſen. trug daher

Der Rath

in den Augen des Volks alle Kennzeichen

eines Franzosen an sich ;

es kostete viele Mühe , ihn den

Hånden desselben zu entreißen, (11.) Seite 264. ,,Von wo aus man Moskau in einer Ent

fernung von 1 ½2 Stunden vor ſich ſieht.“ Moskau steht hinsichtlich des Alterthums gegen Kiow, Nowogrod , Wladimir und viele andere Stådte zurück ; die rußischen Chroniker sprechen im Jahr 1147 zum erſtenmal von Moskau, und verlegen deſſen Ursprung nur um wenige Jahre por diesen Zeitpunkt.

Es vergrößerte sich

sehr schnell, und war schon im Jahr 1248 die Hauptſtadt von einem der kleinern Fürstenthümer , welche den rußischen Prinzen als Apanage angewiesen waren.

Im Jahr

1326 ließ sich der Fürst Iwan Danielowiß daselbst nieder, und seit dieser Zeit war Moskausuṇausgeseht die Hauptſtadt des großen Fürstenthums, des rußischen Reichs bildete.

das gleichsam die Wiege Moskau litt zweymal auf-

serordentlich durch die Pest, in den Jahren 1367 und 1770 ; es ward zu

verschiedenen Zeiten durch zahlreiche Feuers-

brünste verheert ;

die in den Jahren 1367 und 1473

28 und hauptsächtlich im Jahr 1547 legten es beynahe gånzlich in Asche.

Zweymal fiel diese Stadt in die Gewalt

der Tataren ; im Jahr 1237 und 1382 ; fie brannten sie nieder, ermordeten einen Theil der Einwohner, und führ ten den Rest gefangen hinweg. Die Polen fetten sich im Jahr 1610 in den Besitz derselben, und behaupteten sich 2 Jahre darin.

Alle diese Unfälle glichen sich schnell wie-

der aus, und legten der wachsenden Wohlfarth dieser Stadt kein Hinderniß in den Weg.

Als Napoleon ſich derselben

bemächtigte, dehnte sie sich auf beyden Ufern der Moskwa ´aus und hatte '9 Stunden im Umfang ,

die Vorſtådte

mitgerechnet ; innerhalb dieses Umfangs lagen Gårten , Wiesen, Ackerland und selbst unbebautes Feld , auch war fie weniger bevölkert,

als ihre Ausdehnung versprach.

Zur Zeit des Winters zählte man 350000 Seelen, Sommers dagegen nur 250000, weil der Adel in dieser Jahrszeit mit einer großen Anzahl Leibeigener seine Landgüter bewohute. Kirchen, öffentliche Gebäude und viele Häußer und Palläste waren von Backsteinen , eine noch größere Anzahl von Holz erbaut.

Die Architektur dieser Gebäude

hatte keinen besondern Charakter , sie war aus der Baukunst aller europäiſchen und aſiatischen Völker zuſammengesetzt.

Dieselbe Verschiedenheit

bemerkte man in der

Kleidung der Einwohner, unter denen sich eine große Anzahl Fremder befand, die der Handel anzog.

Diese Ver-

schiedenheit gewährte einen eigenen angenehmen Anblick. Die Stadt theilte sich in zwey getrennte Theile , der erste, Kreml genannt, war eine alte Citadelle, die auf ei nem die Stadt beherrschenden Hügel auf dem linken Moss _kwa Ufer erbaut war ; der Kreml hatte die Gestalt eines Dreyecks , war etwa eine halbe Stunde im Umfang und

29 mit einer hohen , dicken , im Jahr 1367 erbauten Mauer umgeben.

Um diese Mauer war auf der Seite, die nicht

von der Moskwa bencht ward, ein Graben gezogen. Der Kreml enthielt nur öffentliche Gebäude ,

von denen die

merkwürdigsten der Pallast der Czaaren , das Zeughaus, die Kathedral-Kirche und die Jwans-Capelle waren , deren Thurm die ganze Stadt beherrschte und ein Gegenstand der Verehrung für die Rußen war.

Der zweyte

von den Einwohnern bewohnte Theil umgab den Kreml ; die Straßen waren lang, von gewöhnlicher Breite, immer schmutzig und schlecht gepflastert.

Dreißig Vorstädte um-

gaben die Stadt, und bestanden beynahe ganz aus arms lichen hölzernen Hütten.

Keine Stadt bot auf ähnliche

überraschende Art den Abstand des reichsten Luxus und des tiefsten Elends dar.

Moskau hatte mehr Kirchen als

irgend eine andere europäische Stadt ;

auf allen erhoben

sich fünf Dom-artig erbaute Thürme, von denen einer über die andern vier hervorragte ;

die meisten Kuppeln dieſer

Thürme waren vergoldet , versilbert ,

oder grün gemalt.

Diese große Anzahl von Thürmen, die Strahlenbrechung der Sonne auf den Kuppeln, die Mischung des Grünen und der Gebäude boten dem Reisenden einen prächtigen Anblick dar.

(12.) Seite 269. In den Oefen des Rostopschin'schen Pallastes fand man geladene Petarden." Als Napoleon erfuhr , daß Roſtopſchins Pallaſt uns ter der Zahl der vom Feuer verschouten Gebäude sey, be fahl er, denselben in Brand zu stecken, welcher Befehl jes doch unausgeführt blich, weil ein General der Garde von diesem Pallast Besitz genommen hatte ,

der wegen einer

30 andern Unterkunft in Verlegenheit gesetzt worden wäre. Die Bitten des französischen

Geistlichen ,

deffen von

Holz erbaute Kirche in der Nähe des Roſtopschin'ſchen Pallastes lag , trugen ohne Zweifel auch dazu bey, denselben. zu retten.

(13.) Seite 272. Sie sahen sich den Gewaltthätigkeiten der Soldaten ausgesezt." Zum Lobe des französischen Soldaten darf es gesagt werden , daß sie sich die wenigsten Ausschweifungen erlaubten.

Sie plünderten weit weniger, als die Soldaten

der verschiedenen Nationen ,

aus

denen Napoleons Heer

zusammengesetzt war (a). In Deutschland fand es der Bewohner weniger drückend und unangenehm, zwey FranzdSoldaten im Quartier zu

fische , als einen Deutschen haben.

(14.) Seite 275. So können sie sich willkührlich der " Person eines Edelmanns oder seines Eis genthums

bemächtigen ; allein

nicht ohne

große Gefahr dürften sie Eingriffe in die Vorrechte des Adels wagen." Dieß hat seinen Grund darin , daß der Adel , welcher im Besize aller bürgerlichen und militärischen Aemter ist, den Kaisern als Vermittler bey Ausübung ihrer Gewalt dient.

(a) Dieser Behauptung muß der Ueberseßer, als Augenzeuge, widersprechen . Gleich nach den Portugiesen und Italienern kamen in dieser Hinsicht die Franzosen , die übrigen folgten ihrem Beyspiele, ohne sie gleichwohl zu erreichen.

31 Dieselben Betrachtüngen laſſen ſich auf die Macht der Sultane anwenden , die man für vollkommen unums schränkt hålt ; sie ist noch beschränkter, als die der Kaiser von Rußland ; sie dürfen es nicht wagen, weder die Gebräuche, die durch die Religion geheiligt , und denen ſie eben so gut wie jeder Muselmann unterworfen sind ; noch die Vorrechte der Ulemas und der Janitscharen anzuta sten, durch deren Vermittlung fie regieren, und die gleichs sam das türkische Volk repräsentiren.

Die rußischen Kaiz

ser können Fremde, Bürgerliche, selbst Leibeigene zu den höchsten Aemtern erheben ; sobald sie jedoch diese Aemter versehen ,

werden sie zum Adel gezählt , theilen deſſen

Vortheile

und müssen daher auch die Intereffen dessels

ben umfassen.

Da sie indessen alles dem Regenten verz

danken , deßhalb mit Eifersucht betrachtet und häufig von dem alten Adel mit Verachtung behandelt werden , so schließen sie sich gewöhnlich den Intereffen ihrer neuen Kaste nicht an , und zeigen sich aus Furcht , ein neuer Regent möchte ihnen das ihrige nehmen , dem Willen ihres Herrn blindlings ergeben.

Peter der Große war

der erste , welcher dieses Mittel anwendete , um sich der Vormundschaft des Adels zu entziehen.

Seine Nachfol

ger ahmten ihn hierinn häufig nach. (15.)

Scite 276.

Er verlangte große Opfer von dem Adel ,,und war gendthigt, in verschiedenen Pun ka ten den Wünschen derselben nachzugeben .“ Die rußische Regierung änderte sich damals in ihrem innersten Wesen , und ward aristokratisch , d. h. sie nahm. die Grundsätze der kräftigsten aller Regierungsformen .

32

a an.

Sparta , Rom , Carthago bey den Alten , Venedig

und England bey den Neuern liefern den Beweis hiczu. (16.) Seite 276.

" Er war der Meynung , Napoleon werde ,,nicht bis zu dieser Stadt vorzudringen was gen."

Kutusows und Rostopschins Hoffnungen , die

erst im letzten Augenblick verschwanden , waren nicht ungegründet , wie sich leicht aus der gegenseitigen Lage der beyden Heere nach der Schlacht an der Moskwa schließen läßt.

Ich werde in dieser Beziehung Napoleons

eigene Meynung anführen , die er in einem langen Schreis ben , das Berthier am 27sten September an Beſſieres schrieb, an den Tag legt.

Beſſieres ´Brief, auf den Na-

poleon antwortete , konnte ich mir nicht verschaffen.

Es

scheint, dieser General habe darinn die Besorgniß geäußert, Kutuſow möchte ſich auf Mojaisk dirigiren, ſtatt daß er nach der Schlacht an der Moskwa sich unmittelbar auf Kaluga håtte zurückziehen sollen.

„ Der Gedanke, auf

,,Mojaisk zu marſchiren, erscheint Sr. Majestát nur als ,,eine Windbeuteley. Ein siegreiches Heer, sagt Höchste „ dieselbe , dürfte nicht einmal in der moralischen Lage

seyn, eine solche Operation zu wagen ; wie läßt sich glaus ,,ben, daß ein besiegtes Heer ,

das seine schönste Stadt

,,im Stich gelassen hat, eine solche Bewegung ausführen ,,werde ;

was die rückgängige Bewegung des Feindes ,,auf Kaluga nach der Schlacht betrifft, so wäre die Auss „führung derselben offenbar eben so viel gewesen , als ob „Kutuſow das französische Heer eingeladen håtte, auf Mos-

,,kau zu marschiren ;

dieser General that jedoch ,

sich nach Moskau zurückzog, was er thun mußte.

als er Auf

mehreren vortheilhaften Punkten hatte er Erbaufwürfe.

33 „ machen laſſen, um uns glauben zu machen, der Marsch „nach Moskau kdune nur durch eine 2te . Schlacht erzielt werden.

Diese Maasregel war so zweckmäßig ,

daß

,,wenn der von dem Artillerie-Commandanten Lariboissiere ,,vorgelegte Bericht 20000 Schuß weniger ausgewiesen „hätte , der Kaiser Halt gemacht haben würde , obgleich ,,das Schlachtfeld eines der schönsten war , ". das wir je „ sahen, weil es unmöglich ist , Schauzen ohne einen gro-

" ßen Aufwand von Munition zu nehmen.“. Ich theile die von Napoleon ausgesprochenen beyden Ansichten nicht.

In demselben Brief findet sich etwas

weiter unten eine Stelle , welche beweist, daß Napoleon, weit entferut den Marsch nach Mojaisk für unſinnig zw halten , denselben befürchtete , weil Berthier (daß heißt Napoleon) dem General Bessieres folgende Justruktion ertheilt: ,,Wenn Sie mit den Bevollmächtigten zusammen „ kommen , so wird es zweckmäßig seyn , denselben zu, saz gen, der Kaiser håtte sehr gewünscht, ihre Armee wåre ,,auf Mojaisk marſchirt , weil sie dadurch zwischen zwei Heere gerathen wåre.“ (17.)

Seite 277.

" Man erinnere sich , daß er seine beyden Landhäuser selbst in Brand steckte.“ eine lag nahe bey Moskau ,

das andere bey Woronowo

auf der alten Straße nach Kaluga. war ein Pfahl errichtet ,

Das

Bey dieſem leßtern

an welchen eine Schrift folgen.

den Inhalts angeheftet war : „ Ich habe diesen Landsiz „ſeit 8 Jahren verſchönert und in der Mitte meiner Fas ,,milie glücklich daselbst gelebt.

Die Bewohner dieses

„ Landguts, 1720 an der Zahl, verlassen es bey Eurer An„ kunft, und ich stecke mein Haus in Brand, damit es

3

: 34

„ durch Euch nicht verunreinigt werde. Franzosen ! ich ,,gebe euch meine beyden Häuser in Moskau mit einem ,,Mobiliar Vermögen von einer halben Million Rubel preis : hier findet ihr nichts als Asche." (18.)

Seite 278 .

,,Mehrere dieser von den Flammen vers

" schonten Spitåler waren von größtem Nu,,hen." Zu diesen gehörten, das Spital Gallihin, das Spital Paul, das Spital der Kaiserinn Mutter , und das ,

welches in dem Findelhause eingerichtet wurde.

Die Aerzte und Chirurgen in dem Spital der Kaiserinn Mutter waren auf ihren Posten geblieben und versahen den Dienst gemeinschaftlich mit den französischen Aerzten. (19.) Seite 280. " Außer den Hülfsquellen, welche der von ,,den Flammen verschonte Theil der Stadt ,,und das umliegende Land darboten."

Die

Umgegend von Moskau ist bevölkerter , als das Gebiet , welches das franzöſiſche Heer seit dem Uebergang über den Niemen durchzogen hatte , auch ſind die Häuſer der Bauern hier besser erbaut und zeugen von größerem Wohlstande.

Im

allgemeinen ist der rußische Bauer besser

untergebracht , genährt und gekleidet ,

als der polnische

Bauer, besonders als der im Großherzogthums Warschau. Seit Alerander verboten hat , die Bauern ohne das Grundeigenthum zu verkaufen , bleiben sie lebenslänglich auf demselben.

Es iſt dieß das einzige Geſetz , das hinſicht-

lich der gegenseitigen Rechte der Herrn und der Bauern besteht ; allein die Gewohnheit und das Herkommen has ben diesen Gegenstand gebieterisch festgesetzt ; so ist es z. B. gegen das Herkommen , daß Leibeigene zum Acker-

35 bau verwendet werden dürfen ;

obgleich daher viele Gros

ße eine ungleich zahlreichere Dienerschaft haben , als sie bedürfen , behalten sie dieselbe dennoch bey.

Im allge-

meinen zeigt der Anblick , daß der rußische Bauer ziem lich gut wohnt, daß er seinem Himmelsſtrich angemessen gekleidet ist , daß er , wenn er arbeitsam ist, einiges ersparen kann , daß es ihm nie am Nothwendigen fehlt, und daß er verpflegt wird , wenn er krank ist ; diejenigen , welche Handel treiben wollen, erhalten größtentheils die Erlaubniß ihrer Herrn dazu , theilhaft ist.

weil es für diese vor-

Sie sind fröhlich , scheinen mit ihrem Loos

zufrieden und hången sehr an ihrer Heimath , auch fürchten sie nichts so sehr , als zum Kriegsdienst ausgehoben zu werden.

Der französische Bauer ist , wenn er einiges

Grundeigenthum hat, deſſen Bearbeitung ihm und ſeiner Familie den nöthigen Unterhalt abwirft , glücklicher , als der rußische, weil er frey ist ;

allein anders verhält es

sich mit dem Taglöhner, der kein Grundeigenthum befitt und Frau und Kinder hat.

Sein Taglohn , der kaum

für ihn allein hinreicht, ist unzulänglich um seine Familie zu ernähren ; leßtere muß daher betteln.

Sie leiden nicht

nur hinsichtlich der Lebensmittel , sondern auch der Kleider und des Brennholzes Mangel ; werden sie krank, so has ben sie nirgends Hülfe anzusprechen ; endlich sind sie nicht freyer , als der rußische Bauer , denn das Elend fesselt fie unaufhörlich an die Scholle , auf welcher sie sich bes finden. (20.)

Seite 299.

? „ Die Möglichkeit ,

seinen Tags - Befeh

„ len und Proklamationen größere Oeffent 1 „ lichkeit zu geben , hätte Napoleon große 3*

-

36

" Vortheile verschaft und ihn in den Stand „ gesezt , den Bauern die Freyheit zu vers ,,kündigen, um einen Aufstand zu erregen." Seit die Menschen im geselligen Zustande leben, giebt es keine unumschränkte, wohl aber eine gesetzmäßige Freyheit. Den untersten Claßen des geselligen Verbandes die Freyheit predigen , heißt daher so viel als den Umsturz der Sie unters eingeführten geselligen Ordnung anordnen. ſcheiden nicht zwischen Freyheit und Gefeßlosigkeit , und da es nicht möglich ist, im Augenblick für die alten Gefete ,

neue zu geben ,

so muß Plünderung, Mord und

Brand die natürliche Folge jenes Schrittes seyn.

Die

Geschichte liefert manche Beyspiele zur Unterſtüßung dies ser Ansicht, und Napoleons Proklamation an die poluischen Bauern hatte dasselbe Reſultat hervorgebracht. (21.)

Seite 299.

" Weil ein solcher Aufstand ihn der Hülfs,,mittel des Landes beraubt hätte." "

Napoleon

konnte hauptsächlich darauf rechnen , die Claße der Bedienten zum Aufstande zu bringen ;

mit den Bauern

würde ihm dieß schwerlich gelungen seyn.

Man erinnere

sich, daß die Kosacken zu einer Zeit, in der sie mächtig genug waren, mit den Rußen, Polen und Türken Krieg zu führen , in dieser Beziehung den Rußen weit furchtbarer waren , als Napoleon , weil sie frey waren , gleiche Sprache mit den Rußen hatten, ein Nachbarland bewohn, ten , die Bauern unaufhörlich zum Aufstand anreizten , und alle diejenigen aufnahmen, welche ihre Heimath verließen ; nichtsdestoweniger wurden sie von den Rußen unterjocht. Das Beyspiel deſſen, was in Polen vorgieng , hob

37 diese Meynung nicht auf; der Adel , welcher Napoleon als Befreyer empfangen hatte , sprach nur mit Bewunderung von ihm , und schilderte ihn seinen Bauern mit den günstigsten Farben.

Dadurch erhielt Napoleon im

Anfang der Invaſion große Gewalt über die Gemüther dieser beschränkten Menschen. (22.)

Seite 14.

" Sobald Kutusow

einmal entschloffen

,,war, sich nach Moskau zurückzuziehen, han-

N delte er flug, Verschanzungen aufwerfen zu " lassen.“

In unseren Zeiten ist der Vortheil , den

Verschanzungen gewähren , sehr selten.

Die Römer - um-

gaben ihre Heere mit Wall und Graben ; allein sie hatten wenig Reiterey und fochten in tiefer Ordnung ; heute zutage kämpft das Fußvolk und die Reiterey gewöhnlich in dünner Schlachtordnung ," und in ihre Linien wird eis ne zahlreiche Reiterey eingeschoben , wodurch diese noch verlängert werden.

Stehen sich die Heere gegenüber , ſo

nehmen sie gewöhulich das zum Kampfe nöthige Terrain fo ziemlich ein. 1 Sie sind ferner , besonders an Reites rey, viel zahlreicher als die der Römer und führen eine große Menge Geſchüß , Munition und Wågen nach sich. Sie sind endlich genöthigt , wegen der Munition , die ih'nen unumgänglich nöthig ist , die Verbindung mit ihren Depots zu behaupten. Aus allen diesen Gründen können fie nicht, wie die Heere der Römer, mit einer Verschanzung umgeben werden.

Verschanzt man sich, was übris `

gens selten vorkommt , so geschieht dieß nur auf einigen Punkten der Linie.

Oft hat man kaum die nöthige Zeit,

die Verſchanzungen flüchtig aufzuwerfen , so daß sie keines beſondern Widerstandes fähig ſind.

Unter allen Umstän-

38 den können sie jedoch in größerer und kleinerer Entfer nung umgangen werden , wodurch man genöthigt wird , sie zu verlassen.

Oft geschah dieß zu spåt , was zu groz

Ben Unfällen führt ,

oft mit zu großer Eile , was Un-

ordnung oder Muthlosigkeit ,

oder beydes herben führt.

Unter allen Umständen aber bringt das Verlassen der Verschanzungen

einen

nachtheiligen Eindruck auf das

Moralische des Soldaten hervor.

(23. )

Seite 315.

Die Wirkungen eines solchen Anblicks.

D auf die Truppen brachten gerade den entgegengesetten Eindruck hervor , den man " sich versprach."

Der Anblick des Brandes in Mos

kau war mehr geeignet , Schrecken unter den rußischen Truppen zu verbreiten , J als ihren Muth zu erheben. Diese

Behauptung ließe sich leicht selbst aus der Ges

schichte derjenigen Nationen durch

Beyspiele

belegen ,

welche die ärmsten Volksklassen , und zwar nicht ohne Grund , vom Kriegsdienste ausschliessen.

Denn dem Sol-

daten, der täglich Leben und Freyheit auf das Spiel sekt , verschwinden alle andere Interessen vor diesen beyden.

Drey Dinge tragen hauptsächlich zum . Siege bey : das Vertrauen, welches jedes Regiment in seinen eigenen

Muth sett , es ist eine Folge des guten Geistes in einem Corps ;

das gegenseitige Vertrauen der Regimenter · zu

einander , woraus die Hoffnung des Sieges

erwächst ;

endlich das Vertrauen auf den Feldherrn.

Moskaus

Verlust erfüllte die Rußen mit dem Gefühl ihrer Schwäs che, denn der Feldherr hatte diese Hauptstadt nur darum verlassen, weil er sich außer Stand fühlte , diefelbe zu vertheidigen , und der den Franzosen zugeschriebene Brand

39 gab ihnen die Ueberzeugung , daß ein Feind , der nichts schout, des Sieges gewiß seyn müsse. hieraus , wenn

Es mußte daher

auch nicht ein Gefühl des Schreckens ,

doch eine Abnahme des gegenseitigen Vertrauens und der Zuversicht auf den Feldherrn und somit Muthlosigkeit entstehen.

Es verdient jedoch bemerkt zu werden ,

der rußische Soldat von

daß

allen europäischen der gehor-

samste, daß er mithin weniger empfänglich für Schrecken und Entmuthigung ist. Wendet man diese Gründe ausschließend auf die neueren Heere an, so erhalten sie noch größere Kraft ; denn da beynahe alle Unteroffiziere in denselben aus den unteren Volksklaffen hervorgegangen sind , so haben sie kein gemeinschaftliches Intereſſe mit den Bürgern , und find daher auch gleichgültiger bey den Uebeln , die durch den Krieg auf ihrem Vaterlande lasten.

Fortsehung

der

an

Briefe

Mapoleons

Berthier.

Napoleon an den Major - General. Emolensk den 22sten August 1819. Erwiedern Sie dem Baron Bignon , daß die Folge von Allem dem ist, daß das Gouvernement wenig thut ; daß die Organisation nicht vor sich geht , daß die Administration nichts abwirft , und daß das Land mir überhaupt nur von geringem Nußen ist. 20. 20. (Der Rest des Briefs ist ohne militärisches Intereſſe.) Unterzeichnet Napoleon.

Napoleon an den Major - General. Smolensk den 24. August 1812. Mein Vetter! Ich nehme an, daß der General Hogendorp seine Frau nicht bey sich hat.

Wäre dieß der

Fall , so muß sie nach Frankreich zurückkehren , oder we nigstens in Deutschland , hinter der Armee bleiben. Unterzeichnet Napoleon.

Napoleon an den Major - General. Smolensk den 21. Auguft 1812. Mein Better!

In

der Anlage erhalten Sie eine

Anweisung an den Intendanten ,

dem Fürsten Schwar-

zenberg einen zweyten Vorschuß von 500000 Franken zu leisten.

Geben Sie dem Fürsten meine Zufriedenheit

41 über den von ihm erfochtenen Sieg zu erkennen. chen Sie ihm bekannt :

Ma-

daß ich morgen gegen den Feind

marschire, der wie es scheint , 20 Stunden von hier auf der Straße nach Moskau Stellung nehmen wird ; daß er meinem Wunsche gemäß die in Volhynien stehenden Truppen von mir abhalten soll ; daß ich ihm anempfehle , dieselben zu beschäftigen.

Schreiben Sie dem General

Regnier in demselben Sinn.

Setzen Sie den Fürsten,

von Schwarzenberg in Kenntniß , daß ich von dem Kaiser von Oestreich die Ersetzung

sämmtlicher erledigter

Stellen und die Bewilligung von Belohnungen verlangt. habe, daß ich mir vorbehalte, dieselbe auf seinen Bericht zu verleihen , und daß ich seine Vorschläge erwarte. Schreiben Sie dem Herzog von Tarent, was seither vorgefal len ist, und daß ich mich in Marsch sehen werde.

Schrei

ben Sie gleichfalls an den General St. Cyr ; sagen Sie, ihm , daß ich seine Vorschläge erwarte , um seinem Armee-Corps Belohnungen zu verleihen ; daß aus den rußischen Tags-Befehlen erhellt, daß Wittgenstein nur 2 Diz visionen unter seinem Befehl hat , die nur aus Rekruten bestehen.

Unterzeichnet Napoleon. Napoleon an den Major - General. Dorogbug den 26. August 1812, Mein Better!

Schreiben Sie an den Herzog von

Belluno , er soll sich für seine Person nach Wilna begeben, 1 um dort mit dem Herzog von Bassano Rücksprache zu nehmen, und sich von der Lage der Dinge in Kennt

niß zu ſeßzen ; daß ich übermorgen in Wiazma ,

d. h. 5

Märsche von Moskau anlangen werde ; daß unter dieſen Umständen vielleicht die Verbindungen unterbrochen wer-

42 den; daß in diesem Falle irgend Jemand den Ober-Befehl übernehmen und nach den Umständen handeln muß; daß ich Befehl ertheilt habe , das 129fte Regiment , das illyrische Regiment, das früher zu Königsberg befindliche westphälische Regiment und 2 sächsische Regimenter nach Minsk zu dirigiren ; daß ich ferner die aus 12 Bataillonen und einer leichten Reiter-Brigade bestehende Divis sion Dombrowski zwischen Minsk und Mohilow aufgestellt habe ; daß diese Division hinreichen wird , die Vers bindung zwischen Minsk

über Orsza

nach Smolensk

zu unterhalten, weil sie nur die bey Mozyr stehende Dis viſion des rußischen Generals Hertel gegen sich hat , die 6 bis 8000 Mann ſtark iſt, und größtentheils aus Rekruten beſteht ; daß die Verstärkungen, welche ich nach Minsk schicke , demnach allen Schwierigkeiten abhelfen können , und daß mir auf alle Fälle die Bewegung des Herzogs von Belluno auf Minsk

und Orsza und von da auf

Smolensk zur Sicherung des Rückens geeignet ſcheint ; daß ich zu Witepsk 4000 Mann und in Smolensk eben so viele Mannschaft in Besatzung habe; daß der Herzog von Belluno , wenn er zwischen dem Dnieper und der Dwina Stellung nimmt, in leichter Verbindung mit mir steht, meine Befehle ſchleunigst erhalten kann , und somit im Stande seyn wird, die Verbindungen von Minsk und von Witepsk , so wie auch die von Smolensk mit Moskau zu decken ; daß ich annehme , der General Gouvion St. Cyr sey durch das 2te und 6te Corps stark genug , um Wittgenstein im Schach zu halten , und nichts von ihm befürchten zu müſſen ; daß der Herzog von Tarent sich nach Riga bewegen kann , um diese Festung zu bes rennen ; endlich, daß ich den 4 halben Marsch-Brigaden,

43 welche, zusammen 9000 Mann, einen Theil der Diviſion Lagrange bildeten, befohlen habe, sich auf Kowno zu dirigiren ; daß mithin der Herzog von Belluno nur in dem Fall, wenn der General Gouvion St. Cyr von Wittgenstein geschlagen und über die Dwina zurückgeworfen würde , diesem zu Hülfe marſchiren dürfte ; daß er , diesen Fall ausgenommen , seiner Richtung auf Smolensk folgen soll. Unterzeichnet Napoleon. Der Fürst von Neufchatel und von Was gram an

den

General

Barclay

de

Tolly.

Rybki den 28. August 1812 . Herr General ! der Garde-Offizier Orloff, welcher als Parlamentår abgeschickt war , um Nachrichten über den General Tutschkof einzuzichen, wurde im Augenblick des Wieder-Anfangs der Operationen ungeschickter Weise von der Vorhut nach Smolensk gesendet ; wodurch es nöthig wurde, seine Rückkehr durch die Vorposten unseres rechten Flügels zu

dirigiren ,

der auf Wiazma marschirt.

Er wird jezt an Ort und Stelle angekommen seyn ; ich habe ihm jedoch Nachrichten vom General Tutschkow ges geben , indem ich einen Brief dieses Generals paßiren ließ , der gesund und wohl nach Mek abgereist ist.

Bey

dieser Gelegenheit erneuere ich Ew. Excellenz den bereits gemachten Vorschlag , ein Kartel hinsichtlich

der Aus-

wechslung der Kriegsgefangenen zu errichten und die Verbindung beyder Heere , und die Art der Behandlung der Parlamentare festzusetzen.

Se. Majestät betrachtet die

Uebel unter denen das Land´seufzt , mit Kummer , und wünscht, der Kaiser von Rußland möchte Civil-Gouverneurs zurücklaſſen, um für das Volk und das Eigenthum

44 Sorge zu tragen , vermindern; obachtet.

und dadurch die Lasten des Kriegs zu

dieser Gebrauch wurde in allen Kriegen be-

Ich entledige mich ,

indem ich Ew. Excellenz

diesen Vorschlag mache, einer dem Herzen meines, Monarchen theuern Pflicht. Der Kaiser, dem ich diesen Brief mitgetheilt habe , beauftragt mich, Sie , Herr Baron zu bitten , ihn dem Kaiser Alexander zu empfehlen.

Sagen Sie ihm , daß

weder der Wechsel des Kriegs ,

noch irgend ein anderer

Umstand die Achtung und Freundschaft zu schwächen ver, mögen , die er für ihn fühlt.

Unterzeichnet Alexander. Napoleon an den Major - General. Mojaisk den 3ten September 1812.' Mein Vetter!

Schreiben Sie an den Herzog von

Belluno , daß das 8te westphälische Regiment , die sächs fischen Regimenter Low und Rechten , das 3te zu Königsberg gebildete Infanterie-Marsch-Regiment , die 3ten Bataillone des 4ten, 7ten und 9ten polnischen Regiments, das 8te, 9te, 10te und 11te Marſch-Regiment der Reiterey sämmtlich auf Smolensk dirigirt werden sollen ; daß, da der Feind in seinem Herzen angegriffen ist, man auf den Flügeln nichts ernsthaftes mehr befürchten darf ; daß er Allem aufbietet , um uns von dem Einzug in Moskau abzuhalten , und daß er fest entschlossen scheint, uns um jeden Preis bald möglichst wieder daraus zu vertreis ben.

Man muß daher Alles von Smolensk nach Mos-

kau schicken, da die zahlreichen Truppen-Abtheilungen , welche sich hinter dem Heere sammeln und die des Großherzogthums Littauen zur Deckung des Rückens hinreichend sind.

Es ist ferner nöthig , daß der Herzog von

45 Belluno ſich mit seinem ganzen Armee-Corps bereit halte, von Smolensk nach Moskau zu marſchiren , um die Ars mee zu verstärken , nach Maasgabe als der Feind die seis nige verstärken wird.

Witepsk bedarf keiner Truppen ;

der Feind wird diese Stadt in Ruhe lassen, wenn sich auch Sobald das Spital einige Truppen dort befinden. daselbst geräumt seyn wird , soll keine Besaßung mehr darinn bleiben.

Der Herzog von Belluno wird mithin

alles , Bataillone , Schwadronen , Artillerie und einzeln marschirende Soldaten auf Smolensk dirigiren, um von dort aus nach Moskau rücken zu können. Unterzeichnet Napoleon.

Der Fürst von Neufchatel und Wagram an

Majestät

Se.

den

König von

Neapel. Im Schloß bey Tatarki den 13. Sept. 1812, Es beunruhigt den Kaiser, daß er keine Nachrichten vom Feinde erhielt.

Wenn sie ihn nicht vor sich haben,

so ist zu befürchten , daß er sich , in, ihrer rechten Flanke auf der Straße nach

Kaluga befinde ;

es wäre sogar

möglich, daß er uns auch in den Rücken komine. Man weiß nichts von dem Prinzen Poniatowski, der zwey Stunden von Ihrem rechten Flügel entfernt seyn soll. Befehlen Sie ihm ,

daß er seine Reiterey auf die Straße von Kaluga

nach Moskau sende.

Der Kaiser läßt die Corps des

Fürsten von Eckmühl und des Herzogs von Elchingen hier so lange halten , bis er weiß, wo sich der Feind befindet. Se. Majestät erwartet mit Ungeduld Nachrichten von Ihnen, besonders darüber, was auf unserem reche ten Flügel, d. h. auf der Straße von Kaluga nach Moskau vorgeht. Unterzeichnet Alerander.

---

46-

Der Fürst von Neufchatel und von Wagram an Sc. Majestät den König von Neapel. Moskau den 22. Sept. 1812 Abends, um 4 Uhr. Ihr Adjutant hat dem Kaiser Ihren Bericht Morgens 5 Uhr übergeben. zweyten Bericht

In der Anlage werden Sie einen

des Herzogs von Istrien finden.

Der

Kaiser erwartet mit Ungeduld bestimmte Nachrichten. Es haben sich 6-7 Stunden von hier auf der Straße nach Smolensk Kosacken gezeigt ; es waren etwa 30 ; sie über fielen eine Zufuhr von 15 Wagen ,

die sie verbrannten.

Se. Majestát hat mir so eben den angeschlossenen Brief an den General Sebastiani dictirt ;

es ist darin jedem

Offizier bey Todesstrafe verboten, mit den feindlichen Vorposten zu parlamentiren, ohne hierzu ermächtigt zu seyn. Se. Majestät will nicht, daß man auf andere Art , als durch Kanonen und Karabiner-Schüsse mit dem Feinde correspondire.

Ich wiederhole Ihnen ,

daß der Kaiser

mit äußerster Ungeduld zu erfahren wünscht, woran man hinsichtlich der feindlichen Bewegungen ist. Unterzeichnet Alexander. Der Fürst von Neufchatel und von Was gram an den Herzog von Istrien. Moskau den 22. Sept 1812 Abends um 4 Uhr. Herr Marschall ! Ich sende Ihnen eine Meldung des Generals Sebastiani ,

die durch den König eingeschickt

wurde, und woraus hervorgeht , daß der Feind seine Bes wegung auf Kolomna fortseßt.

Der König von Neapel

muß auf seine Vorhut gestoßen seyn , er wird den Feind, lebhaft gedrängt haben , mithin werden wir heute Nacht zuverläßige Nachrichten erhalten.

Der Kaiser wünſcht,

47 daß auch Sie ihm diese Nacht von Allem , was Sie ets wa erfahren haben, deßgleichen was Sie von dem Fürsten Poniatowski und dessen Berichten über die Rußen ents nehmen, Meldung erstatten möchten. Ohne Zweifel wissen Sie , was auf der Straße nach Moskau vorgefallen ist ; es ist nichts weiter , als daß 30-40 Kosacken etwa 15 Wågen in einem Dorfe überfallen und in die Luft gesprengt haben.

Der Kaiser hat den Major Letort mit

250 Dragonern auf der Straße nach Mojaisk, wo wir übernachtet haben , abgeschickt , mit dem Befehl , Marsch-Truppen der Reiterey

alle

anzuhalten , wodurch er

bald 1500-2000 Mann vereinigt haben wird , mit welchen er die Straße zu decken hat. Die ganze Armee ist im Begriff, sich in Bewegung zu setzen,

und der Kaiser ist entschlössen, den Feind hin-

ter. die Oka zurückzuwerfen.

Die spåtern Nachrichten,

welche von Ihnen und von dem König in dieser Nacht einlaufen, werden die Entscheidung Sr. Majestät beſtimmen , ob nämlich das Heer sich auf der Straße nach Tula oder auf der nach Kolomna in Marsch setzen wird. Bewegt man sich auf der Straße nach Tula , so wird Ihre Reiterey, die der Garde, Poniatowskis Polen und die Infanterie-Diviſion Friederichs , ihrer Stellung zu Folge, die Vorhut bilden. Senden Sie uns vor allen Dingen so bald als möglich Ihre eingezogenen Nachs richten. Unterzeichnet Alexander.

-

48

Der Fürst von Neufchatel und von Wagram

an den Herzog von Istrien. Moskau den 23. Sept. 1812, Morgens um 4 Uhr.

Ich habe Ihren gestrigen Brief Nachts um 11 Uhr dem Kaiser vorgelegt. Se. Majeſtåt verlangt neue Nachrichten, ehe das Heer in Marsch gescht werden soll. Der Fürst Poniatowski muß gestern bey guter Zeit zu Podol angekommen seyn , und wenn sie keine Kunde von ihm haben , so sind die umherschwärmenden Kosacken daran schuld.

Die Bewegungen, welche Sie Ihrer Reiterey an-

befohlen haben , müßen unfehlbar zu Nachrichten über Poniatowski und die Polen führen. Se. Majestát erware tet auch die Berichte, welche Letterer von dem König erhalten haben wird, die jedoch nicht vor Morgens 5 oder6 Sc. Majestát Uhr von der Vorhut eintreffen können. genehmigt die von Ihnen vorgeschlagenen Maaßregeln. Die 500 oder 600

Reinigen Sie Desna vom Feinde.

Kosacken, welche sich auf der Straße nach Mojaisk zeigs ten, haben uns großen Schaden gethan ; 4 sie haben 15 Munitionswagen in die Luft gesprengt , und 2 MarschSchwadronen d. h. etwa 200 Pferde aufgehoben.

Diese

Schwadronen gehörten zu der Marsch-Colonne des Ges nerals Lanuffe , der sie unklugerweise auf seinem rechten Flügel entsendet hatte. Sie machten auch einen Angriff auf einen größeren Artillerie-Park, allein das Kleingewehrfeuer vertrieb sie wieder. Der Major Letort begab sich, wie ich Ihnen gestern schrieb, mit 200 Pferden nach dem Laudhause des Fürsten Gallihin auf der Straße nach Mojaisk ; Ihren Nachrichten und denen des Königs zu Folge, hat Se. Majestät dem General Saint- Sulpice befohlen,

49 nöthigenfalls mit allen seinen Dragonern zur Unterſtükung des Majors Letort abzumarſchiren, was ohne Zweis fel überflüßig, auf jeden Fall aber unschädlich ist ; denn die von

Ihnen ausgeführten Märsche auf Podol und

Desna müßen sämmtliche Kosacken von der Straße von Mojaisk vertreiben. Unterzeichnet Alexander. Der Fürst von Neufchatel und von Wagram an Se. Majestät , den König von Neapel. Moskau den 23. Sept. 1812, Morgens 4 Uhr. Sire, der Kaiser hat Ihren Brief vom 22. Sept. Abends um 8 Uhr erhalten. Er sieht mit Ungeduld Nach richten von Ihnen entgegen.

und von

dem Herzog von Istrien

Besondere Erkundigungen veranlassen uns zu

der Meynung, der Feind habe Podol verlaffen. Wäre dieß der Fall , so muß der Fürst Poniatowski daselbst angekommen seyn , und Ew. Majestät weiß alsdann , was weiter zu thun ist.

Der Herzog von Istrien muß heuté

in Podol eintreffen.

Eben diesen besondern Nachrichten

zufolge soll der Feind

auch Deena geräumt und nach

Serpukom und Kaluga marschirt seyn.

Ew. Majestät

darf nur einen Zweck vor Augen haben, den , mit Ihrer Vorhut stets der Spur des Feindes zu folgen. 2 . Unterzeichnet Alexander.

Der Fürst von Neufchatel und von Wagram an den Herzog von Istrien. Moskau den 16. Sept. 1812. Herr Marschall ! # der Kaiser wartet noch auf Nachrichten von dem König von Neapel, ehe er Ihren Adju4

50 tänten an Sie abschickt.

In diesem Augenblick läuft die

Meldung ein, daß der König gestern um 5 Uhr zu Poz dol angekommen ist,

wo er sich mit dem Fürsten Po-

niatowski vereinigt hat.

Sie werden hievon in Kennt-

niß gefeßt worden seyn ;

der Feind wird Desna geräumt

haben, in deffen Beſiß Sie nunmehr ſeyn müßen. Sie das Corps des Fürsten Poniatowski und

Schen das 3te

Reiter-Corps unter den Befehl des Königs, und nehmen Sie mit der Brigade Colbert , der leichten Reiterey des 1ten Corps und der Infanterie-Division Friederichs eine beobachtende Stellung , um nöthigenfalls dem König von Neapel zu Hülfe marschiren , und die Straße unterbrechen zu können, welche der Feind etwa einschlägt, um sich unbemerkt von dem König, auf unsere Operations-Linie zu begeben.

Ein anderes Observations- Corps , bestehend

aus den Dragonern der Garde und 1000 Mann JInfanterie, ist bey dem Schloße des Fürsten Gallizin aufges stellt , woselbst der Kaiser übernachtet hat. Der General Guyot mit den Jägern der Garde, zwey baierschen leichten Reiter-Brigaden , der Infanterie-Division Broussier und 6 Canonen stehen halbwegs von Moskau nach dem Schloße des Fürsten Gallizin , um sich jeden Augenblick dahin begeben zu können, wo es die Umstände erheiſchen. Das Geschützfeuer , welches Sie gestern früh auf Ihrem rechten Flügel gehört haben werden , fand bey einer Rekognoscirung statt, die von dem Major Martod ungeschickt geleitet wurde; er selbst ward getödtet oder gefangen. Wir verloren in diesem Gefecht einige Dragoner; ein Major, ein Rittmeister ,

ein Adjutant-Major und etwa

20 Dragoner wurden verwundet : auch haben wir einige Infanteristen verloren.

Die schlecht geleitete Rekognosci-

51 rung wurde von 3000 Feinden, die Geſchüß bey ſich hatten, überfallen. Sehen Sie sich mit dem Observations-Corps, das bey dem Schloße des Fürsten Gällißin ſteht, in Verbindung, wenn dieß Ihrer Ansicht nach , ohne Nachtheil geschehen kann.

(Ich hatte dem General Saint-Sulpice

so sehr empfohlen, die Gärde-Dragoner nicht auszüſeßen !) Der Kaiser giebt dem König von Neapel Befehl , den Feind zu verfolgen , um ihn mehrere Märsche von Moskau zu entfernen und ihn zu zwingen, seine Cantonirune gen hinter der Oka zu beziehen.

Bleiben Sie in stetem

Briefwechsel mit dem König, und theilen Sie uns alles, was Sie erfähren , mit.

So lange, bis der Feind sich

entfernt hat, ist das Beobachtungs- Corps ,

welches Sie

Befehligen, von größter Wichtigkeit.

Unterzeichnet Alexander. Der Commandant von Gjat hatte am 21.

Sept.

an den Major-General geschrieben, ihm das Verhdr des Haushofmeisters des Grafen Soltiköf gesendet , gefragt, wie derselbe zu bestrafen sey.

und ihn

Napoleon schrieb

auf den Rand, dieses Briefes folgenden Befehl :

1

" Man kann diesen Menschen erschießen und das .. Schloß Soltikofs abbrennen lassen." Moskau den 27: Sept. 1812. Unterzeichnet Napoleon.

Ich habe das Verhdr des Haushofmeiſters vorgefunden ;

nicht

wahrscheinlich hätte er an der Spike der

Bauern eine französische Truppen-Abtheilung angegriffen, welche auf den Gütern des Gräfen Soltikof plünderte.

52 Der Fürst von Neufhcatel und von Wagram an den Herzog von Istrien. Moskau den 27. Sept. 1812, Morgens um 7 Uhr.

Der Kaiser war aufgebracht darüber , daß Sie in Ihrem Haupt-Quartier zwey Parlamentars welche Briefe überbrachten, angenommen haben.

In Zukunft ſollen Sie Niemand mehr von den Vorposten annehmen. Die Briefe,

welche von den Gefangenen gesendet werden , müßen von den äußersten Posten in Empfang genommen , und der Ueberbringer den.

auf der Stelle zurückgeschickt werAlle Unterhandlungen mit dem Feinde wenden sich

stets zu unserem Nachtheil und unterliegen einem besons dern Zweck.

Der Kaiser ist der Meynung, daß der Feind

bey seiner Bewegung nur die einzige Absicht hatte, Kaluga zu decken , und sich auf die direkte Straße nach Kiow zu sehen , von wo er Verstärkungen erwartet.

Der Ges

danke, nach Mojaisk zu marschiren, erscheint dem Kaiser nur als eine Prahlerey ; eine siegreiche Armee dürfte sich kaum

in

der moralischen Lage befinden ,

eine solche

Operation zu unternehmen ; wie läßt sich dieß von einem besiegten Heere denken ,

das seine schönste Stadt preiß

gegeben hat? Was eine rückgängige Bewegung des Feindes auf Kaluga nach der Schlacht anbetrifft, so wäre dieß eben so viel gewesen, als ob er das franzöſiſche Heer zum Marsch nach Moskau eingeladen håtte.

Als sich dagegen Kutu-

sow zurückzog, that er was er thun mußte ;

er hat an

verschiedenen vortheilhaft gelegenen Punkten Erdaufwürfe gemacht, um uns glauben zu machen ,

es bedürfe einer

zweyten Schlacht, um nach Moskau ( vorzubringen. Diese Maaßregel war so zweckmäßig, daß , wenn der von dem

53

Artillerie- Commandanten General Lariboissiere vorgelegte Bericht 20000 Schuß weniger ausgewiesen hatte, Napoleon Halt gemacht haben würde,

obgleich das Schlachtfeld eines der schönsten war , die wir je sahen ; denn ohne Artillerie und einen ßen Aufwand von Munition ist es unmöglich, Schanzen wegzunehmen. Der Kaiser finder die Aussage der Parlamentårs lächerlich, die Rußen hätten nur 1000 Offiziere in einer Schlacht verloren, in welcher auf ihrer Seite 40 Generale getödtet und verwundet und 40

50000 Mann ihrer

besten Truppen außer Gefecht gesetzt wurden.

Se. Ma-

jeſtåt bemerkt, daß die meisten dieser Offiziere aus Moskau gebürtig sind ,

daß alle bekannte nähere Umstän

de beweisen, daß sie das Verlangen an den Tag legten, 1› diese Hauptstadt zu vertheidigen , daß endlich , da dieß nicht geschehen ist ,

die Unmacht der Armee hinlänglich

erwiesen ist. Da sich die Vorhut unseres Heers durch eine Art von Einstellung der Feindseligkeiten einschläfern ließ , го scheint es Sr. Majcståt ganz einfach , daß der Feind mit seiner Reiterey auf dem linken Flügel vordringe, um uns Schaden zuzufügen ; selbst die Straße nach Mojaisk håte te können auf einige Tage unterbrochen werden. so weit hat der Feind seinen Ehrgeiß nicht

Allein

getrieben ;

auf allen Straßen hat er Reiterey aufgestellt, um mehr gedeckt und von unsern Bewegungen zeitig genug in Kennt niß gesetzt zu seyn.

Bleibt der Feind in seiner Stellung an der Pachra, so hat der Kaiser die Absicht , ihm eine Schlacht zu lie fern ;

es läßt sich jedoch annehmen ,

abwarten

wird ,

so wie er

daß er dieß nicht

überhaupt keinen

andern

54 Zweck zu haben scheint, als in Erfahrung zu bringen, ob er das ganze französische Heer vor sich hat.

Der Kaiser

wünscht, erstens daß Sie die beyden Parlamentárs zurůde behalten sollen , bis der König von Neapel die Pachra überschritten hat ; alsdann werden sie bey Nacht zu den Vorposten des Königs von Neapel gefchickt, von wo aus fie zum rußischen Heere zurückkehren können. Zweytens daß Sie keine Parlamentårs, ſondern nur die Briefe, welche sie zu überbringen haben , annehmen ; ebenso soll es auch mit den Briefen, welche Sie an die Rußen senden, gehalten werden.

Die Absicht des Kaisers, den Truppen

alle Strapatzen zu ersparen, veranlaßt ihn ferner zu dem Wunsch, das Heer nicht zur Vertreibung des Feindes in Marsch setzen zu dürfen. Suchen Sie daher das Gerücht zu verbreiten, Se. Majestät sen im Rücken desselben ans gekommen. Es wird zweckmäßig seyn den Parlamentārs zu saz gen, der Kaiser håtte sehr gewünscht , daß

ihre Armee

auf Mojaisk marſchire, weil sie sich alsdann zwischen zwey Heeren befunden hatte. Benachrichtigen Sie die Generale Lahouffaye, Chastek und Girardin, daß ihre Vorposten keine Parlamentårs mehr paſſiren lassen sollen.

Ihre Briefe müssen ihnen

abgenommen und denselben gesagt werden ,

man werde

ihnen die Antwort übermachen. Ich habe Sie in Kenntniß gesetzt, daß der General Saint-Sulpice mit den Dragonern der Garde bey dem Schloße des Fürsten Gallihin steht ; daß der General Guyot mit den Jågern der Garde, 6 Canonen, zwey baierschen Reiter-Brigaden und der Division Broussier vom 4ten Corps auf der Hälfte des Wegs von Moskau nach

55

dem Schloße des Fürsten Gallißin auf der Straße nach Mojaisk eine Stellung bezogen hat.

Der Vice- König

erhält Befehl, den General Ornano mit weitern 500 Pferden und 6 Canonen zur Verstärkung der baierschen Reis terey, die sich bey dem General Guyot befindet, abzuſchicken und den Befeht über dieselbe zu übernehmen. Im Fall unvorhergesehene Ereigniße eintreten sollten, find Sie ermächtigt, an die Generale Ornano und Brous- / fier zu schreiben , sie sollen sich mit ihren sämmtlichen Truppen in gleiche Höhe mit Ihnen auf die alte Straße von Moskau nach Kaluga entweder nach Fedozino oder Szarapowo begeben.

Der General Guyot foll mit den'

Jägern der Garde und seiner Artillerie in seiner Stellung halbwegs von Moskau nach dem Schloße des Fürsten Gallizin stehen bleiben.

Unterzeichnet Alexander.

Der Fürst von Neufchatel und von Wage ram an Se. Majestät den König von Neapel.

Moskau den 28. Sept. 1812, Nachmittags um 2 Uhr. Der Kaiser hat Ihren Brief vom 27. Abends um 9 Uhr erhalten.

Se. Majestät hat der Armee Befehl er-

theilt, sich zum Aufbruch in der Nacht bereit zu halten, weil es bereits 2 Uhr ist ,

und es daher zu spät wåre,

sich heute noch in Marsch zu setzen ;

überdieß erwartet

der Kaiser zwischen jetzt und heute Abend

Nachrichten

von Ihnen und von dem Herzog von Istrien, welche ihn bestimmen werden, ob es nöthig ist, das Heer in Marsch zu setzen.

Der Herzog von Istrien schrieb gleichfalls ge-

Heru Abends um 9 Uhr aus seinem Hauptquartier vier

56 Werste hinter Gorki ; somit kann Ew. Majestät nichtüber Desna umgangen werden.

Ew. Majestät wird eins

sehen , daß wir mit Ungeduld Ihren Nachrichten entges gensehen.

Der Herzog von Istrien schreibt, er habe den

Feind vor sich.

Der General Lahoussaye steht zu Batu

tinka hinter Gorki. Unterzeichnet Alexander.

Der Fürst von Neufchatel und von Wagram an Se. Majestät den König von Neapel.

Moskau den 4. Det. 1812, Morgens um 4 ½ Uhr. Se. Majestát hätte gewünscht , daß man diejenigen Pferde, welche den der Reitercy nachziehenden Wågen abgenommen worden sind ,

zur Bespannung der zurückge-

laffenen Munitionswagen angewendet hätte, indem man der Artillerie nöthiger bedarf, als der Wågen , welche die Truppen hinter sich herschleppen.

Der Kaiser hat

dem fünften Armee-Corps Gnaden-Verleihungen bewilligt. Er hat das tapfere Benehmen der Polen mit Vergnügen aus den Berichten ersehen. Ihren letzten Brief vom 2. Oct. hat Se. Majestät Abenos um 9 Uhr erhalten, und zu Ihrer Zufriedenheit daraus ersehen, daß Sie Woronow besetzt haben.

Da Sie anzeigen ,

daß Sie am

Morgen des 3ten schreiben werden , will der Kaiser Jh ren Brief abwarten, ehe er antwortet.

Se. Majestät ist

entschlossen , einen Ihrer Adjutanten an den rußischen Ober-General zu schicken, und wünscht daher, Sie möch ten durch Ihren Chef des Generalstabs an den Befehlshaber der feindlichen Vorhut einen Brief in folgenden Ausdrücken schreiben laffen :

57

-

,,Da der Kaiser die Absicht hat, einen seiner Generals „ Adjutanten an den Ober-General Kutusow zu schicken, ,,so wünscht man den Tag, die Stunde und den Ort zu ,,wissen, wo dieser General ihu empfangen will." Dieser Brief soll an den Befehlshaber der Vorhut gerichtet werden ,

und man wird sich einen Empfangs

schein dafür geben lassen.

Der Kaiser überläßt Ihnen

der Natur der Sache gemäß, die Wahl des Augenblicks, in welchem Sie diesen Schritt thun werden ,

damit er

zu gelegener Zeit geschehe , und durchaus nicht durch die Umstände

herbeygeführt scheine.

Se. Majestät absenden will ,

Der

Adjutant ,

den

wird wahrscheinlich diesen

Abend in Ihrem Hauptquartier eintreffen.

Unterzeichnet Alexander. Napoleon an den Major - General. Moskau den 5. Oct. 1812.

Mein Vetter ! das Gedächtniß des General-Intendanten scheint mir verwirrt zu seyn.

Ich kann unmöglich

glauben, daß man 45 Tage brauche , um die zu Mojaisk , im Kloster und zu Gjat befindlichen Verwundeten fortzuschaffen.

Denn ich bemerke, daß in diesen 45 Tagen, selbst wenn man nichts für sie thut, ein Theil sters

ben, und ein Theil genesen wird.

Man dürfte daher nur

die Uebrigbleibenden fortschaffen , und die Erfahrung bes weißt, daß drey Monate nach einer Schlacht nur noch 1% der Verwundeten übrig ist.

Von 6000 Mann wären da-

her nach Verlauf von drey Monaten nur noch 1000 in den Spitälern befindlich. Ich habe die Absicht ,

Herr

meiner Operations- Linie zu bleiben und meine Verwuns deten fortschaffen zu lassen. 2c. Unterzeichnet Napoleon.

58 Napoleon an den Major - General. Moskau den 6ten Oct. 1812.

Mein Vetter! benachrichtigen Sie den Herzog von Belluno, daß ich ihm noch keinen Befehl zum Aufbruch geschickt habe , weil dieser von der Bewegung des Feindes abhängt , daß die rußische Moldau-Armee, bestehend aus drey Divisionen oder mit Inbegriff des Fußvolks, der Reiterey und der Artillerie aus 20000 Mann , in den ersten Tagen des Septembers den Dnieper überschrits ten hat ; daß sie sich entweder auf Moskau zur Verstär kung des Heers unter Kutusow oder nach Wolhynien zur Verstärkung des Heers unter Tormassow weuden kann ; daß Kutusows Heer, das in der Schlacht an der Moskwa geschlagen worden ist , bey Kaluga steht ,

woraus

man vielleicht den Schluß ziehen kann , es erwarte Vers ftärkungen aus der Moldau auf der Straße von Kiow; daß der Herzog von Belluno in diesem Fall Befehl erhalten würde, sich entweder auf der Straße über Jelnia und Kaluga oder auf einer andern , mit der großen Armee zu vereinigen ;

würden dagegen die 20000 Mann

der Moldau Tormaffow zu Hülfe kommen, so würde deffen Corps durch diese Verstärkung auf 40000 Maun vermehrt werden ; daß jedoch in diesem Fall unser rechter Flügel unter dem Fürsten Schwarzenberg eben so stark fen, weil dieser etwa 40000 Destreicher, Polen und Sachsen unter seinem Befehl hat ; daß ich überdieß den Kaiser von Oestreich ersucht habe, er möchte das zu Lemberg unter dem General Reuß stehende östreichische Corps vorrücken laſſen, und dem Fürſten Schwartzenberg eine Verstärkung von 10000 Mann schicken ;

daß

der Kaiser

Alexander auf der andern Seite die Besatzung von Riga

59

und das Corps unter Wittgenstein möglichst verstärkt, um den Marschall St. Cyr von Polokk und den Herzog von Tarent von Riga und Dinaburg zu vertreiben ; daß Briefe, welche von dem Fürsten Schwarzenberg unter dem Datum des 24. eingelaufen sind, zu beweisen schei nen , die Moldau-Armee habe sich statt nach Moskau zu kommen, gegen Tormassow gewendet, um deffen Heer zu verstärken ; daß es daher nöthig sey, zu wiffen, was vorgeht ; daß ich unter diesen Umständen verlange, daß das Corps des Herzogs von Belluno Kantonirungen von Smolensk bis Orszá beziche ; daß er regelmäßig durch alle Staffeten mit dem Herzog von Bassano correspon dire, damit ihm dieser Minister schreibe und ihn von Allem , was auf den verfchiedenen Punkten vorfällt , 1 in Kenntniß seßze; daß er einen klugen, verschwiegenen und intelligenten Offizier an den General Schwarzenberg und an den General Regnier schicke ,

der von ersterem was

gefchieht ,

und von letterem die wahre Lage der Dinge erfahre ; daß er sich mit dem Gouverneur von Minsk

in bestimmte Correſpondenz ſetze, daß er endlich Agenten in verschiedenen Richtungen abschicke, um zu wiſſen, was vorgeht. Daß die Division Girard gegen Orsza auf einem Punkte aufgestellt wird, der 5 Mårſche von Minsk, 3 von Witepsk und 4 oder 5 von Poloßk entfernt ist; daß die 2te Division zwischen Orsza und Smolensk Stellung nehmen soll , um erstere rasch unterstützen zu können ; daß die 3te Division endlich nahe bey Smolensk bleiben soll ; daß durch diese Aufstellung fein Corps in Ruhe bleibt, und sich leicht ernähten kann ;

daß man es ziems

lich weit ab von der Straße aufstellen muß , um die Verbindung der ankommenden Truppen nicht zu stören ;

60 daß er in dieser Stellung im Stande ist , sich nach Minsk oder nach Wilna zu bewegen , wenn die Mitte unserer Verbindungen und Magazine bedroht und der Marschall St. Cyr zu Polotk gedrängt würde ; oder auf erhaltenen Befehl auf der Straße über Jelnia und Kaluga nach Moskau zu kommen , wenn die Einnahme von Moskau und eine neue Lage der Dinge den Feind bestimmen wür den, sich durch einen Theil der Moldau-Truppen zu vers stärken.

Daß somit der Herzog von Belluno die allge-

meine Reserve bilde , sey es nun um Schwarzenberg zu Hülfe zu kommen und Minsk zu decken , oder zur Verstärkung der großen Armee nach Moskau zú marſchiren ; daß der General Dombrowski , der eine Division von 8000 Mann Fußvolk und 1200 polnische Reiter unter sich hat, seinen Befehlen untergeordnet sey , wodurch sein Armee Corps 4 Divisionen, stark ist ; daß ferner die Reserve-Brigade zu Wilna ,

bestehend aus 4 westphälischen

Regimentern , 2 heßendarmstädtischen Regimentern , die zu Ende dieses Monats aus Schwedisch- Pommern ans kommen werden , und aus 8 Kanonen , gleichfalls unter seinem Befehl stehe ;

daß endlich im Laufe des Novem-

bers sich zwey neue Divisionen bilden werden , und zwar die 33ste zu Warschau ,

wo sie durch 3

würzburgische

Bataillone verstärkt und von dem General Durutte kommandirt werden wird ;

die 34ste zu Königsberg ,

die

früher unter dem General Morand in Pommern war , einige Bataillone vermehrt, unter Der Generals Loison stehen wird.

und die gleichfalls um den Befehlen des

Herzog von Belluno wird mithin , ob er nun dem Fürften Schwarzenberg oder

dem Marschall Saint-Cyr zu

Hülfe rücken muß , stets eine Maffe von 40000 Mann

61 zuſammen

bringen können.

Schreiben Sie ihm ferner

daß , da die Correspondenz durch Eſtaffeten rasch vor ſich geht , ich immer im Stande seyn werde , meine Befehle zu geben , und daß der Herzog von Belluno nur in dem Fall , wenn Minsk oder Wilna bedroht werden sollte, aus eigener Machtvollkommenheit sich in Marsch setzen darf, um diese beyden Haupt-Magazine der Armee zu decken ;

daß der Herzog von Belluno , da er den Ober-

Befehl über ganz Littauen und über die

Gouverneurs

von Smolensk und Witepsk hat , Administration

das Fortschreiten der1 beschleunigen und insbesondere kräftige

Maasregeln zur Beytreibung von Korn und Fourage ergreifen muß ; daß sich Backöfen zu Mohilow, zu Orsza, Rasasna und zu Dubrowna befinden ;

daß er Zwieback

in großer Menge backen lassen und solche Anstalten treffen soll ,

daß er einen Vorrath von Lebensmittel auf ei

nen Monat habe , ohne der militärischen Zufuhren , welche etwa von der Armee kommen , hiezu zu bedürfen. Auch mit Witepsk wird sich der Herzog von Belluno in Correspondenz seßen ;

es steht ihm frey Truppen dahin

zu schicken , um diesen Punkt zu behaupten.

Er für seine

Person wird sich nach Mohilow, Wirepsk und Smolensk begeben, um das Terrain kennen zu lernen, und die Administration in Gang zu bringen.

Sollte durch irgend

einen Zufall die Verbindung mit Moskau unterbrochen werden , so wird er Sorge tragen , ſie durch abgeschickte Reiterey und Jufanterie wieder eröffnen zu laſſen. Unterzeichnet Napoleon. Folgendes Postscript ist von Napoleons Hand : ,,Sein Hauptquartier wird er zu Smolensk nehmen. “

62

Napoleon an den Major - General. Moskau den 6ten October 1812; Mein Better!

Der Herzog von Treviso verlangt

Lebensmittel für die Polizey-Beamte, er verlangt dergleis chen für die Findelkinder , für die in den Spitälern bes findlichen Rußen , für die kranken Einwohner 2c. 2c . 20. Alle diese Forderungen sind sehr rechtmäßig , allein Niemand ist gehalten , das Unmögliche zu leisten ; die rußis sche Municipalitåt ſoll eine rußische Compagnie bilden , fich in Abtheilungen nach den Dörfern begeben , und die Lebensmittel gegen Bezahlung in Beſchlag nehmen.

Der

General-Intendant wird das hiezu nöthige Geld von den Fonds, die ich zu seiner Verfügung gestellt habe, bewils ligen.

Man wird hier der Municipalitåt ein für die

Stadt bestimmtes Magazin einräumen , und auf oben angegebene Art füllen. Diese Compagnie kann sich Polizey- L Compagnie nennen , und wenn ihre Unternehmung , ges lingt , so kann man 3 bis 4 dergleichen bilden , welche die Umgegend durchstreifen und vermittelst Bezahlung die für die Einwohner und besonders für die Spitåler nothwendigen Lebensmittel herbeyschaffen ; dieß ist das einzige Mittel , der Noth abzuhelfen.

Nehmen Sie Rücksprache

mit Leſſeps, und verlieren Sie keinen Augenblick. Unterzeichnet Napoleon.

Napoleon an den Major - General. Moskau den 6ten October 1819 : Mein Better! Geben Sie Befehl, daß die 10 rußis schen Soldaten , welche in einem Keller des 11ten Viertels gefunden worden sind , als Brandstifter erschossen werden ; es soll dieß ohne Aufsehen morgen Früh um 4 Uhr geschehen.

Unterzeichnet Napoléon.

63 Anmerkung.

Unter diesem Befehl standen fole

gende Worte: Dieser Befehl wurde nicht ausgeführt ; es zeigte sich , daß jene 10 Rußen Kranke waren.

Der Fürst von Neufchatel und von Wagram an den Ober - General Kutus

sow (a). Moskau den 16ten October 1812. Der General Lauriston hat den Auftrag erhalten , Ew. Durchlaucht den Vorschlag zu machen , Anstalten zu treffen , daß der Krieg einen den bestehenden Regeln gemäßen Charakter nehme und das Land nur unter solchen Uebeln leide, welche eine unvermeidliche Folge des Kriegs sind.

Denn die Verheerung des eigenen Landes

bringt Rußland eben so großen Schaden , Kaiser mit Schmerz erfüllt.

als sie den

Eure Durchlaucht wird eins

sehen , wie sehr mir daran liegt, die endliche Bestimmung Ihrer Regierung über diesen Punkt zu erfahren. lerander. Unterzeichnet Der Fürst Kutusow an den Fürsten von / Neufchatel und von Wagram. (b) " Im Hauptquartier den 31. September 1819. Mein Fürst ! der Oberst Berthemy , den ich in mein eigenes Quartier aufgenommen habe , hat mir den Brief

(a) Dieſer Brief würde von Napoleon diktirt. (b) Wahrscheinlich ist das Datum von Berthiers Brief uns richtig , den ich von einem Concept copirt habe und den er erst am 19ten October abfertigte. Was mich zu dieser Mey, nung veranlaßt , ist , weil das Datum von Kutusows Brief genau seyn muß , da ich diesen Brief vom Original copirt habe , und weil es unwahrscheinlich ist , daß er seine Ant

64

-

von Ew. Durchlaucht übergeben ; Alles , was der Gegens stand dieses abermaligen Schrittes ist ,

ist bereits dem

Kaiser, meinem Herrn , unmittelbar zugefertigt worden , und zwar habe ich , wie Ihnen bekannt seyn muß , den General-Adjutanten Fürsten Wolkonski damit abgeschickt. Betrachtet man indessen die Entfernung der Orte, und die schlechten Wege in der gegenwärtigen Jahrszeit , so ist es physisch unmöglich , daß mir in dieser Sache eine Antwort zugekommen seyn könne.

Ich kann mich daher

nur auf dasjenige beziehen , was ich dem Herrn General Lauriston über denselben Gegenstand persönlich zu sagen die Ehre hatte.

Ich wiederhole jedoch hier eine Wahr-

heit, deren ganze Kraft und Ausdehnung Sie, mein Fürst , ohne Zweifel zu würdigen wissen werden : daß es selbst bey dem besten Willen äußerst schwer ist, einem ers bitterten Volke Einhalt zu thun, dem seit 300 Jahren der Krieg im Innern des Landes unbekannt war , das bereit ist, sich für sein Vaterland aufzuopfern , und das unempfänglich ist für jené Unterſcheidung zwischen dem , was ` in den gewöhnlichen Kriegen gebräuchlich oder nicht gebräuchlich ist.

Was' die unter meinem Befehl stehenden

Heere anbetrifft , schmeichle ich mir, mein Fürst, daß man allgemein an ihrer Handlungsweise jene Grundsätze er kennen wird , welche jedes biedere , tapfere und edelmůthige Volk charakterisiren.

Nie habe ich während meiner

langen militärischen Laufbahn andere Grundsätze aner-

wort 2 Tage verzögert habe. Man wird auch bemerken, daß sich dieser Brief nicht nur auf Berthiers Schreiben , fondern auf mündliche Mittheilungen bezieht , mit denen der Ueberbringer des Briefs ohne Zweifel beauftragt war...

65 kannt und ich schmeichle mir , daß die Feinde , gegen welche ich zu kämpfen hatte, stets meiner Denkungsart in dieser Beziehung Gerechtigkeit wiederfahren lassen werden. Genehmigen Sie , mein Fürst , die Versicherung meiner höchsten Achtung.

Unterzeichnet der Feldmarschall Fürst Kutusow.

Napoleon an den Major - General.

Moskau den 18ten October 1812. Mein Vetter!

Sehen Sie den Herzog von Treviso

in Kenntniß, daß ich_morgen_mit der Armee zur Verfolgung des Feindes aufbreche ; daß es meine Absicht ist, daß der Herzog den Kreml beziehe und daselbst folgende Truppen unterbringe : istens die Division Laborde.

2tens die Brigade des Generals Carriere , bestehend aus 4 Bataillone abgeseffener Reiterey , zusammen etwa 4000 Mann stark. 3tens zwey Sapeurs- Compagnien. 4tens eine Artillerie-Compagnie. 5tens die Artillerie der Division Laborde. 6tens eine Brigade von 500 Reitern. Mit diesem Corps und mit Hülfe der geeigneten Klugheits-Maaßregeln wird der Herzog von Treviso die Stadt bewachen können. Der Intendant wird einen Ordonnateur , mehrere Kriegs-Commißåre und sonstige VerpflegsBeamte ; der General des

Genie-Corps einen Staabs-

offizier desselben ; der Artillerie- General gleichfalls einen Staabsoffizier und mehrere Offiziere seines Corps zurück, lassen.

Der Herzog von Tarent wird mit der größten

Thätigkeit an der Ausrüstung des Kremls arbeiten , und 5

66 das vorhandene Geschütz auffahren lassen ;

er wird die

Erbauung einer kleinen Batterie zum überbankfeuern ans ordnen und diese mit seinem Feldgeschütz besetzen , um von hier aus die steinerne Brücke zu bestreichen. In dem Kloster des Fürsten von Eckmühl wird er einen starken Posten aufstellen ,

weil dieser Punkt ,

der eine

Brücke über die Moskwa beherrscht , von Wichtigkeit ist. Alle hier befindlichen Kranke werden in das Findelhaus gebracht ;

es werden deren 3 bis 400 seyn , sie müſſen

daher stark bewacht werden.

Das Branutwein-Magazin

in der Nähe der steinernen Brücke muß zleichfalls durch eine starke Abtheilung bewacht werden.

Alle Magazine,

welche zu weit entfernt find , wird der Herzog von Tres viso in den Kreml schaffen lassen.

Die hier befindlichen

Generale , Staabsoffiziere, und höhern Verpflegs-Beamte werden in dem Kreml wohnen.

Der Plah-Commandant

und der Intendant können in dem Gouvernements-Gebäude und in der seitherigen Wohnung des Herzogs von Treviso beym Kreml bleiben.

Der Herzog von Treviso

wird , wenn er es für nöthig erachtet , Marschalls Ney besehen lassen.

das Kloster des

Auch wird es nöthig

feyn, das Gefängniß besetzen zu lassen, welches der Vices König auf der Straße nach Petersburg verschanzen ließ. Alles übrige mag er nach eigener Einsicht anordnen , ins dem er sich vorzugsweise in der Nähe des Kremls zu behaupten suchen wird.

Morgen , wenn die Armee ab-

marschirt ist , wird er durch die Obrigkeit eine Proklamation verfassen lassen, in welcher die Einwohner benachrichtigt werden ,

daß das Gerücht der Räumung Moskaus

falsch sey , daß die Armee sich nach Kaluga , Tula , Briansk bewege, um sich dieser wichtigen Punkte , und der

67

こ daselbst befindlichen Waffen-Fabriken zu bemächtigen ; ends lich sollen die Einwohner zur Handhabung der Polizey und zur Verhütung des gänzlichen Untergangs Moskaus aufgefordert werden.

Der Herzog wird mit dem morgene

den Tag die Arbeiten im Kreml anfangen laſſen ;

und

sie mit größter Thätigkeit betreiben. Er wird starke Pas trouillen in die Stadt , und hauptsächlich nach den Thoz ren von Mojaisk und Kaluga senden, um alle von Mo jaisk nach Moskau unterwegs befindlichen Zufuhren und Marsch-Regimenter an sich zu ziehen.

Die Division Ro-

guet wird den morgenden Tag noch hier bleiben ; sie wird morgen Abend abmarſchiren und den Schaß, so wie auch das Hauptquartier des Intendanten geleiten.

Der Herz

zog von Treviso wird in der Stadt strenge Polizey halten ; er wird jeden rußischen Soldaten , der auf der Straße angetroffen wird , erschießen lassen , und den im Spital befindlichen Rußen Befehl ertheilen , dasselbe nicht zu vers lassen.

Allenthalben werden kleine Posten aufgestellt wer-

den, um gegen die Ueberfälle der Bauern und Kosacken gedeckt zu seyn.

Endlich wird der Herzog von Treviso

so viele Lebensmittel als möglich zuſammenbringen ; er wird möglichst viel Zwiback verfertigen ;

er wird wes

nigstens auf einen Monat, Mehl, Kartoffeln , Sauer kraut , Wein , Branntwein in Magazine bringen laſſen. Dieser Vorrath muß für dringende Fälle aufbewahrt were den , der Herzog muß daher auf allen Mühlen mahlen laſſen, um damit seinen täglichen Verbrauch zu bestreiten. Geben Sie dem Herzog von Treviso eine Ziffer-Schrift, damit man frey und sicher mit ihm korrespondiren könne.

Unterzeichnet Napoleon,

5

Noten des Uebersekers zum zweyten Buch.

(5. )

Seite 196.

,, Napoleon mußte daher, ,,die

und dieß war

einstimmige Meynung im Heere,

zu ,,Smolensk Halt machen , die Eroberung der „ rußisch - polnischen

Provinzen beendigen ,

und sich mit ihrer Organisation beschäf ,, tigen." Auch hier ist der Verfasser Rogniat gefolgt , der noch überdieß obigem Vorwurf die Worte beyfügt : ,,er „håtte bey Smolensk stehen bleiben sollen, statt tiefer in „ein Land einzudringen, deſſen sämmtliche Einwohner an ,,dem Kriege Theil nahmen ; die klügsten seiner Generale stellten ihm dieß vor."

Hierüber äußert sich Napoleon

folgendermaßen : „ Es beweist, daß man Rußland ſchlecht kennt, wenn man behauptet , die Einwohner dieses Landes nehmen Theil an dem Kriege; die Bauern find Sclaven ; die Herrn fürchteten ihre Empörung , und führten sie daher in das Innere des Landes auf ihre Güter, wie man etwa Pferde oder eine Viehheerde abführt. Die Leibeigenen waren für die Franzosen sehr günstig gestimmt , weil sie die Freyheit von denselben erwarteten. Die Bürger , oder freigelassenen Leibeigenen ,

welche die

kleinern Städte bewohnen, waren sehr geneigt , sich an

69 die Spitze des Aufstandes gegen den Adel zu stellen ; aus diesem Grunde beschlossen die Rußen , alle auf der Straße der Armee gelegenen Städte in Brand zu stecken , wodurch für das Land, abgesehen von der Verbrennung Moskaus ein unermeßlicher Schaden entstand.

Auch die Dörs

fer wurden trotz des Widerstandes der Einwohner durch die Kosacken verbrannt , welche von jeher den Moskowie tern feindlich gesinnt sind, und ihnen mit großem Vergnůgen Schaden zufügten. Es ist nicht nöthig anzuführen , daß die Generale der Armee dem Kaifer keine Vorstellungen machten.

Diese

Behauptung ist so abgeschmackt, daß sie keine ernsthafte Widerlegung verdient ; sie gleicht einem Pasquill."

Diese

Lettere Stelle widerlegt auch die Seite 201 ausgesprochene Angabe des Verfassers : „ Napoleon hielt einen Kriegsrath, in welchem man untersuchte, ,,ob man in Smolensk Halt machen und die ,, Eroberung der polnischen Provinzen been „ digen , oder die Verfolgung des rußischen „ Heeres fortsehen sollte.“

(6.)

Seite 205.

" Es scheint unglaublich , daß ein Feld „ herr von den größten militärischen Talen,, ten im Widerspruch mit den ersten Regeln ,,der

Kunst

einen

allgemein

getadelten

„Entschluß faßte." Ueber diesen mit allzugroßer Zuversicht ausgesprochenen Vorwurf, der gleichfalls von Rogniat zuerst e macht worden, und seitdem in mehr als 10 militärische und historische Werke übergegangen ist, fast Napoleon folgendes :

70

--

,,Der Marsch von Smolensk nach Moskau war auf die Voraussetzung gegründet , daß der Feind, um seine Hauptſtadt zu retten, eine Schlacht liefern, geschlagen, Moskau genommen werden und Alexander ,

zur Rettung dieser

Hauptstadt oder zur Befreyung derselben , Frieden ſchlies Ben würde ;

daß man im entgegengesetzten Fall in dem

unermeßlichen Material dieſer großen Stadt , unter den 40000 Bürgern und Handelsleuten einen National-Stamm zum Aufstand aller Leibeigenen Rußlands bilden und dies fem Reich dadurch einen furchtbaren Stoß beybringen. könnte.

Denn wahrlich ,

es wäre vernünftiger gewesen ,

Frieden zu schließen , als die Barbaren der Verbrennung Moskaus zu begehen.“ (7.)

Seite 209.

,,Kutusow, ein Ruße von Geburt, ftam me te aus einer adelichen Familie."

Nähere Nach-

richten über diesen Feldherrn theilt Liebenstein in seinem trefflichen Werke mit. Michaila Larionowitsch Golenitschew Kutusow war aus einer alten adelichen Familie entsproßen.

Im Jahr

1745 geboren, trat er im Jahr . 1759 in den Kriegsdienst feines Vaterlandes und wurde 1761 Offizier. Ohne der besondern Gunst eines Mächtigen sich zu erfreuen , stieg er langsam von Stufe zu Stufe empor.

In dem polnis

schen Kriege von 1764 bie 1769 und in dem darauf folgenden Türkenkriege diente er mit Auszeichnung , im leztern

unter Romanzows

Ober-Befehl.

Katharinens

zweyter Türkenkrieg bot ihm neue Gelegenheit, sich Vere dienste zu erwerben , brachte ihm aber auch eine schwere Wunde.

Eine Flintenkugel drang ihm bey der Belage

rung von Oczakow an Schlaf in das Haupt und bahnte

71 sich den Ausweg über dem rechten Auge , ohne daß sie ihm außer der verminderten Brauchbarkeit des Auges und der Verunstaltung des Gesichtes bleibenden Schaden zugefügt hätte.

Von dieser Zeit an war er mehr in der

diplomatischen Laufbahn , als im Felde thätig , wodurch er erwünschte Gelegenheit fand , an der Fortbildung seiz nes Geistes zu arbeiten , die ihm von Jugend auf sehr Als im Jahr 1805 Alexander zum er angelegen war. steumal zu den Waffen griff, um den Ehrgeiß Napoles ons zu bekämpfen ,

ward dem sechzigjährigen Kutuſow

eine wichtige Bestimmung zu Theil.

Als General der

Infanterie führte er das erste rußische Heer an , das den Oestreichern zu Hülfe zog.

Nach den unglückseligen Ers

eignißen bey Ulm zu Braunau angelangt , mußte er seine Thätigkeit mit dem Rückzuge vom Jun nach Mähren beginnen , den er vor einem überlegenen kühnen Feinde mit Ordnung ohne nahmhaften Verlust bewirkte. Die Schlacht von Austerlitz aber , worin er den Ober-Befehl führte , konnte keine günstige Meynung von seinen kriegerischen Talenten erwecken ,

und wenn ihm auch der

höchst

nicht

unglückliche Ausgang

allein zugeschrieben

werden konnte , so raubte sie ihm doch auf lange das Vertrauen seines Monarchen.

Denn in den Feldzügen

von 1806 und 1807 erschien er nirgends auf dem Kampfplak.

Erst nach dem Tode des jüngern Kamenski im

Jahr 1811 wurde Kutuſow in einem Alter von 66 Jahren wieder an die Spitze des Heers an der Donau gestellt.

Wiewohl das rußische Heer durch beträchtliche Ab-

fendungen nach Polen schon sehr geschwächt und kaum mehr 40000 Mann stark war , so errang er hier gegen die weit überlegene , türkische Macht doch Siege,

die er

72 eben so sehr seiner List , als seiner Tapferkeit verdankte. Seine tiefe Verschlagenheit war es auch hauptsächlich , die ihm ein Jahr später auf einem weit größern Schauplaße jene glänzenden Erfolge bereitete , welche den legten Abend seines Lebens verherrlicht haben." (8.)

Seite 249.

,,In Petersburg wechselten Geschüßfal,,ven und Beleuchtungen mit Ledeums und ,, Gnaden, Verleihungen

wegen

des

neuen

,,Siegs."

Es war in diesem Feldzug angenommener Gebrauch der rußischen Heerführer sich nach jedem bedeutenden Kampfe, der Ausgang mochte seyn wie er wollte, den Sieg zuzuschreiben ,

und auch die Schlacht an der Moskwa

verkündete Kutusow als einen glänzenden Sieg.

Allein,

was bey den Völkern des westlichen Europas unglaublich scheinen dürfte , selbst dem Kaiser Alexander wagte Kutusow, die verlorene Schlacht als eine gewonnene darzustel len.

An dem Geburtsfeste des Kaisers kam die lang er-

wartete Sieges-Botschaft an ; allein nur allzubald wurden die Rußen durch die Kunde von dem furchtbaren Geschick Moskaus enttäuscht. (9.)

Seite 256.

" Rostopschins Proklamationen und stren " ge Maasregeln hatten übrigens Moskaus ,, Bewohner weber

gänzlich

getäuscht noch

,,beruhigt." Ju

einer dieser originellen

Proklamationen sagte

Roftopschin folgendes : ,,Es giebt hier Gerüchte, und es giebt Leute , wels

73 ,,che daran glauben und es ausbreiten , daß ich verboten ,, habe, aus der Stadt zu fahren. Wenn dem so wåre , so würden an den Stadtthoren Wachen stehen , und es ,,würden nicht mehr tausend Kutschen und Kibitken nach ,,allen Seiten ausgefahren seyn .

Ich freue mich, daß die

,,adeligen Damen und die Kaufmannsfrauen ihrer Ruhe ,,wegen aus der Stadt wegfahren ; es giebt weniger Furcht ,,und weniger Neuigkeiten.

Aber die Männer,

Brüder

,,und andere Verwandten sind nicht zu loben, welche als ,,Begleiter mit den Frauen hinausgefahren sind , „ nicht wiederkommen.

und

Wenn hier Gefahr iſt , ſo iſts

,,feige , und wenn keine ist , so machts ihnen vollends „ Schande.

Ich bůrge mit meinem Leben dafür, daß der

große Bdsewicht nicht nach Moskau kommt, und „hört warum ? Bey unserm Heer sind 150000 Mann ,,schöner Truppen, 1800 Kanonen, und der durchlauchtigste „Fürst Kutusow , vom Kaiser erwählter Heerführer der „ rußischen Macht, ist bey ihnen. Im Rücken des Fein,,des sind die Generale Tormassow und Tschitschagof mit ,,85000 Mann prächtiger Truppen.

General Milorado-

,,witsch ist aus Kaluga mit 36000 Mann zu Fuß und ,,3800 Mann Reiterey nebst 84 Kanonen zu Pferd und

zu Fuß zu Mojaisk angekommen.

Graf Markoff wird

,,in drey Tagen mit 24000 Mann von unserer Kriegs„ macht ankommen , und die übrigen 7000 Mann folgen „ noch nach.

In Moskau, in Klin, in Sowendow, in Po-

,,dolsk stehen 14000 Mann Fußvolk.

Und ist dieß zur

,,Vernichtung des Ruchlosen noch zu wenig, so werde ich ,,es euch schon sagen. Nun, alsdann marschirt die Mos,,kowitische Legion , und wir rücken mit 100000 Mann handfester Bursche aus , nehmen das Iwerische Bild der

74

-

Mutter Gottes und 150 Kanonen mit, und machen alle zuſammen dem Ding ein Ende.

Der Feind hat an ei-

„ genen Leuten und an zuſammengerafftem Gesindel 150000 „Mann , nåhrt ſich von gebrühtem Roggen und Pferdefleisch. Seht das ists , was ich denke und euch hiemit ,,anzeige, damit die Einen sich freuen , die Andern sich „ beruhigen können , hauptsächlich da der Kaiser selbst in ,,diesen Tagen in seiner getreuen Hauptstadt eintreffen ,,wird. Leset dieses , es ist Alles zu begreifen , aber rai„ſonnirt nicht.“

In einem zweyten Aufruf an das Volk sagte er etwą um dieselbe Zeit : „Wenn gehandelt werden soll , „seyn ; soll gekämpft werden ,

werde ich bey euch

bin ich an eurer Spike ;

,,gibt es Ruhe, bin ich der Leßte. Fürchtet nichts ; es hat ,,ein Gewölk sich erhoben, unser Hauch zerstreut es ; und ,,heller wird der Horizont, wird blau wie vorher.

Hütet

,,,euch aber vor Narren und Trunkenen ; fie irren umher, „ laſſen die Ohren hången, und sagen euch leise , was sie ,,ausgebreitet haben wollen.

Einer läßt sichs beyfallen,

„ Napoleon mein' es gut, und er will euch nur schinden. „ Alles verspricht, nichts hält er. „er Marschallsståbe ,

Den Soldaten verspricht

den Bettlern goldene Berge , dem

,,Volke Freyheit ; alle aber führt er bey den Ohren her,,um und steckt sie in einen Schraubstock ; sie werden ,,umgebracht, sey es hier oder dort. Darum bitte ich euch, "wenn der Unsrigen oder der Fremden einer sichs beyfal,,len läßt, ihn zu loben ,

oder was es auch sey zu ver-

„sprechen , so nehmt ihn beym Kragen und führt ihn „auf die Polizey ; dem , der ihn ergriffen , wird Ehre, „ Preis und Belohnung. Was den Ergriffenen betrifft, so

75 „will ich ihn schon zustußen, und håtte er eine Stirne „fünf Palmen hoch. Dazu habe ich die Gewalt, denn der „Monarch hat mir den Befehl zu ertheilen geruht, für ,,die gute Stadt Moskau zu wachen.

Und wer soll Sor-

ge für die Mutter tragen, wenn nicht die Kinder ? Ich „schwöre, der Monarch traut euch so viel wie dem Kremle, ,,und für euch will ich selber schwören.

Also straft mich

„nicht Lügen. Was mich betrifft, ich bin ein Edelmann, ,,ein treuer Diener des rußischen Reichs , und ein rechts „glaubiger Chriſt. In einer andern , worin er die nahe Schlacht von Mojaisk ankündigte ,

sagte er : ,,während unsere Sols

" daten welche Rußen sind ,

für die Vertheidigung der

,,Kirche Gottes, ihrer Häuser, ihrer Weiber, ihrer Kinder „und der heiligen Orte, wo ihre Voråltern ruhen , ſtrei,,ten, schlagen unsre Feinde sich nur für Raub und Speise : fie sterben als Straßenråuber.

Solche fürchtet nicht,

,,und wåren ihre Stirnen fünf Finger breiter und ihre Leiber fünf Köpfe höher.

Eine gewonnene Schlacht .

,,wird sie alle zerstreuen , und dann erinnert euch ,,wie man sie nannte (a) ! Nach der verlorenen Schlacht an der Moskwa ers ließ er am 11ten Sept.

folgende Proklamation an das

Volk von Moskau.

I Brüder, unsere ungeheure Armee wird das Vaters. ,,land mit Gefahr ihres Lebens vertheidigen.

Laßt uns

,,den treulosen Feind hindern, nach Moskau zu kommen. Die Unsrigen nicht mit allen Kräften zu unterstützen, ,,wäre ein Verbrechen.

Moskau ist unsere Mutter ; fie

(a) Ein unübersehbarer rußischer Ausdruck der Verachtung.

76

von ihr habt ihr eure Reichthümer.

,,hat euch genährt ;

Ich rufe euch im Namen der Mutter des Heilands zur ,,Vertheidigung der Tempel des Herrn, der Stadt Mos,,kau und ganz Rußlands auf. Bewaffnet euch , wie ihr. ,,kdunt , Reiter und Fußvolk ; nehmt Brod für drey Tage ,,zu euch , sammelt euch unter dem Panier des Kreuzes, begebt euch so schnell als möglich auf die drey Berge. Ich werde bey euch seyn , und wir werden den

,,und

,,Treulofen vertilgen. Nuhm und Preiß denjenigen , die ,,beym Kampfe seyn werden ! das dankbare Vaterland ,,wird das Andenken seiner für es gefallenen Söhne bes ,,wahren. Diejenigen die bösen Willen zeigen , werden ,,am jüngsten Tag ihre Strafe empfangen." (10) Seite 258. ,,Kutusow hielt am Morgen des 13ten ,,mit seinen Generalen

einen Kriegsrath. “

Anfangs waren die Stimmen getheilt ,

allein mehrere

Generale und unter dieſen hauptsächlich Ostermann widersetzten sich mit Nachdruck der Meynung ,

eine zweyte

Schlacht zu wagen. Der Oberfeldherr, welcher sich gleichfalls für Ostermanns Ansicht

entschied ,

hatte

diesen

Kriegsrath nur der Form wegen halten lassen, indem er långst darüber im Reinen war ,

was er thun wollte.

(11.) Seite 277. Nachdem das Feuer ausgewüthet hat,,te."

Am 21ten September waren von 4000 steinernen

Gebäuden noch 200, von 8000 aus Holz erbauten Hău-· fern noch 500 übrig.

Das englische Parlament bewilligte

den Abgebrannten eine Unterſtüßung von 200000 Pfund Sterling, die denselben jedoch nicht zugekommen sind.

77 (12.) Seite 297. ,,Weil er mit seiner rückwärts befindlis " ,chen Munition keine andere Verbindung, „als auf der Straße von Smolensk hatte." „Dagegen sagt Napoleon : Nicht ein Kranker, nicht ein Kurier, nicht eine Zufuhr wurde während dieses Feldzugs von Maynz bis Moskau aufgehoben. erhielt man Nachrichten aus Frankreich ;

Jeden Tag kein Tag vers

gieng, an welchem zu Paris nicht Briefe von der Armee ankamen. 1 In der Schlacht bey Smolensk fielen mehr als 60000 , in der Schlacht an der Moskwa mehr als noch einmal so viele Canonenschüße ; auch in den kleinen Gefechten war der Munitions-Aufwand bedeutend ; demungeachtet

führte

jedes

Geschüß

bey dem

von Moskau 350 Schuß mit ſich.

Abmarsch

Man hatte solchen

Ueberfluß an Muniton und Wågen, daß in dem Kreml 500 verbrannt Pulver

und

wurden ;

auch mehrere 100000 Pfund

60000 Gewehre wurden

vernichtet.

Nie

fehlte es an Munition ; dieß gereicht den Generalen Lariboiffiere und Eble , welche die Artillerie commandirten, zum größten Lob.

