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German Pages 382 Year 2013
Schriften zur Rechtsgeschichte Heft 161
Der Freikauf des Sklaven mit eigenem Geld – Redemptio suis nummis
Von
Susanne Heinemeyer
Duncker & Humblot · Berlin
SUSANNE HEINEMEYER
Der Freikauf des Sklaven mit eigenem Geld – Redemptio suis nummis
Schriften zur Rechtsgeschichte
Heft 161
Der Freikauf des Sklaven mit eigenem Geld – Redemptio suis nummis
Von
Susanne Heinemeyer
Duncker & Humblot · Berlin
Der Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften der Johannes Gutenberg-Universität Mainz hat diese Arbeit im Jahre 2012 als Dissertation angenommen.
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Meiner Familie
Vorwort Diese Arbeit wurde im Wintersemester 2011 / 12 vom Fachbereich Rechtsund Wirtschaftswissenschaften der Johannes Gutenberg-Universität Mainz als Dissertation angenommen. Später erschienene Literatur ist bis Mitte 2012 berücksichtigt. Ganz besonderer Dank gebührt meinem Lehrer, Herrn Professor Dr. Peter Gröschler, der mein Interesse am römischen Recht bereits früh entdeckt und seither in besonderem Maße gefördert hat. Stets hilfsbereit und unermüdlich hat er den Fortgang der Arbeit wohlwollend und kritisch begleitet. Herzlich danke ich Herrn Professor Dr. Andreas Roth für die rasche Erstellung des Zweitgutachtens. Herrn Professor Dr. Rolf Knütel (Bonn) bin ich für hilfreiche Hinweise zu Dank verpflichtet. Für die Gewährung eines großzügigen Druckkostenzuschusses sei der Johannes Gutenberg-Universität Mainz gedankt. Mainz, im Dezember 2012
Susanne Heinemeyer
Inhaltsübersicht Einleitung27 § 1 Vorüberlegungen zum Freikauf mit eigenem Geld im römischen Recht. . 27 § 2 Der Freikauf des Sklaven mit eigenem Geld (redemptio suis nummis) . . 31 § 3 Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 1. Teil
Freilassung im römischen Recht40
§ 4 Möglichkeiten der Freilassung eines Sklaven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 2. Teil
Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut des Sklaven – redemptio suis nummis und peculium68 1. Abschnitt
Das Sondergut des Sklaven (peculium)68
§ 5 Voraussetzungen und Haftung ex peculio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 § 6 Das peculium als Vermögen des Sklaven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 § 7 Bedeutung des peculium beim Verkauf des Sklaven . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 § 8 Verwaltungsbefugnisse des Sklaven in Bezug auf das peculium . . . . . . . . 118 § 9 Folgen eines wirksamen Handelns mit Pekuliarmitteln . . . . . . . . . . . . . . . 131 § 10 Ergebnisse zum peculium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 2. Abschnitt
Verwirklichung des Freikaufs mit eigenem Geld149
§ 11 Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 § 12 Zahlung des Sklaven mit Mitteln aus dem peculium im Allgemeinen . . . 151 § 13 Der Freikauf eines homo liber bona fide serviens: Ulp. D. 17.1.8.5 (31 ad ed.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159
10 Inhaltsübersicht § 14 Herkunft des Geldes für die Zahlung an den Freikäufer . . . . . . . . . . . . . . 172 § 15 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 3. Teil
Freikauf mit eigenem Geld und Auftrag – redemptio suis nummis und mandatum207 1. Abschnitt
Der Auftrag (mandatum)207
§ 16 Voraussetzungen und Haftung ex mandato . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 § 17 Auftrag (mandatum) und Kauf unter Beteiligung eines Sklaven. . . . . . . . 225 § 18 Verhältnis des mandatum zu anderen Formen des Handelns für Dritte . . . 229 § 19 Ergebnisse zum mandatum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 2. Abschnitt
Der Auftrag zum Freikauf mit eigenem Geld – mandatum im Rahmen der redemptio suis nummis 238
§ 20 Der Auftrag in den Quellen zum Freikauf mit eigenem Geld. . . . . . . . . . 238 § 21 Erklärung der Wirksamkeit des Auftrags des Sklaven an den Freikäufer . 261 § 22 Folgen des Auftrags des Sklaven an den Freikäufer für Sklaven und Herrn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 § 23 Ergebnisse zum Auftrag im Rahmen des Freikaufs mit eigenem Geld . . . 278 4. Teil
Folgen und Motive der Vornahme eines Freikaufs mit eigenem Geld
281
1. Abschnitt
Justiziabilität des Freikaufs mit eigenem Geld: constitutio der divi fratres281
§ 24 Die Regelung der constitutio der divi fratres . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 § 25 Ablauf des Verfahrens zur Durchsetzung einer fideikommissarisch angeordneten Freilassung (cognitio extra ordinem). . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 § 26 Gerichtliche Durchsetzung einer im Wege des Freikaufs versprochenen Freilassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 § 27 Ergebnisse zur Justiziabilität der redemptio suis nummis . . . . . . . . . . . . . . 306
Inhaltsübersicht11 2. Abschnitt
Patronatsrecht: Verhältnis zwischen Sklaven, Freikäufer und Herrn nach der Freilassung307
§ 28 Das Patronatsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 § 29 Das Patronatsrecht bei Freilassung im Zuge eines Freikaufs . . . . . . . . . . . 319 § 30 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323 3. Abschnitt
Motive für die Vornahme eines Freikaufs mit eigenem Geld – Attraktivität der redemptio suis nummis
325
§ 31 Beweggründe der beteiligten Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325 § 32 Abschließende Überlegungen zur Attraktivität des Freikaufs mit eigenem Geld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339 5. Teil
Zusammenfassung der Ergebnisse343
§ 33 Zulässigkeit und Ablauf des Freikaufs mit eigenem Geld (redemptio suis nummis) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 352 Sachregister. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365 Quellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 372
Inhaltsverzeichnis Einleitung 27 § 1 Vorüberlegungen zum Freikauf mit eigenem Geld im römischen Recht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 I. Freikauf in Rom. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 II. Freikauf in Griechenland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 § 2 Der Freikauf des Sklaven mit eigenem Geld (redemptio suis nummis) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 I. Überblick über Wesen und Ablauf der redemptio suis nummis. . . . . 31 II. Quellen und Literatur zur redemptio suis nummis . . . . . . . . . . . . . . . 37 § 3 Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 1. Teil
Freilassung im römischen Recht40
§ 4 Möglichkeiten der Freilassung eines Sklaven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 I. Vorbemerkung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 II. Die Freilassung (manumissio) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 1. Freilassung unter Lebenden (manumissio inter vivos). . . . . . . . . . 42 a) Freilassung durch Scheinprozess (manumissio vindicta). . . . . 42 b) Freilassung durch Eintragung in die census-Liste (manumissio censu) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 2. Freilassung von Todes wegen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 a) Testamentarische Freilassung (manumissio testamento) . . . . . 44 b) Der Bedingtfreie (statuliber) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 3. Prätorische Freilassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 4. Freilassungsbeschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 5. Zusammenfassung der Freilassungsmöglichkeiten für den Herrn . 51 III. Mittelbare Freilassungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 1. Freilassung durch Fideikommiss (manumissio per fideicommissum) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 2. Verkauf und Schenkung ut manumittatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 a) Kaiserrechtliche Regelung durch die constitutio divi Marci. . 54 b) Widerrufsrecht des Veräußerers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 c) Stellung des Freigelassenen nach dem Erwerb der Freiheit durch Verkauf und Schenkung ut manumittatur . . . . . . . . . . . 58
14 Inhaltsverzeichnis 3. Zuwendung eines Vermögensstücks für die Freilassung (dedere ut manumittatur) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 4. Freilassungsvereinbarung des Sklaven mit seinem Herrn (pactum pro libertate) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 a) Vereinbarung zwischen Sklaven und Herrn. . . . . . . . . . . . . . . 63 b) Wirksamkeit der Vereinbarung zwischen Sklaven und Herrn . 64 c) Schutz des Sklaven bei unterbleibender Freilassung . . . . . . . 66 5. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 2. Teil
Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut des Sklaven – redemptio suis nummis und peculium68 1. Abschnitt
Das Sondergut des Sklaven (peculium)68
§ 5 Voraussetzungen und Haftung ex peculio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 I. Definition des peculium. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 1. Definition in den juristischen Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 2. Entstehung und Bedeutung des peculium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 II. Einräumung, Zusammensetzung und Bestand eines peculium . . . . . 73 1. Voraussetzungen der Einräumung eines Sonderguts. . . . . . . . . . . . 73 2. Zusammensetzung und Bestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 3. Berechnung der Höhe des Sonderguts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 III. Die Klage aus dem Sondergut (actio de peculio) . . . . . . . . . . . . . . . 80 1. Bedeutung der actio de peculio. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 2. Haftung des Herrn ex peculio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 a) Klagformel der actio de peculio. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 b) Rückwirkende Haftung des Herrn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 c) Voraussetzungen der Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 IV. Exkurs: Zur Theorie von der Pekulienfähigkeit nach Dietzel . . . . . . 86 1. Kernpunkte der Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 2. Diskussion unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des peculium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 3. Konsequenz der Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 4. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 V. Vorzüge der Einräumung eines peculium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 1. Haftungsspezifischer Vorteil. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 2. Rechtsschein der Kreditwürdigkeit des Sklaven . . . . . . . . . . . . . . 94 VI. Exkurs: Adjektizische Klagen und Vermächtnis des peculium . . . . . 96 1. Adjektizische Klagen im Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 2. Vermächtnis des Sonderguts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 VII. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98
Inhaltsverzeichnis15 § 6 Das peculium als Vermögen des Sklaven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 I. Vorbemerkung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 II. Perspektive des Sklaven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 III. Perspektive des Herrn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 1. Überleitung der Haftung für Pekuliarhandeln des Sklaven auf den Herrn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 2. Subsidiarität der Klage aus dem Sondergut (actio de peculio) . . . 104 IV. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 § 7 Bedeutung des peculium beim Verkauf des Sklaven . . . . . . . . . . . . . . . 108 I. Verbleib des peculium nach Verkauf des Sklaven. . . . . . . . . . . . . . . . 108 II. Haftung des Verkäufers mit der actio de peculio annalis . . . . . . . . . 109 1. Parallele Haftung von Verkäufer und Käufer . . . . . . . . . . . . . . . . 109 2. Einschränkung des Wahlrechts des Käufers . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 a) Quellenlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 b) Erklärungsansätze von Micolier und Kaser . . . . . . . . . . . . . . . 111 c) Ausschluss der Haftung des Verkäufers bei Übergabe (traditio) des peculium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 3. Gegenseitige Ansprüche von Käufer und Verkäufer . . . . . . . . . . . 115 a) Klage des Käufers gegen den Verkäufer. . . . . . . . . . . . . . . . . 115 b) Klage des Verkäufers gegen den Käufer . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 § 8 Verwaltungsbefugnisse des Sklaven in Bezug auf das peculium . . . . . 118 I. Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 II. Verpflichtungsgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 III. Verfügungsgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 1. Begriffsbestimmung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 2. Anforderungen an das Handeln des Sklaven für das peculium . . . 121 a) Wechsel im Bestand des peculium: Gedanke der dinglichen Surrogation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 b) Der Wille des Sklaven beim Handeln für das peculium . . . . 122 3. Anforderungen an die Verfügungsbefugnis des Sklaven: Kontroverse um die libera administratio peculii . . . . . . . . . . . . . . 125 a) Problemstellung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 b) Überblick über die Ansichten der Forschung zur libera administratio peculii . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 aa) Pernice, G. Longo und Albertario: Wandel in der Bedeutung der Begriffe libera administratio peculii und concessio peculii. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 bb) Micolier: Kompensation fehlender Sondergutsbestellung durch concessio administrationis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 cc) Buti: concessio peculii und administratio peculii als Ausdruck des Willens des Herrn . . . . . . . . . . . . . . . . 127
16 Inhaltsverzeichnis dd) Brinkhof: Erweiterung der Befugnisse des Sklaven durch administratio peculii . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 ee) Mandry, Andrés Santos: libera administratio als Voraus setzung der Dispositionsbefugnis des Sklaven . . . . . . . . . 129 ff) Wacke: libera administratio als generelle Verfügungsbefugnis des Sklaven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 c) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 § 9 Folgen eines wirksamen Handelns mit Pekuliarmitteln . . . . . . . . . . . . 131 I. Verbindlichkeit des Sklaven aus dem peculium . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 1. Quellenlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 2. Terminologische Überlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 3. Ergebnis: Der Begriff der Naturalverbindlichkeit (naturalis obligatio) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 II. Bezeichnung der Sklavenverbindlichkeit als Naturalverbindlichkeit . 135 1. Wandel der Bedeutung des Begriffs naturalis obligatio . . . . . . . . 135 2. Die Verwendung des Begriffs naturalis obligatio . . . . . . . . . . . . 136 a) Überblick über die Ansichten der Forschung . . . . . . . . . . . . . 136 b) Schulden im Binnenverhältnis zwischen Sklaven und Herrn . 139 3. Abschließende Überlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 III. Zusammenhang von Naturalverbindlichkeit (naturalis obligatio) und Naturrecht (ius naturale) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 1. Der Begriff ius naturale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 2. Verhältnis des Naturrechts zu ius civile und ius gentium . . . . . . . 144 3. Bedeutung des Naturrechts für die Sklavenverbindlichkeit . . . . . . 146 § 10 Ergebnisse zum peculium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 2. Abschnitt
Verwirklichung des Freikaufs mit eigenem Geld149
§ 11 Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 § 12 Zahlung des Sklaven mit Mitteln aus dem peculium im Allgemeinen . 151 I. Voraussetzungen einer wirksamen Zahlung des Sklaven mit Pekuliarmitteln. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 II. Verbindlichkeit für und Erfüllung aus dem peculium: Iul. D. 46.1.19 (4 ex Minicio) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 1. Sachverhalt von D. 46.1.19. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 2. Interpretation von D. 46.1.19 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 3. Widerspruch zu Alf. Var. D. 41.3.34 (1 dig. a Paulo epitom.) . . . 156 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 § 13 Der Freikauf eines homo liber bona fide serviens: Ulp. D. 17.1.8.5 (31 ad ed.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 I. Vorbemerkung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 II. Sachverhalt von D. 17.1.8.5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160
Inhaltsverzeichnis17 III. Interpretation von D. 17.1.8.5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 1. Vorüberlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 2. Sachverhaltsvarianten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 3. Abtretbare Ansprüche des Freikäufers Titius in D. 17.1.8.5 . . . . . 166 a) Abtretbare Ansprüche in der 1. Alternative. . . . . . . . . . . . . . . 166 aa) Eviktionsanspruch des Freikäufers gegen den veräußernden Herrn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 bb) Gegenüberstellung der Klage des Käufers (actio empti) und der Klage des Verkäufers (actio venditi) in D. 17.1.8.5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 b) Abtretbare Ansprüche in der 2. Alternative in D. 17.1.8.5 . . 170 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 § 14 Herkunft des Geldes für die Zahlung an den Freikäufer . . . . . . . . . . . 172 I. Vorüberlegungen zur Höhe des Kaufpreises . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 II. Berechtigte Zahlung des Sklaven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 1. Wirksame Zahlung des Sklaven aus seinem peculium. . . . . . . . . . 173 2. Berechtigte Zahlung des Sklaven mit Geld neben dem peculium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 III. Zahlung eines Dritten für den Sklaven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 1. Vorstrecken des Kaufpreises durch den Freikäufer . . . . . . . . . . . . 175 2. Finanzierung des Kaufpreises durch eine vom Freikäufer verschiedene Person . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 IV. Unberechtigte Zahlung des Sklaven aus einer „schwarzen Kasse“ . . 178 1. Die „schwarze Kasse“ des Sklaven. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 2. Zahlung des Freikäufers mit Geld aus der „schwarzen Kasse“ des Sklaven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 a) Kollusives Zusammenwirken von Freikäufer und Sklaven. . . 181 b) Voraussetzungen für die Wirksamkeit der Zahlung aus einer „schwarzen Kasse“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 d) Quellenstellen, die gegen die wirksame Zahlung aus einer „schwarzen Kasse“ und damit gegen eine Befreiung des Freikäufers von seiner Pflicht zur Kaufpreiszahlung sprechen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 aa) Diocl. / Max. C. 4.36.1 pr.-2, dies. C. 4.49.7, Pap. D. 40.1.19 (30 quaest.). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 bb) Interpretation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 e) Unterschlagung (furtum) des Sklaven bei Zahlung aus seiner „schwarzen Kasse“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 aa) Unterschlagung von Mitteln aus dem peculium durch den Sklaven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 bb) Vorgehen des veräußernden Herrn wegen der Unterschlagung des Sklaven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197
18 Inhaltsverzeichnis f) Anwendbarkeit der constitutio auch auf den Fall der Zahlung aus einer „schwarzen Kasse“ . . . . . . . . . . . . . . . 201 g) Abschließende Überlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 § 15 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 3. Teil
Freikauf mit eigenem Geld und Auftrag – redemptio suis nummis und mandatum
207
1. Abschnitt
Der Auftrag (mandatum)
207
§ 16 Voraussetzungen und Haftung ex mandato. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 I. Bedeutung des Auftrags in den Quellen zum Freikauf. . . . . . . . . . . . 207 II. Wirksamkeitsvoraussetzungen eines Auftrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 1. Wesen und Entstehung des mandatum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 2. Auftrag zur Vornahme eines Geschäftes oder einer Handlung . . . 210 3. Begünstigter aus dem aufgegebenen Geschäft . . . . . . . . . . . . . . . . 211 4. Pflicht zur Durchführung und Erlöschen des Auftrags . . . . . . . . . 213 III. Prinzip der Unentgeltlichkeit des Auftrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 1. Quellenlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 2. Belohnung des Beauftragten: salarium oder honorarium . . . . . . . 216 3. Durchsetzbarkeit der Belohnung des Beauftragten . . . . . . . . . . . . 217 IV. Klage des Auftraggebers und Klage des Beauftragten (actio mandati) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 1. Klagformel der actio mandati (directa) und der actio mandati (contraria). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 2. Umfang der Haftung mit der actio mandati . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 3. Erhebung der actio mandati bei Überschreitung der Grenzen des mandatum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 a) Ansicht von Sabinus und Cassius . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 b) Ansicht von Proculus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 V. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 § 17 Auftrag (mandatum) und Kauf unter Beteiligung eines Sklaven. . . . . 225 I. Wirksamer Auftrag zum Abschluss eines Kaufvertrags . . . . . . . . . . . 225 II. Der Sklave als Auftraggeber und Auftragnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . 227 § 18 Verhältnis des mandatum zu anderen Formen des Handelns für Dritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 I. Vorbemerkung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 II. Verhältnis von Auftrag (mandatum) und Befehl (iussum) . . . . . . . . 230 III. Verhältnis von Auftrag (mandatum), Vermögensverwaltung (procuratio) sowie Geschäftsführung (negotiorum gestio) . . . . . . . . 232
Inhaltsverzeichnis19 1. Quellenlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 2. Entwicklung des Verhältnisses von mandatum und procuratio . . . 234 3. Parallelen der Entwicklung von mandatum und procuratio sowie des peculium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 4. Verhältnis von mandatum und negotiorum gestio . . . . . . . . . . . . . 236 § 19 Ergebnisse zum mandatum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 2. Abschnitt
Der Auftrag zum Freikauf mit eigenem Geld – mandatum im Rahmen der redemptio suis nummis
238
§ 20 Der Auftrag in den Quellen zum Freikauf mit eigenem Geld . . . . . . . 238 I. Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 II. Voraussetzungen eines wirksamen mandatum des Sklaven an den Freikäufer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 III. Analyse der Quellen zu mandatum und redemptio suis nummis . . . . 241 1. Text und Sachverhalt von Pap. D. 17.1.54 pr.-1 (27 quaest.), Ulp. D. 17.1.8.5 (31 ad ed.) und ders. D. 17.1.19 (43 ad Sab.) . . 241 a) Pap. D. 17.1.54 pr.-1 (27 quaest.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 b) Ulp. D. 17.1.8.5 (31 ad ed.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 c) Ulp. D. 17.1.19 (43 ad Sab.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 2. Interpretation von D. 17.1.54 pr.-1, D. 17.1.8.5 und D. 17.1.19 . . 243 a) Vergleichende Betrachtung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 aa) Sachverhalt und Rechtsfolge der Stellen im Vergleich . . 243 bb) Palingenesie der Stellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 b) Interpretation von Pap. D. 17.1.54 pr.-1 unter Berücksichtigung von Diocl. / Max. C. 4.36.1 pr. . . . . . . . . . . 247 aa) Unwirksamkeit des Auftrags des Sklaven zum Kauf seiner selbst (mandatum se emendum nullum est). . . . . . 247 (1) Gegenüberstellung eines wirksamen und eines unwirksamen Auftrags in D. 17.1.54 pr. . . . . . . . . . . 247 (2) Unwirksamkeit wegen des Kaufs einer eigenen Sache (emptio rei suae) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 (3) Unwirksamkeit des Auftrags zum Kauf der eigenen Person . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 bb) Wirksamkeit des Auftrags des Sklaven zum Kauf seiner selbst mit anschließender Freilassung (mandatum ut manumitteretur) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 cc) Klagemöglichkeit des Freikäufers gegen den Herrn de peculio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 dd) Freikauf eines liber homo bona fide serviens, eines Freien, der als Sklave dient (D. 17.1.54.1) . . . . . . . . . . . 254 c) Interpretation von Ulp. D. 17.1.8.5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256
20 Inhaltsverzeichnis aa) Zwei Sachverhaltsalternativen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 bb) Wirksamkeit des mandatum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 d) Interpretation von Ulp. D. 17.1.19 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 aa) Anspruch des Freikäufers gegen den Verkäufer auf Abnahme des Sklaven. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 bb) Klage des Beauftragten gegen den Auftraggeber auf Abnahme (actio mandati contraria ut servum recipiat) . 258 IV. Ergebnisse zum mandatum im Rahmen der Quellen zur redemptio suis nummis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 § 21 Erklärung der Wirksamkeit des Auftrags des Sklaven an den Freikäufer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 I. Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 II. Erklärungsansätze für die Wirksamkeit des mandatum des Sklaven im Rahmen der redemptio suis nummis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 1. Wirksamkeit des mandatum des Sklaven an den Freikäufer wegen einer Genehmigung durch den Herrn oder aus Praktikabilitätsgründen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 a) Genehmigung des Herrn oder Praktikabilitätsgründe . . . . . . . 262 b) Notwendigkeit der Kenntnis des Herrn bei Wirksamkeit des mandatum aufgrund einer Genehmigung oder aufgrund von Praktikabilitätserwägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 2. Wirksamkeit des mandatum des Sklaven mit peculium an den Freikäufer aufgrund Überleitung der Haftung auf den dominus . . 264 3. Notwendigkeit der Kenntnis des Herrn bei Überleitung auf den Herrn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 4. Wirksamkeit des mandatum des Sklaven ohne peculium an den Freikäufer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 5. Abschließende Überlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 § 22 Folgen des Auftrags des Sklaven an den Freikäufer für Sklaven und Herrn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 I. Person des Auftraggebers. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 II. Überlegungen zum Binnenverhältnis zwischen Sklaven und Freikäufer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 III. Klagemöglichkeiten des Veräußerers: Konkurrenzverhältnis von Auftrags- und Kaufklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 1. Konkurrenz der Klagen in Pap. D. 17.1.54 pr. und in Diocl. / Max. C. 4.36.1.1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 2. Absicht zur Neuregelung durch Diocl. / Max. C. 4.36.1.1 . . . . . . . 276 § 23 Ergebnisse zum Auftrag im Rahmen des Freikaufs mit eigenem Geld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278
Inhaltsverzeichnis21 4. Teil
Folgen und Motive der Vornahme eines Freikaufs mit eigenem Geld281 1. Abschnitt
Justiziabilität des Freikaufs mit eigenem Geld: constitutio der divi fratres281
§ 24 Die Regelung der constitutio der divi fratres. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 I. Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 II. Anordnungen der constitutio der divi fratres . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 1. Klageerhebung durch den freigekauften Sklaven und Beweislast . 282 2. Beispiele für die Anwendbarkeit der constitutio . . . . . . . . . . . . . . 284 § 25 Ablauf des Verfahrens zur Durchsetzung einer fideikommissarisch angeordneten Freilassung (cognitio extra ordinem). . . . . . . . . . . . . . . . . 286 I. Verwandte Züge von fideikommissarischer Freilassung und Freilassung durch redemptio suis nummis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 II. Das gerichtliche Verfahren bei fideikommissarischer Freilassung (cognitio extra ordinem) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 1. Entstehung und Ablauf des Verfahrens der cognitio extra ordinem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 2. Das Verfahren um fideikommissarische Freilassung (fideicommissaria libertas) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 3. Überblick über die Quellen in D. 40.5 de fideicommissariis libertatibus – Über die fideikommissarischen Freiheiten . . . . . . . 289 4. Fortentwicklung des Prozesses um fideikommissarische Freiheit durch Senatsbeschlüsse (senatusconsulta) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 § 26 Gerichtliche Durchsetzung einer im Wege des Freikaufs versprochenen Freilassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 I. Das Verfahren zur Durchsetzung der versprochenen Freilassung. . . . 297 1. Ablauf des Verfahrens. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 2. Abschluss des Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 a) Aufforderung zur Freilassung oder Feststellung des Richters (pronuntiatio). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 b) Umsetzung der Aufforderung zur Freilassung durch den Freikäufer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 II. Bedeutung der Treue (fides) zwischen Freikäufer und Sklaven . . . . 303 1. Grundlagen des Klagerechts des Sklaven. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 2. Bedeutung der Justiziabilität des Freikaufs . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 § 27 Ergebnisse zur Justiziabilität der redemptio suis nummis . . . . . . . . . . . 306
22 Inhaltsverzeichnis 2. Abschnitt
Patronatsrecht: Verhältnis zwischen Sklaven, Freikäufer und Herrn nach der Freilassung307
§ 28 Das Patronatsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 I. Überblick über die Rechtsfolgen der Freilassung . . . . . . . . . . . . . . . 307 II. Pflichten des Freigelassenen (libertus) gegenüber seinem Freilasser (patronus) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 1. Pflicht des Freigelassenen zu Gehorsam (obsequium) und Schutz verhältnis (clientela) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 2. Pflicht zur Leistung von Diensten (operae) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 III. Gegenseitige Rechte des Freilassers (patronus) und des Freigelassenen (libertus) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 1. Alimentationsanspruch und Recht des patronus zum Verbot der Ehe des libertus. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 2. Erbrecht des Freilassers und Vormundschaft (tutela legitima) . . . 314 3. Vererblichkeit und Übergang des Patronatsrechts bei Tod des patronus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316 IV. Sonderfall des Freigelassenen ohne patronus: libertus orcinus . . . . . 318 § 29 Das Patronatsrecht bei Freilassung im Zuge eines Freikaufs . . . . . . . . 319 I. Besonderheiten des Patronatsrechts des Freikäufers. . . . . . . . . . . . . . 319 II. Gründe für die Beschränkung des Patronatsrechts des Freikäufers . . 322 § 30 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323 3. Abschnitt
Motive für die Vornahme eines Freikaufs mit eigenem Geld – Attraktivität der redemptio suis nummis325
§ 31 Beweggründe der beteiligten Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325 I. Vorbemerkung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325 II. Beweggründe des Sklaven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325 1. Ausgangspunkt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325 2. Vorteile der redemptio suis nummis gegenüber anderen Freilassungsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 III. Beweggründe des Herrn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 1. Interesse des Herrn am Freikauf seines Sklaven . . . . . . . . . . . . . . 327 2. Konsequenzen für das Verhältnis zwischen Herrn und Sklaven . . 330 IV. Gesetzgeberische Ziele der Kaiser Marc Aurel und Lucius Verus . . 331 1. Motivbündel als Ausgangspunkt der Gesetzgebung zur redemptio suis nummis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 2. Bedeutung der Freiheitsbegünstigung (favor libertatis) für die Regelung der redemptio suis nummis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332
Inhaltsverzeichnis23 a) Begriffliche Überlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332 b) Der favor libertatis als gesetzgeberisches Motiv für die constitutio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335 3. Begünstigung betrügerischen Verhaltens des Sklaven . . . . . . . . . . 337 § 32 Abschließende Überlegungen zur Attraktivität des Freikaufs mit eigenem Geld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339 5. Teil
Zusammenfassung der Ergebnisse343
§ 33 Zulässigkeit und Ablauf des Freikaufs mit eigenem Geld (redemptio suis nummis) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343 I. Freikauf als eine Möglichkeit des Sklaven, frei zu werden. . . . . . . . 343 II. Ablauf des Freikaufs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344 III. Wirksamkeit des Auftrags (mandatum) und der Kaufpreiszahlung des Sklaven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345 IV. Rechtsfolgen der abredegemäßen Freilassung des Sklaven und des abredewidrigen Unterlassens der Freilassung durch den Freikäufer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347 V. Erfordernis der Kenntnis des Herrn vom Freikauf-Charakter des Geschäfts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 VI. Hintergründe der Attraktivität des Freikaufs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 352 Sachregister. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365 Quellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 372
Abkürzungsverzeichnis AHDE
Anuario de historia del derecho español
ANRW
Aufstieg und Niedergang der römischen Welt
Bas.
Basilicorum libri LX
BIA
Bibliotheca Iuris Antiqui (Datenbank)
BIDR
Bulletino dell’Istituto di Diritto Romano „Vittorio Scialoja“
C.
Codex Iustinianus
CIL
Corpus Inscriptionum Latinarum
CRRS
Corpus der römischen Rechtsquellen zur antiken Sklaverei
C. Th.
Codex Theodosianus
D. Digesta DNP
Der neue Pauly, Enzyklopädie der Antike
EP
Edictum perpetuum
FG Festgabe FS Festschrift Gai.
Gai Institutiones
GS Gedenkschrift HAS
Handwörterbuch der Antiken Sklaverei
Heimb.
Basilicorum libri LX, hrsg. von C. W. Heimbach
I.
Institutiones Iustiniani
Ind.
Index Interpolationum
Index
Index, Quaderni camerti di studi romanistici
Iura
Iura. Rivista internazionale di diritto romano e antico
Jahrb.
Jahrbuch des gemeinen deutschen Rechts
JRS
Journal of Roman Studies
m. w. N.
mit weiteren Nachweisen
OIR
Orbis Iuris Romani, Journal of Ancient Law Studies
pr. principium PS
Pauli Sententiae
RE
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
Abkürzungsverzeichnis25 RIDA
Revue internationale des droits de l’antiquité
Rom.
Romanitas, Revista de cultura romana
Schelt.
Basilicorum libri LX, hrsg. von H. J. Scheltema und D. Holwerda
Schol. Scholion SDHI
Studia et Documenta Historiae et Iuris
St. Studi SZ
Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Romanistische Abteilung
TPN
Tabulae Pompeianae Novae
TH
Tabulae Herculanenses
TPSulp.
Tabulae Pompeianae Sulpiciorum
TR
Tijdschrift voor rechtsgeschiedenis – Revue d’histoire du droit
UE
Ulpiani Epitome
Vat. fr.
Fragmenta Vaticana
VIR
Vocabularium Iurisprudentiae Romanae
ZGRW
Zeitschrift für geschichtliche Rechtswissenschaft
XII T.
Zwölftafelgesetz
Einleitung § 1 Vorüberlegungen zum Freikauf mit eigenem Geld im römischen Recht I. Freikauf in Rom Die redemptio suis nummis, der Freikauf des Sklaven mit seinem eigenen Geld, ist Zeugnis eines alten Strebens der Sklaven nach Freiheit. In der Antike war die Sklaverei ein übliches und normales Institut, das als solches lange Zeit nicht in Frage gestellt wurde. Aber so lange wie es in Rom die Sklaverei gab, gab es auch die Möglichkeit der Freilassung. Die Aussicht auf Freiheit erleichterte es den Sklaven, ihr Schicksal, ihre Arbeitspflichten und Lebensumstände zu ertragen und über sich ergehen zu lassen. Ein solches Bild der Sklaverei in der antiken, insbesondere der römischen Gesellschaft wird üblicherweise gezeichnet. Der Sklaverei kann aber auch anders begegnet werden. Seit alter Zeit bekannt, wird sie zwar nicht in Frage gestellt, aber schon bald dringen in die römische Rechtsordnung Institute ein, die die Stellung der Sklaven dadurch verbessern, dass sie sie vor schweren Misshandlungen und Verbrechen schützen und langfristig den Erwerb der Freiheit ermöglichen.1 In diesen Rahmen gehört der Freikauf des Sklaven, der unter vielerlei Aspekten interessant ist. Ein Sklave soll sich mit seinem eigenen Geld freikaufen können, indem er einen Dritten beauftragt, ihn bei seinem Herrn zu kaufen und anschließend freizulassen. Seit der Regierungszeit Marc Aurels und Lucius Verus’ zwischen 161 und 169 n. Chr. gibt es sogar eine kaiserliche Konstitution, die für den Fall, dass der Freikäufer abredewidrig die Freilassung unterlässt, dem Sklaven einen einklagbaren Anspruch auf Freiheit verschafft. Dies verwundert, denn der Sklave kann als Gewaltunterworfener weder eigenes Vermögen haben noch wirksam Verpflichtungs- oder Verfügungsgeschäfte vornehmen. Muss der Herr von den Absichten des Sklaven wissen, damit der Sklave im Wege der redemptio suis nummis zur Freiheit gelangen kann, oder ist der Freikauf für den Sklaven eine Möglichkeit, ohne Mitwirkung und insbesondere ohne Kenntnis seines Herrn die Freiheit zu erlangen? Welche rechtliche Stellung hatte der Sklave also tatsächlich? Wie lässt sich 1 Ähnlich Erler, S. 5 ff., der nach Maßnahmen u. a. in der Antike sucht, die Sklaverei zu lindern bzw. erträglich zu machen.
28 Einleitung
erklären, dass er einen einklagbaren Anspruch auf Freiheit haben soll, wo der Sklave doch eigentlich partei- und prozessunfähig ist? Zu überlegen ist auch, wie der Sklave das Geld aufbringen konnte, um den eigenen Freikauf zu bezahlen. Schließlich ist zu fragen, warum dieser Weg des Freiheitserwerbes interessant und vorteilhaft war. Der Freikauf lässt sich als Phänomen bezeichnen, das eines Pendants im modernen deutschen oder europäischen Recht entbehrt. Zu berücksichtigen ist auch, dass wohl nicht alle Sklaven in der Lage waren, im Wege der redemptio die Freiheit zu erlangen. Denn das Geschäft setzt voraus, dass der Sklave die finanzielle Last des Kaufes seiner Person selbst trägt bzw. dass der Freikäufer keinerlei Aufwendungen hat. Nur dann soll er von dem Anspruch, den die kaiserliche constitutio gewährt, profitieren können. Sklaven, die im Bereich des Hauses arbeiteten, konnten in der Regel über ein peculium, ein Sondergut, disponieren, das ihnen das selbstständige Wirtschaften ermöglichte. Formal war das Sondergut ein Teil des patrimonium des Herrn, aber es bedeutete für den Sklaven eine gewisse Selbstständigkeit. Das Geld, das der Sklave für den Freikauf verwendete, könnte aus diesem peculium stammen. Aber auch wenn der Sklave neben einem peculium über Geldmittel verfügte, konnte er wohl diesen Freilassungsweg einschlagen. Doch nicht alle Sklaven verfügten überhaupt über Finanzmittel. Die Sklaven in den Bergwerken und Minen oder die, die auf den Feldern arbeiteten, sowie die Strafsklaven waren wahrscheinlich nie in der Lage, sich eine redemptio suis nummis zu leisten. Sie stand also primär den „privilegierten“ Sklaven offen,2 Sklaven, die im Hause beispielsweise als Lehrer, Dichter, Ärzte oder Handwerker tätig waren, konnten ein Vermögen ansparen, um einen Freikauf in Gang zu setzen. Andere, wie zum Beispiel Türsteher oder Schauspieler, erhielten Trinkgeld, das sie sparen und für die Freilassung verwenden konnten.3 II. Freikauf in Griechenland Nicht nur das römische Recht kennt einen Freikauf, sondern auch in den griechisch-hellenistischen Rechten gibt es unter den Freilassungsformen diejenige des Freikaufs. Zu unterscheiden sind der Freikauf des Sklaven durch einen Dritten und der Selbstfreikauf des Sklaven bei seinem Herrn.4 Der Freikauf durch einen Dritten ist in Griechenland seit dem 4. / 3. Jahrhundert v. Chr. bekannt; zahlreiche Quellen finden sich für das 3. Jahrhunprivilegierten Sklaven spricht Morabito, Index 13 (1985), S. 477 ff. Bradley, S. 107. Behrends, Prinzipat, S. 56 f. weist darauf hin, dass die städtischen Verhältnisse für den Sklaven günstiger waren, um frei zu werden. 4 Rädle, SZ 89 (1972), S. 325. 2 Von
3 Vgl.
§ 1 Vorüberlegungen zum Freikauf mit eigenem Geld29
dert n. Chr. – insbesondere zum delphischen Ritus –, so dass in dieser Zeit von einer weit verbreiteten Verwendung dieser Freilassungsvariante auszugehen ist.5 Dieser Freikauf durch einen Dritten erfolgt mithilfe einer Gottheit, der Tempelkasse und Priestern.6 Durch Weihung an die Gottheit, also durch Hierodulismus, wird der Sklave frei, wenn er den Kaufpreis für seine Person aus seinen Ersparnissen aufbringt, der über die Tempelkasse an seinen Herrn ausbezahlt wird. Diese Auszahlung erfolgt im Namen der Gottheit. Nach älterer Auffassung übergibt der Sklave, der nicht rechtsfähig ist, dem Gott die Kaufpreissumme, woraufhin der Gott mit dem Herrn des Sklaven einen Kaufvertrag abschließt. Hierdurch wird der Sklave Eigentum des Gottes, der allerdings von seinem Eigentumsrecht keinen Gebrauch macht mit der Folge, dass dieses auf den Sklaven selbst übergeht.7 Rädle8 wendet sich gegen die Vorstellung, der Sklave werde Eigentum des Gottes, weil es sich ausdrücklich um einen Freikauf, nicht um einen Kauf des Sklaven durch den Gott handle. Während andere im Rahmen dieses Freikaufs durch die Gottheit ähnlich wie bei der redemptio suis nummis von einem fiktiven Kauf, einem Scheinkauf, sprechen,9 meint Rädle10, es gehe gerade nicht um eine Fiktion, sondern es werde tatsächlich ein Kaufvertrag abgeschlossen, jedoch mit der Besonderheit, dass der Käufer nicht ein Mensch, sondern eine Gottheit sei. Der Vorteil dieses Geschäftes gegenüber einem Selbstfreikauf des Sklaven direkt bei seinem Herrn liege darin, dass aufgrund der Publikation des Geschäftes in einer Inschrift, die ein solches Vorgehen mithilfe des Tempels mit sich bringt, Beweisschwierigkeiten für die Zukunft ausgeschlossen sind.11 Der Gott fungiere insoweit als Mittelsmann, der eingesetzt werde, weil andernfalls der potentielle Prozessgegner des Freigelassenen, nämlich sein alter Herr, zugleich als Beistand vor Gericht benötigt werde.12 Dagegen sei der 5 Vgl. Rädle, SZ 89 (1972), S. 325; ders., Historia 19 (1970), S. 613; Nörr, St. Volterra Bd. 2, S. 620 ff.; Bömer, S. 30; Mitteis, S. 374. – Als Bsp. für eine solche Überlieferung siehe Dareste / Haussoullier / Reinach, S. 251. 6 Vgl. zum Folgenden Mitteis, S. 374; Taubenschlag, SZ 50 (1930), S. 165; Herrmann-Otto, S. 100. – Koschaker, SZ 51 (1931), S. 165 macht darauf aufmerksam, dass die Freilassung durch Weihung an eine Gottheit schon dem altbabylonischen Recht bekannt sei. 7 Vgl. Bömer, S. 32; Mitteis, S. 374; in diesem Sinne noch Rädle, Historia 19 (1970), S. 614. 8 SZ 89 (1972), S. 325 f. 9 Vgl. Mitteis, S. 374. – Zum Kaufvertrag bei der redemptio suis nummis ausführlich siehe unten § 11. 10 SZ 89 (1972), S. 326. 11 Rädle, SZ 89 (1972), S. 326. Vgl. als Bsp. Dareste / Haussoullier / Reinach, S. 251. 12 Vgl. Rädle, SZ 89 (1972), S. 327 f. m. w. N.
30 Einleitung
Einsatz des Mittelsmannes nicht aus Gründen der Rechtsstellung des Sklaven im griechischen Recht zu erklären, weil diese sich dadurch auszeichnete, dass der Sklave sowohl besitz- als auch vermögensfähig war und wirksam Geldgeschäfte abschließen konnte.13 Der Priester – in der Regel ein Apollonpriester14 – sei also hinzugezogen worden, um die „Autorität der Tempel für die Sicherung von Freilassungen in Anspruch zu nehmen“15, eine Tendenz, die auch sonst in Mittelgriechenland zu erkennen sei. Die Freilassung des Sklaven im Wege der Hinterlegung eines Kaufpreises bei der Tempelkasse, der anschließend an den Herrn gezahlt wird, lässt einen Zusammenhang mit der manumissio in ecclesia des römischen Rechts erkennen. Bei der manumissio in ecclesia wird der Sklave durch Erklärung des Freilassers vor dem Bischof und der Christengemeinde frei.16 Das Verhältnis von griechischem Freikauf und römischer manumissio in ecclesia wird uneinheitlich bewertet.17 Die manumissio in ecclesia könnte von den sakralen griechisch-hellenistischen Freilassungsformen abstammen.18 Andererseits ist eine Verbindung zwischen der manumissio inter amicos und der manumissio in ecclesia denkbar, etwa dergestalt, dass diese von jener abgeleitet worden sein könnte.19 Fabbrini20 hingegen geht von der grundsätz lichen Eigenständigkeit der manumissio in ecclesia aus, die allenfalls wenige Elemente älterer Freilassungsformen übernommen habe. Hier soll der Entwicklung der sakralen Freilassungsformen des griechisch-hellenistischen Rechts und der manumissio in ecclesia nicht weiter nachgegangen werden. In Bezug auf die redemptio suis nummis ist allerdings festzuhalten, dass ein Freikauf, wenn auch in etwas anderer Ausgestaltung, bereits im griechischhellenistischen Recht bekannt war, so dass der römisch-rechtliche Freikauf an sich kein Novum darstellt.21
13 Rädle,
SZ 89 (1972), S. 326 gegen Dareste / Haussoullier / Reinach, S. 251. S. 30 m. w. N. Dareste / Haussoullier / Reinach, S. 252 f. 15 Rädle, SZ 89 (1972), S. 328. 16 Kaser, RP II, S. 135 m. w. N.; ausführlich zur manumissio in ecclesia siehe Fabbrini, S. 47 ff., S. 117 ff. 17 Vgl. den ausführlichen Überblick bez. der unterschiedlichen Ansichten bei Fabbrini, S. 32 ff. 18 Vgl. u. a. Mitteis, S. 375; ausführlich zu den Vertretern dieser Ansicht Fabbrini, S. 32 ff., zu dieser Theorie näher S. 150 ff. Siehe auch Kaser, RP II, S. 135. 19 Kaser, RP II, S. 135; Fabbrini, S. 32 ff. m. w. N. Hierzu auch Selb, SZ 83 (1966), S. 503. Zur manumissio inter amicos siehe § 4 II. 3. 20 S. 150 ff., S. 143; hierzu kritisch Nörr, St. Volterra Bd. 2, S. 619 ff.; Bellen, TR 35 (1967), S. 319 ff., S. 322; Selb, SZ 83 (1966), S. 502 f. 21 Hierauf weist Knütel, Mandat zum Freikauf, S. 353 f. hin. 14 Bömer,
§ 2 Der Freikauf des Sklaven mit eigenem Geld31
§ 2 Der Freikauf des Sklaven mit eigenem Geld (redemptio suis nummis) I. Überblick über Wesen und Ablauf der redemptio suis nummis Der Freikauf des Sklaven mit eigenem Geld, die redemptio suis nummis, ist eine Art der Freilassung (manumissio), die es dem Sklaven erlaubt, den eigenen Freiheitserwerb selbst in die Wege zu leiten. Er ist in den Quellen an mehreren Stellen zu finden. Allerdings kommt der Ausdruck redemptio suis nummis als solcher in den juristischen Quellen nach dem Ausweis des Vocabularium Iurisprudentiae Romanae (VIR) nicht vor.22 Nur der suis nummis redemptus ist an vier Stellen nachgewiesen.23 Da der Terminus red emptio suis nummis das Phänomen aber treffend charakterisiert, soll er im Folgenden dennoch verwandt werden. Eine eigentliche Definition der redemptio suis nummis ist in den Digesten nicht zu finden, allerdings lassen sich ihre Voraussetzungen den Stellen entnehmen, in denen sie behandelt wird. Ulpian erklärt sie in D. 40.1.4 (6 disp.) und spricht unterschiedliche Aspekte des Geschäftes an. Einleitend stellt er fest, dass derjenige, der mit eigenem Geld gekauft wird, die Freiheit erlangen soll gemäß einer epistula der divi fratres.24 Welche Voraussetzungen das Geschäft hatte, wird aus Pap. D. 17.1.54 pr.25 deutlich: Ein Sklave beauftragt einen Dritten, dass dieser ihn bei seinem derzeitigen Herrn freikaufen, also kaufen und kurz nach diesem Kauf freilassen möge. Welche 22 VIR s. v. redemptio weist zuerst redemptio liberi ab hostibus, dann redemptio servi ab hostibus sowie redemptio servi a domino nach; letztere bezieht sich aber auf den Freikauf im Rahmen eines Fideikommisses (Ulp. D. 40.5.24.18). – Bibliotheca Iuris Antiqui (BIA) nennt ebenfalls keine Stelle zu redemptio suis nummis. Auch bei Heumann / Seckel, S. 497 s. v. redemptio ist der Begriff nicht als terminus technicus aufgeführt. 23 BIA: Ulp. D. 5.1.67; ders. D. 40.1.4.1; ders. D. 40.1.4.10 und Pap. D. 40.1.19. Vgl. Herm. D. 5.1.53 (suis nummis redemptos). Ebenfalls 4 Einträge bei BIA zu ut redimatur Paul. D. 15.1.53; Ulp. D. 17.1.19; Paul. D. 48.10.22.10; Tryphonin. D. 49.15.12.18; Tryphonin betrifft allerdings den Freikauf ab hostibus. – Den Begriff redemptio servi suis nummis verwenden z. B. Horsmann, Historia 35 (1986), S. 308; Finkenauer, FS Knütel, S. 346; ders., Rechtsetzung Mark Aurels, S. 42 ff. 24 Ulp. D. 40.1.4 pr. (6 disp.): Is qui suis nummis emitur epistula divorum fra trum ad Urbium Maximum in eam condicionem redigitur, ut libertatem adipiscatur. 25 (27 quaest.): (…) sed si in hoc mandatum intercessit ut servus manumitteretur nec manumiserit, et pretium consequetur dominus ut venditor et affectus ratione mandati agetur (…); Ulp. D. 17.1.8.5 (31 ad ed.): Si liber homo, cum bona fide serviret, mandaverit Titio ut redimeretur et nummos ex eo peculio dederit, (…); vgl. Diocl. / Max. C. 4.36.1 pr.
32 Einleitung
Modalitäten für die Zahlung des Kaufpreises in Betracht kommen, erläutert Ulpian in: Ulp. D. 40.1.4.1 (6 disp.) Et primo quidem nummis suis non proprie videtur emptus dici, cum suos nummos servus habere non possit: verum coniventibus oculis credendum est suis nummis eum redemptum, cum non nummis eius, qui eum redemit, comparatur. proinde sive ex peculio, quod ad venditorem pertinet, sive ex adventicio lucro, sive etiam amici beneficio vel liberalitate vel prorogante eo vel repromittente vel se delegante vel in se recipiente debitum redemptus sit, credendum est suis nummis eum redemptum: satis est enim, quod is, qui emptioni suum nomen accomodaverit, nihil de suo inpendit.
Ulpian weist also zunächst darauf hin, dass man eigentlich nicht sagen könne, der Sklave kaufe bzw. zahle mit eigenem Geld, weil er solches nicht haben könne; mit zugedrückten Augen (coniventibus oculis) könne man aber annehmen, er habe selbst gezahlt. Die Zahlung des Kaufpreises solle nämlich im Ergebnis durch den Sklaven erfolgen, das heißt dieser trage die finanzielle Last. Hierfür gebe es mehrere Varianten, so Ulpian: Die Zahlung des Sklaven könne mit Mitteln aus dem peculium, das dem Verkäufer zusteht, erfolgen,26 aber auch mittels eines dem Sklaven von außen zukommenden Gewinnes oder durch Wohltat oder Freigebigkeit eines Freundes, der das Geld entweder vorstrecke (prorogante), verspreche (durch promissio) oder sich als Schuldner dem Verkäufer zur Verfügung stellen wolle (se delegante) oder die Schuld auf sich nehme (in se recipiente).27 An anderer Stelle sagt Ulpian, der Sklave könne später nur einen Teil in Geld an den Käufer zurückzahlen und den Rest zum Beispiel durch Arbeit – ex operis – ableisten.28 Jedenfalls setzte die redemptio suis nummis voraus, dass derjenige, der sich zum Kauf des Sklaven mit anschließender Freilassung bereit erklärte, im Ergebnis nichts aus seinem Vermögen für dieses Geschäft aufwendete. Das Bewusstsein des Käufers, den Kaufpreis nicht aufbringen zu müssen, weil es sich um einen Scheinkauf handelte, musste schon bei Abschluss des Kaufvertrages, also von Anfang an, vorhanden sein, wie Ulpian in D. 40.1.4.2-3 unterstreicht.29 Darüber hinaus ist in Bezug auf die Höhe des Kaufpreises zu bedenken, dass beim Verkauf des Sklaven wahrschein26 Vgl. Ulp. D. 17.1.8.5 (31 ad ed.); v. Seuffert, S. 4: „der gewöhnlichste und einfachste Fall“ ist die Zahlung aus dem peculium. 27 Zu diesen Zahlungsmodalitäten im Einzelnen vgl. v. Seuffert, S. 4 f. und unten § 14. 28 Ulp. D. 40.1.4.10 (6 disp.); ähnlich ders. D. 40.1.4.14 (6 disp.). 29 (2) Si ab ignoto emptus sit, postea autem pretium suum optulerit, dicendum erit non esse audiendum: ab initio enim hoc agi debet, ut imaginaria fieret emptio et per fidem contractus inter emptorem et servum agatur. – (3) Sive igitur non hoc ab initio esset actum, ut suis nummis redimeretur, sive hoc acto nummos servus non dedit, cessabit libertas. – Vgl. Paul. D. 40.12.38 pr. (15 resp.): ein Brief des Ver-
§ 2 Der Freikauf des Sklaven mit eigenem Geld33
lich die Sklavenverkaufssteuer (quinta et vicesima venalium mancipiorum) anfiel.30 Diese Steuer wurde 7 n. Chr. erstmals erhoben, um die Gegenfinanzierung für Kriegsaufwendungen (insbesondere für den Pannonienfeldzug) sowie den Unterhalt für die cohortes vigilum, die neu eingeführte Feuerwehr, sicherzustellen. Ursprünglich musste der Käufer die Steuer zahlen; seit 57 n. Chr. obliegt die Zahlung der Steuer, die bei ihrer Einführung 2 %, später 4 % beträgt, dem Verkäufer. Ob allerdings tatsächlich jeder private Sklavenverkauf steuerpflichtig war oder aber nur Auktionsverkäufe besteuert wurden, ist unklar. Daher lässt sich an dieser Stelle nur festhalten, dass der Kaufpreis, der zwischen dem veräußernden Herrn und dem Freikäufer vereinbart wurde, eventuell auch die Summe umfasste, die der Verkäufer als Sklavenverkaufssteuer abführen musste. Wurde der Sklave, der eine Freilassung auf diesem Wege anstrebte, von zwei Käufern gemeinsam erworben, indem einer von beiden seinen Teil mit eigenem Geld, der andere aber mit dem Geld des Sklaven zahlte, so war die constitutio der divi fratres31 anwendbar, wenn derjenige, der mit eigenem Geld zahlte, zur Freilassung bereit war.32 Denn im Unterschied zu dem Käufer, der, weil er mit dem Geld des Sklaven zahlte, für das Geschäft keinen finanziellen Aufwand hatte, musste derjenige, der mit eigenen Mitteln für den Erwerb des Sklaven zahlte, zu dieser Freilassung bereit, mit ihr also einverstanden sein, da sie für ihn einen wirtschaftlichen Verlust bedeutete. Als Freikäufer kommen neben einem Freien nach Ulpian in D. 40.1.4.8 auch andere Personen in Betracht: Ulp. D. 40.1.4.8 (6 disp.) Nihil autem interest, a quo quis suis nummis ematur, a fisco vel civitate vel a privato, cuiusque sit sexus is qui emit. sed et si minor sit viginti annis qui vendidit, interveniet constitutio. nec comparantis quidem aetas spectatur: nam et si pupillus emat, aequum est eum fidem implere, cum sine damno eius hoc sit futurum. idem et si servus est.
Es mache für die Anwendung der constitutio der divi fratres keinen Unterschied, von wem der Sklave suis nummis freigekauft werde, so Ulpian, der den Fiskus, eine Stadt oder eine Privatperson als potentielle Scheinkäukäufers nach Abschluss des Sklavenkaufs, der den Willen späterer Freilassung bekundet, entfaltet keine Rechtswirksamkeit. 30 Vgl. ausführlich, auch zum Folgenden Günther, S. 149 ff. m. w. N. Siehe auch Bradley, S. 104 ff. 31 Hierzu siehe sogleich und unten § 24. 32 Ulp. D. 40.1.4.13 (6 disp.): Sed et si duo servum redemerint, alter propriis nummis, alter nummis servi, dicendum erit constitutionem cessare: nisi forte is qui propriis nummis redemit manumittere fuerit paratus.
34 Einleitung
fer nennt. Das Geschlecht des Freikäufers sei unerheblich, so dass auch eine Frau dem Sklaven auf diesem Wege zur Freiheit verhelfen könne. Außerdem sei das Alter von Verkäufer (dominus) und Käufer irrelevant, mit der Folge, dass die Grenze der lex Aelia Sentia, nach der der Freilasser mindestens 20 Jahre alt sein muss, nicht gilt.33 Auch ein Sklave komme als Freikäufer in Betracht. Insbesondere die beiden letzten Sätze dieser Stelle verwundern, weil sowohl der minor34 als auch der servus grundsätzlich rechtlich nicht in der Lage sind, wirksame Verträge abzuschließen. Neben den Befugnissen, die dem Sklaven die Einräumung eines Sonderguts verschafft, kann er für seinen Herrn immer dann handeln, wenn hierdurch die Lage des Herrn verbessert, nicht aber verschlechtert wird.35 Wenn ein Sklave als Scheinkäufer einen anderen Sklaven freikaufen möchte, verändert er durch dieses Geschäft die Lage seines Herrn aber nicht nachteilig. Denn ohne jeglichen finanziellen Aufwand des freikaufenden Sklaven erhält der Herr auf diesem Wege – zumindest vorübergehend, nämlich bis zur Freilassung – Eigentum an dem erworbenen Sklaven. Die einzige Konsequenz, die sich für den Herrn eines freikaufenden Sklaven aus der constitutio der divi fratres ergibt, ist, dass er gezwungen ist, den gekauften Sklaven freizulassen. Ein Sklave ist von sich aus nämlich rechtlich nicht in der Lage, einen anderen Sklaven freizulassen, so dass er dem von ihm im Wege der redemptio suis nummis angekauften Sklaven nicht selbst zur Freiheit verhelfen kann. Allerdings ist diese Pflicht für den Herrn des freikaufenden Sklaven wiederum nicht nachteilig, weil er durch eine manumissio keine anderweitigen Verpflichtungen übernimmt.36 Was den minor anbelangt, so kommt er ebenfalls deshalb als Freikäufer in Betracht, weil er mit der redemptio suis nummis kein sein Vermögen belastendes und folglich nachteiliges Geschäft übernimmt, sondern letztlich nur seinen Namen als Scheinkäufer zur Verfügung stellt.37 Darüber hinaus kann auch der Nießbraucher des Sklaven diesen freikaufen.38 Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Geschäfts- und Rechtsfähigkeit der Person des Freikäufers deshalb unerheblich ist, weil die redemptio suis nummis für den Freilex Aelia Sentia stammt aus dem Jahre 4 n. Chr.; vgl. Kaser, RP I, S. 249 f. 200 v. Chr. führte die lex Laetoria die Altersstufe des minor ein und schützte auf diese Weise Personen unter fünfundzwanzig; vgl. Kaser, RP I, S. 276 f. m. w. N. 35 Ausführlich zum peculium und den Befugnissen des Sklaven siehe § 5 ff. 36 Zum Patronatsverhältnis und seinen Vorteilen für den Freilasser siehe unten § 28 ff. 37 Vgl. die knappen Ausführungen mit gleichem Ergebnis bei v. Seuffert, S. 6. – Zu den Folgen der manumissio siehe unten § 4 und § 29 I.; zum Verhältnis von Freikäufer und Sklaven im Rahmen der redemptio suis nummis siehe unten § 28 ff. 38 Ulp. D. 40.1.4.12 (6 disp.). 33 Die
34 Um
§ 2 Der Freikauf des Sklaven mit eigenem Geld35
käufer nicht mit finanziellem Aufwand verbunden, sondern ein neutrales Geschäft ist, so dass etwa der Schutz des minor oder des Herrn des freikaufenden Sklaven vor Vermögensverlust nicht Platz greift. Folglich kann der Freikauf auch durch eine solche Person vorgenommen werden. Allerdings durfte kein Freilassungsverbot in der Person des Sklaven bestehen. Nicht freigelassen werden konnten nämlich beispielsweise Sklaven, die außer Landes zu bringen sind, oder solche, die unter der Bedingung verkauft sind oder bei denen durch Testament angeordnet ist, dass sie nicht freigelassen werden.39 Nach Marcian in D. 40.1.5 pr.40 und Ulpian in D. 40.1.4 pr. hatte der Sklave ein Klagerecht gegen seinen neuen Herrn, falls die Voraussetzungen der redemptio suis nummis vorlagen, die erstrebte Freilassung aber unterblieben war. Dieses Recht ging auf eine kaiserliche Konstitution zurück. Ihre Bezeichnung als epistula divorum fratrum ad Urbium Maximum durch Ulpian in D. 40.1.4 pr. lässt Rückschlüsse auf Urheber und Adressaten dieser Regelung zu. Mit divi fratres sind die Kaiser Marc Aurel und Lucius Verus gemeint.41 Als Adressat der epistula ist Urbius Maximus genannt, dessen Identität, soweit erkennbar, nicht geklärt ist, da er nur an dieser Stelle auftritt; es kann aber vermutet werden, dass er ein Beamter, vielleicht sogar praefectus urbi war.42 Zeitlich kann die constitutio ebenfalls über ihre Urheber eingeordnet werden, denn Marc Aurel und Lucius Verus regierten gemeinsam zwischen 161 und 169 n. Chr.43 Allerdings wird die redemptio suis nummis als solche schon vor der Regelung durch kaiserliches Reskript Usus gewesen sein. Daher wird es sich bei der Regelung von Voraussetzungen und Rechtsfolgen 39 Vgl. Ulp. D. 40.1.4.9 (6 disp.): In illis sane servis non intervenit constitutio, qui in totum perduci ad libertatem non possunt, ut puta si exportandus vel hac lege venierit (vel testamento hanc condicionem acceperat), ne umquam manumitteretur. Hierzu ausführlich unten § 21 II. 3. und § 24 II. 2. 40 (2 inst.): Si quis dicat se suis nummis emptum, potest consistere cum domino suo, cuius in fidem confugit, et queri, quod ab eo non manumittatur, Romae quidem apud praefectum urbis, in provinciis vero apud praesides ex sacris constitutionibus divorum fratrum, sub ea tamen denuntiatione, ut is servus, qui hoc intenderit nec inpleverit, in opus metalli detur, nisi forte dominus reddi eum sibi maluerit, utique non maiorem ex ea causa poenam constituturus. 41 Zimmern, S. 788 ff.; Horsmann, Historia 35 (1986), S. 308; Kienast, S. 137 f.; v. Seuffert, S. 3; Finkenauer, FS Knütel, S. 346. 42 So v. Seuffert, S. 3 f. m. w. N.: Hierfür spricht u. a., dass die Freilassung gemäß der Anordnung in Rom beim praefectus urbi erzwungen werden konnte. Vgl. Finkenauer, Rechtsetzung Mark Aurels, S. 44. 43 Brinkhof, S. 137; Buckland, S. 636. In D. 40.1.4 pr. (6 disp.) bezeichnet Ulpian sie als epistula, überwiegend heißt sie constitutio, z. B. in Ulp. D. 5.1.67 (6 disp.); vgl. v. Seuffert, S. 3.
36 Einleitung
um eine Modifikation44 bzw. Verrechtlichung des Freikaufs gehandelt haben. Dies wirft die Frage auf, wie die redemptio suis nummis zu datieren ist. Der Schlusssatz von Pap. D. 17.1.54 pr.45 legt die Vermutung nahe, dass die redemptio suis nummis zeitlich jünger ist als die actio de peculio, die Klage aus dem Sondergut, die im Laufe des 2. Jahrhunderts v. Chr. entstanden ist.46 Denn Papinian verneint hinsichtlich des trickreichen FreikaufGeschäftes, mit dem der Sklave sich letztlich selbst aus der Gewalt seines dominus befreien kann, die actio de peculio, weil der Prätor an solche Verträge nicht gedacht habe bei der Entwicklung dieser Klage – videtur praetorem de huiusmodi contractibus servorum non cogitasse. Damals also, als der Prätor die Klage entwickelte, konnte er noch nicht voraussehen, dass auf diese Weise der Sklave die Rechte aus seinem peculium auf die Spitze treiben und sich aus seinem Abhängigkeitsverhältnis befreien könnte. Allerdings kann der Satz auch dafür sprechen, dass der Prätor – wie der heutige Gesetzgeber auch – diesen Fall der redemptio übersehen und nicht bedacht hat, obwohl er bereits existierte. Für die Entstehung der redemptio suis nummis nach Einführung des peculium spricht, dass im Normalfall der Sklave das Geld, dessen er sich für den Freikauf bediente, dem Sondergut entnommen haben wird.47 Die Hinweise bei Plautus48 auf die Existenz eines Freikaufes zeigen, dass die redemptio nicht etwa von den Kaisern im 2. Jahrhundert neu eingeführt worden ist, sondern sie fanden dieses Institut vor und hielten es für regelungsbedürftig.49 Eine eindeutige zeitliche Einordnung der Entstehung der redemptio suis nummis anhand von D. 17.1.54 pr. ist allerdings nicht möglich. 44 Vgl. A. Wagner, S. 161; Buckland, S. 637 mit Verweis auf Sueton., De Gramm. 13. Hierzu noch sogleich. 45 (27 quaest.): Cum servus extero se mandat emendum, nullum mandatum est. sed si in hoc mandatum intercessit ut servus manumitteretur nec manumiserit, et pretium consequetur dominus ut venditor et affectus ratione mandati agetur: finge filium naturalem vel fratrem esse (placuit enim prudentioribus affectus rationem in bonae fidei iudiciis habendam). quod si de suis nummis emptor pretium dederit (neque enim aliter iudicio venditi liberari potest), quaeri solet, an utiliter de peculio agere possit. et verius et utilius videtur praetorem de huiusmodi contractibus servorum non cogitasse, quo se ipsi mala ratione dominis auferrent. Hierzu ausführlich siehe § 20 III., insbes. 2. b). 46 Siehe hierzu unten § 5 II. 1. 47 Zu den Zahlungsvarianten ausführlich unten § 14, vgl. schon Anm. 27. 48 Vgl. Pernice, Labeo I, S. 124 in Anm. 50 mit Hinweis u. a. auf Plaut., Trin. 2.4; ders., Stich. 5.5; ders., Rud. 4.2. 49 Vgl. Buckland, S. 637, der auf Sueton., De Gramm. 13 verweist. Ebenso Brinkhof, S. 134 f. Pernice, Labeo I, S. 157 hält den Freikauf zu Plautus’ Zeit bereits für üblich (S. 124 mit Anm. 50). Siehe auch A. Wagner, S. 161 mit Anm. 5. Siehe auch unten § 24 I. mit Anm. 5. Zur constitutio der divi fratres ausführlich § 24.
§ 2 Der Freikauf des Sklaven mit eigenem Geld37
Wie bereits gesagt, verwundert die rechtliche Anerkennung dieses Freikauf-Geschäfts des Sklaven mit seinem eigenen Geld, bedeutet sie doch, dass der Sklave, der von Natur aus rechts- und vermögensunfähig war,50 nicht nur ein wirksames Geschäft in Form der Freilassungsabrede mit dem Käufer für bzw. über seine eigene Person abschließen konnte, sondern auch noch einen Anspruch auf Erfüllung, nämlich auf Freilassung, erhielt. Diesen konnte er auch gerichtlich durchsetzen, und zwar in Rom vor dem Prätor, in der Provinz vor dem praeses51, obwohl er doch eigentlich prozessunfähig war.52 Daher wird die constitutio Marc Aurels in ihrer Wirkung, dem Sklaven ein Klagerecht gegen den Freikäufer einzuräumen, zu Recht als „ungewöhnlich“53 bezeichnet. II. Quellen und Literatur zur redemptio suis nummis Die redemptio suis nummis wird in zahlreichen Quellen erwähnt. Literarische Quellen finden sich insbesondere bei Plautus.54 Eine interessante epigraphische Quelle ist folgende: CIL XI 540055 P(ublius) Decimius P(ubli) l(ibertus) Eros | Merula medicus | clinicus, chirurgus, | ocularius; VI vir. | Hic pro libertate dedit HS (quinquaginta milia). | Hic pro seviratu in rem p(ublicam) | dedit HS (duo milia). | Hic in statuas ponendas in | aedem Herculis dedit HS (triginta milia). | Hic in vias sternendas in | publicum dedit HS (triginta septem milia). | Hic pridie quam mortuus est | reliquit patrimoni | HS (…)
Die Inschrift aus Asisium (Assisi) stammt vermutlich aus dem 2. Jahrhundert n. Chr. und spricht von einem Freigelassenen, dem Arzt, Chirurgen und Augenarzt Publius Decimius, der u. a. für seine Freiheit 50 000 Sesterzen gab. Allerdings gibt sie keine Auskunft darüber, ob die Summe an den Herrn, Publius, direkt gezahlt wurde, damit dieser jenen freilasse, oder aber ob ein Freikauf mithilfe eines Dritten stattgefunden hat. 50 Vgl. Kaser, RP I, S. 283 f.; Wacke, FS Wieling, S. 256 f.; Andrés Santos, S. 166 f. 51 Marcian. D. 40.1.5 pr. (2 inst.); Ulp. D. 1.12.1.1 (lib. singul. de off. praef. urbi); vgl. Brinkhof, S. 137. 52 Gai. D. 50.17.107 (1 ad ed. prov.): Cum servo nulla actio est; Ulp. D. 2.7.3 pr. (5 ad ed.) u. a.; vgl. zur Prozessunfähigkeit des Sklaven Kaser / Hackl, S. 205 m. w. N. 53 Horsmann, Historia 35 (1986), S. 310; vgl. Nörr, FS Bengtson, S. 187, der den „rechtlichen Schutz des Sklaven“, der mindestens seit dieser Regelung bestand, hervorhebt. Finkenauer, FS Knütel, S. 346 findet das Geschäft „merkwürdig“. 54 Einen Überblick über die literarischen Quellen zur redemptio suis nummis gibt Pernice, Labeo I, S. 124 mit Anm. 50. Einen Überblick über die Stellen bei Plautus, die im Zusammenhang mit dem peculium stehen, gibt Costa, S. 94 ff. 55 Vgl. Eck / Heinrichs, S. 206.
38 Einleitung
In den juristischen Quellen finden sich mehrere Stellen, die die redemptio suis nummis behandeln.56 Besonders instruktiv ist die Beschreibung Ulpians in D. 40.1.4 (6 disp.), die einen Überblick über das gesamte Geschäft und viele der mit dem Freikauf verbundenen Fragen gibt. Auch in den justinianischen Konstitutionen finden sich Hinweise auf den Freikauf des Sklaven mit seinem eigenen Geld.57 Die Forschung hat sich im Wesentlichen darauf beschränkt, das ungewöhnlich anmutende Geschäft zu beschreiben. Einen recht umfassenden Überblick über die redemptio suis nummis gibt der Aufsatz „Der Loskauf von Sklaven“ von v. Seuffert, der bereits zu Beginn darauf hinweist, dass sich dieses Freikauf-Geschäft nur schwer in die römische Rechtsordnung einfügt.58 Erler hält den Loskauf für „die eindrucksvollste Linderungsmaßnahme im Gesamtsystem der Unfreiheit“59, während Biondi und andere den Aspekt der Rechtsentwicklung in den Vordergrund rücken, der dadurch zum Ausdruck komme, dass mit dem Freikauf einem Geschäft eines Sklaven eine Rechtsfolge zuerkannt werde.60 Wieder andere skizzieren die Voraussetzungen des Freikaufes und weisen auf die Konstitution der Kaiser Marc Aurel und Lucius Verus hin, die dieses Geschäft im 2. Jahrhundert n. Chr. mit einer Rechtsfolge versehen haben.61 Dabei wird die redemptio suis nummis häufig im Zusammenhang mit der Darstellung der Befugnisse und Möglichkeiten des Sklaven genannt, die ihm mit der Einräumung eines peculium offenstehen.62 Teilweise wird der Freikauf auch als Unterfall des pactum pro libertate behandelt, der Freilassungsvereinbarung zwischen dem Herrn und seinem Sklaven.63 Den Bezug der redemptio suis nummis zum mandatum beleuchtet Knütel in „Das Mandat zum Freikauf“64. Zuletzt hat 56 Z. B. Ulp. D. 5.1.67 (6 disp.); ders. D. 17.1.8.5 (31 ad ed.); Pap. D. 17.1.54 (27 quaest.). 57 Diocl. / Max. C. 4.36.1; Alex. C. 6.3.8. 58 Vgl. v. Seuffert, S. 3 ff. 59 Erler, S. 20. 60 Biondi, S. 390 spricht von einer revolutionären Regelung. Härtel, Index 5 (1974 / 75), S. 291 betont den Aspekt der Freiheitsbegünstigung durch die kaiserliche Regelung. Ähnlich Pernice, Labeo I, S. 157 f. Vgl. Behrends, Prinzipat, S. 58 ff. 61 Brinkhof, S. 133 ff.; A. Wagner, S. 161 ff.; Zolnierczuk, S. 120 f.; Buckland, S. 636 ff.; Zimmern, S. 792; Jacota, RIDA 13 (1966), S. 219 f.; Morabito, Les réalités de l’esclavage, S. 167 f. Vgl. Ankum, FS Daube, S. 6 f.; Eich, HAS s. v. Marcus Aurelius II. 62 Wacke, FS Wieling, S. 269; Micolier, S. 67; Watson, Law of Persons, S. 178; Zeber, S. 54, S. 72; Buti, Capacità, S. 17. So auch Buckland, S. 636 ff.; v. Seuffert, S. 3 ff.; Brinkhof, S. 133 ff.; Zolnierczuk, S. 120 f. 63 Morabito, Les réalités de l’esclavage, S. 167 f.; Jacota, RIDA 13 (1966), S. 219 f.; Zeber, S. 54, S. 72; Finkenauer, FS Knütel, S. 345 ff. Zum pactum pro libertate ausführlich § 4 III. 4. 64 Knütel, Mandat zum Freikauf, S. 353 ff.
§ 3 Ausblick39
sich Finkenauer65 ausführlicher mit der redemptio suis nummis auseinandergesetzt. Er geht primär auf die Hintergründe und Motive der kaiserrecht lichen Regelung ein. 65
§ 3 Ausblick Der Freikauf des Sklaven mit eigenem Geld, die redemptio suis nummis, ist ein bemerkenswertes Geschäft, das ausgehend von der ausführlichen Beschreibung in Ulp. D. 40.1.4 (6 disp.) untersucht werden soll. Hierbei drängen sich insbesondere folgende Fragen auf: Welche Vorteile bietet dieses auf den ersten Blick umständliche Geschäft, wie ist es abgelaufen und inwiefern konnte es – abgesehen von den Wirkungen der constitutio der divi fratres – wirksam sein?66 Die vorliegende Arbeit, die sich auf die juristischen Quellen stützt, ist um eine möglichst umfassende Analyse der Voraussetzungen und des Ablaufs der redemptio suis nummis bemüht. Dabei soll versucht werden, den Freikauf mit Blick auf peculium und mandatum zu erklären. Um die Bedeutung des Freikaufes als Freilassungsform zu beleuchten, ist zunächst ein Überblick über die verschiedenen Möglichkeiten der Freilassung im römischen Recht notwendig. Da – wie bereits gesagt – einige Quellen zur redemptio suis nummis selbst den Zusammenhang zum peculium, dem Sondergut des Sklaven, herstellen, soll dann das peculium näher behandelt und anschließend geprüft werden, ob sich die redemptio suis nummis aus dem peculium heraus erklären lässt. Dabei wird auch die abstraktere Problematik der Unwirksamkeit rechtsgeschäftlichen Handelns des Sklaven überhaupt berührt. Anschließend wird das mandatum, das der Sklave im Rahmen der redemptio suis nummis dem Dritten erteilt, analysiert werden mit dem Ziel, die Wirksamkeit dieses Auftrages zum Freikauf zu klären. Sodann werden die Voraussetzungen einer Klage des Sklaven auf Durchsetzung einer im Rahmen des Freikaufs versprochenen, jedoch unterbliebenen Freilassung dargestellt, bevor das Patronatsrecht des Freikäufers untersucht wird. Schließlich wird überlegt, warum Sklaven und Herren die redemptio suis nummis als Freilassungsform wählten und aus welchen Gründen die Kaiser Marc Aurel und Lucius Verus sie gesetzlich regelten. Außer Betracht bleiben müssen ein Vergleich zwischen der redemptio ab hostibus und der redemptio suis nummis sowie Überlegungen zur Freilassung öffentlicher Sklaven durch den römischen Staat. 65 FS Knütel, S. 345 ff.; ders., Rechtsetzung Mark Aurels, S. 44 ff. Zu den Hintergründen der Konstitution schon Horsmann, Historia 35 (1986), S. 308 ff. 66 Ähnliche Fragen formuliert Finkenauer, zuletzt ders., Rechtsetzung Mark Aurels, S. 47 f.
1. Teil
Freilassung im römischen Recht § 4 Möglichkeiten der Freilassung eines Sklaven I. Vorbemerkung Schon seit alter Zeit gab es im römischen Reich für einen Sklaven die Möglichkeit, frei zu werden. Ulpian definiert die manumissio zunächst als Institut des ius gentium: Ulp. D. 1.1.4 (1 inst.) Manumissiones quoque iuris gentium sunt (…).1
Anschließend erläutert er den Begriff manumissio als de manu missio, aus der Hand Geben; es handle sich also um das Gewähren von Freiheit. Denn solange jemand in Sklaverei sei, befinde er sich in der Hand und Gewalt (manus et potestas) seines Eigentümers; werde er freigelassen (manumissus), so werde er auch aus der Gewalt frei. Bevor die Sklaverei durch das Völkergemeinrecht (ius gentium) aufgekommen sei, sei auch die Freilassung unbekannt gewesen, denn nach dem Naturrecht (ius naturale) seien alle frei geboren. Seit es aber Sklaverei gebe, gebe es auch das beneficium der manumissio. Während ursprünglich alle nur mit dem einen natürlichen Namen Mensch (homines) bezeichnet wurden, gebe es nach ius gentium drei Klassen von Menschen, nämlich die liberi, die servi und die liberti, also die Freigeborenen, die Sklaven und die Freigelassenen, so Ulpian. Mit der Freilassung (manumissio) erlangte der servus die Freiheit und wurde römischer Bürger. Insbesondere der Erwerb des römischen Bürgerrechtes war sehr begehrt, weil es seinem Inhaber wichtige und vornehme Rechte und Privilegien verlieh.2 1 (…) est autem manumissio de manu missio, id est datio libertatis: nam quamdiu quis in servitute est, manui et potestati suppositus est, manumissus liberatur potestate. quae res a iure gentium originem sumpsit, utpote cum iure naturali omnes liberi nascerentur nec esset nota manumissio, cum servitus esset incognita: sed posteaquam iure gentium servitus invasit, secutum est beneficium manumissionis. et cum uno naturali nomine homines appellaremur, iure gentium tria genera esse coe perunt: liberi et his contrarium servi et tertium genus liberti, id est hi qui desierant esse servi. Siehe hierzu unten § 9 III. und § 20 III. 2. b) aa) (3). 2 Vgl. Watson, Slave Law, S. 35; Robleda, S. 126 ff. – Umstritten ist, ob die manumissio zu allen Zeiten oder erst später römisches Bürgerrecht verschaffte; vgl.
§ 4 Möglichkeiten der Freilassung eines Sklaven 41
Grundsätzlich beruhte die manumissio auf freiwilliger Entscheidung des Herrn, seinen Sklaven freizulassen. In einigen Freilassungsvarianten allerdings wurde er gezwungen, einen Sklaven, den er zum Beispiel durch Erbschaft erworben hatte, freizulassen. Mehrere Freilassungsarten können unterschieden werden.3 Ursprünglich, das heißt zur Zeit der Römischen Republik, gab es drei Möglichkeiten, einem Sklaven die Freiheit zukommen zu lassen, nämlich die manumissio testamento, die manumissio censu und die manumissio vindicta.4 Daneben erkannte der Prätor weniger formalistische Freilassungsformen an, die zu rein faktischer Freiheit führten (in libertate esse, morari). Hierzu zählten etwa die Freilassung inter amicos und per epistulam.5 Von diesen technischen Varianten der Freilassung ist der Rahmen zu unterscheiden, in welchem eine manumissio stattfand. Der Herr konnte nämlich zum einen durch eigenen Willensentschluss die Freiheit in einer der drei genannten Varianten erteilen. Zum anderen konnte er dem Sklaven aber auch fideikommissarische Freiheit gewähren6 oder ihn verkaufen und dem Käufer aufgeben, jenen freizulassen (Verkauf ut manumittatur).7 Außerdem war es möglich, dass dem Herrn eine Geldsumme gezahlt wurde, damit dieser seinen Sklaven freiließ (Zahlung ut manumittatur).8 Darüber hinaus konnte der Sklave mit seinem Herrn vereinbaren, dass dieser jenen nach Leistung bestimmter Dienste oder Zahlung einer bestimmten Summe Geldes freilasse (pactum pro libertate).9 Hierbei handelte es sich lediglich um unterschiedliche Konstellationen von Freilassungen, in denen der Sklave dann entweder im Wege der manumissio censu oder vindicta zur Freiheit gelangte. Dabei setzten diese Varianten das Mitwirken mindestens einer weiteren Person voraus; entweder musste der Erbe oder Käufer den Sklaven freilassen oder der Herr vereinbarte mit seinem Sklaven oder einem Dritten, dass er unter bestimmten Voraussetzungen Kaser, RP I, S. 117 m. w. N.; ausführlich Robleda, S. 126 ff.; Danieli, S. 5 ff.; Bradley, S. 82 f. Hierzu auch unten § 28 I. 3 Vgl. zum Folgenden Kaser, RP I, S. 293 ff.; Lotmar, SZ 33 (1912), S. 308 ff. – Bei der Darstellung bleiben die Freilassungen durch Staatsakt außer Betracht; hierzu siehe Härtel, Index 5 (1974 / 75), S. 284; Kaser, RP I, S. 113 m. w. N. 4 Zur zeitlichen Einordnung der Entstehung der manumissio vgl. Buckland, S. 439. 5 Buckland, S. 444 ff.; Kaser, RP I, S. 293 ff.; Honsell / Mayer-Maly / Selb, S. 70 ff. Siehe unten § 4 II. 3. 6 Hierzu ausführlich unten § 4 III. 1. 7 Z. B. Paul. D. 18.7.3 (50 ad ed.); Ulp. D. 12.4.5.1 (2 disp.); Gai. D. 17.1.27.1 (9 ad ed. prov.).; siehe unten § 4 III. 2. 8 Z. B. Ulp. D. 12.4.1 pr. (26 ad ed.); Iav. D. 15.3.2 (12 ex Cass.); Pap. D. 40.1.19 (30 quaest.); siehe unten § 4 III. 3. 9 Z. B. Ulp. D. 4.3.7.8 (11 ad ed.); Alf. Var. D. 40.1.6 (4 dig.); Ulp. D. 12.4.3.5 (26 ad ed.); siehe unten § 4 III. 4.
42
1. Teil: Freilassung im römischen Recht
die Freilassung vornehmen werde. Zum Kreis der Freilassungsvarianten, die das Mitwirken einer weiteren Person voraussetzen, gehört auch die redemptio suis nummis, die dazu führte, dass der Sklave von seinem Freikäufer, also wiederum einem Dritten, freigelassen wurde.10 II. Die Freilassung (manumissio) 1. Freilassung unter Lebenden (manumissio inter vivos)
a) Freilassung durch Scheinprozess (manumissio vindicta) Für eine Freilassung unter Lebenden (manumissio inter vivos) stehen dem Freilasser zwei Varianten zur Verfügung, nämlich die manumissio vindicta und die manumissio censu. Bereits seit den XII Tafeln um 450 v. Chr.11 bekannt ist die manumissio vindicta, die der vindicatio in libertatem nachgebildet ist.12 Nach Livius soll sie im ersten Jahr der Republik erstmalig durchgeführt worden sein.13 Die manumissio vindicta kann u. a. vor einem dictator, censor, consul, interrex oder praetor stattfinden; später auch vor dem proconsul und propraetor.14 Über den Ablauf der manumissio vindicta im Einzelnen ist die Forschung jedoch uneins. Nach vorherrschender Meinung ist die manumissio vindicta ein Scheinprozess nach Vorbild der vindicatio in libertatem.15 Um dem Skla10 Siehe
hierzu ausführlich oben § 2 I. den XII Tafeln ausführlich siehe Kaser, RP I, S. 30 f. m. w. N. 12 Im Wege des Freiheitsprozesses (vindicatio in libertatem) wird über die Frage entschieden, ob ein Mensch ingenuus, d. h. freigeboren, oder Sklave ist. Weil der Sklave selbst nicht parteifähig ist, tritt ein dritter adsertor in libertatem als Kläger auf und behauptet die Freiheit des Sklaven. Hierzu ausführlich Kaser, RP I, S. 114 f. m. w. N. 13 Liv., Ab urbe condita 2.5: (…) Ille primum dicitur vindicta liberatus. Quidam vindictae quoque nomen tractum ab illo putant; Vindicio ipsi nomen fuisse. Post illum observatum ut qui ita liberati essent in civitatem accepti viderentur. Hierzu ausführlich Kaser, SZ 58 (1938), S. 94; Watson, Slave Law, S. 24 f. Vgl. Paul. Vat. fr. 50. 14 Liv., Ab urbe condita 1.9; Gai. D. 40.2.7 (1 rer. cot. s. aureor.); Paul. D. 40.2.17 (50 ad ed.); Mod. D. 40.2.21 (1 pand.); vgl. Treggiari, S. 21; Lévy-Bruhl, St. Ricco bono Bd. 3, S. 13, S. 6. – Seit der lex Hortensia konnte die manumissio vindicta an den nundinae (Markttage) stattfinden; vgl. Watson, Law of Persons, S. 194; Treg giari, S. 21 mit Anm. 1 m. w. N. 15 Vgl. Buckland, S. 441 f.; Watson, Slave Law, S. 24 f.; ders., Law of Persons, S. 190 ff.; Treggiari, S. 21 ff.; Honsell / Mayer-Maly / Selb, S. 70 f. 11 Zu
§ 4 Möglichkeiten der Freilassung eines Sklaven 43
ven auf diese Weise zur Freiheit zu verhelfen, müsse der dominus einen Dritten finden, der vor dem magistratus, der imperium16 besitzen müsse, als adsertor libertatis gegen jenen auftrete und den Sklavenstatus des Freizulassenden in Zweifel ziehe. Unterlasse der dominus die Verteidigung, spreche der Beamte den Sklaven frei, und der dominus werde patronus. Hiergegen wendet sich Lévy-Bruhl17, der jeglichen prozessualen Charakter des Verfahrens ablehnt und davon ausgeht, es handle sich um eine Verwaltungsentscheidung des magistratus, die auf die Willensäußerung des dominus, seinen Sklaven freilassen zu wollen, zurückgehe. Gegen die überwiegende Auffassung führt er an, die Quellen sprächen nicht dafür, dass es einen adsertor in libertatem im Verfahren der manumissio vindicta gegeben habe, vielmehr sei eine Formel entscheidend gewesen, die der dominus aufzusagen habe, damit der Sklave frei werde. Die Rolle des Staates sieht er in der Genehmigung der Erklärung des dominus, der Sklave solle frei sein, die der Beamte erteilt. Somit handle es sich lediglich um eine Verwaltungsentscheidung. Insbesondere mit Lévy-Bruhls Argument, es fehle der herrschenden Ansicht an Quellenbeweisen, haben sich Treggiari und Watson überzeugend auseinandergesetzt.18 Sie kommen zu dem Schluss, es habe einen adsertor in libertatem gegeben, der mit dem Sklaven und dem Herrn gemeinsam vor dem magistratus auftrete. Wenn der dominus die Verteidigung unterlasse, spreche der magistratus seine Zustimmung bzw. Bestätigung der Behauptung des adsertor (addictio) aus und der Sklave sei frei. Der Prozess gleicht dem der in iure cessio.19 b) Freilassung durch Eintragung in die census-Liste (manumissio censu) Die manumissio censu ermöglicht dem Sklaven den Freiheitserwerb durch Eintragung in die Bürgerliste. Auf diese Weise kann alle fünf Jahre, wenn die allgemeine Bürgerschätzung (census) erfolgt,20 ein freizulassender Sklave in die Liste der freien Bürger aufgenommen werden. Gegenüber der Freilassung durch Scheinprozess (manumissio vindicta) hat diese Freilassung den Nachteil, dass sie nicht immer und jederzeit möglich ist, sondern immer nur während des Erstellens der census-Liste in Frage 16 Imperium bezeichnet die Amtsgewalt römischer Beamter; vgl. ausführlich Rainer, S. 41 ff. m. w. N. 17 Vgl. auch zum Folgenden Lévy-Bruhl, St. Riccobono Bd. 3, S. 3 ff. 18 Vgl. Treggiari, S. 22 f.; Watson, Law of Persons, S. 191 ff. gegen Lévy-Bruhl, St. Riccobono Bd. 3, S. 4 ff. 19 Die in iure cessio ist neben der mancipatio ein weiteres Verfahren zur Begründung und Aufhebung von Rechten an Sachen oder Personen; hierzu ausführlich Honsell / Mayer-Maly / Selb, S. 105 ff. m. w. N. 20 Vgl. Heumann / Seckel, S. 64 s. v. census.
44
1. Teil: Freilassung im römischen Recht
kommt.21 Im Prinzipat, als der census nicht mehr regelmäßig erhoben wird, wird die Freilassung auf diesem Wege unattraktiv.22 Damit der Sklave durch Eintrag in die census-Liste frei wird, muss er sich dem censor vorstellen und seinen Freiheitswunsch kundtun. Dabei muss er die Zustimmung seines Herrn (iussum oder consensus domini) nachweisen, bevor der censor den Namen des Sklaven der Liste hinzufügt.23 Problematisch ist allerdings die Frage, wann der Sklave die Freiheit erlangt. In Betracht kommen hier zwei Zeitpunkte, nämlich entweder die zeitlich frühere Eintragung des Namens des Sklaven in die census-Liste oder aber der Zeitpunkt der Ausfertigung und Veröffentlichung der Liste (lustrum).24 Buckland25 geht davon aus, dass wahrscheinlich der spätere Zeitpunkt erst dem Sklaven volle Freiheit und volles Bürgerrecht gegeben hat, zumindest im öffentlichen Recht. Im Privatrecht könnte man bereits auf den Zeitpunkt der Eintragung des Sklaven in die Liste abgestellt haben, auch wenn diese inscriptio selbst den Sklaven nicht zum libertus machte.26 2. Freilassung von Todes wegen
a) Testamentarische Freilassung (manumissio testamento) Die Freilassung des Sklaven konnte auch im Rahmen des Testaments erfolgen. Diese manumissio testamento ist ebenfalls bereits zur Zeit der XII Tafeln um 450 v. Chr. bekannt.27 Buckland28 nimmt an, sie sei bereits älter weist Treggiari, S. 21 hin. Treggiari, S. 25, S. 27; Kaser / Knütel, Röm. Privatrecht, S. 97. – Buckland, S. 439 f. weist darauf hin, dass die manumissio censu wahrscheinlich die älteste Freilassungsform war. 23 Zum Ablauf ausführlich Buckland, S. 440 f. m. w. N. Vgl. auch Treggiari, S. 26. 24 Vgl. Watson, Law of Persons, S. 185 ff.; Buckland, S. 441. 25 Vgl. Buckland, S. 441. 26 Last, JRS 35 (1945), S. 36 ff. dagegen meint, der censor habe darüber entscheiden können, ob ein Sklave römischer Bürger werde und in welchem Umfang ihm die Rechte des römischen Bürgerrechtes zuteil werden sollen. Folglich sei die Eintragung des Namens in der census-Liste entscheidend gewesen. In diesem Sinne auch Treggiari, S. 26. – Vgl. Watson, Law of Persons, S. 185 f. 27 UE 2.4: Sub hac condicione liber esse iussus, si decem milia heredi dederit, etsi ab herede abalienatus sit, emptori dando pecuniam ad libertatem perveniet: idque lex duodecim tabularum iubet. Vgl. Paul. Vat. fr. 50; Kaser, RP I, S. 116; Treggiari, S. 20. – Zur Frage, ab wann welches Testament geeignet war, eine Freilassung zu enthalten, vgl. Danieli, S. 34 ff. 28 Vgl. Buckland, S. 442 f. mit Hinweis auf Pomp. D. 50.16.120 (5 ad Quint. Muc.): Verbis legis duodecim tabularum his ‚uti legassit suae rei, ita ius esto‘ latissima potestas tributa videtur et heredis instituendi et legata et libertates dandi, 21 Hierauf 22 Vgl.
§ 4 Möglichkeiten der Freilassung eines Sklaven 45
als die XII Tafeln, weil die Regelungen der Tafeln derart ausdifferenziert seien, dass dies nicht für ein neues Institut spreche. Um den Sklaven im Testament freizulassen, muss der Herr etwa folgende Formel verwenden:29 Stichus servus meus liber esto. Weil der servus die Freiheit auf diese Weise erst im Zeitpunkt des Todes des Erblassers erhält, ist die manumissio testamento für den dominus sehr vorteilhaft: Während der Sklave ihm bis zum Tode dienen muss, trifft der Nachteil, dass er mit Freilassung aus dem Vermögen des Herrn ausscheidet, erst seine Erben. Die Freiheit tritt nämlich mit Wirksamwerden des Testamentes ein, also in der Regel zu dem Zeitpunkt, an dem die Erben die Erbschaft antreten. Folgenden Vorteil habe diese Art der Freilassung für den Sklaven: Gai. 2.267 At qui derecto testamento liber esse iubetur, velut hoc modo: Stichus servus liber esto, vel hoc: Stichum servum meum liberum esse iubeo, is ipsius testatoris fit libertus (…).30
Wer zum Beispiel direkt freigelassen werde mit den Worten: ‚Mein Sklave Stichus soll frei sein‘, oder: ‚Ich befehle, dass mein Sklave Stichus frei sei‘, der werde Freigelassener (libertus) des Erblassers selbst. Folglich hat dieser Freigelassene keinen patronus, dem er zur Leistung von Diensten und Tagewerken (operae) verpflichtet wäre, wie es sonst für liberti üblich ist.31 Ein solcher freigelassener Sklave ohne patronus wird libertus orcinus genannt.32 Im Vergleich zur manumissio vindicta fällt auf, dass diese dem Sklaven die Freiheit sofort verschafft, während jene ihn erst im Zeitpunkt des Todes des Erblassers frei werden lässt.33 Der Erblasser legt seinen letzten Willen, der die Freilassung enthält, ursprünglich im testamentum comitiis calatis nieder; später genügt eine Freilassung im Manzipationstestament.34 Das testamentum comitiis calatis war tutelas quoque constituendi. sed id interpretatione coangustatum est vel legum vel auctoritate iura constituentium. Vgl. UE 1.9: Ut testamento manumissi liberi sint, lex duodecim tabularum facit, quae confirmat. 29 Vgl. auch zum Folgenden Kaser / Knütel, Röm. Privatrecht, S. 97; Treggiari, S. 27 ff.; Buckland, S. 442 ff. 30 (…) Nec alius ullus derecto ex testamento libertatem habere potest, quam qui utroque tempore testatoris ex iure Quiritium fuerit, et quo faceret testamentum et quo moreretur. 31 Der Freigelassene schuldete dem Freilasser als Ausgleich für die Wohltat der Freilassung u. a. obsequium und das Ableisten von versprochenen Diensten (operae). Zum Patronatsrecht ausführlich unten § 28. 32 Vgl. zum libertus orcinus ausführlich unten § 28 IV. 33 Hierauf weist Treggiari, S. 21 hin. 34 Buckland, S. 443; vgl. Manthe, DNP 12 / 1 s. v. Testament, Sp. 182 f.
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1. Teil: Freilassung im römischen Recht
ein Testament vor der einberufenen Volksversammlung, nämlich den Kuriatkomitien, welche die Anordnungen billigen oder verwerfen konnten.35 Es handelt sich um eine öffentlich kontrollierte Freilassung, weil die Volksversammlung das testamentum ablehnen und folglich die manumissio nicht wirksam werden konnte. Diese Kontrolle über die Freilassungen nimmt jedoch ab, als an die Stelle des Testaments vor der Volksversammlung schrittweise das testamentum per aes et libram tritt. Es ist eine Weiterentwicklung der mancipatio, die sich hier zum Manzipationstestament verselbstständigt.36 In allen Fällen aber kann der Erblasser in seinem Testament nur solche Sklaven freilassen, die zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung und zum Zeitpunkt des Todes in seinem Eigentum stehen.37 Für eine wirksame Freilassung ist es zudem erforderlich, dass der Testator seinen Willen mit legitima verba wie etwa liber esto oder liberum esse iubeo explizit und bestimmt zum Ausdruck bringt.38 b) Der Bedingtfreie (statuliber) Im Wege der manumissio testamento kann der Erblasser überdies – und das unterscheidet diese Freilassungsform von den beiden vorgenannten – eine Bedingung anordnen, die der Sklave zu erfüllen hat, um frei zu werden. Der Sklave, der eine solche Bedingung zu erfüllen hat, trägt den Namen statuliber: Paul. D. 40.7.1.1 (5 ad Sab.) Fiunt autem statuliberi vel condicione expressa vel vi ipsa. (…). 35 Zum testamentum comitiis calatis Gai. 2.101: Testamentorum autem genera initio duo fuerunt; nam aut calatis comitiis testamentum faciebant, quae comitia bis in anno testamentis faciendis destinata erant, aut in procinctu, id est cum belli causa arma sumebant; ‚procinctus‘ est enim „expeditus et armatus exercitus“. Alterum itaque in pace et in otio faciebant, alterum in proelium exituri. – Vgl. Kaser / Knütel, Röm. Privatrecht, S. 356; Honsell / Mayer-Maly / Selb, S. 447 f.; alle m. w. N. 36 Zum testamentum per aes et libram ausführlich Kaser / Knütel, Röm. Privatrecht, S. 356 f.; Honsell / Mayer-Maly / Selb, S. 448 ff.; Manthe, DNP 12 / 1 s. v. Testament, Sp. 182 f. alle m. w. N. Nach anderer Ansicht soll die Versammlung über das Testament nicht beschlossen, sondern es lediglich zur Kenntnis genommen haben; vgl. Karlowa, S. 850; Kübler, RE III / 1 s. v. Calata comitia Sp. 1333. – Wie hier auch Lévy-Bruhl, St. Riccobono Bd. 3, S. 17. 37 Paul. D. 40.4.35 (50 ad ed.): Servius existimabat iis posse servis dari testamento directam libertatem, qui utroque tempore, et quo testamentum fit et quo moritur, testatoris fuerunt: quae sententia vera est. Hierzu und zur Frage der Echtheit der Stelle vgl. Watson, Law of Persons, S. 194 f. m. w. N. 38 Die zulässigen Worte gleichen denen, die beim legatum per vindicationem verwendet werden; vgl. auch zu den Anforderungen einer wirksamen manumissio testamento im Einzelnen Buckland, S. 460 ff.
§ 4 Möglichkeiten der Freilassung eines Sklaven 47
Ein Bedingtfreier sei derjenige, der eine auf Zeit oder Bedingung festgesetzte oder bestimmte Freiheit habe. Auch der statuliber ist bereits den XII Tafeln bekannt.39 Im 7. Titel des 40. Buches der Digesten, der den Titel de statuliberis trägt, sind die Regelungen für den Bedingtfreien zusammengefasst. Hier soll nur auf einige Punkte hingewiesen werden.40 Der statuliber wird vorübergehend Sklave des Erben, nämlich nach dem Tode des Erblassers und vor Erfüllung der Bedingung.41 In dieser Zwischenzeit kann der Erbe seine Aussicht auf Freiheit aber nicht zerstören, weil der Sklave hiergegen geschützt ist: Pap. D. 40.7.33 (2 quaest.) Statuliberorum iura per heredem fieri non possunt duriora.
Daher können beispielsweise weder der Verkauf noch die Ersitzung des Sklaven seine Freiheit bei Bedingungseintritt vereiteln.42 Voraussetzung für diese Konservierung der Lage des statuliber ist aber, dass die Erbschaft angetreten ist; andernfalls könne die Aussicht auf Freiheit zerstört werden, wie Ulpian in D. 40.7.9.343 schreibt. Die Fragmente in D. 40.7 nennen sehr häufig die Rechnungslegung44 oder die Zahlung einer bestimmten Summe45 als Bedingung, die dem Sklaven auferlegt wird, daneben auch das Leisten von Diensten während einer bestimmten Zeit.46 3. Prätorische Freilassung
Neben den drei klassischen Freilassungsvarianten vindicta, censu und testamento gab es nicht-förmliche Freilassungen. Erklärte der dominus etwa 39 UE 2.4, für den Text siehe oben Anm. 27. Vgl. Mod. D. 40.7.25 (9 different.); Watson, Law of Persons, S. 201. 40 Ausführlich zum statuliber vgl. Watson, Law of Persons, S. 201 ff.; Robleda, S. 93 f., S. 124 f. 41 Ulp. D. 40.7.9 pr. (28 ad Sab.): Statuliberum medio tempore servum heredis esse nemo est qui ignorare debeat (…). Vgl. Ulp. D. 40.7.16 (4 reg.). 42 Vgl. u. a. Ulp. D. 40.7.2 pr. (4 ad Sab.); ders. D. 40.7.3 (27 ad Sab.); ders. D. 40.7.9.1 (28 ad Sab.); Mod. D. 40.7.25 (9 different.); Paul. D. 40.7.38 (1 ad Nerat.). 43 (28 ad Sab.): Statuliberi condicio ita demum immutabilis est, si adita hereditas fuerit: ceterum ante aditam hereditatem in propriam usucapitur servitutem libertatisque spes infringitur: sed adita postea hereditate spes libertatis favore sui redintegrabitur. 44 U. a. Pomp. D. 40.7.5 pr. (8 ad Sab.); Iul. D. 40.7.13.2 (43 dig.); Gai. D. 40.7.31 pr. (13 ad leg. Iul. et Pap.). 45 U. a. Paul. D. 40.7.4 pr. (5 ad Sab.); Iul. D. 40.7.13.1 (43 dig.); Afr. D. 40.7.15 pr. (9 quaest.). 46 U. a. Paul. D. 40.7.4.5 (5 ad Sab.); ders. D. 40.7.20.5 (16 ad Plaut.); Iav. D. 40.7.39.3 (4 ex post. Lab.).
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1. Teil: Freilassung im römischen Recht
unter Freunden (manumissio inter amicos)47 oder in einem Brief an seinen Sklaven (manumissio per epistulam)48, dass dieser frei sein solle, oder nahm er ihn an seinen Tisch mit auf (manumissio per mensam oder convivii adhibitione)49, hatten diese Akte des Herrn ursprünglich nicht die Wirkung, dass sich der Status des Sklaven rechtswirksam änderte. Vielmehr führte die Behandlung als Freier zu einer rein tatsächlichen Freiheit des Sklaven (in libertate esse, morari), die es dem Herrn aber jederzeit erlaubte, jenen wieder zu Sklavendiensten heranzuziehen.50 Das Vermögen, das diese Sklaven hatten, war quasi ein peculium, welches dem Vermögen des Herrn zugeordnet war.51 Die tatsächliche Freilassung führte dann lediglich dazu, dass der Sklave frei war von jeglicher Arbeitsverpflichtung.52 Gegen Ende der Republik griff jedoch der Prätor zugunsten der Freiheit solcher nicht-förmlich Freigelassener ein und schützte sie gegen eine vindicatio in servitutem, einen erneuten Einsatz als Sklave durch ihren dominus.53 Wohl erst seit der lex Iunia von 19 n. Chr. machten diese prätorisch geschützten Freilassungen den libertus zum Latinus.54 Nach überwiegender Ansicht wird es für eine prätorische Freilassung ausgereicht haben, dass der Herr in irgendeiner 47 Gai. 1.41: Et quamvis Latinum facere velit minor xx annorum dominus, tamen nihilo minus debet apud consilium causam probare et ita postea inter amicos manumittere. 48 Iul. D. 41.2.38 pr. (44 dig.): Qui absenti servo scribit, ut in libertate moretur, non eam mentem habet, ut statim velit servi possessionem dimittere, sed magis destinationem in id tempus conferre, quo servus certior factus fuerit. 49 Zur manumissio per mensam ausführlich Biscardi, S. 3 ff. 50 Vgl. Gai. 3.56: Quae pars iuris ut manifestior fiat, admonendi sumus, id, quod alio loco diximus, eos, qui nunc Latini Iuniani dicuntur, olim ex iure Quiritium servos fuisse, sed auxilio praetoris in libertatis forma servari solitos (unde etiam res eorum peculii iure ad patronos pertinere solita est); postea vero per legem Iuniam eos omnes, quos praetor in libertate tuebatur, liberos esse coepisse et appellatos esse ‚Latinos Iunianos‘: ‚Latinos‘ ideo, quia lex eos liberos proinde esse voluit, atque si essent cives Romani ingenui, qui ex urbe Roma in Latinas colonias deducti Latini coloniarii esse coeperunt; ‚Iunianos‘ ideo, quia per legem Iuniam liberi facti sunt, etiamsi non essent cives Romani. Legis itaque Iuniae lator cum intellegeret futurum, ut ea fictione res Latinorum defunctorum ad patronos pertinere desinerent, quia scilicet neque ut servi decederent, ut possent iure peculii res eorum ad patronos pertinere, neque ut liberti, ut bona possent manumissionis iure ad patronos pertinere, necessarium existimavit, ne beneficium istis datum in iniuriam patronorum converteretur, cavere, ut bona eorum proinde ad manumissores pertinerent, ac si lex lata non esset. Itaque iure quodam modo peculii bona Latinorum ad manumissores ea lege pertinent. 51 Zum peculium ausführlich § 5 ff. 52 Vgl. zum Ganzen Buckland, S. 444 ff.; Honsell / Mayer-Maly / Selb, S. 72; Watson, Law of Persons, S. 196 ff. 53 Vgl. Kaser, RP I, S. 295 f.; Lenel, EP, S. 378 f.; Biscardi, S. 6. 54 Zur Latinität siehe unten § 28 I.
§ 4 Möglichkeiten der Freilassung eines Sklaven 49
Form – sei es ausdrücklich oder konkludent – seinen Willen, den Sklaven freizulassen, zum Ausdruck bringt.55 4. Freilassungsbeschränkungen
Die eben beschriebenen Freilassungsvarianten ermöglichten es dem dominus, seinem Sklaven die Freiheit zu schenken. Dies geschah häufig, um einen guten und treuen Sklaven für seine Dienste zu belohnen.56 So entwickelte sich eine Schicht von Freigelassenen, die als Vermögensverwalter (procuratores), Ärzte, Lehrer usw. arbeiteten.57 Im Laufe der Republik nahm freilich insbesondere die testamentarische Freilassung immer mehr zu, weil der Herr auf diese Weise seine Freigebigkeit und Großzügigkeit zur Schau stellen konnte, ohne selbst finanziell von seiner Entscheidung betroffen zu sein. Bis zu seinem Tode waren die Sklaven ihm ja weiterhin zu Dienst verpflichtet; der Vermögensverlust traf erst die Erben. Der stark gewachsenen Zahl der Freigelassenen begegnete Augustus mit zwei Gesetzen, die als Freilassungsbeschränkungen zu qualifizieren sind. Die lex Fufia Caninia aus dem Jahre 2 v. Chr. legte Höchstgrenzen für zulässige manumissiones testamento fest, die abhängig waren von der Anzahl der Sklaven, die der freilassungswillige Herr hatte.58 Den Inhalt der lex beschreibt Gaius im ersten Buch seiner Institutionen:59 Wer mehr als zwei und weniger als 10 Sklaven hat, kann die Hälfte freilassen; derjenige, der zwischen 11 55 Vgl. Kaser, RP I, S. 295; Biscardi, S. 11 ff. Anders Wlassak, SZ 26 (1905), S. 370 ff., der davon ausgeht, dass es immer einer Kundgabe des Freilassungswillens bedarf und es keine Freilassung durch konkludentes Handeln gebe. 56 Vgl. auch zum Folgenden Kaser, RP I, S. 296; Buckland, S. 546 ff.; Robleda, S. 149 ff. 57 Zur Tätigkeit der Freigelassenen ausführlich Treggiari, S. 87 ff. 58 Gai. 1.42: Praeterea lege Fufia Caninia certus modus constitutus est in servis testamento manumittendis. – In Gai. 1.44 wird explizit darauf hingewiesen, dass die lex Fufia Caninia nur bei manumissio testamento Anwendung findet: Ac ne ad eos quidem omnino haec lex pertinet, qui sine testamento manumittunt; itaque licet iis, qui vindicta aut censu aut inter amicos manumittunt, totam familiam suam liberare, scilicet si alia causa non inpediat libertatem. 59 Gai. 1.43: Nam ei, qui plures quam duos neque plures quam decem servos habebit, usque ad partem dimidiam eius numeri manumittere permittitur; ei vero, qui plures quam x neque plures quam xxx servos habebit, usque ad tertiam partem eius numeri manumittere permittitur. At ei, qui plures quam xxx neque plures quam centum habebit, usque ad partem quartam potestas manumittendi datur. Novissime ei, qui plures quam C habebit nec plures quam D, non plures ei manumittere permittitur quam usque ad quintam partem neque pluratur, sed praescribit lex, ne cui plures manumittere liceat quam C. Quodsi quis unum servum omnino aut duos habet, ad hanc legem non pertinet; et ideo liberam habet potestatem manumittendi. Zum letzten Halbsatz ausführlich Solazzi, SDHI 20 (1954), S. 303 f. Vgl. UE 1.24.
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1. Teil: Freilassung im römischen Recht
und 30 Sklaven hat, kann ein Drittel freilassen. Ein Viertel seiner Sklaven darf derjenige freilassen, der mindestens 31 und höchstens 100 Sklaven hat. Der Eigentümer von 101 bis 500 Sklaven darf ein Fünftel freilassen. Für den Eigentümer von mehr als 500 Sklaven gilt die Beschränkung, dass insgesamt nicht mehr als 100 Sklaven freigelassen werden dürfen. Wer nur einen oder zwei Sklaven hat, fällt nicht unter die lex Fufia Caninia und kann diese freilassen, wie er möchte. Falls der Herr aber mehr Sklaven als erlaubt testamentarisch freigelassen hatte, wurden in der Reihenfolge der Nennung im Testament nur die Sklaven bis zum legitimus numerus frei.60 Ein weiteres Gesetz zur Beschränkung der gängigen Freilassungen ist die lex Aelia Sentia aus dem Jahre 4 n. Chr. Sklaven, die noch nicht 30 Jahre alt sind, können nur dann wirksam per manumissio vindicta freigelassen und römische Bürger werden, wenn es eine iusta causa manumissionis gibt, die vom consilium überprüft ist.61 Jegliche Freilassung, und zwar unabhängig von ihrer Art, ist ebenfalls unwirksam, wenn der Freilasser nicht 20 Jahre alt ist, es sei denn, er lässt den Sklaven im Wege der manumissio vindicta frei und legt gegenüber dem consilium eine iusta causa manumissionis dar.62 Überdies sind Freilassungen, die nur zum Zwecke der Schädigung der Gläubiger oder des patronus des Freilassers erfolgen, nichtig.63 Schließlich sieht die lex Aelia Sentia vor, dass Sklaven, die entehrende Strafen erlitten haben, nur solche Freigelassene werden, die nie römisches Bürgerrecht erwerben können (dediticii).64 Als Beispiele für Gründe, die 60 Gai. 1.46. – Legitimus numerus bezeichnet die jeweilige Höchstanzahl; vgl. PS 4.1.16: Quotiens libertis fideicommissum relinquitur, ad eos tantummodo placuit pertinere, qui manumissi sunt vel qui in eodem testamento libertatem intra numerum legitimum consecuti sunt. – Zur Berechnung vgl. Buckland, S. 547. 61 Gai. 1.18: Quod autem de aetate servi requiritur, lege Aelia Sentia introductum est: nam ea lex minores xxx annorum servos non aliter voluit manumissos cives Romanos fieri, quam si vindicta apud consilium iusta causa manumissionis adprobata liberati fuerint. Hierzu ausführlich Buckland, S. 542 ff. 62 Gai. 1.38-40; UE 1.13 a. Vgl. ausführlich Buckland, S. 537 ff. 63 Gai. 1.37: Nam is, qui in fraudem creditorum vel in fraudem patroni manumittit, nihil agit, quia lex Aelia Sentia inpedit libertatem. Gai. 1.47: In summa sciendum est, quod lege Aelia Sentia cautum sit, ut creditorum fraudandorum causa manumissi liberi non fiant, hoc etiam ad peregrinos pertinere (senatus ita censuit ex auctoritate Hadriani), cetera vero iura eius legis ad peregrinos non pertinere. UE 1.15. Vgl. Buckland, S. 544 m. w. N. 64 Gai. 1.13: Lege itaque Aelia Sentia cavetur, ut, qui servi a dominis poenae nomine vincti sunt quibusve stigmata inscripta sunt deve quibus ob noxam quaestio tormentis habita sit et in ea noxa fuisse convicti sunt quique, ut ferro aut cum bestiis depugnarent, traditi sunt inve ludum custodiamve coniecti fuerint et postea vel ab eodem domino vel ab alio manumissi, eiusdem condicionis liberi fiunt, cuius condicionis sunt peregrini dediticii. Vgl. Buckland, S. 544 ff. – Zum Begriff dediticii vgl. Heumann / Seckel, S. 125 s. v. dediticii.
§ 4 Möglichkeiten der Freilassung eines Sklaven 51
eine Freilassung rechtfertigen und folglich als iusta causa manumissionis anzusehen sind, nennt Gaius die Freilassung des eigenen Sohnes oder Bruders, der eigenen Tochter oder Schwester, des Pflegekindes, des Erziehers oder eines Sklaven, der freigelassen werden soll, um procurator seines Herrn zu werden. Auch die Freilassung einer Sklavin, um diese anschließend zu heiraten, soll ausreichen.65 Das consilium, das über diese iustae causae zu befinden hat, besteht in Rom aus fünf senatores und fünf mündigen equites Romanorum, in der Provinz aus zwanzig recuperatores civium Romanorum, aus zwanzig Geschworenen also.66 Mit diesen Gesetzen, die aus bevölkerungspolitischen Überlegungen entstanden waren, sollte verhindert werden, dass immer mehr domini ihre Sklaven freiließen. Da jedoch die Tatbestände der beiden leges relativ eng gefasst sind, waren ihr Anwendungsbereich nur gering und somit ihre Wirkung begrenzt.67 5. Zusammenfassung der Freilassungsmöglichkeiten für den Herrn
Das römische Recht bot dem Herrn eines Sklaven also verschiedene Möglichkeiten, um diesem die Freiheit zu gewähren. Der Herr konnte den Sklaven unter Lebenden freilassen, indem er im Wege der manumissio vindicta, der Freilassung durch Scheinprozess, veranlasste, dass ein magistratus den Sklaven für frei erklärte. Außerdem konnte er seine Zustimmung zur Eintragung des Sklaven in die census-Liste erteilen und diesem so zur Freiheit verhelfen (manumissio censu). Eine Alternative zur manumissio inter vivos bildete die manumissio testamento: Im Testament konnte der Herr anordnen, dass sein Sklave – eventuell nach Erfüllung einer bestimmten Bedingung – frei sein sollte. Ein solcher, unter einer Bedingung freigelassener Sklave trug den Namen statuliber. Seine Position zeichnete sich dadurch aus, dass die Aussicht auf Freiheit gegen Vereitelung geschützt und er daher sicher war, tatsächlich die Freiheit zu erlangen. Vorteil einer testamentarischen Freilassung war, dass den Herrn das Ausscheiden des Sklaven aus seinem Vermögen, das die Freilassung bewirkte, persönlich nicht mehr traf, sondern dieser erst nach dem Tode des Erblassers, in der Regel im 65 Gai. 1.19: Iusta autem causa manumissionis est, veluti si quis filium filiamve aut fratrem sororemve naturalem aut alumnum aut paedagogum aut servum procuratoris habendi gratia aut ancillam matrimonii causa apud consilium manumittat. Vgl. Gai. 1.39. Zum Ganzen Buckland, S. 539 ff. 66 Gai. 1.20: Consilium autem adhibetur in urbe Roma quidem quinque senatorum et quinque equitum Romanorum puberum, in provinciis autem viginti recuperatorum civium Romanorum (…). 67 Kaser, RP I, S. 297.
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1. Teil: Freilassung im römischen Recht
Zeitpunkt des Erbschaftsantritts durch die Erben, frei wurde. Aber auch für den Sklaven war die testamentarische Freilassung vorteilhaft, denn er wurde Freigelassener (libertus) des Erblassers und hatte folglich keinen patronus, dem er etwa zur Leistung von Diensten verpflichtet wäre (libertus orcinus). In späterer Zeit ermöglichte es der Prätor, dass die ursprünglich nicht statusändernden nicht-förmlichen Freilassungen manumissio inter amicos, per epistulam sowie per mensam oder convivii adhibitione den Sklaven ebenfalls rechtswirksam frei werden ließen, indem er den Sklaven in diesen Fällen davor schützte, dass sein Herr ihn wieder zu Sklavendiensten heranzog (vindicatio in servitutem). Um den zahlreichen Freilassungen Einhalt zu gebieten, erließ Augustus zwei Gesetze. Die lex Fufia Caninia legte im Jahre 2 v. Chr. Höchstgrenzen für zulässige testamentarische Freilassungen fest. Die lex Aelia Sentia aus dem Jahre 4 n. Chr. bestimmte u. a., dass Sklaven, die noch nicht 30 Jahre alt waren, nur unter der Voraussetzung freigelassen werden konnten, dass es einen vom consilium anerkannten Grund für diese manumissio gab; Freilassungen, die den Gläubigern oder dem patronus des Freilassers schadeten, waren unwirksam. III. Mittelbare Freilassungsformen 1. Freilassung durch Fideikommiss (manumissio per fideicommissum)
Nach den drei klassischen Freilassungsvarianten und den prätorischen Freilassungen sind nun solche Varianten zu untersuchen, mit deren Hilfe ein Freilassungsbestreben des Sklaven oder des Herrn realisiert werden kann. Grundsätzlich kann der Herr aus eigener Initiative zur manumissio seines Sklaven schreiten. Hierzu bietet sich neben den oben dargestellten Möglichkeiten eine weitere an, nämlich die manumissio per fideicommissum, die fideikommissarische Freilassung. Der Herr veranlasst so die manumissio seines eigenen oder eines fremden Sklaven auf indirekte Weise, indem er einen Dritten in einem fideicommissum darum bittet, den Sklaven freizulassen. Als fideicommissum wird die formlose Bitte des Erblassers bezeichnet, mit der er die Vornahme einer bestimmten Handlung einem Dritten anvertraut.68 Dieser 68 I. 2.24.2: Libertas quoque servo per fideicommissum dari potest, ut heres eum rogetur manumittere vel legatarius vel fideicommissarius. nec interest, utrum de suo proprio servo testator roget, an de eo qui ipsius heredis aut legatarii vel etiam extranei sit. itaque alienus servus redimi et manumitti debet: quod si dominus eum non vendat, si modo nihil ex iudicio eius qui reliquit libertatem percepit, non statim extinguitur fideicommissaria libertas, sed differtur, quia possit tempore procedente, ubicumque occasio redimendi servi fuerit, praestari libertas. qui autem ex causa fideicommissi manumittitur, non testatoris fit libertus, etiamsi testatoris servus sit,
§ 4 Möglichkeiten der Freilassung eines Sklaven 53
Dritte ist in der Regel Erbe oder zumindest Vermächtnisnehmer. Aber auch externe Dritte können im Wege des Fideikommisses mit einer Handlung betraut werden. Charakteristisch für diese Bitte des Erblassers ist, dass sie ursprünglich nicht zwingend ist, sondern das aufgetragene Verhalten nur der fides des Beschwerten überlässt.69 Seit Augustus ist das Fideikommiss jedoch für den Beschwerten verbindlich, weil der Sklave nun das Recht hat, vor dem consul und später vor dem praetor fideicommissarius die Freiheit zu verlangen.70 Die Position des Sklaven, der durch fideicommissum zur Freiheit gelangen soll, ist der des statuliber vergleichbar und insoweit gesichert, als der Verkauf oder andere Versuche des Beschwerten, die Freiheit zu vereiteln, seine Aussicht auf Freilassung nicht beeinträchtigen können.71 Im Unterschied zur testamentarischen Freilassung wird der im Wege des fideicommissum freigelassene Sklave libertus desjenigen, der ihn freilässt.72 Die testamentarische Freilassung führt nämlich zu einer manumissio von Todes wegen, während die durch Fideikommiss angeordnete Freilassung in der Regel im Wege der manumissio inter vivos erfolgt. Verglichen mit jener Freilassungsart lässt sich damit feststellen, dass die indirekte per Fideikomsed eius qui manumittit: at is, qui directo testamento liber esse iubetur, ipsius testatoris fit libertus, qui etiam orcinus appellatur. nec alius ullus directo ex testamento libertatem habere potest, quam qui utroque tempore testatoris fuerit, et quo faceret testamentum et quo moreretur. directo autem libertas tunc dari videtur, cum non ab alio servum manumitti rogat, sed velut ex suo testamento libertatem ei competere vult. – Vgl. Gai. 2.263-266; zum Ganzen ausführlich Knütel, FS Wieling, S. 131 f.; Kaser, RP I, S. 295; Buckland, S. 513 ff.; Leonhard, RE VI / 2 s. v. Fideicommissum, Sp. 2272 ff.; Impallomeni, S. 59 ff. 69 I. 2.23.1: (…) Et ideo fideicommissa appellata sunt, quia nullo vinculo iuris, sed tantum pudore eorum qui rogabantur continebantur (…). – Das Fideikommiss ist zu unterscheiden vom Vermächtnis (legatum), vermöge dessen der Erblasser dem Vermächtnisnehmer einen Vermögensgegenstand zuwenden kann, ohne dass dieser zum Erben eingesetzt ist. Das römische Recht kennt das Vindikations- und das Damnationslegat. Unter Justinian werden Fideikommiss und Vermächtnis gleichgestellt; hierzu ausführlich Knütel, FS Wieling, S. 131 f.; Kaser, RP I, S. 109 ff.; Leonhard, RE VI / 2 s. v. Fideicommissum, Sp. 2272 ff.; alle m. w. N. 70 Vgl. Kaser / Hackl, S. 452 f.; Finkenauer, Rechtsetzung Mark Aurels, S. 26; Castello, St. Scherillo Bd. 1, S. 211 gegen H. Krüger, SZ 48 (1928), S. 171 f., der nicht den praetor fideicommissarius für zuständig hält, weil die Quellen in D. 40.5 nur den Prätor als zuständige Person bzw. Behörde nennen. – Zur Justiziabilität der manumissio per fideicommissum ausführlich siehe unten § 25, insbes. II. 71 Marcian. D. 40.5.51.3 (9 inst.): Cui per fideicommissum libertas debetur, liberi quodammodo loco est et statuliberi locum optinet vel eo magis, quod nec in alium transferendus est, ut aut libertas eius impediatur aut iura patronorum graviora experiatur. Vgl. Ulp. D. 40.5.24.21 (5 fideicomm.); ders. D. 40.5.30.16 (5 fideicomm.); Paul. D. 40.5.29 (3 fideicomm.). – Zum statuliber ausführlich siehe oben § 4 II. 2. b). 72 Gai. 2.266: Qui autem ex fideicommisso manumittitur, non testatoris fit libertus, etiamsi testatoris servus fuerit, sed eius, qui manumittit. Vgl. UE 2.7-12. – Zur testamentarischen Freilassung siehe oben § 4 II. 2. a).
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1. Teil: Freilassung im römischen Recht
miss dem Sklaven nicht den priviligierten Status des libertus orcinus, also des Freigelassenen ohne patronus, einbringt.73 2. Verkauf und Schenkung ut manumittatur
a) Kaiserrechtliche Regelung durch die constitutio divi Marci Neben der Freilassung durch den Herrn persönlich ist es auch möglich, dass die manumissio durch einen außenstehenden Dritten erfolgt, der zuvor den Sklaven erworben hat. Dies ist zum einen denkbar, indem der Dritte selbst die Initiative ergreift und an den Herrn eines Sklaven herantritt, um ihm etwas zuzuwenden und sich im Gegenzug die Freilassung des Sklaven durch den dominus versprechen zu lassen.74 Zum anderen kann der Herr selbst einen Dritten mit der Freilassung seines Sklaven beauftragen. Hierzu verkauft oder verschenkt er den Sklaven mit der Abrede, der Erwerber möge ihn freilassen. Dieser Verkauf ut manumittatur bildet ein Geschäft unter Lebenden, bei dem die Freilassung zur Auflage bzw. zur Nebenbestimmung wird.75 Eine constitutio von Marc Aurel (constitutio ad Aufidium Victorinum) erklärt den Sklaven ipso iure für frei, wenn die Auflage nicht erfüllt wird und die vereinbarte Freilassung unterbleibt.76 Auch wenn der Wortlaut der Konstitution die Schenkung offenbar nicht ausdrücklich erfasst, sondern nur den Verkauf ut manumittatur regelt, findet sie doch auf donationes ut manumittatur Anwendung.77 Die Auflage der Freilassung kann in verschiedenen Formen abgefasst sein: Käufer und Verkäufer können sich darauf verständigen, diesem Sinne auch Buckland, S. 513. Zum libertus orcinus siehe § 28 IV. siehe unten § 4 III. 3. 75 Vgl. auch zum Folgenden Haymann, Freilassungspflicht, S. 4 ff.; Buckland, S. 628 ff.; Lotmar, SZ 33 (1912), S. 304 ff.; alle m. w. N. – Pernice, Labeo III, S. 132 f. weist darauf hin, dass von einer mancipatio des Sklaven auszugehen ist, weil andernfalls der Erwerber überhaupt nicht zur Freilassung befugt wäre. Indirekt sei eine solche mancipatio in Ulp. D. 12.4.5.1 (2 disp.) bezeugt. – Zu Motiven für einen Verkauf ut manumittatur vgl. Finkenauer, Rechtsetzung Mark Aurels, S. 35 ff. 76 Vgl. z. B. Alex. C. 4.57.2; ders. C. 4.57.3 pr. Lotmar, SZ 33 (1912), S. 306 ff. beschäftigt sich eingehend mit der Nennung des Urhebers der Konstitution und des Adressanten in den Quellen. Vgl. Buckland, S. 629; Waldstein, Operae libertorum, S. 201 ff.; Finkenauer, Rechtsetzung Mark Aurels, S. 37 f. 77 Der Wortlaut der Konstitution ist nicht überliefert; vgl. Lotmar, SZ 33 (1912), S. 307. – Zur donatio ut manumittatur siehe auch Pap. D. 40.1.20 pr. (10 resp.); ders. D. 40.8.8 (9 resp.); Paul. D. 40.12.38.1 (15 resp.); Buckland, S. 628 f. m. w. N. in Anm. 1 (S. 629); Haymann, Freilassungspflicht, S. 5. Finkenauer, Rechtsetzung Mark Aurels, S. 37 f. hält es für „nicht feststellbar“, ob die Konstitution auf Schenkungen anwendbar war oder nicht. – Zu den Besonderheiten bei der Schenkung unter Ehegatten ausführlich Buckland, S. 630 f. m. w. N. 73 In
74 Hierzu
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dass der Sklave nach Ablauf einer bestimmten Zeit (ut post certum tempus manumittatur)78 oder innerhalb einer bestimmten Zeit (ut manumittatur intra certum tempus)79 frei werden soll, oder aber sie vereinbaren, dass der Sklave direkt nach Verkauf frei werden soll.80 Allerdings stellt sich insbesondere bei der Vereinbarung eines nur kurzen Zeitraumes zwischen Kauf und Freilassung sowie bei der Auflage der Freilassung unmittelbar nach Kauf des Sklaven die Frage, welches Interesse der Käufer an einem solchen Kaufvertrag haben soll. Grundsätzlich wird der Käufer eines Sklaven ein Interesse daran haben, diesen zur Arbeit einzusetzen, nachdem er den Kaufpreis aus seinem Vermögen aufgewendet hat. Das Patronatsrecht, das er als Freilasser erhalten wird, dürfte als Ausgleich nicht ausreichend sein, da er dieses auch bei freiwilliger Freilassung des Sklaven erhalten würde.81 Wahrscheinlich wird daher der Kaufpreis im Rahmen eines Verkaufes ut manumittatur jedenfalls dann, wenn die Freilassung durch den Verkäufer alsbald zu erfolgen hatte, sehr gering gewesen sein, so dass diese Freilassungsart finanziell den Verkäufer trifft, der den Sklaven dem Käufer mehr oder weniger unentgeltlich überlässt, damit dieser ihn freilasse. Die Vereinbarung einer Freilassungsauflage führt dazu, dass die Sklaverei für den verkauften oder verschenkten servus nur noch ein zeitlich begrenzter Zustand (temporaria servitus) ist.82 Bevor die constitutio divi Marci einer Abrede ut manumittatur Rechtswirksamkeit verliehen hat, hatte der Veräußerer zunächst nur die Möglichkeit, die Freilassung beispielsweise über die Stipulation einer Vertragsstrafe im Falle des Unterlassens zu sichern.83 Erst als bei der actio venditi Nebenabreden im Rahmen des bonae fidei iudicium berücksichtigt werden konn78 Paul. D. 40.12.38.1 (15 resp.): Idem respondit constitutionem quidem divi Marci ad libertatem eorum mancipiorum pertinere, quae hac lege venierint, ut post tempus manumitterentur: sed eundem favorem libertatis consequendae causa etiam eam mereri, pro qua dominus pretium accepit, ut ancillam suam manumitteret, cum idem etiam libertam habiturus sit. Vgl. Ulp. D. 24.1.7.9 (31 ad Sab.); Pap. D. 40.1.20.2 (10 resp.). 79 Z. B. Mod. D. 37.14.8.1 (6 reg.): Servus non manumissus libertatem consequitur is, qui ea lege distractus est, ut manumittatur intra tempus: quod superveniens, licet non manumittatur, faciet tamen libertum emptoris. Vgl. Paul. D. 40.8.1 (5 ad Plaut.); Ulp. D. 29.2.71.1 (61 ad ed.). 80 Z. B. Pap. D. 40.1.20 pr. (10 resp.); Ulp. D. 24.1.7.9 (31 ad Sab.). 81 Vgl. zu dieser Problematik ausführlich Lotmar, SZ 33 (1912), S. 315 ff. 82 Hierauf weist Lotmar, SZ 33 (1912), S. 307 hin. Ähnlich Buckland, S. 632. Vgl. Pap. D. 40.1.20.3 (10 resp.): Tempore alienationis convenit, ut homo libertatis causa traditus post quintum annum impletum manumitteretur et ut certam mercedem interea menstruam praeberet. condicionem libertati mercedes non facere, sed obsequio temporariae servitutis modum praestitutum esse respondi: neque enim in omnibus libertatis causa traditum comparari statulibero. 83 Scaev. D. 45.1.122.2 (28 dig.); Pap. D. 40.1.20.2 (10 resp.), für den Text siehe Anm. 87. Vgl. auch zum Folgenden Lotmar, SZ 33 (1912), S. 347 f. m. w. N. in
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1. Teil: Freilassung im römischen Recht
ten, stand bei unterlassener Freilassung ein Anspruch aus dem Kaufvertrag zur Verfügung. Allerdings setzt dies voraus, dass der Veräußerer ein vermögenswertes Interesse an der manumissio hat, wobei nach Sabinus die Überlegung ausreichen soll, dass der Sklave wegen der Freilassungsabrede günstiger verkauft worden sei.84 Nicht recht hilfreich ist diese Klage indes gewesen, weil der Grundsatz der Geldkondemnation nie dazu führte, dass der Käufer tatsächlich zur Freilassung des gekauften Sklaven verurteilt werden konnte.85 Bei der Schenkung war es überhaupt nicht möglich, den Beschenkten wegen Unterlassens der manumissio zur Verantwortung zu ziehen.86 Vor diesem Hintergrund verhilft die Konstitution der Abrede ut manumittatur zu echter Rechtswirksamkeit und führt zu Rechtssicherheit für den Veräußerer. Vereinbarte Vertragsstrafen müssen fortan nicht mehr bezahlt werden, weil die Freiheit des Sklaven nun ipso iure eintritt und davon auszugehen ist, dass dies mehr noch dem Interesse des Verkäufers entspricht, als etwa den Sklaven zurückzunehmen und anschließend selbst freizulassen.87 Somit führt die constitutio divi Marci dazu, dass die von den Kaufvertragsparteien vereinbarte lex ut manumittatur nicht mehr allein zwischen ihnen Verpflichtungen herbeiführt, sondern gegenüber jedermann, also dinglich wirkt, indem der Sklave automatisch frei ist, wenn der Zeitpunkt eingetreten ist, zu dem er frei sein soll.88 Die Lage des Sklaven ist also vor Eintritt dieses Zeitpunktes mit der eines statuliber vergleichbar.89 Anm. 3. Horsmann, Historia 35 (1986), S. 314 weist darauf hin, dass die Abrede auch durch die Vereinbarung einer manus iniectio gesichert werden konnte. 84 Pap. D. 18.7.6.1 (27 quaest.): Nobis aliquando placebat non alias ex vendito propter poenam homini irrogatam agi posse, quam si pecuniae ratione venditoris interesset, veluti quod poenam promisisset: ceterum viro bono non convenire credere venditoris interesse, quod animo saevientis satisfactum non fuisset. sed in con trarium me vocat Sabini sententia, qui utiliter agi ideo arbitratus est, quoniam hoc minoris homo venisse videatur. – Ausführlich zur Haftung von Verkäufer und Käufer siehe § 13 III. 3. a). 85 Vgl. Lotmar, SZ 33 (1912), S. 348. Der Grundsatz der Geldkondemnation bedeutet, dass eine Klage immer nur zu einer Verurteilung in eine bestimmte Geldsumme führt; hierzu ausführlich Kaser / Hackl, S. 371 ff. m. w. N. 86 Hierzu ausführlich Lotmar, SZ 33 (1912), S. 349 f. 87 Pap. D. 40.1.20.2 (10 resp.): Puellam ea lege vendidit, ut post annum ab emptore manumitteretur: quod si non manumisisset, convenit, uti manum iniceret aut decem aureos emptor daret. non servata fide nihilo minus liberam ex sententia constitutionis fieri respondit, quoniam manus iniectio plerumque auxilii ferendi causa intervenit: itaque nec pecunia petetur, cum emolumentum legis voluntatem venditoris secutum sit. Zur Rechtslage nach der constitutio ausführlich Lotmar, SZ 33 (1912), S. 352 ff. 88 Vgl. Lotmar, SZ 33 (1912), S. 356; Finkenauer, Rechtsetzung Mark Aurels, S. 42 f. 89 Pap. D. 40.1.20.3 (10 resp.): Tempore alienationis convenit, ut homo libertatis causa traditus post quintum annum impletum manumitteretur et ut certam mercedem interea menstruam praeberet. condicionem libertati mercedes non facere, sed obse-
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b) Widerrufsrecht des Veräußerers Umstritten ist die Frage, ob die Freiheit aufgrund der kaiserlichen Konstitution nur eintritt, wenn der Veräußerer seinen Willen in der Zwischenzeit nicht geändert hat, ob also – umgekehrt betrachtet – derjenige, der sich die manumissio hat versprechen lassen, ein Widerrufs- oder Reuerecht hat. Anlass für die verschiedenen Auffassungen gibt die disparate Quellenlage. Während sieben Stellen ein Widerrufs- oder Reuerecht des Veräußerers bejahen,90 lehnt Paulus ein solches Recht ab:91 Paul. D. 40.8.1 (5 ad Plaut.) Si servus venditus est, ut intra certum tempus manumitteretur, etiamsi sine herede decessissent et venditor et emptor, servo libertas competit: et hoc divus Marcus rescripsit. sed et si mutaverit venditor voluntatem, nihilo minus libertas competit.
Paulus zitiert ein Reskript des Marcus, der entschieden habe, dass ein Sklave, der ut intra certum tempus manumitteretur verkauft ist, auch frei sein soll, wenn Verkäufer und Käufer ohne Erben verstorben seien. Im Nachsatz heißt es, bei Willensänderung des Verkäufers stünde dem Sklaven dennoch die Freiheit zu. Dies ist sprachlich nicht eindeutig, weil der Nachsatz entweder als allgemeine Aussage verstanden oder auf den speziellen Fall des Todes von Verkäufer und Käufer bezogen werden kann, der im ersten Satz beschrieben ist. Fasst man den Nachsatz als allgemeine Aussage auf, wäre dies die einzige Quellenstelle, die gegen ein Widerrufsrecht des Veräußerers spräche. Bezieht man diesen Nachsatz aber nur auf den im Reskript von Marcus behandelten Fall, nämlich dass Verkäufer und Käufer vor Eintritt der Fälligkeit der Freilassungsauflage verstorben sind, bedeutet dies keine allgemeine Aussage zum Widerruf einer lex ut manumittatur. Vielmehr meint dies, dass in dem soeben beschriebenen Spezialfall der Sklave ebenfalls frei wird, auch wenn der Verkäufer seinen Willen geändert und die Freilassungsauflage widerrufen haben sollte und die beiden Vertragspartner verstorben sind.92 Der Grund für diese Entscheidung könnte in quio temporariae servitutis modum praestitutum esse respondi: neque enim in omnibus libertatis causa traditum comparari statulibero. – Zum statuliber siehe oben § 4 II. 2. b). 90 Ulp. D. 12.4.5.1 (2 disp.); Paul. D. 18.7.3 (50 ad ed.); Pap. D. 18.7.8 (27 quaest.); Paul. D. 40.8.1 (5 ad Plaut.); Call. D. 40.8.3 (3 de cogn.); Alex. C. 4.57.1; Diocl. / Max. C. 4.57.6. 91 Überwiegend wird in der romanistischen Literatur ein Reuerecht bejaht: Buckland, S. 634 ff.; Lotmar, SZ 33 (1912), S. 360 ff. m. w. N. in Anm. 3 (S. 362). Anders Haymann, Freilassungspflicht, S. 5 ff., der davon ausgeht, das Reuerecht sei nachklassisch. Die sieben in Anm. 90 genannten widersprechenden Quellenstellen versucht er mit Interpolationsvermutungen seiner These anzupassen. Vgl. die Kritik bei Lotmar, SZ 33 (1912), S. 362 ff. 92 Vgl. zu dieser Auslegung Lotmar, SZ 33 (1912), S. 367 ff.
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1. Teil: Freilassung im römischen Recht
der Tatsache liegen, dass beide Vertragspartner ohne Erben verstorben sind und infolgedessen die Umsetzung eines Widerrufs problematisch ist, weil keine Person da ist, der der Sklave weiterhin dienen könnte. Damit widerspricht D. 40.8.1 jedenfalls nicht den Stellen, die ein Reuerecht bejahen, wie beispielsweise Papinian in D. 18.7.893. Ein weiteres Argument, das für ein Widerrufsrecht spricht, ist etwa die Überlegung, dass der Veräußerer dem Sklaven gegenüber kein fides-Verhältnis begründet, zu dessen Einhaltung er verpflichtet wäre, weil sein Vertrags- und Abredepartner nicht der Sklave, sondern der Käufer ist.94 Überdies bildet der Wille des Herrn die Ausgangsbasis für die Vereinbarung einer lex ut manumittatur – somit wundert es nicht, wenn er später noch das Recht hat, diesen Willen zu ändern.95 Ähnliches gilt ja für denjenigen, der in seinem Testament einem Sklaven fideikommissarische Freiheit gewährt. Auch er ist bis zu seinem Tode in der Lage, diese Anordnung zurückzunehmen. Aber im Falle der fideikommissarischen Freiheit wird der Sklave in der Regel nichts von der bevorstehenden manumissio wissen, so dass ein Widerrufsrecht für fideikommissarische Freilassungen nicht das Vertrauen des Sklaven in die bevorstehende Freilassung enttäuscht. Der Sklave, der ut manumittatur verkauft wird, dürfte von der beabsichtigten Freilassung Kenntnis haben, was aber nicht zwangsläufig bedeutet, dass er gerade wegen dieser Kenntnis in jedem Fall zur Freiheit gelangen wird. c) Stellung des Freigelassenen nach dem Erwerb der Freiheit durch Verkauf und Schenkung ut manumittatur Erlangt der Sklave wie vereinbart die Freiheit durch den Käufer oder wird er aufgrund der Konstitution Marc Aurels frei, wird er libertus des Käufers.96 Dieser kann vom ehemaligen Sklaven die Leistung von operae verlangen, sofern er diesen vereinbarungsgemäß freigelassen hat.97 Unter93 (27 quaest.): Quaesitum est, si quis proprium servum vendidisset et ut manumitteretur intra certum tempus praecepisset ac postea mutasset voluntatem et emptor nihilo minus manumisisset, an aliquam eo nomine actionem haberet. dixi ex vendito actionem manumisso servo vel mutata venditoris voluntate evanuisse. – Zu den anderen Stellen siehe oben Anm. 90. 94 Zur fides zwischen Freikäufer und Sklaven, die ersteren zur Freilassung verpflichtet, siehe unten § 26 II. 95 Ausführlich, auch zum Folgenden Lotmar, SZ 33 (1912), S. 363 ff.; A. Wagner, S. 159 f. 96 Ulp. D. 2.4.10 pr. (5 ad ed.): Sed si hac lege emi ut manumittam, et ex constitutione divi Marci venit ad libertatem: cum sim patronus, in ius vocari non potero. sed si suis nummis emi et fidem fregi, pro patrono non habebor. Vgl. Ulp. D. 23.2.45 pr. (3 ad leg. Iul. et Pap.); Mod. D. 37.14.8.1 (6 reg.); Ulp. D. 38.16.3.3 (14 ad Sab.). Nach Ulpian in D. 26.4.3.2 (38 ad Sab.) wird der Freilasser tutor.
