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German Pages 64 [65] Year 1880
Der Feldzug des Große« Kurfirfleu gegen Frankreich 1674—1675.
Sammlung der in den elsässischen Archiven beruhenden, die
brandenburgische
Kampagne
betreffenden
handschriftlichen
Dokumente.
Von
Dr. Heinrich Koch oll, König!. Divisionspfarrer der 31. Division zn Colmar.
Separat-Abdruck aus der Zeitschrift für Preußische Geschichte, von Prof. Rößler, bei E. S. Mittler & Sohn; Oktoberheft 1879;
Berlin.
Druck von (L. S. Mittler u. Sohn in Berlin, Kochstrahe 69. 70.
I. Die handschriftlichen Dokumente in den Archiven des Elsaß. In den
Schrift
Rezensionen, welche die im Frühjahr 1877 veröffentlichte
„über den Feldzug des Kurfürsten Friedrich Wilhelm von
Brandenburg im Elsaß 1674—1675'“) besprochen haben, wurde mehr
fach der Wunsch ausgesprochen,
daß auch die aufgefundenen, noch unge
druckten handschriftlichen Dokumente über die Ereignisse der damaligen Zeit
ebenfalls herausgegeben werden möchten, damit dieselben zu weiteren histo rischen Untersuchungen dienen könnten.
Dieser Aufforderung ist der Ver
fasser in den folgenden Blättern nachgekommen. In Colmar war ihm durch seinen hochgeehrten Freund, den Kaiser
lichen Archivdirektor am Bezirksarchiv des Oberelsaß, Herrn Dr. Pfannenschmid, der Eintritt in das genannte Archiv zu jeder Zeit gestattet, so
daß er in aller Muße die daselbst aufbewahrten Papiere und Akten früherer Zeiten zu durchmustern vermochte.
Auch konnte er durch dessen freundliche
Vermittelung die Stadtarchive von Rufach, Egisheim, Pfaffenheim,
Geberschweier, Hattstatt, Heilig-Kreuz, Wettolsheim, Winzen heim, Walbach, Jngersheim und Zimmerbach besuchen, ohne jedoch Nennenswerthes über den Großen Kurfürsten an diesen Orten zu finden. Einen reichen Schatz an historischen Ueberlieferungen über die branden
burgische
Kampagne
birgt
das
Straßburger
Schriften Herr Stadtarchivar Brücker mit
Studium vorlegte.
Stadtarchiv,
dessen
größter Bereitwilligkeit zum
Das von diesem Herrn im Sommer vorigen Jahres
’) H. Rocholl, Der Große Kurfürst von .Brandenburg im Elsaß 1674—1675. Ein Geschichtsbild aus der Zeit, als das Elsaß französisch werde» mußte. Mit einer Karte zum Gefecht bei Türkheim. Straßburg bei Trübner. 1877. — Vgl. diese Zeit schrift, Jahrgang 1878, Aprilhest von Seite 151 ab, woselbst die Herausgabe eines Flug blattes wider die Brandenburger aus dem 17. Jahrhundert, „Der Götterbote Merkur über die Brandend. Campagne im Elsaß. 1674—1675" von demselben Verfasser.
1*
4
Der Feldzug des Großen Kurfürsten
herausgegebene, gut geordnete Inventar über die Bestände des Straßburger Stadtarchivs erleichtert jedem Forscher das Nachsuchen aufs Angenehmste?)
Zu den aus den Archiven entnommenen Aktenstücken legte der allgemein als Beförderer
elsässischer Geschichtsforschung hochgeschätzte Herr Advokat
Jgn. Chauffour zu Colmar noch einen Bericht über die Ereignisse der Jahre 1674—1675 hinzu.
Den genannten Herren fühlt sich der Heraus
geber zum größten Dank verpflichtet.
Eine auffallende Erscheinung bleibt es, daß die Zahl der handschrift
lichen Dokumente über den brandenburgischen Feldzug,
der das elsässische
Volk und Land in bedeutendem Umfang in Mitleidenschaft zog, sehr geringe ist.
nur eine
Ja, in den wichtigsten Urkundenbüchern damaliger Zeit
scheint mit Absicht über diese Periode gar keine Aufzeichnung
worden zu sein.
gemacht
So enthalten sowohl das Rathsprotokollbuch als auch
das Missivprotokollbuch der Stadt Colmar, welche im Stadtarchiv liegen, und
das Rathsprotokollbuch der
Stadt Rappoltsweiler im Bezirksarchiv
selbst, gar keine Spur von Nachrichten darüber.?)
da
Entweder war das Ge-
meindeleben in jener drangsalvollen Zeit so sehr in Unordnung gekommen,
daß die Rathsherren kein Protokoll mehr führten, oder, was mehr Wahr scheinlichkeit hat, es muß dieser Unterbrechung der Aufzeichnungen ein politisches
Motiv zu
Grunde gelegen haben.
Vielleicht
wollten
Magistrate
und
Bürger den nach dem Abzug der deutschen Armee sich des Landes bemäch
tigenden Franzosen jede Notiz entziehen,
welche
bekundet haben würde,
einen Antheil sie an der Erhebung gegen Frankreich genommen hatten. Unzweifelhaft enthalten die Archive des Elsaß, namentlich das Be welch'
zirks-
und das Stadtarchiv zu Colmar, noch viel handschriftliches Ma
terial,
welches mit der Zeit aufgefunden und zur vollen Aufklärung des
Unternehmens des brandenburgischen Kurfürsten dienen wird.
Zu begrüßen
ist darum jeder Fortschritt in der Jnventarisirung der in den Archiven be ruhenden Schriften,
an welcher schwierigen Arbeit die jetzigen Direktoren
derselben arbeiten.
In dem Bezirksarchiv zu Colmar finden wir eine Hauptquelle für die Geschichtsforschung,
die Acta capitularia (Protokolle) des
1) J. Brücker, Inventaire sommaire des Archives CommunaleS de la ville de Strassbourg. Serie AA, Actes Constitutifs et Politiques de la Commune; Strassburg, Schultz. 1878. 2) Das Missivprotokoll hat vom 27. August 1674 bis zum 18. Juli 1675, das Rathsprotokoll vom 5. Oktober 1674 bis zum 28. Januar 1675 gar keine Notizen; das Protocollum Missivarum Gallicarum (die in französischer Sprache abgefaßten Korre
spondenzen der Stadt) schließt mit dem 19. Februar 1674.
5
gegen Frankreich 1674—1675.
St. Martinsstiftes zu Colmar. *) maligen Zeit verfaßt.
Sie sind von dem Dekan der da
Es spricht aus ihnen nicht eine unparteiische Ge
sinnung, vielmehr schreibt der Dechant als Protokollführer im Eifer gegen die Protestanten unter den Bürgern Colmars und gegen den evangelischen
Kurfürsten von Brandenburg; weshalb seine Bemerkungen mit Vorsicht auf zunehmen sind. In demselben Archiv wurden die Aktenstücke über die Truppen
des Herzogs von Braunschweig-Lüneburg gefunden.
Leider ist es
dem Herausgeber nicht gelungen, weder über das brandenburgische Heer, noch über die übrigen deutschen Armeen, weder über den Kurfürsten Friedrich
Wilhelm noch über dessen Verbündete, Generale und Offiziere sonst noch etwas Detaillirtes und Bemerkenswerthes in den Colmarer Archiven zu finden. Bis
jetzt hat das Stadtarchiv zu Colmar noch
gar nichts hierüber geliefert.
Nur im Bezirksarchiv (E. 536) liegen einige sog. Sauve-gardes, welche
der Kurfürst mit eigenhändiger Unterschrift versehen hat, brandenburgische
Siegel
tragen.
So heißt z.
B.
und welche das
einer
dieser Pässe:
Sauve-garde accordö par Frederic Guillaume margrave de Brande-
bourg, au Prince Christian de Birkenfels pour son comte de Ri beaupierre
et specialement pour la prdvotö ou bailliage de Hei
teren, date de Strassbourg le 4. October 1674 u. s. w. Sauve-garde ist von Bournonville ausgestellt;
Straßburg, den
1. Oktober 1674.
Auch ein
er trägt das Datum
Bournonvilles Titel ist folgender:
„Der Röm. Key. Cammerer-Kriegs-Rath Gral-Veltm aschl und
obstr zu
pfert Alexander Herzog und first v° und zu Bournonville graf und Herrn Ritter des gülden fließ." Von Herrn Jgn. Chauffour zu Colmar wurde dem Herausgeber
ein Memoire überlassen mit der Ueberschrift: An. 1672 bis 1700 Merkwürdiges burg und
daß
in der
Reichenweier zugetragen."
dieses Schriftstück
von
dem
„Memoire, was sich von
Graf- und Herrschaft Hor
Aus dem Bericht geht hervor,
Württembergischen
Reichenweier, Namens Chemnitius, verfaßt worden ist.
selben ist zwar nicht wichtig,
Kirchenschaffner
zu
Der Inhalt des
immerhin aber charakteristisch
für die da
maligen Zustände. Weit wichtiger sind die Notizen aus den Jahren 1674 und 1675,
welche in den Kirchenbüchern der Stadt Türkheim zu lesen sind. Sie enthalten Einzelheiten über die Schlacht von Türkheim am 5. Ja
nuar 1675.
i) Ueber das St. Martinsstift siehe Rocholl, Anfänge der Reformation in Colmar. Ein Beitrag zur ReformationSgcschichtc des Elsaß. Leipzig, Lang u. Rasch. 1875.
Der Feldzug des Großen Kurfürsten
6
In den Archiven der Städte Rufach und Egisheim konnten einige
Notizen gesammelt werden, welche jedoch nicht von Belang sind. Das Straßburger Stadtarchiv besitzt das an Nachrichten sehr reiche Protokoll der Dreizehner (Proces verbaux de la Chambre
Was den Namen des Kollegiums der XIII anlangt,
des XIII ).
so ist
zu merken, daß der Senat der Stadt Straßburg sich schon im 15. Jahr
hundert gezwungen sah, um die sich immer mehr anhäufenden Stadtgeschäfte ausführen zu lassen,
noch andere Kollegien neben sich zu gründen.
erwählten 28 Delegirte
1483
aus den Zünften 12 Bürger, 4 aus dem Adel,
4 aus der Zahl der gewesenen Ammeister und 4 aus den Vertretern der
Zünfte.
Zu diesen 12 trat der zeitige Ammeister, daher der Name der
Dreizehner.
Den Vorsitz in diesem Kollegium führte entweder der regie
rende Stättemeister oder der Ammeister,
schaft zu Sitzungen berief.
welcher letztere auch die Körper
Dieses Kollegium war gleichsam das diploma
tische Korps der freien Reichsstadt Straßburg. Angelegenheiten,
namentlich
alle
Alle geheimen und wichtigen
Verhandlungen
Mächten lagen ihm zu besorgen o6. *)
mit
den
auswärtigen
In dem wohlerhaltenen und deutlich
abgefaßten Protokolle finden wir eine Reihe der wichtigsten Beschreibungen
der vergangenen Zeiten aus der denkwürdigen Geschichte jener hochberühmten Stadt. In dem übrigen,
von dem jetzigen Stadtarchivar geordneten hand
schriftlichen Material aus jener Zeit finden wir eine Anzahl von Briefen,
welche das brandenburgische Wappen tragen
und mit der mannhaft festen
Unterschrift des großen Hohenzollern, des Kurfürsten Friedrich Wilhelm
von Brandenburg,
versehen sind.
Sowohl aus dem Protokoll der Drei
zehner als auch aus des Kurfürsten Briefen ist zu ersehen, welch ein ver trautes Verhältniß zwischen dem Ahnherrn unseres Kaiserhauses und der alten freien
deutschen Reichsstadt sowohl im Glück als anch im Unglück
geherrscht hat.
Die nachfolgende Sammlung macht nicht den Anspruch, für vollzählig
uud erschöpfend zu gelten, vielmehr will sie nur eine erste Reihe von auf
gefundenen Urkunden darbieten. einem noch
Landes,
Möge sie die Veranlassung werden zu
umfangreicheren Aufsuchen
in den Archiven des
als es dem Herausgeber möglich war,
elsässischen
von Seiten anderer be
rufenerer Forscher!