Nie haben die Offizier dieses Corps

mit mehr Auszeichnung gedient, und größere Geſchicklich1 keit an den Tag gelegt, als in dieſem Feldzug.´ (13.) Seite 324. Insbesondere sind diese Instruktionen ,,wegen der Unwissenheit ihres Verfassers, so wohl was die Entfernungen und Mårsche, ,,als auch die Stellung und Stärke der rußischen und

französischen Corps

Zeit anbetrifft , merkwürdig.“

um diesel.

78

-

Der begangenen Fehler in diesem Feldzug waren von Seiten der Rußen sehr viele. Das Ministerium zu St. Petersburg, der Ober-General in der Nähe von Moskau ertheilten zu gleicher Zeit ihre Befehle. Sie erließen umständliche Juſtruktionen an Corps , welche 250 Stunden weit von ihnen entfernt waren.

Der Ober-General machte die Wahrheit

und die Bewegungen der Haupt-Armee nicht einmal dem Kaiser, noch viel weniger den unter seinen Befehlen stes henden Generalen der Armee-Corps bekannt.

Smolensk,

Walutina, Borodino , später Malojaroslaweh waren nach seinen Berichten eben so viele Siege.

Der Brand von

Moskau ward mit Stillschweigen übergangen , feinen

vertraulichen

Schreiben

den Franzosen

oder in zuge

schrieben. Die in dem Rücken und in den Flanken der Franzosen stehenden rußischen Generale,

handelten ohne alle

Einigkeit. Der General Hertel, früher erster Chef der Pos lizey von Petersburg , spåter in gleicher Eigenschaft zu Wilna angestellt, weigerte sich, unter dem Admiral Tſchitschagow zu dienen ;

der Graf Wittgenstein ließ seine In-

ſtruktionen unbeachtet , welchen zu folge er sich mit dem Corps des Admirals vereinigen sollte , dessen Befehlen zu stehen.

um nicht unter

Selbst Tormaſſow, als er zur

großen Armee abgieng, um den Fürsten Bagration zu ere setzen, übergab sein Corps nicht dem Admiral , sondern dem General Markow.

(14.)

II. Band. Seite 24.

Ihr Benehmen war gemein , ihr Come mando rauh und oft grob."

Was der Verf. in

79 dieser 6ten Note sagt, ist unrichtig ; Es ließe sich schwerlich zur Berichtigung dieser Stelle etwas Gediegeners ' bey, bringen, als der Rezensent dieses Werks in Nro. 93 der Hekate vom Jahr 1823 ſagt :

„ Es hat wohl nicht leicht ein Heer gegeben, in welchem Sitte, Wissenschaft und Bravour so allgemein verbreitet waren,

als in dem Napoleon'schen ; das

geborne Genie stand dort mit dem wissenschaftlich gebile deten in einer unnachahmlichen Harmonie beysammen . · Dieß Heer ist in seiner Glanzperiode von allen Armeen Europa's als Muster anerkannt worden ; allenthalben har man ihm nachgeahmt ; nirgends ist es erreicht. darf nur eines Blicks auf das ,

Es bes

was seit Napoleons

Eingreifen aus den südteutschen Truppen, aus den Polen, Stalienern und Holländern geworden ist, um die Wahrheit des Gesagten anzuerkennen.

Darum sollte kein Sols

dat, welches Volks er auch sey , den großen Meister so kritisiren wollen (a).

Mag er, wie einst Preußens Frie-

derich es war, das Idol des Kriegers seyn und bleiben, bis in der Zeiten Fülle ein Größerer erscheint. “

(a) hatte es doch dem Jenaer Rez. in Nro. 24. vom Febr. 1824 gefallen mögen, diesen Wunsch zu würdigen !

Drittes

Buch.

Inhalt. Kurze Wiederholung der in dem ersten und zweyten Buch erzählten Begebenheiten. Napoleon marschirt auf der alten Straße nach Kaluza dem Fürsten Kutusow entgegen. Zustand und Stärke des französischen Heers. Ausserordentliches Schauspiel, das der Anblick desselben beym Aufbruch von Moskau gewährt. Napoleon verläßt die alte Straße nach Kaluga , wendet sich auf einem Seitenweg nach der neuen und dirigirt sich auf Kaluga. Mortier räumt Moskau den 23ften October, nachdem er die Mauern des Kremis gesprengt , und einen Theil der Gebäude desselben in Brand gesteckt hat. Kutusow kommt Napoleon auf der neuen Straße nach Moskau zuvor. Treffen bey Malojaroslaweh am 24. Oct. Kutusom zieht sich zurück. Napoleon hålt Kriegsrath. Seine Unentschlossenheit. Stellung der beyden Heere. Napoleon entschließt sich am 26. Morgens um 9 Uhr, seinen Rückzug über Mojaisk und Wiazma nach Smolensk anzutreten . Betrachtungen über die Operationen seit dem Abmarsch von Moskau. Nähere Umstände über den Marsch der Armee von Malojaroslawch nach Wiazma. Kutufow dirigirt Miloradowig mit zwey Infanterie- Corps nach Wiazma und folgt mit dem Reste seines Heers auf Seitenwegen, die mit der Straße parellel laufen, auf welcher sich Napoleon zurückzieht. Wider- / wärtigkeiten, mit welchen das Heer zu kämpfen hat , febald es über Mojaisk hinausgerückt ist. Gefecht bey Wiazma am 3ten November. Das französische Heer seßt seinen Rückzug fort. Die Kälte nimmt zu . Es fällt der erste Schnee. Darstellung des jammervollen Zustandes, in welchem sich das Heer befindet.

81

Es 18st sich auf, und erleidet unermeßlichen Verlust. Napoleon fendet Eugen auf Dukhowszina und feßt seinen Rückzug nach Smolensk ført. Am gten November trifft er mit ſeiner Garde in dieser Stadt ein und macht Halt dafelbft, um die rückwärts befindlichen Corps abzuwarten. Treffen am Wop den gten No= sember. Kutusow rückt nach Jelnia und dirigirt sich auf Krass noi. Betrachtungen über die Operationen feit dem Gefecht bey Malojaroslaweh. Fortgeseßte Darstellung der Operationen der' entsendeten Armee- Corps. Napoleon seßt seinen Rückzug über Krasnoi nach Minsk fort. Stärke der französischen Armee bey Misliche Lage Napoleons. ihrem Abmarsch von Smolensk. Gefechte zwischen Koritnià und Krasnoi am 15ten, 16ten und 17ten November. Napoleon ift gendthigt , seinen Rückzug vr Neys Ankunft anzutreten. Zu Dubrowna erhält er die Nachricht von der Einnahme von Minsk durch Tschitschagof, und geråth in eine noch schwierigere Lage, als die eben verlassene war. Befehle an die Marschälle Victor und Oudinot in Folge dieses Ereignißes. Napoleon hált zwischen Dubrowna und Ors. ja eine Rede an die Infanterie der alten Garde. Er kommt den 19ten in Orsza an. Auf die strenge Kälte folgt Thauwets ter. Gefecht bey Katowa den 18ten November. Neys Rückzug auf dem rechten Dnieper-Ufer. Er schließt sich in Orsza wieder an das Heer an.

Jn dem ersten Buch dieses Werks sahen wir , wie Napoleon

die rußischen Heere

mit

reiffender Schnel-

ligkeit auf allea Punkten zum Rückzug zwang , und ſeine fiegreichen Heere bis an den Dnieper und die Dwina dirigirte. Das zweyte Buch handelte von gleich denkwürdigen Ereignißen ; wir sahen eine Invasion auf moskowitischem Boden, zwar gegen die Regeln der Kunst , aber begünstigt durch die unzweckmäßigen Anstalten des rußischen Gene 6

82 rals ; den blutigen Tag an der Moskwa ;

die unerhörte

Aufopferung dieser Hauptstadt zum Heil des Vaterlandes; wir sahen ferner die Heere aus der Moldau und aus Finnland , über welche in Folge des mit der Türkey geschlossenen Friedens und

des Bundes mit Schweden

verfügt werden konnte, in Wolhynien und an der Dwing ankommen , und dort die Angelegenheiten der Rußen wies der herstellen ; Napoleon endlich von der Offensive zur Defensive übergehen ,

und in Folge einer unerklärbaren

Verblendung vier und dreyßig Tage in Moskau bleiben. Wir haben gesehen , daß das französische Heer diese Hauptstadt am Nachmittag des 18ten Octobers verlassen und ein Lager auf der alten Straße nach Kaluga bezos gen hatte.

Der Rest des Tages und ein Theil der Nacht

wurden zu dieser Bewegung verwendet.

Am 19ten sette

fich das ganze Heer mit Tages-Anbruch in der Richtung nach Kaluga in Marsch ; es zählte , wenn man das uns ter Murats Befehlen stehende Corps und das unter Jus not dazu rechnet , gegen 104000 Kombattanten. (u) Das Fußvolk war schön , fühlte seine Ueberlegenheit, hatte sich von seinen Strapazen wieder erhohlt, und be stand beynahe ganz aus erprobten Soldaten ; die Artil lerie hätte daffelbe Lob verdient , wäre sie nicht sehr schlecht bespannt gewesen. ten ;

Die Reiterey hatte am meisten gelits

die Reste derselben befanden sich in schlechtem Zu-

stand , mit Ausnahme der Reiterey der Garde, welche noch etwa 4600 Mann stark war.

Napoleons Hoffnun

(a) Ich habe die Stärke des französischen Heers nach folgender Uebersicht angegeben , die ich aus den Ausweißen vom 18ten October zusammentrug.

Armee3tes Corps 95.97 Armee4tes Eorps 23963 Armees 5tes Corps 4844 Armees 8tes Corps 1916 .,te u 3ate 4te Brigade abgesessener Keiterey 4000 Reserve -ReiC - orps ter Susamentrag 89640

27449

Kaiserl.Garde 19871

-Corps .Armee

239

1130

157

49 34

67 569

868

775

5000 15314

2070

450

92

1661

186

633

275

71

144

121

901

1500

4609

Zahl der der Zahl MunitionsGeschüße und Requisitender und und Wagen Regiments der . Artillerie Feld.] Schmieden

Winkowo . von

. October 16. vom

. October 21. vom

. 10. October vom

. October 10. vom

weise angegeben .

Bemerkun gen .

rie.

Armee ftes Corps

der

PPrafente Offi- räfente Offi ,Uziere nternterziere Bezeichnung Liniender und offiziere der Soldaten ,die Reiteren Infanterie Artillerie mitgerechnet m.I itgerechnet gen beruhten daher einzig und allein auf seiner Infantes. In seiner mislichen Lage hätte er sein Heer mobis

Näherungsweise Treffen dem nach Angabe

. angeben näherungsweise ist Zahl Diese

Standes A usweiß des -Der Corps 8ten if

A - usweiß Standes Der Corps 5ten des ift

A - usweiß Standes Der 4ten des ist Corps

A -des Standes Der 3ten iftusweiß Corps

A -vom Standes Der usweiß ist .derGarde 15 M .und Octbr an die LWeichsel -hat egion Veliten das -Bataillon Turin von Inzur portugiesischen die ,und Garde der fanterie . gerechnet Garde der Reiteren zur Jager A - usweiß Standes Der 2ten der 4ten und der .; Septbr 20. vom ist Division des Stärke die .; Octbr 10. vom Corps übrigen Reiterey leichten der näherungsnur wurde

83

-

84

--

ler zu machen suchen sollen, damit er seine Märsche ra scher zurücklegen konnte ; allein es befand sich gerade in der entgegengesezten Lage , und vermochte nur , sich mit åußerster Langſamkeit zu bewegen ; ich komme wieder auf die ungeheure Menge von Wågen, welche seinen Marsch verzögerten.

Ihre Zahl, deren Verminderung so nöthig ge-

wesen wäre , hatte sich noch vermehrt ; insbesondere bemerkte man eine große Menge von Luruswagen (a).

Man sieht, daß die Stärke der Reserve-Reiter- Corps und der Brigaden abgesessener Reiterey am 18ten October nåherungsweise angegeben sind. Die Standes-Ausweise der kaiferlichen Garde , des 5ten und 8ten Corps können als genau betrachtet werden. Die des erßen , 3ten und 4ten Armee-Corps , welche vom 1oten Oktober sind , werden nur wenig von den Standes-Ausweisen des 18ten Octobers unterschieden seyn . Die Reiterey dieser 3 Corps, von welcher ein Theil in dem Treffen bey Winkowo gefochten hatte, mag sich etwa um 1000 Mann vermindert haben ; mithin war. die Zahl der Kombattanten des französischen Heeres bey seinem Aufbruch von Moskau folgende : 89640 Infanterie • 14314 Reiterey 103954 Mann. Zusammen . Um die Gesammtzahl des französischen Heers zu erhal-. ten , muß man die Truppen der Gendarmerie , des großen Hauptquartiers , der großen Artillerie- und Genie- Parks , der militärischen Equipagen , der Ambulancen 2c. ¿c. dazır rechnen , welche ich etwa auf 12000 Mann schåge, 115954 Mann. Wollte man die Menschenzahl des von Moskau ab= marschirten Heeres wissen , so müßte man Napoleons Ge-folge, die Adjutanten, die Administrations-Beamte, Marketender, Bediente, Bäcker 2c. 2c. hinzufügen. (a) Mehrere Generale, welche sich seither mit einem Wagen

85 Die Marketender führten statt Lebensmittel , Gegenstånde der Plünderung mit sich ; überhaupt

diese lettere hatten sich

allenthalben eingeschlichen ,

auf den mit Le-

bensmitteln beladenen Wågen , auf den Privat-Equipagen und sogar auf denen der Artillerie und auf den Ambulancen.

Der Reiter belud sein Pferd damit ; der Infans

terist brach , ein Opfer seines Geißes , wicht seines Tornisters zusammen . der der Trophäen und

unter dem Ge-

Zwey neue Trains,

der des Schates ( 1 ) folgten

dem Heer ; obgleich endlich Napoleon ankündigte , er Moskau nur für den Augenblick verlasse ,

daß .

war seine

Lage doch so allgemein bekannt , daß es ihm nicht ges lang, irgend jemand zu täuschen.

Viele Kranke und

Verwundete hatten , statt in ihren Spitälern zu bleiben , dieselben verlassen, um sich an ihre Regimenter anzuschliessen;

auch der größte Theil der in Moskau gebliebenen

fremden Kaufleute, welche unter dem Schuße der Franzosen daselbst gelebt hatten , beschlossen aus Furcht vor der Rache der Rußen , denselben zu folgen ( a) .

Man

sah daher das Fußvolk , dessen Anblick kriegerisch war, die Trümmer der Reiterey ,

die Artillerie , welche sich

langsam fortschleppte , eine ungeheure Menge von Wägen aller Art , den Schutz

jene flüchtigen Familien , welche sich unter der Armee begeben hatten ,

von Soldaten geleitete Heerden

und zahlreiche

neben einander einher-

begnügt hatten , führten nun mehrere mit sich , während von einer großen Anzahl Offiziere, welche bis icht ohne Wagen gewesen waren , jeder seinen eigenen hatte. (a) Jede dieser Familien führte mehrere Wågen mit sich, auf welchen sie das Koftbarste dessen , was sie retten konn ten, gepackt hatten.

86

ziehen, was einen außerordentlichen und fonderbaren Ans blick gewährte. An allen Brücken und Engpåßen gab es Stockungen , wodurch die Truppen ermüdet und die Artillerie vollends zu Grunde gerichtet wurden. Gewöhn lich erschien die Nachhut , che noch die Engpåße von allen Wågen paffirt waren ; man sah sich daher gezwuns gen , die jenseits zurückgebliebenen dem nachrückenden Feinde preißzugeben.

Unter diesen Umständen stellte sich

die Zukunft troß des kriegerischen Geistes der Armee, troß des Andenkens an so viele Siege unter den düsters ften Farben dar. Das Heer marschirte in folgender Ordnung : Eugen an der Vorhut , hierauf Ney , die Garde , Davoust , die Division Roguet ( a) und die Division Morand ,

welche

zu Davousts Corps gehörte und nebst der Brigade Colbert die Nachhut bildete.

Napoleon verließ Moskau am

19ten Morgens , und nahm sein Hauptquartier zu Troitéfoe; alle Corpe setzten ihre Bewegung fort.

Die Vorhut

lagerte zu Batukinka. Am folgenden Tag schrieb Napoleon an Mortier; er befahl ihm , sich zur Räumung von Moskau am 23ten Nachts bereit zu halten, sich über Kubinskoe auf Wercia zu dirigiren und einen Theil der Gebäude und Mauern des Kremls zu minigen , um sie im Augenblick seines Abmarsches in die Luft zu sprengen. Wenn man die Pachra bey Gorki überschritten hat, führt die Straße einen steilen Hügel hinauf, auf deſſen Spite links von der Straße das schöne Schloß Kras (*) Die Division Roguet hatte den Auftrag, die Fahrzeuge des großen Hauptquartiers , den Train des Schazes und den der Trophäen zu geleiten .

87 noe-Pachra liegt ; von hier führt ein Seitenweg auf die neue Straße von Moskau nach Kaluga.

Eugen kam

Nachmittags an diesem Wege an und schlug ihn ein, um sich nach Fominskoe zu begeben, wo, wie man sich erinnern wird , Broussier mit seiner Division und der leichten Reiteren des 4ten Corps Stellung genommen hatte.

An demselben Tag bewerkstelligte Ney seine Ver-

einigung mit Murat , der hinter der Motscha stehen geblicben war,

und Poniatowski bewegte sich rückwärts ,

um dem Corps unter Eugen zu folgen.

Am 21sten October verlegte Napoleon sein Hauptquartier nach Pleskowo.

Die Garde, Davoust und Ro-

guet schlugen den Seitenweg ein.

Die Divisionen Frie-

derichs und Dufour schloßen sich an Davoust an.

Nur

Murats Reiterey , Neys Corps und die Division Claparede blieben auf der alten Straße von Moskau nach Kaluga hinter der Motscha ; die Diviſion Morand und die Brigade Colbert hinter der F Desna stehen.

Eugen traf

in Fominskoe ein und nahm Stellung hinter der Nara. Am 22sten October begab sich Napoleon nach For minskoe und nahm im Gefolge Berthiers, Murats, Das vousts, eines zahlreichen Generalstaabs und eines Reiters pikets eine Rekognoszirung auf dem linken Flügel meh rere Stunden weit von Fominskoe vor , wobey er auf einige Kosacken stieß.

Eugen schob die Diviſion Brous

fier und seine leichte Reiterey bis Katowa, die Diviſion Delzons eine Stunde weiter vor ;

mit dem Rest seines

Corps nahm er vor der Nara Stellung.

Poniatowski

marschirte auf Wereia, um die Rußen aus diesem Städt, chen zu verjagen , welche es seit dem 10ten October bes fekt hatten.

Davoust und die Garde trafen in Fomins-

88 foc ein.

--

Murat verließ seine Stellung mit 3 seiner Reis

ter-Corps um denselben Weg einzuschlagen , und Morand verließ seine Stellung hinter der Desna gleichfalls , jedoch erst Abends um sich an Davqust anzuſchließen. Nur Ney blieb auf der alten Straße nach Kaluga stehen und zog die Division Claparede, das Reiter-Corps unter Latour-Maubourg , Davouets leichte Reiterey und An diesem Tag änderte sich die

die feinige an sich.

Witterung, es regnete ein wenig , wodurch die Wege sehr schlecht wurden.

Dieser Umstand ,

und eine Menge en-

ger schlecht erbauter Brücken, welche häufig brachen, vers zögerten den Marsch des Heeres ungemein. Hätte es 24 Stunden unausgesetzt geregnet , so würde man genöthigt gewesen seyn , einen großen Theil des Gepäcks und der Artillerie auf dem eingeschlagenen Seitenwege stehen zu lassen ;

dieses

Ereigniß wäre für unglücklich gehalten

worden, und doch der Wahrheit nach von günſtigen Fol- gen gewesen. Den Tag nach dem Ahmarsch des französischen Heeres von Moskau ſuchten Kosackin-Abtheilungen von Winhingerodes Corps in dieſe Hauptſtadt einzudringen, und wurden zurückgewieſen ; da ſich jedoch in der Folge Mortier begnügte, die in der Nähe des Kremls gelegenen Theile der Stadt bewachen zu lassen, drangen sie in die entfernteren ein.

Am 22ten rückte Winßingerode unüberlegter-

weise an der Spitze einer Reiter-Abtheilung

gegen den

Kreml vor , und wurde , durch einen Infanterie-Poſten abgeschnitten, gefangen (a).

(a) Winzingerode wehte , als er bereits gefangen war , mit dem Sacktuch ; man durfte annehmen , daß dieß nur ein Vorwand war , weil ein General nicht das Amt

-89 Am 33ten begann Mortier um Mitternacht, dem erhaltenen Befehl zu Folge , den Kreml zu räumen (a) ; Morgens um 2 Uhr ,

im Augenblick als die Nachhut

denselben verließ, wurde der Pallast der Czaren in Brand gesteckt , und die Minen durch Leitfeuer entzündet. Theil der Mauern ,

Ein

der Pallast der Czaren , die Kirche

des heiligen Nicolaus ,

das Zeughaus und einige austos

sende Gebäude wurden gesprengt, Die Zerstörung des Kremls nährte den Haß, welchen man dem rußischen Volke gegen die Franzosen eingeflößt hatte. Während Mortier

den Kreml verließ, brach Ney

aus seiner Stellung hinter der Motscha auf , um nach Fominskoe zu marschiren.

Diese beyden Generale bildeten

die Nachhut des Heers, Da die am verflossenen Tag vorgenommene Rekog noszirung

Napoleon über die Sicherheit seines linken

Flügels beruhigt hatte , so dirigirte er die Armee auf Kaluga.

Die Corps setzten ihren Marsch in der nämlichen

Ordnung fort : Eugen passirte Borowsk, eine kleine Stadt an der Protwa ,

und lagerte eine halbe Stunde jenseits

derselben mit drey seiner Divisionen ;

die 4te unter Del-

eines Parlamentårs in Perſon verrichtet , und selbst wenn er sich hiezu entschließt , einen Trompeter vorauszuschicken hat. Der General-Lieutenant , Graf Saint-Priest ersette Winzingerode. (a) Außer seinem Gepäcke schleppte Mortier eine Menge Wågen hinter sich her , welche dem Heere wegen des ſchnellen Abmarschs nicht gefolgt waren, und ſich nunmehr an daſſelbe anschloßen. Napoleon hatte mortier befehlen, so viele Vers wundete als möglich mitzunehmen ; 400 führte derselbe auf Wagen mit sich ; und etwa 1200 ließ er in den Spitålern von Moskau zurück.

90



sons fehte ihren Marsch auf Kaluga fort ; eine Abtheilung Kosacken vor sich. Nacht erreichte sie die Luja ;

ste fand nur

Mit Einbruch der

die Brücke über diesen

Fluß war von den Kosacken abgebrochen.

Delzons ließ

fie sogleich wieder herstellen, sendete zwey Bataillone zur Besitznahme von Malojaroslaweh ab, und bezog mit dem Rest seiner Diviſion diſſeits der Luja ein Lager. Poniatowski hatte sich den Tag zuvor Wercia's

bemächtigt ;

er setzte sich mit Mojaisk und Vorowsk in Verbindung und schickte eine Vorhut auf der Straße nach Medyn vor, welcher er den folgenden Tag folgen wollte. Nach der Tage zuvor vorgenommenen Rekognoszis rung und den verschiedenen eingegangenen

Meldungen,

Kutusow stehe noch in dem Lager bey Tarutino, zweifelte Napoleon keinen Augenblick, diesem General erreichen werde.

daß er Kaluga vor

Seine Absicht gieng das

hin, sich von Kaluga über Jelnia nach Smolensk zurückzuziehen.

Im Fall er bey dem Marsch nach Kaluga auf

Hinderniße stieß, konnte er von Malojaroslaweh auf den beyden Straßen von Medyn und Znamenskoe sich nach der Straße von Kaluga nach Smolensk wenden, wodurch er einen Marsch gewann. Am Morgen des 23ten sendete er , ehe er sein Hauptquartier über Fominskoe hinaus vorschickte, an Junot den Befehl, sich mit allen Truppen, welche sich zwischen Mojaisk und Wiazma befånden , zum Rückzug nach leßterer Stadt bereit zu halten.

Der General Evers, welcher zu

Wiazma stand, erhielt Befehl , sich mit einer Abtheilung von 4000 Mann Infanterie und

Reiterey ( a)

nach

(a) Dieſe Truppen beftanden aus Marsch-Regimentern , die auf Moskau dirigirt und zu Wiazma angehalten worden maren.

91 Juknow zu wenden, von wo er Posten bis Znamenskoe vorschieben sollte.

Victor war befehligt, mit der Diviſion

Girard und feiner leichten Reiter-Brigade von Smolensk aufzubrechen, und dem Heer bis Jelnia entgegen zu mar, schiren, soferne ihn die Umstände nicht etwa zur anders weitigen Verfügung über seine Truppen genöthigt haben würden.

Napoleon benachrichtigte diese

Generale, daß

feine Verbindung mit Smolensk für den Augenblick unterbrochen, allein in kurzer Zeit über Zuamenskoe (wo er vom 25ten bis zum 27ten einzutreffen hoffe), über Juknow und Wiazma und später über Jelnia und Smolensk wieder hergestellt werden würde. abgegangen waren ,

Nachdem diese Befehle

verlegte er fein Hauptquartier nachh

Borowsk und sendete links von der Straße Rekognoszirungen ab, welche nur auf Koſacken stießen.

Wir sahen,

daß Kutusow nach dem Treffen bey

Winkowo sich begnügt hatte, Murat eine Vorhut nachzusenden, welche an der Motscha Halt machte, worauf Kutusow mit dem Rest seines Heers in das verschanzte Lager von Tarutino zurückkehrte.

Sobald er Kunde erhielt,

daß Napoleon Moskau verlassen ,

und die alte Straße

nach Kaluga eingeschlagen habe, zweifelte er keinen Augenblick, jener habe die Absicht ihn anzugreifen. Am Morgen des 23ten war er hinsichtlich der Bewegungen seines Gegners in einer unerklärlichen Unwissenheit ,

als man

ihm meldete , daß am 22ten ein französisches Corps von sechs bis siebentausend Mann sich nach Wereia (a) dis rigirt habe ; auf diese Nachricht ließ er sogleich Doctorow mit seinem Corps nach Borowsk aufbrechen.

(a) Es war dieß Poniatowskis Corps.

Dieser Ges

-

92

neral erfuhr bald, daß letztere Stadt sich in den Händen der Franzosen befinde, und daß ihre Nachhut auf Kaluga Er setzte Kutusow hievon in Kenntniß , der

marschire.

ihm Befehl gab , sich in Eilmårschen nach Malojaroslaweh zu begeben.

Gleichzeitig gieng aus einem Bericht

von Miloradowitz hervor , daß Ney sich auf Fominskoe zurückgezogen habe, daß auf der alten Straße nach Kaluga sich keine Truppen mehr befånden , und daß Moskau geräumt sey.

Von diesem Augenblick an erhielt Kutuſow

die Ueberzeugung, daß Napoleon ſich auf der alten Straße nach Kaluga vorwärts bewege :

er brach daher aus sei-

nem Lager auf, und zog in Eilmärschen auf zwey Seitenwegen über Spaskoe und Federowskoe nach Malojaroslaweh.

Es war etwa Nachmittags 3 Uhr ,

als er

diese Bewegung begann ; sein Heer, das seit dem Treffen bey Winkowo durch die Ankunft neuer Truppen verstärkt worden war , tanten .

betrug gegen

110000 Kombat-

Das Städtchen Malojaroslaweh liegt an dem Abhang eines ziemlich steilen Hügels , der auf dem rechten Ufer das Thal begränzt ,

in welchem

die Luja fließt.

Auf dem linken Ufer erhebt sich das Terrain allmählig ach Maaßgabe seiner Entfernung von dem Thal. Der Stadt gegenüber bilder der Fluß einen eingehenden Winkel und nåhert sich derselben bis auf 50

Toisen.

An

dieser Stelle war eine Brücke geschlagen. Mit Tagesanbruch kam Doctorow vor Malojaroslaweh an, griff die 2 Bataillone, welche die Stadt besetzten an, und zwang sie zum Rückzug bis an die Brücke. Delzons eilte mit seiner Division herbey,

ergriff die Of-

fensive und trieb die Rußen bis zu einer offenen Stelle

93

in dem obern Theil der Stadt zurück, konnte sich jedoch nicht daselbst behaupten.

'Als Eugen die Nachricht von

dem Angriff der Rußen erhielt ,

war er bereits mit "ſei=

Marsch begriffen ;

nen Truppen im

er befahl diesen,

sich zu beeilen , begab sich für seine Person voraus und machte in dem Thal der Luja halt.

Kurze Zeit nach

feiner Ankunft ward Delzons tödtlich verwundet ; Guilles minot (a) trat an seine Stelle. Die Stellung der Französen war wegen des steilen Hügels sehr nachtheilig , weil die rechts von der Stadt auf der Spike desselben aufgestellte rußische Artillerie die Truppen welche die Luja überschritten, heftig beschoß, während die Rußen, welche jenseits Malojaroslawetz auf der Ebene standen , durch den Kamm des Hügels Guilleminot ließ, um troß seiner gedeckt wurden. nachtheiligen Lage Malojaroslaweh

und seiner schwachen

Streitkråfte ,

bis zur Ankunft von Eugens Trup-

pen zu behaupten, eine Kirche, und zwey am Eingang in die Stadt gelegene Häußer, die ein Schlucht beherrschten, durch welche die Straße führt , Compagnien besetzen.

Diese

durch einige Grenadier-

Posten mußten behauptet

werden, selbst wenn die Franzosen aus der Stadt verjagt wården, um bey rückkehrender Offenſive einen Stüßpunkt zu haben. Maaßregel.

Der Ausgang rechtfertigte den Nußen dieser Guilleminot wurde in der That einigemal

zurückgeworfen ;

allein da die rußischen Truppen im Rü-

den genommen wurden , sobald sie die drey verschanzten Posten pafsirt hatten , so verbreitete sich Unordnung un-

(a) Der Brigade- General Baron Guilleminot war Chef des Generalstaabs vom 4ten Corps.

94 ter denselben , und der französische General trieb sie, die Offensive ergreifend , aufs neue bis zu der obenerwähnten offenen Stelle zurück. Morgens um 10 1/2 Uhr trafen die Adler des 4tent Corps ein.

Eugen sendete auf der Stelle die Division

Broussier, welche an der Spize marschirte, den Truppen unter Guilleminot zu Hülfe.

Allein zu gleicher Zeit traf auch Kutusowe Vorhut zu Malojaroslaweh ein und das

Treffen ward mit erneuter Thätigkeit fortgesetzt. Zwey Stunden von Malojaroslaweh führt die Straße durch das Dorf Ghorodnia.

Gleich darauf nåhert sie sich dem

Thal der Luja und zieht über eine Hochebene, die sich nach diesem Thal hinabsenkt.

Der Weg von Tarutino über

Spaskoe nach Malojaroslawek

nåhert sich in derselben

Höhe dem Thal der Luja ; von dort aus konnte man die rußischen Truppen, welche sich auf Malojaroslawet diris girten, vollkommen unterscheiden, und Napoleon erlangs te von jener Hochebene aus mit eigenen Augen die Gewißheit (a) von der Ankunft des rußischen Heers, welches Ereigniß für ihn von den schlimmsten Folgen seyn konns te.

Sobald Davoust und die Garde ankamen , wurden

fie hinter Eugen der eine rechts , die andere links von der Straße in Rerserve aufgestellt. So lange fich indessen die Rußen in Malojarosla wek behaupteten ,

konnte Napoleon nur eine bestimmte

(a) Napoleon verließ Borowsk Morgens um 9 Uhr, hatte in einem Bivouak bey dem ersten Dorfe nach dieser Stadt Halt gemacht, verließ diesen um 11½ Uhr und traf Nachmittags um 1 Uhr auf der Hochebene ein , welche sich gegen das Thal der Luja hinabsenkt.

95 Anzahl Truppen wegen der geringen Schlachtfeldes ins Gefecht bringen. gehen war äußerst schwer ,

Ausdehnung des

Die Stadt zu um-

weil der Hügel auf welchem

fie liegt, ziemlich steil, rechts mit Holz bewachsen, und links von Schluchten durchschnitten ist.

Das Feuer aus

einer großen Anzahl Batterien , die in der Ebene aufgepflanzt waren , schmetterte die Franzosen nieder , sobald sie die Spitze des Hügels erreichten, während sie sich ihrer Artillerie nicht bedienen konnten , weil es kein anderes Mittel gab , fie nach der Hochebene zu bringen die jens seits Malojaroslaweh lag, als indem man sie durch diese Stadt führte. Die Rußen konnten diefelbe eben fo wez nig umgchen ; denn sobald sie in das Thal der Luja debouchirten , wurden sie durch

die auf dem linken Ufer

dieses Flußes aufgestellte Artillerie zusammengeschoßen. Man war daher von beyden Seiten genöthigt , sich in Malojaroslaweh zu schlagen.

Nur auf Haufen von Leis

chen konnten die Fechtenden handgemein werden.

Da die

Divisionen Broussier und Guilleminot nicht einmal zur Behauptung von Malojaroslawek , und noch vielweniger zur Vertreibung der Rußen zureichend waren , so wurde die aus Italienern bestehende Diviſion Pino , welche im Laufe des ganzen Feldzugs noch nicht ins Feuer gekons men war , und hierauf ein Theil der Königlichen Garde denselben zu Hülfe gefchickt. Diesen vereinigten Truppen gelang es endlich nach abwechselndem Erfolg ,

sich der Stadt zu bemächtigen

und sich auf der Spitze des Hügels festzusetzen.

Von

diesem Augenblick an konnte die Artillerie verwendet wers den. Sie marschirte über Haufen von Todren und Ster benden, welche in den Straßen lagen , durch Malojaro

96 laweh.

Zu gleicher Zeit überschritten die Divisionen Gi-

rard und Compans vom ersten Corps die Luja (a) und marschirten rechts und links von der Stadt auf.

Unters

dessen wurde es Abend, das Gefecht hörte nach und nachh auf, das Kleingewehrfeuer dauerte jedoch bis Nachts 11 Uhr fort. Kutusows Vorposten standen auf Kanonenschußweite vom französischen Heer ; eine starke Nachhut diente diesem zur Unterstützung ;

mit dem Rest seines Heers zog

er sich in der Richtung auf Kaluga zurück. In der Nacht kehrte Napoleon mit der Garde nach Ghorodnia zurück, woselbst er die Wohnung eines Bauern bezog.

Gleich

nach seiner Ankunft berief er Berthier , Murat und Beffieres zu einem Kriegsräth.

Anfangs sprach er von der

Aenderung, welche durch Kutuſows Ankunft in ſeiner Lage hervorgebracht worden sey ;

plöglich jedoch stüßte er

beyde Ellenbogen auf den Tisch ,

hielt den Kopf zwi=

schen beyden Händen und richtete die Augen unverrückt auf die vor ihm ausgebreitete Karte ; in dieser Stellung blieb er unbeweglich.

Die drey Generale betrachteten sich

mit Staunen und erwarteten stillschweigend feines Nachdenkens,

das Ende

das seine Verlegenheit so kraftvoll

aussprach. Nach Verlauf einer Stunde verließ Napoleon endlich seine Stellung und entließ die Generale, ohne daß er ihuen seinen Entschluß mittheilte. Unmittelbar darauf fendete er Davoust den Befehl , die Vorhut zu bilden ; er sette ihn in Kenntniß, daß er am Morgen des 25ten sich ihm mit der ganzen Garde nåhern werde.

Ney, der

noch zu Fominskoe stand, erhielt Befehl, mit zwey seiner (a) Eine zweyte Brücke war rechts von der erstern zur Erleichterung der Verbindung geschlagen worden.

97 Divisionen zwischen Borowsk und Malojaroslawek Stellung zu nehmen ;

die Division Marchand sollte er eine

Stunde difseits Borowsk und die Division Claparede zu Borowsk selbst zurücklaffen, um eine Menge Gepäck und den großen Park daselbst zu decken. Am 25ten Morgens um

2 Uhr sendete Napoleon

einen seiner Ordonanz- Offiziere zur Rekognoszirung der feindlichen Vorposten ab , und mit Tagesanbruch dirigirte er sich von den diensthabenden Schwadronen begleitet (a), nach Malojaroslaweh. ihm folgen ;

Die

Reiterey der Garde sollte

kaum hatte er eine halbe Stunde zurückge-

legt , als man rechts

der Straße das

Geräusch vieler

Pferde hörte und plötzlich war die ganze Ebene von Kofacken überschwemmt, welche ein Wald und die Beschaf fenheit des Terrains anfangs verdeckt hatte. Die Schwa dronen vom Dienſt rückten denselben entgegen, um Napolcon Zeit zur Flucht zu verschaffen ;

allein zu schwach

zu einer kräftigen Gegenwehr, wurden sie geworfen. Jeht langten die Grenadiere zu Pferde und die Dragoner an, und schon ihr Anblick bestimmte die Kosacken zum Rückzuge ; sie bewerkstelligten ihn in 2 Richtungen ; ein Theil wendete sich landeinwärts , der andere gieng auf einer Brücke , die bey einer Mühle etwa 11/2 Stunde rechts von Malojaroslaweh lag, über die Luja zurück ;

an dies

ser Stelle hatten sie in der Nacht die Luja überschritten. Die Reiterey der Garde , welche den Feind nur im Trab verfolgte um geschloffen zu bleiben , konnte denselben nicht

(b) Napoleon ließ sich stets durch 3 Schwadronen seiner Gar de begleiten.

7

98 mehr einholen.

Platow hatte diesen kühnen Ueberfall in

Person geleitet ; 11 Geſchüße fielen ihm in die Hand, das 1te und 4te Corps waren unter die Waffen getreten, und beynahe håtte er sich der Person Napoleons bemächtigt. An demselben Tag erschienen 1200 Kosacken mit Ge schütz vor Borowsk und mehrere Abtheilungen machten einen Hurrah (a) auf der Straße zwischen dieser Stadt und Malojaroslaweh.

Sie hoben einiges Gepäcke und

mehrere einzelne Soldaten auf. Napoleon, welcher nach Ghorodnia zurückgekehrt war, verließ dieses Dorf Morgens um 10 Uhr abermals und dirigirte sich aufMalojaroslaweß ; er war der Meynung, das ganze rußische Heer stehe ihm gegenüber und Platows Angriff bestärkte ihn in dieser Meynung.

Nachdem

er nach seiner Gewohnheit den Schauplatz des Gefechts aufmerksam untersucht hatte, beritt er die ganze Hochebene, welche das rußische Heer inne gehabt hatte, und kehrte sofort nach Ghorodnia zurück, Uhr ankam.

wo er erst Abends um 5

Der Verlust eines ganzen Tages unter so

schwierigen Umständen scheint ganz unbegreiflich.

Die

Truppen waren darauf gefaßt, sich am folgenden Tag zu schlagen, und hatten sich darauf vorbereitet. Die beyderseitigen Heere hatten folgende Stellungen inne. Kutusows Vorposten waren 1 1/2 Stunde von Malojaroslaweh und eine starke Nachhut 3 Stunden von dieser Stadt entfernt.

Mit dem Rest seines Heers

hatte er bey dem Dorfe Gonczarewo Stellung genommen, das 5 Stunden von Malojaroslaweh entfernt ist.

Diese

(a) Während des Feldzugs in Rußland nannte man jeden Ueberfall durch Kosacken einen Hurrah, weil dieſe Truppen beym Angriff Hurrah rufen.

99 Stellung ließ er verschanzen.

Platow dirigirte sich mit

einem aus Kosacken und regelmäßiger Reiterey bestehenden Corps auf Medyn, um sich Poniatowskis Vorhut ente gegenzusehen , die sich dieser Stadt nåherte , um den linken Flügel des rußischen Heers zu decken. Napoleon dehnte sich von Mojaisk bis Malojaroslaweh aus. Junot hielt Mojaisk beseßt. Mortier war auf dem Marsch von Wereia auf der Straße von Kubinskoe nach dieser Stadt begriffen ; Poniatowski stand zu Wereia, seine Vorhut zu Kreminskoe auf der Straße nach Medyn ; Ney mit zwey Diviſionen zwischen Borowsk und Ghorodnia; die dritte war disseits Borowsk zurückgeblieben. Division Claparede stand in Borowsk.

Die

Eugen hatte die

Anhöhe von Malojaroslaweß und das Thal der Luja bes seßt. Davoust war mit seinem Armee-Corps und zwey Reiter Corps vorwärts Malojaroslaweh; die Garde und die beyden andern Reiter-Corps zwischen Ghorodnia und Malojaroslawek gelagert.

Kutusowe Streitkräfte betrugen

etwa 100000 Mann regelmäßiger Truppen, unter denen fich 30000 Reiter befanden.

Die Truppen, über welche

Napoleon an dieſem Tag (a) verfügen konnte , waren 72000 Mann stark, worunter 10000 Reiter waren.

(a) Ich schẳße die Zahl der Todten und Verwundeten im rußischen -Heer in dem Treffen bey Malojaroslaweg auf 8000 Mann, und die Zahl der Nachzügler und der andern abwesenden Mannschaft auf 2000 Mann. Um die Zahl der französischen Truppen zu erhalten,

welche an jener Schlacht Theil nehmen konnten , babe ich von der Gesammtzahl des französischen Heers, Junots, Po. niatowskis und Mortiers Corps, so wie auch die Diviſionen Claparede und Marchand ; ferner 6000 Tvdte und Verwun-

7"

100

wenn es zur Schlacht

Gleichwohl durfte er sich ,

kam , wegen seines trefflichen Füßvolks den Sieg verspres chen ; allein der beklagenswerthe Zustand seiner geschwächs ten Reiterey ließ keinen entscheidenden Sieg vorausse hen , und da er nur Munition für eine Schlacht hatte, und sein Heer sich nur äußerst langsam bewegen konnte, so mußte selbst der Sieg von traurigen Folgen für ihn seyn. Am 26ten mit Tagesanbruch dirigirte sich Napoleon' mit seiner Garde und 2 Reiter-Corps auf Malojarosjas wet.

Kurz vor dem Thal der Luja machte er Halt, und

ließ seine Truppen einen Bivouak beziehen ; hier traf die Meldung ein, daß die rußischen Vorposten sich gegen Kaluga zurückzögen , worauf er endlich seinen Rückzug über Mojaisk und Wiazma ( a) zu bewerkstelligen beschloß. Die Reiterey und die Garde marschirten zurück, und las gerten noch an demselben Tage bey Borowsk ;

Eugen

trat gleichfalls seinen Rückzug an , " er mußte sich jedoch in seinen Bewegungen nach denen Davousts richten, der mit seinem Corps und dem Iten und 3ten Reiter-Corps® die Nachhut bildete.

Die

nachfolgenden Dispositio-

dete in Folge des Treffens bey Malojaroslaweh , 4000 Infanteristen, welche zu Geleitung des Gepäcks und der Heerden liet " verwend wurden, und 1000´ Neiter , als dem muthmaß chen Verlust seit dem 18ten October abgezogen. Ich habe angenommen, daß Ney mit den Diviſionen Ledru und Nazout noch früh genug ankommen konnte , um Theil an der Schlacht zu nehmen , denn sonst båtte Napoleon kaum über 60000 Mann verfügen können. (a) Es war Morgens 9 ' Uhr , als die rückgängige Bewegung begann, allein Napoleon verließ seinen Bivouac erst um 11 Uhr, um nach Borowsk zurückzukehren.

101 nen, herbeygeführt durch Napoleons eben gefaßten großen Entschluß, wurden auf der Stelle getroffen.

Ney erhielt

Befehl, sich noch an demselben Tag mit allen zu Borowsk befindlichen Parks nach Wereia und am folgenden Tag nach Mojaisk zu begeben, Poniatowski mußte bey Jegoriewski Stellung nehmen, um den Marsch des Heers zu decken. Mortier, der Abends bey Wereia eintreffen sollte, erhielt Befehl , am folgenden

Tag nach Mojaisk und

von da so schleunigst als möglich nach Wiazma zu rů´ den (a).

Junot sollte nach Mortiers Ankunft nach Wi-

azma aufbrechen , und Ewers , der auf dem Marsch von Wiazma nach Juknow begriffen war, erhielt Befehl, nach , ersterer Stadt umzukehren.

Von den fünf Divisionen,

aus welchen das 1te Corps bestand, sollte Davoust eine zu Ghorodnia, zwey zu Malojaroslaweh lassen, den Feind mit den beyden andern und seiner Reiterey drången und mit Einbruch der Nacht Stellung nehmen , um seinen Rückzug Nachts um 10 Uhr anzutreten. Er erhielt Befehl , auf diesem alles , was er zu erreichen vermöch te, zu verbrennen.

Somit sollte das französische Heer,

obgleich siegreich, einen Rückzug von 80 Stunden auf einer gänzlich verwüsteten Straße antreten, die es bey bes vorstehendem Winter und in dem Augenblick betrat , in welchem seine von Moskau mitgenommenen Vorråthe erschöpft waren.

So lange man

gegen den Feind mar-

schirt war , hatte der Soldat im Vertrauen auf seinen Muth und fest entschloffen zu siegen oder zu Grunde zu (a) Die Division Claparede war seit dem 25ften mit Geleitung des großen Hauptquartiers , des Schages und der Trophäen beauftragt ; sie erhielt nebst der Division Roguet Befehl, fich wieder an Mortier anzuschließen.

102 gehen seine kriegerische Haltung beybehalten. Der traurige Blick in die Zukunft veranlaßte anfangs eine Niedergeschlagenheit ,

welche sich durch ein düsteres Schweigen

äußerte ; bald jedoch faßte er sich wieder. Ich habe die Operationen seit dem Abmarsch von Moskau ausführlicher erzählt , als es der Plan , den ich mir vorgezeichnet habe , eigentlich gestattet , weil sie in Bezug auf die Kunst von großem Juteresse sind , und weil ihrem schlechten Erfolg der Sturz von Napoleons Macht zuzuschreiben ist.

F

Von drey Entwürfen ,

welche Napoleon anfänglich

gefaßt hatte, um nach Littauen zurückzukehren , war der Rückzug in der Richtung auf Witepsk der einzige ,

der

einen sichern Erfolg darbot ; er nahm diesen auch anfangs an, und gab ihn wahrscheinlich nur darum auf , weil er vielleicht als eine Flucht betrachtet werden konnte. Auf der andern Seite konnte er Kutusow nicht in seinem verschanzten Lager vor Tarutino angreifen, ohne einem sichern Untergang entgegen zu gehen ;

er

beschloß daher die

oben beschriebene Operation auszuführen, in der Hoffnung, er werde Kaluga noch vor dem rußischen General erreis chen , und könne sich von da nach Smolensk auf eine Straße zurückziehen, die mehr Hülfsmittel darbot.

Allein

wenn der Rückzug åber Kaluga nach Smolensk gelingen sollte, so mußte Napoleon mit äußerster Schnelligkeit marschiren und Kutusow den Fehler begehen, seine ArmeeCorps auf der neuen Straße nach Kaluga aufzustellen und die Bewegungen des franzöſiſchen Heers nicht durch feine leichte Reiterey rekognosziren zu laſſen (a).

Der

(a) Es ist unbegreiflich, daß Kutusow, dessen leichte Reiterey

-

105

rußische General beging zwar diese Fehler , allein Napoleon marschirte äußerst langsam,

und dennoch hätte er,

wenn Eugen nicht einen ganzen Tag von ihm zu Fominskoe aufgehalten worden wäre , Malojaroslaweß und somit Kaluga vor seinem Gegner erreicht , und seine Absicht ausgeführt. Verlust erlitten ,

Zwar håtte er demungeachtet großen immer aber geringern ,

als ihn sein

Rückzug auf der verheerten Straße nach Smolensk kostete. Es läßt sich nicht entschuldigen , daß man das unabsehbare

Gepäcke beybehielt ,

Weg versperrte.

das dem Heer nur den

Die ganze Regiments-Artillerie und

selbst die der Reserve-Batterien hätte man im Kreml zurücklaffen (2 ) ,

die Munitions-Wagen in die Luft spren-

gen und die übrigen Geſchüße unter Mortiers Schuße durch die

disponible Mannschaft der Artillerie geleiten

Lassen sollen.

Auch das Gepäcke håtte auf das unum-

gänglich Nöthige reduzirt werden sollen , wobey man bey dem der Marschalle und selbst des Kaiſers (a) håtte anfangen , und Todesstrafe gegen jeden Soldaten aussprechen sollen , der Gegenstände der Plünderung mit sich führte. Mit einem auf diese Art erleichterten Heere håtte Napoleon am 21ten Malojaroslawek

erreichen und von da

sich auf den oben angezeigten Straßen nach Smolensk zurückziehen können.

so zahlreich war , keine Rekognoszirung zwiſchen den beyden Straßen von Kaluga nach Moskau abſchickte ; er håtte das französische Heer auf drey Seitenwegen angetroffen , die diese beyden Straßen verbindet. (a) Man hatte eine Entschädigung versprechen sollen , die so groß als der Werth des zurückgelassenen Gepäckes gewefen wäre.

104

-

Sobald Napoleon mit Gewißheit erfahren hatte (24. Nachmittags), daß das ganze rußische Heer ihm gegenüberstand , håtte er mit Zurücklaffung eines Theils ſeines Gepäcks und selbst seines Geschüßes den Rückzug über Mojaisk und Wiazma auf Smolensk antreten, und mit größter Schnelligkeit marschiren sollen (a). Allein alsdann hätten die Rußen , welche sich in allen Tagsbefehlen für die Sieger ausgaben , ohne Zweifel den Rückzug Napoleons als Beweis ihres angeblichen Siegs bey Malojaroslaweß angeführt , und Europa håtte geglaubt , er Es ist daher wahrscheinlich, daß die

sey besiegt worden.

Sorge für seinen Ruhm unter diesen Umständen großen Einfluß auf seine Entschlüsse hatte , und daß er während jenes tiefen Nachdenkens am Abend des 24ten die Frage des Rückzugs bey sich selbst abhandelte.

Der Stolz und

die Vernunft standen einander gegenüber ;

der

Stolz

siegte , allein bald darauf sah sich Napoleon zum Rückzug gezwungen, denn er war zu sehr geschickter Feldherr, um seine Lage nicht gehörig zu würdigen ; und jeden andern Weg einzuschlagen, wäre zu viel von dem Glück und der Unerfahrenheit seines Gegners erwartet gewesen.

Diesen

Entschluß faßte er jedoch zu ſpåt , weil seine Lage bes reits verzweifelt geworden war ; denn er mochte sich nun über Mojaisk und Wiázma auf Smolensk zurückziehen ,

(a) Es wird kaum nöthig seyn , zu sagen , daß Napoleon das Corps Davousts nebst 2 Reiter-Corps während des ganzen Tags am 25ften vor Malojaroslawch hätte stehen lassen , und daß dieser General ſich dann in der Nacht vom 2526ſten båtte zurückziehen sollen. Mortier wåre unmittelbar nach Mojaisk marschirt, wo er den 25ften angekommen wäre, ftatt daß er erst am 27ften dort ankam.

105 oder über Medyn und Juknow auf Mojaisk dirigiren und von dort die Straße von Kaluga auf Smolensk einschlagen, so konnte ihm Kutusow allenthalben zuvor kom, men, weil es von Gonczarewo nach Slawkowo und von Gonczarewó nach Masalsk nicht so weit ist, als von Malojaroslawetz ' nach jeder diefer Städte.

Auch Platows

Anwesenheit zu Medyn mit einem Corps Kosacken und regelmäßiger Reiterey scheint Napoleon bestimmt zu haben, sich über Mojaisk und Wiazma nach Smolensk zurückzuziehen.

Zieht man jedoch in Betracht , daß Kutu-

sow ihm sowohl in Wiazma als in Mojaisk zuvorkommen konnte ; daß lehtere Stadt ihm näher lag , und er daher um so cher hoffen durfte, sie vor seinem langſamen und unentschloffenen . Gegner zu erreichen ; daß Platows Reiterey zwar den Marsch seines Heers aufhalten , dagegen ihm durchaus keine unüberwindlichen Hinderniße in einem ebenen Lande in den Weg legen konnte, wo es der Artillerie möglich war, alle Seitenwege zu paßiren ;

be-

trachtet man ferner , daß Poniatowskis Corps durch eine Bewegung rechts Platow links umgehen konnte , endlich daß die Straße über Masalsk neue Hülfsquellen darbot, während man auf der über Wiazma an Allem Noth litt ; fo folgt hieraus , daß Napoleon den Versuch wagen mußte, sich über Medyn ,

Juknow und Masalsk zurückzuziehen, wobey ihm jedoch nur die Diviſions-Artillerie und nur

åufferst wenig Gepäcke folgen durfte, damit er in Eilmårschen sich bewegen konnte.

Die Regiments- und Refer-

ve-Artillerie so wie der Rest des Gepäcks mußte über Mojaisk und Wiazma nach Smolensk unter Mortiers, Junots und derjenigen Trupen Schuß zurückgehen, welche in den Etapenplätzen von Mojaisk bis nach Smolensk lagen.

106 Den rußischen Feldherrn trifft der Vorwurf, nach dem Gefecht bey Winkowo die neue Straße nach Kaluga durch sein Heer unbesetzt gelaffen zu haben ,

während er

doch auf der alten Straße eine hinreichende Truppenzahl zurückließ , um Murat zurückzuweisen ; er verdient ferner Ladel, daß er keine Rekognoszirungen zwischen den beyden Straßen von Kaluga nach Moskau vorschickte.

So-

bald er erfahren hatte , daß Napoleon über Malojaroslaweß auf Kaluga marſchire ,

ergriff er die einzige ver-

nünftige Parthey , indem er sich in größter Eile auf erftere Stadt dirigirte.

Seine Hauptabsicht mußte dahin

gehen , partielle Gefechte , nicht aber liefern.

eine Schlacht zu

Wenn daher die Noth das Gefecht bey Malo-

jaroslaweh veranlaßte , so war es doch von Wichtigkeit für den rußischen General, dasselbe zu verlängern .

Zwar

konnte er von seiner zahlreichen Reiteres keinen Gebrauch machen, allein er verminderte das abgehärtete, leicht bewegliche Fußvolk seines Gegners ,

dessen Angriff beym ste-

henden Gefecht , in welchem die rußischen Rekruten (3) den Veteranen gleichzusehen sind , so furchtbar war. Endlich ist Kutuſows Rückzug nach Gonczarewo lobenswerth ; allein er håtte statt dem einzigen Corps Platows , zwey Infanterie- und ein Reiter-Corps nach Medyn zurückziehen und mit dem Rest seines Heers in größter Eile nach Juknow marschiren sollen , um das französische Heer zu überholen , in welcher Richtung es seinen Rückzug auch antreten mochte. so günstig ,

Jedenfalls war Kutusows Lage eben

als die feines Gegners mißlich, weil eine

große Straße (a)

über Juknow nach Slawkowo führt

(a) Es ist nicht ganz der Wahrheit gemäß , daß eine große

107 und er einen kürzern Weg zurückzulegen hatte , als sein Gegner, um einen dieser beyden Punkte zu erreichen. Befrachtet man überdieß ,

daß das rußische Heer sich im

Ueberfluß befand , seine Pferde gut im Stande waren, und es weder durch Gepäcke noch

durch Lebensmittel-

Zufuhren und Reserve-Parks im Marsch verzögert wurde, es sich daher viel schneller als die französische Armee bewegen konnte, so folgt hieraus ,

daß Kutusow

das

Schicksal Napoleons in Hånden hatte. Es sey mir erlaubt , noch einige Betrachtungen über Wintzingerodes Reiter-Corps zu machen , welches Napoleon so großen Schaden håtte zufügen können, das jedoch die Aufmerksamkeit nur durch die Gefangenschaft dessen , der es befehligte, auf sich zog.

Man wird sich erinnern,

daß dieses Corps diejenige Straße besetzt hielt , welche für Napoleon zur Bewerkstelligung seines Rückzugs die wichtigste war, Straße

und daß er daher sehr nahe an der

von Moskau nach Smolensk stand.

Kutusow

håtte diesem Corps 10000 Mann Infanterie nebst dem zugehörigen Geschütz zutheilen sollen ; wenn sich nun Napoleon in der Richtung auf Witepsk zurückzog, so konnte Winkingerode , der sich auf seiner Verbindung befand, ihm großen Schaden zufügen ; zog er sich unmittelbar nach Smolensk zurück, so überholte ihn Winzingerode auf dies ser Straße ; marschirte Napoleon endlich auf Kaluga , so

Straße von Gonczarewo nach Elawkowo führt , weil die beyden Dörfer Gonczarewo und Preobajenaia , welche etwa einen Marsch von einander entfernt sind , nur durch einen Seitenweg mit einander verbunden sind ; dieser Seitenweg war jedoch in sehr gutem Zustande.

108

--

dirigirte sich Winkingerode mit Zerstörung aller Brücken über Mojaisk nach Gjat.

Da dieser General nur Rei-

terey (a) unter seinem Befehl hatte, so hätte er sich diefer beyden Städte nicht bemächtigen. können ;

allein er

würde sie durch eine Abtheilung beobachtet, und mit sei nem Corps zwischen Gjat und Jucknow Stellung genom men haben , stets bereit , das französische Heer zu überreichen, es mochte sich nun auf der Straße von Kaluga nach Smolensk oder über Wiazma eben dahin zurückziehen. Am Morgen des 26sten verließ Napoleon den Bivouak in der Nähe des Thals der Luja und gieng nach Borowsk zurück , wo er übernachtete. er sich nach Wereia.

Den 27 sten begab

Dieser Tag war wegen der plök-

lich eingetretenen Kälte merkwürdig.

Das Thermometer

fiel während der Nacht bis auf 4º unter den Gefrierpunkt.

Der Winter hatte begonnen.

Die Witterung war

sehr schön , die Kälte, weil die Sonne noch Kraft hatte, nicht strenge und während

des Marsches befanden sich

die Truppen nur um so beßer ; allein die Nächte waren sehr kalt.

Am 28sten hatte Napoleon sein Hauptquartier

jenseits Mojaisk.

In der Nacht erhielt er einen Bericht

von Davoust , datirt von demselben Tag Nachmittags 4 Uhr.

Dieser General meldete , daß er sich nur bis Bo-

rowsk zurückgezogen habe, und daß er bis dahin nur von Kosacken verfolgt worden sey, welche sich Morgens um 9 Uhr zum erstenmal gezeigt hätten.

Dieser Umstand und

die Aussage eines am 26sten gefangenen rußischen Offiziers : daß das feindliche Heer sich nach Smolensk (b)

(a) Die 3000 Rekruten, welche Winzingerode einige Zeit unter feinem Befehl gehabt hatte, stießen zu Kutusows Armee. (b) Der rußische Offizier könnte nicht wohl von Kutusows Plan

-

109

bewege , ließen Napoleon befürchten, Kutuſow möchte sich in der That entweder nach Smolensk oder nach Wiazma dirigiren, und somit das Vertrauen, das er in deſſen Unerfahrenheit geseht hatte , getäuscht werden.

Er beschloß

unterrichtet seyn, allein feine Aussage bewies, daß das Ges rücht des Marsches auf Smolensk im rußischen Heer vers breitet war. Mithin war die allgemeine Stimmung dieser Bewegung günstig . Das Gerücht des Marsches der Rußen nach Wiazma oder Smolensk hatte sich auch in dem franzdfischen Heere verbreitet , wahrscheinlich weil man diese Bewegung befürchtete , und einsah , daß dieß der einzige Fluge Weg sey , den Kutusow einschlagen konnte. Napoleon ließ Davoust,durch Berthier folgenden Brief schreiben , der sich beynahe ganz auf die Aussage des gefangenen Offiziers bezicht. Der Fürst von Neufchatel und von Was gram an den Fürsten von Eckmühl. Im kaiserlichen Hauptquartier bey Mojaisk den 29. Detober , Morgens 2 Uhr. Ich habe die ftrengsten Befehle wiederhohlt , nichts in ,,Brand zu stecken. Senden Sie Marsch-Befehle an den Fürsten Poniatowski , weil sonst sein Corps preis gegeben wäre. Der Gefangene , den Sie eingeschickt haben , kennt ,,den Marsch des Feindes nicht, weil er seit dem Abend des ,,25ften von demselben getrennt ist, und am 26ften Morgens ,,11 Uhr gefangen wurde , d. h. 3 Stunden später , als die ,,feindlichen Vorposten unsere rückgängige Bewegung erfuhren. Wendet sich der Feind nach Emolensk , um fo beffer; alle unsere Mittel sind vereinigt , wir werden uns ,,daher mit größern Streitkräften , als uns vor 8 Tagen zu Gebot standen , auf seinen Rücken werfen. Immerhin aber ist es årgerlich , daß ſich ſolche Gerüchte verbreiten, ,,und daß felbft Adjutanten davon sprechen. Dadurch erhält ,,die Armee Begriffe von der Stärke des feindlichen Heers, ,,die weit von der Wahrheit entfernt sind. Ihr Dolmetscher

110 daher, nur von seiner Garde begleitet, in größter Eile zu marschiren. Am 29sten mit Tages-Anbruch zog er über die Felder von Borodino ; der Soldat von Kålte durchdrungen, niedergebeugt durch sein ungünstiges Loos marſchirte ohne Halt zu machen, ohne selbst auf diese Felder, an welche sich so manche Erinnerungen knüpften , einen Blick zu werfen.

Zwey und sechzig Tage waren seit der

Schlacht verflossen , und doch hatte sich der schreckliche Anblick des hier angerichteten Blutbades nicht verändert, noch lagen Leichen und todte Pferde Haufenweise über einander (a); die Kälte hatte der Fäulniß Einhalt gethan ; das ganze Feld war mit Waffen , Geschirr , Kleidungsstücken und allen denen Trůmmern übersåt, womit gewöhnlich Schlachtfelder bedeckt sind. Sofort marschirte Napoleon vor dem Kloster Kolotskoi vorbey, wo man nach der Schlacht, wie zu Mojaisk die Verwundeten untergebracht hatte.

Er befahl, diesel-

ben auf die Luruswägen, Fahrzeuge der Marketender und auf die der Lebensmittel und des Gepåcks (b) zu ſeßen. muß sich geirrt haben , wenn er dieß aus den Antworten ,,des Gefangenen ziehen wollte ; ohne Zweifel hatte , wenn dieß der Fall wáre , ein Subaltern -Offizier keine Kenntniß ,,davon gehabt. Der Kaiser wird heute Abend in der Ge,,gend von Gjat eintreffen." Unterzeichnet Alexander. Ohne Zweifel war Napoleons Wunsch, der Feind möchte sich nach Smolensk wenden, eine Maaßregel der Politik. (a) Die Leichen der Rußen und ein großer Theil der der Franzosen , waren nicht beerdigt worden. Gewöhnlich läßt man diesen Dienst durch die Bewohner der umliegenden Gegend versehen ; diese batten sich jedoch längst geflüchtet. (b) Dieſelbe Maasregel war hinsichtlich der zu Mojaisk bes

J

111 Es möchte schwer zu entscheiden seyn , ob Menschlichkeit oder der Wunsch, alte Soldaten zu erhalten diese Maasregel diktirte.

Allein wie dem auch sey, das Resultat konnte

für das Heer nur nachtheilig und für die Unglücklichen nur traurig seyn, weil es ihnen an Unterhalts- Mitteln gebrach, und sie außer Stande waren, die Strapaßen und Entbehrungen der Bivouaks zu ertragen. Napoleon rückte. an diesem Tag bis Gjat ( a) und erreichte am 31sten October Nachmittags um 4 Uhr Wiazma , wo er Halt machte.

An diesem Tage stieg die Kålte ( b ) , allein die

Witterung war immer noch schön, und die Sonne hatte noch einige Kraft.

Man bemerkte , daß Napoleon zum

erstenmale ſeit seinem Abmarsch von Moskau im Wagen reiste und daß er , gleichfalls zum erstenmal , polnische Kleidung, bestehend in einer mit Marder verbråmten Můte, einem grünen Pelz und Pelzstiefeln, angezogen hatte. Diese Kleidung trug er während des ganzen Rückzugs ; wenn die Kålte sehr stieg, reiste er im Wagen. Fußvolk der alten Garde bivouakirte

Das

im Viereck um

sein Hauptquartier , das er wo möglich in ein Schloß oder Haus verlegte.

findlichen Verwundeten getroffen worden. An diesen beyden Orten befanden sich zusammen etwa 1500. (a) Obgleich alle Städte und Ddrfer, welche auf der Straße …… von Smolensk nach Moskau, und in deren Nähe lagen abgebrannt waren, hatten sich doch, hauptsächlich in den Etappenplägen, einige Häuser , theils weil sie abgesondert standen, theils durch die Aufsicht derer, die sie bewohnten, erhalten. (b) Das Thermometer fiel in der Nacht bis auf 8º unter dem . Gefrierpunkt.

112 Auch zu Wiazma erfuhr man noch nichts von dem feindlichen Heere.

Napoleon fand die Truppen-Abtheilung

des Generals Ewers in dieser Stadt, der, nachdem er 2 Märsche auf der Straße nach Juknow gemacht hatte, wieder umgekehrt war.

Seine Truppen wurden unter .

die verschiedenen Corps vertheilt, für welche sie bestimmt waren. Die Verwundeten ,

welche sich noch im Spital zu.

Wiazma befanden , wurden auf Wågen geladen (a). An dem Tag, an welchem Napoleon diese Stadt erreichte, hatte die Armee folgende Stellung inne : Mortier und Junot lagerten eine halbe Stunde diesseits Wiazma ; die alte Garde und Murats Reiterey zwey Stunden jenseits dieser Stadt ; Ney 3 zu Welitchewo , Poniatowski cine Stunde diesseits Gjat (b) ; Davoust zu Gridnewa. Dies. ser General hatte sich langsam zurückgezogen, um mehrere Munitions Wågen und

einiges Gepäcke zu retten , die

unfehlbar etwas später in die Hände des Feindes gefals Ien wären.

Er hatte den Angriffen der Kosacken zu große

Wichtigkeit gegeben und mehrere mal wegen derselben Stellung genommen (c). Dadurch gab er die Rettung. der Armee preis , weil die Corps , aus welchen sie bes. stand , ihren Marsch nach dem der Nachhut richteten.

(a) Zu Wiazma fand man den zuleht von Moskau abgegangenen Transport der Verwundeten. (b) Platow hatte am 27sten October die Vorhut des 5ten

Corps zwischen Kremenskoe und Medyn angegriffen und ge-worfen. Am 18ften begann Poniatowski sich auf Seitenwegen von Jegoriewskoi nach Giat zurückzuziehen. (c) Diese Kosacken wurden von Platow befchligt und hatten Geschüß bey sich.

113 Aeußerste Schnelligkeit in den Bewegungen war das eins zige Rettungsmittel ; es galt, den verwüsteten Strich Lans des zwischen Moskau und Smolensk so schnell als mig. lich zu verlassen, weil jeder Tag um den man sich vers spätete, unersetzlichen Verlust verursachte. Am 1sten November begann die allgemeine rückgånsgige Bewegung.

Napoleon blieb zu Wiazma, um diesen

Tag den Kabinets-Geſchäften zu widmen.

Zum ersten mal

sette er die Gouverneurs von Minsk, Mohilow, Witepsk und Wilna (a) von den Bewegungen der Armee in Kenntniß: ste geschehe freywillig , so sagte er diesen.

Er habe

die Absicht sich den Heeren , welche seine Flügel bildeten, um 100 Stunden zu nähern.

Seit dem Abmarsch habe

man keine Spur des Feindes bemerkt, einige Kosacken ausgenommen. Während seines Aufenthalts zu Wiazma erhielt Nas poleon Nachricht,

daß Baraguay-d'Hilliers (b) immer

noch Jelnia mit seiner Division besetzt halte ; er erhielt ferner einen Bericht von Victor , der ihm Saint-Cyrs Rückzug und die zur Vereinigung des 2ten und 9ten Armee-Corps ausgeführten Bewegungen meldete ; somit bes raubte ihn die gebieterische, Noth eines Corps , auf wel ches er seither zu Deckung des Rückzugs seines Heeres gerechnet hatte.

Er begnügte sich, durch Berthier folgen-

den Brief an Victor schreiben zu laſſen : (a) Maret in Wilna erhielt von Napoleon den Auftrag, diese Nachricht dem Gouverneur von Wilna , dem Herzog von Tarent und dem Fürsten Schwarzenberg mitzutheilen. (b) Man wird sich erinnern, daß Napoleon wenige Tage vor seinem Abmarsch von Moskau , dem General Baraguayd'Hilliers Befehl ertheilt hatte, sich von Smolensk nach Jelnia zu begeben.

114

->

Der Fürst von Neufchatel und von Wagram an den Herzog von Belluno. Wiazma den sten November Morgens um 2 Uhr. „ Der Kaiser hat die Ereigniße von Polokk und Ihren Marsch nach dieser Seite erfahren.

Se . Majestát

„hoft , Sie werden Wittgenstein zurückgedrängt und Polotk wiedergenommen haben. „ Marsch.

Die Armee ist auf dem

Se. Majestát fand, daß der Winter zu lange

„ dauert, um ihn so weit von Ihren Flanken zuzubrin„ gen.

Wahrscheinlich wird der Kaiser den rechten Flügel

,,an die Dwina, den linken an den Dnieper lehnen, und „ſomit werden wir in Berührung stehen.“ Unterzeichnet Alexander. Am 2ten November Morgens 11 Uhr verließ Napos leon Wiazma und verlegte sein Hauptquartier nach Semlowo.

Ney war mit dem Auftrag , für Davoust von

hier aus die Nachhut zu übernehmen, in Wiazma geblies ben. Am 3ten war das Hauptquartier zu Slawkowo ; die ganze Garde bivouakirte in der Nähe dieses Dorses. Kurze Zeit nach seiner Ankunft erfuhr er , daß die Corps unter Eugen, Davoust und Poniatowski mit einem rußis schen Corps, das ihnen den Rückzug abzuschneiden suchte, im Gefecht begriffen seyen.

Zur Verständigung der fols

genden Operationen ist es jedoch nöthig , die Operationen Kutusows zu erzählen.

Nachdem dieser General am 27ſtent

October ´von dem Rückzug Napoleons Kunde erhalten hatte , ertheilte er Platow mit seinen Kosacken den Auftrag, der französischen Nachhut zu folgen, und schlug am folgenden Tag die Straße nach Jucknow ein, sich stellend, als ob er sich auf Wiazma bewegen wollte ;

allein bey

Preobajenaia verließ er diese Richtung, um die Straße

115 nach

Mojaisk einzuschlagen

bey Kremenskoi an.

und den 30sten langte er

Hier stellte er zwey Infanterie- und

zwey Reiter-Corps (a) unter das Commando des Genes rals Miloradowiß mit dem Befehl, ſich auf Wiazma zu bewegen , um denjenigen französischen Armee-Corps den Rückzug abzuschneiden, welche diese Stadt bey seiner Ankunft daselbst noch nicht paßirt haben würden.

Mit dem

Rest seines`Heers beschloß Kutusow , Seitenwege einzus schlagen , welche mit der Straße, auf der sich die Frans zosen zurückzogen , parallel liefen ; ohne Zweifel nahm er an, daß die unausgesetzten Märsche in Vereinigung mit Hunger und Kälte, die mit jedem Tag zu wachsen drohten, hinreichen würden, das französische Heer gänzlich zu vernichten.

Zuvdrderst dirigirte er sich auf Spas, wo er

ſein Hauptquartier am 31. October aufschlug , und von wo aus er eine Proklamation an die rußischen Heere erließ, durch welche er den Rückzug des franzöſiſchen Heers und die Räumung Moskaus bekannt machte (b). (a) Diese beyden Infanterie-Corps wurden durch die Generale Rajewski und Dolgoruki befehligt ; leßterer hatte den in dem Gefecht pon Winkowo getödteten General Bagawut in dem Commando des aten Corps ersetzt. Die beyden Reiter-Corps wurden von den Generalen Uwarow und Waſiltschikom befehligt. (b) Fünf Tage waren verfloſſen , ſeit die Räumung Moskaus dem rußischen Feldherrn bekannt war. Es ist unmöglich , einen vernünftigen Grund aufzufinden, der ihn veranlassen. konnte , die Bekanntmachung eines Ereignißes zu verzögern, das die Hoffnungen der Rußen vollends aufrichten mußte. Kutuſows Tags-Befehl war in folgenden Ausdrücken abgefaßt : In dem Augenblick , in welchem der Feind in Moskau „eindrang , ſah er die thörigten Hoffnungen schwinden , die * 8

1

116 Unterdeffen

näherte sich Miloradowitz

der

Stadt

Wiázma ; nachdem er Jegoriewskoi , Dudino und Femenowskoe paßirt hatte , besetzte er am 2ten November das Dorf Glodowo , das etwa 2 Stunden rechts von Wiaz-

er gefaßt hatte ; er hoffte Ueberfluß und Frieden in dieſer ,,Stadt anzutreffen , und war aller Lebens-Bedürfniße da felbft beraubt. Erschöpft durch lange unausgesezte Mår,,sche und Mangel an Lebensmitteln , beunruhigt durch unfere Parthengånger , welche die nachrückenden schwachen „Hülfs-Corps aufhoben , verlor er Tausende von Soldaten. ,,Keine andere Aussicht öffnete sich ihm, als die Nache eines ,,Volks, das die Vernichtung seines Heers beschworen hatte, ,,und jeder Ruße zeigte sich ihm als ein Held , dem ſeine ,,betrügerischen 1 Versprechungen Verachtung und Abscheu ,,einflößten. Alle Klassen , die die Bevölkerung des Reichs ,,ausmachen , feßten seinen Anstrengungen einen unübersteig ,,lichen Wall entgegen. Nachdem er unberechenbaren Ver,,luft erlitten hat, ſieht er wiewohl zu ſpåt ein, wie wahnfinnig seine Hoffnung war , durch die Einnahme von Mos,,kau die Grundveften des Reichs zu erschüttern ; es blieb ,,ihm keine Rettung als nur in ſchleuniger Flucht. Er hat „ daher Moskau den

sten dieses Monats geräumt und

feine Kranken der Nache eines gemishandelten Volkes zu,,rückgelassen. Die ungeheuern Greul , die er während seines Aufent ,,halts in Moskau verübt hat, ſind bereits bekannt, und ha„ ben in das Herz jedes Rußen das tiefe Gefühl der Rache ,,eingegraben . Seine unmächtige Wuth hat sich selbst noch ,,im Augenblick ſeines Abmarschs durch die Zerstörung eines ,,Theils des Kremis geäußert, und hier hat sich die Vermitt,,lung der göttlichen Vorsehung durch die Errettung der Kas ,,thedral-Kirche und unserer heiligen Tempel an den Tag ,,gelegt. „ Eilen wir, den gottlosen Feind zu verfölgen , während andere in Littauen stehenden Heere gemeinschaftlich mit uns

117 ma landeinwårts liegt. Uliza ,

Seine leichte Reiterey befekte die

welcher Bach nach zwey Stunden langem paral

lelen Lauf mit der Straße sich 34 Stunden von der Stadt in die Wiazma ergießt.

Seit dem Abmarsch von

Malojaroslawet hatten sich die Kosacken nur bey der Nachhut gezeigt.

Am Morgen des 1sten Novembers er

schien eine Abtheilung dieser Truppen , die zu Miloradowig's Corps gehörte , plötzlich rechts von der Straße in der Nähe von Tzarewo-Zaimisze und machte einen Hur rah auf eine Colonne Wågen ; auch andere Abtheilungen , Straße (a).

in der Folge zeigten sich

immer aber rechts von der

Mit Grund beſorgte man, ſie möchten einem

,,feinen Untergang herbeyführen . Schon beschleunigt er seine Flucht, indem er seine Pulverwågen verbrennt, fein Gepäcke und seine Schäße im Stich läßt , welche er mit ruchloser Hand aus den Altären des Herrn geraubt hat. Desertion ,,und Hunger verbreiten Verwirrung um Bonaparte ; hinter ,,ihm erhebt sich der Unwille seiner Soldaten , ähnlich dem Rauschen drohender Wogen, während die Rußen die Stim ,,me ihres großherzigen Monarchen hören. Vernehmt, Sol,,daten, ſeine Worte : "1 Ldfchet Moskaus Flammen mit dem Blute eurer Feinde.“ Rußen gehorcht ,,dieſem hohen Befehl ; dann wird das Vaterland , zufrieden gestellt durch diese gerechte Rache, der Schauplaß des Kriegs ,,verlassen und hinter seinen weiten Grenzen eine majestätis sche Stellung zwischen Frieden und Ruhm nehmen." (a) Sobald Napoleon von der Ankunft der Koſacken in den Flanken der im Marsch befindlichen Truppen Kunde erhalten hatte, sendete er den Generalen Dayoust, Poniatowski, Eugen und Ney Verhaltungs-Befehle hinsichtlich der gegen diese Truppen zu nehmenden Maaßregeln. Es möge genugen , das Schreiben von Davoust und das Ende des Briefs an Ney anzuführen , da die übrigen nur Abschriften von diesen find.

1

118 feindlichen Corps , oder dem ganzen rußischen Heere vorhergehen

und die eingezogenen Nachrichten vermehrten

diese Furcht noch.

Eugen und Poniatowski hätten am

2ten November zu Wiazma eintreffen können, da sie jes

Der Fürst von Neufchatel und von Wagram an den Fürsten von Eckmühl. Wiazma , den sten November Nachmittags. ,,Es ist sehr wichtig , die Art des Marsches vor dem Feind zu ändern , der eine so große Anzahl Kosacken bat. Man muß auf ähnliche Weise , wie in Aegypten „marſchiren : das Gepäcke in der Mitte und so breit, als die Straße es gestattet ; ein halbes Bataillon an der Spiße, ,,ein halbes Bataillon hinten und auf den Flanken ganze # Bataillone im Rottenmarsch , damit so bald man Front ,,macht, man auf allen Seiten Feuer geben kann . Es scha,,det nichts , wenn diese Bataillone einigen Abstand haben, ,,indem zwischen denselben das Geschüt marschiren kann. ,,Einzelne und unbewaffnete Leute dürfen nicht geduldet ,,werden. Passiren Sie das Defilee von Wiazma , der Her80g von Elchingen wird die Nachhut übernehmen. Der Kaiser befiehlt , daß Sie nach Hinterlegung von Wiazma ,,dergestalt marschiren sollen , daß sie nöthigenfalls den Herog von Elchingen jeden Augenblick unterstüßen Edanen . Zu dem Ende werden Sie sich mit ihm ins Einverständniß ſe,,ken und einen Offizier Ihres Generalstabs zu ihm komman ,,diren. Sie werden sich in Ihrem Marsch nach dem des „Herzogs von Elchingen richten ; da Neys Corps und das Ihrige stark genug sind , um den Rückzug allein fortzuseBen, so ist es die Absicht des Kaisers , daß der Fürst Po,,niatowski und der Vicekönig einen Tag voraus marschiren, ,,um Smolensk zu erreichen. Ich lasse zu Wiazma 4 Offisiere zurück, um Nachrichten von Ihnen zu erhalten." Unterzeichnet Alexander. Der an Ney gerichtete Brief schloß mit folgenden Worten: Der Kaiser hat Ihnen seine Instruktion mündlich

119 1

doch den andern Tag den Feind erwarteten , blieben ſie zu Fedorowskoi, um Davoust zu unterstützen , der eine halbe Stunde von diesem Dorfe im Lager stand. Obgleich seit dem Abmarsch von Malojaroslaweh erst 7 Tage verflossen waren , hatte das Heer doch großen * Verlust erlitten. Bis Mojaisk hatte das Land , besonders an Pferdefutter ten.

Allein

die

noch

einige Hülfsmittel dargebo,

Feuersbrünste hatten sich aus

angeführten Ursachen " beträchtlich vermehrt ,

denn

oben der

Soldat ist geneigt , Orte, die er nicht wieder sicht , zu zerstören.

Vergebens ſuchte Napoleon dieſer Unordnung

zu steuern.

Die Umstände begünstigten sie , auch fehlte

es an Zeit , um etwas dagegen zu thun.

Die Nachhut

war daher genöthigt , sich weiter als die andern Truppen ,,ertheilt.

Niemand kennt die nöthigen Anstalten besser als

,,Sie. Man muß die Unternehmungen dieses Lumpenpacks ,,oon Kosacken mit Nachdruck zurückweisen , und sich auf gleiche Weise wie in Aegypten gegen die Araber benehmen." វ Unterzeichnet Alexander. Die von Napoleon vorgeschriebene Marschordnung wurde nicht befolgt und konnte es nicht werden , weil alle BrückenUebergange die Colonnen trennten und die unbedeutendsten Hügel wegen der schlechten Bespannung der Fahrzeuge dieselbe Wirkung hervorbrachten. Daher kam es auch , daß oft der erste Wagen einer Colonne mehrere Stunden von den leztern entfernt war. Daß man den Fahrzeugen Geleits™ Mannschaft gab, war eine der ersten Ursachen der Auflösung des Fußvolks ; die Corps , welche diesen Dienst versaben , waren zuerst vernichtet. Eben so unmöglich war es , zu verhüten, daß es keine einzeln und unbewaffnet marschie renden Soldaten gebe , weil die Lebensweise der Soldaten Krankheiten erzeugte , und viele so sehr dadurch geschwächt wurden, daß sie sich kaum ohne Waffen fortzuschleppen vers mochten.

120 zur Beyschaffung von Unterhalts-Mitteln von der Straße zu entfernen ; dadurch wurde sie sehr ermüdet und viele Soldaten derselben fielen den Kosacken in die Hände. Von Mojaisk an war die Beyschaffung von Pferdefutter (a) mit größern Schwierigkeiten verknüpft, auch ward es beynahe unmöglich, Abtheilungen auf Plünderung auszuschicken : man håtte eines ganzen Tags bedurft , um bewohnte Dörfer zu erreichen , und Rafttåge durften keine gemacht werden , zu werden.

aus Furcht von den Rußen überholt

Das Heer war daher auf denjenigen Unter-

halt beschränkt ,

der auf der Straße ,

auf welcher man

sich zurückzog, zusammengebracht werden konnte, und den es mit sich führte.

Ersterer war beynahe für nichts zu

rechnen, weil es nicht in Napoleons Absicht lag , sich auf derselben Straße nach Smolensk zurückzuziehen , auf der er nach Moskau marschirt war, und er daher auch keine Magazine auf derselben angelegt hatte (b).

Der Unter-

halt letzterer Art bestand beynahe nur in Heerden , denn die Vorräthe an Mehl und Branntwein waren erschöpft (c). Allein die Heerden, deren Ergänzung unmöglich war, reich, ten kaum noch auf einige Tage zum Unterhalt hin ; einis gen Regimentern rangelte es bereits daran. Viele Soldaten mußten Pferdefleisch eßen ; von´Hunger gepeinigt,

(a) Wenigstens auf eine Stunde mußte man sich von der Straße entfernen , um Fourage aufzufinden. Gewöhnlich fand man erst im zweiten oder dritten Ort. (b) Zu Giat und Wiazma fand man Mehl genug , um den Truppen der Garde Portionen zu verabreichen. (c) Es ist hier blos von den Vorråthen der Truppen die Rede; denn die Generale und andere Personen, welche Wägen mit fich führten , hatten die ihrigen noch nicht erschöpft.

121 drangen sie in das Innere des Landes ein um Lebensmits tel zu ſuchen, und fanden häufig Gefangenschaft und Tod anstatt derselben.

Zu diesen Ursachen der Auflösung ka-

men noch diejenigen ,

welche eine Folge der unausgesetz

ten Märsche und Bivouaks , der an Engpåßen entstehenden Verzögerungen und der steigenden Kålte waren. Eine große Anzahl kranker und entkråfteter Soldaten blieb zus Zuerst warfen fie die Tornister, hierauf ihre Wafs

rück.

fen weg.

Ein Theil dieser Unglücklichen kam auf der

Straße um ;

der andere fiel, nach vergeblichen Anstren-

gungen , die Nachhut wieder zu erreichen , in die Hände der Rußen. Sogleich nach Passirung von Mojaisk sah sich die Nachhut genöthigt , ihre Munitions-Wågen zu sprengen , damit sie nicht den Feinden zur Beute würden. Aehnliche Opfer wurden jeden Tag wiederholt, und schon war man gezwungen , Geschütz zurückzulassen.

Einer der Ars

tillerie-Generale machte Napoleon den Vorschlag , einen Theil der Artillerie zu opfern , ten (4) ,

um den andern zu ret-

allein Napoleon wies denselben als entehrend

für ein siegreiches Heer ab.

Am 3ten November vor Tages-Anbruch dirigirten fich Poniatowski , Eugen und Davoust auf Wiazma, Ney stand in einer Stellung hinter der Wiazma und rechts von der Stadt (a) ; er hatte etwa auf Schußweite

(a) Ben jedem Treffen , werde ich mit rechts und links ktets diejenigen Truppen bezeichnen , welche Front gegen den Feind machen. Ich mache diese Bemerkung, weil es möglich ift , daß , wie bey dem Gefecht von Wiazma , ein Theil der Truppen Front gegen den Feind macht, während der andere ~noch im Rückzug' begriffen ist.

122 von derselben eine Brücke über den Fluß schlagen laffen, um den rückwärts befindlichen Corps rasch zu Hülfe eilen zu können und ihren Rückzug zu erleichtern. Poniatowski erreichte eben mit Tagesanbruch Wiazma, als eine Abtheilung Kosacken die Verbindung zwis schen ihm und Eugen unterbrach, während sich eine ans dere Abtheilung zwischen Eugen Zu gleicher Zeit wurde die

und

Davoust schob.

Nachhut lebhaft beschoffen

und Miloradowits Infanterie zeigte sich auf dem rechten Flügel, in gleicher Höhe mit Davoust. Spitze seiner Colonne Halt machen ,

Eugen ließ die

um seine Truppen

zu sammeln und zu formiren, während Poniatowski zu rückgieng und mit seinem Corps vor Wiazma links von der Straße Stellung nahm, der Rest der Reiteren sams melte sich rechts von der Straße in gleicher Höhe , die Anwesenheit dieser Truppen stellte die Verbindung wieder her (a).

Während dieser Dispositionen beschleunigte Da

vaust seinen Marsch : die Lage dieses Generals war sehr schwierig ; im Rücken durch Geſchüß beſchoffen, von feindlicher Reiterey auf allen Seiten umschwärmt, im Marsch durch eine Menge Gepäck und Nachzügler gehemmt (b), håtte er Halt machen sollen ,

um seine Truppen zu

fammlen und Stellung zu nehmen ; allein er konnte dieß nicht thun , ohne sich der größten Gefahr auszusetzen.

Seine Bataillone marschirten daher in gesteigertem Schritt in geschlossener Colonne hintereinander ; in dieser (a) Man sieht , daß Eugens Corps die erste , Poniatowskis Corps und die Reiterey die zweyte Linie bildeten. (b) Dieses Gepäcke und diese Nachzügler gehörten nicht allein zu Davousts Corps , sie waren diejenigen von allen ArmeeCorps , welche zurückgeblieben waren .

123 Marschordnung erreichte er Eugen in dem Augenblick, wo dieser General seine Truppen rechts von der Straße abrücken ließ, um sich dem rußischen Fußvolk entgegenzuwerfen ;

da jedoch Davoust bereits diese Richtung ein-

geschlagen hatte , blieb Eugen in der Stellung , in welcher er sich befand.

Seine Linie stand senkrecht auf der

Straße ; in seiner linken Flanke hatte er einen Haken ges bildet, um die Reiterey, von welcher er umgeben war, im Zaum zu halten.

Davoust, dessen Flanke dem Feind blos

gegeben war, konnte nur mit großen Schwierigkeiten ſeine Stellung in der Schlachtordnung erreichen, auch verbreitete. fich einige Unordnung unter seinen Truppen.

Sein lin

ker Flügel lehnte sich bey der großen Straße an Eugens rechten , sein rechter stand vorwärts von Neys Corps, der eine Brigade zu seiner Unterstüßung absendete.

Dems

nach bildete die Schlachtlinie einen spißigen Winkel mit " Miloradowiß hatte etwa 19000 der großen Straße. Mann Infanterie , 6000 Mann Reiterey und 8000 Ko Die bey Wiazma vereinigs facken unter seinem Befehl. 4 ten Streitkräfte der Franzosen mochten sich etwa auf 37500 Mann belaufen (a).

Die Artillerie war sehr zahls

(a) Die bey Wiazma vereinigten Corps hatten etwa noch fol. gende Stärke. \ 13000 Mann iftes Corps 6000 3tes Corps 12000 4tes Corps 3500 Stes Corps aftes und Stes Reserve-Reiter-Corps 3000

Zusammen 37500 Mann , Hierunter find nur die unter den Waffen befindlichen Truppen, nicht aber die Nachzügler verstanden. Somit nahmen die Garde , das 8te Corps (kaum noch 1200 Mann ftark) und 2 Reiter-Corps nicht Theil an dem Gefecht bey Wiazma.

!

124

reich , konnte sich jedoch kaum fortschleppen. von Nußen seyn , Schuß stellen.

Sollte fie

so mußte sich der Feind ihr in den Marschälle der Oberbe

Da keinem der

fehl übertragen war , so kamen sie auf der großen Straße zusammen, besprachen sich über die Operationen und ent schloffen sich zum Rückzug.

Dieß war die einzige vers

nünftige Parthey , welche ergriffen werden konnte , weil Der Soldat ohnehin jede Verzögerung Unheil brachte. geschwächt durch Entbehrung, schlechte Nahrung und Anstrengung , ward , weil er seit dem Morgen unter den Waffen stand ,

beynahe zu Boden gedrückt.

Der Rück-

zug begann Nachmittags um 2 Uhr , ohne daß das Ge fecht aufhörte.

Eugen und Poniatowski bewerkstelligten

ihn in guter Ordnung durch Wiazma ;

Davoust mit eis

niger Eile auf der rechts von der Stadt geschlagenen Brücke ;

Ney bildete die Nachhut ; hinter der Wiaznachdem er den Rest der Stadt

ma machte er Halt ,

in Brand gesteckt hatte. Die andern Corps bivouakirten nicht weit davon in einem großen Walde , durch den die Straße führt.

Diese Nacht war die härteste seit dem

Abmarsch von Moskau ;

die Armee verlor 4000 Mann

Todte und Verwundete , viel Gepäcke ,

einiges Geschütz

und der Feind machte einige Tausend Mann, größtentheils Nachzügler, gefangen.

Gleichwohl war das Treffen bey.

Wiazma weniger nachtheilig durch den Verlust, den man erlitten hatte , als durch seine Folgen.