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lässt der Käufer jedoch die vereinbarte Freilassung mit der Folge, dass der Sklave gemäß der kaiserlichen Konstitution Marc Aurels frei wird, hat der Käufer keinerlei Anspruch auf operae, wie hervorgeht aus:98 97
Ulp. D. 38.1.13 pr. (38 ad ed.) Si quis hac lege emptus sit, ut manumittatur, et ex constitutione divi Marci pervenerit ad libertatem, operae ei impositae nullum effectum habebunt.
Wer unter der Bedingung ut manumittatur gekauft und aufgrund der constitutio Marc Aurels zur Freiheit gelangt ist, muss ihm auferlegte operae nicht leisten. Ulpian weist darauf hin, dass der Sklave überdies nicht wegen Undankbarkeit verklagt werden könne, wenn er aufgrund der Konstitution frei geworden sei. Denn der Käufer sei hier nicht manumissor: Ulp. D. 40.9.30 pr. (4 ad leg. Ael. Sent.) Si quis hac lege servum emerit, ut manumittat, et non manumittente eo servus ad libertatem pervenerit ex constitutione divi Marci, an possit ut ingratum accusare, videamus. et dici potest, cum non sit manumissor, hoc ius eum non habere.
Dies steht in gewissem Widerspruch zu den Fragmenten, die auch für den Fall, dass der Sklave im Wege der Konstitution frei geworden ist, anordnen, dass dieser libertus des Käufers sei.99 Der Widerspruch lässt sich auflösen, wenn man bedenkt, dass es in D. 40.9.30 pr. um die Frage geht, ob dem Käufer, der die Freilassung unterlassen hat, die vollen Patronatsrechte zustehen. Dies ist zu verneinen. Versteht man unter dem manumissor denjenigen, der den Sklaven tatsächlich freigelassen hat, und geht davon aus, dass operae nicht verlangt werden können, wenn der Sklave nur durch die Fiktion der constitutio frei geworden ist, sind die Stellen ohne weiteres miteinander vereinbar.100 3. Zuwendung eines Vermögensstücks für die Freilassung (dedere ut manumittatur)
Eine weitere Variante bildet die Vereinbarung der Freilassung dedere ut manumittatur (wörtlich: hingeben, damit er / sie freigelassen werde). Die Vereinbarung geht hier auf die Initiative eines Dritten (extraneus) zurück, 97 Ulp. D. 38.1.13 pr. (38 ad ed.); den Text der Stelle siehe sogleich im Text. Waldstein, Operae libertorum, S. 203 untersucht das Verhältnis von D. 38.1.13 pr. zu Sev. / Antonin. C. 6.3.2: Manumissionis causa traditus neque in servitutem deduci a manumissore potest neque impositas operas praestare cogitur. – Zu operae siehe unten § 28 II. 2. 98 Zum Verhältnis zwischen patronus und libertus und zum Umfang des Patronatsrechtes siehe ausführlich unten § 28 ff. 99 Vgl. die soeben in Anm. 96 genannten Stellen. 100 In diesem Sinne auch Waldstein, Operae libertorum, S. 202 ff. – Zum Patronatsrecht des Käufers vgl. auch Buckland, S. 631.
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der dem Herrn eines Sklaven, den er freigelassen wissen möchte, ein Vermögensstück zuwendet, damit jener diesen freilasse: Pap. D. 40.1.19 (30 quaest.)101 Si quis ab alio nummos acceperit, ut servum suum manumittat, etiam ab invito libertas extorqueri potest, licet plerumque pecunia eius numerata sit, maxime si frater vel pater naturalis pecuniam dedit: videbitur enim similis ei qui suis nummis redemptus est.
Jemand gibt dem Herrn eines Sklaven Geld, damit er seinen Sklaven freilasse. Dann könne von diesem Herrn die Freiheit erzwungen werden, auch wenn er nicht (freilassen) wolle, obgleich in der Regel sein Geld gezahlt sein werde, insbesondere wenn der natürliche Bruder oder Vater das Geld gezahlt habe. Ein solcher Sklave werde nämlich dem ähnlich sein, der suis nummis redemptus sei. Zu überlegen ist, wessen Geld an den dominus gezahlt wird, denn pecunia eius kann sich sowohl auf den Herrn als auch auf den Sklaven beziehen. Watson übersetzt pecunia eius mit „the slave’s money“102. Papinian habe folglich geschrieben, wenn ein Dritter einem Herrn Geld gebe, damit dieser seinen Sklaven freilasse, könne von diesem Herrn die Freilassung erzwungen werden, obgleich in der Regel das Geld des Sklaven an den Herrn gezahlt worden sei. Diese Interpretation zieht jedoch die Frage nach sich, woher der Sklave eigenes Geld haben und warum eine solche Zahlung aus Eigenmitteln wirksam sein sollte. Hiergegen spricht, dass der Sklave grundsätzlich kein eigenes Vermögen haben konnte, sondern der Gewalt seines Herrn unterworfen war. Daher ist es wahrscheinlicher, dass pecunia eius auf den Herrn zu beziehen ist. Papinian macht folglich darauf aufmerksam, obgleich in der Regel Geld des Herrn gezahlt werde, könne dieser dennoch zur Freilassung gezwungen werden, wenn er sie unterlasse.103 In diesem Sinne übersetzen auch Otto / Schilling / Sintenis den Ausdruck pecunia eius in D. 40.1.19 mit „wenngleich gewöhnlich das Geld desselben [des Herrn] gezahlt worden ist“104 und weisen darauf hin, dass in der Regel Geld gegeben werde, das aus dem peculium des freizulassenden Sklaven stamme und 101 Vgl. Iul. D. 12.1.19 pr. (10 dig.); Ulp. D. 12.4.1 pr. (26 ad ed.); ders. D. 12.4.3.2 (26 ad ed.). 102 Watson, Digest (zu D. 40.1.19). 103 Diese Auslegung stützt Schol. Ἐάν τις παρὰ zu Bas. 48.1.19 (Schelt. B VII 2815; Heimb. IV 621): (…) αὐτοῦ τοῦ δεσπότου (…). Das Geld wird ausdrücklich als solches des Herrn selbst bezeichnet. – Durch diesen Bezug von eius wird erst der Begriff licet verständlich, der in konzessivem Sinne die Herkunft des Geldes mit der Durchsetzbarkeit der Freilassungsvereinbarung verbindet. Der Hinweis auf die Vergleichbarkeit mit der redemptio suis nummis stellt klar, dass es sich gerade nicht um einen Freikauf handelt, sondern um eine Freilassung gegen einfache Zahlung. 104 Otto / Schilling / Sintenis, S. 115.
§ 4 Möglichkeiten der Freilassung eines Sklaven 61
folglich dem Herrn gehöre.105 Der Ausdruck pecunia eius in Pap. D. 40.1.19 bezieht sich also auf den dominus und meint eine Zahlung mit Geld, das dem die Zahlung empfangenden Herrn bereits gehört.106 Dass insbesondere Bruder oder Vater dem Herrn etwas für die Freilassung des Sklaven zuwenden, ist damit wohl so zu verstehen, dass dieser seinem Bruder oder Vater Geld gibt, damit er dieses seinem Herrn zuwendet für eine Freilassung durch dedere ut manumittatur. Der Dritte, der ein Vermögensstück zuwendet, kann für die Freilassung im Wege des dedere ut manumittatur Geld aus seinen eigenen Mitteln aufwenden, so dass die Freilassung auf seiner Freigebigkeit beruht. Daneben wird es Fälle gegeben haben, in denen er – wie im Fragment erwähnt – Geld des Herrn zahlt, der durch die Zahlung zur manumissio motiviert werden soll.107 In diesem Fall wird der Sklave das Geld seinem peculium, dem im Eigentum seines Herrn stehenden Sondergut,108 entnommen und an den Dritten weitergegeben haben, der es dem dominus zum Zwecke der Freilassung zahlt. Denkbar ist auch ein weiterer Fall mit einer Vereinbarung dergestalt, dass der Sklave nach seiner Freilassung den vom Dritten vorgestreckten Betrag bei diesem abbezahlen soll. Alternativ zu Geld können auch Ersatzsklaven für die Freilassung eines anderen Sklaven gegeben werden.109 Lässt der Empfänger des Vermögensstücks den Sklaven in der Folge abredegemäß frei, wird er patronus mit vollem Patronatsrecht.110 Falls der dominus jedoch die Freilassung unterlässt, stehen dem Dritten mehrere Möglichkeiten zur Verfügung, die nicht kumulativ, sondern nur alternativ anwendbar sind.111 Im Wege der condictio (ob rem) kann er vom Herrn des Sklaven das zurückverlangen, was er für die manumissio vergeblich aufge105 Otto / Schilling / Sintenis, S. 115 mit Anm. 10. Auch Brinkhof, S. 142 hält den Ursprung des Geldes aus dem peculium für „nicht unwahrscheinlich“. Die Formulierung licet plerumque pecunia eius numerata sit spricht ausdrücklich für diese Annahme. 106 Jacota, RIDA 13 (1966), S. 222 nimmt bei seiner Beschäftigung mit D. 40.1.19 ebenfalls an, es handle sich um Geld des Herrn, und führt dies als Argument dafür an, dass auch Sklaven im Wege eines dedere ut manumittatur anderen Sklaven zur Freiheit verhelfen konnten ebensowie im Wege der redemptio suis nummis. – Zur Frage, wer als Freikäufer für eine redemptio suis nummis in Betracht kommt, siehe oben § 2 I. 107 Vgl. auch Ulp. D. 16.3.1.33 (30 ad ed.). Siehe auch Lotmar, SZ 33 (1912), S. 312; Brinkhof, S. 142. 108 Zum peculium ausführlich siehe § 5 ff. 109 Z. B. Ulp. D. 2.14.7.2 (4 ad ed.); Paul. D. 19.5.5.2 (5 quaest.). 110 Alex. C. 6.6.3; Diocl. / Max. C. 7.16.8. – Zum Patronatsrecht siehe ausführlich unten § 28. 111 Vgl. zum Ganzen Lotmar, SZ 33 (1912), S. 313 f.; Brinkhof, S. 142 f.
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1. Teil: Freilassung im römischen Recht
wendet hat.112 Mit der actio praescriptis verbis können die Freilassung erzwungen oder das Interesse des Dritten verfolgt werden.113 Für den Fall, dass der Herr des Sklaven sich mit der Freilassung in Verzug befindet, wird der Sklave – wie Paulus vorschlägt – wohl aufgrund einer analogen Anwendung der constitutio Marc Aurels, die sich ursprünglich nur auf Verkäufe ut manumittatur bezogen hat, frei.114 Im Gegensatz hierzu geht Papinian (D. 40.1.19) davon aus, dass bei unterbliebener Freilassung der Sklave auf gleichem Wege wie bei der redemptio suis nummis, also durch Klage vor dem praefectus urbi oder praeses provinciae, zur Freiheit gelangt.115 Dieser Widerspruch lässt Buckland vermuten, jegliche Möglichkeit, eine solche Abrede mit Zwang durchzusetzen, sei erst nachklassischer Natur.116 Es könnte sich indes aber auch nur um eine Meinungsverschiedenheit zwischen Paulus und Papinian handeln, wobei später Gord. C. 4.57.4 der Meinung des Paulus entsprach und eine entsprechende Anwendung der constitutio divi Marci annahm.
112 Ulp. D. 12.4.3.2 (26 ad ed.): Sed si tibi dedero, ut Stichum manumittas: si non facis, possum condicere, aut si me paeniteat, condicere possum. Vgl. Iul. D. 12.1.19 pr. (10 dig.); Ulp. D. 12.4.5.3 (2 disp.); Pap. D. 19.5.7 (2 quaest.). 113 Paul. D. 19.5.5.2 (5 quaest.); Pap. D. 19.5.7 (2 quaest.). 114 Paul. D. 40.12.38.1 (15 resp.): Idem respondit constitutionem quidem divi Marci ad libertatem eorum mancipiorum pertinere, quae hac lege venierint, ut post tempus manumitterentur: sed eundem favorem libertatis consequendae causa etiam eam mereri, pro qua dominus pretium accepit, ut ancillam suam manumitteret, cum idem etiam libertam habiturus sit. – Haymann, Freilassungspflicht, S. 41 f. nimmt weitreichende Textveränderungen an, die Lotmar, SZ 33 (1912), S. 313 Anm. 3 in ihrem Umfang nicht überzeugen. Vgl. Gord. C. 4.57.4. 115 Den Text von Pap. D. 40.1.19 siehe oben § 4 III. 3. Lotmar, SZ 33 (1912), S. 313 weist darauf hin, dass extorqueri potest in Pap. D. 40.1.19 auf Vollstreckung im Wege der extraordinaria cognitio zu beziehen ist und damit parallel abläuft zur Rechtsfolge, die durch die constitutio der divi fratres angeordnet ist für die redemptio suis nummis. In diesem Sinne auch Jacota, RIDA 13 (1966), S. 222 f. Vgl. Diocl. / Max. C. 4.6.9 und dies. C. 7.16.8. – Zur redemptio suis nummis und ihrer Justiziabilität ausführlich siehe unten § 24 ff. 116 In der Folge müssten Pap. D. 40.1.19 und Paul. D. 40.12.38.1 interpoliert sein; Buckland, S. 640 ff. (S. 642). Vgl. auch Brinkhof, S. 143, der auf Buckland hinweist. Ähnlich Lotmar, SZ 33 (1912), S. 311 f. Auch Haymann, Freilassungspflicht, S. 40 ff. nimmt zahlreiche Textveränderungen an. – Die Frage kann hier offen bleiben, weil sie für die folgende Untersuchung der redemptio suis nummis unerheblich ist.
§ 4 Möglichkeiten der Freilassung eines Sklaven 63 4. Freilassungsvereinbarung des Sklaven mit seinem Herrn (pactum pro libertate)
a) Vereinbarung zwischen Sklaven und Herrn Die Freilassung eines Sklaven kann nicht nur auf die Initiative seines Herrn oder eines Dritten zurückgehen, sondern auch auf seine eigene. Um die manumissio zu erreichen, stehen dem Sklaven zwei Möglichkeiten zur Verfügung: Er kann entweder mit seinem Herrn seine Freilassung vereinbaren (pactum / pactio pro libertate) oder aber einen Dritten beauftragen, damit dieser ihn bei seinem Herrn kaufe und anschließend freilasse (redemptio suis nummis). Hier soll die Freilassungsvereinbarung zwischen Sklaven und Herrn näher betrachtet werden.117 Der Sklave kann an seinen Herrn herantreten und mit ihm vereinbaren, dass dieser ihn freilasse. Um den Wertverlust auszugleichen, den der Herr erleidet, wenn er den Sklaven freilässt,118 wird diese Freilassung mit einer Zahlung des Sklaven an seinen Herrn verbunden.119 Hierbei kann der Sklave das zu zahlende Geld dem peculium, also dem Sondergut, entnehmen, das er bei seinem Herrn hat.120 Anstatt Geld aus dem peculium zu zahlen, kann er auch bei einem Dritten ein Darlehen aufnehmen.121 Außerdem ist es möglich, dass nicht eine Geldzahlung vereinbart wird, sondern der SklaWesen und Ablauf der redemptio suis nummis siehe oben § 2 I. Aspekt des Wertverlustes durch Freilassung wird deutlich in Paul. D. 44.5.2.2 (71 ad ed.): Si servus promittat domino pecuniam, ut manumittatur, cum alias non esset manumissurus dominus, eamque liber factus spondeat: dicitur non obstare exceptionem patrono, si eam petat: non enim onerandae libertatis causa haec pecunia promissa est. alioquin iniquum est dominum et servo carere et pretio eius. totiens ergo onerandae libertatis causa pecunia videtur promitti, quotiens sua sponte dominus manumisit et propterea velit libertum pecuniam promittere, ut non exigat eam, sed ut libertus eum timeat et obtemperet ei. 119 Vgl. zum Ganzen Lotmar, SZ 33 (1912), S. 309 mit Hinweisen auf ältere Literatur in Anm. 1; Finkenauer, FS Knütel, S. 345; Brinkhof, S. 135 f. 120 Alf. Var. D. 40.1.6 (4 dig.): Servus pecuniam ob libertatem pactus erat et eam domino dederat: dominus prius quam eum manumitteret, mortuus erat testamentoque liberum esse iusserat et ei peculium suum legaverat. consulebat, quam pecuniam domino dedisset ob libertatem, an eam sibi heredes patroni reddere deberent necne. respondit, si eam pecuniam dominus, posteaquam accepisset, in suae pecuniae rationem habuisset, statim desisse eius peculii esse: sed si interea, dum eum manumitteret, acceptum servo rettulisset, videri peculii fuisse et debere heredes eam pecuniam manumisso reddere. Vgl. Ulp. D. 33.8.8.5 (25 ad Sab.); Finkenauer, FS Knütel, S. 345; Zolnierczuk, S. 121. – Zum peculium ausführlich siehe § 5 ff. 121 Ulp. D. 15.3.3 pr. (29 ad ed.): Quod si servus domino quantitatem dederit, ut manumittatur, quam a me mutuam accepit, in peculium quidem hanc quantitatem non computari, in rem autem videri versum, si quid plus sit in eo quod servus dedit quam est in servi pretio. 117 Zu
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1. Teil: Freilassung im römischen Recht
ve einen Ersatzsklaven stellt.122 Die Leistung des vereinbarten Ausgleichs für die Freilassung kann zeitlich vor der manumissio erfolgen oder aber nach dieser. Im letzteren Fall kann der Herr dadurch gesichert werden, dass der Sklave ihm einen Bürgen stellt, der die Zahlung nach Freilassung garantiert.123 Wenn der Herr den Sklaven schließlich wie vereinbart freilässt, wird er patronus des Freigelassenen und erhält das volle Patronatsrecht, weil er die wirtschaftliche Last der Freilassung trägt, auch wenn er eine Entschädigung vom Sklaven erhalten hat.124 b) Wirksamkeit der Vereinbarung zwischen Sklaven und Herrn Welche Wirksamkeit entfaltet dieses pactum pro libertate? In D. 40.1.6125 beschäftigt sich Alfenus Varus ausführlich mit einer solchen Abrede zwischen Sklaven und Herrn: Ein Sklave hatte Geld für die Freilassung versprochen und dieses seinem Herrn gegeben. Vor der Freilassung war der Herr verstorben und hatte in seinem Testament angeordnet, dass der Sklave frei sein und sein peculium erhalten solle. Der Sklave fragte nun, ob er von den Erben das bereits gezahlte Geld herausverlangen könne. Alfenus entscheidet dies in Abhängigkeit von der Frage, wie der Herr nach der Zahlung mit dem Geld des Sklaven umgegangen ist. Habe er das Geld in seinen Büchern vermerkt, gehörte es von diesem Zeitpunkt an nicht mehr in das Sondergut des Sklaven und müsse folglich nicht zurückgezahlt werden. Habe er es dem Sklaven aber bis zur Freilassung wieder gutgeschrieben, scheine das Geld zum peculium zu gehören und müsse herausgegeben werden. Aus der Entscheidung des Alfenus lässt sich schließen, dass das pactum im Innenverhältnis zwischen dem Sklaven und seinem Herrn tatsächlich Rechtswirkungen entfaltet, und zwar aufgrund folgender Überlegung: Wäre die Vereinbarung unwirksam, müsste das Geld, das der Sklave an den Herrn gezahlt hatte, aus diesem Grund an das peculium zurückbezahlt werden, denn das Sondergut wäre vermindert worden durch die Zahlung auf eine nicht existierende Schuld. Falls der Herr aber das Geld an sich genommen 122 Paul. D. 41.3.4.16 (54 ad ed.): De illo quaeritur, si servus meus ancillam, quam subripuit, pro libertate sua mihi dederit, an partum apud me conceptum usucapere possim. Sabinus et Cassius non putant, quia possessio, quam servus vitiose nanctus sit, domino noceret, et hoc verum est. 123 Z. B. Iav. D. 45.1.104 (11 ex Cass.); Ulp. D. 4.3.7.8 (11 ad ed.); ausführlich Jacota, RIDA 13 (1966), S. 210 ff. 124 Sev. / Antonin. C. 6.4.1; Alex. C. 6.6.3; vgl. Zolnierczuk, S. 121. – Zum Patronatsrecht ausführlich siehe unten § 28. 125 Für den Text siehe oben Anm. 120. – Zu den rechnungstechnischen Aspekten dieser Stelle siehe ausführlich Gröschler, S. 217 ff.
§ 4 Möglichkeiten der Freilassung eines Sklaven 65
und in seinen Rechnungen verbucht hat, so Alfenus, hat der Sklave gegen den oder die Erben keinen Rückforderungsanspruch, weil – so muss man schließen – diese Zahlung wirksam ist und Bestand hat. Hieraus folgt also zugleich, dass das pactum pro libertate an sich wirksam ist, andernfalls gäbe es keinen Grund für die Erben, Gelder aus dem Sondergut, das als solches dem Sklaven vermacht ist, behalten zu dürfen. Allerdings gibt die Stelle keine Auskunft darüber, ob diese Abrede für den Herrn auch bindend ist. Mit anderen Worten: Ob der Sklave gegen seinen Herrn vorgehen und die Freilassung mit Zwang durchsetzen kann, falls dieser sein Versprechen nicht hält, kann aus der bloßen Wirksamkeit des pactum nicht geschlossen werden und geht aus D. 40.1.6 nicht hervor. In zwei Konstitutionen von Diokletian und Maximian ist jedoch ausdrücklich angeordnet, dass ein solches pactum den Herrn nicht verpflichtet.126 Somit begründet das pactum pro libertate für den Herrn keine Freilassungspflicht, die der Sklave gerichtlich durchsetzen kann. Es entsteht vielmehr eine moralische Verpflichtung, deren Nichterfüllung für den Herrn mitunter gefährlich werden kann. Tacitus berichtet von einem Fall, in dem der Sklave seinen Herrn ermordet, möglicherweise weil dieser ihn nicht freigelassen hatte, obwohl beide ein pactum pro libertate abgeschlossen hatten.127 Dies spricht ebenfalls dafür, dass die Freilassungsabrede zwischen dominus und servus nicht justiziabel ist.128
126 Diocl. / Max. C. 7.16.36: Post certi temporis ministerium ancillae liberam eam esse cum ea paciscendo conventionis obtemperandi legi domina nullam habet necessitatem utque hoc verum est, ita e contrario si filios suos constituta cum his libera in ministerium tibi tradere promisisse probetur, parere placitis non compellitur. – Diocl. / Max. C. 2.4.13.2: Sed quoniam eum, cum quo te transegisse commemoras, ex ancilla tua natum servum esse adseveras, si vera sunt, quae precibus complexa es, alia ratio pactum reformat: nec enim dubii iuris est dominos cum servis suis paciscentes ex placitis teneri atque obligari non posse. 127 Tac., Ann. 14.42: Haud multo post praefectum urbis Pedanium Secundum servus ipsius interfecit, seu negata libertate, cui pretium pepigerat, sive amore exoleti incensus et dominum aemulum non tolerans. 128 Vgl. Lotmar, SZ 33 (1912), S. 309; Finkenauer, FS Knütel, S. 345; im Ergebnis unentschieden Brinkhof, S. 135 f.; anders Pernice, Labeo I, S. 157, der ohne weitere Erläuterung eine Konstitution von Marc Aurel und Lucius Verus auf das pactum anwendet, die an sich die redemptio suis nummis regelt. Zolnierczuk, S. 121 hält diese Konstitution in spätklassischer Zeit für anwendbar auf das pactum pro libertate. Zur Konstitution Marc Aurels und Lucius Verus’ ausführlich siehe unten § 24.
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1. Teil: Freilassung im römischen Recht
c) Schutz des Sklaven bei unterbleibender Freilassung Eine Konstitution der Kaiser Diokletian und Maximian aus dem Jahre 294 n. Chr. zeigt den Weg, den der Sklave beschreiten kann, falls die Freilassungsabrede mit seinem Herrn von diesem vereitelt wird. Diocl. / Max. C. 4.6.9 Si liber constitutus, ut filiae tuae manumittantur, aliquid dedisti, causa non secuta de hoc tibi restituendo condictio competit. nam si quid servus de peculio domino dederit, contra eum nullam actionem habere potest: sed dominum, qui semel accipere pecuniam pro libertate passus est, aditus rector provinciae hortabitur salva reverentia (favore scilicet libertatis) placito suo stare.
Die Kaiser ordnen an, dass ein Freier, der für die Freilassung seiner Töchter etwas gegeben habe, dieses mit der condictio (ob rem) herausverlangen könne, wenn die manumissio unterbleibe. Wenn ein Sklave seinem Herrn etwas aus seinem peculium gebe, habe er gegen diesen selbst keine Klage. Aber er könne sich an den Provinzstatthalter wenden, der den Herrn, der einmal für die Freilassung Geld angenommen habe, ermahnen werde (hortari), sein Wort zu halten, wodurch der Sklave – aufgrund des favor libertatis – nicht die erforderliche Ehrerbietung (reverentia) gegenüber dem Herrn verletze. Ausdrücklich wird eine Klagemöglichkeit des Sklaven gegen seinen Herrn verneint, aber er kann sich dennoch Gehör verschaffen beim Provinzstatthalter. Es ist davon auszugehen, dass diese Ermahnung den Herrn in der Regel dazu bewogen haben wird, seinem Versprechen nachzukommen.129 Das pactum pro libertate war für den Sklaven sicherlich die einfachste Variante, seine Freilassung in die Wege zu leiten, denn er musste nur mit seinem Herrn einen Preis aushandeln. Jedoch war es nicht die Variante, die ihm die Freiheit sicher zukommen ließ, weil es vom guten Willen seines Herrn abhing, sich an das pactum zu halten und den Sklaven tatsächlich freizulassen. Einen sicheren Weg zur Freiheit auf Initiative des Sklaven bot hingegen die redemptio suis nummis. Denn seit der Konstitution der Kaiser Marc Aurel und Lucius Verus aus dem 2. Jahrhundert n. Chr. konnte der Sklave die im Rahmen des Freikaufs versprochene Freilassung notfalls gerichtlich durchsetzen.130
129 Vgl. Finkenauer, FS Knütel, S. 345 mit Anm. 5. Jacota, RIDA 13 (1966), S. 221 meint, dieses hortari habe seine Wirkung nicht verfehlt und sei ausreichend zwingend und effektiv gewesen. Robleda, S. 96 mit Anm. 430 nimmt sogar an, der Provinzstatthalter habe die Freilassung durchsetzen können, denn hortari habe rechtliche und nicht nur moralische Bedeutung. 130 Zur redemptio suis nummis siehe oben § 2 I.; zur Justiziabilität unten § 24 ff.
§ 4 Möglichkeiten der Freilassung eines Sklaven 67 5. Ergebnis
Im römischen Recht gab es verschiedene Varianten, die den Sklaven frei werden ließen. Neben dem Willensentschluss des Herrn, seinen Sklaven direkt freizulassen, konnte die Freilassung auf Initiative eines Dritten oder des Sklaven selbst erfolgen. Der Herr selbst konnte die manumissio per fideicommissum, die Freilassung fideikommissarisch anordnen, das heißt von einem Dritten die Freilassung seines Sklaven nach seinem eigenen Tode erbitten. Erst seit Augustus verschaffte die fideikommissarische Freilassung dem Sklaven einen Anspruch auf Freiheit. Im Wege des Verkaufs oder der Schenkung ut manumittatur sorgte der Herr für die Freilassung seines Sklaven durch einen Dritten, der diesen zuvor gekauft oder im Wege der Schenkung erworben hatte. Durch die constitutio ad Aufidium Victorinum ordnete Marc Aurel an, dass ein ut manumittatur verkaufter Sklave ipso iure frei wurde, wenn der Käufer die Freilassung unterließ. Auf diese Weise wirkte die lex ut manumittatur, die die Vertragsparteien vereinbart hatten, gegenüber jedermann. Eine weitere Variante stellte die Freilassung durch dedere ut manumittatur dar. Dem Herrn wurde etwas zugewendet, damit er seinen Sklaven freilasse. Diese Art der Freilassung bot sich an, wenn ein Dritter den Herrn eines Sklaven zur manumissio veranlassen wollte. Schließlich konnte die Freilassung auch auf Betreiben des Sklaven selbst erfolgen. Durch eine Vereinbarung mit seinem Herrn (pactum pro libertate) konnte er sich von diesem versprechen lassen, beispielsweise nach Zahlung eines gewissen Betrages freigelassen zu werden. Ein solches pactum war zwar rechtswirksam, hatte für den Sklaven aber den Nachteil, dass ihm keine sichere Möglichkeit zur Verfügung stand, sich gegen das Unterbleiben der Freilassung zur Wehr zu setzen. Einen anderen Weg bot hier die redemptio suis nummis, der Freikauf mit eigenem Geld, bei der der Sklave sich an einen Dritten wandte, um seine eigene Freilassung zu betreiben. Der Dritte wurde vom Sklaven beauftragt, dass dieser ihn dem Herrn abkaufe und anschließend freilasse. Hier ergab sich aus der constitutio der divi fratres ein Klagerecht des Sklaven. Abschließend lässt sich feststellen, dass es im römischen Recht eine Fülle von Möglichkeiten gab, um dem Sklaven die Freiheit zu gewähren. Dies hing nicht allein vom Willen des Herrn ab, sondern auch Dritte konnten sich für die Freilassung eines bestimmten Sklaven einsetzen. Und sogar er selbst konnte mit seinem Herrn vereinbaren, freigelassen zu werden, auch wenn diese Vereinbarung – wie dargestellt – nicht sicher die manumissio nach sich zog.
2. Teil
Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut des Sklaven – redemptio suis nummis und peculium 1. Abschnitt
Das Sondergut des Sklaven (peculium) § 5 Voraussetzungen und Haftung ex peculio I. Definition des peculium 1. Definition in den juristischen Quellen
Im 15. Buch der Digesten stößt man im 1. Titel, der den Namen de peculio trägt, an mehreren Stellen auf Definitionen des Begriffs peculium,1 und an einigen anderen Stellen lassen sich Elemente erkennen, die es alle zusammen ermöglichen, dieses Institut des römischen Rechts zu charakterisieren. Am eingängigsten ist D. 15.1.5.4. Ulpian führt hier die Definition Tuberos an, die im 6. Buch der Digesten des Celsus zitiert werde: Ulp. D. 15.1.5.4 (29 ad ed.) Peculium autem Tubero quidem sic definit, ut Celsus libro sexto digestorum refert, quod servus domini permissu separatum a rationibus dominicis habet, deducto inde si quid domino debetur.
Tubero habe das peculium definiert, und zwar als das, was der Sklave mit Einverständnis seines Herrn getrennt von den Rechnungen (Rechnungsbüchern) seines Herrn habe, abzüglich dessen, was er dem Herrn schulde. Marcian beschreibt das peculium unter Bezug auf Fronto als ein Etwas mit menschlichen Zügen: Marcian. D. 15.1.40 pr. (5 reg.) Peculium nascitur crescit decrescit moritur, et ideo eleganter Papirius Fronto dicebat peculium simile esse homini. 1 Zur Herkunft des Begriffes vgl. Buti, Capacità, S. 13 f. In späterer Zeit wird dieses peculium auch als profecticium bezeichnet, um eine sprachliche Differenzierung zu den kaiserzeitlichen speziellen peculia wie z. B. dem peculium castrense zu ermöglichen; vgl. Mandry, Familiengüterrecht I, S. 3 ff.; Andrés Santos, S. 166 f. und S. 178 ff.; Zeber, S. 7 ff. Iust. C. 3.28.37.1; Ulp. D. 39.5.7.6 (44 ad Sab.).
§ 5 Voraussetzungen und Haftung ex peculio69
Ein Sondergut werde geboren, wachse, nehme wieder ab und sterbe, und daher sage Fronto, es sei dem Menschen ähnlich. Dieser Vergleich mit dem Menschen fasst die Aussage des Satzanfanges zusammen, in dem die verschiedenen Entwicklungsstufen eines peculium dargestellt sind. Aus der Formulierung, es werde geboren, folgt, dass das Sondergut nicht immer schon einfach vorhanden ist, sondern es eines Aktes bedarf, der es in die Welt bringt. Zu- und Abnahme bedeuten, dass Bestand und Zusammensetzung flexibel sind. Der Tod des Sondergutes ist dann eingetreten, wenn es nicht mehr existiert, so dass ein einmal eingeräumtes peculium nicht ewig besteht, sondern seine Existenz beendet werden kann. Da das Sondergut aber ein Element des Rechts ist, werden Geburt und Tod sicherlich von einem Menschen, in diesem Falle also durch den dominus herbeigeführt.2 Das peculium ist nicht statisch, sondern Veränderungen sind möglich. Man wird der Bezeichnung peculium simile esse homini überdies entnehmen können, dass es den Menschen, weil es ihnen sehr ähnelte, gut bekannt und vertraut und folglich im täglichen Leben weit verbreitet war. Jedenfalls scheint die Einräumung eines Sondergutes etwas gleichsam Natürliches bzw. Alltägliches gewesen zu sein. D. 15.1.5.4 nennt bereits wesentliche Voraussetzungen für die Entstehung des peculium: Es steht dem Sklaven3 zu und wird von ihm mit Erlaubnis seines Herrn verwaltet. Außerdem sind die beiden Vermögensmassen Sondergut und übriges patrimonium des Herrn rechnungstechnisch getrennt – separatum a rationibus dominicis. Pomponius präzisiert dazu in D. 15.1.4 pr.4, das peculium sei nicht das, worüber der Sklave abgesondert vom Herrn Rechnung führe, sondern das, was der Eigentümer selbst abtrenne, indem er seine eigene Rechnung von der des Sklaven unterscheide. Dies könnte so verstanden werden, dass zum Sondergut nur Dinge gehören, die der Herr seinem Vermögensverzeichnis ausgegliedert und dem Sklaven 2 Vgl. Marcian. D. 15.1.40.1 (5 reg.): (…) crescit, cum auctum fuerit: decrescit, cum servi vicarii moriuntur, res intercidunt: moritur, cum ademptum sit. Das peculium wachse, wenn es vermehrt werde, schwinde, wenn ein Untersklave stirbt oder Sachen untergehen, und sterbe, wenn es eingezogen werde. Vgl. zu peculium nascitur ausführlich unten § 5 II. 1. Zur Frage, ob das peculium völlig aufgebraucht werden kann, siehe unten § 5 IV. 2. mit Anm. 112. 3 Ulpian bringt in D. 15.1.1.5 (29 ad ed.) zum Ausdruck, dass der Begriff potestas im Zusammenhang mit dem peculium sowohl den filius familias (Haussohn) als auch den servus (Sklaven) meint; folglich beziehen sich Darstellungen zum peculium in der Regel auf beide Personenkreise, sofern nicht ausdrücklich ein anderes bestimmt ist (wie z. B. in Ulp. D. 15.1.3.5); hierzu siehe unten § 12 II. 3. Da Gegenstand dieser Untersuchung aber der Freikauf des Sklaven ist, beschränken sich die Ausführungen im Folgenden auf den servus. 4 (7 ad Sab.): Peculii est non id, cuius servus seorsum a domino rationem habuerit, sed quod dominus ipse separaverit suam a servi rationem discernens (…).
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2. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut
übergeben hat, nicht jedoch einfach alle Dinge, über die der Sklave tatsächlich Buch führt. Dies würde bedeuten, dass der Sklave einen Bestand von Dingen hat, von denen einige ins peculium gehören, insbesondere weil der dominus sie ihm zu diesem Zweck gegeben hat oder der Sklave sie zum Sondergut erworben hat, während andere Dinge in diesem Bestand nicht zum Sondergut zählen. Der Sklave könnte also auch anderes Vermögen neben dem peculium oder auch mehrere peculia nebeneinander verwalten.5 Demgegenüber könnte die Stelle auch so aufgefasst werden, dass grundsätzlich ein Handeln des dominus notwendig ist, damit ein peculium zustande kommt; sollte der Sklave aber eigenmächtig Dinge in einer getrennten Rechnung auflisten, über diese Buch führen und hiermit wirtschaften wollen, so wäre dieses selbst geschaffene Sondergut unwirksam, es gäbe also kein peculium. 2. Entstehung und Bedeutung des peculium
Das Sondergut ist wohl recht früh im Verhältnis zwischen Herren und Sklaven entstanden und diente hier in erster Linie der Bindung des Sklaven an den Herrn und der Versicherung seiner Treue und Dienste.6 Da in der Frühzeit der Sklave in unmittelbarer Nähe seines dominus auf dessen Feldern oder in dessen Haus arbeitete, konnte dieser die Tätigkeit seiner servi relativ einfach kontrollieren.7 Daher war es auch nicht weiter problematisch, dass sich das peculium auf diese Binnenbeziehung beschränkte. Im 2. Jahrhundert v. Chr. setzte jedoch eine tiefgreifende Veränderung in der römischen Wirtschaft ein,8 die sich auch auf die Beziehung zwischen dominus und servus auswirkte. Denn die Tätigkeit der Sklaven beschränkte sich nicht mehr nur auf die unmittelbare Haus- und Feldarbeit, sondern sie wurden künftig in fast allen Bereichen eingesetzt – im Handwerk, in der Landwirtschaft (vor allem bei der Bewirtschaftung der Latifundien), aber auch mit geistigen und intellektuellen Aufgaben betraut. So entstand neben den weiterhin im traditionellen Bereich der Landwirtschaft arbeitenden Sklaven eine Gruppe von servi, die höherwertige Aufgaben verrichteten und 5 Z. B. Ulp. D. 15.1.19.1 (29 ad ed.): Potest esse apud me duplicis iuris peculium: ut puta servus est dotalis, potest habere peculium quod ad me respiciat, potest et quod ad mulierem, nam quod ex re mariti quaesiit vel ex operis suis, id ad maritum pertinet: (…). Ulpian spricht von einem Mitgiftsklaven, der ein peculium haben könne, das dem dominus zugeordnet, sowie eines, das der Frau des dominus, der mulier, zugeordnet sei. Der Sklave kann also mehrere peculia haben, die er dann nebeneinander verwaltet. 6 Buti, Capacità, S. 14 ff.; Zeber, S. 24; Brinkhof, S. 48 ff. 7 Vgl. auch zum Folgenden Jacota, RIDA 13 (1966), S. 205 f. 8 Hierzu ausführlich siehe Bengtson, S. 119 ff., insbes. S. 123 f.
§ 5 Voraussetzungen und Haftung ex peculio71
eine gewisse Vertrauensstellung innehatten. Es gab Sklaven, die mit der Führung eines Geschäftsbetriebes, etwa einer Bank, oder der Verwaltung von Grundbesitz oder der Versorgung der Familie betraut waren. Damit sie diese Aufgaben erfüllen konnten, mussten sie mit Dritten in Kontakt treten und wirksam Geschäfte abschließen können.9 Hierzu bedurften sie regelmäßig der Ermächtigung ihres Herrn, der diese für den Einzelfall etwa mit einem iussum erteilen konnte.10 Der Erwerb des Sklaven aber gebührte allein seinem Herrn, denn jener konnte aufgrund seiner mangelnden Rechtsfähigkeit nicht für sich erwerben, sondern nur als verlängerter Arm seines dominus tätig werden, dem ein solcher Erwerb seines Sklaven kraft seiner patria potestas zufiel.11 Der Umfang der Geschäfte, die für einen einzelnen dominus getätigt wurden, machte es zunehmend unpraktisch, dass jeder einzelne Vertrag wie zum Beispiel der Kauf von Getreide zur Versorgung der Hausbewohner an ein iussum des Herrn gebunden war.12 Bei dieser Geschäftstätigkeit griffen die Sklaven wohl auf ihr peculium zurück, so dass nun die Frage relevant wurde, wann ein solches vorlag und welche Rechte und Pflichten es für die Beteiligten begründete.13 Im Laufe des 2. Jahrhunderts v. Chr. brachte der Erlass des edictum de peculio als Teil des edictum triplex Abhilfe; dadurch wurde das peculium zum Rechtsinstitut erhoben.14 Jetzt war der Abschluss der Entwicklung des peculium zum Element des Rechts erreicht, die sich 9 Vgl. Andrés Santos, S. 164; Karlowa, S. 112. Kirschenbaum, S. 31 ff. macht u. a. darauf aufmerksam, dass es dem Adel traditionell verboten war, kommerzielle Geschäfte zu betreiben. 10 Grundsätzlich konnte der Herr den Sklaven zur Vornahme eines einzelnen Geschäftes per iussum beauftragen; er haftete dann im Wege der actio quod iussu. Vgl. hierzu Ulp. D. 15.4.1 pr.-6 (29 ad ed.); ders. D. 15.4.4 (10 ad ed.); Honsell / Mayer-Maly / Selb, S. 380; Kaser, RP I, S. 608; Bürge, Röm. Privatrecht, S. 173 ff. – Zum iussum und zur actio quod iussu siehe unten § 5 VI. 1., zum iussum siehe auch unten § 18 II. 11 Kaser, RP I, S. 261 ff.; Dietzel, Jahrb. II (1858), S. 4 f. Ein Beispiel dafür, wie der Besitzerwerb im Rahmen des peculium vereinfacht wurde, gibt Pap. D. 41.2.44.1 (23 quaest.): Quaesitum est, cur ex peculii causa per servum ignorantibus possessio quaereretur. dixi utilitatis causa iure singulari receptum, ne cogerentur domini per momenta species et causas peculiorum inquirere (…). Trotz Unkenntnis des Herrn könne in Zusammenhang mit einem peculium durch den Sklaven der Besitz erworben werden, und zwar wegen der Nützlichkeit solle der Herr nicht jeden Moment den Bestand des peculium überprüfen müssen. Vgl. zum Erwerb durch Gewaltunterworfene ausführlich Klinck, S. 45 ff. 12 Vgl. Marquardt, S. 135 ff. und S. 142. 13 Buti, Capacità, S. 17 f. Pernice, Labeo I, S. 129 gibt zu bedenken, dass die Ausbildung der actio de peculio den „unklaren, unjuristischen Verhältnissen notwendig ein Ende machen“ musste. 14 Brinkhof, S. 53 ff. und S. 236; zum edictum triplex vgl. Lenel, EP, S. 274 ff.
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2. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut
über lange Zeit hingezogen hatte.15 Dass sie ein längerer Prozess war, legt die Tatsache nahe, dass das peculium als solches wohl bereits zur Zeit der XII Tafeln bekannt war. Sie bestimmten nämlich, dass der statuliber, der unter einer Bedingung Freigelassene, dann frei werde, wenn er die Bedingung erfüllte; diese Erfüllung wird wohl stets mit Mitteln aus dem peculium erfolgt sein, weil es doch wenig wahrscheinlich ist, dass ein Dritter für den Sklaven die Erfüllung übernahm.16 Welchen Stellenwert hat nun aber dieses Sondergut des Sklaven und wie gestaltet sich das Verhältnis der Vermögensmassen peculium und übriges patrimonium des Herrn? Interessanterweise wird dem Außenstehenden zugebilligt, das peculium immer als Gesamtheit und als Vermögen aufzufassen, das dem Sklaven gleich einem eigenen zusteht. Ulpian zitiert in D. 15.1.19.117 Marcellus mit den Worten, der Vertragspartner halte das totum peculium für ein patrimonium intuitum – und zwar unabhängig davon, wo es sich befinde, präzisiert Ulpian.18 Paulus fasst in D. 15.1.47.6 (4 ad Plaut.) zusammen, das Sondergut werde als QuasiVermögen des Sklaven angesehen, ähnlich dem patrimonium eines freien Menschen, wo auch immer es sich befinde: quasi patrimonium liberi hominis peculium servi intellegitur, ubicumque esset. Hiermit stimmt ferner die Erläuterung zur Übersetzung des Wortes peculium bei Heumann / Seckel überein.19 Das Sondergut wird ganz offensichtlich als Vermögen des Sklaven angesehen und ausdrücklich so bezeichnet. Dies verwundert, da nach römischem ius civile der servus als Gewaltunterworfener sowohl rechts- als auch vermögensunfähig ist und somit an sich nicht als Vermögensträger in Frage zu kommen scheint.20 Allein der pater familias ist vermögensfähig gemäß dem altrömischen Grundsatz, dass, wer selbst in unserer Gewalt sei, in eigener Person nichts, das heißt auch 15 Auch Karlowa, S. 112 f. vermutet, dass das peculium schon lange vor der Aufnahme ins Recht bekannt war; ähnlich Pernice, Labeo I, S. 121. 16 Karlowa, S. 112 Anm. 6 und S. 136 f.; Pernice, Labeo I, S. 124. – Zum statuliber siehe oben § 4 II. 2. b). 17 (29 ad ed.): (…). et Marcellus etiam fructuarium teneri scribit et ex omni contractu: eum enim qui contrahit totum servi peculium velut patrimonium intuitum (…). 18 Ulp. D. 15.1.32 pr. (2 disp.): (…): nam qui cum servo contrahit, universum peculium eius quod ubicumque est veluti patrimonium intuetur. 19 Heumann / Seckel, S. 412 s. v. peculium: „Im allgemeinen der Inbegriff gewisser Vermögensstücke, die innerhalb des Gesamtvermögens als ein für sich bestehendes Vermögen gedacht werden (…); insbesondere bezeichnet peculium den Inbegriff derjenigen Vermögensstücke, die ein Sklave oder Hauskind vom Vermögen des Herrn oder Vaters abgesondert zur eigenen Verwaltung erhalten hat (…)“. 20 Vgl. Kaser, RP I, S. 283 f.; Wacke, FS Wieling, S. 256 f.; Andrés Santos, S. 166 f.; siehe oben § 2 I.
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kein Eigentum haben könne.21 Es müsste sich hier also um eine Ausnahme von der Vermögensunfähigkeit des Sklaven handeln.22 II. Einräumung, Zusammensetzung und Bestand eines peculium 1. Voraussetzungen der Einräumung eines Sonderguts
Die Quellen geben ein recht umfassendes Bild über die Voraussetzungen der Einräumung eines peculium, also wann und wie ein peculium zustande kommt und existiert. Zunächst liegt es nahe, dass das Sondergut der Einräumung durch den dominus bedarf, denn schließlich handelt es sich um einen abgespaltenen Teil seines Vermögens. Hiervon wird auch in der Literatur überwiegend ausgegangen; anderer Meinung ist Dietzel23, der hervorhebt, das peculium sei die Folge der potestas und jeder Gewaltunterworfene sei potentiell fähig, ein peculium zu haben, welches keiner besonderen Einräumung durch den Herrn bedürfe. Vielmehr sei es grundsätzlich als Option vorhanden; wenn der Herr es aber nicht gefüllt habe, so sei es eben leer – etiamsi nihil sit in peculio.24 Ursprünglich sind für das peculium keine festen Formen erkennbar, die vorliegen mussten, damit von einem Sondergut gesprochen werden konnte.25 Erst seitdem das peculium mit dem edictum de peculio im Laufe des 2. Jahrhunderts v. Chr. verrechtlicht wurde, stellte sich die Frage, wann es vorlag. Denn alle an das Sondergut anknüpfenden Rechtsfolgen und insbesondere die actio de peculio26 setzten seine Existenz voraus. Bereits zu Anfang von D. 15.1.40 pr.27 bringt Marcian zum Ausdruck, dass die Bestellung eines peculium eine tatsächliche Handlung des dominus verlangt, da jener von der Geburt des peculium (peculium nascitur) spricht. Dann erläutert er diese Entstehung des peculium genauer und führt hierfür die Differenzierung der veteres an, die Sachen, die dem Sklaven nicht not21 Gai. 2.87: (…); ipse enim, qui in postestate nostra est, nihil suum habere potest. (…). Auch Besitz (possessio) kann der Sklave nicht haben; vgl. Ulp. D. 50.17.118 (12 ad ed.) und unten § 6 I. 22 Zur Frage, ob das peculium als Vermögen des Sklaven anzusehen ist, ausführlich siehe § 6. 23 Jahrb. II (1858), S. 3 ff., S. 10 ff. 24 Dietzel, Jahrb. II (1858), S. 9, der wohl Ulp. D. 15.1.30 pr. (29 ad ed.) zitiert. Zu dieser These siehe weiterhin unten § 5 IV. 25 Siehe hierzu oben § 5 I. 2. 26 Hierzu siehe unten § 5 III. 27 Für den Text siehe oben § 5 I. 1.
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2. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut
wendig gegeben werden mussten, als peculium qualifizierten, während Sachen, die der Herr dem Sklaven ohnehin zu geben verpflichtet war, wie zum Beispiel Kleidung, nicht dem Sondergut zuzurechnen waren.28 Die überlassenen Gegenstände29 mussten also einen gewissen Vermögenswert haben und dem Sklaven tatsächlich übergeben werden, gleichsam als Realisierung des Willens des Herrn zur Sondergutsbestellung. Nach Paulus30 genügte es aber, wenn der Herr die Sache, die sich bereits beim Sklaven befand, als übergeben ansah, weil nur eine Übergabe im natürlichen Sinne erforderlich sei, eine naturalis datio also. Erste Voraussetzung für das Bestehen eines Sondergutes ist folglich seine Bestellung durch den Herrn, ein concedere oder constituere peculium.31 Sie setzt einen entsprechenden Willen des Herrn – permissu domini32 – voraus,33 wobei ein konkludenter Wille genügt, der aus dem Gewähren einer Sache zum peculium oder dem Belassen einer Sache im peculium geschlossen werden kann.34 28 Marcian. D. 15.1.40.1 (5 reg.): Quomodo autem peculium nascitur, quaesitum est. et ita veteres distinguunt, si id adquisiit servus quod dominus necesse non habet praestare, id esse peculium, si vero tunicas aut aliquid simile quod ei dominus necesse habet praestare, non esse peculium. (…). Vgl. Pomp. D. 15.1.25 (23 ad Sab.). Wer die veteres sind, ist nicht unumstritten. Micolier, S. 234 f.; Rudorff, Rechtsgeschichte, S. 154 mit Anm. 25: Zum Teil wird der Begriff als feststehend angesehen. In klassischer Zeit sei er verwandt worden, um die Juristen der Spätzeit der Republik zu bezeichnen. Nach anderer Auffassung war die Bezeichnung nicht auf einen festen Kreis bestimmter Juristen begrenzt, sondern zeitlich variabel und relativ, da man nicht absolut, sondern nur in Bezug auf etwas oder eine Person alt sei. Vgl. Huvelin, S. 359 f. m. w. N.; P. Krüger, S. 139 mit Anm. 3; Heumann / Seckel, S. 621 s. v. vetus. So auch Buti, Capacità, S. 23, der davon ausgeht, die Stelle stamme aus der Zeit vor Marcellus. 29 Auch Pomponius spricht in D. 15.1.49 pr. (4 ad Q. Muc.) davon, dass zum peculium zähle, was der Herr dem Sklaven als solches gewährt habe – (…) id (…), quod dominus servo concessit, (…). 30 D. 15.1.8 (4 ad Sab.); vgl. Pomp. D. 15.1.4.1 (7 ad Sab.); ders. D. 15.1.49.2 (4 ad Q. Muc.). 31 Ulp. D. 15.1.7.1 (29 ad ed.); ders. D. 15.1.3.3 (29 ad ed.); Pomp. D. 15.1.49 pr. (4 ad Q. Muc.); vgl. Wacke, Iura 42 (1991), S. 51 ff.; Andrés Santos, S. 169 ff. 32 Ulp. D. 15.1.5.4 (29 ad ed.); anders wohl Bürge, Röm. Privatrecht, S. 184, der annimmt, der Wille des dominus drücke sich in der Erlaubnis, ein peculium zu haben, aus und werde technisch als concessio bezeichnet. 33 Pomp. D. 15.1.4 pr.-2 (7 ad Sab.). 34 Iul. D. 40.7.13.1 (43 dig.), hierzu Buti, Capacità, S. 29. Vgl. Wacke, Iura 42 (1991), S. 54. Micolier, S. 234 hält dies für eine zeitliche Fortentwicklung. Siehe auch die ausführliche Behandlung bei Buti, Capacità, S. 20-36, der die Entwicklung der Bedeutung des Willens des Herrn zeitlich betrachtet und zum einen feststellt, dass im Laufe der Zeit sich unterschiedliche Standpunkte unter den Juristen herausgebildet haben, und zum anderen zum Ergebnis kommt, dass der Wille – wenn auch
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Der Besteller eines peculium musste geschäftsfähig sein,35 während ein späterer Verlust der Geschäftsfähigkeit ein einmal wirksam eingeräumtes peculium in seinem Bestand nicht tangierte.36 Der Inhaber des peculium hingegen musste nicht voll geschäftsfähig sein, wie aus Ulp. D. 15.1.7.337 hervorgeht. Ulpian zitiert Pedius, der schreibt, ein Unmündiger, das heißt ein unmündiger Haussohn oder Sklave, könne ein peculium haben. Der Sklave oder Haussohn behalte dieses daher selbst dann, wenn er geisteskrank werde.38 Weiterhin war erforderlich, wie bereits oben gesagt, dass der dominus die Rechnungsführung über das peculium von der seines eigenen Vermögens trennte;39 der Sklave sollte im besten Falle also eine selbstständige Rechnung führen.40 Sie ermöglichte eine zumindest formale Trennung zwischen peculium und patrimonium des dominus. Dass die Buchführung des Sklaven auch für ihn selbst relevant werden konnte, belegen zahlreiche Fragmente über die testamentarische Freilassung des Sklaven.41 Der dominus konnte in seinem Testament anordnen, dass der Sklave freigelassen werde, sobald er seine Rechnung gelegt haben werde, und konnte – wenn er das wollte – dem freigelassenen Sklaven auch das peculium vermachen. Zumindest in in unterschiedlicher Intensität – so doch im Ganzen eine determinierende Rolle spiele. 35 Ulp. D. 50.16.182 (27 ad ed.): Pater familias liber ‚peculium‘ non potest habere, quemadmodum nec servus ‚bona‘. 36 Ulp. D. 15.1.7.1 (29 ad ed.); ders. D. 15.1.3.3 (29 ad ed.). 37 (29 ad ed.): Pupillum autem tam filium quam servum peculium habere posse Pedius libro quinto decimo scribit, (…). ergo et si furere coeperit servus vel filius, retinebunt peculium. 38 Anders aber für die Bestellung eines peculium Ulp. D. 15.1.3.3 (29 ad ed.): Pedius etiam impuberes dominos de peculio obligari ait: non enim cum ipsis impuberibus contrahitur, ut tutoris auctoriatem spectes. idem adicit pupillum non posse servo peculium constituere nec tutoris auctoritate. Nach Pedius können auch unmündige Herren de peculio verpflichtet werden, weil nicht mit den Unmündigen (also den unmündigen Herren) selbst kontrahiert werde, die Zustimmung des Vormunds also unerheblich sei. Ein Unmündiger könne einem Sklaven aber kein peculium bestellen, nicht einmal mit Zustimmung seines Vormunds. Vgl. hierzu Wacke, Iura 42 (1991), S. 55. 39 Ulp. D. 15.1.5.4 (29 ad ed.); Pomp. D. 15.1.4 pr. (7 ad Sab.); Iul. D. 41.1.37.1 (44 dig.); siehe oben § 5 I. 1. 40 In der Regel wurde ein codex accepti et expensi geführt. Daneben wird es sicherlich auch Fälle gegeben haben, in denen nicht sorgfältig Buch geführt wurde. Zum codex accepti et expensi und insbes. der Frage der Rechnungsführung des Sklaven Thilo, S. 137 ff. Siehe auch unten § 14 IV. 1. 41 Pomp. D. 40.7.5 pr. (8 ad Sab.); Ulp. D. 40.7.6.7 (27 ad Sab.); Iul. D. 40.7.13.2 (43 dig.); vgl. Brinkhof, S. 79 mit Anm. 85. Zur testamentarischen Freilassung siehe ausführlich oben § 4 II. 2. a).
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2. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut
spätklassischer Zeit ging man davon aus, das peculium sei dem Sklaven überlassen, wenn nicht ausdrücklich der Entzug angeordnet war.42 2. Zusammensetzung und Bestand
War das peculium einmal eingeräumt, so konnte und sollte der Sklave hiermit wirtschaften. Dabei behielt der dominus insoweit die Oberverfügungsgewalt, als er die Existenz dieses Sondergutes jederzeit beenden konnte durch die bloße Erklärung des Willens, dass dieses nicht mehr sei, bzw. durch Einzug (ademptio);43 dieser Einzug des peculium war aber wahrscheinlich nicht ohne Grund möglich. Gegenstand des Sondergutes konnten bewegliche oder unbewegliche Sachen sein sowie Untersklaven (servi vicarii)44 und deren peculium. Ebenso konnten Schuldforderungen (nomina debitorum)45 und Dienstbarkeiten in das peculium gehören.46 Doch kann die Frage, ob das peculium als universitas facti, universitas iuris oder als universitas sui generis zu qualifizieren ist, hier außer Acht bleiben, da sie in Bezug auf den Freikauf des Sklaven ohne Belang ist.47 Das peculium war in seinem Bestand relativ flexibel: Der Herr selbst konnte es vergrößern (augere) oder verkleinern (minuere), indem er diesem Sachen hinzufügte oder aus diesem entfernte.48 Das peculium konnte allerdings auf unterschiedliche Art und Weise vergrößert werden, und zwar zum einen durch bloßen Schuldenerlass des Herrn zugunsten seines Sklaven, für den lediglich die dahingehende Willenserklärung des dominus aus42 Zum Verbleib des peculium nach Freilassung des Sklaven ausführlich Wacke, Iura 42 (1991), S. 73 f. m. w. N. und unten § 14 IV. 2. g). 43 Marcian. D. 15.1.40.1 (5 reg.); Pomp. D. 15.1.4 pr. (7 ad Sab.); Paul. D. 15.1.8 (4 ad Sab.). Es ist davon auszugehen, dass dieser Wille dem Sklaven mitgeteilt wurde, auch wenn eine tatsächliche Rückgabe des peculium durch den Sklaven nicht notwendig war; vgl. Wacke, Iura 42 (1991), S. 58. Zur ademptio peculii vgl. Brinkhof, S. 164 ff.; Wacke, FS Wieling, S. 252 f. m. w. N. in Anm. 5. 44 Vgl. Ulp. D. 15.1.17 (29 ad ed.). 45 Ulp. D. 15.1.7.4-6 (29 ad ed.); ders. D. 33.8.6 pr. (25 ad Sab.); ders. D. 33.8.8 (25 ad Sab.); vgl. Andrés Santos, S. 171 f. 46 Vgl. Micolier, S. 146 ff., der hierfür Ulp. D. 36.2.5.7 (20 ad Sab.) anführt. 47 Vgl. Micolier, S. 174 f., vgl. auch S. 146 ff., S. 151 ff., der davon ausgeht, das peculium habe schon zur Zeit des edictum de peculio auch res incorporales erfasst, und zwar sowohl Forderungen als auch Schulden des Gewaltunterworfenen gegen seinen Herrn (im Innenverhältnis). Nach anderer Ansicht soll das peculium noch zu Lebzeiten Labeos nur aus res corporales bestanden haben; vgl. hierzu Andrés Santos, S. 171 ff. m. w. N. sowie Kaser, SZ 54 (1934), S. 402 kritisch zu Micolier, S. 146 ff. 48 Pomp. D. 15.1.4 pr. (7 ad Sab.); vgl. Mandry, FS v. Wächter, S. 43 ff.
§ 5 Voraussetzungen und Haftung ex peculio77
reichte.49 Zum anderen war es möglich, dass der Herr sich zum Schuldner des Sklaven und damit des Sondergutes machte. Hier musste ein tatsächlicher Verpflichtungsgrund bestehen; die bloße Eintragung im Rechnungsbuch machte den Herrn noch nicht zum Schuldner des Sondergutes.50 Das Sondergut konnte aber auch durch die Geschäftstätigkeit des Sklaven anwachsen oder durch seine Handlungen vermindert werden. Ein Beispiel für die Minderung aufgrund eines Fehlverhaltens des Sklaven liefert Pomponius in D. 15.1.4.351: Der Sklave fügt dem Herrn einen Schaden zu oder bestiehlt ihn. So kommt es zu einer deliktischen Forderung des Herrn gegen den Sklaven im Innenverhältnis, die das peculium vermindert. Hatte der Sklave gegenüber dem Herrn so hohe Schulden, dass das gesamte Sondergut rechnerisch erschöpft war, blieben die im peculium noch vorhandenen Gegenstände dennoch solche des Sondergutes, weil es möglich war, dass es wieder gefüllt werde.52 Häufig jedoch wuchs das peculium unter der Regie des Sklaven an.53 Dies konnte etwa dadurch geschehen, dass dieser etwas zusammensparte oder ihm für Gefälligkeiten etwas von einem Dritten geschenkt wurde, wie Florentinus in D. 15.1.3954 sagt. Jedoch sollte der Erwerb des Sklaven nur dann in dessen Sondergut verbleiben, wenn der dominus dies duldete, denn er hatte grundsätzlich jederzeit das Recht, auf das peculium seines Sklaven zuzugreifen.55 Pomponius beispielsweise sagt in D. 15.1.49 pr.56, zum Sondergut gehöre auch der Erwerb des Sklaven ohne Kenntnis des dominus, sofern dieser den Verbleib im Sondergut geduldet hätte, wenn er davon gewusst hätte. Eine erworbene Sache musste also nicht in jedem Fall durch den Herrn aktiv dem Sondergut zugeordnet werden. Denn das pecu49 Pomp.
D. 15.1.4.1 (7 ad Sab.). D. 15.1.4.1 (7 ad Sab.); ders. D. 15.1.49.2 (4 ad Q. Muc.); ders. D. 39.5.26 (4 ad Q. Muc.); Paul. D. 15.1.8 (4 ad Sab.). 51 (7 ad Sab.): Sed saepe fit, ut ignorante domino incipiat minui servi peculium, veluti cum damnum domino dat servus aut furtum facit. 52 Pomp. D. 15.1.4.5 (7 ad Sab.); zur Haftung trotz leeren peculium mit actio tributoria vgl. Ulp. D. 14.4.1.2 (29 ad ed.); vgl. Micolier, S. 194 ff. Zur Haftung bei leerem peculium siehe auch unten § 5 IV. 2. Anm. 112. 53 Vgl. Andrés Santos, S. 197 ff., der sich ausführlich mit der Frage beschäftigt, wann und unter welchen Voraussetzungen eine Sache, die der Sklave erworben hat, als dem peculium hinzugefügt gelten kann. Siehe hierzu auch unten § 8 III. 2. 54 (11 inst.): Peculium et ex eo consistit, quod parsimonia sua quis paravit vel officio meruerit a quolibet sibi donari idque velut proprium patrimonium servum suum habere quis voluerit. 55 Siehe hierzu soeben § 5 II. 1. 56 (4 ad Q. Muc.): Non solum id peculium est, quod dominus servo concessit, verum id quoque, quod ignorante quidem eo adquisitum sit, tamen, si rescisset, passurus erat esse in peculio. Vgl. Pap. D. 41.2.44.1 (23 quaest.). 50 Pomp.
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2. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut
lium sollte dem Sklaven ja gerade ermöglichen, etwas freier und unabhängiger als nur im Rahmen des iussum seines Herrn zu wirtschaften und tätig zu werden.57 Diese Intention wäre allerdings gefährdet, wenn bei jedem Geschäftsvorgang indirekt doch ein Einverständnis des Herrn hätte eingeholt werden müssen. Ulpian führt immerhin in D. 15.1.7.258 für den Fall der libera administratio, der freien Verwaltungsbefugnis des Sklaven für das peculium, an, dass bei ihr, obwohl sie einer ausdrücklichen Gestattung des Gewalthabers bedarf, dennoch nicht jedes einzelne Stück aus dem peculium bekannt sein müsse, sondern dass eine globale, ungefähre Kenntnis ausreiche.59 3. Berechnung der Höhe des Sonderguts
Das Sondergut war auch insoweit einem ständig wechselnden Bestand ausgesetzt, als Forderungen und Sachgüter hinzukommen oder Schulden erfüllt und damit beglichen werden konnten. Die Frage nach der Höhe des peculium wurde etwa dann interessant, wenn ein Dritter mit der actio de peculio gegen den Herrn eines Sklaven mit Sondergut vorging.60 Denn der dominus haftete im Rahmen dieser Klage für Verbindlichkeiten seines Sklaven, die dieser für das peculium begründet hatte. Allerdings war die Haftung begrenzt auf dessen Höhe: dumtaxat de peculio61 oder auch peculio tenus62. Da das peculium – zumindest in den Quellen63 – wie ein quasi patrimonium behandelt wurde, verhielt es sich in gewisser Weise ähnlich wie das Vermögen einer rechtlich selbstständigen Person. Daher verwundert es nicht, dass eine Vielzahl von Stellen im 1. Titel des 15. Buches der Digesten die Frage erörtern, ob in dem jeweils konkret geschilderten Fall die Forderung dem Bestand des Sondergutes hinzuzurechnen ist oder nicht.64 Außerdem 57 Siehe
hierzu oben § 5 I. 2. ad ed.): Scire autem non utique singulas res debet, sed παχυμερέστερον, et in hanc sententiam Pomponius inclinat. 59 Vgl. Pap. D. 41.2.44.1 (23 quaest.); zur libera administratio peculii siehe § 8 III. 3. 60 Die Höhe des peculium war ebenfalls relevant, wenn das peculium einem Dritten vermacht war; vgl. Wacke, Iura 42 (1991), S. 63 ff. 61 Lenel, EP, S. 282; Ulp. D. 15.1.44 (63 ad ed.) und viele andere. 62 U. a. I. 4.6.10; Tryphonin. D. 24.3.53 (12 disp.); Maecian. D. 49.17.18.5 (1 fideicomm.); siehe zur actio de peculio § 5 III. 63 Zur Frage, ob das peculium tatsächlich als Vermögen des Sklaven anzusehen ist, ausführlich § 6. 64 U. a. Gai. D. 15.1.32.1 (2 disp.); Afr. D. 15.1.38 pr. (8 quaest.); Scaev. D. 15.1.51 (2 quaest.). 58 (29
§ 5 Voraussetzungen und Haftung ex peculio79
hatte der dominus die Möglichkeit, im Wege der Deduktion65 seine Forderungen gegen das Sondergut abzuziehen und so wie ein privilegierter Gläubiger behandelt zu werden. Abgezogen werden konnten die unterschiedlichsten Forderungen, ganz gleich, ob sie aus Vertrag, Quasi-Vertrag oder aus einem Delikt stammten und ob sie gegenüber dem Herrn, gegenüber den anderen Gewaltunterworfenen oder gegenüber unter tutela bzw. cura Stehenden begründet waren.66 Die Fülle von Stellen, die sich im 1. Titel (de peculio) des 15. Buches der Digesten mit der Frage beschäftigen, ob in concreto deduziert werden kann,67 ist auffällig. Als Bezeichnung verwenden Julian in D. 15.1.14.1 (12 dig.) ius deductionis, Ulpian prerogativa in D. 26.7.11 (33 ad ed.) und Ulpian in D. 14.4.1 pr. (29 ad ed.) und D. 14.4.5.7 (29 ad ed.) privilegium deductionis. Umgekehrt bestand die Möglichkeit der Komputation, über die Ulpian in D. 15.1.7.5-7 (29 ad ed.)68 einen Überblick gibt: Dem peculium wurde das hinzugerechnet, was dem Sklaven aufgrund eines Diebstahls oder sonst wie geschuldet wurde, sowie das, was der Herr oder ein Mitsklave69 dem Sklaven schuldeten. Ebenfalls hinzugerechnet wurde das, was dem peculium durch Arglist des dominus zum Zwecke der Gläubigerbenachteiligung entzogen wurde; dies konnte auch durch ademptio geschehen sowie in Fällen, in denen das Sondergut unüberschaubar gemacht oder Gegenstände beiseite geschafft wurden.70
65 Ulp. D. 15.1.5.4 (29 ad ed.); ders. D. 15.1.9.2-3 (29 ad ed.); zu den Hintergründen der Deduktion vgl. Gradenwitz, SZ 27 (1906), S. 244 f.: Aus dem Motiv, der Herr dürfe sich nicht auf Kosten der übrigen Gläubiger bereichern, leitet er ab, dass die actio de peculio zunächst nur bei ademptio des Sondergutes durch den Herrn bestanden habe und später erst auch vor dem Einzug des peculium gewährt worden sei. 66 Ulp. D. 15.1.9.2-4 (29 ad ed.). 67 U. a. Pomp. D. 15.1.4.4 (7 ad Sab.); Ulp. D. 15.1.11 pr.-6 (29 ad ed.); ders. D. 15.1.19.1 (29 ad ed.); ders. D. 33.8.6.4 (25 ad Sab.). 68 Es bestehen Zweifel an der Echtheit des Textes; vgl. hierzu Buti, Capacità, S. 143, S. 168 ff. und Burdese, St. Biscardi Bd. 1, S. 160. 69 Auch der Schaden, den ein Mitsklave verursacht hat: Ulp. D. 15.1.9.1 (29 ad ed.). 70 Ulp. D. 15.1.21 pr. (29 ad ed.); den Text siehe unten § 8 III. 2. b) in Anm. 242.
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2. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut
III. Die Klage aus dem Sondergut (actio de peculio) 1. Bedeutung der actio de peculio
Nach altrömischem ius civile, das von den dunklen Anfängen etwa bis zur Mitte des 3. Jahrhunderts v. Chr. reicht,71 haftete der pater familias für die Verbindlichkeiten der seiner Gewalt unterworfenen Personen nicht, obwohl ihre Rechtsgeschäfte zum Teil gültig waren;72 im jüngeren Honorarrecht war er nur unter den besonderen Voraussetzungen der actio de peculio oder der actio de in rem verso verantwortlich.73 Allerdings waren die Gewaltunterworfenen mit ihrem peculium umfassend geschäftlich aktiv und vertraten auf diesem Wege faktisch ihren Herrn. Nun stellte sich folgendes haftungsrechtliches Problem: Da dem römischen Recht die direkte Stellvertretung unbekannt war und der Grundsatz per extraneam personam nobis adquiri non posse74 galt, verpflichteten die getätigten Geschäfte den Herrn nicht unmittelbar, so dass der Dritte, der mit dem Sklaven einen Vertrag geschlossen hatte, diesen nicht gerichtlich durchsetzen konnte. Der Sklave war als Gewaltunterworfener – wie bereits festgestellt – prozess- und parteiunfähig;75 der Herr aber war durch das Handeln seines Sklaven nicht verpflichtet. Nach der Einführung des edictum triplex, das die actio de peculio enthielt, half in diesem Falle nun das peculium: Der Gewalthaber haftete mit der actio de peculio für die Verbindlichkeiten, die der Sklave für sein peculium eingegangen war, das er diesem zuvor eingeräumt hatte. Auf diese Weise wurde die Kreditwürdigkeit des Sklaven begründet, denn das Sondergut gewährleistete den Gläubigern das Einstehen des dominus des Sklaven, mit dem sie kontrahiert hatten.76 Auch die anderen sog. adjektizischen Klagen waren insbesondere für die römische Wirtschaft bedeutsam,77 um mit dem Fehlen direkter Stellvertretung im römischen Recht umgehen zu können.78 Kaser / Knütel, Röm. Privatrecht, S. 2 f. und S. 22 f. S. 376 f.; Kaser / Knütel, Röm. Privatrecht, S. 269. 73 Vgl. Chiusi, SZ 124 (2007), S. 95 f.; Kaser / Knütel, Röm. Privatrecht, S. 269 ff. – Das ius honorarium entwickelt sich seit der jüngeren Republik und enthält Rechtsschöpfungen insbes. des Prätors, wobei die meisten aus dem 2. und 1. Jahrhundert v. Chr. stammen; vgl. hierzu Kaser, RP I, S. 205 ff. 74 Gai. 2.95; I. 2.9.5; vgl. Claus, S. 367 ff., der am Schluss seiner Recherche über die Stellvertretung zum Ergebnis kommt, dass die Römer eine direkte Stellvertretung nicht kannten. 75 Kaser, RP I, S. 114; S. 284 ff.; siehe oben § 2 I. 76 Micolier, S. 64; Zeber, S. 53 f.; Kirschenbaum, S. 38 f. 77 Zum Ursprung des Namens „adjektizisch“ siehe Kaser, RP I, S. 605 mit Anm. 1. Zu den adjektizischen Klagen im Überblick siehe unten § 5 VI. 1. 78 Buti, Capacità, S. 17; Kaser, RP I, S. 605; Claus, S. 64 ff. Zur Stellvertretung siehe schon oben § 5 III. 1. 71 Vgl.
72 Honsell / Mayer-Maly / Selb,
§ 5 Voraussetzungen und Haftung ex peculio81
Diesen Klagen ist gemeinsam, dass sie ein negotium gestum voraussetzen, also eine Geschäftsführung, die in einem Vertrag oder vertragsähnlichen Verhältnis bestehen kann, mit dem sich der Gewaltunterworfene einem Dritten gegenüber verpflichtet hat.79 Für den Bereich des peculium bedeutet dies, dass der Sklave Teilrechts- und Teilgeschäftsfähigkeit erhält.80 2. Haftung des Herrn ex peculio
a) Klagformel der actio de peculio Die Klagformel der actio de peculio war wohl ursprünglich mit der der actio de in rem verso kombiniert zu einer actio de peculio vel de in rem verso. Hierfür sprechen insbesondere Gai. 4.7481 und I. 4.7.4 b82. Die Formel lautete nach Lenel:83 Quod Aulus Agerius apud Stichum, qui in Numerii Negidii potestate est, mensam argenteam deposuit, qua de re agitur, quidquid ob eam rem Stichum, si liber esset ex iure Quiritum, Aulo Agerio dare facere oporteret ex fide bona, eius iudex Numerium Negidium Aulo Agerio dumtaxat de peculio et si quid dolo malo Numerii Negidii factum est, quo minus peculii esset, vel si quid in rem Numerii Negidii inde versum est, condemnato, si non paret, absolvito.84 D. 15.1.1.2 (29 ad ed.); vgl. Kaser, RP I, S. 606; Kaser / Hackl, S. 341 f. siehe auch § 5 V. 2., § 6 II. sowie unten § 11. 81 Ceterum dubium non est, quin et is, qui iussu patris dominive contraxit cuique exercitoria vel institoria formula competit, de peculio aut de in rem verso agere possit; sed nemo tam stultus erit, ut, qui aliqua illarum actionum sine dubio solidum consequi possit, in difficultatem se deducat probandi habere peculium eum, cum quo contraxerit, exque eo peculio posse sibi satis fieri, vel id, quod persequitur, in rem patris dominive versum esse. 82 Itaque si ex decem ut puta aureis, quos servus tuus a Titio mutuos accepit, creditori tuo quinque aureos solverit, reliquos vero quinque quolibet modo consumpserit, pro quinque quidem in solidum damnari debes, pro ceteris vero quinque eatenus, quatenus in peculio sit: ex quo scilicet apparet, si toti decem aurei in rem tuam versi fuerint, totos decem aureos Titium consequi posse. licet enim una est actio, qua de peculio deque eo quod in rem domini versum sit agitur, tamen duas habet condemnationes. itaque iudex, apud quem de ea actione agitur, ante dispicere solet, an in rem domini versum sit, nec aliter ad peculii aestimationem transit, quam si aut nihil in rem domini versum intellegatur aut non totum. – Zur Frage, ob es sich bei der actio de peculio vel de in rem verso um eine einzige oder zwei getrennte Klagen handelte, vgl. die Ausführungen bei Lenel, EP, S. 276 f., S. 279 f. und Chiusi, Actio de in rem verso, S. 49 ff., S. 186 f. Ersteres erscheint überzeugender; so auch Kaser, RP I, S. 606 f. 83 EP, S. 282; zur Entstehung der Formel vgl. auch Gradenwitz, SZ 27 (1906), S. 231 ff. 84 Aulus Agerius hat bei Stichus, der in der Gewalt des Numerius Negidius steht, einen silbernen Tisch in Verwahrung gegeben, worum es in dieser Klage geht; was 79 Ulp.
80 Hierzu
82
2. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut
Voraussetzung einer Haftung des dominus im Wege der actio de peculio ist gemäß ihrer Formel, dass eine der Gewalt des dominus unterworfene Person – qui in Numerii Negidii potestate est – gehandelt hat. Diese Person müsste für ihr Handeln haften (dare facere oporteret ex fide bona), sofern sie frei wäre (si liber esset ex iure Quiritum). Die durch diese Fiktion begründete Haftung des Gewalthabers für den Gewaltunterworfenen ist allerdings auf das peculium beschränkt, dumtaxat de peculio. Das peculium muss aber nicht zu dem Zeitpunkt bestanden haben, als die Handlung vorgenommen wurde, sondern lediglich zum Zeitpunkt der Verurteilung: Das Sondergut ist nämlich nicht Gegenstand der intentio85, diese hat „mit Dasein und Umfang des Pekuliums (…) nichts zu tun“86. Die Beschränkung auf das peculium findet sich lediglich bzw. erst in der condemnatio.87 Der Herr haftet daher von dem Augenblick an, in dem er einem Sklaven ein peculium gewährt; dann kann er vielleicht auch für Schulden in Anspruch genommen werden, die zeitlich früher entstanden sind.88 b) Rückwirkende Haftung des Herrn Für die Frage, ob der Herr in dieser Weise rückwirkend für Verbindlichkeiten des Sklaven in Anspruch genommen werden kann, könnten folgende Ausführungen Ulpians hilfreich sein: Ulp. D. 15.1.30 pr. (29 ad ed.)89 Quaesitum est, an teneat actio de peculio, etiamsi nihil sit in peculio cum ageretur, si modo sit rei iudicatae tempore. Proculus et Pegasus nihilo minus teneri aiunt: intenditur enim recte, etiamsi nihil sit in peculio. idem et circa ad exhibendum et in rem actionem placuit, quae sententia et a nobis probanda est. Stichus, wenn er nach quiritischem Recht frei wäre, dem Aulus Agerius nach Treu und Glauben geben oder tun müsste, dazu soll der Richter den Numerius Negidius zugunsten des Aulus Agerius, freilich auf das peculium beschränkt, verurteilen, und wenn etwas mit Arglist des Numerius Negidius zur Verminderung des peculium geschehen ist oder wenn etwas in das Vermögen des Numerius Negidius gelangt ist, soll er ihn verurteilen, wenn es sich nicht erweist, soll er ihn freisprechen. 85 Gai. 4.41: Intentio est ea pars formulae, qua actor desiderium suum concludit, (…); vgl. allgemein zur intentio Kaser / Hackl, S. 311 ff. 86 Lenel, EP, S. 280; vgl. Ulp. D. 15.1.30 pr. (29 ad ed.). Siehe auch Kroppenberg, S. 143 mit Anm. 52, die darauf hinweist, dass „nach prokulianischer Anschauung das peculium erst bei der condemnatio werthaltig sein musste“, während die Sabinianer wohl auf den Zeitpunkt der Streitbefestigung abstellten. 87 Zur condemnatio vgl. Kaser / Hackl, S. 315 ff. 88 Vgl. Solazzi, BIDR 17 (1905), S. 231 mit Anm. 2: Das peculium dient dazu, alle Forderungen gegen den Sklaven unabhängig vom Zeitpunkt ihrer Entstehung zu begleichen. Ähnlich Dietzel, Jahrb. II (1858), S. 20. 89 Hierzu ausführlich vgl. Kroppenberg, S. 142 ff., S. 154 f.
§ 5 Voraussetzungen und Haftung ex peculio83
Es wird die Frage behandelt, ob die actio de peculio begründet ist, auch wenn zum Zeitpunkt der Klage zwar nichts im Sondergut ist, wenn aber zum Zeitpunkt der Verurteilung etwas in diesem vorhanden ist. Bei der Antwort zitiert Ulpian Proculus und Pegasus und stellt fest, dass der Anspruch berechtigterweise (begründet) erhoben werde, daher sei auch die Klage begründet. Das Gleiche gelte für die Klage auf Vorlegung sowie für die rei vindicatio. Hieraus lässt sich aber nicht sicher schließen, dass die actio de peculio auch für Schulden bestehen kann, die zeitlich vor der Einräumung eines peculium entstanden sind. Denn Ausgangspunkt des Fragments ist ein peculium, das zwischen Klageerhebung und Verurteilungszeitpunkt gefüllt wird. Die Formulierung etiamsi nihil sit in peculio könnte dafür sprechen, dass es sich um ein Sondergut handelt, das bereits bestand und schon einmal gefüllt war. Genauso gut könnte man die Formulierung auch dahingehend verstehen, dass ein pekulienfähiger Sklave eine Verbindlichkeit begründet hat, das peculium aber leer ist, als eine actio de peculio erhoben wird, und bis zur Verurteilung Aktiva ins Sondergut gelangen. Die Stelle spricht also weder für noch gegen eine rückwirkende Haftung des Herrn.90 Ob der Herr also rückwirkend für Verbindlichkeiten des Sklaven in Anspruch genommen werden kann, lässt sich aus den Quellen nicht eindeutig entscheiden.91 Gegen eine rückwirkende Haftung des Herrn könnten zwei Argumente sprechen: Einerseits wird ein vorsichtiger Gläubiger mit einem Sklaven keinen Vertrag abschließen, wenn dieser kein peculium vorzuweisen hat. Ob ein solches dann bis zu einer möglichen Klage und Verurteilung gewährt würde oder nicht, stellt nämlich eine Unsicherheit dar, welche der vorsichtige Vertragspartner sicherlich nicht ohne weiteres zu tragen bereit ist.92 Ein unvorsichtiger Gläubiger aber, der sich von Anfang an keine Gedanken um die Existenz des Sondergutes macht, ist als nicht schutzwürdig anzusehen und müsste die Konsequenz tragen, dass er bei Vertragsschluss ohne peculium später den Herrn des Sklaven nicht in Anspruch nehmen kann. Diese Überlegung setzt aber die Annahme voraus, dass die actio de 90 Ulp. D. 33.8.11 (29 ad ed.): Ei quoque, qui nihil in peculio habet, potest peculium legari: non enim tantum praesens, sed etiam futurum peculium legari pot est. Auch demjenigen, der nichts im Sondergut hat, kann ein Sondergut vermacht werden, denn es kann nicht nur ein gegewärtiges, sondern auch ein zukünftiges Sondergut vermacht werden. – Auch diese Stelle hilft für die Frage, ob eine Haftung für Schulden aus der Zeit vor der Einräumung des peculium stammen, nicht eindeutig weiter, weil sie nur sagt, dass ein Sondergut in Zukunft bestehen bzw. eingeräumt werden kann, auch wenn es im Moment nicht existiert. – Zur Theorie der Pekulienfähigkeit siehe unten § 15 IV. 3. 91 Dies wird insbes. bei der Theorie der Pekulienfähigkeit relevant; siehe unten § 5 IV. 3. 92 Ähnlich Wacke, FS Wieling, S. 256.
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2. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut
peculio nur den Schutz des Gläubigers bezwecke. Dies ist jedoch insofern fraglich, als auch der Gläubiger, der sich zwar bei Vertragsschluss über die Existenz eines peculium informiert, sich dennoch der Gefahr aussetzt, dass dieses Sondergut im Zeitpunkt der Verurteilung nicht mehr ausreicht, um seine Forderung zu erfüllen. Dadurch ist er durchaus mit einem unvorsichtigen Gläubiger vergleichbar, der kontrahiert, obwohl von vornherein kein peculium vorhanden ist. Der Gläubigerschutz bildet im Ergebnis also kein Argument gegen die Annahme der Klagbarkeit von Forderungen, die vor Einräumung eines peculium durch den Sklaven begründet wurden. Andererseits lässt sich gegen eine solche rückwirkende Haftung des Herrn anführen, dass bei der Bestellung des Sondergutes der Wille des Herrn konstitutiv und daher als notwendige Voraussetzung für die Existenz eines Sondergutes anzusehen ist. Dann muss dieser Wille des Herrn aber auch dahingehend geschützt werden, dass ein tatsächliches Handeln seines Sklaven für ein noch nicht existierendes peculium ihn auch dann nicht verpflichtet, wenn er später diesem Sklaven ein solches Sondergut bestellt. Darüber hinaus ist der Herr für den Fall, dass das peculium zwischen der Begründung der Verpflichtung und der Klageerhebung vermindert wird, bis zum Zeitpunkt der Verurteilung geschützt. Diese Überlegung wird auch von Sinn und Zweck der actio de peculio gestützt. Die Haftung des Herrn knüpft an den Rechtsschein der Kreditwürdigkeit an, den das peculium beim Gläubiger erweckt.93 Wenn der Sklave aber zum Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses noch nicht über ein Sondergut verfügt, gibt es auch keinen Rechtsschein, auf den der Gläubiger vertrauen könnte.94 Letztlich muss die Frage, ob der Herr auch für Schulden haftet, die der Sklave vor Einräumung eines Sondergutes eingegangen ist, offen bleiben; die Klagformel der actio de peculio spricht jedenfalls nicht gegen eine solche Haftung.95 c) Voraussetzungen der Haftung Wollte ein Gläubiger gegen den dominus eines Sklaven, mit dem er ein Geschäft abgeschlossen hatte, de peculio klagen, musste er beweisen, dass ein peculium existierte und aus diesem die Befriedigung möglich wäre.96 93 Zum
Rechtsschein der Kreditwürdigkeit des Sklaven siehe unten § 5 V. 2. Chiusi, HAS s. v. Actio de peculio, die annimmt, die Haftung des Gewalthabers habe ihren Grund darin, dass dieser seinem Sklaven ein peculium zur Verfügung gestellt habe. 95 Siehe auch unten § 5 IV. 4. 96 Gai. 4.74: (…) probandi habere peculium eum, cum quo contraxerit, exque eo peculio posse sibi satis fieri (…). Wacke, FS Wieling, S. 255 f. m. w. N. in Anm. 17 meint dagegen, eine actio de peculio könne auch erhoben werden, wenn kein peculium mit ausreichendem Inhalt vorhanden sei. Dann sei es aber unwahrscheinlich, 94 Ähnlich
§ 5 Voraussetzungen und Haftung ex peculio85
Über den Umfang der Haftung des Gewalthabers geben die Stellen in D. 15.1 ebenfalls Auskunft.97 Zunächst ist an Deduktion und Komputation zu denken, die im Einzelfall bei der Berechnung des Wertes des peculium zu berücksichtigen waren.98 Denn der Gewalthaber haftete sowohl für Sklaven und Haussöhne als auch für Sklavinnen und Haustöchter,99 und zwar mit seinem ganzen patrimonium, jedoch begrenzt auf den Wert des Sondergutes.100 Dabei musste dieser Wert für jeden Prozess neu bestimmt werden, wie aus Gai. D. 15.1.10101 folgt. Dies leuchtet ein, weil der Bestand des peculium ja relativ flexibel war und Zu- und Abnahmen zur normalen Verwaltung gehörten.102 Allerdings haftete der dominus nicht in jedem Fall, sondern nur, wenn der Sklave auch tatsächlich für das peculium gehandelt hat; insoweit ist ein rem peculiarem agere notwendig.103 Andernfalls wurde der Herr gerade nicht verpflichtet.104 Diese Voraussetzung wird indes nur beim Sklaven relevant, dass der Sklave einen Kreditgeber gefunden habe. Zu diesem Aspekt siehe auch § 5 III. 2. b). 97 Wie weit die Haftung des Herrn bzw. pater familias gehen kann, zeigt Ulpian in D. 15.1.3.13 (29 ad ed.): Si filius familias duumvir pupillo rem salvam fore caveri non curavit, Papinianus libro nono quaestionum de peculio actionem competere ait. nec quicquam mutare arbitror, an voluntate patris decurio factus sit, quoniam rem publicam salvam fore pater obstrictus est. – Die Haftung de peculio besteht auch für Handlungen des filius, die dieser im Rahmen seiner Funktion als Gemeindebürgermeister vornimmt. 98 Siehe hierzu oben § 5 II. 3. 99 Gai. D. 15.1.27 pr. (9 ad ed. prov.). 100 Kaser / Knütel, Röm. Privatrecht, S. 270; u. a. Pomp. D. 15.1.4.4 (7 ad Sab.). Siehe bereits oben § 5 III. 2. 101 (9 ad ed. prov.): Si vero adhuc in suspenso est prius iudicium de peculio et ex posteriore iudicio res iudicaretur, nullo modo debet prioris iudicii ratio haberi in posteriore condemnatione, quia in actione de peculio occupantis melior est condicio, occupare autem videtur non qui prior litem contestatus est, sed qui prior ad sententiam iudicis pervenit. 102 Siehe hierzu oben § 5 II. 2. 103 Ulp. D. 15.1.3.5 (29 ad ed.): Si filius familias vel servus pro aliquo fideiusserint vel alias intervenerint vel mandaverint, tractatum est, an sit de peculio actio. et est verius in servo causam fideiubendi vel mandandi spectandam, quam sententiam et Celsus libro sexto probat in servo fideiussore. si igitur quasi intercessor servus intervenerit, non rem peculiarem agens, non obligabitur dominus de peculio. Dies scheinen Kaser / Knütel, Röm. Privatrecht, S. 270 zu übersehen, wenn sie sagen, der Gewalthaber hafte für alle Schulden des Gewaltunterworfenen, wobei unerheblich sei, ob sie mit dem Sondergut zusammenhingen oder nicht, sofern nur dem Sklaven zuvor ein peculium eingeräumt worden sei; vgl. Paul. D. 15.1.47.1 (4 ad Plaut.). 104 Vgl. Burdese, St. Biscardi Bd. 1, S. 148 ff., der sich ausführlich mit der Frage beschäftigt, ob und inwieweit ein Unterschied besteht in sabinianischer und prokulianischer Auffassung von der Fähigkeit des Sklaven, seinen Herrn durch rechtsgeschäftliches Handeln zu verpflichten; zur Verpflichtungsfähigkeit des Sklaven im
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2. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut
so dass dies zugleich einer der – wenigen – Fälle ist, in denen filius familias und servus in Bezug auf das peculium nicht gleich behandelt werden:105 Während der Sklave tatsächlich für das Sondergut handeln muss, so schreibt Ulpian unter Bezug auf Celsus, verpflichtet der filius, der als Bürge auftritt, seinen pater auf jeden Fall. IV. Exkurs: Zur Theorie von der Pekulienfähigkeit nach Dietzel 1. Kernpunkte der Theorie
Wie bereits oben angesprochen,106 nimmt Dietzel an, das peculium sei die Folge der potestas und jeder Gewaltunterworfene sei potentiell fähig, ein peculium zu haben, welches keiner besonderen Einräumung durch den Herrn bedürfe. Vielmehr sei es grundsätzlich als Option vorhanden; wenn der Herr es aber nicht gefüllt habe, so sei es eben leer – etiamsi nihil sit in peculio.107 Dietzel leitet seine These aus zwei Feststellungen ab:108 Zum einen geht er davon aus, das Gewaltverhältnis sei der rechtliche Grund dafür, dass das peculium nur ein quasi patrimonium sein könne; zum anderen folge hieraus aber auch, dass Beginn und Zunahme des Sondergutes unabhängig seien von einem Konstitutionsakt des Herrn. Der Einfluss des Gewaltverhältnisses auf das vorhandene peculium sei wiederum zweifach, nämlich erlaube dieses Verhältnis erstens dem dominus, das Sondergut nicht nur in seinem Bestand zu verändern, sondern es sogar einzuziehen. Zweitens könne der Gewaltunterworfene nur beschränkt verfügen, da das Sondergut Teil des patrimonium seines Herrn sei; diese beschränkte Verfügungsmacht bestehe aber ebenfalls unabhängig von einer tatsächlichen peculium-Bestellung.109 2. Diskussion unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des peculium
Zu überlegen ist, ob Sinn und Zweck sowie die Entstehung des peculium gegen die Theorie von der Pekulienfähigkeit sprechen. Wie oben dar ge Rahmen des peculium siehe unten § 8 II. Zu den Rechtsschulen der Sabinianer und Prokulianer, die sich in frühklassischer Zeit bis Mitte des 2. Jahrhunderts mit zum Teil gegensätzlichen Auffassungen gegenüberstanden, vgl. Wenger, S. 498 ff. m. w. N. 105 Vgl. hierzu oben § 5 I. 1. mit Anm. 3. 106 Siehe oben § 5 II. 1. 107 Dietzel, Jahrb. II (1858), S. 9, der wohl Ulp. D. 15.1.30 pr. (29 ad ed.) zitiert; zum vollen Text siehe oben § 5 III. 2. b). Vgl. Dietzel, Jahrb. II (1858), S. 19. 108 Dietzel, Jahrb. II (1858), S. 16 f. 109 Vgl. zum Vorstehenden Dietzel, Jahrb. II (1858), S. 17 f.
§ 5 Voraussetzungen und Haftung ex peculio87
stellt,110 ist das peculium zunächst im Binnenverhältnis von Herrn und Sklaven entstanden, bevor es auch im Außenverhältnis relevant wurde, als Sklaven für ihre Herren Geschäfte tätigten, die diese rechtlich aber nicht verpflichteten. Hier schafft seit ihrer Einführung im Laufe des 2. Jahrhunderts v. Chr. die actio de peculio Abhilfe, indem sie zu einer Überleitung der Haftung für Geschäfte des Sklaven auf den Herrn führt. Voraussetzung dieser Haftung des dominus, die aus der actio de peculio auf ihn zukommt, ist jedoch, dass es tatsächlich ein peculium gibt. Dies spricht noch nicht gegen die Theorie der Pekulienfähigkeit, denn auch Dietzel geht davon aus, dass die Haftung de peculio die Existenz eines peculium voraussetzt.111 Dietzels Argumentation kann auch nicht entgegengehalten werden, dass die actio de peculio nicht hätte eingeführt werden müssen, wenn jeder Sklave potentiell sondergutsfähig wäre. Denn weder die Pekulienfähigkeit allein – entsprechend der Theorie der Pekulienfähigkeit ist dies der Ausgangspunkt des Sondergutes – noch die Einräumung eines Sondergutes allein – so der Ausgangspunkt des Sondergutes nach überwiegender Ansicht – führen zu einer Haftung des Herrn, solange es keine Klage gibt, mithilfe derer der Herr des Sklaven tatsächlich in Anspruch genommen werden kann. Einzig folgender Aspekt könnte gegen die Ansicht Dietzels sprechen: Auf dem Hintergrund der Theorie von der Pekulienfähigkeit könnte sich der Herr nämlich einer Haftung im Wege der actio de peculio entziehen, indem er nur das peculium leer ließe, ihm also keine Vermögenswerte hinzufügte.112 Denn das Sondergut stehe zwar als Option zur Verfügung, es sei aber Entstehung des peculium siehe oben § 5 I. 2. Jahrb. II (1858), S. 20. 112 Gegen die Vorstellung von einem leeren peculium wendet sich Kroppenberg, S. 132 f.: Es gebe eine sprachliche Differenzierung zwischen dem peculium in quo nihil sit und dem Fall si nullum (…) peculium sit [Afr. D. 15.1.38 pr. (8 quaest.)]. Ein peculium in quo nihil sit sei ein Sondergut, das als Haftungsmasse für die Befriedigung des Gläubigers zwar nicht ausreiche, das aber nicht unbedingt keinerlei Aktivwert mehr enthalte, sondern die vorhandenen Aktiva seien geringer als die Forderungen des Herrn gegen das peculium, die dieser mithilfe seines Deduktionsrechts geltend machen könne. Hingegen bedeute si nullum peculium sit, dass im peculium keinerlei werthaltigen Güter mehr vorhanden seien, mit der Folge, dass die Vermögensfähigkeit des Sklaven erlösche. Ein leeres Sondergut „ohne jeglichen Aktivwert kannten die Römer folglich nicht“. Problematisch erscheint diese Annahme im Hinblick auf ein peculium, das zwar vorübergehend einen negativen Wert hat, bald aber z. B. durch Erfüllung ausstehender Forderungen wieder ein positives Saldo aufweist. Kroppenberg, S. 142 untersucht diese Fälle unter prozessualem Aspekt und kommt zu dem Ergebnis, dass es sich um „Unfälle“ handle, bei denen eine „irrtümliche Einsetzung in den Rechtsstreit“ erfolgt sei, falls es zum Prozess gekommen sei. Auch nach Kroppenbergs Ansicht wird es solche Fälle also gegeben haben, die entweder zu einer Klageabweisung durch den Prätor oder zu einem Freispruch des Beklagten durch den iudex geführt haben, je nachdem, ob das Nichtvorhandensein 110 Zur
111 Dietzel,
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2. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut
leer, wenn der Herr es nicht gefüllt habe, so Dietzel.113 Jedoch gilt es zu bedenken, dass die Haftung des Herrn de peculio nach überwiegender Ansicht grundsätzlich voraussetzt, dass dem Sklaven ein peculium eingeräumt ist. Außerdem kann der Herr das peculium jederzeit wieder an sich ziehen (ademptio) und haftet dann nicht de peculio, sofern dieser Entzug des Sondergutes nicht arglistig ist.114 Die Überlegung, der Herr könne sich einer Haftung de peculio entziehen, indem er das Sondergut des Sklaven leer lasse, spricht im Ergebnis ebenfalls nicht gegen die Theorie von der Pekulienfähigkeit. Dietzel verwendet selbst die actio de peculio, um seine Theorie zu belegen.115 Zunächst sei gemäß Ulpian in D. 14.4.5.7116 allein ein negotium gestum esse Voraussetzung der Haftung de peculio, wobei es einzig darauf ankomme, dass der Handelnde gewaltunterworfen sei; ob ein peculium bereits bestanden habe, sei unerheblich. Allerdings ist die angeführte Stelle eine aus dem 4. Titel des 14. Buches, in der es um die actio tributoria geht. Daher scheint dieser Beleg fragwürdig, denn die Haftung im Wege der actio tributoria ist eine in solidum, eine unbeschränkte, während die Haftung mit der actio de peculio auf das Sondergut beschränkt ist. Die Voraussetzungen dieser Klage sind andere als die der actio de peculio – der dominus kann mit der actio tributoria in Anspruch genommen werden, wenn sein Sklave mit seinem Wissen mit der merx peculiaris handelt, wobei im Gegensatz zur Verantwortlichkeit de peculio die tributoria nicht eine solche für das Verhalten des Sklaven, sondern eine unmittelbare Haftung des Herrn selbst begründet. Folglich ist die actio tributoria mit der de peculio nur schlecht vergleichbar;117 dieser Argumentationsansatz Dietzels überzeugt nicht.
eines ausreichenden Aktivbestands bereits dem Prätor in seiner nur oberflächlichen Vorprüfung oder erst im Verfahren apud iudicem aufgefallen sei; vgl. Kroppenberg, S. 147 f., S. 154. 113 Dietzel, Jahrb. II (1858), S. 9; hierzu schon oben § 5 IV. 1. 114 Zum Entzug des peculium siehe § 5 II. 2. 115 Vgl. auch zum Folgenden Dietzel, Jahrb. II (1858), S. 20 ff. 116 (29 ad ed.): Sed est quaesitum, dominus utrum ita demum partietur ex merce, si quid ei mercis nomine debeatur, an vero et si ex alia causa. et Labeo ait, ex quacumque causa ei debeatur, parvique referret, ante mercem an postea ei debere quid servus coeperit: sufficere enim, quod privilegium deductionis perdidit. – Diese Stelle scheint Dietzel nur anzugeben, weil aus ihr deutlich wird, dass es für die actio tributoria nicht darauf ankommt, ob Verbindlichkeiten des Sklaven vor Beginn des Warenhandels oder danach begründet wurden (ante mercem an postea); im Übrigen passt sie inhaltlich nicht. 117 Vgl. Miceli, S. 320 ff.; zur actio tributoria siehe oben § 5 VI. 2.
§ 5 Voraussetzungen und Haftung ex peculio89 3. Konsequenz der Theorie
Verfolgt man den Ansatz der Theorie der Pekulienfähigkeit, gelangt man schließlich zu einem weiteren Gedanken. Die allgemeine Auffassung, die eine concessio des Herrn für die Existenz des peculium seines Sklaven für notwendig hält, kann auf diese Weise zeitlich den Beginn dieser Existenz bestimmen. Im Unterschied hierzu führt die Annahme von einer Pekulienfähigkeit, die der Person jedes Gewaltunterworfenen als Attribut zukommt, dazu, dass die Haftung des dominus de peculio schon dann besteht, wenn es Personen gibt, die seiner potestas unterworfen sind. Dann könnte der Herr aber auch für Verbindlichkeiten in Anspruch genommen werden, die der Sklave begründet hatte, als er noch kein bestücktes peculium besaß, mit anderen Worten der Herr müsste auch für Schulden aus Geschäften haften, die zu einem Zeitpunkt abgeschlossen wurden, als noch kein peculium bestand.118 Dies ist – soweit ersichtlich – der einzige Fall, in dem sich die These Dietzels auswirken könnte. Zur Beantwortung der Frage, ob eine solche Haftung des Herrn für Schulden des Sklaven, die aus der Zeit vor Einräumung des peculium stammen, bestanden hat oder nicht, lassen sich aber wohl keine eindeutigen Quellenbelege finden.119 Dafür spricht allerdings die Klagformel der actio de peculio, die das peculium nur als limitierende Größe in der condemnatio nennt und es nicht zu den Verurteilungsvoraussetzungen (intentio) zählt. Wie bereits festgestellt,120 erscheint es fraglich, ob ein Gläubiger, der mit einem Sklaven einen Vertrag abschloss, ohne dass dieser ein peculium vorweisen konnte, überhaupt schutzwürdig ist. Denn der Gläubiger musste dann hoffen, dass der Herr des Sklaven bis zum Zeitpunkt einer möglichen Klage und Verurteilung ein Sondergut gewährte bzw. die bestehende Pekulienfähigkeit realisiert wurde und so ein peculium mit Aktiva vorhanden war. Dieses Risiko wäre ein vorsichtiger Gläubiger nicht eingegangen, sondern hätte auf einen Vertrag mit diesem Sklaven verzichtet. Überdies bestand aber für jeden Gläubiger die Gefahr, dass eine Klage de peculio nicht erfolgreich war, wenn das peculium zum Verurteilungszeitpunkt nicht mehr genügend Bestand aufwies, damit der Gläubiger befriedigt werden konnte. Auch der Gedanke, der hinter der actio de peculio steht, nämlich die Haftung für den Rechtsschein der Kreditwürdigkeit des Sklaven,121 die 118 Diese Konsequenz zieht auch Dietzel, Jahrb. II (1858), S. 20. – Siehe oben § 5 III. 2. b). 119 Dietzel, Jahrb. II (1858), S. 20 gibt nur Ulp. D. 14.4.5.7 (29 ad ed.) an, diese Stelle passt aber aus den soeben genannten Gründen nicht direkt; vgl. § 5 IV. 2. – Zur rückwirkenden Haftung des Herrn siehe ausführlich oben § 5 III. 2. b). 120 Siehe hierzu oben § 5 III. 2. b). 121 Zum Rechtsschein der Kreditwürdigkeit noch unten § 5 V. 2.
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2. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut
ihm das peculium verschafft, führt nicht dazu, dass eine rückwirkende Haftung des Herrn verneint werden muss. Denn wenn der Gläubiger mit dem Sklaven vor der concessio peculii kontrahiert hat, hat es einen solchen Rechtsschein noch nicht gegeben. Die fehlende Schutzwürdigkeit des Gläubigers bildet folglich kein Argument gegen die Haftung des Herrn im Wege der actio de peculio auch für Schulden vor Einräumung eines peculium. Aber die Interessen des Herrn könnten gegen eine solche rückwirkende Haftung sprechen. Nimmt man nämlich an, es komme entscheidend darauf an, dass der Herr seinem Sklaven ein peculium einräumen will, geht man also davon aus, der Wille des Herrn sei für die Sondergutsbestellung konstitutiv, so kann es keine Haftung für Schulden aus Geschäften geben, die der Sklave zeitlich vor der concessio peculii eingegangen ist. Nur wenn der dominus seinem Sklaven das Wirtschaften mit einem Sondergut erlaubt und dabei seine eigene Haftung de peculio in Kauf nimmt, ist seinen Interessen und seinem Willen Rechnung getragen – eine Haftung de peculio kann für ab diesem Zeitpunkt eingegangene Verpflichtungen angenommen werden. Letztlich lässt sich diese Frage aber nicht abschließend klären; sie muss daher offen bleiben. Damit bildet diese Konsequenz der Theorie von der Pekulienfähigkeit aber kein Argument gegen die Theorie selbst. 4. Stellungnahme
Es stellt sich die Frage, inwieweit die beiden auf den ersten Blick konträr erscheinenden Ansichten tatsächlich zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Nach Dietzel besteht die Fähigkeit des Gewaltunterworfenen zum peculium unabhängig davon, ob ein Sondergut bestellt ist und sich in diesem etwas befindet oder nicht. Nach anderer Ansicht muss das Sondergut erst bestückt und so vom Herrn aktiv bestellt worden sein, bevor eine actio de peculio diesen in Haftung nehmen kann. Aber auch Dietzel122 hält es wohl für notwendig, dass der dominus Teile seines patrimonium dem peculium zuordnet, wenn er sagt: „… daß da, wo der Vater voluit ex re sua peculii esse, es freilich einer Handlung seinerseits bedarf, worin aber etwas Besonderes durchaus nicht liegt.“ Damit setzen im Ergebnis beide Ansichten eine aktive Zuordnung des Gewalthabers voraus, bevor dieser mit Erfolg de peculio in Anspruch genommen werden kann. Ob vorher aber jeder Gewaltunterworfene potentiell Träger eines peculium sein kann, weil er eine diesbezügliche Fähigkeit aus der potestas, in der er steht, empfängt, oder aber umgekehrt der Herr potentiell jedem subiectus ein Sondergut einräumen kann, macht keinen großen Unterschied. Allein in Bezug auf die actio de 122 Jahrb.
II (1858), S. 17.
§ 5 Voraussetzungen und Haftung ex peculio91
peculio ergibt sich eine Abweichung, nämlich dass die Klage nach Dietzel schon bestehen kann, bevor der Herr dem Sondergut etwas zugeordnet hat, während sie nach anderer Ansicht wohl erst nach concessio eines peculium bestehen kann. Dies ergibt sich für die gängige Ansicht zwar nicht zwingend aus der Klagformel, aber die Interessen des Herrn sprechen dafür, eine rückwirkende Haftung des Herrn auszuschließen. Fraglich ist jedoch, ob, und wenn ja, wann sich diese unterschiedlichen Ansatzpunkte für die Haftung des Herrn im Ergebnis auswirken. Auch wenn es zwar zum Klagezeitpunkt noch an der concessio des Sondergutes fehlt, muss im Zeitpunkt der Verurteilung aber dann ein peculium vorhanden sein – sonst kommt es auch unter Anwendung der Theorie von der Pekulienfähigkeit nicht zu einer Haftung des dominus, weil dieser bei Dietzel gleichwohl nur dann haftet, wenn im Sondergut etwas enthalten ist. Andernfalls, wenn nichts im peculium ist, ist der Anspruch zwar begründet, doch ist wohl anzunehmen, dass der Kläger nichts erhält.123 Nach anderer Ansicht ist bei bestehendem peculium, dessen Aktiva nicht die abzugsfähigen Schulden beim Herrn übersteigen, ebenfalls von einer begründeten, aber wohl erfolglosen Klage auszugehen.124 Ein Unterschied zwischen überwiegender Ansicht und Theorie der Pekulienfähigkeit ergibt sich also nur im Hinblick auf die Haftung für Verbindlichkeiten, die der Sklave zeitlich vor der Einräumung eines Sondergutes durch seinen Herrn eingegangen ist. Während nach der Theorie der Pekulienfähigkeit eine Haftung de peculio dann schon möglich ist, wenn nur bis zum Verurteilungszeitpunkt etwas im peculium vorhanden ist, ist dies nach überwiegender Ansicht wohl mit Blick auf die Interessen des Herrn abzulehnen. Hiervon zu unterscheiden ist die weiterführende Frage, was geschieht, wenn zum Beispiel zum Zeitpunkt der litis contestatio das peculium für die Begleichung der Forderung des Klägers nicht ausreichte, aber feststeht, dass das peculium am Folgetag etwa durch Erfüllung einer Darlehensforderung durch einen Drittschuldner wieder aufgefüllt wird.125 123 Vgl. Dietzel, Jahrb. II (1858), S. 20, wo dieser sich auf Ulp. D. 15.1.30 pr. (29 ad ed.) bezieht, ohne jedoch für den Fall des leeren peculium eine Aussage über den Prozesserfolg des Klägers zu machen. 124 Wacke, FS Wieling, S. 255; ähnlich wohl v. Keller, Jahrb. III (1859), S. 163 f.; Kaser, SZ 54 (1934), S. 395 mit Anm. 1. Kritisch hierzu Kroppenberg, S. 134 f., die mit Recht darauf hinweist, unter Geltung des römisch-rechtlichen Aktionendenkens erscheine es problematisch, den Haftungstatbestand von der Klagbarkeit zu trennen. Vielmehr sei davon auszugehen, dass bei vor Prozessbeginn feststehender Unzulänglichkeit der Haftungsmasse des Beklagten die actio de peculio bereits denegiert worden sei; eine Vermögensverschlechterung in der Phase vor dem iudex habe zum Freispruch des Beklagten geführt. 125 Derartige prozessuale Fragen führen an dieser Stelle zu weit und müssen daher offenbleiben; vgl. Kroppenberg, S. 142 ff. m. w. N.
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2. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut
Die Theorie der Pekulienfähigkeit und die Auffassung, die eine Bestellung des peculium voraussetzt, unterscheiden sich im Grunde lediglich in Bezug auf den Zeitpunkt, an dem sie im Verhältnis Gewaltunterworfener – dominus ansetzen: Während Dietzel bereits jedem Sklaven die Fähigkeit zum peculium bescheinigt, stellen andere auf den Zeitpunkt der tatsäch lichen Realisierung dieser Fähigkeit ab und beginnen die Untersuchung des Sondergutes dort, wo es tatsächlich greifbar wird. Dieser Unterschied wirkt sich im Ergebnis – wenn überhaupt – nur marginal aus; Bestehen und Umfang der Haftung des dominus jedenfalls sind nicht tangiert. Dietzel ist jedoch zugute zu halten, dass sein Ansatz, jeder Gewaltunterworfene sei potentiell fähig, ein peculium zu erhalten, nicht unzutreffend ist; die Frage der hieraus abzuleitenden Konsequenzen für das Sondergut kann indes kontrovers beurteilt werden.126 Außerdem lässt sich gegen die Theorie von der Pekulienfähigkeit anführen, dass es sehr konstruiert wirkt, die Haftung des dominus für ein Handeln seines Sklaven, das dieser für das Sondergut vorgenommen hat, nicht primär, sondern nur im zweiten Schritt von der Existenz eines solchen quasi patrimonium abhängig zu machen. Schließlich bleibt noch daran zu erinnern, dass die Theorie von der Pekulienfähigkeit die zahlreichen Stellen, in denen von concessio oder constituere peculii die Rede ist,127 zumindest bei Seite lässt. Hier setzt Mandrys128 kritische Auseinandersetzung mit den Thesen Dietzels an, in der er zu dem Schluss kommt, dass dieser weder einen direkten Quellenbeleg noch die Interpretation der Rechtssätze aus den Quellen auf seiner Seite habe. Hier sei nur auf D. 40.7.3.12129 hingewiesen, ein Fragment, in dem Ulpian klarstellt, dass die Tatsache, dass der Sklave ein peculium haben könnte, nicht auch zugleich bedeutet, dass er eines habe. Folglich kann die Theorie von der Pekulienfähigkeit nicht überzeugen. Im Ergebnis erfordert das peculium also einen Bestellungsakt in dem Sinne, dass dem Sondergut durch den Herrn Vermögenswerte zugeordnet werden müssen, mit denen der Sklave fortan wirtschaften kann.
auch Wacke, FS Wieling, S. 255; vgl. Melillo, S. 91 f. Ulp. D. 15.1.3.3-4 (29 ad ed.); Pomp. D. 15.1.4.5 (7 ad Sab.); Ulp. D. 15.1.7.3 (29 ad ed.); siehe oben § 5 I. 1. 128 FS v. Wächter, S. 10-15 mit Verweis auf v. Keller, Jahrb. III (1859), S. 153 ff., der sich ausführlich mit den „Corollar-Irrthümer[n]“ (S. 160) in der Theorie von Dietzel auseinandersetzt und dessen angebliche Quellenbelege widerlegt. 129 Ulp. D. 40.7.3.12 (27 ad Sab.): Si quis sic acceperit libertatem ‚cum decem dare poterit, liber esto‘, Trebatius ait, licet habuerit decem vel idoneus fuerit ad adquirendum et conservandum peculium, tamen non alias ad libertatem perventurum, nisi dederit aut per eum non steterit, quo minus det: quae sententia vera est. 126 So
127 Vgl.
§ 5 Voraussetzungen und Haftung ex peculio93
V. Vorzüge der Einräumung eines peculium 1. Haftungsspezifischer Vorteil
Es drängt sich die Frage auf, welches Interesse der Herr hatte, seinem Sklaven ein peculium einzuräumen. Dass es in der Realität weit verbreitet, ja regelrecht Usus war, dem Sklaven ein Sondergut zu bestellen, und es Zeiten gab, in denen es negativ auffiel, wenn ein Sklave nicht über ein peculium disponieren konnte,130 spricht dafür, dass es in der Praxis beliebt war. Ein Rechtsinstitut erfreut sich wohl immer nur dann regen Zuspruchs, wenn es mit Vorteilen für denjenigen verbunden ist, der sich seiner bedient. Wo aber liegen diese Vorteile? Die Ausführungen zum Umfang der Haftung des Herrn im Wege der actio de peculio haben gezeigt,131 dass die Voraussetzungen dieser Klage gegen den dominus für ihn selbst vorteilhaft sind. So bietet ihm das peculium eine sichere Möglichkeit, dem Sklaven zwar gewisse Gegenstände zur Verwaltung zu übertragen, ohne aber eine vollumfängliche Haftung fürchten zu müssen.132 Anders als im Rahmen der actio tributoria, exercitoria oder quod iussu, die zu einer Haftung in solidum führen, ist die Haftung bei der actio de peculio vel de in rem verso nämlich auf den Wert des Sondergutes begrenzt; dieser bildet die Höchstgrenze.133 Diese Haftungsbeschränkung der actio de peculio ist sicherlich ein Aspekt, der das peculium so attraktiv machte; sie schafft einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse Dritter am Einstehenmüssen des dominus für das Handeln seines servus und seinem Interesse daran, sich der Dienste seines Sklaven zu bedienen, ohne diesen in jedem Einzelfall durch ein iussum oder eine Genehmigung zu einem Handeln ermächtigen zu müssen.134
130 Watson, Law of Persons, S. 178; Karlowa, S. 112 mit Hinweis u. a. auf Plaut., Asin. 539 f.; ders., Persa 193; ders., Rud. 111; ders., Trin. 435, wo das peculium als normales Institut geschildert wird. Einen Überblick über Quellen zum peculium bei Plautus gibt Costa, S. 94 ff. Dass der Sklave ohne Sondergut als schlechter Sklave gilt, liest man bei Plaut., Casin. 257; ders., Stich. 747. 131 Siehe hierzu oben § 5 III. 2. 132 So auch Zeber, S. 70. 133 Siehe hierzu oben § 5 II. 3. und III. 2. Zu den actiones tributoria, exercitoria und quod iussu siehe § 5 VI. 1. 134 Der Herr musste nicht über jedes Detail der Verwaltung durch den Sklaven informiert sein, sondern es genügte, wenn er das Sondergut im Großen und Ganzen ansah – παχυμερέστερον, wie Ulpian in D. 15.1.7.2 (29 ad ed.) schreibt.
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2. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut 2. Rechtsschein der Kreditwürdigkeit des Sklaven
Ein weiterer Vorteil des peculium ist, dass es die Kreditwürdigkeit des Sklaven im Geschäftsverkehr mit Dritten begründet, was dem Herrn wiederum zumindest indirekt zugute kommt. Denn es darf nicht übersehen werden, dass die Einräumung eines peculium für den Herrn persönlich auch schon deshalb lukrativ war, weil das Sondergut in seinem patrimonium blieb und letztendlich jeder Zuwachs im peculium das Vermögen des dominus mehrte, während das Risiko allein auf den Verlust des peculium beschränkt war.135 Das peculium ermöglichte also dem dominus zumindest indirekt, das heißt unter Einschaltung eines Sklaven, eine Teilnahme am Wirtschaftsverkehr mit beschränkter Haftung. Für den Sklaven bedeutete dies zugleich, im Bereich des peculium teilrechts- und teilgeschäftsfähig zu sein.136 Nähere Auskunft über die Modalitäten der Haftung de peculio gibt Paulus: Paul. D. 15.1.47 pr. (4 ad Plaut.) Quotiens in taberna ita scriptum fuisset ‚cum Ianuario servo meo geri negotium veto‘, hoc solum consecutum esse dominum constat, ne institoria teneatur, non etiam de peculio.137
Ein Ladeninhaber möchte durch Aufhängen eines Schildes ein Kontrahierungsverbot mit seinem Sklaven Januarius bewirken. Dieses Schild kann nur die Haftung aus der actio tributoria ausschließen, nicht jedoch die Haftung de peculio. Das peculium erlaubt also, sofern es einmal eingeräumt ist und fortbesteht, keinerlei individuelle Ausgestaltung durch den Gewalthaber, sondern es handelt sich um ein Institut, dessen Rechtsfolgen unabhängig davon eintreten, ob der Herr sie in concreto will. Allein die Einräumung eines Sondergutes führt die Haftung auf den gesamten Sondergutswert herbei.138 Hieran anknüpfend ist überlegt worden, das peculium als etwas von Natur aus Faktisches anzusehen,139 dergestalt, dass das bloße Bestehen eines Gewaltverhältnisses mit Sondergut den Herrn haften und den Sklaven wirksam handeln lässt, ohne dass – im Gegensatz zu einem Verständnis des peculium als etwas Rechtlichem – die Einräumung des Sondergutes erfor135 Zeber,
S. 70; Kirschenbaum, S. 38 f. ohne Grund spricht Behrends, Prinzipat, S. 56 von der „Teilrechtsfähigkeit des Sklaven im Kaiserrecht“; vgl. auch S. 56 ff. 137 Einen ähnlichen Fall schildert Gaius in D. 15.1.29.1 (9 ad ed. prov.). 138 Dies erinnert an die verschuldensunabhängige Haftung, die im deutschen Recht z. B. den Halter eines Kraftfahrzeugs (§ 7 StVG) oder den Gastwirt (§ 701 BGB) trifft. 139 Ähnlich wohl Dietzel, Jahrb. II (1858), S. 3, der sagt, das factum sei bald Voraussetzung des ius gewesen. 136 Nicht
§ 5 Voraussetzungen und Haftung ex peculio95
derlich ist. Tatsächlich steht hinter der objektiven Ausgestaltung des peculium jedoch nicht die in irgendeiner Weise vorgegebene Anknüpfung an etwas Faktisches, sondern der rechtliche Gedanke des Verkehrsschutzes. Dass das peculium von einem Herrn, der es seinem Sklaven eingeräumt hat, in Bezug auf die rechtlichen Konsequenzen nicht individuell ausgestaltet werden kann, bedeutet für den Dritten, der mit diesem Sklaven ein Geschäft abschließt, sich auf den Umfang des peculium verlassen zu können. Das Sondergut erzeugt den Rechtsschein der Kreditwürdigkeit des Sklaven, welcher im Verkehr geschützt wird.140 So stellt Ulpian in D. 15.1.1.6141 fest, dass das Eigentum an Sklaven im Grunde unerheblich sei, denn auch für den servus communis, also den Sklaven, der mehreren Herrn gemeinschaftlich gehört, oder den bona fide serviens hafte der dominus aufgrund der actio de peculio, sofern er nur tatsächlich über diesen Gewalt ausübe.142 In D. 15.1.27.8143 äußert Gaius, dass der Vertragspartner im Falle von Mit140 In diesem Sinne ist das Sondergut vergleichbar mit der Prokura nach deutschem Recht (§§ 48 ff. HGB), deren Einräumung zum Schutz des Rechtsverkehrs ebenfalls keinerlei Beschränkung zulässt. Zur Prokura ausführlich Schmidt, S. 458 ff.; Brox / Henssler, S. 103 ff. – Gegen eine Parallelität der adjektizischen Klagen und heutiger Unternehmensorganisationsformen wendet sich Chiusi, HAS s. v. Actio de peculio. 141 (29 ad ed.): Nec magis dominium servorum esse spectandum quam facultatem habendi eos: non enim solum servorum propriorum nomine conveniemur, item communium, verum eorum quoque qui bona fide nobis serviunt, sive liberi sint sive servi alieni. 142 Der servus communis wird im 1. Titel, Buch 15, mehrfach behandelt, da aus der Tatsache, dass dieser Sklave mehrere Eigentümer hat, Probleme in Bezug auf ihre Haftung mit der Sondergutsklage folgen. Denn es ist möglich, dass der Sklave nur bei einem der Eigentümer ein peculium hat, für das dann auch letztendlich nur der dominus de peculio haftet, der es eingeräumt hat. Vgl. Ulp. D. 15.1.15 (29 ad ed.); Iul. D. 15.1.16 (12 dig.); ders. D. 41.1.37 pr. (44 dig.). Daneben ist auch denkbar, so Ulpian in D. 15.1.15 (29 ad ed.), dass Miteigentümer dem servus communis ein peculium commune einräumen, für das sie auch gemeinschaftlich in Anspruch genommen werden können. Der Sklave kann auch mehrere peculia von mehreren Miteigentümern erhalten, was dann einen Ausgleich im Innenverhältnis der Mit eigentümer erforderlich macht. Vgl. Gai. D. 15.1.27.8 (9 ad ed. prov.), der Julian zitiert, für den Text siehe Anm. 143; Gai. D. 14.1.2 (9 ad ed. prov.). 143 Gai. D. 15.1.27.8 (9 ad ed. prov.): Si quis cum servo duorum pluriumve contraxerit, permittendum est ei cum quo velit dominorum in solidum experiri: est enim iniquum in plures adversarios distringi eum, qui cum uno contraxerit: nec huius dumtaxat peculii ratio haberi debet quod apud eum cum quo agitur is servus haberet, sed et eius quod apud alterum. nec tamen res damnosa futura est ei qui condemnatur, cum possit rursus ipse iudicio societatis vel communi dividundo quod amplius sua portione solverit a socio sociisve suis consequi. quod Iulianus ita locum habere ait, si apud alterum quoque fuit peculium, quia eo casu solvendo quisque etiam socium aere alieno liberare videtur: at si nullum sit apud alterum peculium, contra esse, quia nec liberare ullo modo aere alieno eum intellegitur.
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2. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut
eigentümerschaft einen der Eigentümer auf das Ganze verklagen können soll, damit er nur einen Prozessgegner habe. Auch dies entspricht der Überlegung, das peculium diene dem Verkehrsschutz, indem der Vertragspartner sich nicht mit Details der Ausgestaltung des Verhältnisses zwischen seinem Gegenüber und dessen Gewalthaber auseinandersetzen muss.144 VI. Exkurs: Adjektizische Klagen und Vermächtnis des peculium 1. Adjektizische Klagen im Überblick
Im Zusammenhang mit dem peculium ist darauf hinzuweisen, dass die actio de peculio vel de in rem verso nicht die einzige Klage war, mit der der Herr nach dem prätorischen Edikt haftete, sondern er konnte auch im Rahmen der anderen, sog. adjektizischen Klagen145 in Anspruch genommen werden: Mit der actio quod iussu, der Klage wegen Ermächtigung, haftete er für Geschäfte des Gewaltunterworfenen, die dieser mit seiner Ermächtigung (iussum) vorgenommen hatte.146 Die actio exercitoria war eine Klage gegen den Schiffsreeder, mit der dieser für die Geschäfte haftete, die der von ihm eingesetzte Kapitän getätigt hatte, wobei dieser magister navis gewaltfrei oder gewaltunterworfen sein konnte.147 Für das Handeln des Leiters eines Ladengeschäftes (taberna) oder eines sonstigen Gewerbebetriebes (negotiatio) haftete der dominus im Wege der actio institoria.148 Wie bereits dargestellt,149 waren im edictum triplex die actio de peculio und die actio de in rem verso in einer einheitlichen Klagformel zusammengefasst. 144 Freilich schränkt der in der genannten Stelle von Gaius zitierte Julian diese Vereinfachung für den Gläubiger wieder ein, indem er sie nur für zutreffend erklärt, wenn der Sklave tatsächlich auch bei dem anderen Miteigentümer ein peculium habe, da andernfalls der zahlende den nichtzahlenden Miteigentümer von keinerlei Schuld befreite. Auch dies leuchtet ein: Nur wenn von beiden domini tatsächlich peculia eingeräumt wurden, kann auch der eine Herr durch Zahlung der gesamten Summe den anderen Miteigentümer von dessen Verbindlichkeit befreien; gibt es nur ein peculium, muss auch der Miteigentümer, der dieses gewährt hat, allein haften – für den anderen hat die Zahlung hingegen keine befreiende Wirkung. 145 Siehe zum Ursprung des Namens „adjektizisch“ Kaser, RP I, S. 605 mit Anm. 1. 146 Ulp. D. 15.4.1 pr. ff. (29 ad ed.); Gai. 4.70; I. 4.7.1; vgl. Valiño, AHDE 37 (1967), S. 407 ff. 147 Ulp. D. 14.1.1 pr. ff. (28 ad ed.); Gai. 4.71; I. 4.7.2-2 a; vgl. Chiusi, SZ 124 (2007), S. 96 ff. 148 Ulp. D. 14.3.5 pr. ff. (28 ad ed.); ders. D. 14.3.7.1 (28 ad ed.); Gai. 4.71; I. 4.7.2-2 a. 149 Zur Klagformel der actio de peculio vel de in rem verso siehe § 5 III. 2. a).
§ 5 Voraussetzungen und Haftung ex peculio97
Während der dominus im Wege der actio de peculio für das Handeln seines Sklaven mit dem Sondergut haftete, das er diesem eingeräumt hatte, haftete er im Rahmen der actio de in rem verso mit seinem patrimonium, wenn der Sklave durch ein Verpflichtungsgeschäft etwas erlangt hatte, das in dieses als Vermögensmehrung (versum) gelangt war.150 Bei den letztgenannten Klagen haftete der Gewalthaber in solidum, also unbeschränkt, im Unterschied zur actio de peculio vel de in rem verso, bei der die Haftung auf den Wert des peculium bzw. den Wert der Bereicherung im Urteilszeitpunkt begrenzt war.151 Die actio tributoria, die Verteilungsklage, gab schließlich den Gläubigern das Recht zur Verteilung der merx peculiaris gemäß ihren Forderungen; sie setzte voraus, dass der Gewaltunterworfene mit Kenntnis des dominus mit dem Warenbestand seines peculium, der merx peculiaris, Handel trieb.152 2. Vermächtnis des Sonderguts
So wie der Herr zu Lebzeiten fast umfassend für das geschäftliche Handeln seiner Gewaltunterworfenen haftete und jederzeit über das peculium und seinen Verbleib disponieren konnte, so konnte er auch für den Todesfall über die Zukunft des peculium bestimmen. Aus dem Titel de peculio legato, über das Vermächtnis des Sondergutes (D. 33.8), geht hervor, dass das peculium als solches im Wege eines Vermächtnisses zugewandt werden konnte.153 Mit dem Vermächtnis des peculium konnte die Freilassung kombiniert werden mit der Folge, dass der Sklave sein peculium behalten durfte.154 Laut Ulpian in D. 33.8.8.7155 sei das peculium sogar dann als vermacht angesehen worden, wenn dies zwar ausdrücklich nicht angeordnet, aber dem Sklaven die 150 Zur actio de in rem verso vgl. Kaser, RP I, S. 607 m. w. N.; zum Verhältnis von actio de peculio und actio de in rem verso zueinander siehe § 6 III. 2. 151 Vgl. Kaser / Knütel, Röm. Privatrecht, S. 270 ff.; Kaser, RP I, S. 606 ff. 152 Ulp. D. 14.4.1 (29 ad ed.); Paul. D. 14.4.4 (30 ad ed.); ders. D. 14.4.6 (30 ad ed.); Gai. 4.72; I. 4.7.3. Zur Frage, ob die actio tributoria eine adjektizische Klage war, oder nicht vgl. Kaser, RP I, S. 609; anders und m. w. N. Kaser / Knütel, Röm. Privatrecht, S. 271 f. 153 U. a. Paul. D. 33.8.1 (4 ad Sab.); ders. D. 33.8.5 (4 ad Sab.). 154 U. a. Paul. D. 33.8.3 (4 ad Sab.); Alf. Var. D. 33.8.14 (5 dig.); ders. D. 33.8.15 (2 dig. a Paul. ep.). – Zur manumissio ausführlich siehe oben § 4. 155 (25 ad Sab.): Interdum etsi non sit legatum peculium, velut legatum sic accipitur, id est in huiusmodi specie: quidam servo libertatem, si rationes reddidisset, dederat, et si heredibus centum intulisset. imperator igitur noster cum patre rescripsit, peculium quidem non nisi legatum deberi: ‚verum‘, inquit, ‚si condicionibus praescriptis paruit servus, testatorem voluisse eum retinere peculium interpretamur‘: videlicet ex eo, quod ex peculio eum iusserat centum inferre.
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2. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut
Freiheit nach Rechnungslegung und Zahlung einer gewissen Summe an die Erben in Aussicht gestellt worden sei; dann sei davon auszugehen, der Testator habe dem Sklaven auch das Sondergut vermachen wollen. Begründet wird die Vermutung mit der Auflage der Zahlungspflicht. Zumindest in spätklassischer Zeit wurde davon ausgegangen, das peculium sei dem Sklaven überlassen, wenn nicht ausdrücklich der Entzug des Sondergutes angeordnet war – dies galt für die Freilassung unter Lebenden, nicht jedoch bei testamentarischer Freilassung des Sklaven.156 Dass bei testamentarischer Freilassung das Sondergut nicht als mitvermacht galt, könnte seinen Grund darin haben, dass die testamentarische Freilassung den Erben des Testators ohnehin schon stark belastete, indem der Sklave aus dem Nachlass ausschied. Vielleicht sollte der Nachlass nicht noch automatisch um den Wert des peculium verkürzt werden. Zudem bedeutete die testamentarische Freilassung für den Sklaven, dass er die privilegierte Stellung des libertus orcinus einnahm und ohne patronus, dem er zu Dienstleistung verpflichtet wäre, frei wurde.157 Diese Sonderstellung könnte ebenfalls dafür sprechen, dass dem testamentarisch Freigelassenen nicht noch zusätzlich das peculium zukommen sollte, sofern dies nicht ausdrücklich angeordnet war.158 VII. Zusammenfassung Das römische Recht ermöglichte es dem Herrn schon früh, seinem Sklaven ein Sondergut einzuräumen. Im Laufe des 2. Jahrhunderts v. Chr. wurde mit dem edictum triplex die actio de peculio eingeführt, eine Klage, die zu einer Haftung des Gewalthabers eines Sklaven für dessen Geschäftstätigkeit mit dem peculium führte. Das peculium ist ein Sondergut des Sklaven, das der Herr ihm bestellt, damit er mit den Pekuliarmitteln selbstständig wirtschaften kann. Die Bestellung eines Sondergutes erfolgt durch den dominus und setzt folglich seinen Willen zur concessio voraus; der Theorie von der Pekulienfähigkeit, die eine grundsätzliche Fähigkeit des Sklaven zum peculium annimmt unabhängig davon, ob der Herr dem Sklaven ein peculium 156 Bei manumissio vindicta oder inter amicos gilt eine Vermutung für Schenkung des peculium nach Pap. Vat. fr. 261: Peculium vindicta manumisso vel inter amicos si non adimatur, donari videtur. (…). Anders bei einfacher testamentarischer Freilassung: (…). aliud in his placuit, qui testamento libertatem acceperunt (…); quos amittere peculium si non sit legatum, constitit, neque enim tacita liberalitas defuncti permittentis retinere peculium potuit intellegi. – Ausführlich zum Verbleib des peculium nach dem Tod des Herrn vgl. Wacke, Iura 42 (1991), S. 59 ff., zum Verbleib des peculium nach Freilassung unter Lebenden S. 73 f. 157 Zum libertus orcinus siehe unten § 28 IV. 158 Vgl. Wacke, Iura 42 (1991), S. 89 f.; Pernice, Labeo I, S. 148; Mitteis, S. 382 mit Anm. 4.
§ 6 Das peculium als Vermögen des Sklaven
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bestelle oder nicht, ist nicht zu folgen. Darüber hinaus muss der Herr dem Sklaven Gegenstände und Geldmittel zum Sondergut geben, um dieses zu bestücken. Fortan müssen die Rechnungsführung über das patrimonium des dominus und die Rechnungsführung des Sklaven für das peculium voneinander getrennt werden; der Sklave ist zur Buchführung über das Sondergut verpflichtet. Die Zusammensetzung des peculium verändert sich durch die Geschäftstätigkeit des Sklaven, die zu einem Zuwachs oder zur Verminderung des Sondergutes führen kann. Auch der Herr kann auf die Höhe des Sondergutes einwirken und es sogar jederzeit wieder an sich ziehen und auf diese Weise die Existenz des peculium beenden. Das Bestehen eines Sondergutes hängt also immer entscheidend vom Willen des dominus ab. Mit der actio de peculio haftet der Herr für die Geschäftstätigkeit seines Sklaven mit dem Sondergut. Daher begründet das peculium für den Sklaven den Rechtsschein der Kreditwürdigkeit, der es ihm ermöglicht, im Wirtschaftsverkehr mit Dritten wirksam Rechtsgeschäfte einzugehen, aus denen letztendlich sein Herr verpflichtet wird. Für den Herrn hat die Einräumung eines peculium den Vorteil, dass er den Sklaven zum selbstständigen Handeln im Wirtschaftsverkehr einsetzen kann, ohne jedoch eine vollumfäng liche Haftung fürchten zu müssen – seine Haftung ist auf die Höhe des peculium beschränkt. Was die zeitlichen Grenzen der Haftung de peculio anbelangt, ist wohl mit Blick auf die Interessen und den Willen des Herrn eine rückwirkende Haftung für Schulden, die der Sklave in der Zeit vor Einräumung eines peculium begründet hat, abzulehnen. Schließlich ist festzuhalten, dass die actio de peculio in den Kontext der adjektizischen Klagen gehört, einen Komplex von Klagen, die in unterschiedlichen Situationen unter engen Voraussetzungen zu einer Haftung des Gewalthabers für das Handeln seines Gewaltunterworfenen führen.
§ 6 Das peculium als Vermögen des Sklaven I. Vorbemerkung Ulp. D. 15.1.5.3 (29 ad ed.) Peculium dictum est quasi pusilla pecunia sive patrimonium pusillum.
Peculium bedeutet kleineres Geldvermögen oder kleineres sonstiges Vermögen, sagt Ulpian. Demgemäß ist das Sondergut zumindest sprachlich dem patrimonium des Herrn angenähert. Auch an anderen Stellen zeigt sich, dass tatsächlich vom Vermögen des Sklaven als quasi patrimonium gesprochen wird.159 Auf den ersten Blick erscheint dies paradox, weil aus den 159 U. a.
Paul. D. 15.1.47.6 (4 ad Plaut.); Ulp. D. 15.1.32 pr. (2 disp.).
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2. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut
Quellen ebenso eindeutig hervorgeht, dass der Sklave grundsätzlich als Rechtsobjekt angesehen wird: Quod attinet ad ius civile, servi pro nullis habentur heißt es in Ulp. D. 50.17.32 (43 ad Sab.). Des Weiteren, so Gaius in D. 50.17.107 (1 ad ed. prov.), gilt cum servo nulla actio est – gegen den Sklaven gebe es keine Klage; der Sklave ist also grundsätzlich nicht rechtsund nicht parteifähig. Und jeglicher Erwerb des Sklaven fällt seinem Herrn anheim, wie Gaius in D. 1.6.1.1160 feststellt. Der Sklave kann nicht einmal besitzen: Ulp. D. 50.17.118 (12 ad ed.) Qui in servitute est, usucapere non potest: nam cum possideatur, possidere non videtur.
Die Bezeichnung des peculium als quasi patrimonium weist auf einen Widerspruch zwischen rechtlich korrekter und tatsächlicher Verwendung des Begriffes patrimonium hin, welcher in der Praxis gewiss stark verbreitet gewesen sein muss, wenn er bereits in den juristischen Quellen erkennbar ist. Inwiefern dieses Paradoxon die rechtlichen Quellen durchzieht, soll aus der Perspektive des Sklaven und des Herrn untersucht werden, und zwar zunächst vom tatsächlichen Handeln des Sklaven aus, dann ausgehend von der Haftung des Herrn. II. Perspektive des Sklaven Buti161, der sich mit der „capacità patrimoniale dei servi“, also der Vermögensfähigkeit des Sklaven, auseinandersetzt, geht von der Position des Sklaven aus und untersucht sein Auftreten anhand der relevanten Quellenstellen. Dabei ist zunächst festzuhalten, dass der Sklave schon in alter Zeit, als das peculium nur als Binnenbeziehung zwischen dem Herrn und seinem Sklaven existierte, in eigenem Namen mit den Pekuliargegenständen handelte. So wurde das peculium von Anfang an der Person des Sklaven zugeordnet, was mit Sinn und Zweck seiner Einräumung übereinstimmt, denn es sollte dem grundsätzlich vermögensunfähigen Sklaven geschäftliches Auftreten ermöglichen.162 Damit er Dritten gegenüber mit dem peculium wirksam agieren konnte, mussten seine Rechtsgeschäfte aber in irgendeiner Weise als rechtswirksam anerkannt werden. Als im Laufe des 2. Jahrhunderts v. Chr. die actio de peculio entstand, hatte das Handeln des Sklaven 160 (1 inst.): Igitur in potestate sunt servi dominorum: quae quidem potestas iuris gentium est: nam apud omnes peraeque gentes animadvertere possumus dominis in servos vitae necisque potestatem fuisse: et quodcumque per servum adquiritur, id domino adquiritur. 161 Buti, Capacità, S. 17 f.; wohl in ähnlichem Sinne Brinkhof, S. 236. 162 Siehe oben § 2 I. und § 5 V.