Die neue Bearbeitung der Dokumente hat dem Herausgeber einen Beleg
dafür gegeben, daß seine Darstellung der brandenburgischen Kampagne von
1674 bis 1675 in der oben angeführten Broschüre in allen Punkten eine
’) Dgl. Schöpflin — Eavenez, l’Alsace illustres.
Mulhouse 1852. V. p. 126 ff.
gegen Frankreich 1674—1675.
7
richtige gewesen ist, wie sie denn auch in den mehr als 26 Rezensionen,
welche über sie veröffentlicht worden sind, selbst von französischer Seite keinen wesentlichen Widerspruch erfahren hat.
Schließlich die Bemerkung, daß die mitgetheilten Abschriften wörtlich
den Originalen
entsprechen, daß dagegen die Orthographie modernisirt
worden ist, wenn es zum Zweck des Verständnisses erforderlich war.
XL
Friedrich Wilhelm, Kurfürst von Brandenburg und die freie deutsche Reichsstadt Straßburg. Historische Uebersicht. Nachdem im Sommer des Jahres 1674 das deutsche Reich dem fran
zösischen König Ludwig XIV. den Krieg
erklärt hatte,
brach im Monat
August der Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg auf, um sich mit der kaiserlichen Armee, welche von dem Herzog von Bournonville befehligt wurde, zu einem Hauptangriff gegen den französischen Feld
herrn Turenne im Süden des Reichs, im Elsaß,
der Ankunft der brandenburgischen Truppen
zu vereinigen.
am 4. Oktober gelang
Vor es
Turenne, die Kaiserlichen zu Enzheim in einer blutigen Schlacht zu be
siegen.
Als inzwischen der Kurfürst mit gegen 20 000 Mann Kerntruppen
dem Elsaß sich näherte, zog sich Turenne an die Mossig,
einen kleinen
Fluß bei Marlenheim, westlich von Straßburg zurück.
Die freie Reichsstadt Straßburg begrüßte den brandenburgischen Kur fürsten aufs patriotischste und stellte alles, was in ihrer Macht stand, den
Kaiserlichen und den Brandenburgern zur Verfügung. Infolge untreuen und eifersüchtigen Benehmens des kaiserlichen Ge nerals, Herzogs von Bournonville, schlug das erste Unternehmen des Kur
fürsten fehl,
Turenne bei Marlenheim zu einer Schlacht zu zwingen.
Am 18. Oktober gelang es den Franzosen,
sich in vollständiger Ordnung
auf Dettweiler und Hochfelden und in den nächsten Tagen von dort nach Lothringen zurückzuziehen.
Der herannahende Winter Truppen
und
die
mangelhafte Verpflegung
der
sowie die in bedenklicher Weise um sich greifenden Krankheiten
unter denselben nöthigten die Alliirten, sich in die Winterquartiere zu legen. Man vertheilte die deutschen Truppen durch das ganze oberelsässische Land
gegen Frankreich 1674—1675.
7
richtige gewesen ist, wie sie denn auch in den mehr als 26 Rezensionen,
welche über sie veröffentlicht worden sind, selbst von französischer Seite keinen wesentlichen Widerspruch erfahren hat.
Schließlich die Bemerkung, daß die mitgetheilten Abschriften wörtlich
den Originalen
entsprechen, daß dagegen die Orthographie modernisirt
worden ist, wenn es zum Zweck des Verständnisses erforderlich war.
XL
Friedrich Wilhelm, Kurfürst von Brandenburg und die freie deutsche Reichsstadt Straßburg. Historische Uebersicht. Nachdem im Sommer des Jahres 1674 das deutsche Reich dem fran
zösischen König Ludwig XIV. den Krieg
erklärt hatte,
brach im Monat
August der Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg auf, um sich mit der kaiserlichen Armee, welche von dem Herzog von Bournonville befehligt wurde, zu einem Hauptangriff gegen den französischen Feld
herrn Turenne im Süden des Reichs, im Elsaß,
der Ankunft der brandenburgischen Truppen
zu vereinigen.
am 4. Oktober gelang
Vor es
Turenne, die Kaiserlichen zu Enzheim in einer blutigen Schlacht zu be
siegen.
Als inzwischen der Kurfürst mit gegen 20 000 Mann Kerntruppen
dem Elsaß sich näherte, zog sich Turenne an die Mossig,
einen kleinen
Fluß bei Marlenheim, westlich von Straßburg zurück.
Die freie Reichsstadt Straßburg begrüßte den brandenburgischen Kur fürsten aufs patriotischste und stellte alles, was in ihrer Macht stand, den
Kaiserlichen und den Brandenburgern zur Verfügung. Infolge untreuen und eifersüchtigen Benehmens des kaiserlichen Ge nerals, Herzogs von Bournonville, schlug das erste Unternehmen des Kur
fürsten fehl,
Turenne bei Marlenheim zu einer Schlacht zu zwingen.
Am 18. Oktober gelang es den Franzosen,
sich in vollständiger Ordnung
auf Dettweiler und Hochfelden und in den nächsten Tagen von dort nach Lothringen zurückzuziehen.
Der herannahende Winter Truppen
und
die
mangelhafte Verpflegung
der
sowie die in bedenklicher Weise um sich greifenden Krankheiten
unter denselben nöthigten die Alliirten, sich in die Winterquartiere zu legen. Man vertheilte die deutschen Truppen durch das ganze oberelsässische Land
Der Feldzug des Großen Kurfürsten
8
bis nahe an die Baseler Grenze. Kurfürsten
gegen Frankreich
S. 276—303;
(Vgl. Peter,
1672—1675.
Der Krieg des Großen
Halle,
Waisenhaus.
1870.
und Rocholl, Der Große Kurfürst von Brandenburg im
Elsaß 1674-1675.
Straßburg, Trübner.
Auf die geschilderten
1877.)
historischen Ereignisse beziehen sich folgende
handschriftliche Dokumente:
I. Die betreffenden Stellen aus dem im Straßburger Stadt
archiv beruhenden Protokoll der Dreizehner vom 1. Ok tober 1674 ab.
Diese Aufzeichnungen über die Berathungen des Kollegiums der Drei zehner, deren Zeitrechnung nach dem alten Kalender angegeben wird,
sind ein werthvolles Zeugniß über das vertraute Verhältniß, in welchem
die alte freie Reichsstadt Straßburg zu dem brandenburgischen Kurfürsten Friedrich Wilhelm stand.
Der Straßburger Magistrat war bestrebt,
dem Kurfürsten alle Dienste zu erweisen, welche der infolge der kriegerischen Ereignisse schon hart bedrängten Bevölkerung
noch
aufgetragen werden
konnten; Straßburg hat das brandenburgische Heer mit Brot und sonstigem
Proviant unterstützt. — Als nach
dem unglücklichen Tressen bei Mar
lenheim eine große Verstimmung
zwischen Friedrich Wilhelm und dem
kaiserlichen Befehlshaber, Herzog v. Bournonville,
Straßburg auf die Seite der Brandenburger,
eintrat, stellte sich
als derer, die es „treu
meinten", und pflichtete dem Argwohn bei, daß Bournonville ein untreues Spiel triebe.
Der Stättemeister Zorn sprach es aus, es scheine als wäre
die kaiserliche Intention,
die evangelischen Stände zu ruiniren; Bournon
ville müsse Befehl haben, also zu handeln, oder bestochen sein. — Von
großem Werth sind die Aeußerungen,
welche der Kurfürst selbst über den
kaiserlichen Feldherrn gethan hat, wie er keinen Anstand nahm, in Gegen wart der Gesandten Straßburgs und seiner Generale ihn einen Schurken zu nennen.
II. Die Korrespondenz, welche der Kurfürst mit Straßburg führte, 8 Briefe. Auch
sie geben einen neuen Beweis, wie der Kurfürst nach seinem
eigenen Ausdruck „eine sonderbare Asfection und Neigung" für Straßburg hegte.
Er vertrat der Reichsstadt Angelegenheiten kräftig beim Kaiser;
Straßburg schenkte dem Kurfürsten jegliches Vertrauen, indem es ihn um
Unterstützung
und Hülfe anging.
Hervorzuheben sind die denkwürdigen
gegen Frankreich.
9
1674—1675.
Zeugnisse, welche Friedrich Wilhelm über das echt deutsche, patriotische
Verhalten der Straßburger gegeben hat.
Die Straßburger haben es auch
nicht fehlen lassen, ihm und seiner erlauchten Gemahlin jede Ehrenbezeugung
darzubringen. — III. Notizen über zwei aufgefundene Briefe des Herzogs von Bournonville. Der Brief vom 6. Oktober enthält auch ein schönes Zeugniß über
den großen Eifer, „so die Straßburger zu Ihrer Kaiserl. Majestät unseres
allergnädigsten Herren", tragen. — IV.
Ein Brief der Beamten des Fürsten von Birkenfels zu Rappoltsweiler an den französischen Marschall de Crequy, wel
cher Erkundigungen über die Stellungen der deutschen Armee im
Elsaß einzuziehen bemüht war. die Fürsten
und
Man ersieht aus demselben, daß
Adlichen des Elsaß Frankreich
gute Dienste
leisteten und den Boden für die kriegerischen Unternehmungen den deutschen Heerführern unsicher machten.
I.
Auszug aus dem im Straßburger Stadtarchiv beruhenden
Protokoll der Dreizehner (Proces verbaux de la Chambre des XIII), betreffend die kriegerischen Ereignisse von 1674—1675.
Seite 634. Donnerstags, den I. Octobris 1674. Eodem hora 4ta pomer. (d. h. postmeridiana) M. g. Hhr.
die XIII. Herr Syndikus Frid proponirt:
Es
sei ein Schreiben von Ihrer
Churfürstlichen Durchlaucht zu Brandenburg an M. Herren von einem Brückenmeister hierhero gebracht worden, darinnen begehrt wird,
eine flie
gende Brücke über den Rhein verfertigen zu lassen, damit man an Ueber« führung der Artillerie nit gehindert werde, liest dasselbige ab und berichtet
dabey, daß Herr Rathherr Fischer für unmöglich halte, an diesem Ort eine fliegende Brücke zu machen. Es sey auch bereits zu dem Brücken meister, um denselben zu reden, geschickt, er aber nicht zu Hauß angetroffen worden.
Erkandt: Soll Ihme zu verstehen gegeben werden, daß die Bruck
noch in dem Stand sey, wie sie gewesen, da die kayßerliche armöe herüber marschirt; wann aber Er etwas daran zu desideriren wisse, M. g. Herren
gerne das Ihrige dabey thun wollten.
Der Feldzug des Großen Kurfürsten
10
Seite 639. Idem berichtet,
beten,
es hetten Ihre Churf. Dicht, zu Brandenburg ge
wann Sie herein in die Statt kommen würden,
die Lösung der
Stücke zu unterlassen auf sich.
Seite 640.
Freytag, Nachmittag, hora I., den 2./8. Octobris.
Die Oberherren proponiren,
daß
sich
ein General-Quartier-Meister
von der Brandenburgischen Armee angemeldet und begehrt, man wollte ihm Quartier in der Schantz zu Keel für 600 Pferde geben und werde er, nach allem gethanen Remonstriren, auf seinem Begehr verharren, vor-
er habe dessen expresse Ordre;
gebendt,
als haben sie,
weilen diese Sach
nicht allein für die Oberherren gehören, den regierenden Herrn Ammeister
ersucht, M. Herren die XIII zusammenzuberufen, damit man Ausweisung
haben möchte; bericht anbey,
daß,
ob es zwar erstlich geheißen,
es wäre
nur gemeine Cavallerie, so hette sich doch hernach in genauer Erkundigung befunden, daß es Ihrer Churf. Dicht. Leib-Compagnie
wäre. — Herr
Doctor Otto sagt: er könne an seinem Unterthanen Ort nicht sehen, wie man hierinnen willfahren könnte,
Mittel wären,
weilen in der Schantz zu Keel ja keine
so zu nöthiger Unterhaltung dieser Leute erfordert würden,
müßten also dieselben von dar hinaus geschafft werden; doch stelle er alles
zu M. Herren Belieben. — Herr Syndikus Frid berichtet, bey seiner
Ankunft,
daß gedachter Offizier auf die von ihm beschehenen Remonstra-
tiones sich habe weisen lassen
erklärt,
und außerhalb der Schantz zu logiren sich
wann ihm nur das versprochene quantum Brod gereicht werde.
Erkandt: niit der Einquartirung außerhalb der Schantz begehrter Maaßen
willfahrt. Seite 642.
