Der Feldzug des Großen Kurfürsten gegen Frankreich 1674–1675: Sammlung der in den elsässischen Archiven beruhenden, die brandenburgische Kampagne betreffenden handschriftlichen Dokumente [Aus: Zs. f. preußische Geschichte. 16, Reprint 2021 ed.] 9783112426647, 9783112426630


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German Pages 64 [65] Year 1880

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Der Feldzug des Großen Kurfürsten gegen Frankreich 1674–1675: Sammlung der in den elsässischen Archiven beruhenden, die brandenburgische Kampagne betreffenden handschriftlichen Dokumente [Aus: Zs. f. preußische Geschichte. 16, Reprint 2021 ed.]
 9783112426647, 9783112426630

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Der Feldzug des Große« Kurfirfleu gegen Frankreich 1674—1675.

Sammlung der in den elsässischen Archiven beruhenden, die

brandenburgische

Kampagne

betreffenden

handschriftlichen

Dokumente.

Von

Dr. Heinrich Koch oll, König!. Divisionspfarrer der 31. Division zn Colmar.

Separat-Abdruck aus der Zeitschrift für Preußische Geschichte, von Prof. Rößler, bei E. S. Mittler & Sohn; Oktoberheft 1879;

Berlin.

Druck von (L. S. Mittler u. Sohn in Berlin, Kochstrahe 69. 70.

I. Die handschriftlichen Dokumente in den Archiven des Elsaß. In den

Schrift

Rezensionen, welche die im Frühjahr 1877 veröffentlichte

„über den Feldzug des Kurfürsten Friedrich Wilhelm von

Brandenburg im Elsaß 1674—1675'“) besprochen haben, wurde mehr­

fach der Wunsch ausgesprochen,

daß auch die aufgefundenen, noch unge­

druckten handschriftlichen Dokumente über die Ereignisse der damaligen Zeit

ebenfalls herausgegeben werden möchten, damit dieselben zu weiteren histo­ rischen Untersuchungen dienen könnten.

Dieser Aufforderung ist der Ver­

fasser in den folgenden Blättern nachgekommen. In Colmar war ihm durch seinen hochgeehrten Freund, den Kaiser­

lichen Archivdirektor am Bezirksarchiv des Oberelsaß, Herrn Dr. Pfannenschmid, der Eintritt in das genannte Archiv zu jeder Zeit gestattet, so

daß er in aller Muße die daselbst aufbewahrten Papiere und Akten früherer Zeiten zu durchmustern vermochte.

Auch konnte er durch dessen freundliche

Vermittelung die Stadtarchive von Rufach, Egisheim, Pfaffenheim,

Geberschweier, Hattstatt, Heilig-Kreuz, Wettolsheim, Winzen­ heim, Walbach, Jngersheim und Zimmerbach besuchen, ohne jedoch Nennenswerthes über den Großen Kurfürsten an diesen Orten zu finden. Einen reichen Schatz an historischen Ueberlieferungen über die branden­

burgische

Kampagne

birgt

das

Straßburger

Schriften Herr Stadtarchivar Brücker mit

Studium vorlegte.

Stadtarchiv,

dessen

größter Bereitwilligkeit zum

Das von diesem Herrn im Sommer vorigen Jahres

’) H. Rocholl, Der Große Kurfürst von .Brandenburg im Elsaß 1674—1675. Ein Geschichtsbild aus der Zeit, als das Elsaß französisch werde» mußte. Mit einer Karte zum Gefecht bei Türkheim. Straßburg bei Trübner. 1877. — Vgl. diese Zeit­ schrift, Jahrgang 1878, Aprilhest von Seite 151 ab, woselbst die Herausgabe eines Flug­ blattes wider die Brandenburger aus dem 17. Jahrhundert, „Der Götterbote Merkur über die Brandend. Campagne im Elsaß. 1674—1675" von demselben Verfasser.

1*

4

Der Feldzug des Großen Kurfürsten

herausgegebene, gut geordnete Inventar über die Bestände des Straßburger Stadtarchivs erleichtert jedem Forscher das Nachsuchen aufs Angenehmste?)

Zu den aus den Archiven entnommenen Aktenstücken legte der allgemein als Beförderer

elsässischer Geschichtsforschung hochgeschätzte Herr Advokat

Jgn. Chauffour zu Colmar noch einen Bericht über die Ereignisse der Jahre 1674—1675 hinzu.

Den genannten Herren fühlt sich der Heraus­

geber zum größten Dank verpflichtet.

Eine auffallende Erscheinung bleibt es, daß die Zahl der handschrift­

lichen Dokumente über den brandenburgischen Feldzug,

der das elsässische

Volk und Land in bedeutendem Umfang in Mitleidenschaft zog, sehr geringe ist.

nur eine

Ja, in den wichtigsten Urkundenbüchern damaliger Zeit

scheint mit Absicht über diese Periode gar keine Aufzeichnung

worden zu sein.

gemacht

So enthalten sowohl das Rathsprotokollbuch als auch

das Missivprotokollbuch der Stadt Colmar, welche im Stadtarchiv liegen, und

das Rathsprotokollbuch der

Stadt Rappoltsweiler im Bezirksarchiv

selbst, gar keine Spur von Nachrichten darüber.?)

da­

Entweder war das Ge-

meindeleben in jener drangsalvollen Zeit so sehr in Unordnung gekommen,

daß die Rathsherren kein Protokoll mehr führten, oder, was mehr Wahr­ scheinlichkeit hat, es muß dieser Unterbrechung der Aufzeichnungen ein politisches

Motiv zu

Grunde gelegen haben.

Vielleicht

wollten

Magistrate

und

Bürger den nach dem Abzug der deutschen Armee sich des Landes bemäch­

tigenden Franzosen jede Notiz entziehen,

welche

bekundet haben würde,

einen Antheil sie an der Erhebung gegen Frankreich genommen hatten. Unzweifelhaft enthalten die Archive des Elsaß, namentlich das Be­ welch'

zirks-

und das Stadtarchiv zu Colmar, noch viel handschriftliches Ma­

terial,

welches mit der Zeit aufgefunden und zur vollen Aufklärung des

Unternehmens des brandenburgischen Kurfürsten dienen wird.

Zu begrüßen

ist darum jeder Fortschritt in der Jnventarisirung der in den Archiven be­ ruhenden Schriften,

an welcher schwierigen Arbeit die jetzigen Direktoren

derselben arbeiten.

In dem Bezirksarchiv zu Colmar finden wir eine Hauptquelle für die Geschichtsforschung,

die Acta capitularia (Protokolle) des

1) J. Brücker, Inventaire sommaire des Archives CommunaleS de la ville de Strassbourg. Serie AA, Actes Constitutifs et Politiques de la Commune; Strassburg, Schultz. 1878. 2) Das Missivprotokoll hat vom 27. August 1674 bis zum 18. Juli 1675, das Rathsprotokoll vom 5. Oktober 1674 bis zum 28. Januar 1675 gar keine Notizen; das Protocollum Missivarum Gallicarum (die in französischer Sprache abgefaßten Korre­

spondenzen der Stadt) schließt mit dem 19. Februar 1674.

5

gegen Frankreich 1674—1675.

St. Martinsstiftes zu Colmar. *) maligen Zeit verfaßt.

Sie sind von dem Dekan der da­

Es spricht aus ihnen nicht eine unparteiische Ge­

sinnung, vielmehr schreibt der Dechant als Protokollführer im Eifer gegen die Protestanten unter den Bürgern Colmars und gegen den evangelischen

Kurfürsten von Brandenburg; weshalb seine Bemerkungen mit Vorsicht auf­ zunehmen sind. In demselben Archiv wurden die Aktenstücke über die Truppen

des Herzogs von Braunschweig-Lüneburg gefunden.

Leider ist es

dem Herausgeber nicht gelungen, weder über das brandenburgische Heer, noch über die übrigen deutschen Armeen, weder über den Kurfürsten Friedrich

Wilhelm noch über dessen Verbündete, Generale und Offiziere sonst noch etwas Detaillirtes und Bemerkenswerthes in den Colmarer Archiven zu finden. Bis

jetzt hat das Stadtarchiv zu Colmar noch

gar nichts hierüber geliefert.

Nur im Bezirksarchiv (E. 536) liegen einige sog. Sauve-gardes, welche

der Kurfürst mit eigenhändiger Unterschrift versehen hat, brandenburgische

Siegel

tragen.

So heißt z.

B.

und welche das

einer

dieser Pässe:

Sauve-garde accordö par Frederic Guillaume margrave de Brande-

bourg, au Prince Christian de Birkenfels pour son comte de Ri­ beaupierre

et specialement pour la prdvotö ou bailliage de Hei­

teren, date de Strassbourg le 4. October 1674 u. s. w. Sauve-garde ist von Bournonville ausgestellt;

Straßburg, den

1. Oktober 1674.

Auch ein

er trägt das Datum

Bournonvilles Titel ist folgender:

„Der Röm. Key. Cammerer-Kriegs-Rath Gral-Veltm aschl und

obstr zu

pfert Alexander Herzog und first v° und zu Bournonville graf und Herrn Ritter des gülden fließ." Von Herrn Jgn. Chauffour zu Colmar wurde dem Herausgeber

ein Memoire überlassen mit der Ueberschrift: An. 1672 bis 1700 Merkwürdiges burg und

daß

in der

Reichenweier zugetragen."

dieses Schriftstück

von

dem

„Memoire, was sich von

Graf- und Herrschaft Hor­

Aus dem Bericht geht hervor,

Württembergischen

Reichenweier, Namens Chemnitius, verfaßt worden ist.

selben ist zwar nicht wichtig,

Kirchenschaffner

zu

Der Inhalt des­

immerhin aber charakteristisch

für die da­

maligen Zustände. Weit wichtiger sind die Notizen aus den Jahren 1674 und 1675,

welche in den Kirchenbüchern der Stadt Türkheim zu lesen sind. Sie enthalten Einzelheiten über die Schlacht von Türkheim am 5. Ja­

nuar 1675.

i) Ueber das St. Martinsstift siehe Rocholl, Anfänge der Reformation in Colmar. Ein Beitrag zur ReformationSgcschichtc des Elsaß. Leipzig, Lang u. Rasch. 1875.

Der Feldzug des Großen Kurfürsten

6

In den Archiven der Städte Rufach und Egisheim konnten einige

Notizen gesammelt werden, welche jedoch nicht von Belang sind. Das Straßburger Stadtarchiv besitzt das an Nachrichten sehr reiche Protokoll der Dreizehner (Proces verbaux de la Chambre

Was den Namen des Kollegiums der XIII anlangt,

des XIII ).

so ist

zu merken, daß der Senat der Stadt Straßburg sich schon im 15. Jahr­

hundert gezwungen sah, um die sich immer mehr anhäufenden Stadtgeschäfte ausführen zu lassen,

noch andere Kollegien neben sich zu gründen.

erwählten 28 Delegirte

1483

aus den Zünften 12 Bürger, 4 aus dem Adel,

4 aus der Zahl der gewesenen Ammeister und 4 aus den Vertretern der

Zünfte.

Zu diesen 12 trat der zeitige Ammeister, daher der Name der

Dreizehner.

Den Vorsitz in diesem Kollegium führte entweder der regie­

rende Stättemeister oder der Ammeister,

schaft zu Sitzungen berief.

welcher letztere auch die Körper­

Dieses Kollegium war gleichsam das diploma­

tische Korps der freien Reichsstadt Straßburg. Angelegenheiten,

namentlich

alle

Alle geheimen und wichtigen

Verhandlungen

Mächten lagen ihm zu besorgen o6. *)

mit

den

auswärtigen

In dem wohlerhaltenen und deutlich

abgefaßten Protokolle finden wir eine Reihe der wichtigsten Beschreibungen

der vergangenen Zeiten aus der denkwürdigen Geschichte jener hochberühmten Stadt. In dem übrigen,

von dem jetzigen Stadtarchivar geordneten hand­

schriftlichen Material aus jener Zeit finden wir eine Anzahl von Briefen,

welche das brandenburgische Wappen tragen

und mit der mannhaft festen

Unterschrift des großen Hohenzollern, des Kurfürsten Friedrich Wilhelm

von Brandenburg,

versehen sind.

Sowohl aus dem Protokoll der Drei­

zehner als auch aus des Kurfürsten Briefen ist zu ersehen, welch ein ver­ trautes Verhältniß zwischen dem Ahnherrn unseres Kaiserhauses und der alten freien

deutschen Reichsstadt sowohl im Glück als anch im Unglück

geherrscht hat.

Die nachfolgende Sammlung macht nicht den Anspruch, für vollzählig

uud erschöpfend zu gelten, vielmehr will sie nur eine erste Reihe von auf­

gefundenen Urkunden darbieten. einem noch

Landes,

Möge sie die Veranlassung werden zu

umfangreicheren Aufsuchen

in den Archiven des

als es dem Herausgeber möglich war,

elsässischen

von Seiten anderer be­

rufenerer Forscher!

Die neue Bearbeitung der Dokumente hat dem Herausgeber einen Beleg

dafür gegeben, daß seine Darstellung der brandenburgischen Kampagne von

1674 bis 1675 in der oben angeführten Broschüre in allen Punkten eine

’) Dgl. Schöpflin — Eavenez, l’Alsace illustres.

Mulhouse 1852. V. p. 126 ff.

gegen Frankreich 1674—1675.

7

richtige gewesen ist, wie sie denn auch in den mehr als 26 Rezensionen,

welche über sie veröffentlicht worden sind, selbst von französischer Seite keinen wesentlichen Widerspruch erfahren hat.

Schließlich die Bemerkung, daß die mitgetheilten Abschriften wörtlich

den Originalen

entsprechen, daß dagegen die Orthographie modernisirt

worden ist, wenn es zum Zweck des Verständnisses erforderlich war.

XL

Friedrich Wilhelm, Kurfürst von Brandenburg und die freie deutsche Reichsstadt Straßburg. Historische Uebersicht. Nachdem im Sommer des Jahres 1674 das deutsche Reich dem fran­

zösischen König Ludwig XIV. den Krieg

erklärt hatte,

brach im Monat

August der Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg auf, um sich mit der kaiserlichen Armee, welche von dem Herzog von Bournonville befehligt wurde, zu einem Hauptangriff gegen den französischen Feld­

herrn Turenne im Süden des Reichs, im Elsaß,

der Ankunft der brandenburgischen Truppen

zu vereinigen.

am 4. Oktober gelang

Vor es

Turenne, die Kaiserlichen zu Enzheim in einer blutigen Schlacht zu be­

siegen.

Als inzwischen der Kurfürst mit gegen 20 000 Mann Kerntruppen

dem Elsaß sich näherte, zog sich Turenne an die Mossig,

einen kleinen

Fluß bei Marlenheim, westlich von Straßburg zurück.

Die freie Reichsstadt Straßburg begrüßte den brandenburgischen Kur­ fürsten aufs patriotischste und stellte alles, was in ihrer Macht stand, den

Kaiserlichen und den Brandenburgern zur Verfügung. Infolge untreuen und eifersüchtigen Benehmens des kaiserlichen Ge­ nerals, Herzogs von Bournonville, schlug das erste Unternehmen des Kur­

fürsten fehl,

Turenne bei Marlenheim zu einer Schlacht zu zwingen.

Am 18. Oktober gelang es den Franzosen,

sich in vollständiger Ordnung

auf Dettweiler und Hochfelden und in den nächsten Tagen von dort nach Lothringen zurückzuziehen.

Der herannahende Winter Truppen

und

die

mangelhafte Verpflegung

der

sowie die in bedenklicher Weise um sich greifenden Krankheiten

unter denselben nöthigten die Alliirten, sich in die Winterquartiere zu legen. Man vertheilte die deutschen Truppen durch das ganze oberelsässische Land

gegen Frankreich 1674—1675.

7

richtige gewesen ist, wie sie denn auch in den mehr als 26 Rezensionen,

welche über sie veröffentlicht worden sind, selbst von französischer Seite keinen wesentlichen Widerspruch erfahren hat.

Schließlich die Bemerkung, daß die mitgetheilten Abschriften wörtlich

den Originalen

entsprechen, daß dagegen die Orthographie modernisirt

worden ist, wenn es zum Zweck des Verständnisses erforderlich war.

XL

Friedrich Wilhelm, Kurfürst von Brandenburg und die freie deutsche Reichsstadt Straßburg. Historische Uebersicht. Nachdem im Sommer des Jahres 1674 das deutsche Reich dem fran­

zösischen König Ludwig XIV. den Krieg

erklärt hatte,

brach im Monat

August der Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg auf, um sich mit der kaiserlichen Armee, welche von dem Herzog von Bournonville befehligt wurde, zu einem Hauptangriff gegen den französischen Feld­

herrn Turenne im Süden des Reichs, im Elsaß,

der Ankunft der brandenburgischen Truppen

zu vereinigen.

am 4. Oktober gelang

Vor es

Turenne, die Kaiserlichen zu Enzheim in einer blutigen Schlacht zu be­

siegen.

Als inzwischen der Kurfürst mit gegen 20 000 Mann Kerntruppen

dem Elsaß sich näherte, zog sich Turenne an die Mossig,

einen kleinen

Fluß bei Marlenheim, westlich von Straßburg zurück.

Die freie Reichsstadt Straßburg begrüßte den brandenburgischen Kur­ fürsten aufs patriotischste und stellte alles, was in ihrer Macht stand, den

Kaiserlichen und den Brandenburgern zur Verfügung. Infolge untreuen und eifersüchtigen Benehmens des kaiserlichen Ge­ nerals, Herzogs von Bournonville, schlug das erste Unternehmen des Kur­

fürsten fehl,

Turenne bei Marlenheim zu einer Schlacht zu zwingen.

Am 18. Oktober gelang es den Franzosen,

sich in vollständiger Ordnung

auf Dettweiler und Hochfelden und in den nächsten Tagen von dort nach Lothringen zurückzuziehen.

Der herannahende Winter Truppen

und

die

mangelhafte Verpflegung

der

sowie die in bedenklicher Weise um sich greifenden Krankheiten

unter denselben nöthigten die Alliirten, sich in die Winterquartiere zu legen. Man vertheilte die deutschen Truppen durch das ganze oberelsässische Land

Der Feldzug des Großen Kurfürsten

8

bis nahe an die Baseler Grenze. Kurfürsten

gegen Frankreich

S. 276—303;

(Vgl. Peter,

1672—1675.

Der Krieg des Großen

Halle,

Waisenhaus.

1870.

und Rocholl, Der Große Kurfürst von Brandenburg im

Elsaß 1674-1675.

Straßburg, Trübner.

Auf die geschilderten

1877.)

historischen Ereignisse beziehen sich folgende

handschriftliche Dokumente:

I. Die betreffenden Stellen aus dem im Straßburger Stadt­

archiv beruhenden Protokoll der Dreizehner vom 1. Ok­ tober 1674 ab.

Diese Aufzeichnungen über die Berathungen des Kollegiums der Drei­ zehner, deren Zeitrechnung nach dem alten Kalender angegeben wird,

sind ein werthvolles Zeugniß über das vertraute Verhältniß, in welchem

die alte freie Reichsstadt Straßburg zu dem brandenburgischen Kurfürsten Friedrich Wilhelm stand.

Der Straßburger Magistrat war bestrebt,

dem Kurfürsten alle Dienste zu erweisen, welche der infolge der kriegerischen Ereignisse schon hart bedrängten Bevölkerung

noch

aufgetragen werden

konnten; Straßburg hat das brandenburgische Heer mit Brot und sonstigem

Proviant unterstützt. — Als nach

dem unglücklichen Tressen bei Mar­

lenheim eine große Verstimmung

zwischen Friedrich Wilhelm und dem

kaiserlichen Befehlshaber, Herzog v. Bournonville,

Straßburg auf die Seite der Brandenburger,

eintrat, stellte sich

als derer, die es „treu

meinten", und pflichtete dem Argwohn bei, daß Bournonville ein untreues Spiel triebe.

Der Stättemeister Zorn sprach es aus, es scheine als wäre

die kaiserliche Intention,

die evangelischen Stände zu ruiniren; Bournon­

ville müsse Befehl haben, also zu handeln, oder bestochen sein. — Von

großem Werth sind die Aeußerungen,

welche der Kurfürst selbst über den

kaiserlichen Feldherrn gethan hat, wie er keinen Anstand nahm, in Gegen­ wart der Gesandten Straßburgs und seiner Generale ihn einen Schurken zu nennen.

II. Die Korrespondenz, welche der Kurfürst mit Straßburg führte, 8 Briefe. Auch

sie geben einen neuen Beweis, wie der Kurfürst nach seinem

eigenen Ausdruck „eine sonderbare Asfection und Neigung" für Straßburg hegte.

Er vertrat der Reichsstadt Angelegenheiten kräftig beim Kaiser;

Straßburg schenkte dem Kurfürsten jegliches Vertrauen, indem es ihn um

Unterstützung

und Hülfe anging.

Hervorzuheben sind die denkwürdigen

gegen Frankreich.

9

1674—1675.

Zeugnisse, welche Friedrich Wilhelm über das echt deutsche, patriotische

Verhalten der Straßburger gegeben hat.

Die Straßburger haben es auch

nicht fehlen lassen, ihm und seiner erlauchten Gemahlin jede Ehrenbezeugung

darzubringen. — III. Notizen über zwei aufgefundene Briefe des Herzogs von Bournonville. Der Brief vom 6. Oktober enthält auch ein schönes Zeugniß über

den großen Eifer, „so die Straßburger zu Ihrer Kaiserl. Majestät unseres

allergnädigsten Herren", tragen. — IV.

Ein Brief der Beamten des Fürsten von Birkenfels zu Rappoltsweiler an den französischen Marschall de Crequy, wel­

cher Erkundigungen über die Stellungen der deutschen Armee im

Elsaß einzuziehen bemüht war. die Fürsten

und

Man ersieht aus demselben, daß

Adlichen des Elsaß Frankreich

gute Dienste

leisteten und den Boden für die kriegerischen Unternehmungen den deutschen Heerführern unsicher machten.

I.

Auszug aus dem im Straßburger Stadtarchiv beruhenden

Protokoll der Dreizehner (Proces verbaux de la Chambre des XIII), betreffend die kriegerischen Ereignisse von 1674—1675.

Seite 634. Donnerstags, den I. Octobris 1674. Eodem hora 4ta pomer. (d. h. postmeridiana) M. g. Hhr.

die XIII. Herr Syndikus Frid proponirt:

Es

sei ein Schreiben von Ihrer

Churfürstlichen Durchlaucht zu Brandenburg an M. Herren von einem Brückenmeister hierhero gebracht worden, darinnen begehrt wird,

eine flie­

gende Brücke über den Rhein verfertigen zu lassen, damit man an Ueber« führung der Artillerie nit gehindert werde, liest dasselbige ab und berichtet

dabey, daß Herr Rathherr Fischer für unmöglich halte, an diesem Ort eine fliegende Brücke zu machen. Es sey auch bereits zu dem Brücken­ meister, um denselben zu reden, geschickt, er aber nicht zu Hauß angetroffen worden.