§ 6 Das peculium als Vermögen des Sklaven
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Konsequenzen insofern, als ein Dritter seinen Herrn künftig de peculio in Anspruch nehmen konnte.163 Der geschäftlichen Tätigkeit eines Sklaven wurde nun eine gewisse Wirksamkeit zugesprochen, die eine tatsächliche Anerkennung seines rechtsgeschäftlichen Handelns bedeutete: Wenn nämlich aus einem Tätigwerden eine Klage entsteht, so ist im römischen Recht der Bereich der form- und folgenlosen Abreden verlassen und der der Verbindlichkeit erreicht. So ist ein Vertrag nur dann justiziabel, wenn für ihn eine Klage zur Verfügung steht. Anders als im heutigen deutschen Recht gab es nämlich keine Vertragsfreiheit im Sinne einer Vertragserfindungsfreiheit – selbst wenn diese auch heute nicht unbeschränkt besteht, sondern ihre Grenzen u. a. in der Sittenwidrigkeit findet164 –, sondern es gab einen Kanon anerkannter Vertragstypen, die Gaius im 3. Buch seiner Institutionen beschreibt: Gai. 3.89165 (…) Harum autem quattuor genera sunt: aut enim re contrahitur obligatio aut verbis aut litteris aut consensu.
Nur aus diesen vier obligationes, nämlich einer Real-, Verbal-, Litteraloder Konsensualverbindlichkeit, folgt eine actio, während im Übrigen gilt, dass aus einem einfachen pactum keine Klage entsteht: PS 2.14.1 (…): ex nudo enim pacto (…) actio non nascitur.
Der Vergleich mit diesem Prinzip des Obligationenrechts macht die Bedeutung der Einführung der actio de peculio für das Handeln des Sklaven deutlich. Jetzt erhält es Verbindlichkeit – die Geschäftstätigkeit des Sklaven wird anerkannt und ist künftig wirksam. Allerdings bedeutet die Konstruktion über die Inanspruchnahme des dominus nicht, dass von nun an der Sklave an sich rechtsfähig sein sollte. Auch wird das Prinzip der Vermögensunfähigkeit Gewaltunterworfener formal nicht angetastet, geschweige denn überwunden. Es handelt sich vielmehr um ein Entgegenkommen des Rechts gegenüber der Realität, die das peculium geschaffen hatte. Im Rahmen des peculium haftet der dominus für die Tätigkeit seines Sklaven, aber eben begrenzt auf den Wert dieses Sonderguts. De facto kann also von einer Vermögensfähigkeit des Sklaven gesprochen werden, die sich auch in den Quellen niederschlägt – warum sonst hätten Formulierungen wie quasi patrimonium verwandt werden sollen? Die Haftung des dominus für das Agieren seines servus räumt diesem also in einem kleinen, sicherlich von Fall 163 Zuvor schon war eine freiwillige Leistung sicherlich immer möglich; vgl. Karlowa, S. 111 f. in Bezug auf die naturalis obligatio. 164 Vgl. Wolf / Neuner, S. 98 ff. 165 Vgl. Kaser, RP I, S. 483 f.
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2. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut
zu Fall auch bedeutsamen Rahmen eine Vermögensfähigkeit ein.166 Zugleich bedeutet dies für den Sklaven Teilrechts- und Teilgeschäftsfähigkeit.167 Hieraus ist die Konsequenz gezogen worden, das peculium könne nur noch schwerlich als ausschließliches Vermögen des Herrn angesehen werden.168 Bereits der Begriff quasi patrimonium des Sklaven beinhaltet einen Widerspruch: Ein patrimonium kann nur ein Gewaltfreier haben, es ist also regelmäßig dem pater familias bzw. dominus vorbehalten.169 Ein Gewaltunterworfener hingegen ist nicht vermögensfähig. Die Zuordnung des Wortes patrimonium zum Sklaven ist also streng genommen inkorrekt, denn ein solches kann der Sklave nach dem ius civile gar nicht haben. Andererseits bezeichnet patrimonium in Verbindung mit dem Zusatz quasi die Situation treffend: Das patrimonium ist weiterhin beim Herrn, denn nur dieser kann es ja überhaupt haben, aber faktisch – quasi – befindet es sich beim Sklaven. Dieser wirtschaftet damit, als sei er Herr über das Vermögen, rechtlicher Vermögensträger bleibt aber der dominus. Sicherlich kann daher gesagt werden, dieser Teil des Vermögens befinde sich tatsächlich nicht mehr beim Herrn, sondern liege in den Händen des Sklaven. Will man jedoch juristisch korrekt die Begriffe verwenden und dabei in der Tradition des römischen Rechtes bleiben, in der Prinzipien und Regelungen grundsätzlich nicht aufgehoben wurden, sondern allenfalls außer Gebrauch gerieten,170 so kann die Bezeichnung quasi patrimonium durchaus überzeugen. Zudem ordnete der dominus dem servus in der Regel nicht sein ganzes Vermögen als peculium zu, sondern beschränkte sich auf die Zuordnung bestimmter, einzelner Vermögensgegenstände; das peculium ist also gewöhnlich nur ein Teil des patrimonium des Herrn. Die Bezeichnung des peculium als quasi patrimonium des Sklaven allein zwingt demnach nicht dazu, die Trägerschaft des Vermögens auf den Sklaven zu verlegen.171 166 Zum zeitlichen Ablauf bzw. zur Entwicklung dieser Fähigkeit vgl. Buti, Capacità, S. 20 ff.; Brinkhof, S. 48 ff. 167 Behrends, Prinzipat, S. 56 spricht von der „Teilrechtsfähigkeit des Sklaven im Kaiserrecht“; vgl. auch S. 56 ff. Siehe schon oben § 5 V. 2. 168 Brinkhof, S. 54 f. und S. 236. 169 Ulp. D. 50.16.182 (27 ad ed.): Pater familias liber ‚peculium‘ non potest habere (…). 170 Kaser, Wesen der Stellvertretung, S. 335; vgl. zu Entstehung und Nebeneinander von ius honorarium und ius civile Kaser / Knütel, Röm. Privatrecht, S. 22 ff. 171 Jacota, RIDA 13 (1966), S. 227 ff. spricht von einer Bewegung hin zur Anerkennung einer gewissen „capacité conventionnelle“ des Sklaven. Die Tendenz des Rechts, sich um eine bessere juristische Stellung des Sklaven zu bemühen, hätte zur vollen Anerkennung der „capacité conventionnelle de l’esclave en nom propre“ führen können; doch sei diese letzte Stufe in Rom nie erreicht worden. Als Gründe für die Nichtvollendung der Entwicklung führt er den „déclin de l’économie esclavagiste“, den Verfall der Wirtschaft mit Sklaven, an, deren Bedeutung im 3. Jahrhundert
§ 6 Das peculium als Vermögen des Sklaven
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III. Perspektive des Herrn 1. Überleitung der Haftung für Pekuliarhandeln des Sklaven auf den Herrn
Betrachtet werden soll nun die Haftung des dominus in Bezug auf die Frage, ob dem Sklaven mit dem peculium tatsächlich ein Vermögen zur Verfügung gestellt wurde. Es ist bereits festgestellt worden, dass der dominus eine Inanspruchnahme de peculio erst dann fürchten musste, wenn er seinem Sklaven ein solches Sondergut eingeräumt hatte.172 Normalerweise haftet für eine Verbindlichkeit derjenige mit seinem Vermögen, der sie eingegangen ist. Daher erstaunt auf den ersten Blick, dass die Haftung für Verbindlichkeiten, die der Sklave eingeht, auf den Herrn übergeleitet wird; folgerichtig wäre hingegen die Verantwortlichkeit des servus selbst. Diese würde aber voraussetzen, dass der Sklave tatsächlich ein eigenes Vermögen hat, für das er Verbindlichkeiten eingehen kann. In letzter Konsequenz erforderte dies die volle Unabhängigkeit des Sklaven, die er rechtlich jedoch niemals erreichte. Der Sklave kann aber auch für das Vermögen eines anderen, nämlich seines Herrn, handeln; dieser haftet als Vermögensinhaber.173 Dann muss das peculium aber weiterhin dem Vermögen des Herrn angehören, weil der Herr sonst für ein Tätigwerden des Sklaven in Anspruch genommen werden könnte, aus dem er selbst keine Vorteile zöge. Solch eine Haftung des dominus für das Verhalten des servus kommt aber nur als deliktische Haftung in Betracht.174 Hält man daran fest, dass der Sklave weder rechts- noch vermögensfähig ist, jedoch im Rahmen des peculium hierfür wirksame Rechtsgeschäfte abschließen kann, für die sein dominus gerichtlich in Anspruch genommen werden kann, ist es konsequent, dieses Sondergut rechtlich weiterhin als Vermögen des Herrn zu qualifizieren. Denn anders lässt sich die Haftungsüberleitung schwerlich rechtfertigen. Dass das peculium im Geschäftsverkehr mit Dritten aussah wie das Vermögen des Sklaven selbst, muss dieser Annahme nicht entgen. Chr. immer weiter abgenommen habe, sowie den allgemeinen Niedergang der Wirtschaft der Kaiserzeit. Der Abbruch dieser Entwicklung scheine zusammen zuhängen mit den tiefgreifenden wirtschaftlichen und sozialen Veränderungen im 3. und 4. Jahrhundert (S. 230). Aus der Verfügungsbefugnis des Sklaven könnte sich eventuell ein Anderes ergeben und eine Zuordnung zu seiner Person notwendig machen; hierzu siehe unten § 8 III. 3. c). 172 Siehe oben § 5 II. 1., III. 2. 173 Dass dieses Handeln durch Gewaltunterworfene trotz Fehlens von direkter Stellvertretung im römischen Recht möglich war, ist in § 5 III. 1. festgestellt worden. 174 Vgl. zur Noxalhaftung Honsell / Mayer-Maly / Selb, S. 381 ff.; Kaser, RP I, S. 163 ff., S. 630 ff. Zu deliktischem Handeln des Sklaven unten § 14 IV. 2. e).
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2. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut
genstehen, erklärt aber, warum in den Quellen von einem quasi patrimonium die Rede ist. 2. Subsidiarität der Klage aus dem Sondergut (actio de peculio)
Weitere Aufschlüsse in Bezug auf das Vermögen des Sklaven könnte die Konkurrenz von actio de peculio und actio de in rem verso ergeben.175 Zu diesem Zweck soll folgende Stelle betrachtet werden: Ulp. D. 15.3.5.3 (29 ad ed.) Placet non solum eam pecuniam in rem verti, quae statim a creditore ad dominum pervenerit, sed et quae prius fuerit in peculio. hoc autem totiens verum est, quot iens servus rem domini gerens locupletiorem eum facit nummis peculiaribus. alioquin si servo peculium dominus adimat vel si vendat eum cum peculio vel rem eius peculiarem et pretium exigat, non videtur in rem versum.
Ulpian schreibt, dass anerkannt sei, dass sowohl das Geld, das sofort vom Gläubiger zum Herrn gelangt sei, dem Vermögen des dominus zugewandt sei, als auch solches Geld, das vorher im peculium war. Dies treffe immer dann zu, wenn ein Sklave bei der Führung eines Geschäftes seines Herrn diesen mit Geld aus dem peculium bereichere. Wenn der Herr dagegen dem Sklaven das peculium entziehe, sei eine Zuwendung im Sinne eines versum nicht anzunehmen. Gleiches gelte, wenn der Herr den Sklaven samt peculium oder eine Einzelsache aus dem peculium verkaufe und dafür den Kaufpreis verlange, auch dann sei eine Zuwendung im Sinne eines versum nicht anzunehmen. In Bezug auf das Verhältnis der beiden Klagen de peculio und de in rem verso sind folglich zwei Fälle zu unterscheiden: Das Handeln des Sklaven für das peculium und die anschließende Bereicherung des Herrn aus dem peculium stellen eine Bereicherung des patrimonium dar, für die der dominus de in rem verso haftet. Vorstellbar wäre, dass der Herr gegebenenfalls für den Rest mit der actio de peculio haftet. Wenn das Handeln zwar das Sondergut betrifft, ohne jedoch zu einer direkten Bereicherung des Herrn im Sinne eines versum zu führen, weil es entweder nur eine indirekte Bereicherung in Form von Entzug des Sondergutes oder Verkauf des Sklaven mitsamt dem Sondergut gibt oder diese indirekte Bereicherung in erster Linie das peculium tangiert (Einfordern des Kaufpreises aus dem Verkauf einer Sache aus dem peculium), wird nur de peculio gehaftet. Mit anderen Worten: Im Verhältnis von actio de peculio und de in rem verso kommt der Haftung de peculio eine Auffangfunktion zu, falls die Vorausssetzungen der actio de in rem verso nicht erfüllt sind, aber immerhin ein Handeln des Sklaven für das peculium 175 Vgl. hierzu ausführlich Chiusi, Actio de in rem verso, S. 49 ff. Zur actio de in rem verso siehe oben § 5 III. 2. a) und VI. 1.
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vorliegt.176 Das Handeln für das peculium wird unterstellt, sofern nicht der Sklave ausdrücklich für den Herrn gehandelt und zum Beispiel eine Forderung für diesen begründet hat. Ähnliches geht aus D. 15.3.5.2177 hervor, einer Konstellation, in der Ulpian sagt, eine Haftung quod iussu bestehe nur dann, wenn der Herr eine Ermächtigung erteilt habe. Bei nachträglicher Genehmigung oder sonst wie notwendigen bzw. nützlichen Geschäften könne de in rem verso gehaftet werden; im Übrigen bliebe ja die actio de peculio – für alles andere, muss man wohl für das Verständnis ergänzen. Auch an anderer Stelle finden sich Hinweise darauf, dass der actio de peculio eine Auffangfunktion zukommt: Gai. D. 14.5.1 (29 ad ed.) Omnia proconsul agit, ut qui contraxit cum eo, qui in aliena potestate sit, etiamsi deficient superiores actiones, id est exercitoria institoria tributoriave, (…). sive enim iussu eius, cuius in potestate sit, negotium gestum fuerit, in solidum eo nomine iudicium pollicetur: sive non iussu, sed tamen in rem eius versum fuerit, eatenus indroducit actionem, quatenus in rem eius versum fuerit: sive neutrum eorum sit, de peculio actionem constituit.
Gaius erklärt, der Prokonsul bemühe sich unter allen Umständen, demjenigen, der mit einem Gewaltunterworfenen kontrahiert habe, irgendwie zu seinem Recht zu verhelfen; auch wenn actio exercitoria, institoria oder tributoria nicht anwendbar seien und actio quod iussu und de in rem verso ausschieden, bliebe immer noch die actio de peculio. Dies ist insofern verständlich, als bis auf die actio de in rem verso alle zuvor genannten Klagen ein aktives Beauftragen und Losschicken des Sklaven durch seinen Herrn voraussetzen. Insbesondere für die actio exercitoria, institoria und tributoria ist es notwendig, dass der dominus dem Sklaven zum Teil umfangreiche Sachmittel zur Verfügung stellt, mit denen dieser den aufgetragenen Geschäften nachgehen kann. Für sonstiges Handeln, das nicht auf Ermächtigung beruht oder zu einer Mehrung im Vermögen des dominus führt, bleibt aber – immer noch – eine Verantwortlichkeit de peculio. Die Reihenfolge der Nennung beider Klagen in der Klagformel – zuerst die allgemeinere actio de peculio, dann die speziellere actio de in rem verso – ist ebenfalls ein Indiz für die Subsidiarität der actio de peculio.178 176 Vgl. Chiusi, Actio de in rem verso, S. 50 f., die darauf aufmerksam macht, dass Ulpian in D. 15.3.1 pr. (29 ad ed.) den Eindruck erwecke, es bestehe eine Subsidiarität von actio de in rem verso gegenüber actio de peculio, welcher aber unzutreffend sei. 177 (29 ad ed.): Quod servus domino emit, si quidem voluntate eius emit, potest quod iussu agi: sin vero non ex voluntate, si quidem dominus ratum habuerit vel alioquin rem necessariam vel utilem domino emit, de in rem verso actio erit: si vero nihil eorum est, de peculio erit actio. 178 Zur Klagformel siehe oben § 5 III. 2. a).
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2. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut
Diese Abgrenzung der actio de peculio von der actio de in rem verso bedeutet im Grunde, dass das peculium anscheinend problemlos als dem Sklaven zugeordnetes Vermögen angesehen werden kann. Jedenfalls führt eine Bereicherung, die im peculium auftritt, nicht zu einer Zuwendung (versum) im Sinne der actio de in rem verso. Dies hängt aber wohl nicht mit der fehlenden Bereicherung des Herrn – die ist vorhanden, weil ihm das peculium ja rechtlich zusteht –, sondern mit dem fehlenden Versionsakt zusammen, den der Sklave vornehmen müsste.179 Wenn aber die Versionsklage zu ihren Voraussetzungen zählt, dass eine Vermögensmehrung beim Herrn eingetreten und noch vorhanden ist, so ist im Umkehrschluss daraus eine solche Vermögensmehrung bei der Klage de peculio gerade nicht notwendig. Andernfalls könnte letztere ja nicht dann zur Anwendung gelangen, wenn das Element der Vermögensmehrung beim Herrn ausdrücklich fehlt und daher die Anwendbarkeit der Versionsklage zu verneinen ist. Dass aber die actio de in rem verso ausgeschlossen ist, wenn eine Vermögensmehrung nicht vorhanden ist, lässt sich schon ihrer Klagformel entnehmen: vel si quid in rem Numerii Negidii inde versum est.180 Voraussetzung für die Gewährung der Klage ist also ein in rem vertere.181 Weitere Aspekte enthält Ulp. D. 15.3.1 pr.182: Wenn Gewaltunterworfene nichts in ihrem peculium haben oder nur so wenig, dass es für die Erfüllung einer Schuld nicht ausreiche, so hafte der Gewalthaber, wenn das Empfangene seinem Vermögen zugewendet sei, weil insofern der Vertrag eher mit ihm selbst geschlossen sei. Der Nachsatz, der Vertrag werde eher als solcher des Dritten mit dem Herrn angesehen – cum ipsius potius contractum videatur –, wäre überflüssig, wenn der Sklave nicht tatsächlich als Vertragspartner verstanden würde. Diese Haftung des Herrn soll aber nur dann bestehen, wenn das Empfangene seinem Vermögen zugewendet worden ist. Dass die Bereicherung des Herrn ausdrücklich als Voraussetzung benannt wird, lässt darauf schließen, dass die Geschäftstätigkeit des Sklaven zunächst einmal als solche für das peculium aufgefasst wird. Auch wenn hierdurch etwas in das Sondergut fällt, so bedeutet dies nicht unbedingt eine Bereicherung des Herrn im Sinne eines versum: (…) quia hoc ipso, quod servus rem in peculio haberet, locupletior fieret, quod aperte falsum est.183 Damit aber ein in rem vertere bejaht werden könnte, müsste der Sklave die empfangene Sache dem Vermögen des Herrn zugewendet Chiusi, Actio de in rem verso, S. 186 f. die gesamte Formel oben § 5 III. 2. a). 181 Hierzu ausführlich Chiusi, Actio de in rem verso, S. 119 ff. 182 (29 ad ed.): Si hi qui in potestate aliena sunt nihil in peculio habent, vel habeant, non in solidum tamen, tenentur qui eos habent in potestate, si in rem eorum quod acceptum est conversum sit, quasi cum ipsis potius contractum videatur. 183 Tryphonin. D. 15.3.6 (1 disp.). 179 Vgl. 180 Vgl.
§ 6 Das peculium als Vermögen des Sklaven
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haben.184 Diese Differenzierung nach einem in rem vertere würde sich erübrigen, wenn das peculium nach dem Verständnis der actio de in rem verso nicht der Person des Sklaven als Vermögen zugeordnet wäre – rechtlich gesehen ist der dominus ja eigentlicher Eigentümer des peculium, weil dieses lediglich ein abgetrennter Teil seines patrimonium ist. IV. Ergebnis Obwohl aus Sicht des Sklaven das Sondergut sein quasi patrimonium bildet, erfordert dies nicht, das peculium nicht mehr als Teil des patrimonium des Herrn anzusehen. Vielmehr verbleibt die Trägerschaft des Vermögens beim Gewalthaber, auch wenn der Sklave in einem begrenzten Rahmen vermögensfähig wird. Aus der Perspektive des dominus und seiner Haftung für das Handeln des seiner Gewalt unterworfenen Sklaven wird das peculium als Vermögen des Sklaven angesehen. Die Quellen lassen ferner erkennen, dass dieses Handeln für das peculium als voll wirksam anerkannt wird: So entfällt nach Ulpian in D. 15.3.7 pr.185 eine actio de in rem verso, wenn der Sklave seinem Herrn etwas schenken will; die Schenkung des Sklaven an seinen Herrn muss also möglich und dieses Handeln wirksam gewesen sein.186 Dennoch zwingt dieses Ergebnis nicht unbedingt dazu, insgesamt von einer Vermögensfähigkeit des Sklaven zu sprechen, denn der Sklave kann auch als Verwalter oder Treuhänder des Herrn für das peculium angesehen werden. Im Außenverhältnis ist er sicherlich faktischer Inhaber dieses Vermögens, was aber nicht zu einer Veränderung der rechtlichen Zuordnung 184 Ulp. D. 15.3.3.1 (29 ad ed.): In rem autem versum videtur, sive id ipsum quod servus accepit in rem domini convertit (…) aut si pecuniam a creditore acceptam dominico creditori solverit (…) sive peculiariter mutuatus postea in rem domini vertit: hoc enim iure utimur, ut, etiamsi prius in peculium vertit pecuniam, mox in rem domini, esse de in rem verso actio possit. 185 (29 ad ed.): Et ideo et si donaverit servus domino rem peculiarem, actio de in rem verso cessabit, et sunt ista vera. 186 Die actio de in rem verso ist zwangsläufig ausgeschlossen, weil es gerade nicht um ein Geschäft des dominus geht, das der Sklave vorgenommen hat; vgl. Chiusi, Actio de in rem verso, S. 177 ff. Sie weist darauf hin, dass die Schenkung des Sklaven an seinen Herrn „juristisch und soziologisch interessant“ sei (S. 178), denn auch diese könne eigentlich keine rechtliche Wirksamkeit entfalten, so dass sie de facto einem Verzicht des Herrn auf einen Teil seines Vermögens beinahe gleichkomme (S. 178 f.). Wenn die geschenkte Sache nämlich aus dem peculium des Sklaven stamme, gehöre sie rechtlich gesehen ohnehin dem dominus, weil das Sondergut weiterhin Bestandteil seines Vermögens sei. Damit liege kein versum vor. Der Verzicht des Herrn könnte also darin gesehen werden, dass er dem Sklaven die Schenkungsmöglichkeit einräumt und der Sklave sich den Vermögenswert als Schenker zumindest kurzfristig aneignet. Im Ergebnis schenkt er dem Herrn eine bereits ihm gehörende Sache. Vgl. auch Paul. D. 15.3.11 (30 ad ed.) und Ulp. D. 15.3.3 pr. (29 ad ed.).
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2. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut
geführt hat. Insofern könnte von abgeleiteter Vermögensfähigkeit des Sklaven durch und für das peculium ausgegangen werden. Diese Problematik kann hier jedoch dahinstehen, weil für die Frage nach einem Zusammenhang zwischen der redemptio suis nummis und dem peculium die Feststellung genügt, dass das Sondergut dem Sklaven zur selbstständigen Verwaltung übergeben ist.
§ 7 Bedeutung des peculium beim Verkauf des Sklaven I. Verbleib des peculium nach Verkauf des Sklaven Einige Stellen behandeln den Verkauf des Sklaven und den Verbleib des Sondergutes in diesem Falle. Ein Sklave kann sowohl mit187 als auch ohne188 sein peculium verkauft werden, und der alte Eigentümer kann dem neuen Eigentümer das Sondergut sogar schenken.189 Allerdings bemerkt Paulus, dass das peculium beim Verkauf eines Sklaven grundsätzlich ausgenommen, das heißt nicht automatisch mitverkauft ist.190 Auch Ulpian191 führt aus, dass beim Verkauf des Sklaven davon auszugehen sei, dieser sei nicht mit seinem Sondergut verkauft; nicht nur, wenn ausdrücklich bestimmt werde, dass das peculium nicht mitverkauft sei, sondern auch wenn diesbezüglich nichts vereinbart sei, verbleibe es beim Verkäufer. Der Verkauf ohne Sondergut bildete wohl den Normalfall, während der mit peculium die Ausnahme war.192 War das peculium ausnahmsweise mitverkauft, so ist davon auszugehen, dass sein Wert bestimmt und im Kaufpreis berücksichtigt wurde. In einem solchen Falle musste also über das peculium im Rahmen der Kaufvertragsverhandlungen gesprochen werden. 187 Ulp. D. 15.1.11.7 (29 ad ed.); ders. D. 15.1.32.2 (6 disp.); Afr. D. 19.1.30 pr. (8 quaest.); vgl. Brinkhof, S. 172 ff.; Karlowa, S. 112. 188 Paul. D. 15.1.47.5 (4 ad Plaut.); ders. D. 21.2.3 (10 ad Sab.). 189 Gai. D. 15.1.27.2 (9 ad ed. prov.). 190 Paul. D. 21.2.3 (10 ad Sab.): Cum in venditione servi peculium semper exceptum esse intellegitur (…). 191 D. 18.1.29 (43 ad Sab.): Quotiens servus venit, non cum peculio distrahitur: et ideo sive non sit exceptum, sive exceptum sit, ne cum peculio veneat, non cum peculio distractus videtur. (…). 192 Eine solche Ausnahme beschreibt Ulp. D. 4.3.7 pr. (11 ad ed.): (…) quod Iulianus libro quarto scribit, si minor annis viginti quinque consilio servi circumscriptus eum vendidit cum peculio emptorque eum manumisit, dandam in manumissum de dolo actionem (…). Nach Wacke, SZ 94 (1977), S. 236 ff. soll es hier um dolus incidens gehen, also Betrug, der die Modalitäten des abgeschlossen Vertrages beeinflusst hat. Der Verkäufer hätte also in jedem Fall den Sklaven verkauft, jedoch – ohne dessen Arglist – nicht mit peculium, sondern ohne dieses. Vgl. auch Wacke, Iura 42 (1991), S. 65.
§ 7 Bedeutung des peculium beim Verkauf des Sklaven
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II. Haftung des Verkäufers mit der actio de peculio annalis 1. Parallele Haftung von Verkäufer und Käufer
Der alte Eigentümer, der den Sklaven veräußert hatte, haftete binnen eines Jahres nach dem Verkauf im Wege der actio de peculio annalis.193 Nur in dieser Zeit – denn nach Ablauf des Jahres haftete allein der aktuelle Eigentümer – hatte der Gläubiger, der wegen des Sklaven gegen den dominus vorgehen wollte, die Wahl, ob er sich mit der actio de peculio an den Käufer, also den neuen Eigentümer, oder aber an den Verkäufer, also den Alt-Eigentümer, wendete.194 Afrikan schränkt diese Wahl jedoch in D. 15.1.38.3195 ein: Die actio gegen den alten Eigentümer, der den Sklaven veräußert hat, ist nur wegen solcher Forderungen statthaft, die aus der Zeit vor der Veräußerung stammen; für Forderungen, deren Entstehungszeitpunkt nach dem Kauf liegt, haftet nur der neue dominus.196 Dieser Einschränkung soll im Folgenden nachgegangen werden. 2. Einschränkung des Wahlrechts des Käufers
a) Quellenlage Gemäß Afr. D.15.1.38.3 (8 quaest.) kann gegen den alten Eigentümer des Sklaven wegen einer Forderung nur dann geklagt werden, wenn diese entstanden ist, bevor der alte Eigentümer den Sklaven verkauft hat. Auf den ersten Blick scheint die Stelle damit in Widerspruch zu stehen zu den anderen Fragmenten dieses Titels, in denen ein zeitliches Moment als Voraussetzung einer Klage gegen den Alt-Eigentümer nicht genannt wird.197 So sagt Gaius 193 Paul. D. 15.1.26 (30 ad ed.); Gai. D. 15.1.27.2 (9 ad ed. prov.); Ulp. D. 15.2.1 pr. (29 ad ed.). 194 Ulp. D. 15.1.11.8 (29 ad ed.); Gai. D. 15.1.27.2 (9 ad ed. prov.); Iul. D. 15.1.37.2 (12 dig.). 195 (8 quaest.): Servo quem tibi vendideram pecuniam credidi: quaesitum est, an ita mihi in te actio de peculio dari debeat, ut deducatur id, quod apud me ex eo remanserit. quod quidem minime verum est, nec intererit, intra annum quam vendiderim an postea experiar: nam nec ceteris quidem, qui tunc cum eo contraxerint, in me actio datur. in contrarium quoque agentibus mecum his, qui antea cum eo servo contraxissent, non deducam id, quod postea mihi debere coeperit. ex quo apparet onus eius peculii, quod apud me remanserit, ad posterioris temporis contractus pertinere non debere. 196 Ob der neue dominus auch für Altschulden haftet, ist umstritten; vgl. Ulp. D. 14.1.42 (12 ad ed.). Hierzu Kaser, RP I, S. 607 m. w. N. in Anm. 15. 197 Einen Überblick über die Quellen gibt Buti, Capacità, S. 203 ff.
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2. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut
in D. 15.1.27.2198 nur, dass die actio de peculio annalis gegen den Veräußerer neben der actio de peculio gegen den neuen Eigentümer erteilt werde.199 Paulus schildert folgenden Fall: Paul. D. 15.1.47.5 (4 ad Plaut.) Si servus deducto peculio venditus sit, procedit, ut venditor et deductione uti possit, et, si post venditionem coeperit aliquid venditori servus debere, non minuit peculia, quia non domino debet. (…).
Es wird ein Sklave ohne das peculium veräußert. Für die Frage, inwieweit der Veräußerer (Alt-dominus) die Möglichkeit der Deduktion von Schulden seines Sklaven habe, wenn er von einem Dritten de peculio in Anspruch genommen werde, differenziert Paulus danach, ob die Schuld vor oder nach der Veräußerung begründet worden sei, denn nur die Schuld vor dem Verkauf sei abzugsfähig, die spätere jedoch nicht. Als Argument führt er an, dass in letzterem Falle, also wenn die Schuld erst nach der Veräußerung entstanden sei, der Sklave seinem früheren dominus nichts schulde. Diese Argumentation leuchtet ein, denn nach der Veräußerung ist der in Anspruch genommene alte Eigentümer nicht mehr Eigentümer des Sklaven, und jegliche Schuld dieses Sklaven ihm gegenüber ist wie die Schuld gegen einen Dritten zu behandeln. Daher kann der Alt-Eigentümer spätere Schulden nicht abziehen; er ist gerade nicht mehr Eigentümer. In dieser lex, die sich mit der Deduktionsmöglichkeit des Veräußerers beschäftigt, kommt also die gleiche zeitliche Differenzierung zum Ausdruck, die bei Afrikan in D. 15.1.38.3 für die Inanspruchnahme durch den Gläubiger zu beobachten ist. Hieraus muss aber nicht zwingend auf einen Widerspruch zu den anderen Fragmenten geschlossen werden, die bei der parallelen Haftung von Neu- und Alt-Eigentümer nicht zusätzlich auf die Voraussetzung der Entstehung der Schuld schon zu Zeiten hinweisen, in denen der Veräußerer noch Eigentümer war; vielmehr könnte davon auszugehen sein, dass dies als selbstverständlich vorausgesetzt und deshalb nicht für erklärungswürdig angesehen wurde.200
198 (9 ad ed. prov.): Si servus alienatus sit, quamvis in eum, qui alienaverit, intra annum praetor de peculio actionem polliceatur, tamen nihilo minus et in novum dominum actio datur, et nihil interest, aliud apud eum adquisierit peculium an quod pariter cum eo emerit vel ex donatione acceperit eidem concesserit. 199 Ebenso Julian in D. 15.1.37.2 (12 dig.): (…) permittendum creditori et cum venditore et cum emptore agere. Vgl. zur Interpolationsvermutung bez. des letzten Satzes des Textes Solazzi, BIDR 17 (1905), S. 209 ff., der sie im Ergebnis widerlegt. 200 Vgl. Paul. D. 15.1.47.4 (4 ad Plaut.): Jeder beliebige Gläubiger kann aus früherem Geschäft gegen den Verkäufer klagen – ex ante gesto agere potest. Zu den Modalitäten der parallelen Haftung von Verkäufer und Käufer vgl. Paul. D. 15.1.47.3 (4 ad Plaut.); anders Gai. D. 15.1.27.3 (9 ad ed. prov.).
§ 7 Bedeutung des peculium beim Verkauf des Sklaven
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b) Erklärungsansätze von Micolier und Kaser Micolier201 entwickelt eine andere Erklärung für diese Uneinheitlichkeit in den Quellen und geht davon aus, dass ursprünglich im Falle des Verkaufs des Sklaven ohne das alte peculium eine strikte Trennung existiert habe zwischen dem peculium, das beim Verkäufer bestanden hatte, und dem beim Käufer des Sklaven, das dieser ihm nach dem Kauf überlassen hat. Der Verkäufer haftete aufgrund der actio de peculio annalis für diejenigen Schulden, die in der Zeit begründet wurden, als er noch Eigentümer war.202 Dann habe sich die Auffassung geändert und bereits in der Zeit vor Julian sei es für den Gläubiger auch möglich gewesen, wegen einer vor dem Kauf begründeten Verbindlichkeit (ex ante gesto) gegen den Erwerber vorzugehen, so dass actio de peculio und actio de peculio annalis fortan miteinander konkurrierten.203 Kaser bringt diesen Wechsel hin zur konkurrierenden Haftung von Verkäufer und Käufer in Zusammenhang mit der naturalis obligatio: Die alleinige Haftung des Veräußerers für vor dem Kaufvertrag eingegangene Verpflichtungen habe vor dem Aufkommen der naturalis obligatio gegolten, danach habe außerdem der neue Eigentümer mitgehaftet, weil auch nach dem Wechsel der Person des Gewalthabers der Sklave selbst Naturalschuldner des Klägers sei.204 Diese Verknüpfung mit der Naturalobligation ist beachtenswert, jedoch vermag sie nicht zu begründen, warum andere Stellen205 zu der Frage, wann die Verbindlichkeit begründet sein musste, damit der Veräußerer in Anspruch genommen werden konnte, gänzlich schweigen. Wenn die Haftung des Käufers auch für Verbindlichkeiten vor dem Erwerb (ex ante gesto) auf die Einführung der naturalis obligatio zurückzuführen wäre, so wäre überdies zu erwarten, dass sie in den Quellenstellen206 auch erwähnt würde – etwa als Begründung dafür, dass der Käufer neben dem Verkäufer haften sollte.207
201 Vgl. Micolier, S. 457. Zu anderen Erklärungsversuchen siehe ausführlich Micolier, S. 457 ff. m. w. N. 202 Vgl. Micolier, S. 457, der hierfür Iul. D. 15.1.37.2 (12 dig.) angibt. 203 Micolier, S. 457 ff., der hier auch die Modalitäten dieser Haftung untersucht. 204 Kaser, SZ 54 (1934), S. 397 und S. 399. Zur naturalis obligatio siehe unten § 9. 205 Ulp. D. 15.1.11.8 (29 ad ed.); Gai. D. 15.1.27.2 (9 ad ed. prov.); Iul. D. 15.1.37.2 (12 dig.). 206 Z. B. in Ulp. D. 15.1.11.8 (29 ad ed.); Gai. D. 15.1.27.2 (9 ad ed. prov.); Iul. D. 15.1.37.2 (12 dig.). 207 Denkbar wäre etwa ein erläuternder Nachsatz wie quia servus naturaliter obligatus est.
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2. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut
c) Ausschluss der Haftung des Verkäufers bei Übergabe (traditio) des peculium Zu überlegen ist, ob sich der Widerspruch in den Quellen bezüglich der Frage, ob bei der parallelen Haftung von Alt- und Neu-Eigentümer der AltEigentümer nur dann haftet, wenn die Verbindlichkeit zu einem Zeitpunkt begründet wurde, als er noch Eigentümer war, durch einen Blick auf Ulp. D. 15.1.32.2 auflösen lässt. Ulp. D. 15.1.32.2 (2 disp.) Venditor servi si cum peculio servum vendidit et tradiderit peculium, ne intra annum quidem de peculio convenietur: neque enim hoc pretium servi peculium est, ut Neratius scripsit.
Im Fall geht es um einen Verkäufer, der einen Sklaven mit peculium verkauft und das peculium tradiert hat. Dieser Verkäufer soll nicht einmal mehr binnen eines Jahres (ab dem Kauf) mit der actio de peculio in Anspruch genommen werden können. Als Argument für diese Entscheidung zitiert Ulpian Neraz, der geschrieben habe, der für den Sklaven erzielte Preis ersetze nicht das peculium. Dies ist das einzige Fragment, in dem explizit die Übergabe (traditio) des peculium im Zusammenhang mit der weiteren Haftung des Verkäufers angeführt wird. Daher könnte diese traditio selbst den Unterschied zu den zuvor genannten Fällen ausmachen. Denn das Einzige, was dem Verkäufer nach der traditio des Sklaven und des peculium noch verbleibt, ist der Kaufpreis, den er für den Wert des Sklaven erzielt hat. Neraz stellt aber klar, dass der Preis gerade nicht Bestandteil des Sondergutes ist. Folglich hat der Veräußerer nichts mehr in seinem Vermögen, das mit dem Sklaven und dessen peculium in Zusammenhang steht; er haftet nicht mehr, wie sich bei der actio de peculio aus der üblichen Einschränkung dumtaxat de peculio ergibt. Bedeutet dies, dass der Alt-Eigentümer in allen anderen Fällen nur deshalb haften muss, weil ihm das frühere Sondergut ganz oder teilweise im patrimonium verblieben ist? Grundsätzlich existiert das peculium nur in Verbindung mit einem Gewaltunterworfenen; wenn dieser nicht mehr im Eigentum seines Herrn steht, zum Beispiel weil er verkauft wurde, gibt es auch kein peculium mehr.208 In letzter Konsequenz müsste dann allen anderen Stellen, die von der parallelen Haftung von Käufer und Verkäufer sprechen, als Voraussetzung zugrunde gelegt werden, dass das frühere Sondergut zumindest teilweise noch im Vermögen des bisherigen Herrn verblieben ist. 208 Vgl.
S. 72.
Pomp. D. 15.2.3 (4 ad Q. Muc.); Paul. D. 33.8.1 (4 ad Sab.); Zeber,
§ 7 Bedeutung des peculium beim Verkauf des Sklaven
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Wenn man davon ausgeht, dass der Verkauf des Sklaven ohne peculium vielleicht den Normalfall bildete, verwundert nicht, dass viele Stellen nicht davon sprechen, dass der Verkäufer nur haftete, sofern ihm noch etwas im Vermögen verblieben war, denn dies wird regelmäßig der Fall gewesen sein. Der Ausschluss der Haftung bei tradiertem peculium im Ulpian-Fragment könnte sich als Sonderfall erklären lassen. Der entscheidende Unterschied zu anderen Konstellationen könnte aber im zweiten Halbsatz liegen: Der Kaufpreis ist hier für den Sklaven und nicht für das peculium gezahlt.209 Dies ist nicht zwingend, da der Preis grundsätzlich auch den Kaufpreis für das peculium darstellen kann: Iav. D. 15.1.33 (12 ex Cass.) Sed si quis servum ita vendidit, ut pretium pro peculio acciperet, penes eum videtur esse peculium, ad quem pretium peculii pervenit, Pomp. D. 15.1.34 (12 ex var. lection.) non penes quem res peculiaris sit.
Wenn jedoch der Preis den Kaufpreis für das peculium darstellen soll, soll das Sondergut bei demjenigen angenommen werden, der den Sklaven veräußert hat, nicht bei demjenigen, bei dem es sich nach dem Geschäft befindet. Wenn also der Käufer den Preis für das peculium gezahlt hat, ist die Situation nach dem Kauf so zu behandeln, als wäre das Sondergut noch immer beim Verkäufer. Andernfalls könnte sich der Alt-Eigentümer durch den Verkauf seines Sklaven der Haftung entledigen. Diese Überlegung setzt freilich voraus, dass in der Praxis sicher festgestellt werden kann, ob der Kaufpreis für den Sklaven oder für das peculium bezahlt ist. Genau davon geht D. 15.1.33 aus, wenn dem pretium servi aus D. 15.1.32 mit sed angeschlossen das pretium pro peculio gegenübergestellt wird. Es könnte aber auch für beide zusammen gezahlt worden sein mit der Folge, dass sich nicht mehr genau sagen ließe, welcher Anteil des Kaufpreises den Wert des Sklaven und welcher den seines Sondergutes repräsentiert. Im Rahmen der Vertragsverhandlungen zwischen Verkäufer und Käufer wird jedoch sicherlich über diese beiden Determinanten des Kaufpreises gesprochen worden sein, wobei es für den Abschluss eines Kaufvertrages aber ausgereicht haben wird, dass ein einheitlicher Preis ausgehandelt wurde, auch ohne dass die Parteien im Einzelnen offenlegen, wie hoch sie jeweils den Sklaven und das peculium veranschlagen. In Bezug auf die Zuordnung des peculium nach dem Verkauf ist wohl wie folgt zu unterscheiden: Wenn der Verkäufer den Sklaven samt peculium zu einem Komplettpreis verkauft, ist nicht feststellbar, welcher Teil des Kaufpreises auf das peculium entfällt. Dann tritt gemäß Ulp. D. 15.1.32.2 der 209 Ähnlich
Brinkhof, S. 173; vgl. Buckland, S. 230.
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2. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut
Kaufpreis an die Stelle des Sklaven mit der Folge, dass der Verkäufer nicht aus der actio de peculio annalis haftet. Andernfalls, wenn für das peculium eigens ein genauer Betrag festgelegt wird – so wohl Iav. D. 15.1.33 –, ist der Verkäufer so zu behandeln, als hätte er das peculium bei sich behalten. Bringt man dies mit D. 15.1.32.2 in Verbindung, ist festzustellen, dass der Verkäufer in dem zuvor genannten Falle D. 15.1.33 f. zumindest mit der actio de peculio annalis haften müsste.210 d) Ergebnis Die Untersuchung der Quellen in Bezug auf die parallele Haftung von Alt- und Neu-Eigentümer hat ein scheinbar widersprüchliches Bild zutage gefördert unter dem Aspekt, ob die Haftung des Veräußerers voraussetzt, dass eine Schuld eingeklagt wird, die zum Zeitpunkt seiner Eigentümerschaft entstanden ist. Es ist aber wohl davon auszugehen, dass eine actio de peculio annalis gegen den Veräußerer nur dann erteilt wird, wenn dem Alt-Eigentümer noch etwas von dem peculium, das er dem veräußerten Sklaven eingeräumt hatte, im Vermögen verblieben ist. Dies ist dann anzunehmen, wenn der Sklave mit dem peculium veräußert wurde und der vereinbarte Kaufpreis auch für das Sondergut gezahlt sein sollte (D. 15.1.33 f.). Wenn der Kaufpreis aber nicht an die Stelle des peculium tritt, ist das peculium auch nicht mehr als bloßer Vermögenswert im pa trimonium des Veräußerers enthalten; aus der actio de peculio ergibt sich in diesem Falle selbst, dass keine Haftung besteht. Diese Feststellungen beantworten zwar nicht direkt die Frage nach der Haftung des Veräußerers nur für Verbindlichkeiten aus der Zeit seiner Eigentümerschaft, sie lassen aber folgenden Schluss zu: Wenn der Veräußerer nicht mehr de peculio in Anspruch genommen werden kann, weil er keinen peculium-Rest – etwa in Form des Verkaufserlöses – mehr in seinem Vermögen hat, dann spricht dies auch dafür, ihn grundsätzlich nur für solche Verbindlichkeiten haften zu lassen, die aus der Zeit seiner Eigentümerschaft stammen.211 Denn nur diese Zeit, die Zeit seiner Eigentümerstellung, ist auch mit dem in seinem patrimonium vorhandenen peculium-Rest abgegolten, der seinerseits eine Haftung de peculio rechtfertigt.
210 Zum
211 Siehe
gleichen Schluss kommt Brinkhof, S. 173. hierzu noch § 7 III.
§ 7 Bedeutung des peculium beim Verkauf des Sklaven
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3. Gegenseitige Ansprüche von Käufer und Verkäufer
a) Klage des Käufers gegen den Verkäufer Eine Reihe von Fragmenten beschäftigt sich mit dem Verhältnis von Käufer und Verkäufer und ihren gegenseitigen Ansprüchen aus actio de peculio, condictio indebiti und actio ex vendito. Paulus behandelt unter Berufung auf Julian die actio de peculio des Käufers gegen den Verkäufer: Paul. D. 15.1.47.4 (4 ad Plaut.) Non tantum autem quivis creditor cum venditore ex ante gesto agere potest, sed et ipse emptor, idque et Iuliano videtur, quamvis et deducere ipse potest adversus alium agentem, dum tamen id, quod apud se habet, computet.
Wie jeder andere Gläubiger auch könne der Käufer gegen den Verkäufer de peculio klagen, und zwar aus früherem Geschäft (ex ante gesto), also für Forderungen, die vor der Veräußerung entstanden sind. Dies gelte, obwohl der Käufer bei Inanspruchnahme durch einen anderen Kläger seine Forderung gegen den Sklaven vom Sondergut abziehen könne; allerdings müsse er das Sondergut, das er bei sich habe, anrechnen. Die Forderung, die dem Käufer einen Anspruch de peculio gegen den Verkäufer verschafft, muss also aus einem Geschäft stammen, das jener mit dem Sklaven, den er später erwarb, für dessen peculium abgeschlossen hatte. Hier erscheint das peculium wie ein Vermögen, das an der Person des Sklaven haftet und zum Begleichen von Forderungen gedacht ist, unabhängig davon, bei welchem Herrn sich der Sklave aktuell befindet.212 Der Nachsatz, er, der Käufer, müsse sich das Sondergut, das er bei sich habe, anrechnen lassen (dum tamen id, quod apud se habet, computet), spricht dafür, dass zwischen dem peculium des Sklaven beim Veräußerer und dem beim Käufer zu unterscheiden ist. Wahrscheinlich hat der Veräußerer den Sklaven ohne peculium, oder nur mit einem Teil des peculium, das er dem Sklaven eingeräumt hatte, an den Käufer verkauft. Nun kann dieser Käufer wegen eines Geschäftes, das zeitlich vor dem Kauf des Sklaven liegt, gegen den Verkäufer die actio de peculio anstrengen, die jedoch nur dann Erfolg haben wird, wenn beim Verkäufer noch etwas aus dem ursprünglichen Sondergut vorhanden ist, etwa weil er den Sklaven nicht mit dem gesamten Sondergut an den Käufer veräußert hat. In diesem Fall muss eine Verrechnung stattfinden zwischen dem peculium-Anteil, der nach dem Verkauf beim Verkäufer verblieben ist, und dem, der sich beim Käufer befindet. Denn durch den Übergang eines Teils des peculium auf den Käufer hat sich die Haftungsmasse beim Verkäufer verringert, auf die mithilfe einer actio 212 Ähnlich Solazzi, BIDR 17 (1905), S. 231 mit Anm. 2. Zum peculium als Vermögen des Sklaven siehe § 6.
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2. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut
de peculio wegen Forderungen aus der Zeit seiner Eigentümerschaft am Sklaven zugegriffen werden kann. Ulpian zitiert in D. 15.1.11.8213 Julians Entscheidung in einem ähnlichen Fall: Jemand kauft einen Sklaven, gegen den er aus einem früheren Geschäft einen Anspruch de peculio hat. Dann soll er das, was ihm geschuldet wird, bei einer Inanspruchnahme de peculio vom Sondergut abziehen können, obwohl er hierfür gegen den Verkäufer die actio de peculio hat. Denn auch jeder andere Gläubiger könne wählen, ob er gegen den Käufer oder Verkäufer klage; dieser, also der Käufer, der den Sklaven kaufe, nachdem er gegen den Herrn und Verkäufer einen Anspruch de peculio habe, wähle daher statt der Klage den Abzug. Die anderen Gläubiger würden insofern nicht benachteiligt, als sie ja de peculio gegen den Veräußerer vorgehen könnten, wenn sie davon ausgingen, im Sondergut sei etwas vorhanden. Auch hier wird zunächst unterstrichen, dass der Käufer wie jeder andere Gläubiger gegen den Verkäufer de peculio vorgehen kann wegen einer Forderung, die er aus einem Geschäft mit dem Sklaven erworben hatte. Der Gläubiger, der zugleich Käufer des Sklaven ist, hat wie die anderen Gläubiger die Möglichkeit, im Wege der actio de peculio annalis gegen den Veräußerer vorzugehen. Im Unterschied zu den anderen Gläubigern kann er aber nicht gegen sich selbst vorgehen. Um diese Schlechterstellung desjenigen Gläubigers, der den Sklaven später kauft, zu mildern, wird ihm im Fall einer Inanspruchnahme de peculio der Abzug seiner Forderung zugebilligt; die anderen Gläubiger werden nicht benachteiligt, weil sie selbst gegen den Verkäufer die actio de peculio annalis haben.214 b) Klage des Verkäufers gegen den Käufer Mit dem umgekehrten Fall von möglichen Klagen des Verkäufers gegen den Käufer beschäftigt sich Ulpian unter Bezug auf Julian: Ulp. D. 15.1.11.7 (29 ad ed.) Denique Iulianus scribit venditorem, qui servum cum peculio vendidit, si de peculio conveniatur, non debere deducere quod sibi debetur: potuit enim hoc ex ratione peculii detrahere et nunc condicere quasi indebitum (quoniam non est in peculio quod domino debetur). potest, inquit, etiam ex vendito agere. quod ita erit probandum, si tantum fuit in peculio cum venderet, ut satisfacere debito dominus 213 (29 ad ed.): Idem scribit, si quis servum, cuius nomine de peculio habebat actionem, comparasset, an possit deducere quod sibi debetur, quoniam adversus venditorem habeat actionem de peculio? et recte ait posse: nam et quivis alius pot est eligere, utrum cum emptore an cum venditore ageret: hunc igitur eligere pro actione deductionem. nec video, quid habeant creditores quod querantur, cum pos sint ipsi venditorem convenire, si quid forte putant esse in peculio. 214 Vgl. ausführlich Solazzi, BIDR 17 (1905), S. 225 ff.
§ 7 Bedeutung des peculium beim Verkauf des Sklaven
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possit: ceterum si postea quid accessit condicionibus debiti existentibus, quod dominus non distraxerat, contra erit dicendum.
Julian beschreibt den Fall eines Verkäufers, der seinen Sklaven mit peculium verkauft hat und anschließend von einem Dritten de peculio in Anspruch genommen wird. Hierbei kann das, was ihm (dem Verkäufer) vom Sklaven geschuldet wird, nicht in Abzug gebracht werden im Wege der Deduktion, weil eine solche Deduktion nur möglich gewesen wäre, als er als Eigentümer des Sklaven noch berechtigt war, vom peculium Forderungen abzuziehen. Mit dem Verkauf des Sondergutes aber hat der Verkäufer diese Berechtigung verloren, so dass ihm – wie sich gleich zeigen wird – nur die condictio indebiti215 gegen den Käufer verbleibt. Als Begründung gibt Julian an, dass nicht im Sondergut sei, was dem Eigentümer geschuldet werde. Dies ist in dem Sinne zu verstehen, dass die Schuld des Sklaven gegenüber seinem Herrn, der ihn an den Käufer veräußert, den Wert des peculium zum Zeitpunkt des Verkaufes gemindert und der Verkäufer dem Käufer daher zu viel geleistet hat, als er ihm den Sklaven mitsamt dem Sondergut übergab, ohne diese Forderung abzuziehen.216 Weil er (der Verkäufer) aber mittlerweile keinen Zugriff mehr auf dieses Sondergut hat, wird er auf die condictio verwiesen. Daneben gewährt Julian dem Verkäufer auch die actio ex vendito. Ulpian ist jedoch der Meinung, dass diese Klage nur dann zur Verfügung stehe, wenn das Sondergut im Zeitpunkt des Verkaufs soviel enthalten habe, dass der Verkäufer sich hieraus wegen seiner Forderung hätte befriedigen können. Dies leuchtet ein, denn wenn zum Zeitpunkt der Veräußerung das peculium für die Befriedigung der Forderung nicht ausgereicht hätte, hätte der Herr schon damals keine Erfüllung erlangen können. Komme allerdings später durch den Eintritt von Bedingungen eine Schuld hinzu, die der Eigentümer nicht abgezogen habe, sei – so Ulpian – das Gegenteil anzunehmen und es bestehe kein Anspruch; dann soll der Verkäufer also keine Klage gegen den Käufer haben.
215 Klage wegen nichtgeschuldeter Leistung; vgl. hierzu ausführlich Kaser, RP I, S. 596. 216 Vielleicht lässt sich die Haftung des Verkäufers, obwohl er das Sondergut an den Käufer übergeben hat, damit erklären, dass es sich um einen Fall der Gläubigerbenachteiligung handelt, indem der Verkäufer das peculium vor dem Verkauf arglistig vermindert hat; vgl. Ulp. D. 15.2.1 pr. (29 ad ed.): Praetor ait: ‚Post mortem eius qui in alterius potestate fuerit, posteave quam is emancipatus manumissus alienatusve fuerit, dumtaxat de peculio et si quid dolo malo eius in cuius potestate est factum erit, quo minus peculii esset, in anno, quo primum de ea re experiundi potestas erit, iudicium dabo.‘
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2. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut
III. Zusammenfassung Der Herr kann seinen Sklaven sowohl mitsamt dem peculium als auch ohne dieses an einen Käufer veräußern. Die Quellen geben als Normalfall den Verkauf des Sklaven ohne das peculium an; der Verkauf des Sklaven mit peculium war aber dennoch möglich. Insgesamt lässt sich den zitierten Stellen folgendes Bild entnehmen: Wenn der Eigentümer seinen Sklaven veräußert, kann er wegen eigener Forderungen gegen diesen, die aus der Zeit seiner Eigentümerschaft stammen, nicht den Käufer in Anspruch nehmen;217 es steht ihm allenfalls die actio de peculio annalis hinsichtlich der Forderungen, die er gegen den Sklaven vor dem eigenen Ankauf begründet hat, zu. Diese Klage richtet sich gegen denjenigen, von dem er seinerzeit den Sklaven erworben hatte. In Bezug auf die parallele Haftung von Käufer und Verkäufer erkennt man, dass der Verkäufer wegen einer Schuld nur dann in Anspruch genommen werden kann, wenn die Verbindlichkeit entstanden ist, als er auch tatsächlich noch Eigentümer war.218 Für eine Schuld, die erst entstand, nachdem er den Sklaven veräußert hatte, haftet er nicht.
§ 8 Verwaltungsbefugnisse des Sklaven in Bezug auf das peculium I. Einführung Art und Weise sowie Umfang der Befugnisse des Sklaven, sein peculium zu verwalten, können Aufschluss geben darüber, welche Tätigkeiten dem Inhaber eines Sondergutes erlaubt waren, und insbesondere die Frage beantworten, ob eine Zahlung des Freikaufpreises mit Mitteln des peculium (ex peculio) überhaupt zulässig und wirksam sein konnte.219 Im deutschen Zivilrecht ist die Unterscheidung von Verpflichtung und Verfügung geläufig. Sie muss auch im römischen Recht hinzugezogen werden zumindest insofern, als im Rahmen des Handelns für das Sondergut zu differenzieren ist zwischen den Verpflichtungsgeschäften, die der Sklave für sein peculium 217 Daher besteht auch kein Widerspruch zwischen Gai. D. 15.1.27.4 (9 ad ed. prov.) und Ulp. D. 15.1.11.8 (29 ad ed.), weil im ersten Falle dem eigenen Sklaven, im zweiten Falle aber einem fremden Sklaven ein Darlehen gewährt worden war. Die Rückforderung ist aber nur möglich, wenn der Darlehensgeber zum Zeitpunkt der Valutierung nicht Eigentümer des Sklaven war (D. 15.1.11.8). Anders Solazzi, BIDR 17 (1905), S. 231 f. 218 Vgl. hierzu oben § 7 II. 3. a); so auch Ulp. D. 17.2.58.3 (31 ad ed.). 219 Zur Wirksamkeit der Zahlung mit Pekuliarmitteln im Rahmen der redemptio suis nummis siehe unten § 14.
§ 8 Befugnisse des Sklaven in Bezug auf das peculium119
vornimmt, und den Verfügungen über Gegenstände aus dem Sondergut. Im Folgenden sollen die Befugnisse des Sklaven dahingehend untersucht werden, ob und unter welchen Voraussetzungen er mit dem peculium wirksam Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfte abschließen kann. Im Rahmen der Verfügungsgeschäfte muss überprüft werden, ob eine wirksame Verfügung des Sklaven über Pekuliargegenstände eine zusätzliche Verfügungsermächtigung durch den Herrn (libera administratio) voraussetzt. II. Verpflichtungsgeschäfte Das Sondergut soll es – wie bereits mehrfach festgestellt – dem Sklaven ermöglichen, mit den ihm zugewiesenen Vermögensgegenständen zu wirtschaften, ohne dass der Herr ihn ständig überwachen oder sein Einverständnis für dieses oder jenes Geschäft erteilen müsste.220 Es war geradezu „ein Gebot der praktischen Vernunft“221, dass der Sklave Verpflichtungen wirksam begründen konnte. Fraglich aber ist, welches Ausmaß die Befugnisse des Sklaven erreichen konnten. Hierfür hat sich bereits bei der Untersuchung der Haftung des dominus im Wege der actio de peculio ein Anhaltspunkt ergeben, nämlich die Beschränkung dumtaxat de peculio.222 Für Verpflichtungsgeschäfte des Sklaven war der Herr also nur in Höhe des peculium verpflichtet, er haftete aber nicht darüber hinaus mit seinem ganzen Vermögen. In diesem Zusammenhang konnte auch festgestellt werden, dass es dem dominus nicht möglich war, die Verpflichtungsfähigkeit seines Sklaven zu beschränken, selbst wenn er dies ausdrücklich versuchte – etwa indem er in seinem Laden ein Schild aufhing, das ein Kontrahierungsverbot zum Ausdruck brachte.223 Wacke224 weist jedoch darauf hin, dass die Überlassung eines peculium zwar als generelle Einwilligung in die Geschäfte, die das Sondergut betreffen, angesehen werden könne. Dies müsse aber insofern präzisiert werden, als zwischen onerosen und lukrativen Geschäften zu differenzieren sei, wobei lukrative Geschäfte wie etwa Schenkungen oder Vermächtnisse eines Dritten dem Herrn den Rechtserwerb durch den Sklaven generell, also auch schon oben § 5 I. 2; vgl. Valiño, AHDE 37 (1967), S. 391. formuliert treffend Chiusi, SZ 124 (2007), S. 95. Vgl. auch Karlowa, S. 111, der die vormals fehlende Verpflichtungsfähigkeit des Sklaven in Zusammenhang bringt mit der Entstehung der Naturalobligation und des peculium. 222 Siehe oben § 5 V. 1.; vgl. den Überblick bei Wacke, FS Wieling, S. 257 ff. 223 Paul. D. 15.1.47 pr. (4 ad Plaut.); siehe hierzu oben § 5 V. 2.; vgl. Gai. D. 15.1.29.1 (9 ad ed. prov.). 224 FS Wieling, S. 257 f.; die gleiche Unterscheidung macht Buckland, S. 198 ff.; vgl. Mandry, FS v. Wächter, S. 57 ff. 220 Siehe 221 So
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2. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut
ohne peculium, ermöglichten, während bei onerosen Geschäften zwischen Verpflichtungen und Verfügungen unterschieden werden müsse. Im Rahmen der Verpflichtungsgeschäfte könne eine umfassende Befähigung des Sklaven angenommen werden, die aus der Einräumung des Sondergutes folge. Diese Ermächtigung, Verpflichtungen einzugehen, implizierte aber nicht, dass der Sklave auch ohne weiteres zum Abschluss von Verfügungsgeschäften befugt war.225 Mit der Einräumung eines peculium ist der Sklave also zum Abschluss von Verpflichtungsgeschäften berechtigt und kann insoweit als verpflichtungsfähig angesehen werden. Dabei bedeutet die concessio peculii eine generelle Einwilligung des Herrn in den Abschluss solcher Geschäfte, die das peculium betreffen; aus diesen wird er berechtigt und verpflichtet. Die Einräumung eines peculium führt aber grundsätzlich nicht dazu, dass generell alle Verpflichtungsgeschäfte des Sklaven wirksam sind, unabhängig davon, ob sie das peculium betreffen.226 III. Verfügungsgeschäfte 1. Begriffsbestimmung
Verfügungen über Gegenstände des Sondergutes sind im Grunde die notwendige Folge der Zulassung von Verpflichtungsgeschäften, weil diese nur dann realisiert werden, wenn der Sklave die von ihm abgeschlossenen Verträge auch dinglich vollziehen und so den Bestand des peculium verändern kann. Die moderne Definition227 der Verfügung als Rechtsgeschäft, das sich unmittelbar auf ein bestehendes Recht auswirkt, indem es dieses inhaltlich verändert, überträgt oder aufhebt, kann übernommen werden.228
225 Buckland, S. 201; Mandry, FS v. Wächter, S. 57 f.; Wacke, FS Wieling, S. 258 f. Anders Kaser / Knütel, Röm. Privatrecht (18. Aufl.), S. 74 f., auf die Wacke verweist, sowie S. 87. 226 Allgemein gilt für das Handeln des Sklaven Gai. D. 50.17.133 (9 ad ed. prov.): Melior condicio nostra per servos fieri potest, deterior fieri non potest. 227 Siehe nur Palandt-Ellenberger, Überblick vor § 104 Rn. 16. 228 Vgl. Wacke, FS Wieling, S. 274 f., der sich mit der Frage auseinandersetzt, wie libera administratio am besten übersetzt werden kann, nämlich entweder wortgetreu als „freie Verwaltung“ oder modern als „freie Verfügungsmacht“; er bleibt „unentschlossen“, denn ein lateinisches Äquivalent zu unserer Verfügung gebe es nicht. Hier soll der Begriff Verfügungs- oder Dispositionsbefugnis verwendet werden, damit nach heutigem Verständnis das Problem deutlich wird.
§ 8 Befugnisse des Sklaven in Bezug auf das peculium121 2. Anforderungen an das Handeln des Sklaven für das peculium
a) Wechsel im Bestand des peculium: Gedanke der dinglichen Surrogation Damit der Sklave den Bestand seines Sondergutes wirksam verändern kann, muss er auch zur Verfügung über die Gegenstände in seinem peculium berechtigt sein. Allerdings ist zu bedenken, dass grundsätzlich jeglicher Erwerb des Sklaven automatisch (ipso iure) in das patrimonium seines Herrn fällt.229 Daher erscheint es zweifelhaft, wie von außen erkennbar ist, ob dann, wenn der Sklave über Gegenstände des Sondergutes verfügt, zum Beispiel durch Veräußerung einer Pekuliumsache, Gegenleistungen hierfür in das Sondergut oder aber in das patrimonium des Herrn gelangen. Jedenfalls ist es nicht mit dem Sinn des peculium vereinbar, wenn dieses dadurch vermindert werden könnte, dass die Gegenstände veräußert würden, die Gegenleistungen für diese Veräußerungen aber nur allgemein in das patrimonium des Herrn fielen. Auf diesem Wege wäre es nämlich möglich, den Bestand des Sondergutes so zu verringern, dass es nicht mehr als Kreditmittel gegenüber den Gläubigern des Sklaven geeignet wäre. Somit kommt es entscheidend darauf an, wann davon ausgegangen werden kann, der Sklave handle für das peculium mit der Folge, dass Erworbenes zum Aktiv des Sondergutes wird. Hierfür muss der Sklave tatsächlich für das peculium handeln und Verfügungen vornehmen. In Bezug auf das Handeln des Sklaven für das peculium macht Andrés Santos230 drei verschiedene Auffassungen aus, die sich jeweils darin unterscheiden, ob, und wenn ja, in welchem Umfang sie eine objektive und eine subjektive Verbindung des Handelns des Sklaven mit dem peculium als notwendig erachten. Zuerst referiert er die Auffassung Mandrys,231 der sowohl eine objektive Verbindung in Form eines Handelns mit Pekuliarmitteln als auch eine subjektive in Form des Willens des Sklaven, für das peculium zu handeln, verlange. Pernice232 hingegen lässt es ausreichen, dass der Sklave mit der Intention des Erwerbes zum Sondergut handle. Dagegen halte Buckland233 den Willen des dominus allein für maßgeblich für die Frage, ob das Geschäft mit Pekuliarmitteln auch zu einem Erwerb zum 229 Siehe hierzu § 5 I. 2., § 6 I.; vgl. auch zum Folgenden Andrés Santos, S. 183, S. 195. 230 S. 196 ff. 231 Andrés Santos, S. 196, der auf Mandry, FS v. Wächter, S. 46 ff. Bezug nimmt. 232 Labeo I, S. 138 f.; vgl. Andrés Santos, S. 196 f. 233 Andrés Santos, S. 197; Buckland, S. 198 f.
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2. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut
Sondergut führe oder nicht. In Auseinandersetzung mit den genannten Auffassungen bemängelt Andrés Santos, dass Mandrys These dazu führe, dass die dingliche Surrogation ihren beschützenden Charakter verliere, denn schließlich hinge es allein vom Willen des Gewaltunterworfenen ab, ob das Vermögen des Herrn vermehrt bzw. vermindert werde oder nicht.234 Die Surrogation schützt nämlich insofern, als sie bei Ausscheiden einer Sache aus dem Bestand des Sondergutes (etwa durch traditio eines verkauften Gutes) dafür sorgt, dass die Gegenleistung wiederum in das peculium, und nicht nur in das patrimonium des Herrn fällt.235 Damit bleibt den Gläubigern ein Sondergut mit gewissem Inhalt erhalten, auf das sie im Wege der actio de peculio gegen den Herrn des Sklaven zugreifen können. Die Abhängigkeit vom Willen des Gewaltunterworfenen aber beende das materielle Band, das der Erwerb mit Pekuliarmitteln zum Sondergut herstelle, so dass der Begriff der dinglichen Surrogation im eigentlichen Sinne nicht mehr zutreffe. Auch mit Pernice komme man zu einem ähnlichen Ergebnis, weil dieser von einem materiellen Element völlig Abstand nehme. Allerdings nähere sich das Handeln des Sklaven für das Sondergut in diesem Falle immer mehr dem des Herrn an, der sein patrimonium in einer Weise verwalte, in der die dingliche Surrogation ohne Bedeutung sei.236 Wenn es also allein auf den Willen des Sklaven ankomme, so Andrés Santos, stehe der Sklave dem Herrn in nichts nach, was die Verwaltung und das Handeln mit dem peculium oder dem patrimonium angehe, denn der Herr müsse bei Geschäften für sein Vermögen nicht explizit deutlich machen, dass eventuelle Gegenleistungen wieder in dieses Vermögen fließen sollen. Diese Anmerkung Andrés Santos’ ist wohl als Hinweis darauf zu verstehen, dass, wenn es allein auf den Willen des Sklaven ankommt für die Frage, ob sein Handeln das peculium betreffen soll oder nicht, der Sklave mit seinem peculium agiert, als sei dies sein Vermögen; mit anderen Worten: das peculium ist quasi patrimonium des Sklaven. b) Der Wille des Sklaven beim Handeln für das peculium Diese eben dargestellte Kritik, insbesondere daran, allein auf den Willen des subiectus abzustellen für die Frage, wann ein Handeln für das peculium vorliegt, vermag nicht recht zu überzeugen, wenn man die actio de peculio 234 Dingliche Surrogation bedeutet, dass kraft Gesetzes an die Stelle eines Gegenstandes ein Surrogat, also ein dafür erworbener Gegenstand oder ein Ersatzstück tritt, vgl. Palandt-Bassenge, Einleitung vor § 854 Rn. 16. Siehe auch zum Folgenden Andrés Santos, S. 197. 235 Vgl. Andrés Santos, S. 183. 236 Andrés Santos, S. 197.
§ 8 Befugnisse des Sklaven in Bezug auf das peculium123
im Unterschied zur actio exercitoria und zur actio institoria betrachtet.237 Obwohl diese Klagen primär die Ebene der Verpflichtung betreffen, gibt der Vergleich dennoch Aufschluss darüber, wie das Handeln des Sklaven in Bezug auf sein peculium im Allgemeinen beschaffen sein muss. Denn wenn Gläubiger mit der actio de peculio gegen den Herrn vorgehen, greifen sie auf das peculium zu und möchten die Befriedigung aus seinem Bestand erreichen, auf den sich die Verfügungen des Sklaven auswirken. Im Wege dieser Klagen, der actio exercitoria und der actio institoria, haftet der dominus nur dann – und zwar unbeschränkt (in solidum) –, wenn der Sklave mit seinem, des dominus, Willen für res dominicae gehandelt hat. Dagegen haftet er unabhängig von seinem Willen für ein Handeln des Sklaven mit Mitteln des peculium im Wege der actio de peculio; diese Haftung ist auf den Wert des peculium beschränkt.238 Dazwischen steht die actio tributoria, die Anwendung findet, wenn der Sklave mit der merx peculiaris und mit scientia, also mit Kenntnis und darin enthaltenem Willen, des dominus Geschäfte gemacht hat; die Haftung geht in solidum.239 Hieraus folgt aber wohl, dass es für die Frage, zu welchem Haftungsumfang – in solidum oder auf das peculium beschränkt – das Handeln des Sklaven für seinen Herrn führt, sowohl der Wille des Herrn als auch der des Sklaven Beachtung findet. Wie sonst erklärt es sich, dass ein Agieren des Sklaven bei Unkenntnis des dominus von diesem Tätigwerden dennoch zu einer Haftung de peculio führt?240 Schließlich soll der Sklave ja für sein peculium handeln dürfen und dieses vermehren können. Dann muss ihm aber auch zugestanden werden, einen diesbezüglichen Willen konstitutiv einzusetzen. Dass der Herr hiermit grundsätzlich einverstanden ist, hat er bereits mit Bereitstellung des peculium zum Ausdruck gebracht. Haftet er dagegen in solidum, so kann sein Wille nicht übergangen werden, sondern ist gerade konstitutiv für die actio exercitoria oder institoria. Aber auch der Schutz der Gläubiger im Wege der dinglichen Surrogation ist nur schwach, weil er – wie Andrés Santos241 selbst zu recht bemerkt – voraussetzt, dass der Herr einer solchen Surrogation zumindest wohl gesonnen ist, denn grundsätzlich obliegt ihm allein die endgültige Entscheidung darüber, ob er den Verbleib einer Sache im Sondergut duldet oder nicht. Sollte der dominus aber arglistig den Bestand des peculium verringern, indem er zum Beispiel Gegenleistungen aus 237 Zu
den adjektizischen Klagen siehe § 5 VI. 1. die ausführliche Analyse bei Chiusi, SZ 124 (2007), S. 96 ff.; S. 111 f. Siehe zur Haftung de peculio oben § 5 III. 239 Chiusi, SZ 124 (2007), S. 111. 240 Gemäß Ulp. D. 14.1.1.20 (28 ad ed.) ist die actio de peculio anwendbar, wenn der Gewaltunterworfene ohne Zustimmung seines Herrn handelt; vgl. Wacke, FS Wieling, S. 263 m. w. N. 241 S. 183 f.; hierzu oben § 8 III. 2. a). 238 Vgl.
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2. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut
Veräußerungen diesem entzieht und seinem patrimonium zuordnet, kann ihn die Haftung de peculio dennoch in der Höhe treffen, die das Sondergut vor dem treuwidrigen Abzug hatte;242 dem Schutz der Gläubiger wird dann also nicht im Wege der Surrogation, sondern bei der Berechnung des Sondergutes im Rahmen der actio de peculio Genüge getan. Letztlich ist es aber unter einem anderen Aspekt unerheblich, ob die Gegenleistung dem patrimonium oder dem peculium zugeführt wird: Sollte sie sich nämlich als Vermögensmehrung im patrimonium befinden, steht dem Gläubiger diesbezüglich die actio de in rem verso offen.243 Dass der Wille des subiectus durchaus entscheidend sein kann, wird auch hier deutlich: Ulp. D. 15.3.7.5 (29 ad ed.) Si filius familias pecuniam mutuatus pro filia sua dotem dederit, in rem versum patris videtur, quatenus avus pro nepte daturus fuit. quae sententia ita demum mihi vera videtur, si hoc animo dedit ut patris negotium gerens.
Ein Haussohn hat Geld aufgenommen für die Mitgift seiner Tochter. Dieses Geld wird dann als Zuwendung in das Vermögen des pater familias – also des Vaters des Haussohnes, der zugleich der Großvater der filia ist, für die die dos bestimmt war – angesehen, wenn er selbst ebenfalls eine Mitgift in dieser Höhe gegeben hätte. Dann haftet er im Wege der actio de in rem verso. Dies, so Ulpian, solle aber nur gelten, wenn der Haussohn die Mitgift in der Absicht eines Geschäfts des pater familias, seines Vaters, bestellt hatte. Ob der Haussohn also für den pater familias gehandelt hat, hängt vom Willen des filius ab. Auch wenn dieser Text primär die Ebene des Verpflichtungsgeschäftes im Blick hat, lässt sich ihm doch entnehmen, dass es in Bezug auf das Handeln für das Sondergut generell darauf ankommt, dass der Gewaltunterworfene ein Geschäft hierfür tätigen will. Im vorliegenden Fall wollte der Haussohn offenbar gerade kein Pekuliargeschäft tätigen, wie aus der Erörterung der Zuwendung (versio) in das Vermögen des pater familias hervorgeht. Dieser Wille kann aber auch auf die Verfügung bezogen werden, etwa als Wille, die Sache dem Sondergut zuzuordnen oder einen Gegenstand des peculium zu übereignen. Es ist also nicht völlig abwegig, 242 Ulp. D. 15.1.21 pr. (29 ad ed.): Summa cum ratione etiam hoc peculio praetor imputavit, quod dolo malo domini factum est, quo minus in peculio esset. sed dolum malum accipere debemus, si ei ademit peculium: sed et si eum intricare peculium in necem creditorum passus est, Mela scribit dolo malo eius factum. sed et si quis, cum suspicaretur alium secum acturum, alio peculium avertat, dolo non caret. sed si alii solvit, non dubito de hoc quin non teneatur, quoniam creditori solvitur et licet creditori vigilare ad suum consequendum. 243 Vgl. Klinck, S. 179 ff.
§ 8 Befugnisse des Sklaven in Bezug auf das peculium125
auf den Willen des subiectus abzustellen für die Frage, ob für das peculium gehandelt wurde oder nicht.244 3. Anforderungen an die Verfügungsbefugnis des Sklaven: Kontroverse um die libera administratio peculii
a) Problemstellung Damit die Verfügung des Sklaven wirksam ist, bedarf er der Berechtigung zur Verfügung. Wie diese aussah, ist nicht einfach zu beantworten. Denn die Quellen sind an dieser Stelle nicht eindeutig, sondern enthalten die Begriffe concessio administrationis, administratio peculii und libera administratio, deren Bedeutung und Verhältnis zueinander nicht einheitlich erscheinen und daher auch in der Forschung stark umstritten sind. Einerseits gibt es Fragmente, die von einer libera administratio peculii245 sprechen. So soll beispielsweise die Übereignung eines Grundstückes, das ein Sklave mit peculium und libera administratio verkauft hat, dem Erwerber eine dingliche Klage verschaffen und sie muss – wie hieraus geschlossen werden kann – wirksam sein, ebenso wie wenn die traditio einer Sache des Herrn (domini rem) mit Willen des Herrn (domini voluntate) erfolge; gleiches gelte für den procurator.246 Diese libera administratio peculii bedeutet nach Paulus eine generelle Ermächtigung zur Disposition.247 Andernorts ist von administratio peculii248 die Rede, wobei wohl überwiegend davon ausgegangen wird, dass zwischen libera administratio peculii und administratio peculii kein inhaltlicher Unterschied bestanden habe.249 Wie244 Dass dieser Wille durchaus verbindlichen und dezisiven Charakter haben konnte, lässt sich auch den Quellen entnehmen: Neben Ulp. D. 15.3.7.5 (29 ad ed.) vgl. Paul. D. 41.3.31.3 (32 ad Sab.); ders. D. 41.4.2.12 (54 ad ed.); Iul. D. 15.1.37.1 (12 dig.). 245 U. a. Ulp. D. 4.4.3.11 (11 ad ed.); Paul. D. 15.1.48 pr. (17 ad Plaut.). – Zur Übersetzung des Begriffs siehe Wacke, FS Wieling, S. 274 f.; hierzu oben Anm. 228. 246 Ulp. D. 6.1.41.1 (17 ad ed.): Si servus mihi vel filius familias fundum vendidit et tradidit habens liberam peculii administrationem, in rem actione uti potero. sed et si domini voluntate domini rem tradat, idem erit dicendum: quemadmodum, cum procurator voluntate domini vendidit et tradidit, in rem actionem mihi praestabit. – Hierzu siehe unten § 8 III. 3 b) ff. 247 D. 15.1.46 (60 ad ed.): Qui peculii administrationem concedit, videtur permittere generaliter, quod et specialiter permissurus est. – Die libera administratio umfasste weder Schenkungen [z. B. Ulp. D. 39.5.7 pr. (44 ad Sab.); Gai. D. 2.14.28.2 (1 ad ed. prov.)] noch die Freilassung von Sklaven; vgl. Wacke, FS Wieling, S. 309. 248 Z. B. Ven. D. 44.3.15.3 (5 interdict.); Ulp. D. 12.1.11.2 (26 ad ed.); ders. D. 12.1.13.2 (26 ad ed.); Paul. D. 15.1.48.1 (17 ad Plaut.). 249 Micolier, S. 487 sagt in Anm. 3, die Begriffe seien synonym; in diesem Sinne auch Mandry, Familiengüterrecht II, S. 103 f.; genauso Andrés Santos, S. 193. –
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2. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut
der andere Stellen250 erwähnen eine irgendwie geartete Dispositionsbefugnis überhaupt nicht. Uneinheitlich wird schon die Frage beantwortet, ob die Verfügung an sich einer zusätzlichen Zustimmung des dominus bedurfte oder ob die Dispositionsbefugnis bereits in der gewöhnlichen concessio peculii enthalten war, auch wenn Alfenus Varus in D. 41.3.34251 eindeutig zum Ausdruck bringt, dass Letzteres nicht zutrifft: Wenn der Sklave ohne Kenntnis des Herrn eine Sache des Sondergutes verkaufe, könne der Käufer das Eigentum an der Kaufsache nur ersitzen. Den Ausgangspunkt dieses Streites um das Verhältnis von libera administratio peculii zur bloßen concessio peculii bildet die Frage, ab wann welcher dieser beiden Begriffe mit welcher Bedeutung verwendet wurde. b) Überblick über die Ansichten der Forschung zur libera administratio peculii aa) Pernice, G. Longo und Albertario: Wandel in der Bedeutung der Begriffe libera administratio peculii und concessio peculii Ältere Ansichten, insbesondere von Pernice, G. Longo und Albertario vertreten, gehen davon aus, dass es zwischen beiden Begriffen erst in nachklassischer bzw. justinianischer Zeit einen Bedeutungsunterschied gegeben habe, während in klassischer Zeit die Dispositionsbefugnis in der concessio peculii enthalten gewesen sei, wobei die concessio damals noch Diesbezüglich aber zumindest auffällig ist D. 12.6.13 pr. (10 ad Sab.). Hier verwendet Paulus kurz hintereinander einmal den Begriff libera administratio und einmal den Begriff administratio. Dies spricht wohl gegen die These G. Longos, Ricerche, S. 382 f., die Kompilatoren hätten das Adjektiv libera eingefügt, um auf das veränderte Konzept von administratio peculii aufmerksam zu machen. Die Kompilatoren hätten sehr nachlässig gearbeitet, wenn sie innerhalb eines Fragments die Korrekur einmal vornahmen und einmal vergaßen. Andererseits könnte das Adjektiv-Attribut bei der zweiten Nennung von administratio auch deshalb fehlen, weil hier nur auf die zuvor schon einmal genannte libera administratio Bezug genommen wird, so dass ein erneutes Hinzufügen etwa aus stilistischen Gründen überflüssig erscheint. Diese Erwägungen zeigen bereits, dass die Frage nach der Identität der beiden Begriffe eine umfassende sprachliche Analyse in den Rechtsquellen insgesamt notwendig macht, die hier unterbleiben muss. 250 Z. B. Lab. D. 19.2.60.7 (5 posterior. a Iavoleno); Iul. D. 46.1.19 (4 ex Minicio); Alf. Var. D. 41.3.34 (1 dig. a Paulo epitom.); ders. D. 46.3.35 (2 dig. a Paulo epitom.). 251 (1 dig. a Paul. epitom.): Si servus insciente domino rem peculiarem vendidisset, emptorem usucapere posse. Hierzu siehe unten § 12 II. 3.
§ 8 Befugnisse des Sklaven in Bezug auf das peculium127
ausdrücklich habe erfolgen müssen.252 Ebenso wie Pernice253 erkennt G. Longo254 zu Beginn der Kaiserzeit eine bedeutende Veränderung der römischen Bevölkerungsstruktur, die sich darin manifestierte, dass die Zahl der Sklaven zunahm, diese quasi-autonom agierten und für ihre Herren nur noch schwer zu kontrollieren waren. Allerdings sieht dieser den Ausgangspunkt der Entwicklung bereits in der Republik, während jener sie zeitlich später, zu Beginn der Kaiserzeit, ansiedelt. Diese Auffassung muss jedoch alle Stellen, in denen der Begriff libera administratio vorkommt, als interpoliert ansehen.255 bb) Micolier: Kompensation fehlender Sondergutsbestellung durch concessio administrationis Micolier256 ist hingegen der Ansicht, dass seit Marcellus und Proculus, also im 1. und 2. Jahrhundert n. Chr.,257 eine eigene administratio peculii verliehen werden musste, weil die Einräumung eines peculium dann keine ausdrückliche concessio mehr vorausgesetzt habe. Diese concessio administrationis soll nach seiner Auffassung wohl die fehlende ausdrückliche Sondergutsbestellung kompensieren. cc) Buti: concessio peculii und administratio peculii als Ausdruck des Willens des Herrn Nach Buti258 sollen concessio peculii und administratio peculii für die klassischen Juristen nicht das gleiche Konzept gewesen sein, sondern unterschiedliche Ausdrücke für das Bedürfnis danach, dass der Wille des Herrn, dem Handeln seines Sklaven Rechtswirksamkeit zu verschaffen, irgendwie zum Ausdruck kommen müsse. Die Ursprünge des Konzepts der adminis tratio peculii sieht er bei Julian in D. 15.1.16 (12 dig.), Ulp. D. 14.6.3.2 252 Zusammenfassung bei Andrés Santos, S. 191; ausführlich Buti, Capacità, S. 48 ff.; vgl. G. Longo, Ricerche, S. 369 ff. 253 Vgl. Labeo I, S. 133 ff. 254 G. Longo, Ricerche, S. 375 f. 255 Vgl. G. Longo, Ricerche, S. 377 ff., S. 390 ff. gegen Albertario, Studi I, S. 140 ff., der im Ergebnis aber dergleichen Auffassung ist wie G. Longo, wie er selbst feststellt (S. 156 Anm. 1). 256 S. 490 f. 257 Marcellus gehörte dem consilium von Antoninus Pius (138‑161 n. Chr.) und Marc Aurel (161‑180 n. Chr.) an; vgl. Kunkel, S. 213 f.; Kienast, S. 134 ff. Proculus siedelt Kunkel, S. 123 ff. im 1. Jahrhundert n. Chr. an. 258 Capacità, S. 68 ff.
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2. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut
(29 ad ed.) und Gai. D. 2.14.28.2 (1 ad ed. prov.). Das Problem, dass einige Stellen zu dieser Frage schweigen, löst er mit der Annahme, dass sie in diesen Fällen wohl unproblematisch gewesen sei, denn es sei nicht untypisch, dass es Stellen gebe, in denen nicht alle Elemente der Lösung angesprochen werden.259 dd) Brinkhof: Erweiterung der Befugnisse des Sklaven durch administratio peculii Nach ausführlicher Auseinandersetzung mit den genannten Ansichten und einer Analyse der relevanten Quellen formuliert Brinkhof die These, dass von alters her der peculium-Träger „gewisse Befugnisse“260 gehabt habe. Mit Einführung des prätorischen Edikts habe sich in Bezug auf das peculium eine Dogmatik entwickelt, die die Auffassung hervorgebracht habe, das Sondergut sei Vermögen des Herrn. Der Sklave habe also fremde Sachen unter sich, mit denen er wohl nur nach vorheriger Zustimmung des dominus agieren durfte, welche aber ursprünglich in der Einräumung des Sondergutes lag. Brinkhof nimmt weiter an, allmählich habe sich das Prinzip, dass der Sklave kein eigenes Vermögen haben könne,261 durchgesetzt und es sei die Frage entstanden, ob die Rechtshandlungen des Sklaven über die Einräumung des Sondergutes hinaus einer weiteren Zustimmung bedurften. Hierüber sollen die römischen Juristen zunächst uneins gewesen sein, einige hätten sie für inzident erteilt, andere eine besondere Ermächtigung für unentbehrlich gehalten. Beeinflusst von der allgemeinen Entwicklung und Herausbildung des Begriffes administratio im Recht dieser Zeit – etwa für den curator – sei dieser auch auf das peculium übertragen worden, denn hier wie dort handle es sich um den Fall des Innehabens fremder Sachen. Somit habe die administratio eine Erweiterung der Befugnisse des Sklaven zur Folge gehabt, denn fortan habe dieser keiner weiteren ausdrücklichen Ermächtigung durch den Herrn zur Verfügung bedurft; er sei vom SpezialErmächtigten zum allgemeinen Verwalter geworden, wie es auch Paulus in D. 15.1.46 (60 ad ed.)262 nahelege.
259 Buti, Capacità, S. 69 f.; Mandry, FS v. Wächter, S. 60 bez. Paul. D. 21.1.57.1 (5 quaest.). 260 S. 238 f., vgl. S. 122 ff. Die Bezeichnung „gewisse Befugnisse“ ist sehr vage; gemeint ist wohl, dass die Einräumung eines peculium für seinen Träger immer schon die Befugnis zum Wirtschaften, insbes. zum Abschluss von Verpflichtungsgeschäften bedeutete. 261 Gai. 2.87: (…) ipse enim, qui in potestate nostra est, nihil suum habere pot est. (…). 262 Für den Text siehe oben § 8 III. 3. a) in Anm. 247.
§ 8 Befugnisse des Sklaven in Bezug auf das peculium129
ee) Mandry, Andrés Santos: libera administratio als Voraussetzung der Dispositionsbefugnis des Sklaven Andrés Santos263 hält keine der vorgenannten Erklärungsversuche der jüngeren Zeit für überzeugend und schließt sich Mandrys These an, dass die libera administratio von Anfang an eine Voraussetzung der Dispositionsbefugnis über das peculium war, weil nämlich jeder Akt, der zu einer Veränderung des peculium führte, wie etwa die Aufhebung, Übertragung oder Minderung eines Rechtes des Herrn, einer Erteilung von Verwaltungsbefugnis bedurfte.264 Dagegen konnte der Sklave „alle obligationsbegründenden Akte“ und „alles faktische Gebahren mit dem einzelnen Peculiarbestand theile“265 unabhängig von einer concessio administrationis vornehmen. Nach Ansicht von Andrés Santos kam der concessio administrationis die Funktion zu, die concessio peculii zu begleiten und zu ergänzen, dies vielleicht schon seit Entstehung der actio de peculio, jedenfalls aber in klassischer Zeit. Dabei soll es keine Vermischung oder Kompensation der einen durch die andere gegeben haben.266 ff) Wacke: libera administratio als generelle Verfügungsbefugnis des Sklaven In jüngster Zeit hat sich Wacke267 der libera administratio peculii angenommen und sich zuerst bemüht, diesen Rechtsbegriff plastisch erscheinen zu lassen, indem er die Verleihung von libera administratio per Vermerk des dominus im Rechnungsbuch des Sklaven als Auszeichnung für gute Dienste und zugleich als Ansporn skizziert. Er äußert sich ablehnend gegenüber den älteren Theorien zum Verhältnis von concessio peculii und administratio, weil diese einen entwicklungsgeschichtlichen Ansatz verfolgten, dem es daran fehle, „im Flusse der Geschichte Konstanten festmachen zu können“268. Als Konstante sieht er die Feststellung des Pomponius in D. 50.17.11269, dass das, was uns gehöre, ohne unser Zutun nicht auf andere übertragen werden könne sowie dass die Lage durch den eigenen Sklaven nur verbessert, nicht jedoch verschlechtert werden könne, wie Gaius in 263 S. 192 ff. 264 Mandry,
FS v. Wächter, S. 57 ff., insbes. S. 66 f. FS v. Wächter, S. 67 f. 266 Andrés Santos, S. 192 ff. 267 FS Wieling, S. 271 ff. – Zur Rechnungsführung des Sklaven siehe oben § 5 II. 1. 268 Wacke, FS Wieling, S. 275. 269 (5 ad Sab.): Id quod nostrum est sine facto nostro ad alium transferri non potest. 265 Mandry,
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2. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut
D. 50.17.133270 feststellt. Da die Einräumung eines peculium aber lediglich eine „Ausgliederung eines Vermögensteils“271 sei, die jederzeit widerrufen werden könne, handle es sich nicht um eine abgeschlossene Aussonderung und folglich nicht um eine generelle Einräumung von Dispositionsbefugnis, zumal der Verzicht auf Recht(e) nicht zu vermuten sei. Verfügungen über fremdes Recht bedürften aber zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung des Berechtigten, die entweder als Spezialermächtigung oder als generelle libera administratio erteilt werden könne. Ähnlich wie Brinkhof, der als Beispiel für Verfügungen über fremdes Recht den curator heranzieht, wählt Wacke den procurator,272 um den Vergleich zwischen dem Sklaven, der über das Sondergut verfügt, und dem Innehaben fremder Rechte darzustellen. Einen Bezug zwischen dem Sklaven mit peculium und libera administratio und dem Prokurator, der voluntate domini tradierte, stellt auch Ulpian her.273 c) Stellungnahme Als Ergebnis dieses Überblicks über die verschiedenen Ansichten und Theorien zur libera administratio und ihrem Verhältnis zur concessio peculii lässt sich festhalten, dass nach allen Auffassungen zumindest in späterer Zeit eine Gewährung von Verfügungsbefugnis Voraussetzung wirksamer Disposition über die Gegenstände des peculium ist.274 Die Annahme, sie könnte sich bereits allein aus der concessio peculii ergeben, überzeugt aus mehreren Gründen nicht. Zum einen spricht dagegen, dass die concessio nicht immer und nicht von allen römischen Juristen als notwendiger Akt angesehen wurde.275 Zum anderen hängt die Möglichkeit des Sklaven, rechtsgeschäftlich zu handeln, nicht von einem Ermächtigungsakt ab, wie Gaius in D. 15.1.29.1276 zum Ausdruck bringt. Schließlich kann die These 270 (9 ad ed. prov.): Melior condicio nostra per servos fieri potest, deterior fieri non potest. 271 Wacke, FS Wieling, S. 276. 272 Brinkhof, S. 125. 273 Ulp. D. 6.1.41.1 (17 ad ed.): Si servus mihi vel filius familias fundum vendidit et tradidit habens liberam peculii administrationem, in rem actione uti potero. sed et si domini voluntate domini rem tradat, idem erit dicendum: quemadmodum cum procurator voluntate domini vendidit vel tradidit, in rem actionem mihi praestabit. Hierzu siehe oben § 8 III. 3. a). Die Suche nach libera administratio bei BIA ergibt viele Stellen aus dem Zusammenhang mit einem Prokurator. 274 Zum Erfordernis der libera administratio bei Zahlung mit Geld aus dem peculium siehe ausführlich unten § 12. 275 Vgl. u. a. Ulp. D. 15.1.7.1 (29 ad ed.); ders. D. 15.1.3.4 (29 ad ed.). 276 (9 ad ed. prov.): Etiamsi prohibuerit contrahi cum servo dominus, erit in eum de peculio actio.
§ 9 Folgen eines wirksamen Handelns mit Pekuliarmitteln131
insoweit nicht überzeugen, als dann alle Stellen, die von einer libera administratio sprechen,277 als nachträglich verändert angesehen werden müssten. Wenn aber in spätklassischer Zeit die Bedeutung der patria potestas ab- und die Selbstständigkeit des Sklaven zunahm, ist nicht einleuchtend, warum zur selben Zeit durch Einführung von libera administratio die Zustimmung des dominus zu Verfügungen erforderlich gemacht werden sollte.278 Grundsätzlich kann die Befugnis des Sklaven zur Verfügung über das peculium in der Regel auch deshalb angenommen werden, weil der Herr dem Sklaven das Sondergut einräumte, damit dieser hiermit eigenständig wirtschaften konnte. Die Verfügungsbefugnis im Rahmen des Üblichen wird also auch konkludent vorgelegen haben, da sonst die Bestellung eines peculium nicht sinnvoll erscheint. Eine tiefergehende Analyse dieser Problematik aber kann unterbleiben,279 weil sie hier nicht weiterführend ist. Vielmehr soll die Feststellung genügen, dass für eine Verfügung entweder die ausdrückliche oder die generell eingeräumte Befugnis durch den Herrn notwendig war.280 Dieses Ergebnis bedeutet auch, dass die Verwaltungsbefugnis des Sklaven für sein peculium es ebenfalls nicht erfordert, dieses Sondergut der Person des Sklaven zuzuordnen, sondern die Einordnung als rechtlich zum patrimonium des dominus gehörend auch weiterhin zutreffend ist.281
§ 9 Folgen eines wirksamen Handelns mit Pekuliarmitteln I. Verbindlichkeit des Sklaven aus dem peculium 1. Quellenlage
Wenn der Sklave nun für das peculium Verträge wirksam abschließen kann, stellt sich darüber hinaus die Frage, welche Natur dieses Handeln hat. In letzter Konsequenz müssen Vertragsabschlüsse, an denen ein servus beteiligt ist, als obligationes anerkannt werden und wirksam sein. Vier verschiedene Konstellationen sind denkbar: Der Sklave kann als Gläubiger eine Forderung oder als Schuldner eine Verbindlichkeit gegenüber einem 277 So z. B. Ulp. D. 6.1.41.1 (17 ad ed.); Paul. D. 13.7.18.4 (29 ad ed.); ders. D. 41.2.14 pr. (68 ad ed.). 278 In diesem Sinne Wacke, FS Wieling, S. 268 f., der meint, die libera administratio hätte dann eher als Erfordernis getilgt werden müssen. 279 Zur libera administratio bei einer Zahlung aus Pekuliarmitteln siehe unten § 12. 280 Zum Verhältnis von libera administratio und iussum vgl. Hernanz Pilar, S. 50 ff.; insbes. S. 58. – Zur Bedeutung der libera administratio für die wirksame Zahlung mit Pekuliarmitteln ausführlich siehe unten § 12. 281 Siehe hierzu oben § 6, insbes. IV.
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2. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut
Dritten, einem extraneus, begründen. Daneben sind auch Geschäftsbeziehungen zwischen dominus und servus denkbar, und zwar einmal als Schulden des Sklaven gegenüber dem Herrn oder als solche des Herrn gegenüber dem Sklaven. Weil die Quellenlage insgesamt nicht eindeutig ist, sondern widersprüchliche Quellen nebeneinander stehen, wird insbesondere die Anerkennung von Schulden des Herrn gegenüber seinem Sklaven kontrovers beurteilt. Aber auch für die vertraglichen Beziehungen eines Sklaven mit einem Dritten scheint ein Komplex von Stellen jegliche Verpflichtung für oder gegen den Sklaven auszuschließen. Paulus etwa lehnt ab, dass ein Sklave aus Verträgen verpflichtet werde,282 und auch Ulpian geht davon aus, dass es in der Person des Sklaven keine obligatio geben könne.283 Dagegen sprechen andere Stellen ausdrücklich von der Verpflichtungsfähigkeit des Sklaven. So sagt Paulus in D. 12.6.13 pr.284, der Sklave werde naturaliter verpflichtet, so dass Geleistetes nicht zurückgefordert werden könne. Was das Binnenverhältnis zwischen Sklaven und Herrn anbelangt, steht Javolen mit D. 35.1.40.3 (2 ex post. Lab.)285 in Widerspruch zu Ulp. D. 40.7.3.2 (27 ad Sab.)286. In D. 35.1.40.3 wird Servius mit der Ansicht zitiert, dass es im strengen Sinne keine Verpflichtung des Herrn gegenüber dem Sklaven gibt (dominus servo nihil debere potuisset); Javolen jedoch stellt auf das naturale debitum ab und kommt zu einem anderen Ergebnis. In D. 40.7.3.2 hingegen erkennt auch Servius Binnenschulden des Herrn als Rechnungsposten an.287 2. Terminologische Überlegungen
Zunächst könnte ein Blick auf die Terminologie helfen, die angedeuteten Widersprüche in den Quellen aufzulösen oder zumindest abzuschwächen. Für die Zeit des vorklassischen und klassischen Rechts definiert Kaser den Begriff obligatio als Rechtsverhältnis, das den Schuldner (debitor) zu einer Leistung an den Gläubiger (creditor) verpflichtet und dem Gläubiger erlaubt, falls der Schuldner nicht ordnungsgemäß leistet, diesen mit einer D. 44.7.43 (72 ad ed.): (…) servus autem ex contractibus non obligatur. D. 50.17.22 pr. (28 ad Sab.): In personam servilem nulla cadit obligatio. Vgl. Gai. 3.104 bez. der Unwirksamkeit einer stipulatio eines Gewaltunterworfenen. 284 (10 ad Sab.): Naturaliter etiam servus obligatur: et ideo, si quis nomine eius solvat vel ipse manumissus, ut Pomponius scribit, ex peculio, cuius liberam administrationem habeat, repeti non poterit: (…); vgl. Ulp. D. 44.7.14 (7 disp.). 285 Siehe für den Text unten § 9 II. 2. b). 286 Siehe für den Text unten § 9 II. 2. b). 287 Siehe zu beiden Stellen ausführlich unten § 9 II. 2. b). 282 Paul. 283 Ulp.
§ 9 Folgen eines wirksamen Handelns mit Pekuliarmitteln133
actio in personam zu verklagen und aus dem siegreichen Urteil zu vollstrecken.288 Noch in klassischer Zeit bezeichnete obligari wohl in der Regel die zivilrechtliche Verbindlichkeit, zuweilen wurde aber auch die honorarrechtliche Verbindlichkeit mit umfasst.289 Bemerkenswert sind in diesem Zusammenhang die Stellen, die die obligatio civilis der obligatio naturalis gegenüberstellen.290 Als Beispiel möge hier dienen: Ulp. D. 44.7.14 (7 disp.) Servi (…) ex contractibus autem civiliter quidem non obligantur, sed naturaliter et obligantur et obligant. (…).
Verträge verpflichten Sklaven zwar nicht zivilrechtlich, aber naturrechtlich können Sklaven (selbst) verpflichtet werden und verpflichten sie. Im Vergleich zur soeben zitierten Definition von obligatio fällt auf, dass der Begriff hier in einem anderen Sinne verwandt wird: Wenn obligari primär bezeichnet haben soll, eine Verbindlichkeit nach ius civile einzugehen, passt dies nicht zur Verwendung bei Ulpian, der eine begriffliche Unterscheidung danach einführt, ob die obligatio civilis oder naturalis ist. Folglich kann obligatio nicht synonym mit obligatio civilis sein, denn dann wäre eine Differenzierung zwischen naturalis und civilis nicht sinnvoll; vielmehr müsste ein anderer Begriff gefunden werden, dem das Attribut naturalis hinzugefügt werden könnte, um den Unterschied auszudrücken. Im terminologischen Sinne genauer erscheinen die Stellen, in denen der Begriff des debitum verwandt wird. Der Terminus debitum ist jünger und schließt die Haftung ein, wenn er schuldrechtliches Leistensollen meint, wobei er untechnisch für jegliche Art von Schuldverpflichtung benutzt wird.291 Diese etwas formalistische Überlegung zeigt jedoch, dass die Begriffe obligatio und debitum nicht ausschließlich als feste termini technici verwandt wurden, sondern dass sich die Bedeutung eines Begriffes durchaus veränderte wie zum Beispiel von civiliter dahingehend, dass nicht nur das strenge ius civile, sondern auch das ius honorarium hierunter gefasst wurde.292
288 Kaser, RP I, S. 479. Vgl. Georges, Sp. 1247 s. v. obligatio: als juristischer terminus technicus das Verhältnis von Gläubiger und Schuldner, das Recht des Gläubigers und die Pflicht des Schuldners, das Schuldforderungsverhältnis. 289 Kaser, RP I, S. 480; Honsell / Mayer-Maly / Selb, S. 213. 290 Hierauf machen auch Heumann / Seckel, S. 361 s. v. naturalis aufmerksam. Die Stellen stammen in der Regel aus hochklassischer Zeit; vgl. neben den Genannten Ven. D. 14.6.18 (2 stip.). 291 Kaser, RP I, S. 479 f.; vgl. Honsell / Mayer-Maly / Selb, S. 212 f. 292 Vgl. Waldstein, OIR 9 (2004), S. 225, der an Ulp. D. 47.4.1.1 (38 ad ed.) beispielhaft verdeutlicht, dass es den römischen Juristen primär um die Sache, nicht um terminologische Stringenz ging.
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Debitum civile und debitum naturale werden erstmalig bei Javolen gegenübergestellt:293 Iav. D. 35.1.40.3 (2 ex post. Lab.) (…) ego puto secundum mentem testatoris naturale magis quam civile debitum spectandum esse, et eo iure utimur.
Wenn auch nicht ausdrücklich, so doch konkludent differenziert Julian in D. 46.1.16.4294, indem er sagt, eigentlich könne man nicht davon sprechen, dass Schuldner aufgrund einer Naturalobligation schuldeten, uneigentlich könne man sie aber doch als Schuldner ansehen. Auch Ulpian setzt sich in D. 15.1.41295 damit auseinander, dass ein Sklave nicht schulden und ihm nicht geschuldet werden könne, man aber das Wort „schulden“ im uneigentlichen Sinne benutze, um ein mehr tatsächliches als zivilrechtliches Verhältnis zu beschreiben. Julian und Ulpian waren sich sehr wohl darüber im Klaren, dass es sich bei naturales obligationes nicht um echte Verbindlichkeiten handelte. Denn sie sagen, der Begriff werde per abusionem verwendet, und bringen so zum Ausdruck, es handle sich um obligationes, aus denen nicht geklagt, zumindest aber nicht vollstreckt werden könne; dennoch entfalteten sie gewisse Wirkungen.296 Sie scheinen also die soeben angedeutete terminologische Ungenauigkeit erkannt zu haben. Streng genommen ist die Bezeichnung mit obligatio schlicht irreführend. 3. Ergebnis: Der Begriff der Naturalverbindlichkeit (naturalis obligatio)
Als naturalis obligatio wird also eine Verbindlichkeit bezeichnet, die nicht den Charakter einer klagbaren zivilrechtlichen obligatio hat, sondern im Vergleich zu dieser ein Minus darstellt. Zumindest in jüngerer Zeit aber wird auch ihr Rechtswirksamkeit eingeräumt. Ab wann eine Verbindlichkeit, die ein Sklave begründet hat (obligatio servi), als naturalis obligatio aner293 Javolen stellt in D. 41.2.24 (14 ep.) civiliter und naturaliter gegenüber im Zusammenhang mit dem Innehaben eines peculium; zu D. 41.2.24 ausführlich vgl. Eckardt, S. 208 ff. 294 (53 dig.): Naturales obligationes non eo solo aestimantur, si actio aliqua eorum nomine competit, verum etiam cum soluta pecunia repeti non potest: nam licet minus proprie debere dicantur naturales debitores, per abusionem intellegi possunt debitores et, qui ab his pecuniam recipiunt, debitum sibi recepisse. 295 (43 ad Sab.): Nec servus quicquam debere potest nec servo potest deberi, sed cum eo verbo abutimur, factum magis demonstramus quam ad ius civile referimus obligationem. itaque quod servo debetur, ab extraneis dominus recte petet, quod servus ipse debet, eo nomine in peculium et, si quid inde in rem domini versum est, in dominum actio datur. 296 Gai. 3.119 a; vgl. Kaser, RP I, S. 480; Bürge, Röm. Privatrecht, S. 188.
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kannt wurde, wie sie aussah und welche Folgen sie mit sich brachte, ist in der Literatur umstritten.297 Gemäß Heumann / Seckel ist der Begriff naturalis in der Grundbedeutung mit „natürlich“ zu übersetzen, darüber hinaus bedeute er „auf dem ius naturale, der ratio, aequitas nat. (…) beruhend“298. Das Adjektiv naturalis deutet schon begrifflich den Zusammenhang der Verbindlichkeit mit dem Naturrecht an. Zunächst soll daher der Frage nach der naturalis obligatio als Verbindlichkeit des Sklaven nachgegangen werden, anschließend der nach dem Zusammenhang mit dem Naturrecht. II. Bezeichnung der Sklavenverbindlichkeit als Naturalverbindlichkeit 1. Wandel der Bedeutung des Begriffs naturalis obligatio
Die Verbindlichkeit des Sklaven wird zumeist als naturalis obligatio bezeichnet. Dies war aber wohl nicht von Anfang an so, sondern es sind zwei unterschiedliche Arten von naturalis obligatio auszumachen.299 Ursprünglich wurde der Terminus für Verpflichtungen im Binnenverhältnis zwischen Sklaven und dominus verwandt;300 Verpflichtungen, die regelmäßig relevant wurden im Falle einer Klage de peculio gegen den Herrn, wenn nämlich die Höhe des peculium bestimmt und hierfür die Schulden und Forderungen zwischen Herren und Sklaven abgezogen bzw. hinzugerechnet werden mussten.301 Daneben hat sich wohl in der Mitte des 2. Jahrhunderts n. Chr. ein neues Verständnis des Begriffes naturalis obligatio verbreitet. Allgemein war damit nun die Verpflichtung von Gewaltunterworfenen unabhängig von einem peculium gemeint, also solche Verbindlichkeiten, die keine actio nach sich zogen, aber dennoch bestimmte rechtliche Wirksamkeit beanspruchten. So war etwa die Rückforderung des Gezahlten ausgeschlossen, wenn auf eine Naturalverbindlichkeit geleistet wurde.302 Paulus berichtet in D. 12.6.13 pr.,303 der Sklave werde auch naturrechtlich verpflichtet, so dass, zur Kritik an älteren Auffassungen Landolt, S. 25 ff. S. 360 f. s. v. naturalis. 299 Vgl. Didier, SDHI 74 (1981), S. 221 ff. 300 Perozzi, Istituzioni II, S. 40 f.; Cornioley, S. 52. 301 Siber, GS Mitteis, S. 42 f.; Buckland, S. 684 f.; Gradenwitz, Natur und Sklave, S. 41 f. Vgl. auch oben § 5 II. 3. 302 Vgl. Didier, SDHI 74 (1981), S. 222 ff., S. 226; Perozzi, Istituzioni II, S. 40 ff. 303 (10 ad Sab.): Naturaliter etiam servus obligatur: et ideo, si quis nomine eius solvat vel ipse manumissus, ut Pomponius scribit, ex peculio, cuius liberam administrationem habeat, repeti non poterit: et ob id et fideiussor pro servo acceptus tenetur et pignus pro eo datum tenebitur et, si servus, qui peculii administrationem habet, rem pignori in id quod debeat dederit, utilis pigneraticia reddenda est. Nach 297 Vgl.
298 Heumann / Seckel,
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2. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut
wenn jemand für ihn leiste, er selbst nach seiner Freilassung oder, wie Pomponius schreibe, er (als Sklave) aus dem Sondergut leiste, das Geleistete nicht zurückverlangt werden könne. Falls für die Verbindlichkeit des Sklaven ein Bürge oder ein Pfand bestellt worden sei, haften diese. In seinen Institutionen spricht Gaius304 ebenfalls davon, der fideiussor, also der Bürge, könne für jede Verpflichtung wie etwa solche aus Real-, Verbal-, Litteral- oder Konsensualvertrag eine Bürgschaft übernehmen; unerheblich sei dabei, ob es eine zivilrechtliche oder eine naturrechtliche Verpflichtung sei, für die gebürgt werden solle. 2. Die Verwendung des Begriffs naturalis obligatio
a) Überblick über die Ansichten der Forschung Wie bereits angesprochen,305 ist die Aussage der Quellen bezüglich der Anerkennung von Schulden des Sklaven nicht einheitlich. Sowohl für die Geschäftsbeziehungen von Sklaven mit Dritten als auch für das Binnenverhältnis zwischen dem Sklaven und seinem Herrn stehen Quellen, die eine Verpflichtung des Sklaven bejahen, neben anderen, die eine solche Verpflichtung ausschließen. Die Bezeichnung der Sklavenverbindlichkeit als naturalis obligatio sowie der Wandel in der Bedeutung von naturalis obligatio von einem ursprünglich auf das Binnenverhältnis zwischen Sklaven und Herrn beschränkten Begriff hin zu einem allgemeinen Terminus für die Verpflichtung des Sklaven könnten sich auf die Interpretation dieser Quellen auswirken. Didier, SDHI 74 (1981), S. 226 soll der Fall des Sklaven ein begrenzter Spezialfall gewesen sein, während primär die freien Gewaltunterworfenen erfasst worden seien. Jedenfalls habe ab Ende des 2. Jahrhunderts n. Chr. naturalis obligatio als technischer Begriff ein debitum sine obligatione gemeint (S. 219). Daneben könnte es ein weiteres Konzept des Celsus gegeben haben, der debitum iuris gentium verwendete, um ein debitum sine obligatione zu bezeichnen. Cels. D. 12.6.47 (6 dig.): Indebitam pecuniam per errorem promisisti: eam qui pro te fideiusserat solvit. ego existimo, si nomine tuo solverit fideiussor, te fideiussori, stipulatorem tibi obligatum fore: nec exspectandum est, ut ratum habeas, quoniam potes videri id ipsum mandasse, ut tuo nomine solveretur: sin autem fideiussor suo nomine solverit quod non debebat, ipsum a stipulatore repetere posse, minus autem consequi poterit ab eo cui solvit, a te mandati iudicio consecuturum, si modo per ignorantiam petentem exceptione non summoverit. Vgl. Didier, SDHI 74 (1981), S. 219 f. 304 3.119 a: Fideiussor vero omnibus obligationibus, id est, sive re sive verbis sive litteris sive consensu contractae fuerint obligationes, adici potest. At ne illud quidem interest, utrum civilis an naturalis obligatio sit, cui adiciatur, adeo quidem, ut pro servo quoque obligetur, sive extraneus sit, qui a servo fideiussorem accipiat, sive ipse dominus in id, quod sibi debeatur. Vgl. Afr. D. 46.1.21.2-3 (7 quaest.). 305 Siehe oben § 9 I. 1.
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Geschickt löst Buckland306 den Widerspruch auf, der zwischen den Stellen besteht, die jegliche obligatio des Sklaven auszuschließen scheinen, und den Fragmenten, die sie zulassen. Er meint, der Ausschluss jeglicher Verbindlichkeit könne sich auf die Zeit vor Einführung der naturalis obligatio bezogen haben; nach ihrer Anerkennung könne sich der Ausschluss von Sklavenverbindlichkeiten dann nur noch auf die obligatio civilis bezogen haben. Siber307 hingegen geht davon aus, dass in klassischer Zeit die nicht klagbare Schuld des Sklaven nur als debitum bezeichnet worden sei, während obligatio immer bedeutete, dass eine actio existierte; die Naturalobligation sei also immer auch klagbar gewesen. Als Argument für eine derart differenzierte Verwendung der Begriffe debitum und obligatio führt er an, Gaius unterscheide diese präzise in seinen Institutionen, indem er nämlich in 4.73 ausdrücklich von debitum spreche, während er in 4.78 den Begriff obligatio verwende und sage, dass zwischen dominus und dem seiner potestas Unterworfenen keinerlei obligatio enstehen könne.308 Wohl seit Julian sei dann die Verwendung von debitum für eine klaglose Schuld als unzutreffend angesehen worden, so dass debitum im Rechtssinne nur noch eine klagbare Verpflichtung sein konnte. Erst unter byzantinischem Einfluss sollen obligatio und debitum als Begriff das Gleiche gemeint haben und nicht mehr unterschieden worden sein.309 Dem hält Micolier310 entgegen, dass die naturalis obligatio eine solche obligatio gewesen sei, die zwar keine actio hervorbrachte, aber dennoch juristische Wirkungen entfaltete und insbesondere die condictio indebiti gegen den Gläubiger ausschaltete, wenn der Schuldner freiwillig zahlte; im Übrigen seien die Begriffe obligari und debere bereits in klassischer Zeit synonym verwandt worden. Jedenfalls sei der Begriff naturalis obligatio eine Entwicklung der klassischen Zeit, wie die erstmalige Nennung bei Javolen in D. 35.1.40.3 und die Definition bei Julian in D. 46.1.16.4 belegten:311 306 Buckland, S. 686. Den Übergang siedelt er bei Ulpian in D. 15.1.41 (43 ad Sab.) und Julian in D. 46.1.16.4 (53 dig.) an. 307 GS Mitteis, S. 1 ff., S. 17 ff. und S. 79. 308 Gai. 4.73: (…) quod patri dominove, quique in eius potestate sit, a filio servove debetur (…). Gai. 4.78: (…) nulla enim omnino inter me et eum, qui in potestate mea est, obligatio nasci potest (…). Vgl. Cornioley, S. 48 ff.: Sibers Auflösung des vermeintlichen Widerspruchs zu Gai. 3.119 a überzeugt nicht, da das Argument, der Leser müsse und werde zwangsläufig die naturalis obligatio mit dem in Gai. 1.1 genannten ius gentium in Verbindung bringen und an naturalis ratio denken, zu kurz gegriffen und wenig aussagekräftig erscheint. 309 Vgl. Siber, GS Mitteis, S. 79 f. 310 Micolier, S. 609 ff. gegen die soeben dargestellte These Sibers. Vgl. Kaser, SZ 54 (1934), S. 400. 311 Micolier, S. 620 ff.
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2. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut
Iul. D. 46.1.16.4 (53 dig.) Naturales obligationes non eo solo aestimantur, si actio aliqua eorum nomine competit, verum etiam cum soluta pecunia repeti non potest: nam licet minus proprie debere dicantur naturales debitores, per abusionem intellegi possunt debitores et, qui ab his pecuniam recipiunt, debitum sibi recepisse.
Der Text Iul. D. 46.1.16.4 bereitet aufgrund seines Wortlautes Schwierigkeiten und hat zu zahlreichen Rekonstruktionsversuchen geführt.312 Insbesondere sticht eorum als grammatikalisches Problem – wenn nicht sogar als Fehler – heraus, weil sich dieses wohl eigentlich auf naturales obligationes beziehen sollte, was aber aufgrund des unterschiedlichen Genus nicht passt. Als Verbesserung wird daher vorgeschlagen, eorum sei ein Fehler beim Abschreiben von earum.313 Allerdings muss zumindest verwundern, dass dieser Abschreibfehler dann nicht nur in D. 46.1.16.4, sondern auch in D. 44.7.10 unterlaufen sein müsste.314 Gradenwitz hingegen meint, eorum beziehe sich auf servi, die heute ausgefallen seien.315 Andere geben zu bedenken, dass sich eorum auch auf die folgenden naturales debitores beziehen könnte.316 Dagegen ist Landolt der Auffassung, dass die Kompilatoren eo nomine vorgefunden hätten, welches sie nur zum Teil veränderten, nämlich eo in eorum, um sicherzustellen, dass auch verstanden werde, dass es um die Entstehung einer Klage für eine dritte Partei gehe.317 Die Frage muss letztendlich offenbleiben. Naturalverbindlichkeiten, so Julian, werden nicht nur danach beurteilt, wenn ihretwegen irgendeine Klage zustehe, sondern auch wenn gezahltes Geld nicht zurückgefordert werden könne. Denn wenn eigentlich nicht gesagt werden könne, dass naturrechtliche Schuldner schulden, so könne uneigentlich davon ausgegangen werden, sie seien Schuldner und als hätten diejenigen, die von ihnen Geld erhalten hätten, etwas Geschuldetes erhalten. Buti setzt zunächst einen anderen Akzent als die herrschende Ansicht,318 die die Verantwortlichkeit des dominus de peculio begründet sieht in der generellen Einwilligung in die Geschäftstätigkeit des Sklaven, die jener mit der concessio peculii erteilt habe. Er entwickelt die These, es gebe eine Cornioley, S. 16 ff.; Gradenwitz, Natur und Sklave, S. 3 f. und S. 9 ff. S. 18 f. und S. 31 ff. 314 Ulp. D. 44.7.10 (47 ad Sab.): Naturales obligationes non eo solo aestimantur, si actio aliqua eorum nomine competit, verum etiam eo, si soluta pecunia repeti non possit. – Diese „Duplizität der Versehen“ hält Kaser, SZ 83 (1966), S. 466 für „wenig wahrscheinlich“. 315 Gradenwitz, Natur und Sklave, S. 9 f. schlägt einen Einschub wie etwa adeo quidem ut pro servis quoque oblige(n)tur vor. 316 Buti, Capacità, S. 232 f.; Kaser, SZ 83 (1966), S. 466. 317 Vgl. Landolt, S. 224 f. 318 Siehe hierzu oben § 5 II.-III. 312 Vgl.
313 Cornioley,
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obligatio servi, die sanktioniert werde durch die actio gegen den dominus; im Ergebnis wirke sich diese aber auf das peculium des Sklaven aus.319 Folglich kommt der obligatio servi als Unterfall der obligatio naturalis insofern Bedeutung zu, als der Sklave für sie mit seinem peculium einstehen muss. Um die naturalis obligatio zu charakterisieren, setzt Buti sich ausführlich mit den älteren Auffassungen von Burdese und G. Longo auseinander, die Iul. D. 46.1.16.4 (53 dig.) und Ulp. D. 44.7.10 (47 ad Sab.)320 entnehmen wollen, dass es zwei unterschiedliche Arten von naturales obligationes gegeben habe. Eine dieser beiden habe dem ius gentium angehört und sei vollständig gültig und wirksam gewesen, während die andere klaglos und nur für bestimmte Sekundärfolgen bedeutsam gewesen sei. Dieser Ansicht entgegnet Buti, dass es sich um eine einzige Obligationsform mit zwei Parametern, nämlich actio aliqua und soluti retentio, handle. Jede naturalis obligatio sei mit (irgend-)einer Klage (actio aliqua) geschützt – im Falle der obligatio servi nämlich mit der actio de peculio – und falls auf die naturale Schuld geleistet wurde, könne das Geleistete nicht zurückgefordert werden (soluti retentio). Überdies sei nicht zu bezweifeln, dass die naturalis obligatio bereits in klassischer Zeit zwingend war.321 b) Schulden im Binnenverhältnis zwischen Sklaven und Herrn Ob der Herr im Innenverhältnis Schuldner seines Sklaven sein kann,322 scheint von Servius unterschiedlich beurteilt zu werden, auf den sich Ulpian und Javolen in ihren Ausführungen beziehen. Ulpian erörtert folgenden Fall: Ulp. D. 40.7.3.2 (27 ad Sab.) Inde quaeritur, si forte debeatur pecunia huic servo vel ab herede, quod in domini rationem plus erogaverat, vel ab extraneo, nec velit heres debitorem convenire vel statulibero solvere pecuniam: an debeat ad libertatem pervenire, quasi moram 319 Buti,
Capacità, S. 185 ff., S. 225. den Text siehe soeben in Anm. 314. 321 Buti, Capacità, S. 227 ff.; Cornioley, S. 300. 322 Vgl. S. Longo, HAS s. v. Naturalis obligatio III., die sich mit der Auffassung von G. Longo auseinandersetzt, in klassischer Zeit habe die naturalis obligatio nicht die Schuld des dominus umfasst, und zum Ergebnis kommt, nicht nur das debitum, sondern auch das creditum des Sklaven sei von dem Begriff erfasst worden. Dass dabei debitum servi in den Quellen häufiger vorkomme als debitum domini, habe seinen Grund darin, dass die juristische Beschäftigung mit jenem primär dem Schutz des Dritten diente, der mit einem Sklaven als Schuldner kontrahiert hatte. Diesen Ausführungen ist wohl hinzuzufügen, dass die Schuld des Herrn gegenüber dem Sklaven insoweit nur bei der Berechnung des peculium etwa im Falle einer Klage de peculio relevant wurde. Im Zusammenhang mit dem debitum domini merkt sie an, dass die Bezeichnung debitum naturale nur in den wenigen Fällen gewählt worden sei, in denen die Schuld außerhalb des peculium entstanden sei. 320 Für
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per heredem patiatur. et aut legatum huic statulibero fuit peculium aut non: si legatum peculium fuit, Servius scribit moram eum libertatis passum ob hoc ipsum, quod ei aliquid ex ratione dominica deberetur nec ei ab herede praestaretur: quam sententiam et Labeo probat. idem Servius probat et si in eo moram faciat heres, quod nolit exigere a debitoribus: nam perventurum ad libertatem ait. mihi quoque videtur verum quod Servius ait. cum igitur veram putemus sententiam Servi, videamus, an et si non fuerit praelegatum peculium servo, idem debeat dici: constat enim statuliberum de peculio posse dare vel ipsi heredi iussum vel alii: et si eum dare impediat, perveniet statuliber ad libertatem. denique etiam remedii loco hoc monstratur domini statuliberi, ut eum extraneo iussum dare prohibeat, ne et nummos perdat cum statulibero. proinde defendi potest et si non vult exigere vel ipse solvere, ut hic habeat, unde condicioni pareat, libertatem competere: et ita Cassius quoque scribit.
Einem Sklaven, dem im Testament die Freiheit nach Zahlung einer bestimmten Geldsumme gegeben war, wurde entweder vom Erben oder von einem Dritten Geld geschuldet. Fraglich ist, ob der Sklave frei sein müsse, weil er quasi einen Verzug hinsichtlich der Erlangung der Freiheit erleide, wenn der Erbe sich nicht um Begleichung der Schuld beim Sklaven bemühe. Jener könne nämlich selbst Schuldner des Sklaven sein für Aufwendungen, die der Sklave für seinen Herrn, den Erblasser, getätigt hatte, und die nach dem Erbfall auf den Erben übergegangen waren. Sollte ein Dritter dem Sklaven etwas schulden, so müsse er vom Erben in Anspruch genommen oder, wenn der Dritte geleistet hatte, dies dem Sklaven übergeben werden. In beiden Fällen führte das Untätigbleiben des Erben zu einer Verzögerung der Freilassung des Sklaven und es frage sich, ob der Sklave frei sein müsse. Diesbezüglich müsse unterschieden werden, so Ulpian, ob dem Sklaven das peculium vermacht sei oder nicht. Wenn es vermacht sei, so Servius (und Labeo sei damit einverstanden), bestehe ein Verzug der Freiheit, weil dem Sklaven aus Rechnung des Herrn geschuldet werde und der Erbe nicht leiste. Gleiches gelte für den Fall, dass der Erbe Geld bei den Schuldnern nicht eintreibe. Hieraus kann geschlossen werden, dass die Schuld des Herrn gegenüber dem Sklaven als solche anerkannt wird und dass dem Sklaven kein Nachteil daraus erwachsen soll, dass der Erbe versucht, die Freilassung zu verzögern. Anderer Ansicht scheint Servius nach folgendem Fragment zu sein: Iav. D. 35.1.40.3 (2 ex post. Lab.)323 Dominus servo aureos quinque legaverat: ‚heres meus Sticho servo meo, quem testamento liberum esse iussi, aureos quinque, quos in tabulis debeo, dato‘. nihil servo legatum esse Namusa Servium respondisse scribit, quia dominus servo nihil debere potuisset: ego puto secundum mentem testatoris naturale magis quam civile debitum spectandum esse, et eo iure utimur. 323 Vgl.
hierzu sehr ausführlich Mantello, S. 183 ff.
§ 9 Folgen eines wirksamen Handelns mit Pekuliarmitteln141
Javolen schildert den Fall eines dominus, der in seinem Testament eine Summe Geldes seinem Sklaven vermacht hat mit den Worten „mein Erbe soll meinem Sklaven Stichus, den ich testamentarisch freilasse, 5 Goldstücke geben, welche ich ihm schulde“. Servius habe per Responsum entschieden, dass dem Sklaven nichts vermacht sei, weil der Herr dem Sklaven nichts schulden könne. Javolen fügt im Nachsatz hinzu, er gehe davon aus, dass eher eine naturale und nicht eine zivilrechtliche Schuld gemeint sei. Auf den ersten Blick scheinen diese beiden Fragmente Gegensätzliches auszusagen: Während Ulpian mit Verweis auf Servius zum Ergebnis kommt, dass eine Schuld zwischen dominus und servus bestehen kann, ist dies nach der von Javolen zitierten Aussage des Servius nicht möglich. Dies hat den Schluss nahegelegt, eine der beiden Stellen sei interpoliert. So tritt Siber der Authentizität des Textes von Ulpian entgegen mit dem Argument, die Stelle stehe in Widerspruch zu Javolen und müsse deshalb nachträglich verändert sein; eine Schuld des Herrn bei seinem Sklaven sei jedenfalls von Servius nicht anerkannt worden, und dies wohl entweder aus Gründen des Respekts oder weil die Einrechnung von Forderungen des Sklaven gegen den Herrn in das peculium noch unbekannt gewesen sei.324 Gegen diese Interpretation lässt sich jedoch einwenden, dass sie ein Detail unberücksichtigt lässt, welches die Annahme einer Interpolation entbehrlich macht. In dem von Ulpian geschilderten Fall wurde das peculium dem Sklaven vermacht, dem der mittlerweile verstorbene dominus oder ein Dritter noch etwas schuldete. Javolen hingegen zitiert den Wortlaut des Testaments eines Erblassers, der angeordnet hatte, dass sein Sklave frei sei und ihm der Betrag gegeben werden solle, den er (dominus) dem Sklaven schuldete. Hier ist nicht die Rede von einem peculium, dessen Höhe unter Berücksichtigung der Binnenforderungen zwischen Herrn und Sklaven zu ermitteln ist, sondern es geht allein um die Schuld des Herrn bei seinem Sklaven. Diese gibt es aber rechtlich nicht, so dass das Vermächtnis nicht wirksam ist.325 In späterer Zeit hätte man vielleicht erwägen können, und dies deutet Javolen mit seinem Nachsatz bereits an, dass der Erblasserwille es erfordere, nicht am Wortlaut des Testaments zu verharren, sondern mit Wohlwollen davon auszugehen, dass dem Sklaven der Betrag dennoch zukommen könne. Vielleicht hatte sich der Erblasser ja auch nur unglücklich ausgedrückt und einfach vergessen, dem Sklaven das peculium zu vermachen. Ausreichend wäre wohl auch die Formulierung quos in tabulis naturaliter debeo gewesen, zumal der Halbsatz auch einfach hätte weggelassen werden können. Diese letzte Überlegung ändert aber nichts daran, dass die beiden Stellen in der uns überlieferten Fassung einen Unterschied aufweisen, 324 Siber, 325 Vgl.
GS Mitteis, S. 26 f. auch Watson, Law of Persons, S. 205 ff.
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2. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut
der die unterschiedlichen Ergebnisse rechtfertigt; die Annahme einer Interpolation ist folglich unnötig. 3. Abschließende Überlegung
Zusammenfassend kann also gesagt werden, dass die obligatio servi zumindest im Rahmen des peculium anerkannt war und hier am häufigsten vorkam als logische Folge der Verpflichtungsfähigkeit des Sklaven. Dass sie in Konflikt geriet mit dem zivilrechtlichen Prinzip, dass der Sklave nicht fähig war, obligationes einzugehen, bringt Ulpian in D. 15.1.41 (43 ad Sab.)326 klar zum Ausdruck. Dennoch zwang das wirtschaftliche Handeln der Sklaven zur Anerkennung ihrer faktischen Verpflichtungen.327 So ist wahrscheinlich, dass diese obligatio servi schon früh den naturales obligationes zugeordnet wurde.328 Stellen, in denen die Naturalobligation nicht ausdrücklich genannt wird, müssen nicht als Widerspruch verstanden werden, sondern es ist auch denkbar, dass die Benennung als naturalis obligatio schlicht nicht notwendig war.329 Grundsätzlich sollte der Begriff naturalis obligatio zum Ausdruck bringen, dass diese Obligation keine im Sinne des ius civile war, sondern lediglich eine, die zur actio de peculio gegen den dominus ermächtigte und sich dadurch auszeichnete, dass geleistetes Geld nicht zurückgefordert werden konnte. Zu unterscheiden ist zwischen der prätorischen Verbindlichkeit des dominus und der naturalis obligatio des servus; es bestanden also zwei obligationes parallel.330 Im Übrigen konnte eine naturalis obligatio durch fideiussio abgesichert werden, wie zahlreiche Stellen belegen.331 Dies war insofern von Bedeutung, als die Bürgschaft den extraneus, der einen Sklaven zum Schuldner gewählt hatte, in vollem Umfang absicherte. Der fideiussor haftete nämlich unbeschränkt für die Verbindlichkeit des Sklaven, während die actio de peculio, die gegen den dominus dieses Sklaven offenstand, immer die Gefahr barg, dass das peculium entweder leer war oder sein Bestand nicht 326 Siehe
hierzu oben § 9 I. 2. Buti, Capacità, S. 241 f.; ähnlich S. Longo, Filius familias se obligat, S. 6 ff.; dies., HAS s. v. Naturalis obligatio I. Siehe oben § 5 III. 1. 328 Siehe zu dieser Frage oben § 9 II.; vgl. Buti, Capacità, S. 265 ff., der nachzuweisen sucht, dass der Terminus naturalis obligatio ursprünglich entstanden sei, um die „obbligazioni extrapeculiari“ (S. 275) zu bezeichnen, bevor er auch die pekuliären Verbindlichkeiten erfasste. Hiergegen wendet sich Miceli, S. 178 ff. 329 So auch Buti, Capacità, S. 250 f. 330 Buti, Capacità, S. 238 f. 331 Z. B. Ulp. D. 46.1.6.2 (47 ad Sab.); ders. D. 46.1.8.3 (47 ad Sab.); Iul. D. 46.1.16.3 (53 dig.); Afr. D. 46.1.21.2 (7 quaest.); Ven. D. 14.6.18 (2 stip.); I. 3.20.1; Gai. 3.119 a. 327 Vgl.
§ 9 Folgen eines wirksamen Handelns mit Pekuliarmitteln143
ausreichte, um den Gläubiger zu befriedigen.332 Die Chance des Sklaven, am Wirtschaftsleben aktiv teilnehmen zu können, stieg hierdurch, weil der Gläubiger nun drei verschiedene Schuldner hatte und bestens abgesichert war: Der dominus haftete de peculio, während der Sklave als Schuldner der naturalis obligatio nicht verklagt werden konnte. Denn das Charakteristikum dieser obligatio war, dass sie dem Gläubiger gerade keine actio verschaffte. Ein Prozess gegen den Sklaven war aber auch schon wegen dessen Parteiunfähigkeit überhaupt nicht möglich. Dennoch konnte der Sklave ein persönliches Interesse an der Erfüllung seiner Schulden haben, weil die Nichterfüllung den Ruf als zuverlässiger Geschätspartner zerstören konnte. Daneben stand dem Gläubiger ein voll haftender fideiussor zur Verfügung, entweder ein Freier, der dem Gläubiger tatsächlich zum Vorteil der unbeschränkten Haftung gereichte,333 oder vielleicht auch ein Sklave mit ausreichendem peculium. Schließlich ist auf die Frage zurückzukommen, ab wann die Verbindlichkeit des Sklaven als naturalis obligatio bezeichnet wurde. Zum Teil wird angenommen, sie sei sehr spät erst als solche anerkannt worden.334 Nach anderer Ansicht sei bereits Servius, dem Schwiegervater von Tubero (1. Jahrhundert v. Chr.), dessen Definition des peculium335 bekannt und die naturalis obligatio daher bereits in klassischer Zeit geläufig gewesen.336 Generell hat die Ausbildung der Obligationen die Entwicklung des peculium zwar gefördert, war aber nicht allein ursächlich. Vielmehr ist die Naturalobligation – wie Karlowa337 es ausdrückt – schon dann „wünschenswert“ gewesen, als der Herr den Sklaven als Führer seiner Geschäfte einsetzte, also vor 100 v. Chr.; schon damals konnten die von einem Sklaven gegenüber extranei eingegangenen Naturalobligationen im Interesse seines Herrn sein und eine, wenn auch unvollkommene – es gab noch nicht einmal die actio de peculio – Verbindlichkeit begründen.338 332 S. Longo,
HAS s. v. Naturalis obligatio I. Schluss zieht S. Longo, HAS s. v. Naturalis obligatio I. nicht. 334 Pernice, Labeo I, S. 153: in nachlabeonischer Zeit; vgl. Mandry, Familiengüterrecht I, S. 371 Anm. 4, der sich gegen Kuntze, S. 315 wendet. Dieser nimmt an, Julian habe den Begriff der Naturalobligation als unvollkommene und nicht klagbare Verbindlichkeit durchgesetzt, während sie als solche bei Servius Sulpicius noch nicht vorstellbar gewesen sei. 335 Ulp. D. 15.1.5.4 (29 ad ed.); siehe hierzu oben § 5 I. 1. 336 Dies lasse sich aus Ulp. D. 15.1.9.2-3 (29 ad ed.) schließen; vgl. Karlowa, S. 111. Für Klassizität auch S. Longo, HAS s. v. Naturalis obligatio II. Nach Waldstein, OIR 9 (2004), S. 225 sind alle Verträge vor ihrer Anerkennung durch das ius civile auf das ius gentium zurückzuführen und der Sache nach als Natualobligationen zu qualifizieren; Schulden aufgrund von naturalis aequitas sind schon lange vor Javolen bekannt gewesen. 337 S. 111 f.; vgl. S. Longo, HAS s. v. Naturalis obligatio I.; Miceli, S. 126 ff. 333 Diesen
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2. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut
III. Zusammenhang von Naturalverbindlichkeit (naturalis obligatio) und Naturrecht (ius naturale) 1. Der Begriff ius naturale
Die Bezeichnung der obligatio servi als naturalis obligatio stellt über das Adjektiv naturalis begrifflich eine Verbindung zum ius naturale her, auf die auch die Erläuterung bei Heumann / Seckel aufmerksam macht.339 Die Begriffe natura / naturalis / naturaliter haben eine vielschichtige Bedeutung. In erster Linie bezeichnen sie unabhängig von jeglicher Philosophie die Natur der Dinge, und zwar im materiellen, physischen und biologischen Sinne.340 Unter Rückgriff auf stoisches Gedankengut wird natura als moralischer Imperativ verstanden, und im soziologischen Sinne bezeichnet das Wort die Annäherung an das ursprüngliche Verhalten des Menschen. Ulpian definiert ius naturale in D. 1.1.1.3341 als das, was die Natur allen Lebewesen gelehrt habe, denn dieses Recht sei nicht allein den Menschen vorbehalten, sondern allen Lebewesen zu Land und zu Wasser sowie den Vögeln gemeinsam. Das Augenmerk liegt auf dem Zusammenhang zwischen dem Recht und dem Natürlichen, welcher das Naturrecht als absolut und universal erscheinen lässt. Demgegenüber stellt Paulus in D. 1.1.11342 primär auf den Charakter des Naturrechts als gutes und gerechtes Recht ab. 338
2. Verhältnis des Naturrechts zu ius civile und ius gentium
Fraglich ist, wie sich das ius naturale zu ius civile und ius gentium verhält. Ulp. D. 1.1.1.2 (1 inst.) (…) privatum ius tripertitum est: collectum etenim est ex naturalibus praeceptis aut gentium aut civilibus.
Es geht um eine Dreiteilung des Privatrechts, das sich nach Ulpian aus Vorschriften des Naturrechts, des Völkergemein- und des Zivilrechts zusam338 Vgl. Miceli, S. 177 ff., die die Auffassung zu widerlegen sucht, das peculium habe die Anerkennung der Vermögensfähigkeit des Sklaven maßgeblich beeinflusst. Das sei vielmehr der Verdienst der naturales obligationes gewesen. 339 Siehe oben § 9 I. 3. 340 Vgl. auch zum Folgenden Didier, SDHI 74 (1981), S. 199 ff. 341 (1 inst.): Ius naturale est, quod natura omnia animalia docuit: nam ius istud non humani generis proprium, sed omnium animalium, quae in terra, quae in mari nascuntur, avium quoque commune est. (…). 342 (14 ad Sab.): Ius pluribus modis dicitur: uno modo, cum id quod semper aequum ac bonum est ius dicitur, ut est ius naturale. (…).
§ 9 Folgen eines wirksamen Handelns mit Pekuliarmitteln145
mensetzt. Diese Dreiteilung könnte nach Micolier bereits in klassischer Zeit bekannt gewesen sein, und die Byzantiner seien die ersten gewesen, die ius gentium und ius naturale vermischten.343 Nach anderer Ansicht seien ius gentium und ius naturale synonym verwandt worden und somit identisch gewesen.344 Als Beleg wird insbesondere § 1 des ersten Buches345 der Institutionen des Gaius angegeben; hier sei ius gentium auf die naturalis ratio346 zurückzuführen. Zu Beginn des ersten Buches seines Lehrbuches erläutert Gaius bürgerliches und natürliches Recht, welches von allen Völkern angewendet werde. Dabei sei das ius civile eigenes Sonderrecht der Bürgerschaft und von dieser als solches gesetzt, ius gentium hingegen sei Recht, das von der natürlichen Vernunft gesetzt und von allen Völkern anzuwenden sei. Micolier nimmt an, das ius civile auf der einen Seite sei dem ius naturale und ius gentium auf der anderen Seite gegenübergestellt worden, wobei die beiden letztgenannten zwar nicht identisch seien, aber doch nahe bei einander lägen und sich teilweise überschnitten.347 Der Begriff des ius gentium wird von Ulpian wie folgt definiert: Ulp. D. 1.1.1.4 (1 inst.) Ius gentium est, quo gentes humanae utuntur. quod a naturali recedere facile intellegere licet, quia illud omnibus animalibus, hoc solis hominibus inter se commune sit.