Die Pferde der

Reiterey , außer Stande, die Anstrengung dieſes Tages: zu ertragen, stürzten beynahe alle, und viele Infanteristen fahen sich aus derselben Ursache genöthigt ,

die Waffen

wegzuwerfen und den Haufen der Nachzügler zu vermehs ren. Das erste Corps litt am meisten, was man größ-

125 tentheils dem von Davoust begangenen Fehler, sich rechts zu wenden , und dadurch seine Flanke dem Feinde preiß zu geben, zuschreiben muß, statt daß er sich hätte links ' wenden und durch Wiazma zurückziehen sollen ,

welche

Operation unter Poniatowskis und Eugens Schuß leicht auszuführen gewesen wäre. Unglücklicherweise führte Nicmand den Oberbefehl ; 1 es war ein Fehler Napoleons, daß er nicht persönlich diesem Gefecht beywohnte ,

oder

doch wenigstens einem der Marschålle das Commando übertrug. Sobald

Napoleon die Nachricht erhielt ,

daß die

Rußen die hinter Wiazma befindlichen Truppen anges griffen, beschloß er in der Vorausseßung, Kutuſow_leite diesen Angriff in Person und verfolge ſein Corps mit ſeis nem ganzen Heer, sich hinter Slawkowo und Dorogobutz in eine zum voraus gewählte Stellung in Hinterhalt zu legen, um sich von dieser auf das rußische Heer zu stürzen, das er durch diesen unvorgesehenen Angriff zu übers fallen hoffte.

Die Dispositionen zur Ausführung dieses

Plans wurden ausgefertigt (5), ohne jedoch an die Corpse Commandanten abgeschickt zu werden. Am 4ten November Morgens früh erhielt Napoleon Neys Bericht , der ihm offen die traurigen Folgen des Treffens bey Wiazma meldete.

Dieser Bericht schloß

mit den Worten :

,,Beffere Dispositionen hätten ein günstigeres Reful,,tat geben können.

Das årgerlichste für mich ist, daß

,,meine Truppen Zeugen der Unordnung des 1ten Corps „waren :

dieſes traurige Beyspiel erschütterte das Mora-

,,lische des Soldaten. Ich darf Ew. Majestät die Wahrs heit nicht verhelen, und kaun nicht umhin, zu erklären,

126 ,,wie schwer es

mir auch wird die Dispositionen eines

,,meiner Cameraden zu tadeln ,

daß ich nicht für den

Rückzug verantwortlich seyn kann, als ob ich ihn allein ,,befehligte. gezogen.

Das 1te und 4te Corps haben sich zurückIch habe den Wald hinter Wiazma besetzt,

,,und werde vor Tag aufbrechen ;

allein es ist nöthig,

„ die Staffeln, in denen marſchirt werden soll, zu bestim„ men, denn sonst läßt sich auf Nichts rechnen.

Ich

„glaube nicht daß sich das feindliche Heer hier befindet. „ Die Reiterey und Artillerie ſind ſehr zahlreich, das Fuß,,volk schätze ich auf 20000 Mann.“ Ich bin 2c. Obgleich

Napoleon jezt

die Ueberzeugung haben

mußte , daß nur ein entsendetes Corps bey Wiazma ges fochten hatte, schien er noch nicht ganz auf seinen Plan Verzicht zu leisten , weil er mit seiner Garde bey Slawkowo den ganzen Tag (am 4ten) Halt machte. Am 4ten fiel zum erstenmal Schnee , wiewohl sehr, wenig ;

dieß hatte man seither

am meisten gefürchtet,

sowohl wegen der nachfolgenden großen Kålte , als weil man nicht mehr rechts und links 1 von der Straße mars schiren und den Rest der Heerden ernähren konnte.

Am

5ten wurde die allgemeine rückgängige Bewegung fortges ſeßt. Das Heer marſchirte in folgender Ordnung : Junot an der Vorhut , die junge Garde , das 2te und 4te Reiter-Corpe, die alte Garde, Poniatowski, Eugen, Davoust und Ney, der die Nachhut bildete. Neys Auftrag Es waren nicht bot die größten Schwierigkeiten dar. nur Kosacken , welche der Armee folgten , sondern das Corps des Generals Miloradowiß, dem es bey der gänzlis chen Verwüstung des Landes gelang, seine Truppen durch

127 Beyschaffung der Lebensmittel aus entferuteren Gegenden zu ernähren.

Kutusow , der am Tage des Gefechts bey

Wiazma sein Hauptquartier in Krasnoi gehabt hatte, marschirte nach Jelnia.

Am besten laßen sich die Schwie-

rigkeiten mit denen Ney zu kämpfen hatte , aus einem seiner Berichte an Berthier ersehen.

Der Herzog von Elchingen an den Für sten

von

Neufchatel

und von Wa-

gram . Im Lager bey Semlewo den 4ten November, Abends um 5 Uhr. ,,Die Truppen haben sich diesen Morgen um 6 Uhr ,,in Marsch gefeßt.

Die staffelförmige Marschordnung

,,war dergestalt angeordnet , um jedes Stocken zu vers „mindern, und gegen feindliche Ueberfålle gedeckt zu seyn., „ Die rückgängige Bewegung wurde ,

was die Truppen

,,des 3ten Corps anbetrifft mit erwünschter Ordnung volls „zogen ;

allein die Straße war ohne Uebertreibung mit

,,4000 Mann von allen Regimentern der großen Armee „ bedeckt , welche zusammenzuhalten unmöglich war. Das ,,durch wird der Auftrag die Nachhut zu bilden um so „ schwieriger, als bey dem geringsten Angriff des Feindes. ,,dieser Haufen die Flucht ergreift, und leicht Unordnung Der Feind hat mich mehrere,,in die Colonne bringt. „mal mit Geſchüß und einer Menge seiner Kosacken an,,gegriffen, die mich unaufhörlich umschwärmen.

Allein

„ die einzelnen Abtheilungen haben ihn so kräftig empfan,,gen , daß es ihm nicht gelang , uns zu trennen. In „ dem Augenblick , in welchem ich Stellung nahm , hat ,,der Feind ein heftiges Geschützfeuer eröffnet , um mich. „aus derselben zu delogiren. Allein die Ueberlegenheit un-

-

128

,,seres Feuers zwang ihn , sich zu entfernen , man versi,,chert, ich habe es jedoch nicht bemerkt, daß eine Infans ,,terie-Colonne sich in die linke Flanke bewegt habe." Am 5ten machte das Hauptquartier bey Dorogobuk Halt.

Noch glaubte Napoleon, Smolensk behaupten und

hinter dem Dnieper Kantonirungen beziehen zu können ; in dieser Absicht sendete er Offiziere nach Smolensk, wels che mit der Auswahl der Kantonirungs-Quartiere beauftagt waren , die die Armee den Winter über einneh men sollte ,

auch wurde ein Befehl zur Bildung eines

activen Corps von 6000 Reitern zur Deckung der Kantonirungen entworfen.

Dieses Corps sollte aus den Resten

der 4 Reiter-Corps gebildet und von Latour-Maubourg be fehligt werden.

Der Befehl zur Bildung deffelben sollte

erst bey der Ankunft des Hauptquartiers zu Smolensk bekannt gemacht werden.

Die Armee erhielt zum ersten-

male tragbare Mühlen (a), die aus Paris geschickt worden waren ; sie wurden an die Armee-Corps vertheilt.

Am 6ten November wurde das Hauptquartier nach Mikalewka verlegt.

Hier erfuhr Napoleon die Vereini

gung des 2ten und 9ten Corps , das Treffen bey Czasniki und Víctors Rückzug auf Senno.

Er beschloß end-

lich, diesen General wenigstens theilweise von der Lage, in welcher er sich befand ,

in Kenntniß zu sehen.

Er

schrieb daher in diefer Absicht folgenden Brief an Berthier : Napoleon an den Major - General Mikalewka den 7ten November 1812. Mein Vetter ! Schreiben Sie dem Herzog von Bel„luno folgenden Brief :

Ich habe Ihr Schreiben dem

(a) Diese Mühlen waren nur von geringem Nugen , weil es an Korn fehlte.

129

„Kaiser vorgelegt.

Se. Majestät befiehlt , daß Sie Ihre

„,6 Diviſionen vereinigen , den Feind ohne Verzug angrei,,fen und ihn über die Dwina zurückwerfen , ferner daß „ Sie Polokk ( a) wieder nehmen.

Diese Bewegung ist

„ von größter Wichtigkeit ; in wenigen Tagen werden Sie in Ihrem Rücken von Kosacken überschwemmt seyn. Der Kaiser und die Armee werden morgen , wiewohl „ durch einen anhaltenden Marsch von 120 Stunden sehr ,,ermüdet, in Smolensk eintreffen. „Offensive ;

Ergreifen Sie die

das Wohl unserer Heere hångt davon ab.

,,Jeder Tag der Verspätung ist ein Unglück.

Die Reis

,,terey des Heers hat keine Pferde mehr ; der größte Theil Rücken Sie

,,derselben ist durch die Kälte gestürzt (b).

,,vor , dieß ist der Befehl des Kaisers und der Nothwendigkeit.

" Senden Sie diesen Befehl an den General Char,,pentier (c) durch die Staffete , welche in einer Stunde abgeht.

Dieser General wird denselben durch einen Of

fizier an den Herzog von Belluno schicken.“

Unterzeichnet Napoleon. Ehe Napoleon Mikalewka verließ,

erfuhr er jene

Verschwörung des Generals Mallet , die anfangs zu ges lingen schien , allein eben so schnell wiede unterdrückt wurde.

Diefe beunruhigende Nachricht, das Unglück, wels

ches das Heer von Moskau zu Boden drückte, die Unfälle seiner Generale, eine furchtbare Zukunft, der stete Anblic (a) Der Rest des Briefs ift in Ziffern geſchrieben. (b) Mangel an Futter und die unausgefeßten Mårſche waren hauptsächlich an dem Verlust der Pferde schuld. (c) Der Divisions-General Graf Charpentier war Gouverneur von Smolensk. 9

130 Lodter und Sterbender, Nichts schien Eindruck auf ihn zu machen ; er besaß im höchsten Grad jene Stärke der Seele, ohne welche kein Eroberer denkbar ist. Am 7ten überschritt er den Dnieper und schlug sein Hauptquartier in einem kleinen eine Stunde von Slobpe newa landeinwärts gelegenen Schloße auf; die ganze Ars mee sette ihren Marsch auf der Straße nach Smolensk in der oben angegebenen Marsch-Ordnung fort mit Ause nahme von Eugens Corps, das von Dorogobuß über Dus kowszina nach Smolensk marschirte. gieng

An diesem Tag

Baraguay-d'Hilliers von Felnia nach Smolensk

zurück. Die rasche Auflösung des Heers schien indeſſen nur das Vorspiel seiner gänzlichen Vernichtung zu seyn. Am Sten war nur wenig Schnee gefallen ; am 6ten fiel er während eines Nordwinds sehr reichlich, und bald erblickte das Auge nur noch eine unermeßliche blendend weiße Ebene.

Die Straße ward durch den Marsch so vieler

Pferde und Fahrzeuge so glatt wie Eis.

Unter dieser

Breite währt dieser Zustand gewöhnlich 5 Monate. Die Rußen sind auf diese Aenderung vorbereitet , und laſſen ihre Pferde schon einige Zeit vorher griffen.

Ihre Trans-

portwagen , so wie auch das schwere und das Reserves Geſchüß legen sie auf Schlitten , und nur die Kosacken. haben leichte Kanonen auf Schlitten-Laffeten.

Im frans

zösischen Heere dagegen war man nicht darauf vorbereitet. Die ungegrifften Pferde rutschten bey der geringsten Bes wegung aus , erschöpften ſich in zwecklosen Anstrengungen und stürzten häufig nieder.

In einem Augenblick

gieng der ganze Rest der Reiterey verloren , und man` war genöthigt, eine Menge Geschütz und Gepäcke stehen

131 zu laffen.

Die kostbarsten Gegenstände lagen

Straße umber, zu reißen.

auf der

ohne die Begierde der Vorüberziehenden

Man hatte nur dafür Sinn , sich Lebenss

mittel zu verschaffen. Wenige Regimenter hatten einiges Vieh erhalten ; allein es war unmöglich es långer zu ernähren. Heer unaufhaltsam und

Da das

ohne alle Austheilung von Les

bensmittelu marſchirte , so war man bald allgemein auf Pferdefleisch (a) beschränkt.

Diejenigen Pferde , welche

man genöthigt war stehen zu lassen, wurden sogleich zers riffen.

Alle diese Uebel wurden durch die steigende Kålte

vermehrt ; ohne außerordentlich zu seyn , war sie doch für folche Unglückliche unerträglich , die hungernd oder schlecht genåhrt, und für einen so strengen Himmelsſtrich zu leicht gekleidet waren.

Jeder bedeckte sich mit denen Gegens

stånden , welche ihn gegen Kålte zu schüßen vermochten ; daher gewährte auch der Anblick der Soltaten von allen Waffen den sonderbarsten Anblick. Aus allen diesen Gründen vermehrte sich das Uns glück des Heers in furchtbarem Verhältniß ; es ſtand alle Schrecken einer Hungersnoth aus. Die Zahl der Nache zügler vermehrte sich so sehr (b), daß zu befürchten war, die ganze Armee werde bald nur noch aus einer verwirre

(a) Mit Ausnahme der Garde, welche su Gjat, Wiazma und Dorogobuz Mehl erhalten hatte. (b) Die Infanterie der Garde machte eine Ausnahme, was daher rührte, weil sie weniger Sträpäßen und Entbehrungen´ als andere Corps erduldete , indem sie die Nachhut nicht bildete, und einige Mat Mehl unter fie vertheilt wurde. Von der Reiterey der Garde wären noch 2000 Mann , jes doch in schlechtem Zustande übrig. 9

132 ten Menschenmaße bestehen.

Mannszucht und Subordi

nation verloren sich vollends bey den unter den Fahnen gebliebenen Truppen. scheulich.

Der Anblick der Straße war abs

Leichen und todte Pferde lagen Haufenweise auf

derselben ; eine Menge Unglücklicher, die sich kaum mehr schleppen konnte, bedeckte den Weg , während andere aus Hunger, Anstrengung, Krankheit oder an ihren Wune den starben.

Wenn sie über ihr unverdientes hartes Schicks

sal, über ihren Tod in fernem Lande, ohne daß ein Freund ihnen die Augen schloß , ohne daß auch nur ein Lorbeer auf ihr Grab gestreut wurde , ohne daß ihre Verwandten auch nur eine Ahndung von ihrem Schicksale hatten, nachdachten, so drückte sie die Rückerinnerung an ihren Ruhm vollends zu Boden. Alle diese Uebel und das mächtige Gefühl der Selbsterhaltung erzeugten unglaublichen Egoismus und Hårte. Der Tod veranlaßte keine Thräne mehr ;

jedes Mittel

schien zur Erhaltung des Lebens gut ; der Soldat plůnderte seinen unterliegenden Cameraden , und kürzte auf diese Art seine letzten Augenblicke ab.

Jeden Abend flehte

eine Menge Unglücklicher , welche ihren Corps nicht hats ten folgen können , um eine Stelle an den lodernden Bivouaks-Feuern ;

allein man wies sie hartherzig ab,

und einige Schritte

weiter gaben sie den Geist auf. Bey jedem Aufbruch war daher das Lager, einem Schlachtfeld nicht unähnlich, mit Todten bedeckt.

Mit TagesAnbruch setzte sich Alles , was an der Straße bivouakirt

hatte, in Marsch , und ganze mehr oder minder große Banden von Soldaten zogen von den landeinwärts gele genen Dörfern herbey , und bildeten auf der Straße eine dichte Colonne von Nachzüglern.

Die Nacht deckte mit

133 ihrem Schatten die Widerwärtigkeiten , denen das Heer unterlag , der kommende Tag brachte dieselben Szenen wieder, hervor.

Die geflüchteten Familien , welche dem

Heere folgten , theilten dessen Loos , so wie auch einige in den Treffen bey Malojaroslaweh und Wiazma gemachten Gefangenen ; diejenigen der Lettern, welche dem Heere nicht mehr folgen konnten, wurden niedergeschoßen; 1 beynahe alle kamen auf diese Art um. Mitten im allge meinen Unglück , lebten die Marschålle , Generale , Verpflegungs-Beamte und alle diejenigen, welche die Vorsicht gebraucht hatten, sich zu } Moskau mit Vorråthen zu vers sehen , im Ueberfluß ( a) . Gegen Napoleon erhoben ſich bittere Klagen ; man verwünschte seinen Ehrgeiß, den nichts zu stillen vermochte; feinen Stolz , der ihn gegen alle Regeln der Kunst bis Moskau fortgetrieben und in den Trümmern dieser

(a) Man könnte fragen, warum die auf das Aeußerste reduzirten Soldaten nicht diejenigen Wågen plünderten, auf denen fich muthmaslich Vorräthe von Lebensmitteln befanden. Dieses wåre unfehlbar geschehen , wenn sie plöglich dem Schrecken einer Hungersnoth ausgesezt worden wåren ; als lein die Entbehrungen nahmen in steigendem Verhältniß zu ; diejenigen , welche sich ihren lehten Augenblicken näherten , trugen keine Waffen mehr, und die Abnahme der moralischen Fähigkeiten folgte auf die der phyſiſchen Kräfte. Diejenigen Soldaten dagegen , welche das Gepäcke begleiteten , hatten mehr geistige und körperliche Kräfte erhalten , und vertheidigten dieses Gepäcke als ihre lehte Hülfsquelle. Sah man fich indessen gendthigt , ein Fahrzeug wegen der Erschöpfung der Pferde stehen zu lassen , so sammelten sich die Nachzugler um daſſelbe, und ſuchten es in dem Augenblick zu plûndern , in welchem man die koßkbarsten Gegenstände abladen wollte.

134 Stadt 34 Tage festgehalten hatte.

Der Soldat beklagte

fich über die gegenwärtigen Uebel , allein die Generale Alle verdankten Nas

blickten mit Unruhe in die Zukunft.

poleon Aemter, Auszeichnungen, einige ihr Vermögen (6); ihr Schicksal schein daher mit dem ſeinigen verknüpft ; auch hörte man von mehreren den Ausruf: „ Er richtet sich und uns zu Grunde." Am sten November verlegte Napoleon ſein Hauptquartier nach Bredichino ; man begegnete an diesem Tage einer für die Nachhut beſtimmten Lebensmittel-Zufuhr, die den Tag vorher von Smolensk abmarſchirt

war ;

hieraus schöpfte man die Hoffnung, dort wenn auch nicht Ueberfluß, doch wenigstens das Nothwendigste anzutreffen. Auch auf Victors Hülfe rechnete man ; die Armee wußte nichts von seiner rückgängigen Bewegung , eben so wenig waren ihr die in Wolhynien und Littauen erlittenen Unfålle bekannt. Napoleon hatte alle Mühe angewendet , diese Ereignisse verborgen zu halten. Noch an demselben Tag erreichte Junot mit der Vorhut Smolensk ; er marſchirte an dieser Stadt vorbey und kantonirte

2

Stunden jenseits derselben

Straße nach Mistislaw.

auf der

Seit dem 7ten November hatte

fich Smolensk mit einzelnen Militärs , vorausgeeilt waren, angefüllt.

die dem Heer

Man mußte Lebensmittel

an sie austheilen, sonst hätten sie die Magazine erstürmt. Alle Bemühungen sie zur Fortsetzung bewegen, waren vergeblich.

des Marsches zu

Von dieser Zeit an ließ man

keinen einzelnen Militår mehr in die Stadt ein. Am

9ten November traf Napoleon in Smolensk

ein, und erfuhr bey seiner Ankunft, daß Witepsk in die Hände des Feindes gefallen

war.

Welcher Schicksals-

135 wechsel seit 2 1/2 Monaten , als er diese Stadt zum ers stenmal sah! Damals Sieger, jezt flüchtig , und seinem Untergang kaum entgangen ! Der Tag seiner Ankunft zu Smolensk ward durch 3 unglückliche Ereigniße bezeichnet : durch den Verlust eis ner Brigade der Division Baraguay-d'Hilliers, den Ucbergang über den Wop , der so verderbliche Folgen für das 4te Corps hatte , und die zunehmende Kälte.

Greifen.

wir jedoch der Darstellung der Begebenheiten nicht vor. Wir haben gesehen, daß Miloradowiß und Platow nach dem Gefecht bey Wiazma die französische Armee verfolgten, hatte.

während Kutuſow ſich nach Felnia dirigirt

Des Gefechts bey Semlewo haben wir gleichfalls

erwähnt ; nach demselben hatte Ney am 7ten November kurz vor Dorogobuk ein zweytes Gefecht zu bestehen. Die Verfolgung auf einer verheerten Straße , auf der die Franzosen alles was sie erreichen konnten , abgebrannt hatten , veranlaßte großen Verlust bey den damit beauf tragten Truppen.

Aus diesem Grunde verließ Milora-

dowit einige Stunden jenseits Dorogobuß die Straße von Smolensk, um sich nach Liakowa zu dirigiren, und begnügte sich, den General Yurkof mit einer Infanteries Division und

einigen Kosacken-Regimentern mit Neys

Verfolgung zu beauftragen. Platom verfolgte Eugen

mit seinen Kosacken auf

der Straße nach Dukowszina.

Einen Marsch von dieser

Stadt durchschneidet die Straße den Wop, einen kleinen Fluß, der sich einige Stunden unterhalb in den Dnieper ergießt; er fließt in einem tiefen Bett , hat steile Ufer , und die Eisdecke mit welcher er überzogen war , trug noch nicht.

Am 8ten November hatte Eugen an einer

136 Brücke arbeiten lassen ;

-

da es jedoch an dem ndthigen

Bedarf zu einer solchen Arbeit fehlte , so erhielt sie nicht die nöthige Festigkeit ; sie brach, und als am 9ten Nos vember das 4te Corps den Wop erreichte, war der Ues bergang durch eine Menge Gepäcks und unbewaffneter Militärs gesperrt , welche auf die Wiederherstellung der Brücke warteten.

Platow, der unterdessen von diesem

Aufenthalte Kunde erhalten hatte , beschoß Eugens Nach hut heftig, und die Kosacken ergoßen sich, von der Hoffs nung auf reiche Beute angefeuert , wie ein reißender Strom um das 4te Corps.

Mehrere Abtheilungen der

felben überschritten sogar den Wop und zeigten sich auf dem andern Ufer.

Eugen konnte seinen Rückzug theils

wegen der Nähe des Feindes , theils weil er überhaupt gegen das übrige Heer noch weit zurück war , nicht lån, ger aufschieben.

Nachdem er die Kosacken durch Trup-

pen-Abtheilungen und Geſchütz zurückgewiesen hatte , befahl er der königlichen Garde , den Fluß zu überschreiten; dieser Befehl ward auf der Stelle ausgeführt ;

die

Garde durchwatete den Fluß , wobey das Wasser den Truppen bis an die Brust reichte , und nahm auf dem rechten Ufer Stellung. mit seinem Generalstab. ´zeuge überzusetzen.

Ihr folgte Eugen unmittelbar Sofort versuchte man die Fahrs

Allein die Auffahrten besonders die

am jenseitigen Ufer überzogen sich mit Glatteis ;

die

Furth war bald durch eine große Anzahl Wägen gesperrt, die stecken geblieben waren. Man gab die Hoffnung auf, die Brücke wieder herzustellen und sah sich genöthigt, das Geschütz und Gepäcke , welche noch auf dem linken Ufer standen, zurückzulaffen.

Sobald die Nothwendigkeit

dieses Opfers bekannt wurde , boten die Ufer des Wop

137 einen furchtbaren Anblick dar, wie die Kriegs-Geschichte wenige Beyspiele aufzuweisen hat.

Diejenigen Personen,

welche genöthigt waren, ihre Wågen im Stich zu laffen, packten ihre Lebensmittel und andern Gegenstände von Werth auf ihre Pferde ; viele dieser Wågen wurden durch Nachzügler in dem Augenblick des Abladens geplündert, und die Eigenthümer verloren auf diese Art ihre letzte Hülfsquelle.

Eine Menge Menschen und Pferde ertran-

ken bey Durchwattung des Fluffes aus

Schwäche , und

bald war derselbe mit Leichen angefüllt.

Diejenige Sols

daten welche das rechte Ufer erreicht hatten, beeilten sich, Feuer aufzumachen, um ihre Kleider zu trocknen und sich zu erwärmen.

Gleichwohl kamen

viele derselben um

weil es ihnen an der nöthigen Nahrung und an geiftis gem Getränk fehlte.

Den ganzen 9ten November überließ

Eugen die Diviſion Brouſſier auf dem linken Ufer zurúď ,

um die Kosacken im Zaum zu halten , und den

Zurückgebliebenen Zeit zu laffen, den Wop zu überschreiten. Am Morgen des 10ten Novembers seßte diese Dis viſion über den Wop , und überließ den Kosacken einige Verwundete und Kranke, gegen 60 Geſchüße, eine größe Menge Fahrzeuge und viele von der Plünderung von Moskau herrührende in dem Schnee umberliegenden kostEine große Anzahl kranker und baren Gegenstände. geschwächter Soldaten warf sogleich nach dem Uebergang über den Wop ihre Waffen von sich , so daß das 4te Corps kaum noch 600 Mann unter den Waffen zählte, und von den 92 Geſchützen , mit denen es von Moskau abmarschirte, waren kaum noch 12 übrig. Platom verfolgte dieses Corps und beschoß es ;

er

hatte den Aufenthalt deffelben dazu benußt , mehrere Kos

138 facken-Regimenter auf einem Umweg nach Dukowszina vorauszuschicken ; sie beseßten die ganze Ebene, in wel cher diese kleine Stadt liegt , und besonders die Straße Die Unordnung, in

auf welcher Eugen anrückte.

der

sich sein Corps befand und Platows rasches Nachsetzen. zwangen diesen General, den.

sich auf der Stelle zu entschei-

Er befahl daher der königlichen Garde, welche die

Vorhut bildete , anzugreifen.

die Kosacken

in geschlossener

Colonne

Diese hielten den Angriff nicht aus , zogen

fich zurück und überließen den Franzosen Dukowszina. Diese Stadt, durch welche nur wenige Truppen gekoms inen waren, hatte nicht sehr geliteen, und war daher von Nußen für die Franzosen.

Eugen sah sich zu Wieders

Herstellung der Ordnung gleichsam genöthigt , den 11ten ` November daselbst Rasttag zu machen, deſſen ſeine Truppen so sehr bedurften.

Am 12ten brach er vor Tage auf

und erreichte, auf allen Seiten von Kosacken umschwärmt, Smolensk. 4 Seine Nachhut steckte Dukowszina und alle Dörfer, die sie erreichen konnte, in Brand. Wir haben gesehen , dirigirt hatte ;

daß Kutusow sich auf Felnia

am 9ten November traf sein Hauptquar-

tier daselbst ein.

An demselben Tag umzingelte Orlofs

Diviſion (a) die Brigade Augereau ( von der Diviſion Baraguay-d'Hillers) in dem Dorfe Liackowa , und zwang fie nach einem heftigen Gefechte, 2000 Mann stark, das

(a) Orlof-Denisows befehligte eine aus einem Jäger-Regiment su Fuß, zwey Reiter-Regimentern, mehreren Kosacken-Pulks und 12 Kanonen bestehende Truppen-Abtheilung ; er war Parthengånger. Kutusow batte mehrere solche Abtheilungen ges bildet, um das französische Heer unaufhörlich zu beunruhi gen. Der größte Theil derselben bestand aus Reiterey.

159 Gewehr zu strecken.

In Liackową fielen den Rußen Mas

gazine in die Hand, die ihnen von großem Nußen waren. Um Napoleon den Rückzug auf der Straße nach Orsza und Minsk, auf der sich seine Vorråthe befanden , abzuschneiden, dirigirte Kutuſow das Corps unter Ostermann auf Koritnia und marſchirte mit dem Rest seines Heers über Liackowa, Pronina und Wolkowo auf Krasnoi ; Mis loradowik , der vor ihm in Liackowa angekommen war, übernahm dort die Vorhut. Ich sehe mich genöthigt , die Darstellung der Ope rationen Napoleons und Kutuſows hier abzubrechen , um einen Blick auf die entfendeten Armee.Corps zu werfen. In dieser Beziehung war der Geſchichtschreiber des Nů ckzugs der Zehntausend glücklicher, indem er die Aufs merksamkeit nie auf diese Art von dem Hauptgegenstand abzulenken brauchte. Zuvdrderst und um nie mehr auf das Vergangene zurück zu kommen , sey es mir vergönnt, einige Betrachtungen über die Operationen seit dem Trefs fen von Malojaroslaweh anzustellen. Da Napoleon gezwungen war , sich auf derjenigen Straße nach Smolensk zurückzuziehen , auf welcher er nach Moskau marschirt war , mußte er um desto grds Bern Verlust erleiden , je mehr er Truppen auf dieser Straße anhäufte.

Er mußte daher so wenig Truppen , als möglich , auf dieser marschiren lassen ; demnach hätte

er Poniatowski von Jegoriewski nach Jelnia ; Mortier und Ney von Wereia auf Jelnia , Eugen und zwey Reis ter-Corps von Mojaisk nach Bieloi ( a) dirigiren sollen,

(a) Von Gjat nach Witepsk führt eine große Straße über Bieloi ; in der Höhe von Gjat hatte Eugen diese Straße eingeschlagen.

1

140 von wo aus fie ihren Rückzug nach Witepsk bewerkstelligt haben würden , wenn Napoleon genöthigt worden wäre, Smolensk aufzugeben.

Alle diese Corps hätten

fich, nur von ihrem Linien-Geſchüß und wenig Gepäcke begleitet , in Eilmårſchen zurückgezogen ; auf der großen Straße wäre nur die alte Garde, Davousts Corps, zwey Reiter-Corps , alle großen Parks , alle Reserve-Batterien und ein Theil des Gepäcks jener Corps geblieben, welche Seitenwege eingeschlagen hatten. Davoust hatte mit.. seinem Corps und mit 2 Reiter-Corps die Nachhut gebildet ;

er wåre in angestreugten Märschen fortgerückt ,

und hätte alle Artillerie und alles mehr folgen konnte, vernichtet.

Gepäcke das nicht

Es kann nicht einges

wendet werden , daß dieser Marsch auf Seitenwegen nicht ausführbar gewesen wäre, weil Eugen und Poniatowski zu einer Zeit, in der ihre Corps noch viel zahlreicher was ren , auf gleiche Weise marschirt waren ( a) ; weil ferner das ganze Heer

einen Seitenweg eingeschlagen hatte,

und weil endlich die ganze rußische Armee gleichfalls auf einer Nebenstraße marschirte.

In Folge dieser Disposi

1 tionen hätte Davoust am 31sten October Wiazma und am 5ten oder 6ten November Smolensk erreicht.

Die

Corps , welche auf Jelnia marschirten , wären etwa am 2ten November daselbst angelangt ; um dieselbe Zeit konnten diejenigen , welche sich auf Bieloi bewegten, dort anSonach hätte Kutusow das französische Heer

kommen.

(a) Eugen bat vergeblich um Ermächtigung dieselbe Straße einsblagen zu dürfen , welcher er bey dem Marsch nach. Moskau gefolgt war. Napoleon befahl ihm , sich in seinem Marsch nach Davoust zu richten , um diesen nöthigenfalls zu unterstügen.

141 nicht überholt ,

es wäre höchstens von Kosacken beunru

higt worden , und hätte die Dwina und den Dnieper noch vor der Zeit der strengen Kälte erreicht.

Napoleon

vereinigte nicht nur sein ganzes Heer auf der Straße von Moskau nach Smolensk , sondern versäumte auch alle diejenigen Maasregeln , welche deffen Loos håtten erträglicher machen können.

In jedem Etapenplatz hätte

man zahlreiche Heerden (a) zusammenbringen sollen, und unterließ dieses.

Man hätte mehrere Brücken über

Bäche und Schluchten schlagen sollen, um die Verbindung zu erleichteru ;

allein selbst die bereits vorhandenen wur-

den nicht ausgebeßert.

Durch diese Maasregeln hätte

Napoleon die meiſten Glücksfälle auf seiner Seite ges habt, um sich aus seiner mislichen Lage zu ziehen. Es verdient jedoch hinzugefügt zu werden , daß sein Gegner Zeit verlieren mußte , wenn ein glückliches Resultat erreicht werden sollte. Denn wenn Kutusow sich in Eil märschen von Gonczarowo zuerst nach Juknow, wo er die rückgängige Bewegung des französischen Heers ers fahren haben würde, und von da nach Slawkowo dirigirt hätte , so würde er Napoleon überholt haben ; sein Uns tergang wåre gewiß gewesen , weil zur Zeit seiner Ankunft in Slawkowo der erlittene Verlust ihm nicht mehr gestattet hätte, dem rußischen Feldherru mit einiger Auss

(a) Die Commandanten dieser Etapenpläge versahen sich nur auf einen Monat mit Lebensmitteln . Es war ihr Vortheil die Einwohner zu schonen ; allein im Fall eines Rückzugs hätten sie ihre Requisitionen weiter ausgedehnt. Ein einziger dieser Commandanten führte diese Maaßregel aus , obgleich er keinen Befehl dazu erhalten hatte , und der Erfolg' belohnte seine Vorsicht.

-

142

--

ficht auf Erfolg eine Schlacht zu liefern (a).

Ueberdieß

konnte Kutusow sich langsam auf Smolensk zurückziehen (b) und einige Tage würden hingereicht haben, Nas poleon in die äußerste Noth zu versehen.

Wir haben

gesehen, daß Kutusow vier Tage mit Märschen in der Umgegend von Malojaroslawet verlor. lich einen Beweggrund

aufzufinden ,

Bewegung veranlassen konnte. Operationen einen

Es ist unmög

der ihn zu dieser

Von dort an hatten seine

vernünftigen Zweck und man kann

ihm nur den Vorwurf der Langsamkeit machen. Wir haben Macdonald in Unthätigkeit verlaſſen , die bis zum 15ten November fortdauerte ; aus diesem Grunde, und wegen des geringen Einflußes, den ein vor Riga festgehaltenes Corps in diesem Augenblick auf das Schicksal der Armee von Moskau haben konnte , werde ich später die Ereigniße erzählen , welche sich auf diesem Theil des Kriegs-Schauplaßes zutrugen. Wrede fuhr fort, Wilna zu decken ; nachdem er von Glubokoe nach Danilowiczi zurückgegangen war , beschte er am 19ten November erstere Stadt abermals ; die Bris gade Corbineau hatte ihn am sten November verlaſſen , um sich mit Victor zu vereinigen.

(a) Selbst in der Annahme , daß Napoleon hoffen dürfte, eine Schlacht zu gewinnen , konnte er sich aus Mangel an Reiterey kein entscheidendes Reſultat versprechen. Seine Lage wåre daher selbst in dieſem Fall um nichts gebeßert worden. (b) Da diese Stadt nur durch die größtentheils aus Rekruten bestehende Division Baraguay-d'Hilliers vertheidigt werden konnte, so hätte man sich derselben bemächtigt, aber sie durch eine Truppen-Abtheilung eingeschloßen.

143

Ich habe früher der Instruktionen erwähnt , welche den Generalen Tschitschagof,

Wittgenstein und Steinheil

durch Alerander zugefertigt wurden.

Ein Theil der darin

vorgeschriebenen Maasregeln, konnte nicht ausgeführt wer den (7), wie dieß nicht anders zu erwarten war; allein da die Einnahme von Minsk und die Vereinigung der obengenannten Generale anf dem rechten Berezina-Ufer, um dem französischen Heer den Rückzug abzuschneiden , stets der Zweck war , den Kutusow sich vorschte, so beschloß Tschitschagof endlich aus seinen Kantonirungen aufzubrechen, um seinerseits zu

diesem Resultat

mitzuwirken.

Seine Streitkräfte betrugen 55000 Mann regelmäßiger Truppen , auch zählte er noch auf die Ankunft der 3000 Mann starken Brigade Lieders , welche aus der Moldau heranzog.

Schwarzenbergs Heer belief sich kaum auf

465000 Mann (a), die Diviſion Durutte, welche er ers wartete , mitgerechnet. Sacken erhielt von Tschitschagof 27000 Mann, um Schwarzenberg im Schach zu halten ; mit dem Rest seiner Truppen verließ lehterer Brecsz-Lie towski am 27sten October, um sich gegen Minsk zu bes wegen (b) ; er hatte demnach) 14 Tage verloren, während (a) Schwarzenbergs Heer war folgendermaßen zusammengefeßt : Deftreichisches Corps .· · 25000 Mann Siebentes Corps 8500 Brigade Kosinski 4000 Division Durutte 9000 zusammen 46500 Mann ,

worunter 5500 Mann Reiterey. Die Division Durutte war 12000 Mann stark, sie hatte jedoch zu Warschau ein Regiment zurückgelassen . (b) Tschitschagofs und Sackens Heere waren aus folgenden Corps gebildet :

144 welcher Zeit er dem französischen Heere unberechenbaren Schaden hätte zufügen können, weil Schwarzenberg ihm innerhalb dieses Zeitraums nur 37000 Mann entgegensehen konnte.

Tschitschagof rückte am 31sten October (a)

über Prujany nach Slonim ,

wo er am 3ten November

Armee unter Tschitschagof. Corps des General-Majors, 6000 Mann Grafen Lambert Corps des General-Lieutenants, Grafen Langeron 11000 Corps des General-Lieute5000 nants Woinon Corps des General-Majors 6000 Tschaplik . Brigade des General-Majors Lieders • 3000 noch auf dem Marsch aus der Moldau befindlich. zusammen 31000 Mann , worunter 1000 Mann Reiterey. Armee unter Sacken. Corps des General-Lieutenants Sacken 6000 Mann Corps des General-Lieutenants Effen 9000 Corps des General-Majors Bulotow 5000 Corps des General-Majors Liewen (früher KamensFoi)

7000 zusammen 27000 Mann ,

worunter 8000 Mann Reiterey.

(a) Man behauptet , Tschitschagof habe zu Prujany von Ku tusow Befehl erhalten , Truppen nach Kiow zu senden , und dieser Befehl sey unmittelbar nach dem Treffen bey Malos jaroslawek ausgefertigt gewesen. Ich konnte die Wahrheit dieser Behauptung nicht ausmitteln , die man wegen ihrer Zwecklosigkeit in Zweifel zu ziehen versucht wird. Tschits schagof gehorchte nicht.

145 ankam und Halt machte ;

er erfuhr daselbst , + daß eine

dstreichische Vorhut den 7ten zu Wolkowisk angekommen sey, ließ sofort die Brücke bey Jelnia zerstören, und sehte fich den 8ten wieder in Marsch.

An demselben Tag bes

fahl er dem Obersten Tschernitschew, sich unmittelbar zu Wittgenstein zu begeben ( a), um diesen von dem Marsch ´der Moldau - Armee auf Minsk in Kenntniß zu ſehen. Diese Stadt war, ungeachtet ihrer wichtigen Lage auf der Haupt-Verbindung des französischen Heers und der dort vereinigten beträchtlichen Magazine, nicht hinreichend ges deckt, und konnte nur durch ein Corps behauptet werden, das im Stande war, das Heer unter Tschitschagof aufzuhalten. Die ganze Besatzung mochte etwa 3500 Mann neuausgehobener größtentheils littauischer Truppen stark ſeyn. Die Division Dombrowski zählte kaum noch 4500 Mann (b).

Hertels Streitkräfte waren nur allein au

regelmäßigen Truppen

mehr als noch einmal so stark. Die Besatzung von Wilna bestand nur aus zwey Marsch-

Regimentern, somit konnte diese Stadt, die nur durch die Trümmer des 6ten Corps gedeckt wurde und stets auf einen Angriff von Wittgenstein gefaßt seyn mußte, keine Truppen Minsk zu Hålfe senden. Victor hatte zwar den Auftrag erhalten , je nach den Umständen entweder die

(a) Der Oberst Tschitschagof erhielt ein Kosacken- Regiment zur Eskorte. Er marschirte über Nowogrodek, Radoszkos wiczi nach Czasniki , wo er sich am 17ten October mit Tschernitschen vereinigte. Bey Radoszkowiczi stieß er auf den General Winzingerode , den zwey Gendarmen nach Frankreich abführten, und befreyte diesen. (b) Hierunter sind die Truppen der Division Dombrowski nicht begriffen, die zu Mohilow und der Umgegend ſtanden. 10

-

146

Städte Wilna und Minsk,

oder St. Cyr oder endlich

die große Armee zu unterstützen ;

allein da er genöthigt

worden war, St. Cyr zu Hülfe zu cilen, so konnte er keine beträchtliche Entsendung_mehr vornehmen , ohne Gefahr zu laufen, von Wittgenstein aufgerieben zu werden, und um Tschitschagof aufzuhalten, håtte er überdieß sich dieſem mit allen seinen Streitkräften entgegen werfen müßen. Bronikowski , Gouverneur von Minsk , war durch die Nachricht,

die Rußen hätten sich ( ») Slonims bez *

mächtigt, ſehr beunruhigt worden, und hatte das gefähr= liche seiner Lage geschildert. Victor war genöthigt, SaintCyr zu Hülfe zu eilen, und Napoleon konute um diese Zeit nur über die Division Durutte ( die 32te ) welche in

den letzten Tagen des

Monats October zu War-

schau eintreffen sollte, und über die zu Königsberg befindliche Division Loiſon (die 34te) verfügen.

Er hatte diese

Streitkräfte stets für mehr als hinreichend gehalten , um feine Ueberlegenheit in Littauen zu behaupten , weil er trok der Berichte von Schwarzenberg die Moldau- Armee nie höher als auf 20000 Mann und die unter Tschitschagof vereinten Streitkräfte nur auf 40000 Mann ſchäßte.

Hinsichtlich Wittgensteins Heer war er in eis

nem ähnlichen Irrthum geblieben.

Als ihn die Unfälle

feiner Generale endlich zwangen , wenigstens zum Theil die Richtigkeit ihrer Berichte anzuerkennen , stellte er die Division Durutte unter Schwarzenbergs Befehl, dirigirte die Diviſion Loison auf Wilna, und schärfte dem General

(a) Man wird sich erinnern , worfiel.

daß dieß am 19ten October

147 Dombrowski ein , sich vor allen Dingen die Vertheidis gung von Minsk angelegen seyn zu lassen.

Schwarßen-

berg hatte die Befehle Napoleons, die Division Durutte an sich zu ziehen, nicht abgewartet (a).

In den ersten

Tagen des Monats November vereinigten sich 6 Batail. lone (b) dieser Diviſion mit dem 7ten Corps.

Die erste Brigade der Division Loison kam erst den 21ten Novem

ber zu Wilna an ;

mithin wären dieſé Truppen unvers

mögend , Minsk gegen Tschitschagof zu behaupten. gab daher kein Mittel, diese Stadt zu retten.

EB

Bronikowski, der keine genauen Angaben über die Stärke des Corps hatte,

das sich von

Slonim auf

Minsk dirigirte, und dem überdieß keine andere Mittel zu Gebot standen , diese Stadt zu behaupten , als den Feind durch feste Haltung zu imponiren, sendete den pols nischen General Kochetki mit etwa 2300 Mann Jufans terie und 300 Reitern,

den einzigen Truppen die zu

feiner Verfügung standen, nach Nowoi- Swerjin am. Nies men.

Am 13ten griff Lambert, der Tschitschagofs Vor-

hut befehligte, den General Kochehki an, nahm ein Bas taillon desselben gefangen ,

und drångte ihn so lebhaft,

daß er nicht mehr Zeit genug zur Zerstörung der Brücke bey Nowoi-Swerjin hatte.

Am 15ten erreichte Lambert

den General Kochekki abermals bey Koidanow , verfolgte ihn unausgesetzt ,

und zwang ihn etwa 4 Stunden von diesem Städtchen , nachdem er ihn umringt hatte , das

(a) Durutte hatte durch Maret Befehl erhalten, sich an Regnier anzuschließen, und einen Theil seines Corps zu bilden. Maret gab diesen Befehl auf vielfältige Bitten , Schwar kenbergs. (b) Diese Division bestand aus 18 Bataillonen .

10

148 Gewehr zu strecken (a) ;

nur mit 100 Reitern gelang

es dem polnischen General nach Minsk zu entkommen. Seine Ankunft daselbst, welche die Nähe des Feindes verkündigte ,

verbreitete allgemeine Bestürzung.

deffen Division

browski ,

Doms

an demselben Tag Smelo-

wiczi erreichen sollte , welches Dorf nur 9 Stunden von Minsk entfernt ist , eilte nach dieser Stadt , um sich durch eigene Erkundigung von der Lage der Dinge zu Man wußte damals mit Gewißheit , daß Lschitschagof in Person mit seinem Heere vorrücke , und

überzeugen.

daß seine Vorhut nur 5 Stunden von Minsk entfernt stand. Dombrowski hatte etwa 2000 Mann Infanterie, 300 Reiter und 12 Kanonen bey sich ; der Rest seiner Diviſion war noch zurück , er konnte daher weder Minsk vor Tschitschagof erreichen , noch gegen diesen General Stellung nehmen, ohne sich dem Schicksal Kochehkis aus´zusehen ;

aus

diesen Gründen kehrte, er ohne Verzug

zu seiner Division zurůď, um den Rückmarsch über Igu men und Berezino auf Borisow anzutreten. Am 16ten Nachmittags um 2 Uhr brach Bronikows ki von Minsk auf, und zog sich mit etwa 1000 Mann nach Borisow zurück. Eine große Menge einzelner Mi litårs und Beamten wendete sich nach Wilna , wo ihre Ankunft große Bestürzung verursachte.

Tschitschagof zog.

unmittelbar nach Bronikowskis Abmarsch in Minsk ein ;

(a) Kochenki hatte noch littauische neuausgehobene Batails lone , sin französisches Bataillon und 300 Reiter ; sobald die beyden littauischen Bataillone bemerkten, daß sie umringt waren, legten sie sich auf den Boden, und waren nicht mehr aus dieser Stellung zu bringen .

149 er fand in den Magazinen mehr als zwey Millionen Rationen aller Art , und in den Spitälern 4700 Mann von allen Graden.

Hertel , dem er Befehl gesendet hat-

te, ſich mit ihm zu vereinigen, weigerte sich dessen , und blieb fortwährend in Mozyr. Unterdeffen, vereinigte Schwarzenberg auf die Nachricht von Tschitschagofs Bewegung, seine Armee zu Bia, Instock und marschirte nach Slonim , um den rußischen General in seinem Marsche aufzuhalten.

Seine Vorhut

erreichte am 8ten November Wolkowisk , am 10ten Jelnia, am 12ten Slonim; sein Hauptquartier verlegte er am 14ten November in leßtere Stadt ; Regnier war beauftragt, seine Bewegung zu maskiren ; nachdem er die polnische Brigade Kosinski zu Wengrod zur Deckung Warschau's gelassen hatte ,

vereinigte er sein Corps am

4ten November zu Narewka und traf am 6ten zu Swislocz ein.

Während dieser Bewegungen ließ Sacken nach

der ihm von Tschitschagof ertheilten Instruktion , 5000 Mann in Breszc-Litowski und in Wolhynien, und dirigirte sich mit dem Rest seiner Truppen über Bielowe auf Wolkowisk. Regnier marschirte ihm bis Rudnia ent gegen, wo er am 11ten_November eintraf. doch die Gewißheit erlangt hatte ,

Als er je

daß der rußische Ge-

neral ihm an Streitkräften überlegen sey , ging er auf Wolkowisk zurück ,

und benachrichtigte sogleich Schwar-

henberg von Sackens Bewegung ,

indem er ihn zu gleiz

cher Zeit dringend zum Rückzug aufforderte. Nachhut hatte während seiner

Regniers

rückgängigen Bewegung

einige unbedeutende Gefechte mit Sackens Vorhut_bestanden.

150 Das Städtchen Wolkowisk liegt auf dem rechten Ufer eines Baches, der, weil er gefroren war, durchaus ohne Schwierigkeit überschritten werden konnte.

Regnier

erreichte dasselbe am 14ten November und bewerkstelligte feine Vereinigung mit Durutte, der seit dem 12ten mit dem Rest seiner Division daselbst angekommen war.

Er

nahm Stellung hinter dem Bach auf den Höhen, welche sich bis an das rechte Ufer desselben erstrecken. stand in der Mitte ,

Durutte

die Sachsen auf den Flügeln ;

eis

nige Compagnien der Division Durutte hatten Wolkowisk bescht.

Die

Generale und sämmtliches

Gepäcke

suchten in diesem Städtchen ihr Unterkommen , obgleich es nur durch einige Compagnien sächsischer leichter Trups pen gedeckt war. Regniers Corps war etwa 16000 Mann Infanterie und 1100 Reiter stark. Sacken batte 16000 Mann Jnfanterie, 6000 Reiter und mehr als 5000 Ko facken unter seinem Befehl.

Sobald er erfahren hatte,

daß das Hauptquartier des Generals Regnier sich zu Wolkowisk befinde , und blog durch einige Compagnien gedeckt sey, beschloß er, diesen zu überfallen.

Am 15ten

Morgens um 3 Uhr warf er die Compagnien , welche Wolkowisk deckten über den Haufen , und drang unvers muthet in diese Stadt ein. perale ,

Regnier und die übrigen Ge-

welche in derselben wohnten,

sich in aller Eile zurückzuziehen . che französisch sprachen , gaben sich für Franzosen

benützten die aus ,

waren genöthigt,

Rußische Offiziere, wel, Dunkelheit und .

wodurch zwischen den

Sachsen und Franzosen mehreremal Verwirrung entſtand. Nach kurzem aber lebhaften Gefecht behaupteten sich die Rußen in dem Besize der Stadt (a) ; sobald es Tag (a) Die Rußen boben zu Wolkowisk einen großen Theil des Gerácks auf.

151

-

wurde , nahm fie Regnier wieder.

Sofort entwickelte

Sacken sein Heer ; sein rechter Flügel besetzte die Straße von Wolkowisk nach Slonim , um die Verbindung zwis schen Regnier und Schwarzenberg abzuschneiden ; ſeine Mitte und sein linker Flügel besetzten die beyden StraBen nach Prujany ;

er begnügte sich an diesem

Tage,

den linken Flügel seines Gegners leicht anzugreifen, ohne Zweifel in der Hoffnung , ihn dadurch zum Rückzug zu veranlaſſen, ohne daß er genöthigt wäre, ihm eine Schlacht zu liefern.

Der erste nur durch Reiterey ausgeführte Au-

griff ward von der sächsischen Reiterey zurückgewieſen ; der zweyte ernsthaftere Angriff, der durch Reiterey und Infanterie ausgeführt , aber viel zu langsam vorbereitet wurde, ward durch die sächsische Jufanterie abgewiesen, welche Regnier unterdeffen auf seinen linken Flügel ges fendet hatte, um einen Wald der sich daselbst befand, zu besetzen.

Am Morgen des 16ten ließ Sacken Wolkowisk

durch 2000 Mann angreifen und bemächtigte sich dieser Stadt.

Regnier hatte nur einige Compagnien darinn

gelassen , weil ihm wenig daran lag , diesen von seiner Stellung entlegenen Posten zu behaupten.

Gegen Mit-

tag ließ Sacken den linken Flügel Regniers abermals angreifen; er schien diesen Angriff mit Nachdruck verfolgeu zu wollen, als man plötzlich gegen 3 Uhr, von Izabelin her hinter Sackens Mitte Geschützfeuer hörte ; auf der Stelle wendete sich ein Theil von Sackens Truppen rückwärts ; diese Bewegung wurde durch Schwarzenbergs Ankunft veranlaßt, der der Mitte der feindlichen Stellung in den Rücken kam ; sobald nemlich der östreichiſche General ( 14ten Novbr. ) von Regniers Rückzug auf Wolkowisk Nachricht erhalten hatte, ließ er Frimont `mit

-

152

6500 Mann zurück, und dirigirte sich mit 18000 Mann über Zwachkewitzki nach Izabelin, wo seine Vorhut noch an demselben Tag ankam. Da der Donner des Geschüßes und die rückgängige Bewegung der Rußen Regnier über Schwarzenbergs Ankunft außer Zweifel setzte,

griff er

sogleich Wolkowisk an und bemächtigte sich desselben. Sacken benützte die Nacht um sich auf Seitenwegen nach Swislocz zurückzuziehen (a).

Er war so glücklich diese

Stadt noch vor Regnier zu erreichen ;

im andern Fall

håtte er sich in einer außerst mißlichen Lage befunden, weil das dstreichische Corps sich auf Porosow dirigirte `und ihm somit den Rückzug nach Prujany abſchnitt. Den 17ten vor Tag setzte sich Regnier in Marsch; er schlug anfangs die Straße nach Prujany über Poros sow ein ,

und nachdem er seine Reiterey zur Sackens

Verfolgung abgesendet hatte, dirigirte er sich auf Hrinss ki, um dort vor dem rußischen General anzukommen ; er traf zu gleicher Zeit mit der feindlichen Nachhut daselbst ein, und warf diese über den Haufen. Nachdem Sacken dieser Gefahr entgangen war , theilte er sein Corps bey Rudnia und zog sich in Eilmårschen nach Breszc-Litowski und Kobrin zurück , wo er den 24ten November aukam, und von wo er sich auf Liuboml und Kowel zurückzog. Sein Corps hatte sich etwa um

10000 Mann vermins

dert, von denen 7000 gefangen worden waren, auch hatte er beynahe all sein Gepäcke

und einiges

Geschütz

vers

(a) Regnier hatte Eacken burch einen Nachtmarsch zu Swiss locz überholt, weil er , um diese Stadt zu erreichen , auf der großen Straße marschiren konnte, während Sacken ges nöthigt war, Seitenwege einzuschlagen.

153 loren.

Am 24ten November kam Regnier zu Bresze-vis

towski und Schwarzenberg am folgenden Tag zu Ko, brin an.

Der öftreichische General erhielt in dieser Stadt

ein Schreiben von Maret ( a) ,

worinn er aufgefordert

wurde, schleunigst nach Minsk zurückzugehen : er machte daher am 26ten November Halt und trat am 27ten seis 1 ne rückgängige Bewegung an : Seine Vorhut stand damals bey Mokrany.

Regnier blieb bis zum 1ten Des

zember zu Breszc-Litowski, um welche Zeit er sich in ders selben Richtung rückwärts bewegte. Schwarzenberg

war

von der Rückzugs-Linie des

Heeres von Moskau zu weit entfernt, und konnte diesem daher von keinem Nutzen seyn,

Das Loos dieser Armee

mußte entschieden seyn, ehe dieser General Minsk erreichen konnte,

und Napoleons ganze Hoffnung beruhte daher

nur noch auf Victor.

Ehe wir in der Erzählung der Ope-

rationen dieses Generals fortfahren, werde ich über die so eben dargestellten Bewegungen einige Bemerkungen machen. Ich habe Tschitschagof wegen seiner Unthätigkeit getadelt, in die er verfiel, nachdem er Schwartzenberg aus Wolhynien vertrieben hatte :

gleich großen Tadel verdient er

wegen seines langsamen Marsches auf Minsk.

Sobald

er diese Operation beschlossen hatte, mußte sie rasch ausgeführt werden.

Schwarzenberg håtte Regniers

Corps

durch eine Infanterie-Brigade und die Hälfte seiner Reis terey (b) verstärken sollen ;

mit diesen Streitkräften wå-

re Regnier im Stande gewesen, Sacken im Schach zu

(a) Man wird sich erinnern , daß Maret von Napoleon ermächtigt war, in dringenden Fällen Befehle zu ertheilen. (b) Vielleicht war Schwarzenberg der Meynung , es stehe

154 halten, und Schwarzenberg håtte sofort Tschitschagof fol gen können.

Nachdem der östreichische General beschlof-

fen hatte, mit seinem Heer zu Bezwingung Sackens zurückzugehen, hätte er am 17ten auf derselben Straße umkehren und Regnier etwa 2000 Mann Reiterey zurücklaffen sollen , dem es hieran fehlte und der sofort stark genug gewesen wäre, Sacken über die Muchawet zurücks zuwerfen

(a).

Schwarzenbergs unkluger Marsch zur

Verfolgung Sackens , während die Stellung der franzöſischen Heere ihn im Gegentheil dringend auffordern muß, te, in Eilmårſchen Tschitschagofs Spur aufzusuchen, führt auf den Gedanken , sein Benehmen sey ihm von sei nem Hofe vorgeschrieben gewesen.

Bis auf den heutigen

Tag hat sich jedoch diese Vermuthung noch nicht bestas tigt.

Ueberdieß läßt sich Schwarzenbergs Betragen das

durch erklären, daß er seine Truppen zu schonen suchte, indem er sie untergeordneten Streitkräften entgegenseßte nicht in seiner Macht, diese Brigade zu detaſchiren , weil ein geheimer Artikel des Vertrags mit Oestreich festsette, daß das dftreichische Corps nicht getheilt werden dürfe ; allein in diesem Fall konnte er Regnier zur Verfolgung Tschits schagofs absenden und die Vertheidigung gegen Sacken selbst übernehmen. (a) Regnier, durch 2000 Mann dstreichischer Reiteren verstärkt, ware ftark genug gewesen, Sacken zu verfolgen, dessen Streits kräfte sich in Folge des Verlustes am 16ten vermindert hatten, und weil dieser General während seines Rückzugs neuen Verlust erlitten hätte. Dieser Rückzug wäre eben so bes schleunigt gewesen, als ob das französische Corps nicht zurückgegangen wåre ; denn da sich Sacken durch dftreichische Reiterey verfolgt gesehen hätte, so würden immer einige Tage verfloffen seyn , ehe er von dem Abmarsch Schwarzenbergs Kunde erhalten hätte.

155 und sich Gallihien näherte, wogegen er, wenn er Tschit, fchagof folgte , sich auf großen Verlust gefaßt machen mußte, besonders wenn er seine Vereinigung mit

dem

Heer von Moskau bewerkstelligte (a). Wir haben Victor zu Senno, einem Städtchen vers laffen , auf welches er sich nach dem Gefecht bey Czasniki zurückgezogen hatte, während Wittgenstein , der ihn nur durch einige Kosacken Regimenter verfolgen ließ , in seis ner Stellung hinter der Lukomlia geblieben war. Nach zweytägigem Aufenthalt zu Senno wendete sich. Victor nach Czereia, wo er den 6ten November ankam.

Seine

leichte Reiterey stellte er bey Luboml auf, mit Ausnah, me eines Regiments, das er bey Krasnogura ließ.

Witts

genstein gieng , seit er die Dwina überschritten hatte, mit dem Plane um, Wirepsk wieder zu nehmen, woselbst die Franzosen nur eine schwache. aus Rekruten bestehende Besatzung

hatten.

In dieser Absicht dirigirte er eis

ne Truppen-Abtheilung unter dem General Laharpe nach Beszencowiczi , welche

den 1ten November daselbst ans

kam. Dieser General verhielt sich bis zum 8ten ganz ruhig, als ob er beauftragt wäre, die Bewegungen Victors zu beobachten ; sobald er jedoch die Entfernung des frans zösischen Generals erfahren hatte ,

bewegte er sich auf

beyden Ufern der Dwina rasch nach Witepsk, überfiel die

(a) Ohne Zweifel hatte Schwarzenberg die Instruktion erhalten, seine Truppen zu schonen. In allen Kriegen, in wel chen die dftreichischen Truppen mit andern zusammen dienten, wurde diese Sorgfalt so weit getrieben, daß Oestreich da durch öfters seinem Waffenruhm geſchadet hat. Es verdient übrigens angeführt zu werden , daß Schwarzenberg durchs aus keine Kenntniß von Napoleons kritischer Lage hatte. \\

156 Besatzung dieser Stadt am

7ten mit

Tagesanbruch,

schlug sie in Folge eines kurzen Gefechts in die Flucht, verfolgte sie auf der Straße nach Liozna ,

und nahm sie

beynahe ganz gefangen. Nach viertägiger Ruhe in der Stellung bey Czereia (a) erhielt Victor jenen dringenden Brief, den Napoleon ihm von Mikalewka aus durch Berthier hatte schreiben laſſen, um ihn theilweise von den Unglücksfällen der großen Armee in Kenntniß zu sehen ,

und worinn er ihm befahl,

Wittgenstein eine Schlacht zu liefern , und ihn über die Dwina zurückzuwerfen. Der Boden war um diese Zeit mit Schnee bedeckt ; die Kälte war äußerst strenge , wodurch die Bewegungen in Maße bey stetem Bivouakiren eben so Die Bäche

mörderisch wurden ,

waren gefroren ,

zu überschreiten ,

als

die

Gefechte.

und nur daun schwierig

wenn sie steile Ufer hatten.

Oudi-

not , deſſen Wunde geheilt war , hatte den Ober-Befehl des 2ten Corps wieder übernommen und stand somit unter Victor , der ålterer Marschall war , als er ; un glücklicher Weise stimmten diese beyden Generale in Ab, ficht auf die Art der Ausführung der Befehle Napoleons nicht überein. Dudinot, war der Meynung, man müße Wittgenstein in seiner Stellung angreifen : Victor , der fie zu stark fand , zog vor , sie zu umgehen und sich in

(a) Dieſe Ruhe wurde durch unbedeutende Vorposten-Gèfechte unterbrechen. Am 6ten wurde Lukoml von rußischer Reiteren angegriffen und diese abgewiesen . Am 7ten wurde dieser Angriff mit Hülfe eines Bataillons und 2 Kanonen erneuert. Die Außen bemächtigten sich Lukomis, es wurde ihnen jedoch bald darauf durch eine herbeigeeilte Infanterie Brigade wieder abgenommen .

157 seine rechte Flanke gegen Boiszikowa zu bewegen.

Das

9te Corps marschirte voraus, die Division Partaunneaux bildere die Vorhut ; das 2te Corps folgte. Am 11ten November war das Hauptquartier zu Lukoml.

Am 13ten

überschritt das Heer die Lukomlia und die Osweia und wendete sich nach Smoliany ; bis jetzt hatte es nur Reis terey vor sich gehabt , als es etwa 2 Stunden von Smoliany durch eine Division Infanterie aufgehalten ward , welche den Wald vertheidigte , führt.

durch den die Straße

Partaunneaur warf diese Division bis jenseits des

Waldes zurück und die Armee bivouakirte nicht weit von Smoliany ,

welchen Punkt Wittgenstein gleichsam als

vorgeschobenen Poften seiner Stellung vertheidigen zu wollen schien.

Das 9te Corps stand in erster , das 2te in

zweiter Linie.

Victors Streitkräfte mochten damals kaum

25000 Mann betragen ; Wittgenstein hatte 30000 Mann · unter sich.

Somit hatte sich das Heer des französischen

Generals , obgleich er seit dem 30ften October nur ein Gefecht am 31sten bestand , um 11000 Mann vermine dert , und seine Lage war viel ungünſtiger , um das Loos einer Schlacht zu versuchen , als sie zu jener Zeit gewes sen war.

Am 14ten mit Tages-Anbruch entſpann sich vor

Smoliany und links von diesem Dorf ein lebhaftes Gez schütz-Feuer ; nachdem es mehrere mal genommen worden war , blieb es in den Hånden der Franzosen.

Hierauf

besetzte Wittgenstein dieselbe Stellung hinter der Lukomlia , welche er am 31sten inne gehabt hatte.

Victor, der

ihn daselbst nicht angreifen wollte, dirigirte die Division Partaunneaux auf Boiszikowa.

Er hatte die Absicht ihr

mit dem Rest des 9ten Corps zu folgen , und das 2te Corps vor Czasniki zu laſſen lassen ; allein Oudinots Meys 1

158 mung , der diese Bewegung abrieth , Zweifel, sie zu unterlassen (a).

veranlaßte ihn ohne

Ueberdieß durfte er seine

Truppen nicht mehr aussehen , auf welchen die einzige Hoffnung der Armee von Moskau beruhte ;

und wenn

es vortheilhaft war, Wittgenstein am 31sten October anzugreifen, so mußte Victor jezt , wo die Aussichten auf Erfolg nicht mehr die nehmlichen waren , troß der Bes fehle Napoleons , die dieser nur gegeben hatte , weil er von der wahren Lage der Dinge nicht unterrichtet war, Zeit zu gewinnen suchen.

Zudem hätte der Gewinn ci-

ner Schlacht die jammervolle Lage der Armee von Moskau nur wenig den gänzlichen haben würde.

geändert ,

während Victors Niederlage

Untergang derselben nach sich gezogen Das Gefecht bey Smoliany war nicht

sehr ernsthaft ; das 9te Corps nahm allein an demselben Theil, und nur bey dem Angriff auf Smoliany kam Infanterie ins Feuer ; auf allen andern Punkten fand nur eine Kanonade statt. Czercia zurück.

Am 15ten zog sich Victor

auf

Das 9te Corps marschirte über Kras-

nogura ; das 2te über Lukoml.

Da Wittgenstein sich bes

gnügte , den franzöſiſchen Truppen zu folgen , ohne sie zu beunruhigen , so zogen sie sich, sehr langsam zurück. 16ten hatte Victor sein Hauptquartier

Am

zu Mieleszkos -

wiczi und am 17ten zu Krasnogura , wo er einige Tage

(a) Man wird aus einem unten angehängten Schreiben Ber thiers aus Emolensk vom 11ten November ersehen , daß Napoleɛn an Victor den Befehl sendete , ſich mit Oudinot ins Einverständniß zu sehen und Wittgenstein zu umgehen , wenn dieser General etwa eine zu vortheilhafte Stellung inne hatte, um Elugerweise in der Front angegriffen zu werden.

159 Halt machte.

Dudinot stand bey Czereia und hatte Lu-

koml durch eine Truppen-Abtheilung beseßt. Von diesem Zeitpunkt an sind die Operationen der Armee von Moskau , und des Corps unter Victor derges stalt mit einander verwebt, daß es unmöglich ist die Erzählung derselben zu trennen.

Wir kehren daher nach

Smolensk zurück , woselbst wir Napoleon verlassen haben. Sogleich nach seiner Ankunft ließ er die in den Magazinen befindlichen Lebensmittel austheilen ; sie bes standen hauptsächlich in . Mehl , Hülsen-Früchten und Branntwein (a) . Bey dieser Austheilung ward die Garde auf 14 Tage , die übrigen Corps auf 6 Tage berücksichtigt.

Auf die in den Spitälern befindlichen Kranken

und auf die einzelnen Militárs wurde keine Rücksicht genommen.

Die Vertheilungen (8) für die Garden be-

gannen sogleich nach ihrer Ankunft und wurden Tag und Nacht ohne Unterbrechung fortgefeßt ; fie mußten beens digt seyn , ehe man ſich mit den andern Corps beſchäftigte. Während seines Aufenthalts zu Smolensk wendete Napoleon alle Mühe an , um sein Heer, so weit es die Umstände gestatteten, wieder zu organiſiren. Er vereinigte die Trümmer der 4 Reiter-Corps und bildete ein einziges aus denselben, deffen Befehl er dem General Latours Maubourg übertrug ;

er ließ unter diejenigen Soldaten

Gewehre austheilen, welche, durch den Reitz der Lebensmittel-Vertheilungen angelockt, unter die Fahnen zurückkehrten ;

allein der größere Theil derfelben hatte nicht

(a) Auch Zwieback und Reiß war in den Magazinen vorrá thig , allein in zu geringer Menge , als daß man an die ganze Armee davon håtte custheilen können.

---

160

Kraft genug, sie zu tragen.

Jeder Soldat erhielt 50 Pa

tronen, auch wurden die zu Smolensk befindlichen tragbaren Mühlen ausgetheilt. Den Tag nach Nàpoleons Ankunft ( 10ten November) zu Smolensk hatte die Armee folgende Stellung inne : Die alte Garde in Smolensk,

die junge Garde in den

Vorstädten; die berittene und unberittene Reiterey in den Dörfern zwischen der Straße nach Krasnoi und dem Dnieper , bis in gleiche Höhe von Wilkowitski ; Junot stand 2 Stunden von Smolensk auf der Straße nach Jelnia ; Zayonschec drey Stunden von Smolensk auf der Straße nach Mstislaw ; Eugen ſetzte über den Wop ; Ney vertheidigte den Dnieper-Uebergang bey Slobpnewa; Das voust stand zu Tsughinowo , um Ney nöthigenfalls zu unterstüßen.

Nachdem sich Napoleon

endlich überzeugt

hatte, daß er sich zu Smolensk nicht zu halten vermöge, beschloß er am 11ten November mit seiner Garde von dieser Stadt aufzubrechen ; allein Eugens Verzögerung und der Aufenthalt , den die regelmäßigen Austheilungen verursachten , bestimmten ihn , seinen Abmarsch zu verzögern.

Außer den in den Magazinen von Smolensk ans

getroffenen Vorråthen , waren in den in der Nähe von Krasnoi gelegenen Dörfern 1500 Ochsen untergebracht, auch langten mehrere Viehheerden und Lebensmittel-Zu fuhren auf der Straße von Mstislaw an ;

alle diese

Hülfsquellen fielen den zahlreichen Partheygängern in die Hände, welche vor dem rußischen Heere vorauszogen. Eine einzige Heerde von 200 Ochsen , die schon bis in die Nähe von Smolensk gekommen war, wurde von den ersten franzöſiſchen Truppen, denen sie begegnete, weggenommen.

161 ° Obgleich alles anzeigte, daß Kutusow sich nach eis nem Punkt auf der Straße von Smolensk nach Orsza , der kürzesten Rückzugs-Linie der Armee bewege , auf • ɔels cher allein sich einige Magazine

befanden ,

suchte sich

Napoleon gleichwohl zu überreden , der rußische General sey noch einige Mårsche entfernt (a).

Ungeachtet des

Verlustes von Witepsk und der aus Littauen angelangten beunruhigenden

Nachrichten ,

obgleich er sich gendthigt

ſah, Smolensk aufzugeben, obgleich die Auflösung seines Heers furchtbare Fortschritte machte und nur allein Ruhe, die er nicht zu bewilligen vermochte, feinen gänzlichen Une tergang verhüten konnte, dachte er immer noch darauf, an dem Dnieper und an der Dwina Winterquartiere zu beziehen.

Dieß erhellt aus nachfolgendem Brief, in wels

chem er die Lage seines und des feindlichen Heers untersucht (b).

(a) In einem Brief , den Berthier am 11ten November an Davoust schreiben mußte , sagt er , daß ein feindliches Observations Corps in der linken Flanke der Armee stehe. Dieses Observations-Corps war die ganze rußische Armee. In einem andern Schreiben vom 12ten , an denselben General findet sich die Stelle : „ Es ist sehr wichtig, daß man regelmäßig fouragire und requirire , wie dieß vor dem Feind geschehen muß. Das Land ist von elenden Kosacken und bewaffneten Bauern überschwemmt , welche nur wegen des Plünderns Krieg führen. Die weitern Operationen beweisen überdieß , daß Napoleon erft an die Ankunft des rußischen Heers auf seiner Rückzugs-Linie glaubte, als er es mit ei genen Augen sah. (a) Es war mir nicht möglich, mir Napoleons Befehl , in Folge dessen Berthier den hier angegebenen Brief schrieb, zu verschaffen. In dieser Beziehung glaube ich in Erin11

---

162

Der Fürst von Neufchatel und von Wa gram

an den Herzog von Belluno, Smolensk den 11ten November.

,,Herr Marschall , der Adjutant-Commandant von „ Albignac hat Ihnen die Befehle des Kaisers vom 7ten ,,November überbracht.

Ein Offizier vom Generalstab

,,des Generals Charpentier hat Ihnen das Duplikat der,,selben am 9ten übergeben. In diesem Augenblick kommt Ihr Adjutant , der Oberst Chateau hier an , und übers „bringt mir Ihren Brief vom 9ten. ,,daraus mit Vergnügen ersehen,

Se. Majestät hat

daß Ihre Vorhut bey

„einigen Vorposten-Gefechten, Vortheile über den Feind ,,erhalten hat , und auf Ihren Bericht ist der General ,,Fournier zum Divisions-General ernannt.

Dieser Be-

,,weis der Gnade des Kaisers wird ihn anfeuern , sich ,,derselben in der demnächst statthabenden Schlacht aufs ,,neue würdig zu machen.

Der Kaiser wird sich mit ei-

´„ nem Theil der Armee auf Orsza dirigiren ; allein diese ,,Bewegung kann nur langsam geschehen ;

es ist daher

„um so nothwendiger , daß Sie Wittgenstein angreifen. ,,Steht dieser General in einer vortheilhaften Stellung, ,,wo ihm nur mit Schwierigkeit eine Schlacht geliefert ,,werden kann, so wird es Ihnen leicht seyn , dergestalt ,,zu manövriren, daß Sie ihm seinen Rückzug und seine „ Verbindungen an der Dwina abſchneiden. ,,dabey von dem Grundſaß ausgehen ,

Sie müßen

daß Wittgenstein

nerung bringen zu dürfen , daß die von Berthier ausgehen, den Befehlen beynahe eine buchstäbliche Abschrift von denen Napoleons waren. Aus diesem Grund darf man Berthiers Brief als von Napoleon diktirt betrachten. 1

163 „ſich nicht von diesem Fluß abschneiden lassen kann. ,,Mit den unter Ihren Befehlen stehenden Truppen zweis ,,felt der Kaiser nicht , daß der Erfolg auf Ihrer Seite seyn werde.

Es ist von größter Wichtigkeit , daß er

,,bald möglichst erfochten wird ,

damit der Kaiser Wi-

„ tepsk beseßen und zwischen dieser

Stadt , Orsza

und

„ Mohilow , und längs der Dwina bis Polozk Winterz ,,quartiere beziehen könne.

Diese Winterquartiere wer

,,den uns entweder im Laufe des Winters zum Frieden „führen, oder uns sichere Erfolge in dem bevorstehenden ,,Feldzug vorbereiten ,

indem wir von hier aus offenbar

,,St. Petersburg bedrohen.

Verzögern Sie dagegen Ih-

,,ren Angriff auf das Heer unter Wittgenstein , so wird „ Kutusow Zeit erhalten , sich mit diesem General über ,,Witepsk zu vereinigen , und in diesem Fall wird man ,,ihn

aus seiner Stellung nur durch

eine allgemeine

Schlacht vertreiben können, die man diesen Winter nicht ,,mehr liefern kann :

wir würden daher genöthigt seyn,

,,die Dwina und einen Theil von Littauen dem Feind ,,zu überlassen und weiter rückwärts Winterquartiere zu „ beziehen ;

in diesem Fall håtte für den bevorstehenden

Feldzug der Feind in militärischer Hinsicht eine vortheil,,haftere Aufstellung, als wir.

Sie werden die Folgen

dieser Dispositionen einsehen.

Die beyden Haupt-Heere

der Franzosen und Rußen sind ermüdet ,

sie können

,,während des Marfches hie und da Posten wegnehmen, ,,allein weder das eine ,

noch das audere befindet sich

„im Stande, eine Haupt-Schlacht zur Behauptung einer ,,Stellung zu liefern.

Dagegen befindet sich Ihre Ar-

,,mee und die des Generals Wittgenstein in der Noth ,,wendigkeit, sich zu schlagen, ehe ſfie Winterquartiere be11

164 zichen.

Je früher dieß geschieht, desto besser.

Ihr Sieg

„wird vollständig seyn, wenn Sie Wittgenstein zwingen, ,,über die Dwina zurückzugehen, und durch ein französis „sches Corps Witepsk beschen lassen.

Wird Ihr Corps

„geschlagen, was indeffen nach der Zusammensetzung des „feindlichen Heers , das größtentheils aus Rekruten besteht, nicht der Fall seyn wird , so wird sich der Kaiser „ entſchließen, ſeine Winterquartiere hienach einzurichten.

"„ Wittgenstein hat bey Behauptung feiner Stellung alles zu gewinnen, Sie alles zu verlieren. Theilen Sie dies ses Schreiben dem Herzog von Reggio mit , und setzen ,,Sie sich wegen der zu liefernden Schlacht mit ihm ins „Einverständniß, was für die späteren Operationen von „größter Wichtigkeit ist.

Der Kaiser vertraut Ihrer An-

,,hänglichkeit, Ihrem Eifer, und Ihren Talenten in einer ,,Lage ,

wo ein Erfolg über den Feind von so hoher

,,Wichtigkeit für die Winterquartiere der Heere und für ,,die Operationen des bevorstehenden Feldzugs ist.“ Unterzeichnet Alexander. Dieser Brief beweist ,

daß sich Napoleon entweder

über die gegenseitige Lage der Haupthecre täuschte, oder daß er es für vortheilhaft hielt ,

Victor zu täuschen.

Die Besorgniß einer Vereinigung Kutusows mit Witte genstein zu Witepsk war durchaus ungegründet ,

weil

Kutusow sich links von der Straße von Moskau nach Smolensk ( a) befand und er durch diese Statt paßiren mußte, um nach Witepsk zu marſchiren.

(a) Die Gewißheit , daß nur ein Theil des rußischen Heers zu Wiazma gefochten hatte , der Verlust der Brigade Augereau und die eingezogenen Nachrichten , welche man durch Ge-

165 Während ihres

Aufenthalts zu Smolensk litt die

Armee durch eine furchtbare Kälte außerordentlich ; diese war plötzlich auf den höchsten Grad gestiegen. am 9ten November zeigte das Thermometer Null, am 12ten und 13ten zeigte es 17°.

Noch

12º unter

Die Wirkung

dieser strengen Kålte auf eine Menge an dem Nothwens digsten Mangel_leidenden Unglücklichen war schrecklich; sehr viele giengen zu Grunde. Füße, Hände, Nasen. füllten sich mit Leichen. am

Noch mehrere erfroren

Smolensk und seine Umgebung Glücklicherweise ließ die Kälte

14ten etwas nach, wäre sie fortwährend gestiegen,

so håtten wenige Tage hingereicht, das Heer zu vernichten. Da indessen Napoleon von Eugen keine Nachrichten erhielt , mit dem wegen der Menge der ihn umschwärz menden Kosacken jede Verbindung abgebrochen war, und da Smolensk seit dem 11ten auf dem linken Dnieper-Ufer von

einer Abtheilung Platow'ſcher Kosacken eingeschlof-

sen war , befahl er Ney , sich nur äußerst langsam zus rückzuziehen.

Am 12ten wurde

dieser General in seiz

ner Stellung bey Tsughinowo von Yurkof angegriffen ; das Gefecht dauerte den ganzen Tag und war sehr blus tig ; Ney behauptete seine Stellung.

Au demselben Tag

fangene von Partheygångern , die dem rußischen Heer vors anmarschirten , erhalten hatte, ließen keinen Zweifel über den Marsch des Generals Kutuſow. Daher war die Annahme natürlich, er werde sich auf Krasnoi, oder irgend einen andern Punkt der Straße von Smolensk nach Orsza begeben , um dem französischen Heer den Rückzug abzuſchnei- , den ; allein nach seinem Brief an Victor scheint Napoleon im Gegentheil überzeugt zu seyn , Kutusow werde warten , bis er Smolensk geräumt habe , um sich über diese Stadt´ nach Witepsk zu begeben.

166 bewegte sich Zayonschek ( a) über Wolkowo auf Krasnoi und Junot auf der großen Straße nach derselben Stadt. Letzterer General, welcher die unberittene Reiteren mit den Trümmern seines Corps vereinigt hatte, erhielt den Auftrag, die Artillerie der Garde und den großen Artilleriepark zu eskortiren. Am 13ten marschirte Claparede mit seiner Diviſion nach Krasnoi ab, er eskortirte den Train der Trophäen, des Schatzes und das Gepäcke des Hauptquartiers. Da: voust überschritt den Dnieper mit 4 seiner Divisionen und besetzte einen Theil der Vorstådte und die zunächſt an Smolensk gelegenen Dörfer. Die Diviſion, welche er auf dem rechten Ufer zurückließ, nahm Stellung zwischen Smolensk und Neys Corps , von dieser Stadt entfernt war.

das noch 4 Stunden Am Nachmittag kam

Eugen mit den Trümmern ſeines Corps an ; Division Broussier in einer Stellung

er ließ die

auf der Straße

nach Petersburg, und zog mit dem Rest seiner Truppen in Smolensk ein. Da seine ausgehungerten Truppen die langsame Vertheilung der Lebensmittel nicht auszu, halten vermochten , begannen sie die Magazine zu plândern ; die Ordnung wurde jedoch bald wieder hergestellt. Am 14ten vor Tag marschirte Mortier nach Krasnoi ab, und Napoleon, begleitet von der alten Garde, verließ Smolensk um 81½ Uhr , um derselben Direction zu folgen.

Um dieselbe Zeit zeigte sich Ostermann bey

Koritnia ,

und nahm parallel mit der großen Straße

(a) Der General Zayonschek hatte Poniatowski im Comman, do des 5ten Corps erseßt , welcher in Folge eines Eturzes mit dem Pferde verwundet worden war.

167

Stellung ; er unternahm nichts Kräftiges und begnügte fich die Garden zu beschießen , deren Marsch er kaum vers zögerte.

An demselben Tag

bemächtigte sich Ojarows-

ki (a) der Stadt Krasnoi , wo sich nur ein Bataillon befand.

Als er jedoch die Division Claparede anrücken

sah, räumte er Krasnoi , nachdem er die Magazine geplündert hatte, und zog sich auf das etwa eine Stunde entfernte Dorf Pultkowa zurück. Ehe Napoleon Smolensk verließ ,

hatte er Eugen

befohlen , den folgenden Tag von da aufzubrechen und der Bewegung der Garde zu folgen ; auch den Generalen Davoust und Ney hatte er Befehle geschickt. genden Ereigniße machen diese so

Die fol

wichtig , daß ich es

für angemessen halte , sie wörtlich anzuführen. Der Fürst von Neufchatel und von Wagram an den Fürsten von " Eckmühl. Smolensk den 14ten November Morgens 7 Uhr.

" Es ist die Absicht des Kaisers , daß Sie den Hers „ zog von Elchingen bey seinem Rückzug unterstützen sol,,len. Da der Vize-König morgen den 15ten aufbricht ,,um nach Krasnoi zu marschiren, so werden Sie dieje„nigen Poſten die Sie für geeignet halten ,

und die der

Vize-König räumt , beseßen lassen. „ Es ist ferner der Wille des Kaisers, daß Sie sich ,,mit Ihrem Corps und mit dem des Herzogs von Elchingen nach Krasnoi wenden , ,,16ten oder 17ten aufbrechen.

und daß Sie etwa am Der General Charpentier,

(a) Djarowski war General-Major, der den Dienst eines Partheygångers verſah ; er kommandirte ein Corps von gleicher Stärke und Zusammensehung , wie das unter Orlow-Denisor.

168 ,,mit seinen aus 3 dritten polnischen Bataillonen und ,,einem Reiter-Regiment zusammengesetzten Corps wird ,,die Stadt gleichfalls verlassen.

„Ehe Sie abmarschiren werden Sie die Thürme der „Stadtmauer von Smolensk sprengen ; Sie werden dars „ auf sehen , daß die Artillerie-Munition verbrannt , die „ Munitions-Wågen und alle Gegenſtånde, die man nicht ,,mitnehmen

kann ,

vernichtet werden.

Von den Ges

schützen welche stehen bleiben, wird man die Schildzapfen absågen (a) und die Röhren eingraben. Die ,,Generale Chaffeloup und Lariboiffiere bleiben hier , um ,,diese Disposition , jeder in seinem Fache zu leiten. ,,Sie werden Sorge tragen , daß die Stadt von „ Patrouillen durchzogen werde , damit kein franzöſiſcher „ Nachzügler zurückbleibe , endlich werden Sie dafür sorgen, daß so wenig Kranke als möglich in den Spitá „lern zurückgelaſſen werden.“ Unterzeichnet Alexander. Der Fürst von Neufchatel und von Was gram an den Herzog von Elchingen. Smolensk den 14ten November, Abends 8 Uhr. ,,Der Kaiser begiebt sich nach Krasnoi ; es ist noth,,wendig ,

daß

Sie fortwährend

die Nachhut

,,Der Fürst von Eckmühl wird Sie unterstützen. ,,ben Sie in Ihrer heutigen. Stellung.

bilden. Bleis

Morgen den

„ 15ten nehmen Sie Stellung am Kloster und der Vor„stadt , und am 16ten sprengen Sie die Mauern , oder

(b) Man hatte keine Instrumente zum Absågen der Schildzapfen. Ueberdieß fehlte es an der nöthigen Zeit und an den Arbeitern .

169

1. „ Sie nehmen Stellung am Brückenkopf und sprengen , „ wenn noch nicht alles vorbereitet seyn sollte , die Mauern ,,erst am 17ten.

Es wird nöthig seyn, daß Sie sich deß-

,,halb mit dem Fürsten von Eckmühl und dem General ,,Charpentier ins Einverständniß setzen. Hauptsächlich ,,empfiehlt Ihnen der Kaiser , die Geschüße und Muniz „ tion , die zurückgelaffen werden , zu verderben und so wenig Nachzügler als möglich in der Stadt zu laſſen.“ Unterzeichnet Alexander.

Außer den eben angeführten Befehlen ward folgende Instruktion sowohl an Ney als an Davoust gesendet. Instruktion über die Art ,

wie die Bes

fehle des Kaiſers ausgeführt werden follen. Smolensk den 14ten November. „ Der Herzog von Elchingen wird den 14ten in feia ,,ner Stellung bleiben ;

morgen am 15ten besetzt er die

,,Hdhe des Klosters , den Brückenkopf, die Vorstädte. ,,Den 16ten Morgens 4 Uhr, wenn alles bereit ist, wers ,,den die Wälle gesprengt , und die Munition verbrannt. Der Fürst von Eckmühl wird in der Nacht vom 15ten ,,auf den 16ten November hinter der Schlucht Stellung „ nehmen , und nur eine seiner Diviſionen zurücklaſſen , ,,die er unter den Befehl des Herzogs von

Elchingen

,,stellen kann. „ Nachdem am 16ten mit Tages-Anbruch alle Minen „angezündet worden sind , wird sich der Herzog von El,,chingen nach Krasnoi in Marsch setzen. „Zeigt der Feind nicht größere Streitkräfte als seits „her , und wåre vielleicht nicht alles vorbereitet ; so kann

170

,,der Herzog von Elchingen noch den 16ten in der Stadt ,,bleiben ; er wird in diesem Fall den Brückenkopf bese„ßen und erst am 17ten 2 Stunden vor Tag die Wälle sprengen. „ Der Fürst von Eckmühl ,

der Herzog von Elchin-

,,gen , der General Lariboiffiere , der General Haro und ,,der General Charpentier werden sich wegen der in dies ,,ser Disposition anzubringenden Aenderungen ins Eins „verständniß ſeßen.“

Unterzeichnet Alerander. Während Napoleon sich in einer Zersplitterung (a) auf Orsza dirigirte, die ihn unfähig gemacht haben würde, Kutusom zu widerstehen , wenn ihn dieser mit der Gesammtheit seiner Streitkräfte angegriffen hätte, sette dieser General seinen Marsch langsam auf Krasnoi fort. Wir sahen , daß Ostermann am 14ten Koritnia gegens über angekommen war ;

an demselben Tag traf Milora

Das dowiß einen kleinen Marsch von Krasnoi ein. rußische Heer zählte etwa 90000 Mann ; sein Geschütz bestehend aus mehr als 500 Kanonen , war gut bespannt und seine Reiteren sehr gut beritten.

Mithin war das-

felbe beynahe eben so stark, als bey seinem Abmarsch von Malojaroslaweh, weil es weniger Entbehrungen erduldet, und einige Verstärkungen erhalten hatte. Nachstehende Uebersicht zeigt die Zahl der Kombattanten der französischen Armee- Corps bey ihrer Ankunft zu Smolensk ; diese Uebersicht ist nöthig , um die folgenden Ereigniße richtig zu beurtheilen. (a) Bayonscheck, der die Verhut des französischen Heers bils dete , erreichte Dubrowna am 16ten November , während Ney erst am 17ten Smolensk verließ.

170 Zahl der Kombattanten der verschiedenen Armee Corps an dem Lage ihrer Ankunft zu Smolensk (a) .

Benennung derCorps.

Infanterie Reiteren mit Ausmit Ausschluß der schluß der Artillerie. Artillerie.

Infanterie der) Garde

14000

Reiteren der Garde tes Corps

10000

Bemerkungen.

Die Division Claparede und 1000 Mann zu Smolensk angetroffene Infanterie mitgerechnet.

2000

3tes Corps

6000

ites Corps 5tes Corps 8tes Corps Unberittene u. als Infante rie organiz firteReiterey Die vier Reis ter-Corps . Leichte Reiterey, die den Armeecorps zugetheilt war Busammen •

5000 800 700

1565 Mann zu Smolensk angetroffene Infanterie mitgerechnet. 500 Mann und 2 Regimenter, welche die Be fazung von Smolensk gebildet hatten , mitge rechnet.

500 1900

37000

1200 5100

(a) Ich habe die Ueberreste des personellen und materiellen Standes der Artillerie nicht angegeben , weil ich dieß nur sehr unvollkommen håtte thun können. So hatte zum Beyspiel das 4te Corps , wie wir gesehen haben , seine ganze Artillerie verloren ; das 5te dagegen , das beym Anfang des Rückzugs noch 49 Geschüße hatte , rückte mit 45 in Smolensk ein. Dieß mochte seinen Grund darin haben, daß

172 Man sieht ,

daß das französische Heer auf 42000

Mann herabgeschmolzen war ,

unter

denen sich 5100

Mann Reiterey in dem elerdesten Zustande befanden ; es hatte bereits mehr als 300 Geschüße verloren , wenn man diejenigen rechnet , welche es in Smolensk zurůďzulassen genöthigt war.

Der Rest des Geschützes konnte

die zahlreichen Schluchten , welche die Straße von Smolensk bis Krasnoi durchschneiden, nur mit Hülfe der Kanoniere paßiren , welche bey der geringsten Anhöhe in die Råder greifen mußten. Daher war vorauszusehen , daß man den Rest der Artillerie in wenigen Tagen vollends verlieren mußte (a) , wenn nicht durch eine Witterungs- Veränderung das Glatteis

aufgehoben

wurde.

Dreißigtausend Nachzügler marschirten mit den Colonnen und hinderten ſie in ihren Bewegungen.

In militāris

scher Beziehung war die Lage der Armee, überdieß kriti fcher als je.

Eine Menge Kosacken ( 9) beunruhigte ihre

linke Flanke , und Kutusows Ankunft zu Krasnoi schien fie vollends in eine verzweifelte Lage zu verseßen. Am 15ten setzte Napoleon seine Bewegung auf Krasnoi fort. Die rußische Vorhut unter Miloradowitz hatte dieses Corps nicht zur Nachhut verwendet wurde , daß es von Jegoriewskoi bis Gjat auf einem Seitenweg marschirte, wo seine Pferde besser Futter fanden , und daß es sich Vorråthe von Haber verschaffen konnte. (a) Man kann sich einen Begriff von dem Verluft machen , den die Artillerie in den ersten Tagen nach dem Abmarsch von Smolensk erlitt , wenn man bedenkt , daß die Artillerie der Garde , welche noch am besten bespannt war , am 12ten Morgens um 3 Uhr Smolensk verließ und erst am 13ten Morgens um 1 Uhr fünf Stunden von dieser Stadt ankam , nachdem sie mehrere Fahrzeuge zurückgelassen hatte.