Erkandt: Soll Ihme zu verstehen gegeben werden, daß die Bruck

noch in dem Stand sey, wie sie gewesen, da die kayßerliche armöe herüber marschirt; wann aber Er etwas daran zu desideriren wisse, M. g. Herren

gerne das Ihrige dabey thun wollten.

Der Feldzug des Großen Kurfürsten

10

Seite 639. Idem berichtet,

beten,

es hetten Ihre Churf. Dicht, zu Brandenburg ge­

wann Sie herein in die Statt kommen würden,

die Lösung der

Stücke zu unterlassen auf sich.

Seite 640.

Freytag, Nachmittag, hora I., den 2./8. Octobris.

Die Oberherren proponiren,

daß

sich

ein General-Quartier-Meister

von der Brandenburgischen Armee angemeldet und begehrt, man wollte ihm Quartier in der Schantz zu Keel für 600 Pferde geben und werde er, nach allem gethanen Remonstriren, auf seinem Begehr verharren, vor-

er habe dessen expresse Ordre;

gebendt,

als haben sie,

weilen diese Sach

nicht allein für die Oberherren gehören, den regierenden Herrn Ammeister

ersucht, M. Herren die XIII zusammenzuberufen, damit man Ausweisung

haben möchte; bericht anbey,

daß,

ob es zwar erstlich geheißen,

es wäre

nur gemeine Cavallerie, so hette sich doch hernach in genauer Erkundigung befunden, daß es Ihrer Churf. Dicht. Leib-Compagnie

wäre. — Herr

Doctor Otto sagt: er könne an seinem Unterthanen Ort nicht sehen, wie man hierinnen willfahren könnte,

Mittel wären,

weilen in der Schantz zu Keel ja keine

so zu nöthiger Unterhaltung dieser Leute erfordert würden,

müßten also dieselben von dar hinaus geschafft werden; doch stelle er alles

zu M. Herren Belieben. — Herr Syndikus Frid berichtet, bey seiner

Ankunft,

daß gedachter Offizier auf die von ihm beschehenen Remonstra-

tiones sich habe weisen lassen

erklärt,

und außerhalb der Schantz zu logiren sich

wann ihm nur das versprochene quantum Brod gereicht werde.

Erkandt: niit der Einquartirung außerhalb der Schantz begehrter Maaßen

willfahrt. Seite 642.

Herr Syndikus berichtet, daß Ihrer Churf. Dicht, von Branden­ burg Herr Obermarschall von Cannitz M. g. Herren ersuche, weil

die Churfürstin bei Herren Widten logiren werde, um die Vergünsti­ gung,

eine Gart-Kuchen (d. h. eine Garküche)

ohnfern des losaments

(d. h. logement) aufzurichten, wie auch um die Erlaubniß, daß die Chur­ fürstin sich der Kiefferstuben, weilen nicht genug losamenter in dem Widt'schen Haus, bedienen möge und dann weilen Herr Widt ihnen berichtet,

daß er kein Holtz habe, dasselbige auch nicht wohl um das Geld allhier zu

bekommen

sey,

als

bäte er M. g. Hh. wollten ihme um die Bezahlung

aus ihren Scheuren was lassen zukommen.

Er seines

Orts

vermeine,

M. g. Hh. hätten das erste petitum, die Gart-Kuchen betreffend, nicht zu erschweren, in dem anderen, die Kiefferstuben belangend, auch zu will­ fahren, wegen des Holz aber, weil er die Sache nicht ad referendum

genommen, werde sie auf sich beruhen.

Erkandt: Herrn Syndikus gefolgt.

gegen Frankreich 1674—1675.

11

Seite 644. Herr Stallmeister Zorn, der Eitere, Herr Ammeister Dietrich und

Herr Doctor Betrag, die Herren Deputirten zu Ihrer Churf. Dicht, von Brandenburg referircn, daß sie M. g. Hh. zu folgen sich auf den Weg

nach

dem Churfürsten gemacht; weil sie berichtet worden,

er wäre zu

Rastadt, so haben sie ihren Weg gegen Liechtenau genommen, hatten aber

beym Renchenloch*)

von Mons. Buchen^),

Churfürst!.

Kammerjunkern,

daß der Churfürst zu Oberkirch übernachten werde, verstanden, wohin sie sich alsobalde gewendet, auch zu Nacht um 12 Uhren allda gelangt und

in der Carosse ihre Zeit zugebracht bis Morgens

gegen 6 Uhren Herr

Oberst von Berleps das Creditiv genommen und solches Ihr. Dicht,

von welcher sie auch

überbracht habe,

darauf

um 7 Uhren

gnädigste

Audienz gehabt, Ihre Churf. Dicht, hatten die Schickung zu sonderbarem

gnädigsten Gefallen ausgenommen mit Versicherung, daß, wo sie der

Stadt Straßburg einige Gefälligkeit und Freundschaft zu er­ weisen Gelegenheit haben werden, sie es nicht unterlassen Worauf sie ihren Abschied genommen und um 12 Uhr zu Keel

wollen.

angelangt,

allwo kurz hernach Herr Oberst von Barleps auch arrivirt,

berichtend, daß Ihre Churf. Dicht, nicht verlangte, mit Lösung der Stücke

empfangen zu werden, und daß sie M. Hh. ersuchen ließen, ihrer Armee mit 50 000 Pfund behülflich zu sein, und daß sie gesinnet wären, ihren

Marsch

durch die Ruprechtsau in die Wantzenau zu nehmen, wäre

deßwegen vorhergeschickt, die Orte zu besichtigen

und

zu recognosciren,

wollte dessentwegen M. g. Hh. ersucht haben, ihme Leute beizuordnen, die

ihme vom Land Bescheid ertheilen und in allem Bericht erstatten könnten, und

wann die marche

(der Marsch) dahin gehen sollte, würde nöthig

sein, daß in der Ruprechtsau eine Bruck verfertigt würde. — Her Stätt-

meister Zorn berichtet, daß gemelter Oberst von Barleps inständig an­

gehalten, der Generalität zum behuef etwas an Wein und Habern (Hafer) beyzutragen. — Herr Ammeister Dietrich

setzt hinzu,

daß

er auch

gebeten, M. g. Hh. wollten befehlen, daß das Thor um etwas länger auf­ gehalten werde, weilen er nothwendigerweiß wieder zu Ihr. Churf. Dicht, reutten müßte. — Herr Doctor Otto, die Erklärung von Ihrer Churf. Dlcht. sey so gefallen, daß man sich darüber zu erfreuen habe; wegen der 0 Die Rench

ist ein Nebenfluß des Rheins auf der rechten Seile im Badischen.

Im Renchthal sRencheuloch) liegt die Stadt Renchen.

2) Buchs Tagebuch hat Major v. Kessel herausgcgeben unter dem Titel: buch Dieterich Sigismunds von Buch

von Gustav v. Kessel.

aus

Jena und Leipzig,

Edition siche das Petersche Werk.

Tage­

den Jahren 1674 bis 1683, hcrausgegeben

Costenoble,

1865.

Ueber den Werth dieser

Der Feldzug des Großen Kurfürsten

12

desiderirten 50000 Pfund Brod hielte (er) davor, daß M. g. Hh. will­

fahren könnten, wie auch mit etwas Wein und Habern nicht aus Handen

zu gehen, auf ferneres Ansuchen mit der Bruck zu gratificiren. — Herr Syndicus

es

Frid,

erfreulich zu

wäre

vernehmen, daß Ihre Churf.

Dicht, die Schickung so gnädigst ausgenommen und sich dergestalt zu allem

Guten erboten; die desideria betrefsendt, seyen fast gleichförmige von der Kaiserlichen Generalität geschehen, könnten auch wohl willfahrt werden, der

Wein

auf

etwas

aufgehalten wurde wegen

100 Ohm und Haber auf

Erkandt:

Meister selbst machen lasse.

100 Viertel gesetzt,

des Marsches,

Herrn Syndicus Frid durchaus

gefolgt — Herr Syndicus Frid berichtet, daß Monsr.

ein

Abgesandter

der

von

daß darum

den General-Quartier-

Kron Schweden,

zu

Ihrer

Wallenthein, Dicht,

Churf.

von Brandenburg allhier wäre, stellte demnach zu M. g. Hh., ob sie ihn besprechen und den Wein verehren lassen wollten.

Erkandt: quod sic.

Seite 646. Sambstag, den 3. Sbris, hora matutina lOma M. g. Hh. die XIII. Herr A. Wormbser berichtet,

daß

etliche von den Bauherren zu Keel,

weil sie vernommen, daß allda große desordre von den allda liegenden Brandenburgischen Völkern vorginge, sich hinausbegeben, in Meinung, dem­ selben um etwas zu steuren; verstanden,

daß

die Ursach

sie hätten

aber so viel von den Officieren

der desordre sey,

Unterhaltungsmittel mangelten,

wäre also

weil ihnen die nöthigen

der Herren Meinung,

etwas von Commis oder Victualien hinausgeschickt würde, daß

besser Ordre gehalten werden sollte. — Herr Syndicus zu bedauern, daß M. g. Herren Unterthanen so

vermeinete auch, dem Commis,

daß zur Verhinderung welches

wann

alsdann

Frid, es sey

übel tractirt würden,

größerer Unordnung etwas von

für die Brandenburgische Armee gebachen (d. h.

gebacken) worden, hingeschickt werde, das Frauenhaus könnte dann etwas vom Wein und

die übrigen vom Herren- den Officiern etwas

Kuchen auch hinausschaffen.

in die

Erkandt: Herrn Syndicus gefolget.

Seite 650.

Herre Syndicus berichtet,

daß der Churbrandenburgische Kantzler,

Herr von Somnitz allhier ankomme, werde zu M. g. Herren stehen,

ob, dieweilen er bei Churs. Dlcht. sehr viel vermag, ob er nicht besprochen

und verehrt werden sollte. Seite 653.

Erkandt: fiat.

Sambstags, den 3. Octobris, hora I. pomerid.

Herr Syndicus Frid referirt: es hätten die Churf. Brandenbur­

gischen zu ihm geschickt, tractiren könne,

daß

um zu vernehmen, ob man nicht mit einander

von der Stadt aus

die Armee mit Proviant

versehen würde, welchen er, daß es die Unmöglichkeit seye, remonstrirt.

gegen Frankreich 1674—1675.

Darauf aber sobald

13

ein Brieflein, darin ein gleiches petitum erhalten

von dem Geheimen Rath Meinderts empfangen.

Es

hette sich

auch

ein Proviantmeister angemeldet, mit dem Begehren, man wollte verschaffen,

daß die Hälfte der 50000 Brod hinausgeführt würde,

dem ebenmäßig

beditten (bedeutet) worden, daß man mit Fuhren und Pferden hierzu nicht gefaßt sey. Stelle zu M. g. Herren, was zu thun. Es wäre eine bloße Ohnmöglichkeit,

Herr Doktor Otto:

so viel

Mehl zu schaffen und das Brod zu bachen, würde dadurch ein großer

Mangel der Bürgerschaft zuwachsen. — Herr Syndikus:

bereits

erkundigt,

was man hierin thun könne,

Man hätte sich

wäre ohnmöglich

etwas

mehreres zu verwilligen, könnte der Generalität nachdrücklich remoustrirt werden.

Stellt dahin, ob nicht durch die Herren XVr von Fridolsheim')

die Anstalten wegen Abfuhr der Brods dahin könnten gemacht werden, daß solches durch die Bauern geschehen; doch würden sie endlich, wann sie sehen,

daß hier nichts zu erhalten,

von selbst anfangen, in einem oder anderem

Anstalten zu machen .... Seite 662. Montag, den 5. Octobris 1674.

Ses. ordin. M. g. Herren d. XIII.

Der regierende Herr Ammeister berichtet, es habe ein Chur-Brandenburgischer Veld-Prediger, Namens Johann Hermann Thal­ hausen

M. g. Herren eine Predigt von

Waffen wider Frankreich

dedizirt und

werde zu M. Herren stehen, verehrt

werden solle.

des Teutschlands Wehr und

ihm sechs

exemplaria zugestellt,

was sie erkennen wollen,

Erkandt:

Soll ihm sechs Rthlr.

daß ihm dagegen

verehrt werden.

Seite 670. (Hier folgt eine Verhandlung mit Meindert's wegen Brodbackens von Seiten der Stadt Straßburg .... weniger interessant).

Seite 703. Herr Rentmeister referirt, er hätte auf Befehl M. g. Herren ver­

schiedenen Sambstag seine Reise nach Jhro Churf. Dicht, von Branden­ burg vorgenommen, dieselbe zwischen Rohr und Gugenheim, allwo die ganze

Armee längs auf dem Gebürge gelegen, nach langem Suchen im freyen Feld angetroffen,

auch sobalde sub dio

gnädigste Audienz erhalten und

praemissis curialibus Jhro Churf. Dicht, vorgetragen: Es hätte Meister

und Rath der Stadt Straßburg allererst heute Morgens in Erfahrung !) Fridolsheim,

eins der Dörfer in der Nähe von Straßburg, welche schon feit

dem 14. Jahrhundert zu dem Stadtgebiet gehörten. Das Kollegium der XV bestand aus 5 Adligen und 10 Bürgerlichen. Es lag ihnen die Ueberwachung der Gesetze und der Versassung ob, sowie die Verwaltung öffentlicher städtischer Anstalten. Vgl. SchöpflinRavenoz a. a. O. Seite 127.

Der Feldzug des Großen Kurfürsten

14 gebracht,

wie daß die Frantzosen

allein noch besetzt hielten,

das Schloß

zu Waßlenheim')

gestern Abends

sonderu auch

Ihre Churs. Dlcht. Feuer gegeben hätten;

nicht

von daraus auf

wie nun solches seine Herren

zu höchst betrübtem Gemüth gestiegen, als stünden sie in der unterthänigsten

Zuversicht, Ihre Churs. Dlcht. würden solches keineswegs ihnen imputiren wollen; in Ansehen, sie eine Zeit her des Fleckens und Schlosses nicht mehr

Meister

gewesen?)

Weil

sie

auch

vernommen,

Jhro

Gnaden

Churf.

gnädigst resolvirt wären, das Schloß durch Gewalt zu nehmen und aber

ihr Amptmann und Lieutenant annoch gefänglich darin angehalten würden,

als stünden

der unterthänigsten Confidentz

sie in

unterthänigst

darum

ansuchen),

es

(wie sie

wollen Jhro Churf.

dann hiermit

Dlcht.

gnädigst

geruhen bey Occupation des Schlosses sich sowohl der ihrigen darinnen als auch des ganzen Fleckens, damit eins oder anderes

habenden Leuten

dem gänzlichen Ruin entgehen möchte, gnädigst anzunehmen.

Hierauf hätten

Jhro Churf. Dlcht. auf gethane gnädigste Danksagung und gegen curialien sich dahin vernehmen lassen: Es wäre an dem, daß Turenne in dem Schloß

seine Besatzung, auch daraus auf Sie Feuer gegeben worden; allein könnten Sie ihm darum nicht verdenken, wäre Ihnen auch nichts neues und bekannt, daß ein

jeder seinem Feinde Abbruch

zu thun suche;

gemeiner Stadt das wenigste imputiren.

Sie

könnten

deswegen

hätten sich zwar resolvirt

gehabt, nachdem

sie Nachricht erhalten, daß der Feind sich hinauf gegen

Zabern gezogen,

das Schloß auf dem Rücken mit Gewalt wegzunehmen.

Sie hätten aber, als sich der Feind gewendet oder gegen Dettweiler ge­

zogen, solche resolution geändert und sich geniüssigt befunden, ihn zu ver­ folgen,

und indessen

auf unterthänigstes

remonstriren der Unterthanen,

wie die Besatzung den Flecken in Brand zu stecken angedrohte, auch bereits

den Anfang daran gemacht, etliche 100 Mann, allen Ohnheil vorzubiegen

und den Feind genau zu observiren, hineinlegen.

Wie Sie dann hiermit

den Flecken in Ihre gnädige Protektion

genommen haben,

beider

obgedachten Personen,

als ehrliche getreue Leute,

des Schlosses in Gnaden eingedenkt sein.

höchster Alteration

wollten

auch

bei Einnehmung

Sonsten hätten Ihre Dlcht. mit

zu beklagen angefangen,

wie ohnglücklich Sie

wären,

indem Sie den Vortheil, den Sie gehabt, den Feind mit geringem Verlust totaliter zu ruiniren, hätten müssen aus Handen gehen lassen, wäre aber

leider, Gott erbarm's, von dem Bournonville ohnerachtet Sie ihm des Feindes

Ruin

unter

Augen

geleget nichts

zu

erhalten

gewesen.

Sie

1) Ueber die spätere Einnahme des festen Schlosses Wasselnheim stehe Peter a.a.O. Seite 292 folg. 2) Es war von 120 Franzosen unter La Montiere besetzt.

15

gegen Frankreich 1674—1675.

wollen gegen Gott, die Römisch-Kaiserliche Majestät und dem

ganzen Reich, wie auch alle unpassionirten gegenüber entschuldigt sein, daß Sie dasjenige, so Sie gewollt

Werk hätten setzen können,

Reich

und

und mit höchstem Nutzen ins

auch wodurch dem ganzen römischen heiligen

einer Stadt Straßburg Nutzen und Befreiung hätte

können zuwege gebracht werden, nicht effektuiren können.

hätte nicht redlich,

sondern

ganz

Bournonville

unverantwortlich

an

ihnen

gehandelt und zum Ueberfluß die Lüneburger eines ganz anderen berichtet und dadurch vom Fechten abgehalten. Damit habe er zuwege» gebracht, daß sich das Werk verzogen und sich, nachdem das große avantage, so man zu schlagen ihme ad oculum demonstrirt,

endlich aber allzu spat

resolvirt und indessen dem Feind durchzukommen Platz gegeben.

Ja es sei

soweit gekommen, daß Bournonville auch nicht einmal konsentiren wollen, daß die Alliirte armee von dem Berg, allwo sie sich bei Gugenheim gesetzt,

noch selbigen Abend in das Thal und blache Feld dem Feinde nachzöge, wohl erwogen, es noch Zeit genug und man den andern Tag nur unter

den Berg setzen dürfen.

Endlich hätten Ihre Churs. Dlcht. mit aufgehobener

Hand gegen den Berg weisend gesagt: Da stehet der Hund in seinem auserlesenen Vortheil, deßgleichen er in hundert Jahren kaum finden könnt, und wir feind hier und müssen krepiren, können

ihm auch nichts thun, da wir ihn doch in unserer Gewalt gehabt und vertilgt hätten, wo nicht der Bournonville,

es

verhindert hätte?)

der Schurke,

Ueber der Tafel hätten Ihre Churs. Dlcht.

gesagt, Sie wollten einmal etwas vornehmen, wünschten den Feind über den Zaberner Steeg zu treiben und das Elsaß dadurch zu liberiren,

müsse sich Bournonville kategorisch erklären, und was Ordres

Uebrige Offiziere hätten

er habe.

es

was er gesinnet sich im

Gleichen äußerst über ihn beschwert und mit schlechten Titula

verehrt. Herr Ammeister Dietrich referirt hierauf, es hätte der geheime churbrandenburgische Rath Herr Meindertz zu ihm in der Kirchen gesagt,

Bournonville macht es hier außen, wie Touches in den Nieder­ landen.^) 2) Ueber die ganze Aktion bei Marlenheim berichtet Peter aufs Genaueste a. a. O. S. 281 folg. 2) Ueber die geheimen Pläne des kaiserlichen Feldherrn, Grafen de SoucheS, und

dessen Intriguen sowohl der Republik Holland

burg gegenüber siehe Peter, S. 240 folg. bündeten der Verrätherei angeklagt.

als auch dem Kurfürsten von Branden­

Souches wurde von den Feldherren der Ver­

Der deutsche Kaiser konnte nicht umhin, ihn ab­

zuberufen und ihm Vorwürfe über sein unlauteres Verhalten zu machen.

16

Der Feldzug des Großen Kurfürsten

Herr Doktor Otto: wäre erfreulich zu vernehmen, daß Ihre Churf. Dlcht. sich des Schlosses nnd derer, so darinnen, gnädigst annehmen wollten, könnte solches dem Amtmann zu seinem Trost notificirt, auch Jemand zu

der Generalität

wegen Bournonville's bedenklicher Conduite im

Vertrauen zu communiciren abgeordnet werden.

Herr Schrägen:

Werde

nicht nöthig sein,

Jemanden

nach der

Generalität zu schicken, würde Ihre Churf. Dlcht. wegen Bournonville sich schon bei Ihrer Kaiserlichen Majestät zu beklagen

wissen, könnte denen in dem Flecken das Schießen verboten und hiesige sollten revocirt werden.

Herr Syndikus Frid:

Wäre höchst betrübt, daß man nicht allein

von den Kaiserlichen so übel traktirt würde, wie dann M. g. Herren Dörfer totaliter von ihnen ruinirt und ärger als türkisch darin gehandelt

worden, sondern

auch noch dazu sehen müsse, daß es

Seiten noch nicht dem

einmahlen redlich

allmächtigen Gott heimstellen

gemeint.

von ihrer

Müsse die Sache

und seiner Hülfe erwarten,

indessen

vordrist wohl auf seiner Conservation stehen, den Kaiserlichen nicht

zu wohl trauen,

auch nicht so viel als bishero geschehen, Vor­

gegen den Brandenburgischen und übrigen, als die es getreu meineten, wäre mit bishero gethanem Vorschub zu continuiren schub thun,

können; würden die Früchte alle aus der Stadt gezogen, dahero zu besorgen

stünde, man dörffe, weilen künftiges Jahr keine oder doch gar schlechte, und zu hoffen ad summam inopiam gebracht werden.

höchst zu bedauern,

Amtmann wäre

sitze in großer Gefahr und gebe sein Schreiben zu

Genügen zu erkennen,

daß er hart bedrängt,

und seine Gedanken noch

Willen eröffnen dürffe; könnte ihm durch einen Trompeter Ihrer Churf. Dlcht. gnädigste Resolution mündlich notificirt werden, auch dem Schultheiß

angedeutet werden, die Bürger sich gegen beide Parteyen stillhalten sollten.

Die daraus liegenden Soldaten könnten auch,

damit sie nicht etwan sich

zu engagiren gezwungen würden, hievon vocirt werden. Herr Frantz: Wäre ein betrübter Zustand mit der Kaiser­ lichen Generalität, werde etwan Ihre Churf. Gnade remediren.

In

dem Flecken und Schloß zu Waßlenheim summa miseria, müßte dahin trachten, wie man den Amtmann durchbringe rep. voto Herrn Syndici, Hrn. Consiliariy Frid: Sey wohl zu bedenken, daß die Kaiserlichen das geringste Magazin nicht hätten,

deßwegen zu nehmen Bedacht,

wie und

wieweit mit dem Proviant zu gehen förderlichst zu schreiben,

rep. vot.