Das ius gentium sei das Recht, das die menschlichen Völker befolgen. Die Tatsache, dass das ius gentium vom Naturrecht abweiche, sei leicht zu verstehen, weil dieses allen Lebewesen, jenes aber nur allen Menschen gemeinsam sei. 343 Micolier,
S. 593. RP I, S. 204 f.; Siber, GS Mitteis, S. 4 f. Gegen Identität wendet sich H. Wagner, S. 118 mit Anm. 4. 345 Gai. 1.1: Omnes populi, qui legibus et moribus reguntur, partim suo proprio, partim communi omnium hominum iure utuntur; nam quod quisque populus ipse sibi ius constituit, id ipsius proprium est vocaturque ‚ius civile‘, quasi ius proprium civitatis; quod vero naturalis ratio inter omnes homines constituit, id apud omnes populos peraeque custoditur vocaturque ‚ius gentium‘, quasi pro iure omnes gentes utuntur. Populus itaque Romanus partim suo proprio, partim communi omnium hominum iure utitur; quae singula qualia sint, suis locis proponemus. Vgl. hierzu die ausführliche Analyse bei H. Wagner, S. 51 ff., der Unterschiede und Übereinstimmungen zum Naturrecht Aristoteles’ herausarbeitet. Er stellt fest, dass bei Gaius ius naturale und ius gentium gerade nicht identisch seien (S. 131 f.). 346 H. Wagner, S. 55 ff. weist nach, dass naturalis ratio als Begriff zwar erstmals in den Institutionen des Gaius überliefert ist, dieser aber nicht der erste war, der ihn in die juristische Literatur eingeführt hat, denn in D. 41.1.7.7 (2 rer. cot. s. aureor.) bezieht sich Gaius auf Sabinus und Cassius, die schon mit naturalis ratio argumentierten. 347 Micolier, S. 593 f.; ähnlich H. Wagner, S. 136 ff. 344 Kaser,
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2. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut
In klassischer Zeit waren vom ius gentium wohl alle Regeln erfasst, die für alle Menschen galten, gerade auch für Nicht-Bürger, sowie darüber hinaus alle Regeln, die allen Völkern gemeinsam waren. In byzantinischer Zeit verlor der erste Aspekt an Bedeutung, während das für alle Völker geltende Recht auch als ius naturale bezeichnet wurde;348 die scharfe Unterscheidung wurde also aufgegeben. 3. Bedeutung des Naturrechts für die Sklavenverbindlichkeit
Ein zentraler Punkt, in dem sich ius naturale und ius gentium nicht deckten, war die Sklaverei:349 Als Institution des ius gentium anerkannt,350 widersprach sie eigentlich dem ius naturale, das nach dem Verständnis der Stoiker die Gleichheit der Menschen vor diesem voraussetzte. Aber auch die römischen Juristen nahmen niemals an, dass es Menschen gebe, die von Natur aus Sklaven sind. Dass die stoische Philosophie einen Einfluss bereits auf die klassischen Juristen ausgeübt hatte, lässt sich zum Beispiel an D. 1.1.4351 zeigen. In diesem Fragment gesteht Ulpian zu, dass alle Menschen nach Naturrecht frei geboren sind (cum iure naturali omnes liberi nascerentur). In D. 50.17.32352 stellt er zudem fest, dass nach Naturrecht omnes homines aequales sunt, alle Menschen gleich sind. Die bereits oben erwähnte Entscheidung Javolens in D. 35.1.40.3353 beweist auch den Einfluss naturrechtlicher Philosophie auf das Recht und zeigt, auf welche Art und Weise naturrechtlichen Überlegungen in der römischen Rechtspraxis zur Anwendung verholfen wurde: Ein Herr hatte seinen Sklaven testamentarisch freigelassen und ihm fünf Goldmünzen vermacht, die er ihm in ta348 Micolier,
S. 596. auch zum Folgenden Micolier, S. 602 ff.; Didier, SDHI 74 (1981), S. 247 ff. In diesem Sinne wohl auch Kaser, RP I, S. 204 f., nach dem der Begriff des ius naturale aus der philosophischen Literatur übernommen worden sei. Siehe auch Herrmann-Otto, S. 191 ff. 350 Flor. D. 1.5.4.1 (9 inst.): Servitus est constitutio iuris gentium, qua quis dominio alieno contra naturam subicitur. 351 (1 inst.): (… servitus) a iure gentium originem sumpsit, utpote cum iure naturali omnes liberi nascerentur nec esset nota manumissio, cum servitus esset incognita: (…). Zum Einfluss der stoischen Philosophie vgl. Waldstein, HAS s. v. Theorien der Sklaverei II. und III. 352 (43 ad Sab.): Quod attinet ad ius civile, servi pro nullis habentur: non tamen et iure naturali, quia, quod ad ius naturale attinet, omnes homines aequales sunt. Auf den philosophischen Hintergrund und den Einfluss des Stoikers Antipater von Tarsos sowie die Bedeutung dieser Erkenntnis für die Situation der Sklaven macht Waldstein, HAS s. v. Theorien der Sklaverei III. sowie ders., Operae libertorum, S. 196 f., S. 401 aufmerksam; vgl. Behrends, Prinzipat, S. 73 ff. 353 Zum Text siehe oben § 9 II. 2. b). 349 Vgl.
§ 10 Ergebnisse zum peculium147
bulis schuldete; Servius habe entschieden, dem Sklaven sei nichts vermacht, weil der Herr dem Sklaven nichts schulden könne. Javolen fügt jedoch hinzu, dass gemäß dem Willen des Testators eher das naturale als das civile debitum zu berücksichtigen sei. Weil das ius civile zu einer als ungerecht empfundenen Lösung führt, nämlich der Unwirksamkeit der testamentarischen Anordnung, ist auf das naturale debitum abzustellen, welches folglich bereits für Javolen rechtliche Relevanz haben musste, um die Anordnung des Testators retten zu können.354 Nun kann naturalis im Zusammenhang mit der obligatio servi auch so verstanden werden, dass nach ius naturale, demzufolge Sklaven frei geboren sind, auch ihre Verbindlichkeiten wirksam sind bzw. sein müssen.355 Das Naturrecht sieht den Sklaven als Person, als Menschen an, eine Stellung, die ihm im ius civile verwehrt ist.356 Die Anerkennung der Wirksamkeit von Obligationen des Sklaven als naturales obligationes ist notwendige Folge des ius naturale und steht ebenfalls im Widerspruch zum Zivilrecht. Doch mit der Einräumung eines Sondergutes, das ja als etwas Menschliches, Natürliches angesehen wird,357 verliert der Sklave auch im Zivilrecht die Position einer reinen Sache (res). Denn es wird ihm Vermögensfähigkeit zugebilligt, zwar nicht vollumfänglich, aber doch im Rahmen des peculium. Auch im ius civile ist der Sklave mit seinem Handeln für das peculium als Person rechtlich anerkannt. Die naturalis obligatio dient also als Brücke zwischen diesen beiden Punkten, der völligen rechtlichen Nichtexistenz des Sklaven im Zivilrecht einerseits und der Anerkennung des Sklaven als Menschen im Naturrecht andererseits.
§ 10 Ergebnisse zum peculium Das römische Recht erlaubt es dem dominus, seinem Sklaven ein peculium, ein Sondergut, einzuräumen. Den Definitionen von Tubero, Fronto und Marcian358 sind die wesentlichen Entstehungsvoraussetzungen dieses Sondergutes zu entnehmen: Das Sondergut steht dem Sklaven bzw. dem Haus354 Vgl. Waldstein, HAS s. v. Theorien der Sklaverei III.; ders., OIR 9 (2004), S. 222 und S. 228. Kaser, Ius gentium, S. 159 sieht hier durch Javolen „die Position des Sklaven aufgewertet“. 355 Micolier, S. 605 ff.; hiermit ist Kaser, SZ 54 (1934), S. 400 wohl einverstanden. 356 Allgemein zur Behandlung des Sklaven als Mensch vgl. Knoch, S. 21 ff. m. w. N. 357 Siehe hierzu oben § 5 I. 1. 358 Ulp. D. 15.1.5.4 (29 ad ed.); Marcian. D. 15.1.40 pr. (5 reg.); zu den Stellen ausführlich siehe oben § 5 I. 1.
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2. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut
sohn zu, es wird ihm von seinem Herrn eingeräumt (concessio peculii) und besteht aus solchen Gegenständen, Sachen und Geldmitteln, die der Herr dem Sklaven als peculium einräumt. Entscheidend ist, dass die Rechnungsführung über das peculium von der des dominus für sein übriges patrimonium getrennt wird, obwohl das peculium immer Teil des patrimonium des Herrn bleibt. Daher kann von einem ausgelagerten Vermögensteil gesprochen werden. Rechtlich bedeutsam ist dieses Sondergut seit der Einführung der actio de peculio im edictum triplex im Laufe des 2. Jahrhunderts v. Chr. Die Einräumung eines peculium für seinen Sklaven begründet die Haftung des Herrn mit der actio de peculio; diese Haftung ist auf den Wert des peculium beschränkt (dumtaxat de peculio). Aus dieser beschränkten Haftung des dominus ergeben sich die Vorzüge, die eine Sondergutsbestellung attraktiv machen. Der Sklave erhält die Möglichkeit, die Mittel seines peculium für rechtswirksame Geschäfte einzusetzen und Verpflichtungen zu begründen. Das peculium verschafft ihm gegenüber seinen Vertragspartnern den Rechtsschein der Kreditwürdigkeit, weil diese mit der Überleitung der Haftung auf den Herrn geschützt sind und ihre gegen den Sklaven bestehenden Forderungen bei dessen Herrn durchsetzen können. Somit ermöglicht es dem Sklaven ein selbstständiges Auftreten im Wirtschaftsverkehr, was für den Herrn insofern vorteilhaft ist, als er seinen Sklaven zur Vornahme von Geschäften einsetzen kann, ohne eine unbeschränkte Haftung fürchten zu müssen, denn er haftet immer nur maximal in Höhe des peculium. Dennoch bleibt das peculium weiterhin Bestandteil des patrimonium des Herrn, wird aber gemeinhin als quasi patrimonium des Sklaven bezeichnet. Mit der Einräumung eines Sondergutes erhält der Sklave zugleich die Befugnis zur Vornahme von Verpflichtungsgeschäften für dieses Sondergut. Des Weiteren benötigt er Verfügungsbefugnis, die ihm entweder als Generalermächtigung (libera administratio) oder aber für jeden Einzelfall übertragen wird. Unter diesen Voraussetzungen kann der Sklave wirksam für das peculium handeln; der dominus haftet im Wege der actio de peculio.359 Die Verbindlichkeit, die der Sklave für sein Sondergut eingeht, wird relativ früh bereits als naturalis obligatio bezeichnet. Naturalverbindlichkeiten zeichnen sich dadurch aus, dass sie dem Vertragspartner keine actio verschaffen, aber im Falle einer Leistung das Geleistete nicht zurückgefordert werden kann mit Hinweis auf die Nichtschuld. Solche Verbindlichkeiten Gewaltunterworfener sind nach ius naturale wirksam, weil auch der Sklave nach Naturrecht als Mensch angesehen wird. Folglich verbindet die naturalis obligatio die Stellung des Sklaven im ius civile – in welchem 359 Zum Erfordernis von libera administratio peculii bei der Zahlung mit Geld aus dem peculium siehe ausführlich unten § 12 I.
§ 11 Einführung149
der Sklave rechtlich nicht eigenständig ist – mit der im ius naturale, das von der Wirksamkeit menschlichen Handelns, somit auch des Handelns des Sklaven, ausgeht. Schließlich bleibt für die weitere Untersuchung festzuhalten, dass bei einem Verkauf durch seinen Herrn der Sklave normalerweise ohne das peculium verkauft wird; ein Verkauf des Sklaven mitsamt peculium ist aber möglich. 2. Abschnitt
Verwirklichung des Freikaufs mit eigenem Geld § 11 Einführung Nach der Darstellung der Grundzüge des peculium soll jetzt der Frage nachgegangen werden, auf welche Art und Weise der Sklave die Mittel aufbringen konnte, um seinen Freikauf zu finanzieren. An erster Stelle soll hier die Bezahlung mit Mitteln aus dem peculium untersucht werden. Einige Stellen, die sich mit dem Freikauf des Sklaven befassen, nehmen selbst Bezug auf das peculium,360 indem sie es als Ursprung des Geldes angeben, welches der Sklave zur Bezahlung seiner Freilassung aufwendet. Von den wenigen Stellen, die überhaupt die Herkunft der Mittel erörtern, sprechen die meisten primär die Zahlung aus Pekuliarmitteln an: Ulpian nennt in D. 40.1.4.1 (6 disp.) an erster Stelle unter anderen Zahlungsmodalitäten die ex peculio, quod ad venditorem pertinet, eine Zahlung mit Mitteln eines peculium, das dem Verkäufer zusteht bzw. zu seinem Vermögen gehört;361 in D. 17.1.8.5362 äußert er sich ähnlich. Genau genommen erscheint es paradox, der Sklave könne sich mit Mitteln aus seinem peculium freikaufen, denn die redemptio suis nummis verlangte Aufwendungen des Sklaven persönlich, das Sondergut als solches war aber weiterhin Teil des patrimonium des Herrn. Daher kann man eigentlich nicht davon sprechen, der Sklave habe mit seinem Geld gezahlt, denn solches kann dieser 360 Ähnlich im Falle der bedingten testamentarischen Freilassung: Wenn das peculium mitvermacht ist, wird die Zahlung aus diesem unterstellt, vgl. Ulp. D. 33.8.8.3 (25 ad Sab.). 361 Zur Bedeutung von pertinere vgl. Heumann / Seckel, S. 426 f. s. v. pertinere. 362 (31 ad ed.): Si liber homo (…) mandaverit Titio ut redimeretur et nummos ex eo peculio dederit, (…); zur gesamten Stelle siehe unten § 13. Brinkhof, S. 137 weist darauf hin, dass Ulpian in D. 40.1.4.1 (6 disp.) einen sehr weiten Standpunkt einnehme bez. der Frage, was unter dem eigenen Geld des Sklaven zu verstehen sei. Siehe hierzu oben § 2 und § 6. Zur Frage, ob sich nur Sklaven mit peculium freikaufen konnten, siehe unten § 21 II. 4.
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2. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut
aufgrund seiner rechtlichen Stellung nicht haben.363 Brinkhof 364 hält es daher für dogmatisch völlig unbegreiflich, dass der Herr so mit seinem eigenen Geld bezahlt werde. Hierüber hinausgehend bezeichnet Behrends die Konstitution Marc Aurels in seinen Ausführungen als Ausdehnung der „außerordentlichen Rechtsfähigkeit des Sklaven“365. Vielleicht könnte die redemptio suis nummis ein (begrenzter?) Bereich sein, innerhalb dessen der Sklave voll rechtsfähig und damit der wahre Berechtigte am peculium war. Jedenfalls deutet Ulpian die aufklaffende Diskrepanz zwischen ius civile und Honorarrecht an; sie erinnert an die Diskrepanz, die im Zusammenhang der naturalis obligatio beobachtet wurde.366 Welche Möglichkeiten der Sklave hatte, mit dem peculium im Wege des Freikaufes sein Interesse an der eigenen Freilassung zu verfolgen, soll im Folgenden untersucht werden. Wie gezeigt gab es im römischen Recht wohl ab dem 2. Jahrhundert v. Chr. mit dem peculium ein Instrument, das es dem dominus erlaubte, seinem servus einen Bereich begrenzter wirtschaftlicher Unabhängigkeit zu schaffen. Der Sklave wurde gleichsam vermögensfähig und war in der Lage, wirksam Verpflichtungsgeschäfte für das peculium abzuschließen.367 Ihr Vollzug durch Verfügung bedurfte entweder der Spezialermächtigung des dominus oder konnte generell im Wege der libera administratio sichergestellt werden. Der Sklave konnte folglich mit den Gegenständen oder dem Geld seines peculium Verträge wirksam abschließen und vollziehen. Grundsätzlich besaß er somit die Fähigkeit, zum Beispiel Kaufverträge selbst abzuschließen. An einem Freikauf mit eigenem Geld waren insgesamt drei Personen beteiligt, deren rechtliche Beziehungen untereinander unterschieden werden müssen, nämlich der Sklave, sein Herr und der Freikäufer. Zwischen dem Sklaven und dem Dritten besteht regelmäßig ein Auftragsverhältnis (mandatum),368 jener beauftragt diesen, ihn bei seinem Herrn zu kaufen.369 Der Kaufvertrag über den Sklaven kommt zwischen dem Herrn und dem 363 Ulp. D. 40.1.4.1 (6 disp.): Et primo quidem nummis suis non proprie videtur emptus dici, cum suos nummos servus habere non possit: (…); den vollen Text siehe oben § 2 I. 364 S. 133. 365 Behrends, Prinzipat, S. 56. Kritik an dieser Einschätzung übt Finkenauer, FS Knütel, S. 355 ff. 366 Siehe hierzu oben § 9. 367 Siehe hierzu oben § 5 II. und III. 368 Siehe hierzu ausführlich unten § 16 ff. 369 Dass der dominus von dem mandatum des Sklaven nichts weiß, hindert die Wirksamkeit dieses Kaufvertrages nicht; vgl. Voci, S. 263. Siehe zur Wirksamkeit des mandatum unten § 20 ff.
§ 12 Zahlung des Sklaven mit Mitteln aus dem peculium151
Freikäufer zustande.370 Ein Abschluss des Kaufvertrags zwischen dem Sklaven selbst und dem Freikäufer ist schon deshalb auszuschließen, weil der Sklave nicht in sein eigenes peculium fällt und dem Sklaven daher zur Veräußerung seiner eigenen Person die erforderliche Rechtsmacht fehlt:371 Afr. D. 15.1.38.2 (8 quaest.) (…) neminem enim posse intellegi ipsum in suo peculio esse: (…).
Von niemandem könne angenommen werden, er befinde sich in seinem eigenen peculium. Dies liest man bei Afrikan an anderer Stelle erneut,372 und Ulpian äußert sich in D. 15.1.11 pr.373 ähnlich. Denn die Möglichkeit des Sklaven, Kaufverträge abzuschließen, betraf nur Gegenstände des peculium.
§ 12 Zahlung des Sklaven mit Mitteln aus dem peculium im Allgemeinen I. Voraussetzungen einer wirksamen Zahlung des Sklaven mit Pekuliarmitteln Wie bereits festgestellt kann der Sklave den Freikaufpreis den Quellen zufolge aus seinem peculium aufbringen. Für die Wirksamkeit einer solchen Zahlung ist entscheidend, unter welchen Voraussetzungen Zahlungen des Sklaven mit Geld aus seinem peculium zulässig waren. Zunächst ist die Zahlung mit Pekuliarmitteln in Bezug auf das Sondergut im Allgemeinen zu untersuchen, bevor auf die Konstellation der redemptio suis nummis eingegangen wird.374 Zu fragen ist, ob die wirksame Zahlung des Sklaven mit Mitteln aus seinem peculium grundsätzlich einer besonderen Ermächtigung bedarf. Hier 370 Aus Ulp. D. 40.1.4.6 (6 disp.) geht hervor, dass die Freilassung des Sklaven nicht als Zweck des Kaufvertrages zwischen dem veräußernden Herrn und dem Freikäufer vereinbart werden muss: Sive autem exprimetur in contractu (velut in emptione) hoc ‚ut manumittatur‘ sive non exprimatur, verius est libertatem competere. – Horsmann, Historia 35 (1986), S. 317 mit Anm. 61 ist hingegen der Auffassung, Ulp. D. 40.1.4.6 komme eher theoretische Bedeutung zu, weil der Käufer weiterhin zur Kaufpreiszahlung verpflichtet sei, wenn er dem dominus Geld aus dem peculium des Sklaven gegeben hatte. 371 Insoweit ist hier auch schwerlich denkbar, dass der Kaufgegenstand und einer der Vertragspartner identisch sind. 372 Afr. D. 33.8.16.1 (5 quaest.): (…) qui [servus] certe ipse in suo peculio esse intellegi non poetest. 373 (29 ad ed.): Si noxali iudicio conventus dominus litis aestimationem obtulerit, de peculio deducendum est: quod si noxae dederit, nihil est deducendum. Vgl. Buckland, S. 197. 374 Siehe hierzu § 14.
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2. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut
gibt D. 12.6.53375 Aufschluss, ein Fragment von Proculus. Dieser erörtert den Fall eines Erblassers, der seinen Sklaven testamentarisch freigelassen hat, unter der Bedingung, dass dieser eine bestimmte Summe – wohl an einen (nichtgenannten) Dritten – zahle. In Unkenntnis der Unwirksamkeit des Testaments zahlt der Sklave die Summe. Fraglich sei, wer die Summe von dem Dritten, der die Zahlung empfangen habe, zurückverlangen könne. Falls die Zahlung mit Sondergutsmitteln erfolgte, obwohl dies vom dominus (Erben) nicht erlaubt worden sei, blieben die Geldstücke Eigentum des Herrn, also des Erben, der sie nicht kondizieren, sondern vindizieren könne. Wenn aber ein Dritter auf Bitten des Sklaven eigene Münzen hingegeben habe, würden sie Eigentum des Empfängers und könnten vom Herrn des Sklaven kondiziert werden, so Proculus.376 Die Stelle zeigt also, dass die Zahlung des Sklaven mit Geld aus dem peculium der Erlaubnis des Herrn bedarf; fehlt dieses permissum, ist die Zahlung unwirksam, und der Herr kann die nummi vindizieren. Präziser ausgedrückt: Die übergebenen Münzen werden nicht Eigentum des Zahlungsempfängers, so dass der Herr sie bei ihm vindizieren kann, sofern noch keine Vermengung mit dem übrigen Geld eingetreten ist. Es kann daher festgehalten werden, dass der Sklave einer Ermächtigung zur Übertragung von Eigentum an Geld aus seinem peculium bedarf.377 Einen anderen Fall behandeln Paulus und Pomponius. Bei einer Leistung aus dem peculium, für das der Sklave libera administratio hat,378 ist ihrer Meinung nach eine Rückforderung von aus dem peculium gezahlten Summen ausgeschlossen.379 Das zeigt wiederum, dass das Handeln für das Sondergut allein nicht ausreichend ist, sondern der Sklave für eine wirksame 375 (7 ep.): Dominus testamento servo suo libertatem dedit, si decem det: servo ignorante id testamentum non valere data sunt mihi decem: quaeritur, quis repetere potest. Proculus respondit: si ipse servus peculiares nummos dedit, cum ei a domino id permissum non esset, manent nummi domini eosque non per condictionem, sed in rem actione petere debet. si autem alius rogatu servi nummos dedit, facti sunt mei eosque dominus servi, cuius nomine dati sunt, per condictionem petere potest: (…). 376 Hinsichtlich der Struktur der Stellen zur Zahlung mit Pekuliarmitteln ist auffällig, dass es mehrere Fragmente verschiedener Juristen gibt, die sich in gleicher Art und Weise mit der Frage beschäftigen, ob eine Zahlung durch den Sklaven wirksam ist, und zwar aus dem Blickwinkel einer möglichen actio heraus, mit der der dominus eine unwirksame Leistung seines Gewaltunterworfenen rückgängig machen könnte. Z. B. Ulp. D. 15.3.5.2 (29 ad ed.); Scaev. D. 18.5.8 (2 resp.); Iul. D. 21.2.39.1 (57 dig.); ders. D. 46.1.19 (4 ex Minicio); vgl. auch Ulp. D. 6.2.9.6 (16 ad ed.) mit Paul. D. 6.2.10 (19 ad ed.). 377 Vgl. Buckland, S. 159, S. 201 f.; Wacke, FS Wieling, S. 280 f. 378 Ausführlich zur libera administratio peculii siehe oben § 8 III. 379 Paul. D. 12.6.13 pr. (10 ad Sab.); den Text siehe oben § 9 I. 1 in Anm. 284. Vgl. Iul. D. 21.2.39.1 (57 dig.); ders. D. 46.1.19 (4 ex Minicio); Proc. D. 46.3.84 (8 ep.).
§ 12 Zahlung des Sklaven mit Mitteln aus dem peculium153
Zahlung und Eigentumsübergang am hingegebenen Geld der libera administratio oder zumindest einer sonstwie gearteten Zustimmung seines Herrn bedarf. Die Quellen sind insofern uneinheitlich, als es sowohl Stellen gibt, die eine administratio im Zusammenhang mit einer wirksamen Zahlung als Voraussetzung anführen,380 als auch solche, in denen die Zahlung des Sklaven wirksam ist, obwohl die Fragmente zu seiner Dispositionsbefugnis schweigen.381 Grundsätzlich bedarf – wie bereits gesehen – eine Verfügung über eine Sache aus dem peculium, welches zwar faktisch dem Sklaven zugeordnet ist, jedoch vermögensrechtlich weiterhin dem patrimonium des dominus, dem Vermögen des Herrn, angehört, einer zusätzlichen Ermächtigung.382 Diese sogenannte libera administratio oder auch concessio administrationis ist folglich Voraussetzung auch für die wirksame Zahlung mit Geld aus dem peculium. Für die Tatsache, dass einige Stellen eine solche Befugnis des servus nicht erwähnen, kann es unterschiedliche Gründe geben. Häufig ist in den Falllösungen der römischen Juristen zu beobachten, dass unproblematische Voraussetzungen nicht explizit erwähnt werden. Es kann also durchaus sein, dass eine notwendige Voraussetzung zwar vorliegt, aber eben weil sie nicht streitig und nicht Gegenstand der Anfrage beim Juristen ist, nicht erwähnt wird.383 Zum anderen ist zu überlegen, ob wirklich allen Stellen die libera administratio zugrunde liegt oder aber ob sich die Entscheidungen nicht auch ohne die Gewährung einer solchen Generalermächtigung erklären lassen. Jedenfalls war es ja doch immer möglich, dass der dominus in einem bestimmten Fall eine konkrete Verfügungsbefugnis erteilt hatte, auch wenn dies insofern umständlich war, als der Herr dann nicht von der Vereinfachung durch das peculium profitierte, sondern für jede einzelne Verfügung selbst seine Zustimmung erteilen musste.384
380 Z. B.
Proc. D. 46.3.84 (7 ep.); Paul. D. 12.6.13 pr. (7 ad Sab.). Gai. D. 41.1.43.2 (7 ad ed. prov.); Pap. D. 46.3.94.3 (8 quaest.); Iul. D. 19.1.24 pr. (15 dig.); ders. D. 46.1.19 (4 ex Minicio). 382 Hierzu siehe oben § 8 III. 383 Ähnlich Mandry, Familiengüterrecht II, S. 95 = FS v. Wächter, S. 63. Auch Wacke, FS Wieling, S. 275 meint, die wenigen Stellen, die die Voraussetzung der libera administratio nicht erwähnen oder in denen sie zweifelhaft ist, „fallen gegenüber den zahlreichen ausdrücklichen Textaussagen nicht ins Gewicht“. 384 Vgl. Brinkhof, S. 103 gegen Mandrys Ausführungen zu Iul. D. 46.1.19 (4 ex Minicio), Familiengüterrecht II, S. 96. Jener nimmt an, dass es auch sonst sein könne, dass der Sklave ohne administratio zur Zahlung ex peculio befugt sei; es unterbleibt aber ein Verweis auf die dann notwendige, ausdrückliche Genehmigung für den Einzelfall. 381 Z. B.
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2. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut
II. Verbindlichkeit für und Erfüllung aus dem peculium: Iul. D. 46.1.19 (4 ex Minicio) 1. Sachverhalt von D. 46.1.19
Besondere Betrachtung verdient: Iul. D. 46.1.19 (4 ex Minicio) Servus inscio domino pro quodam fideiusserat et eo nomine pecuniam solverat: quaerebatur, dominus possetne ab eo, cui soluta esset, repetere. respondit:385 inter est, quo nomine fideiusserit: nam si ex causa peculiari fideiussit, tunc id, quod ex peculio solverit, repetere dominus non poterit, quod ex dominica causa solverit, vindicabitur: si vero extra causam peculii fideiusserit, quod ex pecunia dominica solverit, aeque vindicabitur, quod ex peculio, condici poterit.
Minicius wird gefragt, ob der dominus eines Sklaven, der eine Bürgschaft inscio domino, also ohne Wissen seines Herrn, übernommen und auf diese gezahlt hat, diese Zahlung zurückfordern (repetere) kann. Dabei unterstreicht der Jurist, dass es auf den Grund der Bürgschaftsübernahme ankomme sowie darauf, ob mit Mitteln aus dem peculium gezahlt worden sei oder nicht. In seiner Antwort unterscheidet er vier Fälle: In der ersten Fallvariante geht es um die Konstellation, dass die Bürgschaftsübernahme für das peculium und die Zahlung mit Mitteln aus dem peculium erfolgten. Diese soll nicht zurückgefordert werden können; Minicius lehnt das repetere ab, so dass die Zahlung in dieser Variante 1 Bestand hat. Variante 2 beschreibt den Fall, dass die Bürgschaft für das peculium aufgenommen wurde, während die Zahlung aber mit Mitteln des Herrn – ex dominica causa – erfolgte. In diesem Fall soll der dominus die vindicatio erheben, also die Münzen aufgrund seines Eigentums herausverlangen können.386 In Variante 3 liegt der Grund für die Übernahme der Bürgschaft außerhalb des Sondergutes, und die Zahlung wird ex dominica pecunia vorgenommen. Minicius billigt hier dem Herrn ebenfalls die vindicatio zu. Variante 4 endlich zeichnet sich dadurch aus, dass die Bürgschaftsübernahme wiederum nicht für das peculium, aber die Zahlung mit Pekuliarmitteln erfolgten. In diesem Falle soll der dominus kondizieren können.
385 Vgl. Lenel, Pal. I, Sp. 487 (Iul. 866) Anm. 2 geht davon aus, dass es sich um Minicius handelt, der respondit. Nach P. Krüger, S. 175 f. soll der Jurist Minicius, der im Übrigen unbekannt sei, in der Zeit von Tiberius bis Trajan einzuordnen sein. 386 Zur vindicatio im Allgemeinen vgl. Kaser, RP I, S. 432 ff. m. w. N.
§ 12 Zahlung des Sklaven mit Mitteln aus dem peculium155 2. Interpretation von D. 46.1.19
Minicius behandelt alle nur erdenklichen Kombinationen von der Eingehung einer Verbindlichkeit und ihrer Erfüllung im Falle des Zusammentreffens von dominus, servus und peculium. Besonders fällt jedoch auf, dass die Frage der libera administratio mit keiner Silbe erwähnt wird. Dies hat zu Diskussionen über Echtheit und Aussagekraft der Stelle geführt, auf die unten zurückzukommen ist. Zunächst sollen aber direkt am Text Schlussfolgerungen hinsichtlich der Wirksamkeit einer Zahlung mit Pekuliarmitteln versucht werden. Minicius entscheidet, dass allein in der Variante 1 – Bürgschaftsübernahme für das peculium und Zahlung aus Mitteln dieses Sondergutes – sowohl Verpflichtungs- als auch Verfügungsgeschäft wirksam sind, denn in diesem Fall erlaubt er keine Rückforderung. Ist die Zahlung für eine Angelegenheit des Sondergutes mit Mitteln des dominus erfolgt, kann dieser vindizieren, der Zahlungsempfänger hat also kein Eigentum am Geld aus den Beständen des dominus erhalten. Dies geht konform mit D. 21.2.39.1387, denn dort sagt Julian, ein Sklave könne einem Dritten ohne Willen seines Herrn nicht das Eigentum an einem tradierten Sklaven übertragen: Wenn der Sklave einen anderen Sklaven, der ebenfalls im Eigentum seines Herrn stehe, tradiere, könne der Käufer nur Eigentum erlangen, wenn der Herr hiermit einverstanden sei, zumindest aber hiervon wisse. Da dies im letztgenannten Fall nicht so ist, geht das Eigentum nicht über. In unserer Stelle liegen die Dinge genauso, auch hier weiß der Herr von der gesamten Transaktion nichts, und die Zahlung erfolgt dennoch mit pecunia dominica. Die Variante 3 ist umso verständlicher aus dem bis jetzt Gesagten, denn es geht weder um ein Geschäft mit Bezug zum peculium noch um die Zahlung aus dessen Beständen. Folglich kann der dominus vindizieren; der Zahlungsempfänger hat kein Eigentum am Geld erworben. Die letzte Variante verwundert zumindest in Bezug auf die gewährte condictio. Denn es wäre zu erwarten, dass ohne Verfügungsbefugnis des Sklaven dem Herrn ebenfalls die Vindikation offensteht. Minicius’ Entscheidung für die Kondiktion legt aber nahe, dass die Zahlung mit Pekuliarmitteln wirksam war, die Verfügungsbefugnis müsste also wieder unterstellt bzw. als unproblematisch angesehen werden. Allerdings fehlte hierfür ein Rechtsgrund, da die Bürgschaft ja nicht für das peculium, sondern aus an387 (57 dig.): Si servus tuus emerit hominem et eundem vendiderit Titio eiusque nomine duplam promiserit et tu a venditore servi stipulatus fueris: si Titius servum petierit et ideo victus sit, quod servus tuus in tradendo sine voluntate tua proprietatem hominis transferre non potuisset, (…). – Vgl. zum Verdacht gegen die Originalität dieses Textes Buti, Capacità, S. 96 ff. m. w. N.
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2. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut
derem Grunde und folglich für den Herrn nicht verpflichtend übernommen wurde. Besteht aber keine Schuld, so kann grundsätzlich die Zahlung als indebitum zurückgefordert werden.388 Anders ist dies nur im Falle der naturalis obligatio, die sich gerade dadurch auszeichnet, dass trotz fehlender zivilrechtlicher Verpflichtung eine Leistung auf die vermeintliche Schuld nicht zurückgefordert werden kann.389 In der vorliegenden Konstellation geht es jedenfalls nicht um eine solche naturalis obligatio, denn andernfalls dürfte der dominus keine condictio erhalten.390 Dies leuchtet auch ein, denn schließlich erfolgte die Bürgschaftsübernahme nicht für das peculium.391 Damit ist D. 46.1.19 auch ein Beispiel dafür, dass nicht jede Verbindlichkeit, die der Sklave eingeht, als naturalis obligatio zu qualifizieren ist: Andernfalls müsste in dieser vierten Fallkonstellation die Bürgschaft, auch wenn sie nicht für das peculium übernommen wurde, zumindest solche Wirkung entfalten, dass die Zahlung aus Pekuliarmitteln deshalb nicht zurückgefordert werden könnte, weil der Sklave die fideiussio eingegangen war und dem Gläubiger daher die Rechtsfolge der soluti retentio zustünde. 3. Widerspruch zu Alf. Var. D. 41.3.34 (1 dig. a Paulo epitom.)
Variante 1 (von D. 46.1.19) könnte in Widerspruch stehen zu Alfenus’ Auffassung in D. 41.3.34392, der Käufer könne lediglich ersitzen, also das Eigentum durch Zeitablauf erwerben, wenn der Sklave ohne Wissen seines Herrn eine Sache aus dem peculium veräußere. Das Eigentum ist durch dieses Handeln des Sklaven also nicht übergegangen, obwohl anzunehmen ist, dass die Sache übergeben wurde. In beiden Fragmenten steht eine Sache bzw. Geld aus dem peculium in Rede. Die Zahlung, von der Minicius in D. 46.1.19 spricht, bedeutet die Übereignung von Geldstücken, so dass 388 Honsell / Mayer-Maly / Selb,
S. 350 f.; Wunner, Rom. 9 (1970), S. 461 ff. naturalis obligatio oben § 9. 390 Vgl. Buti, Capacità, S. 275, der annimmt, die naturalis obligatio habe sich ursprünglich nur auf extrapekuliäre Verbindlichkeiten des Sklaven bezogen; dies solle zeitlich bei Sabinus und Labeo der Fall gewesen sein (S. 273). Nach seiner Ansicht muss es also auch obligationes des Sklaven gegeben haben, die nicht als naturales qualifiziert wurden. Dies lässt sich mit der vorliegenden Untersuchung in Einklang bringen, denn Labeo und Sabinus sind im 1. Jahrhundert n. Chr. anzusiedeln; Minicius soll in der Zeit zwischen Tiberius und Trajan gewirkt haben, also ebenfalls im 1. Jahrhundert n. Chr. Vgl. Kienast, S. 76 ff., S. 122 ff.; P. Krüger, S. 175 f. 391 Dieser Zusammenhang ist nicht zwingend; überwiegend wird davon ausgegangen, die naturalis obligatio habe zwar die Entwicklung des peculium gefördert, aber nicht allein verursacht. Siehe hierzu oben § 9 II. 392 (1 dig. a Paulo epitom.): Si servus insciente domino rem peculiarem vendidisset, emptorem usucapere posse. Siehe hierzu auch oben § 8 III. 3. a). 389 Zur
§ 12 Zahlung des Sklaven mit Mitteln aus dem peculium157
beiden Stellen die gleiche Frage zugrunde liegt: Kann der Sklave ohne Wissen und damit ohne Zustimmung seines Herrn (der dominus ist auch bei Minicius inscius) Eigentum übertragen? An der Kaufsache kann er es nicht, wie Alfenus zum Ausdruck bringt. Der Unterschied liegt lediglich darin, dass bei Alfenus der Sklave als Verkäufer auftritt, während er bei Minicius eine Bürgschaft übernommen und auf diese gezahlt hat, also auf der Seite desjenigen steht, der Eigentum am Geld übertragen muss. Dann muss aber für diesen Eigentumsübergang am Geld das Gleiche gelten, denn es ist kein Grund ersichtlich, warum es darauf ankommen soll, ob der Sklave Eigentum an der Kaufsache oder aber an Geld überträgt. Auch in unserer Variante 1 (in D. 46.1.19) bedarf die Zahlung mit den Mitteln aus dem peculium des Sklaven daher einer Zustimmung des Herrn, um wirksam zu sein. Dass sie als wirksam angesehen wird, folgt daraus, dass Minicius dem dominus die Möglichkeit der Rückforderung verwehrt. Wie bereits angedeutet, hat dieser vermeintliche Widerspruch zwischen D. 46.1.19 und D. 41.3.34 zu Diskussionen und unterschiedlichen Wegen zu seiner Auflösung geführt. Zum einen wird die Auffassung vertreten, eine solche libera administratio peculii des Sklaven sei in D. 46.1.19 zu unterstellen und werde auch von Minicius als gegeben angesehen.393 Buti394 nennt D. 46.1.19 lediglich im Zusammenhang mit seinem Hinweis auf die Tatsache, dass es Stellen gebe, die für eine Verfügung nicht ausdrücklich die administratio als Voraussetzung benennen, nicht bedeuten müsse, dass in diesen Fällen eine Verfügung des Sklaven ohne besondere Ermächtigung wirksam sein solle. Die Unterschiede lassen sich auch dadurch erklären, dass selbst dann, wenn der Herr dem Sklaven für sein peculium keine libera administratio erteilt haben sollte, anzunehmen ist, dass der Sklave dennoch im Rahmen des Üblichen Zahlungen für das peculium vornehmen kann. Hiermit wird der Herr in der Regel einverstanden sein, weil er durch die Einräumung eines Sondergutes seinem Sklaven ja gerade gewisse wirtschaftliche Bewegungsfreiheit und Eigenständigkeit verschaffen möchte. Dann kann man folglich annehmen, der Herr, der dem Sklaven im Rahmen eines peculium Geld überlässt, ist konkludent auch damit einverstanden, dass dieser das Geld für Zahlungen verwendet und ausgibt. Andernfalls hätte das Bestücken eines peculium mit Geld keinen Sinn.395 Gleiches gilt für Variante 4 (in D. 46.1.19): Hier zahlt der Sklave mit Pekuliarmitteln, obwohl die Bürgschaft nicht dem Sondergut zugute kommt. 393 Vgl. Buckland, S. 202; Mandry, FS v. Wächter, S. 64 f. äußert, die Stelle „errege Bedenken“, und hält ebenfalls für notwendig, administratio „als concedirt anzusehen“. – Zur libera administratio peculii siehe oben § 8 III. 3. b), insbes. cc). 394 Capacità, S. 69 Anm. 137. 395 Vgl. oben § 8 III. 3. c).
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2. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut
Dass die Zahlung von Minicius als wirksam angesehen wird, resultiert daraus, dass er dem dominus nur die condictio gewährt, nicht aber die vindicatio, wie anzunehmen wäre, wenn das Eigentum an den gezahlten Münzen nicht übergegangen wäre. Auch hier ist das Vorhandensein von administratio peculii zu unterstellen oder das Vorliegen einer konkludenten Ermächtigung anzunehmen. Anderer Auffassung ist Brinkhof 396, der D. 46.1.19 und Ulp. D. 15.1.3.5-6 miteinander vergleicht und es nicht für notwendig hält, die Konzession von libera administratio zu unterstellen. Ulp. D. 15.1.3.5-6 (29 ad ed.) Si filius familias vel servus pro aliquo fideiusserint vel alias intervenerint vel mandaverint, tractatum est, an sit de peculio actio. et est verius in servo causam fideiubendi vel mandandi spectandam, quam sententiam et Celsus libro sexto probat in servo fideiussore. si igitur quasi intercessor servus intervenerit, non rem peculiarem agens, non obligabitur dominus de peculio. (6) Iulianus quoque libro duodecimo digestorum scribit, si servus mandaverit, ut creditori meo solveretur, referre ait, quam causam mandandi habuerit: si pro creditore suo solvi mandavit, esse obligatum dominum de peculio: quod si intercessoris officio functus sit, non obligari dominum de peculio.397
Ulpian untersucht in D. 15.1.3.5 die Frage, ob eine actio de peculio bestehe, wenn ein Haussohn oder ein Sklave eine Bürgschaft geleistet, eine sonstige Verbindlichkeit übernommen oder einen Auftrag erteilt habe. Diesbezüglich müsse beim Sklaven auf seine Absicht bei Leistung der Bürgschaft bzw. Erteilung des Auftrages abgestellt werden; Celsus sei der gleichen Ansicht. Der Herr werde aus dem peculium nicht verpflichtet, wenn der Sklave nicht für einen Pekuliargegenstand handle. In D. 15.1.3.6 fügt Ulpian die Ansicht Julians hinzu, der beim Auftrag eines Sklaven an einen Dritten, eine Zahlung an den Gläubiger des ego vorzunehmen, den Herrn nur dann aus der actio de peculio verpflichtet sieht, wenn der Sklave den Auftrag erteilt hat, dass die Zahlung an ego mit Wirkung für seinen eigenen Gläubiger erfolge. Sei der Sklave jedoch nur aus Gefälligkeit eingetreten, sei sein dominus nicht de peculio verpflichtet. Aus dem Vergleich mit D. 46.1.19 schließt Brinkhof, dass eine wirksame Zahlung des Sklaven nicht notwendig eine administratio voraussetze, vielmehr gebe die Zahlung für eine nicht das peculium betreffende Schuld mit Pekuliarmitteln dem dominus eben die condictio. Weil keine Verbindlichkeit des peculium in Rede stehe, hafte er nicht de peculio. Dieser Vergleich erklärt aber ebenfalls nicht, warum die Zahlung ohne weitere Ermächtigung wirksam sein sollte. 396 S. 103;
siehe hierzu oben § 8 III. 3. b) dd) und Anm. 384. D. 15.1.3.6 siehe auch Apathy, SZ 93 (1976), S. 109 ff.; zur Frage der Echtheit des Textes siehe Koschaker, FS Hanausek, S. 128 mit Anm. 3. 397 Zu
§ 13 Der Freikauf eines homo liber bona fide serviens159
Denn in den von Brinkhof herangezogenen leges (Ulp. D. 15.1.3.5-6) geht es überhaupt nicht um die Frage einer eventuell wirksamen Zahlung, sondern allein um die Wirksamkeit der Übernahme einer Bürgschaftsverpflichtung (D. 15.1.3.5) oder die Erteilung eines Zahlungsauftrages (D. 15.1.3.6). In beiden Fällen kann eine Zahlung später folgen, muss dies aber nicht, denn wenn etwa der Bürge nicht in Anspruch genommen wird, muss er auch nicht für die gesicherte Verbindlichkeit einstehen und zahlen. Nimmt man nun an, dass diese Stellen – wie üblich – nichts enthalten, was für die Frage in concreto nicht explizit relevant war, so darf die Nichterwähnung der Verfügungsbefugnis in D. 15.1.3.5-6 (29 ad ed.) nicht verwundern und es darf aus der Nichterwähnung einer Zustimmung des Herrn nicht auf deren allgemeine Irrelevanz geschlossen werden. Jedenfalls kann Brinkhofs Verweis auf Ulp. D. 15.1.3.5-6 (29 ad ed.) nicht überzeugen. Für die wirksame Zahlung muss eine irgendwie geartete Zustimmung des Herrn verlangt werden, deren Vorliegen in D. 46.1.19 (4 ex Minicio) zu unterstellen ist; diese kann auch konkludent erteilt sein. 4. Ergebnis
Die Überlegungen bestätigen, dass die Zahlung mit Mitteln aus dem peculium stets einer Ermächtigung durch den Herrn bedurfte; diese konnte als Globalermächtigung im Wege der libera administratio peculii erteilt werden oder aber gesondert für jede einzelne Verfügung. Stellen, in denen sie nicht genannt ist, sprechen nicht gegen die Annahme einer allgemein notwendigen Verfügungsbefugnis, weil die Sachverhaltsschilderungen in den Digesten häufig nicht vollständig sind.398 Zudem ist auch eine konkludent erteilte Ermächtigung schon durch die Mittelüberlassung denkbar.
§ 13 Der Freikauf eines homo liber bona fide serviens: Ulp. D. 17.1.8.5 (31 ad ed.) I. Vorbemerkung Von den wenigen Stellen, die den Freikauf des Sklaven betreffen und dabei über die Herkunft der Mittel sprechen, aus denen der Sklave den Kaufpreis aufbringt, geben die meisten primär das peculium als Quelle an.399 Unter diesen Texten nimmt Ulp. D. 17.1.8.5 (31 ad ed.) eine Sonderzur libera administratio peculii beim peculium allgemein oben § 8 III. 3. z. B. D. 40.1.4.1 (6 disp.): Ulpian spricht von der Zahlung ex peculio, quod ad venditorem pertinet, einer Zahlung mit Pekuliarmitteln also, wobei das peculium dem Verkäufer gehöre. Siehe hierzu oben § 2 I. 398 Siehe 399 Vgl.
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2. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut
stellung ein, weil es hier um einen homo liber bona fide serviens geht, einen Freien, der einem Gutgläubigen als Sklave dient,400 der mit dem Sklaven nicht vollumfänglich vergleichbar ist.401 Dennoch lassen sich dieser Stelle allgemein gültige Aussagen für die redemptio suis nummis entnehmen, die unabhängig sind von der Tatsache, dass der bona fide serviens als Freigeborener seinen Status nie verändert hat, auch wenn er sich zwischenzeitlich faktisch in Sklaverei befand. Im Zusammenhang mit der Zahlung des Freikaufpreises durch den Sklaven ist zunächst fraglich, ob es für die Wirksamkeit einer Zahlung des Freikaufpreises aus Mitteln des peculium relevant ist, ob der Sklave von seinem Herrn mitsamt oder ohne das peculium an den Freikäufer veräußert wird. Es wird sich zeigen, dass der Verkauf des Sklaven mit oder ohne Sondergut unterschiedliche Konsequenzen hat, und zwar zum einen für die Person des Veräußerers, zum Beispiel in Bezug auf seine Haftung aus dem Kaufvertrag,402 zum anderen für die Person des Sklaven, etwa hinsichtlich der Frage, ob die Zahlung an den Freikäufer mit Mitteln aus dem peculium wirksam sein kann oder nicht.403 Darüber hinaus muss der Frage nachgegangen werden, wie der Sklave das Geld beschaffen konnte, das er dem Freikäufer für die eigene Freilassung im Wege der redemptio suis nummis zahlte, wenn er nicht aus dem peculium zahlte. Im Folgenden soll Ulp. D. 17.1.8.5 (31 ad ed.) zuerst daraufhin untersucht werden, ob sich hieraus erste Anhaltspunkte für die Voraussetzungen einer wirksamen Zahlung mit Pekuliarmitteln bei der redemptio suis nummis ableiten lassen. II. Sachverhalt von D. 17.1.8.5 Folgende Ausführungen Ulpians sind für die Untersuchung der wirksamen Zahlung des Freikaufpreises aus Pekuliarmitteln von maßgeblicher Bedeutung: Ulp. D. 17.1.8.5 (31 ad ed.) Si liber homo, cum bona fide serviret, mandaverit Titio ut redimeretur et nummos ex eo peculio dederit, quod ipsum sequi, non apud bonae fidei emptorem relinqui debuit, Titiusque pretio soluto liberum illum manumiserit, mox ingenuus pronun400 Der homo liber bona fide serviens ist ein Freier, der einem Gutgläubigen als Sklave dient. Sprachlich bemerkenswert ist, dass bona fide auf den Herrn des vermeintlichen Sklaven anspielt, der ihn einmal gutgläubig – wohl im Wege des Kaufes – erworben hat; vgl. Söllner, HAS s. v. homo liber bona fide serviens; ders., CRRS IX, S. 12 ff. 401 Kaser, RP I, S. 262 f. 402 Zur Haftung aus dem Kaufvertrag siehe sogleich § 13 III. 3. a). Zur Haftung des Veräußerers eines Sklaven mit der actio de peculio annalis siehe oben § 7 II. 403 Siehe hierzu ausführlich unten § 14 II. und IV.
§ 13 Der Freikauf eines homo liber bona fide serviens161
tiatus est, habere eum mandati actionem Iulianus ait adversus eum cui se redimendum mandavit, sed hoc tantum inesse mandati iudicio, ut sibi actiones mandet, quas habet adversus eum a quo comparavit. plane si eam pecuniam dederit, quae erat ex peculio ad bonae fidei emptorem pertinente, nullae ei, inquit Iulianus, mandari actiones possunt, quia nullas habet, cum ei suos nummos emptor dederit: quinimmo, inquit, ex vendito manebit obligatus, sed et haec actio inutilis est, quia quantum fuerit consecutus, tantum empti iudicio necesse habebit praestare.
Ein liber homo bona fide serviens, ein Freier, der als Sklave dient,404 beauftragt Titius, ihn bei seinem aktuellen dominus freizukaufen. Dieser dominus wird im Text als bonae fidei emptor bezeichnet, also als Herr, der den vermeintlichen Sklaven zuvor gekauft hatte, und zwar gutgläubig – offenbar im Hinblick auf den Sklavenstatus. Dabei gibt der vermeintliche Sklave (bona fide serviens) Titius im Rahmen der Auftragserteilung Geld aus dem peculium. Das aufgetragene Geschäft findet statt, Titius kauft den bona fide serviens und lässt ihn frei. Dieser wird bald darauf im Freiheitsprozess für freigeboren erklärt und möchte nun das für die Freilassung Gezahlte zurückverlangen. Ulpian zitiert Julian, der eine Unterscheidung vornehme zwischen der Zahlung mit Mitteln aus einem peculium, welches der vermeintliche Sklave beim Freikauf mitnehmen dürfe, und dem Fall, dass die Zahlung aus einem peculium erfolge, welches dem bisherigen Schein-dominus gehöre und bei diesem verbleiben solle. Hieraus ergeben sich unterschiedliche Folgen für die Rückforderung, die deshalb in Betracht kommt, weil ein Freigeborener seinen Status auch durch tatsächliche Sklaverei nicht verliert405 und infolgedessen für seine Freiheit nicht bezahlen muss. Zu unterscheiden sind folgende Alternativen: Darf der vermeintliche Sklave das peculium mitnehmen, soll dieser eine actio mandati gegen seinen Freikäufer Titius haben, der ihm die aus dem Kaufvertrag mit dem dominus erworbenen actiones abtreten müsse (1. Alternative). Falls das Sondergut beim bisherigen dominus bleiben sollte, könne Titius keinerlei Klagen abtreten, weil er selbst keine erworben habe, denn er habe den Verkäufer (dominus) mit dessen Geld bezahlt, eine Tatsache, die zu keinerlei Befreiung des Titius aus dem Kaufvertrag geführt habe (2. Alternative). Vielmehr sei dieser weiterhin aus diesem Vertrag – offenbar zur Kaufpreiszahlung – verpflichtet.406 Allerdings sei die actio venditi des Verkäufers (gerichtet auf Zahlung des Kaufpreises) unnütz (inutilis), weil er dem Käu404 Vgl.
hierzu Anm. 400. RP I, S. 301 f. m. w. N. Siehe sogleich § 13 III. 406 Zolnierczuk, S. 121 vermutet, dass der verkaufende Alt-dominus erneut auf Zahlung klagen konnte, wenn er nichts davon wusste, dass ihm Geld aus dem peculium gezahlt wurde, das er dem verkauften Sklaven eingeräumt hatte. Zum Prinzip, dass die Zahlung an den Gläubiger mit dessen Geld keine Befreiung bewirkt, vgl. Paul. D. 17.1.22.8 (32 ad ed.); Pap. D. 17.1.54 pr. (27 quaest.) sowie Diocl. / Max. C. 4.36.1; dies. C. 4.49.7 und unten § 14 IV. 405 Kaser,
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2. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut
fer genauso viel aus der actio empti zu leisten verpflichtet sei, das heißt den gezahlten Kaufpreis sofort wieder zurückleisten müsste; eine Problematik, auf die gleich genauer eingegangen wird.407 III. Interpretation von D. 17.1.8.5 1. Vorüberlegungen
Die Stelle gibt unter verschiedenen Aspekten Anlass zur Erörterung. Zunächst fällt auf, dass der Freikäufer Titius mit dem Kauf eines Freien beauftragt wird. Der Kaufvertrag über einen vermeintlichen Sklaven, der tatsächlich freigeboren ist, ist grundsätzlich – so auch in unserem Fall – wirksam: Pomp. D. 18.1.4 (9 ad Sab.) Et liberi hominis et loci sacri et religiosi, qui haberi non potest, emptio intellegitur, si ab ignorante emitur.
Der Kauf eines Freien sei genauso wirksam wie der einer sakralen oder religiösen Stätte, allerdings unter der Voraussetzung, dass der Käufer keine Kenntnis hatte.408 Im Folgenden sollen hier die Differenzierung Ulpians bezüglich des peculium des bona fide serviens, aus dem die Zahlung des Freikaufpreises an den Freikäufer Titius erfolgt, sowie die abtretbaren Ansprüche des Freikäufers Titius untersucht werden. Im Rahmen der Untersuchung zum mandatum bei der redemptio suis nummis wird dann auf die auftragsrechtlichen Besonderheiten der Stelle eingegangen.409
407 Siehe
unten § 13 III. 3. Grund gibt Paulus in D. 18.1.5 (5 ad Sab.) an: quia difficile dinosci potest liber homo a servo; weil ein freier Mensch nur schwer von einem Sklaven zu unterscheiden ist. – In unserem Fall wäre die Unkenntnis des Freikäufers nur zweifelhaft, wenn der vermeintliche Sklave den Freikäufer darüber informiert hätte, freigeboren zu sein, wofür es in D. 17.1.8.5 aber keinerlei Anhaltspunkte gibt. Außerdem schadet dem Käufer wohl nicht schon der bloße Verdacht, sondern erst eine gesicherte Kenntnis; vgl. Knütel, Mandat zum Freikauf, S. 357 f. Vgl. zum Ganzen auch Buckland, S. 349; G. Longo, St. Bonfante Bd. 3, S. 365 ff. gegen Haymann, Haftung des Verkäufers, S. 167 f. – Levy, S. 9 hält den Kaufvertrag ebenfalls für wirksam. Vgl. zur Gegenauffassung, die den Kaufvertrag für unwirksam hält, Haymann, Haftung des Verkäufers, S. 167 f.; Beseler, S. 114; Schwarz, SZ 71 (1954), S. 176 (zu Pap. D. 17.1.54). – Zum Kauf eines Freien vgl. u. a. Pomp. D. 18.1.6 pr. (9 ad Sab.); Paul. D. 18.1.34.2 (34 ad ed.). 409 Siehe hierzu ausführlich unten § 20 III. 2. c). 408 Den
§ 13 Der Freikauf eines homo liber bona fide serviens163 2. Sachverhaltsvarianten
Ulpian differenziert in D. 17.1.8.5 zwischen dem Fall, dass dem Freikäufer Titius Mittel aus dem peculium übergeben werden, das der vermeintliche Sklave mitnehmen darf (1. Alternative), und dem Fall, dass die Zahlung aus dem Sondergut stammt, das bei dem bonae fidei emptor, also dem Veräußerer, verbleiben soll (2. Alternative).410 Es könnte sich in der 1. Alternative um den Fall handeln, dass der vermeintliche Sklave mitsamt seinem peculium an Titius verkauft wurde und aus diesem Grund sein peculium mitnehmen durfte. Die Differenzierung der beiden Zahlungsalternativen spricht dafür, dass es auf den Verbleib des Sondergutes nach dem Freikauf – also die Frage, ob der Sklave im Rahmen der redemptio suis nummis mit oder ohne peculium an den Freikäufer verkauft wird – entscheidend ankam. Nur wenn der vermeintliche Sklave das Sondergut mitnehmen durfte, also in der 1. Alternative, konnte die Zahlung mit Mitteln desselben seinen Freikäufer befreien.411 Um insbesondere diese 1. Alternative zu erklären, muss überlegt 410 Zu den beiden Alternativen in D. 17.1.8.5 vgl. v. Seuffert, S. 17 f., Knütel, Mandat zum Freikauf, S. 356 ff. 411 Mit Blick auf D. 17.1.8.5 geht v. Seuffert außerdem davon aus, zur Zeit Julians sei die Zahlung mit Mitteln aus dem Erwerb des bona fide serviens, welcher dem Herrn zustehe, sowie die Zahlung aus dem peculium des Sklaven nicht als solche des bona fide serviens bzw. des Sklaven anerkannt gewesen. Folglich konnte man wohl eine Zahlung des Sklaven bzw. des bona fide serviens an den Freikäufer diesen nicht zuordnen, und die redemptio suis nummis war dann nicht wirksam abgelaufen, weil sie voraussetzte, dass der Sklave die finanzielle Last trug. Vielmehr habe sich diese Auffassung (der Zuordnung der Zahlung zum Sklaven bzw. bona fide serviens) erst später herausgebildet; Ulpian dürfte sie aber geläufig gewesen sein. Dass dieser sich der älteren Ansicht Julians angeschlossen habe, könne seinen Grund darin haben, dass eine Anwendung der Anordnung der divi fratres nicht in Betracht komme. Die Stellen, die über die Herkunft des Geldes Auskunft geben, stammen von Ulpian [D. 40.1.4 (6 disp.) und D. 17.1.8.5 (31 ad ed.)], also aus spätklassischer Zeit, Ende des 2. bzw. Anfang des 3. Jahrhunderts n. Chr. (vgl. zur Datierung Wenger, S. 513; Kunkel, S. 245 ff.). Daher kann v. Seuffert soweit zugestimmt werden, als zur Zeit Ulpians die Zahlung aus dem peculium als solche aus Eigenmitteln des Sklaven anerkannt war. Dies belegt aber nicht, dass dies ursprünglich nicht der Fall gewesen sei. Die Ausführungen zum peculium und der beschränkten Vermögensfähigkeit des Sklaven haben ergeben, dass diese schon bald nach Einführung des edictum anerkannt war; siehe hierzu oben § 5 I. und II. Jedenfalls erklärt v. Seuffert nicht, warum Julian eine solche Anerkennung unbekannt gewesen sein sollte. Vielmehr ist mit Blick auf das peculium und seine ökonomische sowie gesellschaftliche Relevanz und Akzeptanz davon auszugehen, dass auch zu Zeiten Julians im 2. Jahrhundert n. Chr. das Sondergut weit verbreitet und als Vermögen dem Sklaven zugeordnet war, auch wenn es rechtlich weiterhin dem dominus und seinem patrimonium angehörte. Folglich scheint es überzeugender, auch für diese Zeit schon anzunehmen, dass die Zahlung mit Mitteln aus dem peculium als solche des Sklaven anerkannt war.
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2. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut
werden, welche Sachverhaltsgestaltungen ihr zugrunde liegen könnten. Insgesamt sind in der 1. Alternative – Zahlung aus dem peculium, das mit dem vermeintlichen Sklaven an den Freikäufer verkauft wird – drei verschiedene Sachverhaltsgestaltungen denkbar, nämlich die Varianten Nr. 1, 2 und 3: Variante Nr. 1: Der Wortlaut der Stelle spricht dafür, dass der gesamte Kaufpreis aus dem peculium gezahlt wird. Dies ist insofern problematisch, als bei Verkauf des Sklaven mitsamt dem peculium ein Kaufpreis vereinbart wird, der sich aus dem Wert des peculium plus einer Summe für die Person des Sklaven selbst zusammensetzt. Mit anderen Worten: Wenn das peculium für die Zahlung des Freikaufpreises ausreichen soll, muss der Kaufpreis vom Herrn zu niedrig angesetzt sein; andernfalls kann der Wert des Sondergutes nicht den Preis für das volle Sondergut und den Sklaven abdecken.412 Dass der Kaufpreis hier zu niedrig angesetzt ist, kann unterschiedliche Ursachen haben. Zum einen kann der Herr über die Freikaufabsichten seines vermeintlichen Sklaven Bescheid wissen. Dann ist anzunehmen, dass er den Kaufpreis absichtlich zu niedrig ansetzt, damit sein vermeintlicher Sklave im Wege der redemptio suis nummis zur Freiheit gelangen kann.413 Gegen diese Sachverhaltsgestaltung spricht jedoch, dass in der Stelle keinerlei Anhaltspunkte für eine Kenntnis des Herrn angelegt sind. Variante Nr. 2: Zum anderen ist denkbar, dass der Herr von den Freikaufabsichten des vermeintlichen Sklaven keine Kenntnis hat und den Kaufpreis deshalb zu niedrig ansetzt, weil er die wahre Höhe des peculium nicht kennt, weil nämlich sein vermeintlicher Sklave nicht ordnungsgemäß abgerechnet und nicht alle Vermögenswerte, die in das peculium gehörten, diesem zugefügt, sondern einen Teil in einer „schwarzen Kasse“ beiseite geschafft hat.414 Die Annahme einer „schwarzen Kasse“ in der Stelle würde aber eine Unterstellung bedeuten, für die es ebenfalls keine Anhaltspunkte im Sachverhalt gibt. Andernfalls wäre wohl auf die Existenz einer „schwarzen Kasse“ hingewiesen worden, weil ja bereits bezüglich des Verbleibs des peculium, aus dem gezahlt wird, ausdrücklich differenziert wird. Variante Nr. 3: In der 3. möglichen Sachverhaltsgestaltung wird der Kaufpreis aus den in erlaubter Weise angesammelten Ersparnissen des vermeintlichen Sklaven aufgebracht, der als Freigeborener rechtsfähig ist. Der bona fide serviens erwirbt nämlich das für sich, was ihm nicht durch Mittel seines Herrn oder aufgrund seiner eigenen Arbeitskraft zukommt, die 412 Zur
§ 14 I.
Höhe des Kaufpreises bei der redemptio suis nummis siehe sogleich
413 Zum Interesse des Herrn an einer Freilassung seines Sklaven im Wege der redemptio suis nummis siehe unten § 31 f. 414 Der Problematik der „schwarzen Kasse“ wird später ausführlich nachgegangen, siehe unten § 14 IV.
§ 13 Der Freikauf eines homo liber bona fide serviens165
wegen des faktischen Sklavendaseins ebenfalls dem Herrn zufällt; Erwerb durch Erbschaft, Vermächtnis oder Schenkung verbleibt dem bona fide serviens als sein Vermögen.415 Außerdem konnte der Herr dem Sklaven auch erlauben, einen Teil des Geldes, das er beispielsweise infolge seiner Tätigkeit als Handwerker bei einem Dritten erhalten hatte, für sich zu behalten und auf diese Weise gleichsam ein Taschengeld zu haben.416 Dabei ist anzumerken, dass diese Differenzierung in Zahlungsvarianten in der Stelle nur deshalb möglich ist, weil im Sonderfall des homo liber bona fide serviens dieser einen Teil, nämlich den Erwerb aus Erbschaft, Vermächtnis und Schenkung, für sich selbst behalten darf. Daneben gibt es den Teil, der dem vermeintlichen Herrn zusteht. Auch in dieser Variante muss es um den Fall des mitverkauften peculium gehen. Wenn nämlich ein Sklave erlaubterweise ein Eigenvermögen bilden durfte, ist davon auszugehen, dass er dieses zulässigerweise gebildete Eigenvermögen beim Verkauf mitnehmen darf. Da dieses Eigenvermögen in Wirklichkeit einen Teil des peculium bildet, also zum Vermögen des Herrn gehört, ist es mitverkauft, damit es dem Sklaven erhalten bleibt. In unserem Fall liegt die Besonderheit nun darin, dass es sich nur um einen vermeintlichen Sklaven handelt, also um eine tatsächlich vermögensfähige Person. Das zulässigerweise gebildete Eigenvermögen steht hier also in Wirklichkeit dem bona fide serviens zu und gehört nicht zum Vermögen des vermeintlichen Herrn. Trotzdem wird es vom vermeintlichen dominus, der gutgläubig ist, so behandelt, als würde es sich um einen besonderen Teil des peculium handeln, der dem Sklaven folgen soll. Während also die Varianten Nr. 1 und 2 als Grundlage der 1. Alternative in D. 17.1.8.5 eher unwahrscheinlich sind, kommt die Nr. 3 dem Wortlaut der Stelle am nächsten. Der Ausdruck quod ipsum sequi, non apud bonae fidei emptorem relinqui debuit in D. 17.1.8.5 passt gut zu dem zulässig gebildeten Eigenvermögen des bona fide serviens. Hier stellt sich die Problematik des zu niedrigen Kaufpreises nicht, weil im Falle der zulässigen Bildung von Eigenvermögen, das auch in Zukunft bei dem Sklaven verbleiben sollte, dieses Eigenvermögen, obwohl es rechtlich dem Herrn zustand, nicht in den Kaufpreis mit eingerechnet wurde. Für den Fall des homo liber bona fide serviens sind dies Mittel, die tatsächlich in seinem Eigentum 415 Gai. 2.91 f.; Gai. D. 7.7.4 (2 de lib. causa edicti urbanici); vgl. v. Seuffert, S. 17 f.; Knütel, Mandat zum Freikauf, S. 357. – Dass es diese Differenzierung zwischen Vermögen, das dem bona fide serviens zusteht, und solchem seines Herrn gab, kommt in Pomp. D. 41.1.19 (3 ad Sab.) zum Ausdruck; vgl. auch Watson, Law of Persons, S. 222 ff. Knütel, Mandat zum Freikauf, S. 357 vermutet, dass mit peculium, quod ipsum sequi debet das Eigenvermögen des bona fide serviens gemeint sei, welches dieser wegen seiner Rechtsfähigkeit haben konnte. 416 Zur Zahlung des Sklaven aus berechtigten Eigenmitteln siehe unten § 14 II.
166
2. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut
stehen, weil er als Freigeborener rechtsfähig ist.417 Der Vergleich mit einem echten Sklaven zeigt aber, dass es hierauf nicht ankommt: Denn auch ein echter Sklave darf Gelder und Ersparnisse, die ihm überlassen sind, mitnehmen.418 Nach der Übereignung des Sklaven gehen diese Ersparnisse in das Vermögen des Käufers über, weil der Sklave selbst ja nicht Rechtsträger sein kann. Der bisherige Herr verliert also in jedem Fall die Berechtigung an diesen, dem Sklaven überlassenen Geldern, so dass die Zahlung aus diesen Mitteln schon vor Übereignung des Sklaven zulässig sein muss. Darüber hinaus spricht für die 3. Sachverhaltsgestaltung, dass der vermeintliche Sklave nur in diesem Fall Geld zurückfordert, das ihm auch tatsächlich zusteht; in den anderen Fällen müsste die Rückforderung des Kaufpreises, also von Geldern aus dem peculium, das in das Vermögen des Veräußerers fällt, nicht dem vermeintlichen Sklaven, sondern dem bisherigen Eigentümer zustehen. 3. Abtretbare Ansprüche des Freikäufers Titius in D. 17.1.8.5
a) Abtretbare Ansprüche in der 1. Alternative aa) Eviktionsanspruch des Freikäufers gegen den veräußernden Herrn Ulpian beantwortet in D. 17.1.8.5 die Frage, ob der vermeintliche Sklave, der sich von Titius im Wege der redemptio suis nummis hat freikaufen lassen und nach seiner Freilassung durch Titius im Freiheitsprozess für freigeboren erklärt wurde, das für die Freilassung gezahlte Geld zurückverlangen kann. Welche Ansprüche ihm dabei zustehen, soll laut Ulpian davon abhängen, ob er mit Mitteln aus dem peculium, das bei ihm verbleiben soll (1. Alternative), oder mit solchen Mitteln gezahlt hat, die seinem damaligen vermeintlichen Eigentümer zustehen (2. Alternative). Bei der Zahlung mit Mitteln aus dem peculium, das dem vermeintlichen Sklaven verbleiben soll (1. Alternative), soll er die actio mandati gegen den Freikäufer Titius auf Abtretung der Klagen haben, die dieser gegen den Veräußerer erworben habe. Stamme das Geld aber aus Beständen, die dem Veräußerer zustehen, könnten dem vermeintlichen Sklaven keine Klagen abgetreten werden, weil der Beauftragte keine erworben habe (2. Alternative). v. Seuffert, S. 17 ff. D. 15.1.39 (11 inst.): Peculium et ex eo consistit, quod parsimonia sua quis paravit vel officio meruerit a quolibet sibi donari idque velut proprium patrimonium servum suum habere quis voluerit. – Die Ersparnisse fallen zwar in das peculium des Sklaven, nehmen aber eine Sonderstellung ein. 417 Vgl.
418 Florent.
§ 13 Der Freikauf eines homo liber bona fide serviens167
Dies erklärt v. Seuffert wie folgt:419 Wenn das für die Freiheit gezahlte Geld aus dem Vermögen des bona fide serviens stamme (1. Alternative), habe dieser die actio mandati auf Abtretung der Ansprüche des Titius gegen den Verkäufer (dominus), und zwar seien dies dieselben Ansprüche wie im Falle der Eviktion.420 Stamme das Geld aber aus dem Erwerb, der dem dominus verbleibe, so gebe es keine abtretbaren Ansprüche, weil der beauftragte Titius keine Ansprüche gegen den dominus erworben habe (2. Alternative). Dass und warum Titius keinen Eviktionsanspruch gegen den dominus habe, ergebe sich aus dem Schlusssatz der Stelle, in dem Julian zu bedenken gebe, der Käufer Titius bleibe aus dem Kaufvertrag verpflichtet, so dass eine Klage des Verkäufers gegen Titius auf Kaufpreiszahlung bestehe. Diese Klage bleibe aber ohne Erfolg, weil der Verkäufer dem Käufer genauso viel schulde, wie er durch die Kaufpreiszahlung erlange, denn die pronuntiatio libertatis stehe der Eviktion gleich. Folglich könnten beide Ansprüche miteinander aufgerechnet werden,421 und die actio empti werde abgewiesen. Knütel422 meint hingegen, es gehe nicht um Aufrechnung, sondern darum, dass der Käufer sich im Rahmen der actio venditi auf dolus des Verkäufers 419 Vgl. v. Seuffert, S. 18. Ähnlich Knütel, Mandat zum Freikauf, S. 356 ff.; hierzu sogleich unten § 13 III. 3. b). 420 Die Tatsache, dass der gekaufte vermeintliche Sklave für frei erklärt wird, führt zum gleichen Ergebnis wie eine Eviktion, denn ab diesem Zeitpunkt verliert der Käufer den Besitz an der Kaufsache. Daher könnte die Erklärung, der bona fide serviens sei freigeboren (pronuntiatio libertatis), genauso wie die Eviktion behandelt werden und zu den gleichen Rechtsfolgen führen. In diesem Sinne bestimmt auch Julian in D. 21.2.39.3 (57 dig.): Pater sciens filium suum quem in potestate habebat ignoranti emptori vendidit: quaesitum est, an evictionis nomine teneatur. respondit: qui liberum hominem sciens vel ignorans tamquam servum vendat, evictionis nomine tenetur: quare etiam pater, si filium suum tamquam servum vendiderit, evictionis nomine obligatur. Derjenige, der einen freien Mann wissentlich oder unwissentlich als Sklaven verkaufe, hafte wegen Eviktion. Julians Antwort geht vom Verkauf eines liber homo allgemein aus und leitet daraus die Antwort im speziell erfragten Fall ab, so dass diese Aussage allgemeingültig ist für alle Menschen, die als Sklaven verkauft werden. Überträgt man dies auf die 1. Alternative des Ulpian-Julian-Responsums, so kann ein Fall von Eviktionshaftung angenommen werden, ausgelöst durch die gerichtliche Feststellung der Ingenuität des bona fide serviens. So auch v. Seuffert, S. 18; Knütel, Mandat zum Freikauf, S. 358. – Die Klagen aus Kaufvertrag und wegen Eviktionshaftung bestehen aber nur, sofern man den Kaufvertrag für wirksam hält; andernfalls steht dem bona fide serviens die condictio indebiti zu. Zur actio mandati ausführlich siehe unten § 16 IV. – Der Verkäufer haftet dem Käufer für Eviktion (Entwehrung), wenn er nicht Eigentümer der verkauften Sache ist und der wahre Eigentümer die Sache vom Käufer im Prozess erfolgreich herausverlangt; vgl. Jakab, HAS s. v. Sklavenkauf II. D.; Kaser, RP I, S. 551, S. 153 ff. m. w. N. Zur Eviktion in D. 17.1.8.5 siehe sogleich unten § 13 III. 3. 421 So v. Seuffert, S. 19. 422 Mandat zum Freikauf, S. 360.
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2. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut
berufen könne, wenn dieser vom Käufer Geld einklage, das er sofort zurückerstatten müsste. Die Interpretation, die v. Seuffert für die beiden Varianten in D. 17.1.8.5 gibt, ist aus folgendem Grunde problematisch: Aus dem Kaufvertrag (emptio venditio) entstehen dem Verkäufer und dem Käufer gegenseitige Ansprüche. Der Verkäufer kann die Zahlung des Kaufpreises mit der actio venditi durchsetzen, während der Käufer die Leistung der Kaufsache mit der actio empti erzwingen kann.423 Wenn die Kaufsache manzipiert wurde,424 ursprünglich also auch im Falle des Sklavenkaufes, haftete der Verkäufer aufgrund der actio auctoritatis auf das Doppelte des Kaufpreises, wenn dem Käufer die Kaufsache durch den wahren Eigentümer im Prozess erfolgreich entzogen worden war.425 Wurde die Kaufsache jedoch nicht im Wege der mancipatio übertragen, sondern beispielsweise nur tradiert, wurde in der Regel mithilfe einer stipulatio die Haftung des Verkäufers für Eviktion gesichert.426 Vereinbart wurde im Normalfall, dass der Verkäufer dem Käufer auf das Doppelte des Preises der Kaufsache hafte, falls dem Käufer die Sache durch den wahren Eigentümer entzogen werde (stipulatio duplae). Die Parteien konnten aber auch eine Haftung auf den einfachen Kaufpreis (stipulatio simplae) oder das Dreifache des Kaufpreises (stipulatio triplae) usw. vereinbaren. Die Musterformel im Edikt der kurulischen Ädilen spricht allerdings dafür, dass eine stipulatio normalerweise auf das Doppelte vorgenommen wurde.427 Geht man im Eviktionsfall von einer Haftung auf das Doppelte des Kaufpreises aus, kann die Argumentation v. Seufferts nicht überzeugen, weil die Verrechnung von actio empti und venditi nicht null ergäbe, sondern der Verkäufer dem Käufer immer noch den einfachen Kaufpreis schuldete. Die These v. Seufferts428, dass sich die beiden Ansprüche des Verkäufers und des Käufers in D. 17.1.8.5 miteinander aufrechnen lassen, kann auch nicht damit begründet werden, dass der homo liber bona fide serviens tradiert und beim Kaufvertrag eine stipulatio simplae vorgenommen worden sei. Denn letzteres bildete den Ausnahmefall. Dass die stipulatio in der Stelle nicht erwähnt ist, ließe sich immerhin dadurch erklären, dass Ulpian die stipulatio beim Kaufvertragsabschluss für derart ver423 Zu den actiones aus dem Kaufvertrag vgl. ausführlich Kaser, RP I, S. 550 f.; Honsell / Mayer-Maly / Selb, S. 308 f. 424 Mithilfe der mancipatio wurde das Eigentum an res mancipi (vierfüßigen Herdentieren, Sklaven usw.) übertragen; vgl. Kaser, RP I, S. 43 ff. m. w. N. 425 Zur Auktoritashaftung vgl. ausführlich Kaser, RP I, S. 131 ff. m. w. N. 426 Vgl. auch zum Folgenden Kaser, RP I, S. 553 ff.; Jakab, HAS s. v. Sklavenkauf I. A.-B., D. Ausführlich zu den ädilizischen Stipulationen vgl. Jakab, Praedicere und cavere, S. 223 ff. 427 Vgl. die Rekonstruktion bei Kaser, RP I, S. 555 in Anm. 13. 428 S. 19.
§ 13 Der Freikauf eines homo liber bona fide serviens169
breitet hält, dass – sollte sie einmal nicht vereinbart sein – der Käufer dennoch im Wege der actio empti einen Anspruch wegen Eviktion geltend machen könne: Ulp. D. 21.1.31.20 (1 ad ed. aedil. cur.) Quia adsidua est duplae stipulatio, idcirco placuit etiam ex empto agi posse, si duplam venditor mancipii non caveat: ea enim, quae sunt moris et consuetudinis, in bonae fidei iudiciis debent venire.
Aber auch in diesem Fall wird die stipulatio duplae als Normalfall und Maßstab angesehen, was wiederum der Aufrechnung in unserem Fall entgegensteht. Seit der Zeit Julians konnte der Käufer im Fall der Eviktion – unabhängig von einer stipulatio duplae – die actio empti geltend machen, gerichtet auf das Interesse, das der Käufer daran hat, dass der verkaufte Sklave bzw. die Kaufsache im Eigentum des Verkäufers stand.429 Mit Hinweis auf diese zusätzlichen Aspekte ist die Interpretation v. Seufferts zumindest rechnerisch nachvollziehbar, aber die zusätzliche Möglichkeit, die actio empti auf den einfachen Betrag zu erheben, löst nicht das Problem des – normalerweise bestehenden – Anspruchs auf das Doppelte wegen Eviktion. bb) Gegenüberstellung der Klage des Käufers (actio empti) und der Klage des Verkäufers (actio venditi) in D. 17.1.8.5 Der Text der Stelle D. 17.1.8.5 lässt aber auch eine andere Interpretation zu. In Bezug auf die Zahlung mit Mitteln aus dem peculium, das dem freigekauften vermeintlichen Sklaven verbleiben soll, stellt Julian fest, der beauftragte Freikäufer Titius müsse Klagen, also actiones – es wird die pluralische Form verwendet –, abtreten, die er aus dem Kaufvertrag mit dem Herrn erlangt habe. Hier werden die actio empti auf Leistung der Kaufsache und die actio auctoritatis oder ex stipulatu für eventuelle Ansprüche wegen Eviktion gemeint sein.430 Auf diese Weise erhält der vermeintliche Sklave den Kauf429 Iul. D. 21.2.8 (15 dig.): Venditor hominis emptori praestare debet, quanti eius interest hominem venditoris fuisse. quare sive partus ancillae sive hereditas, quam servus iussu emptoris adierit, evicta fuerit, agi ex empto potest: et sicut obligatus est venditor, ut praestet licere habere hominem quem vendidit, ita ea quoque quae per eum adquiri potuerunt praestare debet emptori, ut habeat. Vgl. Knütel, Mandat zum Freikauf, S. 358; Kaser, RP I, S. 556 m. w. N. 430 So auch Knütel, Mandat zum Freikauf, S. 358. – Die Gegenauffassung, die den Kauf für unwirksam hält, hat dagegen nur die condictio indebiti, welche der Käufer dem Auftraggeber abtreten kann und muss. Dies kann aber nicht überzeugen, will man an dem Text der Stelle festhalten. Denn Julian spricht von actiones mandare, und er hätte den Plural von actio wohl nicht verwendet, wenn es ihm um nur eine einzige Klage gegangen wäre. Zur Gegenansicht vgl. Schwarz, SZ 71 (1954), S. 176; Beseler, S. 114, der die für diese Ansicht notwendigen Textveränderungen darstellt.
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2. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut
preis, den er aufgewendet hat, von seinem vermeintlichen Herrn zurück, der diesem nicht zusteht, weil die faktische Sklaverei den Status des Freigeborenen nicht tangiert hat und er nie im Eigentum seines vermeintlichen dominus stand. Der Schlusssatz, mit dem Julian bei Zahlung mit Geld aus dem peculium, welches dem Herrn verbleiben soll, eine Pflicht des Freikäufers zur Abtretung von Ansprüchen verneint, ist parallel aufgebaut, verwendet aber nicht den Begriff actio im Plural, sondern ex vendito und empti iudicium im Singular. Der Käufer soll ex vendito verpflichtet bleiben, die Zahlung hat ihn also nicht befreit, aber diese actio – man ergänze venditi des Verkäufers auf Kaufpreiszahlung – sei unnütz (inutilis), weil er dem Käufer genauso viel aus der actio empti zu leisten verpflichtet sei. Dies spricht für eine eher untechnische Gegenüberstellung der beiden wechselseitigen Verpflichtungen, die durch den Abschluss eines Kaufvertrages für die Parteien begründet werden. Julian stellt hier nur auf den Anspruch auf Kaufpreiszahlung ab, der fortbesteht, weil die Zahlung mit Geld des Herrn des vermeintlichen Sklaven den Freikäufer nicht befreit. Diesem kann der Käufer seinen Anspruch auf Leistung des Kaufgegenstandes Sklave gegenüberstellen, welchen der Veräußerer durch die Leistung eines homo liber bona fide serviens ebenfalls nicht erfüllt hat und auch nicht wird erfüllen können, weil der vermeintliche Sklave in der Zwischenzeit bereits für freigeboren erklärt ist. Es gibt also keinen Sklaven, den der Veräußerer leisten könnte. Nimmt man an, dass Julian hier nur die Primäransprüche vergleicht, wird sehr plastisch deutlich, warum in der Stelle keiner der beiden Vertragsparteien einen Anspruch geltend machen kann; die komplizierte Rückführung auf eventuelle Eviktionsansprüche erübrigt sich. Dies spricht zugleich für Knütels431 Überlegung, der Käufer könne sich im Rahmen der actio venditi auf dolus des Verkäufers berufen. b) Abtretbare Ansprüche in der 2. Alternative in D. 17.1.8.5 In der 2. Alternative hat der Freikäufer den Kaufpreis mit Mitteln aus dem peculium entrichtet, welches nach Veräußerung des vermeintlichen Sklaven auch weiterhin beim verkaufenden dominus verbleiben soll. In diesem Falle habe der Freikäufer Titius keine Klage erlangt, die er abtreten könne, denn er sei weiterhin aus dem Kaufvertrag zur Zahlung verpflichtet, weil die Zahlung mit eigenem Geld an den dominus jenen nicht befreie. Beide Klagen aus dem Kauf, actio empti und actio auctoritatis bzw. die aus stipulatio duplae, sind nicht erfolgreich, weil der Kaufpreis noch nicht gezahlt ist:432 Bei der actio empti, die wegen der 431 Mandat
zum Freikauf, S. 360; siehe hierzu soeben § 13 III. 3. a) aa). zum Ganzen auch Knütel, Mandat zum Freikauf, S. 359 f. – Vgl. Ulp. D. 19.1.11.2 (32 ad ed.); Gai. D. 18.1.53 (28 ad ed. prov.). – Zum Fortbestehen der 432 Vgl.
§ 13 Der Freikauf eines homo liber bona fide serviens171
die Eviktion begründenden pronuntiatio libertatis erhoben werden könnte, fehlt es am Schaden, weil der Kaufpreis noch nicht gezahlt und infolgedessen nicht als Mindestschaden liquidiert werden kann.433 Denn wenn der Käufer die actio empti erhebt, kann der Verkäufer der Schadenersatzforderung wegen Eviktion seine Forderung auf Kaufpreiszahlung gegen den Käufer entgegenhalten. Die actio empti ist nicht wegen Aufrechnung abzuweisen,434 sondern die Klage ist erfolglos, weil der Käufer seiner Pflicht aus dem Kaufvertrag bisher nicht nachgekommen ist, so dass keine Folgen eingetreten sind, die rückabgewickelt werden müssten; die Erhebung der actio empti wäre dolos.435 4. Ergebnis
D. 17.1.8.5 deutet darauf hin, dass für die Wirksamkeit der Zahlung des Freikaufpreises bei der redemptio suis nummis unterschieden werden muss zwischen der Zahlung aus einem peculium, das nach der Veräußerung beim bisherigen Herrn des Sklaven bleibt, und einer Zahlung aus einem mitverkauften Sondergut. Wenn die Zahlung des Kaufpreises ausschließlich oder zumindest teilweise aus Mitteln des peculium erfolgt und der Herr vom Freikauf keine Kenntnis hat, ist die redemptio suis nummis wohl nur dann wirksam und führt die Rechtsfolgen der Konstitution der divi fratres herbei, wenn das peculium mitverkauft ist.436 Problematisch ist dabei, dass der Kaufpreis für den Sklaven samt peculium im Rahmen der redemptio suis nummis zu niedrig angesetzt sein müsste, damit der Sklave den Freikaufpreis vollständig aus dem peculium aufbringen kann. Der Sklave müsste also noch Geldbestände neben dem eigentlichen peculium haben. Hierzu sind mehrere Möglichkeiten denkbar, die sogleich eingehend behandelt werden.437
Zahlungsverpflichtung des Freikäufers Titius wegen fehlender Erfüllungswirkung der Zahlung mit Geld des dominus siehe unten § 14 IV. 433 Vgl. Knütel, Mandat zum Freikauf, S. 359 f. Die actio auctoritatis scheitere daran, dass weder die Zahlung erfolgt noch sichergestellt sei. Vgl. Ulp. D. 19.1.11.2 (32 ad ed.); Gai. D. 18.1.53 (28 ad ed. prov.). 434 So aber v. Seuffert, S. 18 f. 435 So Knütel, Mandat zum Freikauf, S. 359 f. 436 Zur Wirksamkeit der Zahlung des Freikaufpreises durch den Sklaven aus seinem peculium siehe unten § 14 II. 1. und IV. 437 Zu den Zahlungsvarianten des Sklaven in Einzelnen siehe sogleich § 14.
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2. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut
§ 14 Herkunft des Geldes für die Zahlung an den Freikäufer I. Vorüberlegungen zur Höhe des Kaufpreises Im Rahmen der redemptio suis nummis schließen der dominus und der Freikäufer einen Vertrag über den Verkauf des Sklaven und einigen sich über den Preis, den der Freikäufer zahlen muss. Damit aber der Sklave, der infolge eines Freikaufes abredewidrig nicht freigelassen wird, die Freilassung erzwingen kann, muss er die volle finanzielle Last dieses Freikaufes tragen.438 Vermutlich schloss in der Regel der Kaufpreis, der zwischen dem Herrn und dem Freikäufer vereinbart wurde, auch die Summe ein, die der Verkäufer als Sklavenverkaufssteuer abführen musste.439 Wenn der Freikäufer den Sklaven mit seinem peculium kauft, wird grundsätzlich der Kaufpreis den Wert sowohl des Sklaven als auch des Sondergutes umfasst haben.440 Der Preis wird also allemal höher gewesen sein als der Wert des Sondergutes allein. Für den Sklaven hat dies zur Folge, dass er nur aus dem peculium den Kaufpreis an den Freikäufer in der Regel nicht voll bezahlen kann, weil das Sondergut hierfür nicht ausreicht. Anders ist es aber, wenn er heimlich Geld aus dem peculium entnommen hat und damit neben dem peculium eine – dem Herrn unbekannte – „schwarze Kasse“ führt. In diesem Fall könnte aus diesen verborgenen Beständen des peculium, die vom Herrn bei der Berechnung des Kaufpreises nicht berücksichtigt werden konnten, der volle Kaufpreis aufgebracht werden. Neben dem Führen einer „schwarzen Kasse“441 hat der Sklave aber auch andere Möglichkeiten, um den Kaufpreis selbst zahlen zu können, die im Anschluss dargestellt werden. Hier ist zunächst danach zu differenzieren, ob der Sklave berechtigter- oder unberechtigterweise Geldmittel hat – unter Umständen neben seinem eigentlichen peculium –, die er für die Bezahlung des Freikaufpreises an den Freikäufer verwenden kann. Daneben wird es auch Sklaven gegeben haben, die eine redemptio suis nummis in die Wege leiten konnten, obwohl sie neben ihrem Sondergut über keine weiteren Mittel verfügten bzw. noch nicht einmal ein Sondergut hatten.
Justiziabilität der redemptio suis nummis ausführlich siehe unten § 24 ff. Sklavenverkaufssteuer siehe oben § 2 I. 440 Hierzu siehe oben § 12. 441 Zur Zahlung des Sklaven mit Mitteln aus einer „schwarzen Kasse“ siehe unten § 14 IV. 438 Zur 439 Zur
§ 14 Herkunft des Geldes für die Zahlung an den Freikäufer173
II. Berechtigte Zahlung des Sklaven 1. Wirksame Zahlung des Sklaven aus seinem peculium
Es stellt sich die Frage, ob der Sklave, der im Wege der redemptio suis nummis zur Freiheit gelangen möchte, den Kaufpreis berechtigterweise aus dem peculium aufbringen kann. Zu prüfen ist, ob hierfür eine grundsätzlich eingeräumte libera administratio peculii ausreicht. Sie ermächtigt den Sklaven zur freien Verfügung nur im Rahmen solcher Geschäfte, die dem mutmaßlichen Willen des Herrn entsprechen. Diese freie Verfügungsbefugnis ist also begrenzt durch den mutmaßlichen Willen des dominus, denn die libera administratio ist als Generalermächtigung zu Geschäften zu verstehen, die der Herr sonst im jeweiligen Einzelfall erlauben müsste.442 All diejenigen Geschäfte, die der Herr im Einzelfall nicht gestatten würde, sind nicht mehr von ihr erfasst.443 Der Herr wird mit einem Geschäft dann nicht einverstanden sein, wenn es ihm einen Nachteil bringt. Es ist also zu überlegen, ob die redemptio suis nummis für den veräußernden Herrn nachteilig ist. Dies scheint auf den ersten Blick nicht der Fall zu sein, schließlich verkauft er einen Sklaven und erhält dafür Geld. Allerdings erhält der Herr durch den Freikauf nur solches Geld, das ihm ohnehin gehört, wenn der Sklave mit Mitteln aus dem peculium zahlt. Ein solches Geschäft ist für den veräußernden Herrn also nachteilig, weil er den Sklaven abgibt, ohne einen finanziellen Gegenwert in seinem Vermögen zu erhalten. Die allgemein erteilte libera administratio genügt daher nicht, damit der Sklave Pekuliarmittel für den Freikauf rechtmäßig verwenden kann. Dies leuchtet auch deshalb ein, weil es nicht Sinn und Zweck der libera administratio ist, dem Sklaven eine Beendigung seines Sklavenverhältnisses zu ermöglichen. Wenn aber der Herr über die Freikauf-Bestrebungen seines Sklaven Bescheid weiß, sie billigt und mit der Zahlung des Freikaufpreises durch den Sklaven an den Freikäufer einverstanden ist, kann der Sklave berechtigterweise sein peculium für die Zahlung des Freikaufpreises verwenden. Dabei handelt es sich um die einfachste und unproblematischste wirksame Zahlungsvariante, bei der es keine Rolle spielt, ob der Sklave mit oder ohne das peculium verkauft wird. Wenn ein besonders verdienter Sklave mithilfe eines Freikaufs frei werden wollte, muss man im Regelfall annehmen, dass der Herr von seiner Absicht Kenntnis hatte und eine Zahlung mit Pekuliarmitteln duldete. Denn der Herr wird wohl ohne Kenntnis von der Absicht seines Sklaven nicht bereit gewesen sein, einen verdienten Sklaven ohne 442 U. a. Paul. D. 15.1.46 (60 ad ed.); Marcian. D. 20.3.1.1 (libr. sing. ad formulam hypothecariam). 443 Wacke, FS Wieling, S. 293.
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2. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut
weiteres zu verkaufen. Außerdem bedeutete jeder Verkauf für den Sklaven etwas Negatives, weil der Verlust der Familie und des persönlichen Umfelds drohte.444 Einer solchen Gefahr wollte der Herr seinen verdienten Sklaven sicher nicht ohne Grund aussetzen. 2. Berechtigte Zahlung des Sklaven mit Geld neben dem peculium
Des Weiteren könnte der Sklave den Kaufpreis aus solchen Geldbeständen aufbringen, die er berechtigterweise neben seinem eigentlichen peculium hat. Obwohl er an sich – rein rechtlich betrachtet – kein Geld als Vermögen haben konnte, soll es nach Ulpian Fälle gegeben haben, in denen der Sklave neben seinem peculium noch Ersparnisse hatte, zum Beispiel aus einem von außen kommenden Gewinn, mit denen er die zusätzlichen Kosten tragen konnte.445 Ein Sklave, der Handwerker war, konnte ja nicht nur von seinem Herrn zur Verrichtung dieser Tätigkeiten eingesetzt werden, sondern auch bei Dritten gegen einen Lohn handwerklich arbeiten.446 Anstatt diesen Lohn vom Sklaven herauszuverlangen, der ihm als Herrn grundsätzlich zusteht,447 kann dieser ihn aber seinem Sklaven zur freien Verfügung belassen und ihm auf diese Weise eine Art von Taschengeld zur Verfügung stellen.448 Denkbar ist auch, dass der Herr dem Sklaven monatlich einen Betrag gibt, mit dem er Nahrung, Kleidung usw. kaufen soll. Wenn der Sklave jeden Monat hiervon einen Teil zur Seite legt und spart,449 444 Ausführlich Jakab, Praedicere und cavere, S. 10 f. mit Blick auf die in den Papyri überlieferte Frage eines Sklaven an das Orakel, ob er verkauft werde. 445 Vgl. Ulp. D. 40.1.4.1 (6 disp.): ex adventicio lucro, aus einem von außen kommenden Gewinn, konnte das Geld stammen; den vollen Text siehe oben § 2 I. Aus Florent. D. 15.1.39 (11 inst.) geht hervor, dass das peculium auch das umfasse, was der Sklave aus Sparsamkeit erworben oder wegen Gefälligkeit als Geschenk erhalten habe, sofern der dominus den Verbleib im Sondergut dulde: Peculium et ex eo consistit, quod parsimonia sua quis paravit vel officio meruerit a quolibet sibi donari idque velut proprium patrimonium servum suum habere quis voluerit. Vgl. Tryphonin. D. 15.1.57.1 (8 disp.). 446 Marquardt, S. 162 f. weist darauf hin, dass man für die Verrichtung von Diensten auch Sklaven mieten konnte. Dies bezeugt Ulp. D. 33.7.12.8 (20 ad Sab.): Si aliqua parte anni in fundo pascantur pecora, aliqua parte his pabulum conducitur, vel servi, si aliqua parte anni per eos ager colitur, aliqua parte in mercedem mittuntur, nihilo minus instrumento continentur. Vgl. Juvenal., Sat. 6.352 ff. – Zu Lohnzahlung an Sklaven vgl. Bradley, S. 107. 447 Vgl. Gai. D. 7.7.4 (2 de lib. causa edicti urbanici); Gai. 2.91 f.; v. Seuffert, S. 17 f.; Knütel, Mandat zum Freikauf, S. 357. – Hierzu bereits oben § 13 III. 448 Siehe hierzu oben § 13 III. 2. 449 Marquardt, S. 163 Anm. 6 mit Hinweis u. a. auf Cato, De agri cultura 56; Sen., Ep. 80.7; Petron., Satyr. 75.
§ 14 Herkunft des Geldes für die Zahlung an den Freikäufer175
wird er Ersparnisse haben, die er ebenfalls für einen Freikauf verwenden könnte.450 Darüber hinaus hat es Fälle gegeben, in denen der Sklave aus den Diensten, die er zu verrichten hatte, auch persönlich Vorteil ziehen durfte. So konnte es sein, dass z. B. ein Hirte einige Schafe für sich aufziehen durfte.451 Wenn ein Sklave einen Dritten anwirbt, damit dieser ihn bei seinem Herrn kaufe und anschließend freilasse, und den Kaufpreis an den Freikäufer zahlt mit Geldmitteln, die er berechtigterweise neben seinem eigent lichen peculium hat, ist diese Zahlung als wirksam anzusehen, weil der Herr mit der Mittelüberlassung zur freien Verfügung zumindest konkludent sein Einverständnis zur beliebigen Verwendung der Mittel erteilt.452 Sollte der Herr die Ersparnisse des Sklaven zu einem späteren Zeitpunkt wieder an sich nehmen wollen, kann er dieses Einverständnis widerrufen oder dem Sklaven aus aktuellem Anlass das peculium entziehen.453 Ob der Sklave mitsamt oder ohne das peculium an den Freikäufer verkauft wird, ist für die wirksame Zahlung mit Mitteln, die er berechtigterweise hat, unerheblich. III. Zahlung eines Dritten für den Sklaven 1. Vorstrecken des Kaufpreises durch den Freikäufer
Nicht immer wird der Sklave, der einen Freikäufer mit dem Kauf seiner Person beauftragt, eigene Geldmittel haben, um den Kaufpreis für sich selbst zu bezahlen. In diesem Fall kann er mit dem Freikäufer vereinbaren, die vom Freikäufer aus dessen eigenen Mitteln aufgebrachte Summe durch Dienste abzuarbeiten.454 Dies setzt freilich voraus, dass der Freikäufer bereit ist, derart in Vorleistung zu treten.455 Die Voraussetzung der redemptio suis 450 In diesem Sinne auch Marquardt, S. 163 f., der u. a. auf Sen., Ep. 80.4; Vergil., Ecl. 1.32; Plaut., Rud. 928 f. und Plin., Nat. hist. 7.128 verweist. 451 Plaut., Asin. 540; vgl. Marquardt, S. 163 m. w. N. in Anm. 7. 452 Dies erinnert an § 110 BGB, die Überlassung von Geldmitteln als Taschengeld, die eine konkludente Einwilligung des gesetzlichen Vertreters in den Vertragsschluss des Minderjährigen bedeutet; vgl. Palandt-Ellenberger, § 110 Rn. 1 ff. m. w. N. 453 Siehe zur ademptio des peculium oben § 5 II. 2. 454 Ulp. D. 40.1.4.10 (6 disp.); vgl. auch ders. D. 40.1.4.4-5; siehe oben § 2 I. – Vgl. Waldstein, Operae libertorum, S. 127 mit Anm. 30, der Wieacker zitiert, der im Zusammenhang mit den als Gegenleistungen für eine manumissio zu erbringenden operae von „Freilassung auf Kredit“ spricht. Dieser Begriff charakterisiert auch unsere Situation zutreffend, denn auch hier wird die Gegenleistung kreditiert. 455 Hier ist an den Fall zu denken, dass ein Freigelassener seine leiblichen Kinder freikauft; vgl. Pap. D. 40.1.19 (10 quaest.); ders. D. 17.1.54 pr. (27 quaest.).
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2. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut
nummis, dass der Sklave im Ergebnis die finanzielle Last des Geschäftes tragen muss, ist damit auch erfüllt, wenn dieser den Betrag abarbeitet und die Zahlung des Freikäufers schließlich kompensiert. Dies spricht zugleich gegen die Annahme Finkenauers456, der Herr mache in jedem Fall ein schlechtes Geschäft, weil er höchstens das Vermögen des Sklaven erhalten könne, nie aber den Wert des Sklaven selbst. Wenn der Sklave mit dem Freikäufer vereinbart, den von diesem zur Verfügung gestellten Betrag abzuarbeiten, kann der veräußernde dominus sehr wohl den Wert des Sklaven erlangen.457 Wenn auch das peculium mitverkauft ist, erhöht sich der Kaufpreis noch um den Wert des peculium.458 Der Sklave muss freilich nur solange und soviel für den Freikäufer arbeiten, bis er seine Schuld diesem gegenüber erfüllt und mit seiner Tätigkeit die Summe abgearbeitet hat, die der Freikäufer für ihn aus seinem Vermögen gezahlt hat; anschließend ist der Sklave nach der Konstitution freizulassen. Auf die gleiche Art und Weise kann verhindert werden, dass umgekehrt der Sklave sich zu früh, nämlich bevor er die Arbeit abgeleistet hat, auf die Konstitution beruft. Auch in diesem Fall ist anzunehmen, dass die Voraussetzungen der Konstitution erst nach vollständigem Abarbeiten vorliegen; der Käufer muss für den Freikauf letztlich nichts aufwenden. Geht man davon aus, dass die Voraussetzungen der Konstitution erst bei vollständiger Kaufpreiskompensation durch den Sklaven vorliegen, können sowohl eine weitergehende Bereicherung des Freikäufers als auch eine Benachteiligung des Freikäufers durch verfrühtes Berufen auf die Konstitution ausgeschlossen werden.459
Knütel, S. 352 f.; ders., Rechtsetzung Mark Aurels, S. 48. v. Seuffert, S. 7, der darauf hinweist, dass Dienstleistungen des Sklaven nach Übergang in das Eigentum des Freikäufers für die Kaufpreiserstattung durch den Sklaven angerechnet werden können, weil der Freikäufer bis zur manumissio nur ein formelles Herrenrecht habe, so dass der Erwerb in der Zeit zwischen Ankauf und Freilassung nicht in sein Vermögen übergehe. 458 Ob der Sklave in diesem Fall mit oder ohne peculium an den Freikäufer verkauft wird, ändert nichts an der grundsätzlich möglichen und zulässigen Weise, den Kaufpreis aufzubringen. Allerdings bedeutet der Verkauf des Sklaven mit peculium für ihn, einen höheren Preis beim Freikäufer abarbeiten zu müssen. 459 Für das spätrömische Recht gilt, dass im Falle des Freikaufs von den Feinden (redemptio ab hostibus) ein Gefangener den vom Freikäufer vorgestreckten Kaufpreis durch eine auf fünf Jahre begrenzte Arbeitspflicht diesem gegenüber abzuarbeiten hat; vgl. C. Th. 5.7.2: (… Ne) quando enim damni consideratio in tali necessitate (positis) negari faciat emptionem, decet redemptos aut datum pr(o se pre)tium emptoribus restituere aut labore obsequio vel op(ere quin)quennii vicem referre beneficii, habituros incolum(em, si) in ea nati sunt, libertatem. (…). 456 FS
457 Vgl.
§ 14 Herkunft des Geldes für die Zahlung an den Freikäufer177 2. Finanzierung des Kaufpreises durch eine vom Freikäufer verschiedene Person
Schließlich ist auf die Fälle einzugehen, in denen der Sklave keine eigenen Geldmittel hat, aber einen Außenstehenden, das heißt eine vom Freikäufer verschiedene Person findet, der die Finanzierung des Kaufpreises sicherstellt. Diese Variante kann – wie schon beim Vorstrecken des Kaufpreises durch den Freikäufer – auch dann Anwendung finden, wenn etwa die Zahlung aus dem peculium beim Freikauf nicht als wirksame Option in Betracht kommt, zum Beispiel weil der Sklave ohne das peculium an den Freikäufer veräußert werden soll. Der Sklave kann in einem solchen Fall den Kaufpreis aber bei einem Außenstehenden beschaffen und so den Freikauf finanzieren. In Bezug auf die Geldmittel in der gleichen Situation befindet sich der Sklave, dem kein peculium eingeräumt ist und der dennoch versucht, mithilfe der redemptio suis nummis frei zu werden.460 Ulp. D. 40.1.4.1 (6 disp.) (…), sive etiam amici beneficio vel liberalitate vel prorogante eo vel repromittente vel se delegante vel in se recipiente (…).
Der Sklave kann die Zahlung sicherstellen, indem er einen Freund das Geld vorschießen lässt oder ein Freund sich selbst als Schuldner zur Verfügung stellt. Um dem Freund gegenüber seine Schuld zu begleichen, könnte der Sklave ihm wiederum Dienste leisten oder die Übernahme des Kaufpreises in anderer Form ausgleichen. Der Außenstehende kann das Geld direkt dem Freikäufer geben, der es dann dem Herrn für den Kauf des Sklaven zahlt. Eine solche Zahlung ist wirksam und fällt in keiner Weise in das peculium des Sklaven. Problematisch könnte es aber sein, wenn der Außenstehende das Geld nicht unmittelbar an den Freikäufer, sondern an den Sklaven selbst zahlt. Das Geld, das ein Dritter an einen Sklaven zahlt, fällt nämlich grundsätzlich sogleich in das peculium des Sklaven. Dann wäre die Weitergabe dieses Geldes durch den Sklaven an den Freikäufer wiederum ein Verstoß gegen die Befugnisse, die dem Sklaven in Bezug auf sein peculium zustehen. Eine solche Zahlung des Außenstehenden an das peculium erfolgt jedoch ohne Rechtsgrund gegenüber dem Herrn des Sklaven, in dessen Vermögen das Geld dann fiele, so dass es im Wege der condictio (ob rem) zurückgefordert werden könnte. Da der Außenstehende, wie gezeigt, das Geld auch direkt an den Freikäufer zahlen kann, muss auch dann, wenn er das vorgestreckte Geld an den Sklaven zahlt, der es dem Freikäufer weitergibt, angenommen werden, dass das 460 Zur Frage, ob der Sklave ohne peculium mithilfe einer redemptio suis nummis frei werden kann, siehe weiterhin unten § 21 II. 4.
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2. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut
Geld nicht in das patrimonium des Herrn gelangt, sondern der Sklave es wirksam für seinen Freikauf verwenden kann. IV. Unberechtigte Zahlung des Sklaven aus einer „schwarzen Kasse“ 1. Die „schwarze Kasse“ des Sklaven
Es wird auch Konstellationen gegeben haben, in denen der Sklave unberechtigterweise Geld neben seinem peculium hatte. Man stelle sich vor, der Sklave hatte neben seinem peculium, über das er Rechnung führte, eine „schwarze Kasse“, in die er von Zeit zu Zeit heimlich einen Teil des Geldes fließen ließ, das er beim Wirtschaften mit den Pekuliargegenständen eingenommen hatte. Voraussetzung für den Aufbau einer solchen „schwarzen Kasse“ war, dass der Herr die Rechnungsführung über das peculium nicht sorgfältig kontrollierte oder der Sklave die Abrechnungen geschickt manipulierte.461 Grundsätzlich kontrollierte der Herr die Rechnungsführung von Zeit zu Zeit und bestätigte mit seiner Unterschrift, dass sie ordnungsgemäß erfolgt ist und der Sklave sich nicht verrechnet hat. Eine solche Überprüfung liegt im Interesse des Herrn, weil der Teil seines patrimonium, den er dem Sklaven zum peculium gegeben hat, in seinen Abrechnungen nicht mehr auftaucht. Um also einen Überblick über diesen Teil des Vermögens zu erlangen, ist die Rechnungslegung des Sklaven für den Herrn entscheidend. Die Rechnungskontrolle liegt aber auch im Interesse des Sklaven, denn die Unterschrift des Herrn entlastet ihn, sofern er nicht arglistig die Rechnung verfälscht hat und diese Fälschung erkannt wird.462 Dass es beiseite geschafftes Geld in den Händen des Sklaven geben konnte, zeigt: Scaev. D. 40.5.41.11 (4 resp.) ‚Stichus et Damas servi mei, si rationes reddideritis, liberi estote‘: quaesitum est, an non solum rationes, verum si qua alia consilio et fraude eorum amota sunt, praestari ab his debeant, ut ad libertatem perveniant. respondit rationum reddendarum condicioni contineri omne, quod quoquo genere servi actum fidemque respiceret.
Wenn für Sklaven testamentarisch angeordnet ist, dass sie nach dem Tode ihres dominus nach Rechnungslegung frei sein sollen, so umfasse dies nicht 461 Vgl. auch zum Folgenden und ausführlich zur Rechnungsführung des Sklaven für sein peculium allgemein Thilo, S. 137 ff. 462 Dies wird insbes. relevant, wenn der Sklave testamentarisch freigelassen ist unter der Bedingung, dass er die Rechnungen vorlegt (rationes reddere); vgl. Thilo, S. 121 ff., S. 126. – Zur testamentarischen Freilassung ausführlich oben § 4 II. 2. a).
§ 14 Herkunft des Geldes für die Zahlung an den Freikäufer179
nur die Rechnungen, sondern auch von ihnen beiseite geschafftes Geld, nämlich Geld, das absichtlich und durch Betrug (consilio et fraude) weggeschafft worden sei, so Scaevola. Hieraus lässt sich schließen, dass Sklaven bisweilen Teile des peculium – und auf diese Weise Teile des Vermögens ihres Herrn – zur Seite gelegt und für sich selbst verwendet haben. Grundsätzlich ist es also möglich, dass der Sklave den Freikaufpreis aus einer „schwarzen Kasse“ an den Freikäufer zahlt. Man könnte dies als „Schleichweg“463 bezeichnen, den der Sklave zur Erlangung der Freiheit beschreitet. Wenn der Sklave eine „schwarze Kasse“ verwendet, um die finanziellen Mittel für die redemptio suis nummis aufzubringen, wird im Rahmen der Vereinbarung über die Höhe des Kaufpreises der bisherige Herr und Veräußerer des Sklaven den Kaufpreis zu niedrig ansetzen, weil er die „schwarze Kasse“ und die beiseite geschafften Beträge, die an sich in das peculium gehören, nicht kennt. Der Kaufpreis setzt sich also zusammen aus einem Betrag für die Person des Sklaven und einem Betrag für das peculium, wobei letzterer tatsächlich zu gering ist. Wenn der Sklave mit seinem peculium an den Freikäufer verkauft wird und den vollen Kaufpreis aus dem Sondergut zahlt, muss die „schwarze Kasse“ den Wert des Sklaven abdecken, damit der Sklave die Differenz zwischen dem Kaufpreis und dem Wert des peculium aufbringen kann.464 Rechnerisch kommt nur die Zahlung des Sklaven aus einer echten „schwarzen Kasse“ in Betracht. Würde der Sklave die Abrechnungen formal ordnungsgemäß führen und nur dem peculium von Zeit zu Zeit Beträge entnehmen, um sie beiseite zu legen und auf diese Weise Geldbestände zu haben, aus denen er den Kaufpreis an den Freikäufer zahlen könnte, hätte er nicht genug Geld, um den Kaufpreis vollständig aus dieser Kasse zu zahlen. Denn die Entnahme des Geldes aus dem peculium würde erfolgen,465 463 Behrends,
Prinzipat, S. 58. der Herr und der Freikäufer beispielsweise, dass für den Sklaven 60 Sesterzen und für das peculium 100 Sesterzen zu zahlen sind, obwohl das peculium eigentlich, d. h. inklusive des beiseite geschafften Geldes, 180 Sesterzen aufweist, beträgt der Kaufpreis 160 Sesterzen. Der Sklave kann dann die 100 Sesterzen für das peculium direkt aus diesem entnehmen, das ja auf den Freikäufer übergehen soll, und die weiteren 60 Sesterzen, die für seine Person gezahlt werden müssen, der „schwarzen Kasse“ entnehmen. 465 Diese Variante gleicht auf den ersten Blick der 2. Variante in Ulp. D. 17.1.8.5 (31 ad ed.), in der aber der Zeitpunkt der Entnahme des Geldes aus dem peculium nicht ausdrücklich genannt ist und das Sondergut beim dominus verbleiben und nicht mitverkauft werden soll; den Text siehe oben § 13 II. – Auch Zolnierczuk, S. 120 nimmt an, der Sklave habe „gewöhnlich im voraus“ dem Freikäufer das Geld verschafft, mit dem dieser für den Kauf des Sklaven bezahlte. 464 Vereinbaren
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2. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut
ohne dass der Abfluss in den Rechnungen über das peculium verzeichnet ist. Folglich wüsste der Herr von dieser Ausgabe nichts und würde bei der Verhandlung über den Kaufpreis im Rahmen des Kaufvertragsabschlusses mit dem Freikäufer das Sondergut mit einem überhöhten Wert ansetzen; denn der peculium-Wert gemäß Abrechnung läge über dem tatsächlichen Wert, der um die vorherigen Entnahmen und somit um die Zahlung an den Freikäufer vermindert wäre. So kann die redemptio suis nummis ohne Kenntnis des Herrn von der Zahlung des Sklaven an den Freikäufer rechnerisch nicht gelingen, weil der Kaufpreis für den Sklaven mit seinem peculium über dem Betrag liegen wird, den der Sklave beiseite gelegt hat.466 Das Abzweigen von Geld aus dem peculium zur Zahlung des Freikaufpreises kann dem Sklaven also nur nützen, wenn er gleichzeitig eine „schwarze Kasse“ gebildet und die Rechnungen manipuliert hat. Er muss daher dem Sondergut Geld entnommen und dieses beiseite gelegt haben, ohne dass es in den Rechnungen über das peculium identifizierbar ist. Mit anderen Worten: Er muss eine echte „schwarze Kasse“ führen. Dann wird bei der Bewertung des peculium zum Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses auf den laut den Abrechnungen vorhandenen Bestand abgestellt werden, so dass der Herr als Veräußerer geschädigt wird, weil der Bestand des Sondergutes tatsächlich um die an den Freikäufer gezahlte Summe vermindert ist, die an sich dem Herrn zusteht. Der Kaufpreis wird zu niedrig angesetzt werden. Es bleibt daher festzuhalten, dass der Sklave nur eine echte „schwarze Kasse“ für den Freikauf verwenden kann, das heißt eine solche Kasse, die er mit Geldern gefüllt hat, die in den Rechnungen über das peculium überhaupt nicht erscheinen. Zu bedenken ist überdies, dass der Freikauf, bei dem der Sklave mit seinem peculium verkauft wird und den Kaufpreis aus seiner „schwarzen Kasse“ zahlt, für den Herrn den Vorteil hat, auf diese Weise dennoch zumindest an einen Teil des Geldes zu gelangen, das sein Sklave ihm widerrechtlich entzogen hatte. Vielleicht vermutet der Herr die Existenz einer solchen Kasse bei seinem Sklaven, kann dies aber nicht beweisen, so dass ihm nur der Freikauf bleibt, um wieder an das Geld zu gelangen. Dies kann auch ein Grund dafür sein, dass ein Herr, der ahnt, was hinter der Kaufanfrage des Freikäufers steht, sich dennoch auf diesen Verkauf seines Sklaven einlässt.
466 Ob der Herr Kenntnis haben muss von den Freikaufabsichten seines Sklaven für die Wirksamkeit der Zahlung, wird unten § 14 IV. 2. g) untersucht.
§ 14 Herkunft des Geldes für die Zahlung an den Freikäufer181 2. Zahlung des Freikäufers mit Geld aus der „schwarzen Kasse“ des Sklaven
a) Kollusives Zusammenwirken von Freikäufer und Sklaven Wenn der Freikäufer dem veräußernden Herrn Geld aus der „schwarzen Kasse“ des Sklaven zahlt, um seine Kaufpreiszahlungspflicht zu erfüllen, stellt sich die Frage nach der Wirksamkeit einer solchen Zahlung. Es drängen sich nämlich verschiedene Aspekte auf, die für ihre Unwirksamkeit sprechen könnten. Finkenauer vermutet aufgrund der Tatsache, dass das unbefugte Entfernen einer Sache aus dem peculium durch den Sklaven den Tatbestand des furtum erfüllt, die Konstitution der divi fratres könne jedenfalls nicht den Zweck gehabt haben, einen „Scheinkauf mala ratione“ zu unterstützen und zu institutionalisieren.467 Es ist zu untersuchen, worin genau der Vorwurf der Unredlichkeit liegt. Zunächst könnte der Kaufvertrag zwischen dem Freikäufer und dem Herrn des Sklaven wegen kollusiven Zusammenwirkens des Freikäufers und des Sklaven unwirksam sein. Auch die Zahlung mit Mitteln aus der „schwarzen Kasse“ ist problematisch, weil dem Herrn in Wirklichkeit eigenes Geld gegeben wird und eine solche Zahlung den Freikäufer grundsätzlich nicht von seiner Verpflichtung zur Kaufpreiszahlung befreien kann. Darüber hinaus erscheint es problematisch, dass der Sklave ein furtum begeht, wenn er Gegenstände oder Geld des peculium unterschlägt und zu eigenen Zwecken verwendet. Schließlich muss – wie von Finkenauer468 angedeutet – überlegt werden, ob es bei einer Zahlung mit Mitteln aus einer „schwarzen Kasse“ des Sklaven auch zur Anwendung und damit zu den Rechtsfolgen der kaiserlichen Konstitution zur redemptio suis nummis kommt. Der Kauf des Sklaven durch den Freikäufer mit Mitteln aus einer „schwarzen Kasse“ des Sklaven ist insofern unredlich, als dieser Gelder, die in Wirklichkeit in das peculium gehören, formal betrachtet also Bestandteile des Vermögens seines Herrn sind, zu eigenen Zwecken verwendet. Indem er nämlich Geld aus dem Sondergut an den Freikäufer zahlt, schafft er die Vermögenswerte nun endgültig beiseite. Hierbei ist notwendigerweise davon auszugehen, dass der Sklave den Abfluss in die „schwarze Kasse“ nicht in 467 Finkenauer, FS Knütel, S. 354; vgl. ders., Rechtsetzung Mark Aurels, S. 48 f. – Zu den Motiven hinter der constitutio der divi fratres ausführlich siehe unten § 31 IV., insbes. 3. – Knütel, HAS s. v. Freikauf mit eigenem Geld IV. meint, im Laufe der Zeit sei es für den Sklaven möglich geworden, mithilfe der redemptio suis nummis auch ohne Kenntnis seines Herrn frei zu werden. Anhaltspunkte für eine solche zeitliche Entwicklung legt er allerdings nicht dar. 468 FS Knütel, S. 10; vgl. ders., Rechtsetzung Mark Aurels, S. 46 f.
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2. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut
den Rechnungen verzeichnet, die er zu führen verpflichtet ist.469 Im Rahmen der Kaufvertragsverhandlung zwischen dem Herrn und dem Freikäufer setzt der Herr den Kaufpreis für den Sklaven mit dem peculium zu niedrig an, weil er nichts von der Existenz der „schwarzen Kasse“ weiß und infolgedessen das peculium zu niedrig bewertet. Dieser Nachteil führt aber nicht dazu, dass der Kaufvertrag zwischen dem dominus und dem Freikäufer unwirksam ist, weil sich Verkäufer und Käufer beim Abschluss eines Kaufvertrages grundsätzlich übervorteilen durften: Paul. D. 19.2.22.3 (34 ad ed.) Quemadmodum in emendo et vendendo naturaliter concessum est quod pluris sit minoris emere, quod minoris sit pluris vendere et ita invicem se circumscribere, ita in locationibus quoque et conductionibus iuris est.
Verkäufer und Käufer haben gleichsam ein legitimes Interesse daran, im Rahmen der Vertragsverhandlung den für sie jeweils besten und günstigsten Preis zu erzielen. Gleiches gilt, wenn der Herr eines Sklaven, der heimlich eine „schwarze Kasse“ führt, diesen an einen Dritten verkauft (außerhalb eines Freikaufes). Die Interessen von Käufer und Verkäufer sind im Normalfall ausreichend geschützt, da sie den Kaufpreis frei aushandeln und vereinbaren können. Fraglich ist, ob der Herr geschützt ist, wenn er aufgrund der Existenz einer „schwarzen Kasse“ beim Sklaven das peculium mit einem zu niedrigen Wert ansetzt und einen zu niedrigen Kaufpreis erzielt. Dies wird wohl dann der Fall sein, wenn der Freikäufer von den falschen Abrechnungen des Sklaven positiv Kenntnis hat. Der Herr konnte sich dann auf dolus des Käufers berufen. Eine bloße Fahrlässigkeit des Käufers wird hierfür nicht ausgereicht haben. Die Annahme einer Pflicht des Freikäufers, die Umstände des Einzelfalls, das Anliegen des Sklaven, sein Verhältnis zum dominus etc. zu überprüfen, um etwaige Rechnungsunstimmigkeiten aufzuklären und das Geschäft gegebenenfalls nicht einzugehen, würde den Käufer über Gebühr zur Aufklärung verpflichten. Es ginge aber auch zu weit, dem Freikäufer immer eine Kenntnis von den unredlichen Umständen zu unterstellen mit dem Argument, dass die redemptio suis nummis von einem Sklaven typischerweise verwendet werde, um sich seinem dominus zu entziehen, ohne diesen hiervon in Kenntnis zu setzen. Die Grenze wird also tatsächlich die positive Kenntnis des Freikäufers gebildet haben – sollte der Freikäufer im Einzelfall bewusst mit dem Sklaven in kollusiver Weise zusammenwirken, wird der Herr wegen dolus des Freikäufers mit der exceptio doli, die der Kaufklage immanent ist, gegen die actio empti des Freikäufers geschützt sein und seinerseits mit der actio venditi Schadensersatz fordern können.470 Der Freikäufer müsste dann 469 Zur
Rechnungsführung beim peculium siehe oben § 5 II. 1. und § 14 IV. 1.
§ 14 Herkunft des Geldes für die Zahlung an den Freikäufer183
selbst finanzielle Aufwendungen für den Freikauf des Sklaven tätigen, ein Ergebnis, das zur Nichtanwendbarkeit der kaiserlichen Konstitution führt, weil sie voraussetzt, dass der Sklave die finanzielle Last seines Freikaufs selbst trägt. Mit anderen Worten: Positive Kenntnis des Freikäufers führt im Ergebnis dazu, dass die gesamte Konstruktion zusammenbricht und der Sklave letztlich keinen Anspruch auf Freilassung durch den Freikäufer aus der constitutio der divi fratres hat.471 Im Übrigen hat die Unredlichkeit allein des Sklaven keinen Einfluss auf die Wirksamkeit des Kaufvertrages zwischen Freikäufer und dominus. Es gilt vielmehr: Dafür, dass der Kaufpreis nicht zu niedrig angesetzt wird, muss, wenn man das Verhältnis von Käufer und Verkäufer betrachtet, dieser sorgen.472 470
b) Voraussetzungen für die Wirksamkeit der Zahlung aus einer „schwarzen Kasse“ Wie bereits bei der Behandlung von D. 17.1.8.5 (31 ad ed.) deutlich wurde, führt eine Zahlung grundsätzlich nicht zur Befreiung des Schuldners, wenn dem Gläubiger eigenes Geld gegeben wird. Eine Ausnahme dürfte nur dann vorliegen, wenn der Sklave mitsamt seinem peculium verkauft ist.473 So gibt auch Papinian in einem Fall der redemptio suis nummis zu bedenken, dass der Käufer den Kaufpreis mit eigenem Geld bezahlen müsse, weil er anders nicht von seiner Verbindlichkeit aus dem Kaufvertrag (über den Sklaven) befreit werde: Pap. D. 17.1.54 pr. (27 quaest.) (…) quod si de suis nummis emptor pretium dederit (neque enim aliter iudicio venditi liberari potest), (…).474 470 Vgl. Knütel, Mandat zum Freikauf, S. 360 mit Anm. 33. Weil actio empti bzw. venditi bonae fidei iudicia sind, kann dolus im Rahmen der Klagformel berücksichtigt werden. Die Formel der actio empti lautet nach Lenel, EP, S. 299: Quod Aulus Agerius de Numerio Negidio hominem quo de agitur emit, qua de re agitur quidquid ob eam rem Numerium Negidium Aulo Agerio dare facere oportet ex fide bona, eius iudex Numerium Negidium Aulo Agerio condemnato si non paret, absolvito. Zur actio venditi ebenda. – Zur exceptio doli im Allgemeinen Kaser / Hackl, S. 260 ff. 471 Alternativ könnte man annehmen, dass der dolus des Freikäufers, der zur actio de dolo für den Veräußerer führt, nur zulasten des Freikäufers geht und nicht die redemptio suis nummis als solche erfasst. Hiergegen spricht aber, dass sich der Vorwurf gegen das gemeinschaftliche Verhalten des Freikäufers und des Sklaven zum Nachteil des dominus richtet, so dass die Folgen auch beide kollusiv zusammenwirkende Personen als Schädiger treffen müssen. Darüber hinaus sollte die Konstitution wohl nicht die Kollusionsfälle begünstigen. Zu den Hintergründen der Konstitution ausführlich siehe unten § 31 f. 472 Ausführlich hierzu siehe unten § 14 IV. 2. b). 473 Zu Ulp. D. 17.1.8.5 (31 ad ed.) ausführlich oben § 13 III.
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2. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut
In D. 17.1.8.5 wird in Bezug auf den Verkauf eines bona fide serviens differenziert zwischen einer Zahlung aus dem peculium, das beim Herrn verbleiben soll, und einer Zahlung aus dem mitverkauften Sondergut. Es gibt aber keine Stelle, in der beide Varianten, nämlich die Zahlung des Freikaufpreises aus einem peculium, das dem Veräußerer verbleibt, oder die Zahlung aus einem peculium, das mit dem Sklaven an den Freikäufer verkauft ist, für den Fall des Verkaufs eines Sklaven ausdrücklich gegenüber gestellt werden. Zu bedenken ist, dass, falls das peculium beim dominus verbleiben sollte, der Sklave keine legitime Möglichkeit hatte, auf das Sondergut zuzugreifen. Entnahm er die Pekuliarmittel zeitlich vor der Veräußerung an den Freikäufer dem Sondergut, beging er dem Herrn gegenüber ein furtum.475 Wegen des peculium-fremden Handelns des Sklaven – er selbst fällt nicht in sein eigenes peculium und seine Freikauf-Bestrebungen sind an sich kein Handeln für das peculium476 – finden die Regeln des peculium keine Anwendung, vielmehr hat der Sklave ohne Erlaubnis seines Herrn einen Gegenstand aus dessen patrimonium entfernt, welchen dieser im Wege der rei vindicatio herausverlangen könnte.477 Zahlte der Sklave aber zeitlich nach der Veräußerung aus solchen Beständen des Sonderguts, die er aus diesem noch bei sich verwahrte, also dem Herrn nicht zurückgegeben hatte, beging er ebenfalls ein furtum. 474
Bei der Veräußerung des Sklaven mit peculium ist in Bezug auf den Zeitpunkt der Zahlung des Sklaven an den Freikäufer festzustellen, dass die Übergabe des Geldes durch den Sklaven nach Abschluss des Kaufvertrages, aber vor traditio des Sklaven an den Freikäufer, wirtschaftlich betrachtet wirksam ist, weil ab perfectio des Kaufvertrages der Sklave samt peculium dem Freikäufer gebührt. Denn die emptio venditio war ursprünglich ein Barkauf, bei dem der Austausch der beiden Leistungen zeitlich mit der perfectio des Vertrages zusammenfiel, und auch in klassischer Zeit war 474 Knütel, Mandat zum Freikauf, S. 371 bemerkt, der Hinweis, der Käufer könne sich nur durch Leistung des Kaufpreises aus seinem Vermögen von der Verbindlichkeit aus dem Kaufvertrag befreien, sei inkorrekt, weil die Zahlung eines Dritten für den Käufer wirksam sein könnte, jedoch habe Papinian hier den vielfach vorkommenden Fall der Zahlung mit Geld aus dem peculium des Sklaven gemeint. 475 Ulp. D. 18.1.29 (43 ad Sab.): Quotiens servus venit, non cum peculio distrahitur: et ideo sive non sit exceptum, sive exceptum sit, ne cum peculio veneat, non cum peculio distractus videtur. unde si qua res fuerit peculiaris a servo subrepta, condici potest videlicet quasi furtiva: hoc ita, si res ad emptorem pervenit. Vgl. Paul. D. 21.2.3 (10 ad Sab.); Finkenauer, FS Knütel, S. 351 f. Siehe sogleich unten § 14 IV. 2. e). 476 Siehe hierzu oben § 12. Im Zusammenhang mit dem mandatum siehe § 21 II. 3. 477 So z. B. Iul. D. 46.1.19 (4 ex Minicio); hierzu siehe oben § 12 II. Vgl. Ulp. D. 18.1.29 (43 ad Sab.); siehe hierzu auch oben § 7 I.
§ 14 Herkunft des Geldes für die Zahlung an den Freikäufer185
diese Vorstellung noch derart prägend, dass als Zeitpunkt des Gefahrübergangs der schuldrechtliche Vertragsschluss angesehen wurde.478 Rechtlich betrachtet lässt sich dies damit erklären, dass der Sklave mit einer Zahlung aus dem peculium an den Freikäufer die Verpflichtung seines Herrn aus dem Kaufvertrag erfüllt, der das Sondergut mitverkauft hat und es infolgedessen dem Freikäufer schuldet; die Zahlung ist daher wirksam. Sollte der Sklave die Pekuliarmittel dem Freikäufer aber vor Abschluss des Kaufvertrages übergeben haben – dies ist eher unwahrscheinlich, weil der Sklave den genauen Kaufpreis vor Kaufvertragsabschluss noch nicht kennt –, verwendete er unberechtigterweise Geld aus seinem peculium zu einem Zweck, der von den Befugnissen der Einräumung des Sondergutes nicht umfasst ist. Diese Zahlung ist, jedenfalls im Ausgangspunkt, unwirksam. Im Ergebnis hat die Zahlung aber Bestand, weil in diesem Fall – wie sogleich unten ausgeführt wird – jeder Vertragspartner das erhält, was ihm aufgrund eines wirksamen Kaufvertrages zusteht.479 Freilich wurde die „schwarze Kasse“ in jedem Fall unberechtigt angelegt und eine Zahlung aus ihren Beständen geht immer zulasten des bisherigen dominus. Dagegen kann eine Zahlung aus dem nicht-mitverkauften peculium nicht befreiend wirken, abgesehen von der natürlich stets bestehenden Möglichkeit, dass der Herr mit einer solchen Vorgehensweise einverstanden war.480 Wie wird die redemptio suis nummis in einem solchen Fall der Zahlung aus der „schwarzen Kasse“ des Sklaven abgelaufen sein?481 Zu Beginn des Geschäftes beauftragt der Sklave einen Dritten mit dem Freikauf. Der Sklave beabsichtigt, den erforderlichen Kaufpreis aus seiner „schwarzen Kasse“ zu bestreiten, ohne dass der bisherige dominus von der geplanten Zahlung aus dieser „schwarzen Kasse“ weiß; der Freikäufer weiß hiervon ebenfalls nichts. Der Freikäufer schließt mit dem dominus des Sklaven einen Kaufvertrag über den Sklaven mitsamt dem peculium und zahlt den vereinbarten Kaufpreis an den Herrn, und zwar mit Geld, das der Sklave ihm zur Verfügung gestellt hat. Der Sklave und sein peculium gehen in das Eigentum des Freikäufers über. Die Kaufpreiszahlung ist jedoch unwirksam, weil die Zahlung mit Geld des Verkäufers den Käufer nicht von seiner Zahlungspflicht befreit. Daher hat der Verkäufer weiterhin einen Anspruch auf KaufKaser, RP I, S. 545 ff. hierzu unten § 14 IV. 2. f). 480 Zur Bedeutung der Kenntnis des Herrn von den Freikaufabsichten seines Sklaven siehe sogleich § 14 IV. 2. g). 481 Gegen das Funktionieren der redemptio suis nummis im Fall des Beiseiteschaffens von Geld in einer „schwarzen Kasse“ wendet sich ausdrücklich Finkenauer, FS Knütel, S. 354. – Dass das Beiseiteschaffen von Geld durch den Sklaven auch von römischen Juristen thematisiert wurde, beweist Scaev. D. 40.5.41.11 (4 resp.). Hierzu siehe oben § 14 IV. 1. 478 Vgl. 479 Vgl.
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2. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut
preiszahlung durch den Freikäufer, den er im Wege der actio venditi geltend machen kann.482 Weil der Freikäufer und der bisherige dominus vereinbart hatten, dass der Sklave mitsamt seinem gesamten peculium verkauft werden sollte, hätte der bisherige Herr dem Freikäufer den Sklaven und das peculium einschließlich dessen „schwarzer Kasse“, die ja in Wirklichkeit Bestandteil des peculium ist, übergeben müssen. Daher hat der Freikäufer einen Anspruch auf Übergabe des Geldes, das sich in der „schwarzen Kasse“ des Sklaven befunden hat und das er, der Freikäufer, dem bisherigen dominus als Kaufpreis gezahlt hat. Dieses Geld steht dem Freikäufer also zu, zumal die Festsetzung der Höhe des Kaufpreises dem Verkäufer obliegt, wobei sich der Käufer auch eventuelle Abzüge vom peculium gefallen lassen muss.483 Wie bereits festgestellt, ist davon auszugehen, dass bei der Berechnung des peculium zum Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses zwischen Käufer und dominus die bereits vorab vom Sklaven an den Freikäufer gezahlte Summe nicht identifizierbar war, weil der Herr von der Existenz dieses in den Abrechnungen des peculium nicht verzeichneten Geldes nichts wusste. Dann irrte der Verkäufer also zu seinen Ungunsten über den tatsächlichen Wert des peculium. Diesen Fehlbetrag in Höhe der „schwarzen Kasse“ des Sklaven kann der Freikäufer vom Verkäufer mithilfe der actio empti verlangen, soweit der Verkäufer hierauf Zugriff hat.484 Gleichzeitig hat der Verkäufer gegen den Käufer einen Anspruch auf vollständige Kaufpreiszahlung, den er im Wege der actio venditi durchsetzen kann; der Anspruch besteht in der gleichen Höhe wie der des Freikäufers aus der actio empti. Sollte einer von beiden Vertragspartnern aber seinen Anspruch geltend machen, könnte der andere ihn unter Berufung auf dolus abwehren, weil die Klageerhebung eines der beiden Vertragspartner hier als Verstoß gegen die bona fides qualifiziert werden kann, denn er würde etwas fordern, das er sofort zurückgeben müsste.485 Dies entspricht den Feststellungen im Rahmen der Interpretation von D. 17.1.8.5.486 Dort stehen sich actio venditi vgl. Kaser, RP I, S. 551; Honsell / Mayer-Maly / Selb, S. 309. Afr. D. 19.1.30 pr. (8 quaest.); ausführlich hierzu siehe oben § 14 IV. 2. e). – Zur Festsetzung des Kaufpreises bei der redemptio suis nummis siehe auch oben § 14 I. 484 Zur actio empti des Käufers vgl. Kaser, RP I, S. 550 f.; Honsell / Mayer-Maly / Selb, S. 308. – Der Freikäufer könnte mit der condictio auch den von ihm gezahlten Kaufpreis zurückverlangen, weil er dieses Geld aus dem peculium des Sklaven gezahlt hatte, das ihm aber mit dem Sklaven verkauft wurde. 485 Paul. D. 44.4.8 pr. (6 ad Plaut.) = D. 50.17.173.3 (6 ad Plaut.): Dolo facit, qui petit quod redditurus est. – Vgl. Knütel, Mandat zum Freikauf, S. 360 mit Anm. 33. Weil actio empti bzw. venditi bonae fidei iudicia sind, kann dolus im Rahmen der Klagformel berücksichtigt werden. Siehe hierzu oben § 14 IV. 2. a). 486 Siehe oben § 13 III. 482 Zur
483 Vgl.
§ 14 Herkunft des Geldes für die Zahlung an den Freikäufer187
in der 1. Alternative ebenfalls zwei Ansprüche gegenüber, nämlich der Anspruch des Verkäufers auf Kaufpreiszahlung und der Anspruch des Käufers auf Leistung der dem peculium zugehörigen Geldsumme in genau derselben Höhe. Diese Ansprüche sind wechselseitig und decken sich der Höhe nach. Allerdings geht es in D. 17.1.8.5 um den Sonderfall des Freikaufes eines homo liber bona fide serviens, während es hier um die Zahlung aus der „schwarzen Kasse“ eines wirklichen Sklaven geht. Übertragbar ist aus D. 17.1.8.5 aber das Prinzip, demzufolge keiner der beiden Vertragspartner seinen Anspruch geltend machen kann, weil ihm ein Anspruch des anderen Vertragspartners in gleicher Höhe gegenüber steht. Die Überlegung, dass veräußernder Herr und Freikäufer wechselseitige Ansprüche aus diesem Kaufvertrag über den Sklaven haben, ist freilich hypothetisch, weil in der Regel keiner von beiden von der Existenz der „schwarzen Kasse“ wissen und daher keine Ansprüche – mangels Kenntnis – geltend machen wird. Der Problematik des Hin- und Herleistens könnte hier auch mit einer Aufrechnung begegnet werden: Mod. D. 16.2.1 (6 pand.) Compensatio est debiti et crediti inter se contributio.
Modestin definiert zu Beginn des 2. Titels de compensationibus die Aufrechnung als gegenseitige Verrechnung von Schuld und Forderung.487 In unserem Fall könnte daher der Verkäufer dem Käufer (oder umgekehrt) im Prozess um die actio empti (actio venditi) seinen Anspruch so entgegenhalten, dass die beiden Forderungen gegeneinander verrechnet werden.488 Paulus legt seiner Falllösung in D. 16.2.21489 sogar die herrschende Meinung zugrunde, dass gegenseitige Schulden schon ipso iure aufgerechnet würden; für unseren Fall bedeutet dies, dass keine Ansprüche mehr zwischen Verkäufer und Käufer bestehen.490 zur Aufrechnung allgemein Kaser, RP I, S. 644 f. m. w. N. D. 16.2.2 (90 dig.): Unusquisque creditorem suum eundemque debitorem petentem summovet, si paratus est compensare. – Nach Gai. 4.61-63 kann der Richter bei den Kaufklagen, weil sie bonae fidei iudicia sind, die Gegenforderung aus dem gleichen Schuldverhältnis von der Klagforderung abziehen; vgl. Kaser, RP I, S. 644 f. 489 (1 quaest.): Posteaquam placuit inter omnes id quod invicem debetur ipso iure compensari, si procurator absentis conveniatur, non debebit de rato cavere, quia nihil compensat, sed ab initio minus ab eo petitur. 490 Zur Problematik der Konkurrenz von exceptio doli und Aufrechnung siehe Kaser / Hackl, S. 262. In unserem Fall wird sie nicht relevant, weil die beiden Ansprüche in der gleichen Höhe bestehen und keine Beweisschwierigkeiten ersichtlich sind. Gegen die Existenz einer solchen Konkurrenz spricht Iav. D. 16.2.14 (15 ex Cass.), für den Text siehe sogleich in Anm. 492. 487 Vgl. 488 Iul.