173 sich rechts gewendet , und bey Merlino an der großen Straße 11/2 Stunde von Krasnoi Stellung genommen. Dieses Corps war auf gleiche Weise , fecht bey

wie in dem Ge

Wiazma zuſammengesetzt , und

etwa 16000

Mann Infanterie und 3000 Mann regelmäßiger Reites rey ſtark. Kutusow ,

der noch an demselben Tag mit einem

Theil feines Heers Krasnoi hätte erreichen können, machte einige Stunden von dieser Stadt halt. wit begnügte sich,

Milorado-

die Garde zu beschießen , er nahm

einiges Gepäck , und mehrere Geschütze und Nachzügler gefangen ; Napoleon vermochte er jedoch nicht im Marſche aufzuhalten , noi ankam.

der mit Einbruch der Nacht zu Kras-

Um dieselbe Zeit verließ Eugen Smolenek,

und übernachtete zu Lubna. Um den Feind vorsichtiger zu machen , und Ojarowski , der immer noch in seiner Stellung bey Putkowa stand ,

zu

verdrängen ,

Nacht anzugreifen.

befahl

Napoleon , ihn in der

Roguet , der eine Division der jun-

gen Garde commandirte, ward mit dieſer Unternehmung beauftragt.

Er griff Ojarowski den 16ten Morgens um

2 Uhr vor Tag an ,

tödtete und nahm einen Theil fei-

ner Infanterie gefangen und

verfolgte ihn bis jenseits

Putkowa, bis er sich endlich genöthigt sah , vor überle genen Streitkräften zurückzuweichen. Die durch die Gefangenen erhaltene Nachrichten hatten Napoleon

endlich

überzeugt ,

daß sich das ganze

rußische Heer in seiner linken Flanke befinde ;

es traf

noch an demselben Tag Krasnoi gegenüber an, und nahm folgende Stellung : sein rechter Flügel, das Corps unter Miloradowik , dehnte ſich bis an die große Straße in

174 die Höhe von Merlino aus ;

-

der linke Flügel stand vor

Krasnoi, die Mitte vorwärts Szidowa, wo Kutusow sein . Hauptquartier ausschlug.

Unter diesen Umständen dran-

gen mehrere Generale lebhaft in Kutusow , sich mit seis ner ganzen Macht von Krasnoi nach Liady zu begeben und seinen linken Flügel an den Dnieper zu lehnen , um Napoleon und den audern Corps, die sich noch zwischen Krasuoi und Smolensk befanden , jeden Rückzug abzu schneiden.

Dieß wäre allerdings

das vernünftigste ge-

weſen, allein Kutusow, der vollkommen von dem jämmerlichen Zustande des französischen Heers hätte unterrichtet seyn sollen , weil er jeden Tag von den vielen Gefangenen, die man einbrachte, sich Nachrichten verschaffen konnte, hatte durchaus keinen richtigen Begriff von demselben. Er hielt es für zahlreicher an Kombattanten, als es war ; wie er jedoch hierüber auch denken mochte , die Vereinigung feines Heers vor Krasnoi ließ ihn hinsichtlich seiner gro Ben Ueberlegenheit an Truppen gegen diejenige, welche diese Stadt bescht hatten , nicht mehr im Zweifel ; er konnte diese daher und alle rückwärts auf der Straße von Smolensk nach Orsza aufgestellten Truppen

aufheben.

Diese Gründe bestimmten ihn endlich, den Plan seiner Generale anzunehmen.

Allein in dem Augenblick, in wel-

chem er die Befehle zu deffen Ausführung ertheilte, brachte man ihm einen Bauern , der aus Krasnoi entwischt war; von dieſem erfuhr er, daß sich Napoleon in Person in Krasnoi befinde und daß diese Stadt und die Umges gend mit Truppen angefüllt sey, welche Bårenmützen, die Bedeckung der kaiserlichen Garde, trügen ; „ Wollen Sie, ,,sagte Kutusow auf diese Nachricht seinen Generalen, daß „ich dem Zufall überlasse, was ich durch einige Tage der

175 ,,Verzögerung mit Gewißheit erhalte (a) ?" Sogleich widerrief er die gegebenen Befehle , indem er zur Unterſtüs hung seines Entschlußes den unklugen Grundsatz anführte : einem

geschlagenen Feinde müße mån goldene Brücken

bauen (b) . "eiusah ,

Napoleon ,

der das gefährliche seiner Lage

fühlte, daß er ohne Zeitverlust ſich zurückziehen

mußte, allein dann waren Neys, Davousts und Eugens Corps verloren.

Er rechnete daher auf die Unentschlos

senheit und Kleinmüthigkeit seines Gegners, die sich durch die üble Verwendung seiner Streitkräfte, die Langsamkeit seines Marsches und feine Unthätigkeit offenbarten und beschloß voll von jenem Vertrauen, das er stets auf sein Glück gesetzt hatte, zu Krasnoi so lange zu halten , bis man ihn zwingen würde ,

die Stadt zu verlassen.

Die

junge Garde nahm dem rußischen Heere gegenüber Stels lung ; Latour-Maubourgs Reiterey stand rechts von Krasnoi ;

die alte Garde und die Division Claparede blie

ben innerhalb der Stadt und der Vorstädte.

Kutusows

Ungeschicklichkeit, der seit mehreren Tagen die Trümmer des Heers von Moskau vernichten konnte und nichts that, war eben so unbegreiflich als Napoleons Kühnheit , der mit so wenig Truppen eine Stellung behauptete ,

in

welcher er jeden Augenblick umgangen werden konnte. Während die Gegend von Krasnoi der Schauplah . so denkwürdiger Ereigniße war, setzte Eugen seine Bewes (a) Kutuſow zählte auf die Ankunft der Moldau-Armee und hoffte ohne Zweifel , es werde Napoleon nicht gelingen, die Berezina zu überschreiten , oder Kälte und Hunger würden sein Heer vollends vernichten. (b) Die entgegengesette Meynung , den fliehenden Feind aufs äußerste zu verfolgen, hätte man als Grundsaß aufstellen sollen.

176 gung fort und Davoust verließ Smolensk (a).

Milora

dowiß, unterrichtet von dem Marsche des 2ten Corps, beschloß dasselbe bey Ueberschreitung einer Schlucht in der Höhe von Merlino anzugreifen.

Der Tag neigte sich bes

reits, und Eugen war in Begleitung seines Generalstabs und der Sapeurs seines Armee- Corps (b) seiner Vorhut als die einzelnen Militårs,

etwa 3. Stunden voraus ,

von denen die Straße bedeckt war , plößlich Haufenweiſe fich rückwärts wendeten.

Die Anwesenheit eines rußis

schen Reiter-Corps , das die Straße unterbrochen hatte, veranlaßte diese Bewegung.

Zu gleicher Zeit debouchirte

Miloradowitz aus einer Schlucht , welche anfangs seine Truppen verborgen hatte ,

und rückte vor, um dem 4ten

Corps den Rückzug abzuschneiden. General Guilleminot

Nachdem Eugen den

beauftragt hatte ,

sich in einem

Wäldchen , durch welches die Straße führte , mit den Truppen die er etwa zusammenbringen konnte, zu halten, kehrte er schleunigst zu ſeinem Corps zurück, ließ es halt machen und entwickelte es. Seine Linie bildete einen sehr spißigen Winkel mit der Straße. Während Eugen sich auf diese Art zum Kampfe vor bereitete, bildete Guilleminot (c) die einzelnen Militårs,

(a) Davoust hätte nur noch 4 Divisionen, nachdem er eine unter Neys Befehle gestellt hatte. (b) Eugen hatte diese Sapeurs seinem Hauptquartiere suges 1 t heilt. (c) Nach dem Gefecht bey Malorjaroslaweh hatte Guilleminot wieder sein Amt als Chef des Generalstabs angetreten, und der General-Lieutenant Graf Philipon, der früher dem Ges neralstab zugetheilt gewesen war, hatte den General Delzons im Commando der 13ten Division erſeßt.

177 welche noch bewaffnet waren in Compagnien , und vereinigte diese mit den Sapeurs und einer hier befindlichen

1 Abtheilung Seetruppen der Garde.

Dadurch gelang es

ihm etwa 1200 Mann (a) zusammenzubringen.

Unters

deſſen wurde er lebhaft angegriffen, und als er bemerkte, daß Eugen ihm nicht zu Hülfe kommen konnte , weil er selbst vom Feinde angefallen war ,

und daß dieser im

Begriff war, ihn vom 4ten Corps abzuschneiden, zog er ſich auf dieſes Corps zurück, nachdem er mit ſeinen Trups pen ein Viereck gebildet hatte.

Der Feind verfolgte ihn

mit Reiterey und einer zahlreichen Artillerie, deren Feuer ihm großen Schaden zufügte.

Anfangs gieng der Rücks

zug in guter Ordnung vor sich, welches Resultat mit eis ner aus so verschiedenen

Elementen zusammengesetzten

Truppe ohne den Instinkt der Selbsterhaltung unmöge lich zu erlangen gewesen wäre. 4ten Corps nahe genug war , feindlichen Reiterey nichts

Allein sobald man dem um von dem Angriffe der

mehr befürchten zu dürfen,

verließen die Soldaten ihre Glieder und stürzten sich im Lauf auf die französische Linie,

hinter welche sie sich

durch die Bataillons-Zwischenräume zurückzogen.

Das

4te Corps empfieng fie mit einem Freudenrufe und ohne dadurch erschüttert zu werden (b).

(a) Diese Truppe war von einer Menge unbewaffneter Militårs und Beamten umgeben, unter denen sich 8 Generale befanden. (b) Ich habe dieses kleine Gefecht ausführlicher erzählt, als es feine Wichtigkeit zu verdienen scheint, weil es besondere Ums ftånde enthält, welche auf die Lage Bezug haben, in welcher sich damals das französische Heer befand.

12

-

178

Nachdem Miloradowiß unterdeſſen das 4te Corps hatte beschießen lassen, hieb seine Reiterey mehreremal auf dasselbe ein ; ſie erhielt jedoch nur auf dem linken Flügel einigen Erfolg , wo sie 2 Compagnien über den Haufen warf.

Eugen befand sich in einer sehr mißlichen Lage ;

er hatte kaum noch 5000 Mann Infanterie , " gar keine Reiterey

mehr , und zwey Geſchäße.

Glücklicherweise

machte die Nacht und die Kleinmüthigkeit des Feindes einem Gefechte ein Ende, das , wenn es långer gedauert hätte, nothwendigerweise mit der gänzlichen Aufreibung feines Corps geendet haben würde ;

daher dachte er nur

darauf, die Dunkelheit zu benützen , und einen Versuch zu wagen, ob er Napoleon erreichen könne. Er wendete fich rechts landeinwärts , marschirte in größter Stille in der Richtung auf Krasnoi , ließ mehrere feindliche Corps links (a) , und war so glücklich , feine Vereinigung mit * der Garde gegen Mitternacht zu bewerkstelligen. Sein Corps hatte alles Geschütz und Gepäcke verloren, und bes stand noch aus 3500 Mann. In der Ueberzeugung, daß Davoust verloren sey, wenn Miloradowitz in seiner Stellung bliebe, beschloß Napoleon, Kutusow am 17ten November anzugreifen ;

er hoffte,

dieser General werde Miloradowitz seiner Mitte nähern, und nur einige leichte Truppen auf der Straße zurücklaffen.

In Folge dieses Entschlußes wurden nachstehen-

de Befehle in der Nacht ausgefertigt : Mortier ward bes fehligt, sich zum Angriff vor Tag bereit zu halten ; die (a) Auf den Ruf einer rußischen Schildwache , gab ein polnis scher Offizier, der dem Generalkab beygegeben war , auf rußisch zur Antwort, fie feyen mit einem geheimen Auftrag verschickt, worauf sich jene beruhigte.

179

alte Garde und 30 Geschütze derselben sollten auf der Straße nach Smolensk bis halbwegs von Krasnoi nach Katowa zurückkehren ; die Reiterey der Garde und die unter Latour-Maubourg erhielten Befehl, dieser Bewegung zu folgen.

Claparede war mit der Vertheidigung von

Krasnoi beauftragt ; unter seinem Befehl stand seine Dis viſion, die Beſaßung von Krasnoi , die einzelnen Militårs und der Rest der Artillerie der Garde.

Eugen foll

te noch vor Tag ſeinen Rückzug nach Liady beginnen. Die Streitkräfte, mit denen Napoleon

auf diese

Art die Offensive zu ergreifen wagte, erhoben sich kaum auf 12000 Mann Fußvolk (a) und 2200 Mann Reite rey (b).

Von der ganzen Artillerie konnte nur die der

jungen Garde den Bewegungen der Truppen folgen (c). Die übrige Artillerie marſchirte langsam, und obwohl jes des Geschüß mit viel mehr Pferden als gewöhnlich bes spannt war , konnte es doch die geringsten Unebenheiten des Bodens nicht ohne Hülfe der Kanoniere zurücklegen,

(a) Eugens Corps ift hierunter nicht mitbegriffen , weil es an dem Gefecht keinen Theil nahm. (b) 1800 Mann gehören zur Reiterey der Garbe, 400 Mann zum Corps unter Latour-Maubourg. Hieraus geht hervor, daß dieses Corps seit seiner Bildung 1500 Mann verlos ren hatte. (c) Die Pferde, mit denen das Geſchüß der jungen Garde bes spannt war, hatten noch einige Kraft. Sie hatten weniger gelitten als die übrigen Pferde der Artillerie , weil der Of fisier, der sie befehligte, während seines breytägigen Aufent halts im Kreml nach dem Abmarsch der Armee, allen vors råthigen Haber hatte in Säcke füllen und auf die Munitions. Wagen packen lassen.

12

-

180

und mußte frets auf der Straße bleiben.

Dreyviertel-

Stunden von Krasnoi ganz nahe und diſseits des Dorfes Katowa bot eine tiefe Schlucht den Fahrzeugen die größe ten Schwierigkeiten dar.

Als Napoleon seinen Angriff

begann, hielt Miloradowitz die große Straße von Katowa bis Merlino besetzt ;

und obgleich die Streitkräfte Ku-

tuſows fünfmal größer waren , als die feines Gegners, zog er dennoch Miloradowiß nach Szidowa, und ließ nur Kosacken auf der Straße zurück.

Somit erreichte Napo-

leon gegen allen Auschein den Zweck, den er sich vorge= setzt hatte. Davoust hätte am Tage seines Abmärsches von Smolensk eine Stunde diſſeits Koritnia (a) gelagert. Sobald er von Eugens Unfall , und von der Besetzung der großen Straße durch Miloradowiß

Nachricht ers

hielt, fühlte er , daß er sich beeilen müße , um seinem Feinde nicht Zeit zur Vermehrung seiner Streitkräfte zu laffen.

Nachdem er daher Ney von der Nothwendigkeit

in der er sich befand, seinen Marsch fortzusetzen ohne ihn zu erwarten, benachrichtigt, und nachdem er seinen Trups pen nur die unumgänglich nothwendige Zeit der Ruhe gelaffen hatte, brach er Morgens um 3 Uhr auf.

Da er

jeden Augenblick zum Angriff gefaßt war, um sich Bahn zu brechen, so marſchirte er conzentrirter , als den Tag zuvor.

Mit Tagesanbruch überschritt er das Terrain,

auf welchem Eugen gefochten hatte ; mit lebhafter Freude bemerkte er ,

daß Miloradowiß sich zurückgezogen habe,

(a) Die 4 Divifionen des ersten Corps waren mit Zwischenräumen von einer halben Stunde marſchirt, um die Artillerie und das Gepäcke gegen die unaufhörlichen Anfälle der Kosacken zu schüßen ; ſie lagerten in derselben Ordnung.

181 und setzte seinen Marſch fort, ohne daß Truppen , als auf Kosacken stieß.

er auf andere

Bey Katowa ange

langt ward er von Miloradowiß befchoffen, der rechts von der Straße Stellung genommen hatte. Die junge Garde ´befand sich bereits im Feuer ; 1 allein obgleich sie nur in einer Linie stand , nahm sie doch nicht ganz die Front der Rußen ein.

Das Regiment der hölländischen Garde-

Grenadiere ward zum Bajonett-Angriff vorgeschickt. Na poleon lehnte ſeinen linken Flügel an die Schlucht bey Katowa, sein rechter befand sich vorwärts Krasnoi ; seine Linie stand ziemlich parallel mit der großen Straße.

So-

bald die an der Spize marschirende Division von Das vousts Corps die Schlucht paßirt hatte , wurde sie auf den äußersten linken Flügel der ersten Linie gesendet ; die andern Divisionen ſetzten ihren Rückzug fort. 1 Napoleon befand sich damals zu Fuß auf der Straße zwischen Krasnoi und Katowa ; er trug die oben beschries bene polnische Kleidung, und hatte, so wie auch Berthier, der ihn begleitete, einen Stock in der Hand, um sich vers mittelst desselben auf der glatten Straße zu

erhalten.

Ein Theil des Generalstabs ( 10) folgte ihm zu Fuß, Der Rest hielt etwas weiter entfernt.

Die reitende Artil-

lerie der Garde, die noch aus 12 Geſchüßen, von unberittenen Canonieren bedient, bestand ( a) besetzte die Straße, und auf beyden Seiten derselben stand die alte Garde in geschloffener Colonne.

(a) Die reitende Artillerie der Garde hatte nach und nach alle ihre Reitpferde eingespannt , und war dadurch bis nach Krasnoi gekommen, ohne ein Geschüß zurücklassen zu müſſen ; hier vergrub sie 12 Canonen in den Keller eines abgebrannten Hauses, welche sie nicht mehr fortzubringen vermochte.

182 Unterdeffen brachte Kutuſow , der anfangs nur eine kleine Truppenzahl ins Feuer geführt hatte , hinter welcher feine Maßen in Unthätigkeit standen, nach und nach eine größere Menge ins Gefecht und gieng von der Defensive in die Offensive über ; ein Reiter-Corps umgieng den rechten Flügel, warf sich auf Krasnoi, wurde jedoch zurückgewies fen ; das auf Katowa gerichtete Geſchüßfeuer ward heftis ger; die Kosacken zeigten sich im Rücken der Franzosen zwischen der Straße und dem Dnieper, und man bemerks te, daß der Feind starke Colonnen nach seinem linken Flügel dirigirte ; somit umzingelte er Napoleons kleines Corps beynahe ganz. Allein dieser hatte in ſeiner äußerst kritischen Lage weder feinen Stolz, noch jene unerschütters liche Ruhe verloren, die ihn auszeichnete.

In Ermang-

lung wirklicher Streitkräfte kämpften sein Name

und

die Erinnerung an seinen Ruhm für ihn ; gleichwohl sah er ein, daß er keinen Augenblick zu verlieren habe , um seinen Rückzug auszuführen, und bewerstelligte ihn daher auf der Stelle ;

die Division Friederichs ,

welche die

Nachhut des ersten Corps bildete, hatte bereits die Schlucht paßirt, alle Kombattanten dieses Corps hatten sich somit an Napoleon angeſchloſſen; dagegen zwang ihn die Nothwendigkeit, Ney , der noch einen Tagmarsch zurück war, seinem Schicksale zu überlassen. Nachzweytågiger Unthätigkeit und unbegreiflicher Unentschlossenheit , schienen Kutuſow endlich die Augen aufs zugehen.

Er beschloß eine Stellung anzugreifen , welche

ihm nur seine Einbildung als ein Hinderniß seines Vorrådens

vorgespiegelt hatte.

Seine Colonnen wendeten

fich auf Krasnoi und noch weiter links auf Dobroe, um Napoleon zu umgehen ;

allein diese Bewegung wurde so

1

183

-

langſam ausgeführt, daß die im Gefecht begriffenen Truppen Zeit erhielten, ſich zurückzuziehen (a).

Nur die Di

vision Friederichs , welche die Nachhut bildete, 1 ward lebs haft gedrängt.

Die 3 Regimenter, aus denen sie bestand,

zogen sich in Staffeln zurück ; das , welches hinten mar• schirte , ward, sobald es aus Krasnoi vertrieben war, genöthigt , ein Viereď zu bilden, um deu Angriffen der Neiterey zu widerstehen ; es wollte seinen Rückzug forts 饔 feßen , allein erneute Angriffe nöthigten es , Halt zu machen.

Unterdessen zog der Feind Infanterie und eini-

ge Artillerie herbey, deren Feuer in kurzer Zeit die Glieder des französischen Regiments lichtete ; es schmolz bis auf 78 Mann herab, welche gefangen wurden : nur 25 dersels ben waren ohne Wunden.

Nachmittags um 2 Uhr en-

digte sich das Gefecht bey Krasnoi mit der Gefangennahmé dieses Regiments ; es war das ciuzige, das in die Gewalt der Rußen fiel. Kutusow machte am 16ten und 17ten etwa 8000 Gefangene (meistens Nachzügler) ,

und nahm viel Ges

schütz , das man aus Mangel an Bespannung hatte stehen laſſen müſſen : Trophäen , welche wenig Ehre brachten weil man sie nur der Macht der Umstände verdankte, während es in der Gewalt des rußischen Feldherrn ſtand, das Heer vor Moskau zu vernichten,

oder den Krieg

auf einen Schlag zu beendigen. Napoleon hatte an demselben Tag ſein Hauptquartier zu Liady ;

dieſes Städtchen gehört zu Littauen, und

war das erste, ſeit Moskau, in welchem man Einwohner, obwohl größtentheils Juden antraf.

Ein Theil der Hau-

(») Eugen hatte feinen Rückzug mit Tages -Anbruch angetreten.

184 fer warb abgetragen, um Holz zu den Bivouak-Feuern zu erhalten ; der Rest ward beym Aufbruch des Heers vers brannt. Napoleon für seine Person

verließ Liady

in der Nacht vom 17ten auf den 18ten und erreichte Dubrowna noch vor Tag.

Davoust befehligte die Nachhut.

tier unterstüßte ihn ;

Mors

Zayonschek und Junot waren in

Orsza , Eugen marschirte vor der alten Garde. In Du browna hatte Napoleon die Einnahme von Minsk durch Tschitschagof erfahren ; ſomit verfiel er in eine kritischere Lage, als die, aus der er sich eben nur durch ein Wunder Sogleich befahl er Dombrowski, seine Division zu Borisow zu vereinigen und den dortigen

gezogen hatte.

Brückenkopf auf dem rechten Ufer, der Berezina zu vers theidigen; Oudinot erhielt Befehl , sich unverzüglich und in größter Eile mit seinem Corps und der Diviſion Dous mere nach Borisow zu begeben , mit seinem Corps die Division Dombrowski und Bronikowskis Truppen zu vereinigen und nach Minsk zu marschiren , um dieſe Stadt dem Feinde abzunehmen (a) . Victor ward beauftragt , Wittgenstein im Schach zu halten und ihm Oudinots

(a) Das ate Corps war kaum noch 8000 Mann, die Division Dombrowski 4000 , Bronikowskis Abtheilung nebst der Bes fakung von Borisow 1200 Mark ftark. Mithin konnte Nas poleon kaum 13200 Mann unter Oudinots Befehlen vereinigen , mit welchen dieser General nicht hoffen durfte , Tschitschagof, beffen Truppen mehr als noch einmal so stark waren, zurückzudrången. Ueberdieß wußte man , daß die Franzosen mit jedem Tage großen Verlust erlitten , und daß Oudinot aus diesem Grund nicht mehr über 13000 Mann würde verfügen können , wenn er Tschitschagof gegenüber stand .

185 Bewegung so lange als möglich zu verbergen.

Am 19ten

Morgens um 3 Uhr sendete Napoleon neue Instruktionen an Victor , wickelt ;

in welchen er den zu befolgenden Plan cats

ich erachte es daher für zweckmäßig dieselben

mitzutheilen. Der Fürst von Neufchatel und von Wagram an den Herzog von Belluno. Dubrowna den 9. November, Morgens um 3 Uhr. „Ich sende Ihnen durch den Adjutanten des Herzogs von Reggio das Dupplikat der Befehle, die ich gestern Abend durch Ihren Adjutanten an Sie abgeschickt habe. Der Kaiser trift heute Mittag in Orsza cin.

Es ist nde

thig , daß Ihre Stellung nåher an Borisow, Wilna und Orsza sey , als das feindliche Heer. Maskiren Sie die Bewegung des Herzogs von Reggio , und verbreiten Sie die Meynung, der Kaiser bewege sich gegen den General Wittgenstein , scheint.

welche Bewegung ziemlich natürlich ers

Se. Majestät hat die Absicht, sich auf Minsk

zu bewegen, und nach der Einnahme dieser Stadt , die Linie der Berezina zu bezichen.

Es wäre daher möglich,

daß Sie Befehl erhalten könnten, nach Berezino (a) zu marschiren, und von dort aus die Straße nach Wilna zu decken, um dadurch die Verbindung mit dem 6ten Corps wieder hergestellt zu sehen.

Studiren Sie diese Bewegung,

und theilen Sie mir Ihre Bemerkungen darüber mit. Sobald Sie mich von dem Stand der Artillerie , die Sie an andere Corps abtreten können ,

unterrichtet

(a) Dieses Berezino liegt oberhalb Borisow , und ist von dem andern Berezino, das unterhalb dieser Stadt liegt , zu uns terscheiden.

-186 haben , werde ich Ihnen den Punkt anzeigen , nach wels chem sie dirigirt werden soll.

Ich habe den General

Nansouty` beauftragt , Ihnen eine Zifferschrift mitzutheis len ; wahrscheinlich hat er sie dem Herzog von Bassano überlassen , der sie Ihnen vielleicht übersendet hat.

Bes.

nachrichtigen Sie mich, ob Sie dieselbe erhalten haben, damit man den Briefen hie und da eine Note in Ziffern beyfeßen kann, wodurch diese Briefe , wenn sie in Feindes Hand fallen, für dieſen unverständlich seyn werden ; dieſe Maaßregel ist bey der Menge von Kosacken, welche sich allenthalben befinden, unumgänglich nöthig.“ Unterzeichnet Alexander, Am 19ten mit Tages-Anbruch marſchirte Napoleon nach Orsza ab ; Kleidung.

er war zu Pferde und trug polnische

Etwa eine Stunde von Dubrowna saß er ab,

ließ das Fußvolk der alten Garde ein Viereck bilden , stellte sich in die Mitte deſſelben, und redete ſie mit fols genden Worten an :

„ Grenadiere meiner Garde!

Ihr seyd Zeugen der

Auflösung des Heers ; der größte Theil der Soldaten „ hat durch eine beklagenswerthe Verblendung die Waffen ,,weggeworfen ;

wenn ihr dieses traurige Beyspiel nach-

„ahmtet, wåre jede Hoffnung verloren. Die Rettung der ,,Armee ist euch anvertraut : ihr werdet die gute Meynung, ,,die ich von euch habe, rechtfertigen ; nicht nur müßen ,,die Offiziere strenge Mannszucht handhaben , sondern ,,auch die Soldaten fordere ich auf,

unter sich strenge

Aufsicht zu führen , und diejenigen selbst zur Strafe zu „ ziehen , welche ihre Glieder verlassen.“ Nach dieser kurzen Rede brach er nach Orsza auf, wo er gegen Mittag eintraf.

Efè er den Fluß über-

187 schritt , untersuchte er den Brückenkopf (a).

Die Wittes

rung war seit dem 14ten milder geworden ; am 18ten kündigte sich Thauwetter an, das sich am 19ten einstellte. Sogleich nach seiner Ankunft zu Orsza ,

wendete

Napoleon alle Mühe an , sein Heer möglichst wieder zu. organisiren.

Er ließ Lebensmittel und Waffen austheis

len , ersetzte die Munition und organisirte, aus 36 Kano- 1 nen (b), welche er in dieser Stadt antraf, 6 Batterien. Zwey derselben wurden an Eugen abgegeben , der wie wir 4 fahen , seine ganze Artillerie verloren batte ; zwey era hielt Davoust, der nur noch 8 Geschütze hatte , und die 2 lehten

Batterien erhielt Latour-Maubourg.

Endlich

wurde folgende Proclamation an´mehreren Punkten der Stadt und bey allen Corps verlefen :

,,Soldaten ! „Eine große Zahl von Euch hat ,,lassen, und marschirt einzeln.

die Fahnen vers

Ihr verleht dadurch eu

,,re Pflichten , die Ehre und die Sicherheit des Heers. „Weil diefe Nachzügler verſchiedene Richtungen einſchlagen, fallen fie in die Hände der Feinde. Diese Unordnung muß aufhören. Der Kaiser befiehlt, daß alle einzeln marschirende, ,,verwundete und unbewaffnete Soldaten , Fahnen verlassen haben ,

welche ihre

zu Orsza sich wieder unter

„ dieselben stellen.

(a) Zu Orsza befanden sich 2 Brücken , die auf dem linken User durch eine Flesche gedeckt waren, welche den Fluß be herrschte. (b) Auch eine hinreichende Menge Artillerie-Pferde fand man zu Orsza , um diese 36 Geschüße zu bespannen.

188 „ 1stens.

Die Nachzügler des ersten Corps unter dem

„ Befehl des Fürsten von Eckmühl werden sich auf den „Höhen von Orsza zwischen der Straße von Minsk und ,,der von Senno unter dem Befehl des General Charrier „sammeln.

Dort werden sie noch an demselben Tag ih-

ren Regimentern zugetheilt werden , die auf diesen Hd, hen Stellung nehmen. ,,2tens. Die Nachzügler des 4ten Corps unter den

„Befehlen des Vice-Königs werden sich bey der Stels ,,lung , die dieses Corps inne hat , auf der Straße nach Witepsk sammeln. ,,3tens.

Die Soldaten des 2ten Corps unter dem

Herzog von Reggio ( a) und die des 3ten unter dem ,,Herzog von Elchingen werden sich unter dem General

"Marchand bey dem 4ten Corps in der Nähe der Vorstadt auf der Straße nach Witepsk sammeln. ,,4tens.

Die Soldaten des 5ten Corps unter dem

„Fürsten Poniatowski werden sich zu Baranui, 3 Stun„ den von Orsza auf der Straße nach Minsk sammeln , ,,woselbst sich ihr Corps befindet.

,,5tens.

Die Soldaten des 8ten Corps unter dem

,,Herzog von Abrantes werden sich bey Kochanow ,

auf

,,der Straße von Orsza nach Bobr vereinigen. ,,6tens. Alle unberittene Soldaten der Reiterey wer ,,den sich mit dem 8ten Corps bey Kochanow vereinigen. Die Soldaten der Artillerie sammeln sich ,,7tene. in dem großen Park zu Orsza.

,,Alle diejenigen , welche nach der Bekanntmachung ,,dieses Befehls

auf dem Marsche einzeln

angetroffen

(a) Wahrscheinlich ist hier in Folge eines Irrthums von dem aten Corps die Rede.

1 189 „ werden , sollen kriegsgerichtlich bestraft werden ;

ihre

,,Pferde werden der Artillerie und dem Fuhrweſen einvers ,,leibt.

Die Gegenstände welche sie bey sich tragen , ſol-

,,len außer dem Weiszeug und der Fuß-Bekleidung vers „ brannt werden.

Alle Generale und Offiziere der Ar-

,,mee werden allenthalben , wo sich hiezu Gelegenheit fins ,,det, die in diesem Befehl enthaltenen Diſpoſitionen volls „ ziehen ; sie werden dem Soldaten zeigen , daß unsere „ Waffenehre und die Sicherheit des Heers davon abhån,,gen.

Der Generalstab ,

die Befehlshaber der Armee,

„ Corps und der Truppen werden diese Proklamation un„ ter Trommelschlag an den geeigneten Stellen öffentlich . ,,ablesen lassen ; wo möglich soll dem Tambour ein Pfeis „fer oder andere Muſik beygegeben werden , um die Auf„merksamkeit zu erregen.

Bey dem Heere sollen sich nur

,,die unumgänglich nöthigen Fahrzeuge befinden.

Man

,,wird daher noch im Laufe dieses Tags alle Wågen vers „ brennen , welche nicht unumgånglich nöthig und nach ,,dem Gesetze erlaubt sind.

Kein Soldat soll Pferde und

,,Gepäcke mit sich führen. "„Moskau

Geflüchteten wird

Der kleinen Zahl der aus man die nöthige Anzahl

Fahrzeuge lassen.“

Gegeben zu Orsza den 19ten November 1815. Auf Befehl des Kaisers Der Fürst von Neufchatel, Major-General, Unterzeichnet Alexander. Die kritische Lage, in welche Napoleon verfiel, zwang ihn endlich zu Maaßregeln , welche er beym Abmarſch von Moskau håtte ergreifen sollen, die aber in Folge der unausgesetzten Mårſche unausführbar geworden waren , weil die Zahl der Nachzügler die der Kombattanten übers

190 stieg, hauptsächlich aber wegen der grenzenlosen Unordnung, welche in der Armee herrschte.

Den Tag nach seiner Ankunft zu Orsza ließ Na. poleon abermals einen Brief an Victor schreiben , durch welchen man feine Entwürfe vollends kennen lernt ; dies ser Brief war in folgenden Ausdrücken abgefaßt : Der Fürst von Neufchatel und von Was gram an den Herzog von Belluno. Orsza den 20. November 1812. Ich habe Ihnen am 18ten dieses Monats durch „ Ihren Adjutanten und am 19ten von Dubrowng durch ,,den Adjutanten des Herzogs von Reggio das Duplikat ,,des Befehls hinsichtlich der Bewegung dieses Marschalls ,,auf Borisow gesendet.

Da diese Offiziere am heutigen

„Tage eingetroffen seyn müßen, so hofft der Kaiser, daß ,,der Herzog von Reggio sich heute am 20sten nach Bos „risow in Marsch geseht haben wird, oder wenn ein Tag ,,zur Vorbereitung dieser Bewegung nöthig war , daß er „ſich morgen den 21ſten in Marſch ſeßen und am 24ſten Se. Majestát ist der ,,in Borisom ankommen werde. Meynung , daß Sie am 21sten bey Czereia zwischen ,,den Seen Stellung nehmen werden , wodurch der Zweck ,,am besten erreicht wird.

„Am 22sten wird der Kaiser sein Hauptquartier zu „Toloczin, am 23ſten wahrscheinlich zu Bobr , und am ,,24sten in der Nähe von Nacza aufschlagen. ,,Am 25sten wird der Herzog von Reggio in der „ Gegend von Boriſow anlangen.

Sie werden Ihre Bes

wegungen dergestalt einrichten , daß Sie die Linie von „ Borisow nach Nacza gegen Wittgenstein und ſeine Reis ,,terey decken, und da das Heer erst den 25sten oder

191 ,,26sten zu Borisow eintreffen wird , so werden Sie fich ,,bereit halten am 25ſten oder 26ſten die Nachhut der ganzen Armee zu übernehmen , welche Se. Majestät Ihnen anzuvertrauen beabsichtigt.

Da das Hauptquar

,,tier nur 5 oder 6 Stunden von Ihnen entfernt ist, so ,,wird die Verbindung regelmäßig seyn, und Ihre Bewe ,,gung wird verzögert oder beschleunigt werden , je nach „ dem es die Umståudè erheiſchen. Ich habe Ihnen empfohlen , den Feind so lange als ,,möglich über die Bewegung des Herzogs von Reggio zu tauschen ; Sie werden daher seine Truppen zu Lu,,foml und in der Stellung die er vor seinem Abmarsch „ inne hatte, durch die Ihrigen erseht haben. Schicken ,,Sie den General Dode mit den näheren Umstäyden Ihrer ganzen Bewegung an den Kaiser.

Ich darf Ih-

„ nen wohl nicht erst empfehlen , so viele Lebensmittel als „ möglich zuſammen zu bringen ; dieß ist um so nöthiger, „da die Straße von Borisow nach Minsk durch Wälder „führt , und die Umgegend somit keine Hülfsmittel dar,,bietet.

Senden Sie eingeborne Agenten und Polen an

,,den General Wrede ,

um ihn von Ihrer Bewegung zu

„ benachrichtigen.“

Unterzeichnet Alexander. Nach dem Gefecht am 17ten November ließ Kutusow das französische Heer nur durch Kosacken und durch das Corps des Partheygångers Ojarowski verfolgen ; er nahm sein Hauptquartier zu Dobroe und bewilligte seis nen Truppen eine zweytägige Ruhe (a) ; gleichwohl traf (a) Kutusow hatte 6 Tage gebraucht, um sich von Jelnia nach Krasnoi zu begeben , d. b. um etwa 25 Stunden Wegs zurückzulegen ; er hatte den Franzosen ihre Magazine zu Lias

-

192

er Maaßregeln , um Neys Corps nicht lassen.

entwischen zu

Zu diesem Zweck verstärkte er das Corps des

Generals

Miloradowitz auf 40000 Mann

und befahl

demselben hinter der Schlucht bey Katowa Stellung zu nehmen. Man wird sich erinnern, daß Ney von Wiazma die Nachhut bildete ; daß er am 12ten November bey Zsughinowo ein blutiges

Gefecht bestand ,

und daß er am

13ten noch in einer 4 Stunden von Smolensk entfern ten Stellung stand.

Am Nachmittag des 15ten zog er

in diese Stadt ; Davoust befand sich bereits seit dem Morgen in derselben ;

da die Truppen des ersten Corps

sich anfangs der Plünderung der Magazine überlassen hatten, so fand Ney die ihm angewiesene Menge von Lebensmitteln nicht vor, und beklagte sich darüber gegen Davoust ;

es entspann sich hieraus ein lebhafter Streit

zwischen beyden Generalen , welche sehr aufgebracht von einander schieden.

Am 16ten brach auf mehreren Punkten Feuer aus ; die Kranken und Verwundeten , welche sich aus den brens nenden Häusern flüchteten , vermehrten die in Smolensk herrschende Unordnung.

Es befanden sich in dieser Stadt

außer den unter Neys Befehl stehenden Truppen , eine Menge einzelner Militårs , und gegen 5000 Verwundete und Kranke.

Allenthalben stieß man auf Leichen, zurücks

gelassenes Geschüß und Gepäcke, und die Erde war mit Waffen und militärischen Gegenständen bedeckt.

Abends

um 8 Uhr erhielt Ney ein Schreiben von Davoust, das kowa und später 1500 Ochsen und mehrere Lebensmittel-Zufuhren weggenommen, mithin bedurften seine Truppen keiner Ruhe ; auch gieng ihnen nichts ab.

193 ihn von Eugene Unfall und von der Nothwendigkeit, sei, nen Marsch zu beschleunigen in Kenntniß ſetzte.

Wir

haben gesehen , daß Neys Juſtruktionen es ihm freystells ten, erst am 17ten abzumarſchiren, wofern noch nicht als les zur Sprengung der Mauern von Smolensk und der zurückgelassenen Artillerie gehörig vorbereitet wåres

Dies

fer General , der nicht ahndete, daß er von der ganzen rußischen Armee abgeschnitten werden könne , ein Ereigs niß , dessen Möglichkeit selbst Napoleon nicht vorausges feht hatte, äußerte bey dem Empfange dieſes Schreibens, daß alle Kosacken von ganz Rußland ihn nicht abhalten würden , seine Instruktionen zu vollziehen.

Am 17ten

Morgens um 2 Uhr verließ er Smolensk ; ſein Corps bes stand aus 6000 Mann Infanterie (a), 300 Reitern und 12 Geſchüßen.

Gegen 7000 Nachzügler folgten ihm und

Hemmten den Marsch seiner Colonnen.

Seine Nachhut

war nur eine halbe Stunde von Smolensk entfernt , als man die Explosion der Minen vernahm. terte weit umher ;

Die Erde zito

aufwirbelnde Flammen erleuchteten

plöglich den Horizont und zeigten die Ruinen von Smo lensk den Franzosen zum leßten mal. Bey den 5000 zurůď, gelaffenen Kranken und Verwundeten blieben keine Aerzte, fie wurden nicht der Menschlichkeit der Rußen empfoh= len, und fielen größtentheils als Opfer einer unüberleg ten Rache. An diesem Tage hatte man nur Kosacken vor sich. Ney lagerte bey Koritnia und setzte sich am folgenden Lag (a) Die 6000 Mann Fußvolk von Neys Corps bildeten 3 Dis visionen ; eine gehörte zum ersten Corps ; die beyden andern wären aus den Trümmern des 3ten Corps und aus » Regimentern der Besagung von Smolensk gebildet worden. 13

194 wieder in Marsch. ” Die Kosacken zeigten sich in größerer Anzahl, auch hatten sie Geschütz bey sich.

Um 3 Uhr

erreichte die Nachhut Katowa und machte beym Anblick von Miloradowits Corps Halt, der jenseits der Schlucht Stellung genommen hatte.

Von dem Punkte , auf wel-

chem sich die Vorhut befand , åberſieht man die ganze Ebene, in welcher Krasnoi liegt ; allein die Witterung war trüb ,

deshalb sah man

nur

auf kurze Entfer

nung, und konnte somit die Stärke des feindlichen Corps nicht ausfindig machen. Sobald Ney hievon Kenntniß erhielt , begab er sich

zu seiner Nachhut.

Dieser General , unentschloffen im Kabinet, war dagegen auf dem Schlachtfeld voll Besonnenheit. Zwey seiner Divisionen hatten bereits die Schlücht erreicht, er befahl ihnen daher, sie zu überschreiten und

den Feind anzugreifen.

Er selbst leitete diesen Angriff. In dem Augenblick , in welchem die französische Infante rie aus der Schlucht debouchirte, litt sie sehr durch das Feuer der zahlreichen rußischen Artillerie ; gleichwohl blicb

fie unerschüttert, und stürzte sich mit solchem Ungestůmm auf den Feind , daß sie deſſen iste und 2te Linie åber den Haufen warf.

Allein bald darauf von allen Seiten

umgeben und von der Reiterey angefallen , wurde ´ſic, nachdem sie die Hälfte der Ihrigen verloren hatte, zurückgedrångt , und in größter Unordnung über die Schlucht zurückgeworfen .

Hätte Miloradowiß sie verfolgt, so wåre

Ney verloren gewesen ;

allein ohne Zweifel erstaunt über

den kräftigen Angriff, begnügte er sich , durch Kosacken verfolgen zu lassen.

die Franzosen

Ney sammelte die

Reste der beyden Divisionen, welche im Feuer gestanden hatten , hinter der 3ten Division , die nicht ins Gefecht

195 gekommen war ; überzeugt, daß ein neuer Versuch gegen so sehr überlegene Streitkräfte seinen Untergang nach sich ziehen würde, wendete er sich rückwärts gegen Emolensk in der Absicht den Dnieper zu überschreiten , um diesen Fluß zwischen sich und das rußische Heer zu legen.

Die

hereinbrechende Nacht beschleunigte seinen Rückzug. Miloradowitz sendete zweymal einen Offizier an ihn ab, um ihn zu benachrichtigen , daß die Corps unter Eugen und Davoust vernichtet seyen , daß die ganze rußische Armee Krasnoi besetzt habe, und daß daher längerer Widerstand unnüß sey.

Allein Ney wies dieſe Vorschläge nicht nur

ab , sondern behielt den Offizier , als er ihm zum 3ten mal geschickt wurde, gefangen (a) zurück unter dem Vorwand , er könne ihn nicht als Parlamentår betrachten , weil der Feind während seiner Unterhandlungen gefeuert Mit Einbruch der Nacht wendete ſich Ney rechts, um sich dem Dnieper zu nähern und machte bey dem

håtte.

Dorfe Danikowa Halt. Hier ließ er Lagerfeuer anzünden, als ob er an dieser Stelle zu übernachten gedenke. Die Rußen , fest überzeugt , daß er ihnen nicht entwis schen könne, thaten ein Gleiches. Nach einigen Stunden

der Ruhe brach Ney in

größter Stille auf und erreichte den Dnieper ; sofort.cotoyrte er diesen Fluß langs seines Laufes , bis er an eine Stelle kam , wo die Ufer nicht sehr steil waren , und das Eis zu tragen ſchien (b).

Indeffen war nichts

(a) Hieben hatte Ney die Absicht , zu verhindern , daß dieser Offizier Nachrichten über die Stärke und Stellung seines Corps gebe. Er ließ ihm die Augen verbinden, und führte ihn in diesem Zustande mit sich. (b) Ney wußte, daß der Dnieper in dieser Jahrszeit zwis

13 *

196 unsicherer, als das Gelingen dieſes Uebergangs ; denn die Kålte war 2 Tage sehr streng gewesen , die Luft schien Thauwetter zu verkünden , es war daher ungewiß , ob das Eis zu einem Uebergang dick genug seyn würde. Ney beschloß, denselben zwischen den Dörfern Syrokorenie und Gusinoe zu bewerkstelligen , allein bald brach das Eis beym Eingang und Ausgang an den Ufern ; Geſchüß, Gepäck und Pferde mußten zurückgelaſſen

werden und

die Fußgånger waren genöthigt bis zur Hälfte im Waſſer zu waten, um das Eis zu erreichen und zu verlassen. Dies ser außerordentliche Uebergang geschah in der Nacht vom 18ten auf den 19ten November. nicht zu verhindern .

Der Feind suchte ihn

Somit befand sich der

Dnieper

zwischen dem franzöſiſchen Corps und dem rußiſchen Hee, re, allein ersteres war kaum noch 3000 Mann stark, denen eben so viele einzelne Militårs folgten.

Mit La-

ges-Anbruch erreichte Ney das Dorf Gusinoe, in wels chem er zu großer Verwunderung einige Kosacken überfiel und gefangen nahm.

Von diesen erfuhr er,

daß

Platow , der feinen Marsch auf dem rechten DnieperUfer fortgesetzt hatte, ſich mit ſeinem Corps in der Nähe von Gusinoe befinde ; sonach folgten neue Gefahren auf diejenigen, denen

er kaum entgangen war.

mußte man befürchten ,

Ueberdieß

Kutufow werde ein Infanterie-

Corps bey Khomino oder Raſasna übergehen laſſen, wodurch das 3te Corps abermals in eine eben so misliche Lage , als die kaum verlassene verſeßt worden wåre ; obs

schen Smolensk und Orsza nirgends eine Furth habe , und daß er an den seichteften Stellen wenigstens 19 Fuß tief war. (a) Ney war nur von einigen Kosacken verfolgt worden.

197

gleich daher die Truppen äußerst ermüdet waren , vers gönnte ihnen Ney doch kaum die nöthige Ruhezeit , um einige Nahrung zu sich zu nehmen , und brach sogleich wieder auf. erreichen.

Er nahm sich vor , Napoleon zu Orsza zu

Sobald unterdessen Platow von der Anwesenheit der Franzosen Nachricht erhalten hatte, setzte er sich zu ihrer Verfolgung in Marsch , und ohne Zweifel wären sie ohne die außerordentliche Energie ihres Generals an diesem Tage in die Hände der Rußen gefallen.

Die Kosacken

hatten sich, wiewohl in geringer Anzahl , bereits gezeigt, als man bey dem Ausgang eines Waldes eine Ebene von ziemlich großer Ausdehnung , die der Fluß cotoyrte, zurücklegen mußte. nen Kosacken besetzt.

Platow hatte sie in Person mit ſeis Ney , der die Ankunft von Fuß-

volk und Geschütz befürchtete , bereitete sich auf der Stelle zum Angriff; seine Divisionen lehnten in geschlossener Colonne ihren linken Flügel an den Duicper ;

auf der

rechten Flanke wurden die Kosacken durch Schüßen in gehöriger Entfernung gehalten.

Kaum hatte das Gefecht

begonnen , als plötzlich eine zahlreiche Artillerie auf dem rechten Flügel der Colonne erſchien, und diese nachdrücklich beschoß.

In dieser Noth beschleunigte Ney seinen

Marsch um einen vor ihm liegenden Wald zu erreichen ; er war auf dem Punkt, an denselben zu gelangen, als eine verdeckte Batterie die Spitze seiner Colonne , an der er sich befand , mit Kartåtschen beschoß und Tod und Verwirrung unter derselben verbreitete. thigung bemächtigte sich

des

Allgemeine Entmu-

Soldaten ;

er warf die

Waffen weg, und rief zum erstenmal, man müße sich ergeben.

Ney , der einzige beynahe , der zu Pferde geblie

198 ben war (a), durcheilte, schäumend vor Wuth, die Colonne,

ermuthigte die Soldaten mit furchtbarer Stimme,

stellte ihnen Frankreich auf der einen, die schändliche Ge fangenschaft auf der andern Seite vor , und so gelang es ihm endlich, ihnen seine Kühnheit mitzutheilen ;

fie ers

griffen ihre Waffen wieder , und stürzten sich unter laus tem Schlachtruf auf die rußische Batterie, welcher keine Zeit zur Flucht mehr blieb.

Ney

erreichte den Wald,

überschritt ohne irgend einen Weg, eine Schlucht, deren Zurücklegung so schwierig war , daß er seine Pferde, welche er sich auf dem rechten Dnieper-Ufer verschafft hatte, zurücklassen mußte , und langte in der Nacht an einem Dorfe an, wo er Halt machte, um seinen Truppen einige Erholung zu gönnen.

Mit Tagesanbruch ( am 20ten No-

vember) setzte er sich wieder in Marsch ; die Kosacken, welche, um ihn zu erreichen , einen großen Umweg machen mußten, erschienen erst gegen Mittag, während man ein offenes Feld zurücklegte ; ihr Geſchüß war noch nicht eingetroffen.

Die Absendung einiger Schüßen war hin-

reichend , sie zu vertreiben.

Beym Einbruch der Nacht

machte man bey dem Dorfe Jacupowo in der Nähe eines Waldes Halt , und zündete die Lager-Feuer an; da man nur noch einen Marsch von Orsza entfernt war, fendete Ney zwey Offiziere (b) an Napoleon, um dieſen von ´ seinen Unfällen in Kenntniß zu setzen.

Hierauf brach er

in der Nacht um 9 Uhr in größter Stille auf, um den (a) Einige Offisiere hatten sich mit den den Kosacken in Gusinoe abgenommenen und mit Bauern-Pferden beritten gemacht. Mehrere Offiziere von Neys Generalstab wurden von der verdeckten Batterie getödtet. (b) Diese Offiziere hatten sich Bauern-Pferde verschafft.

1 199 Feind zu überholen.

G

Endlich hoffte er Orsza zu erreichen,

als er beym Ausgang eines Waldes Lager-Feuer bemerks te, welche die Anwesenheit eines Heeres von 20000 Mann anzudeuten schienen.

Waren es Franzosen oder Rußen ?

Um dieß zu erfahren, sendete Ney eine Rekognoszirung ab, die mit Flinten-Schüſſen empfangen wurde , worauf man auf allen Punkten des Lagers Trommelschlag´ vernahm. Mithin mußte es ein feindliches Infanterie-Corps seyn. Ney der jezt nur noch seiner Verzweiflung Gehör gab, stürzte sich im Sturmschritt auf die feindlichen Feuer , um sich mitten durch dieselben Bahn zu brechen : allein wie groß war sein Erstaunen, als er fie verlassen fande ! Man gewahrte nur noch einige entfliehende Kosacken. So machte die Unerschrockenheit des franzöſiſchen Generals eine Kriegslist nuklos , welche Platow erdacht hatte , um den Frauzosen durch die Anwesenheit eines Infanterie-Corps Furcht einzufldßen. Ney setzte indessen seinen Marsch auf Orsza fort, ohne zu wiffen , in welchen Händen diese Stadt sich bes finde.

Das Terrain war durchſchnitten, und die Kosa-

den beunruhigten nur seine Nachhut.

Am 21ten No-

vember um Mitternacht erreichte er die große Straße von Witepsk nach Orsza und stieß endlich auf die franzöſiſchen Vorposten des 4ten Corps, worauf er seine Vereinigung mit Eugen bewerkstelligte , der ihm entgegen ges sendet worden war (a). So endigte sich dieser denkwürdige Rückzug.

Ney

glaubte im Hafen eingelaufen zu seyn , allein unaufhdr(a) Die von Ney an den Kaiser gesendeten Offiziere waren glücklich bey demselben angekommen, und Eugen marschirte auf der Stelle dem 3ten Corps entgegen.

1

200 lich neu erwachsende Widerwärtigkeiten warteten seiner unglücklichen Krieger, und beynahe kein einziger derselben sollte sein Vaterland wiedersehen. Ich habe die Operationen des 3ten Corps seit seis nem Abmarsch von Smolensk mit mehr Ausführlichkeit erzählt , als ihre Wichtigkeit zu erheischen scheint , wozu mich theils das Außerordentliche derselben, theils das Inº tereffe, welches fie einfldßen, bewogen haben.

1

Moten dritten

zum

(1.)

Seite 85.

„Zwey neue Trains , und der des

Buch.

der der Trophäen

Schages folgten dem Heer."

Der Train des Schahes enthielt außer dem gemünzten Silber ,

auch einige Gold- und Silberstangen ,

man durch Ausbrennung verschiedener Stoffe ,

welche

die man

in großer Menge in den Kirchen des Kremls fand, gewonnen hatte.

Kurze Zeit nach der Ankunft des Heers zu Moss

kau war eine Commiſſion ernannt worden, um diese Gegens stände aufzusuchen.

So lange man vorrückte , blieb der

Train des Schatzes mehrere Lage zurück.

Der Train

der Trophäen enthielt türkische und andere Fahnen,®welche Napoleón aus den Kirchen des Kremls hatte wegneh men lassen, und das große vergoldete Kreuz von Kupfer, das für alle Rußen ein Gegenstand der Verehrung war. (2.) Seite 105.

Die

ganze

Regiments Artillerie und

selbst die der Reserve hätte man im Kreml zurücklaffen sollen.“ Der General Lariboiffiere, wels cher die Artillerie der Armee befehligte, und der als ches maliger Kamerad Napoleons im

Regimente

La Fere-

frey mit ihm reden durfte, schlug ihm vor , einen Theil‹

202 der Artillerie zurückzulaffen ;

allein Napoleon gerieth in

Zorn über diesen Vorschlag ; schon der Gedanke erweckte feine Entrüstung , den Rußen Geſchüß zu überlaſſen. (3.) Seite 106. Beym

stehenden

Gefecht,

in welchem

die rußischen Rekruten den Veteranen gleich• zusehen sind."

Der Muth des rußischen Soldaten

ist nicht ungeſtüm, wie der des franzöſiſchen ; er ist gleichſam ein aus Ergebung herstammender Muth, und in dieser Beziehung übertreffen die Rekruten vielleicht die ge, dienten Soldaten ; gleichwohl find letztere vorzuziehen, weil sie ihr Handwerk beſſer verstehen.

Man bedarf lans

ger Zeit, um den rußischen Soldaten zu bilden, daher waren auch die bey Kutusows Heer eingetroffenen Rekruten noch sehr ungeschickt. (4.) Seite 121. „Einer der Artillerie - Generale machte . Napoleon den Vorschlag ,

einen Theil der

Artillerie zu opfern, um den andern zu rets ten." Es fiel ins Auge, daß indem man die ganze Artillerie mitnehmen wollte , man sie verlieren mußte , weil die Laft für ausgehungerte , war ,

ermüdete Pferde zu schwer.

und man sich darauf gefaßt machen mußte , alle

zu gleicher Zeit stürzen zu sehen.

Ich erinnere mich, daß

in dieser Periode ein Artillerie- General , statt die Hälfte ſeiner Munitionswagen in die Luft zu sprengen, es vorzog, die Hälfte seiner Munition wegzuwerfen , um die Mey- . er sey bis jetzt noch nicht genöthigt

nung zu verbreiten,

worden, etwas aufzuopfern.

Er wußte wohl, daß er eine

203. schlechte Maasregel ergriff, allein es war ihm auch bes kannt, daß Napoleon befohlen hatte, nichts zurückzulaſſen. (5.)

Seite 125.

Die allgemeinen Dispositionen zur Aus führung dieser Bewegung wurden ausgefers tigt."

Ich führe dieſe Dispoſitionen an , weil sie von

großem Interesse sind ; sie sollten durch den Major-General an die Kommandanten der Armee-Corps gesendet.. werden, und waren in folgenden Ausdrücken abgefaßt. Es $ ist der Wille des Kaisers , wenn die feindliche Infanterie dem Heer in seiner Bewegung folgt , ihr ents gegen zu rücken, ſie anzugreifen, und möglichst viele Ges fangene zu • machen.

In

dieser Absicht hat der Kaiser:

eine Intermediår-Stellung zwiſchen dem Posten Slawkowo und Dorogobuß ausgesucht.

Der Kaiser wird sich

Morgen mit Lagesanbruch an der Spitze seiner Garden in dieser Stellung einfinden.

Se. Majestät wird die Auf-

stellung der Truppen bezeichnen, welche sich in Massen vereinigt dergestalt aufstellen sollen, daß sie durch die von : dem Herzog von Elchingen befehligte Nachhut gedeckt werden, und stets bereit sind, sich mit ihrer ganzen Artillerie auf den Feind zu werfen,

während dieser wähnt,

es nur mit der Nachhut zu thun zu haben.“ Die Herrn Marschälle werden Maasregeln ergreifen, die abwesenden Soldaten unter den Fahnen zu sammeln ,§ das Geschütz unter die Divisionen zu

vertheilen ,

und

das Gepäcke auf Dorogobuß und Smolensk zu dirigiren. Gendarmen werden bey Dorogobutz aufgestellt seyn , um einzeln marſchirende Soldaten mit Ausnahme der Kranken, zu ihren Regimentern zu weisen.

Der Herzog von

204

Abrantes (a) wird sich bereit halten , mit seinem Corps auf den ersten Befehl abzumarſchiren , zu welchem Ende er einen Reiter-Offizier an den Major-General abzuschicken hat. Alle Reiter, welche keine Pferde mehr haben und uns General Charrier Regimenter bilden , sollen zu dem ter Dorogobuh dergestalt vereinigt werden, daß ſie jeden Augenblick zu der ehrenvollen Auszeichnung bereit sind, mit den Grenadiren zu marschiren , welche eine besondere Brigade unter dem General Charrier bilden.

Die Artillerie, und

Genie Parks, besonders der der Garde unter dem General Sorbier werden sich bereit halten, sich nach der obenbezeich neten Stellung zu begeben. Die Artillerie- und GenieKoms mandanten, so wie der General Eble, nebst den Sapeurs, Seetruppen und Poutoniers werden fich daselbst befin> Die Generake werden darauf sehen , daß sich die

den.

Waffen in gutem Zustande befinden , und die Soldaten mit Patronen versehen seyen. Se. Majestät , der König von Neapel wird sich Morgen bey guter Zeit nach der Stellung begeben, um sie zu studiren und die Befehle des Kaisers zu empfangen. Der Herzog von Elchingen, welcher die Nachhut bes wird nach den oben angegebenen Dispositionen,

fehligt ,

mandvriren , so daß wenn die feindliche Infanterie etwa übermorgen in der Frühe in der Nähe der Stellung anwir sie durch einen allgemeinen unvorgesehenen

kommt ,

Angriff überfallen können. Der StaatsSekretär Graf Daru wird in Abwesenheit des ( kranken) Grafen Dumas den Dienst des General-Intendanten der Armee versehen. Er wird die geeigneten Maasregeln hinsichtlich des årztlichen Dienstes treffen , damit in der Stellung alles vore

(a) Er war bereits zu Dorogobug angelangt. &

205 bereitet sey.

In Folge dieses Lags-Befehls wird somit

Jeder, ohne weitere Befehle zu erwarten , diejenigen Ans stalten treffen, welche ihn angehen. Der Kaiser erwartet über die gestrigen Vorfälle Bes

1 richt, um sich zu entschließen ; wie war es möglich, daß das feindliche Corps , welches die Verbindung zwiſchen den französischen Diviſioncu zn unterbrechen wagte, nicht gefangen wurde ?“ Der Fürst von Neufchatel, Major-General, Unterzeichnet Alexander.

Slawkowo den 4ten November 1812. p. p. Die Marschälle und Generale werden Morgen Mits tag einen Offizier mit dem Stande der Armee-Corps au den Major-General abschicken."

" Alle

(6.) Seite 134. verdankten Napoleon Aemter,

Auszeichnungen , einige ihr Vermögen." Napoleon war Verwaltung ;

das

Haupt der

Armee und

der

des franzöfifchen Volks bediente er sich zur

Erreichung seiner Absichten .

Die Interessen des Heers

ſtanden im Widerspruch mit denen der Bürger, weil der Krieg jenem nöthig war , und das Vermögen des größten Theils der frühern Befehlshaber aus Dodationen in den eroberten Ländern bestand.

(7) Seite 143. Theil der vorgeschriebenen Maaß" „Ein regeln konnte nicht ausgeführt werden, ,,wie dieß nicht anders zu erwarten war." Man hätte denjenigen Generalen , welche weit von einander und von der Haupt- Armee befindliche Corps

.206 befchligten, nur allgemeine Instructionen ertheilen sollen, worinn blos das zu erreichende Reſultat angegeben gewesen wåre;

die Leitung der Operationen im Detail

håtte man ihnen gänzlich überlassen sollen.

Bey dieser

Gelegenheit sey es erlaubt zu bemerken, daß eine Menge von Unfällen daher rührte ,

daß die Generale an fol-

che Befehle gebunden waren ,adie von Personen ausgiengen, welche sich weit vom Schauplah entfernt befanden. Wenn diese Befehle ankommen , sind oft in der Lage der Dinge große Veränderungen vorgegangen ;

aus dies

sem Grunde sollte man den Ober- Generalen nur sehr allgemeine Instructionen geben ,

und ihnen die Leitung

der Operationen überlaſſen , weil diese nur mit steter Rücksicht auf die Ereignisse und Umstände möglich ist. In kleinen Heeren kann der Ober - General oft alles mit einem Blick überschauen , und zu rechter Zeit nützliche Befehle ertheilen ; allein bey den großen Heeren

unserer

Zeit ist es nöthig , daß Jeder , nachdem er den allgemeinen Befehl erhalten hat , auf seinem Standpunkt im allgemeinen Interesse handle, ohne sich mit den Befehlen seiner Vorgesetzten zu begnügen ; er muß vielmehr alles was die Noth gebietet , und was zum Gelingen der Unternehmung zweckdienlich ist , ausführen , als ob er Befehl dazu erhalten hätte.

Die französischen Ge-

nerale haben in den lezten Kriegen beynahe immer diesen Spielraum gehabt, während ihre Gegner gebunden Aus den oben entwickelten Gründen , ließen sie waren. ihren Untergebenen gleichfalls einen Gebot ein besonderer Spielraum.

verhältnißmåßigen Umstand in dem

französischen Heer einen raschen Entschluß, so handelte er und legte hierauf Rechenschaft ab, ohne die Gelegenheit

207 zu verlieren , welche im Kriege unendlichen Werth hat. Ein Diviſions - General griff an ,

ehe er Befehl erhalten

hatte, um eine in seiner Nähe befindliche Divifion zu unterstützen. Eine Batterie nahm , ohne besondern Befehl abzuwarten auf dem vortheilhaftesten Punkte Stellung , um dem Feind Schaden zuzufügen.

Dieser Ver-

fahrungsweise verdanken die Franzosen einen Theil ihrer Erfolge in den letzten Kriegen. müssen einen Theil Methode zuschreiben.

Ihre Feinde dagegen

ihrer Unfälle der

entgegengesetzten

In beiden Fällen , besonders in

Schlachten sah man ihre Truppen aus Mangel erholtes ner Befehle in Unthätigkeit , ohne auch nur das Mindeste

zum Erfolg der

irgend

Operation

einen Dienst zu leisten ,

Generale

beyzutragen ,

oder

statt daß wenn ihre

ermächtigt gewesen wären , dem Gesetze der

Nothwendigkeit zu folgen , diese Truppen aufs Nüßlichste håtten verwendet werden können.

(8 ) Seite 150. Die Vertheilungen für die Garden be gannen sogleich nach ihrer Ankunft.“ Während diesen Vertheilungen verzehrten die Unglücklichen , welche in der Umgegend von Smolensk bis vouakirten , mehr als 300 gesunde diensttüchtige Pferde, die zu den in Smolensk befindlichen Militär- Equiン pagen gehörten. Zu Smolensk war Bordeaux- Wein für Napoleon angekommen; was davon nicht mitgenommen wurde, verkaufte die Dienerschaft zu 20 Franken die Bouteille, Ich weiß dieß , weil ich selbst, nicht ohne große Mühe davon kaufte.

208 (9.) . Seite 182. Eine Menge Kosaken beunruhigten ihre linke Flanke.“ Kutusows Heer zählte nicht weniger als 25000 Kofacken ; håtte ihre Kühnheit mit ihrer Raubgier gleichen Schritt gehalten , so würden sie sich bald des Restes der Artillerie bemächtigt haben , weil diese , da sie nicht aufgeschloßen marschieren konnte , selten Geleits- Mannschaft bey sich hatte ;

glücklicherweise

reichten einige

Flintenschüsse hin , sie zu vertreiben.

Die Kosacken find äußerst wachsam, sie suchen jedoch keinen Ruhm darin, den Gefahren zu trohen.

Sie greis

fen nur mit vielfach überlegenen Streitkräften an ,

und

ziehen sich sogleich zurück, sobald sie auf feste Haltung stoßen ; sie fürchten das Feuer sehr, und sehen sich dems felben nie freywillig aus.

Da ihr Hauptzweck

geht ,

Beute zu machen,

und das Gepäck der Armee

deren

gewöhnlich

enthält ,

dahin

so verdoppeln sie ihre Thá-

tigkeit. (10.) „Ein

Theil des

Seite 181 . Generalstabes

folgte

ihm zu Fuß.“

Als

einer seine Generale ihm 2 vorstellte,

welcher

Gefahr er sich persönlich wegen des Mißverhältniffes zwischen seinen Steitkräften und denen seines Gegners aussetze, erwiederte er : „ Ich habe lange genug den Kaiser gemacht ; es ist Zeit , daß ich die Rolle des Genes rals wieder übernehme."

Fortseßung der Briefe an

Napoleons

Berthier.

Napoleon an den Major - General. Troizkoe den 20ten Oktobr . 1812. Mein Vetter ! Ertheilen Sie dem Herzog von Tres

viso Befehl , Morgen mit Tages-Anbruch alle ermůs deten und kranken Leute von den Corps des Fürsten von Eckmühl und des Vicekdnigs , von der unberittenen Reiterey und

der jungen Garde

abmarschieren zu lass

sen und auf Mojaisk zu dirigiren. Den 22ten oder 23ten Morgens um 2 Uhr wird er das Branntwein-Magazin , die Kasernen und öffentlichen Gebäude und den Pallast des Kremls mit Ausnahme des Findelhauses in Brand steken lassen. wird dafür sorgen ,

Er

daß die zurückgelaffenen Gewehre

in Stücken geschlagen , die Thürme des Kremls minirt, und alle Laffeten und Räder unbrauchbar gemacht werden. Ist der Kreml in Brand gesteckt , so wird der Herzog von Treviso denselben verlassen und sich auf die Straße nach Mojaisk sehen. sprengt werden , ten hat.

Um

1 Uhr wird der Kreml ges

wie die Artillerie bereits Befehl erhal

Auf der Straße wird der Herzog von Treviso

alle zurückbleibenden Fahrzeuge verbrennen , 14

alle Leichen

210 begraben und die umherliegenden laffen.

Gewehre

zerschlagen

Bey dem Pallaste Gallihin wird er die daselbst

befindlichen Spanier und Bayern vereinigen ,

die Mus

nitions - Wagen und alles , was nicht fortgeschaft werden kann, verbrennen.

Er wird alle Posten-Kommandan-

ten und Besatzungen zuſammenziehen.

Am 25ten und

26ten wird er zu Mojaisk eintreffen , wo er, um sich mit dem Heer in Verbindung zu sehen, die weitern Bes fehle erhalten wird.

Auf der Straße

wird er eine starke

Reiter - Abtheilung

aufstellen.

nach Mojaisk als

Nachhut

Er selbst wird so lange zu Moskau bleiben,

bis er die Sprengung des Kremls mit eigenen Augen gesehen hat.

Endlich wird er

die beyden Häuser des

ehemaligen Gouverneurs und das von Razumowsky in Brand stecken lassen. Unterzeichnet Napoleon.

Napoleon an den Major - General. Krasnoe - Pachra den aiten Oktbr. 1819. Mein Vetter ! Sehen Sie den Herzog von Treviso in

Kenntniß ,

daß , sobald er seine Verrichtungen zu

Moskau beendigt

haben wird ,

d. h. den 23ten Mor-

gens um 3 Uhr, er sich in Marsch ſehen und am 24ten zu Kubinskoe eintreffen soll ; daß er von diesem Punkt aus ,

statt sich nach Mojaisk zu begeben ,

Wereia begeben wird ,

sich

nach

wo er am 25ten anlangen soll.

Somit wird er eine Stellung zwischen Mojaisk, wo sich der Herzog von Abrantes ,

und zwischen Borowsk inne

haben , wo sich die Armee befindet. Big seyn ,

Es wird zweckmå-

Offiziere nach Fominskoe zu senden ,

ung von seinem Marsch in Kenntniß zu sehen.

um

Er wird

211 den

Adjutant-Kommandanten

Bourmont , die Bayern

und Spanier , welche sich auf dem Landhause des Für ſten Gallißin befinden und die Westphalen unter seinem Befehl vereinigen und nach Mojaisk dirigiren.

Was

ren diese Truppen etwa nicht stark genug , so wird er ihren Marsch durch Reiterey decken laffen. Der Herzog von Treviso wird den Herzog von Abrantes von allem dem

in Kenntniß sehen ,

Mokkau Bezug hat.

was auf die Räumung von

Es ist nöthig , daß er uns Mors

gen den 22ten schreibe und zwar nicht auf der Straße von Desna , sondern auf der über Szarapowo und Fo minskoe.

Am 25ten wird er uns auf der Straße nach

Mojaisk schreiben.

Der von ihm abgeschickte Offizier

wird die Straße zu Kubinskoc verlassen ,

um sich nach

Fominskoe zu begeben , indem das Hauptquartier wahrs scheinlich am 23ten zu Borowsk oder Fominskoe seyn wird. Der Herzog von Treviso mag nun seine Operation am 22ten Morgens um 2 Uhr oder am 23ten um dieselbe Zeit bewerkstelligen , so müssen dieselben Dispoſitionen getroffen werden.

Somit kann das Corps des Her

zogs von Treviso als die Nachhut der Armee betrachtet wer den. Ich kann ihm nicht genug anempfehlen, die Fahrzeuge der jungen Garde , die der unberittenen Reiterey, und überhaupt alle diejenigen , welche er unterwegs antrifft, mit Verwundeten und Kranken zu beladen , und ich bes merke bey dieser Gelegenheit ,

daß die Römer denjes

nigen Bürgern Kronen verliehen , welche Bürgern das Leben retteten. Der Herzog von Treviso wird deren eben so viele verdienen, als er Bürgern das Leben rettet ; er trete ihnen seine Pferde und die seiner Umgebungen ab. Bey Saint - Jean d'Acre hat sich der Kaiser auf

14 "

212 gleiche Weise benommen.

Es wird um so zweckmäßis

ger seyn , diese Maasregel zu ergreifen , als man diesen Leuten , sobald sie bey dem Heer eingetroffen seyn werden ,

diejenigen Fahrzeuge und Pferde verabfolgen laſſen

kann ,

welche durch den Munitions - Verbrauch entbehrSchreiben Sie dem Herzog von

lich geworden sind. Treviso ferner ,

daß der Kaiser hofft ,

ihm darüber seis

ne Zufriedenheit bezeugen zu können ,

daß er ihm 500

Menschen gerettet habe, daß er natürlicherweise mit den Offizieren und Unteroffizieren den Anfang machen und die Franzosen vorziehen soll ; seinen

daß er sämmtliche unter

Befehlen stehende Offiziere und Soldaten zusam

menberufe , um ihnen die Wichtigkeit dieser Maasregel vorzustellen. Unterzeichnet Napoleon.

Der Fürst von Neufchatel und von Was gram an den Herzog von Abrantes. Fominskoe den 23ten Oktbr. 1812 Morgens um 3 Uhr. Der Fürst Poniatowsky wird Ihnen bereits einen Offizier zugeschickt haben , um Sie von den Absichten des Kaisers in Kenntniß zu sehen. Sc. Majestät hat es für zweckmäßig erachtet ,

Ih-

nen einen Generalstabs-Offizier mit bestimmten Befehlen von mir zu senden. Dirigiren Sie Bataillone

diejenigen

Marschregimenter

der Infanterie und der Reiterey ,

und

welche

Sie zu Mojaisk vereinigt haben werden , nach Wereia ; dirigiren Sie ferner alle Felleisen und Staffeten , welche Ihnen zugekommen sind , nach Wereia ; dirigiren Sie endlich alle Batterien , welche seither angekommen seyn.

213 werden , ob sie der Garde oder andern Armeekorps , ans gehören ,

auf diese Stadt.

Seßen Sie mich von dem

Zustande der Räumung von Mojaisk und der Abtey in Kenntniß. Moskau muß diefen Morgen geräumt worden seyn. Der Herzog von Treviso wird

morgen oder übermor

gen mit 12 bis 15000 Mann zu Fominskoe cintreffen ; es werden ihm nur einige hundert Kosacken folgen, denu das

feindliche Heer befindet sich noch

ganz

auf der

Straße von Kaluga. Das Hauptquartier , so wie auch das Korps des Vice Königs wird heute in Borowsk seyn. Lassen Sie alle zu Mojaisk und der Abtey, befind. lichen Gewehre , so wie auch die Munition , welche Sie nicht fortschaffen können , verbrennen ; halten Sie sich jeden Augenblick zum Aufbruch bereit , und sorgen Sie dafür , daß keine Verwundeten zurückbleiben. Benachrichtigen Sie die zu Gjat befindlichen Trup, pen von der Räumung Moskaus ,

und von der Bewe-

gung der Armee auf Kaluga. Benachrichtigen Sie auch den Kommandanten von Wiazma hievon. Alles was Gjat räumen kann ,

soll der Kommandant dieſer

Stadt nach Wiazma schicken , indem

der Kaiser die

Absicht hat , daß Sie sich sogleich nach erhaltenem Befehl auf Wiazma in Marfch sehen , alle Posten zurückziehen,

und sich mit Sr. Majestät über Wiazma und

Jucknow in Verbindung sehen sollen. Zu diesem Zweck senden Sie

den Befehl nach Wi-

azma , daß einer der dort befindlichen Brigade Generale mit 4-5000 Mann Infanterie und Reiterey

abmar-

schiere , um die Verbindung mit der Armee über Jucknow zu eröffnen.

Es wird nöthig seyn ,

daß dieser

General auf jeder Poststation von Wiazma nach Juď-

214 1 now 100 Mann aufstelle , welche sich zu haben.

verschanzen

Die Verbindung mit Smolensk geschieht über

Wiazma , sobald man die mit Mojaisk aufgegeben haben wird. Da die Stadt Moskau abgebrannt ist , so hat der Kaiser für zweckmäßig erachtet , sie zu verlassen ,

nach-

dem er den Kreml hat sprengen lassen , um Herr seiner Bewegungen zu seyn, weil die Ruinen dieser Stadt 15 bis 20000 Mann zur Handhabung der Polizey erfors

dern. Sucht das feindliche Heer Kaluga zu decken , To will der Kaiser demselben eine Schlacht liefern. Senden Sie mir ungefäumt den Generalstabs-Offizier zurück, den ich an Sie geschickt habe.

Seit dem 19ten

ist uns keine Staffete mehr zugekommen , somit fehlen uns die vom 20ten , 21ten und 22ten.

Vielleicht geht

ctwas in´unserm Rücken vor.

Unterzeichnet Alexander. Napoleon an den Major ፡ General. Borowsk den 24ten Oktbr. 1824 . Mein Better!

Schreiben Sie in Ziffern an den

Herzog von Belluno , weil er diesen Brief nicht vor dem 26ten erhalten und er bis dahin den General Nansouty gesprochen haben wird.

Benachrichtigen Sie ihn, daß, weil ich keine Couriere erhalte , mir die Lage der

Dinge in der lezten Zeit auf seiner Seite unbekannt sey; daß ich nicht weiß ,

ob die Ereignisse ihn zu irgend

einer Bewegung gezwungen haben ;

daß, wenn er noch

keine gemacht haben sollte , und wenn die Diviſion Girard und die leichte Reiter Brigade noch

disponibel

215 wåren ,

er sich mit diesen Truppen

unverzüglich 'nach

Felnia in Marsch setzen und von da Truppen-Abtheiluns gen auf die Straße nach Kaluga vorschieben soll,

um

die Verbindung mit der Armee herzustellen. Kann er sich am 26ten in Marsch setzen , so wird er sich am 30ten Kaluga bis auf 5 Märsche genähert • haben ; schreiben Eie ihm ferner , daß ich zuerst meine Operations

Linie über Wiazma ,

menskoe dirigire ,

Jucknow und Zna-

bis unsere Vereinigung mit ihm ge-

schehen seyn wird ;

daß ich sie hierauf über Smolensk

und Jelnia festseßen werde ;

daß er bey Hinterlegung

dieser 40 Stunden Sorge trage,

diesen Theil der Stras

ße durch Aufstellung eines Waffenkommandanten , 100 Mann und die für Couriere

nöthigen Pferde auf den

Poststationen, zu organiſiren , daß jedoch diese Maasregel durchaus keinen Einfluß auf seinen Entschluß haben dürfe , zu

dem

ihn vielleicht irgend ein aufſerør-

dentliches Ereigniß zwingt. Sagen Sie dem Herzog von Belluno ferner offen, daß das Heer bey Borowsk vereinigt ist ,

" nach der Sprengung

daß Moskau

des Kremls geräumt wurde , und

daß die Armee sich gegen Kaluga

bewegt ;

daß die

Provinz Kaluga eine der fruchtbarsten in Rußland und daß wir daher in derselben an

ist,

Allem Ueberfluß

haben werden. Unterzeichnet Napoleon. Napoleon an den Major General. Borowsk den 26ten ' Oktbr. 1812.

Mein Better! Fertigen Sie sogleich einen Offizier an den Fürsten Poniatowsky ab ,

mit

dem Befehl ,

216

sämmtliches

Gepäck auf Mojaisk und von da auf Wi-

azma zu dirigiren ,

und mit seinem Corps eine gute Stellung 3 bis 4 Stunden von Wereia auf der Straße von

Wereia nach Jegoriewskoi zu nehmen , und mit seiner Vorhut diesen leztern Ort zu beseßen, der bey dem Durch schnittspunkt der Straßen von Medyn liegt.

nach Mojaist

Naht die Zeit heran , diesen Punkt zu verlassen,

um sich nach Mojaisk zu begeben ,

so

wünschte ich,

daß diese Bewegung in einem Tage ausgeführt würde. Er wird einsehen,

daß die von ihm zu beziehende Stel

rung den Zweck hat , Er soll dem

Herzog

Marsch 1 Regimenter,

den Marsch der Armee zu decken. von die

Treviso

alle französischen

er unter seinem Befehl hat,

überlassen. Benachrichtigen Sie daß sich das

den Herzog

von

Abrantes,

rußische Heer nach Malojaroslawet be

wegte; daß seine Vorhut an dem einen Ufer der Luja die unsere an dem andern eintraf;

ankam , während

daß die Stadt auf dem feindlichen Ufer liegt , daß ein Gefecht daselbst statt fand , das den ganzen 24ten dau erte ; daß während stand,

unsere Vorhut

dieses Gefecht

das ganze rußische Heer anlangte ;

be

daß unserer-

feits die Truppen des Fürsten von Eckmühl dem Vicekönig zu Hülfe eilten , daß wir im Besize des Schlachtfeldes blieben , und daß der Feind 7 - 8000 Mann verloren hat. Unser Verlust beträgt 2000 Todte und Verwundete.

Der

General

Delzons

ward getödtet.

Wir 1 fanden die Leichen zweyer rußischen Generale ; 250 bis 300 Gefangene fielen in unsere Hånde ; am 25ten nahm das Heer Stellung. Die rußische Armee stand eine Stunde hinter Malojaraslowes. Sagen Sie

217 ihm daß wir uns am 26ten zum Angriff in Bewegung ſeßten, daß sie jedoch bereits im Rückzug begriffen war ; daß der Fürst von Eckmühl sie verfolgte ,

daß jedoch

Kålte und die Nothwendigkeit , uns den Haufen Verwundeter vom Halse zu schaffen , der mit uns zieht , den Kaiser bestimmten ,

sich nach

Mojaisk

und von da

nach Wiazma zu wenden , daß er daher sogleich an den Kommandanten von Wiazma schreibe, now

entsendete

die nach Fuck-

Truppen - Abtheilung zurückzuberufen ;

daß sich das feindliche Fußvólk seit der Schlacht bey Mojaisk

beträchtlich vermindert

habe , daß es

kaum,

noch aus 15000 Mann alter Solduten bestehe , daß die Rußen dagegen ihre Kosacken rekrutirt haben , und daß diese wenig gefährliche Reiterey ermüdet.

Empfehlen Sie

unsere Truppen sehr

dem Herzog von Abrantes,

Sorge zu tragen , daß keine Fahrzeuge abgehen , ohne Kranke und Verwundete mitzunehmen ; er soll sich, so bald er ersetzt seyn wird, zu einer Bewegung auf Wiaz, ma bereit halten ; sehen Sie ihn ferner in Kenntniß, daß der Herzog von Elchingen einen schlagen hat,

Seitenweg einge-

um von hier gleichfalls nach Wiazma zu

marschiren (a) ;

endlich daß

er sein Möglichstes

thun

und an den Kommandanten von Wiazma schreibe, das mit die Straße gut bewacht sey , und die Verbindung ohue Schwierigkeit stattfinde. zog von Belluno eben

Schreiben Sie dem Her-

dasselbe

Treffen , ferner in Ziffern :

über

das stattgehabte

daß der Kaiser die Absicht

habe , sich nach Wiazma zu bewegen ;

daß die Bewe-

a) Ney erhielt Gegenbefeht , und folgte der Armee , wie wir gesehen haben.

-

218 auf Wiazma ,

gung

wenn sie anders statt fand , von

Nutzen gewesen seyn wird ,

und daß er nach Wiazma entgegenschicken

so viel Lebensmittel als möglich uns

und alles was er in Jelnia zusammengebracht hat, nach Dorogobuk dirigiren soll. Unterzeichnet Napoleon.

Der Fürst von Neufchatel und von Was gram an den General Charpentier. Wiazma den iten November.

Der Kaiser befiehlt , Herr General , daß Sie einen Offizier Ihres

Staabes an den Marschall Saint - Cyr

und an den Herzog von Belluno senden , um diese in Kenntniß zu sehen :

daß die Armee , welche sich heute

am 1ten November zu Wiazma befindet , Dorogobut ankommen werde ; Nachrichten

am 3ten zu

daß wir mit Ungeduld

von demselben entgegen

sehen ;

daß der

Kaiser annimmt, der Herzog von Belluno werde bereits die Offensive ergriffen und den Feind aus Polozk vers trieben haben.

Schicken Sie gleichfalls

an den Gouverneur von

Mohilow ,

einen Offizier

um ihn von der

Bewegung der Armee in Kenntniß zu setzen ; Sie dabey ,

bemerken

daß diese Bewegung der Armee freywillig

geschieht ; daß dieses Manoeuvre den Zweck hat ,

un-

fern Flügeln um 100 Stunden näher zu kommen ; daß wir seit der Räumung von Moskau nur durch einige Kosacken Nachricht von dem feindlichen Heere erhalten haben.

Geben Sie ihm Befehl , so viele Lebensmittel

als möglich, nach Smolensk zu schaffen. Setzen Sie den Kommandanten von Witepsk von den Bewegungen der Armee und den Ursachen dersels

219 ben in Kenntniß. backen ,

Befehlen Sie ihm , viel Brod zu

weil ein Theil der Armee seine Vorråthe von

dieser Stadt beziehen soll ; Baraguay d'Hilliers Ich habe schon

theilen

die Bewegung

einmal darauf

Sie dem General der Armee mit.

aufmerksam

gemacht,

daß dieser General ſich nicht aussehen soll , widerhohlen Sie ihm diesen Befehl. Sehen Sie den Gouverneur von Minsk in Kennt niß, daß die Armee sich ihren Flügeln um 100 Stunden nåhern wird , um zugleich näher an Polen , einem bes freundeten Lande zu seyn. Schicken Sie mir bis mors gen Abend oder den 3ten Morgens nach Dorogobuß den Stand über die in den Magazinen befindlichen Vorräthe " aller Art , über das bespannte und unbespannte Ges schüß

und über die Munition aller Art , welche sich Theilen Sie • mir ungefäumt

zu Smolensk befindet. alle

mittelbaren

und unmittelbaren Nachrichten über

die Bewegungen des Herzogs von Belluno ,

des Gene-

rals Saint-Cyr und des Fürsten Schwarzenberg mit. Unterzeichnet Alexander.

Napoleon an den Major - General. Wiazma den sten November 1812. Mein Vetter!

Schreiben Sie an den Herzog von

Reggio , daß ich mit wahrem Vergnügen erfahren habe, daß seine Wunde geheilt ist , der versehen kann ;

und er den Dienst wies

daß er daher den Befehl über das

2te Corps wieder übernehmen soll. Schreiben Sie an den Herzog von Belluno ,

daß

ich die Ereignisse von Polokk und seinen Marsch dahin. erfahren habe , daß ich hoffe , er werde Wittgenstein zu-

220

růdkgedrängt ,

und

Polozk

wieder genommen haben.

Schreiben Sie ihm in Ziffern, daß das Heer im Marsch begriffen ist , und daß,

wie ich ihm schon gesagt habe,

der Winter zu lange dauert ,

als daß ich ihn so weit

von meinen Flügeln zubringen könnte; daß ich wahrſcheins lich meinen rechten Flügel an die Dwina, meinen linken an den Dnieper lehnen werde , und daß wir alsdann mit einander in Verbindung stehen.

Unterzeichnet Napoleon.

Der Fürst von Neufchatel und von Wagram an den Herzog von Belluno. Mikalewka den 6ten November 1812. Ich habe Ihren Brief, der mir so eben durch einen Eilboten zukam , dem Kaiser vorgelegt.

Se. Majestät

begreift nicht, warum Sie nicht nach der Vereinigung mit dem 2ten Corps die Offenſive mit Nachdruck ergrife fen

haben.

Wenn Sie ihre Stellung vor dem Feinde

beybehalten , so laufen Sie Gefahr Alles zu verlieren, wegen der Ueberlegenheit seiner leichten Reiterey , mit der er uns jede Verbindung abschneiden kann. Der Kaiser befiehlt, daß Sie gegen den General Wittgen stein marschieren ,

und diesen über den Dnieper zurück-

werfen, daß Sie Polozk wieder nehmen , and Wittgenstein zwingen, dieses Ufer zu verlassen. wird der Kaiser zu Smolensk eintreffen.

Uebermorgen

Verkündigen Sie ihm einen Sieg , der mit den unter Ihren Befehlen vereinigten Truppen nicht zu bezweifeln ist. Unterzeichnet Alexander.

221 Napoleon an den Major.General Smolensk den 11. November 1812.

Mein Vetter ! Schärfen sie den Gouverneurs von Minsk und Wilna ein, keine Marsch-Regimenter gegen den Feind zu verwenden, seyen sie von der Reiteren oder Infanterie, indem dadurch unsere Hülfsquellen ohne Nuhen aufgeopfert würden ;

daß diese Regimenter außer

Stande sind, sich zu schlagen ;

daß man sie zu Wilna

oder Minsk wohl einige Lage anhalten kann , Dienst daselbst zu versehen ,

um den

daß es jedoch wahre Thors

heit wäre, sie gegen den Feind zu schicken ; daß man mich dadurch um viele Leute bringt, und mir die Mittel benimmt, meine Caders zu rekrutiren. 26. 2c. Unterzeichnet Alexander. Der Fürst von Neufchatel und von Wagram an den Herzog von Treviso. Smolensk den 11. November. Der Kaiser befiehlt, daß Sie mir heute Nachmittag um 2 Uhr den Stand der

unter Ihren Befehlen bes

findlichen Truppen , die Zahl der Geschütze , welche Sie mit sich führen können, so wie auch der Munitionswagen und andern Fahrzeuge zuschicken ; endlich wie viele Kombattanten und wie viele Reiterey die Divisionen Laborde und Roguet zählen.

Ziehen Sie Ihre Truppen zusam

men, damit Sie Morgen zum Abmarsch bereit sind. Schreiben Sie mir , auf wie viele Lage Sie mit Lebensmitteln versehen sind , wie viele tragbare Mühlen Sie erhalten haben. 2c. 2c. Unterzeichnet Alexander.

222 Der Fürst von Neufchatel und von Was gram

an den Herzog von Abrantes. Liady den 12. November, Abends acht Uhr.

Sie werden Ihre Bewegung fortsetzen und Morgen in Dubrowna übernachten, von wo Sie mir einen Offizier in das Nachtquartier des Kaisers zwischen Liady und Dubrowna schicken werden, damit ich Ihnen die weiteren Sollten Sie diese nicht erhal Befehle zufertigen kann. ten, so sehen Sie übermorgen Ihren Marsch auf Orsza fort ; dort nehmen Sie Stellung, bewachen die Brücke, stellen in der Stadt die größte Ordnung her ,

und vers

theilen regelmäßig Lebensmittel an die unter den Waffen befindliche Manuſchaft ; alle einzeln marſchirenden Sol daten halten Sie zu Orsza und Dubrowna an , theilen fie nach ihren Armee-Corps ab, verhüten jede Plünderung durch dieselben, und lassen Lebensmittel an sie austheilen. Wer dennoch plündert , soll vor ein Kriegsgericht gestellt und erschossen werden.

Hier tritt der Fall ein , wo ein

Beyspiel von Folgen seyn wird.

Wir treffen auf der Linie ein, wo die Armee Halt machen und sich neu orga nisiren wird. Orsza ;

Die Generale Alorma und Jomini ſind zu

sie haben gleiche Befehle mit den

obengegebe-

nen. Sorgen Sie für die Ausführung derselben.

Der

Kaiser trägt Ihnen dieß insbesondere auf. Unterzeichnet Alerander.

Noten des Uebersezers

zum

dritten Buch.

(1. ) Seite 86. ,,Am folgenden on an Mortier."

Tag

schrieb

Napole

Erwägt man Napoleons und ſeines Heeres Lage zu Moskau ,

und berücksichtigt man , was von unterrichteten

Schriftstellern hierüber , so wie über sein Verweilen zu Moskau geschrieben worden ist, so wird klar, daß die vers derblichen Folgen des Marſches nach dieser Stadt durch schleunige Rückkehr nach ihrer Verbrennung hätten kön, nen, wo nicht ganz beseitigt, " doch beträchtlich vermindert werden.

Vielleicht wäre der Rückzug über Kaluga und

durch die südlichen Provinzen Rußlands zweckmäßiger gewesen.