Herrn Syndici. In der Umfrage erinnert Herr Stättmeister Zorn,

es scheine

fast,

als

wäre

der Kaiserlichen Intention,

die Evangelischen

gegen Frankreich 1674—1674.

17

Stände zu ruiniren, müsse Bournonville Befehl, also zu han­ deln haben

oder bestochen sein, hätte man Ursach, den Rheinpaß

wohl zu verwahren, und auf seine Schantz gute Achtung zu geben.

Herr Ammeister Dietrich: sollte der Amtmann salvirt, auch den Trompeter Ihrer Dicht, von seiner Commission pari gegeben werden.

Herr

Ammeister

Weuker:

wäre

dahin

zu

trachten,

wie

der

constabler hereinzubringen, sey ein loser Gesell und gut frantzösisch, hätte die Scheuer angeziindet und Feuer auf die Kaiserlichen gegeben, man auch

in Sorge stehen müsse, die Kaiserlichen dürften sich separiren, als würde nicht übel gethan sein, sich solchen Falls mit Churbrandenbnrg

zu conjugiren .... Herr XIII. Mülb schlägt

als expediens zur

liberation des Amtmanns vor, man sollte der Frau Resident Frisch­

männin') durch einen von der Canceley andeuten lassen, man würde ihro

sammt

den

ihrigen

geschehen werde,

gleiches

tractament

als

allhier widerfahren lassen,

dem

Amtmann

draußen

sollte sie dies ihrem Herren

notificiren und ihn dahin vermögen, daß er bei Monsr. de Turenne ver­ schaffe, daß

die in dem Schloß sich

annoch aufhaltenden M. g. Herren

Bediente auf freien Fuß gestellt würden, interim wäre sie wohl bewacht, sie hätte auch Niemand aus und einzulassen.

Dienstag den 8. lObris an. 1674 hora 4ta pom. M. g. Hh. die XIII. (Siehe die Fortsetzung des Protokolls der XIII. S. 34.) y Ans diesem Vorschlag des Ammeisters Weuker geht zur Genüge hervor, Straßburg keine Sympathie für die Franzosen herrschte.

daß in

Frischmann versuchte später

im Geheimen die Verbindungen Straßburgs mit Ludwig XIV. wieder zu erneuern, doch wnrde er schnöde abgewieseu. Da« Protokoll berichtet darüber, wie folgt: Samstags, den

12. Dec. 1674.

Lect. Schreibens von Herrn Frischmann, der versichert, daß, wann

M. g. Herren mit Ihrer Königlichen Majestät in Frankreich

wiederum in

Freundschaft treten wollten, daß sie dieselbige wohl dazu disponirt befinden wür­

den, er wollte selbst als caution und Bürge dafür, jedoch incognito, sich allhier auf­ halten.

Erk.: Sollte seinen Leuten allhier angezeigt werden, ihm zu bedeuten, daß man

seiner weder cognito noch inooguito allhier verlange, auch die Anstalten

an den Thoren (treffe), daß man ihn aus sein Ankommen nicht herein in die Stadt lassen solle.

Der Feldzug des Großen Kurfürsten

18

II. 1) Brief des Kurfürsten an die Stadt Straßburg, d. d. Mühlacker, d. 27. Sept. 1674. Inhalt: Der Kurfürst sendet den Kriegsrath v. Berlepsch als Unterhändler nach Straß­

burg.

Straßburger Stadtarchiv A. A. 1302 — Original auf Papier, Siegel. Von Gottes Gnaden Friederich Wilhelm, Marggraff zil Bran­ denburg, des heyligen Römischen Reichs Ertz-Cämmerer und Chur­ fürst, in Preyßen, zu Magdeburg, Gülich, Cleve, Berge, Stettin, Pommern-Hertzog, Unsern gnädigen Gruß zuvor, Ehrenveste und wohlweise, liebe, besondere! Nachdem wir der Nothdurft bestinden, wegen der jetzigen Conjuncturen im Reich gegenwärtigen, den Vesten unsern Kriegsrath, Obrist und GeneralQuartier-Meister, auch lieben Getreuen Otto Wilhelm von Bärlepsch an Euch abzufertigen, als tragen wir zu Euch das gnädigste Vertrauen, gcsinnen auch desfalls von Euch in Gnaden, Ihr wollet sein Anbringen nicht allein von ihm vernehmen, sondern Euch auch dergestalt darauf erklären, wie unser gnädigstes Vertrauen desfalls zu Euch gerichtet ist. Wir versehen uns solches also und verbleiben Euch dagegen mit Churfürst­ licher Hulden und Gnaden allerzeit gewogen. Gegeben in unserm Hallptguartier zu Mühlacker, den 27. Septbr. Anno 1674. (L. 8.) Friderich Wilhelm, den Ehrenfesten u. s. w. Churfürst. Straßburg. (In verso) Chur Brandenburg schickt dero Kriegsrath Obrist und General Otto Wilhelm von Berlepsch mit diesem Creditiv wegen der jetzigen Conjuncturen im Reich. Lect. bey Hh. Räth, von XXI., den 30. Sept. 1674.

2) Brief der Stadt Straßburg an den Kurfürsten, d. d. Straßburg, den 1. October 1674. Inhalt- Straßburg sendet drei Mitglieder des Kollegiums der Dreizehner an den Kur­ fürsten znm Zweck der Begrüßung und der Verhandlungen.

Straßburger Stadtarchiv A. A. 1302 — Original (Concept) auf Papier; ohne Siegel und ohne Unterschrift. Obwohl gegen Eurer Churf. Durchlaucht Abgeordnete, Kriegsrath, Obrist und General-Qnartier-MeisterHerrn Otto Wilhelm von Bärlepß auf seine bei uns abgelegte propositiones wir uns, jetziger Beschaffenheit

gegen Frankreich 1674—1675.

19

«ach, zu aller Möglichkeit erklärt und der zuversichtlichen Hoffnung geleben

wollen, daß auf desselben erstattende Relation sothane unsre Erklärung zu Churfürstlichen Gnaden ans- und angenommen werden solle, so haben wir

devotion

unserer unterthänigsten

dennoch

gemäß zu sein erachtet, Eurer

Churs. Durchlaucht auch die unsrigen gehorsamst aufwarten und die gegen

dero Herren Abgeordneten gethane aufrichtige contestationes widerholen zu lassen. Zu solchem Ende haben wir unsere geheime Mitregimentsfreunde und Dreyzehner,

Rath

Zornen

Dietrich

Dominikum

unsern

gestrengen, fürsichtigen und weisen Herrn

den wohl edlen,

Dietrich

Georg

von Ploxßheim,

alten Ammeistern,

Stättmeister und

daneben

und Advocaten Johann Adam

den

Herrn

hochgelehrten

Schräg beider Rechten

Doctorn abgefertigt. Gelanget darauf an Eure Churf. Durchlaucht unsere unterthänigste Bitte, Sie gnädigst geruhen, ihnen gleich uns fettsten in ihren Anbringen

völlig

Glauben beyzumessen und sich

erklären,

es

wie

des

gemeinen

in Antwort dergestalt mildist

Wesens

und

zu

unser jemaliger Zustand

erfordern will, auch unser festes Vertrauen dahin gerichtet ist.

Wir

verbleiben

hingegen

nächst

Empfehlung

Gottes

allwaltendem

Machtschutz zu allerhöchst gesegneten Churfürstlichen Prosperität, mit gehor­ samsten Respect

E. Chur. Dicht. Geben den 1. 8bris 1674. (In

verso)

An

Chur Brandenburg Creditiv

auf H.

Stettmeister

Zornen, Hh. Ammstr. Diethrichen und H. Dr. Schrägen. 3)

Brief des Kurfürsten an die Stadt Straßburg, d. d. Haupt­

quartier Willstet, den 2. October 1674. Inhalt: Friedrich Wilhelm bestätigt den

Empfang der

Straßburger Gesandten und

versichert die Stadt seiner besonderen Freundschaft und seines Wohlwollens.

Straßburger Stadtarchiv A. A. 1302 — Original auf Papier

Siegel. Von Gottes Gnaden u. s. w.

Ehrenfeste u. s. w.

Es ist uns nicht allein wie unserm Kriegsrath, Obristen lind General-

Quartiermeister, dem von Berlepsch, sondern auch fürnehmlich von Euren Abgeordneten, Euren Geheimen Mit-Regimentsfreunden und Dreizehner wie

auch Rath und Advokato, Herrn Dietrich Zorn und Joh. Adam Schrägen, beider Rechten Doctor gebührend hinterbracht worden, wessen gegen uns

Ihr Euch wohlmeinend erklärt und was ihr dabei contestiret. Gleichwie wir nun jeder Zeit zu Euch und Ew. Stadt eine 2*

Der Feldzug des Großen Kurfürsten

20

sonderbare Affection und Neigung gehabt, als werden wir auch ferner dabei continuiren und solches bey allen

vorfallenden

Gelegenheiten zu erkennen geben, nicht zweifelnd, Ihr werdet Euch

auch ferner zur Beförderung des gemeinen Wesens also bezeugen, daß Ihr

den bereits erworbenen Ruhm nicht allein beibehaltet, sondern auch ver­ mehret,

und wir verbleiben Euch

Gnade stets wol

mit churfürstlicher

beigethan.

Gegeben in unserem Hauptquartier Willstet den 2. 8bris 1674.

Friderich Wilhelm,

(L. 8.)

Churfürst. (In verso) 2. 8bris 1674.

Recreditiv von Chur. Brandenburg vor

H. Stettmeister Zornen, H. Ammeister Diethrichen und H. Dr. Schrägen. 4) Brief des Kurfürsten an die Kaiserliche Majestät,

d. d. 7./17. Oktober 1674. Inhalt: Der Kurfürst giebt ein Begleitschreiben zu dem Memorial, welches die Stadt

Straßburg an den Kaiser gerichtet, in welchem sie Klage über erlittenen Schaden führt und um Ersatz Petitionirt. Friedrich Wilhelm spendet der Stadt das höchste Lob für ihre Treue und ihren Patriotismus.

Straßburger Stadtarchiv A. A. 1287.

— Kopie, ohne Siegel,

Ort der Abfassung fehlt. Aller durchlauchtigster u. s. w.

Ew. Kayserlichen Majestät kann ich nicht unterlassen, unterthänigst zu hiuterbringen, welcher gestalt Meister und Rath der Stadt Straßburg bei­

gehendes Memorial mir überreichen lassen und dabei flehentlich gebeten, daß Ew. Kays. Majestät ich die darin enthaltenen desideria unterthänigst

fürtragen und

eine demüthige Fürbitte einlegen wollte,

damit von Ew.

Kays. Majestät sie allergnädigst erhöret und ihres Wunsches gewährt werden möchten.

Nun

kann Niemand

leugnen,

Stadt bei jetzigem Zustand Alles

daß

eines

aus Augen

bemelte

Theils

gesetzt,

worauf

andere mehr, denn sich's wohl gebühren will, ihr Absehen richten, und blos allein auf die Treue gesehen, womit sie Ew. Majestät

verwandt und

dahero

deroselben und

dem heiligen

römischen

Reich ungeachtet aller Gefahren, so ihr dahero zustoßen könne,

überaus nützliche, treue Dienste geleistet. Anderstheils ist bekannt, und habe ich's selbst, wie ich anhero mit meiner armde gekommen, in der That mit Leidwesen befunden, daß ihre Landgüter und Dörfer zum

größten Theil zu Grunde gerichtet gewesen

und habe demnach um soviel desto weniger umgehen können, bei Ew. Kays.

gegen Frankreich 1674—1675.

21

Majestät mit meiner untertänigsten intercession und Fürbitte einzukommen.

Ew. Kayserl. Maj. ermessen dero höchstrühmlich gütigstem und gerechtestem Gemüth nach, viel besser als deroselben von mir fürgestellt werden kann, ob nicht sothane der Stadt Straßburg erwiesene Treue, der er­

littene Schaden des Suhens Billigkeit, wie auch die Nothwendigkeit der Mittel für die Garnison, so nicht allein zu besagter Stadt, sondern auch

zu des heiligen, römischen Reichs Sicherheit gehalten wird, dero Kaiserl.

hohe clementz

und

die allergnädigste Erhörnng meritire.

Warum ich

denn auch nnterthänigst will gebeten und Ew. Kaiserl. Majestät vielbesagte

Stadt ferner gehorsamst und aufs Beste recommandirt haben.

Dieselben

damit der gnädigen Obhut des Allerhöchsten und mich u. s. w. Copia Schreibens

an Ihre Kayserl. Majestät von Ihrer Churfürstl. Durchlaucht zu Brandenburg

de dato 7/17 8bris 1674.

5) Brief des Kurfürsten an Straßburg, d. d. Feldlager bei

Marlenheim d. 9./19. Oktober 1674. Inhalt: Der Brief betrifft die Verpflegung der Verwundeten.

Straßburger Stadtarchiv A. A. 1284.

Original, mit Siegel

und Unterschrift. Von Gottes Gnaden Friderich Wilhelm u. s. w.

Unsern gnädigen Gruß zuvor!

Ehrenveste und wohlweise, liebe, be­

sondere! Wir haben ans Eurem Schreiben vom 9./19. Oktober ersehen, was

Maaßen Ihr mit Verpflegung der Verwundeten, so sich etwa hiernächst unter unsern Truppen finden möchten, verschont zu werden gehorsamst bittet.

Nun ist unsere Meinung nie gewesen, daß Ihr die Verpflegung der­

selben über Euch nehmen und solche aus Euren Mitteln thun möchtet, sondern nur, daß Ihr dazu bequeme Oerter anweisen und Euern Chirurgis und Wundärzten anbefehlen solltet, die Cur zu verrichten, welche wir dann

dafür bezahlen, auch sonsten vor der Verpflegung Sorge tragen wollten. Und weil solches in der Billigkeit bestehet, auch dadurch Euch und Euern Hospitalen keine neue Beschwerde zugezogen, als versehen wir uns zu Euch

in Gnaden, Ihr werdet darum keine ferneren Difficultäten machen, sondern

22

Der Feldzug des Großen Kurfürsten

auf den begebenden Fall diesem unserm billig mäßigen Ansinnen unschwer deferirend. Wir seyend Euch mit Churfürstl. Gnaden und Hulden wohl zugethan.

Geben in unserem Feldlager bei Marle, am 9./19. Oktober 1674.

(L. 8.)

Friderich Wilhelm

Churfürst. Den gestrengen, edlen u. s. w.

Straßburg.

(In

verso) 9./19.

Chur - Brandenburg begehrt für

8bris 1674.

die Verwundeten nur bequeme Oerter anzuweisen; die Wundärzte und Ver­ pflegungskosten wollen sie zahlen lassen.

6) Bries des Kurfürsten an die Stadt Straßburg d. d. Feldlager

bei Rohr, d. 11./21. Oktober 1674. Inhalt: Friedrich Wilhelm sendet Somnitz und Meinders als seine Bevollmächtigten nach Straßburg.

Straßburger Stadtarchiv A. A. 1302. — Original, Siegel, Unterschrift.

Von Gottes Gnaden u. s. w. Unsern gnädigen Gruß zuvor!

Ehrenfeste u. s. w.

Demnach wir denen unsern hochgelehrten unsrer geheimen Räthen . . .

und lieben getreuen Lorentz Christoph von Somnitz, des herzogthums Hintern Pommern Erbkämmerer und Frantz Meinders aufgetragen, Euch ein und

anders, daran uns sonderlich gelegen, vorzustellen, als gesinnen wir hiermit gnädigst an Euch, ihnen darunter

völlig Glauben beizumessen und Euch

darauf solcher Gestalt zu bezeugen, wie es der Sache Nothdurft erheischt

und unser zu Euch gerichtet Vertrauen gemäß ist.

Und verbleiben Euch

mit churfürstlicher Gnade und Huld Wohl beigethan.

Gegeben in unserm Feldlager bei Norr, den 11./21. Oct. 1674.

(L. 8.)

Friederich Wilhelm

Churfürst.

(In verso) 11./21. 8bris 1674.

Creditiv von Chur - Brandenburg

von dero Abgesandten, Herrn Lorentz Christoph von Somnitz und Frantz

Meinders.

gegen Frankreich 1674—1675.

23

7) Brief des Kurfürsten an die Stadt Straßburg, d. d. Feld­ lager bei Quatzenheim, d. 15. Oktober An. 1674. Inhalt: Friedrich Wilhelm benachrichtigt die Stadt von der Einnahme von Wasseln-

heim und forderte sie auf, Vertreter zu schicken, um wegen der Uebergabc desselben an Straßburg zu verhandeln.

Straßburger Stadtarchiv A. A. 1296.

Original, Siegel,

Unterschrift.

Von Gottes Gnaden Friderich Wilhelm u. s. w. Unsern gnädigen Gruß zuvor! Ehrendeste, wohlw?ise, liebe, besondere! Euch ist nunmehr bekannt, was maaßen wir durch göttliche Hülfe das Euch zugehörige Haus Wasselnheim dem Feind wieder abgenommen. Wann

wir nun gesonnen sein, solches wieder in eure Hände zu liefern, jedoch dabei die Vorsorge tragen, wie zu verhüten, daß selbiges vom Feinde hier­ nächst nicht

wieder occupirt und Euch und dem umliegenden territorio

daraus nicht ferner Schaden zugefügt werden möge, als habt daher aufs

Förderlichste und noch heute Jemand der Eurigen herauszusenden, mit dem wir solches überlegen können.

Wir tragen das gnädigste Vertrauen zu Euch, Ihr werdet hierüber nichts verabsäumen, weil es blos und allein zu

Eurem Besten angesehen: Seind Euch schließlich mit Churfürstlicher Gnaden gewogen. Gegeben im Feldlager bey Quartzenheim, den 15. October An. 1674.

(L. 8.)

Friderich Wilhelm

Churfürst. An die Stadt Straßburg.

8) Brief der Stadt Straßburg an den Kurfürsten,

d. 24. Oktober 1674. Inhalt: Straßburg spricht fein Bedauern aus, daß die Kurfürstin so unerwartet abgereist sei, ohne daß den Straßburgern Gelegenheit gegeben worden, ihr die

schuldige Aufwartung zu machen.

Straßburger Stadtarchiv 1284.

Konzept, ohne Unterschrift.

An Chur-Brandenburg . . . Ew.

Churs.

Dicht.

Frauen Gemahlin Churs.

Dicht,

ist gestrigen

Tages ganz unvermuthet, und ohne daß zuvorhin die geringste Kundschaft

dessen an uns gelanget wäre, von hier abgereist und darmit ist uns die

Gelegenheit entgangen, die sonst in alle weg schuldige unterthänigste Auf­ wartung darbei abzulegen. Wir betrauern es um so viel mehreres, als wir wahrhaftig nicht gern und mit Willen etwas unterlassen, so zur Bezeigung des

Der Feldzug des Großen Kurfürsten

24 gegen Ew.

Churf. Dicht,

dienen kann?)

tragenden unterthänigsten Respects

Und eben der Ursach und ohnerachtet von Ew. Churf-

Dicht, ganz gerechtigstem Gemüth wir uns allerdings versichert wissen, daß Sie das einige, so ohne unser Verschulden geschehen, uns

zu Ohngnad

nicht aufnehmen werden, haben wir gleichwohl nicht unterlassen sollen, unsere

Entschuldigung unterthänigst abzulegen und im Uebrigen dero

gnädigsten

Befehl zu erwarten, wie und auf was Weise solcher Abgang anderwärts ersetzen

und mit Ew. Churf. Dicht,

gnädigstem Belieben wir in dem

Werke möchten erweisen können, mit was tiefster Veneration wir seien Ew. Churf. Dicht. ....

Dat. 24. October 1674.

III.

Im Straßburger Stadtarchiv A. A. 1281 und 1284 fanden

sich

zwei Briefe Bournonvilles?) vor:

1) A. A. 1284. Dankbrief Bournonvilles vom 6. Oktober, ebenfalls an Straßburg; er wünscht ein Buch typographia Alsatiae superioris

et inferioris.

„Im Uebrigen bedanke ich mich auch gegen meine Herren

für dasjenige viel Gutes, so Sie denjenigen, welche in dem letzten mit dem

Feind vorgegangenen Treffen beschädigt worden, widerfahren lassen, welches wie auch den großen Eifer, so Sie zu Ihrer Kaiserl. Majestät,

unseres allergnädigsten Herren, Diensten tragen, nicht unterlassen werden, hinfüro wie bishero geschehen, höchstens zu rühmen." 2) A. A. 1281.

Ein eigenhändiger Brief an Straßburg, mit dem

Ersuchen, dem Oberst Wedel etliche hundert Stückkugeln verabfolgen zu

lassen, d. d. Kaiserl. Hauptquartier Jllkirchen, d. 10. Oktober 1674.

0 Vielleicht findet die schnelle Abreise der Fürstin eine Erklärung in den Worten Bnchs in seinem Tagebuch (a. a. O. S. 32): „Die Frau Kursürstin ging diesen Tag (5. Oktober) mit großem Widerwillen nach Straßburg, nm hier zu bleiben, denn wir dachten nicht anders, als bevor wir von Straßburg schieden, eine Schlacht zu liefern." Der ungünstige AuSgang bei Marlenheim hatte die Kurfürstin ohne Zweifel veranlaßt, die freie Reichsstadt möglichst schnell zu verlassen. 2) Ueber Bournonville gibt Kessel sTagebuch Buchs, S. 34) folgende Notizen an: Bournonville, Alex. Hipolit Balthasar, Duc de, geb. 1620, zeichnet sich 1638 bei den Wcstfät. Kreistruppen, 1645 bei Nördlingen aus, war 1648 glücklich gegen die Schwe­ den, ward 1648 Generalmajor, focht seit 1649 in Spaniens Diensten unter Conde, ward 1658 Herzog, 1666 General-Capitain von Artois, focht 1672 schon neben Friedrich Wilhelm als Kommandeur der Reichsarmee in Westfalen, 1676 Fcldmarschall in Kata­ lonien, erobert 1677 Sizilien wieder für die Spanier, ward Vizekönig von Katalonien und Navarra, f 1690.

IV. Marechal de Cre'quy hatte von Luneville, den 7. Oktober 1674 an den Fürsten von Birkenfeld zu Rappoltsweiler geschrieben, indem

er ihm meldete, daß er mit beträchtlichen Streitkräften ins Ober-Elsaß an­ langen würde.

Zugleich hatte er ihn aufgefordert, ihm über die Stellung

der Alliirten nähere Mittheilung zu machen.