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2. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut
Knütel gibt zu bedenken, dass die Klagen von Verkäufer und Käufer in Ulp. D. 17.1.8.5 (31 ad ed.) nicht aufgrund von Kompensation, sondern wegen der „Auswirkung der Inhärenz“ der exceptio doli erfolglos seien.491 Der Fall des Freikaufs eines Sklaven, der mit seinem peculium an den Freikäufer verkauft wird und den Kaufpreis aus einer „schwarzen Kasse“ aufbringt, unterscheidet sich zwar von der 1. Alternative in D. 17.1.8.5 (31 ad ed.) darin, dass bei Julian, den Ulpian zitiert, ein homo liber bona fide serviens verkauft wird und es daher um einen eviktionsähnlichen Fall geht; die Gemeinsamkeit besteht allerdings darin, dass – wie man annehmen muss – auch in der 1. Alternative in D. 17.1.8.5 das Sondergut mitverkauft ist. Knütels Ansicht in Bezug auf das Verhältnis von compensatio und exceptio doli kann also übernommen werden, weil sich die actiones von Verkäufer und Käufer in beiden Fällen gleichermaßen gegenüber stehen. Für die These, es gehe um die Wirkung der inhärenten exceptio doli, lässt sich anführen, dass Javolen in D. 16.2.14 (15 ex Cass.) äußert, eine Aufrechnung sei nicht möglich, wenn die Forderung schon durch exceptio entkräftet werden könne.492 Die exceptio doli geht dann der Aufrechnung vor.493 Diese Überlegungen führen nun zu der Frage, ob für den Fall der Zahlung des Kaufpreises aus der „schwarzen Kasse“ des Sklaven – trotz der Unredlichkeit des Sklaven – auch die kaiserliche Konstitution Anwendung findet. Auch wenn sie ein solches Verhalten sicher nicht begünstigen wollte, sind ihre Voraussetzungen auch im Fall der Zahlung aus einer „schwarzen Kasse“ – zumindest formal betrachtet – erfüllt, denn es kommt nur darauf an, dass der Sklave beweisen kann, dass ein Freikauf stattgefunden und er im Ergebnis die finanzielle Last des Geschäftes getragen hat, während der Freikäufer keinerlei Aufwendungen hatte.494 Ob aber die 491 Knütel, Mandat zum Freikauf, S. 360 mit Anm. 33 gegen v. Seuffert, S. 19; siehe den Text der Stelle D. 17.1.8.5 oben § 13 II. 492 Iav. D. 16.2.14 (15 ex Cass.): Quaecumque per exceptionem peremi possunt, in compensationem non veniunt. 493 Wie bereits festgestellt, wird der Freikäufer im Normalfall keine positive Kenntnis von der „schwarzen Kasse“ des Sklaven haben und daher nicht wissen, dass er dem Veräußerer eigenes Geld zahlt. Nur für den Fall, dass der Freikäufer positive Kenntnis von der widerrrechtlichen Entnahme von Geld aus dem peculium durch den Sklaven haben sollte, könnte der Verkäufer gegen den Freikäufer vorgehen wegen Arglist des Freikäufers. Im Übrigen hat der Käufer nicht die Pflicht, den Verkäufer von einem für ihn nachteiligen Geschäft abzuhalten und auf eigenen Gewinn zu verzichten. Vgl. Paul. D. 19.2.22.3 (34 ad ed.), hierzu siehe soeben § 14 IV. 2. a). Erst Diokletian führte 301 n. Chr. für Kaufverträge über Grundstücke die laesio enormis ein, die den Verkäufer vor Übervorteilung schützen sollte; hierzu ausführlich Benke / Meissel, S. 92 f. Zur Frage einer Aufklärungspflicht des Käufers siehe oben § 14 IV. 2. a). 494 Zu den Voraussetzungen für die Anwendbarkeit der Konstitution ausführlich unten § 24.
§ 14 Herkunft des Geldes für die Zahlung an den Freikäufer189
Anwendung der constitutio der divi fratres wegen der Unredlichkeit des Sklaven dennoch auszuschließen ist, soll an anderer Stelle untersucht werden.495 c) Zwischenergebnis Das Vorstehende scheint zu bestätigen, dass der Sklave auch ohne Kenntnis seines Herrn mithilfe einer redemptio suis nummis zur Freiheit gelangen und dabei den Kaufpreis aus seiner „schwarzen Kasse“ entnehmen kann, wenn er mitsamt seinem peculium an den Freikäufer verkauft wird. Auch wenn die Zahlung mit Mitteln aus einer „schwarzen Kasse“, die der Sklave neben dem peculium führt, als unseriös empfunden wird, ist sie dennoch wirksam, weil sie zwar den Käufer nicht von seiner Kaufpreiszahlungspflicht befreien kann – denn dem Verkäufer wird nur sein eigenes Geld gezahlt –, im Ergebnis aber nicht rückgängig gemacht werden muss, weil der actio venditi des Verkäufers auf Kaufpreiszahlung die actio empti des Freikäufers auf Verschaffung des Besitzes am gesamten peculium entgegensteht und beide Klagen sich in ihrer Höhe decken. Die Erfüllung dieser beiden Ansprüche würde ein Hin- und Herleisten derselben Summe bedeuten, das rechtlich durch eine exceptio doli des jeweiligen Klagegegners vermieden wird, die den Kaufklagen immanent ist. Möglichen Anhaltspunkten, die gegen die Wirksamkeit eines solchen unredlichen Geschäftes sprechen, muss nun nachgegangen werden. d) Quellenstellen, die gegen die wirksame Zahlung aus einer „schwarzen Kasse“ und damit gegen eine Befreiung des Freikäufers von seiner Pflicht zur Kaufpreiszahlung sprechen aa) Diocl. / Max. C. 4.36.1 pr.-2, dies. C. 4.49.7, Pap. D. 40.1.19 (30 quaest.) Insbesondere drei Stellen legen den Schluss nahe, dass die redemptio suis nummis nicht die Rechtsfolgen der Konstitution herbeiführen kann, wenn ein Sklave das Geld für den Freikauf seiner „schwarzen Kasse“ entnimmt und der Herr als Veräußerer von den Freikaufabsichten des Sklaven keine Kenntnis hat, weil der Freikäufer durch eine solche Zahlung nicht von seiner Pflicht zur Kaufpreiszahlung befreit wird und er daher möglicherweise – entgegen den Voraussetzungen der constitutio – finanziell belastet ist. 495 Siehe
hierzu sogleich unten § 14 IV. 2. f).
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2. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut
Diocl. / Max. C. 4.36.1 pr.-2496 Si extero servus se mandaverit emendum, quamvis nec ex persona servi (quia hoc liber mandare non potest) nec ex domini (quoniam qui mandat, ut a se res comparetur, inutiliter mandat) consistere credebatur actio, tamen optima ratione, quia non id agitur, ut ex ipso mandato, sed propter mandatum ex alio contractu nascatur actio, domino quaeri placuit obligationem. (1) Si itaque domino ignorante emi te mandasti ac te nummos subministrante peculiares soluti sunt, emptori minime liberatio per huiusmodi factum potuit pervenire. nec tamen si tradita nec manumissa es, etiam mandati de ancilla et empti de pretio consequendo tam contrarias actiones ei exercere concedi placuit. (2) Sane in illius arbitrio relictum est, utrumne mancipium an pretium consequi velit, cum ex peculio quod eius fuit solutio celebrata obligationis vinculo emptorem liberare non potuit.
Die kaiserliche Konstitution beschreibt zu Beginn die Rechtslage im Fall, dass ein Sklave einen Dritten beauftragt, ihn zu kaufen. Obgleich weder aus der Person des Sklaven (weil niemand, selbst ein Freier nicht, den Auftrag erteilen könne, dass er selbst gekauft werde), noch aus der des Herrn (weil ein Auftrag, eine Sache vom Auftraggeber selbst zu kaufen, unnütz, das heißt unwirksam, ist) eine Klage entstehen könne, sei dennoch mit bestem Grund zu entscheiden, dass die Forderung für den dominus (das heißt die Forderung aus dem mandatum auf Herausgabe des Erlangten, also des gekauften Sklaven)497 erworben werde, weil nicht – zu ergänzen: in erster Linie – gewollt sei, dass die Klage aus dem Auftrag, sondern aus dem anderen Vertrag entstehe, der infolge des Auftrags abgeschlossen wurde. Die Gegenüberstellung nec ex persona servi (…) nec ex domini ist parallel konstruiert und unterstreicht daher, dass der erteilte Auftrag an sich nicht wirksam sein kann. Dabei wird zunächst die Person des Sklaven mit einem Freien verglichen bzw. seine Freiheit fingiert (quia hoc liber mandare non potest), um dann festzustellen, dass, selbst wenn der Sklave frei wäre, ein solcher Auftrag, nämlich dass er selbst gekauft werde, unwirksam wäre. Diese Vorgehensweise, die Freiheit des Sklaven zu fingieren, um die rechtlichen Konsequenzen seines Handelns zu beurteilen, ist bereits von der actio de peculio bekannt, deren Formel ebenfalls si servus liber esset als Haftungsvoraussetzung enthält.498 Im zweiten Teil des principium gibt die Stelle wiederum eine pragmatische, nämlich an den Interessen der Vertragspartner bzw. der am Geschäft Beteiligten orientierte Lösung zugunsten einer Haftung aus dem Auftrag, obwohl dieser – strenggenommen – eigentlich nicht wirksam sein dürfte. zur Problematik der Echtheit des Textes Brinkhof, S. 140. zum mandatum ausführlich unten § 16 ff., zur actio mandati § 16 IV. 498 Zur actio de peculio siehe oben § 5 III. 496 Vgl. 497 Vgl.
§ 14 Herkunft des Geldes für die Zahlung an den Freikäufer191
In § 1 wird das konkrete Beispiel einer Sklavin erörtert, die einen Auftrag zum Freikauf ihrer Person gegeben hatte: Wenn eine Sklavin ohne Wissen ihres Herrn einen Dritten beauftragt, sie zu kaufen, und der Kaufpreis mit Geld aus ihrem peculium bezahlt ist, ist der Dritte weiterhin zur Kaufpreiszahlung an den dominus verpflichtet. Falls die Sklavin übergeben und noch nicht freigelassen ist, wird dennoch nicht für richtig gehalten, dem Verkäufer zu erlauben, aus Auftrag auf Herausgabe der Sklavin und zugleich aus Kauf wegen des Kaufpreises zu klagen. § 2 erläutert, wem das Wahlrecht bezüglich einer der beiden in § 1 bereits genannten Klagen zusteht und warum überhaupt die actio empti fortbesteht und daher zwei Klagen möglich sind: Es obliegt der Wahl des Verkäufers, ob er die Sklavin oder das Geld fordern möchte, weil die Zahlung aus dem Sondergut, welches ihm gehört, den Käufer von seiner Verbindlichkeit nicht befreien kann. Auf den letzten Aspekt der nichtbefreienden Zahlung aus dem peculium des Verkäufers stellt auch C. 4.49.7 ab:499 Diocl. / Max. C. 4.49.7 Si servos distraxisti ac pretium de peculio eorum, quod ad te pertinebat, nesciens unde solveretur accepisti, consequens est integram te pretii actionem habere, cum proprii venditoris nummi soluti non praestant emptori liberationem.
Ein Herr verkaufe seine Sklaven und erhalte hierfür Geld aus deren peculium, welches eigentlich ihm gehörte. Wenn er von der Zahlung aus dem peculium nichts wisse, sei der Käufer nicht von seiner Kaufpreiszahlungspflicht befreit. bb) Interpretation Beide Codex-Stellen C. 4.36.1 und C. 4.49.7 sprechen davon, dass der dominus unwissend war, als ihm Geld aus dem peculium seines Sklaven für dessen Kauf gezahlt wurde mit der Folge, dass die Zahlung den Käufer nicht von seiner Pflicht zur Kaufpreiszahlung befreien konnte.500 Zunächst ist zu 499 Finkenauer, Rechtsetzung Mark Aurels, S. 47 f. leitet u. a. aus dieser Stelle ab, dass die redemptio immer die Kenntnis des Herrn voraussetze. 500 Aus den beiden zitierten Codex-Stellen schließt Brinkhof, S. 140, dass die redemptio suis nummis dem Sklaven keine besondere Erweiterung seiner Befugnisse brachte, denn er könne nicht ohne die Zustimmung seines Herrn wirksam für seinen Freikauf aus dem peculium zahlen. Brinkhof erachtet anscheinend v. Seufferts These von der Durchbrechung des Prinzips der Vermögensunfähigkeit des Sklaven zumindest nicht in ihrer Allgemeinheit für zutreffend. Diesen Schluss zieht Brinkhof wohl nicht ausdrücklich, sondern unterstreicht lediglich, dass die Befugnisse des Sklaven formal-juristisch nicht so groß gewesen seien, während tatsächlich der Herr mög
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2. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut
überlegen, ob zwischen der Unkenntnis des Herrn hinsichtlich der Herkunft des Geldes und der Unkenntnis hinsichtlich des Freikauf-Charakters des Geschäftes differenziert werden kann. In C. 4.49.7 ist von einer redemptio suis nummis keine Rede, wohl aber von einer Zahlung mit Geldern aus dem Sondergut, wobei sich die Unkenntnis auf die Herkunft des Geldes bezieht. C. 4.36.1 bezieht sich direkt auf die Situation einer redemptio suis nummis, denn in C. 4.36.1 pr. wird sie ausdrücklich benannt und dargestellt und der Anfang der folgenden lex C. 4.36.1.1 ist parallel formuliert und nimmt mit itaque auf das Vorstehende Bezug. Hier stellt sich die Frage, ob die Unkenntnis auf die Herkunft des Geldes oder auf den Freikauf-Charakter zu beziehen ist. Vielleicht kann mit sprachlichen Überlegungen festgestellt werden, was hier Bezugspunkt der Unkenntnis des Herrn ist. Der Ausdruck domino ignorante befindet sich am Anfang des Satzes, unmittelbar gefolgt von emi te mandasti. Dies spricht dafür, dass sich das Unwissen des Herrn auf dieses mandare der Sklavin bezieht. Jedoch ist emi te mandasti durch ac mit te nummos subministrante peculiares soluti sunt syntaktisch auf gleicher Ebene verbunden, so dass sich die Unkenntnis des Herrn gleichermaßen auch auf diesen zweiten Teil, also die Herkunft des Geldes, bezieht. Aufgrund des Begriffs itaque zu Beginn des Satzes wird zugleich die Aussage des vorangehenden principium in Bezug genommen. Folglich steht C. 4.36.1.1 inhaltlich auch in engem Zusammenhang mit der redemptio suis nummis, die Gegenstand des Satzes davor ist. Die Unkenntnis in C. 4.36.1 könnte sich daher sowohl auf den Freikauf-Charakter des Geschäfts, als auch auf die Herkunft des Geldes aus dem peculium beziehen. Wenn sich der Bezugspunkt der Unkenntnis in C. 4.36.1 nicht sicher feststellen lässt, so liegt das auch daran, dass es nicht überzeugend erscheint, zwischen der Unkenntnis hinsichtlich der Herkunft des Geldes und der hinsichtlich des Freikauf-Charakters des Geschäfts klar zu trennen. Wenn ein Herr seinen eigenen Sklaven verkauft und hierbei Kenntnis davon hat, dass der Kaufpreis zumindest auch aus dem peculium des Sklaven bezahlt wird, wird er auf den Freikauf-Charakter des Geschäftes schließen können. Dennoch ist zu überlegen, welche Unkenntnis rechtlich entscheidend ist für die Unwirksamkeit der Zahlung. Da beim Kauf eine Übereignung des Kaufpreises erforderlich ist, spricht alles dafür, dass die Unkenntnis hinsichtlich der Herkunft des Geldes entscheidend ist. In C. 4.36.1, C. 4.49.7 und ebenso in der bereits oben untersuchten Stelle Ulp. D. 17.1.8.5 (31 ad ed.)501 wird allein für die Wirksamkeit der Zahlicherweise nicht so frei gewesen sei in seinen Entscheidungen gegenüber jenem; siehe zu v. Seufferts These unten § 14 IV. 2. g). 501 Den Text siehe oben § 13 II.; vgl. auch Paul. D. 17.1.22.8 (32 ad ed.): Si mandaverim servo tuo, ut quod tibi debeam solveret meo nomine, Neratius scribit,
§ 14 Herkunft des Geldes für die Zahlung an den Freikäufer193
lung aus Pekuliarmitteln (aus Gründen des peculium also) gefordert, dass der Herr weiß, dass mit seinem eigenen Geld bezahlt wird. Sofern er Bescheid weiß, ist ferner davon auszugehen – das legen die Stellen nahe –, dass er mit der Geldannahme diese Zahlung billigt.502 Hieraus schließt Finkenauer503, dem Knütel504 grundsätzlich folgt, dass der Veräußerer Kenntnis davon haben musste, mit seinem eigenen Geld bezahlt zu werden, und somit mit dem Freikauf einverstanden war. Diese Schlussfolgerung ist aber nicht zwingend. Stellt man darauf ab, dass der Verkäufer beim Verkauf des Sklaven mitsamt seinem peculium an den Freikäufer verpflichtet ist, das peculium auch in voller Höhe, also einschließlich der in der „schwarzen Kasse“ beiseite geschafften Gelder, an den Freikäufer zu leisten, so kann der Freikäufer gegen den Verkäufer hinsichtlich des aus der „schwarzen Kasse“ stammenden und damit dem peculium zuzuordnenden Geldes mit der actio empti vorgehen. Demgegenüber hat der Verkäufer gegen den Freikäufer weiterhin – wegen der fehlenden Erfüllung – einen Anspruch auf Kaufpreiszahlung, den er mit der actio venditi geltend machen kann. Da sich diese beiden Ansprüche in gleicher Höhe gegenüberstehen, sind sie in ihrer Geltendmachung durch die exceptio doli gehemmt, die diesen Klagen immanent ist. Folglich haben sowohl Freikäufer als auch Verkäufer jeweils das erhalten, was ihnen zusteht, und zwar unabhängig von der Kenntnis des Herrn von der Herkunft des Geldes und vom Freikauf-Charakter des Geschäfts.505 Verbleibt das peculium nach der Veräußerung des Sklaven aber beim dominus, ist seine Kenntnis vom Charakter des Geschäfts erforderlich, weil er mit Geld bezahlt wurde, das auch nach der Veräußerung ihm, dem dominus, zustehen soll.
quamvis mutuatus servus pecuniam rationibus tuis quasi a me receptam intulerit, tamen, si nummos a creditore non ita acceperit, ut meo nomine daret, nec liberari me nec te mandati mecum acturum: quod si sic mutuatus sit, ut pecuniam meo nomine daret, utrumque contra esse: nec referre, alius quis an idem ipse servus nomine tuo quod pro me solvebatur acceperit. et hoc verius est, quoniam quotiens suos nummos accipit creditor, non contigit liberatio debitori. 502 In Betracht käme etwa eine Leistung an Erfüllungs Statt, deren Rechtsfolge allerdings zwischen Sabinianern und Prokulianern umstritten war; zur in solutum datio vgl. Honsell / Mayer-Maly / Selb, S. 264 m. w. N. – Zur Rechtsschule der Sabinianer und der Prokulianer siehe oben § 5 III. 2. c) in Anm. 104. 503 FS Knütel, S. 351 f.; vgl. ders., Rechtsetzung Mark Aurels, S. 48 ff. mit Hinweis auf Brinkhof, S. 239; Buckland, S. 639, S. 645 und m. w. N. Auch Horsmann, Historia 35 (1986), S. 317 mit Anm. 61 meint, es sei für den Sklaven in der Praxis wohl kaum möglich gewesen, sich ohne Einverständnis seines Herrn freikaufen zu lassen. Chiusi, HAS s. v. Actio de peculio meint ebenfalls, die Zustimmung des Herrn zum Freikauf sei notwendig. – Zu C. 4.36.1 siehe auch unten § 20 III. 2. b). 504 Freikauf mit eigenem Geld II.-III. 505 Siehe hierzu oben § 14 IV. 2. b).
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2. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut
Für C. 4.36.1.1 bedeutet dies, dass in dem dort geschilderten Fall der Verkauf der Sklavin wohl ohne deren peculium stattgefunden hat. Dann sind die Voraussetzungen der constitutio der divi fratres nicht erfüllt, weil der Freikäufer zur Kaufpreiszahlung verpflichtet bleibt, ohne diesem Anspruch einen gleichwertigen Gegenanspruch entgegensetzen zu können. Es hängt vom dominus ab, ob er die actio venditi erhebt und den Käufer auf Kaufpreiszahlung in Anspruch nimmt, oder aber die Sklavin herausverlangt. Nur wenn C. 4.36.1.1 der Verkauf der Sklavin ohne deren peculium zugrunde liegt, ist die Stelle insgesamt sinnvoll, denn andernfalls wäre die actio venditi des dominus durch die immanente exceptio des Käufers gehemmt. e) Unterschlagung (furtum) des Sklaven bei Zahlung aus seiner „schwarzen Kasse“ aa) Unterschlagung von Mitteln aus dem peculium durch den Sklaven Ein weiterer Grund für die Unwirksamkeit der Zahlung mit Pekuliarmitteln aus einer „schwarzen Kasse“ und die daraus folgende fehlende Befreiung des Käufers von seiner Pflicht zur Kaufpreiszahlung könnte darin liegen, dass der Sklave, indem er dem Freikäufer Mittel aus seiner „schwarzen Kasse“ zur Verfügung stellt, Geld seines Herrn unterschlägt, also ein furtum begeht.506 Den Fall, dass ein Herr seinen Sklaven an einen Dritten verkauft und der Sklave vor Übereignung ein furtum begeht, beschreibt: Afr. D. 19.1.30 pr. (8 quaest.)507 Servus, quem de me cum peculio emisti, priusquam tibi traderetur, furtum mihi fecit. quamvis ea res quam subripuit interierit, nihilo minus retentionem eo nomine ex peculio me habiturum ait, id est ipso iure ob id factum minutum esse peculium, eo scilicet, quod debitor meus ex causa condictionis sit factus. (…).
Ein Herr verkauft einen Sklaven zusammen mit dessen peculium. Vor Übergabe des verkauften Sklaven an den Käufer bestiehlt der Sklave seinen alten Herrn, den Veräußerer, wobei sich das furtum nicht auf einen Peku liargegenstand, sondern auf sonstige Güter des Herrn bezieht. Obwohl die gestohlene Sache untergeht, hat der Veräußerer gegen den Käufer in Höhe 506 U. a. Pomp. D. 15.1.4.3-4 (7 ad Sab.); Ulp. D. 15.1.9.6 (29 ad ed.); ders. D. 18.1.29 (43 ad Sab.), hierzu bereits oben § 7 I. und § 14 IV. 2. e) bb); Afr. D. 19.1.30 pr. (8 quaest.). – Zum Begriff des furtum siehe Honsell / Mayer-Maly / Selb, S. 358 ff. 507 Zu Fragen bez. der Echtheit des Textes vgl. Solazzi, BIDR 17 (1905), S. 236; Niederländer, SZ 69 (1952), S. 215 mit Anm. 24. Ähnliche Stellen zum furtum des Sklaven vgl. Pomp. D. 15.1.4.3-4 (7 ad Sab.); Ulp. D. 15.1.9.6 (29 ad ed.); Paul. D. 33.8.9.1 (4 ad Sab.).
§ 14 Herkunft des Geldes für die Zahlung an den Freikäufer195
des Wertes der gestohlenen Sache ein Zurückbehaltungsrecht (retentio)508 am peculium, denn das peculium ist insofern vermindert, als der Sklave aufgrund der Tat dem Herrn gegenüber aus der condictio ex causa furtiva haftet; hierbei handelt es sich um eine naturalis obligatio zwischen dem Verkäufer und seinem ehemaligen Sklaven.509 Während D. 19.1.30 pr. den Diebstahl einer Sache des veräußernden Herrn betrifft, die nicht ins peculium gehört, behandelt Ulpian in folgender Stelle den Diebstahl einer Sache aus dem peculium: Ulp. D. 18.1.29 (43 ad Sab.) Quotiens servus venit, non cum peculio distrahitur: et ideo sive non sit exceptum, sive exceptum sit, ne cum peculio veneat, non cum peculio distractus videtur. unde si qua res fuerit peculiaris a servo subrepta, condici potest videlicet quasi furtiva: hoc ita, si res ad emptorem pervenit.
Ein Sklave wird verkauft, ohne dass eine Bestimmung über sein peculium getroffen wird. Hier gilt die Regel, dass der Verkauf eines Sklaven normalerweise ohne das Sondergut erfolgt.510 Wenn dieser Sklave eine Sache, die zum peculium gehört, unterschlägt, kann sie mit der condictio als gestohlen zurückgefordert werden, sofern der Käufer die Sache erlangt hat. Die Sache ist nämlich deshalb als gestohlen anzusehen, weil das peculium gerade nicht mitverkauft war und folglich weiterhin dem Veräußerer zusteht. Interessant ist die Formulierung condici potest videlicet quasi furtiva; Ulpian gewährt also nicht ausdrücklich eine condictio ex causa furtiva. Dies liegt wohl daran, dass der Käufer selbst kein furtum begangen hat und ihm das furtum des Sklaven nur zugerechnet werden könnte, wenn er selbst Kenntnis hatte von der Begehung. Folglich gibt es strenggenommen keine condictio ex causa furtiva, aber um eine interessen- und sachgerechte Lösung zu finden, wird dem Verkäufer die condictio dennoch gewährt.511 Dass nur eine sachverfolgende condictio zur Verfügung steht, könnte auch daran liegen, dass das furtum noch beim Veräußerer begangen wurde. Hätte der Sklave das furtum nämlich als Sklave des Käufers begangen, stünde dem Veräußerer die pönale actio furti noxalis zu. 508 Die retentio gibt dem Verkäufer das Recht, seine Leistung an den Käufer, nämlich die Übereignung des Sklaven mitsamt dem peculium zurückzuhalten, bis dieser Schadensersatz leistet; allgemein zur retentio vgl. Kaser, RP I, S. 521 und S. 529 m. w. N. 509 Vgl. ausführlich zur Frage, ob in diesem Fall eine condictio ex causa furtiva besteht, Pika, S. 94 ff. Vgl. Solazzi, BIDR 17 (1905), S. 234 ff. Allgemein zur Haftung des Herrn bei Diebstahl durch seinen Sklaven Pika, S. 89 ff. – Die condictio ex causa furtiva ist gerichtet auf Herausgabe der gestohlenen Sache. Vgl. Gai. 4.4; Ulp. D. 13.1.7.1 (42 ad Sab.). 510 Hierzu ausführlich oben § 7 I. 511 So versteht auch Pika, S. 93 f. die Stelle.
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2. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut
Bezogen auf den Fall der „schwarzen Kasse“ ist zunächst zu überlegen, worin genau das furtum des Sklaven liegt, wenn er neben seinem peculium eine „schwarze Kasse“ bildet und aus dieser den Kaufpreis für den eigenen Freikauf zahlt. Der Sklave könnte bereits mit der Bildung der „schwarzen Kasse“ ein furtum begehen. Dagegen spricht, dass sich das Geld, auch wenn es in einer „schwarzen Kasse“ beiseite geschafft ist, immer noch im Bereich des Sklaven und damit auch seines Herrn befindet, der – zumindest theoretisch – darauf zugreifen kann. Freilich hat der Herr mangels Kenntnis in Wirklichkeit keine Möglichkeit, auf die Bestände der „schwarzen Kasse“ zuzugreifen, so dass die Gelder für ihn schon zu diesem Zeitpunkt faktisch verloren sind, schließlich manipuliert der Sklave ja auch die Abrechnungen. Dies spricht letztlich dafür, schon die Bildung der „schwarzen Kasse“ als furtum anzusehen; mit der Zahlung des Kaufpreises aus der „schwarzen Kasse“ an den Freikäufer begeht der Sklave dann eine weitere Unterschlagung.512 Für unseren Fall eines Freikaufs mit Zahlung des Freikaufpreises aus einer „schwarzen Kasse“ des Sklaven, bei dem der Sklave zusammen mit seinem peculium an den Freikäufer veräußert wird, lässt sich aus D. 19.1.30 pr. nichts ableiten, weil es dort um den Diebstahl an Gütern außerhalb des peculium geht. Darüber hinaus ist die gestohlene Sache nicht mehr vorhanden (ea res quam subripuit interierit). Die Stelle verdeutlicht aber, dass bei einem solchen Diebstahl entsprechend den allgemeinen Regeln das peculium vermindert wird um den binnenrechtlichen Anspruch des veräußernden Herrn gegen den Sklaven aus der condictio ex causa furtiva. D. 18.1.29 betrifft ebenfalls nicht direkt unseren Fall, sondern den Verkauf des Sklaven ohne das peculium. Unterschlägt der Sklave, der ohne sein peculium veräußert wird, eine Sache aus diesem Sondergut und gelangt diese Sache an den Käufer, haftet dieser dem Veräußerer mit einer condictio quasi furtiva. Wird der Sklave im Rahmen der redemptio suis nummis ohne peculium an den Freikäufer verkauft und hat er den Freikaufpreis seiner „schwarzen Kasse“ entnommen, die er neben dem peculium geführt hatte, ist im Einklang mit Ulp. D. 18.1.29 daher anzunehmen, dass der Herr das Geld beim Freikäufer kondizieren kann, wenn dieser es erlangt hat. Allerdings hat der Freikäufer das Geld nicht mehr, wenn er genau diese Münzen verwendet, um sie an den veräußernden Herrn zu zahlen. Das Geld befindet sich dann also wieder bei demjenigen, dem es zusteht, und es ist lediglich davon auszugehen, dass diese Zahlung den Freikäufer nicht von seiner Verpflichtung zur Kaufpreiszahlung befreit hat. Sollte der Freikäufer den Kaufpreis aber mit eigenen Münzen bezahlt und das Geld, das der Sklave ihm 512 Knütel, HAS s. v. Freikauf mit eigenem Geld IV. nimmt an, die Unterschlagung werde mit der Zahlung an den Freikäufer begangen; vgl. Finkenauer, Rechtsetzung Mark Aurels, S. 48 f.
§ 14 Herkunft des Geldes für die Zahlung an den Freikäufer197
aus der „schwarzen Kasse“ gegeben hatte, seinem Vermögen zugefügt haben, ist die gestohlene Sache (die entnommenen Münzen) bei ihm noch vorhanden und könnte kondiziert werden, während er von der Pflicht zur Kaufpreiszahlung freigeworden ist. Im Umkehrschluss lässt sich der Stelle D. 18.1.29 aber entnehmen, dass im Falle der Unterschlagung eines Pekuliargegenstands durch einen Sklaven, der mit seinem peculium veräußert ist, der Käufer dem Herrn gerade nicht mit der condictio haftet, weil nach Abschluss des Kaufvertrags der Sklave und das peculium dem Käufer zustehen. Für den Fall der Zahlung des Freikaufpreises aus einer „schwarzen Kasse“ des Sklaven bei einer red emptio suis nummis, bei der der Sklave mitsamt dem peculium an den Freikäufer verkauft wird, bedeutet dies, dass diese Unterschlagung von Pekuliarmitteln den veräußernden Herrn nicht zur Erhebung der condictio berechtigt. Jedoch wird bereits mit der Bildung der „schwarzen Kasse“ durch den Sklaven dem veräußernden Herrn das Geld so entzogen, dass er praktisch keinerlei Zugriff mehr darauf hat. Daher ist er insoweit geschädigt, als er in Unkenntnis der wahren Höhe des peculium dieses im Rahmen der Verhandlung über den Kaufpreis zu niedrig ansetzt und einen zu geringen Erlös für den Sklaven und sein peculium erzielt. Diese Schädigung führt aber mit Blick auf D. 18.1.29 nicht zu einer condictio gegen den Freikäufer, sondern berechtigt den Veräußerer unter Umständen, gegen seinen Sklaven direkt vorzugehen.513 Die Tatsache, dass der Sklave ein furtum begeht, wenn er Pekuliargegenstände und -gelder zu eigenen Zwecken verwendet, ändert also nichts an der rechtlichen Bewertung des Freikaufs, wenn der Sklave mit seinem peculium verkauft ist. Es bleibt bei den sich deckungsgleich gegenüberstehenden Forderungen von Verkäufer und Käufer.514 bb) Vorgehen des veräußernden Herrn wegen der Unterschlagung des Sklaven Zu untersuchen ist, ob und in welcher Weise der Herr des Sklaven gegen diesen direkt vorgehen kann wegen der Begehung eines furtum, nämlich des Abzweigens von Pekuliarmitteln in eine „schwarze Kasse“, die der Sklave zu eigenen Zwecken verwandt hat. Ein solches Bestreben setzt zunächst einmal voraus, dass der Herr von den Manipulationen des Sklaven Kenntnis erlangt und die „schwarze Kasse“ auf diese Weise aufgedeckt wird. Hierbei muss unterschieden werden zwischen einem Aufdecken der „schwarzen 513 Hierzu
sogleich unten § 14 IV. 2. e) bb). wirksamen Zahlung des Freikaufpreises aus einer „schwarzen Kasse“ siehe oben § 14 IV. 2. b) und c). 514 Zur
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2. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut
Kasse“ vor und nach Abschluss des Kaufvertrages des veräußernden Herrn mit dem Freikäufer. Falls zeitlich vor Abschluss des Kaufvertrages der Herr die „schwarze Kasse“ des Sklaven entdeckt, kann er wegen dieses unrechtmäßigen Verhaltens direkt gegen seinen Sklaven vorgehen. Aufgrund seiner potestas hat der dominus das Recht, den Sklaven wegen eines solchen Fehlverhaltens zu maßregeln.515 Insbesondere wird er dem Sklaven das peculium samt „schwarzer Kasse“ entziehen. Wird die „schwarze Kasse“ des Sklaven erst nach Abschluss des Kaufvertrags mit dem Freikäufer bekannt, ist zu überlegen, was sich dadurch ändert. Hierbei sind drei Varianten zu unterscheiden. Variante Nr. 1: Sollte der Herr die „schwarze Kasse“ nach Abschluss des Kaufvertrages mit dem Freikäufer und vor der Übereignung des Sklaven samt peculium entdecken, ist fraglich, ob er die Angelegenheit noch intern mit seinem Sklaven klären kann, weil dieser schuldrechtlich bereits dem Freikäufer zusteht. Grundsätzlich führt die Begehung eines Delikts durch einen Sklaven dazu, dass er dem Geschädigten gegenüber wegen dieses Deliktes haftet.516 Weil aber der Sklave nicht rechtsfähig ist, kann ihn der Geschädigte nicht direkt in Anspruch nehmen, sondern ihm steht eine actio noxalis gegen den jeweiligen Herrn des Sklaven zu. Dabei haftet die deliktische Schuld des Sklaven dergestalt an seiner Person,517 dass der jeweilige aktuelle Eigentümer wegen eines delictum in Anspruch genommen werden kann, auch wenn die Tat zu einer Zeit begangen wurde, als dieser Sklave sich noch im Eigentum eines anderen Herrn befand. Der aktuelle dominus hat dann die Wahl zwischen der Auslieferung des Sklaven an den Geschädigten (noxae deditio) oder der Bußzahlung.518 Unsere Konstellation der redemptio suis nummis, bei der der Sklave mitsamt dem peculium verkauft ist und der Freikaufpreis aus einer „schwarzen Kasse“ des Sklaven aufgebracht wird, bildet allerdings insofern einen Sonderfall, als der Geschädigte zum Zeitpunkt der Begehung des furtum durch den Sklaven selbst der Herr dieses Sklaven war. Da der Sklave noch in seinem Eigentum steht, müsste er ihn direkt maßregeln. Variante Nr. 2: Der Herr entdeckt die „schwarze Kasse“ seines Sklaven nach Abschluss des Kaufvertrages und Übereignung des Sklaven an den Freikäufer. Da der Sklave nicht mehr in seinem Eigentum steht, kann der veräu515 Zum Umfang der Rechte, die der Herr aufgrund seiner potestas über seinen Sklaven hat, siehe Kaser, RP I, S. 113 f.; Robleda, S. 50 ff. – Zur actio furti des Verkäufers allgemein siehe Kaser, SZ 96 (1979), S. 89 ff. 516 Vgl. auch zum Folgenden Buckland, S. 98 ff.; Benöhr, SZ 97 (1980), S. 273 ff.; Falchi, SDHI 46 (1980), S. 491 ff.; Kaser, RP I, S. 163 ff., S. 630 ff. m. w. N. 517 Gai. 4.77: Omnes autem noxales actiones capita sequuntur; (…). 518 Vgl. Kaser / Hackl, S. 342 f.; Kaser, RP I, S. 630 f. m. w. N.
§ 14 Herkunft des Geldes für die Zahlung an den Freikäufer199
ßernde Herr sich möglicherweise mit der actio noxalis den allgemeinen Regeln entsprechend an den aktuellen Herrn des Sklaven, hier also an den Freikäufer, wenden. Hiergegen spricht aber der Umkehrschluss aus D. 18.1.29: Wenn der Sklave mitsamt dem peculium an den Freikäufer veräußert ist, haftet der Käufer dem Verkäufer wegen eines furtum des verkauften Sklaven gerade nicht mit der condictio.519 Es stellt sich daher die Frage, ob der veräußernde Herr – abgesehen von einer sachverfolgenden Klage wie der condictio oder der rei vindicatio, gerichtet auf die Herausgabe der unterschlagenen Sache selbst oder ihren einfachen Wert – wegen des furtum des Sklaven gegen den Käufer die actio furti noxalis erheben kann, gerichtet auf den doppelten Sachwert.520 Gegen die Erhebung der actio furti noxalis gegen den Käufer des Sklaven, die weder in D. 19.1.30 pr. noch in D. 18.1.29 erwähnt wird, spricht aber zum einen, dass der veräußernde Herr seinerseits verpflichtet ist, dem Käufer einen Sklaven zu übergeben, der frei von Noxalhaftung ist.521 Außerdem beging der Sklave das furtum zu einer Zeit, als er noch im Eigentum des veräußernden Herrn stand; hierfür kann dieser sich aber nicht bei einem Dritten refinanzieren, wie auch aus D. 18.1.29 folgt, wenn man davon ausgeht, dass dort die actio furti noxalis für den Veräußerer deshalb nicht genannt ist, weil der Sklave das furtum begangen hat, als er noch im Eigentum des Veräußerers stand. Selbst wenn aber dem veräußernden Herrn wegen Diebstählen, die sein eigener Sklave begangen hat, nach dessen Veräußerung eine actio furti noxalis gewährt würde, könnte der Freikäufer dagegen einwenden, dass ihm – wegen des Grundsatzes noxa non solutus – die actio redhibitoria zusteht, die er mit der immanenten exceptio doli geltend machen könnte.522 Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass das unterschlagene Geld, nämlich das, welches aus der „schwarzen Kasse“ an den Freikäufer gegeben wurde, sich mittlerweile wieder beim Geschädigten, dem veräußernden Herrn, befindet, nachdem der Freikäufer es ihm für den Kauf des Sklaven gezahlt hatte. Folglich wird die Erhebung einer actio furti noxalis durch den veräußernden Herrn gegen den Freikäufer dolos sein.523 519 Anders Finkenauer, Rechtsetzung Mark Aurels, S. 48, der – allerdings ohne Begründung – davon ausgeht, dass der Herr auch nach der Veräußerung des Sklaven „auf das unterschlagene Geld bei jedem Dritten zugreifen“ konnte. 520 Zur Möglichkeit, actio furti und condictio bzw. rei vindicatio bei einem furtum parallel zu erheben, siehe Kaser, RP I, S. 613; Pika, S. 28 ff., S. 108 ff. 521 Ausführliche Regelungen für Sachmängel beim Marktkauf von Sklaven enthält das Edikt der kurulischen Ädilen; vgl. D. 21.1; Kaser, RP I, S. 558 ff.; Zimmermann, S. 311 ff. jeweils m. w. N. 522 Mit der actio redhibitoria konnte der Käufer nach dem Edikt der kurulischen Ädilen bei einem Sachmangel die Aufhebung und Rückabwicklung des Kaufvertrages verlangen; vgl. Kaser / Knütel, Röm. Privatrecht, S. 234 ff. m. w. N. 523 Daher kann hier die Problematik der Pönalklagen dahinstehen; hierzu vgl. Falchi, SDHI 46 (1980), S. 497 ff.
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2. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut
Variante Nr. 3: Wahrscheinlich wird der Veräußerer die „schwarze Kasse“ des Sklaven jedoch – wenn überhaupt – erst nach der vollständigen Abwicklung der redemptio suis nummis, das heißt nach erfolgter Freilassung im Anschluss an den Kauf des Sklaven durch den Freikäufer, entdecken. Denn im Normalfall erfolgt die Freilassung zeitnah im Anschluss an die Übergabe des Sklaven an den Freikäufer. Zu fragen ist, ob der Veräußerer dann gegen seinen ehemaligen Sklaven selbst vorgehen kann: Ulp. D. 44.7.14 (7 disp.) Servi ex delictis quidem obligantur et, si manumittantur, obligati remanent: (…).524
Sklaven werden aus Delikten selbst verpflichtet (obligantur) und bleiben dies auch, selbst wenn sie freigelassen werden, schreibt Ulpian. Übertragen auf die redemptio suis nummis bedeutet dies, bezogen auf den Fall, dass der Sklave, der durch einen Freikauf frei werden möchte, seinem Freikäufer Geld aus einer „schwarzen Kasse“ gibt, in der er Geldmittel gesammelt hat, die eigentlich in das peculium gehören: Bereits in der Bildung der „schwarzen Kasse“ liegt ein furtum, also ein delictum. Wie bereits festgestellt, hat diese Unterschlagung zu einem Schaden im Vermögen des veräußernden Herrn geführt, weil er den Kaufpreis für den Sklaven und das peculium in Unkenntnis des wahren Werts des Sondergutes zu niedrig angesetzt hat. Dieser Schaden berechtigt ihn aber nicht, eine condictio gegen den Freikäufer zu erheben, weil mit Abschluss des Kaufvertrags Sklave und peculium wirtschaftlich dem Käufer zustehen und mit der Abwicklung des Kaufvertrags kein Klagerecht mehr gegen den Käufer besteht. Dann kann der Veräußerer aber wegen dieses Delikts, zumal ihm kein Anspruch mehr gegen den neuen Herrn des Sklaven zusteht, gegen den freigelassenen Sklaven direkt vorgehen, weil dieser auch nach der manumissio wegen dieses Delikts verpflichtet ist. Zugleich bedeuten die Ausführungen Ulpians in D. 44.7.14, dass der Sklave nicht wieder in Sklaverei gelangt, weil er ein delictum begangen hat. Dies kann auf die redemptio suis nummis übertragen werden mit der Folge, dass auch beim Freikauf der Sklave wegen des furtum nicht wieder versklavt werden kann, sondern als Freigelassener für die Unterschlagung haftet. Die Überlegungen zeigen, dass der Herr, der seinen Sklaven an einen Freikäufer verkauft hat und hierbei nicht wusste, dass der Sklave aus dem peculium unberechtigterweise Gelder abgezweigt hatte, die er für die Zahlung des Freikaufpreises an den Freikäufer verwendete, wegen der Unter524 Zum zweiten Teil der Stelle, in der es um die Naturalobligation des Sklaven aus Vertragsbeziehungen geht, siehe ausführlich oben § 9 I. 2. – Vgl. zur Frage, ob ein delictum servi im klassischen Recht als naturalis obligatio aufgefasst wurde, Cornioley, S. 172 ff.
§ 14 Herkunft des Geldes für die Zahlung an den Freikäufer201
schlagung seines ehemaligen Sklaven, der nunmehr als Freigelassener rechtsfähig ist, sich nur an diesen selbst halten kann und muss. f) Anwendbarkeit der constitutio auch auf den Fall der Zahlung aus einer „schwarzen Kasse“ Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass der Freikauf des Sklaven, der mit seinem peculium an den Freikäufer verkauft wird und den Freikaufpreis aus seiner „schwarzen Kasse“ zahlt, trotz Unwirksamkeit der Kaufpreiszahlung – zumindest formal gesehen – vom Anwendungsbereich der constitutio der Kaiser Marc Aurel und Lucius Verus erfasst ist. Es stellt sich allerdings die Frage, ob es, abgesehen von den formalen Voraussetzungen der Konstitution, tiefer liegende Gründe gibt, die die Anwendung in diesem Fall ausschließen.525 Die Kaiser wollten sicher nicht ein besonders trickreiches Vorgehen des Sklaven belohnen,526 sondern hatten folgendes im Blick: Die Konstitution, die eine Freilassungspflicht des Käufers begründet, regelt allein das Verhältnis zwischen dem Freikäufer und dem Sklaven. Der Freikäufer erhielte unberechtigterweise einen Vorteil, wenn die kaiserliche Konstitution keine Anwendung fände. Ließe der Freikäufer den Sklaven abredewidrig nicht frei, könnte er sich nämlich ungestraft treuwidrig verhalten und in nicht hinnehmbarer Weise bereichern.527 Trotz des widerrechtlichen Verhaltens des Sklaven, das die römische Rechtsordnung nicht gutheißen konnte, mischte sich das Recht in dieser Konstellation nicht ein, weil es keinen Grund gab, gerade den Freikäufer ungerechtfertigt zu begünstigen. Für den letztendlichen Erfolg der redemptio suis nummis, bei der das Geld aus einer „schwarzen Kasse“ des Sklaven stammt, spricht auch, dass sie nicht so ungerecht und unerträglich ist, wie sie auf den ersten Blick scheint, wenn man bedenkt, dass der Veräußerer den Freigelassenen wegen der Unterschlagung des Geldes aus dem peculium (furtum) in Anspruch nehmen kann – freilich unter der Voraussetzung, dass die Existenz der „schwarzen Kasse“ aufgedeckt wird. Dabei ist das Vorgehen gegen den ehemaligen Sklaven auch im Fall des mitverkauften peculium möglich, weil der Herr, der den Kaufpreis zu niedrig angesetzt hat, einen Schaden erleidet. Das zeigt, dass es dem dominus im Ergebnis gar nicht helfen würde, wenn dem unredlichen Sklaven die Freiheit versagt und dieser beim Freikäufer 525 So Finkenauer, FS Knütel, S. 351 f., S. 354; ders., Rechtsetzung Mark Aurels, S. 48 f. 526 Ausführlich zu den Motiven der Kaiser bei Erlass der Konstitution siehe unten § 31 IV. 527 Vgl. Voci, S. 263 ff.; für die Bedeutung dieser Annahme für das mandatum bei der redemptio siehe unten § 21 II. 1. a).
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2. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut
verbleiben würde. Ganz im Gegenteil: Für die Realisierung des Anspruchs aus dem furtum, den der bisherige Herr gegen den ehemaligen Sklaven hat, ist die Freilassung notwendig, denn danach erst kann der Herr gegen den Freigelassenen vorgehen. So entspricht die Freilassung auch dem Interesse des Herrn. Schließlich spricht für die Anwendbarkeit der Konstitution auch im Falle der Zahlung aus einer „schwarzen Kasse“ des Sklaven, dass die Konstitu tion, was die emptio venditio zwischen Verkäufer und Käufer betrifft, nicht auf einen unzulässigen Vorgang angewandt wird, sondern auf ein Geschäft, das als solches den römisch-rechtlichen Regeln des Kaufes entspricht. Dass der Verkäufer im Rahmen der Verhandlungen über den Kaufpreis von falschen Voraussetzungen ausgeht und insofern einen Nachteil erleidet, als er in Unkenntnis der „schwarzen Kasse“ des Sklaven das peculium zu niedrig bewertet und folglich für den Verkauf des Sklaven mit peculium einen zu geringen Kaufpreis ansetzt, führt nicht dazu, dass der Kaufvertrag unwirksam ist oder der Korrektur bedürfte. Anders ist der Fall kollusiven Zusammenwirkens des Freikäufers mit dem Sklaven zu bewerten, bei dem der veräußernde Herr mit der immanenten exceptio doli geschützt ist. Die Interessen des Verkäufers sind, was das Verhältnis zum Käufer angeht, – wie gesehen – durch die Möglichkeit des Aushandelns des Kaufpreises mit dem Käufer gewahrt. Außerdem ist der Herr zum Abschluss dieses Kaufvertrages über den Sklaven nicht gezwungen, sondern dieser beruht auf seiner freien Willensentscheidung. Überdies ist ebenfalls mit Blick auf die Regeln, die dem Kaufvertrag zugrunde liegen, festzuhalten, dass es grundsätzlich dem Herrn obliegt, die Rechnungsführung seines Sklaven für das peculium zu kontrollieren und dem Bilden einer „schwarzen Kasse“ vorzubeugen. Sollte dann aber der Kaufpreis für den Sklaven mit peculium im Rahmen der Vertragsverhandlungen mit dem Freikäufer zu niedrig angesetzt werden, kann dies nicht dem redlichen Freikäufer zur Last gelegt werden, darf ihn aber auch nicht privilegieren. Im Ergebnis hat die redemptio suis nummis für den Herrn, dessen Sklave einen Teil des Erwirtschafteten für sich beiseite geschafft hat in Form einer „schwarzen Kasse“, immerhin den Vorteil, auf diese Weise dennoch zumindest an einen Teil des Geldes – das heißt den gezahlten Kaufpreis – zu gelangen, das sein Sklave ihm widerrechtlich entzogen hatte. Hinsichtlich der eventuell noch vorhandenen Restmittel der „schwarzen Kasse“ besteht für den Herrn gerade aufgrund der Tatsache, dass der Sklave frei geworden ist, die Möglichkeit, mit der actio furti gegen diesen selbst vorzugehen, weshalb auch insofern kein Rechtsverlust eintritt. Dies kann auch ein Grund dafür sein, dass ein Herr, der ahnt, was hinter der Kaufanfrage des Freikäufers steht, sich dennoch auf diesen Verkauf seines Sklaven einlässt.
§ 14 Herkunft des Geldes für die Zahlung an den Freikäufer203
g) Abschließende Überlegungen Die Überlegungen führen dazu, dass beim Verkauf des Sklaven mit peculium die Rechtsfolgen der constitutio der divi fratres eintraten, obwohl der Sklave den Kaufpreis aus einer von ihm in unzulässiger Weise gebildeten „schwarzen Kasse“ bezahlte. Nach der Zahlung aus dem Sondergut und der Freilassung des Sklaven war dann das Sondergut entweder aufgebraucht, oder aber der ehemalige Sklave durfte den Rest behalten, wobei das peculium seinen Status als solches verlor;528 dem Freikäufer durfte jedenfalls kein finanzieller Vorteil durch das Geschäft verbleiben. Bemerkenswert ist, dass der Sklave hier zur Freiheit gelangt, obwohl zwei an sich unzulässige Vorgänge vorliegen: Die Zahlung des Sklaven mit Mitteln aus dem peculium zu eigenen Zwecken, nämlich mit dem Ziel, seinem Freikäufer die finanziellen Mittel zur Verfügung zu stellen, verstößt gegen die Befugnisse, die mit dem Sondergut verbunden sind. Die Zuwendung genau dieses Geldes an den dominus befreit den Käufer nicht von seiner Verbindlichkeit aus dem Kaufvertrag. Dennoch kommt es – aus der Sicht des zwischen dem Herrn und dem Freikäufer bestehenden Schuldverhältnisses – im Ergebnis zu einer Rechtslage, in der jeder der Vertragspartner das erhält, was ihm nach dem Kaufvertrag gebührt: Der Käufer hat den Sklaven mitsamt peculium erhalten, welches um die Kaufpreissumme gemindert ist, und muss selbst nicht etwa noch einmal den Kaufpreis an den Verkäufer zahlen. Damit steht fest, dass er nicht die finanzielle Last dieses Kaufvertrages trägt, was gerade die entscheidende Voraussetzung für die Anwendung der con stitutio der divi fratres ist: Der Sklave muss den Kaufpreis bezahlen bzw. der Freikäufer darf jedenfalls selbst nichts für den Freikauf aufwenden.529 Der Verkäufer hingegen hat seinen Sklaven verkauft, ohne jedoch einen adäquaten Gegenwert zu erhalten. Denn aufgrund der Unterschlagung durch den Sklaven hat er den Kaufpreis zu niedrig angesetzt und infolgedessen einen Nachteil erlitten. Dieser Nachteil tangiert jedoch die Wirksamkeit des Kaufvertrags zwischen dem Herrn und dem Freikäufer in der Regel nicht. Nur wenn der Sklave und der Freikäufer kollusiv zusammenwirken und der Freikäufer positive Kenntnis von der „schwarzen Kasse“ hat, ist der Herr mit der exceptio doli geschützt, die den Kaufklagen immanent ist; im Übrigen sind die Interessen der beiden Kaufvertragsparteien, was ihr Verhältnis zueinander betrifft, ausreichend geschützt, da sie den Kaufpreis frei aushandeln und vereinbaren können.530 528 Vgl. Pomp. D. 15.2.3 (4 ad Q. Muc.); Paul. D. 33.8.1 (4 ad Sab.); Zeber, S. 72. Allgemein zum Verbleib des peculium nach manumissio vgl. Wacke, Iura 42 (1991), S. 73 ff. 529 Siehe zu den Voraussetzungen im Einzelnen oben § 2 I. sowie unten § 33 II. 530 Hierzu siehe oben § 14 I., IV. 2. f).
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2. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut
Die Kenntnis des Herrn vom Freikauf-Charakter ist also rechtlich nur erforderlich, wenn die Zahlung mit Mitteln aus einem solchen peculium erfolgte, das nach dem Freikauf-Geschäft bei ihm (dem Herrn) verbleiben sollte.531 Solche Fallkonstellationen, nämlich Verkauf des Sklaven ohne peculium bei gleichzeitiger Kenntnis des Herrn vom Freikauf-Charakter, werden selten gewesen sein. Denn oblgleich der Sklave normalerweise ohne das peculium verkauft wird,532 wird er bei einer dem Herrn bekannten und von diesem gebilligten redemptio suis nummis wohl regelmäßig mit seinem Sondergut verkauft worden sein, damit er den Kaufpreis aus diesem aufbringen konnte. In diesem Fall des Verkaufs des Sklaven mit peculium bei gleichzeitiger Kenntnis des Herrn vom Freikauf-Charakter gehen die Befugnisse des Sklaven in Bezug auf sein peculium also so weit, dass er sich hiermit aus dem Sklavenstatus befreien kann. Die grundsätzliche Vermögensunfähigkeit des Sklaven wird dadurch allerdings nicht in Frage gestellt, sondern nur zu einer begrenzten Vermögensfähigkeit aufgeweicht. Diese erlaubt es dem Sklaven, den eigenen Freikauf durchzuführen. Nach außen erscheint das peculium dann wie ein quasi patrimonium des Sklaven, freilich mit Billigung des Herrn.533
§ 15 Zusammenfassung Die Untersuchungen ergeben, dass der Sklave bei einer redemptio suis nummis, vorausgesetzt er wurde zusammen mit seinem peculium verkauft, den Kaufpreis auch ohne Kenntnis seines Herrn vom Freikauf-Charakter des Geschäfts ganz aus seinen eigenen Mitteln aufbringen konnte. Voraussetzung hierfür ist jedoch die Bildung einer „schwarzen Kasse“ durch den Sklaven. Der Sklave konnte eine „schwarze Kasse“ aufbauen, indem er die Rechnungen über sein peculium manipulierte und Geld, das an sich in das Sondergut gehörte, beiseite schaffte. Wenn er dieses für den Freikauf verwendete und er mitsamt seinem Sondergut an den Freikäufer verkauft wurde, konnte er in den Genuss der constitutio der divi fratres kommen. Denn der Herr setzte den Kaufpreis für den Sklaven und das peculium zu niedrig an, weil er über den tatsächlichen Wert des Sondergutes aufgrund seiner Unkenntnis von der „schwarzen Kasse“ irrte. Die Zahlung des Kaufpreises mit Mitteln aus dem peculium und der „schwarzen Kasse“ des Sklaven befreite den Freikäufer zwar nicht von seiner Kaufpreiszahlungspflicht, 531 Anders Finkenauer, FS Knütel, S. 351 f., der es für notwendig hält, dass der Herr vom Freikauf-Charakter des Geschäfts wissen und hiermit einverstanden sein musste. Ebenso Chiusi, HAS s. v. Actio de peculio. Vgl. schon Anm. 503. 532 Siehe hierzu oben § 7 I. 533 Hierzu ausführlich siehe oben § 6.
§ 15 Zusammenfassung 205
führte aber nicht zu einem Anspruch des veräußernden Herrn gegen ihn aus der actio venditi, weil der Freikäufer seinerseits gegen den Herrn die actio empti erheben konnte auf Übergabe des peculium in voller Höhe, zu dem rechtlich auch die „schwarze Kasse“ und damit der hieraus gezahlte Kaufpreis zu rechnen ist. Da sich also die actio venditi des Veräußerers und die actio empti des Freikäufers in gleicher Höhe gegenüberstanden, waren sie dadurch gehemmt, dass dem jeweils anderen Vertragspartner die exceptio doli zustand, die den Kaufklagen immanent war. Auch wenn man das Verhalten des Sklaven als treuwidrig und unseriös einstufen muss, war die Konstitution der divi fratres wohl auch auf diese Variante des Freikaufs mit Zahlung aus einer „schwarzen Kasse“ des Sklaven anwendbar, weil andernfalls der Freikäufer einen unzulässigen Vorteil erhielte, wenn er den Sklaven abredewidrig nicht freiließ. Darüber hinaus konnte der Verkäufer seinen ehemaligen Sklaven auch nach der Freilassung wegen des furtum, das dieser mit der Zahlung aus der „schwarzen Kasse“ an den Freikäufer begangen hatte, direkt in Anspruch nehmen, sofern er von der Existenz der „schwarzen Kasse“ Kenntnis erlangt haben sollte. Andererseits konnte der Sklave auch ohne peculium verkauft werden, wobei der veräußernde dominus von der Freikaufabsicht wissen musste, weil eine Zahlung mit dem Geld des Verkäufers (nämlich mit den Mitteln aus dem peculium, das der gekaufte Sklave beim Verkäufer hatte) ohne dessen Billigung den Käufer nicht von seiner Verbindlichkeit aus dem Kaufvertrag befreite. Dem Sklaven, der ohne peculium verkauft ist, steht – wenn der Herr nicht die Zahlung des Freikaufpreises aus dem peculium billigt – derjenige Sklave nahe, dem überhaupt kein peculium eingeräumt ist. In beiden Fällen musste der Sklave von Dritten Geld erhalten oder mit dem Freikäufer das Abarbeiten vereinbaren, um im Wege der redemptio suis nummis frei zu werden. Da das peculium aber nicht notwendige Voraussetzung eines Freikaufes ist, kann auch der Sklave ohne peculium auf diese Weise frei werden. In den Fällen, in denen der Herr mit der Zahlung des Freikaufpreises aus dem peculium einverstanden war, wollte er auf diesem Wege möglicherweise die Leistung seines Sklaven anerkennen und belohnen. Regelmäßig wird er in diesem Falle aber von vornherein an Planung und Durchführung des Geschäftes beteiligt gewesen sein, vielleicht ging die Initiative für die redemptio suis nummis sogar von ihm aus, weil er etwa dem Sklaven eine sichere Freilassung – die redemptio suis nummis verschaffte dem servus einen klagbaren Anspruch auf Freiheit – ohne Patronatsrecht des Freilassenden sichern wollte.534 534 Zur Justiziabilität der redemptio suis nummis siehe unten § 24 ff. – Zum Verhältnis von Freikäufer und Sklaven nach Freilassung siehe unten § 28 ff. – Ausführlich zu den Motiven einer redemptio suis nummis siehe unten § 31 f.
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2. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Sondergut
Die Kenntnis des Herrn bei einer Veräußerung ohne Übergang des peculium war erforderlich, weil eine solche Zahlung mit Mitteln aus dem Sondergut grundsätzlich der Ermächtigung des Herrn bedurfte, da die Transaktion zu einer Verminderung im Bestand der Rechte und Aktiva des Herrn führte. Denn das peculium war rechtlich weiterhin ein Teil des patrimonium des Herrn, über dessen Verminderung nur er selbst entscheiden konnte. Sollte der Sklave über libera administratio peculii verfügt haben, hätte er eine solche Entscheidung regelmäßig nicht wirksam treffen können, weil im Einzelfall die Generalermächtigung des Herrn, die dieser seinem Sklaven mit Einräumung der libera administratio peculii erteilte, auszulegen ist und die Befugnis des Sklaven im Zweifel nicht den eigenen Freikauf mit umfasste. Der Sklave hatte also verschiedene Möglichkeiten, um die finanziellen Mittel für den Freikauf aufzubringen. Dabei wird die Zahlung mit Mitteln aus dem peculium den Normalfall gebildet haben.
3. Teil
Freikauf mit eigenem Geld und Auftrag – redemptio suis nummis und mandatum 1. Abschnitt
Der Auftrag (mandatum) § 16 Voraussetzungen und Haftung ex mandato I. Bedeutung des Auftrags in den Quellen zum Freikauf Die Stellen aus Digesten und Codex, die die redemptio suis nummis behandeln, sprechen davon, dass zu Beginn des Freikauf-Geschäfts der Sklave einem Dritten den Auftrag gibt, ihn bei seinem Herrn zu kaufen, um ihn anschließend freizulassen. So heißt es bei Ulpian: Ulp. D. 17.1.19 (43 ad Sab.) Si servus meus de semet emendo mandaret, ut redimatur, (…).1
Den ersten Teil des Freikauf-Geschäftes bildet also ein mandare des Sklaven. Das Verb mandare hat die grundlegende Bedeutung „von jemandem die Vollziehung einer Handlung begehren, sie ihm anvertrauen (…), jemandem auftragen bzw. ihn zu der Handlung ermächtigen (…), insbes. bedeutet mandatum den Konsensualkontrakt, wodurch jemand die ihm aufgetragene Vollziehung eines Geschäftes unentgeltlich übernimmt“2. Der Ablauf des Freikaufes legt zumindest nahe, dass dieses mandatum des Sklaven in irgendeiner Form Rechtswirkung entfalten muss, um als Auslöser des Geschäftes dienen zu können. Denn die kaiserliche Konstitution ermöglicht dem Sklaven die gerichtliche Durchsetzung der manumissio, die der Freikäufer versprochen hat im Rahmen dieses Geschäftes, das der Sklave selbst in Bewegung setzt. Im Folgenden soll der Frage nachgegangen werden, welche Voraussetzungen das römische Recht im Allgemeinen an das Vorliegen eines gültigen Auftrags stellte, bevor dann die Problematik des manda1 Vgl. Pap. D. 17.1.54 pr. (27 quaest.): Cum servus extero se mandat emendum (…); Diocl. / Max. C. 4.36.1 pr.: Si extero servus se mandaverit emendum (…). Zu dieser Stelle siehe schon oben § 14 IV. 2. d) und unten § 20 III. 2. b). 2 Heumann / Seckel, S. 330 f. s. v. mandare.
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3. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Auftrag
tum eines Sklaven und die hieran anknüpfende Frage nach dessen Bindungswirkung für seinen dominus näher beleuchtet werden können. II. Wirksamkeitsvoraussetzungen eines Auftrags 1. Wesen und Entstehung des mandatum
Das mandatum ist ein Institut des römischen Rechtes, das wohl schon sehr früh als solches bekannt war. Es begegnet in den Quellen als Konsensualvertrag: Paul. D. 17.1.1 pr. (32 ad ed.)3 Obligatio mandati consensu contrahentium constitit.
Entstanden ist das mandatum wohl bereits im 3. Jahrhundert v. Chr. im Rahmen des Handels von römischen Bürgern und Peregrinen als Institut des ius gentium, bevor es später in das ius civile übernommen wurde.4 Durch den Abschluss eines solchen Auftrags verpflichtet sich der Beauftragte (Mandatar), für den Auftraggeber (Mandanten) das von diesem aufgegebene Geschäft unentgeltlich zu besorgen, denn die Basis dieses Vertrages sind officium und amicitia.5 Aus Freundschaft resultiert nämlich eine Pflicht, die dazu zwingt, das von einem Freund übertragene Geschäft auszuführen.6 Der Auftraggeber erteilt dem Beauftragten einen Auftrag, damit dieser ein Geschäft oder eine Handlung durchführt. Gegenstand des Geschäftes, das der Beauftragte vornehmen soll, kann sowohl ein rechtliches als auch ein tatsächliches Handeln sein.7 Als Beispiel soll folgender Fall dienen, den Celsus im 7. Buch seiner Digesten entschieden hat: 3 Paul. D. 17.1.1 pr. (32 ad ed.) bildet die Einleitung des ersten Titels im Buch 17, der den Titel mandati vel contra trägt; vgl. Gai. 3.155-162, I. 3.26 und C. 4.35. Zum Mandat als Konsensualvertrag vgl. Watson, Mandate, S. 61 ff.; Arangio-Ruiz, S. 79 ff. 4 Hierzu ausführlich Arangio-Ruiz, S. 44 ff.; Behrends, FS Waldstein, S. 33. Anders Watson, Mandate, S. 22 und ders., Law of Obligations, S. 147, der das Auftreten des mandatum um das Jahr 123 v. Chr. ansiedelt. – Dass das mandatum vielleicht zunächst im gesellschaftlichen Bereich verbreitet war und dann erst zum Rechtsinstitut wurde, verstärkt die Beschäftigung Ciceros mit diesem Institut; vgl. Bürge, Röm. Privatrecht, S. 129, der Cicero, Pro Rosc. 111 zitiert. 5 Paul. D. 17.1.1.4 (32 ad ed.): Mandatum nisi gratuitum nullum est: nam originem ex officio atque amicitia trahit, contrarium ergo est officio merces: (…); vgl. Iav. D. 17.1.36.1 (7 ex Cass.); Gai. 3.162. – Ausführlich hierzu siehe unten § 16 III. 1. 6 Hierauf macht Wittmann, S. 45 aufmerksam; vgl. Michel, S. 185. – Bürge, Röm. Privatrecht, S. 129 m. w. N. unterstreicht darüber hinaus den Zusammenhang von fides und amicitia. 7 Vgl. Halbwachs, DNP 7 s. v. Mandatum, Sp. 798 f.; Kaser, RP I, S. 577 f. m. w. N.
§ 16 Voraussetzungen und Haftung ex mandato209
Ulp. D. 17.1.16 (31 ad ed.) Si quis mihi mandaverit in meo aliquid facere et fecero, quaesitum est, an sit mandati actio. et ait Celsus libro septimo digestorum hoc respondisse se, cum Aurelius Quietus hospiti suo medico mandasse diceretur, ut in hortis eius quos Ravennae habebat, in quos omnibus annis secedere solebat, sphaeristerium et hypocausta et quaedam ipsius valetudini apta sua inpensa faceret: (…).8
Ein gewisser Aurelius Quietus hatte seinem Gastfreund, einem Arzt, aufgegeben, in dessen Gärten in Ravenna, in denen sich der Auftraggeber jährlich aufzuhalten pflegte, eine Ballspielhalle, ein Dampfbad und andere seiner Gesundheit dienende Anlagen zu errichten. Andere Beispiele in den Quellen sind etwa der Auftrag zum Geldeinzug,9 zur Ausbildung eines Sklaven10 oder zur Kreditvergabe an einen Dritten.11 Grundsätzlich konnte also ein breites Spektrum von Tätigkeiten zum Gegenstand eines Auftrages werden. Häufig verpflichtete der Mandant den Mandatar zum Abschluss eines Rechtsgeschäftes mit einem Dritten, um auf diesem Wege ein Verhältnis von indirekter Stellvertretung zu schaffen und so ein Handeln für einen anderen zumindest mittelbar bewirken zu können.12 Weil der Auftrag ein unvollkommen zweiseitiger Vertrag war,13 führte er zum einen zu einem Anspruch des Auftraggebers gegen den Beauftragten auf vertragsmäßige Ausführung des Geschäfts und Herausgabe des durch die Geschäftsführung Erlangten.14 Dieser konnte im Wege der actio mandati durchgesetzt werden. Der Auftragnehmer konnte zum anderen getätigte Aufwendungen und erlittene Schäden im Wege der actio mandati contraria zurückerhalten, sofern diese tatsächlich entstanden waren.15
hierzu ausführlich Krampe, FS J. G. Wolf, S. 125 ff. u. a. Paul. D. 17.1.17 (7 ad Sab.); ders. D. 17.1.61 (2 ad Nerat.). 10 Paul. D. 17.1.26.8 (32 ad ed.). 11 Z. B. Pap. D. 17.1.56 (3 resp.); Herm. D. 46.1.64 (2 iur. epitom.); Paul. D. 17.1.59 pr. (4 resp.); Ulp. D. 17.1.12.14 (31 ad ed.); Iul. D. 17.1.32 (3 ad Urs. Feroc.). 12 Zimmermann, S. 420 f.; Watson, Mandate, S. 78; zur fehlenden Stellvertretung siehe oben § 5 III. 1. 13 Vgl. hierzu ausführlich Arangio-Ruiz, S. 84 ff.; vgl. Martini, FS Murga Gener, S. 640. – Behrends, FS Waldstein, S. 36 mit Anm. 7 macht auf die unterschiedliche Bedeutung der Begriffe contractus, der den zweiseitigen Vertrag meine, und obligatio, die für den einseitig regelnden Vertrag stehe, aufmerksam. In diesem Zusammenhang zählt er mit Blick auf Gai. 3.135-137 und Ulp. D. 17.1.19 (43 ad Sab.) das mandatum zu den zweiseitigen Verträgen. 14 Vgl. Kaser, RP I, S. 579; Zimmermann, S. 413 f. 15 Honsell / Mayer-Maly / Selb, S. 338; Kaser, RP I, S. 579 f. Zu beiden Klagen ausführlich unten § 16 IV. 8 Vgl. 9 Vgl.
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3. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Auftrag 2. Auftrag zur Vornahme eines Geschäftes oder einer Handlung
Ulpian macht in D. 17.1.10.716 auf die Differenzierung aufmerksam zwischen der Übernahme der Geschäftsführung durch einen anderen in dem Willen, procurator zu sein, und demjenigen, der nur eine Gefälligkeit leistet. Letzterer agiert nicht aufgrund eines mandatum; ein Wille zur Geschäftsführung im Sinne einer rechtlich bindenden Verpflichtung ist also notwendig für das mandatum. Darüber hinaus muss das vorzunehmende Geschäft in dem Auftrag ausreichend bestimmt17 und grundsätzlich möglich sein, gilt doch die Regel inpossibilium nulla obligatio est.18 Eine Grenze für die Wirksamkeit eines mandatum bildet die Sittenwidrigkeit, wie Ulpian feststellt: Ulp. D. 17.1.6.3 (31 ad ed.) Rei turpis nullum mandatum est et ideo hac actione non agetur.
Ein Auftrag zu einem sittenwidrigen Geschäft ist nichtig; folglich kann nicht mit der actio mandati geklagt werden.19 Im Übrigen stand es dem Auftraggeber frei, den Auftrag inhaltlich weit oder eng zu fassen. So konnte er auftragen, ein bestimmtes Haus zum Preis von 100 zu kaufen,20 oder aber dem Beauftragten einen größeren Spielraum belassen. In jedem Fall aber hatte der Beauftragte die Grenzen des Auftrags und die Anordnungen seines Auftraggebers sorgsam einzuhalten: 16 Ulp. D. 17.1.10.7 (31 ad ed.): (…). et est verum eum, qui non animo procuratoris intervenit, sed affectionem amicalem promisit in monendis procuratoribus et actoribus et in regendis consilio, mandati non teneri, sed si quid dolo fecerit, non mandati, sed magis de dolo teneri. Vgl. Ulp. D. 17.1.12.12 (31 ad ed.). 17 Vgl. zu den hier bestehenden unterschiedlichen Auffassungen Watson, Mandate, S. 92 ff.; Arangio-Ruiz, S. 109 ff.; Zimmermann, S. 421 f. 18 Cels. D. 50.17.185 (8 dig.). Auch wenn die Möglichkeit der Leistung im Rahmen des mandatum nicht ausdrücklich als erforderlich bezeichnet ist, kann davon ausgegangen werden, dass sie notwendig ist; vgl. Watson, Mandate, S. 87 f. mit Ulp. D. 17.1.12.14 (31 ad ed.): Si post creditam pecuniam mandavero creditori credendam, nullum esse mandatum rectissime Papinianus ait. (…). Ulpian zitiert Papinian mit der Aussage, eine nachträgliche Beauftragung zur Darlehensvergabe, nachdem dieses bereits gewährt war, sei kein mandatum. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass das Geschäft bzw. die Handlung, zu der der Auftrag erteilt wird, noch möglich sein muss. 19 Vgl. u. a. Paul. D. 17.1.22.6 (32 ad ed.): Qui aedem sacram spoliandam, hominem vulnerandum, occidendum mandatum suscipiat, nihil mandati iudicio consequi potest propter turpitudinem mandati. Die Übernahme des Ausraubens eines Tempels, des Verletzens eines Menschen oder dessen Tötung verschaffen keinen Anspruch aus der actio mandati. Vgl. Gai. 3.157; I. 3.26.7. 20 Paul. D. 17.1.5.2 (32 ad ed.): Itaque si mandavero tibi, ut domum Seianam centum emeres (…); vgl. ders. D. 17.1.46 (74 ad ed.).
§ 16 Voraussetzungen und Haftung ex mandato211
Paul. D. 17.1.5 pr. (32 ad ed.) Diligenter igitur fines mandati custodiendi sunt: (…).
Ein Verstoß gegen diese Grenzen bedeutete, den Auftrag nicht zu erfüllen, und führte zu einer Haftung des Beauftragten auf Vertragserfüllung, während er vom Auftraggeber nichts verlangen konnte.21 Der Auftrag musste aber nicht unbedingt mündlich oder schriftlich erteilt werden,22 sondern auch die nachträgliche Genehmigung eines getätigten Geschäftes konnte zu einer Auftragsklage führen: Ulp. D. 50.17.60 (10 disp.)23 Semper qui non prohibet pro se intervenire, mandare creditur. sed et si quis ratum habuerit quod gestum est, obstringitur mandati actione.
Immer sei anzunehmen, so Ulpian, dass derjenige einen Auftrag erteile, der nicht verhindere, dass ein anderer für ihn eintrete; aber auch die Genehmigung eines getätigten Geschäfts führe zu einer Haftung des Auftraggebers mit der Auftragsklage. In Bezug auf die Rechtslage des Auftraggebers, die sich aus der Durchführung des aufgetragenen Geschäftes durch den Beauftragten ergab, entnimmt man Paulus in D. 17.1.3 pr.24, dass sie verbessert oder auch nicht verbessert werde, jedenfalls aber nie verschlechtert werden dürfe. 3. Begünstigter aus dem aufgegebenen Geschäft
Bedeutsam für die Wirksamkeit des mandatum ist auch, in wessen Interesse das Geschäft liegt, zu dem der Mandatar beauftragt wird. Gaius erörtert verschiedene Konstellationen, in denen das mandatum wirksam oder unwirksam ist: Gai. D. 17.1.2 pr. (2 rer. cot. s. aureor.) Mandatum inter nos contrahitur, sive mea tantum gratia tibi mandem sive aliena tantum sive mea et aliena sive mea et tua sive tua et aliena. quod si tua tantum 21 Paul.
D. 17.1.5.1 (32 ad ed.); Gai. D. 17.1.41 (3 ad ed. prov.); Gai. 3.161. Paul. D. 17.1.1 pr.-2 (32 ad ed.). 23 Vgl. Ulp. D. 17.1.6.2 (31 ad ed.): Si passus sim aliquem pro me fideiubere vel alias intervenire, mandati teneor et, nisi pro invito quis intercesserit aut donandi animo aut negotium gerens, erit mandati actio. – Honsell / Mayer-Maly / Selb, S. 336 machen in Anm. 10 darauf aufmerksam, dass das bloße Dulden nur in einigen Stellen bez. des Verhältnisses von Bürge und Hauptschuldner vorkomme. Dulden in Bezug auf Darlehensvergabe ist Gegenstand von Ulp. D. 17.1.18 (40 ad Sab.). – Ausführlich zum bloßen Dulden eines Geschäftes auch Behrends, FS Waldstein, S. 40 ff. 24 (32 ad ed.): Praeterea in causa mandati etiam illud vertitur, ut interim nec melior causa mandantis fieri possit, interdum melior, deterior vero numquam. Vgl. Paul. D. 17.1.5.5 (32 ad ed.); Ulp. D. 17.1.10.8 (31 ad ed.). 22 Vgl.
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3. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Auftrag
gratia tibi mandem, supervacuum est mandatum et ob id nulla ex eo obligatio nascitur.
Ein Auftrag wird abgeschlossen, der ausschließlich im Interesse des Auftraggebers oder dem eines Dritten erteilt wird oder wegen eines Dritten und des Auftraggebers, oder aber im Interesse des Auftraggebers und des Beauftragten oder im Interesse des Beauftragten und eines Dritten, so Gaius. Ein mandatum aber, das der Auftraggeber nur im Interesse des Beauftragten erteile, sei unwirksam; es entstehe kein Schuldverhältnis.25 In den folgenden leges gibt Gaius Beispiele für die angesprochenen Varianten.26 Ein Auftrag im alleinigen Interesse des Auftraggebers ist beispielsweise die Übertragung der Geschäftsführung (der Führung der Geschäfte des Auftraggebers) oder des Grundstückskaufes (des Kaufes eines Grundstücks für den Auftraggeber) auf den Beauftragten sowie das Eingehen einer Bürgschaft für den Mandanten;27 im Interesse eines Dritten liegt der Auftrag, wenn der Mandant die soeben genannten Handlungen dem Mandatar für Titius, also für einen Dritten, aufgibt (Führung der Geschäfte des Titius, Kauf eines Grundstücks oder Bürgschaft für Titius).28 Wenn diese Tätigkeiten für den Auftraggeber und Titius zu unternehmen sind, liegt der Auftrag im Interesse von Mandant und Drittem.29 Im Interesse von Mandant und Mandatar liegt es zum Beispiel, wenn der Mandatar demjenigen Geld gegen Zin sen leihen soll, der es für das Vermögen des Mandanten aufnimmt.30 In 25 Vgl. Gai. 3.155 f. Ulp. D. 17.1.6.5 (31 ad ed.) führt die Ausnahme an, dass das mandatum im alleinigen Interesse des Mandatars doch wirksam ist, wenn dieser andernfalls nicht gehandelt hätte: Plane si tibi mandavero quod tua intererat, nulla erit mandati actio, nisi mea quoque interfuit: aut, si non esses facturus, nisi ego mandassem, etsi mea non interfuit, tamen erit mandati actio. – Kreller, FG Heck / Rümelin / Schmidt, S. 144 ff. bemerkt, dass in alter Zeit die Beurteilung der Frage, in welchem Interesse ein Geschäft steht, rechtlich erfolgte, während sie bereits um 161 n. Chr. nach wirtschaftlichen Aspekten beantwortet wurde. 26 Vgl. zu Gai. D. 17.1.2 pr.-6 (2 rer. cot. s. aureor.) im Vergleich zu I. 3.26 pr.-6 Litewski, BIDR 78 (1975), S. 231 ff. 27 Gai. D. 17.1.2.1 (2 rer. cot. s. aureor.): Mea tantum gratia intervenit mandatum, veluti si tibi mandem, ut negotia mea geras vel ut fundum mihi emeres vel ut pro me fideiubeas. – Watson, Mandate, S. 111 ff. stellt fest, dass es in den Institu tionen des Gaius nur eine Dreiteilung mea, aliena und tua gratia gibt, während die Digesten und Justinians Institutionen eine sechsfache Unterscheidung zwischen mea, mea et tua, aliena, mea et aliena, tua et aliena und tua kennen; vgl. auch Watson, Law of Obligations, S. 150. 28 Gai. D. 17.1.2.2 (2 rer. cot. s. aureor.): Aliena tantum, veluti si tibi mandem, ut Titii negotia gereres vel ut fundum ei emeres vel ut pro eo fideiubeas. 29 Gai. D. 17.1.2.3 (2 rer. cot. s. aureor.): Mea et aliena, veluti si tibi mandem, ut mea et Titii negotia gereres vel ut mihi et Titio fundum emeres vel ut pro me et Titio fideiubeas. 30 Gai. D. 17.1.2.4 (2 rer. cot. s. aureor.): Tua et mea, veluti si mandem tibi, ut sub usuris crederes ei, qui in rem meam mutuaretur.
§ 16 Voraussetzungen und Haftung ex mandato213
teressant in Bezug auf das Verhältnis von Auftraggeber und Beauftragtem ist auch: Gai. D. 17.1.2.5 (2 rer. cot. s. aureor.) Tua et aliena, veluti si tibi mandem, ut Titio sub usuris crederes: quod si, ut sine usuris crederes, aliena tantum gratia intervenit mandatum.
Der Auftrag liege im Interesse des Beauftragten und eines Dritten, wenn nämlich jener dem Titius gegen Zinsen Geld leihen solle; solle das Geld aber ohne Zinsen verliehen werden, so liege der Auftrag nur im Interesse des Dritten. Die Zinsen stehen hier dem Beauftragten zu, weshalb das Geschäft auch in seinem Interesse liegt. Aufgrund des Prinzips, dass der Beauftragte alles aus der Auftragsausführung Erlangte herausgeben muss, weil er durch den Auftrag keinen Vorteil erlangen soll, muss er die Zinsen schließlich an den Auftraggeber herausgeben, sofern er nicht eigenes Geld verwendet hat.31 Im alleinigen Interesse des Beauftragten liegt es aber, wenn ihm aufgegeben wird, Geld lieber in Grundstücken anzulegen als in verzinslichen Darlehen oder umgekehrt. Denn dies ist vielmehr ein Rat (consilium), der nicht verpflichtet, weil niemand aufgrund eines Rates verpflichtet wird.32 4. Pflicht zur Durchführung und Erlöschen des Auftrags
Liegen die Voraussetzungen eines wirksamen Auftrages vor und hat der Beauftragte ihn übernommen (mandatum suscipere), trifft ihn die Pflicht, diesen auch auszuführen: 31 Dies geht aus Ulp. D. 17.1.10.2-3 (31 ad ed.) hervor: (2) Si ex fundo quem mihi emit procurator fructus consecutus est, hos quoque officio iudicis praestare eum oportet. (3) Si procurator meus pecuniam meam habeat, ex mora utique usuras mihi pendet. sed et si pecuniam meam faenori dedit usurasque consecutus est, consequenter dicemus debere eum praestare quantumcumque emolumentum sensit, sive ei mandavi sive non, quia bonae fidei hoc congruit, ne de alieno lucrum sentiat: quod si non exercuit pecuniam, sed ad usus suos convertit, in usuras convenietur, quae legitimo modo in regionibus frequentantur. denique Papinianus ait etiam si usuras exegerit procurator et in usus suos convertit, usuras eum praestare debere. 32 Gai. D. 17.1.2.6 (2 rer. cot. s. aureor.): Tua autem gratia intervenit mandatum, veluti si mandem tibi, ut pecunias tuas potius in emptiones praediorum colloces quam faeneres, vel ex diverso ut faeneres potius quam in emptiones praediorum colloces: cuius generis mandatum magis consilium est quam mandatum et ob id non est obligatorium, quia nemo ex consilio obligatur, etiamsi non expediat ei cui dabatur, quia liberum est cuique apud se explorare, an expediat sibi consilium. – Vgl. Watson, Law of Obligations, S. 149, der überlegt, ob das mandatum tua gratia nur deshalb unwirksam ist, weil der Wille zum Vertragsschluss insgesamt nur schwer zu beweisen ist.
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3. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Auftrag
Paul. D. 17.1.22.11 (32 ad ed.)33 Sicut autem liberum est mandatum non suscipere, ita susceptum consummari oportet, nisi renuntiatum sit (renuntiari autem ita potest, ut integrum ius mandatori reservetur vel per se vel per alium eandem rem commode explicandi) aut si redundet in eum captio qui suscepit mandatum. et quidem si is cui mandatum est ut aliquid mercaretur mercatus non sit neque renuntiaverit se non empturum idque sua, non alterius culpa fecerit, mandati actione teneri eum convenit: hoc amplius tenebitur, sicuti Mela quoque scripsit, si eo tempore per fraudem renuntiaverit, cum iam recte emere non posset.
Paulus stellt zunächst die Rechtslage dar und sagt, so wie es freistehe, einen Auftrag nicht zu übernehmen, so sei ein übernommener Auftrag auszuführen, wenn er nicht gekündigt ist. Gekündigt werden könne aber nur in der Weise, dass dem Auftraggeber das uneingeschränkte Recht verbleibe, entweder selbst oder durch einen anderen dasselbe Geschäft noch in geeigneter Weise zu besorgen. Der übernommene Auftrag müsse auch dann nicht durchgeführt werden, wenn auf denjenigen, der den Auftrag übernommen hat, aus der Ausführung erhebliche Schäden zukommen. Danach folgt ein Beispiel für den Verstoß gegen diese Pflicht des Beauftragten: Wenn nämlich derjenige, dem der Auftrag erteilt wurde, etwas zu kaufen, nicht kaufe und auch nicht mitteile, dass er nicht kaufen werde, und aus eigenem, nicht aufgrund des Verschuldens eines anderen dies, nämlich nichts mache, dann hafte er mit der actio mandati. Schließlich zitiert Paulus Mela, der geschrieben habe, dass der Beauftragte umso mehr haften müsse, wenn er arglistig zu einer Zeit kündige, zu der er schon nicht mehr richtig (nämlich auftragsgemäß) kaufen könne. Grundsätzlich kann also auch der Beauftragte das mandatum kündigen (renuntiare). Andernfalls ist er jedoch zur vereinbarungsgemäßen Durchführung des übernommenen Auftrages verpflichtet, es sei denn, er verstirbt, denn auch mit dem Tod des Beauftragten erlischt der Auftrag.34 Darüber hinaus trifft den Beauftragten die Pflicht, seinen Auftraggeber so schnell wie möglich darüber in Kenntnis zu setzen, dass das übernommene Geschäft etwa nicht möglich ist oder sonstige Umstände eingetreten sind, die für den Auftraggeber bedeutsam sind.35 Erfüllt der Mandatar den Auftrag, so ist der Mandant verpflichtet, die hierbei entstandenen Aufwendungen und Schäden zu ersetzen.36 33 Zur Frage bez. der Echtheit des Textes vgl. Klami, S. 85 ff. Auch Hermogenian und Paulus nennen in D. 17.1.23-25 weitere Gründe, die den Beauftragten entschuldigen. Zur umstrittenen Frage, wie das Kündigungsrecht im Einzelnen aussah, vgl. Klami, S. 83 ff., zu D. 17.1.23-25 insbes. S. 95 f. 34 Vgl. Honsell / Mayer-Maly / Selb, S. 337 f. 35 Vgl. Ulp. D. 17.1.29.3 (7 disp.); Gai. D. 17.1.27.2 (9 ad ed. prov.). 36 Zum Umfang der Haftung siehe unten § 16 IV. 2.
§ 16 Voraussetzungen und Haftung ex mandato215
Der Auftrag erlischt vor seiner Erfüllung zum einen durch bloße Willensänderung des Auftraggebers, von der der Mandatar aber Kenntnis haben muss, wie Paulus darstellt: Paul. D. 17.1.15 (2 ad Sab.) Si mandassem tibi, ut fundum emeres, postea scripsissem, ne emeres, tu, antequam scias me vetuisse, emisses, mandati tibi obligatus ero, ne damno adficiatur is qui suscipit mandatum.
Wenn jemand beauftragt sei, ein Grundstück zu kaufen, und der Auftraggeber danach geschrieben habe, dass der Beauftragte es doch nicht kaufen solle, sei der Auftraggeber dem Beauftragten aus dem mandatum verpflichtet, wenn der Beauftragte das Grundstück bereits gekauft habe, bevor er von der Willensänderung des Auftraggeber Kenntnis erlangte. Denn derjenige, der ein mandatum übernommen habe, solle keinen Schaden erleiden. Solange also der Beauftragte von der Willensänderung seines Auftraggebers nichts weiß, ist er schutzbedürftig und darf auf den Fortbestand des Auftrages vertrauen. Um den Auftrag zu beenden, kann der Mandant ihn vor der Ausführung widerrufen (revocare).37 Darüber hinaus löst der Tod des Auftraggebers den Auftrag auf, allerdings kann der Beauftragte dennoch Aufwendungsersatz verlangen, wenn er in Unkenntnis des Todes den Auftrag durchführte, weil auch hier sein Vertrauen in den Fortbestand bzw. das Fortleben des Auftraggebers zu schützen ist.38 III. Prinzip der Unentgeltlichkeit des Auftrags 1. Quellenlage
Grundsätzlich hat der Auftrag eine unentgeltliche Geschäftsbesorgung zum Gegenstand. Das Prinzip der Unentgeltlichkeit ist jedoch nicht unproblematisch und somit nicht unumstritten, weil die Quellen zum Teil widersprüchlich sind. Paul. D. 17.1.1.439, Iav. D. 17.1.36.140 und Gai. 3.16241 37 Vgl. auch Gai. 3.159: Sed recte quoque contractum mandatum, si, dum adhuc integra res sit, revocatum fuerit, evanescit. 38 Gai. 3.160: Item si adhuc integro mandato mors alterutrius alicuius interveniat, id est vel eius, qui mandarit, vel eius, qui mandatum susceperit, solvitur mandatum; sed utilitatis causa receptum est, ut, si mortuo eo, qui mihi mandaverit, ignorans eum decessisse exsecutus fuero mandatum, posse me agere mandati actione; alioquin iusta et probabilis ignorantia damnum mihi adferet. Et huic simile est, quod plerisque placuit, si debitor meus manumisso dispensatori meo per ignorantiam solverit, liberari eum, cum alioquin stricta iuris ratione non posset liberari eo, quod alii solvisset quam, cui solvere deberet. Vgl. Paul. D. 17.1.26 pr. (32 ad ed.); Gai. D. 17.1.27.2 (9 ad ed. prov.) hierzu ausführlich Igimi, S. 141 ff. 39 Den Text siehe oben § 16 II. 1. in Anm. 5.
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3. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Auftrag
sprechen dafür, dass das mandatum typischerweise unentgeltlich war. Dagegen sagt Papinian in D. 17.1.742, dass der procurator ein salarium erhalte, welches er im Falle der Nichtzahlung durch den Auftraggeber im Rahmen der cognitio extra ordinem einklagen könne. Dies lässt sich damit erklären, dass sich procuratio und mandatum dahingehend entwickelten, dass ein procurator, ein (Vermögens-)Verwalter, durch ein mandatum eingesetzt werden konnte.43 Da aber der procurator in dieser Zeit auch ein Freier sein konnte, leuchtet es ein, dass dieser für seine Tätigkeit entschädigt werden musste, schließlich wandte er seine Zeit auf, die er auch hätte nutzen können, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen.44 40
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2. Belohnung des Beauftragten: salarium oder honorarium
Der Auftraggeber kann den Beauftragten für die Durchführung des Auftrags mit einer Zuwendung belohnen. Diese Zuwendung wird bezeichnet als salarium, zunächst Salzgeld, in der Bedeutung von Honorar,45 oder hono40 (7 ex Cass.): Simili modo et in illa specie, ubi certo pretio tibi emere mandavi et aliarum partium nomine commode negotium gessisti et vilius emeris, pro tua parte tantum tibi praestatur quanti interest tua, dummodo intra id pretium, quod mandato continetur. quid enim fiet, si exiguo pretio hi, cum quibus tibi communis fundus erat, rem abicere vel necessitate rei familiaris vel alia causa cogerentur? non etiam tu ad idem dispendium deduceris. sed nec lucrum tibi ex hac causa adquirere debes, cum mandatum gratuitum esse debet: neque enim tibi concedendum est propter hoc venditionem impedire, quod animosiorem eius rei emptorem esse quam tibi mandatum est cognoveris. 41 In summa sciendum est, si faciendum aliquid gratis dederim, quo nomine si mercedem statuissem, locatio et conductio contraheretur, mandati esse actionem, veluti si fulloni polienda curandave vestimenta dederim aut sarcinatori sar cienda. 42 (3 resp.): Salarium procuratori constitutum si extra ordinem peti coeperit, considerandum erit, laborem dominus remunerare voluerit atque ideo fidem adhiberi placitis oporteat an eventum litium maioris pecuniae praemio contra bonos mores procurator redemerit. 43 Ursprünglich wurden Freigelassene als procuratores eingesetzt, später auch Freie; zur procuratio ausführlich siehe unten § 18 III. 44 Vgl. Litewski, Index 12 (1983 / 84), S. 128; Martini, FS Murga Gener, S. 641 f.; Zimmermann, S. 416 ff. – Arangio-Ruiz, S. 115 weist darauf hin, dass fortan nicht mehr Lebensmittel, sondern eine Entschädigung in Geld gezahlt wurde, die salarium hieß. Hierzu Watson, Mandate, S. 103 f. 45 Heumann / Seckel, S. 524 s. v. salarium; vgl. Zimmermann, S. 416 f. – Interessant ist, dass seit Augustus etwa die kaiserlichen Beamten des Senatoren- oder Ritterstandes außerhalb Roms ein festes salarium erhielten; vgl. Zimmermann, S. 417. Ulp. D. 19.2.19.10 (32 ad ed.) und Pap. D. 1.22.4 (4 resp.); hierzu Bürge, Salarium, S. 322 f. sowie zu den Zahlungen von salaria durch die öffentliche Verwaltung S. 324 ff.
§ 16 Voraussetzungen und Haftung ex mandato217
rarium, Honorar, Ehrensold.46 Das honorarium begegnet in D. 11.6.1 pr.47 im Zusammenhang mit den Feldmessern (mensores agrorum), die das Vermessen von Grundstücken, so Ulpian, nicht aufgrund eines Werkvertrages (locatio conductio), sondern als Freundschaftsdienst (operam benificii loco praeberi) erbringen. Hierfür erhalten sie eine Entschädigung (remunerare). Auch die Ausübung von artes liberales und anderen freien Berufen wird nicht als Beruf angesehen, so dass die Tätigkeit nicht vergütet wird etwa aufgrund von Werkverträgen, sondern es wird Honorar für die geleisteten Dienste gezahlt.48 Zu Diensten, die in dieser Weise vergütet werden, zählen neben denen der Feldmesser u. a. die der Lehrer, also rhetores, grammatici, geometrae und ludi magistri, der Buchhalter (librarii), der Ärzte (medici) und der Anwälte (advocati).49 Fraglich ist, welche Konsequenz die Belohnung des Beauftragten mit salarium oder honorarium für die actio mandati hatte: Ulp. D. 17.1.6 pr. (31 ad ed.) Si remunerandi gratia honor intervenit, erit mandati actio.
Ulpian stellt klar, dass die Belohnung des Beauftragten (honor) die actio mandati, die Klage aus dem Auftrag, nicht ausschließe. Der Auftraggeber kann dem Beauftragten also zwar eine Leistung zukommen lassen, die aber nicht als Gegenleistung für den erbrachten Dienst zu werten ist, sondern eher ein Geschenk für Zeit und Mühe darstellt. Aufwendungen kann der Beauftragte daneben mit der actio mandati einklagen. 3. Durchsetzbarkeit der Belohnung des Beauftragten
Die Zahlung einer solchen Entschädigung wird wohl zunächst eine moralisch-sittliche Verpflichtung gewesen sein, wie überhaupt das mandatum das 46 Heumann / Seckel, S. 238 s. v. honorarium: „Entgelt für Dienste, welche nicht Gegenstand der Miete sein können und doch nicht unentgeltlich geleistet werden (…)“. 47 Ulp. D. 11.6.1 pr. (24 ad ed.): Adversus mensorem agrorum praetor in factum actionem proposuit. a quo falli nos non oportet: nam interest nostra, ne fallamur in modi renuntiatione, si forte vel de finibus contentio sit vel emptor scire velit vel venditor, cuius modi ager veneat. ideo autem hanc actionem proposuit, quia non crediderunt veteres inter talem personam locationem et conductionem esse, sed magis operam beneficii loco praeberi et id quod datur ei, ad remunerandum dari et inde honorarium appellari: si autem ex locato conducto fuerit actum, dicendum erit nec tenere intentionem. 48 Vgl. Zimmermann, S. 415 f.; Betti, S. 279 f.; Michel, S. 186 ff., S. 198 ff. Vgl. auch Kaser, RP I, S. 569. – Vgl. Nörr, Mandatum, S. 20 f., der die Bedeutung der amicitia in diesen Beziehungen unterstreicht. 49 Ulp. D. 50.13.1. pr.-1 (8 de omn. tribunalibus); ausführlich hierzu Michel, S. 198 ff.
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3. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Auftrag
Phänomen einer Gesellschaft mit einer starken und finanzkräftigen Oberschicht ist. Die Angehörigen dieser Schicht können nämlich von ihren Einkünften leben, ohne täglich arbeiten zu müssen, und haben somit Zeit, ihr Tätigwerden in den Dienst eines Freundes (amicus) zu stellen;50 erst später konnte eine versprochene und nicht geleistete Belohnung im Wege der cognitio extra ordinem eingeklagt werden.51 Wenn allerdings der Beauftragte regelmäßig vom Auftraggeber Geld erhielt, das er auch für die bei Auftragserfüllung entstandenen Kosten nutzen sollte, konnte er kein zusätzliches salarium verlangen, wie aus Ulp. D. 17.1.10.952 hervorgeht: Labeo sage, und das sei richtig, dass die actio mandati die Berücksichtigung von Gegenforderungen zulasse, indem der procurator die Nutzung herauszugeben habe, aber dabei den Ersatz der Aufwendungen verlangen könne, die er für die Ziehung der Nutzungen getätigt hatte. Gleiches gelte für Reisen zu den Ländereien seines Geschäftsherrn. Allerdings gelte dies nicht, wenn er regelmäßig als salariarius Zuwendungen erhalte und Reisen auch hieraus bezahlen solle. Diese Stelle weist zugleich auf den Regelfall hin, in dem nämlich trotz der eventuellen Zahlung eines salarium Aufwendungsersatz gefordert werden konnte.53 Wenn nämlich das Tragen der Reisekosten aus dem salarium nicht ausdrücklich vereinbart ist, kann wohl davon ausgegangen werden, dass ein Aufwendungsersatzanspruch für diese Kosten neben bzw. trotz der Zahlung eines salarium besteht.
Bürge, Röm. Privatrecht, S. 128 ff. Ulp. D. 17.1.6 pr. (31 ad ed.) zum Text vgl. oben § 16 III. 2.; Michel, S. 188 f. Vgl. Pap. D. 17.1.56.3 (3 resp.): Salarium incertae pollicitationis neque extra ordinem recte petitur neque iudicio mandati, ut salarium tibi constituat. – Sev. / Antonin. C. 4.35.1: Adversus eum, cuius negotia gesta sunt, de pecunia, quam de propriis opibus vel ab aliis mutuo acceptam erogasti, mandati actione pro sorte et usuris potes experiri: de salario quod promisit a praeside provinciae cognitio praebebitur. 52 (31 ad ed.): Idem Labeo ait et verum est reputationes quoque hoc iudicium admittere. et, sicuti fructus cogitur restituere is qui procurat, ita sumptum, quem in fructus percipiendos fecit, deducere eum oportet: sed et si ad vecturas suas, dum excurrit in praedia, sumptum fecit, puto hos quoque sumptus reputare eum oportere, nisi si salariarius fuit et hoc convenit, ut sumptus de suo faceret ad haec itinera, hoc est de salario. 53 So auch Bürge, Salarium, S. 320. 50 Vgl. 51 Vgl.
§ 16 Voraussetzungen und Haftung ex mandato219
IV. Klage des Auftraggebers und Klage des Beauftragten (actio mandati) 1. Klagformel der actio mandati (directa) und der actio mandati (contraria)
Aus einem wirksamen Auftrag entsteht für die Vertragspartner die actio mandati. Zu unterscheiden sind die actio mandati (directa) des Auftraggebers und die actio mandati (contraria) des Beauftragten.54 Die Bedeutung der Klagformel ergibt sich daraus, dass sie den Rahmen der klagbaren Inhalte eines Auftrages vorgibt.55 Lenel hat sie wie folgt rekonstruiert:56 Quod Aulus Agerius Numerio Negidio (contraria: Numerius Negidius Aulo Agerio) mandavit, ut …, qua de re agitur, quidquid ob eam rem Numerium Negidium Aulo Agerio (alterum alteri) dare facere oportet ex fide bona, eius iudex Numerium Negidium Aulo Agerio (alterum alteri) condemnato, si non paret, absolvito.57
Es handelte sich also um eine Formel für die beiden Varianten einer Klage, nämlich Auftraggeber gegen -nehmer oder umgekehrt, die dadurch dem jeweiligen Verhältnis angepasst wurde, dass die Personen von Kläger und Beklagtem verändert bzw. eingesetzt wurden.58 Aufgrund der Tatsache, dass das mandatum ein unvollkommen zweiseitiger Vertrag ist, entsteht zunächst nur eine actio mandati des Auftraggebers auf Durchführung des übertragenen Geschäftes; der Gegenanspruch des Beauftragten entsteht nicht von vornherein, sondern ist an die tatsächliche Entstehung von Aufwendungen und Schäden gebunden.59 54 Anders Partsch, Nachgel. Schriften, S. 61 f., der überlegt, ob ursprünglich der actio mandati des Mandanten die actio negotiorum gestorum des Mandatars gegenüberstand und erst Justinian die actio mandati contraria eingefügt habe, wenn der Mandatar die Grenzen seines Auftrages missachtete. 55 Vgl. Wittmann, S. 39; vgl. zur Entstehung der actio mandati S. 45, S. 49 f. Wittmann hält als Entstehungszeitpunkt die 1. Hälfte des 3. Jahrhunderts v. Chr. für wahrscheinlich. 56 Lenel, EP, S. 295 f. zweifelt nicht an der Richtigkeit dieser Rekonstruktion, siehe auch dort zu abweichenden Meinungen. Vgl. auch das Beispiel bei Bürge, Röm. Privatrecht, S. 132. 57 Was Aulus Agerius dem Numerius Negidius (für die Formel der Gegenklage: was Numerius Negidius dem Aulus Agerius) aufgetragen hat, dass …, worum es in dieser Klage geht, was Numerius Negidius dem Aulus Agerius (für die Gegenklage: Aulus Agerius dem Numerius Negidius) zu geben oder tun verpflichtet ist aus Treu und Glauben, soll der Richter den Numerius Negidius dem Aulus Agerius (für die Gegenklage: Aulus Agerius dem Numerius Negidius) verurteilen, wenn es sich nicht erweist, soll er ihn freisprechen. 58 Vgl. hierzu die Überlegungen von Kreller, FG Heck / Rümelin / Schmidt, S. 134 ff. 59 Vgl. Kaser / Knütel, Röm. Privatrecht, S. 252 f. und siehe sogleich § 16 IV. 2.
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3. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Auftrag 2. Umfang der Haftung mit der actio mandati
Im Wege der actio mandati, die, wie sich bereits aus der Formel ableiten lässt, zu den bonae fidei iudicia zählt, konnte der Auftraggeber zunächst die Durchführung des übertragenen Auftrags einklagen, so dass bei Nicht- oder Schlechterfüllung das Interesse ersetzt werden musste.60 Des Weiteren konnte er die Herausgabe dessen, was der Beauftragte im Rahmen der Auftragsdurchführung erlangt hat, beanspruchen.61 Die Quellenlage hinsichtlich der Gegenklage des Beauftragten, der actio mandati contraria, wird uneinheitlich bewertet, weil es sowohl Stellen gibt, die ausdrücklich von actio mandati contraria62 oder iudicium contrarium63 sprechen, als auch solche, die zwar die Gegenklage des Beauftragten meinen, diese aber nur als actio mandati bezeichnen. Ulpian verwendet in D. 17.1.12.9 sogar beide Begriffe hintereinander: Ulp. D. 17.1.12.9 (31 ad ed.) Si mihi mandaveris, ut rem tibi aliquam emam, egoque emero meo pretio, habebo mandati actionem de pretio reciperando: sed et si tuo pretio, impendero tamen aliquid bona fide ad emptionem rei, erit contraria mandati actio: (…).64
Wenn der Auftraggeber den Auftrag erteile, dass der Beauftragte für ihn irgendeine Sache kaufe, und dieser mit seinem eigenen Geld kaufe, habe er aus dem Auftrag einen Anspruch auf Erstattung des Kaufpreises (actio mandati). Aber auch wenn der Beauftragte zwar mit dem Geld des Auftraggebers kaufe, für den Kauf der Sache aber redlicherweise Aufwendungen tätige, habe er eine Klage aus dem Auftrag (actio mandati contraria). Ulpian bezeichnet zu Beginn der Stelle einen Anspruch des Beauftragten auf Ersatz des von ihm im Rahmen der Auftragsdurchführung vorgestreck60 Siehe bereits oben Gai. 3.161; Ulp. D. 17.1.8.6 (31 ad ed.); zur Berechnung des Interesses vgl. Klami, S. 96 ff. 61 Paul. D. 17.1.20 pr. (11 ad Sab.): Ex mandato apud eum qui mandatum sus cepit nihil remanere oportet, sicuti nec damnum pati debet, si exigere faeneratam pecuniam non potuit. Vgl. z. B. Ulp. D. 17.1.8.10 (31 ad ed.); ders. D. 17.1.43 (23 ad ed.); Paul. D. 17.1.45 pr. (5 ad Plaut.). 62 Z. B. Ulp. D. 17.1.12.9 (31 ad ed.); Pap. D. 17.1.54.1 (27 quaest.). 63 Z. B. Gai. D. 3.3.46.5 (3 ad ed. prov.); Ulp. D. 6.2.14 (16 ad ed.). 64 (…) aut si rem emptam nolis recipere: simili modo et si quid aliud mandaveris et in id sumptum fecero. nec tantum id quod impendi, verum usuras quoque consequar. usuras autem non tantum ex mora esse admittendas, verum iudicem aestimare debere, si exegit a debitore suo quis et solvit, cum uberrimas usuras consequeretur, aequissimum enim erit rationem eius rei haberi: aut si ipse mutuatus gravibus usuris solvit. sed et si reum usuris non relevavit, ipsi autem et usurae absunt, vel si minoribus relevavit, ipse autem maioribus faenus accepit, ut fidem suam liberaret, non dubito debere eum mandati iudicio et usuras consequi. et (ut est constitutum) totum hoc ex aequo et bono iudex arbitrabitur.
§ 16 Voraussetzungen und Haftung ex mandato221
ten Kaufpreises als einklagbar, und zwar im Wege der actio mandati. Im zweiten Satz erörtert er, dass auch sonstige Aufwendungen ersatzfähig sind, diesmal aber benutzt er den Terminus contraria actio mandati. Diese unterschiedliche Wortwahl lässt sich zum einen damit erklären, dass zwischen beiden Begriffen ein Unterschied bestanden hat. Zumindest in D. 17.1.12.9 könnte es sich aber auch um dieselbe actio handeln, die eben einmal als contraria bezeichnet wird und einmal nicht; dies könnte auch einen rein stilistischen Hintergrund haben, denn es ist normalerweise sprachlich schöner, wenn ein und derselbe Begriff nicht in zwei unmittelbar aufeinanderfolgenden Sätzen verwandt wird. Abgesehen von dem scharfen Gegensatz, der in dem Begriff contraria enthalten ist, ist diese Überlegung bei juristischen Texten und Ausführungen auch deshalb wieder einzuschränken, weil es hier wie in jedem anderen Fach übliche Termini gibt, für die nicht gleich mehrere Synonyme zur Verfügung stehen. Dennoch spricht für die Annahme, es handle sich in D. 17.1.12.9 um die gleiche Klage, der zwei verschiedene Bezeichnungen zukommen, dass Ulpian mit dem kurzen Begriff actio mandati den einfachen Fall des Aufwendungsersatzanspruches des Beauftragten beschreibt, der besteht, wenn dieser mit eigenem Gelde den aufgetragenen Kauf durchgeführt hat. Im komplizierteren Fall aber, nämlich wenn der Beauftragte zwar mit Geld seines Auftraggebers zahlte, ihm bei der Durchführung des Auftrags aber andere Aufwendungen entstanden sind, die er redlicherweise machen durfte, wird für die korrekte Beschreibung die juristisch einwandfreie Bezeichnung dieser Klage als actio mandati contraria verwandt – vielleicht um jegliche Zweifel an der Entscheidung auszuschließen. In der Literatur sind verschiedene Ansätze verfolgt worden, um die Diskrepanz der Termini in den römisch-rechtlichen Quellen zu erklären. Sie reichen von der Annahme, einer der beiden Termini sei interpoliert, über die Vermutung, beide Termini seien klassisch, hätten jedoch unterschiedliche Bedeutung gehabt, bis dahin, die Begriffe als gleichbedeutend anzusehen.65 An diese Überlegungen schließt sich die Frage an, in welchem Verhältnis Auftragsklage und Auftragsgegenklage zueinander stehen, ob also die Gegenklage notwendig die Erhebung einer Klage durch den Auftraggeber voraussetzt, oder ob der Beauftragte auch unabhängig Ersatz seiner Aufwendungen verlangen kann.66 Dieser Problematik kann hier nicht nachgegangen werden; es genügt festzuhalten, dass der Beauftragte im Wege der Auftragsgegenklage, die als actio mandati oder actio mandati contraria bezeichnet werden kann, Ersatz für seine Aufwendungen verlangen kann, die in Zu65 Vgl. den Überblick über den Meinungsstand bei Schwarz, SZ 71 (1954), S. 113 ff. m. w. N. Siehe auch Partsch, Negotiorum gestio, S. 54 ff. 66 Vgl. Kaser, RP I, S. 528 f.; Schwarz, SZ 71 (1954), S. 113 ff.
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3. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Auftrag
sammenhang mit der Ausführung des Auftrags stehen. Im Folgenden soll die Klage des Beauftragten als actio mandati contraria bezeichnet werden, um sie begrifflich von der actio mandati des Auftraggebers abzugrenzen. Der Gegenanspruch des Beauftragten, die actio mandati contraria, brachte ihm Ersatz aller Aufwendungen67 und Schäden, die aus der Ausführung des Auftrages entstanden waren.68 Was den Umfang der zu erstattenden Aufwendungen anbelangt, so bildet der vom Auftraggeber vorgegebene Höchstpreis nach Gai. D. 17.1.469 und I. 3.26.870 zugleich die Obergrenze. Die Haftung des Beauftragten geht generell sehr weit, denn sie umfasst jegliches Verschulden.71 Dabei ist in der Literatur besonders umstritten, ob der Beauftragte ursprünglich nur für dolus oder auch für culpa haftete.72 Eine weitere Grenze aber bildet das allgemeine Lebensrisiko, denn Paulus stellt in D. 17.1.26.673 fest, dass der Beauftragte dem Auftraggeber nicht alle Aufwendungen in Rechnung stellen könne. Wenn er nämlich unter die Räuber falle, Schiffbruch erleide oder wegen eigener Krankheit oder der seiner Leute etwas aufwende, sei dies dem allgemeinen Lebensrisiko zuzurechnen, welches der Auftraggeber nicht zu ersetzen habe.
67 Vgl.
z. B. Ulp. D. 17.1.10.9 und 12 (31 ad ed.); Pap. D. 17.1.56.4 (3 resp.). zur umstrittenen Frage, ob Schadensersatz zu leisten war, Honsell / Mayer-Maly / Selb, S. 339 mit Anm. 136 m. w. N. 69 Zum Text siehe sogleich in § 16 III. 3. b). 70 Is qui exsequitur mandatum non debet excedere fines mandati. ut ecce si quis usque ad centum aureos mandaverit tibi, ut fundum emeres vel ut pro Titio sponderes, neque pluris emere debes neque in ampliorem pecuniam fideiubere, alioquin non habebis cum eo mandati actionem: adeo quidem, ut Sabino et Cassio placuerit, etiam si usque ad centum aureos cum eo agere velis, inutiliter te acturum: diversae scholae auctores recte te usque ad centum aureos acturum existimant: quae sententia sane benignior est. quod si minoris emeris, habebis scilicet cum eo actionem, quoniam qui mandat, ut sibi centum aureorum fundus emeretur, is utique mandasse intellegitur, ut minoris si posset emeretur. 71 Ulp. D. 50.17.23 (29 ad Sab.): Contractus quidam dolum malum dumtaxat recipiunt, quidam et dolum et culpam. dolum tantum depositum et precarium. dolum et culpam mandatum, commodatum, venditum, pignori acceptum, locatum, item dotis datio, tutelae, negotia gesta: (…); vgl. Ulp. D. 17.1.10 pr.-1 (31 ad ed.). Hierzu ausführlich vgl. Zimmermann, S. 426 ff. m. w. N. 72 Vgl. hierzu Honsell / Mayer-Maly / Selb, S. 338 f. in Anm. 32 m. w. N.; ausführlich Litewski, Index 12 (1983 / 84), S. 106 ff. 73 (32 ad ed.): Non omnia, quae inpensurus non fuit mandator imputabit, veluti quod spoliatus sit a latronibus aut naufragio res amiserit vel languore suo suorumque adprehensus quaedam erogaverit: nam haec magis casibus quam mandato imputari oportet. 68 Vgl.
§ 16 Voraussetzungen und Haftung ex mandato223 3. Erhebung der actio mandati bei Überschreitung der Grenzen des mandatum
a) Ansicht von Sabinus und Cassius Bereits in römischer Zeit umstritten war, ob, und wenn ja, in welcher Höhe, im Falle der Überschreitung der Grenzen des mandatum die Vertragspartner die Klage aus dem Auftrag erheben konnten: Gai. 3.161 Cum autem is, cui recte mandaverim, egressus fuerit mandatum, ego quidem eatenus cum eo habeo mandati actionem, quatenus mea interest inplesse eum mandatum, si modo implere potuerit; at ille mecum agere non potest. Itaque si mandaverim tibi, ut verbi gratia fundum mihi sestertiis C emeres, tu sestertiis CL emeris, non habebis mecum mandati actionem, etiamsi tanti velis mihi dare fundum, quanti emendum tibi mandassem; idque maxime Sabino et Cassio placuit. Quodsi minoris emeris, habebis mecum scilicet actionem, quia qui mandat, ut C milibus emeretur, is utique mandare intellegitur, uti minoris, si posset, emeretur.
Gaius schildert die Auffassung von Sabinus und Cassius für den Fall, dass ein wirksam Beauftragter seinen Auftrag überschritten hat. Dann habe zwar der Auftraggeber gegen den Beauftragten die Auftragsklage, gerichtet auf Ersatz des Interesses, das der Auftraggeber daran hatte, dass dieser den Auftrag ausgeführt hätte, sofern er ihn hätte erfüllen können. Der Beauftragte könne aber nicht gegen den Auftraggeber klagen. Der Auftragnehmer werde folglich keine actio mandati gegen den Auftraggeber haben, wenn dieser ihn beauftragt habe, ein Grundstück für 100 000 Sesterzen zu kaufen, er es aber für 150 000 Sesterzen gekauft habe, selbst wenn er bereit sei, seinem Auftraggeber das Grundstück zum vorgegebenen Preis (100 000 Sesterzen) zu geben. Wenn der Beauftragte das Grundstück aber für weniger gekauft habe, habe er gegen den Auftraggeber selbstverständlich eine Klage, weil ein Auftrag zum Kauf von 100 000 Sesterzen jedenfalls auch den Kauf für weniger abdecke. Problematisch ist nämlich die Fassung der Klagformel, wenn der Auftrag 100 000 Sesterzen lautete, tatsächlich aber für 150 000 Sesterzen gekauft wurde, denn die actio mandati des Auftraggebers geht auf Übereignung des Grundstücks zum Preise von 100 000 Sesterzen: Quod Aulus Agerius Numerio Negidio mandavit, ut fundum sibi sestertii C emeret. Dieser Auftrag ist aber nicht erfüllt worden, wenn der Kaufpreis 150 000 Sesterzen beträgt. In diesem Fall, so Gaius, kann der Auftraggeber aber zumindest sein Interesse geltend machen (quatenus mea interest).
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3. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Auftrag
b) Ansicht von Proculus Wenn der Beauftragte aber bereit war, auf die 50 000 Sesterzen zu verzichten, konnte er laut Proculus, dem Gaius zustimmte, gegen den Auftraggeber einen eigenen Anspruch im Wege der actio mandati contraria geltend machen: Gai. D. 17.1.4 (2 rer. cot. s. aureor.) Sed Proculus recte eum usque ad pretium statutum acturum existimat, quae sententia sane benignior est.
Hiergegen wendet sich Paulus in D. 17.1.5 pr.-174. Er hält es nämlich für notwendig, dass die Grenzen des Auftrages sorgsam eingehalten werden, denn wer sie überschreite, tue etwas anderes und hafte, weil er den Auftrag nicht erfülle. Und auch hier widerspricht Paulus der Ansicht der Prokulianer: Paul. D. 17.1.3.2 (32 ad ed.) Quod si pretium statui tuque pluris emisti, quidam negaverunt te mandati habere actionem, etiamsi paratus esses id quod excedit remittere: namque iniquum est non esse mihi cum illo actionem, si nolit, illi vero, si velit, mecum esse.
Der hier geschilderte Fall betrifft wie bei Gaius einen Auftrag zum Kauf mit vorgegebenem Höchstpreis, welcher im Gegensatz zum Gaius-Fragment allerdings nicht im Text genannt ist. Paulus führt die Ansicht der Sabinianer75 an, die eine actio mandati contraria des Beauftragten vollumfänglich ausschließen, selbst wenn dieser den zuviel gezahlten Betrag auf sich nehme. Im letzten Satz wird deutlich, dass Paulus sich dieser Auffassung anschließt, die er damit begründet, dass die Gegenansicht der Prokulianer ungerecht sei. Wenn nämlich der Beauftragte eine actio mandati contraria gegen den Auftraggeber haben soll, muss auch dieser eine actio mandati gegen jenen haben, weil es eine nur einseitige Klage gerechterweise nicht geben soll.76 Im konkreten Fall hängt die Klagemöglichkeit des Auftraggebers aber davon ab, ob der Beauftragte seine Klage auf den ursprünglich genannten Preis beschränkt; andernfalls kann auch der Auftraggeber nicht klagen, weil eine nicht auf den genannten Höchstpreis begrenzte actio mandati contraria erfolglos wäre. Dies sei höchst ungerecht, weil derjenige, der die ihm vorgegebenen Grenzen missachtet hat, darüber entscheiden könnte, ob sein Auftraggeber einen Anspruch gegen ihn hat. Es ist also gerechter, die actio mandati contraria vollumfänglich auszuschließen. Hinter der pro74 (32 ad ed.): Diligenter igitur fines mandati custodiendi sunt: (1) nam qui excessit, aliud quid facere videtur et, si susceptum non impleverit, tenetur. 75 Zu den Rechtsschulen der Sabinianer und Prokulianer siehe oben § 5 III. 2. c) in Anm. 104. 76 Vgl. zur Interpretation der Paulus-Stelle auch Wittmann, S. 46 ff.
§ 17 Auftrag und Kauf unter Beteiligung eines Sklaven225
kulianischen Ansicht könnte die Idee stehen, den Fall, dass der Beauftragte auf den überschießenden Betrag verzichtet, so zu behandeln, als hätte der Beauftragte den Auftrag ordnungsgemäß erfüllt. V. Ergebnis Das mandatum ist ein Konsensualvertrag, der wohl schon im 3. Jahrhundert v. Chr. im ius gentium entstanden ist und dann in das ius civile übernommen wurde. Der Auftraggeber verpflichtete den Beauftragten, ein tatsächliches oder rechtliches Handeln vorzunehmen; häufig übertrug er ihm den Abschluss eines Rechtsgeschäfts mit einem Dritten. Das mandatum war nur wirksam, wenn der Beauftragte den Willen hatte, das aufgegebene Geschäft im Sinne einer rechtlich bindenden Verpflichtung durchzuführen, und das Geschäft nicht nur im Interesse des Beauftragten lag. Außerdem musste es im Auftrag hinreichend bestimmt sein. Der Auftrag zu einem sittenwidrigen Geschäft war nichtig. Grundsätzlich war die Geschäftsbesorgung, die der Beauftragte vornehmen sollte, unentgeltlich zu erbringen, wobei der Auftraggeber aber ein salarium oder honorarium als Anerkennung für die aufgewendete Zeit und Mühe zahlen durfte. Aus dem Auftrag erwuchs dem Auftraggeber gegen den Beauftragten die actio mandati gerichtet auf Erfüllung des Auftrags und Herausgabe des aus dem Auftrag Erlangten. Der Beauftragte konnte gegen den Auftraggeber eine actio mandati erheben, um Ersatz entstandener Aufwendungen zu erhalten; diese Klage soll hier trotz der uneinheitlichen Verwendung des Begriffs in den Quellen als actio mandati contraria bezeichnet werden.
§ 17 Auftrag (mandatum) und Kauf unter Beteiligung eines Sklaven I. Wirksamer Auftrag zum Abschluss eines Kaufvertrags Da der Kreis der Rechtsgeschäfte und des Handelns, zu dem ein Mandant einen Mandatar beauftragen konnte, sehr weit war, konnte selbstverständlich – wie bereits gesehen – auch ein Auftrag zum Abschluss eines Kaufvertrages erteilt werden. Dem Beauftragten konnten sowohl der Kauf als auch der Verkauf einer Sache aufgegeben werden.77 Grundsätzlich war es hierbei möglich, dass der Auftraggeber dem Beauftragten einen bestimmten Betrag 77 Vgl. Paul. D. 17.1.3.1 (32 ad ed.): Et quidem si mandavi tibi, ut aliquam rem mihi emeres, nec de pretio quicquam statui tuque emisti, utrimque actio nascitur; Auftrag zum Kauf einer Sache. Paul. D. 17.1.5.3 (32 ad ed.): Item si mandavero tibi, ut fundum meum centum venderes (…); Auftrag zum Verkauf eines Grundstücks.
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3. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Auftrag
als Höchstpreis vorgab,78 oder aber er nannte keine Summe und überließ dem Beauftragten so das Aushandeln. Paulus gibt in D. 17.1.5.4 das Beispiel eines Herrn, der seinem Sklaven den Verkauf einer bestimmten Sache zu einem bestimmten Preis befiehlt: Paul. D. 17.1.5.4 (32 ad ed.) Servo quoque dominus si praeceperit certa summa rem vendere, ille minoris vendiderit, similiter vindicare eam dominus potest nec ulla exceptione summoveri, nisi indemnitas ei praestetur.
Wenn der Sklave die Sache für einen niedrigeren Preis verkaufe, könne sie der Herr vindizieren, ohne dass ihm eine Einrede entgegen gehalten werden könne; es sei denn, er erhalte einen Ausgleich für den Verlust. Der Herr konnte also auch seinem Sklaven auftragen, ein bestimmtes Geschäft vorzunehmen. Interessant ist, dass Paulus den Begriff praecipere verwendet, nicht jedoch mandare. Das Verbum praecipere bedeutet „anordnen“, „verordnen“ und „befehlen“,79 während mandare mit „begehren, dass ein anderer eine Handlung vollziehe“, oder „anvertrauen“ zu übersetzen ist.80 Im Verhältnis dominus – servus wird also mit praecipere ein Begriff verwendet, der eine hierarchische Komponente enthält, denn Befehle ergehen in der Regel sozusagen von oben nach unten, nicht jedoch auf gleicher Ebene. Das Verbum mandare hingegen betrifft primär ein Verhältnis der Gleichordnung. Es gründet sich auf amicitia und officium, die zwischen den Angehörigen der gleichen Gesellschaftsschicht bestehen bzw. ihre gegenseitigen Beziehungen prägen.81 Sicherlich aufgrund des Respekts vor der Person des Mandatars wird in einem Verhältnis der Gleichordnung von „Beauftragen“ gesprochen. Die Wirkung von mandare und praecipere aber ist die gleiche.82 Dem Terminus praecipere servo kommt damit wohl eine ähnliche Bedeutung zu wie iubere, so dass zumindest in der vorliegenden Stelle von einer synonymen Verwendung ausgegangen werden kann. Auf das iussum im Verhältnis zwischen dominus und servus und den Anwendungsbereich Ulp. D. 17.1.8.10 (31 ad ed.) Auftrag zum Kauf eines Sklaven. Vgl. Gai. 3.161; I. 3.26.8. 78 Paul. D. 17.1.3.2 (32 ad ed.): Quod si pretium statui tuque pluris emisti, (…); zum vollständigen Text siehe oben § 16 IV. 3. b). Kaufte der Beauftragte aber günstiger, so war dies auch vom mandatum erfasst; vgl. Paul. D. 17.1.5.5 (32 ad ed.). 79 Vgl. Heumann / Seckel, S. 445 s. v. praecipere. 80 Vgl. Heumann / Seckel, S. 330 f. s. v. mandare. 81 Vgl. Zimmermann, S. 415; Betti, S. 278 ff.; Bürge, Röm. Privatrecht, S. 129 ff. Siehe hierzu oben § 16 I. und II. 1. 82 Vgl. Wieling, S. 237, der die Paulus-Stelle als Argument dafür angibt, dass mandatum gegenüber dem Freien und iussum gegenüber dem Sklaven dasselbe bewirkten; dies geht aus der Stelle aber nicht zwangsläufig hervor.
§ 17 Auftrag und Kauf unter Beteiligung eines Sklaven227
der actio quod iussu ist im Rahmen der Ausführungen zum peculium eingegangen worden.83 Führte der Beauftragte den ihm aufgegebenen Kauf aus, so erwarb er einen Aufwendungsersatzanspruch, den er im Wege der actio mandati contraria geltend machen konnte: Ulp. D. 17.1.12.9 (31 ad ed.) Si mihi mandaveris, ut rem tibi aliquam emam, egoque emero meo pretio, habebo mandati actionem de pretio reciperando: sed et si tuo pretio, impendero tamen aliquid bona fide ad emptionem rei, erit contraria mandati actio: aut si rem emptam nolis recipere: simili modo et si quid aliud mandaveris et in id sumptum fecero. (…).
Wenn jemand beauftragt werde, eine Sache für den Auftraggeber zu kaufen, und der Beauftragte sie mit seinem Gelde kaufe, habe er eine actio mandati contraria auf Ersatz des Kaufpreises. Auch dann, wenn der Beauftragte zwar mit dem Geld des Auftraggebers zahle, aber dennoch redlicherweise Aufwendungen tätige, könnten diese im Wege der actio mandati contraria ersatzverlangt werden, ebenso wenn der Auftraggeber die gekaufte Sache nicht abnehmen wolle, so Ulpian. II. Der Sklave als Auftraggeber und Auftragnehmer Auch der Sklave kann laut einiger Stellen des 1. Abschnittes des 17. Buches der Digesten mit der Vornahme eines Geschäftes beauftragt werden oder aber selbst einem Dritten einen Auftrag erteilen. Hierfür dient erneut Paul. D. 17.1.5.4 als Beispiel.84 Den Fall eines Sklaven, der als Beauftragter tätig wird, schildert Ulpian in: Ulp. D. 17.1.12.3 (31 ad ed.) Plane si servus fideiussor solverit, dominum mandati acturum idem Marcellus ibidem ait.
Ulpian zitiert Marcellus mit der Aussage, dem dominus stehe die actio mandati zu, wenn der Sklave als Bürge zahle. Aus dem Fragment geht nicht eindeutig hervor, dass ein Dritter den Sklaven mit der Übernahme einer Bürgschaft beauftragt hatte, jedoch stellt die actio mandati, die dem Herrn offenbar gegen den Dritten zugestanden wird, klar, dass es ein solches Mandatsverhältnis geben muss. Möglich wäre es, dass der Dritte den Sklaven zwar nicht ausdrücklich mit der Bürgschaftsübernahme beauftragt, aber das derartige Handeln des Sklaven geduldet hatte. Auch dann kann eine actio mandati entstehen.85 In dieser Konstellation ist jedenfalls unproblematisch, hierzu oben § 5 VI. 1. Zum iussum und mandatum siehe unten § 18 II. zu dieser Stelle oben § 17 I. 85 Siehe hierzu oben § 16 II. 2. mit Anm. 23. 83 Siehe 84 Siehe
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3. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Auftrag
dass der Sklave an sich nicht bzw. nur im Rahmen seines peculium in der Lage ist, wirksam rechtsgeschäftlich zu handeln;86 der Erwerb der actio mandati infolge der Bürgschaftsübernahme bedeutet für den Herrn nämlich einen Vorteil, weil er einen Anspruch erwirbt. Dies ist – unabhängig von dem Bestehen eines peculium – ein Handeln des Sklaven, das für seinen Herrn wirkt. Ein Beispiel für ein wirksames mandatum eines Sklaven an einen Dritten gibt Paulus in:87 Paul. D. 17.1.22.9 (32 ad ed.) Fugitivus meus cum apud furem esset, pecuniam adquisiit et ex ea servos paravit eosque Titius per traditionem a venditore accepit. Mela ait mandati actione me consecuturum, ut restituat mihi Titius, quia servus meus mandasse Titio videbatur, ut per traditionem acciperet, si modo rogatu servi hoc fecerit: (…).
Ein flüchtiger Sklave (fugitivus) hat Geld verdient, als er sich beim fur, dem bösgläubigen Besitzer Titius, befand, und von diesem Geld Sklaven gekauft. Diese Sklaven sind Titius vom Verkäufer mittels einer traditio übereignet worden. Paulus zitiert Mela, der dem Herrn des Sklaven, dem dieser geflohen war, die actio mandati gegen Titius auf Herausgabe der Sklaven zubillige, wenn der fugitivus Titius beauftragt habe, sich die Sklaven im Wege der traditio übereignen zu lassen. Die Wirksamkeit des Auftrages könnte auf ein peculium zurückgehen, und zwar entweder auf ein peculium beim dominus oder auf eines bei Titius. Ein Sondergut, das vom dominus herrührt, ist unwahrscheinlich, obwohl die Tatsache, dass von einer actio de peculio keine Rede ist, hierfür als Argument nicht ausreicht. Denn es geht überhaupt nicht um die Ansprüche des Verkäufers der Sklaven gegen Titius oder den dominus, sondern allein um die Ansprüche des dominus. In diesem Zusammenhang käme es aber auf einen Hinweis auf ein eventuell bestehendes peculium gar nicht an. Die Frage, ob der Sklave ein Sondergut seines Herrn hat, muss also offen bleiben. Aber auch Titius könnte dem fugitivus ein peculium eingeräumt haben. Hierfür spricht, dass dieser bei jenem Geld verdient und dieses in den Kauf von Sklaven investiert hat. Titius könnte nämlich einfach den Verbleib des verdienten Geldes beim fugitivus gebilligt haben. Allerdings müsste er dann zuvor in irgendeiner Form die concessio peculii zum Ausdruck gebracht haben; überdies müsste er dem fugitivus Mittel zu Verfügung gestellt haben, mit denen er Gewinn machen konnte. Andernfalls hat der fugitivus allein aus seiner Arbeitskraft Gewinn erzielt, den er gemäß der Erlaubnis des Titius behalten durfte; solcher Gewinn steht allerdings grundsätzlich dem Ei86 Vgl. 87 Zu
hierzu insbes. oben § 5 I. einem weiteren Fall eines mandatum eines Sklaven siehe unten § 20 I.
§ 18 Mandatum und andere Formen des Handelns für Dritte
229
gentümer, also dem dominus eines Sklaven zu. Folglich kann nicht davon ausgegangen werden, dass dem fugitivus ein peculium zur Verfügung gestellt worden war; das peculium kann nicht die Wirksamkeit des mandatum des Sklaven begründen. Jedoch lässt sich die Wirksamkeit des mandatum des fugitivus mit einer – zumindest stillschweigenden – Genehmigung (ratihabitio) seines dominus erklären, welche dieser zum Ausdruck bringt, indem er die gekauften und übereigneten Sklaven heraus- bzw. die Übereignung der Sklaven an sich verlangt. Auch der Grundsatz, dass der Sklave seinen Herrn zwar nicht verpflichten und so seine Lage verschlechtern kann, sein Verhalten aber dann unproblematisch ist, wenn die Lage des Herrn auf diese Weise verbessert wird,88 passt hier. Hinsichtlich des mandatum des fugitivus an Titius, dass dieser sich die gekauften Sklaven tradieren lasse, ist zwar zu bedenken, dass die traditio an den Titius den Eigentumserwerb des dominus an den Sklaven vereitelt. Allerdings hat der Auftrag nur schuldrechtliche Wirkungen, die für den Herrn vorteilhaft sind. Festzuhalten bleibt, dass das mandatum des Sklaven wirksam ist. Darüber hinaus wird in Ulp. D. 17.1.8.10 (31 ad ed.), Paul. D. 17.1.26.7 und 8 (32 ad ed.) einem Dritten der Auftrag zum Kauf eines Sklaven erteilt.89
§ 18 Verhältnis des mandatum zu anderen Formen des Handelns für Dritte I. Vorbemerkung Durch die Erteilung eines Auftrages sorgt der Auftraggeber dafür, dass er ein bestimmtes Geschäft nicht selbst vornehmen muss, sondern er lässt es durchführen. Es geht also um ein Handeln für einen Dritten, wenn der Beauftragte ein Geschäft für den Auftraggeber durchführt. Aber nicht nur im Wege des mandatum war es möglich, einen anderen für sich handeln zu lassen, sondern das römische Recht kannte hierfür weitere Formen. So konnte der Herr seinen Sklaven beispielsweise mit einem iussum zu einem bestimmten Geschäft ermächtigen oder aber einen procurator oder negotium gestor mit einem bestimmten Handeln betrauen. Diese verschiedenen Formen des Handelns für Dritte sollen im Folgenden vom mandatum abgegrenzt werden.
88 Gai. D. 50.17.133 (8 ad ed. prov.): Melior condicio nostra per servos fieri potest, deterior fieri non potest. 89 Zu D. 17.1.8.10 siehe unten § 20 II.
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3. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Auftrag
II. Verhältnis von Auftrag (mandatum) und Befehl (iussum) Ganz allgemein ermöglichte das iussum dem Herrn, seinen Sklaven für die Durchführung eines konkret bestimmten Geschäftes zu ermächtigen.90 Allerdings erscheint zweifelhaft, ob dies die einzige Bedeutung des Begriffes iussum ist und wie diese mit dem Begriff mandatum (im Sinne von „Beauftragung“) in Beziehung zu setzen ist. Dass iubere / iussum bei jeglicher obrigkeitlicher Anordnung verwandt werde, die einseitig etwas verordne, sowie in testamentarischen Anordnungen, gibt v. Salpius zu bedenken.91 In D. 15.4.1.192 erörtert Ulpian das Verhältnis der beiden zueinander und definiert zunächst das iussum als Ermächtigung, die vor Zeugen, durch Schreiben oder förmliche Worte oder durch einen Boten erteilt werde und die speziell oder allgemein gefasst werden könne. Zum Beispiel könne davon ausgegangen werden, mit der Formulierung „Welches Geschäft auch immer du mit meinem Sklaven Stichus willst, nimm es auf meine Gefahr vor“ ermächtige der Herr einem Dritten gegenüber seinen Sklaven zu allen Geschäften, außer wenn er bei Erteilung der Ermächtigung durch eine zusätzliche Klausel etwas verbiete. In diesem Zusammenhang steht: Ulp. D. 15.4.1.3 (29 ad ed.) Sed et si mandaverit pater dominusve, videtur iussisse.
Ulpian weist darauf hin, dass der pater familias oder der dominus auch dann im Sinne eines iussum zu ermächtigen scheinen, wenn sie einen Auftrag erteilten. Mit einem iussum kann der dominus nämlich auch einem Dritten gegenüber seine Bereitschaft zum Ausdruck bringen, für den Fall der Vornahme eines Rechtsgeschäfts mit dem seiner Gewalt Unterworfenen im Wege der actio quod iussu haften zu wollen; iussum ist hier also als Ermächtigung zum Vertragsschluss zu verstehen.93 Auch in D. 15.4.1.2 zieht Ulpian für die Frage, ob das iussum widerrufen werden könne, die Regeln bezüglich des mandatum heran und stellt fest, das iussum könne genauso wie ein mandatum widerrufen werden, solange mit 90 Vgl.
hierzu unten § 18 II. v. Salpius, S. 50. 92 (29 ad ed.): (1) Iussum autem accipiendum est, sive testato quis sive per epistulam sive verbis aut per nuntium sive specialiter in uno contractu iusserit sive generaliter: et ideo et si sic contestatus sit: ‚Quod voles cum Sticho servo meo negotium gere periculo meo‘, videtur ad omnia iussisse, nisi certa lex aliquid prohibet. (2) Sed ego quaero, an revocare hoc iussum antequam credatur possit: et puto posse, quemadmodum si mandasset et postea ante contractum contraria voluntate mandatum revocasset et me certiorasset. 93 Benke / Meissel, S. 250 sprechen von „Kontrahierungsermächtigung“. Vgl. v. Salpius, S. 50. 91 So
§ 18 Mandatum und andere Formen des Handelns für Dritte
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der Ausführung des Geschäftes noch nicht begonnen worden sei. Dieser Vergleich deutet darauf hin, dass iussum und mandatum sich in gewisser Weise ähnlich verhalten. Im Unterschied zum mandatum aber führt das iussum zu einer Haftung des dominus im Wege der actio quod iussu, welche eine adjektizische Klage ist, also eine solche gegen den Herrn eines im Wirtschaftsverkehr auftretenden Gewaltunterworfenen.94 Das iussum meint folglich – wie bereits gesehen – eine Weisung an einen Gewaltunterworfenen, während das mandatum gerade einer freien Person erteilt werden konnte.95 Dabei ist zu beobachten, dass einem Freien begrifflich kein iussum erteilt wurde, sondern ein mandatum; oder aber dem Freien wurde als potentiellem Vertragspartner das iussum für den Sklaven mitgeteilt.96 Somit ist eine Abgrenzung von iussum und mandatum anhand der Person des Beauftragten möglich.97 Dabei haben mandatum und iussum die gleiche Zielrichtung, so dass der Gedanke nicht fernliegt, sie könnten, zumindest zum Teil, das Gleiche bedeuten. Zu bedenken ist jedoch, dass die Kundgabe des iussum gegenüber dem Dritten grundsätzlich nichts an der Struktur desselben verändert und es dennoch eine Ermächtigung für den Sklaven ist, die eben nur dem Dritten mitgeteilt wird. Der Begriff iussum kann aber auch heißen, dass der Geschäftsherr zum Beispiel seinem procurator, also seinem Vermögensverwalter,98 gegenüber im Innenverhältnis den Auftrag erteilt, ein Rechtsgeschäft vorzunehmen.99 Folglich kommt es auf die Unterscheidung von Innen- und Außenverhältnis an, und zwar in dem Sinne, dass die Erteilung eines iussum gegenüber dem Ge94 Vgl. Bürge, Röm. Privatrecht, S. 173 f.; ausführlich zur actio quod iussu siehe oben § 5 VI. 1. 95 Vgl. Wieling, S. 236 f.; siehe oben § 18 I. – Hieraus schließt Wieling für die Bedeutung des iussum, dass es sich um eine Verfügungsermächtigung handelt, die konkludent in einem Auftrag enthalten ist und den mit einer Veräußerung Beauftragten sogar in die Lage versetzt, dem Erwerber unmittelbar vom Auftraggeber das Eigentum übertragen zu können; Wieling, S. 236 f. Siehe oben § 17 I. 96 Hierauf weist auch v. Salpius, S. 50 f. hin. In TPN 88 = TPSulp. 48 scheint sich das iussum in Zeile 9 wohl ebenfalls auf Sklaven zu beziehen; zu TPSulp. 48 ausführlich vgl. Jakab, FS Bogaert, S. 321 ff. sowie Wolf, S. 86 ff. – Aus Ulp. D. 15.4.1.1 (29 ad ed.) geht hervor, dass das iussum auch gegenüber dem Vertragspartner erklärt werden kann. 97 Wieling, S. 236 f.; vgl. Ulp. D. 15.4.1.3 (29 ad ed.). – In TH 45 findet sich die Formulierung rogatu et mandatu. 98 Ulp. D. 3.3.1 pr. (9 ad ed.): Procurator est qui aliena negotia mandatu domini administrat. Zum procurator ausführlich Zimmermann, S. 53 f. m. w. N.; vgl. auch Watson, Mandate, S. 36 ff.; ders., Law of Obligations, S. 193 ff. Siehe auch sogleich § 18 III. 99 Vgl. Claus, S. 157; Benke / Meissel, S. 250 Anm. 21 machen darauf aufmerksam, dass das iussum zum Kontrahieren von dem iussum unterschieden werden müsse, das zum Erwerb einer Sache ermächtigt, weil letzteres anders als ersteres keinen besonderen Vertrauenstatbestand schaffe.