Herr Syndikus berichtet, daß Ihrer Churf. Dicht, von Branden burg Herr Obermarschall von Cannitz M. g. Herren ersuche, weil
die Churfürstin bei Herren Widten logiren werde, um die Vergünsti gung,
eine Gart-Kuchen (d. h. eine Garküche)
ohnfern des losaments
(d. h. logement) aufzurichten, wie auch um die Erlaubniß, daß die Chur fürstin sich der Kiefferstuben, weilen nicht genug losamenter in dem Widt'schen Haus, bedienen möge und dann weilen Herr Widt ihnen berichtet,
daß er kein Holtz habe, dasselbige auch nicht wohl um das Geld allhier zu
bekommen
sey,
als
bäte er M. g. Hh. wollten ihme um die Bezahlung
aus ihren Scheuren was lassen zukommen.
Er seines
Orts
vermeine,
M. g. Hh. hätten das erste petitum, die Gart-Kuchen betreffend, nicht zu erschweren, in dem anderen, die Kiefferstuben belangend, auch zu will fahren, wegen des Holz aber, weil er die Sache nicht ad referendum
genommen, werde sie auf sich beruhen.
Erkandt: Herrn Syndikus gefolgt.
gegen Frankreich 1674—1675.
11
Seite 644. Herr Stallmeister Zorn, der Eitere, Herr Ammeister Dietrich und
Herr Doctor Betrag, die Herren Deputirten zu Ihrer Churf. Dicht, von Brandenburg referircn, daß sie M. g. Hh. zu folgen sich auf den Weg
nach
dem Churfürsten gemacht; weil sie berichtet worden,
er wäre zu
Rastadt, so haben sie ihren Weg gegen Liechtenau genommen, hatten aber
beym Renchenloch*)
von Mons. Buchen^),
Churfürst!.
Kammerjunkern,
daß der Churfürst zu Oberkirch übernachten werde, verstanden, wohin sie sich alsobalde gewendet, auch zu Nacht um 12 Uhren allda gelangt und
in der Carosse ihre Zeit zugebracht bis Morgens
gegen 6 Uhren Herr
Oberst von Berleps das Creditiv genommen und solches Ihr. Dicht,
von welcher sie auch
überbracht habe,
darauf
um 7 Uhren
gnädigste
Audienz gehabt, Ihre Churf. Dicht, hatten die Schickung zu sonderbarem
gnädigsten Gefallen ausgenommen mit Versicherung, daß, wo sie der
Stadt Straßburg einige Gefälligkeit und Freundschaft zu er weisen Gelegenheit haben werden, sie es nicht unterlassen Worauf sie ihren Abschied genommen und um 12 Uhr zu Keel
wollen.
angelangt,
allwo kurz hernach Herr Oberst von Barleps auch arrivirt,
berichtend, daß Ihre Churf. Dicht, nicht verlangte, mit Lösung der Stücke
empfangen zu werden, und daß sie M. Hh. ersuchen ließen, ihrer Armee mit 50 000 Pfund behülflich zu sein, und daß sie gesinnet wären, ihren
Marsch
durch die Ruprechtsau in die Wantzenau zu nehmen, wäre
deßwegen vorhergeschickt, die Orte zu besichtigen
und
zu recognosciren,
wollte dessentwegen M. g. Hh. ersucht haben, ihme Leute beizuordnen, die
ihme vom Land Bescheid ertheilen und in allem Bericht erstatten könnten, und
wann die marche
(der Marsch) dahin gehen sollte, würde nöthig
sein, daß in der Ruprechtsau eine Bruck verfertigt würde. — Her Stätt-
meister Zorn berichtet, daß gemelter Oberst von Barleps inständig an
gehalten, der Generalität zum behuef etwas an Wein und Habern (Hafer) beyzutragen. — Herr Ammeister Dietrich
setzt hinzu,
daß
er auch
gebeten, M. g. Hh. wollten befehlen, daß das Thor um etwas länger auf gehalten werde, weilen er nothwendigerweiß wieder zu Ihr. Churf. Dicht, reutten müßte. — Herr Doctor Otto, die Erklärung von Ihrer Churf. Dlcht. sey so gefallen, daß man sich darüber zu erfreuen habe; wegen der 0 Die Rench
ist ein Nebenfluß des Rheins auf der rechten Seile im Badischen.
Im Renchthal sRencheuloch) liegt die Stadt Renchen.
2) Buchs Tagebuch hat Major v. Kessel herausgcgeben unter dem Titel: buch Dieterich Sigismunds von Buch
von Gustav v. Kessel.
aus
Jena und Leipzig,
Edition siche das Petersche Werk.
Tage
den Jahren 1674 bis 1683, hcrausgegeben
Costenoble,
1865.
Ueber den Werth dieser
Der Feldzug des Großen Kurfürsten
12
desiderirten 50000 Pfund Brod hielte (er) davor, daß M. g. Hh. will
fahren könnten, wie auch mit etwas Wein und Habern nicht aus Handen
zu gehen, auf ferneres Ansuchen mit der Bruck zu gratificiren. — Herr Syndicus
es
Frid,
erfreulich zu
wäre
vernehmen, daß Ihre Churf.
Dicht, die Schickung so gnädigst ausgenommen und sich dergestalt zu allem
Guten erboten; die desideria betrefsendt, seyen fast gleichförmige von der Kaiserlichen Generalität geschehen, könnten auch wohl willfahrt werden, der
Wein
auf
etwas
aufgehalten wurde wegen
100 Ohm und Haber auf
Erkandt:
Meister selbst machen lasse.
100 Viertel gesetzt,
des Marsches,
Herrn Syndicus Frid durchaus
gefolgt — Herr Syndicus Frid berichtet, daß Monsr.
ein
Abgesandter
der
von
daß darum
den General-Quartier-
Kron Schweden,
zu
Ihrer
Wallenthein, Dicht,
Churf.
von Brandenburg allhier wäre, stellte demnach zu M. g. Hh., ob sie ihn besprechen und den Wein verehren lassen wollten.
Erkandt: quod sic.
Seite 646. Sambstag, den 3. Sbris, hora matutina lOma M. g. Hh. die XIII. Herr A. Wormbser berichtet,
daß
etliche von den Bauherren zu Keel,
weil sie vernommen, daß allda große desordre von den allda liegenden Brandenburgischen Völkern vorginge, sich hinausbegeben, in Meinung, dem selben um etwas zu steuren; verstanden,
daß
die Ursach
sie hätten
aber so viel von den Officieren
der desordre sey,
Unterhaltungsmittel mangelten,
wäre also
weil ihnen die nöthigen
der Herren Meinung,
etwas von Commis oder Victualien hinausgeschickt würde, daß
besser Ordre gehalten werden sollte. — Herr Syndicus zu bedauern, daß M. g. Herren Unterthanen so
vermeinete auch, dem Commis,
daß zur Verhinderung welches
wann
alsdann
Frid, es sey
übel tractirt würden,
größerer Unordnung etwas von
für die Brandenburgische Armee gebachen (d. h.
gebacken) worden, hingeschickt werde, das Frauenhaus könnte dann etwas vom Wein und
die übrigen vom Herren- den Officiern etwas
Kuchen auch hinausschaffen.
in die
Erkandt: Herrn Syndicus gefolget.
Seite 650.
Herre Syndicus berichtet,
daß der Churbrandenburgische Kantzler,
Herr von Somnitz allhier ankomme, werde zu M. g. Herren stehen,
ob, dieweilen er bei Churs. Dlcht. sehr viel vermag, ob er nicht besprochen
und verehrt werden sollte. Seite 653.
Erkandt: fiat.
Sambstags, den 3. Octobris, hora I. pomerid.
Herr Syndicus Frid referirt: es hätten die Churf. Brandenbur
gischen zu ihm geschickt, tractiren könne,
daß
um zu vernehmen, ob man nicht mit einander
von der Stadt aus
die Armee mit Proviant
versehen würde, welchen er, daß es die Unmöglichkeit seye, remonstrirt.
gegen Frankreich 1674—1675.
Darauf aber sobald
13
ein Brieflein, darin ein gleiches petitum erhalten
von dem Geheimen Rath Meinderts empfangen.
Es
hette sich
auch
ein Proviantmeister angemeldet, mit dem Begehren, man wollte verschaffen,
daß die Hälfte der 50000 Brod hinausgeführt würde,
dem ebenmäßig
beditten (bedeutet) worden, daß man mit Fuhren und Pferden hierzu nicht gefaßt sey. Stelle zu M. g. Herren, was zu thun. Es wäre eine bloße Ohnmöglichkeit,
Herr Doktor Otto:
so viel
Mehl zu schaffen und das Brod zu bachen, würde dadurch ein großer
Mangel der Bürgerschaft zuwachsen. — Herr Syndikus:
bereits
erkundigt,
was man hierin thun könne,
Man hätte sich
wäre ohnmöglich
etwas
mehreres zu verwilligen, könnte der Generalität nachdrücklich remoustrirt werden.
Stellt dahin, ob nicht durch die Herren XVr von Fridolsheim')
die Anstalten wegen Abfuhr der Brods dahin könnten gemacht werden, daß solches durch die Bauern geschehen; doch würden sie endlich, wann sie sehen,
daß hier nichts zu erhalten,
von selbst anfangen, in einem oder anderem
Anstalten zu machen .... Seite 662. Montag, den 5. Octobris 1674.
Ses. ordin. M. g. Herren d. XIII.
Der regierende Herr Ammeister berichtet, es habe ein Chur-Brandenburgischer Veld-Prediger, Namens Johann Hermann Thal hausen
M. g. Herren eine Predigt von
Waffen wider Frankreich
dedizirt und
werde zu M. Herren stehen, verehrt
werden solle.
des Teutschlands Wehr und
ihm sechs
exemplaria zugestellt,
was sie erkennen wollen,
Erkandt:
Soll ihm sechs Rthlr.
daß ihm dagegen
verehrt werden.
Seite 670. (Hier folgt eine Verhandlung mit Meindert's wegen Brodbackens von Seiten der Stadt Straßburg .... weniger interessant).
Seite 703. Herr Rentmeister referirt, er hätte auf Befehl M. g. Herren ver
schiedenen Sambstag seine Reise nach Jhro Churf. Dicht, von Branden burg vorgenommen, dieselbe zwischen Rohr und Gugenheim, allwo die ganze
Armee längs auf dem Gebürge gelegen, nach langem Suchen im freyen Feld angetroffen,
auch sobalde sub dio
gnädigste Audienz erhalten und
praemissis curialibus Jhro Churf. Dicht, vorgetragen: Es hätte Meister
und Rath der Stadt Straßburg allererst heute Morgens in Erfahrung !) Fridolsheim,
eins der Dörfer in der Nähe von Straßburg, welche schon feit
dem 14. Jahrhundert zu dem Stadtgebiet gehörten. Das Kollegium der XV bestand aus 5 Adligen und 10 Bürgerlichen. Es lag ihnen die Ueberwachung der Gesetze und der Versassung ob, sowie die Verwaltung öffentlicher städtischer Anstalten. Vgl. SchöpflinRavenoz a. a. O. Seite 127.
Der Feldzug des Großen Kurfürsten
14 gebracht,
wie daß die Frantzosen
allein noch besetzt hielten,
das Schloß
zu Waßlenheim')
gestern Abends
sonderu auch
Ihre Churs. Dlcht. Feuer gegeben hätten;
nicht
von daraus auf
wie nun solches seine Herren
zu höchst betrübtem Gemüth gestiegen, als stünden sie in der unterthänigsten
Zuversicht, Ihre Churs. Dlcht. würden solches keineswegs ihnen imputiren wollen; in Ansehen, sie eine Zeit her des Fleckens und Schlosses nicht mehr
Meister
gewesen?)
Weil
sie
auch
vernommen,
Jhro
Gnaden
Churf.
gnädigst resolvirt wären, das Schloß durch Gewalt zu nehmen und aber
ihr Amptmann und Lieutenant annoch gefänglich darin angehalten würden,
als stünden
der unterthänigsten Confidentz
sie in
unterthänigst
darum
ansuchen),
es
(wie sie
wollen Jhro Churf.
dann hiermit
Dlcht.
gnädigst
geruhen bey Occupation des Schlosses sich sowohl der ihrigen darinnen als auch des ganzen Fleckens, damit eins oder anderes
habenden Leuten
dem gänzlichen Ruin entgehen möchte, gnädigst anzunehmen.