Er erhielt folgende Antwort

(Originalbrief im Bezirksarchiv zu Colmar E. 547):

Monseigneur, Nous avons recu la lettre, qu V. Exei. a addressee au Commandant de chasteau de cette ville, oü il n’y a que les officiers et gens de son Altesse Monsgr. le Prince Palatin de Birkenfeld nostre Maistre. Et comme Vre Excel, desire scavoir des nouvelles de ces quartiers et de l’armöe des alliez nous Fadvertissons par ces lignes, que selon les avis que nous avons de Selestat et autres lieux voisins ladte armee se tient encore entre Strassbourg, Dachstein et Moltz­ heim, estant en action avec Monseigneur de Turenne depuis cinq ou six jours. On parlait bien que les trouppes Lorraines devoient passer par les vallees de Weiler et St. Marie, mais jusqu’ä pre­ sent il n’y a eu que quelques partis destaches qui ont faiet des courses en la haute Alsace, dont Fun estant fort de six vingt chevaux fit avant hier une rencontre pres de cette ville avec un parti de Brisac d’environ 150 hommes de cavrie et d’Infanterie, qui furent pousses et obliges de se retirer, dont 15 blesses et 28 sains se sauverent icy, oü ils sont encore attendans les ordres de Brisac. Nous sommes bien en peine et tout ce pays est fort alarine de ces courses, les partis ne s’arrestent gueres en aucun lieu et n’y a que quelques sauvegardes en allies en ceux qui sont vers la basse Alsace. Nous nous recommandons tres humblement, Monseigneur, ä l’honneur de vos bonnes graces et de vre protection et ne manquerons pas d’executes fidelement les ordres qu’il plaira ä Vre Excl. nous departir estant veritablement avec deü respect, estans veritablement Monseigneur de Vre Exc. ä Ribauviller ce 10. tres humbles et tres obeissans 8bre 1674. servitcurs Consers et officiers de son Alt. Monssgr. le Prince Palatin deBirkenfcls en la Comte de Ribaupierre.

26

Der Feldzug des Großen Kurfürsten

in. Das Winterquartier des Kurfürsten Friedrich Wilhelm in der Reichsstadt Colmar. Historische Uebersicht.

Nach dem resultatlosen Treffen bei Marlen­

heim am 18. Oktober war ein fiir den Kurfürsten Friedrich Wilhelm un­ günstiger Umschwung in der Stimmung des Elsässischen Volkes eingetreten.

Dazu war das Land durch die vielen kriegerischen Unternehmungen der Franzosen

in

eine traurige Lage gerathen; nur mit Klagen, mit Ver­

wünschungen und großem Argwohn wurden die Truppen der Alliirten im

Ober-Elsaß empfangen.

Die freie deutsche Reichsstadt Colmar, welche

im Jahre vorher von Ludwig XIV.

mit List und Gewalt eingenommen

und verheert worden war (vgl. Rocholl, d. Gr. K. Seite 20 bis 33), wurde

zum Hauptquartier des Kurfürsten ausersehen.

Der General-Quartier-

meister Otto Wilhelm v. Berlepsch zog zunächst am 2. November in die

Stadt ein, ihm folgte später der Hof und der Generalstab mit 1200 Mann. Colmar bat in einem Briefe, in welchem es seine Noth auseinandersetzte, die Vertreter der Stadt Straßburg, den Kurfürsten zu bewegen, eine andere

Stadt zum Quartier zu nehmen, doch war ihr Gesuch vergebens. Bürgerschaft der

Die

Reichsstadt war dlirch religiöse Streitigkeiten in große

Uneinigkeit gerathen; doch hielt der Kurfürst sich denselben fern, obwohl die Protestanten seine Hülfe gern gesehen hätten.

Am 26. November brach der Kurfürst mit seinem Heere von Straß­ burg auf.

Seinen

ältesten Sohn, Carl Emil, mußte er schwer krank

daselbst zurücklassen. Auf dem Zuge ins Ober-Elsaß überfiel den Kurfürsten die Gicht, ein Leiden, welches ihn auf der ganzen Campagne nicht wieder

verließ und

oft seine Thätigkeit im Oberbefehl über sämmtliche deutsche

Truppen lähmte.

In Colmar bewohnte Friedrich Wilhelm das Rathhaus,

den sogenannten Wagkeller.')

Das Brandenburgische Hauptquartier war

von einer großen Anzahl von Offizieren, Gesandten, Diplomaten, Fürsten und anderen angesehenen Personen begleitet. Aus Rücksicht auf die bedrängte Lage der Stadt begnügte sich der Kurfürst, nur die sogenannten Trabanten

i) Der „Wagkeller" war ein historisch berühmtes Haus. Im Wagkeller fanden die zwei Mal in der Woche abzuhaltenden Sitzungen des Magistrates der Stadt Colmar statt, um Recht zu sprechen. Ein Anbau des Wagkellers war ein aristokratisches Kasino.

Auch Ludwig XIV. logirte zweimal in demselben, im Jahre 1681 und 1683. Im Jahre 1698 wurde durch königl. Ordre das Conseil Souverain d’Alsace von Breisach ans hinein verlegt, worauf der Colmarer Magistrat den großen Saal auf der Schnciderzunft einnahm. 1769 wurde das alte Palais abgebrochen und ein neues auf­ geführt, der heutige Appellationsgerichtshof.

gegen Frankreich 1674—1675.

27

seines Hofes und eine Schwadron Dragoner in Colniar bei sich zur Be­

dienung und Bewachung zu halten, trotzdem die Nähe der noch in fran­

zösischen Händen befindlichen Festung Breisach ihm hätte gefährlich werden können.

Zu Colmar hatte der Große Kurfürst den schmerzlichen Verlust seines von ihm sehr geliebten Sohnes Carl Emil zu beklagen; der Prinz starb zu Straßburg am 7. Dezember.')

Es lag der Verdacht vor, daß der

junge Fürst das Opfer eines Verbrechens, daß er nämlich vergiftet worden

fei.*2)

Die Straßburger schickten eine besondere Deputation, den Kurfürsten

ihres Beileids zu versichern. Während des langen Aufenthaltes des Branden­

burgers lebte die Reichsstadt Colmar gleichsam wieder auf; sie organisirte ihre frühere Bürgerwehr wieder und armirte ihre alten Befestigungswerke.

Die Kaiserlichen Truppen hatten in der Gegend von Ensisheim ab, wo der Herzog von Bournonville sein Hauptquartier hatte, über Mül­

hausen nach Maasmünster bis in die Gegend von Belfort und Basel Städte und Dörfer bezogen.

Die Lothringer hatten das

Leberthal

und die

Hügellandschaft am Fuße der Vogesen von Kestenholz bis St. Pilt, wo Carl IV. von Lothringen Posto faßte, eingenommen.

Die Lüneburger

lagerten sich zwischen Rappoltsweiler, Schlettstadt und Benfelden; in Schlett-

stadt hatte der Herzog Georg Wilhelm von Braunschweig-Lüneburg sein

Hauptquartier. Ostheim nach

Die Umgegend von Colmar und Rufach in der Linie von Thann hatte der Kurfürst

Friedrich

Wilhelm für seine

Brandenburger bestimmt (vergl. Peter a. a. O. S. 315 folg.; Rocholl a. a. O. S. 33 folg.)

Die auf die Zeit des Hauptquartiers des Großen Kurfürsten in Colmar

bezüglichen Urkunden, welche sich vorfanden, sind folgende: I. Briefe des Kurfürsten, der Städte Straßburg

und

Colmar; zusammen 6 Briefe. Aus ihnen ist wiederum zu ersehen, in welchem

vertrauten Ver­

hältniß der Kurfürst und die Straßburger mit einander standen. Colmar bittet Straßburg um Fürsprache bei Friedrich Wilhelm; Straßburg 9 Am 29. Nov. a. St. schrieb der Kurfürst an den Fürsten von Anhalt über den

Verlust seines Sohnes: „Wie wehe uns nun dieser schmerzliche und unverhoffte Todes­

fall thun mußte, können Ew. Liebden leicht ermessen, weil uns aber wohl bewußt, daß alles, was uns von der Hand des Herrn zukommt, zu unserm Besten anzusehen, also

müssen wir auch demselben uns geduldig unterwerfen n. s. w." 2) Ueber die Krankheit und den Tod des Kurprinzen Carl Emil siehe Kessel, Buchs

Tagebuch, a. a. O. S. 47 folg.

28

Der Feldzug des Großen Kurfürsten

ersucht den Kurfürsten, die Klagen der Stadt vor der Kaiserlichen Majestät zu unterstützen und ihr Bestes zu vertreten.

Der Kurfürst gibt

den

Straßburgern die Versicherung, daß er ihnen zur Erleichterung ihrer miß­

lichen Lage behülflich

sein wolle.

Obwohl

des

Klagens genug in der

Correspondenz ist, so enthält sie doch auch manchen Beweis der alten treuen deutschen Gesinnung der Reichsstädte. Straßburg verkaufte an das Branden­

burgische Heer Korn und Proviant. von der damals

Die Briefe geben eine Schilderung

allgemein herrschenden Noth des Landes und von der

Niedergeschlagenheit, welche sich der Gemüther des Volkes bemächtigt hatte. Sie sind

ein

Beweis von der hochedlen und fürstlichen Gesinnung des

großen Hohenzollers.

II. Auszug aus dem Protokoll der Dreizehner.

Die Stellen bezeugen die Theilnahme, welche die Straßburger nach dem Ableben des Kurprinzen am 7. Dezember an der Trauer der kurfürst­

lichen Familie zeigten.

III. Auszug aus den Acta capitularia des St. Martins­ stiftes zu Colmar.

Diese Aufzeichnungen überliefern uns mehrere interessante Einzelheiten über den Aufenthalt der Brandenburger in der Reichsstadt Colmar, über den General-Quartiermeister

Feldmarschall Derflinger.

v.

Berlepsch

und

über

den

General-

Sie berichten über die kirchlichen Streitig­

keiten, welche die Brandenburger beim Eintritt in die Stadt unter der Ein­ wohnerschaft antrafen, welche aber gerade durch die Anwesenheit des Kur­

fürsten vorläufig ein Ende fanden.

IV. Ein Brief des Bischofs von Basel, Johann Conrad, an

das St. Martinsstift zu Colmar.

Er kann zur Erläuterung der (unter III.) angeführten acta capitularia

dienen, sofern sie über die religiös - kirchlichen Verhältnisse der Reichsstadt

Colmar berichten. Der Bischof fällt über die Persönlichkeit und Gesinnung

des Großen Kurfürsten ein treffliches Urtheil. V. Bericht des Württembergischen Kirchenschaffners Chem-

nitius.

Chemnitius erzählt seine Thaten und Leiden während der Anwesenheit der Brandenburger in der Graf- und Herrschaft Horburg-Reichenweier und gibt eine, wenn auch nicht wichtige, so doch immerhin anschauliche Erzählung

von den Zuständen der damaligen Zeit im ober-elsälsischen Land. VI.

7 Schriftstücke, betreffend die Truppen und Befehle

des Herzogs Georg Wilhelm zu Braunschweig-Lüneburg. Aus ihnen ersieht man, in welchem Zustand die Truppen sich befanden, wie Krankheiten unter ihnen herrschten, wie schwierig ihre Verpflegung und

gegen Frankreich 1674—1675.

Von Werth ist die Berechnung der Kontributionen

Einquartierung war.

und Lieferungen,

29

welche die Stadt Nappoltsweiler für die Holsteiner

und Lüneburger zu besorgen hatte; sie giebt, abgesehen von den verzeichneten

Summen, noch einen Einblick in die Organisation und in die Bestandtheile Mit welcher Strenge der Herzog von Braunschweig-

dieser Truppentheile.

Lüneburg die Bewohner des Landes zur Mitarbeit an der Fortisikation der

Festung Schlettstadt zwingen mußte, davon giebt die Korrespondenz desselben mit den Rappoltsweilern einen beredten Beleg; zugleich erkennt man aus ihr, wie Land und Volk im Ober-Elsaß durch den Krieg vollständig zu Grunde gerichtet war.

Aus einem Verzeichniß

(Nr. 7) ist zu ersehen,

in welchen Ortschaften der Nappolsteinschen Grafschaft

brandenburgische

Truppen lagen.

I. 1) Brief des Meisters und Raths der Reichsstadt Colmar an die Reichsstadt Straßburg d. d. 16. November 1674. Inhalt: Meister und Rath der Reichsstadt Colmar klagen den Vertretern Straßburgs ihre große Noth, daß Colmar bei der Verlheilung der Winterquartiere der deutschen Armee zum Hauptquartier des Kurfürsten bestimmt worden sei. Die Stadt sei verarmt und könne die Last der Einquartierung nich tragen. Sie hätten zu Regensburg durch ihren Vertreter Protest dagegen ein­ legen lassen. Die Straßburger möchten aber vorher für sie bei dem Kur­ fürsten intcrvenircn, zumal da sie ihrem Vermögen nach pro causa communi gern beitragen wollten.

Straßburger Stadtarchiv A. A. 1276. — Original, Siegel, Unterschrift.

Gestrenge, edele, feste, fürsichtige und wohlweise, insbesonders hochgeehrte Herren, Nachbarn u. s. w.

Ew. Gstrgkt. Alliirten

und Lbdt.

werden

bereits

aus

der

von den hohen

unter sich genommenen Quartiers-Repartition in diesen Ober-

Elsassischen Landen nach Genügen bekannt sein, daß dieser hiesige aus­

gemergelte Ort anstatt verhoffter Erlösung von den bishero erlittenen Drangsalen Ihrer Churs. Dlcht. zum Hauptquartier assignirt, auch der­

selbe bereits durch ihre vorangeschickte fourier und Stabsbediente officiers in Besitz

genommen,

auch

eine solche Liste nicht

allein vom Hofe und

Generalstab, sondern auch von dem Leib-Regiment übergeben worden, daß

uns solche Last ganz unerträglich falle und, da es dabey verbleibt, sonder

Zweifel uns gehalten

den Herzstoß geben würde,

wird, und

zumalen da sogar keine ordrc

ein jeder nach eigenem Belieben,

ohnangesehen der

Billets sich der bequemsten Quartiere impatroniren, auch in denselben den

30

Der Feldzug des Großen Knrsiirstcn

Nun können Ew. Gstrgkt. und Lbdt. von

absoluten Meister spielen will.

selbst leichtlich

begreifen,

wie schmerzlich den vorhin ausgesogenen,

auch

um Ihr. Kays. Majestät des Römischen Reiches und dero stand­

erwiesenen

haft

Treue willen

von auswärtiger Gewalt bishero so

hart bedrückten armen Leuten vorkomme, wann anstatt ihrer von dieser so

mächtig

und

zur Wohlfahrt und Rettung aller bedrängten Reichsglieder

angesehenen Reichsverfassung so gewiß geschöpfter Hoffnung ihrer liberation, sie anjetzo in der That verspüren und sehen müssen, daß zwischen ihnen

und den Feinds und anderen bishero verschont gebliebenen Landen, die sich über unser Unglück vormalen erfreuet und vom Römischen Reich und den armen Städten ihren Spott getrieben, sogar kein Unterschied gemacht, man

uns auch vor denselben, der so vielfältigen Drangsalen halben, ganz kein avantage noch Ergötzlichkeit gedeihen lasse.

Gleichwie nun aber dieses zu

einem sehr schädlichen Exempel dienet, wann den höheren Reichsständen so

viel eingeräumt werden sollte, daß sie die geringeren pro tubitu mit Einquartirung belegen

haben wir nicht

und

dieselben damit zu Grunde richten sollten,

also

ermangeln, solches an unsere zu Regensburg noch sub-

sistirenden Deputirten gelangen zu lassen, da solches all gehörigen Orten, absonderlich aber den löblichen Reichsstädten-Collegio beweglich zu remon-

Wir stehen aber in Sorgen, ehe und bevor uns einige Linderungs­

striren.

hülfe von daraus gedacht, wir leider schon ansgezehrt und es nm das Wenige,

was

uns

dürfte,

noch

dahcro

von der französischen Einquartirnng übrig, wir

gethan sein

eine unumgängliche Nothdurft zu sein ermessen, mit

Ew. Gstrgkt. und Lbdt. wegen mit unterlaufender gemeinsamer Interessen

hierüber zn communiciren, auch dieselbe um Mittheilung dero guten Raths, wie nicht weniger dero vielvermögenden Jnterpetition bei Ihrer Churs. Dlcht.

dienstbarlich

zu ersuchen.

Wir können zwar wohl begreifen,

daß

die ratio belli nicht zugibt, unser zu verschonen, wollen auch herzlich gern, wann nur der intendirte Scopus erreichet und wir nur nicht dadurch in

einen

gefährlicheren Stand, wie es

leider fast das Ansehn

hat,

gesetzt

werden, das Unserige pro causa communi nach Vermögen bei­ tragen.

Daß den vorhin ruinirten und äußerst bedrängten Städten aber

die so kostbare Verpflegung so vieler hoher officier und gemeiner Knechte

deren zu des gesummten Römischen Reichs defension und Wohlfahrt zu­

sammengeführten Armee

allein

aufgebürdet werden sollte,

befremdt als unerschwinglich vor. diesfalls

das

dienstbarliche

bedrängten Städte,

Vertrauen,

absonderlich

kommt uns so

Zu Ew. Gstrgkt. und Lbdt. setzen wir Sie

werden

sich

der

armen,

aber dieser guten Stadt ob commune

Interesse et communia sacra getreulich annehmen und dadurch in Zeiten verhüten, damit das, womit anjetzo bei den geringen Reichsstädten ein An-

gegen Frankreich 1674—1675.

31

fang gemacht werden will, nicht zum Exempel einer schädlichen Nachfolge

in's Künftige dienen, auch auf die höheren applicirt werden möchte.

Wir

erkennen dieser uns hierin erweisenden faveur auf anderweitige Begeben­ heit mit schuldigstem Dank und verbleiben unserer hochgeehrten Herren Nachbarn

Colmar, den 16. November 1674.

dienstwilligste Meister und Rath

Denen gestrengen, edlen u. s. w.

des Hehl. Reichs Stadt

Herren Nachbarn rc.

Colmar. Straßburg. (L. 8.)

(In verso) Lect. bey Hh. Räthen und XXI.

den 21. November 1674. 2) Brief des Kurfürsten an die Stadt Straßburg, d. d. Colmar, den 25. November 1674. Inhalt: Der Kurfürst berichtet über die Audienz, welche er den Straßburger Depulirten

in Sachen Colmars ertheilt hat, und erklärt, daß der den bestehenden Verhält­ nissen gemäß handeln werde.

Straßburger Stadtarchiv Ä. A. 1276. — Original, Siegel, Unterschrift. Von Gottes Gnaden Friderich Wilhelm, Marggraff zu Bran­

denburg n. s. w. Unsern gnädigen Gruß zuvor, ehrenfeste, wohlweise, liebe, besondere!

Wir baben von Euern an uns

abgefertigten Deputirten bei ver­

statteter Audienz mit Mehrerem vernommen, was Ihr auf Veranlassung der Stadt Colmar und sonst an uns anbringen wollt.

Wie wir uns der

Sachen Beschaffenheit nach dergestalt darauf erkläret, wie es die Nothdurft und die jetzige Conjunktur erfordert,

also werden dieselben Euch solches

mit Mehrem zu hinterbringen wissen, gestalten wir uns darauf beziehen

und Ihr ihnen darunter völligen Glauben beimessen könnet.

Wir ver­

bleiben daneben Euch mit churfürstlicher Gnade gewogen.

Gegeben zu Colmar, den 25. November 1674. Friderich Wilhelm,

(L. 8.) Churfürst. (In verso) Churbrandenburgisches Recreditiv auf M. Hh. Deputirte.

— Lect. bey M. Hh. den XIII., den 28. November 1674. Anmerkung.

Zwischen dem Kursllrsten und der Stadt Straßburg fand eine sehr

lebhafte Korrespondenz statt.

Straßburg

der übrigen Kriegsdrangsale,

es

klagte wegen zu großer Einquartierung und

petitionirte um Abstellung derselben bis an den Kaiser.

Friedrich Wilhelm nahm fich der Stadt ans's Wärmste an und vertrat die Stadt, so

gut er konnte, bei der Kaiserlichen Majestät.

Der Feldzug des Großen Kurfürsten

32

3) Brief des Kurfürsten an Straßburg d. d. Colmar,

den 15. December 1674. Inhalt: Friedrich Wilhelm berichtet, daß er das Anliegen der Reichsstadt an die Kaisers. Majestät und an den Markgraf von Baden geschrieben habe.

Straßburger Stadtarchiv A. A. 1287. — Abschrift ohne Siegel. Von Gottes Gnaden u. s. w. Unsern gnädigen Gruß zuvor! Ehrenfeste u. s. w.

Wir haben uns der Gebühr vortragen lassen, was Ihr wegen Ab­ bei Euch

forderung der

stehenden

oberrheinischen

Völker

berichtet

und

Nun seind wir ebenmäßig der Meinung, daß aus den von Euch

gebeten.

angeführten und andern Ursachen gedachte Völker allda verbleiben und des­ falls keine Aenderung vorzenommen werden mag, gestalten wir dann auch

zu solchem Ende nicht allein an Ihre Kaiserl. Majestät, sondern auch ab­ sonderlich

an des Herrn Reichs-Feldmarschall,

den des Markgrafen zu

Baden Liebden geschrieben, wie Ihr aus beigehender Abschrift zu ersehen

Hoffe, es werde Ihre kaiserliche Majestät unserm unterthänigsten Fürschlag

deferiren.

Und

wir

verbleiben

Euch

mit

churfürstlicher

Gnade

stets

zngethan. Gegeben zn Colmar, den 15./25. December 1674.

Friderich Wilhelm,

An Straßburg.

Churfürst.

4) Brief des Kurfürsten an die Stadt Straßburg,

d. d. Colmar, den 18. December 1674. Inhalt: Der Kurfürst verhandelt mit Straßburg wegen Einkaufs von Korn.

Straßburger Stadtarchiv A. A. 1271. — Original, Siegel, Unterschrift.

Von Gottes Gnaden u. s. w. Unsern gnädigen Gruß zuvor! Ehrenfeste u. s. w.

Nachdem wir dem hochgelehrten, unserm geheimen Rath und lieben getreuen Frantz Meinders gnädigste Commission und Befehl gegeben, eine

erkleckliche Quantität Korns zum Behuf unserer Armee alldort zu erhan­

deln und zu erkaufen, als gesinnen wir von Euch in Gnaden, Ihr wollet

demselben nicht allein die Hand bieten, sondern auch das von Ihm erkaufte Getreide gegen sein Attestatum jedesmal frei und ohne einzige Auflage abholcn und passircn lassen.

Wie solches zur Beförderung des gemeinen

Wesens gereicht, also versehen wir uns darunter aller willfährigen Bezeu­ gungen nnd werden solche um Euch und Eurer Stadt zu allen Occasionen

gegen Frankreich 1674—1675.

33

mit gnädigstem Dank zu erkennen nnvergessen sein. Verbleiben Euch sonsten

auch mit churfürstlichen Hulden und Gnaden stets wohl beigethan. Colmar, den 18. December An. 1674.