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3. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Auftrag
waltunterworfenen im Innenverhältnis eine geringere Bedeutung hat als die Äußerung der Ermächtigung nach außen, einem Dritten gegenüber. Diese schafft nämlich einen Vertrauenstatbestand, welcher bei der Bewertung der Wirksamkeit des Handelns des Gewaltunterworfenen zu berücksichtigen ist. Denn der dominus hat den Willen, das Handeln des Gewaltunterworfenen gegen sich gelten zu lassen, kundgetan.100 III. Verhältnis von Auftrag (mandatum), Vermögensverwaltung (procuratio) sowie Geschäftsführung (negotiorum gestio) 1. Quellenlage
Das Verhältnis von mandatum und procuratio, also von Auftrag und Vermögensverwaltung, zueinander sowie von Auftrag und Geschäftsführung (negotiorum gestio) lässt sich den Quellen nicht eindeutig entnehmen. Ausgehend von der Quellenlage ist festzustellen, dass zum Teil der procurator durch ein mandatum zur Geschäftsführung berufen wird.101 An anderer Stelle scheinen procuratio und mandatum voneinander getrennt zu sein,102 während wieder andere Digestenfragmente negotiorum gestio und mandatum miteinander in Verbindung bringen.103 Hieran schließt sich die Frage, mit welcher Klage der procurator selbst klagen kann und mit welcher Klage gegen ihn vorgegangen werden kann, mit der actio mandati oder der actio negotiorum gestorum. Aus Fragmenten von Celsus und Pomponius geht hervor, dass im Zusammenhang mit dem procurator die actio negotiorum gestorum einschlägig ist. Celsus schreibt in D. 17.1.50 pr.104 über denjenigen, der für einen Bürgen die Geschäfte führt, dieser habe die actio negotiorum gestorum, wenn er an den Gläubiger gezahlt und auf diese Weise den Schuldner und den Bürgen befreit habe. Pomponius gewährt in D. 27.3.3105 und in D. 34.3.8.6106 die actio negotiorum gestorum gegen den diesem Sinne auch Claus, S. 157 ff., S. 166 f. z. B. Iul. D. 46.8.22.3 (56 dig.); Cels. D. 17.1.50 pr. (38 dig.). Ulp. D. 17.1.10.8 (31 ad ed.) behandelt das mandatum an einen schon bestellten procurator für ein bestimmtes Geschäft. 102 Vgl. Iul. D. 3.3.47 (4 ad Urs. Feroc.); hierzu Watson, Mandate, S. 38. 103 Vgl. z. B. Iul. D. 17.1.31 (14 dig.); Gai. D. 17.1.2.1-3 (2 rer. cot. s. aureor.); ders. D. 3.3.46.7 (3 ad ed. prov.). 104 (38 dig.): Si is qui negotia fideiussoris gerebat ita solvit stipulatori, ut reum fideiussoremque liberaret, idque utiliter fecit, negotiorum gestorum actione fideiussorem habet obligatum, nec refert, ratum habuit nec ne fideiussor. (…). 105 (5 ad Sab.): Si tutelae aut negotiorum gestorum agatur incerto hoc, quantum ab adversariis debetur tutori procuratorive, arbitratu iudicis cavendum est, quod eo nomine eis absit. 100 In
101 Vgl.
§ 18 Mandatum und andere Formen des Handelns für Dritte
233
procurator. Aus diesen Stellen schließt Watson, dass Celsus und Pomponius mandatum und procuratio voneinander trennten.107 Afrikan hingegen räumt dem procurator ein Wahlrecht ein hinsichtlich der Klage, mit der er gegen den Geschäftsherrn vorgehen möchte.108 Gaius109 und Paulus110 bejahen die Frage, ob ein dominus einen procurator mit einem mandatum einsetzen kann, und lassen eine actio mandati auch gegen den procurator ad litem zu.111 Julian und Gaius stimmen darin überein, dass das mandatum auch den Inhalt eines negotium gerere haben kann.112 Papinian113 und Ulpian114 schließlich lassen im Zusammenhang mit dem procurator auch eine actio mandati zu.115 106
106 (6 ad Sab.): Si heres vetitus sit agere cum eo, qui negotia defuncti gesserit, non videtur obligatio ei praelegata, quae dolo vel ex fraude eius qui negotia gesserit commissa sit, et testator id videtur sensisse. ideo si heres negotiorum gestorum egisset, agens procurator ex testamento incerti doli mali exceptione excludi potest. 107 Watson, Mandate, S. 51; vgl. Kaser, RP I, S. 587. 108 Afr. D. 15.3.17 pr. (8 quaest.): Servus in rem domini pecuniam mutuatus sine culpa eam perdidit: nihilo minus posse cum domino de in rem verso agi existimavit. nam et si procurator meus in negotia mea impensurus pecuniam mutuatus sine culpa eam perdiderit, recte eum hoc nomine mandati vel negotiorum gestorum acturum. Vgl. ders. D. 21.1.51.1 (8 quaest.); vgl. zu Interpolationsvermutungen Watson, Mandate, S. 40. 109 Gai. D. 3.3.46.7 (3 ad ed. prov.): Si duobus mandata sit administratio negotiorum, quorum alter debitor sit mandatoris, an alter cum eo recte acturus sit? et utique recte: non enim ob id minus procurator intellegitur, quod is quoque cum quo agitur procurator sit. 110 Paul. D. 46.4.3 (4 ad Sab.): Per procuratorem nec liberari nec liberare quisquam acceptilatione sine mandato potest. 111 Paul. D. 3.3.42.2 (8 ad ed.): Ea obligatio, quae inter dominum et procuratorem consistere solet, mandati actionem parit. (…). Aus Paul. D. 3.3.42.1 geht hervor, dass es sich in diesem Fragment um den procurator ad litem handelt; vgl. Watson, Mandate, S. 45. – Der procurator ad litem ist ein Vertreter, der von seinem Geschäftsherrn mit der Führung eines Prozesses betraut ist; vgl. Kaser / Hackl, S. 213 f. 112 Iul. D. 17.1.31 (14 dig.): Si negotia mea mandavero gerenda ei, qui mihi actione in quadruplum tenebatur, post annum vero in simplum, etsi post annum cum eo mandati agam, praestare mihi quadruplum debebit: nam qui alterius negotia administranda suscipit, id praestare debet in sua persona, quod in aliorum. – Gai. D. 17.1.2.1-3 (2 rer. cot. s. aureor.), für den Text siehe oben § 16 II. 3. in Anm. 27 ff. 113 Pap. D. 17.1.56.4 (3 resp.): Sumptus bona fide necessario factos, etsi negotio finem adhibere procurator non potuit, iudicio mandati restitui necesse est. 114 Ulp. D. 17.1.12.7 (31 ad ed.): Contrario iudicio experiuntur qui mandatum susceperunt, ut puta qui rerum vel rei unius procurationem susceperunt. 115 Vgl. zum Ganzen Watson, Mandate, S. 36 ff., S. 51.
234
3. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Auftrag 2. Entwicklung des Verhältnisses von mandatum und procuratio
Diese nicht eindeutige Quellenlage lässt darauf schließen, dass das Verhältnis von mandatum und procuratio zueinander nicht statisch war, sondern dass, ausgehend von einer ursprünglichen Trennung der beiden Institute, sich diese angenähert haben, so dass später auch eine actio mandati gegen den procurator bzw. von ihm selbst erhoben werden konnte. Uneinigkeit herrscht in Bezug auf die Frage, wie diese Entwicklung ablief und wie sie zeitlich einzuordnen ist.116 Der procurator war wohl ursprünglich ein Freigelassener, den der dominus als seinen Verwalter eingesetzt hatte. Ihm wurde entweder die Verwaltung (administratio) des gesamten oder aber nur eines Teils des Vermögens der familia überantwortet.117 Hierbei genügte zunächst die Patronatsgewalt, um den procurator per Befehl des patronus zur Geschäftsführung zu ermächtigen. Bereits seit der jüngeren Republik konnten auch mehrere procuratores bestellt werden, darüber hinaus nicht mehr nur Freigelassene, sondern auch Freigeborene. Für die Wirksamkeit der Einsetzung eines Freien durch iussum im Innenverhältnis, also zwischen procurator und Auftraggeber, aber war eine schuldrechtliche Bindung an den dominus notwendig, welche zunächst im Wege der negotiorum gestio, in klassischer Zeit dann durch mandatum erreicht wurde.118 Das mandatum wirkt hier also im Innenverhältnis zwischen dominus und procurator, indem es eine rechtliche Beziehung der beiden Personen zueinander entstehen lässt. Arangio-Ruiz119 bemerkt, dass das alte mandatum, verstanden als ein contractus des ius gentium, mit dem primär im familiären Umfeld relevanten procurator insofern eine Überschneidungsfläche habe, als es um die Vornahme eines Geschäftes (mandatum) oder eben mehrerer, also vieler Geschäfte (procuratio) gehe. Die Annäherung von procuratio und mandatum erscheint also folgerichtig. Später, als auch Freigeborene zu procuratores bestellt werden konnten, wurde das mandatum folglich causa der procuratio.120 Diese Analyse stimmt zugleich mit der Entwicklung des mandatum selbst überein. Dieses war etwa seit dem 3. Jahrhundert v. Chr. bekannt; sein Anwendungsbereich beschränkte sich aber auf die Gesellschaft (societas vitae), den Überblick bei Watson, Mandate, S. 36 f. m. w. N. RP I, S. 265; Düll, SZ 67 (1950), S. 172 ff. Ausführlich zum procurator unius rei vgl. Albertario, Studi III, S. 497 ff. 118 Vgl. auch zum Vorstehenden Kaser, RP I, S. 265 f., S. 587; Arangio-Ruiz, S. 52 f. 119 S. 52 ff. 120 Arangio-Ruiz, S. 53. 116 Siehe
117 Kaser,
§ 18 Mandatum und andere Formen des Handelns für Dritte
235
innerhalb derer es ein bloß tatsächliches Verhältnis darstellte.121 Wahrscheinlich in der ersten Hälfte des 1. Jahrhunderts v. Chr. wurde der Auftrag als Vertrag aus dem ius gentium in das ius civile übernommen, wurde also Rechtsinstitut und war damit fortan geeignet, im Innenverhältnis zwischen procurator und dominus eine Rechtsbeziehung zu schaffen.122 In der Folgezeit erhält das Verhältnis von Geschäftsherrn und procurator eine beachtenswerte Bedeutung auch im Außenverhältnis, also zwischen dominus, procurator und einem Dritten. Fortan kann der Dritte den Geschäftsherrn für die Geschäfte seines manchmal sogar gewaltfreien procurator mit einer actio ad exemplum institoriae actionis in Anspruch nehmen.123 3. Parallelen der Entwicklung von mandatum und procuratio sowie des peculium
Die soeben skizzierte Entwicklung von mandatum und procuratio lässt sich mit der des peculium vergleichen. Auch das peculium ist wohl schon recht früh im Verhältnis zwischen Sklaven und seinem Herrn bekannt gewesen, ohne sich jedoch nach außen auszuwirken. Erst als der Sklave mit Dritten in rechtsgeschäftlichen Kontakt trat, wurde es notwendig, sich mit Voraussetzungen und Rechtsfolge des Sondergutes zu beschäftigen.124 Die Entstehung des mandatum weist parallele Züge auf, denn auch der Auftrag existierte zunächst im gesellschaftlichen, internen Bereich, bevor er als Rechtsinstitut anerkannt wurde. Auch innerhalb der Entwicklung des Verhältnisses von mandatum und procuratio zueinander lässt sich beobachten, dass die procuratio zunächst ein Aspekt des Innenverhältnisses libertus – patronus war, bevor es durch Veränderung der internen Beziehungen innerhalb der Patronatsgewalt und Ausdehnung der procuratio auch auf Freigeborene notwendig wurde, das sich öffnende Verhältnis durch das mandatum aufzugreifen und zu institutionalisieren. Anders hätte die Bestellung eines externen procurator diesem nicht wirksam die Ermächtigung der Vermögensverwaltung übertragen können.
121 Vgl. auch zum Folgenden Behrends, FS Waldstein, S. 33 ff. Zur Entstehung des mandatum siehe auch oben § 16 II. 1. 122 Vgl. Behrends, FS Waldstein, S. 33 ff.; Arangio-Ruiz, S. 44 ff. Anders MayerMaly, SZ 86 (1969), S. 420. 123 Vgl. zur actio ad exemplum institoriae actionis ausführlich Kreller, FS Wenger Bd. 2, S. 73 ff.; Benke, SZ 105 (1988), S. 592 ff.; Rabel, FS Zitelmann, S. 1 ff.; Angelini, BIDR 71 (1968), S. 230 ff. und Wesener, SZ 75 (1958), S. 228 f. 124 Zur Entstehung des peculium siehe oben § 5 I. 2.
236
3. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Auftrag 4. Verhältnis von mandatum und negotiorum gestio
Was das Verhältnis von mandatum und negotiorum gestio schließlich angeht, fällt auf, dass grundsätzlich keine Konkurrenz zwischen actio mandati und actio negotiorum gestorum bestehen kann. Pap. D. 3.5.31.1 (3 resp.)125 Ignorante virgine mater a sponso filiae res donatas suscepit: quia mandati vel depositi cessat actio, negotiorum gestorum agitur.
Eine Mutter nahm ohne Wissen des Mädchens vom Verlobten der Tochter Geschenke entgegen. Es könne allein mit der actio negotiorum gestorum geklagt werden, weil die actiones mandati und depositi nicht zur Verfügung stehen.126 Aus der Formulierung am Schluss des Textes geht hervor, dass nur entweder eine actio mandati oder eine actio aus der negotiorum gestio bestehen kann. Beide stehen folglich in einem Exklusivitätsverhältnis zueinander dergestalt, dass der Beauftragte nur in einem einzigen Rechtsverhältnis zum Auftraggeber steht und infolgedessen zwischen den gleichen Personen nicht eine actio mandati und eine actio negotiorum gestio nebeneinander bestehen konnten.127
§ 19 Ergebnisse zum mandatum Das mandatum, der Auftrag, ist ein Konsensualvertrag, der im römischen ius gentium wohl schon seit dem 3. Jahrhundert v. Chr. bekannt war und später in das ius civile übernommen wurde. Er beruht auf officium und amicitia und hat die Übertragung der Vornahme einer rechtlichen oder tatsächlichen Handlung vom Auftraggeber auf den Auftragnehmer zum Gegenstand – dieser soll das ihm aufgetragene Geschäft unentgeltlich durchführen. Damit gibt das mandatum die Möglichkeit zum mittelbaren Handeln durch Dritte. Für die wirksame Erteilung eines Auftrages muss der Beauftragte mit dem Willen agieren, das Geschäft für einen anderen zu tätigen. Die wirksa125 Vgl. z. B. Scaev. D. 17.1.60.1 (1 resp.); Gai. D. 44.7.5 pr. (3 aur.). Pap. D. 3.5.31 pr. (3 resp.); Ulp. D. 17.1.6.1 (31 ad ed.). Vgl. Seiler, S. 114 ff., S. 143 f. 126 Die actio negotiorum gestio directa des Geschäftsherrn ist gerichtet auf Herausgabe des durch die Geschäftsführung erlangten bzw. auf Schadensersatz, die actio negotiorum gestio contraria des Geschäftsführers auf Auslagen- und Schadensersatz; vgl. hierzu Kaser, RP I, S. 589 f. m. w. N. 127 Zum Fall, in dem ein Dritter dem Beauftragten die Führung der Geschäfte eines anderen (des Geschäftsherrn) aufgibt, und zur Frage der Klagemöglichkeit des Beauftragten gegen den Dritten ausführlich siehe Seiler, S. 116 ff. Vgl. Mayer-Maly, SZ 86 (1969), S. 431 f.
§ 19 Ergebnisse zum mandatum237
me Beauftragung setzt des Weiteren voraus, dass das vorzunehmende Handeln ausreichend bestimmt und nicht sittenwidrig ist. So ist grundsätzlich auch der Auftrag eines Sklaven zum Kauf eines Sklaven wirksam. Dabei kann der Auftraggeber den Auftrag weit oder eng fassen. Es ist notwendig, dass der Beauftragte die Rechtslage des Auftraggebers zumindest nicht verschlechtert und dass der Auftrag nicht im alleinigen Interesse des Beauftragten steht. Der Auftrag erlischt grundsätzlich mit dem Tode des Auftraggebers oder -nehmers oder bei Willensänderung des Auftraggebers. Die Übernahme des Auftrages durch den Beauftragten begründet eine Durchführungspflicht, deren Erfüllung der Auftraggeber mit der actio mandati directa erzwingen kann. Jedoch kann auch der Beauftragte in der Regel den Auftrag kündigen und sich von seiner Verpflichtung lösen. Grundsätzlich ist der Auftrag unentgeltlich; die Zahlung eines salarium oder honorarium als Belohnung ist aber zulässig. Weil das mandatum ein unvollkommen zweiseitiger Vertrag ist, entsteht aus der Erteilung eines Auftrages zunächst nur dem Auftraggeber die actio mandati directa. Nach Durchführung des Auftrages kann der Beauftragte im Wege der actio mandati contraria Ersatz seiner tatsächlichen Aufwendungen und Schäden verlangen. Im Wege des mandatum können Freigeborene mit der Durchführung eines Geschäftes betraut werden, während der Auftrag des Herrn gegenüber einem Sklaven in der Regel als iussum bezeichnet wird. Im Verhältnis zu anderen Formen des Handelns für Dritte ist insbesondere der Vergleich zur procuratio interessant. Seit zum procurator, zum Vermögensverwalter, auch Freigeborene eingesetzt werden können, bildet das mandatum die causa, den Rechtsgrund also für das wirksame Übertragen der Vermögensverwaltung durch den dominus auf seinen procurator. Mit Ausdehnung der actio ad exemplum institoriae actionis auf den procurator durch Papinian wird der Durchgriff des Geschäftspartners des procurator auf den hinter diesem stehenden Herrn möglich.
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3. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Auftrag
2. Abschnitt
Der Auftrag zum Freikauf mit eigenem Geld – mandatum im Rahmen der redemptio suis nummis § 20 Der Auftrag in den Quellen zum Freikauf mit eigenem Geld I. Einführung Es wurde bereits bemerkt, dass diejenigen Stellen in den Digesten, die sich mit der redemptio suis nummis beschäftigen, den Ablauf des Freikaufgeschäftes so beschreiben, dass zu Beginn der Sklave an einen Dritten herantritt und diesen mit dem Kauf seiner Person bei seinem aktuellen Herrn beauftragt.128 Dass es grundsätzlich ein mandatum eines Sklaven geben kann, geht u. a. aus folgendem Responsum des Paulus hervor: Paul. D. 3.5.41 (32 ad ed.)129 Si servi mei rogatu negotia mea susceperis, si dumtaxat admonitus a servo meo id feceris, erit inter nos negotiorum gestorum actio: si vero quasi mandatu servi, etiam de peculio et de in rem verso agere te posse responsum est.
Paulus erörtert die Frage, welche Klage einschlägig ist, wenn der Sklave des ego den tu bittet, die Geschäftsführung für ego zu übernehmen. Dann soll zwischen ego und tu die actio negotiorum gestorum anwendbar sein. Wenn jedoch der Sklave den tu gleichsam beauftragt hat (mandare), die Geschäftsführung zu übernehmen, ist die actio mandati in Form einer actio de peculio oder de in rem verso einschlägig. Diese Überlegungen wären jedoch überflüssig, wenn die Bitte bzw. der Auftrag des Sklaven keinerlei Wirkung entfalten würde. Das Responsum betrifft einen Fall, in dem es um einen Sklaven mit peculium geht. Aber auch ohne Sondergut kann das mandatum des servus wirksam sein, etwa bei einer Genehmigung durch den dominus. Bemerkenswert ist, dass in der Stelle die Wirksamkeit dieses mandatum mit keiner Silbe angesprochen wird; sie scheint unproblematisch zu sein. Im Folgenden sollen nun die Stellen, die von einer redemptio suis nummis mit mandatum sprechen, untersucht werden, um einen Schluss auf den tatsächlichen und rechtlichen Ablauf der redemptio suis nummis zu ermöglichen. Zuvor ist allerdings zu fragen, ob es grundsätzlich mit dem manda128 Z. B. Ulp. D. 17.1.8.5 (31 ad ed.); ders. D. 17.1.19 (43 ad Sab.); Pap. D. 17.1.54 pr.-1 (27 quaest.); zur Wirksamkeit des Kaufvertrages oben § 11 ff. 129 Siehe hierzu auch unten § 20 III. 2. b) aa) (1). Zum mandatum eines Sklaven siehe oben § 17 II.
§ 20 Der Auftrag in den Quellen zum Freikauf 239
tum vereinbar ist, dass der Sklave einen Dritten beauftragt, ihn bei seinem Herrn zu kaufen. II. Voraussetzungen eines wirksamen mandatum des Sklaven an den Freikäufer Die erste Voraussetzung eines wirksamen mandatum ist, dass der Beauftragte sich tatsächlich rechtlich binden will und nicht lediglich eine Gefälligkeit übernimmt.130 Im Fall der redemptio suis nummis ist davon auszugehen, dass der Freikäufer gewillt ist, sich rechtlich zur Vornahme dieses Geschäftes zu verpflichten. Auch wenn er in der Regel kein persönliches Interesse daran hat, so weiß er um die Relevanz des Geschäftes für den Sklaven und sicherlich auch um die ihm drohende Klage aus der Konstitution Marc Aurels für den Fall, dass er es unterlässt, den Sklaven freizulassen.131 Außerdem hat er ein Interesse daran, falls erforderlich einen Aufwendungsersatzanspruch geltend machen zu können; ein Wille zu rechtlicher Bindung liegt beim Beauftragten vor. Eine Vielzahl von Geschäften rechtlicher und auch tatsächlicher Art können zum Gegenstand eines mandatum gemacht werden, so auch der Kauf eines Sklaven. Ein solcher Auftrag erfüllt die Anforderungen an die Bestimmtheit der Leistung, denn es ist klar, welcher Sklave gekauft werden soll, ebenso an die Möglichkeit der Leistung, weil nicht von vornherein ausgeschlossen ist, dass der Freikäufer dem dominus den Sklaven wird abkaufen können. Dabei ist es nicht notwendig, dass der Auftraggeber dem Beauftragten einen festen Preis vorgibt, sondern dieser kann auch im Rahmen der Verhandlungen über das durchzuführende Geschäft zwischen beauftragtem Freikäufer und dominus vereinbart werden. Bei der redemptio suis nummis ist letzteres wahrscheinlicher. Grundsätzlich ist es zulässig, den Auftrag zum Kauf eines Sklaven zu erteilen.132 Problematisch könnte sein, dass, wie sich Paulus in D. 17.1.22.3133 entnehmen lässt, der Kauf einer eigenen Sache nicht möglich war. Im Hinblick auf den Auftrag des Sklaven zum Kauf seiner eigenen Person ist festzustellen, dass der Sklave ja im Eigentum seines Herrn stand und folglich der den Voraussetzungen eines wirksamen mandatum ausführlich oben § 16. Voraussetzungen und Wirkungsweise der constitutio siehe unten § 24 ff. 132 Vgl. z. B. Ulp. D. 17.1.8.10 (31 ad ed.); hierzu Klami, S. 51 ff. Siehe auch oben § 17 I. 133 (32 ad ed.): Si hi, quorum res veneunt quas pignori dederunt, supposuerunt emptores et eis emendas res mandent, mandatum intellegitur, licet quantum ad meram rationem mandatum non constitit: nam cum rem tuam emas, nulla emptio est in tua persona rei tuae. 130 Zu 131 Zu
240
3. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Auftrag
Auftrag einen Teil des patrimonium betraf; im Übrigen wird die Frage nach der Kollision mit dem Prinzip des Verbotes des Kaufs der eigenen Sache an anderer Stelle ausführlich zu untersuchen sein.134 Im Auftrag des Sklaven an den Dritten sind wohl keine weiteren Grenzen genannt. Fraglich ist allerdings, ob das mandatum auf die Vornahme eines sittenwidrigen Geschäftes gerichtet und somit unwirksam ist. Schließlich ist es der Sklave, der sich auf diesem Umweg über den Kauf mit anschließender Freilassung durch einen Dritten der Gewalt seines Herrn entziehen will. Die Sittenwidrigkeit ist aber allein deshalb schon abzulehnen, weil diejenigen Quellen, die von der redemptio suis nummis und ihrem Zusammenhang mit dem mandatum sprechen, dieses nicht als sittenwidrig für unwirksam erklären, sondern sich ausführlich mit dem Bestehen der actiones aus dem mandatum beschäftigen.135 Des Weiteren darf das mandatum jedenfalls nicht ausschließlich im Interesse des beauftragten Freikäufers liegen. In wessen Interesse das mandatum im Rahmen der redemptio suis nummis liegt, hängt wesentlich davon ab, welche der Personen als Auftraggeber anzusehen ist. Dies können entweder der Sklave, sein Herr oder aber beide gemeinsam sein. Dieser Frage wird an anderer Stelle ausführlich nachgegangen;136 hier genügt es, zu überprüfen, ob eine der Varianten zur Unwirksamkeit des mandatum selbst führte. Angenommen, der Sklave gilt als Auftraggeber, liegt dieses mandatum in seinem Interesse, denn er möchte frei werden, vielleicht auch im Interesse des Beauftragten, dann nämlich, wenn ihm eine gewisse Anerkennungsleistung für die Vornahme der redemptio suis nummis versprochen wurde. Ein solches salarium oder honorarium hindert die Wirksamkeit des mandatum nicht, weil es trotz genereller Unentgeltlichkeit des Vertrages als solchen gezahlt werden konnte.137 Geht man allerdings davon aus, dass der dominus als Auftraggeber zu qualifizieren ist, so betrifft der Auftrag ebenfalls nicht allein den Beauftragten, sondern liegt im Interesse des beauftragenden dominus und seines servus, also eines Dritten. Auch die für den Auftrag notwendige Interessenverteilung ist folglich beim mandatum im Rahmen der redemptio suis nummis gewahrt. Da auch im Übrigen keine Anhaltspunkte ersichtlich sind, die die Wirksamkeit des Auftrages in Zweifel ziehen könnten, ist das mandatum im Rahmen des Freikaufs grundsätzlich als wirksam anzusehen. Einzig problematisch erscheint die Tatsache, dass ein vermögens- und rechtsunfähiger 134 Siehe
hierzu unten § 20 III. 2. b) aa) (2). Ulp. D. 17.1.8.5 (31 ad ed.); ders. D. 17.1.19 (43 ad Sab.); Pap. D. 17.1.54 pr.-1 (27 quaest.); hierzu ausführlich siehe § 20 III. 136 Zur Person des Auftraggebers unten § 22 I. 137 Zum Prinzip der Unentgeltlichkeit siehe oben § 16 III. 135 Vgl.
§ 20 Der Auftrag in den Quellen zum Freikauf 241
Sklave diesen Auftrag erteilt; ob und wie sein Auftrag wirksam und wer als Auftraggeber anzusehen ist, wird noch untersucht werden.138 Damit auch die Konstitution Marc Aurels und Lucius Verus’ bei unterbliebener Freilassung zugunsten des Sklaven Anwendung finden kann, muss bei Vertragsabschluss außerdem beabsichtigt sein, dass der zu erwerbende Sklave anschließend freizulassen ist; eine spätere Freilassungsabsicht bringt dem Sklaven nicht den Anspruch auf manumissio ein.139 III. Analyse der Quellen zu mandatum und redemptio suis nummis 1. Text und Sachverhalt von Pap. D. 17.1.54 pr.-1 (27 quaest.), Ulp. D. 17.1.8.5 (31 ad ed.) und ders. D. 17.1.19 (43 ad Sab.)
Von den Quellenstellen, die sich mit der redemptio suis nummis beschäftigen, sind für die Frage, ob ein wirksames mandatum zustande kam, insbesondere die folgenden drei Stellen D. 17.1.54 pr.-1, D. 17.1.8.5 und D. 17.1.19 relevant, die nun genauer untersucht werden. a) Pap. D. 17.1.54 pr.-1 (27 quaest.) Pap. D. 17.1.54 pr.-1 (27 quaest.)140 Cum servus extero se mandat emendum, nullum mandatum est. sed si in hoc mandatum intercessit ut servus manumitteretur nec manumiserit, et pretium consequetur dominus ut venditor et affectus ratione mandati agetur: finge filium naturalem vel fratrem esse (placuit enim prudentioribus affectus rationem in bonae fidei iudiciis habendam). quod si de suis nummis emptor pretium dederit (neque enim aliter iudicio venditi liberari potest), quaeri solet, an utiliter de peculio agere possit. et verius et utilius videtur praetorem de huiusmodi contractibus servorum non cogitasse, quo se ipsi mala ratione dominis auferrent. (1) Si liber homo bona fide serviens redimi se mandaverit idque nummis emptoris factum sit, contraria mandati actione agi posse constat, ut tamen actiones praestentur, quas habet emptor adversus venditorem: finge non manumisisse libe ram personam emptorem.
Zu Beginn des principium stellt Papinian fest, dass ein mandatum eines Sklaven an einen Dritten, ihn zu kaufen, nichtig ist (Beispiel 1, Grundsatz). Wenn der Auftrag aber dahingehend erteilt wurde, dass der Sklave freigelassen werde (Beispiel 2, Ausnahme), und wenn die manumissio unterbleibt, kann der dominus sowohl als Verkäufer den Kaufpreis verlangen als auch 138 Siehe
unten § 21 und § 22. siehe oben § 2 I. 140 Vgl. zu Vermutungen bez. Textveränderungen Partsch, Nachgel. Schriften, S. 64 ff. 139 Hierzu
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3. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Auftrag
wegen seines Affektionsinteresses aus dem Auftrag auf Freilassung klagen. Als Beispiel für ein solches Affektionsinteresse könne man etwa annehmen, dass der Sklave der leibliche Sohn oder der Bruder ist (es ist nämlich anerkannt, dass bei bonae fidei iudicia auch das Affektionsinteresse zu berücksichtigen ist). Wenn der Käufer den Kaufpreis mit eigenem Gelde bezahlt hat (nur so wird er von seiner Kaufvertragsverpflichtung frei), stellt sich die Frage, ob er mit Erfolg mit der actio de peculio vorgehen kann, ob also der Käufer gegen den Verkäufer einen Anspruch aus dem mandatum im Wege der actio de peculio geltend machen kann. Sachgerechter ist es, anzunehmen, dass der Prätor solche Verträge von Sklaven, durch die diese sich auf üble Weise ihren domini entziehen, nicht bedacht hat. § 1 behandelt den Fall eines liber homo bona fide serviens, eines Freigeborenen, der gutgläubig als Sklave dient,141 der einen anderen beauftragt hat, dass er ihn freikaufe. Erfolgt dieser Freikauf mit dem Geld des Käufers, steht fest, dass der Käufer als Beauftragter mit der actio mandati contraria, der Auftragsgegenklage, klagen kann, dies jedoch nur, wenn dem Auftraggeber die Klagen abgetreten werden, die der Käufer gegen den Verkäufer hat. b) Ulp. D. 17.1.8.5 (31 ad ed.) Ulp. D. 17.1.8.5 (31 ad ed.) Si liber homo, cum bona fide serviret, mandaverit Titio ut redimeretur et nummos ex eo peculio dederit, quod ipsum sequi, non apud bonae fidei emptorem relinqui debuit, Titiusque pretio soluto liberum illum manumiserit, mox ingenuus pronuntiatus est, habere eum mandati actionem Iulianus ait adversus eum cui se redimendum mandavit, sed hoc tantum inesse mandati iudicio, ut sibi actiones mandet, quas habet adversus eum a quo comparavit. plane si eam pecuniam dederit, quae erat ex peculio ad bonae fidei emptorem pertinente, nullae ei, inquit Iulianus, mandari actiones possunt, quia nullas habet, cum ei suos nummos emptor dederit: quinimmo, inquit, ex vendito manebit obligatus, sed et haec actio inutilis est, quia quantum fuerit consecutus, tantum empti iudicio necesse habebit praestare.142
Ein Freier, der als Sklave dient (liber homo bona fide serviens), beauftragt Titius, ihn bei seinem derzeitigen dominus freizukaufen. Nach Abschluss eines Kaufvertrages mit dem Herrn des vermeintlichen Sklaven erhält Titius den Kaufpreis rückerstattet (aus dem peculium des Freigekauften) und lässt den bona fide serviens frei. Dieser wird bald darauf im Freiheitsprozess für freigeboren erklärt, so dass sich nun die Frage nach der Rückforderung des für die Freilassung Gezahlten stellt. Ulpian zitiert Julian, der dem bona fide serviens eine actio mandati gegen den Freikäufer gewährt 141 Zum
142 Siehe
homo liber bona fide serviens siehe oben § 13 I. Anm. 400. hierzu schon oben § 13.
§ 20 Der Auftrag in den Quellen zum Freikauf 243
mit dem Inhalt, dass der Beauftragte ihm seine Klagen gegen den Verkäufer abtrete. Habe er aber mit Geld aus dem peculium gezahlt, das beim veräußernden dominus verbleiben solle, könne Titius keinerlei Klagen abtreten, weil er selbst keine erworben habe, denn er habe den Verkäufer (dominus) mit dessen Geld bezahlt, eine Tatsache, die zu keinerlei Befreiung des Titius aus dem Kaufvertrag geführt habe. Vielmehr sei dieser weiterhin aus diesem Vertrag (zur Kaufpreiszahlung) verpflichtet. c) Ulp. D. 17.1.19 (43 ad Sab.) Ulp. D. 17.1.19 (43 ad Sab.)143 Si servus meus de semet emendo mandaret, ut redimatur, Pomponius eleganter tractat, an is, qui servum redemerit, ultro convenire possit venditorem, ut servum recipiat, quoniam mandati actio ultro citroque est. sed esse iniquissimum Pomponius ait ex facto servi mei cogi me servum recipere, quem in perpetuum alienari volueram, nec magis in hunc casum debeo mandati teneri, quam ut eum tibi venderem.
Im Hinblick auf den Fall, dass ein Sklave jemanden beauftragt hatte, ihn selbst zu kaufen, damit er auf diese Weise freigekauft werde, behandelt Pomponius scharfsinnig (eleganter) – wie Ulpian bemerkt – die Frage, ob derjenige, der den Sklaven freigekauft hat, gegen den Verkäufer darauf klagen kann, dass dieser den Sklaven abnehme,144 weil ja die actio mandati wechselseitig ist. Aber es wäre höchst unbillig, so Pomponius, den Verkäufer aufgrund einer Handlung seines Sklaven zu zwingen, diesen (Sklaven) zurückzunehmen, den er dauerhaft veräußern wollte. Und er dürfe in diesem Fall genauso wenig aus dem Auftrag verpflichtet sein wie dazu, den Sklaven überhaupt zu verkaufen. 2. Interpretation von D. 17.1.54 pr.-1, D. 17.1.8.5 und D. 17.1.19
a) Vergleichende Betrachtung aa) Sachverhalt und Rechtsfolge der Stellen im Vergleich Alle drei Stellen stehen im 1. Titel des 17. Buches der Digesten, welcher den Titel mandati vel contra, über Auftrags- und Gegenklage, trägt. Mit 143 Zu Textveränderungen vgl. Buti, Capacità, S. 109 in Anm. 84 m. w. N.; vgl. Partsch, Nachgel. Schriften, S. 64 ff.; Knütel, Mandat zum Freikauf, S. 363 mit Anm. 43 m. w. N. Er macht darauf aufmerksam, dass dies die älteste Erörterung des Auftrags zum Freikauf durch einen Sklaven sei. 144 Zur Bedeutung des Verbums recipere siehe unten § 20 III. d) bb).
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3. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Auftrag
anderen Worten: Die redemptio suis nummis wird in dieser Hinsicht wie ein Spezialproblem des Auftrages (mandatum) angesehen und behandelt.145 Im ersten Fragment stellt Papinian zuerst den Normalfall dar, den er mit cum mit Indikativ im Sinne von „immer wenn“ einleitet. Schon der 2. Satz der 1. Stelle sowie die beiden anderen Stellen (b und c) beginnen mit kondi tionalem „wenn“. Ulpian verwendet in beiden Stellen si, Papinian benutzt, im § 1 ebenfalls si –, und in § 1 des ersten und im zweiten Fragment geht es um einen liber homo bona fide serviens, während in der dritten und im principium der ersten Stelle ein servus behandelt wird. Weil der Sklave und der gutgläubig als Sklave Dienende im Wesentlichen gleich behandelt werden, führen diese divergierenden Termini nicht zu Differenzen im Aussagehalt der Stellen.146 Die Stellen gleichen sich in ihrem sprachlichen Aufbau: Es ist die Rede von mandare ut redimeretur (b) und von mandare ut redimatur (c). Papinian differenziert in (a) im principium zwischen dem Auftrag zum einfachen Kauf (se mandare emendum), der dazu führt, dass der Auftrag nichtig ist (mandatum nullum est), und dem Auftrag zum Kauf, damit der Sklave freigelassen werde (mandatum ut servus manumitteretur); letzterer ist wirksam. In § 1 der ersten Stelle spricht er dann von redimi se mandare und stellt so das gesamte Fragment, also auch das principium, wieder in den Zusammenhang einer redemptio suis nummis. Nur in einer der drei Stellen, nämlich in der zweiten Stelle Ulpians (c), werden die vom Käufer gezahlten Geldstücke nicht thematisiert; in (b) beschäftigt sich Ulpian, der Julians Differenzierung zitiert, ausführlich mit den gezahlten Münzen und unterscheidet zwischen denen, die aus einem peculium stammen, das nach dem Verkauf dem Verkäufer verbleiben sollte, und solchen, die aus einem zusammen mit dem Sklaven verkauften peculium stammen.147 Papinian stellt im Rahmen seiner Ausführungen im ersten Fragment (a) klar, dass den Käufer nur die Zahlung mit nummi befreien kann, die aus seinem Eigentum stammen.148 Bezüglich der Klage, die normalerweise aus dem Abschluss eines Auftrags resultiert, geht aus der ersten Stelle Ulpians (b) hervor, dass der bona fide serviens als Auftraggeber eine actio mandati gegen den Freikäufer auf Abtretung derjenigen Klagen habe, die dieser aus dem Kaufvertrag mit dem 145 Finkenauer, Rechtsetzung Mark Aurels, S. 44 f.; ders., FS Knütel, S. 346 weist darauf hin, dass mit Ulp. D. 40.1.4 (6 disp.) die umfassendste Quelle zur redemptio im Titel D. 40.1, de manumissionibus, über die Freilassungen, angesiedelt ist und es daher nicht um Verkauf bzw. Kauf, sondern um Freilassung gehe. 146 Zur wesentlichen Gleichbehandlung von bona fide serviens und servus siehe oben § 13 I. 147 Hierzu siehe ausführlich oben § 13 III. 2. 148 Zur befreienden Wirkung einer Zahlung siehe oben § 12, § 13 III. und § 14 IV.
§ 20 Der Auftrag in den Quellen zum Freikauf 245
dominus erhalten habe. Voraussetzung sei aber, dass der Freikäufer nicht mit Geld gezahlt habe, welches aus einem peculium stammte, das beim dominus verbleiben sollte, weil er dann weiterhin zur Kaufpreiszahlung verpflichtet sei und (noch) keine Klage erworben habe, die er abtreten könnte. In (c) geht es um eine actio mandati contraria des Freikäufers gegen den Verkäufer auf Rücknahme des Sklaven, denn schließlich sei die actio mandati ultro citroque, das heißt wechselseitig. Das Geschäft ist in diesem Fall so weit durchgeführt, dass der Kaufvertrag abgeschlossen und auch erfüllt sein muss; denn die Frage, ob der Verkäufer den Sklaven aufgrund des Auftrags zurücknehmen müsse, wäre widersinnig, wenn dieser sich immer noch beim Verkäufer befände. Papinian erörtert im principium von (a) die Klagemöglichkeiten des Verkäufers gegen den Käufer für den Fall, dass zwar ein Freikauf-mandatum abgeschlossen ist, der Freikäufer aber die Freilassung bislang nicht vorgenommen hat. Der Verkäufer könne mit der actio mandati auf Freilassung klagen, etwa wenn ihm aufgrund eines Affektionsinteresses an der manumissio gelegen sei.149 Darüber hinaus geht Papinian auf die Klagemöglichkeit des Käufers gegen den Verkäufer ein und überlegt, ob jenem eine actio de peculio zusteht.150 In § 1 wird gegen den Verkäufer eine actio mandati contraria gewährt, wenn die Freilassung bislang unterblieben ist und gleichzeitig dem Auftraggeber die Klagen aus dem Kaufvertrag abgetreten werden. Es fällt also auf, dass die Stellen im Hinblick auf die Klagen, die aus dem Abschluss eines mandatum zum Freikauf resultieren, relativ umfassend sind und sowohl das Verhältnis Käufer gegen Verkäufer151 als auch die Klagen des Verkäufers gegen den Käufer152 behandeln. bb) Palingenesie der Stellen Der Gesichtspunkt der Palingenesie könnte aufschlussreich sein für die Einordnung und Bedeutung der drei zitierten Stellen. Denn die redemptio suis nummis als solche setzt sich zusammen aus dem sie initiierenden mandatum und dem Abschluss einer emptio venditio, eines Kaufvertrages, welcher in engem Zusammenhang steht mit dem peculium des Sklaven. Daher wäre auch eine Zuordnung der Stellen zum 1. Titel des 19. Buches de actionibus empti venditi, Über die Klagen aus dem Kaufvertrag, oder zum 1. Titel des 15. Buches de peculio, Über das Sondergut, in Frage gekommen. 149 Daneben kann der Verkäufer aus emptio venditio auf Kaufpreiszahlung klagen, so Papinian. 150 Hierzu ausführlich siehe sogleich unten § 20 III. 2. b) cc). 151 So in (a) pr., (b) und (c). 152 Das Verhältnis Verkäufer gegen Käufer behandeln (c) und § 1 von (a).
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3. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Auftrag
Alle drei zitierten Fragmente sind aber Teil des Abschnittes über das mandatum, und auch an ihren ursprünglichen Standorten geht es um den Auftrag. Ulp. D. 17.1.8.5 (b) geht in Ulpians Ediktskommentar ein Fragment voraus, das sich mit Fragen einer zulässigen Gestaltung des Auftragsvertrages beschäftigt und in den Digesten nur zwei Fragmente vor dem behandelten, nämlich in D. 17.1.6, aufgenommen ist.153 Es folgt Ulp. D. 17.1.10, wo Ulpian Fragen der Sicherheitsleistung und des Umfangs der Haftung des procurator behandelt.154 Auch im Ediktskommentar befindet sich das Fragment Ulp. D. 17.1.8.5 also im Themenkreis von Einzelproblemen des mandatum. Vor der Überlegung, die in den Digesten in Ulp. D. 17.1.19 (c) aufgenommen ist, stellt Ulpian in seinem Sabinuskommentar fest,155 dass der Sklave nach ius civile nichts für sich haben könne156 und strenggenommen nichts schulden und ihm nichts geschuldet werden, es aber dennoch unter Umständen eine actio de peculio und de in rem verso geben könne.157 Es folgen Ausführungen zum Verkauf eines Sklaven und die Feststellung, dass das peculium regelmäßig nicht als mitverkauft gilt, wenn es keine Vereinbarung über seinen Verbleib nach dem Verkauf des Sklaven gibt.158 D. 17.1.19 gehört also in den Zusammenhang von Überlegungen zum Sklaven, wie etwa seiner Stellung im ius civile, die einer Nichtexistenz gleicht, gegenüber seiner Anerkennung im ius naturale, die dazu führt, dass debere im Kontext mit einem Sklaven eher im faktischen Sinne zu verstehen ist. Darüber hinaus geht es auch allgemein um die Möglichkeit, den Herrn bei bestehendem peculium im Wege der actio de peculio haftbar zu machen für die Schulden seines Sklaven. In der hier zitierten Stelle (c) wird zum Schluss darauf hingewiesen, dass der Sklave seinem Herrn kein Geschäft aufzwingen könne, das dieser nicht wolle. Auch im folgenden Fragment geht es darum, dass der Sklave im Rahmen eines Kaufvertrages seinem Herrn nicht seinen Willen aufdrängen kann, indem er zum Beispiel eine Sache aus dem peculium verschwinden lässt und es auf diesem Wege in seinem Wert mindert. Der Text von D. 17.1.54 pr.-1 (a) steht im 27. Buch der quaestiones von Papinian und beginnt einen neuen Unterabschnitt de stipulationibus aliisque contractibus servorum, Über Stipulationen und andere Verträge von Sklaven.159 Es folgen die Beschreibung der Rechtsfolgen einer Stipulation eines 153 Vgl. Lenel, Pal. II, Sp. 619 (Ulp. 907) (D. 17.1.6) und Sp. 620 (Ulp. 908) (D. 17.1.8.5). 154 Vgl. Lenel, Pal. II, Sp. 620 (Ulp. 909). 155 Vgl. Lenel, Pal. II, Sp. 1173 (Ulp. 2899 f.). 156 In den Digesten Ulp. D. 50.17.32 (43 ad Sab.); hierzu oben § 6 I. 157 In den Digesten Ulp. D. 15.1.41 (43 ad Sab.); hierzu ausführlich oben § 9 I. 2. 158 Vgl. Lenel, Pal. II, Sp. 1173 (Ulp. 2901); Ulp. D. 18.1.29 (43 ad Sab.); hierzu auch oben § 7 und § 14 IV. 2. b). 159 Vgl. Lenel, Pal. I, Sp. 866 f. (Pap. 325).
§ 20 Der Auftrag in den Quellen zum Freikauf 247
bona fide serviens gegenüber seinem dominus160 sowie weitere Beispiele für stipulationes von Sklaven. Dieser ursprüngliche Standort der dritten zitierten Stelle leuchtet nicht recht ein, geht es doch inhaltlich nicht um eine stipulatio, sondern um die Frage des Freikaufes eines Sklaven. Allerdings könnte ein Zusammenhang bestehen zu der stipulatio beim Kauf, mit der Mangelfreiheit, Vertragsstrafen, Beschaffenheiten usw. im Rahmen des Kaufvertrages vereinbart werden konnten.161 Im weiteren Sinne geht es aber auch in D. 17.1.54 pr.-1 (a) um die Verbindlichkeit eines Sklaven, so dass zumindest in einem größeren Kontext die ursprüngliche Abfolge der Stellen verständlich wird. Nach diesen etwas allgemeiner vergleichenden Betrachtungen sollen nun die drei zitierten Stellen jeweils einzeln genauer untersucht werden. Hierbei interessiert insbesondere die Frage, ob und welche Rückschlüsse sich von der jeweiligen Stelle und dem von ihr behandelten Fall ziehen lassen für die Frage, ob das mandatum des Sklaven wirksam ist. b) Interpretation von Pap. D. 17.1.54 pr.-1 unter Berücksichtigung von Diocl. / Max. C. 4.36.1 pr. aa) Unwirksamkeit des Auftrags des Sklaven zum Kauf seiner selbst (mandatum se emendum nullum est) (1) Gegenüberstellung eines wirksamen und eines unwirksamen Auftrags in D. 17.1.54 pr. Anders als Paulus in D. 17.1.22.9 (32 ad ed.) und in D. 3.5.41 (32 ad ed.),162 der stillschweigend von einem wirksamen mandatum des Sklaven an einen Dritten ausgeht, stellt Papinian in D. 17.1.54 pr. zwei Fälle von mandata gegenüber, von denen der erste den Grundfall darstellt, in dem das mandatum unwirksam ist, während der zweite ein wirksamer Ausnahmefall ist. Dabei bezieht er sich eindeutig auf einen Sklaven, denn – im Gegensatz zu § 1, in dem es um einen liber homo bona fide serviens geht – ist im principium die Rede von servus.163 Der Auftrag des Sklaven an einen Dritten, dass dieser ihn kaufe, sei unwirksam (nullum),164 wohingegen der Auftrag des Sklaven 160 Lenel, Pal. I, Sp. 867 (Pap. 326); in den Digesten Pap. D. 45.1.118 pr. (27 quaest.). 161 Hierzu siehe auch oben § 13 III. 3. 162 Zu D. 3.5.41 siehe oben § 20 I; zu D. 17.1.22.9 auch § 17 II. 163 Einen Überblick über die Problematik der Stelle gibt Buckland, S. 216. 164 Vgl. Partsch, Nachgel. Schriften, S. 64 mit Anm. 170, der diesen Satz für byzantinisch hält.
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3. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Auftrag
an den Dritten, damit dieser ihn kaufe und anschließend freilasse, wirksam sei. Auch von Ulpian und Pomponius wird ein solches se mandare emendum ut servus manumitteretur offenbar als wirksam angesehen, weil sich sonst auch in den beiden anderen noch zu besprechenden Stellen (b, c) weitere Ausführungen zu eventuellen Klagen aus dem Auftrag erübrigen würden. Interessant ist aber, dass das mandatum zum Freikauf wirksam sein soll, während ein Auftrag des Sklaven, der auf den einfachen Kauf seiner Person gerichtet ist, keine Rechtswirkungen entfaltet. Hinzu kommt, dass der Sklave zwar im Rahmen seines peculium wirksam Obligationen eingehen kann, jedoch liegt ein solches Handeln hier nicht vor, weil der Gegenstand des Geschäftes nicht das peculium betrifft. Denn der Sklave selbst fällt nicht in sein eigenes Sondergut und kann daher nicht Gegenstand eines wirksamen Handelns für das peculium sein.165 Außerhalb des peculium aber ist das Handeln des Sklaven nicht rechtswirksam. Dann müsste allerdings auch das mandatum des Sklaven, das auf den Freikauf gerichtet ist, unwirksam sein; dies ist gerade nicht der Fall. Zu überlegen ist also, wie sich die Unwirksamkeit nur des ersten mandatum erklären lässt. Der erste Auftrag ist jedenfalls nicht deshalb unwirksam, weil ein mandatum nur dann wirksam entsteht, wenn sein Gegenstand, nämlich das Geschäft, mit dem der Mandatar beauftragt wird, möglich und inhaltlich bestimmt ist.166 Der Auftrag des Sklaven in casu ist ausreichend bestimmt, denn es geht aus ihm hervor, welcher Sklave gekauft werden soll; dass ein Kaufpreis nicht vorab festgelegt ist, schadet der Wirksamkeit nicht, weil der Auftraggeber das Vereinbaren und Aushandeln des Preises auch dem Beauftragten überantworten konnte.167 (2) Unwirksamkeit wegen des Kaufs einer eigenen Sache (emptio rei suae) Ein möglicher Unwirksamkeitsgrund könnte der Kauf einer eigenen Sache sein. Der Dritte wird im Ergebnis nämlich beauftragt, eine Sache des Auftraggebers zu kaufen, und es fragt sich, ob es hier um den Kauf einer eigenen Sache geht. Der Kauf der eigenen Sache ist unwirksam, unabhängig davon, ob dies wissentlich oder unwissentlich geschieht: Pomp. D. 18.1.16 pr. (9 ad Sab.) Suae rei emptio non valet, sive sciens sive ignorans emi: (…).168 165 Zur Verpflichtungs- und Verfügungsbefugnis des Sklaven im Rahmen seines peculium siehe oben § 8; zur Frage, ob der Sklave in sein eigenes peculium fällt, oben § 11. 166 Siehe zu den Voraussetzungen eines wirksamen mandatum oben § 16 II. 167 Zur individuellen Ausgestaltung des Mandats siehe oben § 16 II. 2.
§ 20 Der Auftrag in den Quellen zum Freikauf 249
In unserem Fall des Freikaufes läge der Kauf einer eigenen Sache nur dann vor, wenn man – abwegig – den veräußernden Herrn als Auftraggeber zugleich als Käufer ansehen würde. Dies setzt voraus, dass eine wirtschaftliche Betrachtungsweise zugrunde gelegt wird: Der Herr ist nur dann zugleich als Käufer anzusehen, wenn darauf abgestellt wird, dass er als Auftraggeber die Position des Käufers nur auf den Beauftragten übertragen hat, den Kauf aber wirtschaftlich trägt, weil er dem Beauftragten jegliche Aufwendungen für das Geschäft ersetzen muss. Jedoch sind Auftrag und Kauf als zwei Rechtsgeschäfte voneinander zu trennen, an denen auch grundsätzlich nicht die gleichen Personen beteiligt sind, denn das mandatum kommt zwischen Auftraggeber und Beauftragtem zustande, während der Beauftragte und der Dritte die Parteien des Kaufvertrages sind.169 Das ist gerade der Vorteil des Auftrages, dass an dem Geschäft, zu dem der Auftrag erteilt wird, der Auftraggeber nicht persönlich beteiligt ist. Folglich besteht im vorliegenden Fall im Grundsatz keinerlei Konflikt mit dem Prinzip, dass der Kauf der eigenen Sache unwirksam ist, weil der Beauftragte nicht die eigene Sache kaufen wird; der Sklave gehört ihm nicht. Nimmt man aber stärker die wirtschaftliche Betrachtungsweise in den Blick und sieht den Herrn als Auftraggeber an, dann ist es der Herr, der dem Dritten den Auftrag erteilt, seinen Sklaven, also eine res sua, zu kaufen. 168
Es bleibt zunächst festzuhalten, dass die Unwirksamkeit des Kaufs der eigenen Sache dann mit dem Auftrag des Sklaven zum Kauf seiner selbst in Konflikt tritt, wenn man die Situation wirtschaftlich betrachtet und den Herrn des Sklaven als den eigentlichen Auftraggeber ansieht. In die Überlegung muss die Konstitution C. 4.36.1 pr. der Kaiser Diokletian und Maximian miteinbezogen werden, weil sie einen Parallelfall zu D. 17.1.54 pr.170 behandelt. Im principium des Reskriptums finden sich Anhaltspunkte, die die Feststellung von D. 17.1.54 pr. bezüglich der Unwirksamkeit des ersten mandatum erklären könnten:
168 (…) sed si ignorans emi, quod solvero repetere potero, quia nulla obligatio fuit; wenn der Käufer aber keine Kenntnis hatte, könne er das Gezahlte zurückfordern, weil das Schuldverhältnis nichtig sei. 169 Finkenauer, FS Knütel, S. 348 geht von der Unwirksamkeit des mandatum wegen des Kaufs der eigenen Sache aus. 170 Die Parallelität sticht bereits aus den ersten Worten hervor: Cum servus extero se mandat emendum (…) (D. 17.1.54 pr.) und Si extero servus se mandaverit emendum (…) (C. 4.36.1 pr.). – Knütel, Mandat zum Freikauf, S. 369 vermutet, D. 17.1.54 pr. habe den Autoren von C. 4.36.1 vorgelegen; ähnlich Voci, S. 263; Partsch, Nachgel. Schriften, S. 64 f.; Buckland, S. 640.
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3. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Auftrag
Diocl. / Max. C. 4.36.1 pr.171 Si extero servus se mandaverit emendum, quamvis nec ex persona servi (quia hoc liber mandare non potest) nec ex domini (quoniam qui mandat, ut a se res comparetur, inutiliter mandat) consistere credebatur actio, tamen optima ratione, quia non id agitur, ut ex ipso mandato, sed propter mandatum ex alio contractu nascatur actio, domino quaeri placuit obligationem.
Ein Sklave beauftragt einen Dritten, ihn zu kaufen. Aus der Person des Sklaven könne keine Klage entstehen, weil selbst ein Freier einen solchen Auftrag nicht erteilen könne. Aber auch aus der Person des Herrn könne keine Klage entstehen, weil ein Auftrag, eine Sache vom Auftraggeber zu kaufen, unnütz, das heißt unwirksam, sei. Dennoch sei davon auszugehen, dass die Forderung für den dominus erworben werde (die Forderung aus dem mandatum, welche ihm die Klage auf Herausgabe des Erlangten, das heißt des gekauften Sklaven verschafft). Denn es sei nicht gewollt, dass die Klage aus dem Auftrag, sondern die aus dem anderen Vertrag entstehe, der infolge des Auftrags abgeschlossen wurde. Als Begründung für die Unwirksamkeit des mandatum dient hier ein Vergleich zwischen der Wirksamkeit des Auftrags bei Abschluss durch einen Freien mit der bei Abschluss eines unfreien Sklaven. Wäre der Sklave frei, wäre ein solcher Auftrag zum Kauf seiner eigenen Person unwirksam (quia hoc liber mandare non potest). Ein Freier kann nämlich nicht Rechtsobjekt sein, sondern ist Rechtssubjekt.172 Würde ein Freier den Auftrag geben, ein Dritter solle ihn selbst kaufen, so wäre dieses mandatum unwirksam, weil der Beauftragte diesen Kaufvertrag wegen der Untauglichkeit des Kaufgegenstandes nicht wirksam abschließen könnte. Darüber hinaus wäre das mandatum auch dann unwirksam, wenn der dominus es vornähme, weil es unnütz – um nicht zu sagen unsinnig – ist, einem Dritten den Auftrag zu erteilen, dem Auftraggeber eine Sache abzukaufen (quoniam qui mandat, ut a se res comparetur, inutiliter mandat). Diese Unwirksamkeit erklärt sich also von den Folgen her, die ein derartiges mandatum herbeiführte: Wäre der Auftraggeber zugleich der Verkäufer, vereinte er letztendlich die Verkäufer- und Käuferrechte in seiner Person, nachdem der Beauftragte ihm die aus dem Kauf erworbenen Klagen abgetreten hatte. Letzterem müsste der veräußernde Auftraggeber Aufwendungsersatz für die Kaufpreiszahlung leisten.173 Mit anderen Worten: Der Zusammenfall von Verkäufer- und Käuferposition in der Person des dominus ließe sich rechtlich nicht mehr sinnvoll beurteilen und abwickeln.174 171 Hierzu
siehe oben § 14 IV. 2. d). Voci, S. 263, der dies mit dem Prinzip der Unwirksamkeit des Kaufs der eigenen Sache in Verbindung bringt. 173 Hierauf weisen auch Knütel, Mandat zum Freikauf, S. 369 und Voci, S. 263 hin. 172 Anders
§ 20 Der Auftrag in den Quellen zum Freikauf 251
Es kann festgehalten werden, dass mit Blick auf das Prinzip, dass der Kauf der eigenen Sache keine rechtlichen Wirkungen entfaltet, die Unwirksamkeit des ersten mandatum einleuchtet, auch wenn das Prinzip direkt auf den Fall nicht anwendbar ist. Auf diese Weise lässt sich auch der Unterschied von Pap. D. 17.1.54 pr. zu Paul. D. 3.5.41 und ders. D. 17.1.22.9 erklären, denn bei Papinian ist das mandatum auf se emere gerichtet, also auf den Kauf des Sklaven selbst.175 Dieser Auftrag ist unwirksam. Bei Paulus hingegen, der Mela zitiert, geht es um den Auftrag zur Vornahme eines Geschäftes, ein mandatum also, das im Interesse eines Dritten steht. Der Auftrag zum Kauf der eigenen Person ist aber, wie gesehen, problematisch, so dass zwischen diesen Stellen kein Widerspruch besteht. Für die Frage, wer als Auftraggeber der redemptio suis nummis anzusehen ist, lassen sich aus diesen Überlegungen keine sicheren Schlüsse ziehen.176 174
(3) Unwirksamkeit des Auftrags zum Kauf der eigenen Person Das mandatum des Sklaven, dass ein Dritter ihn kaufe, könnte auch unter dem Aspekt unwirksam sein, dass der Auftrag zum Kauf der eigenen Person unwirksam ist. In C. 4.36.1 pr. heißt es, ein Freier könne nicht den Auftrag zum Kauf seiner selbst geben; deshalb sei auch das mandatum des Sklaven se emendum unwirksam. Diese Überlegung setzt aber voraus, dass – anders als in den vorstehenden Ausführungen zum Kauf der eigenen Sache – der Sklave als Auftraggeber angesehen wird. Denn der Sklave darf nicht ausschließlich als Eigentum des Herrn aufgefasst werden, sondern er wird zuweilen auch als Mensch betrachtet. So stellt zum Beispiel Ulpian in D. 1.1.4 (1 inst.) fest, der Sklave sei nach Naturrecht als Mensch frei geboren, cum iure naturali omnes liberi nascerentur.177 174 Den zweiten Teil von C. 4.36.1 pr. bildet die Überlegung, dass richtigerweise davon auszugehen sei, es werde eine Forderung für den dominus erworben. Für den Fall, dass der Sklave einen Dritten mit seinem Freikauf beauftragt, bedeutet dies, dass der Herr als Auftraggeber eine Forderung aus dem infolge des mandatum abgeschlossenen Geschäft, nämlich aus dem Kaufvertrag, erhält. Auf diese Weise kann er als Verkäufer den Anspruch auf Kaufpreiszahlung mit der actio venditi geltend machen. Die Konstitution gibt als Begründung für diesen Anspruch des Auftraggebers an, dass es den Beteiligten nicht primär um die actio mandati gehe, sondern vielmehr um die Klage aus dem Geschäft, das aufgrund des Auftrages abgeschlossen wurde; hierzu ausführlich Knütel, Mandat zum Freikauf, S. 372. Siehe oben § 14 IV. 2. d). 175 Zu Paul. D. 3.5.41 siehe oben § 20 I. und unten § 21 II. 2.; zu ders. D. 17.1.22.9 siehe § 17 II. 176 Zu dieser Frage siehe § 22 I. 177 Ähnlich Ulp. D. 50.17.32 (43 ad Sab.): Quod attinet ad ius civile, servi pro nullis habentur: non tamen et iure naturali, quia, quod ad ius naturale attinet, omnes homines aequales sunt. Zu beiden Stellen siehe auch oben § 9 III. 3.
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3. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Auftrag
Sieht man den Sklaven im Rahmen der Erteilung eines mandatum als Auftraggeber an, muss allein deshalb dieser Auftrag unwirksam sein, denn selbst wenn der Sklave frei wäre, könnte er einen solchen Auftrag nicht wirksam erteilen. bb) Wirksamkeit des Auftrags des Sklaven zum Kauf seiner selbst mit anschließender Freilassung (mandatum ut manumitteretur) Das zweite mandatum in D. 17.1.54 pr. (a), mit dem der Sklave den Dritten beauftragt, dass dieser ihn kaufen möge, behandelt Papinian im Ergebnis als wirksamen Auftrag, weil im Gegensatz zum Ausgangsfall der Auftrag auf eine anschließende Freilassung des Sklaven abzielt. Fraglich ist zunächst, wie man dieses Ergebnis erklären kann. Den Auftrag erteilt wiederum der Sklave, der hierzu grundsätzlich außer Stande ist. Sein rechtsgeschäftliches Handeln wirkt allenfalls für seinen Herrn, insbesondere dann, wenn dieser ihm ein peculium eingeräumt hat.178 Dass es in unserem Fall um einen Sklaven mit peculium geht, ergibt sich aus der Frage, ob der Freikäufer gegen den dominus eine actio de peculio erheben kann.179 Mit hoher Wahrscheinlichkeit geht es in der Stelle um eine redemptio suis nummis mit Zahlung aus dem peculium. In diesem Falle also soll der Herr gegen den Käufer aus dem Kaufvertrag die Kaufpreiszahlung und ex mandato die Freilassung des Sklaven verlangen können. Grund für letztere Klagemöglichkeit ist nicht ein Vermögens-, sondern ein Affektionsinteresse, welches im Rahmen der Klagformel als Element der bona fides berücksichtigt werden kann.180 Die Aussage, das Affektionsinteresse könne die actio mandati rechtfertigen, ist interessant, aber nicht weiter erstaunlich, denn es geht in der Tat bei der redemptio suis nummis zum Teil um Situationen, in denen der Herr von den Freiheitsabsichten seines Sklaven weiß und diese billigt, indem er etwa mit dem Dritten den Kaufvertrag schließt, mit dessen Abschluss der Sklave den Dritten beauftragt hatte. Die Untersuchungen zum peculium und der Frage der Wirksamkeit einer Zahlung mit Pekuliarmitteln haben ebenfalls ergeben, dass beim Verkauf des Sklaven ohne peculium der Herr Kenntnis haben musste vom FreikaufCharakter des Geschäftes, damit eine Zahlung mit Geld aus diesem Sondergut wirksam war.181 Folglich kann davon ausgegangen werden, dass ein zum peculium siehe oben § 5 ff. S. 263 geht auch von einem Sklaven mit peculium aus. Zur actio de peculio ausführlich siehe oben § 5 III. 180 Zur actio mandati ausführlich siehe oben § 16 IV. 181 Zum Zusammenhang zwischen Verkauf des Sklaven mit oder ohne peculium und Wirksamkeit der Kaufpreiszahlung aus Pekuliarmitteln siehe oben § 12 und § 14. 178 Ausführlich 179 Voci,
§ 20 Der Auftrag in den Quellen zum Freikauf 253
Freikauf-Geschäft auch in Fällen stattfand, in denen Herr und Sklave sich darüber einig waren, dass dieser frei werden sollte, wobei der Herr beabsichtigen konnte, seinen eigenen Sohn oder Bruder zu Freiheit gelangen zu lassen. Dabei vollzog der Herr die Freilassung nicht selbst, etwa weil er ihn zu einem Freigelassenen machen wollte, dessen patronus nicht das volle Patronatsrecht hatte.182 Geht man also davon aus, dass das mandatum des Sklaven wirksam ist, steht dem Herrn als Auftraggeber die actio mandati auf Vornahme der Freilassung zu. Welche Erwägungen Papinian zu diesem Ergebnis bringen, ist seinen Ausführungen allerdings nicht eindeutig zu entnehmen. Sicherlich steht der Schutz des veräußernden dominus hinter dieser Entscheidung.183 Denn wenn allein der Kaufvertrag zwischen dominus und Freikäufer wirksam ist, sind nur die Interessen des Freikäufers gewahrt – er kann aufgrund des Kaufvertrages nicht zur Freilassung gezwungen werden, denn dieser ist nicht etwa bedingt abgeschlossen.184 Dass aber auch der dominus ein Interesse an der Freilassung des verkauften Sklaven haben konnte, geht bereits aus dem principium hervor. cc) Klagemöglichkeit des Freikäufers gegen den Herrn de peculio Des Weiteren wird in Papinians Responsum gefragt, ob der Käufer eine actio de peculio gegen den Verkäufer habe. Hierbei könnte es um eine actio mandati contraria gehen, die als actio de peculio auf den dominus des auftraggebenden Sklaven umgeleitet werden könnte. Der Freikäufer könnte so die Zahlung von Aufwendungsersatz verlangen. Aufwendungen hat der Freikäufer getätigt, indem er den Kaufpreis aus seinem eigenen Vermögen (de suis nummis) an den dominus gezahlt hat, so dass hieraus auch darauf geschlossen werden kann, dass in der Zwischenzeit der Auftrag ausgeführt worden ist. Dieser Anspruch de peculio ist allerdings ausgeschlossen, weil der Prätor an solche Verträge nicht gedacht habe, sagt Papinian.185 Denn für den Fall, dass die redemptio suis nummis durchgeführt werden soll ohne 182 Zum Patronatsrecht allgemein siehe unten § 28; zum Patronatsrecht im Falle der redemptio suis nummis unten § 29. 183 Vgl. Voci, S. 264 f. 184 Hierfür gibt es keinerlei Anhaltspunkte in den geschilderten Sachverhalten; vgl. auch Knütel, Mandat zum Freikauf, S. 370. 185 Finkenauer, FS Knütel, S. 351 f. mit Anm. 62 hält diesen Ausschluss der actio de peculio für ein weiteres Argument gegen die Annahme, die redemptio suis nummis könne auch wirksam stattfinden, wenn der dominus keine Kenntnis vom Freikauf-Charakter des Geschäftes hatte. Ähnlich Horsmann, Historia 35 (1986), S. 317 mit Anm. 61. – Zur Frage der notwendigen Kenntnis des Herrn siehe in Bezug auf das peculium oben § 14 IV. 2. g), für das mandatum unten § 21 II. 2. und 3.
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3. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Auftrag
Kenntnis des Herrn davon, dass der Sklave nach dem Verkauf an den Freikäufer die Freiheit erlangen soll, missbraucht dieser Sklave die Befugnisse, die er mit Einräumung eines peculium erlangt hat: Er darf mit dem Sondergut zwar wirtschaften, aber nur im Interesse seines Herrn. Außerhalb seiner Ermächtigung (administratio) agiert der Sklave, wenn er dem Herrn nachhaltig schadet, indem er durch den Abschluss des mandatum, das den Herrn belastet, gleichsam eine Untreue gegenüber seinem Herrn begeht.186 Obwohl in der Stelle nicht ausdrücklich gesagt wird, dass ein Freikauf des Sklaven mit Zahlung des Kaufpreises aus dem peculium beabsichtigt ist, scheint es aber um einen Freikauf zu gehen, bei dem eine Erstattung der Zahlung des Käufers mit Mitteln aus dem peculium geplant ist. Ein solches Geschäft steht jedoch im Widerspruch zu den Interessen des Herrn, der regelmäßig will, dass der Sklave den ihn übertragenen Aufgaben nachkommt, ohne jedoch einen größeren oder kleineren Teil des verdienten Geldes für sich selbst zu verwenden und ihm auf diese Weise dauerhaft zu entziehen. Papinian nennt es mala ratione, wenn der Sklave sich seinem Herrn entziehen will; ein solcher Vertrag ist vom Rechtsschutz des Prätors nicht erfasst und nicht vorgesehen.187 dd) Freikauf eines liber homo bona fide serviens, eines Freien, der als Sklave dient (D. 17.1.54.1) Im § 1 der Stelle gibt Papinian ein Beispiel für einen liber homo bona fide serviens, der einem Dritten den Kauf seiner selbst aufträgt. Das Geschäft findet statt und der Freikäufer zahlt mit eigenem Geld. Allerdings ist problematisch, dass der Freizulassende in Wirklichkeit frei ist, so dass eine Freilassung nicht möglich ist. Dann soll der beauftragte Freikäufer mit der actio mandati contraria klagen können (gegen den Auftraggeber) unter der Voraussetzung, dass der Freikäufer die Klagen aus dem Kaufvertrag an den vermeintlichen Sklaven abtritt. Diese Klage des Freikäufers ist dann gerichtet auf einen Aufwendungsersatz, der im gezahlten Kaufpreis besteht. Allerdings muss der Beauftragte im Gegenzug alles aus dem Auftrag Erlangte, hier also die Klagen gegen den Verkäufer, an den Auftraggeber abtreten. Wiederum ist von der Wirksamkeit des mandatum auszugehen, ebenso wie von der des Kaufes, denn auch hier erübrigten sich andernfalls die weiteren Ausführungen des Juristen; im Übrigen geht es auch hier um einen Fall von redemptio suis nummis. Problematisch ist, dass Aufwendungen grundsätzlich nur entschädigt werden, wenn sie tatsächlich entstanden sind. Was aber hat der Beauftragte in 186 Zu
den Befugnissen im Rahmen eines peculium siehe oben § 8. Knütel, Mandat zum Freikauf, S. 370 f.; Voci, S. 266.
187 Vgl.
§ 20 Der Auftrag in den Quellen zum Freikauf 255
casu aufgewendet? Knütel188 geht davon aus, dass die Freilassung des Scheinsklaven nach dem Kauf auch vollzogen ist – sonst müsste man nicht unterstellen (finge!), eine Freilassung habe bislang nicht stattgefunden. Wenn der Freikäufer den Scheinsklaven aber freigelassen hat, hat er nichts mehr erlangt, zu dessen Herausgabe er im Gegenzug zum Aufwendungsersatzanspruch verpflichtet wäre.189 Knütel überlegt daher, ob dies mit dem Interesse des Freikäufers zusammenhängt, das nach der Freilassung nicht verletzt sei, weil er an einem freigelassenen Sklaven genauso wenig Eigentum und Besitz gehabt hätte wie an einem bona fide serviens. Er verwirft diesen Gedanken jedoch und geht vielmehr davon aus, es komme auf die Eviktion an, die auch im Falle eines für den vermeintlichen Sklaven erfolgreichen Ingenuitätsprozesses zu bejahen sei. Es ist aber nicht notwendig, anzunehmen, die Freilassung habe im vorliegenden Fall stattgefunden, sondern der Sachverhalt könnte auch folgender sein: Der Beauftragte hat den Kaufpreis schon gezahlt (nummis emptoris factum sit) und anschließend stellt sich heraus, dass der Sklave in Wirklichkeit ein Freier ist. Der Scheinsklave hat dann keine Veranlassung mehr, dem Beauftragten den vorgestreckten Kaufpreis zu ersetzen. Deshalb erhebt der Beauftragte die actio mandati contraria. Dafür, dass es auf die vorgenommene Freilassung nicht ankommen kann, spricht überdies, dass sie ins Leere geht, weil der vermeintliche Sklave freigeboren ist. So rückt D. 17.1.54.1 sehr nahe an die sogleich zu erörternde Stelle D. 17.1.8.5 heran; die beiden Stellen sind in ihrem Sachverhalt wohl nahezu identisch und hier wie dort wurde der vermeintliche Sklave für freigeboren erklärt.190 Aus einer Zusammenschau des principium und § 1 lässt sich schließen, dass der Käufer in § 1 mit der actio mandati contraria Ersatz seiner Aufwendungen verlangen kann.191 Der dominus kann gleichzeitig im Wege der actio mandati die Freilassung des Sklaven verlangen; welche Motive ihn hierbei leiten könnten, entnimmt man dem principium.
188 Mandat
zum Freikauf, S. 361. auch zum Folgenden Knütel, Mandat zum Freikauf, S. 361 f. 190 Zu Ulp. D. 17.1.8.5 (31 ad ed.) siehe sogleich § 20 III. 2. c) und schon oben ausführlich § 13 III. 191 Dass die actio mandati contraria hier gewährt wird, ist freilich ein Sonderfall, der darauf beruht, dass der bona fide serviens nur ein Scheinsklave ist, der den Status des Freien tatsächlich nie verloren hat; zu dieser Klage des Freikäufers im Übrigen siehe sogleich § 20 II. 2. d) und unten § 21 II. 5. 189 Vgl.
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3. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Auftrag
c) Interpretation von Ulp. D. 17.1.8.5 aa) Zwei Sachverhaltsalternativen Ulpian zitiert Julian, der der Frage nachgeht, ob ein bona fide serviens, der ein Freikauf-Geschäft initiiert hatte, um die Freiheit zu erlangen, und erst nach seiner Freilassung im Ingenuitätsprozess für freigeboren erklärt worden ist, das für die eigene Freiheit gezahlte Geld zurückverlangen kann.192 Es wird unterschieden zwischen dem Fall, dass dem Freikäufer Titius Mittel aus dem peculium übergeben werden, das der vermeintliche Sklave mitnehmen darf (1. Alternative), und dem Fall, dass die Zahlung aus dem Sondergut stammt, das bei dem bonae fidei emptor, also dem Veräußerer, verbleiben soll (2. Alternative).193 Auffällig ist, dass in diesem § 5 nur die Klagen des Käufers gegen den Verkäufer behandelt werden. bb) Wirksamkeit des mandatum Da die Stelle bereits im Rahmen der Untersuchungen des peculium ausführlich behandelt wurde, ist hier nur auf die bedeutsamen Punkte in Zusammenhang mit dem mandatum einzugehen. In der 1. Alternative, die Ulpian mit Rückgriff auf Julian beschreibt, wird dem bona fide serviens eine actio mandati gegen den Freikäufer auf Abtretung der Klagen gegen den Verkäufer gewährt. Allein aus der Tatsache, dass Julian eine actio mandati gewährt, muss man schließen, dass das mandatum, welches der vermeintliche Sklave dem Freikäufer Titius erteilte, wirksam ist – andernfalls wären Überlegungen zu dieser Klage unerheblich, weil es bereits an ihrer vertraglichen Grundlage fehlte. Hierbei ist zu bedenken, dass in casu nicht ein servus, sondern ein bona fide serviens, der homo liber ist, mit Titius kontrahierte. Weil sich aber der Status des bona fide serviens durch seinen Sklavendienst nicht verändert hat, ist das mandatum tatsächlich von einem Freien erteilt worden. Dass dieser erst später im Ingenuitätsprozess für freigeboren erklärt wurde, ist wohl unerheblich; jedenfalls problematisiert Julian dies nicht. Insoweit leuchtet die Wirksamkeit des mandatum also ein. Außerdem ist das mandatum nicht auf eine unmögliche Leistung gerichtet, weil der abzuschließende Kaufvertrag über den bona fide ser viens – wie sich gezeigt hat – wirksam ist, sofern der Käufer keine Kenntnis hat.194 im Zusammenhang mit dem peculium ausführlich siehe oben § 13. zu den beiden Alternativen in D. 17.1.8.5 siehe oben § 13 III. 194 Siehe schon oben § 13 III., insbes. 2. 192 Hierzu
193 Ausführlich
§ 20 Der Auftrag in den Quellen zum Freikauf 257
Aus diesem Auftrag gibt es eine actio mandati, und zwar als actio mandati directa, als Klage des Auftraggebers gegen den beauftragten Freikäufer Titius. Dies wiederum verwundert, denn der bona fide serviens soll nicht nur ein wirksames mandatum erteilt haben, sondern muss auch selbst als Urheber desselben angesehen werden. Wenn man allerdings erneut berücksichtigt, dass der bona fide serviens immer ein Freigeborener bleibt, leuchtet auch dies ein. Inhalt dieser Klage ist grundsätzlich die Herausgabe des Erlangten,195 laut Julian in diesem Falle ein mandare der actiones, quas habet adversus eum a quo comparavit, also die Abtretung der Klagen, die der Käufer aus dem Kaufvertrag mit dem dominus erlangt hat. Dies ist, wie bereits gesehen, zum einen die actio empti, die (zumindest in späterer Zeit) auch dann Platz greift, wenn es zur Eviktion gekommen ist, wenn also dem Käufer der Besitz an der Kaufsache von einem Dritten streitig gemacht wird;196 seit Julian konnte der Käufer im Fall der Eviktion – unabhängig von einer stipulatio duplae – mit der actio empti das einfache Interesse geltend machen.197 In der 2. Alternative wird der Freikäufer durch die Zahlung mit Mitteln des Verkäufers nicht von seiner Kaufpreiszahlungspflicht befreit mit der Folge, dass er keine Klage erlangt hat, die er dem vermeintlichen Sklaven abtreten könnte. Im Vergleich zum Grundfall in Alternative 1 gibt es hier also keine actio mandati; sie stünde nur offen, sofern denn der Freikäufer befreiend geleistet hätte. Da dies nicht erfolgte, erhält der bona fide serviens ebenfalls nichts. Er hat aber Geld aus seinem peculium aufgewendet, das über den Umweg des Freikäufers wieder an seinen dominus gelangt ist. Dieses Geld steht ohnehin dem Herrn zu, es gehört ja in sein Vermögen, weil das peculium rechtlich immer nur ein abgespaltener Teil des patrimonium ist.198 Es sind also alle Vermögenspositionen bei den richtigen Personen; es gibt keine ungerechte Schadensverteilung, weil niemand einen ersatzfähigen Schaden erlitten hat. Folglich gibt es auch keinen Anspruch des bona fide serviens aus der actio mandati.
195 Paul. D. 17.1.20 pr. (11 ad Sab.): Ex mandato apud eum qui mandatum sus cepit nihil remanere oportet, sicuti nec damnum pati debet, si exigere faeneratam pecuniam non potuit. 196 Vgl. Kaser, RP I, S. 553 ff. Zur Eviktion in dieser Stelle ausführlich oben § 13 III. 3. 197 Siehe oben § 13 III. 3. a). 198 Hierzu ausführlich siehe oben § 6.
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3. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Auftrag
d) Interpretation von Ulp. D. 17.1.19 aa) Anspruch des Freikäufers gegen den Verkäufer auf Abnahme des Sklaven Ulpian zitiert in D. 17.1.19 (c) Pomponius, der sich – im Vergleich zu den beiden bereits behandelten Stellen – mit einer Spezialfrage beschäftigt. Ulpian würdigt dies, indem er die Überlegungen scharfsinnig (eleganter) nennt. Es geht um eine redemptio suis nummis und die Frage, ob der Freikäufer vom Verkäufer klageweise die Abnahme des gekauften Sklaven verlangen könne. Wie weit das Geschäft tatsächlich abgewickelt ist, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Wahrscheinlich ist aber, dass der Sklave den Dritten mit dem Kauf seiner Person beauftragte, dieser mit dem dominus den Kaufvertrag abschloss und sich die Frage nach der Klagemöglichkeit des Beauftragten erst nach Abwicklung des Kaufgeschäftes stellte. Hierfür spricht, dass der Anspruch des Beauftragten grundsätzlich nicht von Anfang an, also ab dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses hinsichtlich des Auftrages, besteht, sondern erst dann entsteht, wenn der Beauftragte tatsächlich Aufwendungen getätigt hat.199 Es könnte sich bei diesem Fragment aber auch um einen Schulfall handeln, ein Gedankenspiel, bei dem Pomponius überlegt, wie in der geschilderten Situation zu entscheiden wäre. Ein solcher Fall könnte etwa folgender sein: Der Käufer streckt das Geld für den Freikauf vor, und als er dieses anschließend vom Sklaven zurückverlangt, kann dieser den Kaufpreis nicht erstatten. Nun will der Käufer diesen Sklaven wieder loswerden, das heißt er möchte ihn dem Herrn zurückgeben und für den Kaufpreis, den er aufgebracht hat, Aufwendungsersatz erhalten.200 bb) Klage des Beauftragten gegen den Auftraggeber auf Abnahme (actio mandati contraria ut servum recipiat) Gefragt ist nach der Gegenklage, der actio mandati contraria, des Beauftragten gegen den Auftraggeber. Aus der Tatsache, dass Pomponius in diesem Fragment eine actio mandati ernsthaft in Erwägung zieht und schließlich mit speziellen Argumenten verneint, lässt sich schließen, dass das mandatum an sich wirksam sein muss. Andernfalls wären – wie schon im vorangegangenen Abschnitt gesehen – die actio allein wegen der Nichtigkeit des ihr zugrunde liegenden Vertrages zu verneinen und ein Rückgriff auf schwierigere Argumentationen wie die des Schlusssatzes unnötig. Die Klage ist gerichtet auf ut servum recipiat, wobei umstritten ist, was dies zu bedeuten hat. 199 Hierzu 200 Zum
siehe oben § 16 IV. 2. Gegenstand der Klage des Freikäufers sogleich § 20 III. 2. d) bb).
§ 20 Der Auftrag in den Quellen zum Freikauf 259
Die unterschiedlichen Auffassungen hinsichtlich der Frage, was in D. 17.1.19 Gegenstand der Klage ist, was also recipere bedeutet, hängen eng mit dem Verständnis von redimere in der Stelle zusammen. Buckland201 geht davon aus, redimere bedeute „wiederkaufen“, so dass Pomponius über eine actio mandati contraria nachdenke, die den veräußernden dominus zum Rückkauf des servus verpflichtet. Des Weiteren wird redimere als „freikaufen“ verstanden, und es ist fraglich, was dann Gegenstand der actio mandati contraria ist.202 In diesem Falle wäre der Sklave nämlich nach seiner Freilassung durch den Freikäufer frei, und ein Rückkauf durch den dominus erscheint nicht sinnvoll. Nach Partsch203 hat sich Pomponius in D. 17.1.19 gegen eine actio mandati contraria des Freikäufers ausgesprochen, „denn es sei unbillig, daß der alte Eigentümer zur Zurücknahme seiner zur Freilassung veräußerten Sklaven gezwungen werde“. Dies könnte in dem Sinne zu verstehen sein, dass der dominus den Sklaven gerade deshalb an den Dritten verkaufte, weil dieser ihn freilassen sollte. Dann aber muss in jedem Fall eine actio mandati contraria verneint werden, weil sonst das Ziel des Geschäftes konterkariert würde. Schließlich kann die Konstellation dahingehend aufgefasst werden, dass der Sklave ohne Zustimmung seines Herrn einen Dritten mit dem Kauf beauftragt hatte, damit er mit seinem eigenen Geld von seinem früheren Eigentümer zurückgekauft und dann freigelassen werde.204 Dies würde voraussetzen, dass der Herr das Manöver seines Sklaven letztlich doch billigt und dann bereit ist, ihn wieder zu kaufen. Doch diese Variante erscheint zu kompliziert. Einfacher ist es, redimere genauso wie im Zusammenhang mit redimere ab hostibus als „freikaufen“ vom Herrn bzw. von den Feinden zu verstehen.205 Das Verbum recipere kann nämlich auch abnehmen heißen;206 und hierauf ist die actio mandati contraria gerichtet: Wenn der Beauftragte aus dem Auftrag verpflichtet ist, jegliche Vorteile oder Gewinne 201 S. 216. – Knütel, Mandat zum Freikauf, S. 364 mit Anm. 47 will der Formulierung von Lotmar, SZ 33 (1912), S. 310 in Anm. 2 („ankaufen“) entnehmen, dieser sei auch der Ansicht, der dominus solle zum Rückkauf bewegt werden. – Heumann / Seckel, S. 497 s. v. redimere übersetzen in der ersten Bedeutung mit „wiederkaufen“. 202 Partsch, Nachgel. Schriften, S. 64. Vgl. auch Knütel, Mandat zum Freikauf, S. 364 mit Anm. 48. 203 Nachgel. Schriften, S. 64. – Partsch, S. 65 macht auf die „Inkonsequenz im Mandatsrecht“ aufmerksam. In der Tat wäre es unbillig, wenn der Herr den Sklaven zurücknehmen müsste, obwohl er ihn gerade erst verkauft hat. In ähnlichem Sinne auch Knütel, Mandat zum Freikauf, S. 367. – Vgl. auch Finkenauer, FS Knütel S. 349. 204 Ankum, FS Daube, S. 6; vgl. Knütel, Mandat zum Freikauf, S. 364. 205 Heumann / Seckel, S. 497 s. v. recipere bei 3) „loskaufen: a) aus der Sklaverei oder Gefangenschaft“. So auch Knütel, Mandat zum Freikauf, S. 364. 206 Heumann / Seckel, S. 493 s. v. recipere bei 2): übernehmen, annehmen.
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3. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Auftrag
an den Auftraggeber herauszugeben,207 dann gebietet es die bona fides, dass er umgekehrt auch alles entgegennimmt, was der Beauftragte aufgrund des Auftrages erlangt hat. Dies unterstreicht auch D. 17.1.12.9208, eine Stelle, in der Ulpian verschiedene Posten aufführt, deretwegen der Beauftragte gegen den Auftraggeber im Wege der actio mandati contraria vorgehen kann. Neben der Erstattung eines durch den Beauftragten vorgestreckten Kaufpreises sowie sonstigen Aufwendungen gewährt Ulpian die Auftragsgegenklage auch dann, wenn der Auftraggeber die gekaufte Sache nicht abnehmen will: aut si rem emptam nolis recipere. Interessant ist, dass hier ebenfalls das Verbum recipere verwendet wird, so dass sich also auch an dieser Stelle (wie bei D. 17.1.19) die Frage seiner Bedeutung stellt.209 Die soeben zitierte Stelle spricht aber stark dafür, recipere als „abnehmen“ oder „entgegennehmen“ zu verstehen. Es geht nämlich nicht um eine redemptio, sondern allgemein um die Positionen, die der Beauftragte gegen den Auftraggeber geltend machen kann. Überlegungen, recipere im Zusammenhang mit redimere als rückkaufen, wiederkaufen oder ähnliches zu verstehen, erübrigen sich also in letztgenannter Stelle. Wenn das Verbum recipere in D. 17.1.12.9 aber abnehmen bedeutet, ist es auch in D. 17.1.19 in diesem Sinne zu verstehen, denn es ist kein Grund ersichtlich, der eine unterschiedliche Behandlung der beiden Stellen rechtfertigen könnte. Auch wenn die römischen Juristen bei der Verwendung von Termini nicht unbedingt bemüht waren, diese einheitlich zu verwenden,210 kann doch für D. 17.1.19 der Schluss gezogen werden, dass recipere mit „ab- bzw. entgegennehmen“ zu übersetzen ist.211 Gleichwohl kommt dieser Abnahme im tatsächlichen Ablauf des Geschäftes einer Rücknahme gleich. Eine Klage des Freikäufers auf Abnahme des Sklaven durch den Veräußerer soll es nach Ulpian nicht geben. IV. Ergebnisse zum mandatum im Rahmen der Quellen zur redemptio suis nummis Die Analyse des mandatum in den Quellen zur redemptio suis nummis hat ergeben, dass die zitierten Stellen sich eingehend mit den KlagemöglichkeiArangio-Ruiz, S. 159, S. 165; siehe hierzu oben § 16 II. und IV. 2. ad ed.): Si mihi mandaveris, ut rem tibi aliquam emam, egoque emero meo pretio, habebo mandati actionem de pretio reciperando: sed et si tuo pretio, impendero tamen aliquid bona fide ad emptionem rei, erit contraria mandati actio: aut si rem emptam nolis recipere: simili modo et si quid aliud mandaveris et in id sumptum fecero. (…). Siehe hierzu schon oben § 16 IV. 2. 209 Vgl. die Übersetzung von Knütel in Behrends / Knütel / Kupisch / Seiler, S. 368 „abnehmen“. 210 Vgl. Waldstein, OIR 9 (2004), S. 225. 211 Mit dem gleichen Ergebnis Knütel, Mandat zum Freikauf, S. 364. 207 Vgl. 208 (31
§ 21 Wirksamkeit des Auftrags des Sklaven an den Freikäufer261
ten von Verkäufer und Käufer im Falle des Freikaufes beschäftigen. Das mandatum, welches regelmäßig am Anfang eines Freikauf-Geschäftes steht, wird als wirksam angesehen, weil beiden Vertragspartnern actiones aus diesem Auftragsverhältnis zugestanden werden. Eine solche Beschäftigung der Quellen mit den Rechtsfolgen wäre nicht sinnvoll, wenn das zugrunde liegende mandatum unwirksam wäre. Wie die Wirksamkeit rechtlich zu begründen ist und welche Personen Vertragspartner dieses Auftragsverhältnisses sind, ist sogleich zu untersuchen.212 Hier ist nur festzuhalten, dass das mandatum rechtliche Wirkungen entfaltet.
§ 21 Erklärung der Wirksamkeit des Auftrags des Sklaven an den Freikäufer I. Einführung Der Abschluss eines Freikaufes geht auf die Initiative des Sklaven zurück, der an einen Dritten herantritt und ihn um Abkauf bei seinem aktuellen dominus bittet. Anhand von Ulp. D. 17.1.8.5 (31 ad ed.), ders. D. 17.1.19 (43 ad Sab.) und Pap. D. 17.1.54 (27 quaest.) konnte festgestellt werden, dass zumindest eine actio mandati und eine actio mandati contraria im Verhältnis zwischen dem dominus und dem Freikäufer bestehen, obwohl keine der untersuchten Stellen ausdrücklich von der Wirksamkeit des mandatum spricht. Hieraus konnte aber geschlossen werden, dass das mandatum des Sklaven Rechtswirksamkeit entfaltet. Nun ist zu fragen, wie sich diese Wirksamkeit erklären lässt. Dass ein solches mandatum eines homo liber bona fide serviens wirksam ist, ist bereits oben festgestellt und erklärt worden;213 hier geht es nur um die Frage, ob und wie das mandatum des wirklichen servus wirksam sein kann. In dieser Hinsicht deutet die Gegenüberstellung Papinians in Pap. D. 17.1.54 pr. (27 quaest.) von einem bloßen mandare se emendum des Sklaven, das nullum, also unwirksam ist, und dem Auftrag zum Freikauf, der im Umkehrschluss Wirksamkeit entfaltet, auf eine mögliche Erklärung hin. Denn Papinian differenziert danach, ob das mandatum auf einen Freikauf abzielt oder nicht. Bei der Suche nach einer Begründung der rechtlichen Wirksamkeit des mandatum des Sklaven an den Freikäufer muss auch der Frage nachgegangen werden, ob die Wirksamkeit von der Kenntnis des Herrn vom FreikaufCharakter des Geschäftes abhängt. 212 Zur Bindungswirkung des mandatum für den Herrn und hieraus folgende Konsequenzen vgl. unten § 21 und § 22. 213 Siehe oben § 20 III. 2. c) bb).
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3. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Auftrag
II. Erklärungsansätze für die Wirksamkeit des mandatum des Sklaven im Rahmen der redemptio suis nummis 1. Wirksamkeit des mandatum des Sklaven an den Freikäufer wegen einer Genehmigung durch den Herrn oder aus Praktikabilitätsgründen
a) Genehmigung des Herrn oder Praktikabilitätsgründe Die Wirksamkeit des mandatum des Sklaven an den Freikäufer könnte sich zurückführen lassen auf eine Genehmigung des Herrn. Wenn nämlich der Herr damit einverstanden sein sollte, dass sein Sklave im Wege eines Freikaufes die Freiheit erlangen möchte, könnte er den Auftrag des Sklaven an den Freikäufer als solchen genehmigen. Wie bereits bei der Interpretation von D. 17.1.19 angesprochen, bemüht sich Partsch214, die Stelle Ulp. D. 17.1.19 zu erklären, wobei er sie mit Pap. D. 17.1.54 pr. vergleicht. Er kommt zu dem Schluss, Ulpian gehe in D. 17.1.19 von einem Auftrag des Herrn an den Freikäufer aus bzw. zumindest von einer Zustimmung des Herrn zu diesem Auftrag. Folglich soll das mandatum des Sklaven an den Freikäufer wirksam sein, wenn der Herr es genehmigt. Voci215 geht von der Wirksamkeit des mandatum zum Freikauf aus, jedoch ohne dies näher zu erklären. Er hält es für möglich, dass die Wirksamkeit auf Praktikabilitätserwägungen zurückzuführen sei. Als Erklärung könnte man annehmen, die Praktikabilitätserwägungen sprächen für eine Wirksamkeit des mandatum, die rechtlich mithilfe einer Genehmigung des Auftrags durch den Herrn umgesetzt werden könnte. Einen ähnlichen Ansatz wählt Buckland216, indem er das mandatum an sich zwar für unwirksam hält, allerdings feststellt, der Kauf (des Sklaven durch den Freikäufer beim Herrn) sei wirksam, so dass der Freikauf als Kauf verbunden mit einem mandatum zur Freilassung anzusehen sei. Hier könnte man auch mit Praktikabilitätserwägungen argumentieren, um die Wirksamkeit des mandatum zu begründen. Knütel217 stellt in seinen Ausführungen über das Mandat zum Freikauf ebenfalls fest, dass der Gedankengang der Stellen nahe legt, der Auftrag auch des Sklaven entfalte Rechtswirksamkeit. Sodann wendet er sich gegen die Überlegung, der Herr könne das mandatum genehmigt haben, und auch zum Folgenden Partsch, Nachgel. Schriften, S. 64 ff. auch zum Folgenden Voci, S. 263 ff.; vgl. oben § 11. Anders Partsch, Nachgel. Schriften, S. 64 mit Anm. 170. 216 S. 639. 217 Mandat zum Freikauf, S. 363 ff. 214 Vgl.
215 Siehe
§ 21 Wirksamkeit des Auftrags des Sklaven an den Freikäufer263
kritisiert sie als „bloße Unterstellung“218; die Ausführungen Bucklands überzeugen ihn nicht.219 Vielmehr könne davon ausgegangen werden, Pomponius habe aus Gründen der Praktikabilität das mandatum des Sklaven für wirksam erachtet. Vielleicht habe er dabei auch die epistula der divi fratres im Blick gehabt, die dem Sklaven im Falle einer im Zuge eines Freikaufs verabredeten, aber bislang unterbliebenen manumissio einen klagbaren Anspruch auf Freiheit einräumte,220 und zwar indem Pomponius diese bereits auf die Verabredung von Sklave und Freikäufer im Vorfeld, das heißt auf das mandatum, ausgedehnt habe. Knütel folgt in seiner Annahme also Voci; beide halten den Auftrag aus praktischen Erwägungen für wirksam, geben aber nicht weiter an, wie dies rechtlich umzusetzen wäre. Aus dem Verhältnis zwischen Kaufvertrag und mandatum schließt Knütel dann, dass letzteres im Ergebnis den Herrn nur berechtigen, nicht aber verpflichten könne, so dass es im Vergleich zum Kauf nur eine untergeordnete, sekundäre Rolle spiele. Warum die Überlegung, der dominus könne das mandatum seines Sklaven genehmigt haben, mit Knütel als reine Fiktion abgelehnt werden muss, ist nicht ganz einleuchtend; schließlich gibt auch Papinian in D. 17.1.54 pr. (27 quaest.) zu bedenken, jener könne ein persönliches Interesse an der Freilassung des Sklaven haben, welches als Affektionsinteresse bei der actio mandati berücksichtigt werde. Sollte aber ein derartiges Interesse bestehen, erscheint es nicht abwegig, von einer Zustimmung des Herrn zum Mandat des Sklaven auszugehen. Es ist also möglich, dass der Herr zumindest konkludent den Auftrag seines Sklaven an den Freikäufer genehmigt221 und diese Zustimmung des Herrn die Wirksamkeit des mandatum des Sklaven begründet. Auf diese Weise wird zugleich dem Umstand Rechnung getragen, dass eine Vertretung im Willen dem römischen Recht strenggenommen fremd ist, wie sich auch der Feststellung im letzten Satz in Ulp. D. 17.1.19 entnehmen lässt, der Herr dürfe aus dem mandatum genauso wenig verpflichtet sein wie dazu, den Sklaven zu verkaufen.222
218 Knütel,
Mandat zum Freikauf, S. 366; hierzu vgl. oben § 20 III. 2. d) cc). Mandat zum Freikauf, S. 370. 220 Zur epistula der divi fratres siehe ausführlich oben § 2 I., zur Wirkungsweise unten § 24 ff. 221 Knütel, Mandat zum Freikauf, S. 366 ff. erklärt die Wirksamkeit des mandatum damit, dass es dem Herrn letztlich nicht schade, sondern nur vorteilhafte Wirkung habe, wie aus D. 17.1.54 hervorgehe. 222 Ulp. D. 17.1.19 (43 ad Sab.): (…), nec magis in hunc casum debeo mandati teneri, quam ut eum tibi venderem. Hierzu ausführlich siehe oben § 20 III. 219 Knütel,
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3. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Auftrag
b) Notwendigkeit der Kenntnis des Herrn bei Wirksamkeit des mandatum aufgrund einer Genehmigung oder aufgrund von Praktikabilitätserwägungen Weitere Voraussetzung der Wirksamkeit des mandatum des Sklaven an den Freikäufer könnte sein, dass der Herr Kenntnis von den Freikaufabsichten seines Sklaven hat. Geht man davon aus, der Herr habe das mandatum seines Sklaven zumindest konkludent genehmigt, so drängt sich die Über legung auf, dass eine Genehmigung nur dann möglich ist, wenn derjenige, der sie erteilen soll, auch Kenntnis vom Inhalt hat. Mit anderen Worten: Die Zustimmung des Herrn zum mandatum seines Sklaven an den Freikäufer setzt notwendigerweise seine Kenntnis davon voraus, dass sein Sklave eine redemptio suis nummis initiiert hat. Nimmt man aber mit Buckland223 an, das mandatum des Sklaven werde nur in Kombination mit dem anschließend abgeschlossenen Kaufvertrag zwischen dem Freikäuer und dem Herrn wirksam, ist die Kenntnis des Herrn vom Freikauf-Charakter keine notwendige Voraussetzung der Wirksamkeit dieses mandatum. Denn sie erklärt sich allein aus der Überlegung, dass der anschließende Kaufvertrag gleichsam den vorausgehenden Auftrag heilt. Eine vergleichbare Lösung wählen Voci und Knütel, die Praktikabilitätserwägungen dafür genügen lassen, dass das mandatum des Sklaven an den Freikäufer wirksam ist.224 Auch diese Annahme zwingt nicht dazu, die Kenntnis des Herrn als Voraussetzung für die Wirksamkeit des mandatum anzusehen. Denn die Wirksamkeit des Auftrages wird hier allein mit objektiven Praktikabilitätserwägungen begründet, die die Parteien des Geschäftes von vornherein unberücksichtigt lassen. Nur wenn man von einer Genehmigung des Auftrages durch den Herrn ausgeht, ist seine Kenntnis vom Freikauf-Charakter notwendig; andernfalls ist der Auftrag auch ohne Wissen des Herrn wirksam. 2. Wirksamkeit des mandatum des Sklaven mit peculium an den Freikäufer aufgrund Überleitung der Haftung auf den dominus
Die Wirksamkeit des mandatum im Rahmen der redemptio suis nummis könnte sich aus folgender Überlegung ergeben: Aus einem wirksamen Auftrag des Sklaven, der ein peculium hat, an einen Dritten folgt für den 223 S. 639; 224 Voci,
hierzu soeben § 21 II. 1. a). S. 263 ff.; Knütel, Mandat zum Freikauf, S. 366 ff.; hierzu § 21 II. 1. a).
§ 21 Wirksamkeit des Auftrags des Sklaven an den Freikäufer265
Beauftragten eine actio mandati contraria, wie beispielsweise aus Paul. D. 3.5.41 (32 ad ed.)225 hervorgeht. Diese Klage ist eigentlich gegen den Auftraggeber, also den Sklaven gerichtet. Wegen der Rechts- und Vermögensunfähigkeit des den Auftrag erteilenden Sklaven wird die actio mandati contraria auf den dominus übergeleitet als adjektizische Klage. Auch im Rahmen der redemptio suis nummis wird die actio mandati contraria des Freikäufers, die eigentlich gegen den Sklaven gerichtet ist, auf den dominus übergeleitet, was allerdings zu dem – auch von römischen Juristen als solches erkannten – widersinnigen Ergebnis führte, dass der Herr kurz nach dem Verkauf des Sklaven diesen wieder zurücknehmen müsste.226 Darüber hinaus kann Paul. D. 3.5.41 (32 ad ed.) mit der Überleitung der Haftung auf den dominus, der der wahre Geschäftsherr ist, als Erklärung dafür herangezogen werden, weshalb in D. 17.1.54 pr. (27 quaest.), einer Stelle, die die redemptio suis nummis behandelt, Papinian die actio de peculio gegen den dominus problematisiert.227 Allerdings führen die Überleitung der Haftung auf den dominus und die Übernahme des Geschäftes durch den Abschluss des Kaufvertrages zwischen dominus und Freikäufer dazu, dass das anfängliche Drei-Personenverhältnis der redemptio suis nummis zusammenbricht, weil der Sklave von der handelnden Person zum Gegenstand des Kaufvertrages wird. Dies beeinträchtigt die Wirksamkeit des zuvor erteilten mandatum wohl aber nicht, sondern verändert lediglich das Personenverhältnis für die Zukunft, nämlich für den Kaufvertrag und die anschließende Freilassung. Diese Veränderung im Personenbestand ist zugleich als Charakteristikum der redemptio suis nummis anzusehen. Aufgrund der Tatsache, dass aus einem Auftrag eines Sklaven, dem ein peculium eingeräumt ist, an einen Dritten die Haftung auf den Herrn des Sklaven übergeleitet wird, lässt sich die Wirksamkeit des mandatum auch im Rahmen des Freikaufs begünden. Besorgnis erregen könnte allerdings die Überlegung, dass der Herr unter Umständen aufgrund des mandatum seines Sklaven zum Abschluss des Kaufvertrages mit dem Freikäufer gezwungen werden könnte. Aber auch dieser Befürchtung kann begegnet werden, und zwar mit dem Hinweis auf die Quellen, die in einer solchen Situation die Bindung des Herrn mit Nachdruck verneinen.228 Außerdem besteht diese Gefahr nicht, weil das mandatum ja für den Herrn die Rechtslage nur verbessert, ihn also nur berechtigt, nicht aber verpflichtet, denn er erhält zwar die Möglichkeit, die actio mandati zu erheben, zur Rücknahme des Sklaven nach Abschluss des Kaufvertrages ist er aber nicht verpflichtet. 225 Für
den Text siehe oben § 20 I. Ulp. D. 17.1.19 (43 ad Sab.); hierzu ausführlich oben § 20 III. 227 Hierzu ausführlich und mit dem Text siehe oben § 20 III. 228 Ulp. D. 17.1.19 (43 ad Sab.); zum Text siehe oben § 20 III. 1. c). 226 Vgl.
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3. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Auftrag
Überdies kommt es nur dann zum Verkauf des Sklaven, wenn der Herr mit dem Freikäufer tatsächlich einen Kaufvertrag abschließt.229 Allerdings erklärt dies nicht, warum das mandatum des Sklaven nur dann wirksam ist, so Papinian in D. 17.1.54 pr.230, wenn es auf den Kauf des Sklaven mit anschließender Freilassung gerichtet ist. Vielleicht lässt sich die Wirksamkeit nur des auf den Freikauf gerichteten mandatum damit begründen, dass ein reines mandatum des Sklaven an den Freikäufer zum Kauf seiner selbst für den Herrn nachteilig ist. Wäre dieses wirksam, verlöre der Herr das Eigentum am Sklaven und erhielte hierfür einen Kaufpreis, der aber nicht dazu führte, dass beispielsweise unterschlagene Gelder aus einer eventuellen „schwarzen Kasse“ des Sklaven wieder an ihn gelangten.231 Denn der Sklave würde diese Gelder gerade nicht dem Freikäufer übergeben, damit dieser den Kaufpreis für den Sklaven an den Herrn zahlte. Auch die Unwirksamkeit des Kaufs der eigenen Sache könnte den Auftrag zumindest problematisch erscheinen lassen.232 Eine schlüssige Erklärung für die Unwirksamkeit des mandatum se emendum bilden diese Überlegungen freilich nicht. Mit Blick auf den favor libertatis, den Willen zur Begünstigung der Freiheit, erscheint es angemessen, den Auftrag des Sklaven zum Freikauf als wirksam anzusehen. Der favor libertatis könnte als Tendenz römischer Juristen bezeichnet werden, in Zweifelsfragen zugunsten der Freiheit zu entscheiden.233 Beim mandatum zum Freikauf wird die Freiheit des Sklaven insofern begünstigt, als sein Auftrag wirksam ist und schließlich dazu führt, dass er bei unterbleibender Freilassung diese mithilfe der constitutio vom Freikäufer sogar erzwingen kann. Die Wirksamkeit des mandatum könnte notwendig sein, damit das Freilassungsversprechen des Freikäufers, das dieser dem Sklaven im Rahmen des mandatum gibt, verbindlich wird. Dieser Überlegung wird bei der Justiziabilität der redemptio suis nummis nachgegangen werden.234 Hier bleibt nur festzuhalten, dass die Wirksamkeit des Auftrags zum Freikauf wohl mit dem favor libertatis zu begründen ist.
229 Hierzu
oben ausführlich § 20 III. den Text sowie die Interpretation siehe oben § 20 III. 231 Zur „schwarzen Kasse“ des Sklaven und einer Zahlung des Kaufpreises aus dieser siehe ausführlich oben § 14 IV. 232 Zum Kauf der eigenen Sache siehe ausführlich oben § 20 III. 2. b) aa) (2). 233 Vgl. Kaser, RP I, S. 239 f.; Härtel, Index 5 (1974 / 75), S. 281 ff. Zur Be deutung des favor libertatis im Rahmen der redemptio suis nummis siehe unten § 31 IV. 2. 234 Zur Bedeutung des mandatum für die Justiziabilität der redemptio suis nummis siehe § 26 II. 230 Für
§ 21 Wirksamkeit des Auftrags des Sklaven an den Freikäufer267 3. Notwendigkeit der Kenntnis des Herrn bei Überleitung auf den Herrn
Die Kenntnis des Herrn könnte Voraussetzung dafür sein, dass das mandatum im Rahmen der redemptio suis nummis wirksam ist, und zwar unter dem Aspekt, dass andernfalls ein dem Willen des Herrn widersprechendes Ergebnis erzielt werden könnte. Grundsätzlich erfolgt die Haftungsüberleitung auf den Herrn ohne sein Wissen, nämlich automatisch (ipso iure). Hierfür ist also keine Kenntnis erforderlich. Es ist aber zu überlegen, ob es aus Gründen des Schutzes der Interessen und des Willens des dominus notwendig ist, dass er von den Freikaufabsichten seines Sklaven weiß. Wenn er Vertragspartner des mandatum sein soll, müsste er eine Willenserklärung abgegeben haben. Aber die Rechte und Pflichten aus dem mandatum treffen ihn nicht als denjenigen, der den Auftrag erteilt hat, sondern kraft Überleitung durch vorangegangenes Handeln seines Sklaven. Nimmt man an, der Herr habe keine Kenntnis vom Hintergrund des Geschäftes, willigt aber dennoch in das Angebot des Freikäufers ein und verkauft seinen Sklaven an diesen, ist der Kaufvertrag an sich dennoch wirksam.235 Grundsätzlich ist ein Geschäft des Sklaven für sein peculium wirksam: Falls ein filius familias, ohne hierzu ausdrücklich ermächtigt zu sein, sich für einen Dritten verbürgt hat, soll die actio mandati laut Ulpian in D. 17.1.12.4236 nur dann entfallen, wenn nichts im peculium vorhanden ist. Bestand aber ein iussum des pater oder wurde aus dem peculium gezahlt, so habe der pater die actio mandati gegen den Dritten, für den sich der Haussohn verbürgt hat. Dies spricht dafür, im Falle des peculium für den filius oder den servus, denn diese sind ja im Wesentlichen gleich zu behandeln,237 von einer Ermächtigung zum Handeln mit diesem Sondergut auszugehen. Sie kann zum Beispiel auch die Übernahme einer Bürgschaft einschließen und dem pater bzw. dominus auf diese Weise als Auftraggeber die actio mandati verschaffen. So kann auch im Falle der redemptio suis nummis das mandatum wirksam sein; zudem verpflichtet es lediglich den Freikäufer, nach Rückerstattung des Kaufpreises durch den Sklaven diesen freizulassen. Hiermit hat der veräußernde dominus aber nichts mehr zu tun, denn er hatte sich im Rahmen des Kaufvertrages bereits dazu entschlossen, das Eigentum an ihm aufzugeben und auf den Freikäufer zu übertragen. Folglich hat er kein Interesse mehr im Hinblick auf den Voci, S. 263; siehe hierzu oben § 11 und § 21 II. 1. a). ad ed.): Si filius familias non iussu patris fideiusserit, cessat mandati actio, si nihil sit in peculio: quod si iussu, vel ex peculio solutum est, multo magis habet pater mandati. 237 Hierzu bereits oben § 5 I. 1. in Anm. 3. 235 Vgl. 236 (31
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3. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Auftrag
Sklaven, und eine spätere Freilassung durch den Erwerber verletzt seine vermögensrechtlichen wie etwaige schutzwürdige persönlichen Interessen nicht. Und vielleicht hatte er sogar eher ein Interesse daran, den Sklaven loszuwerden, wie Ulp. D. 17.1.19 (43 ad Sab.) andeutet. Diese Überlegungen führen zugleich dazu, dass das auf den Ankauf des Sklaven zur anschließenden Freilassung gerichtete mandatum offenbar als Pekuliargeschäft anzusehen ist, obwohl der Sklave selbst nicht in sein eigenes peculium fällt und der Freikauf an sich kein Handeln für das peculium ist.238 Dies wiederum leuchtet ein, wenn man bedenkt, dass das peculium ein Instrument ist, das dem Sklaven den Rechtsschein der Kreditwürdigkeit verschafft, während es gleichzeitig durch den Herrn als solches nicht modifiziert werden kann.239 So kann also auch ein Handeln des Sklaven, das an sich außerhalb seiner Befugnisse für das Sondergut liegt, auf den Herrn übergeleitet werden, sofern es für den Herrn nicht mit Nachteilen verbunden ist. Sollte der Herr allerdings in jedem Fall eine Freilassung des Sklaven durch den Freikäufer verhindern wollen, konnte er bei Abschluss des Kaufvertrages eine solche Bestimmung in den Vertrag aufnehmen und so die manumissio ausschließen. Dass dies auch im Zuge der redemptio suis nummis möglich war, geht aus D. 40.1.4.9240 hervor; dort weist Ulpian darauf hin, dass die Konstitution der divi fratres keine Anwendung finde und der Sklave nicht auf Freilassung klagen könne, wenn es sich um einen Sklaven handle, der nicht freigelassen werden könne, etwa weil dieser unter der Bedingung verkauft oder im Testament angeordnet war, dass er nicht freigelassen werden dürfe. In gewissem Widerspruch hierzu steht D. 40.1.4.7241. Ulpian sagt, der Sklave werde auch dann frei, wenn ihn jemand mit seinen eigenen Mitteln (Geld des Sklaven) gekauft habe mit der Vereinbarung, ihn nicht freizulassen, denn es sei richtiger, der Meinung derer zu folgen, die den Sklaven zur Freiheit gelangen lassen, weil sowohl jener Scheinkäufer nur seinen Namen zur Verfügung stelle als auch ihm keinerlei Nachteil entstehe.242 Daher kann die Wirk238 Vgl. Pap. D. 17.1.54 pr. (27 quaest.); Ulp. D. 17.1.19 (43 ad Sab.), zu den Stellen ausführlich siehe § 20 III. Siehe auch oben § 14 IV. 2. b). 239 Siehe hierzu schon oben § 5, insbes. V. 240 Ulp. D. 40.1.4.9 (6 disp.): In illis sane servis non intervenit constitutio, qui in totum perduci ad libertatem non possunt, ut puta si exportandus vel hac lege venierit (vel testamento hanc condicionem acceperat), ne umquam manumitteretur. Vgl. auch unten § 24 II. 2. 241 (6 disp.): Ergo et si forte quis sic comparaverit suis nummis, ne eum manumittat, benigna est opinio dicentium hunc ad libertatem pervenire, cum et nomen emptionis imaginarius iste emptor accommodet et praeterea nihil ei absit. Zu dieser Stelle siehe auch unten § 26 I. 1. 242 Vgl. Ulp. D. 40.1.4.6 (6 disp.): Sive autem exprimetur in contractu (velut in emptione) hoc ‚ut manumittatur‘ sive non exprimatur, verius est libertatem compe-
§ 21 Wirksamkeit des Auftrags des Sklaven an den Freikäufer269
samkeit des mandatum als für die Interessen und den Willen des dominus unschädlich eingestuft werden, so dass kein Schutz notwendig erscheint. Dann ist aber nicht ersichtlich, warum der Herr von der Existenz des mandatum zum Freikauf aus Gründen des mandatum Kenntnis haben müsste. Es lässt sich festhalten, dass aus Gründen des mandatum der Herr keine Kenntnis von den Freikaufabsichten seines Sklaven haben musste, sofern der Sklave ein peculium hatte. Wenn er in das Angebot des Freikäufers eingewilligt und diesem seinen Sklaven verkauft hatte, ist davon auszugehen, dass der weitere Verbleib des Sklaven außerhalb seines Interesses stand. Sollte er dennoch eine etwaige Freilassung des Sklaven verhindern wollen, konnte er dies im Rahmen des Kaufvertrages mit dem Freikäufer vereinbaren und auf diese Weise versuchen, es dem Sklaven unmöglich zu machen, gegen diesen auf Vornahme der Freilassung vorzugehen; Ulpian nimmt in D. 40.1.4.7 jedoch an, selbst dann könne der Sklave frei werden. 4. Wirksamkeit des mandatum des Sklaven ohne peculium an den Freikäufer
Zu überlegen ist schließlich, wie sich die Wirksamkeit des mandatum im Rahmen einer solchen redemptio suis nummis erklären lässt, bei der der Sklave kein peculium hat, aus dem er den Kaufpreis entrichten könnte. Was die Zahlung anbelangt, so ist auch denkbar, dass er zum Beispiel mit einem Dritten vereinbart, dass dieser ihm das Geld vorstrecke und er es nach seiner Freilassung abarbeite.243 Wenn ein Sklave, dem kein peculium eingeräumt ist, einem Dritten ein mandatum erteilt, wird dieses als Geschäft eines Gewaltunterworfenen auf den Herrn übergeleitet. Dabei ist wiederum der Grundsatz zu beachten, dass der Sklave die Lage seines Herrn lediglich verbessern, nicht jedoch verschlechtern kann.244 Allerdings verschlechtert das mandatum des Sklaven an einen Dritten, ihn bei seinem Herrn zu kaufen, die Lage seines Herrn nicht. Denn aus Pap. D. 17.1.54 pr. und Ulp. D. 17.1.19 geht ausdrücklich hervor, dass dem Freikäufer nicht die actio tere; für den Freilassungsanspruch des Sklaven sei unerheblich, ob die Freiheitsabsicht des Sklaven im Rahmen des Kaufvertragsabschlusses zwischen dominus und Freikäufer überhaupt zur Sprache komme oder nicht. – Finkenauer, FS Knütel, S. 347 f. löst den Widerspruch wie folgt auf: Eine Freilassung könne nur verhindert werden, wenn der Sklave vor der redemptio suis nummis schon mit einer Nichtfreilassungsklausel verkauft worden war. Als Beispiel gibt er an, der dominus selbst habe den Sklaven mit dieser Auflage gekauft. 243 Zu den Zahlungs- und Finanzierungsmodalitäten der redemptio suis nummis siehe ausführlich oben § 14. 244 Vgl. Gai. D. 50.17.133 (8 ad ed. prov.): Melior condicio nostra per servos fieri potest, deterior fieri non potest.
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3. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Auftrag
mandati contraria zusteht; der Herr muss also den Sklaven nicht zurücknehmen, weil dies unbillig wäre. Obwohl es in diesen beiden Stellen um den Verkauf eines Sklaven mitsamt dem peculium geht, sprechen sie dennoch für einen generellen Ausschluss der actio mandati contraria im Falle der redemptio suis nummis, weil die Begründung des Ausschlusses dieser Klage des Beauftragten unabhängig ist von der Existenz eines peculium. Der letzte Satz in D. 17.1.19 spricht darüber hinaus auch für den Ausschluss eines Aufwendungsersatzanspruchs des Freikäufers: Ulp. D. 17.1.19 (43 ad Sab.)245 (…) nec magis in hunc casum debeo mandati teneri, quam ut eum tibi venderem.
Der Herr dürfe genauso wenig aus dem Auftrag verpflichtet sein wie dazu, den Sklaven überhaupt zu verkaufen. Die Lage des Herrn wird durch den Auftrag seines Sklaven auch deshalb nicht verschlechtert, weil dieser Auftrag nicht geeignet ist, den Herrn zum Kaufvertragsabschluss mit dem Dritten zu verpflichten; dieser schuldet lediglich ein ernsthaftes Bemühen um den Vertragsabschluss. Sollte ein solcher Kaufvertrag tatsächlich zustande kommen, wird die Rechtslage des Herrn aufgrund des von seinem Sklaven erteilten Auftrages, der auf ihn übergegangen ist, nur verbessert. Denn es kommt der Anspruch aus der actio mandati hinzu, mit der der Herr die Freilassung seines Sklaven durchsetzen kann – freilich nur bei Kenntnis von der Freikaufabrede. In diesem Fall des Verkaufs eines Sklaven ohne peculium kann das mandatum zum Kauf mit anschließender Freilassung nicht als Pekuliargeschäft angesehen werden.246 Dies zeigt zugleich, dass es für die rechtliche Wirksamkeit des mandatum im Rahmen der redemptio suis nummis nicht darauf ankommt, ob der Auftrag als Pekuliargeschäft angesehen wird oder nicht. Überdies ist bereits festgestellt worden, dass der Freikauf eines Sklaven, der ohne peculium verkauft wird, zur Wirksamkeit der Kenntnis des Herrn bedarf, nämlich für die Wirksamkeit der Kaufpreiszahlung aus dem peculium.247 Daher kann für die Frage der Wirksamkeit des mandatum auch angenommen werden, der Herr genehmige mit Kaufvertragsabschluss die Auftragserteilung an den Freikäufer durch seinen Sklaven. Das mandatum des Sklaven an den Freikäufer ist also auch dann wirksam, wenn der Sklave kein peculium hat.
245 Hierzu
ausführlich oben § 20 III. 1. c). aber wohl beim Verkauf des Sklaven mit peculium, siehe soeben § 21 II. 3. 247 Siehe hierzu oben § 14. 246 So
§ 21 Wirksamkeit des Auftrags des Sklaven an den Freikäufer271 5. Abschließende Überlegungen
Der Freikäufer erhält vom Sklaven einen wirksamen Auftrag zum Kauf mit anschließender Freilassung. In einem solchen Fall des Auftrags zum Abschluss eines Geschäftes mit einem Dritten schuldet der Beauftragte tätiges Bemühen um den Geschäftsabschluss mit dem Dritten. Für das mandatum im Rahmen der redemptio suis nummis bedeutet dies, dass der beauftragte Freikäufer sich um den Abschluss eines Kaufvertrages mit dem Herrn bemühen muss. Den tatsächlichen Abschluss dieses Vertrages hat er freilich nicht allein in der Hand. Kommt der Kaufvertrag über den Sklaven infolge des mandatum an den Freikäufer tatsächlich zustande, ist der erste Teil des Auftrages erfüllt – der dominus kann aus dem Auftrag die Klage auf Freilassung erheben. Ebenfalls aus dem Auftrag ist der Freikäufer verpflichtet, den Sklaven nach Kaufvertragsabschluss und -vollzug freizulassen. Jedoch ist der Freikäufer aus dem mandatum nicht berechtigt, mit der actio mandati contraria vom veräußernden dominus Aufwendungsersatz in Höhe des vorgestreckten Kaufpreises oder die Rücknahme des Sklaven zu verlangen; aus Ulp. D. 17.1.19 (43 ad Sab.) und Pap. D. 17.1.54 pr. (27 quaest.) geht hervor, dass die Gegenklage des beauftragten Freikäufers ausgeschlossen ist.248 Es hat sich herausgestellt, dass es mehrere Möglichkeiten gibt, die Wirksamkeit des mandatum im Rahmen der redemptio suis nummis zu erklären. Dabei gilt es zunächst festzuhalten, dass ein mandatum eines Sklaven, das auf den Freikauf gerichtet war, wohl als wirksam angesehen wurde, selbst wenn ein eventuell existierendes peculium nicht erwähnt sein sollte. Ein mandatum se emendum, also ein reiner Auftrag zum Kauf des Sklaven, hingegen war unwirksam. Die Wirksamkeit des mandatum zum Freikauf kann auf Praktikabilitätserwägungen oder auf eine zumindest konkludente Zustimmung des Herrn zum Auftrag zurückgeführt werden; diese kann insbesondere dann vorliegen, wenn der veräußernde dominus – wie Papinian in D. 17.1.54 pr.249 andeutet – selbst ein Interesse am Freikauf seines Sklaven hat. Praktikabilitätserwägungen erklären allerdings rechtstechnisch nicht die Wirksamkeit des Auftrages. Erteilt ein Sklave mit peculium den Auftrag zum Freikauf, wird die Haftung aus diesem Auftrag auf den Herrn übergeleitet; die potentielle Inanspruchnahme des dominus erklärt sich also aus der Existenz eines peculium heraus. Dann scheint das Geschäft des Sklaven für 248 Nur in D. 17.1.54.1 gewährt Papinian die actio mandati contraria. Dort handelt es sich aber um einen Sonderfall, weil in diesem Fall ein Scheinsklave (homo liber bona fide serviens) den Auftrag zum Freikauf erteilt, der tatsächlich immer den Status eines Freien hatte; siehe hierzu oben § 20 III. 2. b) cc) und dd). 249 Für den Text sowie die ausführliche Interpretation siehe oben § 20 III.
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3. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Auftrag
den Herrn als solches möglich und wirksam zu sein; er muss aber dennoch selbst einen Kaufvertrag mit dem Freikäufer abschließen. Dies wird der Praxis der redemptio suis nummis am ehesten entsprochen haben, und in diesen Fällen wird der Auftrag des Sklaven wohl als Pekuliargeschäft angesehen worden sein. Das peculium führt dazu, dass der dominus aus dem Auftrag seines Sklaven gebunden ist und beide parallel haften; grundsätzlich ist der servus aufgrund einer naturalis obligatio, der dominus im Wege der actio mandati contraria verpflichtet,250 auch wenn diese Klage des Freikäufers gegen den Herrn aus Billigkeitsgründen ausgeschlossen ist. Daneben konnte der Sklave, der kein peculium hatte, ebenfalls ein wirksames mandatum zum Kauf mit anschließender Freilassung erteilen. In diesem Fall war der Auftrag wirksam, weil das Handeln des Sklaven für den veräußernden Herrn nicht nachteilig war. Es hat sich gezeigt, dass die Kenntnis des veräußernden dominus von der Existenz eines Mandats zum Freikauf rechtlich nicht erforderlich ist, es sei denn, man führt die Wirksamkeit dieses Auftrages auf eine zumindest konkludente Zustimmung des Herrn zurück. Freilich legen Fälle, in denen es um die Frage geht, ob der dominus die actio mandati erheben kann, die Vermutung nahe, der Herr wisse – zumindest im Nachhinein – von der Existenz des mandatum, denn wie sollte er andernfalls die Klage erheben wollen? In Pap. D. 17.1.54 pr. (27 quaest.) geht es nämlich ausdrücklich um die Möglichkeit einer Klage des dominus aus dem Auftrag auf Vornahme der Freilassung, also auf Durchführung des mandatum, deren Erhebung nur bei Kenntnis von der Existenz dieses Auftrages denkbar ist. Die Kenntnis des Herrn ist also dann rein praktisch notwendig, wenn er aus dem mandatum gegen den Käufer vorgehen und von diesem die Freilassung verlangen will. Für den Sklaven selbst war es für die Erlangung der Freiheit nicht notwendig, dass der Herr Kenntnis hatte, um im Wege der actio mandati auf manumissio zu klagen, weil ihm selbst – unabhängig vom Herrn – die Klage aus der constitutio Marc Aurels und Lucius Verus’ offenstand. Bemerkenswert ist, dass, genauso wie im Zusammenhang mit dem peculium des Sklaven von einem quasi patrimonium gesprochen wird, auch Paulus in D. 3.5.41 (32 ad ed.) den Terminus quasi in Bezug auf das mandatum des Sklaven zur Geschäftsführung für seinen Herrn verwendet. Quasi könnte in diesem Zusammenhang also verstanden werden als Begriff, der immer dann benutzt wird, wenn der Sklave aufgrund seiner Rechtsunfähigkeit eine bestimmte Rechtshandlung zwar nicht vornehmen oder aufgrund seiner Vermögensunfähigkeit ein patrimonium nicht haben kann, er aber dennoch auf diese Weise agiert und dieses Handeln wirksam ist. Quasi hat 250 Zur
naturalis obligatio ausführlich oben § 9.
§ 22 Folgen des Auftrags des Sklaven an den Freikäufer273
damit eine erläuternde Funktion, um dem Leser zu verdeutlichen, dass der Sklave Handlungen vornimmt oder Vermögenswerte besitzt, die bei einem Freien den Namen mandatum oder patrimonium tragen. Dies spricht dafür, den Sklaven zumindest im Rahmen der redemptio suis nummis und den mit dieser verbundenen Geschäften als tatsächlich rechtswirksam agierend anzusehen.
§ 22 Folgen des Auftrags des Sklaven an den Freikäufer für Sklaven und Herrn I. Person des Auftraggebers Nachdem die Quellenanalyse ergeben hat, dass das mandatum des Sklaven wirksam ist und sich der Abschluss des mandatum soeben hat erklären lassen aus der Annahme heraus, dass der Sklave mit oder unter Umständen auch ohne peculium ein wirksames mandatum zum Freikauf erteilen kann, drängt sich nun die Frage auf, welche Person im Rahmen des FreikaufGeschäftes als Auftraggeber zu qualifizieren ist. Dies könnten entweder der Sklave oder sein Herr oder aber beide gemeinsam sein. Schon mit Blick auf die Überleitung der Haftung aus dem mandatum auf den Herrn des Sklaven wird deutlich, dass es sich in Fällen des Handelns eines Sklaven um eine Gemengelage handelt, in der die verschiedenen Personen nicht eindeutig der einen oder anderen rechtlichen Position zugeordnet werden können. Der Sklave erteilt einen Auftrag (mandatum), aus dem der Herr nur berechtigt, nicht aber verpflichtet wird, weil die actio mandati contraria des Freikäufers aus Billigkeitsgründen ausgeschlossen ist. Der Sklave wird dagegen nur im Rahmen einer naturalis obligatio verpflichtet. Es besteht also eine parallele Verbindlichkeit der beiden.251 Es leuchtet aber ein, dass der Herr der Auftraggeber im Rechtssinne ist; eine Klage gegen den Sklaven selbst kommt überhaupt nicht in Betracht. Ursprünglich geht der Auftrag zwar vom Sklaven aus, aber weil es eine Überleitung der Haftung im Wege der actio de peculio auf seinen Herrn gibt, ist der Herr als rechtlicher Auftraggeber zu bezeichnen. Daneben ist der Sklave nur faktischer Auftraggeber und Initiator des Freikaufs.252
251 Siehe
hierzu oben § 9 II. 3. diesem Sinne bezeichnet auch Knütel, Mandat zum Freikauf, S. 366, den Herrn als den „juristisch gesehen wahren Auftraggeber“. 252 In
274
3. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Auftrag
II. Überlegungen zum Binnenverhältnis zwischen Sklaven und Freikäufer Nachdem soeben festgestellt wurde, dass der Herr des sich freikaufenden Sklaven – rechtlich gesehen – der Auftraggeber ist, soll nun ein kurzer Blick auf das Verhältnis von Sklaven und Freikäufer zueinander geworfen werden. Der Sklave ist rechtlich gesehen eben nicht Auftraggeber, sondern Gegenstand des Kaufvertrages zwischen dem Herrn und dem Freikäufer. Allerdings ergibt sich aus den Quellen ein anderes Bild. Einige der Stellen, die von der redemptio suis nummis handeln, geben nämlich einen interessanten Hinweis auf das Verhältnis zwischen Sklave und Freikäufer. Ulpian beschäftigt sich in D. 2.4.10 pr.253 neben dem Kauf eines Sklaven ut manumittatur,254 ohne dass der Kaufpreis aus Mitteln des Sklaven stammt, mit dem Kauf eines servus suis nummis durch einen Freien, welcher die versprochene Freilassung bislang unterlassen hat. Dieser soll nicht patronus sein, weil er durch Nichtvornahme der manumissio seine Treue bricht (fidem fregi). Hieraus lässt sich schließen, dass Ulpian das Verhältnis von servus und Freikäufer im Rahmen der redemptio suis nummis als ein solches einstuft, das von fides beherrscht wird, deren Einhaltung verlangt wird; andernfalls drohen dem freien Freikäufer Konsequenzen, nämlich der Verlust des Patronatstitels.255 An anderer Stelle sprechen Hermogenian256 und Ulpian257 im Verhältnis von Sklaven und Freikäufer sogar von fides contractus; weitere Stellen enthalten ebenfalls den Terminus fides.258 Es ist daher davon auszugehen, dass durch die Übernahme des Freikaufes durch den Freikäufer zwischen ihm und dem an ihn herantretenden Sklaven ein Treueverhältnis entsteht, das, obwohl der Sklave rechtlich nicht Vertragspartei des mandatum mit dem Freikäufer ist, dennoch zu rechtlichen Konsequenzen führt. Dieses fides-Verhältnis bildet nämlich die Grundlage dafür, dass der Freikäufer zur 253 (5 ad ed.): Sed si hac lege emi ut manumittam, et ex constitutione divi Marci venit ad libertatem: cum sim patronus, in ius vocari non potero. sed si suis nummis emi et fidem fregi, pro patrono non habebor. 254 Hierzu ausführlich oben § 4 III. 2. 255 Zum Patronatsrecht nach Freilassung im Zuge der redemptio suis nummis siehe unten § 29. 256 Hermog. D. 5.1.53 (1 iuris ep.): (…). sed et si quis fidem alicuius elegerit, ut nummis eius redimatur atque his solutis manumittatur, nec ille oblatam pecuniam suscipere velle dicat, contractus fidem detegendi servo potestas tributa est. 257 Ulp. D. 40.1.4.2 (6 disp.): (…): ab initio enim hoc agi debet, ut imaginaria fieret emptio et per fidem contractus inter emptorem et servum agatur. 258 Vgl. Marcian. D. 40.1.5 pr. (2 inst.); Marcell. D. 37.15.3 (lib. sing. resp.). – Auf die genannten Stellen macht auch Finkenauer, FS Knütel, S. 348 aufmerksam.
§ 22 Folgen des Auftrags des Sklaven an den Freikäufer275
tatsächlichen Freilassung verpflichtet ist, welche er nur dem Sklaven und – jedenfalls im Regelfall – nicht dem veräußernden dominus versprochen hat. Die Konstitution Marc Aurels misst dieser fides starke Bedeutung zu, indem sie der Abrede einen klagbaren Anspruch des Sklaven gegen den Freikäufer verschafft, sollte dieser sein Versprechen nicht einhalten. Da sich die rechtlichen Wirkungen des Verhältnisses zwischen freizukaufendem Sklaven und Freikäufer im wesentlichen in der Justiziabilität der redemptio suis nummis zeigen, soll diesem Verhältnis an anderer Stelle ausführlich nachgegangen werden.259 III. Klagemöglichkeiten des Veräußerers: Konkurrenzverhältnis von Auftrags- und Kaufklage 1. Konkurrenz der Klagen in Pap. D. 17.1.54 pr. und in Diocl. / Max. C. 4.36.1.1
Der Vergleich von Pap. D. 17.1.54 pr. (27 quaest.)260 und Diocl. / Max. C. 4.36.1.1261 deutet darauf hin, dass das Verhältnis von actio venditi und actio mandati zueinander unterschiedlich behandelt wurde.262 In D. 17.1.54 pr. gewährt Papinian im Falle der redemptio suis nummis, bei der der Freikäufer 259 Siehe
unten § 26 II. den Text siehe oben § 20 III. 1. a). 261 Das principium siehe oben § 20 III. 2. b). – (1) Si itaque domino ignorante emi te mandasti ac te nummos subministrante peculiares soluti sunt, emptori minime liberatio per huiusmodi factum potuit pervenire. nec tamen si tradita nec manumissa es, etiam mandati de ancilla et empti de pretio consequendo tam contrarias actiones ei exercere concedi placuit. (2) Sane in illius arbitrio relictum est, utrumne mancipium an pretium consequi velit, cum ex peculio quod eius fuit solutio cele brata obligationis vinculo emptorem liberare non potuit. – (1) Wenn daher eine Sklavin ohne Wissen ihres Herrn einen Dritten beauftragt hat, sie zu kaufen, und hierfür Geld aus ihrem peculium gezahlt ist, ist der Dritte weiterhin zur Kaufpreiszahlung an den dominus verpflichtet. Wenn die Sklavin übergeben und noch nicht freigelassen ist, wird dennoch nicht für richtig gehalten, dem Verkäufer zu erlauben, aus Auftrag wegen der Sklavin und zugleich aus Kauf wegen des Kaufpreises zu klagen. (2) Allerdings obliegt es der Wahl des Verkäufers, ob er die Sklavin oder das Geld haben möchte, weil die Zahlung aus dem Sondergut, welches ihm gehört, den Käufer von seiner Verbindlichkeit nicht befreien kann. – Zu C. 4.36.1 ausführlich auch oben § 14 IV. 2. d) und unten § 22 III. Vgl. zur Problematik der Echtheit des Textes Brinkhof, S. 140. 262 Das Verhältnis von actio empti und actio mandati contraria zueinander wird in Pap. D. 17.1.54.1 (27 quaest.) nur angedeutet. Der Freikäufer soll, wenn er den Kaufpreis zunächst aus seinem eigenen Vermögen aufgebracht hat, mit der actio mandati klagen können, aber nur, wenn er dabei seine Klagen gegen den Verkäufer an den Auftraggeber abtritt. Da es in dieser lex um einen homo liber bona fide serviens geht, besteht das Dreipersonenverhältnis weiterhin fort; als Auftraggeber ist 260 Für
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3. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Auftrag
den Sklaven nicht freilässt, dem dominus zum einen als Verkäufer den Anspruch auf Kaufpreiszahlung und zum anderen aus dem Auftrag den Anspruch auf Freilassung. Beide könne er im Wege einer Klage durchsetzen, und zwar mittels einer actio venditi oder actio mandati.263 Dagegen ordnen die Kaiser Diokletian und Maximian in C. 4.36.1.1 an, dass nach Übergabe und vor Freilassung der Sklavin bzw. des Sklaven im Allgemeinen der Verkäufer nicht kumulativ aus Auftrag und aus Kauf gegen den Käufer vorgehen könne; das werde nicht für richtig gehalten. In C. 4.36.1.2 bestimmen sie überdies, dass der Verkäufer wählen kann, ob er aus Kauf oder aus Auftrag eine Klage anstrengen möchte. Im Gegensatz zu Papinian gewähren die Kaiser die beiden actiones also nur alternativ, nicht kumulativ. Zunächst erscheint der Vergleich der beiden Stellen D. 17.1.54 pr. und C. 4.36.1.1 problematisch, weil die Klagen nicht jeweils auf das gleiche Ziel gerichtet sind. In beiden Fällen geht es zwar um eine actio venditi des Herrn, die auf Kaufpreiszahlung durch den Freikäufer gerichtet ist. Daneben gibt es in beiden Stellen eine actio mandati, die in D. 17.1.54 pr. auf Freilassung des verkauften Sklaven, in C. 4.36.1.1 aber auf Herausgabe der Sklavin als dem aus dem Auftrag Erlangten gerichtet ist. Weil aber sowohl in der Digesten- als auch in der Codex-Stelle der beauftragte Freikäufer keine Aufwendungen getätigt hat, die er im Wege des Aufwendungsersatzanspruchs gegen den Herrn des Sklaven, der ihn beauftragt hatte, geltend machen könnte, sind die beiden Stellen in Bezug auf die Interessen des dominus und damit im Hinblick auf die ihm zustehenden Klagen aus Kauf bzw. Auftrag vergleichbar. Der Aufwendungsersatzanspruch scheitert in beiden Fällen daran, dass der Freikäufer nicht eigenes Geld für den Kauf des Sklaven verwendet hat, sondern Geld, das er vom freizukaufenden Sklaven erhalten hatte. Daher sind ihm keine Aufwendungen entstanden, die er dem Herrn als Auftraggeber kraft Überleitung entgegenhalten könnte.264 In beiden Stellen geht es also um die Frage des Vollzugs des Auftrages und des Kaufes. 2. Absicht zur Neuregelung durch Diocl. / Max. C. 4.36.1.1
Wie lässt sich erklären, dass D. 17.1.54 pr. und C. 4.36.1.1 unterschiedliche Aussagen über das Verhältnis von Auftrags- und Kaufklage treffen? der Scheinsklave anzusehen. Die actio empti gehört zu den actiones, die an den Auftraggeber abgetreten werden müssen. – Hierzu ausführlich Levy, S. 9 f. 263 Knütel, Mandat zum Freikauf, S. 373 weist darauf hin, dass es bei empti in C. 4.36.1.2 nur um die actio venditi gehen könne, weil ja der Verkäufer den Kaufpreis ersetzt verlange, vgl. die w.N. in Anm. 92. 264 Zur Frage, wer Auftraggeber im Rahmen der redemptio suis nummis ist, siehe oben § 22 I.