Hierauf hätten
Jhro Churf. Dlcht. auf gethane gnädigste Danksagung und gegen curialien sich dahin vernehmen lassen: Es wäre an dem, daß Turenne in dem Schloß
seine Besatzung, auch daraus auf Sie Feuer gegeben worden; allein könnten Sie ihm darum nicht verdenken, wäre Ihnen auch nichts neues und bekannt, daß ein
jeder seinem Feinde Abbruch
zu thun suche;
gemeiner Stadt das wenigste imputiren.
Sie
könnten
deswegen
hätten sich zwar resolvirt
gehabt, nachdem
sie Nachricht erhalten, daß der Feind sich hinauf gegen
Zabern gezogen,
das Schloß auf dem Rücken mit Gewalt wegzunehmen.
Sie hätten aber, als sich der Feind gewendet oder gegen Dettweiler ge
zogen, solche resolution geändert und sich geniüssigt befunden, ihn zu ver folgen,
und indessen
auf unterthänigstes
remonstriren der Unterthanen,
wie die Besatzung den Flecken in Brand zu stecken angedrohte, auch bereits
den Anfang daran gemacht, etliche 100 Mann, allen Ohnheil vorzubiegen
und den Feind genau zu observiren, hineinlegen.
Wie Sie dann hiermit
den Flecken in Ihre gnädige Protektion
genommen haben,
beider
obgedachten Personen,
als ehrliche getreue Leute,
des Schlosses in Gnaden eingedenkt sein.
höchster Alteration
wollten
auch
bei Einnehmung
Sonsten hätten Ihre Dlcht. mit
zu beklagen angefangen,
wie ohnglücklich Sie
wären,
indem Sie den Vortheil, den Sie gehabt, den Feind mit geringem Verlust totaliter zu ruiniren, hätten müssen aus Handen gehen lassen, wäre aber
leider, Gott erbarm's, von dem Bournonville ohnerachtet Sie ihm des Feindes
Ruin
unter
Augen
geleget nichts
zu
erhalten
gewesen.
Sie
1) Ueber die spätere Einnahme des festen Schlosses Wasselnheim stehe Peter a.a.O. Seite 292 folg. 2) Es war von 120 Franzosen unter La Montiere besetzt.
15
gegen Frankreich 1674—1675.
wollen gegen Gott, die Römisch-Kaiserliche Majestät und dem
ganzen Reich, wie auch alle unpassionirten gegenüber entschuldigt sein, daß Sie dasjenige, so Sie gewollt
Werk hätten setzen können,
Reich
und
und mit höchstem Nutzen ins
auch wodurch dem ganzen römischen heiligen
einer Stadt Straßburg Nutzen und Befreiung hätte
können zuwege gebracht werden, nicht effektuiren können.
hätte nicht redlich,
sondern
ganz
Bournonville
unverantwortlich
an
ihnen
gehandelt und zum Ueberfluß die Lüneburger eines ganz anderen berichtet und dadurch vom Fechten abgehalten. Damit habe er zuwege» gebracht, daß sich das Werk verzogen und sich, nachdem das große avantage, so man zu schlagen ihme ad oculum demonstrirt,
endlich aber allzu spat
resolvirt und indessen dem Feind durchzukommen Platz gegeben.
Ja es sei
soweit gekommen, daß Bournonville auch nicht einmal konsentiren wollen, daß die Alliirte armee von dem Berg, allwo sie sich bei Gugenheim gesetzt,
noch selbigen Abend in das Thal und blache Feld dem Feinde nachzöge, wohl erwogen, es noch Zeit genug und man den andern Tag nur unter
den Berg setzen dürfen.
Endlich hätten Ihre Churs. Dlcht. mit aufgehobener
Hand gegen den Berg weisend gesagt: Da stehet der Hund in seinem auserlesenen Vortheil, deßgleichen er in hundert Jahren kaum finden könnt, und wir feind hier und müssen krepiren, können
ihm auch nichts thun, da wir ihn doch in unserer Gewalt gehabt und vertilgt hätten, wo nicht der Bournonville,
es
verhindert hätte?)
der Schurke,
Ueber der Tafel hätten Ihre Churs. Dlcht.
gesagt, Sie wollten einmal etwas vornehmen, wünschten den Feind über den Zaberner Steeg zu treiben und das Elsaß dadurch zu liberiren,
müsse sich Bournonville kategorisch erklären, und was Ordres
Uebrige Offiziere hätten
er habe.
es
was er gesinnet sich im
Gleichen äußerst über ihn beschwert und mit schlechten Titula
verehrt. Herr Ammeister Dietrich referirt hierauf, es hätte der geheime churbrandenburgische Rath Herr Meindertz zu ihm in der Kirchen gesagt,
Bournonville macht es hier außen, wie Touches in den Nieder landen.^) 2) Ueber die ganze Aktion bei Marlenheim berichtet Peter aufs Genaueste a. a. O. S. 281 folg. 2) Ueber die geheimen Pläne des kaiserlichen Feldherrn, Grafen de SoucheS, und
dessen Intriguen sowohl der Republik Holland
burg gegenüber siehe Peter, S. 240 folg. bündeten der Verrätherei angeklagt.
als auch dem Kurfürsten von Branden
Souches wurde von den Feldherren der Ver
Der deutsche Kaiser konnte nicht umhin, ihn ab
zuberufen und ihm Vorwürfe über sein unlauteres Verhalten zu machen.
16
Der Feldzug des Großen Kurfürsten
Herr Doktor Otto: wäre erfreulich zu vernehmen, daß Ihre Churf. Dlcht. sich des Schlosses nnd derer, so darinnen, gnädigst annehmen wollten, könnte solches dem Amtmann zu seinem Trost notificirt, auch Jemand zu
der Generalität
wegen Bournonville's bedenklicher Conduite im
Vertrauen zu communiciren abgeordnet werden.
Herr Schrägen:
Werde
nicht nöthig sein,
Jemanden
nach der
Generalität zu schicken, würde Ihre Churf. Dlcht. wegen Bournonville sich schon bei Ihrer Kaiserlichen Majestät zu beklagen
wissen, könnte denen in dem Flecken das Schießen verboten und hiesige sollten revocirt werden.
Herr Syndikus Frid:
Wäre höchst betrübt, daß man nicht allein
von den Kaiserlichen so übel traktirt würde, wie dann M. g. Herren Dörfer totaliter von ihnen ruinirt und ärger als türkisch darin gehandelt
worden, sondern
auch noch dazu sehen müsse, daß es
Seiten noch nicht dem
einmahlen redlich
allmächtigen Gott heimstellen
gemeint.
von ihrer
Müsse die Sache
und seiner Hülfe erwarten,
indessen
vordrist wohl auf seiner Conservation stehen, den Kaiserlichen nicht
zu wohl trauen,
auch nicht so viel als bishero geschehen, Vor
gegen den Brandenburgischen und übrigen, als die es getreu meineten, wäre mit bishero gethanem Vorschub zu continuiren schub thun,
können; würden die Früchte alle aus der Stadt gezogen, dahero zu besorgen
stünde, man dörffe, weilen künftiges Jahr keine oder doch gar schlechte, und zu hoffen ad summam inopiam gebracht werden.
höchst zu bedauern,
Amtmann wäre
sitze in großer Gefahr und gebe sein Schreiben zu
Genügen zu erkennen,
daß er hart bedrängt,
und seine Gedanken noch
Willen eröffnen dürffe; könnte ihm durch einen Trompeter Ihrer Churf. Dlcht. gnädigste Resolution mündlich notificirt werden, auch dem Schultheiß
angedeutet werden, die Bürger sich gegen beide Parteyen stillhalten sollten.
Die daraus liegenden Soldaten könnten auch,
damit sie nicht etwan sich
zu engagiren gezwungen würden, hievon vocirt werden. Herr Frantz: Wäre ein betrübter Zustand mit der Kaiser lichen Generalität, werde etwan Ihre Churf. Gnade remediren.
In
dem Flecken und Schloß zu Waßlenheim summa miseria, müßte dahin trachten, wie man den Amtmann durchbringe rep. voto Herrn Syndici, Hrn. Consiliariy Frid: Sey wohl zu bedenken, daß die Kaiserlichen das geringste Magazin nicht hätten,
deßwegen zu nehmen Bedacht,
wie und
wieweit mit dem Proviant zu gehen förderlichst zu schreiben,
rep. vot.
Herrn Syndici. In der Umfrage erinnert Herr Stättmeister Zorn,
es scheine
fast,
als
wäre
der Kaiserlichen Intention,
die Evangelischen
gegen Frankreich 1674—1674.
17
Stände zu ruiniren, müsse Bournonville Befehl, also zu han deln haben
oder bestochen sein, hätte man Ursach, den Rheinpaß
wohl zu verwahren, und auf seine Schantz gute Achtung zu geben.
Herr Ammeister Dietrich: sollte der Amtmann salvirt, auch den Trompeter Ihrer Dicht, von seiner Commission pari gegeben werden.
Herr
Ammeister
Weuker:
wäre
dahin
zu
trachten,
wie
der
constabler hereinzubringen, sey ein loser Gesell und gut frantzösisch, hätte die Scheuer angeziindet und Feuer auf die Kaiserlichen gegeben, man auch
in Sorge stehen müsse, die Kaiserlichen dürften sich separiren, als würde nicht übel gethan sein, sich solchen Falls mit Churbrandenbnrg
zu conjugiren .... Herr XIII. Mülb schlägt
als expediens zur
liberation des Amtmanns vor, man sollte der Frau Resident Frisch
männin') durch einen von der Canceley andeuten lassen, man würde ihro
sammt
den
ihrigen
geschehen werde,
gleiches
tractament
als
allhier widerfahren lassen,
dem
Amtmann
draußen
sollte sie dies ihrem Herren
notificiren und ihn dahin vermögen, daß er bei Monsr. de Turenne ver schaffe, daß
die in dem Schloß sich
annoch aufhaltenden M. g. Herren
Bediente auf freien Fuß gestellt würden, interim wäre sie wohl bewacht, sie hätte auch Niemand aus und einzulassen.
Dienstag den 8. lObris an. 1674 hora 4ta pom. M. g. Hh. die XIII. (Siehe die Fortsetzung des Protokolls der XIII. S. 34.) y Ans diesem Vorschlag des Ammeisters Weuker geht zur Genüge hervor, Straßburg keine Sympathie für die Franzosen herrschte.
daß in
Frischmann versuchte später
im Geheimen die Verbindungen Straßburgs mit Ludwig XIV. wieder zu erneuern, doch wnrde er schnöde abgewieseu. Da« Protokoll berichtet darüber, wie folgt: Samstags, den
12. Dec. 1674.
Lect. Schreibens von Herrn Frischmann, der versichert, daß, wann
M. g. Herren mit Ihrer Königlichen Majestät in Frankreich
wiederum in
Freundschaft treten wollten, daß sie dieselbige wohl dazu disponirt befinden wür
den, er wollte selbst als caution und Bürge dafür, jedoch incognito, sich allhier auf halten.
Erk.: Sollte seinen Leuten allhier angezeigt werden, ihm zu bedeuten, daß man
seiner weder cognito noch inooguito allhier verlange, auch die Anstalten
an den Thoren (treffe), daß man ihn aus sein Ankommen nicht herein in die Stadt lassen solle.
Der Feldzug des Großen Kurfürsten
18
II. 1) Brief des Kurfürsten an die Stadt Straßburg, d. d. Mühlacker, d. 27. Sept. 1674. Inhalt: Der Kurfürst sendet den Kriegsrath v. Berlepsch als Unterhändler nach Straß
burg.