Friderich Wilhelm. (In verso) Ihre Churs. Dicht, wollen zum Behuef Ihrer Armee eine Quantität Korn allhier einkaufen

lassen, begehren dessen früheres

Ablegen. 5) Brief des Kurfürsten an den Kaiser d. d. Colmar,

den 20./30. December 1674. Inhalt: Der Kurfürst vertritt die Interessen der Stadt Straßburg beim Kaiser.

Straßburger Stadtarchiv A. A. 1287. — Abschrift ohne Siegel.

lebe der

„Ich

unterthänigsten Zuversicht,

Eure Kaiserl. Majestät

werden diese meine wohlgemeinte anderweitige Jntercession nicht allein nicht ungnädig vermerken, sondern in Kaiserlich hoher Gnade von selbst geneigt

daß der guten Stadt erwiesene Treue nicht allein aller-

sein,

gnädigst erkannt, sondern auch derselben

in Ihrer Noth

auf

fügliche Art und Weise succurrirt werde, also daß besagter Stadt und

Straßburg

einfolgig

des

römischen

Reichs

Sicherheit

befördert

werde.-------- - —

Colmar, den 20./30. December 1674.

Friderich Wilhelm. 6) Brief der Stadt Straßburg an die Kaiserliche Majestät

d. d. Straßburg den 21./31. December 1674. Inhalt: Beschwerdeschrift.

Straßburg betheuert die Treue gegen Kaiser und Reich.

Straßburger Stadtarchiv. A. A. 1287. — Copie.

(Es koinmen folgende erhebende Worte darin vor.) Zuvordrist versichern wir dagegen mit Gründen der Wahr­ heit,

daß

in

der

schuldigen

aufrichtig

gefärbten Treue und

Devotion gegen Ew. Kaiserl. Majestät und das wir beständig und ausgesetzt verharren, glück über

uns ergehen,

heilige Reich

auch lieber alles Un­

als davon zuwider und entgegen zu

handeln, uns in einigerlei Weise werden bewegen lassen. geloben auf der

Wir

allerunterthänigsten Zuversicht, uns damit gleichwie der

hohen Kaiserlichen Gnade und Hulden soviel würdiger zu machen, also auch

den erfreulichen Genuß beschehener allergnädigster Vertröstungen so viel zu empfinden.--------------- —* Straßburg, den 21./31. December 1674.

34

Der Feldzug des Großen Kurfürsten

II. Auszug aus dem Protokolle der Dreizehner 1674—1675.

Dienstag

den

8.

lObris

an.

1674 hora 4ta

pom.

Mg.

Hh.

die XIII. Herr Stättmeister Zorn und Herr Ammeister Dietrich, welche

zu Ihrer Churf. Dicht, von Brandenburg von M. g. Herren zu condolireit abgeordnet worden, lassen durch mich referiren,

daß Ihre Churf. Dlcht.

wie auch die Churfiirstin die Schickung und bezeugte Kondolenz wegen des Churprinzen sehr wohl ausgenommen und dargegen die Versicherung gethan haben,

M. g. Herren

in allen Vorfallenheiten zu be­

zeugen, daß er ihr guter Freund sein, wie auch daß sie sich ans

seine Freundschaft zu verlassen hätten.

Herr Ammeister Dietrich

berichtet hierauf, wie daß Herr Obrist XI. Brosdorff, alias Schertt ge­

nannt, sucht,

ihnen in particulari im Namen Ihrer Churfürstlichen Dlcht. er­

ob er nicht könnte etliche Schiffe und etwa 10 Centner Bley und

gleich Gewicht an Pulver von hier gegen paare Bezahlung haben, welches

petitum er den Herren Ammeistern ad referendum genommen, mit Be­ deuten, daß, sobald es möglich werde sein können, deswegen Bericht erstatten wollte;

er ihm, Herrn Scherdt

stelle es also zu M. g. Hh. @r messen

zu antworten.

Seite 755. Sambsstag, den 12. December 1674. pr. Sess. Ordin. M. g. Hh. die XIII. Lect. Schreiben von Ihr. Churf. Dlcht. zu Brandenburg, die

sagen M. g. Herren Dank, daß Sie durch dero Deputirten ihre Condolenz wegen tödtlichen Ableibens des Chur-Prinzen ablegen lassen wollen; bleibt

auf sich. Herr Syndikus Frid proponirt,

es habe ein churbrandenburgischer

Bedienter ihm zu erkennen gegeben, dieweil künftige Woche der Leichnahm

des Chur-Prinzen von hier abgeführt werden solle,

daß der Herr Stall­

meister um Erlaubniß gebeten haben wolle, daß morgen noch eine Predigt

in dem Hof gehalten werden möchte, und als er Herrn Syndico ihm zur Antwort gegeben, daß man nicht verhoffen wolle, dieweil sonsten Niemand

von ihrer churfürstlichen Dlcht. Leuten allhier sich befindt, daß man solches begehre, habe er ihm replicirt, daß der Herr Obersthofmarschall heute hier-

hero kommen werde; er habe expressen Befehl, sich an ihn, Herrn Syndic, zu adressiren uud ihn zu ersuchen, daß er es M. g. Herren vortragen möge.

Erk.: Soll das Begehren glimpflich abgelehnt werden.

(Siehe Fortsetzung des Protokolls der XIII. Seite 57.)

gegen Frankreich 1674—1675.

35

III.

Auszug aus den im Bezirksarchiv des Ober-Elsaß zu Colmar beruhenden capitularia des St.

Acta

Martinsstiftes

zu Colmar,

betreffend

die

kriegerischen Ereignisse des Jahres 1674 bis 1675. S. 143. 1674, Nov.

2.

Ist der Brandenburgische General-Qnartier-

meister von Berleps hier angelangt.

Tags daranf haben die Herren

des Magistrats drei Deputirte als Herr Joh. Dürminger, Herr Ambr.

Niegert und Herr Georg Hauser, einen Catholik, zu mir Dechant abgcordnet und anhalten lassen: ich soll den introducirten Calender wiederum abstellen, mit Läutung aller Glocken innehalten und ob ich mich in Gutem

dazu verstehen wolle? Antwort: 1) berufte sich der Dechant auf den Bischöfl. Befehl, könne und wolle ich, ohne seinen expressen Consens von solchem nicht abstehen, 2) bezeugte er seine Verwunderung, daß sich der Magistrat

so sehr um die Glocken reiße, da doch dieselben nicht ihnen sondern allein den Stiftsherren zugehörig sein, da sie doch

weißlicher und vernünftiger

gethan hätten, wenn sie mit solchem Eifer und Lust zu ihren Stücken und Wällen geschauet und Sorge getragen hätten, damit nicht die ganze Stadt und Bürgerschaft in solchen Ruin gerathen wäre,

Hauser,

einem cathol. Rathsherrn

3) gab Dechant dem

einen starken und

daß er mit dieser Deputation gekommen sei,

scharfen Verweis,

er hätte sich als ein Cathol.

opponiren, dawider protestiren oder gar seine Rathsstelle resigniren

sollen. Nov. 4.

Verlangte

der

gedachte brandenburgische Quartiermeister

Berleps, auf Anstiftung der Herren der Stadt einen Beitrag von dem

Stift für den brandenburgischen Generalmarschal Dörflinger ins

Lager

nach Straßburg zu schicken nämlich zwei fette Ochsen, vier fette Schweine,

sechs Hämmel, zwei Faß mit altem Wein, zwei Fuder Heu und 50 Viertel Haber, mit Versprechen, daß alsdann das Stift solle von der Einquartirung befreit sein.

Weilen aber die Stifft dessen sich sehr beschwert, und die Ohnmöglichkeit vorgewendet, hat man sich endlich zu beiderseits dahin verglichen,

daß die Stifft lüsfere 25 Fuder Habern, sechs Ohm Wein, den Schreibern aber zwei Dukaten.

Welches alles das Stift geliefert.

Ist aber die ge­

gebene parolla der Befreiung der Einquartirung nicht gehalten worden.

Neben diesem hat gemelter General-Quartiermeister auch vorgebracht,

daß er mit Bedauern die Dissension zwischen unserer Stifft und der Stadt Colmar, das Läuten der Glocken betreffend, vernommen habe.

Und weil

es wider den Münsterischen Friedenstraktat sei, thue solches seinem gnädigsten 3*

Der Feldzug des Großen Kurfürsten

36

Kurfürsten sehr mißfallen,

sobald Er allhie anlangen werde,

werde auch,

sich selbsten dieses Geschäfts halber eiferigst annehinen, wäre also sein Rath,

man thäte solches freiwillig unterwegen lassen.

Respondi (d. i. der Dekan)

weil solches aus Befehl Jhro hochfürstlichen Gnaden Bischoffen zu Basel geschehen, könne und dörfe ich solches, ohne seinen expressen Consens nicht

wohl unterwegen lassen.

Wolle solches

wie ich denn solches berichtet.

an den Bischof gelangen lassen,

Unterdessen hat man noch immerdar mit

den Glocken geläutet. 10. Nov. an St. Martins Abend. wiederum von Bruntrut angekommen.

Morgens

früh ist der Bote

„Weilen man bei diesen so gefähr­

lichen Zeiten sich aller guten Verständniß bestmöglich zu befleißigen hat,

thue man unvorgreiflich dafür halten, daß wir und die katholische Bürger­ schaft nicht fehlen würden,

bedrohlichen

daß man auf Beharrung dieses

Zumuthniß mit Protestation und allfälliger Borbehaltung unser befindenden

Rechts aus Liebe des Friedens und etwan zur Verhütung größeren Uebels die angefangene Läutung aller Glocken zu bewandten Dingen nach unter­

lassen werden möchte.

Solches ist alsbald dem brandenburgischen Quartier­

meister und Herrn Obrist-Meister angesagt worden, weil die Stift durch schwere Bedrückung angefochten worden, also müsse man aus Zwang das

Glockenläuten wieder einstellen. mit Protest und Vorbehalt

Werden hiermit solches hinfüro einstellen

unsers befindenden Rechts.

Dieses hat den

General-Quartiermeister ihm Wohlgefallen lassen und gesagt, man thue sehr

Recht daran.

Also sind die Glocken wieder eingestellt worden.

S. 145.

Den 27. November 1674 sindt Jhro

Churfürst!.

Durchleücht

zu Brandenburg ahngelangt, vnd haben sampt deroselben Gemahlin aufs dem alhiesigen Wagkeller Ihr Quartier genehmen, sind von der Stifft und anderen religiösen beneventirt worden. Dito ist mir dem Dechant vnd übrigen Capitularen wider alles ver-

hoffen

ein Brandenburgische General Adiutant Kopping

fünsf Dienern, 13 biß 15 Pferden

allhiesigen Quartier Ambt

vnd zween

genannt sampt

großen Hunden von dem

einquartirt worden, welche samptlich ich der

Decan in der Dechaney loschiert vnd 6 Wochen lang in allem verpflegt,

welches Verpflegung, wie billich, vnd

die Stifft ersetzt.

obahngezogene Brandenburgische Contribution

250 Reichsthaler gekostet.

Ich hab

Diese Einqnartirung, hat

die

biß

gegen

zwar zum anderen mahl bey Jhro

Churfürst!. Durchleücht suppliciert, vnd vmb befreyung der Einquartirung

gebetten,

aber nichts erhalten,

sondern die Last biß ahn daß Ende mit

vielem Kommer, Trübsal!, angst vnd Verlegenheit ertragen müssen.

Ahn

diesem allem sind die Herren der Statt allein schuldig gewesen, dan der

gegen Frankreich 1674—1675.

37

Brandenborgische General Marchal Dörffling mir selbsten gesagt, man habe Ihme die polleten (b. i. Quartierzettel) 8 Tag vor Ihrer ankunfft

in's lager bei Straßburg vorhero geschickt, darunder auch der Stifft ge­ wesen:

Wann Er hette sollen die Quartier außtheilen, hette er wohl ge­

wußt, daß Er mich und die meinigen Mitherren solle befreyen; sollen also

diejenigen solches verantworten, die mir einquartiert haben.

Hingegen sind

aber alle Prädikanten und lutherische Schulmeister der Einquartirung befreit

Den 2. Dezember

gewesen.

1674 hat Churfürstliche Brandenburgische

Calvinische hoffpredicant aufs der Schneiderzunft gepredigt.

(Fortsetzung

der acta capitularia siehe Seite 53.)

IV. Brief des Bischofs von Basel Johann Conrad an das

St. Martinstift zu Colmar, d. d. Pruntrut den 8. November 1674. Inhalt: Der Baseler Bischof ermahnt die Domherren des St. Martinsstists, als die Pfarrgeistlichkeit der freien Reichsstadt Colmar, in Händeln mit dem Colmarer

Magistrat für den Augenblick nachzugeben und der Hochherzigkeit des Branden­

burgischen Churfürsten in Religions-Angelegenheiten zu vertrauen.

Colmarer Bezirksarchiv, Akten des St. Martinsstiftes. —

Original, Unterschrift, ohne Siegel. Johann Conrad, von Gottes Gnaden, Bischof zu Basel, Unsern

gnädigen Gruß zuvor, Würdige, hochgelehrte, ehrsame liebe An­ dächtige! Wir haben aus Ew. des Dechans an uns den 5. dieses abgegangenen

Berichtschreiben in Mehrerem gnädig

ersehen,

was drei Depntirte des

Colmarischen Magistrats Euch wegen Läutung der Glocken, Gebrauchs des neuen Kalenders und katholischer Schulen ohnlängst bedrohentlich vorgebracht

und Ihr darüber geantwortet habt.

Gleichwie nun wir dahin gestellt sein

lassen, daß unter jetzigen Gefährlichen Kriegsläuften der bemelte Magistrat zu

Colmar dergleichen Sachen ohne rechtmäßige Beschwerde und Ursach

unzeitig zu normiren sich unternimmt, da Ihr doch wieder viel Anders wohl zu klagen hättet, also thun wir zwar Ew. darauf gegebene Antwort

wohlbedacht und vernünftig erachten, alldieweil aber Ihr dabei vermeldet, wie

Euch

angedeutet,

der

Churbrandenburgische

General-Quartiermeister

es habe sein Herr Churfürst die Differenz zwischen Euch

und der Stadt, das Glockenläuten betreffend, sehr ungern gehört und er sich dieses Geschäfts halber eifrig annehmen werde, dahero sein Rath wäre,

daß man solches unterwegs ließe. So thun wir bei solcher Beschaffenheit

und da man sich aller guten Verständniß bestmöglich zu befleißigen

hat,

Der Feldzug des Großen Kurfürsten

38

unvorgreiflich dafürhalten, daß Ihr und die katholische Bürgerschaft nicht

fehlen würdet, da man auf Beharrung dieses

bedrohenlichen Zumuthens,

mit Protestation und allfälliger Borbehaltung Ewers befindenden Rechtens, aus Liebe des Friedens und etwan zur Verhütung größeren Uebels die angefangene Lautung aller Glocken, je bewandten Dingen nach, unterlassen werden möchte.

Sonsten haben wir

auf das den 30. September letzthin

an uns abgelassene Schreiben bereits die Sache an den Kaiser!. Hof nothdürftiglich gebracht, damit vermittels der Kaiserlichen Generalität Ihr und

die gesammte katholische Bürgerschaft bei ihrer katholischen Religion nicht nur conservirt,

freien Uebung

sondern

auch

der alten

möglichst möchte

verschont werden, welches wir auch anjetzo mit wiederholen und zumalen

mit Gelegenheit an die Kaiserliche Generalität, die aber uns nicht bekannt, besten Fleißes zu recommandiren nicht

Providenz

und

ermangeln wollen.

Allgütigkeit wolle Euch und

Ew.

Die göttliche

Parochianen bei den

schweren Zuständen von oben herab trösten und Alles zur Mehrung seiner göttlichen Ehre richten!

Wir thun gleichwohl zweifeln, daß des Herrn Churfürstens zu Brandenburg Gnaden

in Betrachtung seines beiwohnenden

hocherleuchteten Verstandes sich dieser und für solche Zeit noch an das Ort gehöriger Sachen annehmen, weniger Euch und die katholischen Bewohner mit Ungutem

und

Ungleichheit

unter­

drücken lassen werden, welcher vielleicht Ihr selbst unterthänigst auf­

wartet und Ew. Noth gebührend klagen und vielleicht etwas an der un­ erschwinglichen Auflag abzubitten Euch befleißigen könnt u. s. w.

Datum auf unserm Schloß Pruntrut, den 8. November 1674. tup. Johann Conrad.

V. Bericht des Würtembergischen Kirchenschaffners zu Reichenweier,

Namens

Chemnitius

(int

Besitz

des

Herrn

Advokaten Jgn.

Chauffour zu Colmar).

Memoire, was sich von an. 1672 bis 1700

Merkwürdiges in der Graf- und Herrschaft Horburg und Reichenweier sonderlich wegen der Geistlichen Gefäll zugetragen.

Memorial alles dessen,

was passiert in währender Zeit meiner von

Ihrer hochsürstlichen Durchlaucht, meinem gnädigsten Fürsten und Herrn Georg, Herzog zu Würtemberg und Teck, Grafen zu Moempelgard, Herren

zu Heilenheim anvertrauten Kirchenschafseney der Grafschaft Horburg und

39

gegen Frankreich 1674—1675.

Herrschaft Neichenweier, was sich von anno 1672 meiner Neception bis zum Ende derselben A. 1701 zugetragen.-------------------------------------------------Anno 1674 marschirte Mo. Marsch al de Tourene biff eit Rheins gegen Philippsburg mit seiner Armee hinab. Die Kaiserlichen und Alliirten

Armeeen marschirten unvermuthet zu Straßburg über den Rhein und campirten sich längst dem Kochersberg bis Dachstein und Molzheim und es war die Winter-Erndte noch nicht völlig in der Scheuer, worauf sich

Mo. de Tourene sich an die Sorr bei Hochfelden

gelagert und nach-

gehends eine ziemlich scharfe Aktion mit der allierten Armee gehalten, in lustig machten. Zu der

dem die meisten Generales sich in Straßburg

alliirten

Armee

stieß

20000 Mann stark,

darauf

gleich

die

Brandenburgische

Armee,

in

welche bis die Winter-Quartiere angingen, an be-

meldetem Ort stehen blieben, gegen Otmarsen hinaus?)

indessen streiften aber die Fouragirs bis

Hochgedachte Jhro hochfürstl. Drchlt. fertigten

M® Forschner und Herr Conr. Schornbauer anhero ab und mußte ich in

der

Grafschaft den Unterthanen befehlen, alle

Früchte, sowohl der

ihre besten Sachen und

gnädigen Herrschaft als Kirchen

gehörige, in das

Schloß Horburg zu führen, worin Bitambrod kommandirte, welches so an­

gefüllt mit Früchten wurde,

daß man in allen Gemächern kaum

gehen

konnte; doch war unmöglich, in so kurzer Zeit die Früchte auszudreschen,

sondern die meisten Winterfrüchte wurden mit sammt der völligen Sommer­ früchte durch Fouragirs abgeholt und verderbt. In währender Zeit als die völligen Armeen in ihrem Lager standen

im Unter-Elsaß, bekamen wir Order, allhier Heu und Hafer, wie auch Mehl ins Lager zu liefern.

Kneyel und ich wurden deswegen ins Lager

gesandt, um die Unmöglichkeit vorzuschützen, daß man damit nicht ins Lager sicher kommen könnte, weil Berchheim mit französischen Truppen be­ legt, wobei wir vorbei marschiren mußten.

Der Kommandant in Dachstein

führte uns ins Lager zur Generalität, dem Kurfürsten von Branden­ burg.

Herzog von Lüneburg M° le Prince de Bourneville, der alte

Herzog von Lothringen, der mir ins Gesicht sagte: les bouger de Rique-

ville m’ont une fois paye 12 000 R., Markgraf von Baden, Durch!. Herzog von Würtemberg

und

andere Fürsten und Grafen mehr waren

alle unter dem brandenburgischen Gezelt, allwo man uns scharf examinirte

und von allem ausfragte und uns wieder zurückschickte.

Darauf aber mit

etlichem Feldstücklein ein lüneburgisch Regiment vor Berchheim schickten, so solches

beschießen

und

einnehmen sollen.

*) Ottmarsheim, ein Dorf bei Mülhausen.

Oberst B erleb sch

von den

Der Feldzug des Großen Kurfürsten

40

Brandenburger» ist auch alsobald nach Colmar mit 2 Regimentern Branden­

gekommen und

burgern

gleich

vor das Schloß Horburg

gezogen mit

4 Compagnien Dragoner und dasselbe aufgefordert, welchem Bitambrod so darin kommandirt gleich ohne einige Opposition aufgethan, darin Mo Ber-

lebsch 2 Compagnien Dragoner zur Garnison gelegt. Gleich darauf wurde ich durch

einen Expressen

von Mömpelgard Gesandten, namens Hechler,

beordert mich nach Horburg zu begeben, und auf alle Weise und Wege zu trachten, die 2 gemeldeten Compagnien aus dem Schloß zu bringen,

ich

wandte allen Fleiß bei Herrn General Dörflinger und Herrn Berlebsch

an, meiner Order gemäß nachzukommen, konnte aber mehr nicht erhalten, als eine Compagnie zu delogiren und mußte ich im Schloß anstatt Bitam­

brod verbleiben und denselben durch 2 Gardes nach Reichenweyer in Arrest

führen lassen. In währender Zeit der 6 Wochen, als ich daselbst mich gesund auf­ gehalten, persuadirte ich den restirenden Capitain, daß er nichts, was ich wollte aus dem Schloß abführen durfte,

da ich dann in unterschiedlichen

malen bei die 600 Malter harte Früchte nach Reichenweier abführte, nur mit 2 Dragonern zur Convoy. Unterwegs wurden wir allemal durch die Fouragiers angepackt, die ich in der Zeit abgewiesen, daß es Früchte zur Armee

wären, so ich

am Gebirg mahlen lassen mäste.

Salvirte auch

hiermit das Silber, so im Schloß war und brachte solches ins Schloß

Reichenweyr.

Nachdem aber kriegte ich auch das im Schloß grassierende

hitzige Fieber, daß ich nothwendig zu Hause bleiben mußte, weil man an meinem Aufkommen gezweifelt, welches die Grafschaft sehr betrauert, daß

ich mich

absentirett müsse,

weil ich

alda gute Anstalten gemacht, die

Truppen zu verpflegen, damit keine desordre vorgingen. Nach

mir hat man Herr Forschners Schreiber, den Döler dahin

gesandt, an meine Stelle, da dann alles confus gleich hergegangen und angefangen alles preis geworden, deswegen ersucht worden, während es

sich hat mit mir anfangen zu bessern, ich sollte wieder nach Horburg, worauf ich die Unmöglichkeit vorschützt, daß mir die Medici anrathen, ich würde unfehlbar wieder Umschlagen. Ueber dieses hat man mich währender Zeit, als ich in Horburg war, den Commandant des lüneburgischen

Regiments mit sammt seinen Weibern einlogirt, daß ich also das Haus voller Leute hatte, so mir nun garnicht zuzumuthen war; auf solche Weise

hat man mich recompensiert, für meine vielen Bemühungen und Dienste und hat mir diese Krankheit über 40 Rchsth. gekostet, die ich in Horburg

erhalten.