§ 22 Folgen des Auftrags des Sklaven an den Freikäufer277
Grundsätzlich ist es möglich, dass die jüngere Anordnung der Kaiser gegenüber der Entscheidung Papinians eine Neuerung enthält, indem sie diese Konkurrenz beider Klagen rechtlich neu bewertet und anders regelt, als dies bis dahin der Fall war. Unter dem Aspekt einer Neuregelung wäre die Abweichung also nicht verwunderlich. Darüber hinaus ist jedoch zu überlegen, welche Intention dieser Veränderung zugrunde liegt. Ausgehend von Papinian in D. 17.1.54 pr. kommt man zu dem Ergebnis, dass der Verkäufer, der – zumindest im Regelfall – nicht einmal Initiator der redemptio suis nummis ist, zwei kumulative Klagen erhält, die vordergründig auf zwei unterschiedliche Klageziele gerichtet sind: Mit der actio venditi erhält der Verkäufer den Kaufpreis aus dem Kaufvertrag, den er mit dem Freikäufer abgeschlossen hat; der Anspruch ist also auf den Vollzug des Kaufvertrages gerichtet. Im Wege der actio mandati klagt der dominus als Auftraggeber gegen den beauftragten Freikäufer auf Freilassung, das heißt auf Vollzug des Auftrages. Betrachtet man die redemptio suis nummis aber als ein Geschäft, das aus einer Kombination von mandatum und emptio venditio besteht, so gehen die beiden Klagen sehr wohl in eine ähnliche Richtung, nämlich beide auf Vollzug des ihnen jeweils zugrundeliegenden Vertrages. Allerdings gilt es auch hier zu berücksichtigen, dass der Sklave das Geschäft überhaupt erst angeregt hat. Fraglich ist also, warum der dominus, der von sich aus weder den Sklaven verkaufen noch ihn freilassen wollte, aus diesem für ihn glücklichen Zufall nun zwei Klagen erhalten und der Freikäufer diesen zwei Klagen ausgesetzt sein soll. Formal betrachtet sind dies die beiden Klagen, die dem dominus aus der redemptio suis nummis erwachsen. Auf diese Weise könnte das Risiko, das der Freikäufer bei Übernahme eines Mandates zum Freikauf zu tragen hat, steigen. Zwar muss der Sklave, um in den Genuss der kaiserlichen Konstitution kommen zu können, den Kaufpreis im Ergebnis selbst aufbringen.265 Durch die kaiserliche Konstitution allein ist der Freikäufer aber im Verhältnis zum dominus noch nicht ausreichend vor einem Vermögensverlust geschützt. Könnte der dominus den Freikäufer aus dem mandatum auf Freilassung auch dann in Anspruch nehmen, wenn der Sklave dem Freikäufer – entgegen der Zusage – den Kaufpreis nicht erstattet hat, müsste der Freikäufer, ohne hierfür einen Gegenwert zu erhalten, den Kaufpreis aus eigener Tasche bezahlen.266 Auch wenn die actio mandati die vermögensmäßige Neutralität des Geschäfts für den Freikäufer zu vereiteln droht, indem sie dem dominus einen Anspruch auf Freilassung des Sklaven gibt, so könnte ja der 265 Hierzu oben § 2 I. und unten § 24 II. 2.; zur eventuellen Zahlung von einem salarium oder honorarium siehe oben § 16 III. 266 Vgl. auch zum Folgenden Knütel, Mandat zum Freikauf, S. 373 f.
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3. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Auftrag
Prätor hier eingreifen, indem er den Anspruch auf Freilassung erst dann zulässt, wenn der Freikäufer zumindest einen Teil seines aufgewendeten Geldes zurückerstattet bekommen hat. Die redemptio musste vor Gericht jedenfalls nicht verschwiegen werden, schließlich gab es sogar einen Anspruch auf manumissio, der gerichtlich durchsetzbar war. Der Freikäufer könnte die Abrede mit dem Sklaven also anführen. Einem solchen Eingriff sind beide Klagen zugänglich, denn sowohl die actio mandati als auch die actio venditi sind bonae fidei iudicia.267 Jedenfalls hält die kaiserliche Konstitution für die Frage, ob der Herr gleichzeitig Kaufpreiszahlung und Rückgabe der Sklavin verlangen kann, eine elegante Lösung bereit, in dem sie dem veräußernden dominus entweder die eine oder die andere Klage gewährt, weil eine kumulative Klageerhebung nicht für richtig gehalten wird. Dass dem Verkäufer das Wahlrecht zukommt, lässt sich damit erklären, dass es sich um Klagen handelt, die ihm zustehen. Dann ist es nur folgerichtig, wenn er entscheiden darf, welche Klage er erheben möchte. Damit ist die kaiserrechtliche Regelung anders gelagert als D. 17.1.54 pr., wo es um das Nebeneinander von Kaufpreiszahlung und Freilassung geht. Mit der Überlegung, nur eine der beiden Klagen zuzulassen, wird die redemptio suis nummis in der Konstitution aber stärker als Einheit betrachtet, als Geschäft, das sich zwar aus den Komponenten mandatum und emptio venditio zusammensetzt, dem aber ein einheitlicher Geschäftsvorgang zugrunde liegt, der nicht zu einer Klage-Dopplung führen soll.
§ 23 Ergebnisse zum Auftrag im Rahmen des Freikaufs mit eigenem Geld Die Analyse der Quellen zum Verhältnis von mandatum und redemptio suis nummis hat zunächst ergeben, dass das mandatum, welches ein homo liber bona fide serviens erteilt, schon allein deshalb wirksam ist, weil dieser seinen Status als Freigeborener nie verloren hat. Der Auftrag ist auch nicht auf eine unmögliche Leistung gerichtet, weil der abzuschließende Kaufvertrag über den bona fide serviens – wie sich gezeigt hat – wirksam ist, sofern 267 Zu den Klagen aus mandatum ausführlich oben § 16 IV., zur Klage aus Kaufvertrag § 13. – Knütel, Mandat zum Freikauf, S. 373 hingegen meint, die kaiserliche „elektive Konkurrenz“ vermeide eine unangemessene Doppel-Inanspruchnahme des Freikäufers und beschränke sein Risiko auf das von ihm ursprünglich übernommene, nämlich den Sklaven aufgrund der actio mandati zu verlieren (als Herausgabe des aus dem Auftrag Erlangten) oder aber den Kaufpreis zahlen zu müssen und zur Freilassung gegenüber dem Sklaven aus ihrer Abrede im Rahmen der redemptio suis nummis verpflichtet zu sein. Diese Pflicht bestehe jedoch nur bei vollständiger Kaufpreiserstattung durch den Sklaven.
§ 23 Ergebnisse zum Auftrag im Rahmen des Freikaufs 279
der Käufer keine Kenntnis hat.268 Wird der bona fide serviens im Ingenuitätsprozess für freigeboren erklärt, ist er als Auftraggeber anzusehen, und das Verhältnis der redemptio suis nummis besteht tatsächlich aus drei Personen, nämlich dem auftraggebenden Scheinsklaven, dem dominus und dem Freikäufer. Wenn allerdings ein wirklicher servus den Auftrag zum Freikauf gibt, ist dieses mandatum im Ergebnis ebenfalls wirksam, obwohl es von einem Gewaltunterworfenen ausgeht. In Bezug auf die Frage, warum dieser Auftrag zum Freikauf wirksam ist, sind verschiedene Überlegungen angestellt worden. Praktikabilitätserwägungen oder eine Zustimmung des Herrn könnten die Wirksamkeit begründen. Bei einem Sklaven, der von seinem Herrn ein peculium erhalten hat, lässt sich die Wirksamkeit des Auftrags damit erklären, dass der Sklave im Rahmen seines peculium wirksam Geschäfte abschließen kann. Offenbar wurde der Freikauf-Auftrag, obwohl der Sklave selbst nicht Teil seines peculium ist, dennoch als Pekuliargeschäft angesehen. Sollte der Sklave, der die eigene Freiheit im Wege der redemptio suis nummis erlangen möchte, kein peculium haben, so kann der Herr den Auftrag genehmigen. Dieser Auftrag ist aber auch deshalb wirksam, weil der Sklave die Lage seines Herrn durch den Auftrag, der auf den Herrn übergeht, nicht verschlechtert, sondern lediglich verbessert. Folglich ist es für die rechtliche Wirksamkeit des mandatum im Rahmen der redemptio suis nummis unerheblich, ob der Auftrag als Pekuliargeschäft anzusehen ist. Jedenfalls ist schließlich der dominus aus dem Auftrag des Sklaven rechtlich gebunden und haftet dem Freikäufer grundsätzlich aus einer actio mandati contraria, auch wenn diese Klage aus Billigkeitsgründen ausgeschlossen wird. Der Sklave ist zwar aufgrund einer naturalis obligatio verpflichtet, haftet aber wegen seiner fehlenden Vermögensfähigkeit nicht. Als Auftraggeber, den die Rechte und Pflichten aus dem mandatum treffen, wird infolge des Geschäftes der dominus angesehen. Der Sklave hingegen ist tatsächlicher Initiator des Freikaufes. Des Weiteren konnte festgestellt werden, dass die Kenntnis des Herrn vom FreikaufCharakter des Geschäftes aus rechtlichen Gründen für die Wirksamkeit des mandatum nicht erforderlich ist. Darüber hinaus zeigte sich in terminologischer Hinsicht, dass der Begriff quasi im Zusammenhang mit dem mandatum für den Auftrag eines Sklaven verwendet wird. Hieraus lässt sich schließen, dass quasi in den Quellen benutzt wird, um dem Leser zu verdeutlichen, dass der Sklave Rechtshandlungen tätigt, zu deren Vornahme er aufgrund seiner fehlenden Rechts- und Vermögensfähigkeit eigentlich nicht befugt ist. Wie der Sklave im Zusammenhang mit einer redemptio suis nummis ein peculium als quasi patrimonium hat, aus dem er den Kaufpreis aufbringen kann, so erteilt er dem 268 Siehe
hierzu oben § 13 III., insbes. 2., und § 20 III. 2. c) bb).
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3. Teil: Freikauf mit eigenem Geld und Auftrag
Freikäufer ein quasi mandatum. Daher handelt der Sklave im Rahmen des Freikaufs mit eigenem Geld und den mit diesem verbundenen Geschäften tatsächlich rechtswirksam. Schließlich geht aus den Quellen hervor, dass das Verhältnis von Sklaven und Freikäufer zueinander als Treueverhältnis anzusehen ist. Die Bedeutung dieses Verhältnisses wird an anderer Stelle untersucht werden.269
269 Zur Bedeutung der fides zwischen Freikäufer und Sklaven siehe ausführlich unten § 26 II.
4. Teil
Folgen und Motive der Vornahme eines Freikaufs mit eigenem Geld 1. Abschnitt
Justiziabilität des Freikaufs mit eigenem Geld: constitutio der divi fratres § 24 Die Regelung der constitutio der divi fratres I. Einführung Die Vereinbarung zwischen dem Sklaven und dem Freikäufer sieht vor, dass der Sklave nach dem Kauf freigelassen wird. Von den möglichen Freilassungsvarianten kommen hierfür die manumissio inter vivos sowie die prätorischen Freilassungsvarianten in Betracht. Die manumissio testamento scheidet wohl in der Regel aus, weil sie für den servus zum Fortbestand des Status des Gewaltunterworfenen und zu einer Arbeitsverpflichtung führte, die bis zum Tode des Freikäufers andauern würde. Dies würde aber zu einer Bereicherung des Freikäufers durch den Freikauf führen, der ohne finanziellen Aufwand einen Sklaven erworben hätte, den er bis zu seinem Lebensende für sich arbeiten lassen könnte. Eine Bereicherung des Freikäufers durch die redemptio suis nummis ist aber nicht zulässig. Wenn allerdings der Tod des Freikäufers unmittelbar bevorsteht, ist eine manumissio testamento wohl auch im Rahmen der redemptio suis nummis geeignet, die Verpflichtung des Freikäufers aus dem Geschäft zu erfüllen. Was geschieht aber in Fällen, in denen der Freikäufer die vereinbarte Freilassung unterlässt? Einige der Quellen, die die redemptio suis nummis behandeln, geben an, der Sklave könne einen Anspruch auf Freilassung gerichtlich geltend machen, wenn der Freikäufer sein Versprechen nicht halte und ihn nicht freilasse. Dieser Anspruch, so Ulpian in D. 40.1.4 pr.1, 1 (6 disp.): Is qui suis nummis emitur epistula divorum fratrum ad Urbium Maximum in eam condicionem redigitur, ut libertatem adipiscatur. Hierzu ausführlich siehe oben § 2 I. – Die Konstitution ist im Wortlaut nicht erhalten.
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4. Teil: Folgen eines Freikaufs mit eigenem Geld
gehe auf eine epistula der divi fratres zurück. An anderer Stelle wird die Anordnung der Kaiser Marc Aurel und Lucius Verus, die zwischen 161 und 169 n. Chr gemeinsam regierten, constitutio genannt.2 Gaius definiert die kaiserliche Konstitution allgemein wie folgt: Gai. 1.5 Constitutio principis est, quod imperator decreto vel edicto vel epistula constituit; nec umquam dubitatum est, quin id legis vicem optineat, cum ipse imperator per legem imperium accipiat.
Eine Konstitution beinhaltet, was der Kaiser durch decretum, edictum oder epistula anordnet; die subscriptio gegenüber Privaten wird von Gaius nicht genannt.3 Die Konstitution stehe dem Gesetz gleich, weil der Kaiser selbst seine Macht durch Gesetz erhalte.4 Die Anordnung des klagbaren Anspruchs des Sklaven, der aus einer redemptio suis nummis nach dem Willen der Kaiser folgen soll, hat also Gesetzeskraft. Er bildet zugleich das Novum, das die Konstitution für die redemptio suis nummis bedeutet: Während dieses Geschäft wohl schon vor seiner gesetzlichen Regelung durch Marc Aurel und Lucius Verus in der Praxis gebräuchlich war, verschaffte die kaiserliche Anordnung ihm erstmals rechtliche Relevanz und Anerkennung, indem der Sklave fortan gerichtlich gegen seinen Freikäufer vorgehen konnte.5 Im Folgenden sollen Voraussetzungen und Ablauf eines solchen Prozesses des Sklaven für seine eigene Freiheit untersucht werden. II. Anordnungen der constitutio der divi fratres 1. Klageerhebung durch den freigekauften Sklaven und Beweislast
Wie bereits mehrfach angesprochen, verschaffte die Konstitution der Kaiser Marc Aurel und Lucius Verus dem Sklaven einen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch auf Freilassung. Während Ulpian in D. 40.1.4 pr.6 nur darauf hinweist, der Sklave könne die Freiheit erlangen, erörtert Marcian den Anspruch genauer: 2 Vgl.
u. a. Marcian. D. 40.1.5 pr. (2 inst.); Ulp. D. 2.4.10 pr. (5 ad ed.). Beispiel für eine subscriptio, d. h. für eine an den Kaiser oder einen Beamten gerichtete private Eingabe, gibt Gaius in 1.94. 4 Die Aussage, der Kaiser erhalte sein imperium durch Gesetz, ist problematisch, da dies im Regelfall nicht zutrifft; vgl. Voss, DNP 3 s. v. Constitutiones, Sp. 148. – Zu den kaiserlichen Konstitutionen ausführlich Wenger, S. 424 ff. m. w. N. 5 Vgl. Koschaker, SZ 29 (1908), S. 516 f.; Behrends, Prinzipat, S. 58 ff.; Lotmar, SZ 33 (1912), S. 311; Horsmann, Historia 35 (1986), S. 316; Arcaria, S. 80. 6 Zum Text siehe oben § 2 I. Anm. 24. 3 Ein
§ 24 Die Regelung der constitutio der divi fratres283 Marcian. D. 40.1.5 pr. (2 inst.) Si quis dicat se suis nummis emptum, potest consistere cum domino suo, cuius in fidem confugit, et queri, quod ab eo non manumittatur, Romae quidem apud prae fectum urbis, in provinciis vero apud praesides ex sacris constitutionibus divorum fratrum, (…).
Wenn ein Sklave behaupte, suis nummis gekauft zu sein, könne er gegen seinen Herrn, in dessen Treue (fides) er sich begeben hat, gerichtlich vorgehen (consistere) und sich beschweren (queri), dass er von diesem nicht freigelassen werde. In Rom müsse er sich diesbezüglich an den Stadtpräfekten (praefectus urbi), in den Provinzen an den Statthalter (praeses) wenden; so sehen es die Konstitutionen der divi fratres vor. Auch Hermogenian nennt in D. 5.1.537 unter den Gründen, welche es dem Sklaven ausnahmsweise erlauben, gegen seinen Herrn gerichtlich vorzugehen, die redemptio suis nummis: Wenn der Sklave versichere, mit seinem eigenen Geld freigekauft, aber anschließend entgegen der aus der Vereinbarung folgenden Treuepflicht (contra placiti fidem) nicht freigelassen worden zu sein, könne er seinen dominus verklagen. Diese Befugnis des Sklaven, seinen Herrn zu verklagen, die aus den Quellen hervorgeht, erscheint auch hier problematisch. Denn eigentlich ist ein servus weder partei- noch prozessfähig: Gaius weist in D. 50.17.1078 darauf hin, dass es gegen einen Sklaven keine actio gibt. Auch im Prozess kann er nicht auftreten und ein Urteil gegen seine Person ist unwirksam: Gord. C. 3.1.6 Servus in iudicio interesse non potest, nec, si condemnatio aliqua in personam eius facta sit, quod statutum est subsistit.
Auch Diokletian und Maximian bestimmen, dass zwischen einem Sklaven und einem Freien kein Prozess stattfinden kann.9 7 (1 iur. epitom.): Vix certis ex causis adversus dominos servis consistere permissum est: id est si qui suppressas tabulas testamenti dicant, in quibus libertatem sibi relictam adseverant. item artioris annonae populi Romani, census etiam et falsae monetae criminis reos dominos detegere servis permissum est, praeterea fideicommissam libertatem ab his petent: sed et si qui suis nummis redemptos se et non manumissos contra placiti fidem adseverent. liber etiam esse iussus si rationes reddiderit, arbitrum contra dominum rationibus excutiendis recte petet. sed et si quis fidem alicuius elegerit, ut nummis eius redimatur atque his solutis manumittatur, nec ille oblatam pecuniam suscipere velle dicat, contractus fidem detegendi servo potestas tributa est. – Hierzu auch oben § 22 II. sowie unten § 26 I. 1. und II. 1. 8 (1 ad ed. prov.): Cum servo nulla actio est. 9 Diocl. / Max. C. 3.1.7: Cum debitoris tui servum, tibi pignoris iure obligatum bona domini sui quondam rebus humanis exempti tenere profitearis, adversus eum dari tibi actiones contra ius postulas, si quidem inter servum et liberum consistere
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4. Teil: Folgen eines Freikaufs mit eigenem Geld
Jedoch kann der Sklave im Ausnahmefall der redemptio suis nummis den Freikäufer im Wege einer Klage auf Freilassung in Anspruch nehmen. Dabei trifft ihn die Beweislast bezüglich des Vorliegens eines Freikaufs: Marcian. D. 40.1.5 pr. (2 inst.) (…), sub ea tamen denuntiatione, ut is servus, qui hoc intenderit nec inpleverit, in opus metalli detur, nisi forte dominus reddi eum sibi maluerit, utique non maiorem ex ea causa poenam constituturus.
Wenn der Sklave eine redemptio suis nummis zwar behaupte, diese aber nicht beweisen könne, drohe ihm eine Verurteilung zur Bergwerksarbeit (in opus metalli), sofern nicht sein Herr ihn lieber zurückhaben wolle, damit er ihn bestrafen könne; diese Strafe dürfe jedenfalls nicht härter sein als die Bergwerksarbeit. Sollte also der Beweis misslingen, drohte dem Sklaven eine schwere Strafe. Auf diese Weise sollte verhindert werden, dass Prozesse wegen unterbliebener Freilassung nach angeblichem Freikauf ins Blaue hinein angestrengt wurden.10 Die Anordnung enthält außerdem eine zusätzliche besondere Begünstigung des Sklaven, indem das Strafmaß der Höhe nach beschränkt ist – die Strafe des Herrn darf auch nicht höher ausfallen als eine Verurteilung zu Bergwerksarbeit. 2. Beispiele für die Anwendbarkeit der constitutio
Ulpian überprüft in D. 40.1.4 (6 disp.) unterschiedliche Konstellationen im Hinblick darauf, ob sie zur Anwendbarkeit der Konstitution führen oder nicht. In D. 40.1.4.4-511 geht es um eine Zahlungsvariante: Sollte der Freikäufer zunächst den Kaufpreis aus seinen Mitteln vorgestreckt haben, könne der Sklave sich auf die Konstitution berufen, nachdem er dem Freikäufer die Summe ersetzt habe. Außerdem können Sklaven, die im Ganzen nicht freigelassen werden dürfen – etwa weil sie außer Landes gebracht werden sollen oder unter der Bedingung verkauft sind, nicht freigelassen zu werden, oder bezüglich derer im Testament angeordnet ist, dass sie nicht freigelassen werden sollen – sich gemäß D. 40.1.4.912 nicht auf die kaiserliche Anordnung berufen. iudicium nullum possit. ad possessionem itaque pignorum magis officio iudicis venire te convenit quam illicita postulare. 10 Vgl. v. Seuffert, S. 13, der als Hintergrund dieser Strafdrohung eine „Unbotmäßigkeit“ des Sklaven gegenüber seinem Herrn ansieht. – Vgl. zu D. 40.1.5 pr. ausführlich Arcaria, S. 80 ff., der u. a. der Frage nachgeht, warum hier pluralisch von sacris constitutionibus die Rede ist. 11 (6 disp.): (4) Unde quaeri poterit, si, cum hoc ab initio esset actum, emptor festinavit et pretium numeravit, an postea ei satisfacto servus constitutione uti possit: et puto posse. (5) Proinde et si ei nummos prorogavit emptor, cum ei pariaverit, poterit ad libertatem pervenire. – Zu den Zahlungsvarianten siehe oben § 14.
§ 24 Die Regelung der constitutio der divi fratres285
Entscheidend ist auch, wie groß der Anteil am Sklaven ist, der aufgrund des Kaufvertrages, der im Rahmen der redemptio suis nummis abgeschlossen wird, gekauft wird: Wenn der Freikäufer schon einen Teil des Eigentums am Sklaven hat und nur einen Teil mit dem Geld des Sklaven kauft, soll diesem Sklaven der Rückgriff auf die Anordnung der divi fratres verwehrt sein. Gleiches gilt, wenn derjenige, der bereits das Eigentum am Sklaven hat, nur den Nießbrauch aus Mitteln des Sklaven hinzukauft.13 Umgekehrt aber, wenn derjenige, der einen Nießbrauch am Sklaven hat, mit Geld des Sklaven das Eigentum an diesem kauft, ist die kaiserliche Verordnung anwendbar.14 Aus der Zusammenschau dieser beiden Fragmente lässt sich schließen, dass die Konstitution nur Anwendung findet, wenn das Vollrecht am Sklaven erworben wird und nicht nur zum bestehenden Eigentum der von diesem abgespaltetene Nießbrauch. Dahinter ist die Überlegung erkennbar, dass derjenige Käufer, der das Eigentum bereits mit eigenen Mitteln früher gekauft hatte, mit dem Nießbrauch aus Mitteln des Sklaven nur noch einen ihm fehlenden Ausschnitt aus diesem Eigentum erworben hat. Im Zusammenhang hiermit steht D. 40.1.4.1415, eine Stelle, aus der hervorgeht, dass es ausreicht für die Anwendung der Konstitution, wenn der Käufer einen Teil mit dem Geld des Sklaven bezahlt, während der andere Teil ex causa lucrativa hinzukommt, das heißt aufgrund eines Erwerbsgrundes, der nur dazu bestimmt ist, den Erwerber zu bereichern, wobei er selbst keinerlei Aufwendung aus seinem Vermögen tätigt.16 12
Für die Anwendbarkeit der Konstitution kommt es zum einen also darauf an, dass das Vollrecht am Sklaven im Rahmen der redemptio suis nummis erworben wird, und zum anderen darauf, dass der Freikäufer aus eigenen Mitteln nichts aufwenden muss. Denn nur wenn der Freikäufer keinerlei 12 Ulp. D. 40.1.4.9 (6 disp.): In illis sane servis non intervenit constitutio, qui in totum perduci ad libertatem non possunt, ut puta si exportandus vel hac lege veni erit (vel testamento hanc condicionem acceperat), ne umquam manumitteretur. In gewissem Widerspruch dazu steht aber Ulp. D. 40.1.4.7 (6 disp.); hierzu oben § 21 II. 3. 13 Ulp. D. 40.1.4.11 (6 disp.): Quod si partem suis nummis redimeret, cum partem servi haberet, ad constitutionem non pertinebit, non magis quam qui, cum proprietatem haberet, usum fructum redemit. Hier muss es ebenfalls um den Kauf mit Mitteln des Sklaven gehen, da es andernfalls keinen Grund gibt, einen Zusammenhang zur constitutio der divi fratres herzustellen und nach ihrer Anwendbarkeit zu fragen. 14 Ulp. D. 40.1.4.12 (6 disp.): Sed qui, cum fructuarius esset, proprietatem red emit, in ea condicione est, ut ad constitutionem pertineret. 15 Ulp. D. 40.1.4.14 (6 disp.): Sed et si partem quis redemit, pars altera ex causa lucrativa accesserit, dicendum erit constitutionem locum habere. 16 Vgl. Heumann / Seckel, S. 323 s. v. lucrativus. Das Geld könnte z. B. durch Schenkung oder Vermächtnis erworben sein; vgl. v. Seuffert, S. 9.
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4. Teil: Folgen eines Freikaufs mit eigenem Geld
finanziellen Aufwand hat, kann der Sklave mithilfe der redemptio suis nummis zur Freiheit gelangen,17 und er kann zur Freilassung gezwungen werden, ohne für den Verlust des Sklaven einen Vermögensausgleich zu erhalten. Schließlich weist Ulpian in D. 40.1.4.1318 auf den Fall hin, dass der Sklave von zwei Käufern gekauft wurde, von denen einer mit dem Geld des Sklaven zahlte, der andere mit seinem eigenen Geld. Dann sollte die Konstitution nur Anwendung finden, wenn auch letzterer mit einer Freilassung einverstanden war.
§ 25 Ablauf des Verfahrens zur Durchsetzung einer fideikommissarisch angeordneten Freilassung (cognitio extra ordinem) I. Verwandte Züge von fideikommissarischer Freilassung und Freilassung durch redemptio suis nummis Der Sklave konnte seinen Anspruch auf Freilassung gegen den Freikäufer im Wege der cognitio extra ordinem geltend machen und gerichtlich durchsetzen.19 Dieses Freikauf-Verfahren könnte dem Verfahren ähneln, das zur Durchsetzung einer fideicommissaria libertas, einer fideikommissarisch angeordneten Freiheit, verhilft. Hierfür sprechen die Ausführungen Ulpians in D. 5.1.6720, denen zufolge auf den redemptio suis nummis-Prozess auch die senatusconsulta entsprechend angewandt werden sollen, die für den Prozess um die fideicommissaria libertas ergangen sind. Darüber hinaus handelt es sich bei der redemptio und der fideikommissarischen Freilassung um Situationen, in denen der aktuelle Herr ohne eigenen Verlust dem Sklaven die Freiheit zukommen lassen soll: Der Freikäufer hat für den Kauf des Sklaven nichts aus seinem eigenen Vermögen aufgewendet, genauso wie derjenige, der den Sklaven nach dem Tod seines Herrn freilassen soll, diesen Sklaven 17 Vgl.
Ulp. D. 40.1.4.1 (6 disp.); für den Text siehe oben § 2 I. disp.): Sed et si duo servum redemerint, alter propriis nummis, alter nummis servi, dicendum erit constitutionem cessare: nisi forte is qui propriis nummis redemit manumittere fuerit paratus. 19 Vgl. auch zum Folgenden v. Seuffert, S. 9; Finkenauer, FS Knütel, S. 347; Brinkhof, S. 138. – Kaser / Hackl, S. 436 weisen darauf hin, dass es sowohl die Bezeichnung cognitio extra ordinem als auch extraordinaria cognitio gibt. 20 (6 disp.): Qui se dicit suis nummis redemptum, si hoc probaverit, exinde liber erit ex quo redemptus est, quia constitutio non liberum pronuntiari praecipit, sed restitui ei libertatem iubet. proinde compellendus erit manumittere eum qui se suis nummis redemit. sed et si latitet, exempla senatus consultorum ad fideicommissam libertatem pertinentium debere induci oportet. – Zur Problematik der Echtheit des Textes und zur Stelle selbst ausführlich unten § 26 I. 1. 18 (6
§ 25 Durchsetzung einer fideikommissarischen Freilassung287
nur geerbt, ihn also zu seinem Vermögen hinzuerworben hat, ohne hierfür selbst etwas zu investieren. Fideikommissarische Freilassung und Freilassung im Zuge der redemptio suis nummis sind also ähnlich, so dass auch das Verfahren zu ihrer Durchsetzung verwandte Züge haben dürfte. II. Das gerichtliche Verfahren bei fideikommissarischer Freilassung (cognitio extra ordinem) 1. Entstehung und Ablauf des Verfahrens der cognitio extra ordinem
Das gerichtliche Verfahren bei fideikommissarischer Freilassung ist eine Neuerung, die auf Augustus zurückgeht.21 Ursprünglich konnte der Erblasser in seinem Testament eine solche Freilassung zwar anordnen, ihre Umsetzung aber hing vom guten Willen des auf diese Weise Beschwerten ab, der selbst die manumissio des begünstigten Sklaven vorzunehmen hatte. Das fideicommissum verpflichtete lediglich moralisch, bevor es im Rahmen der cognitio extra ordinem vor den Konsuln klagbar wurde.22 Das Kognitionsverfahren selbst war Kaiserrecht, das als prozessrechtliches Mittel neben den Rechtsbehelfen des ius honorarium und des ius civile zur Verfügung gestellt wurde.23 Auf diesem Wege wurden Ansprüche klagbar, die im Rahmen der ordentlichen Gerichtsbarkeit, also im Formularprozess zum Beispiel vor dem Prätor, nicht anerkannt waren.24 Zunächst trat das Verfahren der cognitio extra ordinem neben den ordentlichen Formularprozess, bevor es diesen schließlich ablöste.25 Häufig beruhte die cognitio extra ordinem für einen bestimmten Gegenstand auf einer constitutio principis, welche eventuell durch senatusconsulta aufgegriffen und weiterentwickelt wurde.26 So entstand beispielsweise die Klagbarkeit von fideicommissa: 21 Vgl. auch zum Folgenden Behrends, Prinzipat, S. 57 f.; Kaser / Hackl, S. 452 f.; Bleicken, S. 136 ff. – Zur fideikommissarischen Freilassung ausführlich oben § 4 III. 1. 22 Vgl. Kaser / Hackl, S. 438 und S. 452 f.; Honsell / Mayer-Maly / Selb, S. 556. – Für Prozesse um liberalitas und ingenuitas waren unter Antoninus Pius die Konsuln zuständig, später der praetor de liberalibus causis; vgl. Kaser, Cognitio, S. 183 f. mit Hinweis auf Ulp. D. 35.1.50 (1 de off. consulis). 23 Zu Wesen und Entstehung des Kognitionsverfahrens ausführlich Kaser / Hackl, S. 435 ff.; Bleicken, S. 136 ff. – Zur Frage, inwieweit die auctoritas als Ursprung der extraordinaria cognitio anzusehen ist, vgl. Bleicken, S. 131 ff. m. w. N. 24 Honsell / Mayer-Maly / Selb, S. 555 f.; Kaser, Cognitio, S. 175 ff., S. 185. 25 Daher der Name extra ordinem; vgl. z. B. Pomp. D. 1.2.2.33 (lib. sing. enchiridii); Pap. D. 17.1.7 (3 resp.); hierzu oben § 16 III. 1. – Die Ablösung des Formularprozesses durch das Kognitionsverfahren verlief in den Provinzen anders als in der Stadt Rom; vgl. Kaser / Hackl, S. 436; Honsell / Mayer-Maly / Selb, S. 555 f. 26 Kaser / Hackl, S. 437 mit Anm. 11.
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Augustus wies die Konsuln an, eine Klage zuzulassen; anschließend griffen mehrere senatusconsulta dies auf und entwickelten die Gerichtsbarkeit in diesem Bereich weiter.27 Das Verfahren war im Gegensatz zum Formularprozess ungeteilt, fand vor einem kaiserlichen Beamten als Richter statt und war insgesamt amtlich, wobei es mit einer privaten oder amtlichen Ladung des Beklagten (denuntiatio ex auctoritate bzw. evocatio) begann.28 Falls der Geladene nicht erschien, konnte das Verfahren in seiner Abwesenheit fortgeführt werden. Das Beweisverfahren war frei; doch nahm der Urkundenbeweis eine vorrangige Stellung ein. Das Urteil konnte, anders als im Formularverfahren, nicht mehr nur auf Geld lauten, sondern eine Verurteilung in ipsam rem war möglich, so dass es fortan allgemeine Leistungsurteile gab.29 Gegen die Entscheidung im Kognitionsverfahren konnte mithilfe von appellatio oder einem Antrag auf in integrum restitutio vorgegangen werden.30 2. Das Verfahren um fideikommissarische Freilassung (fideicommissaria libertas)
Auch die fideikommissarische Freilassung ist als Teil des fideicommissum, seinerseits Gegenstand des Kognitionsprozesses, einklagbar im Wege der cog nitio extra ordinem. Das Fideikommiss bot dem Erblasser die Möglichkeit, den Sklaven im Testament indirekt freizulassen, indem er jeden, der durch ein fideicommissum begünstigt oder belastet werden konnte, zur manumissio des Sklaven verpflichten konnte.31 Durch die Eröffnung des Rechtsweges wird diese zunächst nur moralisch bindende Pflicht zur Rechtspflicht, die dem Sklaven das Einfordern der Freiheit vor dem praetor fideicommissarius ermöglicht.32 Dabei ist man sich durchaus bewusst, dass auf diese Weise zu27 I. 2.23.1; I. 2.25 pr.; vgl. Kaser / Hackl, S. 437 mit Anm. 11; Kaser, RP I, S. 295. 28 Vgl. auch zum Folgenden Honsell / Mayer-Maly / Selb, S. 557 f.; Buti, Cognitio, ANRW II / 14, S. 33, S. 44 ff.; Kaser, Cognitio, S. 501 ff. 29 I. 4.6.32: Curare autem debet iudex, ut omnimodo, quantum possibile ei sit, certae pecuniae vel rei sententiam ferat, etiam si de incerta quantitate apud eum actum est. – Vgl. Honsell / Mayer-Maly / Selb, S. 558; Buti, Cognitio, ANRW II / 14, S. 52 ff., S. 58 f. 30 Ausführlich Buti, Cognitio, ANRW II / 14, S. 52 ff.; vgl. Kaser, Cognitio, S. 177 ff.; zur appellatio eingehend Litewski, Appellation, ANRW II / 14, S. 61 ff. 31 Gai. 2.263-266; Vgl. Waldstein, Operae libertorum, S. 162 f.; Knütel, FS Wieling, S. 131 ff.; Kaser, RP I, S. 295 m. w. N. Zur fideikommissarischen Freilassung ausführlich siehe oben § 4 III. 1. 32 Zunächst war der Konsul, später der praetor fideicommissarius zuständig; vgl. Kaser / Hackl, S. 452 f.; Finkenauer, Rechtsetzung Mark Aurels, S. 26; Castello, St. Scherillo Bd. 1, S. 211 gegen H. Krüger, SZ 48 (1928), S. 171 f., der nicht den
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gunsten der Freiheit vom bisherigen Recht abgewichen wird: (…) nec enim ignotum est, quod multa contra iuris rigorem pro libertate sint constituta, sagt Ulpian in D. 40.5.24.10 (5 fideicomm.), es sei nämlich wohl bekannt, dass vieles gegen die Strenge des Rechts für die Freiheit angeordnet ist. Pomponius stellt in D. 40.5.4433 ausdrücklich klar, der Sklave streite rechtmäßig mit seinem Herrn um die libertas fideicommissaria. Das Verfahren um die fideikommissarische Freiheit endet mit der Feststellung (pronuntiatio),34 aus der gemäß dem senatusconsultum Rubrianum die Freiheit im Wege einer direkten manumissio im Testament fingiert wird.35 Für diese pronuntiatio ist in der Provinz der praeses provinciae zuständig.36 3. Überblick über die Quellen in D. 40.5 de fideicommissariis libertatibus – Über die fideikommissarischen Freiheiten
Zahlreiche Beispiele für Situationen, in denen der Sklave eine für ihn erteilte, aber bisher unterbliebene fideikommissarische Freilassung mithilfe einer Klage durchsetzen kann, liefern die Fragmente im 5. Titel des 40. Buches de fideicommissariis libertatibus, Über die fideikommissarischen Freiheiten. An dieser Stelle sei nur auf einige Besonderheiten hingewiesen. Auffällig ist zunächst, dass dieser Titel keinerlei Aussage über den technischen Ablauf eines Prozesses um die fideikommissarische Freiheit enthält – abgesehen von Hinweisen auf die Ladung (evocatio), die am Beginn des Verfahrens steht,37 und auf das Urteil. Stattdessen enthält der Digestentitel D. 40.5 lediglich Fragmente mit Anwendungsfällen38 und solche, die Rechte und Pflichten von Freilasser und Freigelassenem nach der manumissio behandeln,39 sowie Fragmente zu den anwendbaren senatuspraetor fideicommissarius für zuständig hält, weil die Quellen in D. 40.5 nur den Prätor als zuständige Person bzw. Behörde nennen. Siehe auch oben § 4 III. 1. 33 (7 ad Sab.): De libertate fideicommissaria praestanda servus cum domino recte contendit. 34 Das Urteil war Feststellungsurteil, genannt pronuntiatio oder decretum, später auch sententia; vgl. H. Krüger, SZ 48 (1928), S. 174. 35 Ulp. D. 40.5.26.7 (5 fideicomm.); zum senatusconsultum Rubrianum ausführlich unten § 25 II. 4. 36 Scaev. D. 40.5.19 pr. (24 dig.). Dies entspricht der Anordnung des senatusconsultum Articuleianum; vgl. Marcian. D. 40.5.51.7 (9 inst.). 37 Z. B. Ulp. D. 40.5.26.7 und 9 (5 fideicomm.); vgl. H. Krüger, SZ 48 (1928), S. 175. 38 Z. B. Pap. D. 40.5.21 (19 quaest.); Ulp. D. 40.5.24.13 und 14 (5 fideicomm.). 39 Z. B. Ulp. D. 40.5.4.7 (60 ad ed.); ders. D. 40.5.24.21 (5 fideicomm.); Afr. D. 40.5.49 (9 quaest.); Paul. D. 40.5.29 (3 fideicomm.).
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consulta40. Breiten Raum nimmt die Frage ein, was mit einem Kind geschieht, dessen Mutter per fideicommissum frei werden soll.41 Darüber hinaus scheint sich die Anordnung eines Verstorbenen, sein Erbe solle mit einer bestimmten, ihm zugewandten Summe Geldes einen fremden Sklaven kaufen und anschließend freilassen, großer Beliebtheit erfreut zu haben, wie die zahlreichen Quellenbelege nahelegen.42 Aus den Quellen geht hervor, dass der Sklave, der fideikommissarisch zur Freiheit gelangen soll, auf eigene Initiative gegen seinen Herrn vorgehen muss; ein anderer kann für ihn keinen Prozess anstrengen und libertatem petere. Maecian behandelt diese Frage in D. 40.5.32.143 im Zusammenhang mit der Anordnung des Verstorbenen, einen fremden Sklaven zu kaufen und anschließend freizulassen. Gegen den Willen des Sklaven könne niemand, weder der Herr, noch ein Dritter, die Freilassung des Sklaven verfolgen, weil das fideicommissum nicht dergestalt sei, dass der Herr hieraus etwas erwerbe. Anders sei es jedoch, wenn der Testator beispielsweise angeordnet habe, der Sklave solle über Wert gekauft und auf diese Weise auch seinem Herrn etwas zugewendet werden. Dies erlaube dem Herrn selbst die Verfolgung des fideicommissum (fideicommissi persecutio), weil er ein Interesse daran habe, diese zusätzliche Zuwendung zu erhalten. Folglich kann eine Klage aus Fideikommiss nur bei Interesse des Klägers angestrengt werden, welches beim Sklaven in der Freilassung, beim Herrn oder einem Dritten pekuniärer Art sein kann. Dieser Anspruch des Sklaven auf Freiheit kann weder durch Verkauf oder Ersitzung (usucapio) des Skla40 Z. B. Marcian. D. 40.5.51.7 (9 inst.), für den Text siehe Anm. 67; Pomp. D. 40.5.20 (7 epist.); Paul. D. 40.5.5 (57 ad ed.). 41 Z. B. Mod. D. 40.5.13 (9 reg.); Ulp. D. 40.5.26.1 (5 fideicomm.). 42 Z. B. Ulp. D. 40.5.4.15 (60 ad ed.); Paul. D. 40.5.6 (60 ad ed.); Ulp. D. 40.5.7 (63 ad ed.). Doch kann der Herr nicht zum Verkauf an den Erben gezwungen werden; vgl. Marcian. D. 40.5.51.2 (9 inst.). – Genauso wenig kann derjenige, dem Geld zum Kauf mit Freilassung vermacht ist, zur manumissio gezwungen werden, wenn er das Vermächtnis nicht erhält; vgl. Pomp. D. 40.5.8 (7 ex Plaut.). – Die Tatsache, dass der zur manumissio Verpflichtete nicht zu Kauf und Freilassung gezwungen werden kann, wenn er wirtschaftlich hierdurch einen Nachteil erleiden würde, ist vergleichbar mit der Annahme, dass der Herr des Sklaven bei einer redemptio suis nummis ebenfalls nicht zum Verkauf des Sklaven gezwungen werden kann; hierzu siehe oben § 14 IV. und § 21 II. 4. Vgl. Ulp. D. 40.5.24.19 (5 fideicomm.); Paul. D. 40.5.25 (3 fideicomm.); ders. D. 40.5.31.4 (3 fideicomm.). 43 (15 fideicomm.): Invito tamen servo neque alii neque domino eam rem persequi concedendum est, quia non tale sit hoc fideicommissum, ex quo domino quid adquiratur: alioquin ipsi datum videretur. quod potest contingere, si testator pluris eum servum, quam quanti est, redimi ac manumitti voluit: nam tunc et domino erit fideicommissi persecutio, cuius interest praeter verum pretium id, quod plus ei iussus est dare, consequi, et servi, ut ad libertatem perveniat. – Ein ähnliches Beispiel gibt Maecian. D. 40.5.32.2 (15 fideicomm.).
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ven44 noch durch Nicht-Annahme durch den um Freilassung Gebetenen45 oder ähnliches vereitelt werden.46 Des Weiteren gehen zahlreiche Stellen des 5. Titels im Buch 40 auf die Person des Freilassers und die Lage des Freigelassenen ein. Wenn der Sklave durch pronuntiatio des Prätors frei wurde, sollte dieser aufgrund des senatusconsultum Dasumianum auch feststellen, ob der zur Freilassung Verpflichtete ex iusta causa abwesend war oder aber sich unentschuldigt dem Prozess entzogen hatte.47 Im letzteren Falle wurde der Sklave libertus orcinus.48 Nach Ulpian in D. 40.5.24.21 (5 fideicomm.) konnte der Sklave sogar geltend machen, lieber vom ursprünglich um Freilassung Gebetenen freigelassen zu werden, es sei denn, der Testator habe eine manumissio von wem auch immer im Sinn gehabt.49 Zu dieser Situation konnte es etwa kommen, wenn der freizulassende Sklave von demjenigen, der ihn hätte freilassen sollen, an einen Dritten veräußert wurde, der dann zur Freilassung gezwungen war. Hier sollte der Wunsch des Sklaven berücksichtigt werden, von dem ursprünglich um die Freilassung Gebetenen freigelassen zu werden. Dies konnte für den Sklaven unter Umständen bedeutsam sein, weil die Person des Freilassers insoweit Relevanz hatte, als er als patronus von seinen liberti zum Beispiel das Erbringen von Diensten verlangen konnte;50 es entstand also eine dauerhafte Beziehung zwischen Freilasser und Freigelassenem. Schließlich geht aus Ulpians Ausführungen in D. 40.5.24.251 hervor, dass der Freigelassene römischer Bürger wird. Ulpian behandelt an dieser Stelle den Fall eines Feindessklaven, dem fideikommissarisch die Freiheit erteilt 44 Vgl.
Ulp. D. 40.5.24.21 (5 fideicomm.); Marcell. D. 40.5.9 (15 dig.). Paul. D. 40.5.33.2 (3 fideicomm.). 46 Hält der um Freilassung Gebetene sich verborgen, erklärt der Prätor die Freiheit; vgl. u. a. Ulp. D. 40.5.1 (14 ad ed.); ders. D. 40.5.28.1 und 2 (5 fideicomm.); Pap. D. 40.5.22.2 (22 quaest.). 47 Vgl. Pap. D. 40.5.22.2 (22 quaest.); Paul. D. 40.5.5 (57 ad ed.). Zum senatusconsultum Dasumianum siehe unten § 25 II. 4. 48 Vgl. Afr. D. 40.5.49 (9 quaest.); Ulp. D. 40.5.30.12 (5 fideicomm.). Zum libertus orcinus ausführlich siehe unten § 28 IV. 49 Ähnlich Pomp. D. 40.5.34 pr. (3 fideicomm.). 50 Zum Patronatsrecht ausführlich unten § 28 ff. 51 (5 fideicomm.): Hostium servo si fideicommissaria libertas fuerit adscripta, potest tractari, an non sit inefficax. et fortassis quis dixerit indignum esse civem Romanum fieri hostium servum: sed si in casum relinquatur, in quem noster esse incipit, quid prohibet dicere libertatem valere? – Auch nach Alex. C. 7.4.4 führt die fideikommissarische Freilassung dazu, dass die Sklavin römische Bürgerin wird: Si voluntate domini in libertate morata est, cui fideicommissaria libertas debita fuerit, secundum senatus consultum et constitutiones ad id pertinentes civis Romana facta ingenuos peperit. sed si numquam ab ea libertas petita est, sibimet imputare debet, cum interea ex ea progeniti servi sint. 45 Vgl.
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ist. Diese Anordnung sei jedenfalls dann nicht zu beanstanden, wenn die Freiheit auf den Zeitpunkt ausgesetzt sei, ab dem der Sklave einem Römer gehöre.52 Aus diesen Überlegungen kann geschlossen werden, dass derjenige, dem fideikommissarische Freiheit zukommen soll, civis Romanus wird, wenn er von einem civis Romanus freigelassen wird. 4. Fortentwicklung des Prozesses um fideikommissarische Freiheit durch Senatsbeschlüsse (senatusconsulta)
Wie bereits angedeutet,53 ist das Verfahren um die fideikommissarische Freiheit nach der initialen Anordnung des Augustus durch mehrere senatusconsulta fortentwickelt worden. Insbesondere fünf Senatsbeschlüsse – Rubrianum, Dasumianum, Articuleianum, Iuncianum und Vitrasianum – haben die Gerichtsbarkeit und den Prozess um die fideicommissaria libertas nachhaltig geprägt.54 Das senatusconsultum Rubrianum stammt aus dem Jahre 103 n. Chr. und ist im Wortlaut überliefert in: Ulp. D. 40.5.26.7 (5 fideicomm.)55 (…) si hi, a quibus libertatem praestari oportet, evocati a praetore adesse noluissent, si causa cognita praetor pronuntiasset libertatem his deberi, eodem iure statum ser vari, ac si directo manumissi essent.
Wenn diejenigen, die die Freiheit leisten müssen, nachdem sie vom Prätor vorgeladen waren, nicht hätten anwesend sein wollen, werde, wenn der Prätor nach Prüfung der Sache ausgesprochen hätte, dass den Sklaven die Freiheit zustehe, ihr Rechtszustand nach dem Recht beurteilt, das auch gelten würde, wenn sie direkt freigelassen worden wären. Bei Säumnis des geladenen Beschwerten wird der Sklave also für frei erklärt. Voraussetzung für die Anwendbarkeit des senatusconsultum Rubri52 Es wäre z. B. denkbar, dass der Sklave durch Ersitzung Eigentum eines römischen Bürgers wurde. Dann konnte dieser Sklave auch fideikommissarisch freigelassen werden. 53 Siehe oben § 25 II. 1. 54 Zu den senatusconsulta ausführlich siehe Buongiorno, HAS s. v. Senatus consulta de fideicommissaria manumissione. 55 Siehe hierzu oben § 25 II. 2. – Auf 103 n. Chr. datiert das senatusconsultum v. Seuffert, S. 11; ebenso Kaser, RP I, S. 295; anders Rudorff, ZGRW 12 (1845), S. 310 f. Mommsen, Hermes 3 (1869), S. 45 mit Anm. 5 datiert das senatusconsultum Rubrianum auf vor 101; ähnlich Buongiorno, HAS s. v. Senatus consulta de fideicommissaria manumissione. – Zu eventuellen Textveränderungen siehe H. Krüger, SZ 48 (1928), S. 174 f. Ausführlich zum senatusconsultum Rubrianum vgl. Castello, St. Scherillo Bd. 1, S. 201 ff.
§ 25 Durchsetzung einer fideikommissarischen Freilassung293
anum ist, dass der Beschwerte vom Prätor geladen ist56 und dass der Geladene nicht vor Gericht erscheint (adesse nolle). In D. 40.5.28.157 präzisiert Ulpian diesbezüglich, dass adesse nolle bedeute, der um Freilassung Gebetene halte sich verborgen (latitare) oder komme absichtlich nicht (contemnere venire). Maecian weist in D. 40.5.36 pr.58 darauf hin, dass bestimmte Gründe, die zur Abwesenheit führen, nicht unter das senatusconsultum Rubrianum fallen; hier schaffe das senatusconsultum Dasumianum Abhilfe. Dies gelte für Kinder, furiosi (Wahnsinnige) oder diejenigen, die die Gottesverehrung, ein ehrbarer Grund, ein Unglücksfall oder eine Vermögensangelegenheit, eine Gefahr für Leben oder den Ruf oder ein vergleichbarer Grund abhalte, vor Gericht anwesend zu sein. Liegen die Voraussetzungen der Anwendbarkeit des senatusconsultum Rubrianum (evocatio und adesse nolle) vor, prüft der Prätor die Sachlage und stellt dann gegebenenfalls fest, dass dem Sklaven die Freiheit zu gewähren ist (libertatem servo deberi).59 Durch diesen Ausspruch wird der Sklave frei, und zwar als libertus orcinus.60 Der Wortlaut des senatusconsultum Dasumianum wird folgendermaßen referiert: Marcian. D. 40.5.51.4 (9 inst.) Senatus consulto Dasumiano cautum est, ut, si ex iusta causa absit qui fideicommissam libertatem debet et hoc pronuntiatum fuerit, perinde libertas competat, atque si, ut oportet, ex causa fideicommissi manumissus esset.
Es ist jemandem durch Fideikommiss auferlegt worden, einem Sklaven die Freiheit zu gewähren. Wenn diese Person aus rechtmäßigem Grunde 56 Vgl. Ulp. D. 40.5.26.7 (5 fideicomm.); gemäß ders. D. 40.5.26.9 erfolgt die evocatio durch denuntiatio, edictum oder litterae. 57 (5 fideicomm.): Haec autem verba ‚adesse noluissent‘ non utique exigunt, ut latitet is qui libertatem praestare debebit: nam et si non latitet, contemnat autem venire, senatus consultum locum habebit. – Hierzu ausführlich H. Krüger, SZ 48 (1928), S. 175 f. 58 (16 fideicomm): Neque infantes neque furiosi neque ab hostibus capti neque hi, quos religio aut honestior causa vel calamitas aliqua vel maior res familiaris aut capitis famaeve periculum aut similis causa moretur, Rubriano senatus consulto continentur: ac ne pupilli quidem, qui tutores non habent, aut eos habeant, quos earum quae causa detinet. sed nec, si hi data opera sui potestatem non faciunt, puto pupillis libertos eripi, quia et iniquum est facto tutoris, qui forsitan solvendo non sit, pupillum damno adfici, et senatus consulto non continetur alius quis quam qui ex causa fideicommissi debet praestare libertatem. quid ergo est? Dasumiano senatus consulto subvenitur his, quo cautum est de his, qui iusta ex causa abessent, ut nec libertas impediatur nec libertus eripiatur his, qui fraude careant. 59 Ulp. D. 40.5.26.7 und 9 (5 fideicomm.); Paul. D. 40.5.5 (57 ad ed.). 60 Vgl. Paul. D. 40.5.5 (57 ad ed.); Afr. D. 40.5.49 (9 quaest.). Zum libertus orcinus siehe unten § 28 IV.
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4. Teil: Folgen eines Freikaufs mit eigenem Geld
abwesend ist (ex iusta causa absens), steht dem Sklaven die Freiheit genau in der Form zu, als wenn er aufgrund des fideicommissum freigelassen worden wäre.61 Weil der Senatsbeschluss nur die heredes in Bezug genommen habe, sei hinzugefügt worden, dass er auch für andere gelte, denen durch fideicommissum die Freilassung aufgegeben sei.62 Ex iusta causa abesse bedeutet gemäß Ulpian in D. 40.5.28.5,63 nicht zum Zwecke von Vereitelung oder Verzögerung der manumissio dem Prozess fernzubleiben.64 Der Prätor prüft, ob der Beschwerte ex iusta causa absens und das fideicommissum gültig sind, und stellt dies gegebenenfalls fest. Mit der pronuntiatio ist der Sklave frei. Wessen Freigelassener er allerdings wird, hängt davon ab, aus welchem Grunde der Beschwerte abwesend ist: Im Falle gerechtfertigter Abwesenheit wird der Beschwerte patronus, als habe er den Sklaven freigelassen.65 Ist der Beschwerte ohne Erben verstorben, geht der Nachlass auf den fiscus über, der als Nachfolger desjenigen, der um die Freilassung gebeten war, den Sklaven freilässt.66 61 Pap. D. 40.5.22.2 (22 quaest.); Maecian. D. 40.5.36 pr. (16 fideicomm.); Marcian. D. 40.5.51.5-6 (9 inst.). – Das senatusconsultum Dasumianum ist zwischen 103 und 123 n. Chr. erlassen worden, v. Seuffert, S. 11 mit Anm. 2; nach Kaser, RP I, S. 295 unter Hadrian, also zwischen 117 und 138; vgl. Kienast, S. 128 ff. H. Krüger, SZ 48 (1928), S. 178 und S. 180 geht vom Erlass zwischen 117 und 123 aus. 62 Marcian. D. 40.5.51.6 (9 inst.). – H. Krüger, SZ 48 (1928), S. 178 führt die Stelle als Beleg für seine These an, das senatusconsultum Rubrianum habe erst nur für den heres, dann für Vermächtnisnehmer und alle übrigen, die von Todes wegen etwas erhalten hatten, gegolten, S. 174 f. 63 (5 fideicomm.): Ex iusta causa abesse eos demum dicendum est, qui non habent iniustam causam absentiae, cum sufficiat, quod non in fraudem libertatis absint, quo magis videantur ex iusta causa abesse: ceterum non est necesse, ut rei publicae causa absint. proinde si alibi domicilium quis habeat, alibi petatur fideicommissaria libertas, dicendum est non esse necesse evocari eum, qui fideicommissam libertatem debere dicitur, quia etiam absente eo, si constiterit libertatem deberi, pronuntiari potest iusta de causa eum abesse, nec libertum perdit: namque eos, qui apud sedes suas et domicilium suum sunt, nemo dubitabit ex iusta causa abesse. Vgl. weitere Fälle bei Maecian. D. 40.5.36 pr. (16 fideicomm.), den Text siehe soeben Anm. 58. 64 Wenn der um Freilassung Gebetene zwar nicht ex iusta causa abwesend, aber vor der manumissio ohne Erben verstorben ist oder sich der Erbschaft enthalten hat, ohne dass es andere Erben gibt, wird das senatusconsultum Dasumianum ebenfalls angewandt. Z. B. Pap. D. 40.5.22.2 (22 quaest.); Paul. D. 40.5.25 (3 fideicomm.); Ulp. D. 40.5.30.10 (5 fideicomm.). 65 Z. B. Ulp. D. 40.5.28.5 (5 fideicomm.); ders. D. 40.5.30.3 (5 fideicomm.); Maecian. D. 40.5.36 pr.-1 (16 fideicomm.). 66 Marcian. D. 40.5.51 pr. (9 inst.). Der erbenlose Nachlass geht wahrscheinlich seit Caracalla auf den fiscus über. Der Staat wird nicht Erbe, sondern nur „erbenähnlicher Gesamtnachfolger“; vgl. Kaser, RP I, S. 702. Übernimmt er die Freilassung des Sklaven, hat dieser keinen patronus. – Zum schwierigeren Fall, dass der
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Eine Regelung von Verfahrens- und Zuständigkeitsfragen enthält das senatusconsultum Articuleianum von 123.67 Es bestimmt, dass in den Provinzen der praeses provinciae zuständig ist, über die fideikommissarische Freiheit zu erkennen, auch wenn der Erbe nicht aus dieser Provinz kommt. Aus dem Jahre 127 stammt das senatusconsultum Iuncianum:68 Ulp. D. 40.5.28.4 (5 fideicomm.) (…): placere, si quis ex his, qui fideicommissam libertatem ex quacumque causa deberent servo, qui mortis tempore eius qui rogavit non fuerit, isque adesse negabitur, praetor cognoscat et, si in ea causa esse videbitur, ut, si praesens esset, manumittere cogi deberet, id ita esse pronuntiet: cumque ita pronuntiasset, idem iuris erit, quod esset, si ita, ut ex fideicommisso manumitti debuisset, manumissus esset.
Es geht um den Fall, dass jemand vom Verstorbenen fideikommissarisch gebeten worden war, einem Sklaven, der zum Todeszeitpunkt nicht dem Verstorbenen gehörte und folglich nicht in die Erbschaft fiel, die Freiheit zu gewähren. Wenn der um Freilassung Gebetene nicht anwesend ist, soll der Prätor die Sache untersuchen. Sollte diese Prüfung ergeben, dass der Beschwerte zur Freilassung gezwungen werden könnte, wenn er anwesend wäre, soll der Prätor dies feststellen. Mit dieser pronuntiatio trete der Rechtszustand ein, der bestünde, wenn der Sklave so freigelassen wäre, wie es das fideicommissum vorsieht; mit anderen Worten: Der Sklave wird mit der pronuntiatio frei. Das senatusconsultum Iuncianum setzt also nur voraus, dass der um Freilassung Gebetene abwesend ist (adesse negabitur); ob er aber ex iusta causa oder unentschuldigt fehlt, scheint unerheblich. Aus D. 40.5.28.4 geht außerdem hervor, dass der freizulassende Sklave nicht dem Verstorbenen gehörte; aus Marcian. D. 40.5.51.869 wird deutlich, dass es sich dabei um den Sklaven des um manumissio Gebetenen handeln kann. Nach Marcian. D. 40.5.51.1070 findet das senatusconsultum auch Anwendung, wenn der Erbe sich der Erbschaft enthalten hatte, ausführlich H. Krüger, SZ 48 (1928), S. 181 f. 67 Marcian. D. 40.5.51.7 (9 inst.): Sed Articuleiano senatus consulto cavetur, ut in provinciis praesides provinciae cognoscant, licet heres non sit eius provinciae. Vgl. Kaser, RP I, S. 295; v. Seuffert, S. 12; Impallomeni, S. 108 f. 68 Vgl. Kaser, RP I, S. 295; H. Krüger, SZ 48 (1928), S. 183. 69 (9 inst.): Sed si non hereditarium servum quis rogatus fuerit manumittere, sed proprium, ex senatus consulto Iunciano post pronuntiationem pervenit ad libertatem. Ausführlich H. Krüger, SZ 48 (1928), S. 184 f. – Hierfür spricht auch Ulp. D. 26.4.1.3 (14 ad Sab.). 70 (9 inst.): Emptor quoque ut manumittat, eodem senatus consulto expressum est.
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4. Teil: Folgen eines Freikaufs mit eigenem Geld
Beschwerte den freizulassenden Sklaven an einen Dritten veräußert hat. Als Rechtsfolge sieht der Senatsbeschluss vor, dass der Sklave frei wird, und zwar wohl als libertus des zur Freilassung Verpflichteten.71 Das senatusconsultum Vitrasianum hat den Fall zum Gegenstand, dass der Sklave, dem fideikommissarisch die Freiheit erteilt ist, im Eigentum von mehreren Erben steht, von denen nur einer mit der manumissio beschwert ist.72 Es sieht vor, dass der verpflichtete Erbe vom Miterben dessen Anteil kaufen muss, um den Sklaven anschließend freilassen zu können; hierbei ist der Miterbe zum Verkauf verpflichtet.73 Mit diesen fünf senatusconsulta sind prozessuale Regelungen geschaffen worden, die teilweise Spezialfälle behandeln, wie zum Beispiel das senatusconsultum Iuncianum, die teilweise aber auch ganz allgemein gehalten sind, wie das senatusconsultum Rubrianum oder Dasumianum. Insgesamt ergibt 71 Aus Ulp. D. 26.4.1.3 (14 ad Sab.) geht hervor, dass Antoninus Pius anordnete, der zur Freilassung Verpflichtete habe kein Patronatsrecht: (…): nam generaliter divus Pius rescripsit Aurelio Basso ius patroni eum non habere, his verbis: ‚Plane tergiversatio eorum, qui subvertere fideicommissam libertatem velint, eo modo puniatur, ne ius patroni adquirant in eo, quem liberum esse nolunt‘ (…); Antoninus Pius habe mit folgenden Worten reskribiert, dass dieser nicht das Patronatsrecht habe: Die Ausflüchte derjenigen, die eine fideikommissarisch angeordnete Freiheit vereiteln wollen, sollen bestraft werden, indem sie nicht die Freilasserrechte erhalten gegenüber demjenigen, dessen Freiheit sie gar nicht wollen. Anders aber Paul. D. 40.5.29 (3 fideicomm.): Si quis, posteaquam in ea causa esse coeperit, ut ex fideicommisso manumitti deberet, alienatus sit, is quidem, cuius interim servus erit, manumittere cogetur: sed hic non distinguitur, iusta an non iusta causa absit: omnimodo enim libertus ei servatur; wenn der Sklave, der fideikommissarische Freiheit erhalten sollte, verkauft ist, muss der Käufer ihn freilassen. Hierbei werde nicht unterschieden, ob er ex iusta causa oder unrechtmäßig abwesend sei. Diesen Widerspruch versucht Impallomeni, S. 99 f. aufzulösen mit der Annahme, es sei eine Privilegierung des Käufers vorgesehen, die vielleicht auch Antoninus Pius bekannt war. Die Überlegung hingegen, Paulus könnte das Reskript des Pius unbekannt gewesen sein, verwirft er mit Blick auf Marcian. D. 40.5.53.1 (4 regul.); vgl. Impallomeni, S. 100 mit Anm. 148. Hierzu auch H. Krüger, SZ 48 (1928), S. 185 f.: Der Freilasser werde in jedem Fall patronus, weil er für den Verlust seines Sklaven entschädigt werden soll. – Zu weiteren Anwendungsbeispielen des senatusconsultum Iuncianum vgl. H. Krüger, SZ 48 (1928), S. 187 ff. 72 Der Name wird genannt in Ulp. D. 40.5.30.6 (5 fideicomm.); der Tatbestand wird aus Marcian. D. 40.5.51.11 (9 inst.) deutlich: Et praesens coheres perinde manumittat, atque si traditum a coherede accepisset. quod et in impuberis persona coheredis, qui non erat rogatus manumittere, eundem principem rescripsisse relatum est. Vgl. H. Krüger, SZ 48 (1928), S. 190. 73 Vgl. ausführlich H. Krüger, SZ 48 (1928), S. 189 ff.; Impallomeni, S. 103 ff.; alle m. w. N. Wenn der Miterbe mit dem vom Beschwerten vorgeschlagenen Kaufpreis nicht einverstanden ist, kommt es zu einem Versäumnisverfahren, bei dem der Prätor den Wert des Anteils durch einen arbiter schätzen lässt. Hierzu ausführlich H. Krüger, SZ 48 (1928), S. 191 ff.
§ 26 Gerichtliche Durchsetzung der Freilassung beim Freikauf297
sich eine umfassende Regelung des Prozesses um die fideicommissaria libertas, der es dem begünstigten Sklaven ermöglichte, seinen Anspruch auf Freilassung gerichtlich durchzusetzen.
§ 26 Gerichtliche Durchsetzung einer im Wege des Freikaufs versprochenen Freilassung I. Das Verfahren zur Durchsetzung der versprochenen Freilassung 1. Ablauf des Verfahrens
Überträgt man das Verfahren zur Durchsetzung fideikommissarisch erteilter Freiheit auf die redemptio suis nummis, so beginnt der Prozess vor dem praefectus urbi oder dem praeses provinciae mit einem Antrag des Sklaven auf evocatio, also auf Ladung vor Gericht durch den Magistrat.74 Dem Sklaven, der für dieses Verfahren ausnahmsweise partei- und prozessfähig ist,75 obliegt der Beweis, dass tatsächlich eine redemptio suis nummis stattgefunden hat; andernfalls droht ihm schwere Strafe.76 Gelingt der Beweis, wird der Sklave nicht etwa durch den praefectus urbi oder praeses für frei erklärt, sondern diese fordern den Freikäufer auf, den Sklaven freizulassen.77 Hier liegt auf den ersten Blick ein Unterschied zum Prozess um fideikommissarisch erteilte Freiheit, da der Sklave in diesem Verfahren vom Prätor die Erklärung (pronuntiatio) erreichen kann, dass er freizulassen ist, wodurch er im Wege einer Fiktion für freigelassen angesehen wird.78 Sollte der Freikäufer sich verborgen halten und sich der evocatio entziehen, finden gemäß Ulpian in D. 5.1.67 die senatusconsulta, die dieses Problem für den Fall fideikommissarischer Freilassung regeln, entsprechende Anwendung auf das Verfahren um die Freilassung im Rahmen der redemptio suis nummis: Ulp. D. 5.1.67 (6 disp.) Qui se dicit suis nummis redemptum, si hoc probaverit, exinde liber erit ex quo redemptus est, quia constitutio non liberum pronuntiari praecipit, sed restitui ei 74 Vgl. Ulp. D. 40.5.26.7 und 9 (5 fideicomm.); v. Seuffert, S. 9; Heumann / Seckel, S. 178 s. v. evocare. 75 Marcian. D. 40.1.5 pr. (2 inst.), Herm. D. 5.1.53 (1 iur. epitom.); für den Text siehe oben § 24 II. 1. 76 Hierzu bereits oben § 24 II. 1. 77 Ulp. D. 5.1.67 (6 disp.), die Stelle siehe sogleich im Text. – Den Begriff iussus praetoris aus Flor. D. 18.1.43 (8 inst.) (dort bez. fideicommissaria libertas verwandt) möchte v. Seuffert, S. 10 übertragen; die angegebene Stelle enthält diese Formulierung aber nicht. 78 Hierzu oben § 25 II.
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4. Teil: Folgen eines Freikaufs mit eigenem Geld
libertatem iubet. proinde compellendus erit manumittere eum qui se suis nummis redemit. sed et si latitet, exempla senatus consultorum ad fideicommissam libertatem pertinentium debere induci oportet.
Derjenige, der behauptet und bewiesen hat, mit seinem eigenen Geld freigekauft zu sein, werde (nicht?) von dem Zeitpunkt an frei, zu dem er losgekauft sei, weil die Konstitution nicht bestimme, dass er frei werde, sondern anordne, dass ihm die Freiheit verschafft werden müsse.79 Daher müsse der Freikäufer gezwungen werden, den Sklaven freizulassen. Wenn der Freikäufer sich aber verborgen halte, müssen die entsprechenden Bestimmungen der senatusconsulta, die die fideikommissarisch erteilte Freiheit betreffen, herangezogen werden, so Ulpian. Der Wortlaut bereitet mit der Rückwirkung der redemptio suis nummis Schwierigkeiten, die zu der Annahme führen können, dass in der Passage exinde liber erit ein non ausgefallen sei. Wird ein solches non nicht hinzugefügt, sagt die Stelle, der Sklave, der seinen Freikauf bewiesen habe, werde vom Zeitpunkt des Kaufes seiner selbst bei seinem Herrn frei. Fügt man das non jedoch hinzu, würde Ulpian sagen, dass die Freiheitswirkung der pronuntiatio nicht auf den Zeitpunkt des Kaufes zurückwirke. Wenn man von einer Rückwirkung der pronuntiatio ausgeht, darf also kein non eingefügt werden.80 Hierfür könnten auch Ulp. D. 40.1.4.2 und 781 sprechen, weil der Freikäufer nur ein Scheinkäufer ist und der Sklave sich eigentlich selbst loskauft; die Rückdatierung führt dann dazu, dass der Freikäufer auf den (kurzzeitigen) Erwerb des Sklaven keinen Anspruch hat.82 Allerdings lässt sich folgende Überlegung gegen die Rückwirkung der pronuntiatio anführen: Ulpian begründet in D. 5.1.67, warum es eine Rückwirkung nicht geben könne. Fügt man kein non ein, würde Ulpian sagen, der Sklave werde, wenn er gerichtlich gegen den Freikäufer vorgegangen ist, rückwirkend zum Zeitpunkt der redemptio suis nummis frei, weil die Konstitution nicht anordne, dass er für frei erklärt werde, sondern nur den Freikäufer verpflichtet, ihm die Freiheit zu verschaffen. Diese Argumenta tion kann aber nur schwer überzeugen; denn es leuchtet nicht ein, warum die Freiheit rückwirkend eintritt, wenn nicht einmal der angerufene Magis79 Die Grundbedeutung von restituere ist wiederherstellen; vgl. Heumann / Seckel, S. 515 s. v. restituere. Dies kann hier aber nicht zutreffen, weil die Stellen, die von einem Auftrag des Sklaven an den Freikäufer zum Kauf mit anschließender Freilassung sprechen, die Freilassung erst nach Abschluss des Kaufgeschäfts vorsehen; so z. B. Pap. D. 17.1.54 pr. (27 quaest.) und Ulp. D. 17.1.8.5 (31 ad ed.), hierzu ausführlich siehe oben § 20 III. und § 13. 80 So v. Seuffert, S. 10 mit Anm. 2 unter Hinweis auf Bas. 7.5.66 (Schelt. A I 342; Heimb. I 282) und Cujaz, Sp. 157 f. (zu D. 5.1.53). 81 Zu D. 40.1.4.2 siehe unten § 26 II. 1., zu D. 40.1.4.7 oben § 21 II. 3. 82 Vgl. v. Seuffert, S. 10.
§ 26 Gerichtliche Durchsetzung der Freilassung beim Freikauf299
trat die Freiheit sofort erklärt, sondern dem Freikäufer verordnet, den Sklaven freizulassen. Ohne das Einfügen eines non verliert die Stelle an inhaltlichem Sinn;83 es ist somit davon auszugehen, dass die gerichtliche Aufforderung an den Freikäufer oder die Feststellung der Freiheit (pronuntiatio) nicht auf den Zeitpunkt der redemptio suis nummis zurückwirkten. Namentlich können von denjenigen senatusconsulta, die entsprechende Bestimmungen für die fideikommissarische Freilassung enthalten, das Rubrianum, das Dasumianum und das Articuleianum herangezogen werden.84 Das senatusconsultum Rubrianum regelt den Fall, dass im Prozess um eine fideikommissarisch angeordnete Freilassung der geladene Beschwerte säumig ist, und ordnet an, dass der Sklave dann für frei erklärt wird.85 Folglich wird der Sklave auch bei unterbliebener Freilassung infolge einer redemptio suis nummis für frei erklärt, wenn der geladene Freikäufer säumig ist.86 Wenn der Geladene aber aus triftigem Grunde nicht vor Gericht erscheint, sollen die Freiheit des Sklaven und das Vorhandensein eines solchen Grundes festgestellt werden, und zwar in Anwendung des senatusconsultum Dasumianum. Der Sklave wird dann durch die pronuntiatio frei, als wäre er ordnungsgemäß freigelassen worden. Das senatusconsultum Articuleianum schließlich führt in entsprechender Anwendung dazu, dass der praeses provinciae auch dann zuständig ist, wenn der Freikäufer nicht aus der Provinz kommt. 2. Abschluss des Verfahrens
a) Aufforderung zur Freilassung oder Feststellung des Richters (pronuntiatio) Das Verfahren um die vom Freikäufer versprochene Freilassung kam entweder durch Aufforderung an ihn zur Freilassung oder durch pronuntiatio zum Abschluss, und zwar abhängig davon, ob der Freikäufer vor Gericht anwesend oder abwesend war. War er abwesend, fanden die senatusconsulta Anwendung. Dann konnte die pronuntiatio die manumissio durch den Frei83 So auch bei Krüger / Mommsen, S. 107; vgl. Brinkhof, S. 138; Buckland, S. 636 f.; Koschaker, SZ 29 (1908), S. 517 gegen v. Seuffert, S. 10. – Koschaker hält den Text für noch schwerwiegender überarbeitet und verändert. 84 Zu den senatusconsulta ausführlich oben § 25 II. 4. 85 Hierzu ausführlich oben § 25 II. 4. 86 Auch die vorsätzliche Vereitelung der Ladung (latitatio) durch den Freikäufer sei genauso wie die Säumnis zu beurteilen, auch wenn jene nicht ausdrücklich im Text des senatusconsultum überliefert sei, so v. Seuffert, S. 11. Dem ist im Ergebnis zuzustimmen, jedoch mit Hinweis auf D. 40.5.28.1 (5 fideicomm.), wo Ulpian ausdrücklich präzisiert, adesse nolle erfasse latitare und absichtliches Wegbleiben; hierzu oben § 25 II. 4.
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käufer ersetzen, wobei der praefectus urbi und der praeses als Beamte des höchsten Ranges über coercitio verfügten, welche ihnen ein verbindliches Agieren ermöglichte.87 Wenn der Sklave, der seinen Freikauf initiiert hatte, im Prozess um die Freiheit in den Genuss der Anwendung des senatusconsultum Rubrianum oder Dasumianum kam, war er mit der pronuntiatio frei; das senatusconsultum Articuleianum enthält dagegen eine Zuständigkeitsregelung und nicht die Rechtsfolge der Abwesenheit des beklagten Freikäufers. Anders verhielt es sich, wenn der Freikäufer im Prozess anwesend war. Dann war die Anwendung der Senatsbeschlüsse ausgeschlossen mit der Folge, dass der praefectus urbi bzw. der praeses provinciae den Freikäufer verpflichtete, den Sklaven freizulassen.88 Falls der Käufer sich weigerte, die Freilassung vorzunehmen, konnte der praefectus den Sklaven für frei erklären, und zwar in entsprechender Anwendung des von Marcian in D. 40.5.51.9 zitierten Reskripts: Marcian. D. 40.5.51.9 (9 inst.) Sive iusta ex causa abest sive latitet sive praesens non vult manumittere, pro absente eum haberi divus Pius rescripsit.
Marcian zitiert ein Reskript von Antoninus Pius, das bestimmt, dass, wenn der um manumissio Gebetene aus legitimem Grund abwesend ist, sich verbirgt oder zwar anwesend, aber nicht gewillt ist, freizulassen, wie ein Abwesender zu behandeln sei. Wenn aber der mit Freilassung Betraute abwesend ist, wird der Sklave durch pronuntiatio des Prätors frei. Überträgt man dies auf die redemptio suis nummis, wird der Sklave auch dann durch pronuntiatio des praefectus oder des praeses frei, wenn der Freikäufer zwar vor Gericht anwesend ist, die manumissio aber verweigert.89 Somit unterscheiden sich die Rechtsfolge im Rahmen des Prozesses um fideikommissarische Freiheit und die im Verfahren um Freiheit aufgrund Freikaufes tatsächlich nicht. Denn die Freiheitsfiktion zugunsten des Sklaven tritt beim Prozess um fideicommissaria libertas gemäß der Senatsbeschlüsse nur ein, wenn der zur Freilassung Verpflichtete abwesend ist. Da diese Senatsbeschlüsse aber für die Freiheit infolge eines Freikaufs des Sklaven entsprechend anzuwenden sind, sind die Rechtsfolgen in beiden Konstellationen identisch. Nun ist zu überlegen, wie der Freikäufer, der im Prozess anwesend ist und sich zur Freilassung auffordern lässt, dieser Anordnung nachkommen kann. Hierauf wird sogleich eingegangen.90 v. Seuffert, S. 10. – Zum praeses allgemein Hirschfeld, S. 385 ff. Ulp. D. 5.1.67 (6 disp.); den Text siehe oben § 26 I. 1. 89 So auch v. Seuffert, S. 10 f. 90 Siehe § 26 I. 2. b). 87 Vgl. 88 Vgl.
§ 26 Gerichtliche Durchsetzung der Freilassung beim Freikauf301
b) Umsetzung der Aufforderung zur Freilassung durch den Freikäufer Wenn der Freikäufer im Prozess anwesend ist und zur Freilassung aufgefordert wird, kann er dieser Aufforderung nachkommen. Hierfür bietet sich eine einfache Erklärung im Prozess an – ähnlich wie eine Freiheitserklärung inter amicos91 –, mit der er zum Ausdruck bringt, der Sklave solle in Zukunft frei sein. Sollte er aber die Freilassung weiterhin unterlassen, obwohl er im Prozess anwesend war und zur Freilassung aufgefordert wurde, kommen mehrere Lösungsmöglichkeiten in Betracht: Denkbar ist, dass der Sklave – eventuell nach Ablauf einer gewissen Zeit – nach dem Urteil im Prozess um die redemptio suis nummis, das den Freikäufer zur Freilassung auffordert, einen zweiten Prozess anstrengen muss, um nun für frei erklärt zu werden. Eine andere Möglichkeit wäre, dass dem Freikäufer gegenüber Zwang angewendet wird – etwa mit Geldstrafe oder Haft. Oder aber es ist kein zweiter Prozess notwendig und die Konstellation wird bereits innerhalb des ersten Prozesses gelöst. Diese Frage wird von den Quellen nicht ausdrücklich behandelt. Mit Blick auf Ulp. D. 5.1.67 nimmt v. Seuffert an, der Freikäufer könne mit Haft- und Geldstrafe, die der praefectus urbi bzw. der praeses provinciae verhängen könne, zur Freilassung bewegt werden.92 Dies würde allerdings bedeuten, dass entweder der Sklave erneut den praefectus urbi bzw. den praeses provinciae anrufen müsste oder aber dass diese nach ihrem Urteil noch den Fall des Sklaven weiter beobachten. Dass der Sklave einen zweiten Prozess anstrengen muss, ist wenig wahrscheinlich. Denn im Vergleich zu den Fällen, in denen sich der Freikäufer ausdrücklich weigert, die manumissio vorzunehmen, wäre dies wesentlich aufwendiger und umständlicher. Bei Weigerung des Freikäufers nämlich wird der Sklave durch pronuntiatio frei, bei Unterlassen der Freilassung trotz gerichtlicher Aufforderung müsste er dann aber einen neuen Prozess in die Wege leiten. Für diesen Prozess würde ihm überdies die Prozess- und Parteifähigkeit fehlen, die ihm für den Prozess um die redemptio ja nur ausnahmsweise eingeräumt wird. Auf eine solche Befugnis für einen zweiten Prozess deuten die Quellen nicht hin. Außerdem würde der Freikäufer, der den Sklaven trotz gerichtlicher Aufforderung nicht freilässt, durch das Erfordernis eines zweiten Prozesses über Gebühr privilegiert, denn aufgrund der Tatsache, dass er für den Kauf des Sklaven finanziell nichts aufwendet, hat er auch kein Recht, weiterhin das Eigentum am Sklaven zu haben. Im Gegenteil: Um sich an ihm nicht zu bereichern, muss er ihn sofort freilassen, wenn er von ihm den 91 Zu
92 Für
den verschiedenen Freilassungsarten siehe ausführlich oben § 4. den Text siehe oben § 26 I. 1.; v. Seuffert, S. 10.
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4. Teil: Folgen eines Freikaufs mit eigenem Geld
Freikaufpreis in voller Höhe erstattet bekommen oder der Sklave vereinbarte Dienste vollständig abgeleistet hat. Die Formulierung compellendus erit manumittere in Ulp. D. 5.1.67 könnte aber auch – anders als v. Seuffert sie versteht – dahingehend aufgefasst werden, dass innerhalb ein- und desselben Prozesses, nämlich des (ersten) Prozesses um die redemptio, Zwang gegenüber dem Freikäufer angewendet wird, sobald dieser der Aufforderung zur Freilassung des Sklaven nicht sofort im Prozess nachkommt. Der Zwang, den die Gerichtsmagistrate anwenden, müsste dann dazu führen, dass der Sklave sofort frei wird. Diese Überlegung bedeutet wohl, dass der Freikäufer den Sklaven auf gerichtliche Aufforderung noch im ersten Prozess freilassen muss, sonst kommt es zur gleichen Folge wie bei einer ausdrücklichen Weigerung des Freikäufers, den Sklaven freizulassen – der Sklave wird mit pronuntiatio frei. Diese Überlegung lässt sich durch Quellenbelege jedoch nicht stützen, so dass die Frage nicht eindeutig geklärt werden kann. In Bezug auf die Frage, wann die Freiheitswirkung einer solchen pronuntiatio eintritt, ist mit Blick auf Ulpian in D. 5.1.67 festzuhalten, dass sie nicht auf den Zeitpunkt des Kaufes zurückwirkt.93 3. Zusammenfassung
Im Wege der cognitio extra ordinem war es dem Sklaven möglich, seinen Anspruch auf Freilassung, den der Freikäufer zu vereiteln drohte, gerichtlich durchzusetzen und schließlich zur Freiheit zu gelangen. Dazu musste er den praeses provinciae oder den praefectus urbi um die Ladung (evocatio) des Freikäufers ersuchen und anschließend die redemptio suis nummis beweisen. War der Freikäufer im Prozess anwesend, wurde er zur Freilassung aufgefordert. Sollte die Freilassung dennoch unterbleiben, konnte der Sklave auch durch pronuntiatio frei werden, wobei er wohl keinen zweiten Prozess anstrengen musste, wenn der Freikäufer ihn trotz gerichtlicher Aufforderung weiterhin nicht freiließ. Falls der Freikäufer sich dem Prozess entzog, wurde der Sklave in entsprechender Anwendung des senatusconsultum Rubrianum und Dasumianum durch pronuntiatio frei; im Fall der Anwendung des senatusconsultum Dasumianum war der Freikäufer jedoch aus triftigem Grund abwesend, so dass der Sklave frei wurde, als wäre er abredegemäß freigelassen worden. Das Klagerecht, das die Konstitution Kaiser Marc Aurels und Lucius Verus’ dem Sklaven zugestand, bedeutete folglich eine Verrechtlichung der 93 Für den Text sowie zur Frage, ob eine Rückwirkung anzunehmen ist oder nicht, siehe oben § 26 I. 1.
§ 26 Gerichtliche Durchsetzung der Freilassung beim Freikauf303
redemptio suis nummis; sie brachte dem Sklaven ein Stück Rechtssicherheit, immer vorausgesetzt, er konnte deren Vorliegen auch beweisen. Darüber hinaus verschaffte sie ihm Teilrechts- und Teilparteifähigkeit, denn er erhielt einen eigenen Anspruch auf Freilassung, den er selbst einklagen konnte.94 II. Bedeutung der Treue (fides) zwischen Freikäufer und Sklaven 1. Grundlagen des Klagerechts des Sklaven
Mehrfach ist bereits darauf hingewiesen worden, dass der Anspruch des Sklaven auf Erfüllung der versprochenen Freilassung durch den Freikäufer den strengen Regeln des ius civile zuwider läuft.95 Mit Blick auf die Tatsache, dass ein servus weder rechts- noch parteifähig ist, überraschen die Ergebnisse, die die Untersuchungen zur Klagbarkeit der redemptio suis nummis hervorgebracht haben. Zu überlegen ist nun, ob sich ein Prinzip oder ein Aspekt erkennen lassen, die den Hintergrund dieser Abweichung von den Regeln des ius civile bilden. Die Analyse der Quellen zur redemptio suis nummis hat gezeigt, dass das Verhältnis von Sklaven und Freikäufer von fides geprägt ist:96 Ulpian97 spricht dem Freikäufer, der den Sklaven entgegen der Vereinbarung nicht freilässt, das Patronatsrecht ab, weil er die Treue gebrochen habe (fidem fregi). Er sagt sogar, zwischen servus und Freikäufer gebe es einen auf fides beruhenden contractus, der es dem Sklaven gestatte, gegen jenen vorzugehen.98 Hieraus kann geschlossen werden, dass die Grundlage des klagbaren Anspruchs des Sklaven gegen den Freikäufer die Vereinbarung ist, dass dieser ihn bei seinem Herrn kaufe und anschließend freilasse.99 Die Konstitution der Kaiser Marc Aurel und Lucius Verus greift dieses Verhältnis auf 94 Behrends, Prinzipat, S. 58, S. 60; Finkenauer, Rechtsetzung Mark Aurels, S. 46; ders., FS Knütel, S. 347 m. w. N. in Anm. 25. 95 Siehe zum Folgenden auch oben § 2 I., § 5 ff. 96 Hierzu oben § 22 II. 97 Ulp. D. 2.4.10 pr. (5 ad ed.): Sed si hac lege emi ut manumittam, et ex constitutione divi Marci venit ad libertatem: cum sim patronus, in ius vocari non potero. sed si suis nummis emi et fidem fregi, pro patrono non habebor. – Siehe oben § 24 I. und unten § 29 I. 98 Ulp. D. 40.1.4.2 (6 disp.): (…): ab initio enim hoc agi debet, ut imaginaria fieret emptio et per fidem contractus inter emptorem et servum agatur. – Ähnlich Hermog. D. 5.1.53 (1 iur. epitom.): (…) sed et si quis fidem alicuius elegerit, ut nummis eius redimatur atque his solutis manumittatur, nec ille oblatam pecuniam suscipere velle dicat, contractus fidem detegendi servo potestas tributa est. Siehe oben § 24 II. 1. 99 Vgl. zur Verletzung der fides bei Unterlassen der Freilassung v. Seuffert, S. 9; Finkenauer, FS Knütel, S. 348 f.
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4. Teil: Folgen eines Freikaufs mit eigenem Geld
und verhilft ihm zu juristischer Relevanz, indem sie es für justiziabel erklärt. Die Wirkungen der Rechtsbeziehung zwischen servus und Freikäufer zeigen sich also im prozessualen Bereich, nämlich darin, dass das soeben beschriebene Verfahren zur Verfügung steht, um der Abrede über die Freilassung nach dem Kauf zur Durchsetzung zu verhelfen. Auf diese Weise wird zugleich das Agieren des Sklaven aufgewertet: Im Rahmen der redemptio suis nummis wird dem Sklaven ein Bereich zugestanden, innerhalb dessen sein Verhalten rechtlich bedeutsam ist. Dieser ist allerdings umso folgenschwerer, da der servus selbst sein Sklavendasein beenden und hierbei noch sein peculium benutzen kann, das der Herr ihm zur eigenverantwortlichen Verwaltung übergeben hatte. Der Freikäufer wird dabei dahingehend privilegiert, dass er im Prozess um die redemptio suis nummis bei Anwesenheit nur dazu aufgefordert wird, den Sklaven freizulassen, und der Sklave nicht durch das Urteil direkt frei ist. Der Grund hierfür könnte darin liegen, dass der Freikäufer die Möglichkeit erhalten soll, seiner gerichtlich festgestellten fides-Verpflichtung zur Freilassung selbst nachzukommen, persönlich also der fides Genüge zu tun, die seiner Abrede mit dem Sklaven zugrunde liegt. Darüber hinaus kann wahrscheinlich auch das Verhältnis des Sklaven zu seinem eigenen Herrn die Grundlage des klagbaren Anspruchs gebildet haben. Zwar ist denkbar, dass servus und dominus keinen wohlwollenden Umgang miteinander pflegten, etwa weil der Herr seine Sklaven lediglich als Arbeitskräfte ansah und dementsprechend behandelte. Aber auch andere Fälle von freundschaftlicher Beziehung und menschlichem Umgang von Herrn und Sklaven sind überliefert.100 Dann aber verwundert es nicht, dass der Herr, der seinen Sklaven um dessen Freiheit willen veräußert hat, hinter diesem steht und seine manumissio zumindest moralisch unterstützt. In diesen Zusammenhang gehört auch die mögliche Klage des Herrn gegen den Freikäufer auf Freilassung des Sklaven, die im Rahmen der Untersuchungen zum mandatum festgestellt worden ist.101 Sie ermöglicht es dem Herrn, der die Absichten seines Sklaven kennt und befürwortet, selbst die Durchführung des Auftrags durch den beauftragten Freikäufer notfalls gerichtlich durchzusetzen. Die Klage des Sklaven ist folglich das Pendant zur actio mandati seines Herrn. Ein solcher Fall gemeinsamer Interessen von servus und dominus kann ebenfalls den Hintergrund bilden, vor dem sich der klagbare Anspruch des Sklaven auf manumissio durch den Freikäufer begreifen lässt.
100 Z. B. Plaut., Capt. 238-239, 938-946. Vgl. Nörr, Mandatum, S. 21 mit Anm. 39; Erler, S. 6; ausführlich zu Sklaven, die Vertraute ihres Herrn waren, Knoch, S. 183 ff. 101 Zu dieser actio mandati directa des dominus ausführlich oben § 20 III. 2. a) aa) und zu ihrem Verhältnis zur actio venditi oben § 22 III.
§ 26 Gerichtliche Durchsetzung der Freilassung beim Freikauf305 2. Bedeutung der Justiziabilität des Freikaufs
Die Überlegung, dass das Treueverhältnis zwischen Sklaven und Freikäufer die Grundlage des klagbaren Anspruchs auf Freilassung bildet, kann auch in einen weiteren Kontext eingeordnet werden. Schließlich führt sie dazu, dass ein pactum zwischen einem servus und einem Dritten gehalten werden muss – die versprochene Freilassung ist tatsächlich vorzunehmen. Dies erinnert an den modernen Grundsatz des pacta sunt servanda, welcher nicht dem römischen, sondern dem kanonischen Recht entstammt.102 Genauso wie Verträge zu halten sind, zeigt sich bei der Klagbarkeit der redemptio suis nummis, dass Verabredungen zwischen Sklaven und Dritten, zumindest im eng begrenzten Rahmen des Freikaufes, ebenfalls nicht gebrochen werden dürfen.103 Hierdurch hebt sich die redemptio suis nummis im Übrigen vom bloßen pactum pro libertate zwischen dominus und servus ab, welches dem Sklaven nicht die Möglichkeit verschafft, seinen dominus auf Freilassung gerichtlich in Anspruch zu nehmen.104 Allerdings relativiert die – historisch zu beobachtende – immer weiter zunehmende Eigenständigkeit des Sklaven das Novum, welches die Konstitution der divi fratres mit sich brachte. In persönlicher Hinsicht war es dem Sklaven nämlich möglich, gegen seinen Herrn vorzugehen, wenn dieser ihn schlecht behandelte.105 Des Weiteren konnte er seinen Anspruch auf Freiheit, die ihm in einem fideicommissum erteilt war, gerichtlich durchsetzen.106 Insgesamt lässt sich daher feststellen, dass die Justiziabilität der redemptio suis nummis, welche die Konstitution der divi fratres verlieh, zwar ein Novum darstellt. Jedoch existierten bereits ähnliche Privilegierungen für Sklaven, so dass der klagbare Anspruch auf manumissio nur einer unter weiteren war. Auffällig ist aber, dass die Freikauf-Initiative des Sklaven sogar soweit honoriert wurde, dass von einem auf fides beruhenden contractus gesprochen wurde. Bedeutend ist die Klagbarkeit der redemptio suis nummis aber dennoch, weil sie dem Sklaven eine effiziente Möglichkeit bot, seinen Sklavenstatus selbst zu beenden und frei zu werden. Behrends formuliert es treffend, in dem er sagt, es setzte sich die „Anerkennung des Sklaven als Rechtsperson durch, dem ein Mindestmaß an Rechtsschutz 102 Kroeschell / Cordes / Nehlsen-v. Stryk, S. 4; zum Corpus Iuris Canonici Link, S. 35 ff. m. w. N. 103 Hierauf macht Huchthausen, Philologus 120 (1976), S. 66 ff. aufmerksam. 104 Zum pactum pro libertate ausführlich § 4 III. 4. 105 Vgl. Behrends, Prinzipat, S. 62; Jacota, RIDA 13 (1966), S. 220 bemerkt, es habe noch viele andere Situationen gegeben, in denen der Sklaven eine querela erheben konnte. 106 Hierzu ausführlich oben § 25.
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4. Teil: Folgen eines Freikaufs mit eigenem Geld
gebührt“.107 Durch die kaiserliche Konstitution wird also die ursprünglich nur moralisch bindende Pflicht aus der Freikaufabrede zur Rechtspflicht erhoben – ein Phänomen, das auch bei der fideikommissarisch verliehenen Freiheit zu beobachten ist.108
§ 27 Ergebnisse zur Justiziabilität der redemptio suis nummis Die Konstitution der Kaiser Marc Aurel und Lucius Verus hat die bereits bekannte redemptio suis nummis mit einer Rechtsfolge versehen, indem sie dem Sklaven, der abredewidrig nach dem Kauf durch den Freikäufer nicht freigelassen wurde, ermöglichte, diese manumissio gerichtlich durchzusetzen. Dazu muss er sich an den praeses provinciae oder den praefectus urbi wenden. Der Anspruch ist im Wege einer extraordinaria cognitio durchzusetzen, wobei das Verfahren der redemptio dem um die fideikommissarische Freiheit nachgebildet ist. Der Sklave muss das Vorliegen einer redemptio beweisen; misslingt dieser Beweis, droht ihm schwere Strafe. Wenn der Beweis gelingt, fordert der angerufene Magistrat den Freikäufer zunächst auf, seiner Freilassungsverpflichtung nachzukommen. Diese Anordnung kann im Prozess etwa durch einfache Freiheitserklärung erfüllt werden. Im Verfahren finden die senatusconsulta Rubrianum, Dasumianum und Articuleianum Anwendung. Bei Vorliegen der Voraussetzungen des senatusconsultum Rubrianum, also bei unentschuldigter Abwesenheit des Freikäufers trotz Ladung durch den Prätor, oder bei entschuldigter Abwesenheit (ex iusta causa) gemäß dem senatusconsultum Dasumianum wird der Sklave mit der pronuntiatio des praeses bzw. des praefectus urbi frei. Die Zuständigkeitsregelungen des senatusconsultum Articuleianum sind ebenfalls anwendbar. Sollte der Freikäufer aber trotz Aufforderung die manumissio unterlassen oder sich von vornherein weigern, die Freilassung vorzunehmen, wird der Sklave ebenfalls durch pronuntiatio frei. Die pronuntiatio hat jedoch keine Rückwirkung auf den Zeitpunkt des Kaufvertrags zwischen dem Herrn und dem Freikäufer. Im Prozess über die redemptio suis nummis ist der Sklave prozess- und parteifähig. Die Grundlage des klagbaren Anspruchs des freigekauften Sklaven bildet das fides-Verhältnis, das durch die Vereinbarung zwischen Sklaven und Freikäufer über die Vornahme einer redemptio zustande kommt. Bemerkenswert ist, dass auf diese Weise die Abrede des Sklaven mit einem Dritten gewisse Rechtswirksamkeit entfaltet, indem der Freikäufer an sein Versprechen gebunden ist. 107 Behrends, 108 Vgl.
Prinzipat, S. 62. auch Lotmar, SZ 33 (1912), S. 310.
§ 28 Das Patronatsrecht 307
2. Abschnitt
Patronatsrecht: Verhältnis zwischen Sklaven, Freikäufer und Herrn nach der Freilassung § 28 Das Patronatsrecht I. Überblick über die Rechtsfolgen der Freilassung Im Allgemeinen führte die Freilassung (manumissio) eines Sklaven dazu, dass dieser die Freiheit erlangte und römischer Bürger (civis Romanus) wurde.109 Sie hatte also eine doppelte Wirkung. Gaius weist in 1.17 seiner institutiones darauf hin, dass die manumissio den Freigelassenen aber nicht in jedem Fall zum römischen Bürger machte, sondern nur, wenn er über 30 Jahre alt war, im quiritischen Eigentum seines Herrn stand und in rechtmäßiger Weise freigelassen wurde.110 Wenn aber nur eine der drei Voraussetzungen fehlte, wurde er lediglich Latinus. Die Latini Iuniani waren römische Freigelassene minderen Rechts, denen von der lex Iunia personale Latinität verliehen wurde, ohne dass sie Bürger einer latinischen Gemeinde wurden. Sie hatten keine politischen Rechte, konnten aber am römischen Rechtsverkehr teilnehmen, weil sie das commercium besaßen.111 109 Vgl. Kaser, RP I, S. 115 ff.; umstritten ist, ob die manumissio zu allen Zeiten oder erst später römisches Bürgerrecht verschaffte; vgl. Kaser, RP I, S. 117 m. w. N.; ausführlich Robleda, S. 126 ff.; Danieli, S. 5 ff.; Waldstein, HAS s. v. Freigelassene B.; ders., Operae libertorum, S. 44 ff. Siehe sogleich unten § 28 II. 1. und oben § 4 I. 110 Gai. 1.17: Nam in cuius personam tria haec concurrunt, ut maior sit annorum triginta et ex iure Quiritium domini et iusta ac legitima manumissione liberetur, id est vindicta aut censu aut testamento, is civis Romanus fit; sin vero aliquid eorum deerit, Latinus erit. – Eine Freilassung von unter 30-Jährigen war nach der lex Aelia Sentia bei Vorliegen einer iusta causa apud consilium möglich; vgl. Gai. 1.18. Hierzu oben § 4 II. 4. 111 Gai. 1.22: … homines ‚Latini Iuniani‘ appellantur; ‚Latini‘ ideo, quia adsimulati sunt Latinis coloniariis; ‚Iuniani‘ ideo, quia per legem Iuniam libertatem acceperunt, cum olim servi viderentur esse. – Hintergrund der lex Iunia waren die prätorischen Freilassungen, welche dem Sklaven nur tatsächliche Freiheit verschafften. Sklaven, die auf diese Weise freigelassen wurden, wurden vom Prätor vor Wiederheranziehung zum Sklavendienst geschützt; vgl. Schiemann, DNP 6 s. v. Latini Iuniani, Sp. 1170 f.; Steinwenter, RE XII / 1 s. v. Latini Iuniani, Sp. 910 ff.; Robleda, S. 173 ff.; Biscardi, S. 6 ff. – Zu den unterschiedlichen Freilassungsarten oben § 4; zum ius Latii ausführlich Steinwenter, RE X / 1 s. v. Ius Latii, Sp. 1260 ff. – Zum commercium, das seinem Inhaber das Recht zur Vornahme bestimmter Rechtsgeschäfte im Handel verschaffte, Apathy, DNP 3 s. v. Commercium, Sp. 101 f. m. w. N.
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4. Teil: Folgen eines Freikaufs mit eigenem Geld
Auch der formal korrekt Freigelassene (libertus oder libertinus)112 stand jedoch dem Freigeborenen (ingenuus)113 nicht vollumfänglich gleich, sondern unterlag einigen Beschränkungen.114 So konnten Freigelassene weder in Ämter oder den Senat gewählt werden noch in die Klasse der equites gelangen. In privatrechtlicher Hinsicht stand der Freigelassene unter der Gewalt seines patronus, desjenigen also, der ihn freigelassen hatte. Diesem schuldete er in der Regel obsequium (honor et reverentia) und die Leistung von Diensten (operae) in einem bestimmten Umfang.115 Der patronus hatte überdies ein Erbrecht im Falle des Todes seines libertus und ihm kam die tutela legitima zu.116 Im Gegenzug oblag dem patronus eine gewisse Schutzpflicht für seinen Freigelassenen.117 Daher gestaltet sich das Verhältnis von patronus und libertus zueinander nicht nur als das Patronatsrecht des Freilassers, sondern zeichnet sich durch gegenseitige Rechte und Pflichten aus.118 Neben diesen rechtlichen Pflichten, von denen einige sogleich ausführ licher beleuchtet werden sollen,119 war der libertus in gesellschaftlicher Hinsicht wohl auch über die Freilassung hinaus seinem alten Herrn nicht ebenbürtig, sondern ihm in gewisser Weise untergeben. Allerdings sind die sozialen Beziehungen vielschichtig gewesen; es wird Freigelassene gege112 Ulp. D. 38.16.3.1 (14 ad Sab.): Libertum accipere debemus eum, quem quis ex servitute ad civitatem Romanam perduxit sive sponte sive necessitate, quoniam rogatus fuit eum manumittere: nam et ad huius legitimam hereditatem admittitur. Libertinus bezeichnet den Freigelassenen im Hinblick auf seinen Rechtszustand als Freien; vgl. Heumann / Seckel, S. 315 s. v. libertinus. – Gai. D. 1.5.6 (1 inst.): Libertini sunt, qui ex iusta servitute manumissi sunt. Libertus meint also den Freigelassenen in seinem Verhältnis zum früheren Herrn, dem patronus; vgl. Heumann / Seckel, S. 315 s. v. libertus. 113 Gaius definiert Freigeborene und Freigelassene in 1.11: Ingenui sunt, qui liberi nati sunt; libertini, qui ex iusta servitute manumissi sunt. 114 Vgl. Watson, Slave Law, S. 43 ff. Zu den staatsrechtlichen Beschränkungen ausführlich Mommsen, Röm. Staatsrecht, S. 434 ff.; Lemonnier, S. 251 ff.; Danieli, S. 17 ff.; Kaser, SZ 58 (1938), S. 95. 115 Anders Lambert, S. 9 ff., der annimmt, ursprünglich habe das obsequium, das einen allgemeinen Unterwerfungszustand bezeichne, auch die Leistung von operae enthalten. Die Gegenüberstellung von obsequium und operae sei erst entstanden, als der Prätor das iusiurandum operae anerkannt habe. Dann erst seien die operae dem patronus per Eid versprochen worden. Zu dieser Ansicht vom Zustand der Unterwerfung siehe sogleich § 28 II. 1. Ausführlich Waldstein, Operae libertorum, S. 51 ff. 116 Vgl. Watson, Slave Law, S. 35; Kaser, SZ 58 (1938), S. 89, S. 104. 117 Vgl. Kaser, SZ 58 (1938), S. 89; Mommsen, Röm. Staatsrecht, S. 62 f. Siehe auch die Ausführungen zur clientela sogleich bei § 28 II. 1. 118 Kaser, SZ 58 (1938), S. 88 f. weist darauf hin, dass das Patronat ein „Bündel gegenseitiger Rechte und Pflichten zwischen Patron und Freigelassenem“ sei. 119 Einen Überblick über die Folgen einer manumissio gibt Loreti-Lorini, BIDR 34 (1925), S. 29 ff.
§ 28 Das Patronatsrecht 309
ben haben, die – vielleicht schon zu Sklavenzeiten – zu echten Freunden ihres patronus wurden, welcher sie von gleich zu gleich betrachtete. Immerhin war die manumissio im Regelfall eine freiwillige Handlung des dominus.120 In anderen Fällen wird der Freigelassene aber weiterhin von seinem patronus in gewisser Weise abhängig oder diesem untergeordnet gewesen sein. Schließlich sollte das Patronat ja nicht nur den privaten Interessen des alten dominus dienen, sondern im öffentlichen Interesse in gewisser Weise auch den Fortbestand der inneren Ordnung der römischen Gesellschaft sicherstellen.121 Überdies ist festzuhalten, dass die Rechte des fideikommissarischen Freilassers, also desjenigen, der im Wege eines fideicommissum um die Freilassung eines Sklaven gebeten ist, hinter denen des patronus im Falle einer manumissio legitima zurückbleiben. Insbesondere die Ansprüche auf operae libertorum122 und auch die Möglichkeit der ingrati accusatio123 bestehen in diesem Falle nicht.124 II. Pflichten des Freigelassenen (libertus) gegenüber seinem Freilasser (patronus) 1. Pflicht des Freigelassenen zu Gehorsam (obsequium) und Schutzverhältnis (clientela)
Ein Freigelassener schuldet gegenüber seinem Freilasser obsequium, das heißt Gehorsam.125 Gord. C. 6.6.5126 ist zu entnehmen, obsequium bedeute, dass der libertus verpflichtet sei, die geschuldete Ehrerbietung (reverentiae debitae munus) zu leisten.127 Diese Verpflichtung war ursprünglich nur eine 120 Zu den in dieser Hinsicht unfreiwilligen manumisssiones aufgrund testamentarischer Anordnung oder sonstigen Abreden oben § 4 II. und III. 3. 121 Vgl. Mayer-Maly, SZ 71 (1954), S. 265; vgl. Watson, Law of Persons, S. 226 ff. 122 Marcian. D. 38.2.29 pr. (9 inst.). Vgl. u. a. Ulp. D. 38.1.7.4 (28 ad Sab.). 123 Antonin. C. 6.7.1: Non est ignotum, quod ea, quae ex causa fideicommissi manumisit, ut ingratum libertum accusare non potest, cum id iudicium extra ordinem praebeatur ei, qui voluntate servo suo libertatem gratuitam praestitit, non qui debitam restituit. 124 Vgl. zum Ganzen Loreti-Lorini, BIDR 34 (1925), S. 32 f. m. w. N. und unten § 28 III. 2. und IV. 1. 125 Heumann / Seckel, S. 382 s. v. obsequium. 126 Etiam liberis damnatorum consuetum obsequium libertos paternos praestare debere in dubium non venit. proinde si non agnoscunt reverentiae debitae munus, non immerito videntur ipsi adversus se provocare severitatem. 127 Hierzu ausführlich Waldstein, Operae libertorum, S. 65 f. Er hält diese Stelle für die einzige kaiserzeitliche Erklärung des Inhalts von obsequium. Zugleich gegen
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4. Teil: Folgen eines Freikaufs mit eigenem Geld
sittliche Pflicht, die seit der lex Aelia Sentia mit einer Sanktion versehen ist. Denn diese lex aus dem Jahre 4 n. Chr. sieht neben Freilassungsbeschränkungen u. a. vor, dass eine accusatio ingrati liberti erhoben werden kann.128 Dem Nichterfüllen der Pflicht, dem patronus die geschuldete Ehrerbietung zu leisten, kann also mit einer Klage begegnet werden. Somit hat die Verpflichtung zu obsequium fortan gewisse rechtliche Relevanz. Diese Entwicklung der Ehrerbietungsverpflichtung von einer rein sittlichen Pflicht hin zu einer rechtlichen Pflicht ist beispielhaft wohl für das gesamte Freilassungsrecht. Ursprünglich entfaltete nämlich die manumissio nur sittliche Wirkung, indem der patronus aufgrund der fides verpflichtet war, den faktisch Freien nicht wieder als Sklaven zu behandeln.129 Mit Beginn der Republik erhält sie dann auch rechtliche Wirkung, weil sie dem Freigelassenen Freiheit und das römische Bürgerrecht verschafft.130 Darüber hinaus zählen die Freigelassenen eines patronus wohl schon seit alter Zeit zu seinen clientes. Als clientes bezeichnet man Freie, die sich in einem sozialen Abhängigkeitsverhältnis zu ihrem Patron, einem römischen Bürger, befinden.131 Die Klientel entsteht durch Ergebung von Ausländern (deditio), freiwilliges Unterschutzstellen einzelner Bürger unter den Schutz des patronus (applicatio) sowie durch manumissio.132 Schon aus den XII Lambert, S. 3 ff., der davon ausgeht, obsequium bezeichne einen Zustand der Unterwerfung („état de sujétion“), der auf einer originären potestas beruhe. Daher meine reverentiae debitae munus in C. 6.6.5 den Unterwerfungszustand; Lambert, S. 20. Diese These vom „état de sujétion“ widerlegt Waldstein, Operae libertorum, S. 51 ff. mit Hinweis auf die Aussage der Quellen. 128 Vgl. ausführlich Kaser, SZ 58 (1938), S. 112 ff.; Waldstein, Operae libertorum, S. 68 f. Zum Inhalt der lex Aelia Sentia Gai. 1.13, 1.18; hierzu Robleda, S. 152 ff. Vgl. Buckland, S. 537 ff. m. w. N. – Einzelheiten der accusatio ingrati sind unklar, vgl. Waldstein, Operae libertorum, S. 161 f. und S. 68. Kaser, SZ 58 (1938), S. 128 ff. geht davon aus, dass die lex Aelia Sentia nur gravierende Fälle von ingratia betraf und hierfür eine schwere Strafe vorsah. 129 Kaser, SZ 58 (1938), S. 89 ff. bezeichnet dies als „Freilassung mit sakraler Wirkung“. Damit wendet er sich zugleich gegen Mommsens These, die Freilassung habe anfänglich dem Sklaven nicht die volle Freiheit verschaffen können, Röm. Forschungen, S. 358 ff. 130 Vgl. Ulp. D. 38.2.1 pr. (42 ad ed.): Hoc edictum a praetore propositum est honoris, quem liberti patronis habere debent, moderandi gratia. namque ut Servius scribit, antea soliti fuerunt a libertis durissimas res exigere, scilicet ad remunerandum tam grande beneficium, quod in libertos confertur, cum ex servitute ad civitatem Romanam perducuntur. 131 Vgl. auch zum Folgenden ausführlich Lintott, DNP 3 s. v. Cliens, clientes, Sp. 32 f.; z. T. überholt, aber grundlegend v. Premerstein, RE IV / 1 s. v. Clientes, Sp. 23 ff. m. w. N. 132 Es ist angenommen worden, dass die manumissio ursprünglich nur zum Klientelverhältnis geführt habe; vgl. Kaser, RP I, S. 117 ff.; ders., SZ 58 (1938), S. 89 ff. jeweils m. w. N. Heute ist unumstritten, dass liberti zu den clientes gehören;
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Tafeln geht hervor, dass das Verhältnis von Patron und Klienten rechtlichen Regeln unterworfen war.133 Zu diesem Verhältnis zwischen patronus und cliens, das aus gegenseitiger Treue und Schutz besteht, gehört u. a., dass sich Patron und Klient weder gegenseitig anklagen noch vor Gericht gegeneinander als Zeugen aussagen dürfen.134 Die Pflicht des cliens besteht beispielsweise darin, seinem Patron Achtung zu erweisen und bei der morgendlichen Begrüßung (salutatio) in dessen Hause anwesend zu sein oder ihn auf das Forum zu begleiten.135 2. Pflicht zur Leistung von Diensten (operae)
Neben der Verpflichtung zu honor et reverentia trifft den libertus in der Regel auch die Verpflichtung, seinem patronus einen bestimmten Umfang von Diensten (operae) zu leisten. Paulus definiert in D. 38.1.1136 operae als diurnum officium, als Tagewerke. Der Begriff bezeichnet also Arbeitsleistungen eines Tages, die dem patronus wegen der Freilassung nach Stückzahl versprochen werden.137 Die Verpflichtung zu ihrer Ableistung entsteht im Wege einer stipulatio138 oder eines Eides (iusiurandum).139 Bindend ist ein solches Versprechen allerdings nur, wenn es nach der manumissio zumindest wiederholt wird.140 Auch im Rahmen einer manumissio testamento können operae auferlegt werden, die dann als Bedingung anzusehen sind, die der Bedingtfreie, genannt statuliber, noch als Unfreier zu erbringen hat, bevor er frei wird.141 vgl. Waldstein, Operae libertorum, S. 69 mit Anm. 150. – Zum Ursprung der clientela vgl. Dion. Hal., Ant. 2.9. 133 XII T. 8.21: Patronus si clienti fraudem fecerit, sacer esto. Wenn der Patron seinen cliens betrügt, soll er verflucht sein. 134 Zur Ausgestaltung des Klientelverhältnisses Dion. Hal., Ant. 2.10. Ausführlich hierzu Waldstein, Operae libertorum, S. 70 ff.; vgl. v. Premerstein, RE IV / 1 s. v. Clientes, Sp. 38 ff.; Mommsen, Röm. Forschungen, S. 355 ff.; Lintott, DNP 3 s. v. Cliens, clientes, Sp. 32 f. 135 Zur salutatio Sen., Benef. 6.34; zum Besuch auf dem Forum Liv., Ab urbe condita 38.51.6; vgl. Lintott, DNP 3 s. v. Cliens, clientes, Sp. 32. 136 (lib. sing. de var. lect.): Operae sunt diurnum officium. 137 Vgl. auch zum Folgenden ausführlich Waldstein, Operae libertorum, S. 209 ff.; ders., FS Knütel, S. 1375 ff.; Watson, Law of Persons, S. 229 ff. 138 Pomp. D. 45.1.5.1 (26 ad Sab.): Stipulatio autem est verborum conceptio, quibus is qui interrogatur daturum facturumve se quod interrogatus est responderit. Die stipulatio ist ein förmliches Schuldversprechen; vgl. hierzu Kaser, RP I, S. 168 ff. m. w. N. 139 Zur Entstehung der Verpflichtung ausführlich Waldstein, Operae libertorum, S. 239 ff. m. w. N. 140 Hierzu ausführlich Kaser, SZ 58 (1938), S. 104 f.
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Gegenstand versprochener operae können die verschiedensten Tätigkeiten sein. Häufig arbeiteten Freigelassene als Handwerker, Händler oder Bauern, so dass sich das Versprechen solcher Tätigkeiten gegenüber dem patronus anbot.142 141
Interessant ist der Bericht Ulpians über das Edikt des Prätors Rutilius von 118 v. Chr. in D. 38.2.1143. Einleitend berichtet Ulpian, Ziel des Ediktes sei es, die Ehrerbietung, die die patroni von ihren liberti verlangen, zu regeln. Denn es sei Sitte, dass patroni mitunter die Verrichtung der härtesten Arbeiten von ihren Freigelassenen forderten, nämlich als Gegenleistung für die große Wohltat, die sie jenen erwiesen haben, indem sie ihnen aus der Sklaverei zu römischem Bürgerrecht verholfen haben. Den Inhalt dieses edictum de operis libertorum schildert:144 Ulp. D. 38.2.1.1 (42 ad ed.) Et quidem primus praetor Rutilius edixit se amplius non daturum patrono quam operarum et societatis actionem, videlicet si hoc pepigisset, ut, nisi ei obsequium praestaret libertus, in societatem admitteretur patronus.
Das Edikt des Rutilius gestatte dem Freilasser, die Klage wegen der Dienste (actio operarum) und wegen der Gesellschaft (societatis actio), nämlich wenn er den Vertrag errichtet hatte, dass, wenn ihm der libertus kein obsequium leiste, der patronus als Gesellschafter zugelassen werden solle.145 Grundlage dieser actio operarum ist das Versprechen von operae, das im Vorfeld der Freilassung durch Eid oder stipulatio erfolgte. Fraglich ist allerdings, was die Grundlage der societatis actio bildet.146 Es ist wohl davon auszugehen, dass libertus und patronus vereinbart haben, dieser wer141 Paul. D. 40.7.1 pr. (5 ad Sab.): Statuliber est, qui statutam et destinatam in tempus vel condicionem libertatem habet. Vgl. Watson, Law of Persons, S. 201 ff. Zum statuliber siehe auch oben § 4 II. 2. b). 142 Liberti konnten auch in der kaiserlichen Verwaltung, und zwar beispielsweise als accensi, arcarii, procuratores tätig sein; vgl. Chantraine, S. 404 Funktionsangaben (in Auswahl). – Zu den Berufen der Freigelassenen allgemein Treggiari, S. 87 ff. 143 Ulp. D. 38.2.1 pr. (42 ad ed.): Hoc edictum a praetore propositum est honoris, quem liberti patronis habere debent, moderandi gratia. namque ut Servius scribit, antea soliti fuerunt a libertis durissimas res exigere, scilicet ad remunerandum tam grande beneficium, quod in libertos confertur, cum ex servitute ad civitatem Romanam perducuntur. – Zu Interpolationsvermutungen bez. der gesamten Überlieferung des Edikts vgl. Waldstein, Operae libertorum, S. 131 ff. Vgl. ders., FS Knütel, S. 1367 f. 144 Lenel, EP, S. 338 ff.; D. 38.1; C. 6.3. 145 Dass ein iudicium operarum durch das Edikt des Rutilius eingeführt wurde, beschreibt Ulpian auch in D. 38.1.2.1 (38 ad ed.). 146 Es ist umstritten, ob die societatis actio überhaupt auf Rutilius zurückgeht oder aber an dieser Stelle interpoliert ist; vgl. ausführlich Waldstein, Operae libertorum, S. 138 ff. m. w. N. sowie die Interpretation von D. 38.2.1.1.
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de zu einer societas zugelassen, für den Fall, dass der libertus seiner Ehrerbietungspflicht (obsequium) nicht nachkommt. Seit dem Jahr 118 v. Chr. ist mit der actio operarum also die Möglichkeit für den patronus belegt, das Ableisten der versprochenen Tagewerke auch gerichtlich einzufordern. Aus der Beschreibung im principium geht überdies hervor, dass die Leistung von operae seit alter Zeit eine sittliche Pflicht war, die wahrscheinlich auch sittliche Sanktionen nach sich zog, wenn die Leistungen nicht erbracht wurden.147 Ziel des Edikts war es, ausufernde Ansprüche der patroni einzudämmen, welche diese bis dahin wohl bereits als zivilen Anspruch im Legisaktionenverfahren geltend machen konnten.148 III. Gegenseitige Rechte des Freilassers (patronus) und des Freigelassenen (libertus) 1. Alimentationsanspruch und Recht des patronus zum Verbot der Ehe des libertus
Im Normalfall hat der patronus ein Recht darauf, von seinem libertus finanziell unterhalten zu werden. Die alimenta sind gemäß dem Vermögen und nur bedürftigen patroni zu leisten, wie Ulpian in D. 25.3.5.19149 zu bedenken gibt. Nicht so selbstverständlich wie die Verpflichtung zur Unterhaltsleistung an einen bedürftigen patronus, aber dennoch grundsätzlich geschuldet ist die Unterhaltsleistung auch an die Kinder des Freilassers.150 Unterhalt zu leisten haben sowohl der libertus als auch die liberta, also männliche und weibliche Freigelassene,151 und falls die Eltern des Freilassers bedürftig sind, können auch sie ausnahmsweise Unterhalt beanspruchen. Dies soll jedoch nur dann der Fall sein, so Ulpian in D. 25.3.5.26152, wenn 147 Ähnlich formuliert Ulpian in D. 38.1.2 pr. (38 ad ed.) die Motive für das Edikt. – Zur actio operarum ausführlich Waldstein, Operae libertorum, S. 345 ff. 148 Waldstein, Operae libertorum, S. 135 ff. gegen Kaser, SZ 58 (1938), S. 104 ff., der davon ausgeht, dass Rutilius diese actio einführte. – Zum Edikt des Rutilius ausführlich Waldstein, Operae libertorum, S. 13 ff., S. 131 ff., zu seiner Bedeutung S. 149 ff. 149 (2 de off. cons.): Alimenta autem pro modo facultatium erunt praebenda, egentibus scilicet patronis: ceterum si sit unde se exhibeant, cessabunt partes iudicis. – Zu Vermutungen bez. Veränderungen des Textes von Ulp. D. 25.3.5 siehe Kaser, SZ 58 (1938), S. 133 f., der die Modifikationen nicht für sinnverändernd hält. 150 Ulp. D. 25.3.5.20 (2 de off. cons.). 151 Ulp. D. 25.3.5.24 (2 de off. cons.). Auch der von einer Frau Freigelassene ist ihr zu Unterhalt verpflichtet, ders. D. 25.3.5.21. 152 (2 de off. cons.): Patrem et matrem patroni, cum patronus et filii eius minime supersint, alere egentes, ipsi si idonei facultatibus sunt, coguntur.
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diese bedürftig und der Freilasser oder dessen Kinder bereits verstorben sind. Des Weiteren müssen die liberti diesen Unterhalt nur leisten, wenn es ihre eigenen Vermögensverhältnisse zulassen. Voraussetzung für den Anspruch des Freilassers oder seiner Kinder auf Unterhalt ist aber, dass sie derart bedürftig sind, dass der Provinzstatthalter einen Unterhaltsanspruch gegen den Freigelassenen zubilligt.153 In Rom ist hierfür der praefectus urbi zuständig.154 Kaser155 weist darauf hin, dass dieser Unterhaltsanspruch grundsätzlich in die Zuständigkeit des Konsuln fällt, der im Wege einer extraordinaria cognitio hierüber befindet. Auch der libertus kann von seinem patronus Unterhalt beanspruchen. Sollte dieser seiner Verpflichtung nicht nachkommen, verliert er nach der lex Aelia Sentia das Patronatsrecht, nämlich das zivile Erbrecht sowie die libertatis causa imposita, also das, was er wegen der Freilassung dem Freigelassenen auferlegt hatte.156 Außerdem kann der Freilasser seinem libertus oder seiner liberta den Eid abnehmen, nicht zu heiraten. Die lex Iulia de maritandis ordinibus von 18 v. Chr. erlässt diesen Eid.157 Die lex Aelia Sentia von 4 n. Chr. führt zu einer Verschärfung, indem sie dem patronus als Strafe die Patronatsrechte entzieht.158 2. Erbrecht des Freilassers und Vormundschaft (tutela legitima)
Der Freilasser hat außerdem ein Erbrecht im Falle des Todes seines Freigelassenen.159 Gaius beschreibt in seinen Institutionen in 3.40 ff. zunächst ausführlich die Rechtslage nach den XII Tafeln: Verstarb der libertus ohne 153 Paul.
D. 25.3.9 (lib. sing. de iure patron.). D. 1.12.1.2 (lib. sing. de off. praef. urbi). 155 SZ 58 (1938), S. 134 f.; daher wird die Unterhaltspflicht der Freigelassenen gegenüber ihren Patronen dem Kaiserrecht entstammen. Für unzutreffend hält Kaser die Annahme Perozzis, Istituzioni II, S. 168, die Unterhaltspflicht lasse sich aus der Treuepflicht ableiten; vgl. Kaser, SZ 58 (1938), S. 134 mit Anm. 1. 156 Mod. D. 38.2.33 (lib. sing. de manum.). Vgl. hierzu ausführlich Waldstein, Operae libertorum, S. 173 ff.; Kaser, SZ 58 (1938), S. 122 f.; beide m. w. N. 157 Paul. D. 37.14.6.4 (2 ad leg. Ael. Sent.): Lege Iulia de maritandis ordinibus remittitur iusiurandum, quod liberto in hoc impositum est, ne uxorem duceret, libertae, ne nuberet, si modo nuptias contrahere recte velint. Vgl. Kaser, SZ 58 (1938), S. 122; ausführlich Waldstein, Operae libertorum, S. 164 f. 158 Paul. D. 37.14.15 (8 ad leg. Iul. et Pap.): Qui contra legem Aeliam Sentiam ad iurandum libertum adegit, nihil iuris habet nec ipse nec liberi eius. Vgl. ders. D. 37.14.6 pr. (2 ad leg. Ael. Sent.); ausführlich Waldstein, Operae libertorum, S. 164 ff. 159 Ulp. D. 38.16.3 pr. (14 ad Sab.): Intestato liberto mortuo primum suis deferri hereditatem verum est: si hi non fuerint, tunc patrono. Vgl. zum Folgenden aus154 Ulp.
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Testament und ohne Erben (sui heredes), ging die Erbschaft auf den patronus über. Wenn er aber ein Kind hatte, erhielt der Freilasser nichts; er war dann von der Erbschaft ausgeschlossen.160 Als unbillig, so Gaius, wurde der Fall angesehen, dass der Freigelassene nur ein Adoptivkind oder eine Ehefrau, die in seiner Gewalt stand (uxor in manu), hinterließ, die ihn beerbten, während der Anspruch des Freilassers ausgeschlossen war. Gegen solche Unbilligkeiten half später das prätorische Edikt, das u. a. vorsah, dass dem Freilasser die bonorum possessio contra tabulas an der Hälfte des Nachlasses zuteil wurde, wenn der Freigelassene nur Adoptivkinder oder seine uxor in manu hinterließ. Grundsätzlich durfte der Freigelassene auch frei über seinen Nachlass durch Testament verfügen; seit dem prätorischen Edikt musste er dabei aber seinem Freilasser immer einen Teil des Nachlasses zukommen lassen. Falls dem patronus aber überhaupt nichts oder weniger als die Hälfte der Erbschaft im Testament vermacht war, wurde ihm die bonorum possessio contra tabulas an der Hälfte des Nachlasses zuerkannt.161 Die Lage des Freilassers, der einen wohlhabenden Freigelassenen hatte, verbesserte schließlich die lex Iulia et Papia Poppaea162 des Augustus. Sie ordnete an, dass bei einem Nachlass von mindestens 100 000 Sesterzen der führlich Kaser, RP I, S. 119, S. 697, S. 701; Lemonnier, S. 116 ff.; Watson, Slave Law, S. 35 ff.; Manthe, HAS s. v. Erbrecht II. C. 2. 160 Gai. 3.40: Olim itaque licebat liberto patronum suum impune testamento praeterire; nam ita demum lex XII tabularum ad hereditatem liberti vocabat patronum, si intestatus mortuus esset libertus nullo suo herede relicto. Itaque intestato quoque mortuo liberto, si is suum heredem reliquerat, nihil in bonis eius patrono iuris erat; et, si quidem ex naturalibus liberis aliquem suum heredem reliquisset, nulla videbatur esse querela; si vero vel adoptivus filius filiave vel uxor, quae in manu esset, sua heres esset, aperte iniquum erat nihil iuris patrono superesse. 161 Gai. 3.41: Qua de causa postea praetoris edicto haec iuris iniquitas emendata est. Sive enim faciat testamentum libertus, iubetur ita testari, ut patrono suo partem dimidiam bonorum suorum relinquat, et, si aut nihil aut minus quam partem dimidiam reliquerit, datur patrono contra tabulas testamenti partis dimidiae bonorum possessio; si vero intestatus moriatur suo herede relicto adoptivo filio vel uxore, quae in manu ipsius esset, vel nuru, quae in manu filii eius fuerit, datur aeque patrono adversus hos suos heredes partis dimidiae bonorum possessio. Prosunt autem liberto ad excludendum patronum naturales liberi, non solum, quos in potestate mortis tempore habet, sed etiam emancipati et in adoptionem dati, si modo aliqua ex parte heredes scripti sint aut praeteriti contra tabulas testamenti bonorum possessionem ex edicto petierint; nam exheredati nullo modo repellunt patronum. In gleicher Weise erhält der patronus die bonorum possessio, wenn er ohne Testament nur mit Adoptivkind oder uxor oder nurus in manu verstirbt. Leibliche Kinder hingegen können das Erbrecht des Freilassers ausschließen, außer wenn sie enterbt sind. – Zu Gai. 3.40 ff. vgl. Waldstein, Operae libertorum, S. 142 ff. 162 Beide leges zählen zu den Ehegesetzen des Augustus. Die lex Iulia von 18 v. Chr. und die lex Papia Poppaea von 9 n. Chr. wurden schon in klassischer Zeit
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Patron keinesfalls bei der Erbschaft unberücksichtigt bleiben durfte, es sei denn, der libertus hatte mehr als drei Kinder.163 Auch demjenigen, der einen Sklaven aufgrund fideikommissarischer Anordnung freigelassen hatte, stand das Erbrecht als Patron zu.164 Darüber hinaus hat der patronus die tutela legitima, die gesetzliche Vormundschaft, über seine liberti.165 Während die tutela legitima lediglich den Schutz der männlichen liberti bezweckt und als solche dem patronus keinen Vorteil bringt, bedeutet sie in Bezug auf weibliche Freigelassene eine gewisse Sicherheit des Freilassers, an deren Nachlass teilzuhaben. Denn wie üblich bedeutet die tutela auch für die weiblichen Freigelassenen Schutz, hat aber gleichzeitig für den patronus den Vorteil, dass ein Testament der Frau, das ihn nicht am Nachlass teilhaben lässt, seiner Zustimmung bedarf. Nach der lex Iulia et Papia Poppaea entging die Frau der tutela, wenn sie vier Kinder hatte. Umgekehrt ist aber auch der libertus verpflichtet, die tutela und cura für die Kinder seines patronus zu übernehmen, wenn dieser es bestimmt.166 Auch wenn der Freigelassene sich dieser Aufgabe nicht entziehen kann, bedeutet sie zugleich einen Vertrauensbeweis des Freilassers – schließlich vertraute er dem Freigelassenen die Sorge um seine Kinder an.167 3. Vererblichkeit und Übergang des Patronatsrechts bei Tod des patronus
Grundsätzlich endete die Pflicht des libertus, dem patronus Ehrerbietung zu erweisen, nicht mit dem Tode des Freilassers. Denn die Pflicht zu obsequium, etwa in Form von honor et reverentia, war nicht allein dem Freilasser gegenüber, sondern vielmehr seinen Familienangehörigen zu leisten. zu einer lex (leges) Iulia et Papia (Poppaea) zusammengefasst; vgl. Kaser, RP I, S. 318 f. m. w. N. 163 Gai. 3.42: Postea lege Papia aucta sunt iura patronorum, quod ad locupletiores libertos pertinet; cautum est enim ea lege, ut ex bonis eius, qui sestertium centum milium plurisve patrimonium reliquerit et pauciores quam tres liberos habebit, sive is testamento facto sive intestato mortuus erit, virilis pars patrono debeatur; itaque cum unum filium unamve filiam heredem reliquerit libertus, proinde pars dimidia patrono debetur, ac si sine ullo filio filiave moreretur; cum vero duos duasve heredes reliquerit, tertia pars debetur; si tres relinquat, repellitur patronus. 164 Marcian. D. 38.2.29 pr. (9 inst.). Vgl. Ulp. D. 38.16.3.1 (14 ad Sab.); Gord. / Herculian. C. 6.13.1; ähnlich Ulp. D. 26.4.1.3 (14 ad Sab.). 165 Vgl. auch zum Folgenden Lemonnier, S. 115 f.; Kaser, RP I, S. 119, S. 88, S. 356; vgl. v. Glück / Leist, S. 341, S. 351 und S. 461 mit Anm. 72. 166 Mod. D. 27.1.14.3 (5 excusat.); den Text siehe unten § 29; vgl. Pap. D. 26.5.14 (12 quaest.). 167 In diesem Sinne Lemonnier, S. 111; vgl. v. Seuffert, S. 15.
§ 28 Das Patronatsrecht 317 Ulp. D. 2.4.4.1 (5 ad ed.) (…): ‚parentem, patronum patronam, liberos parentes patroni patronae in ius sine permissu meo ne quis vocet‘.
Der Prätor ließ ein in ius vocari zwischen Freilasser und Freigelassenem nicht zu, denn niemand dürfe ohne Erlaubnis des Prätors seine Eltern, seinen Freilasser oder seine Freilasserin oder die Kinder oder Eltern seines Freilassers oder seiner Freilasserin vor Gericht laden.168 Exemplarisch soll hier das Recht auf Leistung versprochener operae herausgegriffen und skizziert werden.169 Aus Gai. D. 38.1.22.1170 geht hervor, dass die Kinder des patronus das Recht zur Leistung von operae durch den libertus zum einen erlangen, wenn im Rahmen des Versprechens der operae die Leistung auch an die Kinder in der Formel aufgenommen wird. Zum anderen erben sie dieses Recht, wenn sie direkte Erben (heredes proximi) ihres Vaters werden. Wenn jedoch eine andere Person ihnen in der Erbfolge voran geht (per alium heredes extiterunt), erwerben die Kinder keinen Anspruch auf Ableistung der Tagewerke. Ähnlich ist es nach Paulus in D. 50.16.70171 mit der Anklage wegen ingratia (aus der lex Aelia Sentia). Diese accusatio steht ebenfalls nur dem heres proximus zu. Folglich verlief der Übergang des Rechtes, das Ableisten versprochener operae vom libertus zu verlangen, nicht nach den allgemeinen erbrechtlichen Regeln, sondern es ging nur unter besonderen Voraussetzungen auf die Kinder des patronus über.172
168 Vgl.
Gord. C. 2.2.2. anderen Rechten und ihrer Vererblichkeit ausführlich Waldstein, Operae libertorum, S. 321 ff. 170 (14 ad ed. prov.): Cum libertus promiserit patrono operas se daturum neque adiecerit ‚liberisque eius‘, constat liberis eius ita demum deberi, si patri heredes extiterint. heredes tamen extitisse liberos parenti ita demum prodesse ad operarum petitionem Iuliano placet, si non per alium heredes extiterunt. itaque si quis exheredato emancipato filio servum eius heredem instituerit et per eum servum heres extiterit filius, repelli eum ab operarum petitione debere, perinde ac repelleretur patronus, qui operas non imposuisset vel quas imposuit revendidisset. 171 (73 ad ed.): (…). item in lege Aelia Sentia filius heres proximus potest libertum paternum ut ingratum accusare, non etiam si heredi heres exstiterit. idem dicitur in operarum exactione, ut filius heres exigere possit, non ex successione effectus. verba haec ‚is ad quem ea res pertinet‘ sic intelleguntur, ut qui in universum dominium vel iure civili vel iure praetorio succedit, contineatur. 172 Vgl. zum Ganzen Waldstein, Operae libertorum, S. 326 ff. m. w. N. Zur Problematik der erbrechtlichen Übertragung auf heredes extranei siehe dort. Sie muss hier außer Betracht bleiben, weil sie zu weit führte. 169 Zu
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IV. Sonderfall des Freigelassenen ohne patronus: libertus orcinus Einen Sonderfall bildet der sogenannte libertus orcinus, der so heißt, weil sein Herr im Reich der Toten (orcus) weilt.173 Dieser Freigelassene ist in der günstigen Lage, dass er keinen patronus hat, dem er operae leisten müsste, weil dieser bereits verstorben ist. Der Sklave wird nämlich dann libertus orcinus, wenn sein dominus in seinem Testament angeordnet hatte, dass jener sofort mit dem Tode des Herrn – directo testamento – frei werde.174 Die direkte testamentarische Freilassung ist der fideikommissarischen Freiheit gegenüberzustellen, die den Sklaven frei werden lässt durch die Bitte an den Erben, den Sklaven freizulassen. In diesen Fällen wird der Sklave libertus des um Freilassung Gebetenen, sofern dieser der Bitte nachkommt. Falls derjenige, dem die Freilassung aufgetragen ist, diese unterlässt, kann der Sklave seinen Anspruch auf manumissio gerichtlich geltend machen und wird schließlich frei als libertus orcinus.175 Einen weiteren Fall, in dem der Sklave libertus orcinus wird, beschreibt C. 7.6.1.7176 von Justinian, der zwischen 527 und 565 n. Chr. regierte.177 Ein Herr hat seinen Sklaven sub condicione im Testament freigelassen, und er wird vor Bedingungseintritt freigelassen. Durch diese manumissio werde der Sklave in jedem Falle civis Romanus und nicht – wie früher – nur Latinus.178 Wenn nun die Bedingung später ausbleibe, bleibe der Sklave libertus des Erben; wenn die Bedingung aber erfüllt werde, werde er libertus orcinus und auf diese Weise bleibe der Familie des Testators das Patronatsrecht erhalten. Nach dem Tod des Freilassers hat der libertus 173 Waldstein, Operae libertorum, S. 163 mit Anm. 16; Heumann / Seckel, S. 396 f. s. v. orcinus. Vgl. auch Loreti-Lorini, BIDR 34 (1925), S. 34 f. 174 I. 2.24.2; vgl. UE 2.8: Is, qui directo liber esse iussus est, orcinus fit libertus: is autem cui per fideicommissum data est libertas, non testatoris, sed manumissoris fit libertus. 175 Ulp. D. 40.5.30.12 (5 fideicomm.): Quaerendum est autem, cuius libertus iste fit: ex constitutione enim servo libertas perinde competit, atque si ex testamento libertatem consecutus esset. erit igitur libertus orcinus, non eius qui fideicommissam libertatem debebat. – Vgl. für den Fall, dass der Sklave aufgrund des senatusconsultum Rubrianum frei wird, Ulp. D. 26.4.3.3 (38 ad Sab). – Zum senatusconsultum Rubrianum und zur fideikommissarischen Freilassung siehe oben § 25 II. 176 Sed et si sub condicione quidam libertatem suo servo reliquerit et adhuc pendente condicione extraneus heres libertatem ei imposuerit, non ut antea Latinus, sed civis fiat Romanus. et si quidem condicio defecerit, ipsius heredis, qui libertatem imposuit, maneat libertus. sin autem fuerit adimpleta, ne eripiatur forsitan liberis et cognatis ius patronatus, orcinus libertus videatur et ad eum iura patronatus perveniant, cui leges concedunt. 177 Tinnefeld, DNP 6 s. v. Iustinianus, Sp. 101 ff. 178 Zum Latinus siehe oben § 28 I.