Straßburger Stadtarchiv A. A. 1302 — Original auf Papier, Siegel. Von Gottes Gnaden Friederich Wilhelm, Marggraff zil Bran denburg, des heyligen Römischen Reichs Ertz-Cämmerer und Chur fürst, in Preyßen, zu Magdeburg, Gülich, Cleve, Berge, Stettin, Pommern-Hertzog, Unsern gnädigen Gruß zuvor, Ehrenveste und wohlweise, liebe, besondere! Nachdem wir der Nothdurft bestinden, wegen der jetzigen Conjuncturen im Reich gegenwärtigen, den Vesten unsern Kriegsrath, Obrist und GeneralQuartier-Meister, auch lieben Getreuen Otto Wilhelm von Bärlepsch an Euch abzufertigen, als tragen wir zu Euch das gnädigste Vertrauen, gcsinnen auch desfalls von Euch in Gnaden, Ihr wollet sein Anbringen nicht allein von ihm vernehmen, sondern Euch auch dergestalt darauf erklären, wie unser gnädigstes Vertrauen desfalls zu Euch gerichtet ist. Wir versehen uns solches also und verbleiben Euch dagegen mit Churfürst licher Hulden und Gnaden allerzeit gewogen. Gegeben in unserm Hallptguartier zu Mühlacker, den 27. Septbr. Anno 1674. (L. 8.) Friderich Wilhelm, den Ehrenfesten u. s. w. Churfürst. Straßburg. (In verso) Chur Brandenburg schickt dero Kriegsrath Obrist und General Otto Wilhelm von Berlepsch mit diesem Creditiv wegen der jetzigen Conjuncturen im Reich. Lect. bey Hh. Räth, von XXI., den 30. Sept. 1674.
2) Brief der Stadt Straßburg an den Kurfürsten, d. d. Straßburg, den 1. October 1674. Inhalt- Straßburg sendet drei Mitglieder des Kollegiums der Dreizehner an den Kur fürsten znm Zweck der Begrüßung und der Verhandlungen.
Straßburger Stadtarchiv A. A. 1302 — Original (Concept) auf Papier; ohne Siegel und ohne Unterschrift. Obwohl gegen Eurer Churf. Durchlaucht Abgeordnete, Kriegsrath, Obrist und General-Qnartier-MeisterHerrn Otto Wilhelm von Bärlepß auf seine bei uns abgelegte propositiones wir uns, jetziger Beschaffenheit
gegen Frankreich 1674—1675.
19
«ach, zu aller Möglichkeit erklärt und der zuversichtlichen Hoffnung geleben
wollen, daß auf desselben erstattende Relation sothane unsre Erklärung zu Churfürstlichen Gnaden ans- und angenommen werden solle, so haben wir
devotion
unserer unterthänigsten
dennoch
gemäß zu sein erachtet, Eurer
Churs. Durchlaucht auch die unsrigen gehorsamst aufwarten und die gegen
dero Herren Abgeordneten gethane aufrichtige contestationes widerholen zu lassen. Zu solchem Ende haben wir unsere geheime Mitregimentsfreunde und Dreyzehner,
Rath
Zornen
Dietrich
Dominikum
unsern
gestrengen, fürsichtigen und weisen Herrn
den wohl edlen,
Dietrich
Georg
von Ploxßheim,
alten Ammeistern,
Stättmeister und
daneben
und Advocaten Johann Adam
den
Herrn
hochgelehrten
Schräg beider Rechten
Doctorn abgefertigt. Gelanget darauf an Eure Churf. Durchlaucht unsere unterthänigste Bitte, Sie gnädigst geruhen, ihnen gleich uns fettsten in ihren Anbringen
völlig
Glauben beyzumessen und sich
erklären,
es
wie
des
gemeinen
in Antwort dergestalt mildist
Wesens
und
zu
unser jemaliger Zustand
erfordern will, auch unser festes Vertrauen dahin gerichtet ist.
Wir
verbleiben
hingegen
nächst
Empfehlung
Gottes
allwaltendem
Machtschutz zu allerhöchst gesegneten Churfürstlichen Prosperität, mit gehor samsten Respect
E. Chur. Dicht. Geben den 1. 8bris 1674. (In
verso)
An
Chur Brandenburg Creditiv
auf H.
Stettmeister
Zornen, Hh. Ammstr. Diethrichen und H. Dr. Schrägen. 3)
Brief des Kurfürsten an die Stadt Straßburg, d. d. Haupt
quartier Willstet, den 2. October 1674. Inhalt: Friedrich Wilhelm bestätigt den
Empfang der
Straßburger Gesandten und
versichert die Stadt seiner besonderen Freundschaft und seines Wohlwollens.
Straßburger Stadtarchiv A. A. 1302 — Original auf Papier
Siegel. Von Gottes Gnaden u. s. w.
Ehrenfeste u. s. w.
Es ist uns nicht allein wie unserm Kriegsrath, Obristen lind General-
Quartiermeister, dem von Berlepsch, sondern auch fürnehmlich von Euren Abgeordneten, Euren Geheimen Mit-Regimentsfreunden und Dreizehner wie
auch Rath und Advokato, Herrn Dietrich Zorn und Joh. Adam Schrägen, beider Rechten Doctor gebührend hinterbracht worden, wessen gegen uns
Ihr Euch wohlmeinend erklärt und was ihr dabei contestiret. Gleichwie wir nun jeder Zeit zu Euch und Ew. Stadt eine 2*
Der Feldzug des Großen Kurfürsten
20
sonderbare Affection und Neigung gehabt, als werden wir auch ferner dabei continuiren und solches bey allen
vorfallenden
Gelegenheiten zu erkennen geben, nicht zweifelnd, Ihr werdet Euch
auch ferner zur Beförderung des gemeinen Wesens also bezeugen, daß Ihr
den bereits erworbenen Ruhm nicht allein beibehaltet, sondern auch ver mehret,
und wir verbleiben Euch
Gnade stets wol
mit churfürstlicher
beigethan.
Gegeben in unserem Hauptquartier Willstet den 2. 8bris 1674.
Friderich Wilhelm,
(L. 8.)
Churfürst. (In verso) 2. 8bris 1674.
Recreditiv von Chur. Brandenburg vor
H. Stettmeister Zornen, H. Ammeister Diethrichen und H. Dr. Schrägen. 4) Brief des Kurfürsten an die Kaiserliche Majestät,
d. d. 7./17. Oktober 1674. Inhalt: Der Kurfürst giebt ein Begleitschreiben zu dem Memorial, welches die Stadt
Straßburg an den Kaiser gerichtet, in welchem sie Klage über erlittenen Schaden führt und um Ersatz Petitionirt. Friedrich Wilhelm spendet der Stadt das höchste Lob für ihre Treue und ihren Patriotismus.
Straßburger Stadtarchiv A. A. 1287.
— Kopie, ohne Siegel,
Ort der Abfassung fehlt. Aller durchlauchtigster u. s. w.
Ew. Kayserlichen Majestät kann ich nicht unterlassen, unterthänigst zu hiuterbringen, welcher gestalt Meister und Rath der Stadt Straßburg bei
gehendes Memorial mir überreichen lassen und dabei flehentlich gebeten, daß Ew. Kays. Majestät ich die darin enthaltenen desideria unterthänigst
fürtragen und
eine demüthige Fürbitte einlegen wollte,
damit von Ew.
Kays. Majestät sie allergnädigst erhöret und ihres Wunsches gewährt werden möchten.
Nun
kann Niemand
leugnen,
Stadt bei jetzigem Zustand Alles
daß
eines
aus Augen
bemelte
Theils
gesetzt,
worauf
andere mehr, denn sich's wohl gebühren will, ihr Absehen richten, und blos allein auf die Treue gesehen, womit sie Ew. Majestät
verwandt und
dahero
deroselben und
dem heiligen
römischen
Reich ungeachtet aller Gefahren, so ihr dahero zustoßen könne,
überaus nützliche, treue Dienste geleistet. Anderstheils ist bekannt, und habe ich's selbst, wie ich anhero mit meiner armde gekommen, in der That mit Leidwesen befunden, daß ihre Landgüter und Dörfer zum
größten Theil zu Grunde gerichtet gewesen
und habe demnach um soviel desto weniger umgehen können, bei Ew. Kays.
gegen Frankreich 1674—1675.
21
Majestät mit meiner untertänigsten intercession und Fürbitte einzukommen.
Ew. Kayserl. Maj. ermessen dero höchstrühmlich gütigstem und gerechtestem Gemüth nach, viel besser als deroselben von mir fürgestellt werden kann, ob nicht sothane der Stadt Straßburg erwiesene Treue, der er
littene Schaden des Suhens Billigkeit, wie auch die Nothwendigkeit der Mittel für die Garnison, so nicht allein zu besagter Stadt, sondern auch
zu des heiligen, römischen Reichs Sicherheit gehalten wird, dero Kaiserl.
hohe clementz
und
die allergnädigste Erhörnng meritire.
Warum ich
denn auch nnterthänigst will gebeten und Ew. Kaiserl. Majestät vielbesagte
Stadt ferner gehorsamst und aufs Beste recommandirt haben.
Dieselben
damit der gnädigen Obhut des Allerhöchsten und mich u. s. w. Copia Schreibens
an Ihre Kayserl. Majestät von Ihrer Churfürstl. Durchlaucht zu Brandenburg
de dato 7/17 8bris 1674.
5) Brief des Kurfürsten an Straßburg, d. d. Feldlager bei
Marlenheim d. 9./19. Oktober 1674. Inhalt: Der Brief betrifft die Verpflegung der Verwundeten.
Straßburger Stadtarchiv A. A. 1284.
Original, mit Siegel
und Unterschrift. Von Gottes Gnaden Friderich Wilhelm u. s. w.
Unsern gnädigen Gruß zuvor!
Ehrenveste und wohlweise, liebe, be
sondere! Wir haben ans Eurem Schreiben vom 9./19. Oktober ersehen, was
Maaßen Ihr mit Verpflegung der Verwundeten, so sich etwa hiernächst unter unsern Truppen finden möchten, verschont zu werden gehorsamst bittet.
Nun ist unsere Meinung nie gewesen, daß Ihr die Verpflegung der
selben über Euch nehmen und solche aus Euren Mitteln thun möchtet, sondern nur, daß Ihr dazu bequeme Oerter anweisen und Euern Chirurgis und Wundärzten anbefehlen solltet, die Cur zu verrichten, welche wir dann
dafür bezahlen, auch sonsten vor der Verpflegung Sorge tragen wollten. Und weil solches in der Billigkeit bestehet, auch dadurch Euch und Euern Hospitalen keine neue Beschwerde zugezogen, als versehen wir uns zu Euch
in Gnaden, Ihr werdet darum keine ferneren Difficultäten machen, sondern
22
Der Feldzug des Großen Kurfürsten
auf den begebenden Fall diesem unserm billig mäßigen Ansinnen unschwer deferirend. Wir seyend Euch mit Churfürstl. Gnaden und Hulden wohl zugethan.
Geben in unserem Feldlager bei Marle, am 9./19. Oktober 1674.
(L. 8.)
Friderich Wilhelm
Churfürst. Den gestrengen, edlen u. s. w.
Straßburg.
(In
verso) 9./19.
Chur - Brandenburg begehrt für
8bris 1674.
die Verwundeten nur bequeme Oerter anzuweisen; die Wundärzte und Ver pflegungskosten wollen sie zahlen lassen.
6) Bries des Kurfürsten an die Stadt Straßburg d. d. Feldlager
bei Rohr, d. 11./21. Oktober 1674. Inhalt: Friedrich Wilhelm sendet Somnitz und Meinders als seine Bevollmächtigten nach Straßburg.
Straßburger Stadtarchiv A. A. 1302. — Original, Siegel, Unterschrift.
Von Gottes Gnaden u. s. w. Unsern gnädigen Gruß zuvor!
Ehrenfeste u. s. w.
Demnach wir denen unsern hochgelehrten unsrer geheimen Räthen . . .
und lieben getreuen Lorentz Christoph von Somnitz, des herzogthums Hintern Pommern Erbkämmerer und Frantz Meinders aufgetragen, Euch ein und
anders, daran uns sonderlich gelegen, vorzustellen, als gesinnen wir hiermit gnädigst an Euch, ihnen darunter
völlig Glauben beizumessen und Euch
darauf solcher Gestalt zu bezeugen, wie es der Sache Nothdurft erheischt
und unser zu Euch gerichtet Vertrauen gemäß ist.
Und verbleiben Euch
mit churfürstlicher Gnade und Huld Wohl beigethan.
Gegeben in unserm Feldlager bei Norr, den 11./21. Oct. 1674.
(L. 8.)
Friederich Wilhelm
Churfürst.
(In verso) 11./21. 8bris 1674.
Creditiv von Chur - Brandenburg
von dero Abgesandten, Herrn Lorentz Christoph von Somnitz und Frantz
Meinders.
gegen Frankreich 1674—1675.