(Fortsetzung des Berichts siehe Seite 62.)

gegen Frankreich 1674—1675.

41

VI. 1) Armeebefehl des Herzogs Georg Wilhelm zu Braunschweig-Lüne­

burg, die Unterbringung kranker Soldaten und die Einquartierung und Ver­ pflegung der Truppen betreffend. d. d. Schlettstadt, den 12/22. Dezember 1674.

Kopie, ohne Unterschrift.

Colmarer Bezirksarchiv E. 548.

Von Gottes Gnaden wir Georg Wilhelm, Hertzog zu Braun­ schweig undt Lüneburg thun hiemit

zu wissen, nachdem wir wahr­

genommen, daß bei Ein-logirung unserer soldatesque nicht geringe desordres

vorgehen, welche wir dergestalt beschaffen befunden, daß, wann darin bey

Zeiten nicht remedyret werden sollte, ohnfehlbarlich dieser Effect folgen würde, daß nicht allein ein gut Theil der soldatesque, insonderheit so viel

die Gemeine betrifft, übel accommodirt fein, sondern auch viele quartiere untüchtig gemachet und ruiniert werden dörffen, daß wir dahero eine Noth­ durft zu seyn befunden, dieses reglement verfassen und zu jedermanns

Wissenschaft bringen zu lassen: § 1. Fürs erste befindet sich, daß die Kranke unter den Gesunden liegen, dadurch dann so wohl die gesunde Soldaten als auch die Häuser,

darinnen Sie liegen, angestecket werden, sodaß daraus leichtlich gar eine

infection dieser quartiere erfolgen tönte, über das auch die Kranken die Wartung undt Phlege dergestalt nicht haben, als wann Sie in einem publiquen Orte unter inspection derer so dazu expresse bestellet hingethan

werden, dahero ordtnen und wollen wir, daß in allen Städten undt flecken unserer quartire gewisse Häuser dispiciret und hergegeben werden darin die Kranken gethan, durch gewisse persohnen, so dazu expresse zu erwehlen,

gewartet und aus einer absonderlichen cassa, welche der Magistrat eines jeden Orths durch eine absonderliche anlage anzurichten und wann daselbst Wirthe die ihren Ein-logirten nichts geben dörffen, solche mit anzuschlagen,

auch die,

bey

welchen die Kranke billetirt gewesen mit znzuziehen, ver­

pfleget werde. Ueberdem sollen auch die haubtleuthe ihre Capitains d’Armes dahin

halten, daß Sie fleißig nach denen Kranken von ihren Compagnies sehen,

und

täglich

dem

Billetsherrn

von dem

erstatten.

jedes Orths

Sobald ein Soldat krank wird, soll es

durch

den

Capitain angezeigt werden,

umb sowohl wegen des quartiers als reception des Kranken, in erwähnte Häuser nötige anstatt zu machen können, deßgleichen auch geschehen soll, sofort

einer wieder restituiret ist und das Quartier beziehen kann, wie dann auch gleiche anzeige geschehen soll, sofort ein Soldat stirbt. § 2. Weil man auch wahrgenommen, daß bey der Billettirung aller-

42

Der Feldzug des Großen Kurfürsten

handt Unterschleif undt Vervortheilmig vorgehet und sonderlich die fourirers sich mehrer potestet anmaßen, als ihnen zukombt, Als befehlen wir hieniit denen in den Städten undt flecken commendirenden officirern, daß Sie

den billetsherrn jedes orts richtige undt wahrhasftige contreroollen, in welchen sowohl der Wirth, als wer bey ihm logiret, mit nahmen und Zu­ nahmen geschrieben aushändige, daraus zu sehen, wie eine jede Compagnie

die ihnen gegebene billette ausgetheilet undt ob darunter einige partialitet und Vervortheilung vorgegangen sey, da dann, wann solches sich befinden

solle, dem Magistrat hiemit potestet gegeben wird, darin zu remedyren. Wann dann also die quartire einmahl nach billigmessiger proportion ge-

inachet, undt die Contreroollen ausgehändigt, soll darin von keinem officirer ohne vorbewust des billetsherrn in erwähnten Städten und flecken

einige enderung gemacht werden.

§ 3. Als sich auch befindet, daß einige außerhalb ihrer quartire am andern orte gewisser Verrichtung halber sich ad tempus anffzuhalten, von

uns beordert, die ihre Verpflegung anders woher ziehen, so wollen wir, daß man an solchen orten denselben nicht mehr, als das bloße Standquartier

geständig

seyn,

Sie aber

darüber

an

Verpflegung

nichts

zu

fordern

haben sollen. § 4.

Auch vernehmen wir, daß verschiedene unserer Soldatesquen

sich mit denen in der am Ordonnance

nicht

h.

contentiren,

November

publicirten

Berpflegungs-

sondern darüber ein mehrers von ihren

Wirthen praetendiren wollen. Ob wir nun zwar derselben gerne gönnen und wohl leiden können, wann die Wirthe aus gutem willen und ohne Zwang an statt einer Mundt-

portion den (Sinquartirten an ihrem Tisch mit Speise und Trank ver­ sehen wollen, so

hat es doch die Meinung nicht, daß von denselben ein

mehrers, als die portiones austragen, mit recht gefordert werden solle. Und lassen wir es bey obgedachter Ordonnance zwar in soweit ver­ bleiben, daß denen wirklich vorhandenen, wie auch den Officirern, so viel Sie zu ihrem und ihrer praesenten Diener Unterhalt von Nöthen haben,

die portiones in natura zu reichen,

der übrige aber und, da sonsten

jemandt an statt der Mundt-portionen lieber gelt begehren würde, eine Mundt-portion auf einem Monat höher nicht als ll/i Rthlr. zurechnen, dabey

auch

dieses

in Acht zu nehmen, daß so viel der Officirer eigene

Diener (dann mit den Pourirer-Schützen, so der Compagnie obligat es eine andere bewandtnis hat) betrifft, wir denen keine absonderliche Verpflenoch quartire gestendig, sondern solche unter denen ihren Herrn vermacheten

Portionen mit begriffen.

gegen Frankreich 1674—1675.

43

Es darf auch auf die Weiber und Kinder nichts, als was einer aus guten Willen thun will, gefolget werden sondern haben sich dieselbe mit der Stornier-portionen und der Lagerstadt zu contentiren.

Die Mar-

quetenter, als welche in keine roolen gehören, haben über ihre quartire auch etwas zu praetendiren kein Recht.

§ 5. Ob auch zwar unserer Intention gemäß, daß die Compagnien für voll zu billetiren, so hat es doch diese Meinung, daß der Billetsherr

zugleich mitwisseu müßte, welche Persohnen wirklich vorhanden, und aus welchen Häusern anstatt der Einquartirung geld gezogen werde, zumahlen

die Obristen und die bei den separaten Compagnien commandirenden Officirer wie auch andere Commandanten hiemit befehligt werden, von dem, was Sie solcher gestalt aus solchen Häusern ziehen Unsern bey der Armee verordneten geheimbten Räthen alle Monat eine richtige Verzeichnis einzuschicken.

§ 6.

Soviel letzlich die Pferde portiones betrifft müssen solche noch

zur Zeit und bis zu weiterer Verordnung in natura geliesfert werden, wor-

nach sich ein jeder zu achten. Uhrkündlich

unser

eigenhändiger

subscription

und

vorgerücktem

Jnsiegel. 19

Schletstadt den ~ Dec. 1674.

2) Berechnung und Aufstellung der Kontributionen

und Liefernngen

zur Unterhaltung der Truppen des General-Feldmarschalls, Herzogs von

Holstein, von Seiten der Stadtschreiberamtes der Stadt Rappoltsweiler im Ober-Elsaß,

d. d. Rappoltsweiler, den 2. Februar 1675.

Colmarer Bezirksarchiv E. 1633.

Concept, ohne Siegel

Die Statt Rappoltsweiler hat in verwichenem Winterquartier mit Verpflegung des Herren General-Feld-Marchals von Holstein fürstl. Dicht, und dero Leib - Regiments

zu

Fueß auch unterschiedlicher zu dem

fürstl. Lünenburgischen Generalstab gehöriger Officier erlitten, wie folgt. Der Commandirten Völker undt bei sich gehabter Artillerieverpflegung: Des Commandirenden Obrist - Leutenant Kellers und der Underofficier-verpflegung sambt dem underhalt der

anfangs einquartierten 240 Mann hat sich, ehe das Regiment eingezogen, in 10 Tagen beloffen, wie specifice gewiesen werden tönte

300 Rthlr. — Pf.

Besagter H. Obrist-Leutenant hat, als das holsteinsche

Regiment ein- und er abgezogen, hier seine discretion außgewürkt........................................................................ 25



— „

Der Feldzug des Großen Kurfürsten

44

Item ist H. Major Franckhen, als derselbe zu vor­ gehabter

hundert

attaque Sambstags zu

Tragonern

dirt worden,

vor

auch

folgenden

nacht

mit

Montags bei der übergab

für den underhalt seiner trouppen über

zahlt worden

etlich

die Statt comman-

die nacht

.............................



30





latus 355 Rthlr. — Pf. Die Artillerie bestundt in zwo feldschlangen 8 H

schießend und einem Mörser, so 25 U geworfen, dabei

waren folgende Personen: Ein Capitain mit 3 Pferden, Ein Corpora!,

Ein Wagenmeister,

Zwen Fewerwerker, Sechs Constabler,

Zwen Arbeiter, Sechs Handlanger,

30 gemeine Knecht, 70 Artilleriepferde. Dieße Artillerie hat in 4 Tagen als sie allhier ge­

standen sambt des Capitains tractement gekostet

.

92 Rthlr. — Pf

Item hat der Capitain bei seynem abzug zu einer Discretion in gelt und Wein abgenöthigt

25







latus 117 Rthlr. — Pf. Summa der commandirten Völker und bei sich gehabter Artillerie-Verpflegung...............................................

. 472 Rthlr. — Pf.

Von der Generalität und dem General-Stab wurden allhier verpflegt

mit beigesetzten Portionen monatlich: Ihre hochfürstl. Dlcht., der Herr GeneralFeld-Marchall von Holstein selbst.

Monatlich

. 150 Mund- , 100 Pferdeportionen.

Die haben gezogen: H. General-Adjutant..............................

75

-

16

H. General-Adjutanten-Leutnant . . . H. General-Super-Jntendens ....

12

-

8

15

-

6

H. Kriegs-Secretarius..............................

10

-

5

Capitain de Guide..............................

8

-

4

Stabs-Fourier.......................................... Proviant-Meister..........................................

8 5

-

3

Stabs-Cantzlist..........................................

4

-

2

4

Die Mundportion ä 4 Rthlr., Pferdepor­ tion ä 3 Rthlr. gerechnet thut

237 Mund-, 148 Pferdeportionen.

gegen Frankreich 1674—1675.

45

Die Summa H. General-Feld-Marchalls und General-Stabs-Officirer

Monatliche Verpflegung 1378 Rthlr. und in zweyen Monathen 2756 Nthlr. Folgen fernere abgetrungene Außgäben, zusambt Frohen- und Schantz-

kösten, deßgleichen entführten Pferd. Ehe und zuvor Ihre fürstl. Dicht., der Herr General-

Feld-Marchall allhier ankommen, wurde die Stadt durch

H.

Obristen

angehalten,

vorigen Haubtquartier schriftliche Ordre und

denselben in dem

Bläßheim zu

schicken, wie

quittung darüber vorhanden,

an Wein, Habern, Rind's und kleinem Viehe auch Küchen-Victualien, so sich auf 200 Rthlr. beloffen, aber

bei der Abrechnung in Abzug kommen, verweigert worden 200 Rthlr. — Pf.

Deßgleichen feind dem Herren Obristen bei Antritt des quartiere

aufgegebene anleitung 100 Rthlr. adva-

niirt worden, welche ebenmäßig bei der abrechnung nicht in abzng kommen wollen

100







. 250







Währende quartier-Zeit über ist die Bürgerschaft fast täglich zu Einhol und Abführung Hew, Holtz, item

Früchten,

Weins und kranken Persohnen mit allen

Pferden zu frohnen beschwerlich angehalten

worden,

so uff das Geringste zu rechnen, ertragen

.

. latus

550 Rthlr. — Pf.

Mann ist über dieses mit betrohung niiliterischer execution angehalten worden, mit 15 Mann 4 Wochen

lang zu Schlettstatt an der fortification zu arbeiten, indem derselben des Tags für Kost und Arbeit nur .

6 btz. (d. i. Batzen) gerechnet, thut

So hat man nach

ermeldetem Schlettstatt

80 Rthlr. — Pf.

nur

für

hiesiger ©tatteContingent tieffern müssen 750 eichene

Pallisaden, so ohne das Holtz zu rechnen, nur zu hauen und

uff dem Wasser hinunter zue bringen gekostet

15







....

2



66



4



Item für Latten und nagel dahin bezahlt

Bei beschehenem Abmarsch des Regiments, hat der Regi­ mentsquartiermeister, annoch eilte discretion außgewürkt

Deßgleichen der Adjutant bei Außhändigung der Thor­ schlüssel abgenöthiget





So seind auch von denjenigen fuhren, so die bagage und kranke abzuführen getrungen waren, zurückgehalten

und wider gegebenen parolen, abgenommen werden,

14 Pferde hiesiger

latus

107 Rthlr. 66 Pf.

Der Feldzug des Großen Kurfürsten

46

Bürgerschaft gehörig, welche zuesambt angehörigem Ge­ schirr, auch zwehn guten Wägen und einem Karch,

dem niedersten Preiß nach ahnzuschlagen, sich belaufen 458 Rthlr. — Pf. Item ist wehrende Zeit über, durch underschiedlich beschehene Deputationes und beschenkung der Herren Kriegs-Nähte zue Schlettftatt, alß man (wiewol ver­ gebens) um Aenderung des quartiers bei der Gene­ ralität schrift- und mündlich solicitirt, neben vielen anßgelegten Botenlöhnen zum Wenigsten uffgangen .

Und

obwohl der

hofstats,

60







Underhalt des fürstl. holsteinischen

welcher sich wöchentlich bei 100 Rthlr. be-

losfen, vermöge der Ordonnance von des Herrn Gen.Feld-Marchals geordneten portionav billig desaliirt

und abgezogen werden sollen.

So hat jedoch Ihrer

Dlcht. Hoffmeister für die Zeit, als er, mit ermeltein Hoffstaat in die siebente Woche allhier gestanden und

bey dem abzug die Hoffbediente, wie gemeine Soldatesca noch für etliche Tage Zehrung abgefordert und mitgenommen

mehr nicht als 351 Rthlr. für alles

abrechnen lassen, also daß die Statt annoch wenigstens

nachstand leidet................................................................. 249 „ — „ latus 767 Rthlr. — Pf. Summa allerhand

abgetrungener Außgaben

sambt

Frohn- undt Schantzkösten, auch andern erlittenen

nachstandts...........................................................

1474 Rthlr. 66 Pf.

.

Summa Summarum sämbtlicher WintergnartiersKösten ist.................................................................

Hierin»

ohngerechnet,

16 362 Rthlr. 66 Pf.

was in der Belägerung mit pflantzung der

Kanonen, Anfwerfung der Batterie und mit Brand in den Rebbergen und Gärten für überauß großen Schaden beschehen.

Extrahirt den 2. Fehr. 1675. Stattschreiberey

Rappoltsweiler.

Stadtvogt und Rath zu Rappoltstein hatten von Rappoltsweiler aus

am

16. November und 2. December Bittschriften

an den Herzog von

Braunschweig-Lüneburg gerichtet, in welchen sie auf die elende Lage der

Bürgerschaft hingewiesen

und

um Verminderung

petitionirt hatten (Colm. Bezirksarchiv E. 548).

wendungen erließ der Herzog folgenden Befehl:

der

anferlegten Lasten

Doch trotz ihrer Ein­

gegen Frankreich 1674—1675.

3) Befehl des

Lüneburg

Herzogs

Georg

47

Wilhelm von Braunschweig-

an die Stadt Nappoltsweiler, zur Fortifikation der Festung

Schlettstadt Mannschaften und Material zu stellen,

d. d.

Schlettstadt,

24. November 1674. Colmarer Bezirksarchiv E. 548.

Original, Unterschrift, Siegel.

Des durchlauchtigsten Fürsten und Herrn Georg Wilhelms hertzogen zu Braunschweig und Lüneburg Fürstl. Durch!, fügen hiemit den gesambten

Rappoltsweilerschen Beambten zu wissen: dieser des heyligen Röm. Reichs immc-

Demnach die Fortifikation

diaten Stadt von der Kron Frankreich, wider alle Billigkeit und den ge­

machten Teutschen Frieden, dergestalt destruiret, daß es ohne commotion nicht

werden kann

angesehen

und

aber dem

gemeinen Vaterlande zum

höchsten daran gelegen, es auch denen auf dem Reichstage zu Regenspurg gemachten Conclusis gemäß und der gemeinen sowohl als aller umbliegenden Orten Securität merklich daran gelegen, daß dieser Frontier-Ort so

viel möglich in guter Defension wieder gebracht werde und dazu billig ein jeder ohne Unterscheidt zu concurriren hat, daß ich demnach die Stadt Rappoltsweyler sambt der Herrschaft die ohnfehlbare Verfügung zu machen habe, daß am künfftigen Freytag an Manschaft 100 zur arbeit sich alhier

einfinden und von Wochen zu Wochen in dergleichen zahl der gestalt ablösen, daß die ankommenden des Abends vorher,

ehe die anderen abziehen, sich

allhier einstellen, daß auch im selbigen Ampte zu anführung 3000 guter

dicker Pallisaden von

15 Schuh

300 Latten von 12 Schuh und 3000

Latten-Nägel von 4 Zoll anstatt gemachet und darin kein Moment ver­

säumet werde. Signatum.

Unter höchstgn. Ihr. fürstlichen Durchlcht. eigenhändiger

Unterschrift und vorgedrncktem Jnsiegel. Schlettstadt, den

1674.

8. 8. (In verso.)

Georg Wilhelm. Georg

Wilhelm von Braunschweig-Lüneburg befiehlt

den Rappoltsweilern Holz, Nägel,

Pallisaden u. s. w. zur Fortifikation

nach Schlettstadt. 4) Nach

Empfang

dieses Befehls

vom 4. Dezeinber sandten

die

Nappoltsweiler einen Klagebrief ein, der vom (28. November) 8. Dezember

datirt, in welchem sie nochmals versuchen, eine Linderung der ihnen auf­ erlegten Pflichten zu erlangen.

Sie führen darin aus,

„daß nicht allein

Weylcr im St. Gregorienthal mit den dazu gehörenden geringen Dorf-

schaften, desgleichen die drei unfern Breisachs gelegenen Orten Heyttern,

Der Feldzug des Großen Kurfürsten

48

Balgan und Werkholtzheim, sondern auch, wie sie gehört haben, die Herr­ schaft Hohcnack,

sonsten Urbisthal genannt,

das zu

der Chur-Branden­

burgischen Armee-Winterverpflegung gezogen sei und die übrigen zu dieser Grafschaft gehörigen Orten dergestalt abgerissen seien, daß bei der Ver­

pflegung der Braunschweig-Lüneburgischen Armee und bei der Schickung der Mannschaften nach Schlettstadt Stadt und Land, Rappoltsweiler, das Markirchthal, Zellenberg,

würden.

Um

Gottes

Gemar u. s. w. alle in den Grund verderbt

Barmherzigkeit willen flehe und

Schonung; die Forderung, die an sie gestellt worden sei,

bitte

man

um

wäre unmöglich

zu erfüllen, indem Alles solcher Gestalt überlegt und mit Einquartirung

und harter Verpflegung gepreßt und geplagt, daß kein Mann dieses Mal abzukommen zuzumuthen und possibel sei."

(Colm. Bezirksarch. E. 548.)

Darauf erhielten sie folgenden Bescheid (Colm. Bezirksarch. E. 548, Konzept mit Original-Unterschriften):

5) Auf der Fl. Pfaltzgrf. in der Graffschaft Rappoltstein verordneten

Stadvogdt und Räthe

gethanes

auff gnädigsten Befehl

ansuchen, wird

hiemitt zur Resolution gegeben, daß man sich nicht 2/a der zur hiesigen

Fortifikation geforderten Manschasft contentiren wolle. Signatum Schlettstadt, den

Fst. Braunschweig-Lüneb. bey der Armse verordnete Geheimbte Räthe:

Lorentz Muller, Freih. von Hamburger. Es bedurfte jedoch noch einer ernstlichen Ermahnung durch einen er­ neuten Befehl des Braunschweigischen Herzogs,

Geheimräthe desselben

er ist gegeben durch die

ain 10. Dezember (Colm.

Stadtarchiv

E.

548,

Original nebst Unterschriften) und lautet wie folgt: 6) Ob zwar des durchleuchtigsten Fürsten und Herrn, Herrn Georg

Wilhelms hertzogen zu Braunschweig undt Lünenburg, Unsers gnädigsten Fürsten und Herrens Durchlaucht wohl vermuthet hätten, es würden die­

jenigen, welchen wir eine gewisse anzahl Personen zur täglichen arbeit, wie auch Pallisaden, Latten und Nägel umb diese Stadt dem gemeinen Wesen

zum Bestem in einige defension zu bringen angesetzt, sich hierunter ge-

horsamlich eingefunden haben, so vernehmen dieselben dennoch mit ungnädigem mißgefallen,

daß der mehrer theilt ungehorsahmlich ausgeblieben,

wenig die geforderte Manschafft,

und so

obschon der dritte Theilt davon erlassen,

sich eingestellet, als auch etwas an Pallisaden, Latten und Nägeln bishero nicht gelieffert worden.

Weil aber die Arbeit länger nicht ausgesetzt werden kann, Als werden

im Nahmen

vor höchstgedachter Sr. Durchlcht. alle und jede,

an welche

vorhin die Befehle desfalls abgelassen worden, hiemit ernstlich erinnert, die

gegen Frankreich 1674—1675.

49

anbefohlene Mannschafft, jedoch nach Abzug des dritten theils, übermorgen

Mitwochens

früh,

ohnausbleiblich

anhero

zu senden,

auch zugleich mit

Lisferung der Pallisaden, Nägel und Latten den Anfang zu machen, so lieb ihnen

ist, die auf wiedrigen Fall allschon angeordnete execution zu vermeiden.

Sott jedoch einem oder andern Orte die anfahrung der Pallisaden zu schwer fallen, können von denselben einige absonderliche Leute anhero gesandt werden,

denen man gewisse örter wird anweisen lassen, an welchen die Pallisaden gehauen und zu Wasser herunter gefahren werden mögen.

Wornach sich ein

jeder also zu achten und für Schaden und Ungelegenheit zu hüten hat. Geben Schletstadt, den

Fürstl. Braunschweig-Lüneburgische bey der Armee verordnete geheimbe Räthe: Lorentz Muller.