§ 29 Das Patronatsrecht beim Freikauf
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nämlich honor et reverentia auch weiterhin der Familie des patronus zu leisten.179 Auffallend ist zunächst die Feststellung, der Freigelassene werde in jedem Fall römischer Bürger. Darüber hinaus lässt sich dem Fragment entnehmen, dass die Freilassung durch den Erben im Falle, dass der Bedingungseintritt ausbleibt, nichts mehr mit der testamentarischen Anordnung des Verstorbenen zu tun hat, sondern allein auf dem Entschluss des Erben beruht, den Sklaven freizulassen. Daher wird er patronus. Sollte die Bedingung aber erfüllt werden, und dabei wird es sich regelmäßig um eine Bedingung gehandelt haben, die der Familie des Verstorbenen zumindest indirekt zugute kommt, wird der Sklave aufgrund der testamentarischen Anordnung frei und muss daher auch libertus dieses patronus werden. Da der Testator allerdings verstorben ist, wird der Freigelassene libertus orcinus – sein patronus befindet sich im Reich der Toten. In Bezug auf C. 7.6.1.7 lässt sich damit feststellen, dass das Recht, das die Familie des patronus am libertus orcinus hat, nur eingeschränkt ist. Denn einen Anspruch auf Leistung von operae libertorum hat die Familie nicht erworben; sie kann vom libertus lediglich Ehrerbietung (obsequium) verlangen.180 Der freigelassene Sklave wird, wie bereits beschrieben, dann libertus orcinus, wenn er entweder testamentarisch freigelassen ist oder im Wege der pronuntiatio de libertate zur Freiheit gelangt. Von der letzten Variante ist der fideikommissarisch Freigelassene erfasst, wenn er seine Freilassung gerichtlich durchgesetzt hatte. Sein Status zeichnet sich dadurch aus, dass er keinen patronus hat, dem er Dienste erweisen müsste.181
§ 29 Das Patronatsrecht bei Freilassung im Zuge eines Freikaufs I. Besonderheiten des Patronatsrechts des Freikäufers Im Falle der Freilassung des suis nummis redemptus durch den Freikäufer stellt sich ebenfalls die Frage nach dem Patronatsrecht. Da diese Freilassung der fideikommissarischen Freilassung sehr ähnlich ist, ist davon auszugehen, dass auch das Patronatsrecht des Freikäufers nicht uneingeschränkt besteht, sondern – ähnlich wie das des fideikommissarisch um manumissio 179 Hierzu
siehe sogleich § 28 IV. 2. zur Privilegierung des libertus orcinus vgl. Loreti-Lorini, BIDR 34 (1925), S. 34 ff. m. w. N. 181 Vgl. Loreti-Lorini, BIDR 34 (1925), S. 34 f. 180 Ausführlich
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4. Teil: Folgen eines Freikaufs mit eigenem Geld
Gebetenen – modifiziert ist und hinter dem des dominus, der inter vivos seinen Sklaven freilässt, zurückbleibt.182 Mod. D. 27.1.14.3 (5 excusat.) Ὁ ἰδίῳ ἀργυρίῳ ὠνηϑεὶς καὶ ἀπελευϑερωϑεὶς οὐδαμῶς συγκρίνεται τοῖς λοιποῖς ἀπελευϑέροις.
Derjenige, der mit eigenem Geld gekauft und freigelassen wurde, sei mit den übrigen Freigelassenen keineswegs vergleichbar. Grundsätzlich wird der Freikäufer, der den Sklaven nach dem Kauf der Abrede gemäß freilässt, zu dessen patronus. Das muss auch für den Fall gelten, dass der Sklave in Anwendung des senatusconsultum Dasumianum zur Freiheit gelangt, weil sein Freikäufer aus triftigem Grund abwesend ist.183 Wenn aber die manumissio unterbleibt, erhält er diesen Status nicht: Ulp. D. 2.4.10 pr. (5 ad ed.) Sed si hac lege emi ut manumittam, et ex constitutione divi Marci venit ad libertatem: cum sim patronus, in ius vocari non potero. sed si suis nummis emi et fidem fregi, pro patrono non habebor.184
Ulpian unterscheidet zwischen dem Kauf des Sklaven ut manumittatur und dem Freikauf des Sklaven im Wege der redemptio suis nummis. Wenn der Sklave ut manumittatur gekauft ist und anschließend aufgrund der Konstitution Marc Aurels frei wird, etwa weil der Käufer ihn nicht freilässt,185 kann der Käufer dennoch nicht vor Gericht geladen werden ohne Erlaubnis des Prätors, weil er als patronus anzusehen ist. Sollte der Sklave aber suis nummis emptus sein, dessen manumissio der Freikäufer abredewidrig unterlässt, wird dieser nicht patronus. Falls nach erfolgreicher redemptio suis nummis der Sklave nur aufgrund seiner Klage gegen den Freikäufer frei wird, erhält dieser also nicht einmal den Titel patronus. Wenn der Freikäufer den Sklaven wie vereinbart freilässt, nachdem er ihn gekauft hatte, erhält er zwar den Titel patronus, seine Patronatsrechte aber sind eingeschränkt:186 Alex. C. 6.3.8 Si tuis nummis emptus es ab eo a quo manumissus es, nec operas ei debes neque puniri ab eo utpote ingratus potes: patronum tamen tuum esse negari non oportet. 182 Siehe zum Ganzen ausführlich v. Seuffert, S. 13 ff.; Finkenauer, FS Knütel, S. 349 ff.; Loreti-Lorini, BIDR 34 (1925), S. 33; Perozzi, Istituzioni I, S. 250 ff., S. 264 ff.; Buckland, S. 640; v. Glück / Leist, S. 460 ff. Vgl. oben § 28 I. 183 Siehe hierzu oben § 26 I. 184 Vgl. Alex. C. 6.3.8. 185 Zur Freilassung im Wege des Verkaufes ut manumittatur siehe oben § 4 III. 2. 186 Zum Ausschluss der ingrati accusatio auch Marcell. D. 37.15.3 (lib. sing. resp.).
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Wenn ein Sklave mit eigenem Geld von demjenigen gekauft sei, der ihn freigelassen habe, schulde er ihm weder das Leisten von Diensten (operae), noch könne er von ihm wegen Undankbarkeit bestraft werden (nämlich mithilfe der ingrati accusatio); allerdings könne nicht verneint werden, dass der Freikäufer patronus des früheren Sklaven sei. Darüber hinaus kann der Freikäufer keine Unterhaltszahlungen beanspruchen, wie hervorgeht aus: Ulp. D. 25.3.5.22 (2 de off. cons.) Si quis a liberti liberto ali se desideret vel ab eo, quem ex causa fideicommissi manumisit quemque suis nummis redemit, non debet audiri, ut et Marcellus scribit, exaequatque eum, qui mercedes exigendo ius libertorum amisit.
Marcellus schreibe, derjenige, der vom Freigelassenen seines Freigelassenen Unterhalt verlange oder von demjenigen, den er aufgrund eines fideicommissum freigelassen oder mit dessen Geld (suis nummis) freigekauft habe, dürfe nicht gehört werden. Genausowenig dürfe der gehört werden, der durch Einfordern von Geld [anstelle des Ableistens von Diensten] seine Rechte am Freigelassenen verliere. Aus Ulp. D. 23.2.45 pr. und 2187 wird deutlich, dass der Freikäufer auch keinen Einfluss auf die Heirat seiner Freigelassenen nehmen kann. Weitere Modifikationen betreffen das Erbrecht des Freilassers eines suis nummis redemptus. Aus einer Konstitution der Kaiser Septimius Severus und Caracalla geht hervor, dass der patronus nicht zum Nachlassbesitz gegen das Testament (bonorum possessio contra tabulas) zugelassen wird.188 Finkenauer hält auch die bonorum possessio intestati des patronus für ausgeschlossen.189 Dahinter steht wohl die Überlegung, dass die redemptio suis nummis für den Freikäufer keinerlei finanziellen Aufwand bedeutete 187 Ulp. D. 23.2.45 pr. und 2 (3 ad leg. Iul. et Pap.): (pr.) In eo iure, quod dicit invito patrono libertam, quae ei nupta est, alii nubere non posse, patronum accipimus (ut rescripto imperatoris nostri et divi patris eius continetur) et eum qui hac lege emit, ut manumittat, quia manumissa liberta emptoris habetur. (2) Ne is quidem debet habere, qui non suis nummis comparavit. 188 Sev. / Antonin. C. 6.4.1 pr.: Multum interest, utrum quis suis nummis emptus ac manumissus sit ab emptore, an a domino suo data pecunia mereatur libertatem. priore enim casu ad contra tabulas admitti patronum non placet, posteriore omnia iura patronatus retinet. – Die Konstitution stammt von 210 n. Chr., als Septimius Severus Kaiser war und sein Sohn Bassianus, seit 197 als M. Aurelius Servus Antoninus Augustus Mitkaiser war. Vgl. Birley, DNP 2 s. v. Caracalla, Sp. 980 ff. m. w. N. – Die bonorum possessio contra tabulas gehört zum prätorischen Erbrecht und ermöglicht es dem patronus, die Einweisung in seinen Pflichtteil am Nachlass des Freigelassenen zu beantragen; vgl. ausführlich Kaser, RP I, S. 703 ff. m. w. N. 189 Finkenauer, FS Knütel, S. 350 nimmt Bezug auf v. Glück / Leist, S. 461 f. mit Anm. 72.
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4. Teil: Folgen eines Freikaufs mit eigenem Geld
und es folglich keinen Grund gab, ihn am Nachlass des verstorbenen libertus zu beteiligen.190 Insbesondere die erbrechtliche Begünstigung macht den suis nummis red emptus zu einem Freigelassenen, der sogar besser steht als der fideikommissarisch Freigelassene: Denn dessen Freilasser steht die bonorum possessio contra tabulas ausdrücklich zu.191 Außerdem ist wohl nicht nur das prätorische, sondern auch das zivile Erbrecht des Freilassers ausgeschlossen, weil normalerweise das prätorische über das zivile Recht hinausgeht.192 Hieraus folgt auch, dass der patronus kein Recht zur Vormundschaft über den Freigelassenen und dessen Kinder hat.193 Umgekehrt muss aber auch der libertus nicht die tutela für die Kinder seines Freilassers übernehmen, wenn ihm ein Entschuldigungsgrund zur Seite steht.194 II. Gründe für die Beschränkung des Patronatsrechts des Freikäufers Hintergrund dieser Verkürzung des Patronatsrechtes ist, dass der Freikäufer keinerlei Vermögensaufwand hat, damit der Sklave zur Freiheit gelangt. Den Kauf bestreitet er nämlich aus Mitteln des Sklaven; andernfalls hätte dieser keinen Anspruch auf Freilassung nach den Regeln der redemptio suis nummis. Aber auch die Freilassung belastet sein Vermögen nicht, denn der Sklave befindet sich in der Übergangsphase zwischen Freikauf und Freilassung nur vorübergehend als Plus in seinem Vermögen. Nach der manumissio 190 Eine Begründung für den Ausschluss auch der bonorum possessio intestati bleiben Finkenauer, FS Knütel, S. 349 f. und v. Glück / Leist, S. 461 f. mit Anm. 72 aber schuldig. Anders wohl Zimmern, S. 792 f. – Zum fehlenden Vermögensaufwand beim Freikäufer sogleich ausführlich § 29 II. 191 Marcian. D. 38.2.29 pr. (9 inst.): Qui ex causa fideicommissi manumittitur, est quidem libertus manumissoris et tam contra tabulas quam ab intestato ad bona eius venire potest quasi patronus: sed operas ei imponere non potest nec impositas ab eo petere. Vgl. Gord. C. 6.13.1. Zum Ganzen siehe Loreti-Lorini, BIDR 34 (1925), S. 33 sowie oben § 28 I. und III. 2. 192 Finkenauer, FS Knütel, S. 350; ders., Rechtsetzung Mark Aurels, S. 45; ebenso v. Seuffert, S. 15. Anders Buckland, S. 640. Der Ausschluss des prätorischen Erbrechts des patronus geht aus Iust. C. 6.4.4.4 hervor. 193 So v. Seuffert, S. 15; ihm folgend Finkenauer, FS Knütel, S. 350. Hintergrund ist der enge Zusammenhang, der zwischen Erbrecht und tutela besteht: Der patronus gibt mit der manumissio dem Sklaven die Möglichkeit, selbst ein Vermögen aufzubauen. 194 Vgl. v. Seuffert, S. 15 mit Hinweis auf Mod. D. 27.1.14.3 (5 excusat.); für den Text siehe oben § 29 I.
§ 30 Zusammenfassung323
ist das Vermögen des Freikäufers unberührt, wenn er nicht sogar eine Prämie für die Vornahme des Geschäftes erhalten hat. Vermindert um den Wert des Sklaven ist sein patrimonium jedenfalls nicht. Dies rechtfertigt es, dem Freilasser kein gewöhnliches Patronatsrecht zukommen zu lassen, denn sonst könnte er sich im Wege der redemptio suis nummis sogar bereichern. Allerdings erhält er insofern einen Vorteil aus dem Geschäft, als er im Normalfall – wenn auch mit Einschränkung – patronus wird. Hiermit verbunden sind Ansprüche auf obsequium, also das Erbringen von honor et reverentia.195 Überdies wird u. a. das gegenseitige Klageerhebung von der Zustimmung des Prätors abhängig gewesen sei. Dass aber insbesondere das Erbrecht dieses patronus sehr eingeschränkt ist, lässt sich damit erklären, dass normalerweise eine manumissio inter vivos durch den dominus eine Wohltat ist, die sich bei diesem vermögensmindernd auswirkt. Hierfür erlangt er mit dem patronatischen Erbrecht gewissermaßen eine Entschädigung. Sollte der libertus keine eigenen Kinder haben, die ihn beerben können, fällt das Vermögen sogar insgesamt zurück zum patronus.196 Im Falle der redemptio suis nummis jedoch bedeutet die Freilassung keine Wohltat für den Sklaven in dem Sinne, dass der Freilasser einen Vermögensverlust erleidet, sondern in finanzieller Hinsicht ist der Freikauf für den Freikäufer neutral – den Kaufpreis für den Sklaven erhält er im Ergebnis vom Sklaven ersetzt; er trägt also keinerlei finanziellen Aufwand für dieses Geschäft. Die Tatsache, dass das Geschäft für das Vermögen des Freikäufers unerheblich ist, rechtfertigt es, ihm nur ein verkürztes Patronatsrecht zuzugestehen. In wieweit diese Konsequenzen, die sich für die Stellung des im Wege einer redemptio suis nummis Freigelassenen ergeben, eventuell auch den veräußernden dominus selbst dazu bewegt haben, nach einem Freikäufer für seinen Sklaven zu suchen, soll an anderer Stelle behandelt werden.197
§ 30 Zusammenfassung Die Freilassung eines Sklaven hat für den Freilasser zur Folge, dass er das Patronat erhält, ein Verhältnis gegenseitiger Rechte und Pflichten. So kann er beispielsweise von seinem libertus das Ableisten von Diensten (operae) verlangen, welche dieser ihm versprochen hatte. Außerdem schuldet der libertus seinem patronus gegenüber obsequium; er muss seinem 195 Vgl. auch zum Folgenden v. Glück / Leist, S. 462; Finkenauer, FS Knütel, S. 349 f. mit Anm. 50; v. Seuffert, S. 15 f. 196 Vgl. v. Seuffert, S. 15; v. Glück / Leist, S. 461. 197 Siehe hierzu unten § 31 III.
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Freilasser Ehrerbietung erweisen, die dieser seit der lex Aelia Sentia mit der accusatio ingrati liberti einfordern kann. Des Weiteren zählt der Freigelassene zu den clientes. Für den Fall, dass patronus oder libertus sich in einer wirtschaftlichen Notlage befinden sollten, sind der Freilasser und der Freigelassene gegenseitig zu Unterhaltsleistung verpflichtet. Zudem hat der Freilasser – als Ausgleich für die Wohltat der Freilassung, die für ihn gleichzeitig einen Vermögensverlust bedeutet – im Falle des Todes des Freigelassenen ein Erbrecht. Außerdem kann er auf die Heirat des libertus Einfluss nehmen. Grundsätzlich erhält auch der Freikäufer eines Sklaven, der ihn anschließend abredegemäß freilässt, den Titel des patronus. Sein Patronatsrecht ist jedoch eingeschränkt, er kann weder das Versprechen noch die Leistung von operae verlangen oder fehlende Ehrerbietung mit einer accusatio ingrati liberti durchsetzen. Ebenfalls verwehrt ist ihm die Einflussnahme auf die Heirat des von ihm freigelassenen Sklaven. Besonders stark verkürzt ist das Erbrecht des Freikäufers. Er wird weder zum Nachlassbesitz zugelassen, wenn der Freigelassene testiert haben sollte, ohne ihn zu bedenken, noch wenn der libertus ohne Testament verstarb. Des Weiteren ist das zivile Erbrecht des Freikäufers ausgeschlossen mit der Folge, dass er nicht die tutela legitima über die Kinder des Freigelassenen erhält. Das Patronatsrecht des Freikäufers umfasst lediglich Ansprüche auf obsequium sowie das Zustimmungserfordernis des Prätors zu einer Klage des Freigelassenen gegen ihn. Sollte der Freikäufer aber den Sklaven nicht freilassen, erhält er nicht einmal den Titel patronus und hat auch keinen Anspruch auf obsequium. Der Freigelassene bekommt dann die Stellung eines libertus orcinus. Hintergrund dieser Beschränkung des Patronatsrechtes des Freikäufers ist die Tatsache, dass das Geschäft für ihn keinerlei finanziellen Aufwand bedeutet, der seine nachträgliche Beteiligung an Arbeitskraft oder Vermögen des Freigelassenen rechtfertigen würde. Im Rahmen der redemptio suis nummis ist er nur Scheinkäufer ohne eigenes wirtschaftliches Interesse an der Person des Sklaven. Auch den Kaufpreis muss er nicht aus seinem Vermögen aufbringen; der Sklave übergibt ihm die Zahlungsmittel. Folglich hat er keinerlei Anrecht auf eine fortdauernde Beteiligung am wirtschaft lichen Wert des Freigelassenen.
§ 31 Beweggründe der beteiligten Personen 325
3. Abschnitt
Motive für die Vornahme eines Freikaufs mit eigenem Geld – Attraktivität der redemptio suis nummis § 31 Beweggründe der beteiligten Personen I. Vorbemerkung Die Untersuchungen haben ergeben, dass ein Sklave mithilfe der redemptio suis nummis zur Freiheit gelangen konnte. Welche Argumente sprachen dafür, eine redemptio suis nummis durchzuführen? Der Freikauf bildet eine unter mehreren Varianten, um zur Freilassung zu gelangen, die aber gegenüber den anderen möglichen Wegen auf der Initiative des Sklaven beruht. Damit steht sie im Interesse des Sklaven, der nicht darauf angewiesen war, abzuwarten, ob und, wenn ja, wann sein Herr ihn freilassen wollte. Aber auch der Herr konnte ein Interesse an einer Freilassung seines Sklaven im Wege der redemptio suis nummis haben, etwa weil er selbst nicht römischer Bürger war und durch eine eigene Freilassung seinen Sklaven nicht zum civis Romanus machen konnte, oder aber weil er ihm im Wesentlichen die Pflichten einem patronus gegenüber ersparen wollte. Schließlich stellt sich die Frage, welches gesetzgeberische Interesse die Kaiser Marc Aurel und Lucius Verus mit ihrer Regelung der redemptio suis nummis verfolgten. Diesen Fragen soll im Folgenden nachgegangen werden, um die Motive für die Vornahme einer redemptio suis nummis zu ergründen. II. Beweggründe des Sklaven 1. Ausgangspunkt
Die redemptio suis nummis läuft auf Initiative des Sklaven ab. Dies ist insbesondere bei den Untersuchungen zum mandatum deutlich geworden, in deren Rahmen der Sklave als Initiator des Geschäfts erkannt wurde.198 Vielleicht wollte er nicht nur die Freiheit erlangen, sondern gleichzeitig verhindern, dass der Herr erfährt, welches Ausmaß das peculium unter seiner Regie tatsächlich erreicht hatte und über welches Vermögen er damit verfügte.199 Um diesen Zweck zu erreichen, genügte der Freikauf allein aber nicht, sondern bereits im Vorfeld musste er durch Beiseiteschaffen von Geld in eine „schwarze Kasse“ die Ausgangslage für dieses Geschäft schaffen. 198 Hierzu 199 Dieses
ausführlich oben § 22 I. Argument führt Jacota, RIDA 13 (1966), S. 219 an.
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4. Teil: Folgen eines Freikaufs mit eigenem Geld
Oder aber der Sklave suchte auf eigene Faust seine Freilassung zu betreiben, weil er keine Aussicht auf Freilassung durch seinen Herrn hatte. 2. Vorteile der redemptio suis nummis gegenüber anderen Freilassungsarten
Die redemptio ist allerdings nicht die einzige Möglichkeit des Sklaven, die eigene Freilassung zu betreiben, sondern steht in Konkurrenz zum pactum (pactio) pro libertate.200 Im Gegensatz zu dieser unverbindlichen Vereinbarung zwischen Sklaven und Herrn, deren Umsetzung vom guten Willen des Herrn abhängt, zeichnet sich die redemptio dadurch aus, dass ihr mit Erlass der kaiserlichen Konstitution Marc Aurels und Lucius Verus’ im 2. Jahrhundert n. Chr. ein Rechtsmittel zur Seite steht. Vorteil der redemptio suis nummis gegenüber dem pactum pro libertate ist also ihre Justiziabilität. Wohl bereits schon vor Einführung der constitutio sprach für diese Freilassungsform, dass der Freigelassene höchstens einen patronus mit eingeschränktem Patronatsrecht erhält, während dem dominus im Fall der Freilassung auf ein pactum pro libertate hin das volle Patronatsrecht zusteht. Freilich konnte der Sklave vor Erlass der constitutio die Freilassungsabrede nur durchsetzen, wenn er seinen früheren Herrn zur Erhebung der actio mandati directa gegen den Freikäufer brachte. Auch gegenüber einer Freilassung durch Verkauf oder Schenkung ut manumittatur durch den Herrn an einen Dritten hat die redemptio suis nummis den Vorteil, dass der Sklave zwar libertus des Freikäufers wird, der aber nur über ein eingeschränktes Patronatsrecht verfügt, während die manumissio durch den Dritten, auch wenn sie durch Schenkung oder Zahlung eines Geldbetrages des Herrn motiviert ist, immer zum vollen Patronatsrecht führt.201 Unter Geltung der constitutio divi Marci wird der Sklave, der ut manumittatur gekauft ist, ipso iure frei, wenn der Dritte die manumissio unterlässt. Aber auch dann erhält der Dritte immer noch ein eingeschränktes Patronatsrecht, es kommt also – anders als nach der Konstitution der divi frates über die redemptio suis nummis – nicht dazu, dass der ehemalige Sklave zum libertus orcinus wird. Die Position des suis nummis redemptus ist folglich besser, privilegierter. Die Justiziabilität des Verkaufes ut manumittatur führt daher nicht zu einem Bedeutungsverlust des Freikaufes, denn der Verkauf ut manumittatur geht weiterhin auf die Initiative des Herrn zurück, während der Sklave den Freikauf mit eigenem Geld selbst initiiert. Auch bei einer Schenkung eines Dritten an den Herrn eines Sklaven, damit jener diesen freilasse (dedere ut manumittatur), wird der Freilasser patronus pactum pro libertate siehe ausführlich oben § 4 III. 4. Verkauf und Schenkung ut manumittatur ausführlich oben § 4 III. 2.
200 Zum 201 Zu
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mit vollem Patronatsrecht. Nicht ganz klar ist, ob die kaiserliche Konstitution für die redemptio suis nummis auf die Fälle des dedere ut manumittatur anwendbar ist.202 Sollte sie anwendbar sein, hätte diese Variante gegenüber der redemptio suis nummis trotzdem den Nachteil, dass der Sklave darauf angewiesen ist, dass ein Dritter seinen Herrn zur Freilassung bringt. Denn das dedere ut manumittatur setzt immer voraus, dass sich der Herr eines Sklaven gegen Erhalt einer Zuwendung zu dessen Freilassung bereitfindet. Sollte aber die Konstitution Marc Aurels anzuwenden sein, die den Verkauf ut manumittatur betraf, würde der Sklave bei einem dedere ut manumittatur ebenfalls ipso iure frei werden, hätte aber dennoch einen patronus, freilich aber nur einen solchen mit eingeschränktem Patronatsrecht. 3. Ergebnis
Die Untersuchungen haben gezeigt, dass die redemptio suis nummis das Interesse des Sklaven an rascher – im Hinblick auf die Zeit zwischen Auftragserteilung und Freilassung – und sicherer, nämlich notfalls gerichtlich durchsetzbarer, Freilassung befriedigt. Damit gibt sie dem Sklaven die Möglichkeit, selbst über den Zeitpunkt seiner Freilassung zu bestimmen, ohne auf den guten Willen oder das Engagement des eigenen Herrn oder eines wohlwollenden Dritten angewiesen zu sein. III. Beweggründe des Herrn 1. Interesse des Herrn am Freikauf seines Sklaven
Die Überlegung, der Herr könnte ein Interesse an der Freilassung seines Sklaven mithilfe der redemptio suis nummis haben, mag befremdlich anmuten, steht doch hinter der redemptio unter Umständen der Versuch des Sklaven, seinen Herrn zu hintergehen und ohne sein Wissen frei zu werden. Gegebenenfalls hat er dazu auch noch Geldmittel des Herrn verwendet. Allerdings wurde bereits erwähnt, dass auch der Herr ein Interesse daran haben kann, für die Freilassung seines Sklaven die redemptio suis nummis zu wählen. Möglicherweise wollte er einen Anreiz schaffen, damit der Sklave gut wirtschaftete und das peculium vermehrte, bevor er sich hieraus freikaufen durfte. Oder aber er war nicht römischer Bürger und konnte deshalb seinem Sklaven durch manumissio nicht das römische Bürgerrecht verschaffen.203 In diesem Fall käme zwar auch ein Verkauf des Sklaven an 202 Zum dedere ut manumittatur und zur Problematik der sich widersprechenden Quellen siehe oben § 4 III. 3. 203 In diesem Sinne auch Finkenauer, Rechtsetzung Mark Aurels, S. 49.
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einen Dritten, einen civis Romanus, in Betracht, der mit der Freilassung den Sklaven zum römischen Bürger machen könnte. Dann würde dieser Dritte aber auch patronus des freigelassenen Sklaven, was der veräußernde Herr vielleicht nicht wollte. Er selbst wäre zwar ebenfalls patronus seines libertus geworden, aber die Ableistung etwa von Diensten (operae) war nicht die automatische Folge einer Freilassung, sondern musste individuell zwischen Freilasser und Sklaven vereinbart werden. Wenn der Herr also seinem Sklaven eine Freiheit ohne Dienstpflicht zukommen lassen wollte, konnte er darauf verzichten, sich operae versprechen zu lassen. Einen Dritten zu finden, der den Sklaven kaufte – also finanzielle Aufwendungen tätigte – und anschließend freiließ, ohne sich Arbeitsleistungen versprechen zu lassen, wird für den Herrn, der etwa wegen fehlenden eigenen römischen Bürgerrechts seinen Sklaven nicht selbst freilassen wollte, zuweilen schwierig gewesen sein. In diesem Fall hätte der Herr aber eine Schenkung ut manumittatur vornehmen können, um auf diese Weise einen Dritten zur Freilassung seines Sklaven zu bewegen. Von den Rechtsfolgen her betrachtet, bot sich hier jedoch als sicherere Methode die redemptio suis nummis an, weil sie ohne finanziellen Aufwand des Freikäufers zu einem nur eingeschränkten Patronatsrecht ohne Dienstverpflichtungen führte.204 Denn bei der Schenkung ut manumittatur war es immer noch möglich, dass in Folge eines Prozesses wegen unterbliebener Freilassung des Sklaven der Beschenkte patronus des Freigelassenen wurde; bei der redemptio suis nummis hatte der Freikäufer in diesem Falle überhaupt keine Rechte mehr gegenüber dem Freigelassenen. Außerdem wird im Vergleich zur Schenkung ut manumittatur die redemptio suis nummis für den Herrn insofern einfacher gewesen sein, als er nicht einen solchen Dritten finden musste, von dem er annahm, dass dieser seiner Bitte auch nachkommen werde. Der Freikauf war insoweit vielleicht die gefahrlosere Variante. Falls der Herr den Freikauf wählte, um seinem Sklaven die Freiheit zu verschaffen, konnte er im Wege der actio mandati directa selbst auf Vornahme der Freilassung klagen.205 Parallel konnte der Sklave wegen der Freilassung im Rahmen der extraordinaria cognitio gegen den Freikäufer vorgehen und auf diese Weise die Position eines libertus orcinus erlangen. Wenn der Herr des Sklaven den Freikauf suis nummis sogar selbst initiierte, 204 Mit ähnlicher Argumentation Finkenauer, FS Knütel, S. 354 f. Er geht von einem Herrn aus, der den Sklaven freilassen will, ohne dass seine Erben im Falle seines Todes seine vermögenswerten Rechte, die ihm als patronus zustehen, erben. Vgl. auch Jacota, RIDA 13 (1966), S. 219. 205 Zur actio mandati directa des veräußernden dominus siehe ausführlich oben § 20 III. 2. a) aa) und zu ihrem Verhältnis zur actio venditi oben § 22 III.
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indem er dem Sklaven riet, einen Dritten mit dem Kauf und der anschließenden Freilassung seiner selbst zu beauftragen, ist sogar eine Vereinbarung des Herrn mit dem Dritten denkbar, dass dieser die manumissio unterlassen sollte, damit der Sklave mithilfe der kaiserlichen Konstitution frei wurde. Im Unterschied zu der Variante, in der ein Dritter auf Bitten des Herrn den Sklaven mit eigenen Mitteln abkaufte und, beispielsweise nach Ablauf einer festgelegten Zeit, freiließ – etwa bei einem Verkauf ut manumittatur –, hat der Freikäufer bei der redemptio suis nummis keinerlei finanziellen Aufwand und folglich auch kein wirtschaftliches Interesse daran, den Sklaven vielleicht gar nicht oder erst später freizulassen, um in der Zwischenzeit seine Arbeitskraft auszunutzen. Darüber hinaus gibt die redemptio suis nummis dem dominus in bestimmten Fällen die Möglichkeit, verdeckte finanzielle Werte zu realisieren. Wenn der Sklave nämlich Geld aus dem peculium unerlaubterweise beiseite geschafft hat, hat der dominus im Rahmen des Freikaufes die Möglichkeit, dieses Geld durch eine entsprechende Festlegung des Kaufpreises zu erlangen, das andernfalls endgültig dem Sondergut und damit schließlich dem patrimonium des Herrn entzogen wäre. Einen anderen Aspekt des finanziellen Interesses des Herrn führt schließlich Brinkhof 206 an, der zu bedenken gibt, dass der Herr im Wege der redemptio auch die Freilassungssteuer (vicesima libertatis) sparte. Günther207 meint hingegen, es sei nicht sicher, dass der Sklave bei einem Freikauf immer die Freilassungssteuer bezahlen müsse, denn auch der Herr könne ein Interesse an der Übernahme der Steuerzahlung haben, um nämlich auf diese Weise den libertus zur Ableistung der versprochenen operae zu motivieren. Sicherlich ist es richtig, dass der Sklave, der im Wege der redemptio suis nummis zur Freiheit gelangt, nicht in jedem Fall die Freilassungssteuer bezahlt haben wird; die Begründung, der Freilasser könne ein eigenes Interesse an der Zahlung haben und den Freigelassenen zur motivierten Dienstleistung bringen wollen, passt allerdings nicht. Denn der Freikäufer wird nach der Freilassung zwar patronus, jedoch ist sein Patronatsrecht beschränkt und erfasst gerade nicht das Ableisten von Diensten. In Fällen, in denen der Herr des Sklaven ein persönliches Interesse an der Freilassung des Sklaven im Wege des Freikaufes hat, wird vielleicht sogar er die finanzielle Last der Freilassungssteuer tragen und beispielsweise die notwendige Summe dem Sklaven geben, damit dieser sie bezahle. Im Übrigen ist bereits darauf hingewiesen worden,208 dass bei Verkäufen von Sklaven auch die Sklavenver206 Brinkhof,
S. 140 m. w. N. mit Verweis auf Arr., Epict. 2.1.26. 208 Siehe oben § 2 I. Zur Sklavenverkaufssteuer ausführlich Günther, S. 149 ff. 207 S. 123 f.
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kaufssteuer (quinta et vicesima venalium mancipiorum) von ursprünglich 2 %, später 4 % anfällt. Ihre Zahlung obliegt bis 57 n. Chr. dem Käufer, in der Folgezeit dem Verkäufer des Sklaven. Unklar ist jedoch, ob jeder private Sklavenverkauf besteuert wurde. Wenn dies der Fall war, umfasste der Kaufpreis, der im Rahmen des Freikaufes vereinbart wurde, eventuell auch den Betrag, der als Steuer abzuführen war. 2. Konsequenzen für das Verhältnis zwischen Herrn und Sklaven
Es ist zu überlegen, ob die redemptio suis nummis für das Verhältnis zwischen Herrn und Sklaven Konsequenzen hat dergestalt, dass diese immer ein nahezu freundschaftliches Verhältnis zwischen diesen beiden voraussetzte. Nörr gibt zu bedenken, dass hinter einem Freikauf in der Regel Freundschaftsverhältnisse gestanden haben.209 Finkenauer ist der Ansicht, die red emptio suis nummis könne immer nur stattfinden, wenn der Herr von den Freikaufabsichten seines Sklaven weiß und diese billigt, indem er ihnen zustimmt. Diese Annahme setzt wohl in der Regel voraus, dass der Herr dem Sklaven wohlgesonnen oder zumindest damit einverstanden ist, auf diesem Wege nicht den vollen Wert des Sklaven zu realisieren.210 Allerdings haben die Untersuchungen gezeigt, dass der Herr nicht notwendigerweise davon wissen muss, dass der Sklave gerade dabei ist, die eigene Freilassung im Wege der redemptio suis nummis einzuleiten, insbesondere, wenn er zur Aufbringung des Kaufpreises auf die Unterstützung Dritter zurückgreifen kann oder den Kaufpreis beim Freikäufer abarbeitet. Dann ist ebenfalls nicht in jedem Fall von einem freundschaftlichen Verhältnis zwischen dominus und servus auszugehen. Solche Verhältnisse wird es gegeben haben; genauso wie es auch viele Situationen gegeben haben wird, in denen der Herr nichts vom Freikauf-Charakter des Geschäftes wusste – aber auch dann konnte der Sklave mithilfe der redemptio suis nummis zur Freiheit gelangen.
209 Nörr,
Mandatum, S. 21 mit Anm. 39. FS Knütel, S. 355 ff.; ders., Rechtsetzung Mark Aurels, S. 47. Ähnlich Horsmann, Historia 35 (1986), S. 317 mit Anm. 61. Siehe auch oben § 14 IV. 2. d) bb) mit Anm. 503. Zur Frage, ob der Herr mit der redemptio suis nummis ein schlechtes Geschäft macht, siehe oben § 14 III. 1. 210 Finkenauer,
§ 31 Beweggründe der beteiligten Personen 331
IV. Gesetzgeberische Ziele der Kaiser Marc Aurel und Lucius Verus 1. Motivbündel als Ausgangspunkt der Gesetzgebung zur redemptio suis nummis
Nicht nur Sklave und Herr haben ein Interesse an der Vornahme einer redemptio suis nummis, sondern auch den Kaisern Marc Aurel und Lucius Verus ist es darauf angekommen, diesem Geschäft zur Wirksamkeit zu verhelfen. Warum sonst hätten sie in einer constitutio anordnen sollen, dass ein servus suis nummis emptus, ein mit eigenem Geld gekaufter Sklave, im Wege einer extraordinaria cognitio die Durchführung der im Rahmen des Freikaufs vereinbarten manumissio verlangen kann? Fraglich ist, welche Motive die Kaiser bei Erlass der Konstitution leiteten. Erwägungen unterschiedlicher Art werden eine Rolle gespielt haben, so dass wohl ein Bündel verschiedener Überlegungen den Hintergrund des Anspruchs des Sklaven auf Freiheit im Anschluss an die redemptio suis nummis bildet.211 Es erscheint einleuchtend, hierbei auch die Gründe in den Blick zu nehmen, die einen Herrn zu einer manumissio seines Sklaven bewegten. Grundsätzlich war die römische Öffentlichkeit seit alter Zeit an die Praxis der Freilassungen gewöhnt, die aus unterschiedlichen Gründen erfolgten:212 Mit Hilfe einer manumissio konnte sich der Herr eines alten und unter Umständen kranken Sklaven entledigen, dessen Unterhalt zu teuer geworden wäre.213 Prestigegründe werden bei anderen den Ausschlag gegeben haben. Wieder andere domini haben ihre Sklaven aus menschlichen Gründen freigelassen, etwa um ihre persönlichen Verdienste anzuerkennen und sie für gute Dienste auszuzeichnen und zu belohnen. Letztere Motive sind nach moralischen Kategorien als ehrenwert zu bezeichnen. Sie könnten auch für die Kaiser relevant sein und den Ausgangspunkt ihrer Regelung bilden. Wenn ein Sklave aufgrund eigener Arbeitsleistung ein peculium solchen Ausmaßes erwirtschaftet hat, dass er sich damit freikaufen kann, und hat er – etwa nach Zustimmung des Herrn zur Zahlung aus dem peculium – einen Dritten gefunden, der zum Kauf mit anschließender Freilassung bereit ist, soll die Freilassung nicht daran scheitern, dass dieser beauftragte Freikäufer seinem Versprechen nicht nachkommt und den Sklaven abredewidrig nicht freilässt. Das Unterbleiben der Freilassung könnte nämlich auch zu Missgunst und Hass beim Sklaven führen, der dem Freikäufer wohl keine treuen Dienste diesem Sinne auch Horsmann, Historia 35 (1986), S. 312. zu den Erwägungen und Motiven eines Herrn zur Freilassung seines Sklaven vgl. Treggiari, S. 11 ff. 213 Vgl. etwa Cato, De agri cultura 2.7. 211 In
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leisten würde. Mit anderen Worten: Durch eine unterlassene Freilassung bei einer redemptio suis nummis könnte der Freikäufer den Sklaven gegen sich aufbringen und hierdurch selbst in Gefahr geraten. Auch sonst fürchteten römische domini die Rache ihrer Sklaven. So kann hinter der Ermordung des Stadtpräfekten L. Pedanius Secundus durchaus ein Sklave gestanden haben, der sich wegen eines nichteingehaltenen Freilassungsversprechens seines Herrn gerächt habe.214 Allerdings geht es in diesem Fall um ein pactum pro libertate, eine Freilassungsvereinbarung zwischen Sklaven und Herrn, deren Justiziabilität nicht von der der redemptio suis nummis berührt wird. Doch stehen dieser und ähnliche Fälle beispielhaft für eine zum Teil verbreitete Angst unter den domini vor ihren Sklaven, von denen sie meinen, diese könnten sie eines Tages für schlechte Behandlung, unterbliebene Freilassung und sonstige Misshandlungen und Missstände zur Verantwortung ziehen. In diesem Sinne bietet die klagbare redemptio suis nummis eine echte Sicherheit für den Herrn, weil der Sklave auf diesem Wege garantiert und rasch frei wird. Die Kaiser könnten also ein Interesse daran gehabt haben, das Verhältnis von Sklaven und Herrn zueinander so zu stabilisieren, dass weder mörderisches Aufbegehren noch Aufstände und Unruhen von Sklaven drohen. Hier könnte das Verschaffen eines klagbaren Anspruchs für den Sklaven ein Schritt gewesen sein, der zumindest unterstützend wirkte. Man kann darin das Ziel erblicken sicherzustellen, dass die römische Gesellschaft auch weiterhin die für bestimmte Tätigkeiten benötigten Sklaven zur Verfügung hat.215 Damit verfolgen Marc Aurel und Lucius Verus ein ordnungspolitisches und ökonomisches Ziel. 2. Bedeutung der Freiheitsbegünstigung (favor libertatis) für die Regelung der redemptio suis nummis
a) Begriffliche Überlegungen Einen anderen Aspekt des Motivbündels könnten auch bei den Kaisern philanthrop-altruistische Erwägungen ausmachen – wahrscheinlich in Verbindung mit gesellschaftspolitischen Gedanken. In der Kaiserzeit entstehen zahlreiche Regelungen, die dem favor libertatis, der Begünstigung der Freiheit, zur Wirksamkeit verhelfen. Der Begriff findet sich in zahlreichen Quellen;216 214 L. Pedanius Secundus wurde 61 n. Chr. ermordet; vgl. Nörr, FS Bengtson, S. 187 ff. zu Tac., Ann. 14.42-45. 215 Zu ökonomischen Beweggründen kaiserrechtlicher Regelungen ausführlich Härtel, Index 5 (1974 / 75), S. 281 ff., S. 298 f.; vgl. Horsmann, Historia 35 (1986), S. 319 f. Siehe auch Fündling, S. 153. 216 Z. B. Paul. D. 4.8.32.7 (13 ad ed.); ders. D. 31.14 pr. (4 ad Vitell.); Maecian. D. 35.2.32.5 (9 fideicomm.).
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umstritten ist aber, inwieweit sie nachklassisch verändert sind.217 Hier soll nur der Frage nachgegangen werden, ob die Regelung der redemptio suis nummis in der constitutio der divi fratres auf den favor libertatis zurückgehen kann. Äußerlich scheint es so, als sei primäres Motiv für die Gewähr eines klagbaren Anspruchs des Sklaven bei unterbliebener manumissio in Folge einer redemptio suis nummis das Bestreben der Kaiser, dem Sklaven die Freiheit zu verschaffen, also den Erwerb der Freiheit zu begünstigen. Jedoch hat Horsmann darauf hingewiesen, dass es den Kaisern möglicherweise nicht darum ging, die Lage der Sklaven zu verbessern, sondern dies nur ein Nebeneffekt anderer ordnungspolitischer Ziele der Rechtsetzung war.218 Häufig seien die Regelungen, von denen man annehmen könnte, sie seien wegen des favor libertatis erlassen worden, wie etwa die Anordnungen in Bezug auf das von einer Sklavin geborene Kind, die Durchsetzung fideikommissarisch angeordneter Freiheit etc.219, nicht von diesem beeinflusst; es handle sich vielmehr um die bloße Anwendung geltender Rechtsgrundsätze, die von einer Absicht zur Begünstigung der Freiheit unabhängig seien.220 Dies trifft auch für die redemptio suis nummis zu, zumindest in Bezug darauf, dass das mandatum des Sklaven an einen Dritten, ihn zu kaufen und anschließend freizulassen, allein aus den Regeln des römischen Zivilrechts heraus wirksam ist und dem veräußernden dominus die actio mandati verschafft. Hiermit lässt sich aber nicht erklären, dass der Sklave bei abredewidriger Unterlassung der Freilassung gegen den Freikäufer einen Anspruch auf Freilassung hat.221 Folglich kann die freiheitsbegünstigende Wirkung der constitutio der divi fratres nicht allein auf die Anwendung bestehender Rechtsgrundsätze zurückgeführt werden.222 Der Anspruch des Sklaven könnte nämlich in der Tat auf das Bestreben, die Freiheit zu begünstigen, zurückgehen. Einen Zusammenhang 217 Mit umfassenden Interpolationsvermutungen Albertario, Studi I, S. 61 ff.; vgl. Heumann / Seckel, S. 210 s. v. favor. 218 Vgl. Horsmann, Historia 35 (1986), S. 310 f. Ähnlich Eich, HAS s. v. Marcus Aurelius II. 219 Siehe die umfassende Darstellung bei Härtel, Index 5 (1974 / 75), S. 285 ff. sowie den Überblick bei Finkenauer, Rechtsetzung Mark Aurels, S. 13 ff., S. 87 ff.; vgl. auch Horsmann, Historia 35 (1986), S. 311 f.; Eich, HAS s. v. Marcus Aurelius II.; Finkenauer, Rechtsetzung Mark Aurels, S. 87 f. 220 Horsmann, Historia 35 (1986), S. 312 f. mit Bsp. Hierzu sogleich § 31 IV. 2. b). 221 Anders Finkenauer, Rechtsetzung Mark Aurels, S. 88, der annimmt, dass die redemptio suis nummis immer die Kenntnis des Herrn voraussetzte und daher die constitutio den Willen des veräußernden dominus schütze. Hierzu sogleich § 31 IV. 2. b). 222 In diesem Sinne wohl auch Horsmann, Historia 35 (1986), S. 316 ff. Er sieht neben dem favor libertatis insbes. ordnungspolitische Gründe hinter dem Erlass der constitutio; hierzu siehe sogleich § 31 IV. 2. b).
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4. Teil: Folgen eines Freikaufs mit eigenem Geld
zwischen dem favor libertatis und der constitutio Kaiser Marc Aurels zum Verkauf ut manumittatur stellt Paulus her: Paul. D. 40.12.38.1 (15 resp.)223 Idem respondit constitutionem quidem divi Marci ad libertatem eorum mancipiorum pertinere, quae hac lege venierint, ut post tempus manumitterentur: sed eundem favorem libertatis consequendae causa etiam eam mereri, pro qua dominus pretium accepit, ut ancillam suam manumitteret, cum idem etiam libertam habiturus sit.
Paulus plädiert für eine Anwendung der constitutio auf den Fall, dass einem Herrn für die Freilassung seiner Sklavin ein Vermögensstück geschenkt wird. Es geht folglich um eine Schenkung ut manumittatur. Die genannte constitutio ist aber nicht diejenige, die die redemptio suis nummis mit einem klagbaren Anspruch versieht, sondern die kaiserliche Konstitu tion, die den Verkäufen ut manumittatur Rechtswirksamkeit verschafft. Paulus kommt es folglich darauf an, die Freiheitsbegünstigung des Kaufes ut manumittatur auch auf die Fälle der Schenkung ut manumittatur auszuweiten.224 In diesem Falle solle der Sklavin auch der favor libertatis zugute kommen, der dem verkauften Sklaven ut manumittatur zur Freiheit verhelfe. Horsmann meint, Paulus gebe hier primär einen Hinweis auf die Wirkung der constitutio.225 Hierfür lässt sich anführen, dass in D. 40.12.38.1 nicht der Terminus favor libertatis verwandt wird, sondern dass Paulus von eundem favorem libertatis consequendae causa (…) eam mereri spricht, davon also, dass die gleiche Begünstigung, nämlich die Anwendung der vorgenannten constitutio divi Marci, auch der anderen Sklavin zuteil werden solle, um die Freiheit zu erlangen. Damit geht es nicht ausdrücklich um den favor libertatis, weil libertatis consequendae grammatikalisch von causa abhängt. Allerdings bedeutet die Anwendung der genannten constitutio im Ergebnis eine Begünstigung für die Freiheit, die allgemein als favor libertatis bezeichnet wird. Der Hinweis auf favor libertatis könnte also lediglich die Wirkung, nicht die Motivation der kaiserlichen Regelung bezeichnen. Ein anderes Verständnis der Stelle ist aber ebenfalls möglich. Paulus geht es vielleicht doch um eine teleologische Erweiterung des Anwendungsbereiches der Konstitution mit dem Ziel, nicht nur in Fällen des Verkaufes ut manumittatur, sondern auch bei Schenkung an den Herrn für die Freilassung sicherzustellen, dass der Sklave frei wird. Die Begünstigung der Freiheit der Sklavin bildet das 223 Zu den Interpolationsvermutungen Ind. III, Sp. 156; vgl. Horsmann, Historia 35 (1986), S. 313 mit Anm. 36; Lotmar, SZ 33 (1912), S. 313 mit Anm. 3. 224 Zu Verkauf und Schenkung ut manumittatur ausführlich oben § 4 III. 3. 225 Horsmann, Historia 35 (1986), S. 314; Lotmar, SZ 33 (1912), S. 308 m. w. N. in Anm. 2.
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Motiv der teleologischen Argumentation. Ob es in D. 40.12.38.1 um die Wirkung oder das Motiv der kaiserlichen Regelung geht, kann offenbleiben, wenn der Begriff des favor libertatis nicht allein als Begünstigung der Freiheit definiert wird, die aus altruistischen Gründen erfolgt, sondern verstanden wird als Freiheitsbegünstigung, der ein gesellschaftspolitisches Element innewohnt. Die Begünstigung der Freiheit ist gesetzgeberisches Ziel, nicht nur weil – menschlich betrachtet – der Sklave zur Freiheit gelangt und auf diese Weise der widernatürliche Zustand des Gewaltunterworfenen beendet wird, sondern auch weil dies zum Erhalt der römischen Gesellschaftsordnung, die von Sklaven geprägt ist, beiträgt bzw. ihren Fortbestand sicherstellt. b) Der favor libertatis als gesetzgeberisches Motiv für die constitutio Paul. D. 40.12.38.1 (15 resp.) kann nicht entnommen werden, dass die Regelung der redemptio suis nummis durch Marc Aurel und Lucius Verus vom favor libertatis geleitet ist, weil die Stelle einerseits nicht die redemptio suis nummis betrifft und andererseits nicht eindeutig zu klären ist, ob der favor libertatis nur die Wirkung der Regelung beschreibt, oder aber sich auf die Motivation der kaiserlichen Regelung bezieht. Dennoch spricht das Fragment dafür, den favor libertatis zumindest als eines unter den verschiedenen Motiven anzusehen, die die kaiserliche Regelung auslösten. Wie bereits angedeutet ist es aber fraglich, wie der favor libertatis bei Mark Aurel zu bewerten ist und welchen Stellenwert er in seiner Rechtssetzungstätigkeit einnimmt. Teilweise wird mit Hinweis auf den „Philosophen auf dem Kaiserthron“226 und seine von der Stoa geprägte Grundhaltung angenommen, der favor libertatis sei Ausgangspunkt und Leitlinie für seine Regelungen. Dagegen wird von anderen die Begünstigung der Freiheit nur als Nebeneffekt der kaiserlichen Rechtsetzung gesehen.227 Marc Aurel sei weder nur der Philosoph, noch habe er favore libertatis Recht gesetzt.228 Seine Konstitutionen zielten vielmehr darauf ab, im Einzelfall dem Willen des Erblassers, der voluntas testatoris, manchmal auch dem nur hypothetischen Willen des Erblassers zur Durchsetzung zu verhelfen und „die Inte ressen der Sklavenhalter“229 zu schützen. In Bezug auf die 226 Finkenauer, Rechtsetzung Mark Aurels, S. 7 ff. m. w. N; Garcia Sanchez, St. Sanfilippo Bd. 3, S. 321 mit Anm. 45; Piganiol, S. 204 f., S. 211. 227 Horsmann, Historia 35 (1986), S. 312; vgl. Finkenauer, Rechtsetzung Mark Aurels, S. 9 m. w. N. in Anm. 26. Siehe auch Fündling, S. 153. 228 Vgl. auch zum Folgenden Finkenauer, Rechtsetzung Mark Aurels, S. 87 ff. 229 Finkenauer, Rechtsetzung Mark Aurels, S. 89.
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constitutio der divi fratres, die der redemptio suis nummis zu Rechtswirksamkeit verhilft, erkennt Finkenauer den Willen des dominus bzw. „des Sklavenhalters“230 als Schutzgut. Dies setzt allerdings die Annahme voraus, die redemptio suis nummis bedürfe zwingend der Kenntnis des Herrn vom Freikauf-Charakter des Geschäftes.231 Die Untersuchungen haben aber ergeben, dass die redemptio auch ohne Kenntnis des dominus dem Sklaven zur Freiheit verhelfen kann.232 Das bedeutet zugleich, dass die constitutio der divi fratres nicht allein auf den Schutz des Willens des veräußernden Herrn zurückgeführt werden kann. Es erscheint überzeugender, hier doch von einer Begünstigung der Freiheit auszugehen, denn in erster Linie bildete die redemptio suis nummis für den Sklaven die Möglichkeit, unter Umständen sogar ohne oder gegen den Willen seines Herrn frei zu werden. Die kaiserliche Konstitution bedeutet zudem ein rechtliches Anerkennen der römischen Praxis, die die Freilassung auf diesem Wege schon lange Zeit kannte. Die Regelung der divi fratres führt aber zugleich dazu, dass ein Verhalten, das das Recht missachtet, geahndet und bekämpft wird: Derjenige Freikäufer, der abredewidrig den gekauften Sklaven nicht freilässt, verstößt gegen seine Vereinbarung mit diesem. Damit verfolgt die constitutio neben dem favor libertatis auch ein weiteres Ziel: das Vorgehen gegen Rechtsbruch,233 oder – positiv formuliert – das Eintreten für die Einhaltung des Rechts. Auf diese Weise kommen die Kaiser ihrer Aufgabe, dem Schutz der Rechtsordnung, nach. Hiermit mischt sich der ordnungspolitische Aspekt, der den klagbaren Anspruch des Sklaven bei Vornahme einer redemptio suis nummis als eine Maßnahme unter anderen erscheinen lässt, um die soziale Ordnung aufrecht zu erhalten,234 und somit gar einen sicherheitspolitischen Aspekt erhält. Es fügen sich also öffentliche und private – die bereits dargestellten von Herrn und Sklaven im Einzelfall –, staatliche und individuelle Interessen ineinander, denen die redemptio suis nummis in ihrer Ausgestaltung durch die Kaiser zur Durchsetzung verhilft. Hintergrund der Regelung bildet also ein Bündel unterschiedlicher Motive, die in ihr vereint werden.
230 Finkenauer,
Rechtsetzung Mark Aurels, S. 50, vgl. S. 88. Finkenauer, Rechtsetzung Mark Aurels, S. 47 ff.; ders., FS Knütel, S. 351 ff. Siehe auch § 14 IV. 2. d) bb) in Anm. 503. 232 Siehe zur Frage der Kenntnis des Herrn ausführlich oben § 14 IV. 2. g). 233 Dies ist eines der Ziele, die Finkenauer, Rechtsetzung Mark Aurels, S. 87 ff. als solche feststellt, die Mark Aurel in seiner Sklavengesetzgebung verfolgt habe (S. 89). – Vgl. auch Horsmann, Historia 35 (1986), S. 317 ff. 234 So auch Horsmann, Historia 35 (1986), S. 318 ff. 231 So
§ 31 Beweggründe der beteiligten Personen 337 3. Begünstigung betrügerischen Verhaltens des Sklaven
Bei der Suche nach den gesetzgeberischen Motiven, die die Kaiser zum Erlass der Konstitution veranlassten, darf nicht übersehen werden, dass die Regelung der redemptio suis nummis durch Marc Aurel und Lucius Verus im Einzelfall sogar ein betrügerisches Verhalten des Sklaven begünstigen kann. Es ist die Rede von einem „Schleichweg“, der dem Sklaven eröffnet werde.235 Schließlich ist der Freikäufer nur Käufer zum Schein, und mithilfe des Umwegs über ihn kann der Sklave unter Umständen sogar gegen den Willen seines Herrn zur Freiheit gelangen. Finkenauer tritt dem entgegen und nimmt an, der Sklave benötige immer der Zustimmung seines Herrn für die redemptio suis nummis, so dass die kaiserliche Konstitution eine solch verwerfliche Wirkung nicht haben könne.236 Die Untersuchungen haben ergeben, dass der Sklave mithilfe der redemptio suis nummis unter bestimmten Voraussetzungen auch ohne Kenntnis des Herrn zur Freiheit gelangen kann, so dass sich die hinterhältigen SklavenFreikauf-Fälle nicht auf diese Weise aus dem Anwendungsbereich der Konstitution ausscheiden lassen. Auch wenn es rechtlich möglich ist, dass der Sklave die constitutio verwendet, um ohne Wissen und eventuell gegen den Willen seines Herrn zur Freiheit zu gelangen, ist dies von den Kaisern sicher nicht beabsichtigt worden. Allerdings schmälert diese Möglichkeit nicht die Bedeutung der kaiserlichen Regelung, weil sie andererseits den positiven Effekt hat, dass Abreden zwischen einem Sklaven und einem Dritten Gültigkeit beanspruchen. Aus der Tatsache, dass die Kaiser die redemptio suis nummis offenbar für regelungsbedürftig hielten, lässt sich schließen, dass es vermehrt Fälle gegeben haben muss, in denen Freikäufer ihrem Versprechen nicht nachkamen und es unterließen, die gekauften Sklaven freizulassen. Diesem Missstand begegnet die Konstitution; sie wendet sich also gegen abredewidriges Verhalten.237 Folglich ist der Freiheitserwerb gegen den Willen des Herrn im Einzelfall ein Produkt der kaiserlichen Regelung, das Marc Aurel und Lucius Verus sicher nicht begünstigen wollten, es aber auch nicht verhinderten. Denn durch eine entsprechende Einschränkung der Konstitution hätte man wahrscheinlich ihre Anwendbarkeit für den Fall des unredlichen Sklaven vermeiden können. Immerhin könnte das freie Aushandeln des Kaufvertrages zwischen dem veräußernden Herrn und dem Freikäufer als ausreichend angesehen worden sein für den Schutz 235 Behrends,
Prinzipat, S. 58. FS Knütel, S. 354 ff.; ders., Rechtsetzung Mark Aurels, S. 49. Zu dieser Problematik schon oben § 14 IV., insbes. 2. f). 237 Finkenauer, Rechtsetzung Mark Aurels, S. 87 ff. erkennt in der Sklavenrechtsetzung Mark Aurels u. a. die Absicht, Rechtsbruch zu bekämpfen. 236 Finkenauer,
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4. Teil: Folgen eines Freikaufs mit eigenem Geld
der Interessen des Herrn. Wenn aber zwischen diesen beiden ein Kaufvertrag zustande kommt, ist kein Grund ersichtlich, weshalb der Sklave beim Veräußerer verbleiben sollte. Die Rechtsfolge der constitutio tritt erst auf den Plan, wenn dieser Kaufvertrag vollzogen und der Sklave beim Freikäufer ist. Im Übrigen hat der veräußernde Herr die Möglichkeit, wegen furtum gegen seinen ehemaligen Sklaven vorzugehen, wenn sich nach der Freilassung herausstellen sollte, dass dieser Pekuliargelder in einer „schwarzen Kasse“ beseite geschafft und zu eigenen Zwecken verwandt hat. Im Ergebnis lässt sich hieraus schließen, dass die Tatsache, dass auch Schleichweg-Konstellationen von der kaiserlichen Konstitution erfasst sind und ihnen zur Rechtswirksamkeit verhelfen, nicht unerträglich, sondern wohl noch akzeptabel ist, weil die Interessen des veräußernden Herrn dennoch weiterhin geschützt sind. In die normalen Kaufrechtsregeln, die auch auf den Kaufvertrag im Rahmen der redemptio suis nummis Anwendung finden, muss also nicht eingegriffen werden. Zu überlegen ist, ob es eine Alternative gegeben hätte, um die Fälle des unredlichen Sklaven aus der Begünstigung auszunehmen. Die Gewähr eines klagbaren Anspruchs des Sklaven im Rahmen eines pactum pro libertate hätte zwar dem Sklaven eine garantierte Freiheitsaussicht verschaffen, aber die Schleichweg-Konstellationen dennoch nicht verhindern können. Denn zum einen ist zu berücksichtigen, dass eine solche Freilassungsvereinbarung eines Herrn mit seinem Sklaven immer die Zustimmung des Herrn voraussetzte, die dieser wohl seltener erteilen würde, wenn er anschließend dazu gezwungen werden könnte, dieses Versprechen auch einzulösen. Zum anderen könnte auch hier der Sklave Geld beiseite geschafft und versteckt haben, das er dann für die Freilassung an den Herrn zahlte. Nimmt man nun wieder die ordnungspolitischen Ziele in den Blick, die hinter der constitutio stehen, leuchtet ein, dass nur die Regelung der redemptio suis nummis dem Sklaven einen sicheren Weg aus der Sklaverei eröffnete und dass diese Aussicht es ihm zugleich erleichterte, das Sklavendasein zu erdulden. Diese Erwägungen sprechen überdies in der Tat dafür, den favor libertatis im Rahmen der Motive, die die Kaiser zur Regelung der redemptio suis nummis bewegt haben, nicht zu stark in den Vordergrund zu rücken, sondern die Verfolgung primär ordnungspolitischer und ökonomischer Ziele als leitend anzusehen. Versteht man aber den Begriff des favor libertatis umfassender und hält auch gesellschafts- und ordnungspolitische Erwägungen für immanent, liegen der constitutio maßgeblich Erwägungen zur Begünstigung der Freiheit zugrunde, die die Kaiser bei ihrer Gesetzgebung leiteten.
§ 32 Abschließende Überlegungen339
§ 32 Abschließende Überlegungen zur Attraktivität des Freikaufs mit eigenem Geld Warum war es also sinnvoll, einen Sklaven im Wege des Freikaufes frei werden zu lassen? Hinter der redemptio suis nummis steht ein Bündel vielschichtiger Aspekte, die primär vitale Interessen von Sklaven und Herrn betreffen. Das Interesse des Sklaven, bei Aufwendung eigener finanzieller Mittel in jedem Fall zur Freiheit zu gelangen, wird durch die redemptio suis nummis mit ihrem Schutz durch die constitutio der divi fratres befriedigt. Aber auch die Stellung des im Wege der constitutio frei gewordenen Sklaven als libertus orcinus – bei Unterlassen der Freilassung durch den Freikäufer – sowie der Ansporn für den Sklaven, bei guten und treuen Diensten für den Herrn sich mit dessen Einverständnis mithilfe des peculium freikaufen zu können, zählen zu den Vorteilen der redemptio suis nummis. Dabei ist der klagbare Anspruch des Sklaven auf Freilassung ein Novum, dessen Bedeutung für den Sklaven hoch ist. Außerdem kann sich auf diesem Wege sogar der unredliche Sklave der potestas seines Herrn entziehen und frei werden. Auf einer zweiten Ebene ist der Freikauf beispielhaft für das römische Recht, das sich durch ein strenges ius civile und ein etwas milderes ius honorarium auszeichnet. Nach ius civile sind die Freilassungsbestrebungen eines Sklaven mithilfe eigenen Geldes von Anfang an unwirksam. In Anerkennung der römischen Praxis aber, Sklaven im Wirtschaftsverkehr einzusetzen, entsteht bereits im Laufe des 2. Jahrhunderts v. Chr. die actio de peculio, die dem Sklaven Verpflichtungsfähigkeit und – durch libera administratio bzw. Genehmigung der Verfügung im Einzelfall – Verfügungsfähigkeit einräumt, ihm also zu einer Teilgeschäfts- und Teilrechtsfähigkeit verhilft, die auf den Bereich des Sondergutes beschränkt ist. Das peculium wird als quasi patrimonium des Sklaven angesehen, was dazu führt, dass sein Handeln im Rechtsverkehr grundsätzlich als wirksam anerkannt wird; insoweit kann also von einer Teilgeschäftsfähigkeit des Sklaven gesprochen werden. Gleichzeitig wird die Verbindlichkeit des Sklaven als naturalis obligatio qualifiziert. Ursprünglich standen hinter dieser Ausweitung der Befugnisse des Sklaven wohl Verkehrsschutzerwägungen, die zugleich ein Entgegenkommen des Rechts gegenüber der Praxis bedeuteten, welche nach heutigen Vorstellungen als normative Kraft des Faktischen bezeichnet werden könnte.238 So wird in der Folge auch das mandatum eines Sklaven im Ergebnis als wirksam angesehen.239 Im Rahmen der redemptio suis nummis erhält der Sklave sogar Partei- und Prozessfähigkeit, die ihm ein selbststän238 Zur
normativen Kraft des Faktischen vgl. Zippelius, S. 32 f. hierzu oben § 5 f., § 16 und insbes. § 17.
239 Siehe
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4. Teil: Folgen eines Freikaufs mit eigenem Geld
diges Auftreten im Rahmen der extraordinaria cognitio erlauben. Die kaiserliche Konstitution bedeutet damit sogleich einen Zuwachs an Rechtssicherheit für den Sklaven. Sein Handeln wird insoweit rechtlich bedeutsam, als er sogar die eigene Freiheit durchsetzen kann. Die Vereinbarung eines Sklaven mit einem Dritten hat also Bestand, mit anderen Worten: pactum servi servandum est. Im Bereich des Sklavenrechtes zeugt dies zugleich von einer faszinierenden Weitsicht des römischen Rechts, da die Situation der Sklaven immer auch eine gesellschaftliche und sozial-politische Komponente hat, die sich auf das Gemeinwohl auswirken kann.240 Dass es hierbei um pragmatische Lösungen ging, die sich vom ius civile und seiner strengen Anwendung entfernten, ist den römischen Juristen wohl bewusst gewesen, entschieden sie doch coniventibus oculis241. Interessant ist überdies, dass die Annäherung der Position des Gewaltunterworfenen an die des Freien auch begrifflich nachvollzogen wird: Im Rahmen des peculium des Sklaven ist die Rede vom quasi patrimonium. Im Gegensatz zum peculium, das der Herr seinem Sklaven auch deshalb einräumte, weil er diesen dauerhaft an sich binden und sich seiner Dienste versichern wollte, bietet die redemptio suis nummis dem Sklaven die Möglichkeit, genau dieses Verhältnis zu beenden und auszuscheiden. Interessant ist insoweit, dass für einen solchen Ausstieg wiederum das peculium verwendet werden kann, und zwar entweder mit Zustimmung des Herrn oder aber im Extremfall auch auf an sich unredliche Weise über die Zahlung aus einer „schwarzen Kasse“, die der Sklave mit Pekuliargeldern bestückt hat. So verschafft die klagbare redemptio suis nummis auch dem peculium neue Aufmerksamkeit unter einem anderen Aspekt: Es ist nicht mehr nur Instrument, das dem Sklaven ein wirksames Auftreten im Wirtschafts- und Handelsverkehr ermöglicht, sondern seine Einräumung steht auch im ganz persönlichen Interesse des Sklaven, der es unter Umständen verwenden kann, um auf diese Weise seinen Sklavenstatus zu überwinden und frei zu werden. Rechtstechnisch scheint dies sehr geschickt. Denn das Innenverhältnis zwischen dem Sklaven und seinem Herrn wird von der kaiserlichen Regelung nicht tangiert; insbesondere wird kein Anspruch des Sklaven direkt gegen seinen Herrn begründet. Hinzu kommt, dass durch das Element des Kaufvertrages zwischen Herrn und Freikäufer sichergestellt wird, dass der Herr – wie bei jedem Sklavenverkauf – seine Interessen durch das freie Aushandeln des Kaufpreises wahrnehmen oder den Verkauf des Sklaven gänzlich ablehnen kann. Bereits dadurch ist gesichert, dass die Interessen des Herrn nicht völlig missachtet werden, wenn er unwissend ist in Bezug auf den 240 Zum Gemeinwohl (utilitas publica) ausführlich Honsell, SZ 95 (1978), S. 93 ff.; vgl. Knoch, S. 251 ff.; beide m. w. N. 241 Ulp. D. 40.1.4.1 (6 disp.); hierzu ausführlich oben § 2 I. und § 24 II. 2.
§ 32 Abschließende Überlegungen341
Freikauf-Charakter des Geschäftes. Die bestehenden Verhältnisse werden also nicht von Grund auf verändert, sondern es wird ein objektiviertes Verfahren gefunden, ein Verfahren über einen Dritten, das dem Sklaven schließlich zur Freiheit verhilft. Dem Sklaven kommt nämlich im Zuge des Freikaufes die Freiheit über den Umweg eines Dritten zu. Damit ist es überhaupt nicht notwendig, das Binnenverhältnis zwischen Sklaven und Herrn anzutasten, sondern die kaiserliche Regelung betrifft lediglich das außerhalb der Beziehung Sklave – Herr liegende Verhältnis Sklave – Dritter. Die Regelung kann folglich genau aus diesem Außenverhältnis heraus gerechtfertigt werden: Während das Innenverhältnis weiterhin weitgehend frei von rechtlicher Einmischung ist, knüpft die Konstitution an ein nach außen wirksames Verhältnis an, genauso wie etwa die actio de peculio ein nach außen wirksames Verhalten des Sklaven – freilich für seinen Herrn – mit Rechtsfolgen versieht. Dass der Sklave im Rahmen der redemptio suis nummis nun einen klagbaren Anspruch erhält, ist an sich schon herausragend. Dass dies aber in einem Zusammenhang geschieht, in dem der Sklave mit einem Dritten ein pactum abschließt, ist dahingehend neu, dass auf diese Weise die strengen Regeln des ius civile umgangen und gleichsam ausgehöhlt werden zugunsten eines Sklaven, der eine solche Vereinbarung mit einem Dritten getroffen hat. War die Regelung der redemptio suis nummis durch die Kaiser Marc Aurel und Lucius Verus bahnbrechend?242 Dagegen spricht, dass der Aufwand, mithilfe eines Freikaufes die eigene Freilassung zu erlangen, hoch war. Andere Varianten, den Sklaven unmittelbar für frei zu erklären, wären einfacher und unkomplizierter gewesen. Dann wäre aber nicht der Verkauf des Sklaven durch den Herrn an einen Dritten als formales Kontrollmittel zum Schutz der Interessen des Herrn vorhanden, der – wenn er nicht wollte – den Sklaven nicht verkaufen musste. Überdies konnte der Sklave schon in anderen Bereichen etwa im Rahmen der extraordinaria cognitio Schutz vor Misshandlung durch den Herrn erlangen oder wegen unterbleibender fideikommissarischer Freiheit gegen seinen Eigentümer vorgehen.243 Finkenauer meint, „wahrhaft revolutionär“ wäre die Regelung nur gewesen, wenn die Kaiser den Herrn zum Abschluss des Kaufvertrages mit dem Freikäufer gezwungen hätten.244 Sicherlich bedeutete die Justiziabiltät der redemptio suis nummis für den Sklaven nicht, auf jeden Fall auf diesem Wege frei 242 Biondi, S. 390. In dieser Richtung Behrends, Prinzipat, S. 58 f.; Impallomeni, S. 244 mit Anm. 77 spricht in diesem Zusammenhang von „principi nuovi fondamentali“. 243 In diesem Sinne Finkenauer, FS Knütel, S. 356; ders., Rechtsetzung Mark Aurels, S. 49. Zur Milderung der Lage des Sklaven durch kaiserliche Regelung siehe oben § 25 und § 31 IV. 244 Finkenauer, FS Knütel, S. 356.
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4. Teil: Folgen eines Freikaufs mit eigenem Geld
werden zu können, denn sie hing immer noch von einer Mitwirkungshandlung des Herrn ab. Dieser musste seinen Sklaven an den Freikäufer veräußern, was er aber in der Regel getan haben wird, wenn er nur an der Arbeitskraft seiner Sklaven interessiert war und einen ordentlichen Preis erhielt, mit dem er möglicherweise einen neuen Sklaven erwerben konnte. Allerdings bedeutete die Klagbarkeit einen großen Schritt im Hinblick auf die Geltung von Vereinbarungen von Sklaven mit Dritten. Außerhalb eines Handelns für das peculium waren solche pacta grundsätzlich rechtlich nicht existent, weil sich im Falle des Verstoßes für den Dritten keine Rechtsfolgen ergaben. Insoweit ist die Regelung der redemptio suis nummis, die sie durch die constitutio der divi fratres erfahren hat, sehr wohl als bahnbrechend zu qualifizieren. Aber noch in anderer Hinsicht kann die kaiserliche Anordnung als bedeutend bezeichnet werden: Es wird ein objektives Freiheitsverfahren für den Sklaven geschaffen, das ihm die Freiheit sicher zuteil werden lässt, obwohl das Innenverhältnis zwischen dominus und servus als solches weiterhin unberührt bleibt und nicht etwa die Stellung des Sklaven als rechts- und vermögensunfähige, der Gewalt des dominus unterworfene Person erschüttert wird. Insoweit bedeutet die constitutio eine Reform des Rechts von innen heraus.
5. Teil
Zusammenfassung der Ergebnisse § 33 Zulässigkeit und Ablauf des Freikaufs mit eigenem Geld (redemptio suis nummis) I. Freikauf als eine Möglichkeit des Sklaven, frei zu werden Ein Sklave kann mithilfe der redemptio suis nummis zur Freiheit gelangen. Bei diesem „Freikauf des Sklaven mit eigenem Geld“ beauftragt der Sklave einen Dritten, ihn bei seinem Herrn zu kaufen und anschließend freizulassen. Der Begriff redemptio suis nummis weist darauf hin, dass der Sklave mit eigenem Geld und somit ohne finanziellen Aufwand des Freikäufers gekauft wird. Die Untersuchungen haben ergeben, dass diese Freilassungsvariante für den Sklaven der einzige Weg ist, der ihm seit dem 2. Jahrhundert n. Chr. die Freiheit auf seine eigene Initiative hin sicher verschafft. Denn eine Konstitution der Kaiser Marc Aurel und Lucius Verus aus der Zeit zwischen 161 und 169 n. Chr. eröffnet ihm die Möglichkeit, die eigene manumissio notfalls gerichtlich durchzusetzen.1 Grundsätzlich gab es verschiedene Möglichkeiten, wie der Sklave zur Freiheit gelangen konnte.2 Dabei konnten entweder der Herr des Sklaven, ein Dritter oder aber der Sklave selbst die manumissio initiieren. Wenn der Sklave selbst seine eigene Freilassung betreiben wollte, konnte er sich entweder direkt an seinen Herrn wenden und mit diesem ein pactum pro libertate vereinbaren oder aber im Wege der redemptio suis nummis einen Dritten mit dem Kauf seiner selbst beauftragen.3 Als Freikäufer kommt jede beliebige Person in Betracht; sogar ein Sklave oder auch der Staat können herangezogen werden. Das vom Sklaven erteilte mandatum verpflichtet den Freikäufer, sich um den Abschluss eines Kaufvertrages mit dem dominus des Sklaven zu bemühen. Dabei erklärt sich der Freikäufer gegenüber dem Sklaven damit einverstanden, ihn nach dem Ankauf, für den er keinen fi1 Zur gerichtlichen Durchsetzung der Freilassung im Rahmen der redemptio suis nummis siehe oben § 26. 2 Vgl. zur Freilassung im römischen Recht § 4. 3 Zu Wesen und Ablauf der redemptio suis nummis siehe oben § 2 I.
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nanziellen Aufwand unternehmen muss, freizulassen. Die Freilassungsabrede erfolgt also bereits im Rahmen des mandatum und folglich zwischen dem Sklaven und dem Freikäufer. Sie begründet zwischen diesen beiden ein Verhältnis der fides, ein Treueverhältnis, das den Freikäufer zur Vornahme der manumissio jedoch im Verhältnis zu dem Sklaven zunächst noch nicht verpflichtet hat. Dieses Treueverhältnis bildet dann die Grundlage des klagbaren Anspruchs des Sklaven aus der Konstitution der divi fratres Marc Aurel und Lucius Verus, der zugleich die Neuerung dieser Konstitution ausmacht. Dabei ist anzumerken, dass in der Kaiserzeit mehrere Regelungen ergehen, die dem Sklaven in bestimmten Fällen zur Durchsetzung seiner Interessen und Ansprüche verhelfen. Freilich lässt sich nicht genau bestimmen, wann die redemptio suis nummis entstanden ist. Zwar gibt es Anhaltspunkte, doch reichen sie nicht aus, um die Entstehung des Freikaufs mit eigenem Geld sicher datieren zu können. Gleichwohl ist davon auszugehen, dass die redemptio nach der Einführung der actio de peculio im edictum triplex im 2. Jahrhundert v. Chr. entstanden ist. Da sich einige Nachweise für den Freikauf schon bei Plautus (gest. 184 v. Chr.) finden, spricht vieles für die Entstehung etwa gleichzeitig mit der actio de peculio oder nur wenig später.4 Die nachfolgende Zusammenfassung beschränkt sich auf die Ergebnisse zum Ablauf der redemptio suis nummis und zum hieraus folgenden Freilassungszwang sowie zu den Hintergründen der Attraktivität des Freikaufes mit eigenem Geld.5 II. Ablauf des Freikaufs Der Ablauf der redemptio suis nummis lässt sich folgendermaßen skizzieren:6 Der Sklave erteilt einem Dritten das mandatum, ihn zu kaufen und anschließend freizulassen. Aufgrund des Auftrags bietet der Freikäufer dem Herrn den Kauf des Sklaven an. Im Rahmen dieser Vertragsverhandlungen wird der Preis des Sklaven vereinbart. Falls der Herr dem Sklaven ein peculium, ein Sondergut, eingeräumt hatte, wird hier auch eine Übereinkunft erzielt bezüglich der Frage, ob der Sklave mitsamt seinem peculium oder ohne dieses verkauft werden soll. Aus den Quellen geht hervor, dass der Verkauf des Sklaven ohne peculium wohl den Normalfall bildet. Mit der Einigung über Kaufgegenstand und -preis kommt eine wirksame emptio venditio zustande. Im Anschluss muss der Freikäufer nach 4 Zur Frage der zeitlichen Einordnung der redemptio suis nummis siehe oben § 2 I. 5 Zu den sonstigen Ergebnissen sei auf die einzelnen Abschnitte verwiesen. 6 Zu Wesen und Ablauf der redemptio suis nummis siehe oben § 2 I.
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Zahlung des vereinbarten Kaufpreises den Sklaven, den der Herr ihm entweder im Wege einer mancipatio oder einer traditio übertragen hat, freilassen. Sollte dies unterbleiben, kann der Sklave seit der kaiserlichen Konstitution gegen den Freikäufer mithilfe der extraordinaria cognitio vor dem praefectus urbi oder dem praeses provinciae seine Freilassung erzwingen. III. Wirksamkeit des Auftrags (mandatum) und der Kaufpreiszahlung des Sklaven In Bezug auf die Wirksamkeit des mandatum des Sklaven sowie der Kaufpreiszahlung, die der Freikäufer dem dominus leisten muss, sind verschiedene Varianten zu unterscheiden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Sklave für eine redemptio suis nummis notwendigerweise, wie der Begriff sagt, selbst die finanzielle Last des Kaufes tragen muss; dem Freikäufer darf keinerlei finanzieller Aufwand durch das Geschäft entstehen.7 Der Sklave kann mit oder ohne das peculium, das er bei seinem Herrn hat, an den Freikäufer verkauft werden; auch kann es sich um einen Sklaven handeln, dem kein peculium eingeräumt ist. Aus den Quellen geht hervor, dass das mandatum eines Sklaven zum Kauf seiner selbst mit anschließender Freilassung wirksam sein soll, während sonstige Aufträge des Sklaven zum Kauf seiner selbst unwirksam seien.8 Unabhängig davon, ob dem Sklaven ein peculium eingeräumt ist oder ob er mit oder ohne sein peculium an den Freikäufer verkauft wird, ist das mandatum des Sklaven an den Freikäufer wirksam, weil es auf den Herrn übergeleitet wird als vorteilhaftes Geschäft seines Gewaltunterworfenen. Denn der Herr erhält aus diesem Auftrag seines Sklaven die actio mandati directa gerichtet auf Freilassung des Sklaven, wenn er den Sklaven an den Freikäufer veräußert. Dagegen ist die actio mandati contraria des Freikäufers gegen den Herrn, gerichtet auf Aufwendungsersatz, aus Billigkeitsgründen ausgeschlossen.9 Sollte der Sklave über ein peculium verfügen, ist das mandatum auch – unabhängig von seiner reinen Vorteilhaftigkeit – deshalb wirksam, weil der Sklave im Rahmen des peculium zu Verpflichtungen für seinen Herrn ermächtigt ist. Dabei werden auch solche Verpflichtungen, die an sich außerhalb der Befugnisse für das Sondergut liegen, auf den Herrn übergeleitet und sind nach den allgemeinen Grundsätzen des Handelns Gewaltunterworfener für ihren Herrn wirksam, wobei der Herr freilich nur bis zur Obergrenze des peculium haftet.10 7 Zu
den Zahlungsvarianten siehe § 14. Auftrag in den Quellen zur redemptio suis nummis siehe § 20. 9 Vgl. zum Verkauf des Sklaven an den Freikäufer ohne peculium § 14 III. 2., zum mandatum in diesem Fall § 21 II. 4. 10 Vgl. hierzu § 21 II., insbes. 3. 8 Zum
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Für die Frage der Wirksamkeit der Kaufpreiszahlung des Freikäufers an den dominus ist wiederum zu unterscheiden:11 a) Wird ein Sklave, dem kein peculium eingeräumt ist, infolge seines Auftrages an den Freikäufer bei seinem Herrn gekauft, muss er über andere Finanzmittel verfügen, aus denen er den Kaufpreis gegenüber dem Freikäufer aufbringt. Er kann sich das Geld beispielsweise von einem befreundeten Dritten ganz oder nur teilweise vorstrecken lassen und im letzteren Fall mit dem Freikäufer vereinbaren, den Rest bei ihm abzuarbeiten. b) Hat der Sklave zwar ein Sondergut, das aber nicht mitverkauft wird, und wird der Kaufpreis dennoch aus dem peculium bestritten, muss der Herr Kenntnis von den Freikaufabsichten seines Sklaven haben und mit diesen einverstanden sein. Wenn nämlich der Freikäufer mit genau diesen Münzen des Sonderguts an den Herrn zahlt, befreit ihn diese Zahlung nur dann von seiner Verpflichtung zur Kaufpreiszahlung, wenn der Herr die Zahlung mit Mitteln aus seinem eigenen Bestand genehmigt und als Erfüllung annimmt. c) In der Regel wird ein Sklave, der die redemptio suis nummis anstrengt, darum bemüht sein, mit seinem peculium verkauft zu werden. Das bot ihm unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, die Mittel für den Kaufpreis dem peculium zu entnehmen, um sie dem Freikäufer zu über geben.12 Denkbar ist zum einen, dass der Sklave berechtigterweise über Geldbestände neben seinem eigentlichen Sondergut verfügt, die er auch zum Freikauf verwenden darf.13 Das können beispielsweise Mittel sein, die der Sklave zur freien Verfügung vom Herrn erhalten und angespart hat. Eine Zahlung mit solchen Mitteln ist wirksam. Zum anderen kann ein Sklave einen Teil des peculium heimlich zur Seite geschafft haben und dieses Geld nun – im Rahmen der redemptio suis nummis – dem Freikäufer zur Zahlung des Kaufpreises zur Verfügung stellen.14 Sollten der Sklave und der Freikäufer kollusiv zusammenwirken und der Freikäufer positive Kenntnis von der „schwarzen Kasse“ des Sklaven haben, ist der Herr wegen des dolus des Freikäufers mit der exceptio doli geschützt, die den Kaufklagen immanent ist. Im Regelfall aber wird der Freikäufer von den Machenschaften des Sklaven keine Kenntnis haben. Dann befreit ihn eine Zahlung mit solchen Mitteln zwar nicht gegenüber dem dominus, es kommt aber nicht zu einer Rückabwicklung, weil im Ergebnis jeder der Vertragspartner des Kaufver11 Zu
den Zahlungsvarianten ausführlich siehe § 14. den Zahlungsvarianten siehe § 14. 13 Vgl. § 14 II. 2. 14 Zur Zahlung des Freikaufpreises aus der „schwarzen Kasse“ ausführlich siehe § 14 IV. 12 Zu
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trages über den Sklaven das erhält, was ihm zusteht: Der Freikäufer hat nämlich den Sklaven erhalten zusammen mit einem peculium, das um die Kaufpreissumme vermindert ist; dieses Geld ist an den veräußernden dominus bezahlt worden. Dabei war der Kaufpreis, den der Herr und der Freikäufer vereinbart haben, irrtümlich zu gering angesetzt worden, weil der Herr in Unkenntnis der Manipulation des Sklaven von einem zu geringen Wert des peculium ausgegangen ist. Dies berührt aber die Wirksamkeit des Kaufvertrages über den Sklaven nicht, weil es dem Verkäufer im Verhältnis zum Freikäufer obliegt, dafür zu sorgen, dass der Kaufpreis nicht zu niedrig angesetzt wird. Zwar ist dem Herrn für den Verkauf seines Sklaven keine echte Gegenleistung zugeflossen, weil ihm das gezahlte Geld – als unrechtmäßig entfernter Teil des peculium – ohnehin gehört. Hätte aber der Sklave das Geld nicht beiseite geschafft und auf diese Weise dem Sondergut entzogen, befände es sich noch im peculium. Dann müsste der Herr dem Freikäufer dieses Geld zusammen mit dem Sklaven übergeben. Aufgrund des mit dem Freikäufer abgeschlossenen Kaufvertrags steht dem dominus dieses Geld also ebenfalls nicht mehr zu. Im Ergebnis bringt die redemptio suis nummis dem Herrn hier immerhin den Vorteil, zumindest an das Geld zu gelangen, das sein Sklave zuvor unberechtigterweise dem peculium entzogen hatte, was vermuten lässt, dass auch Herren, die derartige Manipulationen ihres Sklaven für möglich hielten, an der redemptio suis nummis interessiert sein konnten. IV. Rechtsfolgen der abredegemäßen Freilassung des Sklaven und des abredewidrigen Unterlassens der Freilassung durch den Freikäufer Der Sklave wird libertus des Freikäufers, sofern dieser ihn abredegemäß freilässt.15 Als Freilassungsformen sind die manumissio inter vivos sowie die prätorischen Freilassungsvarianten zulässig. Die manumissio testamento hingegen scheidet wohl regelmäßig aus, weil sie zu einer Bereicherung des Freikäufers im Wege der redemptio suis nummis führen könnte. Der Freikäufer wird infolge der manumissio zum patronus, erhält aber nicht das volle Patronatsrecht, sondern nur einen Ausschnitt daraus. Er kann weder die Leistung von Diensten (operae) verlangen noch den Freigelassenen mit der ingrati accusatio belangen, genauso wenig wie er Unterhaltsleistungen beanspruchen oder Einfluss auf die Heirat des libertus nehmen kann. In Bezug auf das prätorische Erbrecht ist das Patronatsrecht des Freikäufers ebenfalls verkürzt, denn ihm stehen weder die bonorum possessio contra 15 Zur abredegemäßen Freilassung des Sklaven durch den Freikäufer siehe § 24 I.; zum Patronatsrecht des Freikäufers siehe § 29.
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tabulas noch die bonorum possessio intestati zu. Darüber hinaus ist auch das zivile Erbrecht des patronus ausgeschlossen ebenso wie das Vormundschaftsrecht. Diese Verkürzungen des Patronatsrechts, die aus den Quellen ersichtlich sind, erklären sich aus der Tatsache, dass der Freikäufer keinerlei finanzielle Aufwendungen für den Freikauf trägt, sondern lediglich als Scheinkäufer fungiert, um dem Sklaven die Freilassung zu ermöglichen. Daher bedeutet die Freilassung für ihn auch keinen Vermögensverlust, der einen Ausgleich durch Patronatsrechte rechtfertigen würde. Der Freigelassene muss lediglich das obsequium leisten, und die gegenseitige Klageerhebung von libertus und patronus bedarf der Zustimmung des Prätors.16 Wird der Sklave nicht abredegemäß freigelassen, gelangt er aufgrund der Konstitution der Kaiser Marc Aurel und Lucius Verus zur Freiheit. Er kann sich an den praefectus urbi bzw. den praeses provinciae wenden und gegen seinen Freikäufer vorgehen.17 Dazu muss er das Vorliegen einer redemptio suis nummis beweisen können – andernfalls droht ihm schwere Strafe –, damit der praefectus urbi bzw. der praeses provinciae den Freikäufer aufgrund der kaiserlichen Konstitution auffordert, die Freilassung vorzunehmen. Sollte sich der Freikäufer weiterhin weigern, die manumissio vorzunehmen, wird der Sklave durch Erklärung (pronuntiatio) des praefectus urbi bzw. praeses provinciae frei. Ebenfalls durch pronuntiatio wird der Sklave frei, wenn der Freikäufer säumig ist. Sollte der Freikäufer aber aus triftigem Grunde nicht vor Gericht erscheinen, wird der Sklave dennoch frei und das Vorliegen eines triftigen Grundes wird, unter Anwendung des senatusconsultum Dasumianum, festgestellt; dabei erlangt der Sklave die Freiheit – im Gegensatz zum Fall der pronuntiatio – so, als wäre er abredegemäß freigelassen worden. Rückwirkung entfaltet die Erklärung (pronuntiatio) des praefectus urbi bzw. praeses provinciae nicht. Im Rahmen der redemptio suis nummis erhält der Sklave also Rechts- und Parteifähigkeit, um das pactum, das er mit dem Freikäufer über seine Freilassung geschlossen hat, durchzusetzen. Wenn die Freilassung durch den Freikäufer abredewidrig unterbleibt und der Sklave aufgrund seiner Klage gegen den Freikäufer – weil der Freikäufer die Freilassung weiterhin verweigert oder säumig ist – durch pronun tiatio frei wird, wird der Freikäufer kein patronus und erwirbt nicht einmal das eingeschränkte Patronatsrecht. Der Sklave erhält dann die Stellung eines libertus orcinus, also eines Freigelassenen, der wegen des Todes seines Freilassers keinen patronus hat. 16 Zu den Gründen für die Beschränkung des Patronatsrechts des Freikäufers siehe § 29 II. 17 Zur gerichtlichen Durchsetzung einer im Wege des Freikaufs versprochenen Freilassung vgl. § 24 II., § 26 I.
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V. Erfordernis der Kenntnis des Herrn vom Freikauf-Charakter des Geschäfts Weiterhin wurde der Frage nachgegangen, ob die redemptio suis nummis die Kenntnis des Herrn von den Freikaufabsichten seines Sklaven voraussetzt.18 Die Regeln über das peculium machen die Kenntnis dann erforderlich, wenn er den Sklaven ohne das peculium an den Freikäufer veräußert und der Sklave Mittel aus dem peculium zur Zahlung des Kaufpreises verwendet. In diesem Fall ist es notwendig, dass der Herr das Geld als Erfüllung akzeptiert, obwohl es aus dem peculium stammt; andernfalls befreit die Zahlung mit Finanzmitteln des Herrn den Freikäufer nicht von seiner Pflicht zur Kaufpreiszahlung, und der Freikäufer würde einen Vermögensverlust erleiden, weil er noch einmal aus eigenen Mitteln zahlen müsste. In Bezug auf das mandatum des Sklaven an den Freikäufer hingegen sind keine rechtlichen Gründe ersichtlich, die die Kenntnis des Herrn von den FreikaufBestrebungen seines Sklaven voraussetzen würden, denn die Überleitung des Auftrages auf den Herrn bringt diesem nur Vorteile. Aus rein tatsächlichen Gründen muss der Herr insbesondere dann Kenntnis haben vom Freikauf-Charakter des Geschäftes, wenn er seinem Sklaven dadurch Wertschätzung zum Ausdruck bringen möchte, dass er ihm, nachdem er ihm ein peculium eingeräumt und dafür libera administratio gewährt hatte, nun auch die Möglichkeit der redemptio suis nummis in Aussicht stellt. Denn wenn er die Laufbahn seines Sklaven mit einem Freikauf abschließen möchte, muss er, damit er sich überhaupt zur Veräußerung seines treuen Sklaven entschließt, vom Vorliegen des Kaufes im Rahmen einer redemptio suis nummis wissen. VI. Hintergründe der Attraktivität des Freikaufs Die redemptio suis nummis bietet dem Sklaven die Möglichkeit, sogar ohne Kenntnis seines Herrn zur Freiheit zu gelangen. Wenn der Herr aber Kenntnis von der Absicht seines Sklaven hat, kann er durchaus ein Interesse daran haben, dass sein Sklave gerade auf diese Weise frei wird, etwa weil er ihm eine Freiheit ohne Patronatsverhältnis und den hieraus resultierenden Pflichten ermöglichen möchte; denn sonst könnte er ihn einfach selbst freilassen. Denkbar ist aber gleichermaßen, dass der Herr für den Sklaven einen Anreiz schaffen möchte, gut zu wirtschaften und das peculium zu vermehren, um sich anschließend aus diesem freikaufen zu können. Schließlich kann der Freikauf auch für einen Herrn interessant sein, 18 Zur Frage der notwendigen Kenntnis des Herrn beim peculium siehe § 14, insbes. II., beim mandatum vgl. § 21 II. 3.
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der die Bildung einer „schwarzen Kasse“ durch seinen Sklaven für möglich hält, weil er auf diese Weise immerhin an das Geld gelangen kann, das der Sklave dem peculium unberechtigterweise entzogen hat. Damit kommt die redemptio suis nummis vitalen Interessen des Sklaven und des Herrn entgegen.19 Die redemptio suis nummis berührt letztlich die Grundlagen der römischen Gesellschaftsordnung, die in hohem Maße auf dem Nebeneinander von Freien und Unfreien, also Sklaven, beruht. Der Erlass der constitutio der divi fratres zwischen 161 und 169 n. Chr. lässt vermuten, dass im Laufe des 2. Jahrhunderts n. Chr. auf dem Gebiet des Freikaufs von Sklaven tatsächlich ein Regelungsbedarf bestand. Hinter der Regelung der redemptio suis nummis durch Marc Aurel und Lucius Verus lässt sich der favor libertatis, die Begünstigung der Freiheit, verstanden als altruistisch-gesellschaftspolitisches Bemühen, einschließlich ordnungs- und sicherheitspolitischer Erwägungen, erkennen. Es könnten nämlich soziale Unruhen und Aufstände drohen, ausgehend von solchen Sklaven, denen eine Freilassung zwar in Aussicht gestellt ist, die aber nicht vollzogen wird. Denn vor dem Erlass der constitutio hatte der Sklave keine Möglichkeit, die mit dem Freikäufer vereinbarte, aber nicht vollzogene Freilassung durchzusetzen. Er konnte nur versuchen, den veräußernden Herrn zur Durchsetzung der Freilassungsabrede mithilfe der actio mandati directa zu bewegen; der Sklave war also gänzlich auf das Wohlwollen seines früheren Herrn angewiesen. Davon machte ihn die constitutio unabhängig. Außerdem dient die kaiserliche Konstitution der Stärkung des Rechtsbewusstseins: Das Kaiserrecht duldet kein abredewidriges Verhalten – ein Freikäufer, der den von ihm gekauften Sklaven nicht freilässt, wird gegebenenfalls gerichtlich zur Vornahme der Freilassung gezwungen bzw. der Sklave wird frei, wenn der Freikäufer sich weigert, die manumissio vorzunehmen. Abschließend lässt sich die Regelung der redemptio suis nummis durch die Kaiser Marc Aurel und Lucius Verus aus mehreren Gründen als bahnbrechend bezeichnen. Zum einen muss die Vereinbarung eines Sklaven mit einem Dritten, die im Rahmen des mandatum des Sklaven an den Freikäufer erfolgt, fortan auch gegenüber dem Sklaven eingehalten werden – andernfalls hat der Sklave einen gerichtlichen Anspruch auf Freilassung. Des Weiteren steht dieser Anspruch sogar einem – im Verhältnis zu seinem Herrn – unredlichen Sklaven zu, der unter Verwendung seiner „schwarzen Kasse“ im Wege des Freikaufes ebenfalls die Freiheit erlangen kann; dies scheint jedoch bei einer genauen Betrachtung der einzelnen Schritte des komplexen Vorgangs der redemptio suis nummis den Herrn nicht unange19 Zur
Attraktivität des Freikaufs siehe § 31 f.
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messen zu benachteiligen, zumal der Herr bei einer wirksamen Freilassung die Möglichkeit hatte, gegen den ehemaligen Sklaven mit der actio furti vorzugehen. Schließlich ist die kaiserliche Regelung deshalb herausragend, weil sie – wenn auch nur in einem beschränkten Bereich – eine Reform des römischen Rechts von innen heraus bedeutet, ohne den grundsätzlichen Status des Sklaven als eines rechts- und vermögensunfähigen Gewaltunterworfenen zu verändern oder auch nur in Frage zu stellen. Denn das Subordinationsverhältnis zwischen Sklaven und Herrn bleibt bestehen; jedoch hat der Sklave nunmehr eine sichere Möglichkeit, sich dauerhaft von der potestas seines dominus zu befreien.
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Sachregister actio 101, 135, 137, 139, 143, 148, 152376, 283 – ad exemplum institoriae actionis 235, 237 – auctoritatis 168–170, 171433 – de dolo 183471 – de in rem verso 80 f., 93, 96 f., 104–107, 124, 238, 246 – de peculio 36, 7113, 73, 7538, 78, 7965, 80–101, 103–106, 109–119, 122–124, 129, 135, 138 f., 142 f., 148, 158, 190, 228, 238, 242, 245 f., 252 f., 265, 273, 339, 341, 344 – rückwirkende Haftung 82–84, 89–91, 99 – de peculio annalis 109–111, 114, 116, 118, 160402 – depositi 236 – empti 162, 167–171, 182, 183470, 186–189, 191, 193, 205, 245, 257, 275262 – exercitoria 93, 96, 105, 123 – ex stipulatu 169 f. – furti 195, 198515, 199, 202, 351 – in personam 133 – institoria 96, 104 f., 123 – mandati 161, 166 f., 190497, 207–225, 227 f., 232–238, 242–245, 251174, 252–258, 261, 263, 265, 267, 270–272, 275–278, 304, 333 – contraria 209, 219–222, 224 f., 227, 237, 242, 245, 253–255, 258–261, 265, 270–273, 275262, 276, 279, 345 – directa 219, 237, 257, 304101, 326, 328, 345 – negotiorum gestorum 21954, 232, 236, 238
– noxalis 195, 198 f. – operarum 312 f. siehe auch edictum de operis libertorum – praescriptis verbis 62 – quod iussu 7110, 93, 96, 105, 227, 230 f. – redhibitoria 199 – societatis (pro socio), eingeführt von Rutilius 312 – tributoria 7752, 88, 93 f., 97, 105, 123 – venditi (ex vendito) 55, 115, 117, 161, 167–170, 182, 183470, 186–189, 193 f., 205, 245, 251174, 275–278, 304101, 328205 adjektizische Klagen siehe Klagen amicitia 208, 21748, 226, 236 Arglist siehe dolus Aufrechnung siehe compensatio Auftrag siehe mandatum Aufwendungsersatz siehe actio mandati contraria bona fide serviens siehe liber homo bona fide serviens bonae fidei iudicium 55, 183470, 186485, 187488, 220, 242, 278 bonorum possessio contra tabulas 315, 321 f., 347 f. bonorum possessio intestati 321, 322190, 348 Bürgerrecht 40, 44, 50, 292, 307, 310, 312, 318, 325, 327 f. Bürgschaft siehe fideiussio civis Romanus siehe Bürgerrecht clientela siehe Patronatsrecht codex accepti et expensi 7540
366 Sachregister cognitio extra ordinem 216, 218, 314 – Durchsetzung der Freilassung beim Freikauf 39, 62115, 286–288, 297–300, 302, 304–306, 314, 328, 331, 340 f., 345 – Durchsetzung fideikommissarischer Freilassung 286–288, 295, 305 cohortes vigilum 33 compensatio 167, 169–171, 187 f. concessio des peculium siehe peculium condemnatio 82, 89 condictio – ex causa furtiva 195–197, 199 f. – indebiti 115, 117, 137, 155 f., 158, 167420, 169430, 186484 – ob rem 61, 66, 177 consensus domini 44 constitutio 66, 190, 249 f., 278, 282, 287, 321 – ad Aufidium Victorinum siehe constitutio divi Marci – divi Marci 54–59, 62, 66 f., 274253, 320, 334 – divorum fratrum (der divi fratres) 27 f., 31, 33–35, 3649, 37–39, 65128, 66 f., 150, 171, 176, 181, 183, 188 f., 194, 201–205, 207, 239, 241, 263, 266, 268, 272, 275, 277, 281–286, 298, 302–306, 326 f., 329, 331, 333–345, 348, 350 culpa 222 debitum 132–134, 136303, 137, 139322, 147, 156 dedere ut manumittatur 41, 54–59, 61 f., 67, 274, 320, 326–329, 334 Diebstahl siehe furtum dolus 79, 8284, 88, 108192, 117216, 123, 167, 170, 178, 182, 183470 f., 186, 188493, 214, 222, 346 siehe auch exceptio doli Durchsetzung der Freilassung siehe cognitio extra ordinem
edictum 96, 128, 282, 29356, 315 – de operis libertorum 312 f. – de peculio / triplex 71, 73, 7647, 80, 96, 98, 148, 163411, 344 – der kurulischen Ädilen 168, 199521 f. – prätorisches Edikt 96, 128, 315 Edikt des Rutilius siehe edictum de operis libertorum emptio rei suae siehe Kauf emptio venditio siehe Kauf epistula divorum fratrum ad Urbium Maximum siehe constitutio divi fratres Ersitzung siehe usucapio Eviktionshaftung siehe Haftung evocatio 288 f., 293, 297, 29986, 302, 306 exceptio doli 182, 183470, 187490, 188 f., 193 f., 199, 202 f., 205, 346 extraordinaria cognitio siehe cognitio extra ordinem favor libertatis 66, 266, 332–336, 338, 345, 350 fideicommissum 3122 , 52 f., 268–290, 293–300, 309, 321 siehe auch cognitio extra ordinem, manumissio per fideicommissum fideiussio 136, 142 f., 154–159, 212, 227 f., 267 fides 53, 58, 186, 2086, 252, 260, 274 f., 280, 283, 303–306, 310, 344 – Treueverhältnis zwischen Sklaven und Freikäufer 5894, 274 f., 280, 283, 303–306, 344 filius / filia (familias) 66, 693, 75, 85 f., 124, 158, 267 Freikaufabsicht des Sklaven 27, 164, 173, 180466, 185480, 189, 205, 252, 264, 267, 269, 304, 330, 346, 349 Freilassung siehe manumissio Freilassungssteuer 329 Freilassungsbeschränkungen und -verbot 35, 49 f., 268, 284, 310 fugitivus 228 f.
Sachregister367 fur 228 furtum 79, 181, 184, 194–203, 205, 338 Geldmittel des Sklaven 28, 32 f., 36, 60 f., 63 f., 149–151, 157, 160, 165 f., 171 f., 174 f., 177–179, 200, 204–206, 228, 254, 268, 276, 327 f., 346 siehe auch „schwarze Kasse“ Geschäftsfähigkeit 75, 81, 94, 102, 339 Gläubigerschutz 83 f., 89 f., 122–124, 139322 Haftung 7752, 80, 133 – adjektizische Haftung 80, 95140, 96 f., 99, 123237, 231, 265 – de peculio siehe actio de peculio, actio de peculio annalis – Eviktion 166–171, 188, 255, 257 – ex mandato siehe actio mandati – in solidum 88, 93, 97, 123 – Noxalhaftung 103174, 199 siehe auch actio furti, actio noxalis – Überleitung der Haftung auf den Herrn 87, 103, 148, 264 f., 267, 271, 273 Haussohn / -tochter siehe filius / filia (familias) Hierodulismus 29 in iure cessio 43 in solutum datio 193 ingrati accusatio siehe Patronatsrecht intentio 82, 89 ius – civile 72, 80, 102, 133, 142, 143336, 144 f., 147 f., 150, 208, 225, 235 f., 246, 287, 303, 339–341 – gentium 40, 137308, 139, 143336, 144–146, 208, 225, 234–236 – honorarium 80, 102170, 133, 150, 287, 339 – naturale 40, 135, 144–149, 246
iusiurandum 308115, 311 iussum 44, 71, 78, 93, 96, 131280, 226, 22783, 229–231, 234, 237, 267 – Begriff 229–231, 234, 237 siehe auch actio quod iussu iusta causa manumissionis 50 f. Kauf – der eigenen Sache (emptio rei suae) 248 f., 251, 266232 – Höhe des Kaufpreises 32, 108, 164 f., 167 f., 171 f., 176458, 179 f., 182 f., 185–187, 197, 201–204, 226, 302, 347 – Kaufpreis 29 f., 32 f., 55, 104–205, 220 f., 223, 227, 241–243, 245, 248, 250, 252–255, 257 f., 260, 266 f., 269–271, 274, 275261 f., 276–279, 284, 29673, 302, 323 f., 329 f., 340, 345–347, 349 – Kaufvertrag 29, 32, 55 f., 108, 111, 113, 150 f., 160–162, 167–171, 180–188, 197 f., 199522, 200, 202 f., 205, 225, 238128, 242–258, 263–272, 274, 277 f., 285, 306, 337 f., 340 f., 343 f., 347 – perfectio des Kaufvertrags 184 Kenntnis des Herrn 27, 7111, 77, 97, 123 f., 126, 164, 171, 173, 180–182, 185450, 187, 189, 191499, 192 f., 195–197, 200, 202, 204–206, 252–254, 256, 261, 264, 267–270, 272, 279, 333221, 336 f., 346 f., 349 Klage(n) – adjektizische Klagen 80 f., 95140, 96 f., 99, 123237, 231, 265 – des Sklaven gegen den Freikäufer 37, 275, 281–284, 286, 289 f., 298, 302–304, 320, 326, 328, 333, 345, 348 – Konkurrenz 275–278 siehe auch actio Kognitionsverfahren siehe cognitio extra ordinem Kollusion 181–183, 202 f., 346
368 Sachregister Kreditwürdigkeit 80, 84, 89, 94 f., 99, 148, 268 Ladung siehe evocatio Latini Iuniani / Latinus 48, 307, 318 Leistung an Erfüllungs Statt siehe in solutum datio lex – Aelia Sentia 34, 50, 52, 307110, 310, 314, 317, 324 – Fufia Caninia 49 f., 52 – Hortensia 4214 – Iulia (de maritandis ordinibus) et Papia Poppaea 314–316 – Iunia 48, 307 – Laetoria 3434 liber homo bona fide serviens 95, 159–170, 184, 187 f., 242, 244, 247, 254–257, 261, 271248, 275262, 278 f. libera administratio peculii siehe peculium libertus orcinus 45, 52, 54, 98, 291, 293, 318 f., 324, 326, 328, 339, 348 lustrum 44 magistratus 43, 51, 298 f. mancipatio 4319, 46, 5475, 168, 345 mandatum 27, 31, 38 f., 63, 67, 150, 158 f., 161 f., 166 f., 169, 175, 184476, 185, 190 f., 201527, 207–280, 29879, 304, 325, 327, 329–331, 333, 339, 343–346, 349 f. – actio mandati siehe dort – honorarium / salarium 216–218, 225, 237, 240, 277265 siehe auch amicitia, iussum, officium – mandare, Begriff 207, 226 – praecipere, Begriff 226 manumissio 27–35, 37–67, 97, 125247, 136, 140, 149 f., 151370, 160 f., 164413, 166, 172, 175454, 176457, 183, 200–205, 240–242, 244145, 245, 252–256, 259, 262 f., 265 f., 268–272, 274–278; 281 f., 284, 286–314, 318 f.,
320185, 322–334, 336, 338 f., 341, 343–345, 347 f., 350 f. – Bürgerrecht siehe dort – censu 41–44, 47, 51 – convivii adhibitione 48, 52 – Durchsetzung siehe cognitio extra ordinem – in ecclesia 30 – inter amicos 30, 41, 48, 52, 98156, 301 – inter vivos 42, 51, 53, 281, 320, 323, 347 – per epistulam 41, 48, 52 – per fideicommissum 52 f., 58, 67, 286–290, 292, 294 f., 305, 309, 321 f., 333 siehe auch cognitio extra ordinem – per mensam 48, 52 – testamento 41, 44–47, 49, 51–52, 75, 98, 140 f., 146 f., 149360, 152, 178, 268, 281, 289, 309120, 311, 318 f., 347 – vindicta 41–43, 45, 47, 50 f., 98156 siehe auch dedere ut manumittatur minor 34 f. Naturalobligation siehe obligatio negotiorum gestio 232–234, 236 siehe auch actio negotiorum gestorum Nießbrauch 34, 285 obligatio 101, 129, 132, 137, 20913, 248 – civilis 133, 137, 142, 147 – naturalis 101163, 111, 119221, 133–139, 142–144, 147 f., 150, 156, 195, 200524, 272 f., 279, 339 – servi 78, 80, 82 f., 88116, 89, 91, 103, 131–137, 139, 142–144, 146–148, 155 f., 158, 247 f., 273, 339 siehe auch Kauf obsequium siehe Patronatsrecht officium 208, 226, 236 operae siehe Patronatsrecht
Sachregister369 pactum (pactio) pro libertate 38, 41, 63–67, 305, 326, 332, 338, 343, 348 Parteifähigkeit 28, 4212, 80, 100, 143, 283, 297, 301, 303, 306, 339, 348 patrimonium 28, 69, 72, 75, 78, 85 f., 90, 94, 97, 99 f., 102, 104, 107, 112, 114, 121 f., 124, 131, 148 f., 153, 163411, 178, 184, 206, 240, 257, 272 f., 323, 329 siehe auch quasi patrimonium Patronatsrecht 3436, 39, 4531, 55, 59, 61, 64, 205, 234 f., 253, 274, 29150, 29671, 303, 307–329, 347–349 – clientela 308117, 309–311 – honor et reverentia 66, 308 f., 311, 316, 319, 323 – ingrati accusatio 309 f., 317, 320186, 321, 324, 347 siehe auch lex Aelia Sentia – obsequium 4531, 308–313, 316, 319, 323 f., 348 – operae 45, 58 f., 308 f., 311–313, 317–319, 321, 323 f., 328 f., 347 – patronus 43, 45, 50, 52, 54, 5998, 61, 64, 98, 234 f., 253, 274, 291, 294, 29671, 308–329, 347 f. – tutela legitima 308, 314, 316, 322, 324 – Vererblichkeit 316 f. peculium 28, 32, 34, 36, 38 f., 48, 60 f., 63–66, 68–206, 227–229, 235, 238, 242–246, 248, 252–254, 256 f., 264 f., 267–273, 275261, 279, 304, 325, 327, 329, 331, 339 f., 342, 344–347, 349 f. – ademptio 76, 79, 88, 175453 – concessio administrationis siehe libera administratio – concessio des peculium 34, 38, 69, 73 f., 83 f., 86 f., 89–92, 94, 98–100, 120, 126–130, 138, 148, 228 – Deduktion 79, 85, 87112, 110, 117 – Einzug siehe ademptio – Komputation 79, 85
– libera administratio 78, 86, 103171, 119, 120228, 125–132, 148, 150, 152 f., 155, 157–159, 173, 206, 248165, 254, 339, 349 – Pekuliarmittel 98, 118219, 121 f., 131, 149, 151–160, 173, 184 f., 193 f., 197, 252 – Vermächtnis des peculium 65, 96–98, 149360 praecipere, Begriff siehe mandatum praefectus urbi 35, 62, 283, 297, 300–302, 306, 314, 345, 348 praeses provinciae 37, 62, 283, 289, 295, 297, 299–302, 306, 345, 348 praetor 36 f., 41 f., 47 f., 52, 5370, 8073, 87112, 242, 253 f., 278, 287, 291–297, 300, 306, 312, 317, 320, 323 f., 348 – fideicommissarius 53, 288 – pronuntiatio siehe dort procuratio 216, 232–235, 237 procurator 49, 51, 125, 130, 210, 216, 218, 229, 231–235, 237, 246, 312142 – ad litem 233 pronuntiatio 167, 171, 289, 291, 294 f., 297–302, 306, 319, 348 Prozessfähigkeit 28, 37, 283, 297, 339 quasi patrimonium 72, 78, 86, 92, 99–102, 104, 107, 122, 148, 204, 272, 279, 339 f. quinta et vicesima venalium mancipiorum siehe Sklavenverkaufssteuer Rechnungsführung / -legung 47, 64125, 65, 68–70, 75, 77, 98 f., 129, 132, 148, 178–180, 182, 202, 204 Rechtsfähigkeit 29, 34, 71, 81, 94, 101 f., 150, 164, 165415, 166, 198, 201, 303, 339 Rechtsschein 84, 89 f., 94 f., 99, 148, 268 Rechtsschule 86104, 145346, 193502, 223–225 Rechtssicherheit 56, 303, 340
370 Sachregister redemptio ab hostibus 3122 f., 39, 176459, 259 rei vindicatio siehe vindicatio retentio 139, 156, 195 reverentia siehe Patronatsrecht Schenkung ut manumittatur siehe dedere ut manumittatur „schwarze Kasse“ 164, 172, 178–189, 193 f., 196–205, 266, 325, 338, 340, 346, 350 senatusconsultum 286–288, 292, 297 f. – Articuleianum 28936, 292, 295, 299 f., 306 – Dasumianum 291–293, 29461 u. 64, 296, 299 f., 302, 306, 320, 348 – Iuncianum 292, 295 f. – Rubrianum 289, 292 f., 29462, 296, 299 f., 302, 306, 318175 – Vitrasianum 292, 296 Sklavenverbindlichkeit siehe obligatio servi Sklavenverkaufssteuer 33, 172, 329 f. societas 234, 313 siehe auch actio societatis (pro socio) solutio siehe in solutum datio Sondergut siehe peculium statuliber 46 f., 51, 53, 56, 72, 311, 312141 stipulatio 55, 132283, 168, 246 f., 311 f. – duplae 168–170, 257 – simplae 168 – triplae 168 Surrogation 121–124 Teilgeschäftsfähigkeit siehe Geschäftsfähigkeit Teilrechtsfähigkeit siehe Rechtsfähigkeit Testament 35, 44–46, 50 f., 58, 64, 75, 140 f., 152, 230, 268, 284, 287–289, 315 f., 318, 321, 324 – Manzipationstestament 45 f. – testamentum calatis comitiis 45 f.
– testamentum per aes et libram 46 siehe auch bonorum possessio contra tabulas, manumissio testamento traditio 112, 122, 125, 184, 228 f., 345 Treueverhältnis siehe fides tutela legitima siehe Patronatsrecht tutor 5896 Unterschlagung siehe furtum usucapio 47, 290, 29252 Verfügungsermächtigung siehe peculium, libera administratio Verfügungsgeschäft 27, 118–121, 123–126, 128, 131, 150, 153, 155, 157, 159, 339 siehe auch peculium, libera adminis tratio Verkauf eines Sklaven – mit peculium 104, 108–118, 149, 160, 163 f., 175 f., 179 f., 183–194, 195508, 197–199, 201–205, 244, 270, 344–347 – ohne peculium 108–118, 149, 160, 163, 175, 176458, 194–196, 204 f., 244, 246, 252, 269 f., 344–346 Verkauf ut manumittatur siehe dedere ut manumittatur Verkehrsschutz 95 f., 339 Vermächtnis 53, 96 f., 119, 141, 165, 28516, 29042, 29462 siehe auch peculium Vermögen und Vermögensfähigkeit des Sklaven 27 f., 30, 37, 48, 60, 69 f., 72 f., 78, 87112, 99–108, 115, 122, 128, 144338, 147 f., 150, 163411, 174, 176, 179, 181, 191500, 204, 240, 253, 265, 272 f., 279, 325, 342, 351 siehe auch peculium Verpflichtungsgeschäft 97, 118–120, 124, 128260, 148, 150, 248165 siehe auch peculium versio / versum 97, 104–107, 124 siehe auch actio de in rem verso
Sachregister371 Vertragsfreiheit 101 veteres 73, 7428 vicesima libertatis siehe Freilassungssteuer vindicatio – in libertatem 42 – in servitutem 48, 52
– rei 83, 154, 158, 184, 199 voluntas domini siehe Wille des Herrn Wille des Herrn 41, 43, 49, 58, 66 f., 74, 76, 84, 90, 98 f., 121, 123, 125, 127, 155, 173, 202, 267, 269, 326 f., 333221, 336 f.
Quellenverzeichnis I. Juristische Quellen Basiliken (Bas.) 7.5.66 29880 Basiliken-Scholien (Schol.) Ἐάν τις παρὰ zu Bas. 48.1.19 60103 Codex Iustinianus (C.) 2.2.2 317168 2.4.13.2 65126 3.1.6 283 3.1.7 2839 3.28.37.1 681 4.6.9 62115, 66 4.35 2083 4.35.1 21851 4.36.1 3857, 161406, 189–192, 193503, 249170, 275261 4.36.1 pr. 3125, 189 f., 192, 2071, 247, 249–251 4.36.1.1 189 f., 192, 194, 275 f. 4.36.1.2 189 f., 276 4.49.7 161406, 189, 191 f. 4.57.1 5790 4.57.2 5476 4.57.3 pr. 5476 4.57.4 62 4.57.6 5790 6.3 312144 6.3.2 5997 6.3.8 3857, 320 6.4.1 64124 6.4.1 pr. 321188 6.4.4.4 322192
6.6.3 61110, 64124 6.6.5 309, 310127 6.7.1 309123 6.13.1 316164, 322191 7.4.4 29151 7.6.1.7 318 f. 7.16.8 61110, 62115 7.16.36 65126 Codex Theodosianus (C. Th.) 5.7.2 176459 Digesta (D.) 1.1.1.2 144 1.1.1.3 144 1.1.1.4 145 1.1.4 40, 146, 251 1.1.11 144 1.2.2.33 28725 1.5.4.1 146350 1.5.6 308112 1.6.1.1 100 1.12.1.1 3751 1.12.1.2 314154 1.22.4 21645 2.4.4.1 317 2.4.10 pr. 5896, 274, 2822, 30397, 320 2.7.3 pr. 3752 2.14.7.2 61109 2.14.28.2 125247, 128 3.3.1 pr. 23198 3.3.42.1 233111 3.3.42.2 233111
Quellenverzeichnis373 3.3.46.5 22063 3.3.46.7 232103, 233109 3.3.47 232102 3.5.31 pr. 236125 3.5.31.1 236 3.5.41 238, 247, 251, 265, 272 4.3.7 pr. 108192 4.3.7.8 419, 64123 4.4.3.11 125245 4.8.32.7 332216 5.1.53 3123, 274256, 283, 29775, 29880, 30398 5.1.67 3123, 3543, 3856, 286, 297 f., 30088, 301 f. 6.1.41.1 125246, 130273, 131277 6.2.9.6 152376 6.2.10 152376 6.2.14 22063 7.7.4 165415, 174447 11.6.1 pr. 217 12.1.11.2 125248 12.1.13.2 125248 12.1.19 pr. 60101, 62112 12.4.1 pr. 418, 60101 12.4.3.2 60101, 62112 12.4.3.5 419 12.4.5.1 417, 5475, 5790 12.4.5.3 62112 12.6.13 pr. 126249, 132, 135, 152379, 153380 12.6.47 136303 12.6.53 152 13.1.7.1 195509 13.7.18.4 131277 14.1.1 96147 14.1.1.20 123240 14.1.2 95142 14.1.42 109196 14.3.5 96148 14.3.7.1 96148 14.4.1 97152 14.4.1 pr. 79
14.4.1.2 7752 14.4.4 97152 14.4.5.7 79, 88, 89119 14.4.6 97152 14.5.1 105 14.6.3.2 127 14.6.18 133290, 142331 15.1 85 15.1.1.2 8179 15.1.1.5 693 15.1.1.6 95 15.1.3.3 7431, 7536 u. 38, 92127 15.1.3.4 92127, 130275 15.1.3.5 693, 85103, 158 f. 15.1.3.6 158 f. 15.1.3.13 8597 15.1.4 pr. 69, 7433, 7539, 7643 u. 48 15.1.4.1 7430 u. 33, 77 49 f. 15.1.4.2 7433 15.1.4.3 77, 194506 f. 15.1.4.4 7967, 85100, 194506 f. 15.1.4.5 7752, 92127 15.1.5.3 99 15.1.5.4 68 f., 7432, 7539, 7965, 143335, 147358 15.1.7.1 7431, 7536, 130275 15.1.7.2 78, 93134 15.1.7.3 75, 92127 15.1.7.4 7645 15.1.7.5 7645, 79 15.1.7.6 7645, 79 15.1.7.7 79 15.1.8 7430, 7643, 7750 15.1.9.1 7969 15.1.9.2 7965 f., 143336 15.1.9.3 7965 f., 143336 15.1.9.4 7966 15.1.9.6 194506 f. 15.1.10 85 15.1.11 pr. 7967, 151 15.1.11.1 7967 15.1.11.2 7967
374 Quellenverzeichnis 15.1.11.3 7967 15.1.11.4 7967 15.1.11.5 7967 15.1.11.6 7967 15.1.11.7 108187, 116 15.1.11.8 109194, 111205 f., 116, 118217 15.1.14.1 79 15.1.15 95142 15.1.16 95142, 127 15.1.17 7644 15.1.19.1 705, 72, 7967 15.1.21 pr. 7970, 124242 15.1.25 7428 15.1.26 109193 15.1.27 pr. 8599 15.1.27.2 108189, 109193 f., 110, 111205 f. 15.1.27.3 110200 15.1.27.4 118217 15.1.27.8 95 15.1.29.1 94137, 119223, 130 15.1.30 pr. 7324, 82, 86107, 91123 15.1.32 113 15.1.32 pr. 7218, 99159 15.1.32.1 7864 15.1.32.2 108187, 112–114 15.1.33 113 f. 15.1.34 113 f. 15.1.37.1 125244 15.1.37.2 109194, 110199, 111202 u. 205 f. 15.1.38 pr. 7864, 87112 15.1.38.2 151 15.1.38.3 109 f. 15.1.39 77, 166418, 174445 15.1.40 pr. 68, 73, 147358 15.1.40.1 692, 7428, 7643 15.1.41 134, 137306, 142, 246157 15.1.44 7861 15.1.46 125247, 128, 173442 15.1.47 pr. 94, 119223
15.1.47.1 85103 15.1.47.3 110200 15.1.47.4 110200, 115 15.1.47.5 108188, 110 15.1.47.6 72, 99159 15.1.48 pr. 125245 15.1.48.1 125248 15.1.49 pr. 7429 u. 31, 77 15.1.49.2 7430, 7750 15.1.51 7864 15.1.53 3123 15.1.57.1 174445 15.2.1 pr. 109193, 117216 15.2.3 112208, 203528 15.3.1 pr. 105176, 106 15.3.2 418 15.3.3 pr. 63121, 107186 15.3.3.1 107184 15.3.5.2 105, 152376 15.3.5.3 104 15.3.6 106183 15.3.7 pr. 107 15.3.7.5 124, 125244 15.3.11 107186 15.3.17 pr. 233108 15.4.1 96146 15.4.1 pr. 7110 15.4.1.1 7110, 230, 23196 15.4.1.2 7110, 230 15.4.1.3 7110, 230, 23197 15.4.1.4 7110 15.4.1.5 7110 15.4.1.6 7110 15.4.4 7110 16.2.1 187 16.2.2 187488 16.2.14 187490, 188 16.2.21 187 16.3.1.33 61107 17.1.1 pr. 208, 21122 17.1.1.1 21122 17.1.1.2 21122
Quellenverzeichnis375 17.1.1.4 2085, 215 17.1.2 21226 17.1.2 pr. 211 17.1.2.1 21227, 232103, 233112 17.1.2.2 21228, 232103, 233112 17.1.2.3 21229, 232103, 233112 17.1.2.4 21230 17.1.2.5 213 17.1.2.6 21332 17.1.3 pr. 211 17.1.3.1 22577 17.1.3.2 224, 22678 17.1.4 222, 224 17.1.5 pr. 211, 224 17.1.5.1 21121, 224 17.1.5.2 21020 17.1.5.3 22577 17.1.5.4 226 f. 17.1.5.5 21124, 22678 17.1.6 246 17.1.6 pr. 217, 21851 17.1.6.1 236125 17.1.6.2 21123 17.1.6.3 210 17.1.6.5 21225 17.1.7 216, 28725 17.1.8.5 3125, 3226, 3856, 149, 159 f., 162 f., 165 f., 167420, 168–171, 179465, 183 f., 186–188, 192, 238128, 240135, 241–243, 246, 255 f., 261, 29879 17.1.8.6 22060 17.1.8.10 22061, 22677, 229, 239132 17.1.10 246 17.1.10 pr.–1 22271 17.1.10.2–3 21331 17.1.10.7 210 17.1.10.8 21124, 232101 17.1.10.9 218, 22267 17.1.10.12 22267
17.1.12.3 227 17.1.12.4 267 17.1.12.7 233114 17.1.12.9 220 f., 227, 260 17.1.12.12 21016 17.1.12.14 20911, 21018 17.1.15 215 17.1.16 209 17.1.17 2099 17.1.18 21123 17.1.19 3123, 207, 20913, 238128, 240135, 241, 243, 246, 258–263, 265226 u. 228, 268–271 17.1.20 pr. 22061, 257195 17.1.22.3 239 17.1.22.6 21019 17.1.22.8 161406, 192501 17.1.22.9 228, 247, 251 17.1.22.11 214 17.1.23 21433 17.1.24 21433 17.1.25 21433 17.1.26 pr. 21538 17.1.26.6 222 17.1.26.7 229 17.1.26.8 20910, 229 17.1.27.1 417 17.1.27.2 21435, 21538 17.1.29.3 21435 17.1.31 232103, 233112 17.1.31.1 233112 17.1.32 20911 17.1.36.1 2085, 215 17.1.41 21121 17.1.43 22061 17.1.45 pr. 22061 17.1.46 21020 17.1.50 pr. 232 17.1.54 3856, 162408, 161406, 238128, 240135, 241, 243, 246 f., 261, 263221
376 Quellenverzeichnis 31, 36, 161406, 175455, 183, 2071, 238128, 240135, 241, 243, 246 f., 249, 251 f., 261–263, 265 f., 268238, 269, 271 f., 275–278, 29879 17.1.54.1 22062, 238128, 240135, 241, 243, 246 f., 254 f., 271248, 275262 17.1.56 20911 17.1.56.3 21851 17.1.56.4 22267, 233113 17.1.59 pr. 20911 17.1.60.1 236125 17.1.61 2099 17.2.58.3 118218 18.1.4 162 18.1.5 162408 18.1.6 pr. 162408 18.1.16 pr. 248 18.1.29 108191, 184475 u. 477, 194506, 195–197, 199, 246158 18.1.34.2 162408 18.1.43 29777 18.1.53 170432, 171433 18.5.8 152376 18.7.3 417, 5790 18.7.6.1 5684 18.7.8 5790, 58 19.1.11.2 170432, 171433 19.1.24 pr. 153381 19.1.30 pr. 108187, 186483, 194–196, 199 19.2.19.10 21645 19.2.22.3 182, 188493 19.2.60.7 126250 19.5.5.2 61109, 62113 19.5.7 62112 f. 20.3.1.1 173442 21.1 199521 21.1.31.20 169 21.1.51.1 233108 17.1.54 pr.
21.1.57.1 128259 21.2.3 108188 u. 190, 184475 21.2.8 169429 21.2.39.1 152376 u. 379, 155 21.2.39.3 167420 23.2.45 pr. 5896, 321 23.2.45.2 321 24.1.7.9 5578 u. 80 24.3.53 7862 25.3.5 313149 25.3.5.19 313 25.3.5.20 313150 25.3.5.21 313151 25.3.5.22 321 25.3.5.24 313151 25.3.9 314153 25.3.5.26 313 26.4.1.3 29569, 29671, 316164 26.4.3.2 5896 26.4.3.3 318175 26.5.14 316166 26.7.11 79 27.1.14.3 316166, 320, 322194 27.3.3 232 29.2.71.1 5579 31.14 pr. 332216 33.7.12.8 174446 33.8 97 33.8.1 97153, 112208, 203528 33.8.3 97154 33.8.5 97153 33.8.6 pr. 7645 33.8.6.4 7967 33.8.8 7645 33.8.8.3 149360 33.8.8.5 63120 33.8.8.7 97 33.8.9.1 194507 33.8.11 8390 33.8.14 97154 33.8.15 97154 33.8.16.1 151372
Quellenverzeichnis377 34.3.8.6 232 35.1.40.3 132, 134, 137, 140, 146 35.1.50 28722 35.2.32.5 332216 36.2.5.7 7646 37.14.6 pr. 314158 37.14.6.4 314157 37.14.15 314158 37.14.8.1 5579, 5896 37.15.3 274258, 320186 38.1 312144 38.1.1 311 38.1.2 pr. 313147 38.1.2.1 312145 38.1.7.4 309122 38.1.13 pr. 59 38.1.22.1 317 38.2.1 312 38.2.1 pr. 310130, 312143 38.2.1.1 312 38.2.29 pr. 309122, 316164, 322191 38.2.33 314156 38.16.3 pr. 314159 38.16.3.1 308112, 316164 38.16.3.3 5896 39.5.7 pr. 125247 39.5.7.6 681 39.5.26 7750 40.1 244145 40.1.4 31, 38 f., 163411, 244145, 284 40.1.4 pr. 3124, 35, 281 f. 40.1.4.1 3123, 32, 149, 150363, 159399, 174445, 177, 28617, 340241 40.1.4.2 32, 274257, 298, 30398 40.1.4.3 32 40.1.4.4–5 175454, 284 40.1.4.6 151370, 268242 40.1.4.7 268 f., 28512, 298 40.1.4.8 33 40.1.4.9 3539, 268, 284, 28512
40.1.4.10 3123, 3228, 175454 40.1.4.11 28513 40.1.4.12 3438, 28514 40.1.4.13 3332, 286 40.1.4.14 3228, 285 40.1.5 pr. 35, 3751, 274258, 2822, 283 f., 29775 40.1.6 419, 63120, 64 f. 40.1.19 3123, 418, 60–62, 175455, 189 40.1.20 pr. 5477, 5580 40.1.20.2 5578 u. 83, 5687 40.1.20.3 5582, 5689 40.2.7 4214 40.2.17 4214 40.2.21 4214 40.4.35 4637 40.5 5370, 289 40.5.1 29146 40.5.4.7 28939 40.5.4.15 29042 40.5.5 29040, 29147, 29359 f. 40.5.6 29042 40.5.7 29042 40.5.8 29042 40.5.9 29144 40.5.13 29041 40.5.19 pr. 28936 40.5.20 29040 40.5.21 28938 40.5.22.2 29146 f., 29461 u. 64 40.5.24.2 291 40.5.24.10 289 40.5.24.13 28938 40.5.24.14 28938 40.5.24.18 3122 40.5.24.19 29042 40.5.24.21 5371, 28939, 291 40.5.25 29042, 29464 40.5.26.1 29041 40.5.26.7 28935 u. 37, 292, 29356 u. 59, 29774
378 Quellenverzeichnis 40.5.26.9 28937, 29356 u. 59, 29774 40.5.28.1 29146, 293, 29986 40.5.28.2 29146 40.5.28.4 295 40.5.28.5 294 40.5.29 5371, 28939, 29671 40.5.30.3 29465 40.5.30.6 29672 40.5.30.10 29464 40.5.30.12 29148, 318175 40.5.30.16 5371 40.5.31.4 29042 40.5.32.1 290 40.5.32.2 29043 40.5.33.2 29145 40.5.34 pr. 29149 40.5.36 pr. 293, 29461, 63 u. 65 40.5.36.1 29465 40.5.41.11 178, 185481 40.5.44 289 40.5.49 28939, 29148, 29360 40.5.51 pr. 29466 40.5.51.2 29042 40.5.51.3 5371 40.5.51.4 293 40.5.51.5 29461 40.5.51.6 29461 f. 40.5.51.7 28936, 29040, 29567 40.5.51.8 295 40.5.51.9 300 40.5.51.10 295 40.5.51.11 29672 40.5.53.1 29671 40.7 47 40.7.1 pr. 312141 40.7.1.1 46 40.7.2 pr. 4742 40.7.3 4742 40.7.3.2 132, 139 40.7.3.12 92 40.7.4 pr. 4745 40.7.4.5 4746
40.7.5 pr. 4744, 7541 40.7.6.7 7541 40.7.9 pr. 4741 40.7.9.1 4742 40.7.9.3 47 40.7.13.1 4745, 7434 40.7.13.2 4744, 7541 40.7.15 pr. 4745 40.7.16 4741 40.7.20.5 4746 40.7.25 4739 u. 42 40.7.31 pr. 4744 40.7.33 47 40.7.38 4742 40.7.39.3 4746 40.8.1 5579, 57 f. 40.8.3 5790 40.8.8 5477 40.9.30 pr. 59 40.12.38 pr. 3229 40.12.38.1 5477, 5578, 62114 u. 116, 334 f. 41.1.7.7 145346 41.1.19 165415 41.1.37 pr. 95142 41.1.37.1 7539 41.1.43.2 153381 41.2.14 pr. 131277 41.2.24 134293 41.2.38 pr. 4848 41.2.44.1 7111, 7756, 7859 41.3.4.16 64122 41.3.31.3 125244 41.3.34 126, 156 f. 41.4.2.12 125244 44.3.15.3 125248 44.4.8 pr. 186485 44.5.2.2 63118 44.7.5 pr. 236125 44.7.10 138 f. 44.7.14 132284, 133, 200 44.7.43 132282
Quellenverzeichnis379 45.1.5.1 311138 45.1.104 64123 45.1.118 pr. 247160 45.1.122.2 5583 46.1.6.2 142331 46.1.8.3 142331 46.1.16.3 142331 46.1.16.4 134, 137–139 46.1.19 126250, 152376 u. 379, 153381 u. 384, 154–159, 184477 46.1.21.2 136304, 142331 46.1.21.3 136304 46.1.64 20911 46.3.35 126250 46.3.84 152379, 153380 46.3.94.3 153381 46.4.3 233110 46.8.22.3 232101 47.4.1.1 133292 48.10.22.10 3123 49.15.12.18 3123 49.17.18.5 7862 50.13.1 pr.–1 21749 50.16.70 317 50.16.120 4428 50.16.182 7535, 102169 50.17.11 129 50.17.22 pr. 132283 50.17.23 22271 50.17.32 100, 146, 246156, 251177 50.17.60 211 50.17.107 3752, 100, 283 50.17.118 7321, 100 50.17.133 120226, 130, 22988, 269244 50.17.173.3 186485 50.17.185 21018 Gai. Institutiones (Gai.) 1.1 137308, 145345 1.5 282 1.13 5064, 310128
1.17 307 1.18 5061, 307110, 310128 1.19 5165 1.20 5166 1.22 307111 1.37 5063 1.38 5062 1.39 5062, 5165 1.40 5062 1.41 4847 1.42 4958 1.43 4959 1.44 4958 1.46 5060 1.47 5063 2.87 7321, 128261 2.91 f. 165415, 174447 2.95 8074 2.101 4635 2.263–266 5368, 28831 2.266 5372 2.267 45 3.40 ff. 315161 3.40 315160 3.41 315161 3.42 316163 3.56 4850 3.89 101 3.104 132283 3.119 a 134296, 137308, 142331 3.135–137 20913 3.155 2083, 21225 3.156 2083, 21225 3.157 2083, 21019 3.158 2083 3.159 2083, 21537 3.160 2083, 21538 3.161 2083, 21121, 22060, 223, 22677 3.162 2083 u. 5, 215 4.4 195509 4.41 8285
380 Quellenverzeichnis 4.61–63 187488 4.70 96146 4.71 96147 f. 4.72 97152 4.73 137 4.74 81, 8496 4.77 198517 4.78 137
4.7.1 96146 4.7.2–2 a 96147 f. 4.7.3 97152 4.7.4 b 81 Pauli Sententiae (PS) 2.14.1 101 4.1.16 5060
Institutiones Iustiniani (I.) 2.9.5 8074 2.23.1 5369, 28827 2.24.2 5268, 318174 2.25 pr. 28827 3.20.1 142331 3.26 2083 3.26 pr.–6 21226 3.26.7 21019 3.26.8 222, 22677 4.6.10 7862 4.6.32 28829
Ulpiani Epitome (UE) 1.9 4528 1.13 a 5062 1.15 5063 1.24 4959 2.4 4427, 4739 2.7–12 5372 2.8 318174 Fragmenta Vaticana (Vat. fr.) 50 4213, 4427 261 98156
II. Nichtjuristische Quellen Arrian, Epictetus (Arr., Epict.) 2.1.26 329
207
Cato, De agri cultura 2.7 331213 56 174449 Cicero, Pro Roscio (Cicero, Pro Rosc.) 111 2084 Dionysios von Halikarnassos, Antiquitatum Romanarum quae supersunt (Dion. Hal., Ant.) 132
2.9 311 2.10 311134 Juvenal, Saturae (Juvenal., Sat.) 6.352 ff.
174
446
Livius, Ab urbe condita (Liv., Ab urbe condita) 1.9 4214 2.5 4213 38.51.6 311135 Petron, Satyricon (Petron., Satyr.) 75 174449 Plautus (Plaut.) Asinaria (Asin.) 539 f. 93130 540 175451 Captivi (Capt.) 238–239 304100 938–946 304100
Quellenverzeichnis381 Seneca (Sen.)
Casina (Casin.) 257 93
130
De beneficiis (Benef.)
Persa
6.34 311135
193 93130
Epistulae ad Lucilium (Ep.)
Rudens (Rud.)
80.4 175450 80.7 174449
4.2 3648 111 93130 928 f. 175450
Sueton, De grammaticis (Sueton., De Gramm.)
Stichus (Stich.)
13 3644 u. 49
5.5 3648 747 93130
Tacitus, Annales (Tac., Ann.)
Trinummus (Trin.)
14.42 65127 14.42–45 332214
2.4 3648 435 93130
Vergil, Eclogae (Vergil., Ecl.) 1.32 175450
Plinius, Naturalis historiae (Plin., Nat. hist.) 7.128 175450
III. Inschriften Corpus Inscriptionum Latinarum (CIL)
Tabulae Pompeianae Sulpiciorum (TPSulp.)
XI 5400
48 23196
37
Tabulae Herculanenses (TH) 45 231
97
Tabulae Pompeianae Novae (TPN) 88 23196
Zwölftafeln (XII T.) 8.21 311133