23
7) Brief des Kurfürsten an die Stadt Straßburg, d. d. Feld lager bei Quatzenheim, d. 15. Oktober An. 1674. Inhalt: Friedrich Wilhelm benachrichtigt die Stadt von der Einnahme von Wasseln-
heim und forderte sie auf, Vertreter zu schicken, um wegen der Uebergabc desselben an Straßburg zu verhandeln.
Straßburger Stadtarchiv A. A. 1296.
Original, Siegel,
Unterschrift.
Von Gottes Gnaden Friderich Wilhelm u. s. w. Unsern gnädigen Gruß zuvor! Ehrendeste, wohlw?ise, liebe, besondere! Euch ist nunmehr bekannt, was maaßen wir durch göttliche Hülfe das Euch zugehörige Haus Wasselnheim dem Feind wieder abgenommen. Wann
wir nun gesonnen sein, solches wieder in eure Hände zu liefern, jedoch dabei die Vorsorge tragen, wie zu verhüten, daß selbiges vom Feinde hier nächst nicht
wieder occupirt und Euch und dem umliegenden territorio
daraus nicht ferner Schaden zugefügt werden möge, als habt daher aufs
Förderlichste und noch heute Jemand der Eurigen herauszusenden, mit dem wir solches überlegen können.
Wir tragen das gnädigste Vertrauen zu Euch, Ihr werdet hierüber nichts verabsäumen, weil es blos und allein zu
Eurem Besten angesehen: Seind Euch schließlich mit Churfürstlicher Gnaden gewogen. Gegeben im Feldlager bey Quartzenheim, den 15. October An. 1674.
(L. 8.)
Friderich Wilhelm
Churfürst. An die Stadt Straßburg.
8) Brief der Stadt Straßburg an den Kurfürsten,
d. 24. Oktober 1674. Inhalt: Straßburg spricht fein Bedauern aus, daß die Kurfürstin so unerwartet abgereist sei, ohne daß den Straßburgern Gelegenheit gegeben worden, ihr die
schuldige Aufwartung zu machen.
Straßburger Stadtarchiv 1284.
Konzept, ohne Unterschrift.
An Chur-Brandenburg . . . Ew.
Churs.
Dicht.
Frauen Gemahlin Churs.
Dicht,
ist gestrigen
Tages ganz unvermuthet, und ohne daß zuvorhin die geringste Kundschaft
dessen an uns gelanget wäre, von hier abgereist und darmit ist uns die
Gelegenheit entgangen, die sonst in alle weg schuldige unterthänigste Auf wartung darbei abzulegen. Wir betrauern es um so viel mehreres, als wir wahrhaftig nicht gern und mit Willen etwas unterlassen, so zur Bezeigung des
Der Feldzug des Großen Kurfürsten
24 gegen Ew.
Churf. Dicht,
dienen kann?)
tragenden unterthänigsten Respects
Und eben der Ursach und ohnerachtet von Ew. Churf-
Dicht, ganz gerechtigstem Gemüth wir uns allerdings versichert wissen, daß Sie das einige, so ohne unser Verschulden geschehen, uns
zu Ohngnad
nicht aufnehmen werden, haben wir gleichwohl nicht unterlassen sollen, unsere
Entschuldigung unterthänigst abzulegen und im Uebrigen dero
gnädigsten
Befehl zu erwarten, wie und auf was Weise solcher Abgang anderwärts ersetzen
und mit Ew. Churf. Dicht,
gnädigstem Belieben wir in dem
Werke möchten erweisen können, mit was tiefster Veneration wir seien Ew. Churf. Dicht. ....
Dat. 24. October 1674.
III.
Im Straßburger Stadtarchiv A. A. 1281 und 1284 fanden
sich
zwei Briefe Bournonvilles?) vor:
1) A. A. 1284. Dankbrief Bournonvilles vom 6. Oktober, ebenfalls an Straßburg; er wünscht ein Buch typographia Alsatiae superioris
et inferioris.
„Im Uebrigen bedanke ich mich auch gegen meine Herren
für dasjenige viel Gutes, so Sie denjenigen, welche in dem letzten mit dem
Feind vorgegangenen Treffen beschädigt worden, widerfahren lassen, welches wie auch den großen Eifer, so Sie zu Ihrer Kaiserl. Majestät,
unseres allergnädigsten Herren, Diensten tragen, nicht unterlassen werden, hinfüro wie bishero geschehen, höchstens zu rühmen." 2) A. A. 1281.
Ein eigenhändiger Brief an Straßburg, mit dem
Ersuchen, dem Oberst Wedel etliche hundert Stückkugeln verabfolgen zu
lassen, d. d. Kaiserl. Hauptquartier Jllkirchen, d. 10. Oktober 1674.
0 Vielleicht findet die schnelle Abreise der Fürstin eine Erklärung in den Worten Bnchs in seinem Tagebuch (a. a. O. S. 32): „Die Frau Kursürstin ging diesen Tag (5. Oktober) mit großem Widerwillen nach Straßburg, nm hier zu bleiben, denn wir dachten nicht anders, als bevor wir von Straßburg schieden, eine Schlacht zu liefern." Der ungünstige AuSgang bei Marlenheim hatte die Kurfürstin ohne Zweifel veranlaßt, die freie Reichsstadt möglichst schnell zu verlassen. 2) Ueber Bournonville gibt Kessel sTagebuch Buchs, S. 34) folgende Notizen an: Bournonville, Alex. Hipolit Balthasar, Duc de, geb. 1620, zeichnet sich 1638 bei den Wcstfät. Kreistruppen, 1645 bei Nördlingen aus, war 1648 glücklich gegen die Schwe den, ward 1648 Generalmajor, focht seit 1649 in Spaniens Diensten unter Conde, ward 1658 Herzog, 1666 General-Capitain von Artois, focht 1672 schon neben Friedrich Wilhelm als Kommandeur der Reichsarmee in Westfalen, 1676 Fcldmarschall in Kata lonien, erobert 1677 Sizilien wieder für die Spanier, ward Vizekönig von Katalonien und Navarra, f 1690.
IV. Marechal de Cre'quy hatte von Luneville, den 7. Oktober 1674 an den Fürsten von Birkenfeld zu Rappoltsweiler geschrieben, indem
er ihm meldete, daß er mit beträchtlichen Streitkräften ins Ober-Elsaß an langen würde.
Zugleich hatte er ihn aufgefordert, ihm über die Stellung
der Alliirten nähere Mittheilung zu machen.
Er erhielt folgende Antwort
(Originalbrief im Bezirksarchiv zu Colmar E. 547):
Monseigneur, Nous avons recu la lettre, qu V. Exei. a addressee au Commandant de chasteau de cette ville, oü il n’y a que les officiers et gens de son Altesse Monsgr. le Prince Palatin de Birkenfeld nostre Maistre. Et comme Vre Excel, desire scavoir des nouvelles de ces quartiers et de l’armöe des alliez nous Fadvertissons par ces lignes, que selon les avis que nous avons de Selestat et autres lieux voisins ladte armee se tient encore entre Strassbourg, Dachstein et Moltz heim, estant en action avec Monseigneur de Turenne depuis cinq ou six jours. On parlait bien que les trouppes Lorraines devoient passer par les vallees de Weiler et St. Marie, mais jusqu’ä pre sent il n’y a eu que quelques partis destaches qui ont faiet des courses en la haute Alsace, dont Fun estant fort de six vingt chevaux fit avant hier une rencontre pres de cette ville avec un parti de Brisac d’environ 150 hommes de cavrie et d’Infanterie, qui furent pousses et obliges de se retirer, dont 15 blesses et 28 sains se sauverent icy, oü ils sont encore attendans les ordres de Brisac. Nous sommes bien en peine et tout ce pays est fort alarine de ces courses, les partis ne s’arrestent gueres en aucun lieu et n’y a que quelques sauvegardes en allies en ceux qui sont vers la basse Alsace. Nous nous recommandons tres humblement, Monseigneur, ä l’honneur de vos bonnes graces et de vre protection et ne manquerons pas d’executes fidelement les ordres qu’il plaira ä Vre Excl. nous departir estant veritablement avec deü respect, estans veritablement Monseigneur de Vre Exc. ä Ribauviller ce 10. tres humbles et tres obeissans 8bre 1674. servitcurs Consers et officiers de son Alt. Monssgr. le Prince Palatin deBirkenfcls en la Comte de Ribaupierre.
26
Der Feldzug des Großen Kurfürsten
in. Das Winterquartier des Kurfürsten Friedrich Wilhelm in der Reichsstadt Colmar. Historische Uebersicht.
Nach dem resultatlosen Treffen bei Marlen
heim am 18. Oktober war ein fiir den Kurfürsten Friedrich Wilhelm un günstiger Umschwung in der Stimmung des Elsässischen Volkes eingetreten.
Dazu war das Land durch die vielen kriegerischen Unternehmungen der Franzosen
in
eine traurige Lage gerathen; nur mit Klagen, mit Ver
wünschungen und großem Argwohn wurden die Truppen der Alliirten im
Ober-Elsaß empfangen.
Die freie deutsche Reichsstadt Colmar, welche
im Jahre vorher von Ludwig XIV.
mit List und Gewalt eingenommen
und verheert worden war (vgl. Rocholl, d. Gr. K. Seite 20 bis 33), wurde
zum Hauptquartier des Kurfürsten ausersehen.
Der General-Quartier-
meister Otto Wilhelm v. Berlepsch zog zunächst am 2. November in die
Stadt ein, ihm folgte später der Hof und der Generalstab mit 1200 Mann. Colmar bat in einem Briefe, in welchem es seine Noth auseinandersetzte, die Vertreter der Stadt Straßburg, den Kurfürsten zu bewegen, eine andere
Stadt zum Quartier zu nehmen, doch war ihr Gesuch vergebens. Bürgerschaft der
Die
Reichsstadt war dlirch religiöse Streitigkeiten in große
Uneinigkeit gerathen; doch hielt der Kurfürst sich denselben fern, obwohl die Protestanten seine Hülfe gern gesehen hätten.
Am 26. November brach der Kurfürst mit seinem Heere von Straß burg auf.
Seinen
ältesten Sohn, Carl Emil, mußte er schwer krank
daselbst zurücklassen. Auf dem Zuge ins Ober-Elsaß überfiel den Kurfürsten die Gicht, ein Leiden, welches ihn auf der ganzen Campagne nicht wieder
verließ und
oft seine Thätigkeit im Oberbefehl über sämmtliche deutsche
Truppen lähmte.
In Colmar bewohnte Friedrich Wilhelm das Rathhaus,
den sogenannten Wagkeller.')
Das Brandenburgische Hauptquartier war
von einer großen Anzahl von Offizieren, Gesandten, Diplomaten, Fürsten und anderen angesehenen Personen begleitet. Aus Rücksicht auf die bedrängte Lage der Stadt begnügte sich der Kurfürst, nur die sogenannten Trabanten
i) Der „Wagkeller" war ein historisch berühmtes Haus. Im Wagkeller fanden die zwei Mal in der Woche abzuhaltenden Sitzungen des Magistrates der Stadt Colmar statt, um Recht zu sprechen. Ein Anbau des Wagkellers war ein aristokratisches Kasino.
Auch Ludwig XIV. logirte zweimal in demselben, im Jahre 1681 und 1683. Im Jahre 1698 wurde durch königl. Ordre das Conseil Souverain d’Alsace von Breisach ans hinein verlegt, worauf der Colmarer Magistrat den großen Saal auf der Schnciderzunft einnahm. 1769 wurde das alte Palais abgebrochen und ein neues auf geführt, der heutige Appellationsgerichtshof.
gegen Frankreich 1674—1675.
27
seines Hofes und eine Schwadron Dragoner in Colniar bei sich zur Be
dienung und Bewachung zu halten, trotzdem die Nähe der noch in fran
zösischen Händen befindlichen Festung Breisach ihm hätte gefährlich werden können.
Zu Colmar hatte der Große Kurfürst den schmerzlichen Verlust seines von ihm sehr geliebten Sohnes Carl Emil zu beklagen; der Prinz starb zu Straßburg am 7. Dezember.')
Es lag der Verdacht vor, daß der
junge Fürst das Opfer eines Verbrechens, daß er nämlich vergiftet worden
fei.*2)
Die Straßburger schickten eine besondere Deputation, den Kurfürsten
ihres Beileids zu versichern. Während des langen Aufenthaltes des Branden
burgers lebte die Reichsstadt Colmar gleichsam wieder auf; sie organisirte ihre frühere Bürgerwehr wieder und armirte ihre alten Befestigungswerke.