Freih. von Hamburger.

Als die Rappoltsteiner sahen, daß alle ihre Bemühungen,

von dem

harten Joch befreit zu werden, fehlschlugen, sandten sie am 11. Dezember 1674 die Zusage, daß die Mannschaften kommen und die Materialien ge­

liefert werden sollten. Sie legten einen Plan hinzu, der von der Dislokation

der Braunschweigischen und Brandenburgischen Armee uns erwünschte Kunde

gibt (Colmarer Bezirksarchiv E. 548).

Es heißt daselbst:

7) Zu undthänigster Folg hochfürstl. Braunschweig-Lüneburg, ordre

ist die Mannschaft nach Schlettstadt zu schantzen in nachgesetztermaßen disMann Palisaden Latten Nägel

tribuirt vnd abgetheilet:

Urbißthal oder die herrschasft Hochackh

22

1000

Rappoltsweyler...............................................

15 15

750

Marienkirch.....................................................

Gömar cum pertinentiis alß Ohnenheim,

Muffig, Heydolsheim, JÜHausen .

.

.

100

1000

et sic notorie proportio­ nalster.

7

Zellenberg.....................................................

3

Bon Wyher und haußen..............................

4

66 Übrige ort, alß Weyler in St. Gregorienthal \ Gynspach

Griespag Zimmerbach

Wasserburg

Walbach

Weyler bey Horburg Heytern

Balgav Weckholsheim

Seind zwar alle Rappolst. Graffschaft aber Chur - Brandenburg!.

Winterquartier,

bey

welchen nichts zu thun.

Dcr Feldzug des Großen Kurfürsten

50

IV.

Das Treffen bei Türkheim am 5. Januar 1675. Vorbemerkungen.

Ueber die

Ereignisse

vor

dem

Treffen

bei

Türkheim, welches bekanntlich die Entscheidung zwischen Friedrich Wilhelm und Turenne herbeiführte, sowie über das Gefecht selbst, welches keine förmliche Schlacht war, siehe das Nähere bei Nocholl a. a. O. Seite 46—84,

woselbst

auch

eine

genaue Karte über die Züge und Aufstellungen der

beiden streitenden Heere.

Nur ein Punkt werde hier näher berührt.

Man hat dem Kurfürsten

.Mangel an Einsicht und militärischem Scharfblick vorgeworfen, weil er der

Ansicht war,

daß Turenne im Sinne habe,

anstatt

über Belfort durch

einen der näher gelegenen Vogesenpässe, so über Markirch, den Einmarsch ins Elsaß zu erzwingen.

kunft im Ober-Elsaß die

Der Kurfürst ließ nämlich gleich nach seiner An­ von

den

Franzosen noch behauptete Festung

Breisach blockiren und die Pässe der Vogesen besetzen und behielt stets ein wachsames Auge auf den Paß von Markirch. Dom Calmet, der Beschreiber der Geschichte Lothringens, welcher genauen Quellen zu folgen scheint, berichtet, daß Turenne wirklich versucht

hat, gerade bei

genannter Stadt durchzubrechen.')

s’etant ainsi rendu

inaitre de tonte

Er sagt:

la montagne

Turenne

depuis Sainte

Marie aux Mines jusqu’ a Luxen, tenta le passage ä Sainte Marie; mais les troupes qu’il avait fait retrancher sur la hauteur,

ayant öte battues par Selbach, colonel d’un regiment de dragons de Lorraine, qui avait 6t6 commende avec les troupes de Lune-

bourg; Turenne s’avanca dans la Bourgogne par Luxen, continua sa marche sans resistance par Befort et entra ainsi en Alsace. Nach dieser Darstellung hatte der Kurfürst allen Grund, die Vogesenpässe sorg­

fältig bewachen zu lassen. In Bezug auf das Treffen bei Türkheiin sind folgende Aktenstücke

von Werth:

I. Anszüge aus den Civilstaudsregistern

der Stadt Türk­

heim vom Jahre 1674 und 1675.

1) aus

dem Todtenregister,

2)

aus dem Taufbuch,

3)

aus dem

Ehebuch.

II. Auszug aus den Acta capitularia

des St. Martins­

stiftes zu Colmar vom 29. Dezember (alten Stiles) ab.

Diese Protokolle sind gleich den Anmerkungen der Türkheimer Civil-

*) Histoire de Lorraine de Dom Calmet, VI, Nancy 1757, p. 668.

gegen Frankreich 1674—1675.

51

standsbücher dadurch wichtig, daß sie uns Einzelheiten über die Züge und Kämpfe der beiden Armeen aufbewahrt haben. Der Verfasser der Protokolle des St. Martinsstiftes, der Dekan in damaliger Zeit, war den Branden­ burgern nicht gut gesinnt, daher ist sein Urtheil über den Kurfürsten hart und übertrieben. Die Verwerthung und Richtigstellung dieser Auf­ zeichnungen aus den Akten des Stiftes siehe bei Rocholl a. a. O. Auch vergleiche dessen Edition des „Götterboten Merkur" a. a. O. Seite 152 in Bezug auf die Zeitstimmen, welche über die verunglückte Kampagne Frie­ drich Wilhelms laut wurden. III. Ein Schreiben eines Amtmanns Jundt (wo er wohnte, ist nicht gesagt) an die Straßburger Rathsherren. Derselbe berichtet gleich den meisten verbürgten Nachrichten, daß die Franzosen im Treffen von Türkheim größere Verluste, als die deutsches Truppen, erlitten haben. I.

Auszüge aus den Civilstandsregistern der Stadt Türkheim in der Nähe von Colmar, betreffend das Gefecht von Türkheim am 5. Januar 1675. 1) Aus dem Todtenregister: Anno hoc 1674 ad declivem annum in rnehse Novembri ex inferior! alsatia ascenderunt ad has partes superiores Caesariani milites, circa Colmariam Brandenburgenses, commorantes ad ingredientem annum 1675. Et quinto Januarii aliqua caedes ad prata molendinis vicina et ad uineas, hinc Galli erant, illinc Caesariani. Non ita magna clades, tarnen recessere Caesariani. Interea qui ciui inesse (offenbar statt interesse) debebant tanquam clam sine consultatione senatoria abibant, unde miseria paulatim praeualebat, imo tatalis (für totalis) per 10. et plures dies spoliatio omnimoda, liberrima, ut taceam älia, nec Ecclesia secura nec coemiterium . . . . d (die fehlenden Buchstaben sind nicht mehr zu erkennen) ovis sine Pastore. Ego quidem Parochus perduravi per 7 dies, donec quasi omnes discessi. Redibam tarnen interea, innistus (innixus?), providens ... ab Febr. i ter um coepi omnino hie residere. Oremus . . . Aus dem Taufregister: Annus 1675 miserabilis, tanquam prae omnibus in vicinia Thüringhemianis’. ’—- Tantus Kal. Januarii tumultus militaris, ut ne e cathedra legerem 8. Euangelium, praevaluit magis miseria 5. Jan. cum inimici sibi exercitus hic in pratis et vineis essent vicini.

Der Feldzug des Großen Kurfürsten

52

6. Jan. Abcessere hinc tacite Summarii nulla dispositione relicta: inde regimini, functioni necessariae immiscere valebat nemo. Ed paulatim res et miseria excreuit, ut sequeretur liberrima, omnimoda ad 10 et plures dies spoliatio per totam civitatem, ut Ecclesiae quidem non parceretur. Optimc omnia optimus vertat Deus, aufugientibus tanquam omnibus, tandem 11. Januarii et ipse recessi parochianos misellos aliquos, qui hie remanserant aliquoties visitans, subsidium ferens, ad 14. dies, redux baptizans sequentes ä Kal. Febr. etc.

5. Jan. quo ipso die conflictus inter Gallos aggredientes et Qaesarianos fuit in uicinis pratis, et prope molendinum ad 8. Symphorianum (ex parte Caesarianorum maxime Brandeburgenses, Linenburgenses, Saxones) peperit Anna Maria Rappeneckerin uxor Jo. Jacobi Hueber: in necessitate obstetrix Maria Surin baptizauit prolem Joannen», et sine completis vivere desiit etc. 3) In dem Liber matrimon., Ehebuch der Stadt Thüring-

heim,

steht

als

Anmerkung

vor

dem Jahre 1675 Folgendes:

Den

5. Tag 1675 gab es hier ein groß Scharmützel zwischen den Kayserlichen

und den Franzosen. gelagert und

Die Kayserlichen waren bey Lageln hinter dem Bach

wohl verschantzt,

an

keinen Angriff gedacht.

Da kam es

aber, daß der Marschall mit mehreren von seinen Soldaten von

oben

her längs und am Fuß der Berge, weder Frost noch Schnee scheuend, durch Schluchten und Hecken, wie durch Hexerei oder Teufelsdienst an der oberen Brück erschien,

sich mit großer List, Hast, ohne Blutvergießen der

Stadt bemächtigte und mit Vorposten besetzte; da dieß die Kayserlichen vernahmen, rückten sie mit starker Macht heran, den Feind zurückzutreiben. Das Zusammentreffen hatte in der Cappel und

Symphrion statt und

in der Mühle beym

in den umherliegenden Matten und Reben, dort

gings während 4 Stunden bis gegen Anbruch der Nacht sehr heftig zu.

Es fanden dort sehr viele Soldaten, von beiden Seiten, den Tod.

Man

wußte lange nicht wo der Sieg, bis endlich sich die Kayserlichen zurückzogen. In dieser Stadt gieng es

alsdann grausam

zu.

Während mehr denn

14 Tagen wurden täglich viel geraubt und gemordet mit Flüchen, Gott-

tästern

und

allerley

Schandthaten.

Mutter, sogar die Kirche nicht.

Man verschonte

weder Kind noch

gegen Frankreich 1674—1675.

53

II.

Auszug aus den Acta capitularia des St. Martinsstiftes zu

Colmar, betreffend das Gefecht von Türkheim, am 5. Januar (neueren Stils) im Jahre 1675 (Fortsetzung vgl. Seite 37).

Den 29. dito (d. i. December) sind die Kayserlichen Völker von den Frantzosen vor Mülhausen bey Brunstatt unversehens überfallen, zer­

streut, geschlagen und ihnen große Beuthen abgejagt worden.

Darauf sich

der Ueberrest nacher Colmar reterirt. S. 145. Den 31. Decembris 1674 hat sich die gantze allirte Reichsarmee

vor Colmar auf dem Feld gegen Hattstatt und Egißheim angefangen

und

zusammenziehen

ahn

biß

lagern, deren Läger von der Statt (d. i. Colmar)

den Hattstattischen Berg sich

ahn

erstreckt.

Wurde auch

bei

St. Peter (d. i. da, wo jetzt das Kaiserl. Lyceum ist) und St. Catharin (da, wo das jetzige Militär-Hospital sich befindet) Stück auf geführt. Ist

also dieses Jahr nach dem Newen Calender mit Forcht, Angst und Noth geendet worden.

Gott, der Herr, verleihe uns das newe angehende Jahr

friedsam.

S. 145.

1675.

Zinstag

(d.

i.

Dienstag) ahn

dem h.

Newenjahrestag St. Novo

(d. i. Stylo novo, also am 1. Jan.) ist die gantze allierte Reichsarmee auß dem Egißheimer (nämlich Feld) aufgebrochen und über den Mühlbach hinab ins vnder-Colmarer feld in den Galgenstrang (da, wo die jetzige

Kavallerie-Kaserne ist und nördlich von ihr) sampt aller bagage gezogen, vnd

von dem Rappendantz ahn

(da, wo jetzt der neue Kirchhof liegt,

3 Kilometer nordöstlich von Colmar) ahn den Mühlbach biß gegen Türk­ heim sich

gelegert,

ahn

vielen Orthen ahn dem Mühlbach lauffgräben

auffgeworfen, die flüchten in Feld verderbt, vnd alle Rebstecken in der­

selben gegend verbrennt, auch viel Reben abgehauwen, vnd also einen un­ schätzbaren Schaden der gemeinen Bürgerschafft zugefüegt.

Den 3. January 1675 haben die Brandenburgische, sampt etlichen

Commissarien

auß der Statt mir, dem Dechant, meinen Fruchtkasten in

der Dechaney zum 3ten mahl visitirt, vnd alle darauf befindende früchten auffgeschrieben:

auch

hat

der

mir

einquartierte

General-Adjutant

ein

Mahlenschloß neben dem meinigen ahn den Fruchtkasten gehenckt, aber den

5. dito freiwillig wiederum davon genehmen. Freytag den 4. Jan. 1675. sischen Armee

Weil Mons. Turenne mit der frantzö-

auß dem Burgund je länger je necher hin zurückte,

vnd

Rusfach, darinnen noch viel Brandenburgische vnder dein Cominando des

Der Feldzug des Großen Kurfürsten

54

Obersten von Bonsdorff lagen, einnahmen, wurden alhie mit stücken drey loßschütz gethan, darauff alles in allarni gerathen, vnd die gantze allierte Reichsarmee von dem Rappendantz

ahn biß

nacher Türckheim ahn den

Mühlbach sich in völlige battallien vnd schlachtordnung gestellt vnd deß

findts (d. i. Feindes) ankunfft, aber mit Schrecken und schlechter Chourage erwartet. Sambstag den 5. dito.

Bmb Mittag sahe man

die Frantzösische

Vortruppen von Herlissen (Herlisheim) vnd Egißheim (Egisheim) anmarchiren, vnd zogen ahn dem Geburg hinab biß Vedultzheim (Wettolsheim)

vnd Wintzenheim (Winzenheim).

Vmb

3 Uhren

nachmittag haben

die

Frantzosen aufs denen Türckheimer Matten bey Türckheim die Kayserlichen angegriffen vndt vmb 4 Uhren die selbige aus der Statt Türckheim ver­

trieben.

Ist ein scharf Gefecht Vorgängen vnd hat biß in die nacht hinein­

gewährt, sind beiderseits viel, mehrere aber auff der frantzösische» Seithen

geblieben.

Alhie in der Statt (Colmar) hat man dem Gefecht zugesehen

vnd alle schütz hören können.

Nach vergangener diser rencontre

haben

sich beide armeen, die Frantzösische ahm gebürg von Wedoltzheim ahn biß

nacher Türckheim,

die Kayserliche

aber von dem Rappendantz

ahn

ahn,

dem Mühlbach hinauß biß in Bentzen gelagert, in welchen beiden lager

auß der Statt viel tausend feührer (d. i. Feuer) gesehen worden; wahr schön anzusehen.

Vnderdeßen noch Vormitternacht haben die Brandenbur­

gische alle Ihr Bagage, sampt der eingelegten Guarnison eilendts

ab­

führen lassen.

Vmb Mitternacht ist der Churfürst zu Brandenburg mit seiner armce

auffgebrochen vnd spöttlich auß dem Feld auff Straßburg hinab eilendts

marchiert, deine die Kayserliche vnd der vbrigen allierten armee auß Noth­ zwang volgen müssen, wan sie den Frantzosen nicht haben in den Händen bleiben wollen.

Sonntag den 6. hujus in ipso festo Trium Regutn, Morgens

frühe ist Companie Frantzösischer Rentier in die Statt kommen,

haben

noch viel Kayserliche vnd Brandenburgische angetrosfen, vnd selbige gefäng­

lich angehalten. Vmb 11 Uhren ist Mons. Marchei de Turenne selbsten hereinkommen und bei den Herren dominicanern meß gehörth, aber als­

bald widerum heraußgeritten.

Vnderdessen ist

Türckheim totaliter außge-

plündert vnd die Einwohner aldorten sehr übel tractirt worden.

Es sind

auch alsbald etliche Compagnien von der Guarde in die Statt gelegt

worden.

Diesen Tag wegen großen tumults ist kein Predig und Ambt ge­

halten worden.

Ich aber der decanus, auff den Mons. Marchall de

Turenne warttend hab erst vmb halber zwölff Uhren Meß gelesen. Den 7. dito haben die Frantzosen die Intestina Ihres Herrn General-

gegen Frankreich 1671—1675.

leutenant

(d. i. Marquis de Foucault), so

55

in dieser Rencontre er­

schossen worden, bey den H. Dominicanern begraben, bey welcher begräbnuß alle glocken im Münster (d. i. das St. Martins stift) widerum zum

ersten mahl geleiithet worden. Jan. 13. Eben dieß geschah mit einem kaiserlichen Feldprediger auf dem Oelberg; sowie

den 15. und 19. mit 2 franz. Officiers bei den Augustiner».

Schreiben des

Amtmanns

III. Jundt

an die Rathsherren zu

Straßburg d. 28. Dezember 1674. Inhalt: Jundt berichtet über den Abzug der deutschen Armee nach dem Treffen bei Colmar.

Straßburger Stadtarchiv 1276. — Original, Unterschrift. Frey. Reichs hochedelgeborene, gestrenge u. s. w. Herren. Ew. Gnaden werden zweifelsohne bereits wissend sein, daß vorgestern

Abends eine rencontre zwischen beiden Armeen nahe bei Collmar fürgangen und zwar mehr

auf der französischen

Seite sollen geblieben sein.

als der Alliirten

Es hatten aber die Alliirten sich gestern

mit Consternation heruntergezogen und der Churfürst diese Nacht sich selbst

in Schlettstadt begeben, und soll zwar verlauten, als ob sie daselbst noch etwas stehen werden bleiben, man glaubt aber gänzlich, daß sie sich eiligst bis an Straßburg retiriren tverden, daß also die Franzosen Collmar wieder

besetzen und oberhalb allenthalben Meister seyen

(folgen Privat­

nachrichten) unterthänigst gehorsamer

I. Jundt.

28. Decembris 1674. (In verso) Churfürst von Branden­ burg zieht sich von Collmar und

gegen Straßburg.

V.

Der Rückzug aus dem Elsaß. Historische Uebersicht: In der Nacht vom 5. auf den 6. Januar,

also kurz nach dem Treffen von Türkheim, beschloß der Kurfürst Friedrich Wilhelm, mit seinem Heere aufzubrechen

und das Elsaß zu verlassen-

(Ueber die Beweggründe hierzu vgl. Rocholl a. a. O. Seite 85 folg.)

Er

sah de» kaiserlichen Feldherrn Bournonville infolge von dessen räthsel-

Der Feldzug des Großen Kurfürsten

56

haftem Auftreten für einen Verräther an.

Turenne verfolgte das ab­

ziehende Heer nicht, sondern begnügte sich nur damit, ein Kavalleriekorps

zur Beobachtung

seines

Feindes

abzuschicken.

Mehrere Ortschaften des

Oberen Elsaß wurden von den Franzosen geplündert und verheert. Colmar gerieth unter den Händen derselben in eine gar traurige Lage?) Zur Geschichte des Rückzugs des Heeres der Verbündeten, nament­

lich der Brandenburger, gehören folgende Dokumente: I. Auszug aus dem Protokoll der Dreizehner 1674 — 1675.

Aus diesen Aufzeichnungen ist zu

ersehen,

daß,

obwohl das

ganze

Elsaß, ja ganz Deutschland wie Europa nach dem verfehlten Feldzug der Verbündeten den Kurfürsten Friedrich Wilhelm mit Schmähungen und

Anklagen überhäuften und ihm allein die Schuld an dem unglücklichen Resultat beilegten, die freie Reichsstadt Straßburg dem Hohenzollern doch

die alte Hochachtung nach wie vor bezeugte.

Wir finden in dem Pro­

tokoll der Dreizehner, also in der sichersten und hauptsächlichen Geschichts­

quelle damaliger Zeit, keine Spur von Vorwurf und Anklage gegen den Brandenburger, vielmehr fehlt es nicht an Zeichen großen Vertrauens und aufrichtiger Verehrung. In gleicher Weise wie früher stand auch nach dem Treffen von Türkheim der Kurfürst mit Straßburg in Verhandlung in

Betreff der Verpflegung seiner Armee und in Bezug auf die Sicherstellung

der Reichsstadt. ziehenden,

Straßburg schickt seine Klagen über die Unbilden der ab­

gleichsam auf der

Flucht

begriffenen deutschen Truppen an

Friedrich Wilhelm und dieser giebt den Rathsherren die Versicherung, daß

kein Unheil ihnen geschehen soll.

Als Grund für das gänzliche Verlassen

des Elsasses und der Heimkehr nach Brandenburg läßt der Kurfürst der Reichsstadt melden, daß die Schweden in sein Land, in die Mark Branden­

burg eingefallen waren.

(Ueber die Tragweite dieses Ereignisses und den

Grund des Kurfürsten siehe Rocholl a. a. O. Seite 89.)

Bei dem Abzug

giebt Friedrich Wilhelm den Straßburgern das Versprechen,

Zukunft nicht ermangeln werde, ihnen seine Gnade und erweisen.

daß

er in

seine Dienste zu

Für den Leichenkondukt des Prinzen Carl Emil stellen die

Straßburger alles zur Verfügung, was in ihren Kräften in jener unruhigen Zeit stand. Höchst interessant ist, daß die Calvinisten die Gelegenheit wahr­

nehmen wollten, den Kurfürsten zu bewegen, ihnen in dem

lutherischen

i) Die vor Kurzem im Stadtarchiv zu Colmar aufgcfundenc Kollektion französischer Briefe, welche auf die Ereignisse nach dem Treffen von Türkheim Bezug haben, beweist, welche große Kontributionen die Franzosen den Colmarern auserlegten (Allaires militaires — Campagne de 1675 en Alsace — correspondance).

gegen Frankreich 1674—1675. Straßburg die freie Ausübung ihres Glaubens

57

und ihres Gottesdienstes

zu gestatten.

Daß Türen ne sofort nach seinem Siege begann, Straßburgs Bürger vor jeder weiteren Allianz mit den Deutschen zu warnen, geht aus dem

Protokolle ebenfalls hervor.

II. Bericht des Württembergischen Kirchenschaffners Chemnitius. Dieser Bericht ist

ein Beleg dafür,

daß

die Franzosen nach dem

Abzug der Deutschen das elsässische Volk keineswegs mit Wohlthateu be­

dachten, sondern durch Aengsten und Plagen hart Mitnahmen.

darüber auch

Siehe

das Protokoll des St. Martinsstiftes Seite 595, welches

berichtet, daß Türkheim totaliter ausgeplündert worden ist, ebenso die Türk­ heimer Standesregister Seite 51. (Vgl. hierüber Rocholl a. a. O. Seite 91.)

Der Bericht des Kirchenschaffners giebt noch Einzelheiten über den Zug

Turenncs nach dem Treffen von Türkheim,

also

nach

dem ' 5. Januar

1675 an. III. Brief des Stadtvogts und der Räthe von Rappoltsweiler vom 16. Januar 1675.

Dieser Brief berichtet Einzelheiten über das Verhalten Turennes nach

dem Treffen von Türkheim.

I.

Auszug aus dem Protokoll der Dreizehner. 1674—1675. Mittwoch,

den 30. Xbris 1674, hora rd“ pomor. M.

g. HH.

die XIII. Seite 795.