Dadurch würde die Auflößung des Heers ver-

mieden worden seyn , man wåre etwa am 15ten Novem ber unterhalb Mohilow an den Dnieper gelangt , håtte reichliche Nahrung

und gute Straßen gehabt.

Tschit-

ſchagof, welcher der franzöſiſchen Armee so großen Schaden zufügte, hätte, von ihrem frühern Rückzug unterrichtet, schwerlich seine Unternehmung nach Minsk ausgeführt.

V

Am Dnieper angelangt, wåre Napoleon immer noch drohend für Rußland gewesen ; es konnte ein Frieden unterhandelt werden , im

und Frankreichs

Gehorsam gehalten worden.

Verbündete

wären

Demnach fallen dem

224 französischen Kaiser zwey Hauptfehler bey seiner Unternehmung gegen Rußland zur Last : Erstens daß er den Feldzug nicht um einen Monat früher eröffnete ; Zwey, tens daß er sich zu lange in dem abgebrannten Moskau aufhielt. Gegen diesen lehten Einwurf sagt Napoleon in seis nen hinterlassenen Werken : Man wußte wohl, daß es im Dezember und Januar kalt seyn würde ; allein nach einem gemachten Durchschnitt der Temperatur von 20 vorhergehenden Jahren hatte man Ursache anzunehmen, daß das Thermometer im November nicht unter 6º fals len würde.

Die Armee hatte nur noch drey Tage nöthig,

um ihren Rückzug in Ordnung zu vollenden, allein in diesen drey Tagen verlor fie 30000 Pferde.

Die frühe

Kålte wirkte auf beyde Armeen gleichmäßig. Nach dem Erfolge konnte man daher dem Kaiser vorwerfen , vier Lage zu lange

in Moskau geblieben zu seyn.

Allein

politische Ursachen bewogen ihn dazu. Er glaubte noch Zeit genug zum Rückzug nach Polen zu hahen. Der Herbst dauert in den nördlichen Gegenden gewöhnlich sehr lange. (2.)

Seite 111 .

,,Napoleon befahl, die Verwundeten auf Luruswagen, Fahrzeuge der Marketender 2 . zu

sehen.

Es

möchte schwer

zu

entschei

den seyn, ob Menschlichkeit , oder der Wunsch, alte Soldaten zu erhalten , diese Maasregel diktirte". So wenig eine Untersuchung dieser Art in ein mili tärisches Werk gehört, so scheint der Verf. doch einen sten möglichen Fall gänzlich außer Acht gelaffen zu haben.

225 Wahrscheinlich wurde diese Maasregel durch die Politik und die Menschlichkeit veranlaßt. Zwar sagt der Verf. eis nige Zeilen weiter unten, das Reſultat derselben håtte nothwendigerweise traurig für die Unglücklichen ausfallen müßen , weil es ihnen an Unterhaltsmitteln fehlte , und fie außer Stande waren, die Strapaßen und Entbehrun gen der Bivouaks zu ertragen :

allein welche gehåßigen

Beweggründe würden Napoleons Gegner dieſem unterges schoben haben , wenn er weiter gezogen wäre , ohne sich der Verwundeten und Kranken anzunehmen ! (3.)

Seite 161.

„ Ungeachtet des Verlustes von Witepok 2c. dachte er immer noch darauf, an dem Dnieper und an der Dwina Winterquartiere zu bezie hen."

Ob Napoleon

dieß wirklich beabsichtigt habe,

möchte schwer zu erweisen seyn.

Natürlicher ist es anzus

nehmen, daß er dadurch die Hoffnungen seiner Generale aufrecht erhalten wollte , indem er das Ende des mühses ligen Rückzugs möglichst nahe darstellte.

15

Biertes

Buch .

Inhalt. Napoleon verläßt Orsza am 20ften Abends und dirigirt sich über Borisow auf Minsk. Betrachtungen über die Operationen seit dem Abmarsch von Smolensk. Darstellung der Lage der Armee. Napoleon erfährt am aaften November bey seiner Ankunft zu Toloczin, daß Borisow in Tschitschagofs Hånde gefallen sey. Kutusow macht auf dem linken Dnieperufer Halt, wodurch die Armee von Moskau mehrere Tagemårsche gewinnt. Victor zieht sich vor Wittgensteins überlegenen Streitkräften zurück. Napoleons Lage scheint verzweifelt. Oudinot nimmt Borisow wieder , aber Tschitschagof läßt die Brücke über diesen Fluß abbrechen. Anstalten zur Bewerkstelligung des Uebergangs über denselben ; Schwierigkeiten dieses Uebergangs. Strenge, jes doch zu spät angeordnete Maasregeln Napoleons zur Vermindes rung des Gepäcks seiner Armee , und zur Erhaltung des Rests der Artillerie. Es tritt. Thauwetter ein. Am 26ften gelingt es segen alle Erwartung , bey Studianka Brücken zu schlagen. Stärke des Heers unter Napoleon um diese Zeit. Die Brücken brechen. Der Uebergang geschieht sehr langsam. Treffen an der Berezina am 28sten November. Napoleon sieht sich über Mas lodeczno nach Wilna zurück. Betrachtungen über die Operation nen seit dem Uebergang über den Dnieper. Fortgesette Darstellung der Operationen der detaschirten Armee-Corps. Blick auf bie Ereigniße zu Wilna während des Rückzugs . Lage der Ars mee nach dem Uebergange über die Berezina. Betrachtungen über die Bulletins (Tags-Befehle), insbesondere über das 29fte.

227 Napoleon verläßt am Sten Desember die Armee zu Smorgoni, um nach Paris zurückzukehren. Er übergibt dem König von Neapel den Ober-Befehl. Die Kälte erreicht den höchften Grad ; ihre Wirkungen. Murat verläßt Wilna eiligst , und geht über den Niemen zurück. Gefecht bey Kowno. Die Armee macht endlich auf preußischem Boden Halt , wo Platow seine Verfol gung einfiellt. Die Kålte nöthigt Kutuſow, gleichfalls Halt zu machen. Er bezieht zu Wilna und der Umgegend Kantonirungen. Alexander trift am saften Dezember zu Wilna ein. Sein Benehmen gegen die Littauer und die Gefangenen. Macdonalds Rückzug. Vorks Abfall. Die Nußen dringen in Preußen ein. Murat geht über die Weichsel zurück und verlegt sein Hauptquartier nach Posen. Schwarzenbers zieht sich auf Warschau und von da nach Gallizien zurück. Einzug der Nußen zu War-fehau am Sten, Februar 1813. Betrachtungen über die Operas tionen seit dem Uebergang über die Berezina.

Napoleon hatte Dreza am 20ten Abends verlassen, um sein Hauptquartier nach Baranui einem kleinen Dorfe auf der Straße nach Borisow zu verlegen.

Hier erhielt

er die erste Nachricht von Neys Marsch auf dem rechten Dnieper-Ufer und bald darauf erfuhr er seine Ankunft. Diese Begebenheit verursachte ihm großes Vergnügen. Die Gefangennahme eines Marschalls unter solchen Um. ftånden wäre ein Beweis der Auflösung seines Corps ges wesen ; während der Feind , Ney mochte auch noch so großen Verlust erleiden , darüber nie vollkommene Ge wißheit erhalten konnte, so lange er sich seiner Person nicht bemächtigt hatte. sich hinsichtlich

Um das traurige Gerücht das

Neys verbreitet hatte, zu widérlegen , 15

-

228

ließ Napoleon an die Marschälle Victor , Oudinot und an Maret schreiben, „ daß das Gerücht, der Herzog von ,,Elchingen sey abgeschnitten worden , falsch sey , und ,,daß dieser Marschall , nachdem er seine Bewegung auf ,,dem rechten Dnieper-Ufer bewerkstelligt habe, zu Orsza ,,bey der Armee eingetroffen sey." In den Treffen , welche seit dem Abmarsch von Smolensk statt fanden , focht der Soldat mit feltener Tapferkeits Man sah nicht etwa den passiven Muth unserer heutigen Bataillone (1 ), sondern einen ungestům, men ,

der an die Verzweiflung zu grenzen schien.

Generale Eugen und heit ,

Ney

zeigten

eine

Die

Entschloßen,

welche hauptsächlich zur Rettung der Trümmer ih

rer Corps

beytrugen.

den , daß

auch das

Es muß jedoch zugegeben wers Glück

großen Theil hieran hatte.

Denn wenn sie in den Gefechten zwischen Koritnia und Krasnoi einige Stunden früher auf den Feind gestoßen wåren , so wåre ihnen der Einbruch der Nacht nicht zu statten gekommen , und kein Umstand håtte ihre Nieders lage verhüten können.

Gleiches Loos würden sie erfahren

haben , wenn Miloradowiß sie in der Nacht durch Infanterie hätte einschließen laßen.

Beyde Feldherrn begiengen in dem kurzen Zeitraum seit dem 9ten November große Fehler. Denn dadurch, daß Napoleon seinen Rückzug von Smolensk auf Orsza dirigirte, gab er sein Schicksal in die Hånde seines Gegs ners, der ihn auf jedem der von Krasnoi bis Oreza lies genden Punkte überholen konnte. A18 Napoleon Smolensk erreichte , schien kein ans

derer Ausweg mehr übrig zu seyn ,

als sich in größter

229 Eile über Witepsk, Boiszikowa und Glubokoe, und über Babinowiczi , Senno , Lepel , Dokszizi und Wileika auf Wilna zu bewegen (a). Wittgenstein wåre schon auf das blose Gerücht

von der Ankunft Napoleons auf seinen

Verbindungen

über

die Dwina zurückgegangen ,

Furcht abgeschnitten zu werden.

aus

Victor der ihm anfänge

lich gefolgt wäre, håtte spåter die Nachhut übernommen . Die Generale Zayonscheck und Junot , welche zuerst in Smolensk eintrafen , håtten sich über Krasnoi und Orsza zurückgezogen, um die Magazine und Brücken zu zerstd. ren, welche sich auf dieser Straße befanden, und dadurch Kutusow aufzuhalten , wenn er diese Straße etwa´einschlagen wollte. Was die Vernichtung des Heeres von Moskau hätte nach sich ziehen sollen , brachte ihr blos großen Verlust ben.

Es war bereits von den Fehlern , welche Kutusow

begieng

die Rede.

Dieser General konnte, da er am

9ten November zu Jelnia angekommen war ,

am 13ten

nach Krasnoi rücken und dort am 14ten mit seinem gan, zen Heere eine Stellung beziehen.

Auch konnte er un-

mittelbar auf Orsza eine Truppen-Abtheilung senden, um die dortigen Brücken zu zerstören (b).

Obgleich Kutu

sow erst am 15ten Krasnoi gegenüber aukam , håtte er

a) Die zweyte der hier angegebenen Straßen hätte die Armee auf Seitenwege gebracht, allein die Erfahrung hatte gezeigt, daß dieß kein großes Hinderniß war ; überdieß håtte nur ein Theil der Armee diese Richtung genommen . (b) Die Befagung von Orsza war ; ſehr ſchwach und das Werk, · welches beyde Brücken über den Dnieper deckte, konnte keis nen ernsthaften Angriff aushalten.

-

280

• selbst jetzt noch die Trümmer des Heers von Moskau vernichten können ;

allein er blieb zwey Tage in einer

parallelen Stellung mit der Straße,

während welcher

Zeit er , wenn man den Angriff des 4ten Armee-Corps mit vierfach überlegenen Streitkräften ausnimmt , nichts Kräftiges unternahm.

Er beſchränkte sich darauf,

eine

Armee zu beschießen und mit seinen Kosacken zu beunrus higen , die eigentlich weder Reiterei noch Geſchüß mehr hatte , die von Elend und Entbehrungen aller Art zu Boden gedrückt und in ihren Bewegungen durch Gepäcke und eine der Zahl der Combattanten gleiche Menge Nach zügler gehindert war, und die aus allen diesen Gründen keinen Erfolg benüßen konnte ;

eine Armee endlich, des

ren Corps er alle einzeln håtte angreifen können und die unvermögend gewesen wäre, Widerstand zu leisten , wenn selbst alle diese Corps wåren

vereinigt gewesen.

Als er sich endlich am 17ten entschloßen hatte , die Stels lung bey Krasnoi anzugreifen, håtte er rasch einen Theil feiner Streitkräfte zwiſchen Krasnoi und Liady dirigiren follen, um Napoleon den Rückzug abzuschneiden, und da er dieß unterließ, so mußte er wenigstens, als er gewahrs te, daß Napoleon genöthigt war, ſein Heil in ſchleuniger Flucht zu suchen ,

obgleich Ney noch zurück war , ihn

an diesem Tage bis über Liady hinaus drången und bey Khomino und

Rafasna

Brücken schlagen lassen (a) ,

um sich in Eilmårschen auf die Straße von Orsza nach Borisow zu begeben.

Dadurch wåre das franzöſiſche Heer

(a) Kutusom hätte an beyden Orten die Auffarthen angetrof fen , welche die Franzosen daselbst erbaut hatten , was ein großer Vortheil gewesen wäre.

231 in eine eben so verzweifelte Lage versetzt worden , die kaum verlassene war.

Wir sahen,

als

daß Kutusow ,

start sich auf die angezeigte Weise zu benehmen , zwey Lage bey Krasnoi Halt machte, und somit zu den be reits begangenen vielen Fehlern einen neuen hinzufügte. Unterdeßen nöthigten die Einnahme von Minsk durch Tschitschagof und die Nothwendigkeit , Kutuſow einige Mårſche abzugewinnen, Napoleon, ſeinen Rückzug ohne Aufenthalt fortzusetzen, wodurch das französische Heer vollends zu Grunde gerichtet wurde, für welches Ruhe das erste Bes dürfniß war. verbeßert.

Die Lage deßelben hatte sich einigermaßen

Thauwetter (a),

welches auf die strenge

Kälte eingefallen war, machte die Bivouaks erträglicher ; die Feuer konnten leichter unterhalten werden, indem man diejenigen Häußer abbrach , welche nicht von Generalen und ihrem Gefolge besetzt waren (2).

Da die Armee

zu Smolensk, Dubrowna und Oroza (b) einige Magas zine angetroffen hatte ,

und das Land nach und nach

mehr Hülfsquellen darbot , richtete der Hunger geringere Verwüstungen an; gleichwohl nåhrten sich die Combat. tanten immer

noch von Mehlbrey und Pferdefleisch,

während die einzeln marſchirenden Militårs größtentheils auf letteres beschränkt waren, weil sie bey den Austheilungen nicht berücksichtigt wurden. Die Noth hatte sie in kleis ne Abtheilungen vereinigt, die aus Individuen einer Nas tion bestanden ; diese Abtheilungen lagerten beysammen und hatten alles gemeinschaftlich.

Nachdem die Armee einen

(a) Unter dieser Breite und um diese Jahrszeit konnte das Thauwetter nur von kurzer Dauer ſeyn. (b) Ich erwähne der Magazine von Krasnoi nicht , weil fie vor der Ankunft der Franzosen von den Rußen geplündert worden waren.

232

großen Theil ihres Gepäcks und beynahe alles Geschütz verloren hatte, war sie im Marsche weniger gehindert , dagegen folgte ihr eine Menge kleiner Landpferde (a) , 1 Küchengeschirr bepackt ·

welche mit Lebensmitteln und waren.

Kam der Armee einige Erleichterung durch verminberte Kälte , und reichlichere Lebensmittel zu statten, fo vollendeten andererseits die unausgesetzten Entbehrungen , Märsche und Bivouaks (b) die Auflösung derselben und veranlaßten unglaublichen Verlust.

Zu den bisherigen

zahlreichen Leiden gesellte sich ein Neues , das aus einer moralischen Ursache entsprang. die Kraft fehlte,

Alle diejenigen , denen

sowohl die schrecklichen Szenen , die

täglich vor ihren Augen sich ereigneten , als auch die furchtbare Zukunft die sie bedrohte, mit stoischem Blick zu betrachten , verfielen in eine Abspannung und Geistes. Abwesenheit , die sie schnell dem Grabe zuführten.

Viele

(a) Die kleinen Land - Pferde belegte man in der Armee mit dem Namen Cogna. Dieses Wort ist polnisch und heißt Pferd . Die Cognas entbehrten den Haber leicht, und waren unbeſchlagen ; sie rutschten daher weniger auf dem Eis, auch war ihr Fleisch besser , als das des franzöſiſchen und deutschen Pferdes. Aus diesen Gründen waren fie daher von großem Nußen. Beym Abmarsch von Moskau war einTheil des Gepäcks mit Cognas bespannt ; als man lekteres ftehen laſſen mußte , wurden die Cognas beybehalten. Von Mojaisk bis Smolensk hatten sich die Einwohner nebft ihren Pferden geflüchtet , allein von Smolensk an fand man wie- ` der Cognas in den Dörfern. (b) Die naffe Kálte während des Thauwetters war verderbli cher, als eine trockene , wenn gleich größere Kälte geweſen wäre.

233 kranke geschwächte Soldaten warfen täglich ihre Waffen von sich. Mannszucht und Disziplin verschwanden beynahe -ganz. Wenige Lage mußten die Auflösung der Armee hcrbeyführen. ' Zu Smolensk überstieg die Zahl der Kombattanten noch die der einzelnen Militärs. Nach den Gefechten bey Krasnoi fand der entgegengesette Fall ſtart, und von diesem Zeitpunkt an

verminderte sich die Zahl

der Kombattanten mit größter Schnelligkeit.

Nachdem

man den Dnieper überschritten hatte, fehlte es der Armee gänzlich an Reiterey ( a), weil das Corps unter Latour? Maubourg auf 200 Mann herabgeschmolzen, und die den Armee Corps zugetheilte Reiterey noch geringer war. Welchen jammervollen Anblick bot jetzt diese einst so furchtbare Armee dar !

Mitten in einer verwirrten

waffenlosen Masse , die ihre Blöße mit dem sonderbar ſten Anzuge (b) bedeckt hatte, sah man hie und da einige Züge bewaffneter Truppen marschieren. Die Garde allein, obwohl sehr vermindert , stellte noch eine Widerstandsfähige Maffe dar.

Stillschweigend zog die

Armee wei-

ter , und auf den bleichen abgezehrten , vom Rauch der Lagerfeuer geschwärzten ,

durch lange

Bårte entstellten

Gesichtern drückte sich Bestürzung aus. Wir haben Napoleon am 20ten Abends zu Baras nui verlassen.

Am 21ten wurde die allgemeine rückgån-

(*) Die Reiterey der Garde machte hievon eine Ausnahme, fie war noch 1600 Mann fark , und marschirte mit Na poleon. b) Die Fußbekleidung , die man nirgends entbehren kann, und die so schwer wieder herzustellen ist , befand sich in bem schlechtesten Zustand. Eine Menge Soldaten hatte die Füße mit Leinwand oder mit Thierfelleń umwickelt.

234 Napoleon nahm sein Haupt-

gige Bewegung fortgefeßt.

quartier zu Kokhanow ; ſeine Nachhut verließ Orsza (a) Nachmittags um 2 Uhr , nachdem sie die beyden dort bes findlichen Brücken abgebrannt hatte. 1 Die Armee war 3 durch die Besatzung von Orsza , durch die von Mohilow und durch ein Reiter - Depot , das zu Gorki auf der Straße von Orsza nach Mstislaw lag ,

verstärkt

wor

d'Alorna (b) hatte Mohilow am Morgen geräumt,

den.

und zog sich nach Bobr zurück, wo er sich mit der Armee vereinigen sollte.

Die Marschordnung war auf

folgende Weise festgesetzt worden :

die Vorhut bilderen

Junot und Zayonschek ; hierauf kam die Garde ,

Neve

Eugen und Davoust , der fortwährend mit der Nachhut beauftragt war.

Eugen hatte Befehl , Davoust nöthis

genfalls zu unterſtüßen. Napoleon , besorgt um die Erhaltung von Borisow, das nur durch den Rest der Garniſon von Minsk_be feht war, ließ mehreremal an die Generale Dudinot und Dombrowsky schreiben , um ihnen fühlbar zu machen, wie wichtig

groß ,

es sey , daß sie zur Vertheidigung dieses

daselbst einträfen.

Postens

Seine Vorsicht

daß er fogar vorſchrieb ,

war so

wie man sich zu bench-

men habe , wenn der Feind sich des Brückenkopfs von Borisom

bemächtigt

habe.

Beyfolgendes

Schreiben

handelt über diesen Gegenstand.

a) Zu Orsza wurde eine Menge Verwundeter und Kranker zurückgelassen ; ähnlicher Verluft erneuerte fich in allen Städten , welche die Nachbut verließ.

b) Der General-Lieutenannt Marquis d'Alorna , ein Portu giese, war Gouverneur von Mobilow.

235 Der Fürst von Neufchatel und von Wa gram an den Herzog von Reggio. Im Hauptquartier bey Kokhanow, d. asten November Morgens um 9½ Uhr. „So eben erhalte ich Ihren Brief vom 21ten,

Se.

„Majeſtåt´erſicht mit Vergnügen daraus, daß Sie heute » in Borisow eintreffen werden ; „ Gouverneur

von

der Kaiser hofft ,

Minsk werde

die

der

Nothwendigkeit

„ gefühlt haben , den Brückenkopf zu bewachen , der den Ucbergang sichert.

Der General Dombrowsky , welcher

,,am 20sten mit einem Theil seiner Division angekom „men seyn muß,

wird diesen Punkt vor jedem Uebers

fall sicher gestellt haben. “ „Håtte sich der Feind des Brückenkopfs bemächtigt, ,,und die Brücke abgebrannt ,

so daß man nicht mehr |

,,übergehen könnte , so wäre dieß ein großes ,,und den General Dombrowsky feiner

Division

,,haben. Ort

Es und

„ man die

träfe

eine schlechte

Richtung

wird nöthig seyn ,

Unglüď, Vorwurf,

der

gegeben zu

daß Sie selbst an

Stelle

nachsehen,

an

Berezina

paßiren

kann ;

welchem

Punkte

falls dieß

mit

„ Schwierigkeiten verknüpft wåre, müßte man Anstalt Allein der Kaiser ,,treffen nach Lepel zu marschieren. ,,hofft , der Gouverneur von Minsk werde den Brücken,,kopf nicht an Reiterey übergeben haben , ,,neral Dombrowsky ,

„ nach und nach daselbst anlangen. „tion zu Station Offiziere zurück , ,,Nachricht von könne.

und der Ges

so wie auch Ihr Corps werden

Borisow

uns

Laffen Sie von Stas damit die Haupt-

schleunigst

zukommen

Unterzeichnet Alexander.

236 Am 22sten sezte sich Napoleon nach · Toloczin in Marsch, wo er sein Hauptquartier zu nehmen gedachte. Kurz vor diesem Städtchen traf ein Adjutant des Marschalls Oudinot bey ihm ein , der ihm die Nachricht brachte, daß die Rußen nicht nur sich des Brückenkopfe, sondern auch der Stadt Borisow in welche sie zu gleicher Zeit Division

mit

bemächtigt den

Dombrowsky eingedrungen seyen.

Nachricht schien Napoleon

einigermaßen

håtten,

Truppen der Bey dieser bewegt

und

rief aus ; ,,Es ist also beschlossen , daß wir nur dumme Streiche machen sollen !" Bestürzung zeigte sich auf den Gesichtern derer , die ihn umgaben.

In Folge dieses Ereignisses sah er sich gezwungen, die Berezina troz Tschitschagof in größter Eile zu übers schreiten,

weil er durch Kutuſow und Wittgenstein ver-

folgt wurde.

Diese Operation , deren Erfolg unter fol-

chen Umständen unsicher war , wurde wegen des Mangels einer Brücken - Equipage beynahe unmöglich (a) ; man sah sich daher genöthigt , eine Bockbrücke zu schlagen ; allein diese Art von Brücken , welche in der Regel nur über seichte Flüsse erbaut werden , bedürfen langer Zeit , und überdieß fehlte es beynahe an allen hiezu ndthigen Materialien. Unter diesen betrübten Umständen beeilte sich Napoleon , Tolocziu zu erreichen , um dieje nigen Anstalten zu treffen,

welche die Einnahme von

Borisow nöthig machte. Man wird sich

erinnern ,

daß Tschitschagof

am

a) Zu Orsza hatte man eine vollständige Brückenequipage von 60 Schiffen gefunden ; sie war jedoch , che man diese Stadt verließ , verbrannt worden.

237 16ten November sich Minsks bemächtigt hatte. einem

Nach

Aufenthalt von 2 Tagen setzte er sich den 19ten

in Marsch nach der Berezina ; sein Heer marschirte in 3 Kolonnen :

Lambert und Langeron folgten der gro-

ßen Straße nach Borisow ; Logoisk auf Zembin ;

Tschaplik bewegte sich über

Tschitschagof marschirte mit der

Division Woinon über Antonopolie ,

von wo er sich

erforderlichen Falle nach Zembin oder Borisow begeben konnte. Eine schwache größtentheils aus Kosacken beſtehende Truppen - Abtheilung ward

beauftragt ,

dem

General Dombrowsky zu folgen. Der Brückenkopf bey Borisow ,

welcher sich auf

dem rechten Berezina - Ufer befindet , war weder ausgebessert noch ausgerüstet worden , und daher nicht einen

Ueberfall

gesichert.

gegen

Die Brücke bey Borisom

konnte daher nur durch ein Corps vertheidigt werden, das zahlreich genug war , zu halten.

um Tschitschagof im Schach

Am 20ften November um Mitternacht kam

Dombrowsky mit seiner Armee an ,

von welcher 1 Re

giment noch zurück war , und bezog rechts von dem 1 Brückenkopf ein Lager. Dieser General nahm den Bes fehl über sämmtliche auf diesem Punkte befindliche Trups pen , die sich etwa auf 5000

Mann beliefen , wovon

4000 Mann seiner Diviſion angehörten , und 1500 den Garnisonen von Minsk und von Borisow ; sein Geſchüß bestand in 10 Kanonen ;

ein Bataillon hatte vorwärts

des Brückenkopfs Stellung genommen , ein anderes bes sette das Innere dieses Werkes . Am 21ſten mit

Tages - Anbruch überfiel Lambert

das Bataillon, welches den Brückenkopf deckte , warf es über den Haufen und war auf dem Punkt, während der

238

-

Verfolgung in denselben einzudringen.

Zu gleicher Zeit

ward Dombrowsky lebhaft angegriffen ; es gelang dieſem General , der das Gefährliche seiner Lage einsah , durch eine Bewegung links sich á cheval der Straße von Minsk zu sehen, wodurch die Brücke gedeckt wurde. Unters deffen kam Langeron browskys Truppen

an und entwickelte gegen ein

um so verwüstenderes

als er ſeine Batterien in der Verlängerung

Dom, Feuer,

ihrer Linie

aufstellen konnte. Auch die Brücke wurde beschoffen (a), fo daß sie sehr schwierig zu paßiren war , und Dombrowsky jeden Augenblick Gefahr lief, seine Verbindung mit Borisow zu verlieren.

Ueberdieß mußte er jeden Au

genblick der Ankunft der übrigen Truppen unter Tschits schagof entgegen sehen , er konnte daßer seine Stellung nur in dem Fall behaupten, daß er schleunigst unterſtüßt wurde, allein er hatte Befehl, sie nicht zu verlassen und er gehorchte.

Ein Theil des Tages war auf diese Art

verflossen , als Langeron in der Meynung , die Division Dombrowsky müße

erschüttert seyn und

beträchtlichen

Verlust erlitten haben , sie durch frische Truppen angreis fen ließ; dieser Angriff gelang ,

die Rußen warfen die

Pohlen über den Haufen und drangen mit denselben in den Brückenkopf und in die Stadt ein.

Alles , was

diese Stadt vertheidigt hatte, wurde getödtet oder gsfangen mit Ausnahme von 1500 Mann , mit welchen Dombrowsky sich auf der Straße nach Drsza zurůďzog , um sich mit Oudinot zu vereinigen , der an die-

a) Ein eingehender Winkel , den die Berezina unterhalb Bo risom bildete , gestattete Langeron die Aufstellung dieser Batterien.

< 239 sem Tage zu Bobr eintreffen mußte (1).

Tschitschagof

begnügte sich, die Diviſion Pahlen (b) zu Dombrowskys Verfolgung abzuschicken und nahm auf dem rechten Ufer der Berezina , Borisow gegenüber, mit dem Rest seines Corps Stellung. Auf diese Art

erfüllte Tſchitſchagof die erhaltenen

Instruktionen größtentheils ;

er konnte zur Bewerkstellis

gung seiner Verbindung mit Wittgenstein die Straße von Minsk nicht verlaffen , auf welcher Napoleon ans rückte.

Wittgenstein dagegen konnte fich mit ihm vers

einigen , indem er eine Bewegung in seine rechte Flanke machte, welche zu verhindern Vietor außer Stande war.

Uebrigens durften sich die Generale Tschitschagof und Wittgenstein durchaus nicht von den im Septem Es hatten ber erhaltenen Instruktionen leiten laffen. sich seit jener Zeit zu viele Veränderungen ereignet; auch befand sich der Obergeneral im jezigen Augenblick nahe genug bey denselben , um ihnen in kurzer Zeit seine Bes fehle zufertigen zu können.

Die Schnelligkeit, mit welcher

sich die Ereigniße folgten , nöthigte diese Generale überbieß , diejenigen Operationen ohne Zögern auszuführen,

a) Borisow fiel am Nachmittag des aften Novembers in Tschitschagofs Gewalt ; das noch rückwärts befindlic che Regiment der Division Dombrowsky überschritt die Bes rezina bey Orsza und vereinigte sich mit Dombrows ky. Mit diesem Regimente blieben ihm 1500 Mann. Von den 20 Kanonen seiner Artillerie hatte er 5 verloren. b) Der General-Major Pahlen hatte Lambert erſeßt , der in dem Gefecht bey Borisow verwundet worden war. Bey Kutufows Heer befand sich ein General gleichen Nahmens, der ein Reitercorps `befehligte.

240 welche sie , um dem französischen Heer den Rückzug ab, Håtten sie unter zuschneiden , für nöthig crachteten. diesen Umständen Kutusows Befehle abwarten wollen, so wäre ihnen die günstige Gelegenheit entschlüpft. Während Tschitschagof sich der Magazine bemächs tigte und die Rückzugslinie des französischen Heeres bes ſeßte, fuhr Kutuſow fort , dasselbe , wiewohl mit äußer, fter Langsamkeit zu verfolgen. nige Infanterie Bataillone

Nachdem er Platow eis

gesendet hatte (a) verließ

er Dobroe am 20sten November und folgte auf Seitens wegen links von der Straße auf welcher sich Napoleon zurückzog , dieſem nach ;

er marſchirte nach Romanowo

und Lannicki , wo er 2 Tage Halt machte , erreichte Ko, pys am 25sten November und überschritt daselbst den Dnieper. Wir haben Victor zu Krasnogura und Oudinot zu Czereia verlassen ;

letterer General welcher am

20ften.

November von Napoleon Befehl erhalten hatte , sich in Eilmärschen nach Borisow zu begeben , begann feine Bes wegung noch an demselben Tag.

Am 21ten kam er

zu Bobr an ; als er sich am 22ſten kurz vor Tag zum Aufbruch bereit hielt ,

empfieng er die Nachricht von

dem Unfall der Diviſion Dombrowsky ;

er schickte fos

gleich einen Adjutanten an Napoleon , um ihn von dies fem Ereigniß in Kenntniß zu setzen und verfolgte hier ´auf seinen Marsch in der Richtung auf Minsk.

Seine

Abficht war, die Rußen anzugreifen , fie auf das rechte Berezina-Ufer zurückzuwerfen und wo möglich die Brücke von Borisow wieder zu nehmen. e) Diese Infanterie paffirte den Dnieper bey Rasasna und erreichte Blatom erft bey Orsja.

241 . Victor hatte Dudinot zu Czereia erseßt ;

er verließ

diese Stadt am 22ſten und kam am 23sten zu Kolopes Wittgenstein hatte sich darauf beschränkt, ihm zu folgen , und seine Nachhut zu necken , die nur niczi an ;

aus einer schwachen Reiterbrigade und einigen lonen bestand. kaum

Batail-

Somit gab er zu, daß ein Corps, das

halb so stark war ,

als seines , ihn im Schach

hielt, und die Trümmer der französischen Armee deckte, welche auf der Straße von Orsza nach Borisow einen Raum von mehr als 10 Stunden einnahm. Napoleons Lage war unterdeſſen noch kritischer ges Platow folgte seiner

worden , als sie zu Krasnoi war. Nachhut ;

mehrere Partheygånger kotoyirten mit ihren

Corps seinen Marsch ; auf kürze Entfernung von seinem rechten Flügel stand

Wittgenstein ,

dem

nur Victors

Corps fich gegenüber befand ; vor ihm stand Tschitscha= gof,

den nichts verhindern konnte,

seine Vereinigung

mit Wittgenstein zu bewerkstelligen.

Es ließ sich das

her

Generale, welche

voraussehen ,

daß

diese beyden

gegen 57000 Mann regelmäßiger Truppen unter ihren Befehlen vereinigten (a) , sich auf die Verbindung des französischen Heeres sehen würden. battanten , lief sich, fich,

Die Zahl der Com-

über welche Napoleon verfügen konnte , wenn

man das

be

9te und 10te Corps dazu

rechnet, kaum auf 40000 Mann, und selbst in der Annahme eines Erfolgs konnte er machen ,

diesen

nicht entscheidend

weil er beynahe keine Reiterey mehr hatte.

Es ist unbestreitbar,

daß

die Vereinigung der Corps

(a) Bey diesen Angaben ist Wittgensteins Corps ju 30000 und das unter Tschitschagof zu 27000 Mann angenommen. 16

242 unter Tschitschagof und

Wittgenstein , wenn sie auch

nicht zur Vernichtung chend

des franzöſiſchen Heeres hinrei>

gewesen wäre ,

ten haben würde ,

dasselbe lange genug

aufgehal.

um Kutusow Zeit zum Heranrücken

und zur Beybringung des letzten Schlages zu verschaffen. Somit zeigte sich die Zukunft unter den düstersten BilDamit Napoleon dem ihn bedrohenden Loos ent-

dern.

gehe , reichten Kutusows Fehler nicht hin.

Auch Witt-

genstein und Tschitschagof mußten ähnliche begehen. Sobald Napoleon zu Toloczin (22. November) ans gekommen war, schrieb er an Oudinot , daß er seinen Entschluß , gegen den Feind zu marſchiren, ihn anzugréis fen, in die Berezina zu

werfen und sich wo möglich

der Brücke von Borisow zu bemächtigen , billige ; daß er jedoch wenn es dem Feinde gelänge , zerstören , links

sich

eines

bemächtigen

diese Brücke zu rechts

oder

Schanzen

und

Ucbergangspunktes

und

dort

2 Brücken bauen laffen solle ,

sogleich

damit, die Armee rasch

debouschiren können. „ Es wird alsdann, so schrieb er ihm, ,,in unserer Macht stehen, entweder uns gegen den Feind ,,zu bewegen , um ihn aus dem Brückenkopf von Boris ,,sow zu vertreiben , oder grade auf Minsk zu marſchis ,,ren , und zwar entweder über Zembin , wenn die Brüs „cke sich rechts , oder über Berezino , wenn sie sich links ,,befindet.

Es ist von Wichtigkeit , daß diese Operation

thätig betrieben werde. ,,Berezina Zembin

Der General Colbert hat die

gegenüber durch eine Furth

übers

„schritten ; er sagt , daß diese Furth kaum 5 bis 6. Tois fen breit ist ; auch in der Nähe von Berezino ist der Fluß nicht breiter (a) ; der General Dombrowsky wird (a) Obgleich die Berezina , wie alle Flüsse in Rußland, wäh-

243 „Ihnen darüber Auskunft ertheilen können ; ,,nach Berezino , Igumen ,

von Bobr

Minsk find es 14 Werste

,,weniger , als über Bobr , Borisow nach Minsk (b). „Bis Morgen am 23ten müffen Sie im Besitze eis „ nes Uebergangs seyn , damit wir spätestens am 24ſten ,,wissen , woran wir uns zu halten haben.

Muß man

„ über Berezino marſchiren , so ist es nöthig , die Stras ße nach Bobr zu verlassen.

„ Der Kaiser zählt in dieser wichtigen Angelegenheit ,,auf Ihren Eifer und auf ihre Anhänglichkeit an seine ,,Person.“ Sobald dieser Brief abgefertigt war, zog Napoleon, der durch den Befehl an Oudinot, den dieffeits der Bes rezina befindlichen Theil von Tschitschagofs Armeecorps anzugreifen , für das Dringendste gesorgt hatte , in Ueberlegung, was zu thun seyn möchte , wenn dieser Bes fehl ausgeführt sey ;

denn er hatte die feste Ueberzeugung , daß dem Marschall Dudinot diese Unternehmung

gelingen müsse.

rend des Sommers, um welche Zeit Colbert dieselbe überschritten hatte, beträchtlich an Wasser verliert , so ist sie doch allenthalben mehr als 7 Toisen breit. (b) Napoleon täuschte sich ; die Straße von Bobr über Be rezino nach Minst ist um einen starken Marsch weiter, als die über Borisow. Dieser Irrthum war ohne Zweifel eine Folge der Eile , mit welcher er diesen Brief schrieb. Wir werden sehen , daß er noch in derselben Nacht neue Instruktionen an Oudinot sendete und daß er den Ent wurf eines Marsches über Berezino aufgab. 16 *

244 Wenn sich Napoleon von Bobr über Berezino und Igumen nach Minsk dirigirt håtte, so wåre sein Untergang gewiß gewesen , weil diese Straße um einen Marsch weiter ist, als die über Borisow, und Tschitschagof ganz bequem Minsk vor ihm erreicht hätte.

Wåre

Victor dieser Bewegung gefolgt , so hätte Wittgenstein auf Minsk oder Malodeczno rücken können ; im ents gegengesetzten Fall wäre ihm ein unsicherer Rückzug (a) übrig geblieben und er wåre Gefahr gelaufen von WittIn diesem 2ten Falle wås genstein erdrückt zu werden. re Napoleon mit geringern Streitkräften , als die Tschitz schagofs waren , zu Minsk

angekommen.

Der Ueber

gang rechts von Borisow bot im Gegentheil mehr Vortheile dar, weil man sogleich nach Paßirung des Flußes die Straße hätte einschlagen können ,

welche von Boriz

sow über Zembin und Malodeczno nach Wilna ,

oder

die welche über Zembin, Wileicka und Smorgoni führte, und weil diese beiden Straßen kürzer find , als die gro ße Straße von Borisow über Minsk nach Wilna. Die große Karte von Rußland (b) , deren sich Na poleon bediente , zeigte bey Weselowo einen Uebergang

(a) Victor wåre in diesem zweyten Fall gendthigt geweſen, sich auf Seitenwegen nach Wilna zurückzuziehen , indem er abermals über die Berezina zurückgieng , was ihm gro» ße Schwierigkeiten verursacht hätte. (b) Napoleon hatte sich im Jahr 1808 durch seinen Gesandten zu Petersburg zwey Exemplare . der großen ´Charte von Rußland verschaft , die er mit großer Sorgfalt über, ſegen und kopiren ließ ; diese Karte ward kurze Zeit vor dem Ausbruch der Feindseligkeiten gegen Rußland an alle Generale verschickt.

245

an ; dieſes Dorf liegt auf dem linken Ufer der Berezi, ** na, 8 Stunden oberhalb Borisow ; Napoleon dem - nås here Rekognoszirungen der Berezina fehlten und der kei nen Augenblick zu

verlieren hatte,

beschloß Weselowo

als den Punkt , wo die Brücken geschlagen werden solls ten , zu bezeichnen .

Allein eben deßhalb weil ihm kein

anderer Rettungsweg

die Berezina 1 rechts von Borisow zu paßiren , um sich auf den ange-

zeigten

Straßen

übrig

nach

blieb ,

Wilna zu

seine Unternehmung scheitern ; ſcheinlich ,

als

dirigiren ,

mußte

denn es war nicht wahr-

daß feine Gegner die einzige Straße , die er

vernünftigerweise einschlagen konnte , offen laffen würden. Ich habe einen erzwungenen Uebergang bey Borisow mit • Stillschweigen übergangen. Außerdem , daß Napoleon zu schwach zu einem solchen Versuch war , die örtliche Lage denselben

nicht

gestattet ,

hätte auch weil das

rechte Ufer an dieser Stelle das linke beherrscht ,

und

der Fluß hier sehr breit ist.

Acht Stunden darauf, uachdem Napoleon seine Befehle an Oudinot gesendet hatte,

schickte er ihm neue,

die in folgenden Ausdrücken abgefaßt waren : Der Fürst von Neufchatel und von W ágram an den Herzog von Reggio. Toloczin den 23. November, Morgens 1 Uhr. So eben erhalte ich Ihren Brief vom 22sten aus Der Herzog von Belluno wird am 23sten zu 24 Nacza. Kotopeniczi seyn , er wird am 24sten nach Baran marschiren.

Suchen Sie sicher Furth bey Weselowo

„bald möglichst zu bemächtigen, lassen Sie tafelbft Brůcken schlagen , und Schanzen und Verhaue zu ihrer

246 ,,Sicherung aufwerfen. Wir können von da zu dem Brůs ,,ckenkopfe bey Borisow zurückkehren , um den Feind dars ,,aus zu verjagen , oder nach Minsk marſchiren , oder ,,endlich nach Ihrem Vorschlage uns auf der von Ihnen ,,hinterlegten Straße nach Wileika bewegen. „sache ist,

Die Haupt-

wie Ihnem der Kaiser durch den

„ Dode hat sagen laffen ,

General

sobald als möglich Herr eines

„ Uebergangs über die Berezina zu seyn.“

Unterzeichnet Alexander. Die Ausführung des Befehs, bey Weselowo Brücken zu schlagen, hieng übrigens von gungen ab.

Tschitschagows Bewes

Denn wenn dieser General ſich begnügte,

den Fluß oberhalb Weselowo und unterhalb Borisow durch leichte Truppen beobachten zu lassen , und mit seinem Heere den zwischen diesen beyden Punkten gelegenen Theil des Flußes zu besetzen (a) , so konnte Oudinot allein den Uebergang nicht erzwingen, und Napoleon, dem Wittgensteins Anwesenheit keinen Augenblick zu verlieren gestats tete, håtte sich genöthigt gesehen, den Uebergang oberhalb Weselowo

oder unterhalb Borisom zu versuchen ,

was

unfehlbar traurige Folgen für ihn håtte haben müſſen. Am 23sten

mit

von seiner Garde

TagesAnbruch

begleitet

verließ

Toloczin ,

Napoleon

erreichte

Bobr

Nachmittags um 4 Uhr und nahm daselbst sein Haupts quartier.

Er ließ sogleich

an Victor schreiben , sich

(a) Borisom und Weselowo lagen nahe genug Tschitschagof in einigen Stunden seine swischen diesen beyden Punkten an der konnte , welche Oudinot zur Schlagung wählen würde.

bey einander, daß ganze Infanterie Stelle vereinigen der Brücken aus-

247 nach Baran zurückzuziehen, um die Straße zu besetzen, die von Lepel nach Borisow und Weselowo führt ; funglücklicherweise hatte Victor seine rückgängige Bewegung über Batury und Chtchavrui nach Borisow bereits bes gonnen , als ihm

dieser Befehl zukam ,

daher

konnte

er sich nicht nach demselben richten (a). An diesem Tage verbesserte sich die kritische Lage des französischen Heeres

um

etwas.

nehmlich 3/4 Stunden jenseits Losnita , nachtet hatte (b) ,

Oudinot

stieß

wo er

übers

auf die Division Pahlen,

gen ihn marſchirte , griff ſie lebhaft an ,

die ges

und warf sie

von Stellung zu Stellung bis nach Borisow , welcher Stadt er sich bemächtigte (c).

Tschitschagof eilte Pah.

len nicht zu Hülfe ; sobald aber dieser General auf das rechte Ufer zurückgegangen war ,

licß er den Theil der

Brücke abbrechen, der mit diesem Ufer zusammen hieng. Ehe Napoleon am 24ſten Bobr verließ, ertheilte er den Generalen Eble, Chaffeloup und Jomini ( d) Befehl,

(a) Victor selbst hatte den Vorschlag gemacht, sich auf Baran zurückzuziehen, weil ihm jedoch der Befehl hiezu nicht frúhe genug zukam , richtete er sich nach seinen zulegt erhaltenen Instruktionen und zog sich in der Richtung auf Borisom zurück. (b) Den Tag zuvor hatte ſich Dombrowsky an Oudinot angeschlossen. (c) Dudinot nahm der Division Pahlen etwa 800 Gefangene ab , und bemächtigte sich zu Borisow einer Menge Gepåcks. (d) Ter Ceneral-Lieutenant Baron Eble war General-Direktor des Brückenwesens ; der General-Lieutenant Graf ChaBeloup befehligte das Geniecorps ; der Brigade-General Baron Jomini war dem Generalftab zugetheilt.

248 fich in größter Eile zu Oudinot zu begeben , sen Befehle er sie stellte.

unter deß

Sie sollten ihn bey der Res

kognoszirung der Berezina unterstüßen ;

die beyden ers

stern waren überdieß mit Schlagung der Brücken bes auftragt , die Reste der Pontonniere , der Sapeurs und der Mineurs erhielten Befehl , mit dem noch vorhandenen Materiel sich in Eilmärschen nach Borisow zu begeben. Außer diesen Maaßregeln zur Schlagung von Brücken über die Bereziua , ließ Napoleon, das Gefährliche seine Lage erkennend , påck vermindern ,

und weil er um jeden Preiß sein Ges den Rest seiner Artillerie aber wes

nigstens bis nach dem Uebergang erhalten wollte , bey der ganzen Armee den Befehl wiederholen , thigen Fahrzeuge zu verbrennen ,

alle unnd-

und setzte fest ,

daß

kein [Offizier vom Grade des

Obersten abwärts mehr

als ein Fahrzeug haben dürfte.

Er befahl den Generas

len

Zayonscheck, Junot und Claparede , die Hälfte der

bey ihren Corps befindlichen

Fahrzeuge jeder Art vers

brennen zu lassen ,

und die Pferde an die Artillerie der

Garde abzugeben.

Jeder dieser Generale follte alle Fahrs

zeuge seines Corps vereinigen , um diese Operation vorz zunehmen ; ein Offizier des Generalstabs

und 50

Genz

darmen sollten dabey anwesend seyn (a). Die Artilleries Offiziere endlich ermächtigte Napoleon,

alle Pferde, des

ren sie habhaft werden konnten, die Seinigen nicht ausgenommen , wegzunehmen ,

um uur kein Fahrzeug der

(a) Den Corps unter Eugen , Ney , Davöust wurde dieſer Befehl nicht gegeben ; die beyden erstern hatten ihre ganze Artillerie und ihr Gepäcke verloren ; das lektere Corps dagegen hatte nur wenig Artillerie und Gepäcke mehr.

249 Artillerie stehen zu lassen. Diese Maßregeln · wurden . Napoleon selbst verminderte den Rest seines

vollzogen ;

Gepäcks ; die Generale feiner Garde thaten ein Gleiches, und die Artillerie erhielt einige Pferde. Die Besaßung von Mohilow ,

bestehend aus etwa

1200 Mann polnischer Truppen , schloß sich bey Bobr an die Armee an , und ward unter Neys Befehle ges stellt ; auch Zayonscheck, der noch mehr als die Hälfte feiner Artillerie erhalten hatte ,

dessen Corps aber kaum

noch 500 Mann zählte , ward Ney zugetheilt. Mit dieſen vereinten Truppen erhielt er Befehl, Stellung bey Bobr zu nehmen , um Davoust und Eus gen unterſtüßen zu können , welche sich langsam zurückziehen sollten , bis der Uebergang über die Berezina ges fichert wäre.

Obgleich die Reiterey der Armee auf einis

ge 100 Manu herabgeschmolzen war ,

so befand sich

dennoch eine große Anzahl berittener Offiziere bey derselben. Man vereinigte die einzeln Marfchirenden , fors mitte 2 Compagnien aus denselben und

übergab

das

Kommando darüber den Generalen Grouchi und Sebas stiani ;

Brigade- Generale versahen den Dienst der Lieus

tenants , Oberſten den der Unterlieutenants u. f. f. Napoleon schien überzeugt , Dudinot werde noch an demselben Tage Brücken über die Berezina geschlagen und den Uebergang gesichert haben ;

dieß war jedoch

nicht wahrscheinlich , weil Oudinot zu schwach war , um den Uebergang zu

erzwingen , wenn Tschitschagof fich

der Schlagung der Brücken widersehte ,

und weil die

Mittel, welche man zu seiner Verfügung stellte , so wie auch die ersten Truppen, die

ihn unterstützen follten,

(die der Garde) die Berezina erst am andern Tag (25, November) erreichen konnten,

250

-

Nachdem alle hier angegebenen Anstalten getroffen waren , so viel es Zeit und Umstände gestatteten , brach Napoleon (a) mit seinem Generalstab auf und nahm sein Hauptquartier zu Losniza ;

die Armee wußte , daß

Tschitschagof die Brücke bey Boriſow abgebrochen hatte, und den Uebergang über die Berezina verhindern werde ; fie wußte ferner, daß Wittgenstein nahe in ihrer rechten Flanke stand, und sie war der Meynung Kutusow folge ihr.

Die Gemüther waren von lebhafter Unruhe bewegt,

die Maasregeln, welche man nahm, trugen dazu bey, ſie zu vermehren.

Nachmittags hörte man Geſchüßfeuer in

der rechten Flanke ; es rührte von einem Angriff her, den etwa 6000 Mann von Wittgensteins Corps jenseits Batury gegen Victors Nachhut unter Delaitre (b) machten, die an diesem Tage aus einer Infanterie-Brigade und einem Reiter-Regimente beſtand.

Delaitre hielt den Feind

so lange auf, bis die Artillerie und das Gepäcke des 9ten Corps

einen Wald ,

in welchem ſie eben marſchirten,

paßirt hatten. Am 24ten hörte das Thauwetter auf und die Kålte stieg.

Dieſe Aenderung war für die Umſtånde in

denen man sich befand, von günſtigen Folgen ; denn obgleich das Thauwetter nicht lange gedauert hatte, sen doch die Ströme an ,

wuch-

und die Straße war an den

tiefliegenden Stellen grundlos geworden, In der Nacht vom 23ten auf den 24ten hatte Oudinot Rekognoêzirungen unterhalb

und oberhalb Borisow vor-

nehmen lassen. Er brachte in Erfahrung, daß unterhalb dieser Stadt das Dorf Ukoloda der nächstgelegene Punkt

(a) Napoleon verließ Bobr Morgens um 10 Uhr. (b) Der General Baron von Delaitré befehligte eine der beiden leichten Reiter-Brigaden von Victors Corps.

251 auf dem linkeu Ufer war, rezina paßiren konnte ,

bey welchem man die Bes daß jedoch

die

Straße von

Borisom nach diesem

Dorfe nur in Folge der strengen

Kälte gangbar war.

Oberhalb Borisow lag der erste

Punkt , wo man die Berezina überschreiten konnte, dem Dorfe Stakoma gegenüber, das 12 Stunde von Borisom entfernt ist ; auf der Straße von dieser Stadt nach (a) war der 2te Punkt bey dem Dorfe Studianka, das auf dem linken Ufer und 4 Stunden von Boriſow liegt ; der 3te war Weselowo. Ein unvorhergesehener Umstand hatte zu Nachrichten über den Punkt Studianka geführt.

Da dieser Ort große Berühmtheit erlangt hat,

so glaube ich diesen Umstand

ausführlicher erzählen zu

müßen. Corbineau, der mit seiner leichten

Reiir-Brigade

nach dem Rückzug von Poloßk unter Wredes Befehle gestellt worden war, hatte am 8ten November Befehl erhalten, sich wieder an Victor anzuschließen ;

er verließ das

her Wrede bey Danilowiczi und bewegte sich über Dokszytzi , Pleszeniczi und Zembin nach Borisow , um daselbst die Berezina zu überschreiten.

Am Abend des 21ten

(a) Von Borisom geht eine große Straße aus , die man auf keiner Karte findet und von der in der Folge öfters die Rede feyn wird ; sie führt auf dem rechten Ufer längs der Berezina hinauf, von der sie sich nur wenig entfernt ; Studianka gegenüber nähert sie sich diesem Dorfe bis auf 700 Toisen. Eine Stunde weiter , oder 5 Stunden von Borisow führt links ein Seitenweg ab nach Zembin. Ich habe nicht in Erfahrung bringen können, wohin diese große Straße führt; wahrscheinlich nach Berezino. Ich glaube beffer gethan su haben, sie auf der Karte nicht auszuziehen, als einen Fehler su begeben.

252 kam er in der Höhe von Studiaṇka an, nachdem er eing por ihm

befindliche Abtheilung Kosacken zurückgeworfen

und sich der Berezina genähert hatte ;

als er erfuhr,

Tschitschagofs ganzes Heer sey in der Nähe von Borisow conzentrirt, setzte er über die Berezina durch die Furth bey Studianka, die ihm von einem Bauern gezeigt wurs de.

Am folgenden Tag erreichte Corbineau Oudinot bey

Losnika und setzte ihn in Kenntniß, daß die Straße von Borisom nach Zembin nur 1/2 Stunde au Studianka vorben führe , daß am Abend des 21ten die Furth bey Studianka kaum 3 1/2 Fuß tief gewesen sey, und daß das rechte Ufer durch einen, Sumpf während des Thauwetters für Fahrzeuge unzugänglich gemacht werde.

Düz

dinot konnte es wegen Tschitschagofs Nähe der vor Boź riſow ſtand, nicht wagen, bey Stakowa überzugehen ; ev batte in Erfahrung gebracht, daß der Fluß bey Weſelowo tiefer sey,

als bey. Studianka ; dieser letztere Ort war,

rechts von Borisow, der einzige, deſſen Zugänge auf beys den Ufern des Flußes rekognoszirt worden waren ; auf das Thauwetter war Kålte gefolgt , somit konnte mau hoffen , daß der Sumpf für Fahrzeuge gangbar werden werde (a).

Alle diese Gründe und die Betrachtung daß

kein Augenblick zu verlieren sey, beſtimmten Oudinot, den Punkt Studianka (b) troß den Schwierigkeiten welche er darbot, zum Uebergang über die Berezina zu bezeichnen. Er befahl daher dem General Aubry, der seine Artillerie kommandirte, sich sogleich dahin zu begeben und die nöthigen

(a). Man batte die Absicht, den Sumpf durch Faschinen gangbar zu machen. (b) Studianka war durch $ eine leichte Reiter-Abtheilung befent.

253

Materialien zur Erbauung der Brücke herbeyschaffen zu lass sen, wobey möglichst vermieden werden sollte , vom ent gegengesetzten Ufer gesehen zu werden. Am 24ten Abends sendete Aubry einen Bericht an Oudinot , aus welchem crhellte ,

daß der Fluß vor Studianka etwa 40 Loisen

breit war ;

daß die Furth , welche am 21ten November

nur 31½ Fuß tief gewesen, jeßt fünf Fuß tief sey ; daß man nach Ueberschreitung des Flußes einen für Fahrzeuge unzugänglichen Sumpf hinterlegen müße ,

der nur bey

sehr großer Kålte gangbar sey ; endlich daß eine feindliche Division auf einem Hügel , der den Uebergangs -Punkt beherrsche, eine etwa 350 Toisen von dem Fluß entfernte Stellung bezogen habe ; aus allen diesen Umständen schloß Aubry ,

daß der Uebergang unmöglich oder sehr schwie

rig sey, wenn der Feind eine zahlreiche Artillerie bey sich habe.

Dieser Bericht war beunruhigend ; allein die Zeit drängte , und der Punkt Studianka schien der vortheils

hafteste ; man fuhr daher fort, Materialien zur Schlagung einer Brücke herbey, zu schaffen.

Während dieser Zeit

verdoppelte Oudinot ſeine Demonstrationen zu Stakowa, Borisom und Ukoloda, hauptsächtlich aber an beyden letz tern Orten. Da indessen Wittgenstein nichts hinderte, sich von Kolopeniczi nach Studianka zu begeben , und Tschitschagof sein Corps gleichfalls in einigen Stunden diesem Dorfe gegenüber vereinigen konnte,

wo er bereits eine

Division stehen hatte , so schien es unmöglich , poleons Unternehmung gelingen werde ;

daß Na-

alles berechtigte

vielmehr vorauszusetzen, daß das Schicksal dieses außerordentlichen Mannes und seines Heeres an den Ufern der Berezina durch eine furchtbare Katraftrophe ſich feinem

254

Ende nahe.

Jenes blöde Vertrauen auf den Erfolg al

les deffen , was er unternahm, vermochte nicht ihn über das Loos, das ihn bedrohte , zu verblenden ; seine

Unruhe

er einem

nicht verhehlen.

er konnte

Folgender Brief, den

seiner Generale schreiben ließ , läßt in dieser

Beziehung keinen Zweifel mehr übrig. Der Fürst von Neufchatel und von Wa, gram an den . Losnika den 25ten Noobr. 1812 Morgens um 5 Uhr. „ Der Kaiser befiehlt , in Bewegung setzen ,

daß Sie sich bey guter Zeit

um sich in die Stellung zwischen

Loshniza und Niemaniga zu begeben.

Sie werden die

Schlucht, welche zwischen beiden Orten liegt, überschreiten.

Der Kaiser befiehlt Ihnen, alle Fahrzeuge derer zu

verbrennen, welche nicht berechtigt sind, welche zu haben. Die Generale sollen sich auf einen Wagen beschränken. Der Kaiser hat bemerkt , 4, Sie selbst 3 haben ;

daß der General . . . . deren ich habe unter meinen Fahrs

zeugen einen Wagen des Hauptmeuns . . . . gesehen. Weder ein Soldat noch ein Marketender soll ferner ders gleichen mit sich führen ; lassen Sie sie daher verbrennen ; offen gesagt, werden wir vielleicht in 24 Stunden genöthigt seyn, alles zu verbrennen. Geben Sie alle gute Pferde an die Artillerie ab."

Unterzeichnet Alexander. Am 25ten Morgens um 8 Uhr schte sich Napoleon zu Pferde und begab sich nach Borisow.

Unterwegs ers

hielt er häufig Nachrichten von der Berezina. stieg er ab ,

Fünfmal

machte auf der Straße Halt und sah die

Truppen und jene aufgelöste Menschenmaße , die sie be

255 gleitete , vorüberziehen.

Eine Stunde vor Einbruch der

Nacht erreichte er Borisow; abgebrannt ;

ein Theil dieser Stadt war

er ritt durch dieselbe an die Ufer der Be

rezina in der Nähe der Brücke ; hierauf begab er sich in das erste Haus, auf der Seite von Orsza. Dudinot hatte im Laufe dieſes Tages fortwährend Borisow, Ukoloda und Stakowa besett, indem er die Ausführung der Vors bereitungen zur Schlagung einer Brücke bey Studianka abwartete.

Eble und Chaffeloup waren Morgens um 5 Uhr zu Borisow angelangt, und nachdem sie an Materialien und Truppen das Nöthige zurückgelaſſen hätten , um´den Demonstrationen ,

welche man seit 2 Tagen machte,

eine größere Wahrscheinlichkeit zu geben, giengén sie ges gen Mittag nach Studianka ab , wo sie Abends um 5 Uhr ankamen.

Dort sollten sie die zur Schlagung einer

Brücke nöthigen Materialien vorfinden, sie trafen jedoch nur etwa 20 Böcke an , welche aus zu schwachem Hölze gefertigt worden waren, so daß man sie nicht brauchen Somit war am 25ten Abends um 5 Uhr keine

konnte.

vorbereitende Arbeit zum Brückenbau angefangen. das 2te Corps bestimmt war ,

Da

die Arbeiten zu decken

und zuerst überzugehen, so hatte es sich gegen Abend (a) don Borisow nach Studianka in Marsch gesetzt.

Oudi-

not war demselben vorausgeeilt , Murat hatte ihn begleis tet; diese beyden Generale sollten die Arbeiten beschleunis gen und die Gegend rekognosziren.

(a) Unter der Breite und in der Jahrszeit , in welcher man fich befand, beginnt der Tag schon Nachmittags um Uhr abzunehmen.

256

Anfangs ward bestimmt , Eble solle mit Hülfe der

1 Artillerie,Mannschaft zwey Brücken und Chasseloup mit denen des Genie-Corps eine dritte schlagen.

Als jedoch

Chasseloup die Unmöglichkeit seines Auftrags eingesehen hatte, vereinigte er seine Mannschaft mit der unter Eble; worauf beyde Generale gemeinschaftlich an Beyschaffung und Vorbereitung der Materialien zur Erbauung von 2 Brücken arbeiteten. Während man auf diese Art Anstalten zur Schlas gung von Brücken bey Studianka traf; war die Stels lung der französischen སྙ und feindlichen Heere folgende : Am 25ten Abends befand sich Napoleon zu Borisow ; seine Garde in der Umgegend.

Das 2te Corps mare

schirte nach Studianka ; " Ney ſtand zwischen Losnita und Niemanita , Eugen zu Nacza , Davvust zwischen Naczá und Kupki , Victor hatte bey Ratuliczi Stellung genomś men, um Eugen und Davoust zu decken.

Tschitschagof

stand mit dem größten Theil seiner Streitkräfte vor Bo risow ;

eine seiner Divisionen beobachtete die Furthen

bey Weselowo

und Studianka ;

Truppen-Abtheilungen

standen bey Stackowa und vor Ukoloda ; Wittgenstein bes fand sich mit seinem um 6000 Mann verminderten Heere bey Baran ; lettere folgten Victor.

Kutuſow hatte sein

Hauptquartier zu Kopys , woselbst er Brücken über den Dnieper geschlagen hatte.

Seine Vorhut unter Milora-

dowitsch stand bey Starozelie.

Napoleon , dem die Verzögerung in Beischaffung der zum

Brückenbau nöthigen Materialien unbekannt war , hatte befohlen , sie Abends um 10 Uhr anzufan gen; allein dieser Befehl konnte nicht ausgeführt werden.

257 Von Borisow führen 2 Wege nach Studianka ; der eine ist die Straße von Weselowo , die nahe an Stu dianka vorbeyführt ; der andere ist ein Seitenweg , der dieselbe 11/2 Stunde cotovirt. Napoleon verließ Borisow Nachts um 10 Uhr ,

und begab sich

nach

Starois

Bichow , einem kleinen rechts von dem Seitenwege ges legenen Dorfe.

Die

Garde bewegte sich nach einigen

Ruhestunden während der Nacht auf Studianka.

Napo

leon kam am 26ten Morgens um 7 Uhr ( a) daſelbſt an, und begab sich sogleich zu Oudinot. Das Dorf Studianka liegt an dem Abhange eines Hügels , der sich bis an die Berezina erstreckt, und ist etwa 60 Toisen von diesem Fluße entfernt. der das Dorf von dem Fluße trennt ,

Der Boden,

war fest.

Nach

Paßirung der Berezina stieß man aber auf einen Sumpf, der von dem Hügel beherrscht wird ,

auf deßen Abhang

Studianka liegt , und jenseits des Sumpfes erhob sich das Terrain und bot auf etwa 350 Toisen eine Stellung dar , wo der Feind mit

Vortheil Batterien aufführen

konnte, wenn er sich der Schlagung einer Brücke wider.. setzen wollte ; in einer Entfernung von etwa 700 Toisen führt die Straße nach Borisow vorüber.

Zahlreiche La-

gerfeuer hatten während der Nacht diese zur Errichtung von Batterien günstige Stellung bedeckt ;

man mußte

sich daher auf einen hartnäckigen Widerstand gefaßt machen.

Das verdeckte Terrain des rechten Ufers war auf

allen Seiten von Wald eingeschloßen ;

vor Studianka

und links von diesem Dorfe näherte sich der Wald bis auf Kanonen-Schußweite. (a) Napoleon hatte Staroi-Bichow Morgens um 5 Uhr verlaffen. 17

258 Morgens um acht Uhr setzten einige Reiter schwim mend über,

und auf Flößen , deren jeder 10 enthielt,

brachte man nach und nach 400 Mann Infanterie auf das feindliche Ufer ;

das Geſchüß des 2ten Corps be

sette den Kamm des Hügels von Studianka , um Alles was sich zeigen würde , auch das

niederzuſchmettern ; bald langte Der Feind

Geschütz der jungen Garde an.

leistete keinen Widerstand ;

einige

Kanonenschüße und

das Feuer der Schüßen reichten hin,

die Kosacken im

Žaum zu halten. Nur 2 Geschüße rückten aus dem Walde links von dem Uebergangspunkt hervor ; sie zogen sich jedoch, überwältigt von dem französischen Geſchütz, feuer, sogleich wieder zurück. Als Napoleon am Morgen des 26ten den Bau der Brücken über die Berezina anfangen ließ ,

konnte er

kaum über 29700 Kombattanten (a) verfügen, unter de Die Zahl der einzeln marnen 4000 Reiter waren. schirenden Soldaten war beynahe eben so groß. Während man auf diese Art Truppen auf das feindliche Ufer brachte, ward an dem Bau der zwey Brücken fortgearbeitet ; fie befanden sich Studianka gegenüber und waren etwa 100 Toisen von einander entfernt ; die rechts war nur für die Reiterey und das Fußvolk, die andere breiter und fest erbaute für

die Artillerie und

(a) Es muß bemerkt werden, daß diese Anzahl der Kombattans ten am Morgen des 26ten Novembers so stark war ; am Abend hatte sie sich in Folge des Verlustes, den das gte Corps sogleich nachdem es mit dem aufgeldsten Theil des Heeres von Moskau in Berührung kam , und wegen des Verluftes, den das ate Corps am 26ten erlitt , so wie über-

259

die Fahrzeuge bestimmt , die Berezina war an mehreren Stellen ganz mit Eis bedeckt ; Studianka gegenüber war

haupt wegen der täglichen allgemeinen Abnahme des Heers beträchtlich vermindert . Aus beyfolgender Tabelle ift ersichtlich , Corps diese 200 Mann gehörten.

Bezeichnung der

Gènerale, die sie

Infan= Reite=

Armee-Corps.

befehligten.

tèrie. | reg.

Lefevre

3500

Mortier .

1500

Beßieres . Davoust .

1200

Dudinot .

5600

1400

Ney Eugen ..

2700 1200

300

Infanterie, alte Garde ¿ Infanterie, jun de ge Gar Reiteren der Garde ites Corps ates Corps nebft| der Division Dombrowsky und der Besakung von Minsk 3tes und 5tes Corps nebst der Division Elaparede und der Besagung von Mohilow. 4tes Corps Stes Corps nebft der unberitte= nen als Fußvolk organis firten Reiterei.

Junot Victor ..

Bemerkungen.

1400

10000 Latour 4tes Reserve Reiter Corps . Maubourg. Reiter-Corps Zusammen 25700 gtes Corps

.

zu welchen

dieses Corps war ganz aufgeldst: 800 Unter diesen 100 Reitern befan100 den sich 8osachs. 4000 Kürafire. 17

260 fie nur am Rande gefroren.

Das Bett dieses Flußes

war schlammig und uneben , sein Lauf langsam ; das Wasser voll Eisschollen.

Man fand, daß seine Breite

anstatt 40 Toisen 54 Toisen und daß ihre beträchtlichste Tiefe 6 Fuß betrug ; somit waren die Schwierigkeiten größer, als man berechnet hatte. Napoleon_beschleunigte die Arbeiten durch seine Anwesenheit ; sie giengen für ſeine Ungeduld zu langsam vor sich.

Die Aufopferung

und Ergebenheit der Pontoniere bey

dieser Gelegenheit

wird eben so lange fortleben als das Andenken an den Uebergang über die Berezina ; obgleich entkräftet durch die so lange erduldeten Uebel, obgleich aller geistigen Ges tränke und

nahrhaften Lebensmittel beraubt , boten sie

der strengen Kälte trok, in dem sie häufig bis an die Brust im Wasser standen. gewißen Tode aus ;

Sie setzten sich dadurch einem

allein die Armee beobachtete sie :

fie opferten sich für ihre Rettung. Nachmittags um 1 Uhr war die rechts befindliche Brücke beendigt, und Napoleon, der die Arbeiten seit ih rem Anfange nicht verlassen hatte,

ließ Oudinots (a)

Diese Schäßung ist näherungsweise angegeben ; Napoleon ließ sich um diese Zeit keine Rapporte einreichen . Die Zers ftreuung der Corps und die Schwierigkeit der Verbindungen hatten dieß unmöglich gemacht. Dem ungeachtet darf ich behaupten, daß meine nach eingezogenen Erkundigungen ange gegebene Schägung der Wahrheit sehr nahe kommt. (a) Oudinot hatte fiets das ate Corps , die Diviſion Dombrowsky und die Küraßier-Division Doumerc unter seinem Befehl ; alle dieſe Truppen betrugen zusammen kaum 2000 Mann. Obgleich die Brücke, auf welcher Oudinot überging weder feft noch breit genug für die Artillerie war , brachte man doch Geschüße mit ihrem Munitionswagen , so wie auch mehrere Infanterie-Munitionswagen binüber.

261 Corps unter seinen Augen übergehen, das in größter Ördnung defilirte , und große Kampflust an den Tag legte. Sobald Dudinot das rechte Ufer erreicht hatte, marſchirte und drångte sie bis jenseits BriAnfangs leisteten fie geringen Widerstand,

er gegen die Rußen , towa zurück.

nachdem sie jedoch Verstärkungen erhalten hatten, behaupteten sie sich zu Stakowa.

Während Oudinot ſie in der.

Richtung auf Borisow zurückdrångte ,

dirigirte er eine

kleine Truppen - Abtheilung auf Zembin ; die Besetzung dieser Straße war äußerst wichtig , weil sie 11½ Stunden von Studianka durch einen fumpfigen ungaugbaren Weg führt , weil sie ferner dort nur so breit ist, daß ein Fahrzeug paßiren kann , endlich weil man , che man dieſen ſumpfigen Wald verläßt, über 3, zuſammen etwa 300 Toisen lange Brücken kommt , die durch 100 Toisen lange Zwischenräume getrennt sind (a).

Håtte

der Feind diese Brücken abgebrannt , so würde er der französischen Armee die Straße nach Wilna über Malodeczno gesperrt haben ,

wodurch diese in neue Verlegen-

heit gesetzt worden wåre.

Die von Oudinot abgefendete Truppen-Abtheilung erreichte Zembin (b), ohne auf den Feind zu stoßen. Ei nige Kosacken ,

welche dieſes Städtchen

besetzt hatten,

(a) Die Straße von Weselows nach Zembin ist für Fahrzeuge 1 nur im ftrengsten-Winter- oder im heißeßten Sommer gangbar. (b) Um von Studianka nach Zembin zu gelangen, mußte man den Sumpf zurücklegen, der die Berezina umgiebt, die große Straße von Borisow nach einschlagen , derselben eine Stunde weit folgen, und hierauf den Weg von Wesekowo nach Zembin nehmen, der etwa eine Stunde lang durch den Sumpf führt, von dem eben die Rede war.

262 zogen sich bey ihrer Annäherung zurück : somit war Napoleon Meister der einzigen Straße, die er in seiner Lage einschlagen konnte. Der geringe Widerstand, den Tschitschagof dem Uea bergang über die Berezina entgegenseßte, welcher anr hels len Lage, langsam ( a) und an einer Stelle geschah , wo es sich vermuthen ließ , daß Napoleon übergehen werde, rührte von einem außerordentlichen Umstande her. 1

Am

25ten hatte er von Kutusow Briefe erhalten , worin dies fer ihn in Kentniß seßte , daß Napoleon auf Berezino marschire, um dort die Berezina zu überschreiten, und sich über Igumen nach Minsk zu dirigiren, daß er sich daher mit dem größten Theil seiner Streitkräfte nach Berezino begeben folle (b).

Tschitschagof , der durch Platow von

dem Marsche des französischen Heers håtte in Kenntniß gesetzt seyn sollen ,

und der überdieß sich leicht und auf

direktem Wege die genauesten Nachrichten hätte verfchaf fen können , hatte dieß versäumt ; allein die Anwesenheit

(a) Ich sage absichtlich die Brücken feyen langsam erbaut wors den, weil man zwey Tage und zwey Nächte zur Vorbereitung der Materialien , fünf Stunden zu Schlagung der Brücke für das Fußvolk, und acht Stunden zu der für die Fahrjeuge brauchte, während man, wenn man eine Brücken-Equipage gehabt hätte, die ganze Arbeit in zwey Stunden hätte beendigen können . (b) Stellt man Betrachtungen darüber an, daß Kutusow noch einen Tagmarsch vom Dnieper entfernt war, als er Tschits schagof den Befehl schickte , sich nach Berezino zu bewegen, daß er die Nachrichten, welche er über den Marsch des frans zösischen Heeres mittheilte , durch Platow erhalten hatte ; daß jedoch dieser General, welcher das franzdſiſche Heer umgab, unmöglich Kutusow gemeldet haben konnte , es wende

263 franzdſiſcher Truppen, welche Boriſow anfüllten, und die Umgegend bedeckten , so wie auch ihre Demonstrationen øber und unterhalb,Borisow, flößten ihm die Sorge ein, Kutusow möge sich geirrt haben.

Dieser General ſchrieb

ihm überdieß vom linken Dnieper-Ufer ; die Nachrichten, die er ihm übermachte , konnten daher nur von Platow herrühren, und die Lage des französischen Heers hatte sich sejt jener Zeit beträchtlich geändert.

Die Generale von

Tschitschagofs Umgebung waren der Meynung , die von Kutusow überschickte Nachricht sey offenbar falsch , man müße daher die bereits besetzte Stellungen bey Borisow und links von dieser Stadt beybehalten ; dem ungeachtet führte Tschitschagof zum Theil den erhaltenen Befeht aus ; er begab sich für seine Person mit der Diviſion Woinon nach Szabaszewiczi und sendete einige Reiterey zur Res kognoszirung nach Berezino ab. Langeron blieb vor Bos risow ; Tſchaplig erhielt Befehl, sich nebst dem größten Theile seiner Truppen mit ihm zu vereinigen , ehe er jes doch diesen Befehl ausführte, meldete er, der Feind werde

fich auf Berezino : wenn man andererseits erwägt, daß Ku tusow über Tschitschagof aufgebracht war , der ihn in der Moldau erfekt hatte, und wenn man sich erinnert , daß er den Frieden von Bucharest mehr nach dem Intereße seiner. Eigenliebe, als nach dem seines Landes schloß : so wird man versucht zu glauben, er habe den unwahrscheinlichen Marsch Napoleons auf Berezino nur aus der Luft gegriffen , um Tschitschagof einen Befehl geben zu können, der ihm durch Entfernung vom wahren Uebergangspunkte , den Ruhm entreiße, am meisten zur Vernichtung des französischen Heeres beygetragen zu haben ; nur auf diese Art läßt es sich hinreichend erklären, warum Kutusow einen so unfianigen Befehl an Tschitschagof sendete.

-

264

ohne Zweifel den Uebergang bey

Studianka versuchen.

Da Tschitschagof diesem Bericht keinen Glauben beymaß und seine Befehle erneuerte , zog sich der größere Theil der vor Studianka stehenden Truppen in der Nacht vom

25ften auf den 26sten November nach Borisow.

Nur ein rußisches Infanterie-Regiment , ein HusarenRegiment ,

einige Kosacken und

12 Kanonen

blieben

vor diesem Dorfe ; dieſe Streitkräfte waren unzureichend, um den Uebergang zu verhindern.

Gleichwohl ist derjes

nige, welcher fie befehligte, sehr zu tadeln , daß er seine 12 Geschüße nicht auf jener Stellung ber oben die Rede war ,

und die

abprokte, von Brücken-Arbeiter

nicht bis zum Love seines letzten Kanoniers oder bis zur

Demontirung seines letzten

selben beschoß.

Geschüßes

aus den-

Der Kanonendonner auf dieser Seite

wäre die schleunigste Benachrichtigung für Tschitschagof gewesen. Die Verzögerung in den Brücken-Arbeiten håtte dieſem erlaubt , herbeyzueilen und sich dem Uebers gang des französischen Heeres zu widersetzen. Ich habe bereits bemerkt, daß die rechts befindliche Brücke (3), Nachmittags um 1 Uhr beendigt wurde ; die links befindliche für das Fuhrwesen bestimmte, ward erst 5 Stunden später fertig.

Das Geschütz des 2ten

Corps gieng sogleich über ; ihm folgte das der Garde. Der Sumpf welcher, che man zur Brücke gelangte, hinterlegt werden mußte, war fest genug gefroren , um Ges ſchütz zu tragen (a).

Zwey Tage ſpåter wåre er unzu-

gänglich gewesen.

(a) Obgleich der Sumpf gefroren war , zitterte er dennoch, unter der Last der Fahrzeuge, und brach an mehreren Stellen ein , wodurch die Ueberfarth sehr schwierig ward.

265 Während die Corps , welche den Marsch des fran zdßischen Heeres eröffneten , die Berezina überschritten, beeilten sich die Nachfolgenden , gleichfalls die Berezina zwischen sich und die Rußen zu legen. Victor verließ seine Stellung bey Ratoliczi

am Morgen des 26sten,

erreichte bey Cosnißza die große Straße ,

ließ die Divis

fion Partouneaux und die Reiter-Division Fournier ‹ das selbst, und rückte mit dem Rest bis Borisow vor , das er noch an demselben Tag mit seinen beiden andern Divisionen besetzte.

Es war für das Heer von Moskau

ein neuer Anblick , Soldaten zu sehen , welche ihre Uniformen und Waffen noch hatten ,

und Reih und Glies

der hielten ; für das 9te Corps dagegen war es ein unerwarteter Anblick , dieses Heer (a) in ſeinem beklagenswerthen Zustande zu sehen.

Es konnte ein unwillkührliches Staunen nicht verbergen. Auch verließ bereits

*) Man hat so oft wiederholt , die Kälte habe das Unglück der Armee veranlaßt , daß ich es für nöthig erachte, ges mau anzugeben , welchen Einfluß fie bis jest batte. Nicht die Kälte allein tößte das Heer von Moskau auf und vernichtete es , denn das ɔte und gte Corps hatten ihre Ordnung vollkommen beybehalten , obgleich 1 sie gleiche Kälte erduldet hatten , wie das Heer von Moskau. Die trockene aber erträgliche Kälte , welche seit dem Abmarsch von Moskau bis zum ersten Schnee einfiel , war cher vortheilhaft als schädlich ; die Haupt-Ursachen des Unglücks des französischen Heeres waren zuvörderft der Hunger , hierauf die unausgesezten Märsche und Bivouaks, endlich die Kälte, als fie ftrenge und wieder naß wurde. Die Pferde ertragen die größte Kälte leicht, wenn sie gut genährt werden ; mithin richtete fie blos der Hunger und die Anftrengung zu Grunde.

266 den Tag nach seiner Vereinigung eine Menge Soldaten ihre Fahnen , sey es nun, daß der Schrecken oder das Beyspiel auf sie wirkte.

Davoust erreichte Losniza

am 26sten Abends , und übergab die Nachhut an Pars touneaur. Eugen lagerte bey Niemanika ; sobald Ney bey Studianka angekommen war, erhielt er Befeht, den Fluß in der Nacht zu überschreiten ,

hinter Oudinot Stellung

zu nehmen und ihn zu unterſtüßen, wenn er den folgenden Tag angegriffen

Die Division Claparcde

würde.

wurde ihm noch beygegeben ; sie sollte am Morgen des 27sten zu ihm stoßen.

In der Nacht vom 26sten auf

den 27sten brach die für das Fuhrwerk bestimmte Brůz de an zwey Stellen (a) , wodurch der Uebergang unterbrochen wurde ; dieser Zufall war deshalb besonders schädlich, weit die Stockung der Menschenmasse, welź che sich bereits zwischen dem Fluß und Studianka zu, bilden begann , dadurch vermehrt wurde.

Die Ponto-

nire , obgleich von den Arbeiten des Tags aufs AeuBerste geschwächt, beßerten die mangelhaften Stellen mit größtem Eifer aus. Unterdessen befand sich Wittgenstein, der den 26sten bey Kostriha angekommen war ,

etwa in gleicher Ent-

fernung von Studianka , wie Victor , somit war er dies fem Dorfe nåher als die franzöſiſchen Truppen , noch hinter Borisom standen.

die

Diese Truppen konnten

a) An der ersten Stelle brach die Brücke am 26ften Abends um Uhr , an der sten den 27ften Morgens um a Uhr. Das erstemal ward die Brücke nach Verlauf von 3 Stunden , das zternal nach Verlauf von 4 Stunden unausgeschter Arbeit wiederhergestellt.

267 daher abgeschnitten werden ,

wenn

schnell auf Studianka dirigirte. Borisow Halt machen , fehl sich behaupten.

Wittgenstein

sich

Partouneaux sollte zu

und dort bis auf weitern Be

Victor, der sich am 27sten Mors

gens um 4 Uhr in Marsch gesetzt hatte ,

erreichte Stu-

dianka bey guter Zeit , und nahm Stellung in der Nås he dieses Dorfes ; Eugen und Davoust kamen im Laufe desselben Tags dafelbſt an.

Napoleon hatte die Nacht

in einer Hütte zu Studianka zugebracht.

Er gab sich

in Person damit ab , die stets unterbrochene Ordnung bey den Brücken wieder herstellen , um den Uebergang der Armee zu beschleunigen.

Wenn er sich entfernte,

fo traten Berthier, Murat oder Lauriston an seine Stelle, welche Maasregel in Beziehung auf die einzeln

mar-

schirenden Militårs von beſonderem Nußen war ;

denn

gegen diese war keine Behörde mächtig genug ,

man

mußte, um die Ordnung zu handhaben, Gewalt brauchen. Nachmittags um 1 Uhr stieg Napoleón zu Pferde, überschritt die Berezina und nahm sein Hauptquartier in dem kleinen Weiler Zaniwky , der mitten im Walde eine Stunde von den Brücken und an der Straße von Borisow liegt. felbft Stellung.

Seine Garde folgte ihm und nahm das Hierauf gieng die Division

yon Victors Corps über.

Daendels

Tschitschagow blieb den gan-

zen Lag über in Unthätigkeit ;

ein Theil seines Corps.

beobachtete Borisow , der andere stand Ney gegenüber. Man wird sich erinnern , daß Napoleon , sobald er den Verlust der Brücke bey Borisow erfahren hatte, für feine Person mit den Garden feinen Marsch beschleus nigte , während die Generale Eugen und Davoust dage, gen langsamer marschirten ; dieß bewirkte , daß der

268

größte Theil der Nachzügler anfangs diesen beyden Ges als jedoch Partouneaux die Nachhut

neralen folgte ;

übernahm , befanden sie sich zwischen diesem Genes ral und Borisow. Bis zum 27sten war es gelun gen die Ordnung bey den Brücken einigermaßen zu Handhaben. Der Uebergang war nur durch den Bruch jener beyden Stellen unterbrochen worden ; Nachmittags um 4 Uhr brach dieselbe Brücke abermals , und wurde erst Abends um 6 Uhr wieder ausgebeffert. fe Zeit

kamen die Nachzügler

und

Um dies

einzelnen

Milis

tårs haufenweise mit einem Gefolge einer Menge Was gen

und Pferde

an;

ihr verwirrter

und lärmender

Marsch veranlaßte solches Stocken, daß der Raum zwi schen dem Fluß und Studianka mit Menschen, Fahrs zeugen und Pferden bedeckt war

(a) ;

daher

war es

auch nur nach unendlicher Mühe und mit Ueberwindung der größten Gefahren möglich, bis zu den Brücken durchzudringen.

Von jezt an konnte die Ordnung nicht

wiederhergestellt werden , der Uebergang ward durch die Verwirrung am Eingang

der

Brücken und durch die

Streitigkeiten derer, welche paßiren wollten , häufig unterbrochen. Was Eugen , Davoust und. Latour-Maubourg noch an Combattanten hatten, überschritt den Fluß noch in dieser Nacht mit großer Mühe ; somit blieben

(a) Das franzöfifche Heer hatte , ehe es die Berezina erreichte, beynahe sein ganzes Geschüß und den größten Theil seines Gepäcke verloren. Da jedoch das ate und gte Corps noch im Beſik ihrer Artillerie und ihres Gepäcks waren, so vermehrte fich die Zahl der Fahrzeuge nach der Vereinigung dieser Corps mit der Armee beträchtlich.

269 auf dem linken Berezina-Ufer nur noch die Divisionen Partouneaur und Girard und die zwey leichten Reiters Brigaden zurück (a). Wir haben gesehen, daß Wittgenstein am 26sten bis Kostrita vorgerückt war, am 27sten dirigirte er sich mit seinem ganzen Corps gnügte , schicken , achten.

eine

auf Borisow ,

indem er sich be-

Abtheilung Kosacken vor

Studianka zu

um die Franzosen auf diesem Punkt zu beob Zu gleicher Zeit zog sich Partouneaux auf Bos Mittag

risow zurück , woselbst er um

eintraf,

diese

Stadt war noch mit einer Menge Nachzügler angefüllt, die

nicht fortzuschaffen waren ;

gleichwohl ' machte er

Anstalten zur Fortsetzung des Rückzugs ,

als er Befehl

erhielt ,

sich in Borisow zu behaupten und daselbst zu übernachten. Er hatte kaum die nöthigen Anstalten zur Ausführung dieses neuen Befehls getroffen, als er durch den Donner des Geschüßes , und eine Menge rückkehrens der Nachzügler erfuhr , daß er von Studianka abgeschnitz ten sey.

Seine Lage war im höchsten Grade gefährlich,

weil Napoleon keine Truppen zwischen Studianka und Borisom zurückgelassen decken ,

und

hatte ,

um seinen Rückzug zu

allem Anschein nach opferte man ihn der

Rettung der übrigen Armee auf.

Seine Division , die

noch 5000 Mann betrug, che das 9te Corps sich mit der Armee von Moskau

vereinigt hatte,

war auf 3500

Mann herabgeschmolzen und die Brigade Delaitre , die ihm zugetheilt worden war , zählte kaum noch 400 Pferde. Platom folgte ihm; Tschitschagof konnte Borisow be-

(a) Die Division Girard beftand aus Polen und zählte kaum noch 1700 Mann.

270

-

setzen , sobald die Brücke nicht mehr bewacht wurde, weil die Eile mit welcher Partöuneaur zum Rükzug ge-

1 nöthigt war , überdieß Heer

ihm ihre Zerstörung nicht gestattete (a),

marschirte

nach

Wittgenstein

Borisow.

Unter

mit

diesen

seinem

ganzen

Umständen

bes

eilte sich Partouneaux , diese Stadt zu verlassen , dem Feind entgegenzurücken und sich wo möglich den Durchgang zu erzwingen (b) .

Zwey seiner Brigaden folgten

in geschlossenen Colonnen der Straße nach Weselowo (c); die dritte marschirte rechts über das Feld .

Eines der

Reiterregimenter sollte den Angriff der Spiße der Colonne unterstützen, das andere bildete die Nachhut, und hielt die Kosacken ab.

Ein Haufen von Nachzüglern ; Pferden

und Fahrzeugen setzte sich zwischen die Colonnen und drängte sich

an die Bewaffneten.

Schwierigkeiten ,

Allein alle diese

die Ankunft eines Parlamentars , die nichts hielt den

große Ueberlegenheit des Feindes Marsch des Soldaten auf,

der den Feind mit größter

Entschloffenheit wiederholt angriff; seine Anstrengungen brachen sich jedoch an der Ueberlegenheit der

feindlis

chen Streitkräfte : Partouneaux ward umringt , und an der Spitze einer seiner Brigaden gefangen ; die beyden ans (a) Man wird sich erinnern , daß diese Brücke nur auf der rußischen Seite abgebrochen war ; man hütete sich, sie auch auf der Seite von Borisow zu zerftdren , weil Napoleon, als er Partouneaux befahl in dieser Stadt zu übernachten, die Absicht hatte, die Demonftrationen auf diesem Punkte fortzusehen , damit Tschitgagof wie früher , einen Theil seiner Streitkräfte daselbst lassen möge. (b) Es war um diese Zeit 4 Uhr Nachmittags. (c) Diese Straße führt gleichfalls nach Studianka , wie man aus der Karte erſicht.

271

dern Brigaden und die Reiterey konnten sich bis nach Borisom zurückziehen ,

wo sie auf allen Seiten

Feinde umringt übernachteten. streckten sie das Gewehr.

vom

Am Morgen des 28sten

Die Hälfte der Division Pars

touncaur war verwundet worden , die Generale Blamont und Delaitre waren unter der Zahl derselben (a).

Aus

ßer der Division Partouneaur fielen 5 bis 6000 Nach zügler und eine Menge Gepäcke in Wittgensteins Hånde. In der Nacht vom 27sten auf den 28sten wurde mit Uebersetzung der Artillerie, des Gepäcks und der einzelnen Militårs fortgefahren , was jedoch wegen der Unordnung sehr schwierig war.

Da Napoleon seine Brüs

cken noch an dem 28sten behaupten wollte , und Victor mit der einzigen Division

Girard sie nicht gegen Wittgens

stein vertheidigen konnte , so wurde die Division Daens

(a) Ein Bataillon, das die äußerste Nachhut bildete, und nur 120 Mann zählte , war so glücklich Studianka zu erreichen , weil es den Nebenweg einschlug , der links von t-m nach Weselowo ist : er verdankte seine Rettung dem Angriff Partouneauxs auf der Straße nach Weselowo ; aus diesem Grunde dehnte Wittgenstein anfangs seinen rechten Flügel nicht bis an die Berezina aus. Dieser Seitenweg zicht eine Viertelftunde von Borisom längs der Berezina 1½ Stunde zwischen dem Fluß und Hügel " eingeengt hin ; håtte Partouneaux diesen Weg eingeschlagen , so wåre er viel früher unterlegen ; håtte er jedoch gewußt , daß er von dem Heere Wittgensteins abgeschnitten war, und hätte er eine Brigade und ein Reiterregiment aufgeopfert , um einen Angriff auf der Straße von Weselowo zu machen,. während er selbst sich in aller Eile auf dem Seitenwege nach Studianka gewendet hätte, so wåre er Wittgenstein vielleicht entkommen.

272 dels mit Tages-Anbruch wieder auf das linke Ufer zu rückgeschickt.

Victors Streitkräfte mochten etwa 4000

Mann Infanterie und 300 Reiter betragen .

Batterien

von der Garde wurden auf dem Sumpfe aufgefahren, um die Truppen ,

welche Studianka vertheidigten , in

der Flanke zu beschießen.

Während Napoleon diese An-

stalten traf, griff ihn Tschitschagof mit seinen vereinten Streitkräften auf dem rechten Ufer an (a).

Oudinot

und Ney, die ihm entgegenstanden , konnten kaum über 8500 Mann verfügen , befanden.

unter denen sich 1500 Reiter

Sie lehnten ihren rechten Flügel an einen

dichten Wald , der an die Straße von Borisow grenzt ; ihren linken Flügel an die Berezina.