Die Kaiserlichen Truppen hatten in der Gegend von Ensisheim ab, wo der Herzog von Bournonville sein Hauptquartier hatte, über Mül
hausen nach Maasmünster bis in die Gegend von Belfort und Basel Städte und Dörfer bezogen.
Die Lothringer hatten das
Leberthal
und die
Hügellandschaft am Fuße der Vogesen von Kestenholz bis St. Pilt, wo Carl IV. von Lothringen Posto faßte, eingenommen.
Die Lüneburger
lagerten sich zwischen Rappoltsweiler, Schlettstadt und Benfelden; in Schlett-
stadt hatte der Herzog Georg Wilhelm von Braunschweig-Lüneburg sein
Hauptquartier. Ostheim nach
Die Umgegend von Colmar und Rufach in der Linie von Thann hatte der Kurfürst
Friedrich
Wilhelm für seine
Brandenburger bestimmt (vergl. Peter a. a. O. S. 315 folg.; Rocholl a. a. O. S. 33 folg.)
Die auf die Zeit des Hauptquartiers des Großen Kurfürsten in Colmar
bezüglichen Urkunden, welche sich vorfanden, sind folgende: I. Briefe des Kurfürsten, der Städte Straßburg
und
Colmar; zusammen 6 Briefe. Aus ihnen ist wiederum zu ersehen, in welchem
vertrauten Ver
hältniß der Kurfürst und die Straßburger mit einander standen. Colmar bittet Straßburg um Fürsprache bei Friedrich Wilhelm; Straßburg 9 Am 29. Nov. a. St. schrieb der Kurfürst an den Fürsten von Anhalt über den
Verlust seines Sohnes: „Wie wehe uns nun dieser schmerzliche und unverhoffte Todes
fall thun mußte, können Ew. Liebden leicht ermessen, weil uns aber wohl bewußt, daß alles, was uns von der Hand des Herrn zukommt, zu unserm Besten anzusehen, also
müssen wir auch demselben uns geduldig unterwerfen n. s. w." 2) Ueber die Krankheit und den Tod des Kurprinzen Carl Emil siehe Kessel, Buchs
Tagebuch, a. a. O. S. 47 folg.
28
Der Feldzug des Großen Kurfürsten
ersucht den Kurfürsten, die Klagen der Stadt vor der Kaiserlichen Majestät zu unterstützen und ihr Bestes zu vertreten.
Der Kurfürst gibt
den
Straßburgern die Versicherung, daß er ihnen zur Erleichterung ihrer miß
lichen Lage behülflich
sein wolle.
Obwohl
des
Klagens genug in der
Correspondenz ist, so enthält sie doch auch manchen Beweis der alten treuen deutschen Gesinnung der Reichsstädte. Straßburg verkaufte an das Branden
burgische Heer Korn und Proviant. von der damals
Die Briefe geben eine Schilderung
allgemein herrschenden Noth des Landes und von der
Niedergeschlagenheit, welche sich der Gemüther des Volkes bemächtigt hatte. Sie sind
ein
Beweis von der hochedlen und fürstlichen Gesinnung des
großen Hohenzollers.
II. Auszug aus dem Protokoll der Dreizehner.
Die Stellen bezeugen die Theilnahme, welche die Straßburger nach dem Ableben des Kurprinzen am 7. Dezember an der Trauer der kurfürst
lichen Familie zeigten.
III. Auszug aus den Acta capitularia des St. Martins stiftes zu Colmar.
Diese Aufzeichnungen überliefern uns mehrere interessante Einzelheiten über den Aufenthalt der Brandenburger in der Reichsstadt Colmar, über den General-Quartiermeister
Feldmarschall Derflinger.
v.
Berlepsch
und
über
den
General-
Sie berichten über die kirchlichen Streitig
keiten, welche die Brandenburger beim Eintritt in die Stadt unter der Ein wohnerschaft antrafen, welche aber gerade durch die Anwesenheit des Kur
fürsten vorläufig ein Ende fanden.
IV. Ein Brief des Bischofs von Basel, Johann Conrad, an
das St. Martinsstift zu Colmar.
Er kann zur Erläuterung der (unter III.) angeführten acta capitularia
dienen, sofern sie über die religiös - kirchlichen Verhältnisse der Reichsstadt
Colmar berichten. Der Bischof fällt über die Persönlichkeit und Gesinnung
des Großen Kurfürsten ein treffliches Urtheil. V. Bericht des Württembergischen Kirchenschaffners Chem-
nitius.
Chemnitius erzählt seine Thaten und Leiden während der Anwesenheit der Brandenburger in der Graf- und Herrschaft Horburg-Reichenweier und gibt eine, wenn auch nicht wichtige, so doch immerhin anschauliche Erzählung
von den Zuständen der damaligen Zeit im ober-elsälsischen Land. VI.
7 Schriftstücke, betreffend die Truppen und Befehle
des Herzogs Georg Wilhelm zu Braunschweig-Lüneburg. Aus ihnen ersieht man, in welchem Zustand die Truppen sich befanden, wie Krankheiten unter ihnen herrschten, wie schwierig ihre Verpflegung und
gegen Frankreich 1674—1675.
Von Werth ist die Berechnung der Kontributionen
Einquartierung war.
und Lieferungen,
29
welche die Stadt Nappoltsweiler für die Holsteiner
und Lüneburger zu besorgen hatte; sie giebt, abgesehen von den verzeichneten
Summen, noch einen Einblick in die Organisation und in die Bestandtheile Mit welcher Strenge der Herzog von Braunschweig-
dieser Truppentheile.
Lüneburg die Bewohner des Landes zur Mitarbeit an der Fortisikation der
Festung Schlettstadt zwingen mußte, davon giebt die Korrespondenz desselben mit den Rappoltsweilern einen beredten Beleg; zugleich erkennt man aus ihr, wie Land und Volk im Ober-Elsaß durch den Krieg vollständig zu Grunde gerichtet war.
Aus einem Verzeichniß
(Nr. 7) ist zu ersehen,
in welchen Ortschaften der Nappolsteinschen Grafschaft
brandenburgische
Truppen lagen.
I. 1) Brief des Meisters und Raths der Reichsstadt Colmar an die Reichsstadt Straßburg d. d. 16. November 1674. Inhalt: Meister und Rath der Reichsstadt Colmar klagen den Vertretern Straßburgs ihre große Noth, daß Colmar bei der Verlheilung der Winterquartiere der deutschen Armee zum Hauptquartier des Kurfürsten bestimmt worden sei. Die Stadt sei verarmt und könne die Last der Einquartierung nich tragen. Sie hätten zu Regensburg durch ihren Vertreter Protest dagegen ein legen lassen. Die Straßburger möchten aber vorher für sie bei dem Kur fürsten intcrvenircn, zumal da sie ihrem Vermögen nach pro causa communi gern beitragen wollten.
Straßburger Stadtarchiv A. A. 1276. — Original, Siegel, Unterschrift.
Gestrenge, edele, feste, fürsichtige und wohlweise, insbesonders hochgeehrte Herren, Nachbarn u. s. w.
Ew. Gstrgkt. Alliirten
und Lbdt.
werden
bereits
aus
der
von den hohen
unter sich genommenen Quartiers-Repartition in diesen Ober-
Elsassischen Landen nach Genügen bekannt sein, daß dieser hiesige aus
gemergelte Ort anstatt verhoffter Erlösung von den bishero erlittenen Drangsalen Ihrer Churs. Dlcht. zum Hauptquartier assignirt, auch der
selbe bereits durch ihre vorangeschickte fourier und Stabsbediente officiers in Besitz
genommen,
auch
eine solche Liste nicht
allein vom Hofe und
Generalstab, sondern auch von dem Leib-Regiment übergeben worden, daß
uns solche Last ganz unerträglich falle und, da es dabey verbleibt, sonder
Zweifel uns gehalten
den Herzstoß geben würde,
wird, und
zumalen da sogar keine ordrc
ein jeder nach eigenem Belieben,
ohnangesehen der
Billets sich der bequemsten Quartiere impatroniren, auch in denselben den
30
Der Feldzug des Großen Knrsiirstcn
Nun können Ew. Gstrgkt. und Lbdt. von
absoluten Meister spielen will.
selbst leichtlich
begreifen,
wie schmerzlich den vorhin ausgesogenen,
auch
um Ihr. Kays. Majestät des Römischen Reiches und dero stand
erwiesenen
haft
Treue willen
von auswärtiger Gewalt bishero so
hart bedrückten armen Leuten vorkomme, wann anstatt ihrer von dieser so
mächtig
und
zur Wohlfahrt und Rettung aller bedrängten Reichsglieder
angesehenen Reichsverfassung so gewiß geschöpfter Hoffnung ihrer liberation, sie anjetzo in der That verspüren und sehen müssen, daß zwischen ihnen
und den Feinds und anderen bishero verschont gebliebenen Landen, die sich über unser Unglück vormalen erfreuet und vom Römischen Reich und den armen Städten ihren Spott getrieben, sogar kein Unterschied gemacht, man
uns auch vor denselben, der so vielfältigen Drangsalen halben, ganz kein avantage noch Ergötzlichkeit gedeihen lasse.
Gleichwie nun aber dieses zu
einem sehr schädlichen Exempel dienet, wann den höheren Reichsständen so
viel eingeräumt werden sollte, daß sie die geringeren pro tubitu mit Einquartirung belegen
haben wir nicht
und
dieselben damit zu Grunde richten sollten,
also
ermangeln, solches an unsere zu Regensburg noch sub-
sistirenden Deputirten gelangen zu lassen, da solches all gehörigen Orten, absonderlich aber den löblichen Reichsstädten-Collegio beweglich zu remon-
Wir stehen aber in Sorgen, ehe und bevor uns einige Linderungs
striren.
hülfe von daraus gedacht, wir leider schon ansgezehrt und es nm das Wenige,
was
uns
dürfte,
noch
dahcro
von der französischen Einquartirnng übrig, wir
gethan sein
eine unumgängliche Nothdurft zu sein ermessen, mit
Ew. Gstrgkt. und Lbdt. wegen mit unterlaufender gemeinsamer Interessen
hierüber zn communiciren, auch dieselbe um Mittheilung dero guten Raths, wie nicht weniger dero vielvermögenden Jnterpetition bei Ihrer Churs. Dlcht.
dienstbarlich
zu ersuchen.
Wir können zwar wohl begreifen,
daß
die ratio belli nicht zugibt, unser zu verschonen, wollen auch herzlich gern, wann nur der intendirte Scopus erreichet und wir nur nicht dadurch in
einen
gefährlicheren Stand, wie es
leider fast das Ansehn
hat,
gesetzt
werden, das Unserige pro causa communi nach Vermögen bei tragen.
Daß den vorhin ruinirten und äußerst bedrängten Städten aber
die so kostbare Verpflegung so vieler hoher officier und gemeiner Knechte
deren zu des gesummten Römischen Reichs defension und Wohlfahrt zu
sammengeführten Armee
allein
aufgebürdet werden sollte,
befremdt als unerschwinglich vor. diesfalls
das
dienstbarliche
bedrängten Städte,
Vertrauen,
absonderlich
kommt uns so
Zu Ew. Gstrgkt. und Lbdt. setzen wir Sie
werden
sich
der
armen,
aber dieser guten Stadt ob commune
Interesse et communia sacra getreulich annehmen und dadurch in Zeiten verhüten, damit das, womit anjetzo bei den geringen Reichsstädten ein An-
gegen Frankreich 1674—1675.
31
fang gemacht werden will, nicht zum Exempel einer schädlichen Nachfolge
in's Künftige dienen, auch auf die höheren applicirt werden möchte.
Wir
erkennen dieser uns hierin erweisenden faveur auf anderweitige Begeben heit mit schuldigstem Dank und verbleiben unserer hochgeehrten Herren Nachbarn
Colmar, den 16. November 1674.
dienstwilligste Meister und Rath
Denen gestrengen, edlen u. s. w.
des Hehl. Reichs Stadt
Herren Nachbarn rc.
Colmar. Straßburg. (L. 8.)