Die Herren Deputirten zu Ihrer Churf. Dicht,

zu Brandenburg,

Herr Stättmeister Zorn und Herr Ammeister Brackenhoffer lassen per

Herrn Dr. Schrägen referiren, sie hätten sich heute um 11 Uhr hinaus

nacher Jllkirch begeben um Ihrer Churf. Dlcht. unterthänigst aufzuwarten, aber dieselben nicht angetroffen, sondern daß Sie zu Erstein wären ver­ nommen.

Dieweil sie aber erfahren, daß Prinz Hermann von Baden und

ein junger Herzog von Würtemberg zu Gravenstaden seyen,

so hätten sie

die schuldige Aufwartung bei denselben verrichtet und Sie um Hülfe, daß

die daselbst kampirten Reichsvölker nicht so großen Schaden thun möchten (gebeten).

Es sey ihnen auch zwei Schreiben von Ihrer Churf. Dlcht.

zu Brandenburg, das eine durch einen brandenburgischen, das andere aber durch einen hiesigen Trompeter eingeliefert worden; in dem ersten bericktet Ihre Churf. Dlcht.,

daß Sie wegen der Völker vor hiesiger Stadt und

in dero Dorfschaften liegen,

die

Sache mit der Generalität überlegen

58

Der Feldzug des Großen Kurfürsten

wollten, M. g. Herren sollten sich nur noch ein paar Tage gedulden, sollte In dem anderen begehren Sie, daß

ihnen kein Unheil zugefügt werden.

man von den herabmarschirenden Völkern keinem den Paß verstatten wolle,

es wäre denn, daß er einen Paß von der Generalität vorweiset.

Erkandt:

Solle noch heute Ihrer Churs. Dicht, geantwortet werden, daß die großen Jnsolentien, welche die herabziehenden Völker verüben, bewöglich und um»

stündlich remonstrirt,

um die Abschasfung derselbigen aus

M. g. HH.

territorio gebeten und das bereits angelegte Verbot, daß man sie nicht über den Rhein lasse, solle kontinuirt werden.

Seite 803. Herrn Syndikus Frid referirt:

Es

hätte der Herr Geheimrath

Meinderts ihm ein Schreiben von Ihrer Churs. Dicht, an M. g. HH. zugestellt, liest dasselbige ab dieses Inhalts, daß Sie Ihre baggagc auf das Schleunigste über den Rhein gehen lassen und M. g. HH. ersucht

haben wollen, Jhro beförderlich darzu zu erscheinen, und referirt ferner, es habe Herr Meinerts auch sonsten ein und anderes angebracht, als nämlich 1) daß die Becken (Bäcker) allhier gar ein Geringes an Brod geliefert,

SJi. g. HH. möchten

sie

doch zu mehrerer Lieferung anhalten,

wäre nur noch um ein paar Tage zu thun,

2) dieweil Sie etwa» bis in

6000 Pfund Früchten übrig hätten, ob M. g. HH. dieselben bis auf fernere

Verordnung in Ihre Verwahrung nehmen wollten,

deliberationibus

bei der

Stadt in Vorschlag komme;

Generalität

auch

3)

daß unter anderen

die Conservation hiesiger

man werde allhier deswegen eine Konferenz

halten und wann M. g. HH. dabey etwas anzubringen hätten, dasselbige gern

anhören.

Es

werde die Generalität doch,

wenn man

zusammen

kommt, begehren, daß Jemand von Ak. g. HH. der Conferenz beywohnen

sollte.

Erkandt:

Wegen

des Brods

solle Herr XV.

Becken befehlen, ihr möglichstes zu thun.

Gröneiscn den

Die Früchte können wohl allhier

in Verwahrung genommen werden, und solle der Konferenz, wann sie allhier

angetreten werden, Jemand aus M. g. HH. Mittel beywohnen und seind zu solchem Ende deputirt worden Herr Stättmeister Böckel, Herr Amr.

Brackenhoffen und Herr Syndikus Frid. Seite 803. Der regierende Ammeister bittet um Ausweisung, wann der Churfürst

von Brandenburg als auf den heyligen neuen Jahrestag zwischen der Kirche, wann die Thore zu seind, herein wollte, wessen er sich zu verhalten habe.

Erkandt: Solle Herr Mainerts darüber besprechen, ob Ihre Churs. Dlcht. morgen herein koinmen werde vernommen und ihm dabey bedeutet werden,

daß an den Sonn- und Festtagen die Thore allhier zwischen der Predigt zu seyn und nicht geöffnet werden können.

gegen Frankreich 1674—1675.

59

Seite 803. Den 2. Januarii 1675.

Die Herren Deputirten

zu den Churf. Brandenburgischen

lassen per Herrn Consiliarium Friden referiren, darinnen bestanden,

erhalten, daß

daß Ihre Churf. Dicht.,

die Schweden in

Räthen

es sey das Anbringen

nachdem Sie die Nachricht

dero Land

wirklich eingefallen,

sich gemässigt befunden, Ihre Völker wiederum zurttckzuziehen und

dieselbigen

brauchen.

zur defension Ihrer

eigenen Lande zu

ge­

Ihre Churf. Dicht, hätten nicht ermangeln wollen M. g. HH.

pari davon geben und denselbigen für allen bishero bezeugten guten Willen Dank sagen zu lassen mit der Versicherung, daß Sie M. g. Herren alle Genad zu erweisen niemalen ermangeln werden, mit angehäugtem neuen Jahreswunsch.

Nachdem

nun

die Herren Deputirten

sowohl

für

beschehene Kommunikation als auch gethane Offerte und abgelegten neuen Jahreswunsch gebührenden Dank gesagt und es ad referendum genommen,

hätten Sie,

die Herren Räthe,

ferner angebracht,

wie daß Ihre Churf.

Dicht, auch in eommissioQ gegeben hätten wegen der allhier wohnen­

den Calvinisten*) mit M. g. HH. zu reden und denselbigen zu Gemüth zu führen, wie beschwerlich denselben falle, daß sie ihr exercitium religionis nicht allhier in der Stadt hätten, Ihre Churf. Dicht, hätten nicht unter­

lassen können, dieses ihr Anliegen M. g. HH. bester Maßen zu recommeu-

diren.

Sie,

die Herren Räthe verhofften

auch,

es

würden

die Herren

Deputirte M. g. Herren das Werk der Gestalt hinterbringen wollen, daß es nicht ohne Frucht abgehe; es hätte Herr Meinderts auch einen Befehl, 1) „Die ausgezeichneteren unter den straßburgischen Theologen hatten schon im 17. und so auch im 18. Jahrhundert nach ihren Studien auf der vaterländischen Universität, die Hochschule zu Wittenberg besucht, diese Burgfeste des orthodoxen Lutherthums, und brachten von dorther ihren rechtgläubigen Eifer, aber auch ihr unerschütterliches Festhalten an diesem Glauben unter schwerer Versuchung. Wenn Wittenberg im 17. und noch im Anfang des 18. Jahrhunderts das Zion der lutherischen Kirche genannt wurde, so möchte man Straßburg das Moria derselben heißen, denn kaum mag eine Stadt sein, wo der Gottesdienst so häufig gehalten und befugt ward. Beide, Wittenberg und Straßburg, galten lange für die orthodoxesten lutherischen Universitäten, und die Gutachten der straßburg-theologischen Fakultät standen in hohem Ansehen." Mit diesen Worten beschreibt der elsässische Kirchenhistoriker I. W. Röhr ich den kirchlichen Geist, welcher damals unter den Straßburgern herrschte und dem Calvinismus kein Recht, sich fröhlich zu entfalten, einräumte. Die Hauptgeistlichen des lutherischen Straßburg im 17. Jahrhundert, Dr. Joh. Schmidt und Dannhauer waren von Herzen fromm, aber herb gegen Katholiken und Calvin ist en. Daraus ist erklärlich, daß die Calvinisten die Hülfe des Kurfürsten von Brandenburg in Anspruch nahmen, um das exercitium re­ ligionis zu erlangen. (Vgl. Rohrich, Mittheilungen aus der ev. Kirche des Elsasses. Paris und Straßburg, Treuttel, 1855. 2. Bd. S. 289.)

Der Feldzug des Großen Kurfürsten

60

mit den Herren Geistlichen davon zu reden.

Die Herren Deputirten hätten

hierauf zu verstehen gegeben, dieweil Herr Mainerts in Kommission habe,

mit den Herren Geistlichen davon zu reden,

danken zuvörderst zu erwarten haben. darauf geantwortet,

so würde man derselben Ge­

Nachdem

aber Herr Mainerts

daß es zwar an dem sei, daß die Herren Geistlichen

M. g. HH. hätten ja das jus episcopale

die Sache schwerer machten,

und könnten es denselbigen per modum communicationis andeuten lassen, darauf sich auch die Baseler, daß dieselbigen den Lutheranern auch ihr cxcrcitium religionis verstatteten, berufen, so hätten die Herren Deputirten

es ad referendum genommen. Bei dem Abschied habe der Herr Mainerts

auch wegen der Früchte Anregung gethan und es dahin gestellt, daß die­ selbigen,

wann man es begehren würde,

gelten würden, verkauft werden möchten.

in dem Preise,

was sie alsdann

Wegen der Kranken habe er auch

gebeten, daß denselben jenseits des Rheins ein paar Häuser assignirt werden

möchten; nachdem ihnen aber die Unmöglichkeit repräsentirt worden, dabey acquiescirt.

Herr Dr. Schräg sagt:

Wegen der Calvinisten sei es eine Sache,

welche inter dilatoria gehörig;

wegen der Früchte könnte ihnen zu ver­

stehen gegeben werden, daß sie jemanden allhier bestellen sollten,

welcher

dieselben auf Begehr verkaufen könne. Herr Syndicus Frid vermeint, man sollte nochmals für beschehene

gute Offerte Dank sagen und wegen der Calvinisten die Sache in suspenso lassen; die Früchte könnten wohl liegen bleiben, wo sie feind, bis man sie

verkauft. — Der regierende Herr Ammeister folgt mit der Erinnerung ob nicht den Calvinisten, welche dergleichen Ansuchen thun,

wären.

es zu inhibiren

Erkandt: den Herrn Consulenten mit beschehener Erinnerung gefolgt.

Seite 822. Den 3. Januar 1675. Herr Syndicus referirt:

Als Herr Güntzer M. g. HH. intention,

was bei Monsr. de Turenne anzubringen wäre, daß er nämlich bedeuten solle, daß seine beiden Schreiben M. g. HH. sehr erfreulich gewesen, indem

sie seinen guten Willen daraus ersehen hätten und deßwegen seine Erklärung,

wie er an der Rhein-Schantz und demselbigen Paß liegende Kreis-Völkern zuvorkommen verlangt, angefügt worden, habe derselbige berichtet, daß der Herr von Kanitz Churf. Brandenburgische Oberhofmarschall ihm zu erkennen

gegeben,

daß man Vorhabens wäre,

Abführung des

Churfürstl.

bis nächsten künftigen Mittwoch die

Leichnams

anzustellen

und

convivium zu halten und M. g. Herren auch dazu zu berufen.

er,

Herr Güntzer, gefragt,

zwar

ein

Und als

ob es mit sonderlicher Solennität geschehen

werde, habe er ihm zur Antwort gegeben,

er hätte einen Befehl,

Alles

gegen Frankreich 1674—1675.

61

anzunehmen, was man dem Churprinzen zur letzten Ehre thun wolle, auch gar mau ihn mit Kutschen hinaus begleiten wollte, werde derowegen von Nöthen sein, daß man davon rede, was etwan zu thun sein möchte. Erkandt: an die verordneten Herren gewiesen.

Seite 825. Den 4. Januar 1675.

Die Herren Scholarchen proponiren, es verlange der allhier sich be­ findende Churs. Brandenburgische Oberhosmarschall, Herr von Canitz, daß wegen Abführung des Churprinzlichen Leichnams

ein Programm affigirt

Erkandt: Soll eins verfertigt und affigirt werden.

werden möge.

Dienstag, den 5. Januarii 1675.

hora 7ma. Der regierende Herr Ammeister ersucht M. g. HH. sich morgenden

Tags

bei dem Leichenkondukt des Brandenburgischen Churprinzen einzu­

finden. --------------- — Turenne (so berichtet der Straßburger Abgesandte) habe in Gemar

zu ihm gesagt:

wie er die an dem Keeler Paß liegenden Kreisvölker an­

sehe, und ob er dieselben für Feinde halte? Er, Mons, de Turenne, habe

darauf gleich gefragt, ob solche Völker M. g. HH. mit Pflichten zngethan

und unter dem Kominando wären,

und als er, Herr Güntzcr,

mit „Ja"

geantwortet, habe er sich ferner vernehmen lassen,

es sei gut; wann ein

anderer als er mit M. g. Herren zu thun hätte,

so würde er jetzund

ihnen

alle Freundschaft aufsagen,

aber sein humor

sei nicht

also, es sei nunmehr au dem, daß er den Feind aus dem Lande

getrieben er verlange

und viel Gefangene von demselben bekommen habe; anjetzo nur von M. g. HH. zu wissen,

wann er aus dem

ob sie einige Parteien von den Alliirten zu ein oder zwei­ tausend Mann herüberlassen wollten oder nicht? Wann sie keine Par­ Lande gehe,

teien — denn die völlige Armee wüßte er Wohl,

daß sie nicht unterstehen

könnte — herüberlassen wollten, so sollten M. g. HH. von den ©einigen kein Leid widerfahren; wann sie es aber thun, so würde er gezwungen werden, seine Leute an die Pässe zu legen, die Stadt einzu­

schließen und derselben alle Commercien abzuschneiden. Den 9. Januarii 1675.

Idem (Syndicus)

referirt ferner,

es hätten die Brandenburgischen

HH. Räthe die schwarzen Tücher, so in dem Dettlingischen Hof gebraucht werden, den Armen auszutheilen überlassen, stellte dahin, wohin solche M.

g. HH. employiren wollten.

Erkandt: Soll bei HH. Räthen unter XXL

62

Dcr Feldzug des Großen Kurfürsten

notificirt,

auf den Zünften umgekündigt

nnd

selbige hernach

durch den

Schaffner zu St. Marc distribuirt werden.')

II. Bericht des Württembergischen Kirchenschaffners Chemnitius. (Fortsetzung vgl. Seite 40.) Indessen ist das Treffen vorgegangen bei Türkheim, aber etliche Tage

zuvor

ließen

die Brandenburgischen alles Stück und Munition aus dem

Schloß Horburg ab

und nach Straßburg führen zu Wasser.

nach obigem Treffen,

Tags früh Morgens,

Folgenden

als Chur-Brandenburg mit

seiner Armee in der Nacht Colmar quittirt und schleunigst zu Straßburg, wieder

das

über

Reihn

ging, kommen

Schloß Horburg,

die

französischen

Marodeurs

vor

worin vorgemeldeter Döler mit Johann Mayr,

einem Jhro Durch!. Gardes, kommandirten, bemächtigten sich des Schlosses,

ermeldeter Mayer wurde in den Schenkel geschossen,

H. Pfarrer Binder

nnd Döler wurden nackent ausgezogen und alles was im Schloß war, rein ausgeplündert, so doch leicht hätte können erhalten werden.

Als nun andern Tags,

nach erwähntem Treffen, die ganze allierte

Armee ihre Quartiere quittirt hatte und nach Straßburg sich gezogen, sind

die Franzosen denselben gefolgt und sich in und um Ostheim mit der Reiterei gelagert, haben sich selbige häufig hier vor dem Unterthor postirt

und auch mit Gewalt in die Stadt gewollt,

woraus Johann Kneyel und

ich uns resolvirt zu Mons. M. de Touraine zu reiten, indessen aber be­

fohlen die Thore wohl zu verwahren und Niemand in die Stadt zu lassen, bis wir wieder zuruck gekommen.

Trafen also Mr. de Touraine unter­

wegs von Axen (d. i. Egisheim) bis Colmar an,

der uns gleich neben

sich allein reiten ließ, bis nach Osten (d. i. Ostheim) und alles ansgefragt, was wir wüßten von der Bundes- und deutschen Armee,

nachgehends be­

fohlen Niemand in Reichenweyer einznlassen ohne seine schriftliche Ordre. Indessen war unsern Leuten hier und besonders den im Schloß sehr bang,

bis wir wieder zurückgekommen, weil die Franzosen mit Gewalt anfangen wollten.

Als wir aber wieder zurück gekommen, haben wir diese Burschen

bald gestillt und Keinen eingelassen, und wir hatten, hinaus gegeben, hier,

wie zu Horburg

gegangen.

sondern um ihr Geld was sie begehrt

wo wir uns gesammelt hatten,

war es

Diese Conservation hat Reichenweyer

uns beiden gedankt. !) Das Kollegium der 21, bestehend aus 8 Mitgliedern der XIII und 10 ans den XV und 3 gewöhnlichen Bürgern, hatte die Aufgabe, dem Senat der Stadt rathend und helfend bei Seite zu stehen. Vgl. Schöpflin-Ravenez a. a. O. S. 129.

gegen Frankreich 1674—1675.

63

Hier manches Pferd und Vieh den Bauern in der Graf- und Herr­

schaft ich danials den Unterthanen erhalten und wieder bei den Officiercn zu Wege gebracht, ist bekannt, dafür ich mehr nicht als Dank noch gckrigt.

Anno 1675 im Januar legte man zum ersten Mal eine Compagnie Franzosen zu Pferd hier ins Winterquartier, Etat-Major.

sammt Mr. de Vaubrnn,

Der Comp. hieß Alexander, ein Mömpelgarter, welcher ein

groß Geld für den Etat-Major erpreßte, so mich mein Theil ziemlich ge­

kostet,

und hat man mich als Fürstl. Bedienten keine Freiheit in Kriegs­

anlagen (wie die jetzigen) eingemacht

frcigclassen.

Als nun die Winter-Ernte halb

war, marschirt Mr. de Touraine

mit seiner Armee durch

Ober-Elsaß hinab, bis unter Reinau oberm Rhein.

Er wurde aber nach-

gehcnds mit noch 2 ander» Generalpersonen mit einer Stück-Kugel er­ schossen und die französische Armee mit ziemlichem Verlust wieder genöthigt, ihren Rückmarsch ins Elsaß zu nehmen.

III. Brief des Stadtvogts und der Räthe von Rappoltsweiler

an die Pfalz-Sponheimischen Räthe zu Bischweiler d. d. Rappoltsweiler d. 16. Januar 1675. Inhalt: Bericht über den Marsch des französischen Heeres nach dem Treffen bei Türk­

heim und über die bedrängte Lage der Ortschaften.

Colmarer Bezirksarchiv. E. 655.

Original, Siegel.

Unsern freundlichen Dienst und Gruß zuvor, Edel, Best und Hoch­ gelehrte, besonders geehrte liebe Herren und freunde!

Wir haben derenselben schreiben vom berichten

daneben,

daß,

Xbris,

empfangen,

nachdem der Alliirten Armsen am Sontag den

6. dieß st. n. sich nach er Schlettstatt retiriret, ist Herr General-Leutenant Monglas mit 3000 Pferden denenselben biß an den Landgraben nach gegegangen, und hat selbigen Abend auf dem Feld zwischen Gemar und Berck-

heim sich gestellet,

da sie biß auf den Dienstag stehend geblieben.

Herr

General-Mareschal von Turenne aber, der gemelten Sontag in Collmar

ankomnien, und von da nacher Egißheim gezogen, dem wir gemelten Dienstag

den Hofschafner,

nachdem derselbe montag abends von gedachtem H. Ge­

neral-Leutnant Monglas auf dessen begehren man etwas Habern und brodt von hier hinauß gegeben,

wiederkommen,

entgegengeschicket,

welche Ihre

fürstl. Gnade bey Jngersheim angetroffen, und nach Ueberreichung unseres

ihm milgegebenen schreibens alle gnädige Vertröstung empfangen, mit denen Worten, wir dürften uns allhier nicht fürchten, würden in Consideration

Ihrer Dicht, unseres

gnädigsten Fürsten und Herren verschonet

und so

Der Feldzug des Großen Kurfürsten gegen Frankreich.

64

sicher, ihm

als

in Paris sein.

alles Guten

1674—1675.

M. le Comte de Roye hat sich auch gegen Darauf haben Ihre fürstl. Gnaden wieder

anerboten.

zu dem Hauptquartier nacher Egisheim gewendet, sein aber folgenden Mitt­ woch abends mit der Armee herabgerücket, haben selbigen

abend das

haubtquartier in Gemar mit viel Völker zu Pferd und Fuß auch 8 Re­

gimenter in Berckheim logiret, genommen und einen von Ihren gardes zu Salvaguardi herein geschickt, seien biß Dato daselbsten verblieben, Mon-

glas

aber mit der Avantgarde nacher Schlettstadt vorausgehen lassen.

Weil sie nun also in der nähe verharret, ist deroselben von hiesiger Statt

ein Küchen praesent durch mehr besagten Hofschaffner berürten Donnerstag übersendet und wol angenommen worden.

Wir hatten montags zuvor auch

einen Boten mit schreiben an H. Intendanten nacher Breysach geschickt, welcher aber geantwortet, daß er uns hierinnen nicht helfen fönte, und uns an höchst ernannte Ihre fürstl. Gnaden gewiesen, derselben kommen.

Man

weil er noch nicht zu

hat hiesiger Statt bißhero keine einquartirung

zugemuthet, aber etliche kranke Officierer hereingeleget, Losameut und Futter auf ihre Pferde zu geben,

auf begehren etwas

Generals-Personen jeweilen victualien zugeseudet.

welchen nur das

wird auch den Herren

am wein, Habern

Es ist Täglich ein großer Zulauf der Völker,

allhie ihre Nottürftigkeiten

und so

einzukauffen begehren, in solcher Menge, daß und hat der Salvagardi

Sie nicht alle herein gelassen werden dörffen,

genug allhie zu wehren, daß kein Lärmen entstehe, bleiben deren viel vor der niederen Porten in den Garten-Häußlein über nacht, nicht ohne schaden der gärten und Reben, in welchen hiesige Leute nicht sicher arbeiten können. Gemar und Zellenberg

werden

gänzlich ruinirt.

Gott steure dem Ver­

derben in gnaden und helfe den armen Leuten! Das Schloß und Stättlein

Weiler in St. Gregorienthal sein auch geplündert,

und der Ambtschreiber

Spenner daselbsten biß auf das hembd auß gezogen worden.

Ergeben uns

schließlich allerseits Göttlicher gnaden beschirmung und verbleiben beständig Unserer geehrten Herren

. dienstwillige fürstl. Pfalzgräfl.

Rappoltsweiler den 16.

Stattvogt nnd Räthe.

Januarii 1675.

Denen Edel, Best und Hochgelehrten fürstl. Pfaltz-Sponheimischen Räthen Zu

Bischweiler, unseren besonders geehrten lieben Herren und freunden

Straßburg.