Oudinot hatte den

rechten Flügel und die Mitte, Ney den linken besetzt. Napoleon stand mit der Garde in Reserve ; die ganze Stellung nahm kaum die Strecke von einer halben Das Terrain war mit lichtem Gehölz Stunde ein. bedeckt,

in welchem man hie und da angebaute Stres

Diese Beschaffenheit des Bodens gestattete cken fand. Der rußische die Verwendung der Reiterey nur wenig. Soldat hatte Lebensmittel und geistige Getränke in reichlicher Anzahl erhalten ; der französische Soldat litt an dem Nothwendigsten Mangel. Ein scharfer Nordwind Le von dichtem Schnee begleitet , und eine empfindliche Kålte erschwerten sein hartes Loos, ſo daß die zu ſchwer gewordenen Waffen an die schwachen Hånde gefroren. Das Gefecht ward gleich anfangs sehr lebhaft; und nachdem Oudinot verwundet worden war, übernahm

A (a) Tschitschagof_griff mit Tages -Anbruch , das heißt Morgens um 8 Uhr, an ; seine Streitkräfte betrugen 17000 Mann Infanterie und 9000 Mann Reiterey.

273 Ney den Ober-Befehl.

Man schlug sich bereits seit 2

Stunden auf diesem Ufer , als Wittgenstein endlich Victor angriff.

Bey den ersten Kanonenſchüßfen eilte Alles,

was noch auf dem linken Ufer lagerte, den Brücken zu, um sowohl diese bald möglichst zu erreichen und zu pass firen , als auch Schuß gegen die feindlichen Kugeln zu suchen.

Auf diese Art bildete sich ein Haufen von Men-

schen , Pferden und Wagen , der långs der Berezina ei, nen Raum von etwa 800 Toisen Länge , und 100 Tois fen Tiefe einnahm.

Victor ,

der gegen fünffach überles

gene Streitkräfte kämpfte , kein

anderes

Geschütz als

das seiner Reserve hatte ( a) , auf keine Unterstützung hoffen durfte, der ferner im Verhältniß seiner Streit kråfte einen viel zu großen Raum vertheidigen müßte, und keinen Rückzug hatte , die Brücken gesperrt war , gefährlichen Lage.

weil der Uebergang über befand sich in einer äußerst

Allein er behauptete sich nicht nur

mit bewundernswürdiger Tapferkeit , indem er bald sein Fußvolk , bald seine 600 Reiter unter Fournier dem Feind entgegenwarf , sondern er vertrieb den Feind aus einem rechts und auf Schußweite von Studianka gelez genen Walde , dessen sich dieser bemächtigt hatte,

und

behauptete sich darin bis zum Abend.

Während

der Zeit , daß Wittgenstein Herr dieses

Waldes war , richtete er das Feuer mehrerer Batterien auf jene Menschenmaſſe , welche die Brücke umgab, und Ein richtete Verwüstung und Tod unter derselben an.

(a) Die Artillerie der Divifionen Girard und Dandels, hatte den Fluß überschritten , es war jedoch unmöglich , sie wies der über denselben zurückzubringen. 18

274 plöhlicher

Schrecken

bemächtigte sich aller Gemüther ,

man drängte gegen die Brücken , die Fahrzeuge geries eine Menge then an einander , und warfen um ; Menschen ward in dem Gewühl erdrückt , oder zertres ten ;

andere stürzten sich in die Berezina und fanden

in den Wellen den Schwimmen ,

oder

Tod ;

einige

retteten sich durch

erreichten die Brücken und kletters

ten an den Böcken hinauf.

Ein großer Theil derer , wel-

che mit ihren Wagen in der Hoffnung zurückgeblieben Die Vers waren , sie zu retten , ließen sie im Stiche. wirrung erreichte den höchsten Grad ; viele Pferde wurden in den Fluß getrieben , und ertränken oder blieben im Eis stecken ; andere, die ohne Führer umherirrten, drängten sich aneinander, und bildeten an mehreren Stel len undurchdringliche Massen. Auf dem rechten Ufer der Berezina war das Trefs fen eben so lebhaft und nicht minder ruhmvoll ; zwar herrschte zwischen

Neys und Tschitschagofs

ten nicht dasselbe Mißverhältniß ,

Streitkråfs

allein die Moldau-

Truppen , welche aus alten Soldaten bestanden , abgehärteter und krieggewohnter ,

waren

als die unter Witts

genstein. Alle Angriffe Tschitschagofs wurden abgewies sen , ohne daß es nöthig war , die Garde ins Feuer zu führen.

Die auf der Straße von Borisow aufges

stellten Reserve- Batterien des 2ten Corps

fügten

den

Rußen großen Schaden zu, und Doumerc an der Spike seiner 800 Mann starken Küraßier-Division fand Geles genheit zum Einhauen , und machte 1500 Gefangene. Die Nacht trennte die Fechtenden auf beyden Ufern ; fie lagerten einander gegenüber , aber welcher Unterschied fand zwischen diesen beyden Lagern statt ! Bey den Rus

275

Ben

zahlreiche Feuer ,

deren Helle sich weithin ers

strekte , Ueberfluß an Lebensmitteln ,

lärmende Freude

über den Erfolg des Tages und über die Gewißheit, sich den folgenden Tag einer unermeßlichen Beute zu bemächs tigen. Bey den Franzosen düstere erlöschende Feuer, alle schon so oft beschriebene Widerwärtigkeiten . e Dies Nacht war die grauſamſte , seit dem Abmarſch von Moskau , sie war auch die verhängnißvollste. und

Das Gefecht an der Berezina war sehr blutig (a), doch war der Verlust der Franzosen , welche ihre Vers wundeten und einen

Theil ihres

Gepäcks zurüďlaſſen-

mußten, ungleich größer, als der der Rußen. Hier endigte fich das Schicksal jener

großen Armee, die Europa

zittern machte; `in militåriſcher Beziehung hörte ſte auf zu bestehen (b) ; kein anderer Ausweg blieb ihr übrig, als die Flucht. . Während des Gefechts hatten sich Eugen, Davoust und Latour-Maubourg , so wie auch eine Menge einzeln marſchirender Militárs nach Zembin begeben.

(a) Mehr als die Hälfte der im Feuer gewesenen Generale, wären verwundet worden , die bedeutendsten derselben was ren der Marschall Oudinot und die Divisions-Generale Zayonschek und Legrand. (b) Die Corps , welche an der Berezina fochten , hatten Les bensmittel für mehrere Tage , als sie sich mit der Armee von Moskau vereinigten ; demnach hatten sie seither wenig Mangel, und daher auch nicht so sehr durch Hunger ge, litten ; demungeachtet erlitten sie am 28sten so starken Verlust , daß fie am a9ften nur noch halb so stark waren, als bey ihrer Ankunft an der Berezina. Das Fußvolk der Garde hatte, obgleich es beynahe nicht ins Feuer gekommen. 18 *

--

Da

276

-

unterdessen der Uebergang an mehreren Stel

len unterbrochen wurde , so ließ

Eble mit Hülfe der

Pontonniere und einer Abtheilung der

Garde-Artillerie

die umgestürzten Wagen in den Fluß werfen und eine Art Laufgraben

mitten

durch die

Pferde und Menschen führen.

angehäuften todten

Abends um 9 Uhr pass

ſirte Victor , nachdem er eine Nachhut dem Feinde gegenüber gelassen hatte , die Brücke , und nahm seine Artillerie mit sich. Dieser Uebergang war Morgens um 1 Uhr beendigt, und von dieser Zeit an waren die Brücken frey, ohne daß sie von Jemand benützt wurden.

Auf dem linken Ufer blieb noch eine Menge einzelner Militärs, Beamten, Bedienten, Marketender und aus Moskau geflüchteter Familien zurück.

Der größere Theil

derselben håtte mit Hinterlassung seiner Pferde und Was gen in der Nacht übergehen können , allein viele waren krank oder verwundet , und das Uebermaaß des Unglücks hatte sie in eine gänzliche Abspannung verseßt. Victor und Eble bemühten sich vergebens , sie aus den Bivouaks zu bringen , die fie , sobald das feindliche Feuer aufhörte, bezogen hatten. Morgens um 9 Uhr wurden mehrere Wagen verbrannt,

um sie zum Aufbruch zu

bewegen ; diese Maaßregel brachte einige Wirkung her, vor. Um 612 Uhr zog Victor seine Vorposten ein ,

war , eben so sehr gelitten. Die alte Garde , welche bey ihrer Ankunft zu Studianka am 26sten noch 2500 Mann gezählt hatte , war am 29ften nur noch 2000 Mann ftark und die Infanterie der jungen Garde , welche am 26ten 1500 Mann zählte , war am 29ften auf 800 Mann herabgeschmolzen. Die meisten diefer 2800 Mann waren krank øder trugen den Keim der Krankheit in sich.

277 und ließ seine Nachhut die Brücken überschreiten ; jcht ftürzte sich die Menschenmasse ,

welche auf dem linken

Ufer zurückgeblieben war , nach den Brücken, in der Ues berzeugung , daß sie zerstört werden würden und verandadurch ein abermaliges und letztes Stocken. Eble, der den Befehl erhalten hatte, Morgens um 8 Uhr

laßte

die Brücken abzubrechen ,

begann diese Operation erst

um 812 Uhr, weil er keinen Feind bemerkte.

Das linke

Ufer der Berezina bot den schmerzhaftesten Anblick dar; Månner , Weiber , Kinder stießen das Geschrey der Vers zweiflung aus ; mehrere versuchten durchzukommen , ins dem sie sich in die Flammen stürzten ; andere wagten fich auf das Eis , das sich zwischen beyden Brücken ans gehäuft hatte ; weil es jedoch zu schwach war,

um sie

zu tragen, wich es unter ihren Füßen und verschlang ſie ; andere endlich fuchten durch Schwimmen das rechte Ufer Erst um 9 Uhr` erschienen die Kosacken zu gewinnen. und nahmen etwa 5000 Menschen jedes Geschlechts und Alters gefangen, die auf dem linken Ufer zurückgeblieben was ren , sie fanden nur 3 Kanonen und wenige Munitionswagen , die Beute dagegen war unermeßlich und sehr kostbar.

Eble zog sich Morgens um 91½ Uhr zurück,

nachdem er die Zerstörung der Brücken beendigt hatte. Jetzt erst zeigten sich die ersten Truppen Wittgensteins. Napoleon hatte in Begleitung seiner Garde Zaniwky Morgens um 6 Uhr verlassen ; er fuhr in seinem WaVictor folgte ihm ; Ney war mit der Nachhut gen. beauftragt ; dieser General sah sich genöthigt , mehrere Stunden an der Stelle halt zu machen , wo man von der großen Straße abgeht , Zembin einzuschlagen ,

um

den Nebenweg

nach

weil eine Sperrung hier statt

278 fand , die durch den Marsch über die schmale Straße und über die oben erwähnten Brücken veranlaßt wurde. Nachdem Ney diese Brücken paßirt hatte , ließ er sie verbrennen ; die Armee war am Abend des 29sten fols ´gendermaßen aufgestellt : Ney hatte eine Stellung etwas jenseits Zembin besetzt , Eugen und Davoust standen zu Pleszeniczi, Napoleon mit ſeiner Garde zu Kamen, wo er durch einen jüdischen Spionen Depeschen von Maret ers Seit seinem Abmarsch von Smolensk hatte er hielt. teine Staffeten (a), wohl aber durch einen polnischen Edelmann auf ähnliche Weise Nachrichten erhalten , der aus Ergebenheit vollzog , was der Jude für Geld verrichtete. Wrede (b) , der um dieſe Zeit in Dokszyhi war , erhielt Befehl sich auf Wileika zurückzuziehen , um die rechte Tschitschagof hatte sich Flanke der Armee zu decken. begnügt ihm zu folgen , und die Nachhut zu beobachten; Wittgenstein ließ bey Studianka Brücken schlagen , um Nachdem Kutusow in derselben Richtung nachzurücken. am 25sten November den Dnieper bey Kopys paßirt marschirte er her Staroselie, Krugloe und Mi-

hatte ,

kiewiczi nach Usza, wo er am 1sten Dezember eintraf, nach, dem er die Berezina überschritten hatte ; sofort dirigirte er fich über Rawaniczi und Smolewiczi auf Radoszkowitzi, um dort aufdie große Straße von Minsk nach Wilna zu gelan

(a) Napoleon sollte jeden Tag eine Staffete erhalten ; fie gieng von Paris ab , reist über Maynz , Berlin , Königs. berg, Wilna , und bracht die Berichte der in diesen Städten befindlichen französischen Behörden mit. (b) Wrede hatte außer dem Rest der Bayern ein franzöſi. • sches Marsch-Regiment , das ihm von Wilna zugesendet worden war.

279 gen.

Hertels Corps , das sich noch nicht an Tschitscha-

gof angeschloffen hatte, erhielt Befehl , über Minsk und Novi Swerjin nach Slonim zu marschiren. Während

des

für die Franzosen so verderblichen

Zeitraums seit dem Abmarsch von Krasnoi begieng Napoleon 3 Fehler , und zwar erstens , nicht früh genug Befehl gab , sich

daß er Victor

mit dem größten

Theil seiner Streitkräfte über Baran auf Studianka zurückzuziehen ,

um den Uebergangspunkt zu decken ;

wels

che Versäumniß seinen Untergang håtte nach sich ziehen können ; z weytens ; daß er sich nicht sogleich , nachdem er erfahren hatte ,

daß die Brücke von Borisow

abgebrannt war , in Person nach dieser Stadt begab, Kein Umstand konnte seine Gegenwart gebieteriſcher fordern ; wie groß daher auch sein Vertrauen auf Oudinot ſeyn mochte, so verdient er doch Tadel , daß er ihm die Wahl des Uebergangspunktes tung der zur Täuschung

und

die

Leis

des Feindes- nöthigen Operatio

nen überließ. Dadurch, daß er unter so schwierigen Ümstånden sich der persönlichen Leitung einer Operation begab ,

von

der seine

Rettung

abhieng ,

gab

er ges

wissermaßen stillschweigend zu , daß seine Lage verzweifelt ſey (a).

Drittens endlich hätte er ,

ſtatt die

Diviſion Dåndels am Morgen des 28sten auf das linke

(a) Napoleons Benehmen unter diesen Umständen erscheint um so außergewöhnlicher, wenn man sich der großen Thätigkeit erinnert , die er zu Anfang des Kriegs bey dem Uebergang über den Niemen zeigte. Er selbst rekognoszirte diesen Fluß , " um die Uebergangspunkte zu bestimmen . Dieses Geschäft hätte er ohne Nachtheil einem seiner Gene rale überlaſſen können .

280 Ufer zurückzuschicken , sem

um seine Brücken noch an dies

Tag zu behaupten ,

vor Tag übergehen ,

im Gegentheil Victor noch

und unverzüglich seinen Rückzug

antreten lassen sollen. Die Corps unter Ney , Oudinot und Victor waren damals noch stark genug , den Feind aufzuhalten , während sie in Folge des am 28sten erlittenen Verlusts und der an diesem Lage einreißenden Auflösung in kurzer Zeit auf eine so geringe Zahl herabschmolzen , daß sie die Verfolgung des Feindes nicht mehr zu verzögern vermochten.

Die ungleich zahlreicheren

Fehler der Gegner Napoleons retteten diesen. Kutusow ließ seinem Heere Ruhe und marſchirte nur sehr langsam , statt daß er sich mit äußerster Schnelligkeit håtte bewegen sollen. Håtte dieser General das Heer von Moskau ohne Rast verfolgt , statt es mehrere Mårsche gewinnen zu lassen , so würde er es gezwungen

1

haben , seinen Rückzug zu beschleunigen ; hätte er es ferher bey Borisom mit seiner Armee und den Corps uns ner Wittgenstein

und

Tschitschagof

eingeschlossen ,

so

würde den Franzosen keine andere Wahl geblieben seyn, als fechtend zu Grunde zu gehen , oder das Gewehr zu strecken. Obgleich Kutusow die Verfolgung des franzöſiſchen Heers aufgegeben hatte, waren die Generale Witts genstein und

Tschitschagof

Vernichtung zu vollenden.

doch stark genug ,

deffen

Sobald Wittgenstein Oudi-

nots Abmarsch in Erfahrung gebracht hatte,

mußte er

sich mit allen seinen Streitkräften auf Victor werfen, der zu schwach,

um das Gefecht anzunehmen, zur Bes

schleunigung seines Rückzugs gezwungen worden wäre. Håtte er denselben über Baran nach Borisow bewerkstel

281 ligt , so wäre ihm Wittgenstein gefolgt , und hätte bey Weselowo oder Studianka eine Brücke schlagen laffen, um seine Vereinigung mit Tschitschagof zu bewerkstelligen.

Håtte er sich dagegen über Batury zurückgezogen,

wie er es that , so würde ihm Wittgenstein ein größtens theils aus Reiterey, bestehendes Detaschement nachgefchickt haben , während er selbst in. Eilmårschen

auf Borisom

gerückt wäre und dort seine Vereinigung wie im 2ten Fall über Studianka oder Weselowo mit Tschitschagof bewerkstelligt hätte.

In diesen beyden Fällen war der

Untergang des franzöſiſchen Heeres gewiß. Obgleich Wittgenstein sich darauf beschränkt hatte, Victor zu folgen, ohne deſſen Rückzug zu beunruhigen, hätte er, da er am 24ten zu Kolopeniczi ankam , und die Straße von Boris sow über Baran frey war ,

am Morgen des 26ten vor

Studianka ankommen können und dort Napoleon angetroffen, der erst Oudinots Corps und ſeine Garde daselbst vers einigt hatte.

Nimmt man auch an, daß es Wittgenstein

nicht gelungen wäre ,

die Schlagung der Brücken - zu

verhindern , so hätte der Donner des Geschüßes schagof herbeygezogen,

Tschit-

deffen Gegenwart den Uebergang

unmöglich gemacht haben würde.

Statt endlich am

27ten Partounneaur anzugreifen, der ihm nicht entwiſchen konnte, håtte er Victor angreifen sollen, der damals nur die Division Girard

bey sich hatte ,

und aus diesem

Grunde außer Stande gewesen wäre, Studianka zu vers theidigen.

Der

28te November macht dem

Wittgenstein so wenig Ehre,

General

als die vorhergehenden Tas

ge, weil er sich des Dorfes Studianka nicht bemächtigte, das Victor mit sechsmal theidigte.

geringern Streitkräften vera

282 Tschitschagofs Fehler trugen eben

soviel zu´ Napoz

leons Rettung bey , als die Wittgensteins.

Nachdem er

sich der Stadt Borisow bemächtigt hatte , håtte er die Berezina mit seinem ganzen Heer überschreiten und Qu½ dinot auf die Armee von Moskau werfen sollen, um diesen zu zwingen, sich zu konzentriren. Wittgenstein, der damals eine Bewegung in seine rechte Flanke ausführte, håtte seis ne Vereinigung mit Tschitschagof leicht bewerkstelligen kön, men. Nachdem die Division Pahlen, die einzige, welche die

翼 Berezina überschritten hatte, zurückgedrångt war, und Tschitschagof statt sie zu unterstüßen, sie auf das rechte Ufer zurückgehen ließ, håtte er die Hälfte ſeiner Kosacken auf dem linken Ufer zurücklassen sollen.

In diesem Fall hätte er

mehreremal des Tags von Napoleons Marsch in Kennt niß gesezt werden können ; allein`er vernachläßiot diese Maaßregel und blieb daher in dieſer Beziehung eigentlich in einer freywilligen Unwissenheit ;

nichts war indeſſen

leichter, als von dem Marsch eines Heeres Nachricht zu ers halten, das die große Straße von Orsza nach Borisom nicht verließ ; überdieß wäre Tschitschagof alsdann nicht durch eine Nachricht getäuscht worden, welche ihm von jenseits des Dniepers zukam, und die die eigene Unwahrscheinlichkeit schon hätte verdächtig sich selbst in Fehlern ,

machen sollen.

Er überbot

indem er den Berichten keinen -

Glauben beymaß, welche ihm hinsichtlich der Schlagung der Brücken bey Studianka erstattet wurden (a).

Man

(a) Wenn a Generale, nur durch einen Fluß getrennt, einans der gegenüberstehen , und der eine beschließt , denselben zu paßiren , um die Offenſive zu ergreifen , so wird ihm dieß ohne Zweifel gelingen , wenn er seine Anstalten gut trifftAllein ein solcher Uebergang hat durchaus keine Aehnlichkeit

283 kann zugeben , daß die ersten Berichte,

welche ihn von

den Auſtalten der Franzosen in Kenntniß ſehten, ihn viels leicht im Zweifel ließen ;

allein wie konnte er fortwäh

rend zweifeln, als man ihm meldete, daß das Dorf Studianka und die Umgegend mit Truppen und Gepäcke überdeckt seyen, daß eine zahlreiche Artillerie den Hügel besetzt habe, welcher die Berezina beherrscht, daß der Bau der Brücken mit äußerster Thätigkeit betrieben

werde

und daß mehrere Generale die Arbeiten leiteten (a). Tschitschagof hätte wenigstens die Bewegung der Truppen, welche långs der Berezina hinabzogen , aufhalten, und für seine Person sich eiligst an Ort und Stelle begeben sollen , um die Ereigniße mit eigenen Augen zü beurtheilen ; alsdann würde er sich überzeugt haben, daß der Uebergang bey Studianka geſchehe,

und ohne Zweis

fel håtte er noch Zeit genug gehabt, die nöthigen GegenAnstalten zu treffen. Beynahe möchte man glauben, der Irrthum dieses Generals habe auch noch den ganzen 26ten fortgedauert ,

denn er stellte Oudinot an dieſem

Lage nur wenige Truppen gegenüber.

Seine Unthätig-

keit in der Nacht vom 26ten auf den 27ten

und am

mit dem, welchen Napoleon genöthigt war zu bewerkstelligen. Denn er ward verfolgt von Kutusow, bedroht in seiner rech ten Flanke durch Wittgenstein, was ihn verhinderte, sich nach dieser Seite auszudehnen, und doch konnte er aus den obenangeführten Gründen nur rechts von Borisow übergehen. Die Schlagung der Brücken endlich bot die größten Schwies rigkeiten bar , weil man keine Brücken-Equipage erhalten 鲞 hatte. (a) Vielleicht ward Tschitschagof sogar gemeldet , daß Napos leon den Arbeiten in Person anwohne ; er war leicht zu unterscheiden, wenn man seine Kleidung kannte.

244 Lage des 27ten waren abermalige Fehler. Um endlich diese Reihe von Mißgriffen würdig zu schließen , ließ Tschitſchagofnicht einmal die zwischen Studianka und Zembin befinds lichen Brücken durch Truppen beſehen, die zugleich häåtten den Befehl erhalten sollen, sie zu verbreunen , wenn das franzöſiſche Heer auf seinem Rückzug der Straße folgen follte, auf welcher sich diese Brücken befinden.

Dagegen

muß bemerkt werden, daß die Generale Wittgenstein und Tschitschagof, welche unmöglich an die Wahrhaftigkeit und Genauigkeit der Berichte eines Generals glauben konnten, der sich für den Sieger bey Borodino ausgege ben hatte (a) , nicht ohne Grund in der Meynung stehen mochten, Napoleon habe noch mehr als 80000 Kom, battanten unter seinen Befehlen.

Der einigermaßen zu

entschuldigende Irrthum dieser beyden Generale , mildert øbigen Ladel über ihre Operationen beträchtlich. verdient angeführt zu werden ,

Endlich

daß Hertels Ungehorſam

gegen Tschitschagofs Befehle gleichfalls eine der Ursachen der Rettung Napoleons war , denn hätte Tschitschagof über dieses Corps verfügen können , so würde er es viel leicht vor Studianka haben stehen lassen. Während Napoleon auf dem Theil des Kriegsschauplates, wo er selbst kommandirte, so beträchtliche Unfälle erlitt, und gleichsam nur durch ein Wunder der Vernichtung entgieng, die unsermeidlich schien, behaupteten seine

(a) Sollten Wittgenstein and Tschitschagof den. Berichten Kutusows. Glauben beymessen , so mußten sie überzeugt seyn, daß das Heer von Moskau solche Unglücksfälle erlitten habe, daß es selbst Kutuſow unmöglich wäre , die Wahrheit durch Uebertreibung zu erreichen ; dieß war zwar der Fall, allein es schien nicht wahrscheinlich zu seyn.

285 Waffen anderwärts allenthalben ihre Ueberlegenheit , und aus diesem Grunde nahm die Wichtigkeit der detaschir ten Corps täglich zu.

Es verdient bemerkt zu werden,

daß sie beynahe sämmtlich aus fremden Truppen bestanden ; denn Macdonald hatte Preußen , Polen und Deuts sche, Wrede Baiern unter seinen Befehlen ; die Diviſion Loison bestand aus Deutschen ; aus Oestreichern ;

Schwarzenbergs Corps

Reynier allein hatte außer den Sach-

ſen eine zu drey Viertheilen aus franzöſiſchen Truppen bestehende Division unter seinen Befehlen. Wir verließen Macdonald, als er etwa 8000 Mann der Besatzung von Riga gegenüber stand, welche auf dem linken Dnieper-Ufer das zwischen Schlock und FriederichsStadt gelegene Land besetzt hatten.

Der größte Theil

dieser Streitkräfte war bey Neigut aufgestellt.

Die Vorz

posten-Kette folgte rechts von diesem Dorfe der Miß und der Aa ; links hatten die Rußen Wilkof besetzt ; die Truppen , welche links von der Straße von Riga nach Bauske standen , befanden sich in einer sehr gewagten Stellung, weil man in einem Tage von Eckau nach Dahlenkirchen gelangen und ihnen den Rückzug abſchneiden konnte. Macdonald, beschloß diese Operation auszu führen ; sie konnte nur vortheilhafte Resultate gewähren, denn selbst angenommen ,

daß sie nicht ganz nach seinen

Wünschen ausfiel , so gab ihm seine Ueberlegenheit die Gewißheit, die Rußen nach Riga zurückzudrängen , wodurch er sich wenigstens auf einige Zeit des kleinen Krieges erwehrte , den sie seit dem ersten Tage des Novembers gegen ihn führten.

Nachdem er sich für seine Person nach Eckau begeben hatte, um der Leitung der Operatio

nën nåher zu seyn , nahm er Hünerbein das ihm nach

286 dem Treffen bey Meschten übertragene Kommando ab, und übergab es Bachelu (a).

Hünerbein behielt nur den

Befehl über die polnische Brigade.

Der Brigadier von

Horn erhielt den über die preußische Brigade ; beiden Brigaden und die

6

diese

Schwadronen preußischer

Reiterey betrugen zusammen etwa 8000 Mann und wurden am Abend des 14ten November bey Eckau zusſammengezogen.

Am 15ten mit

Tagesanbruch marschirte

Bachelu auf Baldon, bemächtigte ſich deffelben, licß Hủnerbein daselbst zurück ,

und warf die Rußen bis Dah-

lenkirchen, wo er Stellung nahm. Zu gleicher Zeit wurz den Schein-Angriffe hauptsächtlich gegen Olai und Neis gut dirigirt, während Maſſenbach (b) mit der zu Annenburg befindlichen Reserve über Eckau und Walköf auf Friedrichstadt marschirte.

Alles was sich rechts von der

Straße von Eckau nach Riga befand, ward abgeschnitten ; Levis befehligte dieſen Theil der rußischen Linie ; er hats te wenig Reiterey, einige Geſchüße und etwa 5000 Mann junger Infanterie. Anfangs zog er ſich auf Riga zurůď; als er jedoch eine Stunde vor Tomsdorf auf Hünerbeins Vorhut stieß ,

die ihm ein Bataillon abnahm ,

und er

ferner erfuhr , daß Bachelu Dahlenkirchen beſeht habe, Bald erhielt er zog er sich gegen Friedrichstadt zurück. die Nachricht, daß Massenbach auf diese Stadt anrücke (a) Der Brigade-General Baron Bachelu war mit seiner Bris gade zu Jllucks, als Macdonald ihn einberief, um ihm dieses Commando zu übertragen. (b) Der General-Lieutenant Maſſenbach befehligte die Reites rey des preußischen Corps. Da diese Reiterey nicht beysammen war , so hatte Macdonald dem General Maſſenbach den Befehl über die zu Stalgen und Annenburg befindliche Reserve übertragen .

287

und machte Halt. trug aber nicht ; worden das

Die Dwina war gefroren ,

das Eis

ohne Zweifel wåre er daher gezwungen

Gewehr zu strecken ,

wenn die Kälte nicht

plötzlich gestiegen wåre , so daß die Dicke des Eises ihm gestattete, ſogar mit ſeiner Artillerie (a) auf das andere Ufer überzugehen. Dieser Uebergang geschah in der Nacht vom 17ten auf den 18ten etwas oberhalb Linden.

Ein

Theil der Truppen , welche Friedrichstadt beſezt hatten, gieng gleichfalls über das Eis zurück,

aber Massenbach,

der unvermuthet am 17ten vor dieser Stadt angekommen war, bemächtigte sich derselben und nahm ein Bataillon und eine Schwadron gefangen. Lewis verdankte seine Rettung dem Umstand , daß Hünerbein , statt ihn zu verfolgen, wie er Befehl hatte, fich auf Baldon zurückzög. Paulucci ,

der wegen dieser schlechten Maasregeln

Gefahr lief, einen Theil der Besaßung von Riga zu vers . lieren, ward in der Folge vorsichtiger. Macdonald nahm feine alte Stellungen wieder ein. Am 16ten November hatte dieser General durch Marets Vermittlung Nachrichten

von dem Heer von Moskau erhalten ,

welche

ihn von Napoleons Rückzug nach Smolensk in Keunt niß setzten , ohne ihm jedoch den jammervollen Zustand der Armee und die kritische Lage derselben mitzutheilen.

Der Monat November verfloß, ohne daß er an-

dere Nachrichten erhielt ; als er jedoch die Einnahme von Minsk und Borisow durch die Moldau-Armee, Wittin der Nähe von Napoleons Rückdie Bekanntmachungen der rußischen

gensteins Stellung zugs-Linie

und

(a) um sein Geschüß hinüber zu bringen , ließ Levis auf das Eis eine Bahn von Brettern und Stroh machen.

288 Tags-Befehle hinsichtlich der Unfälle der Armee von Moskau erfuhr , ward er dadurch sehr beunruhigt. Am 4ten Dezember erhielt er durch Maret Nachricht

von

dem Treffen an der Berezina ; dieser Minister sette ihn in Kenntniß, daß Napoleon die Generale Wittgenstein und Tschitschagof geschlagen habe , welche ihm den Berezinas Uebergang streitig machen wollten; das Heer des letztern Generals sey dadurch auf 7000 Mann Infanterie und 6000 Mann Reiterey herabgeschmolzen (b) ;

diese Nach-

richten beunruhigten ihn über das Schicksal Napoleons und seines Heers. Wir haben gesehen , daß Schwartzenberg den Gez neral Sacken bis nach Wolhynien verfolgte , und daß er am 27ten November in Folge einer Aufforderung Marets Am Iten eine Rück-Bewegung auf Minsk machte. Dezember kam er zu Prujany ań , wo er Rasttag hielt. Am 7ten erreichte ſeine Vorhut Slonim. Auf dem Marsch zwischen diesen beyden Städten erhielt er ein Schreiben Martes vom 2ten Dezember , worin dieser Minister ihm mittheilte , daß Napoles

den Uebergang über die Beres

zina erzwungen und die Rußen mehreremal geschlagen hahe. In Folge dieser Nachricht sendete Schwarzenberg in der Meynung, das rußische Heer ziehe sich zurück, dem General Frimont (a) Befehl, ſich nach Nieswij zu bege(a) Wenige Tage darauf erhielt Macdonald auf besonderem Wege die Abschrift eines zu Königsberg bekannt gemachten Tagsbefehls hinsichtlich des Erfolgs an der Berezina. Es war darin gesagt, Napoleon habe 9000 Gefangene gemacht, und 9 Fahnen nebft 12 Kanonen genommen. b) Man wird sich erinnern , daß Frimont mit 6500 Mann su Slonim geblieben war , als Schwarzenberg auf Wolkowist zurückging.

1

289 ben,

und die Rekognoszirung gegen Minsk and Slugt

vorzuschicken, um die an der Berezina geschlagene Corps zu beunruhigen, wenn sie auf ihrem Rückzuge diese Punks te berühren würden.

Zu Slonim erhielt Schwarzenberg

eine neue Depesche (4 ) vom 4ten Dezember, die ihn in Ungewißheit über das versetzte, was er thun sollte. Mas ret theilte ihm die näheren Umstånde über den Sieg an der Berezina mit und befahl ihm , in der Richtung der gegenwärtigen Stellung zu marschiren, ohne ihn in Kennts niß zu sehen,

welche diese Stellung sey.

berg machte daher Halt ,

Schwarzens

indem er auf neue Befehle

wartete. Ueberdieß konnte nur die größte Nothwendigkeit veranlassen, sich in Marsch zu setzen , weil die Kälte eis nen so hohen Grad erreicht hatte , daß auf jedem Marsch * eine Menge Soldaten umkam ,

oder

ihre Glieder er

fror. Reynier hatte am 1teu Dezember unter Zurücklaſſung feiner 1 polnischen Brigade Brezsc-Litowski verlaſſen , und sich gegen Slonim in Marsch gesetzt. Am 7ten machte er bei Rujana Halt , und verlegte ſeine Truppen in Cane tonirungen.

Wilna , fo wichtig in militärischer Hinsicht wegen seiner Lage

auf der HauptVerbindung der Armee und

weil man daselbst unermeßliche Magazine vereinigt hatte (a) , war als Hauptstadt von Littauen und weil Maret mit

dem diplomatischen Corps sich daselbst aufhielt

nicht minder von Bedeutung.

Diese Stadt war durch

(a) Bu Wilna befanden sich ein Zeughaus , Kasernen , Spis tåler , und eine Menge Magazine vom Lebensmitteln und militärischen Gegenständen.

19

290

Napoleons Vordringen

nach Moskau noch

wichtiger

und gleichsam' die Hauptstadt der eroberten Länder ges worden ; der Verlust dieser Stadt håtte daher allen Mächten Europas die Ueberzeugung gegeben , daß Napoleons Angelegenheiten verzweifelt standen.

Vergebens machten

die Rußen die unerhörten Unfälle bekannt ,

die ihn zu

Boden drückten ; man konnte denselben keinen Glauben beimessen ; man hielt ihre Tagsbefehle für eben so uns wahr und übertrieben , als sie es zur Zeit ihres Unglücks gewesen waren

(a).

Ueberdies war es unbegreiflich ,

daß Napoleon so großen Verlust erlitten haben sollte , ein einziger der Armeekorps - Commandanten

ohne daß

in die Hände der Rußen fiel ;

obgleich daher auch von

dem Heere von Moskau nur noch die Trümmer in dem jammervollsten Zustande übrig waren , obgleich die Leis chen seiner Krieger auf dem rußischen Boden zerstreut lagen , bestand es dennoch in der Einbildung der euros päischen Regenten.

Diß allein rettete Napoleon , denn

man ist berechtigt zu glauben , daß , wenn die Wahrheit bekannt gewesen wäre , die geheime Gesellschaft des Tugendbundes , die die Zerbrechung eines Jochs zum Zweck ´hatte, es dahin gebracht haben würde, ganz Deutſchland gegen ihn zu erheben , das damals von Truppen ent blöst war, und ihm somit den Rückweg nach Frauks reich zu versperren.

(a) Die rußischen Tagsbefehle waren anfangs einzig und allein in der Absicht verfaßt worden , auf das rußische Volk zu wirken und man` hatte sich alle Mühe gegeben , demselben Napoleons Tagsbefehle vorzuenthalten ; fie erfüllten auch ihren Zweck vollkommen. Diejenigen, welche - die beiderseitigen Lagsbefeble lasen, konnten nicht soleicht getauscht werden.

291 Maret trug unendlich viel dazu

bei ,

Napoleons

Unfälle geheim zu halten , und in dieser Beziehung war er ihm sehr nüßlich ;

dieſer Minister war

ängstlich bes

forgt wegen Wilna , als Wittgenstein in Littauen drang.

Diese Besorgniße wuchsen ,

sich Minsks bemächtigte ( a) ;

als

eins

Tschitschagof

als sich jedoch dieser Gee

neral auf Borisow wendete , ward Maret får Napoleons Schicksal selbst besorgt.

Es gelang ihm , die zu Wilna

vereinigten diplomatischen Ageuten und somit auch ihre Kabintte sowohl durch seine

Aeußerungen ,

als durch

den Glanz seiner Repreſentation zu tauschen. Unfall ward als ein Erfolg dargestellt , anlaſſung zu einem neuen Fest.

Jeder

und gab Vers

Das der Wahrheit nach

ruhmvolle , aber verderbliche Gefecht an der Berezina, ward als außerst vortheilhaft dargestellt. Man wird sich des sonderbaren Irrthums erinnern , in den Schwars henberg durch Maret verfiel ; aus dem militärischen Ges ſichtspunkte war es allerdings ein großer Fehler einen Armeekorps - Commandanten auf solche Weise zu taus schen , allein nur durch Geheimhaltung des ganzen Ums fangs seines Verlustes durfte Napoleon hoffen , Franks reich wieder zu sehen. Die erste Brigade der Division Loison war am 21ten November in Wilna angelangt , die

ganze

Diviſion

daselbst

und am 23ten war

vereinigt.

Wilna Jents

hielt 7000 Maun, welche nachgerückt waren und überdies

(a) Marets Besorgniß war gegründet ; denn wenn Tschitschagof ftatt auf Borisow , auf Wilna marschirt wäre , hatte er sich dieser Stadt ohne Sweifel bemächtigt. Dadurch hätte er Napoleon sicher größern Schaden zugefügt , als durch seinen Marsch an die Berezina , weil es ihm nicht gelang den Uebergang zu verhindern. 19. *

292

-

viele Verwundete, Kranke und Verpflegungsbeamte ; ihre Zahl vermehrte sich noch durch die Ankunft aller derer welchen es gelang, von Minsk zu entfliehen. Sobald Maret den Uebergang über die Berezina erfahren hatte sendete er die Division Loison und 2 neapolitanische Reis ter Regimenter (a) der Armee entgegen.

Diese

Trups

pen rückten bis Dezmiana auf der Straße von Minsk vor , und nahmen daselbst Stellung. Wir haben Napoleon auf dem Marsche nach Wilna verlassen ; er hinterlegte ein unverwüstetes Gebiet , das Er beeilte sich ,

ihm einigen Unterhalt gewährte.

Mas

lodeczno zu erreichen , aus Sorge einige rußische Korps möchten ihm auf diesem Punkt Nachhut war überdieß so schwach ,

zuvorkommen ; seine daß sie den Feind

nicht mehr lange håtte aufhalten können.

Drei Tage

Benennung der Corps. Alte Garde Junge Garde Cruppen unter Mar schall Ney (b) . Corps unter Victor tes und 3tes Korps

Reite rey .

angehörten :

Infanterie .

nach dem Uebergang über die Berezina zählte das Heer. kaum noch 8800 Kombattanten , welche folgenden Corps

Bemerkungen.

2000

1200

1800 2000 400

500 100

| 7000 | 1000 |

Diese Militars waren bes waffnet , jedoch nicht in Kompagnien formirt.

(a) Diese Regimenter waren das neapolitanische Regiment der Ehrengarde und das der neapolitanischen Garde - Hujaren. Die neapolitanische Infanterie Division (33tc) war ju Dan sig geblieben. (b) In einem Schreiben an Berthier vom Morgen des aten

293

Ich übergehe hier die aus Reiters Offiziere gebildes ten

Compagnien ,

deren Organisation

befohlen ,

aber

nicht ausgeführt worden war. Seit dem Uebergang über die Berezina erhielt die Armee in Beziehung auf ihren Unterhalt einige Erleich. terung , allein ihre Lage ward immer jammervoller und die Widerwärtigkeiten ,

die schon früher von mir bes

schrieben worden sind , nahmen stets zu.

Die Disciplin

und die Subordination zerfielen gänzlich ;

eine Menge

einzeln marſchirender Soldaten , welche seither ihre Wafs fen behalten hatten ,

warf sie weg.

verſchwanden bis auf die leßte Spur. Maffen ,

welche

Die Uniformen Die aufgelösten

die Straße deckten , bestanden

nicht

mehr wie früher , beinahe ganz aus Soldaten ; man ber merkte darunter eine große Anzahl Offiziere von Graden ,

Generale ,

allen

welche beym Berezina - Uebergang

Bediente , Pferde und Gepäcke verloren hatten , sahen fich häufig genöthigt , bey Soldaten, die sie früher befehligt hatten, um Hülfe zu betteln (6) ; sie waren um so uns glücklicher , als sie plößlich aus einer Art von Ueberfluß ins äußerste Elend versetzt wurden.

An Pferde- Futter

Desbr. giebt Ney die Stärke seiner Infanterie folgendes maßen an : 200 Mann Die Division Claparede 800 Die Division Dombrowski · 323 Die 2 andern Diviſionen des 5teń Corps 500 Die 3 Diviſionen des aten Corps 16:3

Ney fast ferner , daß er die Cadres des 3ten Corps mit den Adlern zur jungen Garde geschickt habe. Am fol. genden Tag batte Ney nur noch 1000 Kombatanten.

294

fehlte es nicht , und auch die Lebensmittel waren minder felten.

Häufig konnte

man sie bei Soldaten kaufen ,

welche in Dörfern übernachtet hatten , die nahe an der Straße lagen . Viele lebten allein vom Ankaufe solcher Lebensmittel zu unerhörten Preisen , und schäßten sich glücklich , eine so unsichere Hülfsquelle gefunden zu haDie Erleichterung hinsichtlich des Unterhalts brachte Wirkung hervor. Die unausgesetzten

ben.

keine sichtbare

Märsche und Bivouaks wirkten allzu zerstörend. bot die Straße einen abscheulichern Anblick Menge unglücklicher , theils

durch den Feind ,

durch die Kälte Verstümmelter

lag

her; sie war angehäuft mit Todten

Nie

dar : eine theils

auf derselben ums und Sterbenden.

Der moralische Einfluß auf die Gesundheit war noch größer.

Man bemerkte viele , denen die nöthige Intel

ligenz selbst zur Befriedigung der

ersten Bedürfniffe

fehlte. Littauen ist mit Lannenwäldern bedeckt , in welchen der Seitenweg , den man nach Malodeczno einschlug , oft so schmal war, daß er nur für einen Wagen in der Breite Raum hatte ; dieses veranlaßte unaufhörliche Stockun gen und alles Elend , die diese gewöhnlich nach sich zo, gen.

Seit die Kålte wieder zugenommen hatte,

war

die Straße sehr glatt geworden , so daß man sich gendthigt sah , jeden Tag Gepäcke und Geſchütz zurück zu laſſen. Die Kosacken zeigten sich häufig ;. sobald ſie erſchienen wendete sich alles , was sich auf der Straße befand , rückMarsch ; so fielen ihnen wårts oder beschleunigte seinen • immer nur einige Nachzügler und Gepäcke in die Hände. Sobald einige Schüße gegen sie abgefeuert wurden , zos gen sie sich zurück ; haften sie es gewagt , die aufgeliste

295

Menschenmaße

geradezu

anzugreifen , so würden fle

ohne sich irgend einer Gefahr auszusetzen , eine Gefangene gemacht haben ;

Menge

allein sie zeigten stets eine

Feigheit, die selbst den Reiz der reichsten Beute nicht zu überwinden vermochte. Ney hatte sich zurückgezogen , wo

am 2ten

Dezember bis Zawikino

er lagerte ;

da seine Infanterie auf

1000 Mann herabgeschmolzen war , so übernahm Victor an seiner Stelle die Nachhut. Man verstärkte dieses less durch die Reste

tere Corps

von Neys Reiterey und

Geschüß. Napoleons Hauptquartier war am 30ten zu Pleszenic şi, am Iten Dezember zu Staiki , am 2ten zu Selitsze und am 3ten zu Malodeczno. An leßteerm Ort erhielt er 20 Stafs feten, welche seither ausgeblieben waren. Wrede war zu Wis leika ; er erhielt Befeht, sich auf Seitenwegen nach Wilna zu bewegen, um die große Straße von Minsk nach dieser Stadt auf der rechten Seite zu decken. Tschitschagof folgte Napoleon; Vorhut befehligte , zweimal ,

Tschaplik , der seine

hatte die französische Nachhut nur

am 2ten December vor Pleszeneczi und am

3ten bey Ilia ernsthaft angegriffen ,

nachdem sie schon

ihren Bivouac bezogen hatte ; sie ward genöthigt, densel ben zu verlassen und sich eine Stunde von da zu lagern. Wittgenstein war der Straße nach Malodeczno nur bis Kamen gefolgt , von dort dirigirte er sich auf Wileika ; er sollte in

der rechten Flanke des französischen Heers

marschiren; das Reitercorps des General - Majors Kutusow (a) .

das sich gleichfalls auf Wileika bewegte ,

ward

(a) Wir fahen , daß Winzingerode durch Saint - Priest erscht worden war. Der General - Major Kutuſow war ſeit we-

296 feinen Befehlen untergeordnet ; am 2ten December fand ein kleines Gefecht zwischen ihm und Wredes Nachhut statt ; von dort an bildete er Wittgensteins Vorhut. Napoleon hatte die Absicht , seinem Heere zu Mas lodeczno einige Rast zu gönnen ; er erwartete daselbst Les bensmittel Zufuhren von Wilna ; allein er sah sich ges nöthigt, hierauf Verzicht zu leisten ; ſeine Nachhuf vers möchte den Felnd nicht abzuhalten.

Demungeachtet hofte

er die Trümmer seines Heers zu Smorgoni aufzuhalten und zu sammeln ( 7 ) ,

wo sich ein beträchtliches Magas

zin befand , obgleich es klar war , daß dieser Plan nur aus. geführt werden konnte , wenn der Feind von selbst Halt machte, was nicht wahrscheinlich schien. Die Polen wurden unmittelbar auf Nebenwegen von Malodeczno nach Olita geschickt ; von da sollten sie sich nach Warschau begeben.

Junot ward

mit der ganzen

unberittenen Reiterey gleichfalls auf Seitenwegen nach Merecz dirigirt ; der Rest des Heeres setzte seinen Rückzug nach Wilna fort. Die franzöſiſchen Tagsbefehle, welche Napolcon sowohl in frühern Kriegen als auch in diesem erließ, waren weniger auf Ermuthigung seiner Truppen, als auf Läuſchung und Abschreckung seiner offenen und geheimen Feinde berechnet.

Der 19te Tagsbefehl vom 16ten September künuigen Tagen an Saint - Priest's Stelle gekommen , der zw Kutusom's Generalstab berufen worden war. Seit Moskan war Saint-Priest's Corps unausgefeht in der rechten Flanke des französischen Heeres marschirt. Er hatte Moskau erst am 3ten November verlaſſen , batte am 5ten Ruza , am 14ten Dukowszina, am 17ten Rudnia , am 19ten Babinowiczi paffirt, und von da seinen Marsch in der rechten Flanke des fransdßischen Heeres fortgefest.

297 digte die Einnahme und Verbrennung von Moskan an. Die drei folgenden Tagebefehle enthalten die nåhern Um. stånde dieses Brandes und die Hülfsquellen , welche diese Stadt an Munition und Unterhaltsmitteln enthielt. Der 23te und 24te Tagsbefehl vom 9ten und 14ten October geben einige nåhere Umstände über die gegenseitigen Stellungen der franzöſiſchen und rußischen Heere ; dem ersten heißt es :

in

,, daß es ſeit 8 Tagen schönes

Wetter und wärmer als in Paris um diese Jahrszeit fey und daß man kaum bemerke , daß man sich im " Norden befinde. " In zweiten heißt es : " die Wittes ,, rung sey immer noch schön ; der erste Schnee sey am

" 13ten October gefallen und in 20 Tagen müßte --man " sich in Winterquartieren befinden. Der 25te Tagsbefehl vom 20ten October aus Troitskoe beschreibt das Treffen bei Winkowo ; er macht den Auf bruch der Armee von Moskau bekannt , woselbst in dem Kreml eine Besatzung zurückgelaſſen worden sey .

Diese

minirt worden ;

einige

Citadelle sey

ausgerüstet

und

glaubten , der Kaiser wolle nach Tula und Kaluga mar schiren , um in diesen Provinzen zu überwintern , während Moskau durch eine Besatzung im Kreml besetzt bliebe ; andere seyen der Meynung , er werde den Kreml sprengen und sich Polen um 100 Stunden nähern , um in befreundetem Lande Winterquartiere zu beziehen , feinen Magazinen und Petersburg nåher zu seyn . fer Tagesbefehl endet mit den Worten :

Dies

,, Die Wittes

,, rung ist sehr schön , wie in Frankreich im Oktober ; " vielleicht etwas heißer ;

allein in den ersten Tagen

,,des Novembers wird sich die Kålte einstellen. “ " Alles zeigt an , daß man an die Winterquartiere

1

298

,, denken muß ; hauptsächlich bedarf unsere Reiterey der,, selben.

Das Fußvolk hat sich in Moskau erholt und

" ist in gutem Zustande. “

Der 26te Tagsbefehl aus Borowsk vom 23ten Octo ber enthält eine kurze Wiederholung der Operationen seit der Schlacht an der Moskwa bis zur Ankunft zu Borowsk. Napoleon curhüllt darin seine Entwürfe. ,, Der Kaiser," so heißt es in demselben ,,, zählt darauf, sich ,, am 24ten in Marsch zu setzen , um die Dwina zu er reichen , und eine Stellung zu nehmen , die ihn Peters,, burg und Wilna 80 Stunden nåher bringt ,

woraus

" der doppelte Vortheil entspringt , daß er seinen Hülfs,

,, quellen und seinem Zwecke um mehr als 20 Märschen „ nåher ist. “

Dieser Tagsbefehl schließt mit den Wors

ten : ,, Die Bewohner Rußlands erinnern sich seit Men schengedenken keiner so schönen Witterung , als wir seit 20 Tagen haben. Es ist die Sonne und der Himmelss strich von Fontainebleau. Die Armee befindet sich in einem reichen Lande , das mit der besten Gegend Frankreichs und Deutschlands verglichen werden kann . Der ( 27te Tagsbefehl ist aus Wereia vom 27ten Detober datirt ; er enthält die Beschreibung des Trefs fens bey Malojaroslaweh ;

der Rückzug , zu dem Nas

polcon fich gezwungen ſah , iſt darin auf folgende Weise angekündigt: „ Der Kaiser begab sich am 25ten October ., nach Malojaroslaweh, recognoscirte die feindliche Stels " lung und befahl den Angriff auf den folgenden Tag ; ,, allein in der Nacht zog sich der Feind zurück.

Der

„ Fürst von Eckmühl hat ihn 6 Stuuden weit verfolgt , ,,hierauf licß der Kaiser den Feind weiter ziehen , und „ befahl die Bewegung nach Wereia. “

299 Die Witterung ist herrlich , die Wege find gut ; » , es iſt dieß das Ende des Herbsts , der noch etwa^ 8 Tage dauern wird , und bis dahin werden wir in uns

" serer neuen Stellung stehen.

Es heißt ferner in dies

fem Tagsbefehl , „ die alte rußische Infanterie sey vers

" nichtet , und das rußische Heer bestehe nur noch durch ,, » zahlreiche Verstärkung don'scher Kosacken. “ Es verflossen 14 Tage , ehe der 28ste Tagsbefehl bes kannt gemacht wurde , der vom 11ten November aus Smolensk datirt ist ; es heißt darinn , daß bis zum 6ten November die Witterung sehr schön gewesen sey; daß jedoch am 7ten der Winter angefangen , 3000 Zugpferde und gegen Toren habe ;

daß man

100 Munitionswagen vers

daß sich seit dem Treffen von Malojaross

laweß nur Kosacken gezeigt, ausgenommen bey Wiazma, wo 12000 Mann rußischer Infanterie nebst einer Fluth von Kosacken die Straße zwischen Davoust und Eugen abges schnitten hätten , daß sie jedoch in den Wald geworfen = worden seyen , und 6 Geſchüße nebst vielen Gefangenën verloren hätten.

Da dieser Tagsbefehl nichts davon ents

hielt, ob Napoleon seinen Rückzug fortsetze , und , so wie det vorhergehende ,

das rußische Heer

als größtens,

theils aus Kosacken bestehend darstellte, so mußte hieraus. folgen , Napoleon werde seine Winterquartiere ,

so wie

er es vor hatte , hinter dem Dnieper und der Dwina bes ziehen. Allein bald verbreiteten sich beunruhigende Gerüchte in Frankreich, welche sein Stillschweigen bestätigte. Ends lich mußte die Wahrheit , wenigstens zum Theil durchdringen , und für ihn war es von Wichtigkeit, die Ers eignisse selbst bekannt zu machen , um sie in dem wes nigſt- ungünſtigen Lichte darzustellen.

300

Es war ihm unmöglich , den Tagsbefehl vor den Uebergang über die Berezina bekannt zu machen , weil • die Verbindung unterbrochen war ; überdiß wollte er vorher seine kritische Lage verlaßen. > Späte r unterließ er es, weil er die Absicht hatte, nach Paris zurückzus kehren , sobald die • Straße frey wåre , und er daselbst vor der Nachricht von den Unfällen seines Heeres anzus kommen wünschte. Der 29fte Tagsbefehl (8 ) vom 3ten Dezember aus Malodeczno datirt , ſtattet Bericht ab von den Operatio Obgleich -er nen seit dem Abmarsch von Smolensk. enthiel Wahrhe t , befand nur einen kleinen Theil der it man sich doch in

einem solchen Irrthum in Beziehung

auf die Lage der Armee, daß er eine schwer zu beschreis bende Wirkung hervorbrachte.

Napoleon schreibt darinn die Unfälle seiner Armee hauptsächlich der Kälte zu (»).

Dieser Tagsbefehl enthielt folgende Stelle : ,, Menschen, welche die Natur nicht hart genug geſtählt hatte , um ,, über alle Wechſelfälle des Geſchicks erhaben zu seyn ,

„ verloren ihren Frohsian , ihre gute Laune und tráums Diejenigen , welche sie erha-

" ten nur von Unglück.

,,ben über alles geschaffen bat , behielten ihren Frohsinn und ihr gewöhnliches Benehmen bey , und sahen neuen „ Ruhm in den verschiedenen Schwierigkeiten , welche , überwunden werden mußten. “ Kein Vorwurf war konnte man von

ungerechter

und

gehäßiger ;

einem schrecklichern Unglück träumen ;

als das , deffen Zeuge und Opfer man war ? und die

(a) Ich habe weiter oben gezeigt, daß die Kälte früher nur eine untergeoronete Ursache des Unglücks der Armee war.

301 Widerwärtigkeiten , welche die Armee zu Boden drückten, überstiegen sie nicht alles , was menschliche Kräfte zu ertragen vermochten.

Föcht man nicht , so

lange man

die Kraft hatte, Waffen zu tragen, mit feltenem Muthe ? Ihr seyd deßen Zeuge, Felder von Krasuoi und ihr, vers wüstete Ufer der Berezina.

War nicht der größte Theil derer , welche bey Ma lojaroslawek gefochten hatten , aus Eleud gestorben , oder nahe daran dem Uebermaaß des Unglücks zu erliegen , als man sich bey Krasnoi schlug, und erfuhren diejenigen welche bey´leßterem Orte kämpften , nicht daßelbe Loos? Brachten die unzähligen Ucbel , welche das Heer zu Boden drückten , nicht dieselbe Wirkung auf die Truppen aller Völker, aus denen es bestand , hervor ?

Wenn die

Garde längere Zeit widerstand, so geschah dieß nur, weil sie Lebensmittel erhielt , und nie die Nachhut bildete. Unterlagen diejenigen ,

welche so viele Gefechte mitges.

macht hatten, die keine Gefahr zu erschüttern vermochte, nicht eben so gut, wie die , deren erster Feldzug dieser war ?

Der 29te Tagsbefehl schloß mit den Worten :

,,Die Gesundheit Sr. Majestät war nie beßer.“ Napoleon verließ Malodeczno den 4ten · Dezember Morgens um 9 Uhr und verlegte sein Hauptquartier nach Benita.

Loison follte am folgenden Tag zu Os

zmiana ankommen, und zu Smorgoni und Miednicki bes fanden sich Besagungen.

Nachdem somit die Verbin

dung gesichert war, beschloß Napol.on , die Armee zu verlaffen und traf insgeheim Auſtalten zur Abreiſe.

Am

Steu Dezember Morgens um 8 Uhr brach er nach Smor. goui auf,

wo er Nachmittags um 1 Uhr ankam ; er

legte diesen Weg im Wagen zurück.

Nachdem er die

304 ,,und Kleider austheilen könnte.

Meine Militär-Ver

,, waltung hat für nichts gesorgt, und meine Befehle find ,,nicht ausgeführt worden." Maret legte auf diesen * Vorwurf dem Kaiser den Stand der unermeßlichen Magazine (9) von Wilna vor. Es scheint, Napoleon habe seit seinem Abmarsch keinen Bericht hierüber erhalten ; denn sein Ausruf war : ,, Sie geben mir das Leben wieder. "

Er beauftragte seinen Minister , bis zur Ans

kunft des Königs von Neapel und des Major-Generals zu bleiben ,

um diesen zu befehlen , sich wo möglich 8

Lage in Wilna aufzuhalten , um das Heer zu sammeln , bas Moralische und Physische der Armee wieder herzustel len , und es in den Stand zu setzen , seinen Rückzug in eis ner günstigern Lage fortzusetzen.

,, Sagen Sie Ihnen ,

dieß sey mein Wille , und ich zåhle darauf, daß er ers füllt werde." Nach dieser Unterhaltung , welche 1 ¼ Stunde dauerte , verließ er Wilna und reiste nach Warschau ab.

Ehe er den Wagen bestieg , richtete er noch

folgende Worte an seinen Minister :

" Ich zähle darauf,

daß es Ihnen gelingen wird , den König

von Neapel

,, dahin zu bewegen , daß der Rückzug hier eine andere Wendung nehme. Sagen Sie ihm , daß die Rettung 100 der Armee von hier ausgehen muß ; sagen Sie ihm , „ daß ich auf ihn zähle.“ ; Bis Wilkowiski setzte Napoleon seine Reise im Wa

gen fort , bier stieg er in einen Schlitten , den ihm ein polnischer Edelmann gab (a) ; langte er zu Warschau an ; ab, sprach seinen

am Morgen des 10ten

er stieg im engliſchen Hauſe

Gesandten , den Finanzminister des

(a) Dieser Edelmann bief Wibisti.

305 Herzogthums und den Präsidenten des Regierungsrathes® und reiste nach Verlauf einiger Stunden wieder ab. Sofort hielt er nur noch in Dresden an, wo er am 14ten Dezember ankam.

Er stieg bey seinem Minister ab ,

sprach den König von Sachsen und reiste nach Verfluß einiger Stunden nach Paris ab, wo er am 19ten Nachts um 11½ Uhr ankam. Der 29te Tagsbefehl war am 17ten bekannt gemacht worden. Als Napoleons Abreise in dem Heere bekannt wurs : de, brach man in laute Verwünſchungen gegen ihn aus. Er flieht, hieß es, wie in Aegypten ! er flieht, nachdem er uns geopfert hat !

Diese Klagen waren natürlich,

die Verzweiflung preßte sie aus. gerecht ?

Allein waren sie auch

Napoleons Benehmen , wenn er nur General

gewesen wäre , könnte ſchändlich genannt werden; allein ; als Chef eines großen Volks , wurde ihm dieser Weg ? durch die Politik vorgezeichnet , weil die Umstände ſeine : Anwesenheit im Herzen feiner Staaten dringend nöthig / machten,

er mochte nun den Krieg fortseßen oder einen

Frieden unterhandeln.

Ueberdieß mußte er an der Spike

eines neuen Heers in Deutschland eindringen ,

um Vere

bündete zu erhalten , die er mit Gewalt gewonnen hatte, die jedoch seine geheimen Feinde waren.

Welchen Ges

fahren sette ihn seine Abwesenheit nicht aus , wenn man erst sein Unglück erfuhr ,

da Mallet,

noch ehe daffelbe

bekannt war , mit so wenig Mitteln seine Regierung in Gefahr verseht hatte (a).

Unterdessen stieg die Kälte , welche seit dem Uebers : gang über die Berezina etwas nachgelassen hatte, vom (a) . Während Napoleons Abwesenheit war die oberße Gewals einem Regierungsrathe übertragen worden, 20

306 Sten Dezember an , auf einen unserm Himmelsstrich uns bekannten Grad. Am 5ten zeigte das Thermometer 20' unter Null, am 26ten 24º, am 27ten 26º.

Während

einer so strengen Kålte sehen sich die Bewohner des Nors R dens nur in Pelze gehüllt der freyen Luft aus. Die Wirkung derselben auf Unglückliche , denen es größtens theils an warmer Kleidung fehlte, und die ſich gendthigt sahen zu bivouakiren, war schrecklich.

Jekt sah man

nicht mehr jenen langsamen Tod , der sich unter so vers schiedenen Formen gezeigt hatte ; die Kälte riß ihre Opfer mit der Schnelligkeit des Blikes dahin ; sie traf ohne Unterschied Starke und Schwache ,

Gesunde und Sters

bende , hauptsächlich aber diejenigen , welche weniger an die Bivouaks gewöhnt waren (a).

Auf der Straße und

in den Lagerplåten lagen die Leichen haufenweise umher. Nie erlitt ein Heer einen ähnlichen Verlust ( 10).

Wile

na war der Punkt , den man zu erreichen strebte ; man wußte, daß man dort Hülfe finden würde ,

und man

hoffte , Napoleon werde daselbſt hinreichende Streitkräfte * vereinigt haben , um die Rußen aufzuhalten , und den Trümmern seines Heeres endlich einige Ruhe zu gönnen. Mitten unter so vielen Uebeln hätte der Ueberfluß an Lebensmittelu

einige Erleichterung

verschaffen können ;

allein man wollte alle Förmlichkeiten schien der Meynung ,

erfüllen , ` mant

daß die aufgelösteu Corps ſich

plöglich wieder bilden , und Leute zu den Faßungen schis den würden.

Den einzeln marſchirenden Militärs wurs

ben daher keine Lebensmittel abgegeben, ſomit litten 1920 (-) Die Division Loison , welche zu Oszmiana die Nachbus Übernahm , und damals noch 10000 Mann zählte, verlan Durch die Kälte 7000 Mann in 3 Tagen.

307

der Armee Mangel ;

die Rußen benüßten dieſen Ums

stand , denn man zerstörte nicht einmal die Magazine von Smorgoni , che man diese Stadt verließ.

An jedem

Tage fiel Gepäcke, Geſchütz und eine Menge Nachzügler, die in den an den Straßen gelegenen Dörfern zurůďblies ben , den Rußen in die Hände.

Sobald der

rußische

Soldat ankam, warf er sie hinaus , um selbst unterzu kommen , und auf diese Weise giengen sie bald zu Gruns dejzuweilen folgten ſie der rußischen Colonne , bis es einem Kesacken gefiel , den Augenblick ihres Lodes zu beschleunigen , indem er sie ihrer Kleider beraubte. Wenn hie und da ein Offizier von dem Gefühl der Menschlichkeit bewegt ,

durch sein Ansehen vermittelud einſchreiten

wollte, begnügte sich der sonst so unterwürfige rußische Soldat mit dem Ausrufe: ,, Moskau ! Moskau ! " wo mit er auf die Verbrennung dieser Stadt auſpielte, die man den Franzosen zugeschrieben hatte. Indessen muß zu gegeben werden , daß die Sprengung des Kremls und der Mauern von Smolensk , die Verbrennung des Pas lasts der Ezaaren , und alles dessen, was man seit dem Marsch von Moskau nach Smolensk erreichen konnte, die Niedermachung der rußischen Gefangenen, welche nicht nachkommen konnten, wohl geeignet waren, den rußischen Soldaten in seiner Meynung zu bestärken und ihn uns erbittlich gegen die französischen Gefangenen zu machen. Die Zahl derselben war überdieß so groß, daß die Rußen sich nicht einmal die Mühe nahmen , sie beysammen zu halten ;

und selbst wenn man ihnen hätte Unterhalt ge

ben können , so war ihre Gesundheit in einem Zustande , die ganz andere Hülfe erheiſchte,

20 .

308 Napoleon hatte folgende Instruktionen zurůɗgelaſs fen, die Murat in seinen 1 militärischen Operationen zur Richtschnur dienen sollten. Napoleon an den Major - General. Beniza ben 5ten Dezember 1819. " Mein Vetter! Zwey oder drey Tage nach meiner

Abreise wird man beyfolgendes Dekret (a)

der Armee

,,bekannt machen ; man wird das Gerücht verbreiten, daß , ich mich nebst dem Oestreichischen und dem 7ten Corps „ nach Warschau begeben habe.

Fünf bis sechs

,,barauf, je nach den Umständen , Neapel

einen Tagsbefehl

Tage

wird der König von

herausgeben , worin er der

„ Armee bekannt macht , daß da ich mich nach Paris bes ,, geben habe, ihm der Oberbefehl anvertraut ſey ; daß er ,,hoffe, Generale , Offiziere und Soldaten werden ihm jenes Vertrauen schenken , welches seine Anhänglichkeit N an den Kaiser und seine Dienste verdienen 2c. , daß er , es ſich zur Pflicht machen werde, dem Kaiser bey seiner. „ ,,Rückkehr diejenigen Offiziere zu nennen , welche ihn in •, dieser Beziehung am kräftigsten unterstüßt haben.“. Unterzeichnet Napoléon. Napoleon an den Major - General. Beniga den 5. Dezember 1812. Mein Vetter! In der Anlage sende ich Ihnen

" eine Instruktion zur allgemeinen

Wiederorganisation

des Heers ; der König von Neapel wird diejenigen Abe

" ånderungen darin anbringen , welche die Umstände ero

(a) Das hier erwähnte Decret war Murats Ernennung. Man konnte es der Armee nicht bekannt machen , weit dieselbe aufgelöst einherzog.

309 heischen.

Nach meiner Ansicht wird es nöthig seyn ,

», die Littauer zu Kowno , das 5te Corps zu Warschau , „ die Bayern zu Grodno , das 8te Corps und die Würe ,, temberger zu Olita, die kleinen Depots zu Merecz und Olita, die unberittene Reiterey zu Warschau und Kds

" nigsberg , so wie auch das Trainpersonale und das mie ,,litärische Fuhrwesen , die keine Pferde mehr haben , in

" lettern beyden Städten zu organisiren.

Uebermorgen

" sollen alle Reiter-Remonten von Wilna nach Königss „berg aufbrechen ;

die diplomatischen Agenten sollen an

,,demselben Lage abreifen ;

alle verwundeten Generale

" und Offiziere werden gleichfalls

nach Warschau und

Königsberg gesendet , wobey ihnen die Nothwendigkeit, Wilna zu räumen vorzustellen ist ,

damit der active

,, Theil des Heers daselbst untergebracht werden könne. " Man versichert der Schaß von Wilna sey beträchtlich. Befehlen Sie, daß Summen davon nach Warschau und Königsberg nach Maasgabe des Bedarfs gesendet werden . " Alle Befehle endlich, welche die Räumung Wilnas beabs „ſichtigen , sollen morgen gegeben werden , weils dieß aus „ mehreren Gründen von Nußen ist.“ Unterzeichnet Napoleon. Instruktion. Smorgony den 5ten Dezember 1810. „ Die Armee zu Wilua sammein , diese Stadt bes „ haupten und Winterquartiere darin nehmen ; die Defte ,, reicher

am

Niemen

decken Brezsc,

Grodno ,

War

" ! schau ; die Armee Wilna und Kowno ; falls das feinde liche Heer sich in Marsch setzt , und man sich nicht ,, dißeits des Niemen halten zu können glaubt , decke der rechte Flügel Warschau und wo möglich Grodno ; der

310 Rest der Linie hinter dem Niemen in Linie, Kowno „als Brückenkopf besetzt.

Anlegung großer Mehl-Ma-

„ gazine zu Königsberg, Danzig, Warschau, Thorn. Wile ,, na und Kowno vollkommen räumen , um in den Bewe „ gungen ungehindert zu seyn.

Das Koſtbarſte der daſelbſt

,,befindlichen Gegenstände wird auf Danzig dirigirt.” Unterzeichnet Napoleon. Man sieht hieraus , daß Napoleon die Hoffnung beg te, zu Wilna Halt zu machen ,

was nur in dem Falle

möglich war , wenn der Feind im Verfolgen nachließ. Seit dem Eintritt der strengen Kålte ,

gieng der

Rückzug rascher von ſtatten , oder richtiger , der Rückzug verwandelte sich in eine Flucht.

Am 6ten war das Haupt.

quartier zu Dezmiana , am 7ten zu Miednicki , am 8ten ju Wilna.

In letzterer Stadt langte Murat Morgens

um 11 Uhr an , und nahm seine Wohnung in dem Pallaste. Hier übermachte ihm ( 11 ) Maret die neuen In struktionen des Kaisers.

Auch mit Berthier hatte dieser

Minister eine Unterredung über denselben Gegenstand , worauf er am 9ten Morgens um 11 Uhr nach Warschau abgieng.

Die Agenten des diplomatiſchen Corps waren

ihm zwey Tage dahin vorausgegangen (a) , sie waren erst in dem Augenblick ihrer Abreise , als ſie die Haufen eins selner Militárs sahen , welche vorauszogen und in Wilna ankamen , aus dem Irtrhum gezogen worden, in welchemſie Maret erhalten hatte. Das Staunen der Einwohner dies fer Stadt (12) , welche noch an die Existenz der großen

() Die Agenten des biplomatischen Corps waren am Morgen des 7ten in aller Eile nach Warschau abgereist.

311 Urmee glaubten , war ohne Gleichen. Häufer und Kauflåden geöffnet ,

Anfangs blieben

bald jedoch wurden fie

aus Furcht vor Plünderung geschloßen.

Auch hier wollte

man , wie früher, die Faßungen mit Ordnung betreiben, und so herrschte Hunger mitten im Ueberfluß.

Die Sols

daten entdeckten indeſſen einige Branntwein- und Zwies back-Magazine, welche sie plünderten , während die Juden durch Verkauf von Lebensmitteln zu gewinnen suchten. Bald füllte sich die Stadt mit einer Menge Soldaten , welche der Meynung war , mau werde einige Zeit zu Wilna Halt machen.

An dem Thor von Minsk , durch-

welche das Heer einzog , herrschte immerwährende Stor ɗung. Die Nachhut vermochte den nachfolgenden Feind nicht, wie man gehofft hatte,

aufzuhalten , und der Rest von

Victors streitfähiger Mannschaft löste sich zu Smorgoni vollends auf.

Dieser General machte mit der Diviſion

Loison und der neapolitanischen Reiterey von Oszmiana bis Rukoni,

einem 3 Stunden von Wilna gelegenen

Dorfe, die Nachhut.

Wrede schloß sich am 9ten mit

Lages Anbruch an die Armee an ; er zählte noch 2000 Manu unter den Waffen , und hatte noch einiges Geschütz ero halten. Sofort ward Ney mit der Leitung der Nachhut be auftragt , die aus Wredes Corps und der Division Loison, den

einzigen Truppen nebst deuen der Garde , welche

noch bewaffnet wareu , gebildet wurde.

Wrede , welcher

allein zu Rukoni blieb , sollte sich daselbst so lange als möglich halten.

Er ward jedoch bald durch eine zahlreis

che Reiterey fangegriffen ,

aus 12 auf Schlitten befind,

lichen Geschützen beschoßen und gezwungen ſich zurůɗzu, ziehen.

Nachmittags um 2 Uhr ließ sich auch zu Wilna

312 Geschüt hören , und verbreitete daselbst Bestürzung. Ney 1 konnte kaum 600 Mann der Division Loison (a) zus fammenbringen ; gleichwohl gelang es ihm ,

mit diesen

wenigen Truppen und mit dem Ueberrest von Wredes Corps , sich auf der Hdhe , welche Wilna auf der Seite gegen Minsk beherrscht, zu behaupten, weil er nur Reis Während der Feind auf der terey gegen sich hatte. Seite von Minsk angriff,

ward

die auf der andern

Seite von Wilna gelegene Vorstadt von Kosacken anges fallen ; eine Abtheilung der Garde wieß sie zurüď. Sobald der Feind sich vor Wilna zeigte ,

verließ

Murat diese Stadt mit einer Eile , welche die Unordnung noch vermehrte, und verlegte sein Hauptquartier in ein Kaffeehaus ,

das

einen

Büchsenschuß von der

Vorstadt auf der Straße nach Kowno liegt. lagerte sich um dasselbe.

Die Garde

In diesen mißlichen Umständen

versäumte Murat die Pflichten eines Ober-Befehlhabers, und zeigte sich niedergeschlagen ; sein Muth , den keine Gefahr seither zu bändigen vermochte, beugte sich unter die Härte des Schicksals.

An

diesem Abend wurden

folgende Briefe an Davoust und Ney abgefertigt ; sie schildern die Lage der Dinge beßer ,

als Alles was ich

fagen könnte. Der Fürst von Neufchatel und von Wagram

an den Herzog von Elchingen. Wilna den gten Dezember 1818.

,,Da der General Wrede in seinen Stellungen forcirt wurde und jetzt an den Thoren der Stadt steht , und da

(a) Die Division Loiſon zählte an diesem Tage noch gegen 1500 Mann unter den Waffen , allein die meisten waren in Wilna aus einander gelaufen.

313

die Division Gratien ( a) Sie nicht in den Stand gesetzt bat , ihn zu unterstüßen und den Feind zurückzudrängen, " so hat der König sein Hauptquartier in der Nähe des Thors von Kowno bezogen , wo sich die Garde um ihn gesammelt hat; Se. Majestát hat die Absicht , sich more gen Früh um 4 Uhr mit der kaiserlichen Garde in Marſch zu sehen , chen ,

um so schnell als möglich Kowno zu erreis

die Flüchtigen und einzeln Marschirende zu ſam-

meln und daselbst Stellung zu nehmen.

Sie werden mit

den Divisionen Wrede und Loison fortwährend die Nach. hut bilden.

Lassen Sie diese Nacht so viel wie möglich

das Geſchüß und besonders den Schaß aufbrechen. Unter den gegenwärtigen Umständen muß der König so schnell als möglich, Kowno zu erreichen suchen. · Thun Sie in unsern unglücklichen Tagen , wo die Frenge Kälte das Heer vollends aufgelöst hat, Ihr Möglichstes.

Der König

ermächtigt Sie ,

vor Ihrem Ab-

marsch, an den feindlichen General zu schreiben , und ihm unsere Kranke zu empfehlen.“

Unterzeichnet Alexander. Der Fürst von Neufchatel und von Wa, gram an den Grafen Daru.

Wilna den gten Dezember 1812. ,,Der König hat sein Hauptquartier an die Barriere nach Kowno verlegt.

Der Herzog von Elchingen bildet

den Rückzug und wird morgen ſo ſpåt als möglich aufbrechen. ren.

Lassen Sie den Schatz in der Nacht abmarſchi,

Ich habe den General Eble ermächtigt,

nöthigens

(*) Der Brigade- General Baron Gratien hatte den krank gewordenen General Loison erfekt.

314 falls Artillerie-Pferde abzugeben. bieten , um ihn zu retten.

Man muß Allem auf.

Heute Nacht soll er an die

Barriere von Kowuo gebracht werden , von wo aus wir ihn geleiten lassen wollen.

Lassen Sie ohne langwierige Adminiſtrations-Formen und reichlich sowohl Lebensmittel als Kleidungss stücke an alle diejenigen austheilen , welche dergleichen verlangen, weil die Stellung des Feindes uns nicht hoffen läßt, daß wir den morgenden Tag noch Wilna be haupten werden.

Schließen Sie sich) dieſe Nacht an das

Hauptquartier an , und sehen Sie alles in Bewegung, um möglichst viele Gegenſtånde nach Kowno zu schaffen.“ Unterzeichnet Alexander. Die Vorschrift hinsichtlich der Magazine war uns ausführbar , weil man in der Nacht abmarschirte ;

Ma

ret hätte befehlen sollen , fie auf der Stelle preiszugeben, und sie in dem Augenblick ,

wo

raumte, in Brand zu stecken .

Noch an demselben Tage

die Nachhut Wilna

wurden an die Generale Schwarzenberg und Macdonald Befehle abgefertigt ; Napoleons ,

Berthier ertheilte sie im Nahmeu

als ob dieser noch anwesend gewesen wåre ;

er setzte sie in Kenntniß ,

daß, die Armee wahrscheinlich

über den Dnieper zurückgehen werde , um Winterquar. tiere an diesem Fluß zu beziehen ;

er leitete hieraus die

Nothwendigkeit ab , daß Schwarzenberg ſich auf Biali. stock, um das Großherzogthum Warschau zu decken , und Macdonald auf Tilſit zurückziehen müße , um sich der neuen Operations -Linie zu nähern ; er schärfte ihnen ein, diese Bewegungen so langſam als möglich zu

vollziehen.

Am 10ten Dezember Morgens um 4 Uhr sehte sich Murat in Marsch ; die ganze Armee, mit Ausnahme eio



315 niger polnischen

Truppen - Abtheilungen

die

man über

Nowoi - Troki nach Olita dirigirte , folgte der

Straße

Berthier, Eugen, Davoust, Lefevre, Mor, tier und Bessieres begleiteten Murat ( a) , die Garde nach Kowno.

. rie Infante

Das Heer zählte nur noch 4300 Kom-

escortirte ihn.

Bezeichnung der Corps.

600 Alte Garde • 100 Junge Garde Wrede's Corps und die Division Loison 2300 tes, ates, 3tes, 4tes 300 und gtes Corps. 2300 | Susammen

Reiterei .

battanten die folgenden Corps angehörten :

Bemerkungen.

800 CO

200 --G Diese 300 Mann marſchirten mit dem Hauptquar 1000 tier und escortirten ihre Adler.

Anderthalb Stunden von Wilna führt

Seit dem 9ten

å ber den steilen Hügel von Ponary. hatte hier alles gestockt ,

so daß ,

die Straße

als die Armee an

kam, es selbst den Reitern und Fußgängern unmöglich ward

ihren Marsch fortzusetzen ;

sie

rechts und links von der Straße durch den Wald Bahn zu brechen.

waren genöthigt

abzugehen und sich An dem Engpaß

son Ponary mußte man den Rest der Artillerie und des Gepäcks , die chen ,

aus Moskau mitgenommenen Siegeszeis

die man bis hieher gebracht hatte ,

Napoleons

Equipagen und etwa 10 Millionen gemünztes Geld zue rücklaßen, welches lettere von den Soldaten geplündert

( ) Murat und Berthier reisten zu Wagen.

316 wurde.

Auch eine Menge verwundeter und kranker Ofs

fiziere, welche so glücklich gewesen waren ,

ihre Wagen

zu erhalten, blieben hier zurück ( a). Ihr Loos war das grausamste ; sie sahen den Tod langſam herannahen, der fie schon lange Zeit bedrohte , und der sie in dem Augenblick erreichte , als sie den Hafen zu erreichen hofften. Ney verließ Wilna mit Tagesanbruch, worauf die Kosacken sogleich in diese Stadt eindrangen ; ſie war die einzige , welche auf dem ganzen Wege von Moskau vers schont blieb , sogar war dieser für Littauen so verderblis che Krieg von großem Nußen. für sie ; ohne Zweifel vers dankte sie ihre Rettung ihren dauerhaft erbauten Haus fern (b) , der Anwesenheit von Offizieren bey allen Eins wohnern, und besonders der strengen Polizei, welche seither gehandhabt worden war , und die noch mitten unter diefen jammervollen Umständen fortwirkte.

Wilna faßte

in dem Augenblick als Ney sie verließ,

gegen 20000

Verwundete , Kranke und durch die Kälte Verstümmelte. Die unerhörten Anstrengungen , um eine Stadt zu ers reichen, wo sie die Hülfe zu finden hofften ,

welche ihr

Zustand erheischte , hatten ihre Kräfte vollends erschöpft. Seit dem Abmarsch von Wilna ward der Armée noch rascher.

die Flucht

Am 10ten gieng Murat dis

(*) Der Engpaß von Ponary wåre leicht zu umgehen gewesen , weil man die Straße nach Novoi - Troki hätte einschlagen. können ; diese Straße führt über ebenes Feld , bietet nur wenig Schwierigkeiten dar , und von Troki erreicht man leicht die große Straße von Wilna nach Kowno , nach Ewe oder nach Jimory. (b) Alle Häuser und öffentliche Gebäude in Wilna find von Backsteinen erbaut.

1 317 Ewe und am fiten Abends um 7 Uhr erreichte er Rums, ziki; hier machten die Garde und die Marschalle Halt , allein Murat setzte seinen Marsch fort bis Kowno , er um

Mitternacht aukam.

trächtliche Magazine Silber, welche

und

Diese Stadt enthielt bes 2½ Millionen

man aus Mangel

schaffen versäumt hatte.

wo

gemünztes™

an Vorsicht fortzu

Kowno war kaum gegen einen

Ueberfall gedeckt, besonders seit der Niemen und die Wi lia gefroren waren.

42 Geſchüße , von denen 24 bes

spannt waren (a) ,

nebst einer Besatzung von 1500

Mann neu

ausgehobener

fich daselbst.

deutscher

Truppen

befanden

Anfangs hoffte Murat , Kowns so lange

zu behaupten , bis der Feind Infanterie zeigen würde , bald jedoch erkannte er die Unmöglichkeit dieses Plans. Der Niemen , welcher gefroren war , konnte allenthalben ohne Schwierigkeit überschritten Kowno

nebst

der

werden ;

daher

ware

unzulänglichen Besaßung , die man

Darin þåtte zurücklaffen können , bald eingeschlossen und zur Uebergabe gezwungen worden. ähnlichen Glückswechsel !

Sah man je einen

Die Trümmer

von

500,000*

Mann , welche vor Kurzem den Niemen als Sieger überschritten hatten , wurden jezt von einer Abtheilung 1 Murat hoffte Reiterei über denselben zurückgeworfen. indeffen , Ney werde sich am 13ten und 14ten zu Kowe

(a) Sechszehn von diesen 24 bespannten Geschüßen gehörten der Division Loison, ſie befanden sich im Marsch zu ihrer Division als die Armee Wilna verließ. Murat begegnete ihnen bei Ewe und ließ sie sogleich umkehren in der Ueberzeugung, daß , wenn er sie der Nachhut zutheilte , fie dem Feinde in die Hände fallen würden , shne daß ſie irgend von Nugen , wären.

318 no halten können , er für seine Person hatte jedoch bes schlossen, am folgenden Tag mit der Garde aufzubrechen. Am Nachmittag wurden 9 Geſchüße bis

Alexioten auf

einer Höhe, welche Kowno beherrscht, aufgefahren.

Am

Abend bezog die Garde daselbst ein Lager. Tschitschagof hatte zu Wilna Halt gemacht. Platon allein verfolgte die Franzosen mit seinen Kosacken, einiz gen Reiter-Regimentern und 15 Kanonen auf Schlitten. Ney , ohne Geschüß , ohne Reiterei , jeden Tag einen Theil feirer schwachen Nachhut verlierend, unaufhörlich von der feindlichen Reiterey

eingeholt und von ihrem

Geschütze beschoßen , vermochte die Verfolgung nicht auf. zuhalten ; er ward genöthigt raftlos zu marschiren.

Am

12ten Nachmittags um 2 Uhr erreichte die Garde und der ganze Haufen, der um gedeckt zu seyn mit derselben einherzog, Kowno. In dieser Stadt, bereits überfüllt mit einzelnen Militárs ,

ſtockte sich nunmehr alles.

Bald

zeigte sich die größte Unordnung , die Magazine wurs den geplündert und an mehreren Stellen brach Feuer aus. Am 13ten Morgens um 5 Uhr verließ Murat Kowno, und bewegte sich über Gumbinnen mit der Garde und 4 Geschützen von den auf der Höhe bey Alexioten aufgefahrenen ; er ließ eine schwache Abtheilung bey den 5 andern zurück , um jene Höhe zu besetzen. Ney , der am Abend des 12ten beym Eingang in den Engpaß von Rumsziki Halt gemacht hatte , brach am 13ten vor Tag auf und kam noch vor Mittag mit etwa 1000 Kombattanten , die ihm geblieben zu Kowno an

waren ,

Während den leht verflossenen 3 Lagen

fiel reichlicher Schnee und die Kälte war immer noch sehr groß ; die nehmlichen Widerwärtigkeiten drückten das

319 Heer zu Boden , und wurden durch die schnelleren Mårs sche noch vermehrt. Ney , statt nach dem erhaltenen Befehl sich 2 Tage in Kowno zu halten, konnte sich darinn nur durch seine außerordentliche Thatkraft bis zur Nacht behaupten.

In-

nerhalb der an mehreren Orten brennenden Stadt herrschte die äußere Unordnung und Verwirrung ;, die Plünde rung der Branntweinmagazine hatte vieles hiezu beige tragen; die Straßen waren mit betrunkenen Soldaten und mit Leichen Erfrorener angefüllt.

Der größte Theil

derjenigen Soldaten, welche seither ihre Waffen getragen hatten ,

durchzog die Stadt , um zu plündern , oder in

den Häusern Schuß gegen die Kälte zu suchen.

So war

Die Lage der Dinge beschaffen , als Platow auf der Hdhe von Alexioten (a)

eine Batterie

auffahren ließ

Nachmittags gegen 2 Uhr sein Feuer eröffnete.

und

3u gleis

cher Zeit beschoß er die Brücke über den Niemen , An die über die Wilia , und das Thor nach Wilna. Meßterem Orte war das Positions-Geschütz in Folge eis nes Mißverſtändnißes vernagelt worden , und 80 Res kruten , die mit der Vertheidigung dieses Postens beauf tragt waren, entflohen. keinen Widerstand fand ,

Da der Feind auf diesem Punkt ließ er eine Reiter-Abtheilung

absihen , und gegen Kowno vorrücken ; allein es gelang Ney mit Gerards Unterstügung ,

einige Soldaten zu

fammeln , einige Geschüße auf den Wall zu bringen , und den Feind abzuweisen , welches Resultat man mehr

(a) Die von Murat auf den Höhen von Alexisten zurückgelasfene Batterie nebk den Truppen hatten ihren Rúdkzug bewerkstelligt .

320 der Kühnheit des französischen Generals ,

als seinen

Zu derselben Zeit.

wahren Kräften beyzumessen hat.

sammelte Marchand (a) gleichfalls einige Truppen und griff die Höhe bei Alexioten an ,

deren er sich bemäch-

tigte, ohne sich jedoch daselbst behaupten zu Die Nacht zog Ney aus seiner mißlichen

können.

Lage ; der

Feind besetzte alle Straßen , welche nach Kowno führen, mit Ausnahme der von Tilfit auf dem linken Niemen Ufer.

Der Rückzug war dringend ,

Ney bewerkstelligte

ibn Abends um 9 Uhr , nachdem er alle Vorräthe hatte vernichten , und die Brücke über den Niemen und die Wilna in Brand stecken laßen. An streitfähiger Manns schaft hatte er nur noch 2000 Mann , mit denen er Ans fangs die Straße nach Gumbinnen über Alerioten und. Schrance, wie ihm befohlen war ,

einschlagen wollte ;

er hoffte vermittelst der Nacht seine Streitkräfte zu vers bergen , allein der Soldat von Kälte und Strapazen ers schöpft, weigerte sich , dem Feind gerade zu entgegen zu rücken. Ney marschirte daher den Niemen hinauf, wen dete sich links mitten durch den Wald von Pilwiski und dirigirte sich auf Schirwindt, wo er auf die Straße nach. Gumbinnen kam. In dem Walde mußte er die Artilles rie der Division Loison , welche er mitgenommen hatte, ftehen lassen.

AmJ 14ten zählte das Heer noch 400 Mann Infanterie der alten Garde und 600 Manu Reiterey der Garde ,

mit Inbegriff der mit

Marsch Regimenter.

Die Corps

denselben vereinigten bestanden nur noch

(a) Die Divisions - Generale Gerard und Marchand waren unter Neys Befehle gestellt worden , um ihn in der Ver theidigung au unterstügen.

321 aus ihren Ablern, die durch einige Offiziere und Untere offiziere geleitet wurden ( 14).

Die ganze Artillerie zählte

9 Kanonen, die man aus Kowno abgeführt hatte. (a). Murat

hatte sein

Hauptquartier am

13ten

zu

Schrance gehabt ; am 14ten war er zu Wirballen , am 16ten zu Gumbinnen , am 19ten zu Königsberg.

Als

die Preußen die Armee wieder sahen , hielten sie dieselbe anfangs für einzelne vorausmarschirende Militårs , allein bald wurden sie aus ihrem Irrthum gezogen und nun zeigten sie den Haß offen , der sie gegen die Franzosen beseelte. Platom håtte ungehindert bis Königsberg vordrin gen können ,

wo sich damals nur sehr wenig Truppen

befanden , wenn er nicht Befehl erhalten håtte , an der preußischen Grenze Halt zu machen : dadurch genoß das7 französische Heer, dem es , sobald es diesen Boden bes trat ,

an nichts mehr fehlte , der lang entbehrten Ruhe

zum erstenmal seit dem Abmarsch von Smolensk.

Neué

Erleichterung ward ihm durch das Abnehmen der Kälte Murat benutte die gegen das Ende des Decembers. Ruhe , die ihm der Feind licß , um die Trümmer der verschiedenen Corps an folgenden Orten zu sammeln : die des 5ten zu Warschau, des 6ten zu Plotzck, des ersten und 8ten zu Thorn , des 2ten und 3ten zn Marienburg des 4ten und 9ten zu Marienwerder , die Garde besetzte Ins

(a) Von allen franzöfifchen Corps die bis Moskau kamen , oder sich an das Heer anschloßen , brachte nur das gte Geschüs zurück , weil es die Armee zu Malodeczno verließ, sich über Olota dirigirte , von dort an nicht mehr verfolgt wurde, und sich reichlich mit Lebensmittel und Fourage versehen Tonnte. 21

322 sterburg, wo sie bald durch die Division Heudelet (b) des 11ten Corps abgeholt werden sollte ; deren erste Bris gaden man am 22ten zu Königsberg erwartete.

Wir haben gesehen , daß die Kosacken sogleich nach dem Abmarsch der Franzosen in Wilna eindrangen ; sie plünderten sogleich jenen Haufen Unglücklicher ,

der alle

Kirchen , Schöpfe und abgelegenen Orte änfüllte und häufig nahmen sie ihnen sogar alle oder einen Theil ih rer Kleider.

Die Juden zeigten bei dieser Gelegenheit

eine um so gehäßigere Grausamkeit , weil sie nur durch die zugelloseste Raubgier geleitet wurden.

Sie verriethen

die Franzosen den Kosacken und verjagten sie von ihren Zufluchtsorten.

Tschitschagofs Vorhut kam am Nach-

mittag und dieser General selbst (15) den andern Lag mit seinem Corps an. Ich habe gesagt , daß Kutusow sich auf Radoszkos woczi dirigirte , um dort die Straße von Minsk Wilna, einzuschlagen .

nach

Er kam am 6ten Dezember , das

ſelbſt an und erfuhr das Erscheinen österreichischer Truppen - Abtheilungen

in der Gegend

von

Nieświj

Slug und Schwarzenbergs Marsch auf Slonim. Hertels

Corps ,

das sich von

Minsk

auf

und Da

Slonim

dirigirte , unzulänglich war , um gegen die Desterreicher Stand zu halten , so

orduete

Kutusow dem General ·

Miloradowitz zwei Infanterie-Corps und ein Reiter-Corps unter,

und befahl ihm , sich mit diesen Streitkräften

über Wolojin nach Grodno zu bewegen : Seine * Absicht war , die Desterreicher durch Bedrohung ihrer , linken Flauke zum Rückzug zu zwingen.

Mit dem Rest seines

(b) Die Division Heudelet (3ote) war etwa 14000 Rekruten stark und hatte 20 Geschüße bei sich.

323

Heeres fuhr er fort, der verwüsteten Straße nach Wilna zu folgen.

Am 7ten Dezember war sein Hauptquartier

zu Malodejno , am 8ten zu Smorgoni , am 9tẻn zu Oszmiana und am 13ten zut Wilua. Am 14ten Des zember verließ Tschitschagof diese Stadt , um sich über Nowoi- Troki an den Niemen zu bewegen ;

er erreichte

diesen Fluß am 18ten und bezog in der Gegend von Gezs na und Prenn Cantonirüngen.

Am 16ten war Kutus

sows Armee in Wilna und der Umgegend vereinigt , und bezog daselbst Cantonirüngen.

Wittgenstein ließ

Wilna linke und dirigirte sich über Roffcena auf Tilsit, um wo möglich Macdonald den Rückzug abzuschneiden. Kutusom war der

Meynung ,

der Zustand seiner

Armee erfodere daß er halt mache.

Die große Kälte ,

die unausgesetzten Märsche und Bivouacs und die Ents behrungen auf der verwüsteten Straße , der er gefolgt war ,

hatten ihm folchen Verluſt beigebracht , daß ſein

in den Treffen bei Krasnoi

noch so zahlreiches

schönes Heer kaum noch 35000 Mànn zählte. Tage nach der Ankunft

und

Wenige

der Rüßen zu Wilna füllten

18000 Kranke, von denen ein großer Theil durch die Kälte gelitten hatte , die dortigen Spitaler. Das ganze rus Bische Heer zählte um diese Zeit etwa noch 100000 Come battanten die folgendermaßen vertheilt wären : • 35000 Mann Kutusows Heer

Wittgensteins Heer

15000

Tschitschagofs Heer

$15000

Corps ünter Sacken , Hertel 2 . Besatzung von Riga Zusammen

25000 10000 100000 Mann.

Die anhaltende Kälte ſeit dem 16ten Dezember war 21-

624 für die Franzosen verderblicher als für die Rußen gewes fen; allein unter dem militärischen Gesichtspunkt war fie Napoleon günstig ; denn wenn sie eine größere Menge Soldaten in dem franzöſiſchen Heere zu Grunde richtete, fo waren die meisten derselben doch etwas später zu Gruns de gegangen oder in Feindes Hände gefallen.

Im rußis

schen Heere dagegen erreichte sie lauter gesunde Soldaten, und zwang Kutuſow,

Halt zu machen ,

wodurch die

Trümmer des französischen Heeres gerettet wurden. Aufenthalt

des rußischen Generals

glücklichste Ercigniß für Napoleon ,

Der

war übrigens das denn

erwartete die Rußen mit Sehnsucht ,

Deutschland

allein es gehörte

demjenigen , der es zuerst besetzte , und Napoleon hatte die Gewißheit die Völker dieses Landes in seinem Bünde niß zu erhalten , wenn er den Rußen mit einem orgas nisirten Heer daselbst zuvor kam. Wir haben gesehen ,

daß Alexander

nach einem

kurzen Aufenthalt zu Moskau sich nach Petersburg bes gab

und raftlos sich mit Organisirung der Mittel bes

schäftigte ,

welche die Ergebenheit seiner Völker

zur Verfügung stellte.

ihm

Der Erfolg krönte seine Arbeiten.

Die Streitkräfte der Rußen , Anfangs schwächer als die der Franzosen , wurden daher bald gleich , und überſties gen sie endlich.

Die Rußen hatten Erfolge

die sich noch`schneller folgten , als ihre

erhalten

Unfälle , und

ohne Kutuſows Ungefchicklichkeit , håtten Napoleons und feiner Heere Schicksale bei Wiazma , Krasnoi und an Alles war daher zur der Berezina ihr Ende erreicht. Fortsetzung des Kriegs vorbereitet , und Alexander hatte befchloffen ,

an der Spiße seiner Heere zu erscheinen.

Seine Anwesenheit bei derselben war

nothwendig , um

325 die Thätigkeit in den Operationen zu erhalten , welche ein alter General in Folge der verminderten Gefahr gerne verzögert hätte.

Seine Anwesenheit

den Unterhandlungen mit

war auch wegen

den deutschen Regenten nd

thig , die auf seine Unterstützung rechneten , um ihre Staaten oder ihre Unabhängigkeit wieder zu erlangen. Alerander verließ Petersburg am 18ten Dezember und traf am 22ten zu Wilna ein. ihu mit lauter Freude. ihn verrathen hatten ,

Sein Heer empfieng

Die littanischen Großen , erwarteten voll

die

Bangigkeit die

Entscheidung ihres Schicksals ; er konnte sie mit dem Gewicht seiner Rache erdrücken , allein er behandelte fie mit einer Gnade , auf die sie nicht gefaßt waren , ins dem er ihre Verirrung ohne Zweifel deßhalb entſchuldige te , weil sie in einer edelu Erinnerung ihre Quelle hatte.Dieser Monarch richtete seine größte Sorgfalt auf die Gefangenen ; Fünftel

ihr Loos war schrecklich :

waren bereits unterlegen ,

mehr als vier

wie ihre in allen

Der ihren Lei hunge umherliegend Stadt allen der r würde en den bestätigten. Theilen ein Ende gemacht haben , wenn man nicht Zwiback an fie ausgetheilt håts te ; allein in der Unordnung , Ankunft

welche nothwendig der

einer Armee unter solchen

hatte man vergessen , ihnen Holz (a) anderer Art zu geben ; zu ihrer Bewachung

Umständen folgt , noch irgend Hülfe

die Kosacken und öft selbst die

aufgestellten Soldaten warfen fich

(a) Daß es zu Wilna an Holt fehlte , rührt daher , daß man die Schiffahrt auf der Wilna während des Aufent halts der Franzosen daselbst aus dem Grunde eingestellt hatte, weil sie den Handel mit einer zu großen Auflage belegen wollten,

326

über fie her, and plünderten fie aus.

Das Kloster

Sanet Bafilius (a) bot den schrecklichsten Anblick dar. Hier lagen die Unglücklichen haufenweise übereinander, in gefrorenen , durch den Brand (b) der Glieder anges steckten Zimmern, mitten im eigenen Unrath ; um sie her mehr als 6000 Leichen in den Höfen, wohin man sie aus den Fenstern geworfen hatte ,

aufgehäuft , und auf den

Treppen , wo viele diefer Unglücklichen den Tod fans den. Eine furchtbare ansteckende Krankheit war die Folge dieser grausamen

Behandlung ; bald verbreitete

sich diese , von dem Ort, wo sie entstanden war bis mitten in das rußische Heer aus und wüthete unter demselben.

Dieß war das Loos der Gefangenen ,

alg

Alexander , der nur sein Herz zu Rathe zog , sich mit eigenen Augen

von ihrer Lage überzeugen wollte ; er

wagte es , in diesen angesteckten Schreckens - Aufenthalt zu dringen, wo die verpestete Luft mit den Keimen der Epidemie geschwängert war.

Welcher Anblick für einen

(a) In diesem Kloster wurden die Gefangenen untergebracht ; an dem Thor befand sich eine Wache, die keinen heraug ließ. Bis zu Alexanders Ankunft waren ſie ohne Feuer ohne Wasser, ohne Stroh, und ohne alle Hülfe. Jeden Mors gen warfen frahe Soldaten die Leichen derer aus den Fenstern , welche in der Nacht oder den Tag vorher gestorben waren. Diejenigen Gefangenen , welche man bei den Einwohnern , in den benachbarten Dörfern fand , oder auf der Straße von Kowno einbrachte , kamen an die Stelle der Todten. Es wurden einige Zwibacke unter fie ausgetheilt , allein der Schnee, mit dem der Hof angefüllt war , war das ein, aige Mittel, den Durft derer zu löschen , welche Kraft gee nug hatten , in diesen Hof herabzufteigen.

(b) Der Brand zeigt sich bald nach der Erfrierung Gliedes.

eines

327

Regenten , in deßen Ohr noch der laute Zuruf des Sier ges wiedertônte, noch thun

Was immer der rußische Monarch

möge , diese Handlung wird eine der schöns

ften seines Lebens feyn. Alerander tief bewegt von dem beklagenswerthen Loos der Unglücklichen (a ) bestimmte Saint-Priest (b) einen seiner Adjutanten , um für die Gefangenen Sorge A zu tragen. Saint - Priest entsprach des Kaisers Erwars tung ; er theilte Geld aus , ließ den Gefangenen/- den ihnen ausgeworfenen Sold bezahlen , hörte ihre Klagen und richtete Spitåler ein , wo sie eben so gut behandelt wurden , als die rußischen Kranken. Unterbeffen war Macdonalds Irrthum in Beziehung auf die Lage der Armee von Moskau von kurzer Dauer. Er erfuhr Anfangs , fie A babe sich mit größter Eile auf Wilna zurückgezogen ; bald darauf , sie habe diese Stadt ; verlassen und werde ohne Zweifel über den Niemen zus rückgehen.

Unter diesen Umständen durfte Macdonald

feinen Nückzug nicht länger aufschieben ,

ohne sich auss

zusehen , weil sich die Rußen mit überlegenen Streite kråften auf Tilſit bewegen konnten ; er berief daher die Division Grandjean zurück um sie bei Bauske zu vers einigen ; York hielt

Mitau besett ; das Hauptquartier

(a) Auch der Großfürst Constantin folgte dem Beispiele feines Bruders , er unterstügte mehrere Gefangene aus eigenen Mitteln , ließ einige in seinen Zimmern verpflegen , und wåre beinabe das Opfer seiner Menschlichkeit geworden ; er wurde angesteckt , allein sein starker Körperbau fieste balo über die Krankheit. (b) Saint - Priest war derselbe , welcher Winzingerøde nach deſſen Gefangennehmung erjegt hatte.

328 war zu Stalgen.

Die Lage des 10ten - Armee - Corps

ward um so kritischer , da die preußischen Truppen zwei Drittel desselben bildeten , und Napoleons Macht , dies, fee

Bindungsmittel

der Bündnisse,

geschwächt

war.

Daher entschloß sich Macdonald , der nur der Noth Ges hör gab , endlich zum Rückzug als er am 18ten Nachs mittags den Befehl erhielt , den ihm Murat von Wilna aus zugefertigt hatte ( a).

Am folgenden Tag begann

er seinen Rückzug : er bewerkstelligte ihn auf verschiedene Straßen , die bei Piklupinen , zwei Stunden von Tilſit zusammentreffen. Die Division Grandjean und eine preußische Reiter-Brigade eröffneten den Marsch. folgte einen Marsch weiter zurück.

York

Palucci ließ Mac-

donald unverfolgt abziehn ; er dirigirte sich auf Memel, dessen er sich am 27ten December bemächtigte. Macdonalds stärkste Colonne war die , welche auf

dem äußersten linken Flügel marschirte ; Bestimmung die zu decken ,

sie hatte die

übrigen Colonnen gegen die Kosacken

welche

man bald

zu begegnen erwartete,

Diese Colonne zog über Janciki , Szawli , Kelm , Nincoksty, Laurogen und Piklupinen.

Bachelu bildete mit

feiner Brigade

und einem preyßischen Reiter-Regiment die Vorhut diefer Colonne. Den 22ten stieß er zum

erstenmal auf Kosacken ; seine Reiterey vertrieb

einige.

feindliche Husaren , welche Kelm besetzt hatten.

Am

. · (a) Murats Befehl an Macdonald war dem preußischen Major Schenk übertragen worden , der sich von Wilna über Olita nach Tilfit begeben hatte. Dieß erhellt aus einem Schreic ben Macdonalds an Berthier vom Tage feines Aufbruchs : " Warum," so heißt es in demselben, " schickt man unter ,,ſolchen Umständen nicht zehn, z wanzig, hundert Duplicate.“

-329 27ten kam er vor Piklupinen

an ,

und fand dieses

Dorf durch eine Infanterie - Brigade von Wittgensteins Corps bescht ;

Laskof , der sie befehligte , zog sich sos

gleich zurück , er wurde jedoch von der preußischen Reis terey verfolgt , Da

angegriffen

und

verlor 2

Bataillone.

dieses Zusammentreffen Macdonald die Besorgniß

einflößte, er möchte zu Tilsit auf beträchtliche Streits kräfte ftoßen , so verwendete er den 27ten zur Concens trirung der Diviſion Grandjean.

Es war bereits Nacht,

als er in Tilsit eindrang ; die Kosacken , welche diese Stadt besetzt hatten , verließen sie , als er sich näherte. Am folgenden

Tag

dehnte sich Macdonald

Ragnit aus ; ſeine feit einigen Tagen Verbindungen

mit Murat wurden

bis

unterbrochenen

wieder hergestellt ,

dagegen wurden sie mit Vork unterbrochen.

Dieser Ums

ſtand ſchien nicht sehr wichtig , weil der preußische Ges neral noch an demselben Lage zu Tilsit erwartet wurs de ; er kam jedoch nicht an , woran vielleicht die Nothwendigkeit sich zu conzentkiren , oder der verzögerte Am 29ten Marsch des Gepäcks schuld seyn mochten. erhielt Macdonald keine Nachricht von Vord , und keis ner der růď ;

vielen an ihn abgesendeten Offiziere kam zus

am 30ten blieb er in gleicher Unwiſſenheit über

das Schicksal des preußischen Corps.

Dieser General

ward dadurch in die äußerste Verlegenheit gesetzt ; jog er sich zurück und Yorck ward von überlegenen Streit kräften angegriffen , so konnte man ihm den Vorwurf machen , er sey den Preußen nicht zu Hülfe geeilt ; ware tete er noch långer auf ihn , so konnte jeder Augenblic feinen Untergang zur Folge haben , weil die Reiterkette, welche einen Theil seiner Stellung umgab ,

eine Ans

330 griffsdisposition mit überlegenen Streitkråften verbergen founte. Er war in größter Sorge , als er Bewegungen uns ter den rußischen Truppen bemerkte, ‫ في‬und er daher seis nen Rückzug nicht länger aufschieben zu können glaubte. Er setzte denselben auf den folgenden Tag fest ,

was

auch sich ereignen möge.

In der Nacht concentrirte er

alle Truppen in Tilsit.

Kaum war diese Operation

beendigt,

als Massenbach am 31ten Dezember einige

144Stunden por Tage plöglich mit seiner Reiter-Brigade und einem preußischen Infanterie Regiment das mit • der Division Grandjean marschirte über den Niemen zurückgieng. Schreiben :

Gleich darauf erhielt Massenbach folgendes

Der General 3 Lieutenant von Yord an den Marschall Macdonald. Taurogen den 3oten Dezember 1812, Monseigneur! „ Nach äußerst mühsamen Märschen nicht möglich , diefelben fortzusehen ,

war es mir

ohne in meinen

Flanken und im Rücken genommen zu werden ; das ,, durch wurde die Vereinigung

mit Ew. Exzellenz vers

,,zögert, und da mir die Wahl

zwischen der Alterna-

„ tive blieb , entweder den größten Theil meiner Trupn pen mein ganzes Materiel , worauf allein meine Eris ". stenz beruht , zu verlieren ,

oder alles zu retten , so

,, halte ich es für meine Pflicht , eine Uebereinkunft ab-

" zuschließen,

vermög

welcher

die Vereinigung

der

" preußischen Truppen in einem Theil von Ostpreußen ,, statt haben soll , der sich in Folge des Rückzugs der französischen Armee in der Gewalt der Rußen befindet.

33 1 "Die preußischen

Truppen

werden

ein neutrales

Corps bilden ; sie werden sich gegen keinen Theil Feinds ,,seligkeiten erlauben. Die kommenden Ereigniße werden

" je nach den Unterhandlungen zwischen den kriegfüh renden Mächten ihr künftiges Loos bestimmen.

„ Ich beeile mich, Ew. Exzellenz von einem Schritt in Kenntniß zu sehen,

zu dem ich durch höhere Ums stande gezwungen worden bin. Wie die Welt auch mein Benehmen beurtheilen Die Pflicht gegen ich bin darüber beruhigt. wird meine Truppen es dictirt.

und die reiflichste Ueberlegung haben

Die reinsten Beweggründe ,

der Schein trügen mag , leiten mich.

wie sehr auch Indem ich Ew.

Erzellenz dieß erkläre, erfülle ich meine Pflicht gegen Sie, und bitte Sie , die Versicherung „ Ehrerbietung anzunehmen , ,, habe zu seyn

der

tiefsten

mit welcher ich die Ehre

Ew. Exzellenz ergebener Diener General Lieutenant v. York. Dem König von Preußen theilte Vord seinen Ents fchluß in folgendem Schreiben mit :

An Se. Majestät den König. Laurogen ben 3oten Dezember 1812. Mein Abmarsch , der später war ,

als der des

„ Herrn Marschalls , der Befehl von Mitau nach Tilſit „zu marſchiren , um den Rückzug der 7ten Division zu

" decken , die schlechten Wege , endlich die äußerst uns günstige Jahrszeit hatten meine Lage so verzweifelt " gemacht , daß ich genöthigt war, mit dem Kaiserlich

332 rußischen General-Major von

Diebitsch die Uebereins

kuuft abzuschließen , welche ich die Ehre habe , Emr. " Majestät zu Füßen zu legen. ,,In der vollkommenen Ueberzeugung ,

daß ich bes

fortgesettem Marsche die Existenz des ganzen Armee corps nebst Geschüß und Gepäcke aufs Spiel gesetzt ,, haben würde , glaube ich als getreuer Unterthan Ewr. ,,Majestát, nur Höchst Ihr Intereße im Auge haben zu ,, müssen, ohne Rücksicht auf das des Verbündeten Ewr.

" Majestät, für welchen ich das ganze Armeecorps auf. ,, geopfert haben würde, ohne ihm in seiner jetzigen Lage auch nur von einigem Nußen zu seyn. ,,Willig lege ich mein Haupt zu den Füßen Ewr. Majestát , falls mein Benehmen tadelnswerth erfunden werden möchte. Immer wird mir der süße Gedanke " bis zum lezten Augenblick bleiben , daß ich als getreuer ,, Unterthan , als wahrer Preuße und als einer , der nur „ das Wohl des Vaterlandes wollte, sterben werde. “ Unterzeichnet v. Yord. Für die richtige Uebersetzung der StaatsKanzler Baron von Hardenberg (a). Preußen feufzte seit mehreren Jahren unter Napos leons Unterdrückung , der es mit Widerwärtigkeiten und Schimpf zu Böden gedrückt hatte :

jest bot sich die

Gelegenheit dar, seine Freiheit wieder zu erlangen , sich wieder zu dem verlorenen Rang vielleicht sogar zu einem höheren zu erheben.

Preußens Geschick lag gleichsam in

(a) Diese Ueberfeßung wurde auf Befehl des Königs dem Grafen Saint-Marsan , französischen außerordentlichen Ges fandten bey diesem Monarchen , übersendet.

333 Yorks Hånden, der deffen einziges Heer befehligte und deffen Beispiel so großen Einfluß auf seine Mitbürger haben mußte.

Es fehlte ihm an Zeit , die Befehle seis

nes Königs einzuholen ;

er war genöthigt sie von den

Umständen anzunehmen.

Ueberdieß konnte der König

von der Lage der Dinge nicht unterrichtet seyn ,

er war

nicht frey, war ein Gefangener mitten in seiner Haupte stadt.

Vorks Abfall ( 16) war daher lobenswerth und

natürlich; jedoch trifft ihn der Vorwurf, Macdonald 4 Tage in Ungewißheit über sein Schicksal gelaffen und dadurch einen edlen Entschluß durch den Anschein eines Verraths getrübt zu haben.

Entschließt man ſich zu eis

nem solchen Schritt , so muß man ihn sogleich den Vers bündeten , welche man verläßt mittheilen , ohne die Ber weggründe zu verhehlen ,

wie Vork in seinem Schreiben

an Macdonald and selbst in dem an seinen König that. Sobald Macdonald Yorcks Abfall erfahren hatte

begann er seinen Rückzug

nach Königsberg und mars

schirte nach Melanken , wobey er nur so lange Halt machte ,

als zum Abkochen für seine Truppen nöthig war; am sten Januar 1813 Morgens um 3 Uhr kam er bey diesem Dorfe an.

Die Schnelligkeit seines Mare

fches zog ihn aus einer um "ſo kritischern Lage, als die Bewohner

ihren Haß gegen

die Franzosen und

ihre

Freude über die Ankunft der Rußen , die sie für ihre Befreyer hielten, offen an den Tag legten ,

und er mit

seinen 8000 Mann von dem ganzen Corps unter Wittgenstein und der Besaßung von Riga verfolgt würde. Am 3ten mit Tages-Anbruch ward Bachelu , der mit seiner Brigade die Nachhut bildete unvermuthetin Labiau von überlegenen Streitkräften angegriffen. Das

334 Gefecht war kurz aber sehr belebt , man schlug sich in den Straßen und es gelang Bachelu , seinen Rückzug in guter Ordnung zu bewerkstelligen. Während dieser Operationen hatte Murat die Bri gaden der Division Heudelet von Königsberg nach Tas piau dirigirt; am 26ten Dezember war diese ganze Dis viſion daselbst vereinigt ; Mortier hielt noch Wehlau und Talplaken befest. Da Platow indeffen Befehl erhalten hatte ,

das

preußische Gebiet zu betreten, so drangen seine Kosacken am 23ten Dezember zu Stallupönen, am 24ten zu Gumbinnen und am 26ten zu Insterburg ein.

In ders

felben Zeit verließ Tschitschagöf seine Cantonirungen am Niemen, um sich nach Insterburg zu bewegen. besetzten etwa 100 Kosacken Wehlau , Tag zuvor geräumt hatte.

Diese Stadt enthielt zwey

Millionen Rationen Lebensmittel. Tag befahl Murat , nachdem

Am 28ten

das Mortier den

Noch an demselbent

er vön Macdonalds Ans

kunft zu Tilsit Nachricht erhalten hatte, dem General Heudelet, Wehlau

und Talplaken wieder zu besehen.

Am sten Januar kam Tschitschagof zu Insterburg und Macdonald zu Kahmen , 5 Stünden von Königsberg an. Murat übertrug diesem

General außer seinem Corps

den Befehl über die Division Heudelet , die eben anges kommene Reiter-Brigade Cavai nac und befähl ihm , mit diesen Truppen die Nachhut der Armee zu bilden. Sobald der König von Preußen von Vorks Benchs ment in Kenntniß gesetzt war , befahl er , daß der Genes ral-Lieutenant von Kleist (a) an ſeine Stelle das Coms (a) Kleist war damals noch General-Major und wurde zuni General-Lieutenant ernannt.

335

• mando des preußischen Corps übernehmen und ihn gefangen nach Berlin schicken sollte , um ihn vor ein Kriegsgericht zu stellen. Er sendete seinen Adjutanten den Obrist-Lieutenant Rahmer an Murat , um diesem feine Misbilligung mit der von Vork geſchloſſenen Uebereinkunft an den Tag zu legen , und ihn zu bitten , diesen

Offizier

nöthigenfalls zu

unterstüßen ,

um die

hinsichtlich des Generals York gegebenen Befehle zur Ausführung zu bringen.

ObersteLieutenant Razmer konnte

seine Sendung nicht vollziehen , weil man die Linie der Rußen hätte durchdringen müßen , um bis zu York zu gelangen.

Dieser General erführ daher die gegen ihn ers

griffenen Maasregelt nur

aus preußischen Zeitungen ,

ohne sich jedoch etwas daraus zu machen. so sagte er mit Recht ,

Zeitungen ,

sind der Weg nicht ,

auf wel

chem der König den Soldaten Befehle ertheilt. In derselben Zeit als Herr von Razmer än Murat abgieng , fandte der König von Preußen den Fürsten Haßfeld nach Paris , um Napoleon von den ergriffenen Maasregeln in Kenntniß zu ſeßen und ihn seiner Ans Hänglichkeit an seine Sache und seiner Entrüftung über Yorks Benehmen zit

versichern.

Allem Anschein nach

meynte es der König von Preußen redlich ( 16) , das heißt,

er hielt, weil er Napoleons Joch noch nicht ab,

werfen zu können glaubte , Yorks Betragen gegen sein Intereße; wenigstens muß man dieß aus nachfolgenden Ereignißen schließen. Bis zu dem Augenblick von Vorks Abfall hoffte Murat hinter der Pregel Stellung zu nehmen ( a) .

Dies

(a) Ohne Vorks Abfall håtte Murat am 5ten Januar folgens de Streitkräfte hinter der Pregel vereinigen können :

336

fes Ereigniß zwang ihn , Alt - Preußen zu räumen.

Er

verließ Königsberg am 2ten und hatte am 3ten sein

Macdonalds Corps

• 26000 Mann 8000 Die Diviſion Heudelet (4) Die Division Detres , die man von 6000 Danzig kommen laſſen konnte Die Division Marchand, früher Loison 3400 (8) --1600 Die Brigade Cavaignac 44000 Zusammen Außer diesen 44000 Mann hatte er aus den Resten der Garde, des aten, 3ten, 4ten und 9ten Corps eine Reserve gebildet ; somit war er stärker , als Tschitschagof und Wittgenstein zusammen , die kaum 40000 Mann befehlisten . Gerne båtte ich den vollständigen Stand aller Corps , welche den Rückzug unter Napoleon mitmachten, mitgetheilt, allein die nähern Angaben fehlten mir. ich in Erfahrung zu bringen.

Folgendes vermochte

Am aoten Dezember 1812 zählte die Infanterie der alten Garde zu Insterburg 159 Offiziere und 1312 Unteroffiziere und Soldaten , von denen höchstens 500 ftreitfähig waren. Am 19ten Dezember 1812 zählte die junge Garde zu Insterburg 78 Offiziere , 795 Unteroffiziere und Soldaten , wie viele derselben schlagfertig waren , läßt sich nicht angeben.

Am 5ten Januar 1813 zählte das ite Corps zu Thorn 996 Offiziere und 236 Unteroffiziere und Soldaten , von denen 729 Offiziere und 1807 Unteroffiziere und Soldaten diensttüchtig waren . (a) Die Divifion Heudelet , welche nur aus Rekruten bes stand, schmolz bald auf 8000 Mann herab. (b) Der gesunden. Mannschaft der Division Heubelet hatte man Waffen ausgetheilt, und einige aus deutschen Trupe pen bestehende Marich-Bataillone zugetheilt. Zwey Tage nach dem Abmarsch von Königsberg hatte sich diese Divis fion bereits um die Hälfte vermindert.

337 Hauptquartier zu Elbing.

Am 4ten kam Macdonald zu

Königsberg an , wo er die Division Heudeler und die Brigade Cavaignac antraf; mit diesen vereinigten Streits kräften räumte er Königsberg am 5ten Januar und zog fich über. Elbing und Danßig zurück.

Murat verließ

Elbing am 11ten Januar und verlegte sein Hauptquartier nach Posen.

Die Rußen fanden zu Wehlau , Kd-

nigsberg, Elbing und Bromberg beträchtliche Magazine , deren ſie ſich bald bemächtigten.

Am 16ten Januar zo-

gen die lehten Truppen Macdonalds in Danzig ein ; am 21ten war dieser Platz bereits berennt.

Seine Besatzung

erhob sich damals auf 35934 Mann ,

von denen 5919

Am 10ten Januar 1813 zählte das ate Corps zu Marienburg zusammen 3629 Mann , worunter 3244 Infanteriften waren ; es läßt sich nicht angeben , wie viele derselben diensttüchtig waren. Am 6ten Januar 1813 zählte das ite Corps zu Marienburg 358 Offiziere und 1627 Unteroffiziere und Solda, ten , von denen 293 Offiziere und 1302 Unteroffiziere und Soldaten diensttächtig waren. Am 4ten Januar 1813 zählte das 4te Corps zu Maź rienwerder 668 Offiziere und 2183 Unteroffiziere und Soldaten , von denen 515 Offiziere und 1359 Unteroffiziere und Soldaten verwendet werden konnten. Diese Angaben finden sich in den Standes-Ausweißen øder in den Berichten der Corps-Commandanten an Berthier; ich habe sie ihrem vollen Inhalt nach abgeſchrieben. Es ist zu bemerken , daß diese Berichte mehrerer Militärs ers wähnen , die nicht in Moskau waren , die sich jedoch während des Rückzugs oder erst seit dem Uebergang über den Niemen anschloßen. 22

--

338

fich in den Spitälern befanden ( a). ' Macdonald war nur von Wittgenstein verfolgt worden ;

Tschitschagof

hatte sich von Insterburg nach Thorn gewendet. Die Erfolge der Rußen in dem Großherzogthum Warschau giengen nicht so rasch von statten , als die in Alt.Preußen.

Wir haben gesehen , daß Schwarzenberg

zu Slonim ankam in der Ueberzeugung , Napoleon sey Sieger, und verfolge das rußische Heer ; sein Irrthum war von kurzer Dauer , bald erfuhr er den eiligen Rückzug des französischen Heers auf Wilna ; und da er voraussah , es würde über den Niemen zurückgehen , so bes gann er seinen Rückzug am 14ten Dezember nach Bias lystok; er hatte diese Stadt noch nicht erreicht , den Befehl erhielt ,

als er

welchen Murat ihm von Wilna zus

fertigte, und er ihm die bereits ausgeführte Bewegung vorschrieb.

Am 18ten Dezember bezog Schwarzenberg

Kantonirungen um Bialystok und vorwärts dieser Stadt; sein rechter Flügel erstreckte sich bis Narewka ; die Abtheilung , welche Grodno besetzt hatte , gieng am 20ten Dezember nach Bialystock zurück.

Reynier hatte fich

gleichzeitig mit Schwarzenberg von Rujana nach Kament zurückgezogen, und bezog Cantonirungen hinter der

(a) Die Besagung von Danzig bestand aus folgenden Corps : Division Grandjean (7te). Division Heuvelet (3ote). Division Bachelu , vorher Loison (34te). Division Detres (35te). Brigade Cavaignac. Truppen der Artillerie und des Geniecorps. Ein Depot von Soldaten verschiedener Waffen , die krank nach Danzig gekommen waren.

339 Lehna ; sein rechter Flügel lehnte sich an den Bug ; sein linker beseßte Kament.

Um diese Zeit befahl Alexander

in der Ueberzeugung , der Kaiser von Oesterreich werde ein Bündniß brechen , das die Politik geschloffen hatte , das jedoch mit seinen Interessen im Widerspruch stand , und seinen Stolz beleidigte , seinen Truppen , die Feinds seligkeiten gegen die Desterreicher einzustellen , und ließ Schwarzenberg einen Waffenstillstand zur Einleitung der Unterhandlungen vorschlagen.

Dieser General_erwiederte daß er in dieser Hinsicht keine Befehle erhalten babe; er schrieb sogleich an'Murat , um dessen Befehle einzuholen , und an seinen Kaiser , um zu

erfahren , ob die seit

kurzer Zeit in Europa vorgegangenen Aenderungen keis nen Einfluß auf deſſen Entschlüße ansgeübt hätten. Nachdem Miloradowiß unterdessen Grodnos sich bes mächtigt hatte, dirigirte er eine starke Truppen-Abtheilung über Goniunds , Jedwabno und Lomza nach Ostrolenka, um Schwarzenbergs

linken Flügel zu bedrohen , und

marschirte mit dem Rest seiner Armee (a) nach Bialys stock.

In derselben Zeit bewegte sich Sacken gegen Reynier; seine Vorhut besetzte Breszc- Litowski am 23ten Dezember. tonirungen.

Tutschkof (b) beobachtete die feindlichen Cans In

Folge

dieser

Bewegungen beschloß

Schwarzenberg , sich Warschau zu nähern ;

sein Corps

bezog neue Cantonirungen zwischen dem Bug und der

( ) Miloradowiß war durch ein von Wilna gekommenes Ins fanterie- Corps und durch ein Reiter-Corps verstärkt worden. (b) Tutschlof hatte den Befehl über Hertels Corps übernom= men ; dieſer legtere war . als erßer Polizei - Beamte nach Wilna geschickt worden. 22

340 Narew ; an ersterem Fluß erstreckten sie sich bis Nur, an dem zweiten bis Oftroleuka. ter dem Flüßchen ,

das

Reynier cantonirte hin-

durch Wengrod fließt.

Als

dieser General bemerkte , daß die Rußen gegen die Desters reicher

die Feindseligkeiten einstellten ,

während sie ihn

unaufhörlich beunruhigten , verlangte und erhielt er von Schwarzenberg einige

dsterreichische Reiter - Regimenter

zur Deckung seiner Cantonirurgen. Alle

unter Schwarzenbergs Befehl stehende Trup-

pen waren so weit auseinander gelegt , als ob sie nicht vor dem Feinde stånden.

Dieß alles geschah in den ers

Sten Tagen des Januar.

Einen Theil dieses Monats

blieb man in Unthätigkeit

und es

fand ein Waffen-

stillstand statt , obgleich man weder schriftlich noch mundMurats Antwort lautete lich etwas festgescht hatte. günstig für diesen Zustand.

„ Der König ,"

so schrieb

Berthier an Schwarzenberg , " giebt mir den Auftrag , " Ibuen zu sagen ,

daß er Ihre Anstalten billigt , und

" daß es ihn freuen wird zu erfahren , "‚ nen gelang ,

stillschweigend

und

nicht schriftlich ci-

" nen Waffenstilstand zu schließen , "‚ Stand seht ,

wenn es Ih-

der Sie in den

Ihre Truppen , so wie auch die des Ge-

" nerals Reynier ausruhen zu lassen ,

und der aufgeho-

,, ben wäre , sobald die Ihnen gegenüberstehende Trup,, pen nach einem andern Punkte marschiren würden. “

Während sonach die Rußen in das Großherzogthum Warschau vordrangen , verließen die zu Wilna und der Umgegend zurüɗgebliebenen rußischen

Corps ihre Can-

tonirungen ,

um sich auf Merecz zu dirigiren , wo sie den Niemen überschreiten ſollten. Alexander, begleitet von Kutusow, hatte sein Hauptquartier am 8ten Januar

341 zu Ornia und am 9ten zu Merecz , wo dieser Monarch einige Tage blieb ,

und

von wo er folgende Proclama-

tion an sein Heer erließ : Merecz, den

sten Januar 1812.

Soldaten ! Das Jahr ist verfloßen ! Ein denkwürdiges, ruhms ,,volles Jahr, in welchem Ihr den Stolz des unverschäm-

" ten Angreifers in den Staub geworfen habt !

Es ist

,, verflossen , aber eure Heldenthaten bleiben ; selbst die Zeit wird das Andenken an dieselben nicht verwischen ; fie sind Euern Zeitgenossen bekannt und werden auf ,, die Nachwelt übergehen.

" Ihr habt mit Eurem Blute die Befreiung eures

" Vaterlandes erkauft , das durch die gegen seine Unab „ þångigkeit verbündeten Mächte bedroht war.

Ihr habt

" ein Recht auf Rußlands Dank und die Bewunderung ,, der übrigen Länder , erworben .

Ihr habt durch eure .

" Treue, euern Muth und eure Ausdauer bewiesen , daß ,,für Gott ergebene Herzen die ihrem Regenten ansån-` " gen, auch die Anstrengungen der furchtbarsten Feinde ,, den wüthenden Wellen des Ozeans gleich sind , deren " ohnmächtige Wuth sich an unerschütterlichen Felsen ,,bricht , ohne eine Spur zurückzulaſſen. " Soldaten , da ich alle diejenigen auszuzeichnen ,, wünsche , welche an diesen unsterblichen Thaten Theil . ,, nahmen , so habe ich silberne Medaillen prägen lassen , die durch unsere heilige Kirche geweiht worden sind.

" Sie führen die Jahrszahl des denkwürdigen Jahres " 1812.

An blauem Bande werden sie die kriegerische

, Brust derer schmücken , welche dem Vaterlande zum

342 " Schilde dienten.

Jeder Krieger des rußischen Heeres

ist würdig , diese ehrenvolle Belohnung ,, und der Ausdauer zu tragen. " Ihr habt alle gleiche Gefahren

des

und

Muthes

Strapagen

„ getheilt. Ihr hattet nur ein Herz und einen Willen. " Ihr werdet stolz darauf seyn , alle dieselbe Auszeich nung zu tragen. ,, kündet , daß das ihr

Durch sie wird allenthalben

vers

Rußlands treue Kinder send , auf

" welche Gott der Vater seinen Segen ausschütten wird. ,, " Mögen eure Feinde bei dem Anblic dieſer Des ,,korationen zittern , mögen sie bedenken, daß unter dies „sen Medaillen Herzen schlagen , ,,gänglichem Muthe beseelt sind ;

welche von unverunvergänglich ,

weil

„ er nicht auf Ehrgeiz oder Gottlosigkeit , sondern auf " die unabånderlichen Pfeiler der Vaterlandsliebe und der „ Religion gegründet iſt.“ Unterzeichnet Alexander. Von Merecz dirigirte sich das rußische Heer über Am 22ten Augustowo und Willenberg nach Plotk. Januar erhielt Schwarzenberg Instruktionen , welche ihm vorschrieben, sich nach Gallizien zurückzuziehen, und dort Winterquartiere zu nehmen.

Was daher York in dem

Interesse seines Regenten thun zu müßen glaubte, vollzog Schwarzenberg auf den Befehl des Seinigen. 3u dieser Zeit war das Hauptquartier des franzöſiſchen Heeres immer noch in Posen (a).

Die Rußen hatten fich

der zu Bromberg vereinigten beträchtlichen Magazine bemächtigt ; Thorn war durch Truppen von Tschitschagofs Corps blockirt ; Kutusowe Vorhut war nur noch einige

(a) Am 16ten Januar ward Murat durch Eugen im Armees Commando erfekt ; erfterer

reiste nach Neapel ab.

343 Mårsche von Plotk entfernt , wo dieser General die Weichsel zu überschreiten gedachte. Miloradowik hatte , um Schwarzenberg zum Rücks zug zu zwingen , eines seiner Corps auf Przasnie dirie girt, wo er feinen linken Flügel bedrohte ;

zu gleicher

Zeit hatte er ihn aufgefordert , sich auf Warschau zurückzuziehen.

Schwarzenberg hatte erwidert, daß er dieß

nur in Folge erhaltenen Befehls von seinem Regenten thun kdune ,

und daß er diesen jeden Augenblick

erwarte.

Zwei Tage darauf benachrichtigte Miloradowit den Für. ften Schwarzenberg, daß, da Kutusows Armee ihre Bewes gung

fortseße ,

er nicht länger zögern könne sich auf

Warschau zu dirigiren.

Der österreichische General bes

gann daher seinen Rückzug am 25ten Januar in Vers bindung mit Reynier , den er von den neuen Entschlies Bungen seines Monarchen in Kenntniß gefeßt hatte. Sie zogen sich langsam zurück, um zur Fortschaffung der Kranken und Magazine Zeit zu gewinnen ; und zwar der erstere über Pultusk und Sierock , der zweite über Stas nielawow.

Eine Besatzung blieb zu Modlin.

wohner von Warschau ,

Die Bes

welche die Rache der

fürchteten , ersuchten Schwarzenberg , für sie zu unterhandeln ;

Rußen

eine Kapitulation

dieser General verlangte und

erhielt eine ungleich günstigere , als sie unter solchen Ums stånden hoffen durften. geräumt feyn.

Warschau sollte am 5ten Februar

Reynier und Poniatowski

Schwarzenberg , daß er noch 3 Lage in

veranlaßten dieser Stadt

blieb , um ihren Rückzug zu decken : Reynier war am 4ten aufgebrochen , um sich über Kalisch auf Glogau zu dirigiren.

Poniatowscy marschirte am 6ten nach Kras

kau ab, indem er lieber Schwarzenberg als Reynier fol

344 gen wollte, was um so sonderbarer

scheint ,

als der

Kaiser von Oesterreich damals ſein Bündniß mit Napoleou brach.

Am 7ten verließ die österreichische Nachhut

Warschau ; am 8ten zogen die Rußen daselbst ein. Die Neutralitat Desterreichs war allerdings ein äußerst güns ftiges Ereigniß für die Rußen ,

allein seit man sich in

Unterhandlungen einließ, hatte Schwarzenberg durch sein Zögern ihnen größern Schaden zugefügt , als wenn er offener Feind gewesen wäre.

Seit dem Uebergang über die Berezina waren beis derseits bedeutende Fehler begangen worden. Napoleon hatte in der Hoffnang ,

er werde zu Malodeczno , zu

Smorgoni, endlich zu Wilna Halt machen, nur an diejes nigen Militärs Truppen Lebensmittel

austheilen lassen,

welche bei ihren Fahnen geblieben waren ;

dadurch führte er den Untergang einer Menge Soldaten herbei , von denen ein Theil den Niemen erreicht haben würde , wenn er Lebensmittel erhalten hätte, und dadurch, daß man die Magazine zu Smorgoni und Wilna nicht zerstörte , hatte er der rußischen Armee den wesentlichsten Dienst geleistet.

Nas

poleon hätte die Vorräthe in den Magazinen, besonders den Zwieback zu Smorgoni zu beiden Seiten der Straße auf, håufen, und was nicht fortgeschaft werden konnte, zerfidren laßen sollen. Achuliche Maasregeln hätten zu Wilna getroffen werden sollen ;

denn nach dem Unfall der Dis

viſion Loiſon, und nachdem die Magazine von Smorgoni in die Hände des Feindes gefallen waren, war es klar daß man zu Wilna nicht halt machen konnte. Welch sons derbares Spiel des Glücks ! diese mit unendlicher Sorge falt zusammengebrachten unermeßlichen Magazine waren für das französische Heer von gar keinem Nugen , dienten dem rußischen Heer zum Unterhalt !

und

345 1 Napoleon ließ Besatzungen in den nahe an der Weichsel liegenden Festungen zurück , weil Offensive wieder zu

er bald die

ergreifen und sein Heer an diesen

Fluß zu führen hoffte.

Ob diese Hoffnung gegründet war, sey dahin gestellt, jedenfalls verdient es Label, daß mon in Danßig 36000 Mann zurück ließ , da doch die Hälfte, besonders

in dieser Jahrszeit zu Vertheidigung

dieser Festung hinreichend gewesen wäre. Wir haben gesehen , daß Kutusow während des Rückzugs des französischen Heeres bis Radośzkowiczi auf Seitenwegen marſchirt war , um seinem Heer Nahrung zu verschaffen.

Von diesem Dorfe bis nach Wilna folgte

er derselben Straße, wie das franzöſiſche Heer, und seine Truppen litten beträchtlich ,

trotz

der Magazine von

Smorgoni ; er konnte zu Wilna Halt machen , weil er gegen allen Anschein die unermeßlichen Magazine unbe rührt faud , welche die Franzosen daselbst vereinigt hat, ten.

Der Marsch nach Wilna war böchst unklug ; wenn

Kutusom fortfahren wollte ,

die Trümmer des franzd-

fischen Heeres zu verfolgen , so mußte er sich auf Seitenwegen nach Kowno oder nach einem benachbarten Punkt am Niemen unterhalb dieser Stadt , zum Beispiel auf Prenn bewegen , und bis nach Alt- Preußen vordringen , um dort seinen Truppen einige Ruhe zu gönnen , wenn er dieß für nöthig erachtete. Da Wittgenstein ſich auf Macdonalds Verbindungen bewegte ,

und Tschitschagof zur Verfolgung der Trům.

mer des französischen Heeres mehr als hinreichend war , so hätte Kutusow sich zuförderst auf Minsk dirigiren , dort zur Erhohlung seiner Truppen Halt machen, Lebenss mittel an sie austheilen und sofort auf Warschau mar 1

546 schiren sollen.

Schwarzenberg wåre dadurch zum Rüď.

zug gezwungen worden , und Kutusow hatte diese Stadt bescht , und in Folge dieser Operation wåre er um einen Monat früher in Deutschland eingedrungen , größter Wichtigkeit gewesen wäre.

was vou

Denn obgleich Deutsch,

land die Rußen herbei rief, so gehörte

es

doch dem ,

der es zuerst in Beſitz nahm ; man mußte fich daher beeilen , vor Napoleon anzulangen , deffen Thätigkeit und Intelligenz hinsichtlich der Heer- Organisirung

bewuns

dernswürdig waren. Endlich war es ein großer Fehler, daß man einige Tage wartete, ehe man das preußische Gebiet betrat,

Håtten die Kosacken fortwährend die frans

zdfische Armee verfolgt , so wåren sie erst jenseits Kde nigsberg von der Division Heudelet aufgehalten worden. Sie hätten in diesem Falle eine Menge Gefangene gemacht , viele Artilleric genommen , die man nach Danzig schaffte ,

unterdeſſen

und Macdonald in eine so miß-

liche Lage verscht , daß er sich schwerlich aus derselben gezogen haben würde.

Moten zum

vierten

(1)

Bu

ch.

Seite 228.

„ Man sah nicht etwa den paßiven Muth ,, unserer heutigen Bataillone." Die Bataillone Find wahre Schieß-Maschinen ;

die Rahmen (Cabres)

spielen die Hauptrolle dabey , weil sie , wenn nur ein Drittel der Soldaten krieggewohnt und tapfer ist , die andere zwey Drittel wider ihren Willen beysammen halten.. Es ist ein seltener Fall , daß die Infanterie sich mit blanker Waffe angreift ; wenn ein Bataillon ein anderes in einer Stellung angreift , und dieses lettere ſein Feuer recht lange aufspart und wohl Stand hålt , so wird das erstere wahrscheinlich viele Leute verlieren und ausreißen ; beginnt dagegen dasjenige Bataillon, welches in Stellung ist , sein Feuer zu früh ,

und seht das angreifende Bas

taillon seinen Marsch mit Entschlossenheit fort , so wird das aufmarschirte Bataillon sich zur Flucht wenden. (2)

Seite 231.

„ Judem man diejenigen Häuser abbrach, ,,welche nicht von Generalen und ihrem Ges

" folge beset waren." die

zu

Hauptquartieren

Der

bestimmte

Combattanten lagerten sich um

Generalstab Dörfer ,

besetzte und

diese Dörfer her.

die War

348 ein Theil der Häuser nicht von dem Generalstabe bes setzt,

so wurden sie von den Kombattanten trok de

nen , welche sie besetzt hatten , abgetragen , um das hie, burch gewonnene Holz zu verbrennen , und es war keine Kleine Erleichterung , trockenes Bivouaks zu finden. welche nicht

Holz in der Nähe

der

Alle Häuser, Scheunen und Schöpfe

vom Generalstab besetzt waren ,

von den ersten besten in Besitz genommen.

wurden

Häufig ent

stand dadurch Streit zwischen diesen und jenen ,

welche

zum Bivouakiren gezwungen , die Häuser abtragen wollten , um Holz zu erhalten.

Gelang es den erstern , sich

darin zu behaupten , so steckten die lehtern größtentheils die Häuser aus Rache in Brand. (3) Seite 264. Ich habe bereits bemerkt, daß die rechts

"befindliche Brücke Nachmittags um 1 Uhr " beendigt wurde." ueue nähere Angaben ,

Ohne Zweifel wird man einige die Schlagung der Brücken über

die Berczina anlangend , wegen der Wichtigkeit der Operation in der Lage , in welcher sich die Armee befand , nicht ohne Intereße lesen.

Der Brückenbau ward nur dadurch möglich , daß Eble folgende Gegenstände erhalten hatte. Itens Zwey Feldschmieden. 2tens Zwey Kohlenwagen. 3tens Sechs Wagen , welche den Handwerkszeug der Eisen, und Holz-Arbeiter, Klammern, Någel, Aerte, Bidel und Eisen enthielten.

Dieser

General hatte auch

die vorsichtige Maasregel getroffen , während seines Aufenthalts zu Smolensk , an jeden Pontonnier irgend ein Geschirr , einige Nägel und Klammern austheilen zu las

349 sen, welche diese beynahe alle aufbewahrt hatten, und die sie an der Stelle abgaben , wo die Vorbereitungen zum Uebergang getroffen wurden.

Man hatte auch nicht ein Stück des zur Schlagung 1x einer Brücke nöthigen Holzes.

Der eigene Bau der rußis

schen Dörfer ( a) gestattete dieses ,

durch Abtragung der

Häuser von Studianka herbey zu schaffen. ( Statt der Kähne zum Ausführen der Anker bediente man sich zweyer Fldze von kleinen Dimensionen, da das vorräthige

Holz keine größere anzufertigen

verstattete.

Anfangs gebrauchte man sie , um Infanteristen auf das feindliche Ufer überzusehen , späterhin zur Erbauung der Brücken ; man konnte sie jedoch nicht so rasch und leicht bewegen , wie die bey dieser Arbeit gebräuchlichen Nachen. Höhe der Böcke betrug 3–9 Fuß und an jes der Brücke befanden sich 23 derselben.

Man hatte nicht

die Zeit, das Holz, welches man zum Bauen verwendete, vierkantig zu befchlagen.

Die Dielen wurden bey der

für Fahrzeuge bestimmten Brücke durch Knüppel 15-16 Zoll Durchmesser ersetzt ,

von

und bey der für das

Fußvolk bestimmten Brücke durch eine dreyfache Lage Bretter, von einigen Linien Dicke , welche man son den´ Dächern der Häuſer abnahm. ` `Der Boden der Brücken wurde mit Hauf und Heu zugedeckt , welche Arbeit man fleißig erneuern mußte : Es fállt ins Auge, mit welchem Eifer, Intelligenz und Thätigkeit gearbeitet werden mußte, wenn in einer Nacht, und mit erschöpften Soldaten die Häuser abgetragen und das Holz dergestalt zugerich(a) Die Seitenwände der rußischen Bauernhäuſer ſind aus horizontal liegendem Tannenholz erbaut , das nicht bes schlagen ist.

350

tet werden sollte,

daß man am folgenden Tag zwey

Brücken schlagen konnte. • Ich habe bereits erwähnt, daß sich zu Orsza eine Brücken-Equipage von 60 Schiffen , nebst allem Zugehör befand, welche man am 20ten November verbrannt hatte. Håtte man 15 dieser Schiffe mitgenommen , so wäre in weniger als 2 Stunden eine Brücke geschlagen gewesen ; und hätte man nur 6 Schiffe erhalten , um sie bey der Brücke für Fahrzeuge an der tiefsten Stelle zu verwenden , so wåre die Dauer und Schwierigkeit der Arbeit um die Hälfte vermindert worden. (4) Seite 289

(a) Marets beyde Briefe, und die, welche Schwarßenberg am 14. Dezember an Berthier schrieb, scheinen mir wichtig genug um angeführt zu werden ; sie waren in folgenden Ausdrücken abgefaßt : Der Herzog von Bassano an den Fürsten von Schwarzenberg.

Wilna den sten Dezember 1812. ,, Die Ankunft des Admirals Tschitschagof an der " Berezina hat die Dispositionen Seiner Majestät geån„ dert ;

nachdem die ganze Armee den Uebergang über

,, diesen Fluß erzwungen hatte, schlug sie den Feind meh ,, rere mal auf dem Marsch nach Wilna.

Der Kaiser

,,für seine Person wird wahrscheinlich vor 6—8 Tagen Ich habe noch keine Befehle für Ew.

,, " hier eintreffen.

Excellenz erhalten , allein ich sah ein , wie wichtig es sey, Sie schleunigst von dieser neuen Richtung der ,, militärischen Operationen in Kenntniß zu setzen.

In

(a) , 3u Slonim erhielt Schwarzenberg eine neue Depesche. "

351

‚ Ermanglung von Jußtruktionen, werden Ew. Excellenz selbst beurtheilen , was zu thun ist. Sie werden in

"‚ Ueberlegung ziehen , ob`es nicht zweďmåßig seyn dürf,, te, daß Sie sich dem obern Niemen und der rechten ,, Flanke der Armee nåbern.

Ich habe seit Ihrem Schreis ,, ben vom 27ten November keine Nachricht von Ihnen

" erhalten ; benachrichtigen Sie mich bald möglichst von ,, ,, der Bewegung, zu welcher Sie sich entschlossen haben; ,, werden." Unterzeichnet : der Herzog von Bassano. Der Herzog von Bassano an den Fürsten von Schwarzenberg.

1 Wilna den 4ten Dezember 1818 . ,, Der Kaiser ist am 3ten zu Malodeczno angekom" men ; er ſchreibt mir, er legé den größten Werth darauf, ,, daß Sie in der Richtung der gegenwärtigen Stellung " mandvriren ; er betrachtet die Schnelligkeit ihres Mar,, sches als von großem Einfluß auf die Lage der Dinge. ,, Der Kaiser hat dem General Wittgenstein beym Ues

,, bergang über die Berezina und den General Tschitscha " gof mit seinen 4 Diviſionen geschlagen und leßterem 6000 " Mann abgenommen ; er hat dieses Heer auf 7000 " Mann Infanterie und auf 6000 Reiter reduzirt. Von " dem General Kutusow hatte man keine Kunde. Eine

" Brigade der Division Partouneaux hat sich in der " Nacht und auf dem Marsch nach der Brücke über die " Berezina verirrt ; fie ist unter die feindlichen Posten

" gerathen ; Se. Majeſtåt erachtet sie für verloren. Die „ Rußen werden diesem Ereigniß große Wichtigkeit beys „ legen , das jedoch nur ein unglücklicher Zufall ist.“ Seine Majestät hat die Absicht , Winterquartiere

352

„ zu bezichen , und ihrer Armee die nöthige Zeit zur Er,, holung zu geben , deren sie sehr bedürftig ist. Ich

" wünsche genau und ſo ſchnell als möglich , von Ihren Der lette ,, Bewegungen benachrichtigt zu werden.

" Brief den ich von Ihnen erhalten habe , " jany vom sten December datirt. ,, Die Zeit

erlaubt mir nicht,

ist aus Pru-

an den General

„ Reynier zu schreiben ; haben Sie die Gefälligkeit , ihm

" die Nachricht mitzutheilen , wovon ich Sie in Kenutz ,, niß gesezt habe. "

Unterzeichnet der Herzog von Bassano. Der Fürst Schwarzenberg an den Fürften von Neufchatel und von Wagram. Slonim den 14. December 1812. " Seit langer Zeit habe ich keine Nachricht von ,,Ew. Hoheit.

Die Richtung ,

welche die große Armee

" nimmt , ist mir unbekannt.

Herr Charlet , einer der

,, Adjutanten des Generals Reynier , der am 5ten zu " Wilna angekommen seyn muß , ein Secretair (a) den „ ich dahin geschickt habe , und der

den

7ten daselbst

"1 eingetroffen seyn wird , find bis jetzt noch nicht zurück,, gekommen .

Durch Recognoszirungen , welche der Ge

" ‚ neral Mohr gegen Löda vorgenommen hat , habe ich " vor 4 Tagen erfahren ,

daß die Verbindung

,, Kosacken unterbrochen ist.

Ich befürchte ,

durch

daß einer

,, der nach Wilna abgefertigten Couriere ,

um mir die

" Befehle Sr. Majestät zu

aufgefangen

" worden sey ,

überbringen ,

weil die lehte

Nachrichten , welche ich

von Wilna erhielt , vom 4ten sind , und ich meine

(a). Dieser Sekretair war der Baron pon Stürmer.

353 Ankunft zu Slonim auf den 6ten

angekündigt habe

und ich mir ihre Befehle über die einschlagende Rich, ,, tung erbat , sobald ich auf diesem Punkt angekommen » seyn würde. " Nachdem ich das Schreiben des Herzogs von Basfano vom 2ten bei Prujany erhalten hatte, sendete ich den . zú Slonim zurückgelassenen Truppen den Befehl, sich nach und Recognoszirüngen

Nieswy in Marsch zu setzen nach Minsk

Slugk vorzuschicken um

und

den Feind

zu beunruhigen, der nächdem er geschlagen war, vielleicht diese Straße einschlug.

Ich wollte indeſſen bestimmte

mit der 1 ganzen Armee folgte , da ich aus den Briefen des Here Befehle

abwarten ,

ehe ich dieser Bewegung

daß die große

zogs von Bassano zu ersehen glaubte ,

Allein seit

Armee ihre Bewegung auf Wilna fortsetzt.

dem 4ten sehe ich mich unglücklicherweise alles BriefEw. Hoheit wolle

wechsels mit Wilna beraubt.

be-

merken , daß in dem Brief vom 4ten , worinn es heißt, Se. Majestät lege den größten Werth darauf, daß ich der Bewegung der Armee folge , und in dem Sinn der gegenwärtigen Lage mandvrire , man

mich gänzlich in

Unwissenheit über die Beschaffenheit dieser

Bewegung

so wie über die der Lage selbst gelassen hat. " " Durch Reisende babe ich erfahren ,

daß das

ruz

Bische Heer Oszmiana paßirt habe, daß es sich auf Wils na bewege

und

daß

die große

Armee

ihre

Bewes

gung auf Wilna fortsetze. Hätte ich früher gewußt , daß die Armee diese Richtung nehmen werde , so hätte ich das zu Slonim gebliebene Corps statt es gegen Nieswij

vorrücken

wo es von großem

zu

laßen ,

Naßen

auf Lida

gewesen

wäre. 23

geschickt , Da es

354 mir

an Unterhalt fehlte ,

da ich überdiß voraussetzen

mußte, die große Armee werde den Niemen paßiren, um Winterquartiere zu beziehen und ich keine Befehle erhielt, so beschloß ich , meine Richtung auf Grodno zu nehmen. Ich zählte darauf , bis zum 16ten bei Roßa in Cantoe nirung zu seyn .

Die Division Siegenthal und drei Reiter Regimenter werden bei Slonim bleiben , und die

Nachhut bilden.

Wenn nicht die Befehle Sr. Majcståt

oder andere Umstände mich nöthigen , meine Disposis tionen zu ändern , so werde ich meine Bewegungen nach Bialystock fortsetzen und zugleich Truppen zur Deckung von Grodno abschicken ;

bis dahin hoffe ich Befehle zu

erhalten, welche den unter meinen Befehlen sichenden Truppen ihre Winterquartiere auweisen werden. Der Gene ral Dutailis benachrichtigt mich, daß Sacken mit 26000 Mann zu Wlodcimir stehe , was mir übertrieben scheint und daß er das Großherzogthum bedrohe ; der General hat nur 3000

Mann ,

die Weichsel ist gefroren , und

es ist wahr , daß er unermeßliche Depots zu decken hatte.

Ein sächsischer Courier ,

rückkommt , behauptet ,

der von Warschau zug

Se. Majestät

auf dem Weg

nach dieser Hauptstadt begegnet zu haben. Umstände veranlaßen mich ,

Alle diese

eine Bewegung des 7ten

Corps in der Richtung auf Bresze zu billigen , um von aus das Großherzogthum und hauptsächlich War

dort

schau gegen Ueberfall zu decken.“ ,,Der Ueberbringer dieses Schreibens , Graf Latour, Oberst-Lieutenant vom Generalstab, ist in den Stand gez setzt ,

Ew. Hoheit die nöthige Auskunft über die unter

meinen Befehlen stehenden Truppen und ihre Operatiouen zu ertheilen.“

Unterzeichnet : Schwarzenberg.

355 (5) Seite 290. „ Die geheime Gesellschaft des Tugende Bundes. Der Tugendbund war eine geheime an dessen Spitze der Freyherr von deßen Zweck dahin gieng , Joch zu befreien. mehrere andere,

Gesellschaft ,

Stein stand ,

und

Deutschland von - Napoleons

Diese Gesellschaft zerfiel

wieder in

welche unabhängig von dem oben ans

gegebenen Hauptzweck einen entferntern hatten, z. B. die Wiederherstellung der preußischen Monarchie, Deutſchlands Umbildung

in einen

einzigen

Föderativ-Staat

unter einem oder zwei Oberhäuptern. Die Gesellschaft des Tugendbundes bestand aus eis ner großen Anzahl besonderer Verbindungen , die einander unbekannt waren , und die durch Provinzial -Ausschüssen und General Versammlungen bis zum Obera haupte hinaufstiegen.

Die Ausschüße kannten nur diejenis

gen Verbindungen, denen sie Befehle übermachten, und die General-Versammlung, von welcher fie Befehle erhielten. (6) Seite 293.

" Sahen sich häufig genöthigt , bei Sols daten um Hülfe zu betteln. " Von folgendem Zuge war ich Augenzeuge :

Soldas

ten aller Waffen standen um ein BivouacFeuer her. Ein von Kälte erstarrter General bat fie, ihm auch eine Stelle einzuräumen , er erhielt jedoch keine Antwort ; auf seine wiederholte Bitte erwiederte ihm einer : " Nun denn, so lege dein Scheit her. "

Kurz darauf kam ein

Kriegs - Kommiſſår , der in einem Sacktuche einige Erd. åpfel hielt , die er in der Asche braten wollte ; allein so oft er sich näherte, wurde er mit Drohungen zurückgestoßen ; 25 *

356 er sah sich genöthigt ,

einen gaftlichern Bivouack zu sus

chen ; ich zweifle jedoch daß er einen gefunden habe. ( 7 ) Seite 296. Demungeachtet hoffte er die Trümmer feines Heeres zu Smorgoni zu sammeln. Die beiden folgenden Briefe laßen in dieser Bezies hung keinen Zweifel mehr übrig : Der Fürst von Neufchatel und son Wage ram an den Herzog von Belluno. Malodeczno , den 4ten November 1812 , Morgens um 3 Uhr. Sehen Sie heute Ihre rückgängige Bewegung fort, und beziehen Sie die Stellung vor Malodeczno , wobei Sie Sorge tragen werden , daß alle Fährzeuge und eins zeln

marſchirenden Militårs vor Ihnen påßiren.

zweite Corps ,

Das

das diese Stadt bis zu Ihrer Ankunft

bewachen wird , wird eine Stellung weiter rückwärts nehmen.

Das Hauptquartier wird sich über Markowo

nach Benika begeben.

Hätte man Unterhaltsmittel hier

gefunden , so würde man Halt gemacht haben ; allein die ersten beträchtlichen Magazine befinden sich zu Smors goni ; machen Sie dieß ihren Nachzüglern bekaunt , damit sie sich dort sammeln.

Sind Sie im Besihe von Mi,

litär-Fahrzeugen , so schicken sie dieselben nach Smorgoni, um Lebensmittel daselbst zu faffen. Jedenfalls wird man 10000 Portionen Zwiback ་ Sie allenthalben, wo es wodurch zuzuschicken, und Fleisch

dafür besorgt seyn , Ihnen

nöthig seyn mag , werden Stand halten können ,

ohue

beſorgen zu dürfen , daß Ihre Truppen ſich aufldſen. Sollten Ihre Transportmittel es

nicht gestatten ,

daß sie diese Lebensmittel am morgenden Lag erhalten , sø müßen Sie ihre Bewegung bis in die Nähe von "

357 Smorgoni fortsetzen , und dort, finden , Halt machen.

wo sich Magazine bes

Erlassen Sie einen Aufruf, um

die Nachzügler zu sammeln und auf Smolensk zn diris giren. Laßen Sie zur Sammlung schlagen, und das Krieges Gesetz denselben durch einen GeneralstabsOffizier vorlesen. Unterzeichnet: Alexander. Der Fürst von Neufchatel und von Wagram an den Grafen Kreptowicz. Malodeczno den 4ten November 1812, Morgens um 4 Uhr. Der Kaiser befiehlt , daß Sie Anstalten treffen, dem Herzog von Belluno aus den Magazinen von Smorgoni 10000 Rationen Zwiback und eben so viel für die Trup, pen des Herzogs von Elchingen abzuschicken, der da€ 2te und 3te Armee-Corps befehligt.

Seine Majestät befiehlt

ferner daß Sie auch an jedem dieser Marschälle 20000 Rationen Fleisch und 10000 Rationen Branntwein abschicken.

Machen Sie ,

daß

diese Lebensmittel bald-

möglichst und wenn es seyn kann morgen anlangen, weil auf der Stelle, an der diese Lebensmittel ausgetheilt were den , die rudgångige Bewegung aufhören wird . Man schreibt aus Wilya,

daß sich zu Smorgoni

60000 Rationen Zwiback befinden. werden auf die oben

Zwanzig tausend

vorgeschriebene Art

ausgetheilt,

30000 sollen an die Garde abgegeben werden , die solche noch heute fassen wird ;

5000 werden

an den Fürsten

von Eckmühl und eben so viele an den Prinzen Eugen , das doppelte an lebendem Fleisch und eine gleiche Anzahl Branntwein an jedes Corps abgegeben werden. Zu Smore goni befinden sich 95000 Rationen Mehl , und man verfis chert, die littauische Regierung habe Maaßregeln getroffen, daß eine noch größere Anzahl Rationen Brod daselbst ge,

358 backen werde.

Ist dieß alles wahr , und sind die Ma-

gazine von Oszmiana eben so gut

versehen , so wird

man die Armee hier sammeln , um Fleisch , Brod und Branntwein regelmäßig an sie auszutheilen.

Es ist das

her nothwendig , daß Sie den Kaiſer bald möglichst von den Hülfsquellen in Kenntniß sehen , welche die , Magas zine zu Smorgoni und Oszmiana darbieten , Sie mir hierüber Bericht erstatten.

und daß

Unterzeichnet : Alexander.

(8) Seite 300. Der 29te Tagsbefehl vom aus Malodeczno. Ich glaube

diesen Tagsbefehl

3ten Dezember

wegen seiner Bez

rühmtheit und weil seine Vergleichung mit den wahrhaften

Ereignißen großes Interesse darbietet herseßen zu

müßen. Neun und zwanzigster Tagsbefehl der großen Armee. Malodeczno ben 3ten Dezember 1812.

Bis zum

6ten November war die Witterung sehr

günstig und die Bewegung der Armee wurde mit dem größAm 7ten begann die Kälte. ten Erfolg ausgeführt. Von diesem Augenblick an verloren wir in jeder Nacht mehrere hundert Pferde , welche in den Bivouaks stürzten.

Bei unserer Ankunft zu Smolensk hatten wir schon

viele Reits und Zug-Pferde verloren. Die rußische Armee von Wolhynien stand unserem rechten Flügel gegenüber. Dieser verließ die OperationsLinie von Minsk und nahm zum Rückzugspunkt seiner Ope rationen die Linie über Warschau.

Der Kaiser erfuhr

am 9ten zu Smolensk diese Aenderung

der Operations,

359 Linie und ſah voraus , was der Feind nunmehr unters nehmen würde.

Wie hart es ihm auch schien , sich in

einer so rauhen Jahrszeit in Bewegung zu setzen , derte dieß doch die neue Lage der Dinge.

erfors

Er hoffte zu

Minsk, oder doch an der Berezina vor dem Feinde anz zukommen. Am 13ten brach er von Smolensk auf, am 16ten übernachtete er zu Krasnoi. Die 1 Kälte welche am 7ten angefangen hatte , nahm plößlich zu, so daß das Thermometer vom 14ten auf den 15ten und 16ten auf 16 und 18º Grad unter

Null zeigte.

Dis

Wege waren mit Glatteis bedeckt ; die Pferde der Reis tercy, der Artillerie und des Trains stürzten jede Nacht nicht nur zu

hunderten sondern zu tausenden , und von

dieſen insbesondere die deutschen und franzöſiſchen Pferde. Mehr als 3000 Pferde fielen in wenig Lagen. Reiterey war ganz unberitten ,

Unsere

unsere Artillerie und une

sere Fahrzeuge ohne Bespannung.

Man

mußte einen

großen Theil des Geschützes und des Kriegs- und Mundbedarfs stehen lassen und vernichten, “

Dieses am 6ten noch so schöne Heer befand sich am 14ten in einem ganz andern Zustande, beinahe ohne Reiterey , ohne Geschütz, ohne Transportmittel. Ohne Meiteren konnten wir kaum eine Viertelstunde vor uns her die Gegend recognosziren , und ohne Geschütz konne ten wir keine Schlacht wagen oder den Feind stehenden Fußes erwarten ; einer Schlacht

mán mußte marschiren um nicht zu

gezwungen zu werden , die wir wegen

Mangel an Munition nicht wünſchen durften ; mußte ,

um nicht umgangen

man

zu werden , einen gewis

ßen Raum einnehmen, und zwar ohne Reiterey, die unsere Colonen verband.

Diese Schwierigkeit verbunden

mit

360

einer plößlichen Kälte machte unsere Lage årgerlich. jenigen

Menschen , welche die Natur

Dies

nicht hart genug

gestählt hatte, um über alle Glücksfälle erhaben zu feyn, verloren ihre gute Laune und die Munterkeit, und träume ten nur von Unglück und Katastrophen; diejenigen , welz che sie erhaben über alles geschaffen hat , behielten ihre Munterkeit und ihr

gewöhnliches Benehmen bei , und

sahen neuen Ruhm in den

Schwierigkei

verschiedenen

ten , welche zu übersteigen waren. ,,Der Feind , welcher auf der Straße die Spuren der schrecklichen Uebel sah ,

an welchen das franzöſiſche

Heer litt, suchte dieselben zu benützen.

Er umgab alle

Colonnen mit seinen Kosacken , die , gleich den Arabern in der Wüste , alle zurückbleibenden Fahrzeuge aufhoben. Diese verächtliche Reiterey , die nur Lårm macht , nicht im Stande ist ,

und

eine Voltigeur - Compagnie zu

sprengen , machte sich unter Vergünstigung der obwaltenden Umstände furchtbar.

Gleichwohl hatte der Feind

Ursache, alle ernsthafte Versuche zu bereuen ;

er ward

von dem Vice - König über den Haufen geworfen , dem er sich in den Weg stellte ,

und verlor bei dieser Geles

genheit viele Leute. " " Der Herzog von Elchingen ,

welcher mit 3000

Mann die Nachhut bildete , hatte die Wälle von Smojensk gesprengt.

Er ward umringt und befand sich in

der mißlichsten Lage, aus schrockenheit zog ,

der er sich mit jener Uner-

die ihm eigen ist.

Nachdem er den

Feind den ganzen 18ten von sich entfernt gehalten hatte, führte er in der Nacht Flanke aus ,

eine Bewegung in

überschritt den Dnieper und

Berechnungen des Feindes.

die rechte

zerstörte alle

Am 19ten überschritt das

361

Heer den Dnieper bei Orsza und welche ermüdet war ,

die rußische Armee ,

und viele Leute verloren hatte ,

sette hier ihren Angriffen ein Ziel. " „ Das Heer

von Wolhynien hatte sich seit dem

16ten nach Minsk bewegt, und marfchirte auf Borisow. Der General Dombrowski vertheidigte den Brückenkopf Am 23ten ward er von Borisom mit 3000 Mann. forcirt und genöthigt ,

diese Stellung zu räumen.

So-

fort überschritt der Feind die Berezina und wendete sich nach Bobr , machte.

wobei die Diviſion Lambert die Vorhut

Das zu

Czercia , befindliche 2te Corps unter

dem Herzog von Reggio hatte Befehl erhalten sich auf Borisom

zu bewegen ,

um dem Heer den Uebergang

über die Berezina zu sichern.

Am 24ten stieß der Herzog

von Reggio 4 Stunden von Borisow auf die Diviſion Lambert ,

griff sie an , schlug fie , machte 2000 Gefans

gene, nahm ihr 2000 Gefangene, und 500 Packwågen der Armee

vor

Wolhynien ab ,

und

auf das rechte Berezina - Ufer zurück.

warf

den

Feind

Der General Berk-

heim zeichnete sich an der Spitze des 2ten Küraffiers Regiments durch einen schönen Angriff aus. Unterdeffen beseßte der Feind alle Berezina-Uebergånge.

Dieser Fluß , 40. Toisen breit , führte starkes

Treibeis und ſeine Ufer waren etwa 500 Toisen lang mit Sumpfland umgeben , wodurch der Uebergang schwierig wurde. "

" Der feindliche General hatte seine 4 Diviſionen auf verschiedenen Punkten aufgestellt, wo er vermuthete, daß das französische Heer übergehen werde. “ Nachdem der Kaiser am 25ten den Feind durch verschiedene Demonstrationen getäuscht hatte ,

marſchirte

362 er am 26ten mit Tages Anbruch nach dem Dorfe Studianka , und ließ unverzüglich troß einer gegenüberstehenDer

den feindlichen Division zwei Brücken schlagen. Herzog

von Reggio überschritt diese , griff den Feind

an, und warf ihn fechtend 2

Stunden weit

zurück.

Der Feind zog sich nach dem Brückenkopf von Boris sow zurück.

Der General Legrand ,

ein Offizier von

großen Verdiensten ward schwer , jedoch nicht gefährlich verwundet. Am 26ten und 27ten sette das Heer über.“ ,, Der Herzog von Belluno. hatte Befehl erhalten , mit dem 9ten Corps Reggio zu folgen ,

der Bewegung des Herzogs vou

die Nachhut zu bilden und die rußi-

sche Dwina-Armee , die ihm folgte ,

abzuhalten.

Die

Division Partounneaux bildete die Nachhut dieses Corps. Am 27ten Mittags traf der Herzog von Belluno mit 2 Divisionen an der Brücke bei Studianka an. “ " Die Division Partuonneaux brach in der Nacht von Borisow auf;

eine Brigade der Division , welche

die Nachhut bildete und mit Verbrennung der Brücken beauftragt war , marſchirte Morgens um 7 Uhr ab ; ſie kam zwischen 10 und 11 Uhr an , suchte ihre erste Bris gade und ihren Diviſions - General auf, welche 2 Stunden vorher aufgebrochen waren , nicht

begegnet

hatten.

und die sie unterwegs

Ihre Nachforschungen waren

vergebens ; jeßt erst verbreiteten sich Besorgnisse. was man seither erfahren konnte ist ,

Alles,

daß diese Brigade

welche um 5 Uhr abmarſchirte , sich um

6

Uhr vers

irrte , sich rechts statt links wendete und in dieser Rich, tung 2 bis 3 Stunden fortmarschirte ; daß sie sich in der Nacht , von Kälte erstarrt , bei den Feuern des Feindes ſammelte , die sie für die des französischen Heeres hielt

363 und daß sie auf diese Art in Gefangenschaft fiel.

Durch

diesen unglücklichen Verstoß verloren wir 2000

Mann

Fußvolk , 300

Pferde und 3 Geschütze.

Nach einem

Gerücht soll der Diviſions- General´nicht mit seinen CoIonnen, sondern allein marschirt seyn. " " Nachdem das ganze Heer am Morgen des 28ten den Fluß überschritten hatte , hielt der Herzog von Bels. 7 lund den Brückenkopf auf dem linken Ufer noch beseßt ; der Herzog von Reggio und hinter ihm das ganze Heer befanden sich auf dem rechten Ufer. " Sobald Borisow geräumt war, stellten das Dwinas Heer und das von Wolhynien sich her.

ihre Verbindung

unter

Am 28ten mit Tages Anbruch sehte der Herz

zog von Reggio den Kaiser in Kenntniß , -griffen sey ,

daß er anges.

eine halbe Stunde spåter ward

es auch

der Herzog von Belluno auf dem linken Ufer. Die Ar 1 mee griff zu den Waffen. Der Herzog S von Elchingensette sich hinter den Herzog von Reggio , und der Herzog von Treviſo hinter den Herzog von Elchingen.

Das

Gefecht ward lebhaft ; der Feind wollte unsere rechte Flanke überflügeln ;

der

General Doumerc , Befehlshaber

der

5ten Kürassier Division , der zum 2ten Corps gehörte , ließ das 4te und 5te Kürasfier s Regiment in dem Augenblick einbauen , in welchem die Weichsel-Legion einen Wald gewann , um die Mitte des Feindes zu sprengen der geworfen und in Unordnung gebracht wurde. tapfern

Küraſfire sprengten 5

Die

Infanterie-Carrees nach

einander, und schlugen die feindliche Reiterey , die ihrem Fußvolk zu Hülfe eilen wollte , in die Flucht. hundert Gefangene , 2 in unsere Hånde. “

Sechse

Fahnen und 6 Geſchüße fielen

364 ,, Auf der andern Seite ließ der Herzog von Belluno den Feind kräftig angreifen , schlug ihn , nahm ihm 5 - 600 Gefangene ab , und hielt ihn auf Schußweite von der Brücke entfernt. führte einen Reiter Angriff aus.

Der General Fournier In dem Gefecht an

der Berezina hat das Heer von Wolhynien viel gelitten. Der Herzog von Reggio ward verwundet , seine Wunde ist jedoch nicht gefährlich ; eine Kugel traf ihn in die Seite. " " Am folgenden Tag (am 29ten) blieben wir auf dem Schlachtfelde stehen. zur Wahl ,

Zwei Straßen blieben uns

die nach Minsk oder die nach Wilna.

Straße nach Minsk führt

Die

mitten durch einen Wald

und durch unbebautes Sumpfland.

Die Straße nach

Wilna dagegen führt durch eine fruchtbare Gegend. Das Heer, ohne Munition, aufs äußerste erschöpft durch einen fünfzigtägigen Marsch ,

gefolgt

von

einer Menge Verz

wundeter und Kranken bedurfte der Ankunft bei seinen Magazinen sehr. 1 Am 30ten war das Hauptquartier zu Pleszeniczi , am 1ten Dezember zu Staiki und am 3ten zu Malodeczno , woselbst das Heer die ersten Zuz fuhren aus Wilna erhielt, “

" Alle verwundeten Offiziere und Soldaten , alles Gepäcke 2. ward auf Wilna dirigirt. "1 ,, Das

Resultat des hier erstatteten Berichts

ist ,

daß das Heer seine Mannszucht herstellen , sich neu res frutiren , und seine Reiterey und Artillerie neu remons tiren muß.

Ruhe ist sein erstes Bedürfniß.

Das Mas

teriel und die nöthigen Pferde kommen an. Der General Bourcier hat bereits mehr als 20000 Rémonte Pferde in mehreren Depots vereiniget.

Die Artillerie hat be

365

-

reits ihren Verlust wieder ergänzt ; Generale , Offiziere und Soldaten haben durch Anstrengung und Hunger viel gelitten.

Der größere Theil hat sein Gepäcke mit ſeis

nen Pferden verloren ; einige auch durch die Hinterhalte der Kosacken.

Diese haben eine Menge einzeln marſchi-

render Militärs , Ingenieur-Geographen ,

welche Stels

lungen aufnahmen und verwündete Offiziere aufgehoben , welche ohne Vorsicht marschirten und vorzogen

Gefahr

zu laufen , als in der Ordnung und mit den Fahrzeus gen zu ziehen. “ ,, Die Berichte des Corps - Commandanten , werden diejenigen Offiziere und Soldaten ,

welche sich am meis

ften ausgezeichnet haben und die nähern Angaben

aller

dieser denkwürdigen Ereigniße bekannt machen . “ ,, Bei allen diesen Bewegungen marschirte der Kais ser immer in der Mitte seiner Garden , von denen die zu Pferde durch den Herzog vön

Istrien , die zu Fuß

durch den Herzog vou Danzig befehligt wurde.

Se. Mas

A jeſtåt war zufrieden mit dem guten

Geiste , den die

Garde an den Tag legte : sie war stets bereit , sich das hin zu begeben , wo es die Umstände erforderten, allein diese waren stets von der Art , daß schon ihre Anwesenheit hin reichte, und sie nie ins Feuer kam. “ · Der Fürst von Neufchatel, der Grosmarschall , der Grosstallmeister und alle Adjutanten , die militariz schen Beomten des kaiserlichen Hauses haben Se. Mas jestät stets begleitet. “

,, Unsere Reiterey war dergestalt demontirt ,

daß

man die Offiziere, die noch im Besitz von einem Pferde A waren , vereinigen konnte , um 4 Kompagnien , jede etwa 150 Mann ſtark, zu bilden.

Generale verfahen

366 den Dienst als Rittmeister , Obersten den der Unteroffisi ziere.

Diese heilige Schwadron , befehligt von dem Ge

neral Grouchy unter dem König von Neapel , verlor den Kaiser bei allen Bewegungen nicht aus den Augen. ,,Die Gesundheit Seiner Majestät war nie beßer. " (9) Seite 304.

Die unermeßlichen Magazine zu Wilna. Zu Wilna befand sich Brod , Zwieback und Mehl für 100000 Mann auf 40 Tage , ohne das Getreide der Wintermagazine zu rechnen , welches

que Samo-

gitien anlangte und für das die Mittel , es zu malen , bereits gesichert waren, weil die an der Wilna und Wilinka gelegenen Mühlen dergestalt erbaut sind , daß sie im Winter schneller als im Sommer malen. Es war ferner Fleisch für

100000

Mann auf 36

Tage theils in den Parken, die um Wilna vereinigt was ren , theils in kurzer Entfernung echelonirr ,

vorräthig.

Wein und Branntwein in noch größerer Menge. 30000 Paar Schuh. 27000 Gewehre und eine große Menge von Kleis dungsstücken ,

von

Geschirr und Ausrüstungs , Gegens

stånden. (10) Seite 306. Nie erlitt ein Verlust.

Heer

einen ähnlichen

Folgenden Auszug aus dem Gemälde

des Feldzugs nach Moskau , von Rene Bourgeois ,

wird man mit Interesse lesen; er schildert die

Lage der Armee nach dem Uebergang über die Berezis na folgendermaßeu :

,, Nach Verlauf

,,bot die Armee einen dar.

schrecklichern

einiger Anblick

Die Kälte stieg immer mehr ,

und

Mårsche als

je ,

man war

-

367

‚von allem entblöst , was ihre Wirkung hätte vermins , dern können. „ Hauptsächlich fehlte es

an

Fußbekleidung ,

die

zerfreffen von dem Schnee durch den man unaufhörlich Man sah

,, marschirte, bald gänzlich verbraucht war.

,,sich genöthigt die Füße mit Lumpen und Thierfellen zu „ , umwickeln , “die man mit Strohbåndern oder Bindfaden ,, befestigte.

Allein alle diese von der Noth eingegebenen

Mittel vermochten Stiefel und Schuh beiweitem nicht zu ,, ersetzen.

Im Gegentheil machten sie den Marsch nur

,, langsam und

beschwerlich

und schüßten

nur wenig

,, gegen die eindringende Kålte. ,,Der übrige Anzug stand vollkommen im Verhält ,, niß zu der Fußbekleidung. Ueberladen mit den schmu,,zigsten auf abentheuerliche Weise geordneten Lumpen , ,, den Kopf auf die sonderbarste Weise bedeckt , mit lan gem ekelhaften Barte , " Augen ,

unordentlichen Haaren , hohlen

abgezehrten Wangen

gaben

die

Schreckge

,, ſtalten , auf deren Angesicht ſich phyſiſcher und moraliz ,, scher Kummer mahlte , dem Heer den Anblick nächtli,, cher Gespenster.

" Man befand sich in so jammervollem Zustände , " daß es sich häufig ereignete , daß Menschen , die durch " die innigste Freundschaft verbunden waren , ganze · " Tage neben einander herzogen , ohne sich zu erkennen.

,,, Trotz aller angewendeten Mittel , die Wirkung ,, der Kålte zu mildern , erfror doch der gröste Theil ,, ein oder das

andere Glied ,

" fich glücklich schätzen ,

und diejenigen konnten

welche nur die Nasenspien ,

,, Ohren oder einige Finger erfroren.

Was diesen Schaz

,, den unendlich vergrößerte , war , daß , sobald man an

368 ankam ,

Feuern

,, den

,,in dieselben steckte ;

die erstarrten

man

da diese nun alles

,,loren hatten , so waren sie unfähig ,

Glieder

Gefühl verden Eindruck Statt

,, der Hike , die sie verzehrte , zu empfinden. ,, daher

die

gesuchte

Erleichterung

zu

fühlen ,

vers

,, anlaßte die plötzliche Wirkung des Feuers die heftigsten

" Schmerzen und ,, herbei.

führte in

Die Auflösung höchsten Grad erreicht.

kürzer

Zeit den

Brand

und Entmoralisirung hatte

den

Jeder Schein von Befehl und

" Gehorsam war verschwunden ; weder ein Unterschied ,, des Ranges noch des Vermögens fand hier statt.

Wir

,,bildeten nur noch eine verstandlose herabgestimmte Ban„, de Menschen , unter denen keine Spur von Civiliſation mehr zu finden war ; einander fremd sah jeder nur ,, sich,

und beschäftigte sich jeder ausschließlich mit sich.

" Man

war aus Berechnung grausamt geworden ; Kampfe

mit

" stürzte ein Unglücklicher nach

langem

" allen diesen Widerwärtigkeiten ,

endlich unter der Laſt

" seiner Leiden , so durfte man darauf rechnen , daß alle Federn seines Lebens abgenutzt waren , und er sich nicht wieder erheben würde.

Noch ehe er den lehten

Athemzug gethan hatte , behandelte man ihn schon " als eine Leiche , und warf sich auf ihn als auf einen

" Raub , um ihm die elenden Lumpen , die ihn bedeck" ten zu rauben ;

in wenig

Augenblicken war er aus,

" geplündert , und man ließ ihn in dieſem Zustande der " Naktheit sterben. ,, Kalt wendete man das Auge von diesem gräßlichen " Anblick ab.

Wenn auch einige von uns jenen Muth

" und jene Kraft zeigten , die sie über alles Unglück er-

369 ben , so fehlte es doch der ungleich größern Anzahl an ,, der nöthigen moralischen Kraft , um nicht zu unters ,, liegen.

Bestürzt durch das Schreckliche

ihrer Lage ,

und durch das sie bedrohende Loos , gaben sie jede Hoffnung auf, so vielen Uebeln zu entgehen und vers ,, fielen in ein dumpfes Hinbrüten. Von dem

Augenblick, als ihnen der Tod unvers

,, meidlich schien ,

wurden sie unaufhörlich von diesem

" Gedanken beherrscht ,

der alles

Uebrige

verdrängte.

" Ucberzeugt , daß alle Anstrengungen ihre Leiden nur um einige Augenblicke zn verlängern vermöchten, was ,,ren fie des geringsten Wiederstands unfähig ; die Ver " nichtung ihrer moralischen Fähigkeiten war so groß , " daß sie sogar den Willen , sich zu retten verloren. ,, Taub gegen

alle Vorstellungen und gegen alle

Bitten bestanden sie

hartnäckig darauf,

sich außer

" Stande zur Ertragung der geringsten Auftrengungen zu

,, halten ; sie verweigerten eigensinnig , ihren Weg forts zusehen und warfen sich verzweiflungsvoll zu Boden ,

" ,, um das Ende ihres elenden Lebens zu erwarten. " Andere dagegen von stärkerer Seele hårteten sich

1 an den Schwierigkeiten ab, und entwickelten eine Festig. " ,, keit, welche alle Proben aushielt ; allein nach mehr oder minder langem Kampfe, unterlagen sie endlich wie die ,,übrigen. " Häufig sah man Geistern ähnlich solche Elende

" neben sich marschiren , für welche

die Zurücklegung

,,der Station eine mühsame Arbeit war ,

und die es

" Anstrengung kostete , einen Fuß vor den andern zu sec hen ; plößlich fühlten sie ihre Kräfte schwinden , tiefe

" Seufzer hoben ihre Brust , die Augen füllten sich mit 24

370 " Thränen, die Knice bogen sich unter ihnen , sie wank,, ten einige Augenblicke, und stürzten endlich nieder, um ,,sich nicht mehr zu erheben. " Diejenigen ihrer Gefährten , welche sie umgaben, ,, wendeten ihre Blicke ab , und lagen die Körper der " Sterbenden vor ihnen, so überschritten

sie diefelben

" gleichgültig , als ob sie nichts gewähr würden. " Viele von uns befanden sich in einem wahren Zus

" ftande des Wahnsinns ; betrübt , mit verstörtem stie,, ,, rem Blicke , erkannte man sie sogleich aus der Menge ,,in deren Mitte sie , gleich Automaten , in tiefer Stille

" einherzogen. Wenn man sie anredete , konnte man Sie " nur Antworten ohne Sinn von ihnen erhälten. " hatten den

Gebrauch ihrer Sinne gänzlich

" und waren fühløs gegen alles.

verloren

Beschimpfungen; ſelbſt

„ Schläge vermochten nicht , ſie zu sich selbst und aus " diesem Zustande der Starrsucht heraus zu bringen. Weiter unten beschreibt Herr Rene Bourgeois die Wirkungen der großen Kålte, „ Bei unserer Ankunft zu Smorgoni stieg die Kälte Am 6ten, 7ten ,, auf einen bisher unerhörten Grad. und 8ten Dezember betrug fie 26 bis 27° Grad.

8

,,Diese außerste Kälte , welcher zu wiederstehen uns ,, möglich war, vollendete unsern Untergang.

Nur weni

,, ge entgiengen ihren Wirkungen und jeder Tag raffte

" eine Menge Menschen dahin ;

" waren die Nächte ;

besonders

mörderisch

die Straße und die Lagerplåte ,

" welche wir verließen waren mit Leiches bedeckt. ,, ,, Um nicht zu unterliegen war ein beständige Be,, wegung nothwendig , wodurch die natürliche Wärme „ `in allen Theilen des Körpers verbreitet nurde. Wenn, von

+

371 n Strapaßen erschöpft, Jemand das Unglück hatte, fich dem Schlaf zu überlaßen , ſo daß die Lebenskräfte nur eine

7 schwache Reaction leisteten , so stellte sich das Gleichs " ,, gewicht zwischen dem Schlafenden und den ihn umges benden Körpern bald her, und es bedurfte nur weniger

" Zeit, daß im eigentlichen Sinne des Wortes das Blut 21. in den Adern gefror. " vorhergegangenen " Schlafs

nicht

Wenn

man erdrückt von den

Entbehrungen

überwinden

das

konnte ,

Bedürfniß des dann

raffte die

Kålte die meisten Opfer weg ; alles Flüssige im Körper erstarrte nnd man », zu werden hinüber.

schlummerte

ohne es gewahr

Glücklich waren diejenigen, welche

noch zeitig genug aufgeweckt wurden , um der gänzlis chen Lebenserlöschung zuvorzukommen. Endlich beschreibt Herr Rene Bourgeois die Wirs kung der Kålte auf die Soldaten der Divifion Loison.

" Die jungen Soldaten ,

aus denen sie bestand ,

», größtentheils Deutſche , unterlagen , getroffen von der », plöglichen Wirkung einer Kälte , der fie noch nie auss gesetzt

waren ,

dem Uebermaße ungewohnter Leiden.

" Sie giengen weder aus Erschöpfung ,

" thätigkeit zu Grunde;

, den Tod.

noch aus Uns

die Kälte allein brachte ihnen

Anfangs sah man sie einige

Augenblicke

" wanken und gleich Betrunkenen mit unsicherem Schritte. " marschiren. " rückgetrieben ,

Alles

Blut schien nach dem Kopfe zus

so roth und aufgetrieben war dieser ,

,, bald darauf verloren sie alle Kraft , ihre Glieder was ,, ren wie gelähmt.

Da sie die Arme nicht mehr zu

,,halten vermochten , ließen sie dieselben " Schwere gemäß herabhängen ;

der eigenen

die Gewehre entsanken 24 *

-

372

„ ihren Hånden , ihre Kniee bogen ſich unter ihnen und fie „ fielen endlich nach vergeblichen Anstrengungen zu Boden.

" Im Augenblick wo sie die Abnahme ihrer Kräfte " fühlten, füllten Thrånen ihre Augen, und noch mehrere

" mal erhoben sie sich , um die sie umgebenden mit stie, ,, rem Blicke anzustarren ; sie schienen alle Sinne verlo,, ren zu haben uud hatten ein erstauntes irres Aussehen. " Allein ihre ganze Physionomie , die gewaltsame Zuſam

" menziehung ihrer Gesichtsmuskeln waren ein unzweideu,, tiges Zeugniß der grausamen Schmerzen, die fie erlitten. ,,Die Augen waren sehr roth , und häufig

drang

,, das Blut aus den Poren und floß tropfenweise aus " ,, der Haut hervor , welche das innere des Augenliedes ,,deckte , so daß man,

ohne fich eines

metaphorischen

„ Ausdrucks zu bedienen , sagen konnte , diese Unglückli

" chen vergoßen blutige Thránen.“ (11) Seite 310. „ Hier übermachte ihm Murat die neuen Instruktionen des Kaisers."

Als Murat zu

Wilna aukam ,

war er niederge-

schlagen und schien das Vermögen zu denken , zu råſouiren und zu handeln ,

verloren zu haben.

Anfangs

schenkte er Maret nur wenige Aufmerksamkeit, der ihm Napoleons Befehle übergab ,

und rief statt aller Ant-

wort : „ Nein, ich werde mich in diefem Nachtropf nicht ,, gefangen nehmen laſſen. Nach Verlauf einer hal ben Stunde schien er dem so wichtigen Gegenstand der Diskußion Aufmerksamkeit zu weihen. ,, Ertheilen Sie

" mir Befehle, " sagte ihm Berthier, ",, ich will sie aus,,fertigen. " "

Sie wissen besser als ich , “

erwiederte ·

" Murat,,, was zu thun ist, geben Sie selbst Befehle. “ “

373 Sie commandiren die Armee und 麂 nicht ich,

war

Berthiers Antwort ,,, geben Się ihre Befehle, ich will fie ausfertigen. “

Dieser beklagenswerthe Streit zog sich

sehr in die Långe ; Murat wollte nichts befehlen , Ber Maret verließ beide ; thier nichts auf sich nehmen. Abends kehrte er zu Murat zurück ;

einige Ruhestunden

schienen diesen sich selbst wieder gegeben zu 1 haben.

Er

willigte endlich ein , so lange als möglich in Wilna zu bleiben.

(12) Seite 310. Das Staunen der Einwohner

dieser

" Stadt." Der Frthum von Wilnas Bewohnern in Bezichung auf das französische Heer rührte nicht nur von den durch Maret verbreiteten falschen Nachrichten , sondern auch davon her , 7 daß bis zum 8ten Dezember keines

der

hier in Besatzung liegenden Depots aufbrechen durfte , keines der daselbst befindlichen unermeßlichen Magazine geräumt wurde , und man 6 Millionen gemünztes Silber ruhig daselbst ließ.

Daher schien man bis zu dies

sem Zeitpunkt in einer gänzlichen Folgender Brief möchte zum

Sicherheit zu seyn.

Beweiß

dieser Ansichten

beitragen : Der Fürst von Neufchatel und von Wagram an den General Lieutenant dorp, Gouverneur von

Grafen Hogens Littauen.

Miednicki , deu 17ten December 1812 Abends um 7 Uhr. 4

,, Ich benachrichtige Sie, daß die Kaiserliche Garde Se. Majestát Wilna eintreffen wird.

,,morgen in

„ wünscht , daß sie in der Vorstadt Oszmiana unterges ,, bracht werden könne. Die Reiterey der Garde wird

374 auch morgen ankommen , und ihre provisorischen Cans tonirungen in denjenigen Orten nehmen , welche sie bereits bezogen hat.

Die Corps des Vice-Königs und

" des Fürsten von Eckmühl werden morgen zu Rukoni " Halt machen.

Ich hoffe ,

Sie werden die geeigneten

" Maaßregeln getroffen haben , daß allen Nachzüglern ,, und einzeln marschirenden Militárs ihre Cogna's abs ,, genommen , und

daß diese sogleich unter die Armees

„ Corps vertheilt werden. ,, von Patrouillen

Laßen Sie die Stadt häufig

durchstreifen ,

Soldat geduldet werde. ,,weiß derjenigen

damit

kein

einzelner

Wir wünschen einen Aus-

Dörfer ,

welche zwei Stunden um

,, " Wilna liegen , und Hülfsquellen darbieten , um Trup,, pen dahin zu verlegen. Der König hofft, Sie werden

" keinen Augenblick verlieren ,

um unsere Kranken und

,, alle Verzögerung verursachenden Administrations, Ge ,, genstände fortſchaffen zu laßen.

» vorráthigen

6 Milionen müßen 2

,, auf Königsberg Leute

dirigirt werden.

der Reiterey můßen

Von den zn Wilna auf Warschau ,

4

Die unberittenen

an einem und demselben

,, Ort gesammelt und in Abtheilungen zu 500 Mann ,, nach Kowns und Warschau geschickt werden. Der General , Bourcier

wird die Anzahl der Mannschaft

und die Waffe bezeichnen , welche

" Punkte dirigirt werden sollen.

nach jedem dieser

Ich habe Ihnen bereits

" geschrieben , alle Remonten von Wilna nach Königs,,berg zu senden.

Viele Soldaten werden verlangen in

die Spitåler aufgenommen zu werden. Die Cogna's ,, und kleinen Wagen , welche man den Soldaten beim „ Eintritt in die Stadt wegnimmt , werden hinreichende Transportmittel geben , um

unsere Kranken

fortzus

375

Halten Sie genaue und ausführliche Stan

,schaffen.

desausweise über

alles , was sich zu Wilna befindet ,

bereit. Unterzeichnet : Alexander. (13) Seite 314.

,, Noch

an demselben

Tage wurden

an

die Generale Schwarzenberg und Ma c d onald Befehle abgefertigt. "Da die an diese Generale abgesendeten Befehle von Intereffe sind , so führe ich się au : Der Fürst von Neufchatel und von Wagram an den Fürsten von Schwarzenberg. Wilna den sten December 1812.

" Die Armee befindet sich in diesem Augenblick zu Wilua; allem Vermuthen nach wird » ſich jedoch bestimmen , sie über

Se. Majestät

den Niemen zurück-

» , gehen zu laſſen , um an diesem Fluß Winterquartiere zu bezichen. Sie werden sich mit Ihrem Corps und dem une ter Reynier nach dieser Bewegung richten , um sich „ auf der neuen Linie , die wir auf dem linken Niemens » Ufer beziehen werden ,

in Uebereinstimmung mit uns

», zu ſehen ; indem es die Absicht des Kaifers war, daß ihr Korps und das des Generals Reynier das Großherzog-

" thum Warschau decken sollten.

Se.

Majcståt läßt

" Sie durch mich ersucheu , auf Bialystock zu mandvriren,

diese Bewegung jedoch so langsam als möglich auszus " führen ,

außer wenn sie durch die Bewegungen. des

" Feindes

hiezu gezwungen

werden sollten.

Die Ara

mee wird sich auf Kowno bewegen , welchen Punkt sie als Brückenkopf behaupten wird.

Dahin werden ſie

376 Geben Sie uns Nachricht,

,, uns Ihre Berichte schicken. ,,so oft es Ihnen möglich ist.

Unterzeichnet : Alexander.

Der Fürst von Neufchatel und von Wags ram an den Herzog von Tarent. Wilna den gten Dezember 1812. ,, Die Armee befindet sich in diesem Augenblick in Wilna und der Umgegend.

Se. Majestät wünscht, Sie

" möchten sich durch einen Marsch gegen Tilsit unserer

,, Operationslinie nähern ,

um Königsberg zu

decken.

" Allein Se. Majeſtåt beauftragt mich zu gleicher Zeit , " Sie in Kenntniß zu sehen , daß Ihre Bewegung 2c. 266

Unterzeichnet : Alexander. (14) Seite 321. " Die Corps bestanden nur noch aus ihs ren Adlern , die durch einige Offiziere und Unteroffiziere geleitet wurden.“ Folgende Stelle aus dem Bericht, den Berthier an Napoleon, aus Wirballen vom

16ten Dezember

1812

erstattete, zeigt den wahren Zustand des französischen Heeres in jenem Zeitpunkt am deutlichsten : „ Offen ges ,,sagt, vier Fünftheil der Armee hat Füße , Hände oder „ Geficht erfroren.

Ew.

Majestäåt kann sich keinen Be-

,, griff machen von dem Zustande des Leidens und der „ Unordnung in welchen die strenge Kålte das Heer Seit zwei Monaten zu großen Märschen

,, versetzt hat.

,, gezwungen, bilden die Kombattanten im gegenwärti [ gen Augenblick kaum eine Eskorte , um den König " die Generale und die Adler zu decken.

Weiter unten findet man fölgende Stelle : Ich bin in diesem Augenblick sehr besorgt.

Ich

7

377 ,,hatte alles verloren , außer einem Wagen auf dem sich sämmtliche Staudes , Ausweise der Armee , Ihre Oris ginal S Befehlbücher und die 1 große Carte der Bewes Dieser durch sichere Gensdarmen gungen befanden .

,, geleitete Wagen

ist

" no verschwunden.

nach dem Abmarsche von KowSeit

3 Tagen weiß

ich nichts

,, von demselben.

Ich habe nichts mehr , als was ich 邀 ,, auf dem Leibe trage ; noch hege ich einige Hoffnung , , er werde die Straße nach Wilna eingeschlagen haben.

„ Ich ließ ihn auf allen Seiten aufsuchen , und bin au " ßerst bestürzt über den Verlust meiner wichtigen Pas wpiere. Der

vermißte Wagen hatte diefelbe Straße

mit

Zu Königsberg stieß er wieder zu

Ney eingeschlagen.

Berthier , und aus den Papieren die er erhielt , hab ich einen Theil der Notizen geschöpft , deren ich mich bei Abfaßung der Geschichte dieses denkwürdigen Feldzugs bediente.

(15) Seite 322. " Zschitschagofs Vorhut kam am Nachs mittag und er selbst den andern Lag mit seinem Corp s.

Tschitschagof fertigte den 29. November einen Bericht 11. Dezember an feinen Regenten ab , den ich anführen zu müßen glaus be.

Er war in folgenden Ausdrücken abgefaßt : 29. November 1812. Rufoni den 11. Dezember ,,Seit dem

ohne Unterlaß.

November verfolge ich den Feind In den ersten Lagen ward

unser

Marsch durch abgebrochene Brücken häufig verzögert ;

378

doch waren einige Stunden stets hinreichend , sie wieder Unsere Märsche waren sehr stark : die

herzustellen.

Vorhut, welche den Feind nicht aus dem Gesichte ließ », hat ihn öfters aus Stellungen vertrieben , wo er zu über, Jeden Taz hat man ihm Geſchüß nnd Seit dem Berezina-Uebergang

,, nachten gedachte.

» Gefangene abgenommen.

,,bis nach, Wilna haben wir 2 Fahnen ,

mehrere Genes

,,rale, einige 1000, Gefangene, 150, Geſchüße , mehr als 700 Munitionswagen und, militärische Fahrzeuge und ,, eine so große

Menge Gepäcks

genommen ,

daß die

Straße an mehreren Stellen damit übersäet ist. ,, Nachdem die Nachhut des Feindes aufgerieben war, ,,bewerkstelligte er seinen Rückzug in der größten UnordDer Soldat stürzte von Anstrengung erschöpft

,, unng.

„ zu Boden, und gab sich in der Verzweiflung gefangen. „ Der

Verlust des

,,Mann.

Feindes beträgt

wenigstens 50000

Die Straße ist mit Todten , Verwundeten , Er-

,,frorenen und Sterbenden überfået.

So schnell erreicht

„ die Strafe diefe Elenden, daß sie in den Flammen ders „ ſelben Häußer zu Gründe gehen , die ſie , um sich zu

" erwärmen , in Brand stecken , und daß man sie in den,, jenigen erfroren findet ,

" verbraunt haben.

deren Thüren und Fenster ſie

Aus Wilna konnte der Feind nichts

,, hinwegführen , wir fanden viel Geſchüß und unermeß,,liche Magazine daselbst.

Unter

der

großen

Anzahl

,, Kranker nnd Verwundeter befinden sich mehrere Genes ,, rale.

Der General

Tschapliz hat sich durch seinen

" unermüdlichen Eifer , und die Schnelligkeit , mit wel,, cher er den Feind verfolgte , insbesondere ausgezeichnet. ,,Ein Adjutant , der vom Marschall Davoust den Auftrag i, hatte, die Nachhut zu erwarten und Erkundigungen

379 ,,über die Stärke des die franzöſiſche Armee verfolgens ,, den rußischen Corps einzuziehen , ward zu Oszmiana gefangen genommen ; er war sehr erstaunt, auf die ,,rußische Nachhut statt anf die französische zu stoßen , die nicht mehr eristirte.

Die Gefangenen stimmen dars

,, inn überein , daß Napoleon das Gefährliche , seiner Lage ,, nicht mehr geheim halten kann ,

und daß er sein eiges

" nes Heer fürchtet , welches zu murren aufångt.

In den

,, leßten Tagen wurden viele Leute von seiner Garde ges fangen.

Ich selbst kam manchmal in solche WohnunHäufig bricht

gen, welche sie kaum verlassen hatten. ,, Napoleon erst in dem Augenblick auf,

weun unsere

,, Vorhut feine Nachhut beschießt."

(16) Seite 333.

" Abfall war daher lobenswerth Yorks ,,und natürlich." Um Dieses Ereigniß im richtigen Lichte kennen zú lernen ,

will ich

eine Abschrift von der zwischen Vork

und Wittgenstein geschloßenen

Uebereinkunft

einem Schreiben Macdonalds an Bachelu , einem Briefe geben ,

den Massenbach

an

und von

endlich von Macdonald

schrieb , nachdem er ihn verlaßen hatte , und der ihm eis nige Stunden nach dem des Generals Vork zukam. Abgeschlossene Uebereinkunft zwischen York und Wittgenstein . Unter tem heutigen Tage haben die Unterzeichneten, nehmlich der Befehlshaber

des preußischen Hülfscorps , General-Lieu tenant von Vork einerseits , und der Generals Major von Diebitsch, Generalquartiermeister des kaiser, lich rußischer 1 Heers unter dem Befehl des Grafen Witt,

380 genstein andererseits nach reiflicher Ueberlegung folgende Uebereinkunft abgeschloffen : 1ter Artikel.

Das preußische Corps wird im

Innern des preußischen Gebiets die Linie der Gråuze ents lang von Memel und Nimersatt bis an die Straße von Wainuty nach Tilsit beseßen ; von Lilſit wird die Straße, welche über Schilupischken und Melauken führt , bis Las biau , mit Junbegriff der Städte, die sie berührt, die Ausdehnung des Landes einschließen, das besagtes preußis fches Corps besetzen soll.

Auf der andern Seite wird

dieses Gebiet durch das curische Haff begrenzt , ſo daß diese ganze Strecke so lange als vollkommen neutral bea trachtet werden wird, als die , preußischen Truppen ſie inne haben. Es versteht sich von selbst , daß die rußischen Truppen auf den oben erwähnten Straßen frey hin und her marſchiren köunen , ohne jedoch in den Städten dieſes Bezirkes Quartier zu erhalten. Die preußischen Truppen werden. 2ter Artikel.

in dem unter dem Artikel 1. bezeichneten Gelsiete vollkommen als neutral betrachtet werden , bis sie von Sr. Majestát dem König von Preußen Befehle erhalten has ben; allein sie machen sich verbindlich , falls

ihr Mo-

narch ihnen befehlen würde , sich an die kaiserl.ich -französ sischen Truppen anzuschließen , gegen die rußift hen Truppen vom heutigen Tage an , 2 Monate langz nicht zu fechten. 3ter Artikel:

Falls Se. Majestät

der König

von Preußen , oder Se. Majestät der Kaiser von Ruße land gegenwärtiger Uebereinkunft ihre Ratifik ation vers weigern werden , so soll es dem preußischen Corpe frey

381 stehen, sich dahin zu begeben , wohin es die Befehle setnes Königs rufen. 4ter Artikel.

Dem preußischen Corps sollen alle

Nachzügler, die man auf der Straße von Mietau finden wird , eben so was zu ihrem Material gehört , zurückgeWas die Zweige der Verpflegung und geben werden. des Trains obigen´Corps anbelangt , so wird alles was zu denfelben gehört , die rußischen Heere paßiren dürfen , um sich von Königsberg oder von noch weiter entlegenen Punkten zu dem preußischen Armee-Corps zu begeben. Im Fall die Befehle des Genes 5ter Artikel.

ral-Lieutenants York den General- Lieutenant Maſſenbach noch erreichen können , sollen die Truppen dieses leßtern in gegenwärtiger Uebereinkunft mitbegriffen seyn. 6ter Artikel.

Alle Gefangenen , welche die rußi-

schen Truppen unter dem General Diebitsch

etwa dem

General Massenbach abnehmen können , sollen gleichfalls in diese Uebereinkunft eingeſchloßen ſeyn. 7ter Artikel.

Dem preußischen Corps soll es

frey stehen , alle Verpflegungs-Maaßregeln mit den Pro vinzial-Regierungen von Preußen einzuleiten , ſelbſt in dem Fall , daß diese Provinzen von rußischen Truppen besetzt seyn sollten. Obige Uebereinkunft wurde in Dupplo ausgefertigt und mit der Unterschrift und dem Siegel der Unterzeichneten versehen. Auf der Mühle von Poschernu (bey Taurogen) den 8. Dezember 1812. Unterzeichnet Diebitsch k. rußischer General-

Major; York k. preußischer General Lieutenant.

1 382

--

Der General Macdonald

an den Gene,

ral Bachelu. Tilfit den 30. Dezember 1812. Mein lieber General !

Ich habe Ihren Betrachtungen nichts entgegenzus ,,setzen.

Seit drey Tagen drückt mich der Schmerz zu

„ Boden ; es ist abscheulich, einer so gefährlichen Lage zu ,, entgehen , um sogleich wieder in eine neue zu verfallen ; ", gleichwohl kann ich mich nicht entschließen, dieſes preus 1 ,,Bische Corps aufzugeben ; es kann unmöglich gefangen ,,seyn ; der Feind håtte dieß überlaut verkündigt. Eine ,,heute von Mordlen zurückgekommene Person hat nichts davon vernommen .

Ein Emißår von Coadjuthen gibt

,, vor , erfahren zu haben , der General York sey von ,, Chelet auf Paghermont märſchirt.

Keiner unserer zahl-

,,reichen Boten kehrt zurück, troß des versprochenen Löhns ; wahrscheinlich wurden sie aufgefängen.

Dieses Bench-

,, men des Generals York ist unerklärbar ; am 24ten wär ,, er zu Kelm und hatte Befehl am 25ten nach Nimoke ,,sty und Koltiniany zu kommen.

Ein Gegenbefehl rief

,, ihn noch an demselben Tag nach legterm Punkt und ,, am folgenden nach Paghermont zurück , wo er neue Befehle empfangen aber nicht erwarten sollte ; er mußte ,,bemerkt haben , daß zahlreiche Streifcorps die Verbins ,, dung unterbrochen hatten.

Was noch mehr ist,

, mußte wissen , daß wir in Tilsit sind.

er

Diese Nach-

,, richt ist allgemein verbreitet, und die Absicht war, ,, sich dahin zu begeben. Ucberdieß ist auch das Thaus ,, wetter eine hinreichende Benachrichtigung. Erwartete

" er die Befehle ,

die ihm versprochen waren ?

Dieß

,,läßt sich kaum denken ; er war dicht hinter uns, auf

383

7, unserer Spur, der Weg frey, und er folgte nicht. Ich

" verliere mich in Vermuthungen.

Auf und davon zu -

gehen , was wird der Kaiser , Frankreich , die Armee , ,, Preußen , Europa sagen? Wåre der freywillige Abfall eines Theils des 10ten Corps , +. ohne andern Gründ ,, als die Klugheit, nicht ein ewiger Flecken für dieses ?

" Wie auch die Ereigniße kommen mögen, ich will gerne freywillig das Opfer seyn, wenn ich es nur allein bin. ,, Ich stehe mit dem Hauptquartier in Königsberg in

# Verbindung. ,, piau ;

Man sendet einige Truppen auf Ta

die Division Heudelet kommt nach und nach

,,dort an , um die Garde zu ersehen.

Ich glaube jedoch,

,, daß die Erlaubniß viele Mühe kosten wird, diese Trup ,, pen nach Insterburg zu verlegen .

Die feindliche Rei-

,,tereý verdeckt sicher eine Truppen.Bewegung.

Sie ha-

,, ben Befehl erhalten , sich zurückzuziehen ; ich bin Ihren " Wünschen zuvorgekommen. ", entscheidenden Schritt thun.

Morgen werde ich einen Wenn Sie nicht beunru

,, higt sind, besuchen Sie mich einen Augenblick 2c. 20." Unterzeichnet Macdonald. ·Nachschrift. „Ich habe Maasregeln getroffen um " die Absichten des Feindes zu vernichten, wenn er etwa ,, wagen sollte, einen Hurrah auf die Stadt zu machen. “ Der General Massenbach an den Marschall Macdonald.

Tilsit den 31. December 1812. Das

Schreiben des Generals York wird ' Ew.

,, Excellenz bereits in Kenntniß geseht haben , daß mein ,, lehter Schritt mir vorgeschrieben ist, und daß ich nichts ,, daran åndern kann ,

weil die Vorsichtsmaasregeln ,

,, welche Ew. Erzellenz treffen ließ , in mir den Verdacht

384

Gy

" erweckten , Sie möchten mich vielleicht mit Gewalt zu " rückzuhalten

oder meine Truppen zu entwaffnen vers

,,suchen. Ich mußte diesen Weg einschlagen , um mich an

" meine Truppen anzuschließen , nach der von dem coms ,, mandirenden General geschloßenen Uebereinkunft , wels

11: che er mir diesen Morgen mittheilte. " Ew. Excellenz wird verzeihen , daß ich Sie nicht ,, in Person von dem Vorgefallenen unterrichtete; ich uns ,,terließ es, um meinem Herzen ein schmerzhaftes Ges fühl zu ersparen 2c. 2c. Unterzeichuet : General-Lieutenant Massenbach.

(17) Seite 335. "Allem Anschein nach meinte es der Kde nig von Preußen redlich. " Der Graf von Saint-Marsan , und Augereau , dèr die französischen Truppen in Preußen befehligte , waren überzeugt , daß der König von Preußen treu bleiben werde. Folgende Briefe laßen darüber keinen Zweifel mehr. Der Graf von Saint - Marsan an den Fürsten von Neufchatel und von Wagram. Berlin , den 4ten Januar 1813, Monseigneur ! ,, Der König sendet mir so eben den Herrn von

" Hardenberg , um mir seine Entschlüße mitzutheilen. " Sie sind folgende : Se. Majestät wird morgen , spås " testens gegen Mittag ,

einen feiner Adjutanteu den

" Oberst Lieutenant Razmer an " nig

von Neapel abschicken.

Se. Majestät den Kös

Dieser Offizier wird die

" Ernennung des Generals Kleist

zum General-Lieutes

385

nant und Befehlshaber des Contingents , so wie auch " die förmliche

Mißbilligung

der

von dem General

,, York unterzeichneten Uebereinkunft ,

den Befehl an

" General Kleist , diefen Offizier wo möglich zu verhaften und nach Berlin zu senden , endlich die Erlaubniß ,, überbringen , über das Contingent zu

" in allem die Befehle ,, zuführen ,

verfügen , und

des Königs von Neapel aus-

welcher ersucht wird , den Herrn Rahmer

,, geleiten zu lassen , damit er seinen Auftrag vollführen ,, könne und auch dem französischen Heer die Beschlüße ,, des Königs bekannt zu machen ; gleiches wird in Ber „ lin, Potsdam und Schlesien geschehen; man wird sie in alle ,,Zeitungen einrücken.

Der Fürst Haßfeld erhält Befehl,

,, sich nach Paris zu begeben ;

er wird Sr.

Majestät

dem Kaiser den Ausdruck der Gefühle des

Königs ,

" seiner Anhänglichkeit an die Sache Sr. Majestät und ,,seiner Entrüftung über das Vorgefallene überbringen. Der König wird unverzüglich ein anderes Contingent

" zusammenziehen ; hinsichtlich dieses Gegenstandes schütt ,, er jedoch die äußerste Zerrüttung seiner Finanzen vor , und verlangt auf die seither geleisteten Borschüße eine

" Abschlagszahlung . " Bis zu diesem Augenblick hat der General York ,, dem König von seinem Schritt noch nicht Bericht ers " stattet.

Der Graf Enkel , Adjutant des Königs , der ,, diesen General am 27teu verlassen hat , und vorgestern ,, hier ankam , hat nur gemeldet , der General York balte ,, dafür , er seye in dem Falle nicht durchzudringen , viel,, mehr zu kapituliren.

Diese Nachricht wird zu Berlin

" erst gleichzeitig mit den von dem König getroffenen " Maaßregeln bekannt werden , wodurch , wie ich hoffe , 25

386 " die Wirkung geschwächt werden wird , die ein solcher Scandal hervorbringen könnte. ,, Der König und sein Minister scheinen dem Kai-

Se. Majestät war über die Gefahr,

,,ser sehr ergeben. " welcher der Herzog ,,

von Tarent ausgesetzt war , sehr

,, beunruhigt und angegriffen.

Hat das Corps Preußen

,, betretten , so hofft der König , der General Kleist wer,, de

es

des Königs

unter die Befehle

„, zurückführen.

von Neapel

Es scheint mir jedoch un wahrscheinlich,

,,daß der Feind und der General von York sich dieser ,, Gefahr aussehen werden.

Sie werden das Corps erst

,, dann nach Preußen rücken laßen ,

wenn der König

die Uebereinkunft genehmigt haben wird. ,,Ich fertige unverzüglich Herrn Boileau mit diesen Herr von Rahmer wird ihm in einer Notizen ab. ,, Entfernung von 15 bis 18 Stunden folgen. " Ich habe die Ehre 2. 2 . von Saint - Marsan. Der Marschall Augereau an den Fürften von Neufchatel und Wagram. Berlin den 19tén Januar 1812. Monseigneur! "1 Ich habe den anonymen Brief, den Ihre Hoheit

" mir mit Ihrem Schreiben vom 7ten übersendet haben, er " halten. Ich lege wenig Werth auf Briefe dieser Art. Ich

batte bereits seit mehreren Tagen an alle Gouverneurs und " Commandanten ,,

von Städten geschrieben , auf ihrer

,, Hut zu seyn , und mir von Allem , was vorfällt, Be,, richt zu erstatten.

Ich versichere Ewr. Hoheit , daß

, der Körig und sein erster Minister durchaus gegen die

387 Uebereinkunft des Generals York sind.

Sie werden

„, hievon durch die Schritte überzeugt seyn ,

welche Se.

,, Majeſtåt bei dem König von Neapel gethan hat.

Ich

" ſeße das größte Vertrauen in die Anhänglichkeit des " Königs von Preußen an Se. Majestät den Kaiser ; allein man sollte ihm auch mehr Vertrauen bezeugen ; denn

" wenn man alle Angebereien anhörte , so ist zu bemers ,, ken , daß es Menschen giebt, für die es ein Bedürfniß ,, ist , zu irtriguiren , zu renomiren und alles was zwis ,,schen Himmel und Erde besteht, anzugeben.

Mißt

,, man ihren Aussagen Glauben bei , so kann ich weder

" für die Ruhe Preußen's , noch für die des übrigen Ersteres kano wird blos durch ,,Deutschlands stehen. ,, die Ruhe seines Monarchen im Zaum gehalten , der ,, hierinn von seinem ersten Minister vollkommen

" stützt wird.

unters

Die Uebrigen möchten gar zu gern Un

,, ordnung und Verwirrung sehen .

Es bedarf der Kluge

heit und Umficht eines solchen Königs ,

nm die Orde

» nung bis auf diesen Tag zu erhalten. Genehmigen Sie 2c. 20.

Unterzeichnet : Der Marschall Augereau, Herzog von Castiglione. Fortsegung der Briefe Napoleons und

Berthiers.

Der Fürst von Neufchatel und von Wagram an den Vice - König von Italien, Staroi - Borisow den 26ten November 1812 Mørgens 4 Uhr. "/ In diesem Augenblick schlagen wir bei Studianka

Brücken über die Berezina ,

und

gleich darauf wirk

25 *

-

388

,, der Uebergang , da der Feind auf der andern Seite ,, " steht , erzwungen werden. Gelingt der Uebergang , so " halten Sie sich bereit uns zu folgen , so wie auch der

" Fürst von Eckmühl , an welchen Sie beiliegendes Schrei,, ben abzusenden die Gefälligkeit haben wollen. Uuterzeichnet : Alexander.

Der Fürst von Neufchatel und von Wagram an den Herzog von Belluno. Zaniwki den

8ten November 1812 Abends um 7 Uhr.

,, Sobald das Feuer aufgehört hat , wird Ihre " Artillerie ohne Zweifel vollends über die Brücke mar, schiert seyn ,

damit das

Dorf Studianka

gesperrt

" werden kann. Alle Fahrzeuge die Sie nicht für geeignet ,, zum Uebergang halten, werden Sie verbrennen lassen, das

" mit ihre Nachhut Morgen um 5 Uhr das linke Ufer, 3u ,, das heißt das Dorf Studianka, räumen könne.

" gleicher Zeit

werden

Sie die

beiden Brücken durch

" die Pontoniere des Generals Eble abbrechen oder verbren ,, nen laffen.

Sie sehen ein, wie wichtig es ist , daß

,,die Brücken gänzlich zerstört werden.

" befinden sich Böte zu

In dem

Dorfe

einer dritten Brücke , welche

" gleichfalls verbrannt werden müßen. ,, Man sagt, daß beim Eingange zu den Brücken ,, todte Menschen und Pferde angehäuft liegen ; „ müßen ins Wasser geworfen werden , " diese Zeichen der Unordnung " rückkehrenden · Adjutanten ,

" senden ,

nicht sehe.

den Sie

diese

damit der Feind Mit dem

an den Kaiser

wird Ihnen die Stunde bezeichnet werden

,,in welcher der Herzog von Elchingen ,

der die Nach-

" hut bildet, seine Bewegung beginnen wird.

389

-

,, Schaffen Sie also die Artillerie vor allen andern n Fahrzeugen hinüber , so daß sie noch in dieser Nacht " den Sumpf hinterlegt , und lassen Sie alles , was die

B.P Brücken nicht paßirt hat , verbrennen . ,, Besetzen Sie die Brücken mit starken Wachen, das

" mit Sie stets Herr derselben seyen , und ihre Artillerie ,, und ihr Corps in Ordnung , und ohne daß die Brücken brechen , übergehen kann. uung,

der

" übergegangen.

General

Der Kaiser ist der Meis

Latour - Maubourg sey bereits

Stößt man in dem Sumpf auf zus

" rückgelassene Wagen , ſo můßen dieſe von ihrer Nach„ hut verbrannt werden. Unterzeichnet : Alexander, Der Fürst von Neufchatel und von Wagram an den Herzog von Tarent. Antonowo , den 14ten December 1812 . Der König beauftragt mich , Ihnen im Vertrauen die wahre Lage der Armee bekannt zu machen. ,, anhaltende Kälte und

Die

die fortwährenden Anstrengun

,, gen , die sie ertragen mußte , haben sie durch den bei,, nahe gänzlichen Verlust ihrer Pferde , in einen sol,, chen Zustand der Auflösung und Schwäche " daß es ihr unmöglich ist ,

irgend

nehmen und zu behaupten ,

verseßt ,

eine Stellung zu

und daß der König sich

,, gezwungen sieht , die Trümmer derselben in die Weichselpläge und nach Dantzig zu führen .

Gleichwohl hat

„ Se. Majeſtåt beschlossen ,

wenn uns nicht die feindli-

,, che Bewegungen zwingen,

Gumbinen und Insterburg

„ nicht zu überschreiten , ,, erfahren haben wird.

ehe er ihre Ankunft

zu „Tilſit

Im entgegengeschten Fall jedoch

390

" sehen Sie die Nothwendigkeit ein , schleunigst

an der

,,Pregel-Linie, an dem Punkte Wehlau anzulangen, weil " Sie von diesem Punkte aus Wehlau decken können, und ,, je nach den Umständen im Stande seyn werden ,

vor

,, dem Feinde in Elbing oder Marienburg anzukommen. ", Der König verläßt sich übrigens auf Ihre Erfahrung

,, und Talente.

Se. Majestát empfiehlt Ihnen erneuert,

31 öfters an uns zu schreiben.

Vergeffen Sie nicht bei

n Ihren Bewegungen , alle Truppen , welche sich " noch an dem Niemen befinden , zurückzuziehen.

etwa

Unterzeichnet : Alexander. Der Fürst von Neufchatel und von Wagram an den Fårsten von Schwarzenberg.

Stallupshnen , den 17ten Dezember 1812. " Ich habe Ihren Brief vom 14ten erhalten und " dem Könige vorgelegt.

Se. Majestät

billigt Ihren

" Entschluß, auf Grodno und Bialyſtock zu marſchieren, und Warschau zu decken , vollkommen .

Diese Maßre-

"‚ geln ſtimmen mit den Instruktionen gänzlich überein, ,,welche ich Ihnen zugesendet habe. Das Heer nähert " ,, sich der Weichsel ,

um von den großen Anstrengun-

,, gen auszuruhen , die es durch lauge Märsche , anhal ,, tende Kälte und durch zahlreiche Gefechte erlitt , welche

" es lieferte.

Der Herzog von Tarent wird sich dem

" Niemen nähern , und wird den nördlichen Theil

des

" Großherzogthums und die preußischen Staaten decken. Jenseits des Niemens haben sich nur

" gezeigt. ,,

einige Kosacken

Das rußische Heer muß der Winterquartiere

", noch mehr bedürfen , und alles zeigt an , ,, Rest

des Winters zu seiner

daß es den

Erholung und Wiederors

391

-

ganisirung verwenden wird.

Das ganze 5te

Corps

" wird sich zu Warschau sammeln , und der Fürst PoA niatowsky ist bereits dort angelangt um

24000 Res

" kruten in Empfang zu nehmen , die daselbst vereinigt sind , und seine Artillerie wieder zu organistren.

Das

„ Großherzogthum scheint geneigt, zu ſeiner Vertheidigung ,, die größten Opfer zu bringen.

Unterzeichnet : Alexander. Napoleon an den Major - General.

Paris , den 18ten December 1812. Mein Better! ,,Ich finde mit Besorgniß , daß Sie sich zu Wilna ,, keine 7 - 8 Tage aufgehalten haben , ,, råthigen Kleidungsstücke´zu benüßen ,

um die vor,

und die Armee

,, etwas zu sammeln. Ich hoffe , daß Sie an der PreAuf keiner " gel Stellung genommen haben werden.

" Seite bieten sich so viele Hülfsquellen dar , als auf ,, dieser Linie und bei Königsberg.

Ich hoffe daß War-

" schau von den Generalen Schwarzenberg und Reynier " gedeckt worden seyn wird.

Preußen bereitet sich zu

Errichtung neuer Verstärkungen vor , ,, zu decken. “

um sein Gebiet

Unterzeichnet : Napoleon. Circulare

des Generals Berthier an die

Generale Eugen , Davoust , Augereau 20.

Königsberg , den 1ten Januar 1813. " ,, Der König beauftragt mich , in Kenntniß zu sehen ,

Sie im Vertrauen

daß der Herzog von Tarent,

392

" nachdem er den General York , der seine Nachhut bil,, dete , mehrere Tage zu Tilsit erwartet hatte ,

" einen Brief erhielt , worinn dieser ,, dete ,

gestern

General ihm mels

daß , da seine Lage ihn für seine Flanken und

" Rücken besorgt macht, er

" Rußen schloß ,

eine Uebereinkunft mit den

vermig welcher er und sein Corps in

" demjenigen Theil Preußens neutral bleiben werde , den " wir auf dem rechten Niemen s Ufer rånmten. " General York seinen Monarchen

" Sie werden einsehen , wie wichtig es ist , „ Hut zu seyn.

Hat der

dadurch verrathen ? auf seiner

Das Corps des Herzog von Tarent ist

" auf 5000 Mann ohne alle Reiterey herabgeschmolzen.

" Es scheint , daß dem König nichts anders übrig bleibt, ,,als sich auf die Weichsel zurückzuziehen. “ Der Fürst von Neufchatel und von Wagram an Se. Majestät , dem Kaiser und König. Posen , den 16ten Januar 1813.

Sire ! " Ein Adjutant des Königs überbrachte mir heute ,, einen Brief Seiner Majestát , von dem ich eine Ab-

" schrift beilege. Ich habe den König aufgefordert, deu Er hat mir ers " Oberbefehl der Armee beizubehalten. ,, " wiedert, er sey uuwiederruflich entschlossen. Ich machte " ihm bemerklich , er könne nicht abreisen, bis der Vice,,König angekommen sey ,

da dieser ohnehin am Abend

" hier

Troß den Bitten des Vice,

eintreffen werde.

,, Königs, beharrte Se. Majestát darauf den Oberbefehl ,, niederzulegen.

Der Vice-König wollte ihn nicht ans

,, nehmen , als jedoch endlich die Wagen des Königs

" vòrgefahren waren , habe ich ihn bestürmt , den Obers

393

" Befehl anzunehmen.

Ich habe ihn trotz des leidenden

" Zustandes, in welchem ich mich befinde , meines Eifers ,, versichert. Ewr. Majestät werden einsehen , wie wich-

" tig es ist , daß die große Armee organiſirt, und durch " ein Dekret, Ewr. Majestät Stellvertreter ernannt werde. „ Ich erlaube mir keine Bemerkung über das Benehmen des Königs , und stelle mich unter den Befehl des

" Vice Königs. " Der Fürst von Neufchatel Major-General. Unterzeichnet : Alexander.

Noten

dritten und vierten Buch.

des Uebersetzers zum

In dem Augenblick , in welchem der Ueberscher die ses Werks seine Arbeit beendet , kommt ihm das dritte Heft des zu Paris erscheinenden Bulletin des sciences militaires zu

Gesicht ,

Vergleichung des giebt

welches eine zusammenstellende

vorliegenden Werkes

mit Folgendem

Histoire militaire de la campagne de Russie

en 1812 par le colonel Boutourlin ,

aide de camp

de S. M. l'Empereur de Russie ; 2 Vol. Paris chez Anselin beiden Werke

et Pochard.

viel Treffliches ,

euthålt so

1824.

Die Vergleichung dieser daß

Ueberscher für um so zweckmäßiger erachtet ,

es der dieselbe

hier mitzutheilen , als der Leser dadurch eine Uebersicht des wichtigen Werkes von Herrn Boutourlin erhält. Der Feldzug von

1812 in Rußland mußte mch-

,,rere Geschichtschreiber haben. ,, ten , unerhörte Unfälle ,

Riesenhafte Waffentha-

der Brand einer unermeßli-

,, chen Hauptstadt , Resultate , welche die Lage Europas alles trug dazu bei , ihm jenen Anstrich " ånderten ,, des Wunderbaren zu geben , der die Neugierde reißt. ,, Daher regnete es auch eine Menge Relationen, in denen

"sich unter dramatischen Schilderungen unter Thatsa" chen , die durch Leidenschaft oder Unwissenheit entstellt

395 ,, waren , nur selten etwas Wahres , Belehrendes fand. Erst zu

Anfang des

letzten

Jahres

erschien unter " dem Schleier der Anonymitåt die erste Geschichte ,, dieser beklagenswerthen Unternehmung. Der Verfasser *), 1 " Artillerie-Offizier der alten Garde , hatte sich die Zeit ,, genommen , die Thatsachen zu studiren , und sein mit

" festem , bestimmtem Style geschriebenes Wort ,, eine Stelle in allen militärischen Bibliotheken.

erhielt

,, Noch etwas später hat ein rußischer Oberst , Ad,,jutant Sr. Majestät des Kaisers Alexander in franzöſis scher Sprache die militärische Geschichte des rußiſchen

" Feldzugs herausgegeben ; die Erscheinung eines Werks " von einem Schriftsteller , den sein Rang in den Stand " gesetzt hatte , Menschen und Angelegenheiten richtig zu ,, beurtheilen , ließ annehmen , daß man endlich die " Ideen der rußischen Generale und hauptsächlich den " Charakter und die Sitten eines Volks kennen lernen " würde , das berufen war , eine so große Rolle in den

" Angelegenheiten Europas zu spielen.

Der Oberst Bous

" tourlin hat diese Hoffnungen nicht getäuscht. Sein " Werk verbindet den kostbaren Vortheil , das von dem ,, Kriegsrath umfaßte Vertheidigungs - System zu

erklä

,, ren , und die ganze Ausdehnung der Hülfsquellen aus,, einanderzuseßen , welche Rußland der Invaſion ſeines Gebiets entgegenstellen kann.

Daher

"I auch belehrender und interessanter , als

ist

dieses Werk

alle jene

kur-

,,zen oder umständlichen Berichte, die nur die einförmi

*) Wie bekannt , der Königliche französische Oberft-Lieutenant Marquis von Chambray.

- ´396

„ge abgerißene Darstellung der Mandvers und Treffen ,, enthalten. „ Die hauptsächlichsten Ereigniße des Feldzugs find ,, bekannt. Napoleon überschritt den Niemen an der " Spitze von 290000 Mann ,

die von den . Corps der

"P Herzoge von Reggio , Belluno und Tarent, des Gra-

" fen Gouvion St- Cyr und von der österreichiſch - ſächsischen Armee unterstüßt wurden , wodurch

die

Ge

,, fammtstärke des franzöſiſchen Heeres auf 46000 Mann ,,anwuchs.

Gegen diese furchtbaren Maffen konnten die

„ Rußen in erster Linic nur 250000 Kombatanten entge ,,genstellen ; als jedoch die Moldau- Armee und die im " Innern des Reichs veranstalteten Aushebungen an den

"/ Ereignißen Theil nahmen , hatten sie Hoffaung sich " in Littauen zu behaupten , wohin ſie ſich zurückziehen

" sollten, und sich nach Maßgabe als sie sich ihren Reserven ,, näherten , an Menschen und Material zu verſtärken. ,,Die Schnelligkeit des feindlichen Einfalls

und

der

Marfch auf Wilna , zwangen die Rußen, die Vertheidigung der litauischen Provinzen aufzugeben. Die

,,Hauptarmee zog sich in das verschanzte Lager von " Drissa zurück , und nur durch Ueberwindung tausend" fältiger Gefahren , entschlüpfte Bagrations Armcecorps. ,, den verfolgenden Franzosen , und bewerkstelligte ſeine " Vereinigung mit jenen unter den Mauern von Smolensk.

Immer noch zu schwach,

um das

Loos einer

,, entscheidenden Schlacht zu wagen , sette das rußische "/ Heer nach der Einnahme dieser Stadt , und nach ei,, nigen theilweisen Gefechten , seinen Rückzug fort , und " wählte die Felder von Borodino zum Schauplaße sei-

" nen Anstrengungen.

Es verlor die Schlacht und Na-

397

,, poleon rückte fiegreich gegen Moskau an.

Der Brand

,, dieser Stadt konnte ihn nicht bestimmen , sie zu rău,, men. + Er blieb 34 Tage daselbst , und brach erst auf, " als er Kunde erhielt ,

daß

die rußischen Streitkräfte

,, die mit Deckung seiner Verbindung mit Preußen und ,, dem

Großherzogthum . Warschau beauftragten

Mar-

,, schålle drångten.

Alein während Napoleon in Moskau schlummerte, hatte sich das große rußische Heer verstärkt ,

und war

„ nunmehr im Stande feinen Entwurf, sich mitten durch " die südlichen Provinzen neue Verbindungen zu eröff ,, nen , kräftigen Widerstand zu leisten. * Erstaunt über " die Hartnäckigkeit , mit welcher die Rußen bei MaloJaroslawet fochten , schlug Napoleon wieder die alte " Straße nach Smolensk ein und das franzöſiſche Heer " begann einen eben so unfallreichen Rückzug , " den einstens die

Legionen

des

" mitten durch Mediens Wüsten nahmen.

" an

wie der,

Crassus und Julian Aufgehalten

den Ufern der Berezina von dem Donau - Heer ,

" ſchlugen sich die elcuden Trümmer des französischen ,, Heeres durch, und 40000 Mann giengen über den

" Niemen zurück.

Napoleon hatte gegen 500000 Mann

" nach Rußland geführt , und nur 80000 entgiengen dem

" Tode oder der Gefangenschaft.

Dieß ist der kurze Ab-

,, riß der Ereigniße. ,, Werfen wir nun einen Blick auf die Eintheilung ,, und den Marsch des Werkes ,

" genheit darbietet ,

und wo sich die Gele,

sey es uns vergönnt ,

die Urtheile

,, des rußischen Offiziers denen des französischen Verfas" sers gegenüberzustellen. Die Geschichte des Herrn von Boutourlin ist in

398

! 12 Kapitel getheilt ; die des franzöſiſchen Verfaffers nur " ,, in 4 Bücher; ale rein litterarisches Werk betrachtet ,, ist letteres dem erstern hinsichtlich des Entwurfs des

" Plans vorzuziehen. " einander

über den

Sie führt

die Ereigniße neben

nahen Kriegsschauplak , während

,, ersterer genöthigt ist , die Darstellung der Operationen ,, der Hauptarmeen zu unterbrechen ,

um auf die der

,, Nebencorps zurückzukommen , ein unumgänglicher Fchler des Plans von jedem militärischen Werke , das die

" chronologische Ordnung dem Bedürfniß "1 Reihe von Öperationen an

opfert ,

eine

demselben Orte nicht zu

,, unterbrechen. ,, Im ersten Kapitel giebt der Oberst Boutourlin ein Gemälde der politischen Verhältniße Rußlands und " Frankreichs , seit dem Frieden von Luneville bis zum Bruch. Das 2te Capitel stellt die innere Vorbereis ,, tungen beider kriegführenden Mächte dar , und schließt mit einer allgemeinen Beschreibung des Kriegs -Schau, ,, plages.

Das 3te Kapitel schildert die Läge der Heere

"1 bei Eröffnung des Feldzugs und die Bewegungen der ,, beiden rußischen West Armeen nach der Ueberschreis ,, tung des Niemen durch die Franzosen bis zu Vercinis " gung des erstern bei Smolensk. „ Zu Anfang des Feldzugs verkündigte alles glück, ,,liche Resultate. Die Rußen auf der Gränze weit

"1 auseinander gedehnt , ,, derstand zu leisten ,

waren nicht im Stande , Wiund

wenn

der schnelle Rückzug

!! Barclay de Tolys das Haupt-Heer rettete,

so

durfte

,, man sich schmeicheln , Bagrations Corps um so mehr ,, zu erdrücken, als dieser bei seinem Rückzug auf Driſſa noch erweiterte , der beide Heere tréunte.

" den Raum

399 Napoleon

durfte

daher

nur

die

" Streitkräfte auf den Straßen

Hauptmaſſe ſeiner

über Malodeczno und

,,Borisow nach Smolensk dirigiren, um den Rußen zu,, vorzukommen. "

Von diesem Mittelpunkt hätte er je

,, nach den Umſtånden rechts oder links geschwenkt , um ,, das , der beiden Heere zu vernichten , das sich zuerst Allein er folgte dem großen ,, gezeigt haben würde. ,, Heer auf der Straße "

über Drissa und Witepsk und

somit entschlüpfte ihm die Gelegenheit , Eröffnung des Feldzugs einen

gleich bei der

entscheidenden Schlag.

zu thun. Hiczu kam noch , daß er Davoust den er ,, auf Minsk dirigirte , nicht mehr Truppen gab , als ,, Bagration unter sich hatte.

Davvust, zu schwach ` und .

,, schlecht unterstützt durch die Corps des Königs von ,, Westphalen , des Herzogs von Abrantes , der Generale Reynier und Poniatowski , Durchgang zu stören.

war

außer Stande den

Es ist im Allgemeinen schwer ,

ii das Resultat einer verfehlten Operation voraus zu beur„ , theilen ; es läßt sich jedoch ohne zu viel zu wagen bes ,, haupten ,

daß die Vernichtung von Bagrations Corps

,, alle Entwürfe eines spåtern Widerstandes scheitern ge-

"1 macht und den ,, würde.

Ausgang des Kriegs geändert haben

9/ Die rußischen Heere bewerkstelligten ihre Vereinigung zu Smolensk. Bis dahin fanden nur partielle und zwar glänzende jedoch nicht entscheidende Treffen ,, statt. Bei Smolensk standen sich beide Theile gegenů,,ber.

Das französische Heer hatte

noch immer die

numerische Ueberlegenheit auf seiner

Seite ;

allein

" es hatte bereits so viele Leute in den Spitälern zurückgelaſſen ,

und durch den wachsenden Mangel an

400

Futter so viele Pferde verloren , daß

die Auflösung

seiner Corps das

Gleichgewicht wieder herstellte. Es " ift zu bedauern, daß der Oberst Boutourlin dieſem Um-

,,stand so wenig Aufmerksamkeit schenkte. " ,, davon ist , daß ,

effectiven Stand des

,,von dem ,, er die

Eine Folge

da er nur die gebliebene Mannſchaft

Stärke der ins Gefecht

,, stets zu hoch angibt.

wegnimmt ,

Corps

geführten

Truppen

Im 4ten Kapitel beschreibt der

,, Verfaßer nur die offensive Bewegung der rußischen Heere „ auf Rudnia , Napoleons Dnieper , Uebergang , die Ge,, fechte von Krasnoi , Smolensk und Walutina , so ,, wie den Rückzug

der Rußen

auf

der Straße nach

" Moskau , der eine Folge von lettern war. " Die Rußen hatten sich von Witepsk auf der " Straße über Porieczi zurückgezogen , während Napo" leon , nachdem er zwei Corps an der Dwina gelaffen ,, hatte, über Babinewiczi und Krasnoi nach Smolensk ,, marschirte.

Es war möglich , daß wenn sie

in der

" Eile einen Zwischenpankt gewannen , fie die Entfer ,, nung der französischen Corps benüßen " Napoleon zu Conzentrirung

" Rückzuge zu zwingen. "I Grundsätzen

seiner

konnten um

Streitkräfte zum

Dieser Plan war den wahren

der Kunst vollkommen augemessen ,

er

" wurde jedoch nicht ausgeführt ,, auch ist es nicht denk,,bar , daß die Rußen so große Vortheile dus demselben gezogen haben würden , wie Herr von Boutourlin an-

11 nimmt.

Wie dem auch sey ,

Barclay de Tolly be

,,schränkte sich auf die Vertheidigung von Smolenskund ,, läßt Napoleon feine Truppen auf dem linken Dnieper,, Ufer conzentriren und auf der linken Flanke des ru,, ßischen Heeres ausdehnen , um ihnen alle Verbindung

401

11 mit den füdlichen Provinzen abzuschneiden. Mit Recht 11 bewundert der rußische Geschichtschreiber diese Combie ,, nation.

Napoleon trifft dabei nur der einzige Vore

,, wurf, daß er sich nicht noch weiter ausdehnte , indem ,, er Smolensk maskirte , den Dnieper bei Pruditschewo

" überschritt und Barclays linke Flanke überflügelte, die er ohne Zweif

auf Poriecze zurückgeworfen haben würde.

„ Der französische Verfaßer ist nicht dieser Meynung.

" Nach ihm hätte Napoleon gegen den rechten Flügel " der Rußen agiren sollen ; allein hatte der Verfaßer bei ,, Aufstellung dieser Meynung wohl eingesehen , von , wels

" cher Wichtigkeit für das Schicksal des rußischen Heeres

1 die Verbindung mit den südlichen Provinzen war , die " " es mit Mundvorrath verfahen und ihm seine Vertheis digungs- Mitteln lieferte ?

Ueberdieß ist nicht abzuse=

" hen , welche Resultate Napoleon

erlangt håtte ,

wenn

,, er die rechte Flanke des rußischen Heeres umgangen ,, hätte ,

das in diesem

Fall bei Smolensk über den

„ Dnieper zurückgegangen und im Befiße dieses wichtigen ,, Punkts geblieben wäre.

Alsdann blieb nichts anderes

,, übrig, als die Rußen mit Gewalt aus Smolensk zu ver,, treiben , welche Operation ungleich schwerer auf dieser

" Seite des Flußes , als auf dem linken Ufer auszufühe #r ren war. Vielleicht ist der französische Verfasser der Meynung , daß die Rußen , bei Smolensk geschlagen, ,, Moskau nicht hätten decken können ; ,, dem ,

allein

außer

daß Moskau für sie nicht die Wichtigkeit wie

,, Kaluga und Tula hatte, blich ihnen auch noch die " Straße

von Jelnia ,

auf welcher sie

" Richtung allen Bewegungen 11 håtten folgen können.

in

paralleler

des franzöſiſchen Heeres

26

402

-

Smolensk fällt in die Hände des französischen Heeres und die Rußen ziehen sich auf Moskau zu" rück.

Um diese Zeit übernimmt der General Kutusow

" den Oberbefehl.

Diese Maaßregel , welche dem Natio-

nalstolz schmeichelte ,

belebte den Muth der Solda

11 ten wieder.

Sie verlangten mit lautem Rufe eine " Schlacht , und nach einigen Nachtrabgefechten nahm n das rußische Heer wirklich Stellung bei Borodino mit ,, dem Entschluß , zur Rettung der Hauptstadt alles zu ,, wagen. ,, Das 5te Kapitel enthält die Relation der Schlacht " bei Borodino , den Rückzug des rußischen Heeres- auf " Moskau , die Räumung dieser Hauptstadt , und Kutu" sows Mandver nach dem Lager bei Tarutino. " Wir übergehen die nähern Umstände des blutigen Tages bei Borodino , von den Franzosen Schlacht an ,, der Moskwa benannt. Napoleon ,

der , selbst

Der theuer erkaufte Sieg blicb nach dem Geständniß seiner.

" Feinde, nicht allen Nugen " täuschte sich nicht

aus

demselben zog.

Er

etwa dadurch über den Angriffs-

,, punkt , daß er alle seine Maffen auf den linken feindlichen Flügel warf, vielmehr macht ihm der Oberst „ Bouturlin den gegründetern Vorwurf, nicht noch mehr ,, rechts zur Verstärkung Poniatowskis sich gewendet zu. ,,haben , um Lutschkofs Korps auf einen Schlag zu ,, vernichten und auf der großen Straße im Rücken der Ru" Ben zu debouchiren, die er unfehlbar in den von der Mosk ,, wa und Kalotcha gebildeten Winkel geworfen und aufgerieben haben würde. Der Oberst Bouturlin bemerkt, ,, daß Napoleon in Ermanglung guter Charten und Spio-

"1 ne das Land nicht hinlänglich kannte , um

anders ,

403

,, als auf der großen Straße zu operiren. ,, allein warum benußte er ,

Zugegeben z

der schon Nachmittags um

" 3 Uhr gefiegt hatte , nicht den übrigen Tag , um seine ,,Reserven auf das rußische Heer zu werfen , und deſſen ,, Untergang zu vollenden ? Es ist bekannt , daß er auf ,, die dringende Bitte, seine Garde marschiren zu laſſen ,, " erwiderte : ,, er sehe das Schachmart noch ,, nicht

ganz klar "

Unterbeffen

zogen sich

die

" Rußen zurück , sie hatten augenscheinlich ihre Reserven ,, verwendet , und kein offensiver Schritt war von ih Napoleons Behutsam

,, rer Seite mehr zu befürchten.

" keit rettete die Trümmer ihres Heeres, und man muß ,, um so mehr hierüber erstaunen , als seither Kühnheit

" im Erfolg den karakteristischen Zug seines militärischen Zu den hier angeführten Feh Genies gebildet hatte. ,,lern fügt

der rußische Verfasser

einen letzten hinzu :

Napoleon durfte, statt seinen Marsch auf der Straße „, „, von Smolensk fortzuseßen , nur seine Direktion rechts ,,, åndern , um rasch über Wereia nach Podolsk

auf

" " der Straße von Serpukowo zu gelangen , der er sos "'", fort bis Moskau hätte folgen können.

Durch dieses

,,,,Mandver wäre es ihm vollkommen gelungen , die ,,,, Verbindung des rußischen Heeres mit den südlichen Provinzen abzuschneiden und nes schleunigen Rückzugs

es zur Ausführung eis

auf der Straße von Wla-

dimir zu zwingen , wo es sich in einem Zustande ,,,, der Absonderung befunden hätte , der ihm jede Er ,,,, gänzung unmöglich gemacht haben würde. " " " Allerdings hätte dieses Mandver das rußische Heer allzuweit von seinen Reserven entfernt , als daß es

håtte die Offensive sobald

wieder ergreifen können ; 26 *

404



,, allein es verdient bemerkt zu werden , daß , Napoleon " ,,keinen richtigen Begriff von den Hülfsquellen des ru „ ßischen Reichs hatte.

Aus der Hiße , mit welcher er

,, gegen die Hauptstadt vorrückte , geht hervor ,

daß

er

" die Besetzung derselben , als das Ende seiner Bemůž ,, hungen betrachtete ; er eilte daher nach Moskau in der ,, Hoffnung , die Rußen würden nachgeben , so bald , er Herr dieser Stadt wäre , allein bald vernichtete der Brand derselben alle Hülfsquellen , auf die er rechnete ,, um sein Heer neu zu organisiren. ,, Da der Graf Rostopschin die Theilnahme ,

wel

,, che man ihm an diesem großen Opfer zuschrieb , zuż

", rückgewiesen hat, so benußte der Oberst Bouturlin deßen !! ungeschickte Verläugnung , um auf die untergeordneten Behörden das Lob überzutragen , das man in Europä ,,einstimmig dem ehemaligen Gouverneur von Moskau " zuerkannte.

*

,,Das 6te Kapitel enthält die Darstellung der Ope rationen der Herzoge von Tarent und von Reggio ,

!! welche die linke Flanke des von Napoleon befchligten !! Heeres decken sollten.

Der erstere hatte sich bei Er

!! öffnung des Feldzugs auf Riga dirigirt , wohin die „ Rußen , die Kurland besetzt hatten , sich zurückzogen. ,, Napoleon ließ aus Besorgniß , Macdonald möchte zur ,, Deckung seiner Operations - Linie zu schwach seyn , in !! der Gegend

von Polotk das

2te Armee Corps zu

,, rück , um es

dem Wittgensteinischen Corps entgegen

,, zusetzen

im

das

Rücken

des großen rußischen Hee-

res zurückgelaßen worden war und

" stånden agiren sollte.

je nach den Ums

Der Herzog von Reggio über-

" schritt die Dwina , lieferte und verlor die Schlacht bei

405 Aliastyty und zog sich nach Polosk zurück.

Ein

zweiter offensiver Versuch war nicht glücklicher ;

allein

durch Saint- Cyrs Corps

verstärkt, schlug

er seinen

Gegner bei

Polokk und zwang ihn , sich hinter die Driffa zurückzuziehen. Nachdem der Herzog von Tarent Dânaburg besetzt hatte, berennte und forderte er Riga vergebens auf, ? das General Effen vertheidigte.

H Die Operationen dieser beiden Heere scheinen vom

# Anfang an nicht im Einverständniß mit einander ent „ worfen worden zu seyn, und dieser Fehler hätte die traurigsten Folgen gehabt , ohne die schönen Disposi

“ tionen des Generals Saint - Cyr bei Polotzk.

Der ru-

L ßische Verfaßer scheint diese nur bemerkt zu haben , um W das Benehmen des Grafen Wittgenstein höher zu stellen , das gleich wohl nichts ausgezeichnetes hat ; der

Hfranzösische Verfaßer dagegen, um die Operationen des LL Herzogs von Tarent mit au großer Strenge zu cris „ tisiren. Weder der eine noch der audere bemüht sich den

" von Napoleon begangenen Fehler aufzuklären , daß 사 er diese Corps ohne Zusammenhang und nach Befehlen operiren ließ , die ihnen von Wilna durch den " Herzog von Baffauo , dem provisorischen Major- Gene ,, ral der detaschirten Corps , dictirt wurden.

Gleichwohl

,, wäre hier der schönste Punkt der Kritik gewesen.

Denn

,, wer möchte heutzutage aufstellen , daß der Graf Witts

W genstein gegen diese 3 vereinigte und unter einem kråf-

H tigen Führer , wie z. B. der Sieger bei Poloßk, steheu- · den Corps das Feld håtte behaupten können, wer möch „ te aufstellen , daß Petersburg mehr als Moskau`gegen „ den franzöſiſchen Einfall geschüßt gewesen wäre ?

406 ,, Das 7te Kapitel enthält die Operationen der auf ,, dem rechten Flügel der französischen Operations -Linie 14 ,,zurückgelassenen Corps.

Auf dieser Seite hatte der Ge

neral Tormaſſow mit dem dritten rußischen Corps die Offensive gegen das Corps des

Generals Reynier ers

,, griffen , der den Fürsten Schwarzenberg ersetzt hatte. Seine Erfolge waren jedoch von kurzer Dauer ; nach,, dem sich das dsterreichische Corps mit

dem sächsischen

,, vereinigt hatte, lieferte Fürst Schwarzenberg die Schlacht ,,bei Gorodeczno , und zwang die Rußen zum Rückzug hinter den Styr.

Dort wurden sie bald durch die Do

" nau Armee verstärkt , die in aller Eile aus der Wal,, lachei hervorrückt , und ergriffen die Offensive wieder. „ Das österreichische Corps , zu schwach zum Kampfe ,, mit so beträchtlichen Streitkräften , setzte wieder über Die weitern Operationen des Fürsten " den Bug. " Schwarzenberg liegen außerhalb des Bereichs litärischen Kritik.

Der Oberst Bouturlin

der mi-

versichert ,

" und er muß hievon etwas wissen , daß dieser Fürst von seinem Hofe Befehl erhalten habe, ,,die Linie des Styr nicht zu überschreiten „ und nicht zu weit in Wolhynien einzu,,dringen. " Das 8te Kapitel schildert die Lage der Heere nach ,,dem Aufenthalt der Franzosen in Moskau und der Rus 1 ,, ßen bei Tarutina , den vom Kaiser Alexander ange,, nommenen Operationsplan , die ersten Gefechte , die eis

" ne Folge desselben waren , so wie auch die Bewegun= gen der rußischen Heere in der Gegend bei Medyn. " Napoleons Aufenthalt zn Moskau ist unerklärlich.

" Allerdings bedurfte sein Heer der Ruhe , allein 8-10

407 Tage reichten hin es dergestalt in Stande zu setzen,

" daß es mit Kraft operiren konnte. ,,

Napoleon_rechnete,

sagt man , auch auf den Erfolg seiner Unterhandlun ,, gen ,

als ob nicht das beste Mittel, ihr Gelingen zu

,, sichern , das gewesen wäre , den Feind in die Unmög

" lichkeit zu versehen, das Feld zu halten. "1 nüßerweise in Moskau

zugebrachte

Die 34 un-

Tage

sind

die

,, Quelle alles Unglücks auf dem Rückzuge. ,,Als die Franzosen in Moskau einzogen , zählten ,, die Rußen kaum

noch 60000 Kombattanten , und

,,håtte Napoleon die Stadt nach Verfluß

einiger Lage

" wieder verlassen , um gerade auf Kutusows Heer zu ,, marſchiren , das sich von der Straße von Kolona nach Kaluga gewendet hatte , so läßt sich gar nicht zwei,,feln , daß er die Trümmer desselben zerstreut und durch

" Sicherung seiner Operations-Basis sich neue

Verbin-

,, dungen in unberührten Provinzen eröffnet haben wür ,, de.

Dann wären Kaluga und Tula in seine Hånde

,, gefallen und somit alle Angriffsmittel zerstört worden ,,die man gegen ihn in den südlichen Provinzen vorberei-

" tete.

Statt diesem Plan zu folgen , ließ er sein Heer

" mitten in den rauchenden Trümmern der Hauptstadt, während

die Rußen ganz ruhig

in ihrem Lager bei

" Tarutina im Rücken seines rechten Flügels ,, Stellung blieben ,

in einer

die die Ankunft ihrer Verſtårkun-

,, gen deckte , und Smolensk ,

so

wie auch die Straße

" von Moskau nach dieser Stadt bedrohten.

Erst in

,, dem Augenblick, als seine Generale sich von den gegenüberstehenden

" thigt ,, greift ,

wurden ,

ihnen

Streitkräften zurückzuziehen gend-

und man seine

denkt Napoleon darauf,

eigene

Vorhut

an,

eine neue Linie zu

408

zu gewinnen ,

die feine Verbindung mit den detas

" schirten Copps sichert. Er dirigirte sich über Borowek ,, 1nach Kaluga, indem er mit Recht auf die direkte

" und kürzere Straße über

Mojaisk und Wiazma nach

,, Smolensk Verzicht leistete , die durch den Marsch des " Heeres gänzlich erschöpft war. Allein auch hier kommt

,,ihm die rußische Vorhut zuvor , und erst nach einem ,, hartnäckigen Treffen forcirt der Vice-König von Italien ,, den Engpaß von Malo Jaroslaweh und bleibt im Be

" sitz der Stadt.

Kutusow hatte unterdeffen Zeit gehabt,

,,seine Streitkräfte zusammenzuziehen ,

und die Straße

,, zu sperren , welcher Napoleon folgen wollte.

In die-

ser Lage gab es kein anderes Mittel , vorzurücken , als ,, eine Schlacht.

Napoleon wich

ihr aus und schlug

,,die Straße nach Smolensk cin ; ein unheilvoller Ent-

# schluß !

Woher kömmt es ,

daß dieser General,

der

# feines Scharfblicks und feiner Ueberlegenheit in großen " Treffen so sehr gewiß war, mit 100000 ausgeruhten feuri,,gen Soldaten es nicht wagte , eine Schlacht zu lies fern , obgleich alle Umstände ihm dieß zur Pflicht " machten ? Der Oberst Bouturlin tadelt diese Kleinmů ,, thigkeit , und seine Meynung ist die aller unterrich-,, teten Militárs. Auch liest man mit Erstaunen in

dem Werke des französischen Verfaßers die Behauptung, „ daß ſelbſt ein Sieg nur verderbliche Folgen für das " französische Heer hätte haben müßen. Es läßt sich ,, nicht absehen , welches Uebel aus einem Sieg reſulti,, ren sollte , der den französischen

Heeren

„ fruchtbare Provinzen eröffnet haben würde ; ,,die nachtheiligen Folgen

reiche und und was

einer Niederlage anbelangt ,

,,so konnten sie schwerlich größer seyn , als ein Rückzug

409 von 100

Stunden durch ein verwüstetes Land , wo

"2 die Armee ihre ganze Reiterey verlor ,

schüße und Menschen zurück ließ , als Schlacht vernichtet hätte,

und mehr Ges die blutigste

" Uebrigens stimmen Herr Bouturlin and der frans „ zöſiſche Verfaßer noch viel weniger hinsichtlich der Ma, növer åberein , welche die entgegengesetzten Heere nach`

41 dem Gefechte bei Malo - Jaroslawek hätten ausführen sollen.

Der rußische Obrist nennt Kutusows Rückzug

bis Gonczarewo unverzeihlich und der französische Vers faffer legt diesem Rückzug , nachdem er behauptet hat, „ daß die Rußen mit Recht eine Schlacht vermieden , " das Prádicat lobenswerth bei.

Auch hier scheint

41 die Sache selbst die Meynung des Herrn Bouturlin zu rechtfertigen.

Durch seinen Rückzug auf Gonczarewo

4/ öffnete Kutusow dem Kaiser Napoleon eine Rückzugs, linie über Medyn, Jucknow und Jetnia auf Smolensk, 21 mitten durch ein unberührtes Land , und wenn

er,

wie der französische Verfasser sagt , zu Medyn 2 Jufanterie Corps und ein Reiter - Corps gelaffen und In,,know mit seinem Haupt- Corps zu erreichen und 'Napaleons Rückzugslinie zu bedrohen

gesucht hätte , so

" würde sich dieser rasch nach Kaluga und von da über 14 Methofsk und Felnia nach Smolensk oder Roslaw und

시 Mohilow gewendet haben. " Es ist hier der Ort, einen andern Irrthum deffelben Schriftstellers hinsichtlich

eines von dem Fürsten

von Neufchatel an den Marschall Davoust

W Schreibens zu berühren.

erlassenen

Erstaunt darüber , daß Na-

,, poleon dort den Wunsch an den Tag legt , das rußische Heer möge sich auf Smolensk dirigiren , legt

er

410 ,,ihm die Absicht unter, jenen General zu täuschen. Jes

" ner Brief drückt im Gegentheil den Gedanken seines Wire Kutusom nach " Verfassers vollkommen aus. „ Smolensk marschirt , so wäre es durch diese Unklug-

! heit der französischen Armee möglich geworden , "

ihn

" auf der Straße , welche über Medyn , Juklinow, Maffalsk , Rosslawl führt, im Rücken anzugreifen.

" Das 9te Kapitel enthält die nähern Umstände des

" Rückzugs , die Gefechte bei Wiazma und Liakowo, den " ! Marsch des Vice-Königs über Duchowszina auf Smo· ,,lensk und das Treffen bei Krasnoi. Nach unerhörten " Leiden erreichte das französische Heer Smolensk und Man weiß , " fette seinen Rückzug auf Krasnoi fort. ,, daß

Kutusow

Truppen , ,, vernichten.

die Gelegenheit entschlüpfen ließ ,

welche Napoleon noch übrig

alle

blieben , zu

Der französische Verfaßer macht ihm mit

" Recht Vorwürfe hierüber.

Hätte Kutusow die Vor-

,, theile seiner Lage benüßt , so wären alle seine Mand-

"L ver von Malo - Jaroslawek gerechtfertigt gewesen. ,, den Lobes - Erhebungen ,

Zu

die er deßhalb verdient , daß

" er seine Truppen auf parallelen und unterhaltsreichen „ Straßen führte , wäre noch der Ruhm hinzugekommen, ,,feinem Gegner zu rechter Zeit einen entscheidenden Schlag ,, beigebracht zu haben. Es giebt kein Zögerungs - Sy,,stem , daß die Schlaffheit seiner Angriffe zu entſchul„ digen , noch ihn darüber rechtfertigen konnte , daß

er

eine Armee durchkommen ließ , die das Glück in seine ,, Hånde gegeben hatte.

Es muß auffallen , daß der

,, Obrist, Boutarlin sich nicht gegen solche Kleinmüthig, ,, keit erhebt , er , der es wagte ,

den Rückzug des ru-

,, ßischen Generals auf Gonczarewo zu tadeln und selbst

411

" " zugiebt ,

Kutusow habe

geglaubt ,

die

französischen

" Massen seyen in der Nacht auf Liady gerückt. " Neys

Rückzug

" Furchtsamkeit. " einholen sollen.

ist ein neuer Beweis von

Auch

Kutusows

Nie hätte er das französische Heer je Napoleon selbst gab ihn auf ,

und

" wie bewundernswerth auch seine an den Tag gelegten " Wunder der Kühnheit und des Muthes waren , so hätten sie ihn doch nicht retten sollen.

Im 10ten Kapitel theilt der Verfaſſer den für die

" rußischen Heere festgesetzten Operationsplan und seiz ,, ne nåhere Ausführung mit. " Das 11te Kapitel

enthält

die Fortsetzung

Rückzugs der französischen Armee bis Wilna.

des Von

Krasnoi dirigirte sie sich über Orsza auf Borisow , wo ,, eigentlich ,, men sollen.

der rußische Feldzug hätte ein

Ende neh-

Obgleich die Corps der Herzoge von Reg-

,, gio und von Belluno ihre Vereinigung mit ihren Trum-

" mern bewerkstelligt hatten , so befand sich doch noch Vor sich " nie ein Heer in einer schrecklichern Lage.

" hatte es die Moldau-Armee ,

die nach der Einnahme

,, von Minsk und nach der Vertreibung der Diviſion

" Dombrowski aus Borisow den

Uebergang über die

" Berezina vertheidigte.

In , seiner rechten Flanke stand

,, Wittgensteins Heer ,

Platow drångte seine Nachhut

und die große rußische Armee näherte sich mit starken ,, Schritten.

Gleichwohl, so fährt der Obrist Bou-

" turlin fort , fand Napoleon da noch Hülfs„ quellen , wo ein minder geschickter Genes * " ral auch nicht die Möglichkeit derselben ,, mehr vermuthet hätte. ,, strationen , imponirte

Durch seine Demons

er Tschitschagof und durch Auf-

412

" suchung eines Punktes , wo alle Terrain- Vortheile fich ,, auf seiner Seite befanden , gelang es ihm Brücken zu ,,ſchlagen , und Streitkräfte auf das rechte Ufer zu brinz gen, welche die Truppen des Admirals über den Haus

"J fen warfen. Rußen die

Auf diese Art entkam sein Heer, und dem keinen Mann hätten durchlaßen sollen ,

,,fielen nur die Division Parthouneaur und einige hundert Nachzügler in die Hände. " Bouturlin , der offen

Was würde der Obriſt

die Kühnheit und den richtigen

" Blick Napoleous bewundert , sagen ,

wenn er wüßte,

!! daß die Colonnen des französischen Heeres statt 80000 N Soldaten nicht über 35000 Kombattanten zählten ! "/ Weder die Richtigkeit , noch der Erfolg von Na,, poleons Combiuationen vermochten gleichwohl die Kri,, tik der des französischen Verfaßers über den Berezinas „ Uebergang zu entwaffnen.

Napoleon, ſagt er, begieng

,, drei Fehler, und nur den noch zahlreichern Fehlern seiz ,, ner Gegner verdankte er seine Rettung.

Erstens håtte

,, der Herzog von Belluno nach seiner Meynung früher Befehl erhalten sollen , sich über Baran nach Studianka ,, zu begeben.

Allein mußte der Herzog von Belluno

„ nicht die aufgelösten Maſſen der großen Armee decken, "" und konnte Napoleon , der noch nicht wußte , daß „, Tschitschagofseine ganze Aufmerksamkeit nach der untern Berezina zog , sich entschließen ,

den Uebergang obers

„ halb Borisow zu versuchen ? Den 2ten Klagepunkt au" langend , laßen sich „ Obergeneral

die Beweggründe ,

in seinem

Hauptquartier

welche einen zurückhalten ,

" schwer würdigen. Auch ist zu bezweifeln , daß er ,, dem Herzog von Reggio vollkommen freie Macht „ gegeben habe , den Uebergangspunkt auszuwählen ; je›

1

413 ,, denfalls wird

man zugeben ,

daß er seinen Auftrag

" nicht beßer hätte vollziehen können. Eben so war es " natürlich, die Division Dändels auf das linke Ufer zurückzuschicken , um die Brücken den Tag über noch zu behaupten.

Hätte Napóleon , wie der französische

Verfasser will , den Herzog von Belluno vor Tag zu-

" rückberufen und den Rückzug fortgeseßt ,

sö hätte er

17 den Rußen über die Hälfte des französischen Heeres " preis gegeben , die sich damals

77 Berezina-Ufer befand.

noch auf dem linken

Wie hätte man alsdann ein-

stimmig über Barbarey geſchrieen , und der franzöſiſche Verfasser , der die Fortſchaffung der Verwundeten aus Moskau getadelt hat , würde ihm diesen Vorwurf nicht », erspart haben.

Die größtmögliche Anzahl von Nach-

,, züglern retten , war Pflicht ; diese konnte nur dadurch ,, erfüllt werden , daß man das Corps des Herzogs von

" Belluno zurück ließ und namentlich die Division Dán: ,, dels

war nicht zu viel , um ihm zu helfen , die ges

fährliche Lage , in der er sich befand zu verlassen.

Der französische Verfasser , so strenge gegen die französischen Generale , ist eben so ungerecht gegen den

" Grafen Wittgenstein , dem er den Vorwurf macht, „ daß er sich nicht vermittelst einer bei Weselowo ,, " oder Studianka geschlagenen Brücke mit dem Admiral " Tschitschagof vereinigt habe. ,, sen General nur darüber ,

Bisher tadelte man dies daß er seine Vereinigung

# mit dem Admiral nicht auf dem rechten Ufer der Berezina bewerkstelligt habe ; wie könnte man es misbil, ,, ligen , daß er sich dicht mitten in die Massen stürzte , ,, deren Auflösung ihm unbekannt war , und die ihn bes ,, stimmt immer noch geschlagen haben würden ? Marſchir-

414

1 ,, te er von Roniczi über Baran und Studianka, so lief " er dieselbe Gefahr. Der einzige Punkt , wo der Kriti,, "/‚ ker recht hat, ist, wenn er Wittgenstein beschuldigt, nicht

"1 den Herzog von Belluno statt der Division Partonneaur ,, angegriffen zu haben. ,,Das 12te Kapitel enthält die letzten Operationen ,, der Heere, die Einnahme von Wilna, des Königs von ,, Neapel Ucbergang über den Niemen und das Gefecht

" bei Kowno ,

nach welchem die große Armee Winters

quartiere bezog ; den Marsch des Admirals Tschitscha= ,, gof bis an den Niemen , den des Grafen Wittgenstein ,, nach Memel ; den Abfall der Preußen und den Rücks ,, zug des ſächſiſch - osterreichischen Corps nach Warschau. Der Berezina

Uebergang war die lehte militaris

,, sche Operation des französischen Heeres. " Der Leser wird in dieser Beurtheilung bemerkt ,,haben , daß man beinahe immer gleicher Meynung mit

" dem rußischen Verfasser war.

Denn abgerechnet seine

,, Partheilichkeit für Kutusow bei Gelegenheit der Gefechte

"/ bei Krasuoi , abgerechnet einen ståten Hang zu jenem Bülletinsstyl , der dem Rückzug

" weise Gründe unterlegt ,

der Seinigen stets

den des Feindes aber als

" Niederlage darstellt , und überhaupt alle Vortheile viel ,, zu hoch anschlägt , abgerechnet endlich die übertriebene ,, Angabe

der französischen

Streitkräfte ,

setzt

dieser

" Schriftsteller den Zweck und das Reſultat der OperaAllenthals ,, tionen beider Heere sehr klar auseinander. ,, ben legt er Beweise eines durch tiefes Studium der

" Kriegskunst befestigten Urtheils ab.

Kenntniß des Ters

" rains , der Straßen und insbesondere des Schwungs, ,, den die freie Verbindung des rußischen Heeres mit den

415 südlichen Provinzen den Operationen ertheilen mußte, ,, " giebt seinen Betrachtungen den Ausdruck der Richtigkeit ,, " und entscheidendes Gewicht. ,, Diesen Vortheil konnte der französische Verfaßer

" nicht haben.

Wenn aber das Talent ,

das derselbe an

,, den Tag gelegt hat , seinem Werke eine ausgezeichnete

" Stelle

anweißt , so ist dieß ein Grund weiter , seine

" Fehler aufzudecken.

Seine Urtheile ,

meistens unter

,, schneidenden Formen ausgedrückt, sind nicht immer auf „ die Grundsäße der Kunſt baſirt.

Mit Bedauern sieht

" man ihn vernünftige Manöver abgeschmackt und un,,sinnig benennen , und ihn so weit gehen, daß er dem

"1 Benehmen der Generale entehrende Beweggründe un,,terlegt.

So schreibt er dieInstruktionen, welche Kutu-

,,ſow dem Admiral Tschitschagof gab , dem Gefühle der " ,, Eifersucht zu.

Denselben

niedrigen Hebel unterlegt

,, er häufig den Entschlüſſen Napoleous. "

Solche Versi-

" cherungen bedürfen der unlåugbarsten Beweise, oder n der Geschichtschreiber thut besser, darüber zu schweigen. “



Anang.

Bericht von

einigen

jeden

Militår

vorzüglich intereffirenden Werken, welche im Ans fange dieses Jahrs die Preße verlassen , und in allen Buchhandlungen Deutschlands und der Schweiz um beigefeßte Preise zu haben sind : Historische, politische und militärische Denkwürdigkeiten über die Revolution des

Königreichs Neapel in den Jahren 1820 und 1821. und über die Ursachen , welche solche herbeigeführt haben ; mit größtentheils noch ungedrukten Belegen und einer Karte . Von dem General Carrascosa ; vormaligen neapolitanischen Kriegsminister Aus dem französischen gr. 8. broschirt (Preis 3 fl. oder 1 Thlr. 18 fächs. In diesem Werk wird endlich der Schleyer gelüftet, der bisher sowohl über der schnellen Entstehung als auch der eben so schnellen Dämpfung der Revolution von Neapel lag. Schon haben mehrere öffentliche Blätter über dieses wichtige Werk mit goßem Lobe gesprochen und demselben mit Recht eine ausgezeichnete Stelle in unserer Zeit und Staatengeschichte angewiesen, wie es sich von einem solchen Verfasser , der in der wichtigsten Periode das Portefeuille des Kriegsministeriums hatte, nicht anders erwarten läßt. Von der größten Wichtigkeit ist es: für jeden Staatsmann , denn Freimüthig und

wahr hat der Verfasser die großen Mißgriffe der Regierung aufgedeckt , wodurch solche selbst die Revolution herbeigeführt , aber eben so wahr und kräftig beleuchtet derselbe auch die Frrthümer und Schwächen in welche die kurze konstitutionelle Regierung hierauf werfiel ; für jeden gebildeten Offizier , denn der Verfasser theilt feine , als Obergeneral angeordneten Vertheidigungsanstalten mit , ebenso ist der ganze Kriegsschauplat auf einer dem Werke beigegebenen Karte enthalten ; das Werk zerfällt in drei Theile der erste enthålt_sumན། marisch die fünfjährige Periode zwischen dem Monat Mai 1815. Epoche der Restauration, bis zum 6ten Juli 1820. Dem Tag der Veränderung der Constitution ; der zweite ist eine ausführliche Erzählung der zweiten Periode bis zum 7ten Febrar 1821. wo man in Neapel die Gewißheit eines auswärtigen Angriffs erlangte , gewidmet ; in dem dritten Theil endlich erhält das Publikum eine ausführliche Beschreibung der dritten Periode bis zumMärz 1821. Zeitpunkt der Rückkehr des Königs von Neapel.

Denkwürdigkeiten über dengegenwärtgen Krieg ´der Griechen.

Von Boutier Oberst im griechischen Heere.

Mit den Bildnissen von Colocotroni , Maurokordato , Ypsilanti, St. Georg und einem griechischen Soldaten, gr. 8. broschirt 2 fl. 42 fr. oder 1 Thlr. 12 ggr . Die Anstrengungen der Griechen , sich dem schimpflichen Joche der Barbarei zu entwinden , und der Schauplaß ihrer Siege über die Zwingherrn und Unterdrücker, die Feinde der Christenheit und aller Civilisation , hat seit drei Jahren die Augen der Welt zu sehr auf sich ge= zogen, als daß ein ungeschminckter und wahrhafter Bericht dessen , was sich von dem ersten Ausbruche des Krieges an , bis auf die neueste Zeit daselbst ereignete , aus dem Munde eines Augenzeugen und Mitkämpfers nicht eine

willkommene Gabe für diejenigen seyn sollte , welche auch nur einigen Antheil an den Schicksalen der Söhne Spar ta's und Athens genommen haben. Herr Voutier nemlich , einer der ersten , die dem bedrängten Volke aus fremden Landen zu Hülfe geeilt , und dessen Verdienste um dasselbe von der griechischen Regierung mit gerechter Anerkennung gewürdigt worden. find, hat seine Erfahrungen in Memoiren niedergelegt , welche erst mit dem Schluß des Jahrs 1823. in Paris die Preße verlaſſen haben . Was er berichtet , ist in keinen öffentlichen Blättern , ist noch in keinem Werke verzeichnet ; was er gesehen hat, erzählt er mit gewissenhafter Treue und er verhehlt selbst die Schwächen und Fehler derjenigen nicht , denen er das Wort redet. Selbst denen, die nach angenehmer Unterhaltung . trachten wird Herr Voutier genügen. Er trägt die Thatfachen vor, in der Reihe, wie sie sich begeben haben, und man erfährt neben dem Berichte über die geliefertenSchlachten , die Beweggründe des Aufstands , erhält eine vollständige Uebersicht der Revolution im Allgemeinen , und eine Charakteristik der Männer , die zu dem großen Werke mitgewirkt haben , nicht weniger werden die nach der Natur gezeichneten und also wohlgetroffenen Bildniße der Hauptpersonen mitgetheilt. Auch sind anziehende örtliche Beschreibungen / und Darstellungen von Sitten und Gebrauchen mit le bendiger Wahrheit eingemischt und aus dem Leben gegriffene Anekdoten würzen hier und da das Ganze.

Lehre der Militårverpflegung und ihrer Verbindung mit den Operationen; aus dem Werke : Ueber die Militär ፡ Oekonomie u . s. w. gezogen von Carl von Martens . Hauptmann im Königl. Würtembergischen General Quartiermeister- Stab. Mit 7 lithographirten Tafeln und 5 Tabellen. Preis 3 fl. oder 1 Thlr. 18 ggr. sächsisch. Das im Jahr 1820 in St. Petersburg erschienene Werk: über die Militär- Oekonomie u. f. w . enthält

aber diesen wichtigen Gegenstand viel Gutes , und es ist in demselben die geraue Verbindung der Lehre der Ver pflegung mit der Lehre der Operationen zum erstenmal sehr unterrichtend dargestellt worden. Demungeachtet ist der Inhalt des erwähnten Werkes bisher nicht so allge mein bekannt geworden , als er es verdient ; theils viel leicht seines hohen Preißes , theils seiner Weitläufigkeit wegen , theils endlich weil es noch unvollendet dasteht , und weniger ein abgeschlossenes System der gesammten Militärökonomie , als vielmehr bloße Fragmente daraus enthält. Aus diesen Gründen wurde Herr Hauptmann von Martens veranlaßt , aus jenem Werke dasjenige, was hinsichtlich der eigentlichen Militärverpflegung besonders praktisches Interesse hat , und im Kriege mit den Operationen in der genauesten Verbindung steht , heraus zuheben, diesen wichtigen Theil der gesammten MilitärDetonomie geordnet in ein zusammenhängendes Ganze zu vereinigen , und zugleich diejenige Bestimmungen damit zu verbinden , welche in Betreff der Verpflegung in dem Entwurfe der inneren Organisation des achten deutschen Armee- Corps in Vorschlag gebracht worden sind. Somit dürfte der erwähnte Auszug nicht nur für Einzelne, welche zu den höheren Stellen im Militärverwaltungsfache zu gelangen wünschen sondern insbesondere auch für alle Offiziere des Generalstabs, für hohe und niedere Ver= pflegungsbeamte, überhaupt aber für jeden Offizier , der nach gründlicher Kenntniß aller Theile der Kriegsführung streben will , wichtig , nüßlich und von großem Interesse feyn .

Zeitschrift für Kriegswissensch aft (redigirt von Hauptmann von Kausler) 3tes Heft gr. 8 broſchirt 1 fl. 30 kr.

ische ek Bayebriblioth Staats en Münch

Rag des

Truppen sind ai ps bestand aus chen), 3 aus 4 s zählte 3 Div id einem auslåt 8 hatte 3 Divi estand aus 5 R B zählte 4 Divi n andern beftan

(II.) fischen Heeres.

Bezeichnung

Bez der Divifionen der $ rate und Nam

und Namen der Generale welche fie befehligten.

welche

Infanterie-Division des rechten Flügels, General Trautenberg. 1tes Jis Infanterie-Division der Mitte , General Bianchi. unter Marschallsenberg Infanterie-Division des linken Flügels , General Siegenthal. Reiterey , General Frimont. 2tes In

unter Marschal

te Inf.-Div., General Graf Delaborbe. ate Juf.-Div., General Baron Roguet. teInf. Div., Marschall Lefebvre, Herzog 3tes In von Danzig. unter Marsch Befehl. Reiterey , Marschall Bessieres , Herzog von Iftrien. Reserve-Artillerie, General Graf Sorbier. 4tes Ir Weichsel-Division, Gen. Graf Claparede. unter dem Prir te leichte Reiter - Diviſion , General Baron Bruyere. Grafente Küraffier Divifion, General Baron 5tes Saint Germain . 5te Küraffier Division , General Graf unter dem { Valence. 6tes Fi ate leichte Reiter-Diviſion, General Graf unter dem Gen Sebaftiani. Mathier

**

2

ach und nach ein

tgegengesetzten ru

te re, ziere aten ren, pen [erie net.

[Dieſes Corps Dieſes Corps Dieses Corps Dieses Corps Dieses Corps [Dieses Corps Küraßiere. Tragener. Leichte Reite Kosacken uni Dieses Corps Dieses Corp Küraßiere. Dragoner. Leichte Reit Dieses Corp Kofac Dieses Corp Dieser Gene General Lar cofacten un

ach und nach ein

Heeres.

(IV.)

He ze ich n un g Bezei der Divifionen der Armo le und Namen i

und Namen der Generale welche sie beschlisten.

welche fie f

1tes Infant

Sabte Division, General Paskiewitsch. sky- 27te Division, General Newerowski.

unter dem General Wittge

(12te Division, General Kubeiatin. ate Grenadier - Diviſion, General Prinz sbin. Carl von Meklenburg .

2tes. Infan 9te Division , General · • • unter dem General-1 rkof. (15te Division, General

3tes Infan

Vereinte Grenadier-Division, Gen. Graf Worongof. eitenaote Diviſion , General Graf Lambert.

unter dem General-I

18te Division , General Kamenskoi.

4tes Infan unter dem General Schu

5tes Bornd Lod

ites ates 3tes 4tes

Reiter Corps, General Uwarof. Reiter ፡ Corps, Gen., Baron Korf. Reiter = Corps, Gen., Graf Pahlen. Reiter = Corps, General , Baron