(In verso) Lect. bey Hh. Räthen und XXI.
den 21. November 1674. 2) Brief des Kurfürsten an die Stadt Straßburg, d. d. Colmar, den 25. November 1674. Inhalt: Der Kurfürst berichtet über die Audienz, welche er den Straßburger Depulirten
in Sachen Colmars ertheilt hat, und erklärt, daß der den bestehenden Verhält nissen gemäß handeln werde.
Straßburger Stadtarchiv Ä. A. 1276. — Original, Siegel, Unterschrift. Von Gottes Gnaden Friderich Wilhelm, Marggraff zu Bran
denburg n. s. w. Unsern gnädigen Gruß zuvor, ehrenfeste, wohlweise, liebe, besondere!
Wir baben von Euern an uns
abgefertigten Deputirten bei ver
statteter Audienz mit Mehrerem vernommen, was Ihr auf Veranlassung der Stadt Colmar und sonst an uns anbringen wollt.
Wie wir uns der
Sachen Beschaffenheit nach dergestalt darauf erkläret, wie es die Nothdurft und die jetzige Conjunktur erfordert,
also werden dieselben Euch solches
mit Mehrem zu hinterbringen wissen, gestalten wir uns darauf beziehen
und Ihr ihnen darunter völligen Glauben beimessen könnet.
Wir ver
bleiben daneben Euch mit churfürstlicher Gnade gewogen.
Gegeben zu Colmar, den 25. November 1674. Friderich Wilhelm,
(L. 8.) Churfürst. (In verso) Churbrandenburgisches Recreditiv auf M. Hh. Deputirte.
— Lect. bey M. Hh. den XIII., den 28. November 1674. Anmerkung.
Zwischen dem Kursllrsten und der Stadt Straßburg fand eine sehr
lebhafte Korrespondenz statt.
Straßburg
der übrigen Kriegsdrangsale,
es
klagte wegen zu großer Einquartierung und
petitionirte um Abstellung derselben bis an den Kaiser.
Friedrich Wilhelm nahm fich der Stadt ans's Wärmste an und vertrat die Stadt, so
gut er konnte, bei der Kaiserlichen Majestät.
Der Feldzug des Großen Kurfürsten
32
3) Brief des Kurfürsten an Straßburg d. d. Colmar,
den 15. December 1674. Inhalt: Friedrich Wilhelm berichtet, daß er das Anliegen der Reichsstadt an die Kaisers. Majestät und an den Markgraf von Baden geschrieben habe.
Straßburger Stadtarchiv A. A. 1287. — Abschrift ohne Siegel. Von Gottes Gnaden u. s. w. Unsern gnädigen Gruß zuvor! Ehrenfeste u. s. w.
Wir haben uns der Gebühr vortragen lassen, was Ihr wegen Ab bei Euch
forderung der
stehenden
oberrheinischen
Völker
berichtet
und
Nun seind wir ebenmäßig der Meinung, daß aus den von Euch
gebeten.
angeführten und andern Ursachen gedachte Völker allda verbleiben und des falls keine Aenderung vorzenommen werden mag, gestalten wir dann auch
zu solchem Ende nicht allein an Ihre Kaiserl. Majestät, sondern auch ab sonderlich
an des Herrn Reichs-Feldmarschall,
den des Markgrafen zu
Baden Liebden geschrieben, wie Ihr aus beigehender Abschrift zu ersehen
Hoffe, es werde Ihre kaiserliche Majestät unserm unterthänigsten Fürschlag
deferiren.
Und
wir
verbleiben
Euch
mit
churfürstlicher
Gnade
stets
zngethan. Gegeben zn Colmar, den 15./25. December 1674.
Friderich Wilhelm,
An Straßburg.
Churfürst.
4) Brief des Kurfürsten an die Stadt Straßburg,
d. d. Colmar, den 18. December 1674. Inhalt: Der Kurfürst verhandelt mit Straßburg wegen Einkaufs von Korn.
Straßburger Stadtarchiv A. A. 1271. — Original, Siegel, Unterschrift.
Von Gottes Gnaden u. s. w. Unsern gnädigen Gruß zuvor! Ehrenfeste u. s. w.
Nachdem wir dem hochgelehrten, unserm geheimen Rath und lieben getreuen Frantz Meinders gnädigste Commission und Befehl gegeben, eine
erkleckliche Quantität Korns zum Behuf unserer Armee alldort zu erhan
deln und zu erkaufen, als gesinnen wir von Euch in Gnaden, Ihr wollet
demselben nicht allein die Hand bieten, sondern auch das von Ihm erkaufte Getreide gegen sein Attestatum jedesmal frei und ohne einzige Auflage abholcn und passircn lassen.
Wie solches zur Beförderung des gemeinen
Wesens gereicht, also versehen wir uns darunter aller willfährigen Bezeu gungen nnd werden solche um Euch und Eurer Stadt zu allen Occasionen
gegen Frankreich 1674—1675.
33
mit gnädigstem Dank zu erkennen nnvergessen sein. Verbleiben Euch sonsten
auch mit churfürstlichen Hulden und Gnaden stets wohl beigethan. Colmar, den 18. December An. 1674.
Friderich Wilhelm. (In verso) Ihre Churs. Dicht, wollen zum Behuef Ihrer Armee eine Quantität Korn allhier einkaufen
lassen, begehren dessen früheres
Ablegen. 5) Brief des Kurfürsten an den Kaiser d. d. Colmar,
den 20./30. December 1674. Inhalt: Der Kurfürst vertritt die Interessen der Stadt Straßburg beim Kaiser.
Straßburger Stadtarchiv A. A. 1287. — Abschrift ohne Siegel.
lebe der
„Ich
unterthänigsten Zuversicht,
Eure Kaiserl. Majestät
werden diese meine wohlgemeinte anderweitige Jntercession nicht allein nicht ungnädig vermerken, sondern in Kaiserlich hoher Gnade von selbst geneigt
daß der guten Stadt erwiesene Treue nicht allein aller-
sein,
gnädigst erkannt, sondern auch derselben
in Ihrer Noth
auf
fügliche Art und Weise succurrirt werde, also daß besagter Stadt und
Straßburg
einfolgig
des
römischen
Reichs
Sicherheit
befördert
werde.-------- - —
Colmar, den 20./30. December 1674.
Friderich Wilhelm. 6) Brief der Stadt Straßburg an die Kaiserliche Majestät
d. d. Straßburg den 21./31. December 1674. Inhalt: Beschwerdeschrift.
Straßburg betheuert die Treue gegen Kaiser und Reich.
Straßburger Stadtarchiv. A. A. 1287. — Copie.
(Es koinmen folgende erhebende Worte darin vor.) Zuvordrist versichern wir dagegen mit Gründen der Wahr heit,
daß
in
der
schuldigen
aufrichtig
gefärbten Treue und
Devotion gegen Ew. Kaiserl. Majestät und das wir beständig und ausgesetzt verharren, glück über
uns ergehen,
heilige Reich
auch lieber alles Un
als davon zuwider und entgegen zu
handeln, uns in einigerlei Weise werden bewegen lassen. geloben auf der
Wir
allerunterthänigsten Zuversicht, uns damit gleichwie der
hohen Kaiserlichen Gnade und Hulden soviel würdiger zu machen, also auch
den erfreulichen Genuß beschehener allergnädigster Vertröstungen so viel zu empfinden.--------------- —* Straßburg, den 21./31. December 1674.
34
Der Feldzug des Großen Kurfürsten
II. Auszug aus dem Protokolle der Dreizehner 1674—1675.
Dienstag
den
8.
lObris
an.
1674 hora 4ta
pom.
Mg.
Hh.
die XIII. Herr Stättmeister Zorn und Herr Ammeister Dietrich, welche
zu Ihrer Churf. Dicht, von Brandenburg von M. g. Herren zu condolireit abgeordnet worden, lassen durch mich referiren,
daß Ihre Churf. Dlcht.
wie auch die Churfiirstin die Schickung und bezeugte Kondolenz wegen des Churprinzen sehr wohl ausgenommen und dargegen die Versicherung gethan haben,
M. g. Herren
in allen Vorfallenheiten zu be
zeugen, daß er ihr guter Freund sein, wie auch daß sie sich ans
seine Freundschaft zu verlassen hätten.
Herr Ammeister Dietrich
berichtet hierauf, wie daß Herr Obrist XI. Brosdorff, alias Schertt ge
nannt, sucht,
ihnen in particulari im Namen Ihrer Churfürstlichen Dlcht. er
ob er nicht könnte etliche Schiffe und etwa 10 Centner Bley und
gleich Gewicht an Pulver von hier gegen paare Bezahlung haben, welches
petitum er den Herren Ammeistern ad referendum genommen, mit Be deuten, daß, sobald es möglich werde sein können, deswegen Bericht erstatten wollte;
er ihm, Herrn Scherdt
stelle es also zu M. g. Hh. @r messen
zu antworten.
Seite 755. Sambsstag, den 12. December 1674. pr. Sess. Ordin. M. g. Hh. die XIII. Lect. Schreiben von Ihr. Churf. Dlcht. zu Brandenburg, die
sagen M. g. Herren Dank, daß Sie durch dero Deputirten ihre Condolenz wegen tödtlichen Ableibens des Chur-Prinzen ablegen lassen wollen; bleibt
auf sich. Herr Syndikus Frid proponirt,
es habe ein churbrandenburgischer
Bedienter ihm zu erkennen gegeben, dieweil künftige Woche der Leichnahm
des Chur-Prinzen von hier abgeführt werden solle,
daß der Herr Stall
meister um Erlaubniß gebeten haben wolle, daß morgen noch eine Predigt
in dem Hof gehalten werden möchte, und als er Herrn Syndico ihm zur Antwort gegeben, daß man nicht verhoffen wolle, dieweil sonsten Niemand
von ihrer churfürstlichen Dlcht. Leuten allhier sich befindt, daß man solches begehre, habe er ihm replicirt, daß der Herr Obersthofmarschall heute hier-
hero kommen werde; er habe expressen Befehl, sich an ihn, Herrn Syndic, zu adressiren uud ihn zu ersuchen, daß er es M. g. Herren vortragen möge.
Erk.: Soll das Begehren glimpflich abgelehnt werden.
(Siehe Fortsetzung des Protokolls der XIII. Seite 57.)
gegen Frankreich 1674—1675.
35
III.
Auszug aus den im Bezirksarchiv des Ober-Elsaß zu Colmar beruhenden capitularia des St.
Acta
Martinsstiftes
zu Colmar,
betreffend
die
kriegerischen Ereignisse des Jahres 1674 bis 1675. S. 143. 1674, Nov.
2.
Ist der Brandenburgische General-Qnartier-
meister von Berleps hier angelangt.
Tags daranf haben die Herren
des Magistrats drei Deputirte als Herr Joh. Dürminger, Herr Ambr.
Niegert und Herr Georg Hauser, einen Catholik, zu mir Dechant abgcordnet und anhalten lassen: ich soll den introducirten Calender wiederum abstellen, mit Läutung aller Glocken innehalten und ob ich mich in Gutem
dazu verstehen wolle? Antwort: 1) berufte sich der Dechant auf den Bischöfl. Befehl, könne und wolle ich, ohne seinen expressen Consens von solchem nicht abstehen, 2) bezeugte er seine Verwunderung, daß sich der Magistrat
so sehr um die Glocken reiße, da doch dieselben nicht ihnen sondern allein den Stiftsherren zugehörig sein, da sie doch
weißlicher und vernünftiger
gethan hätten, wenn sie mit solchem Eifer und Lust zu ihren Stücken und Wällen geschauet und Sorge getragen hätten, damit nicht die ganze Stadt und Bürgerschaft in solchen Ruin gerathen wäre,
Hauser,
einem cathol. Rathsherrn
3) gab Dechant dem
einen starken und
daß er mit dieser Deputation gekommen sei,
scharfen Verweis,
er hätte sich als ein Cathol.
opponiren, dawider protestiren oder gar seine Rathsstelle resigniren
sollen. Nov. 4.
Verlangte
der
gedachte brandenburgische Quartiermeister
Berleps, auf Anstiftung der Herren der Stadt einen Beitrag von dem
Stift für den brandenburgischen Generalmarschal Dörflinger ins
Lager
nach Straßburg zu schicken nämlich zwei fette Ochsen, vier fette Schweine,
sechs Hämmel, zwei Faß mit altem Wein, zwei Fuder Heu und 50 Viertel Haber, mit Versprechen, daß alsdann das Stift solle von der Einquartirung befreit sein.
Weilen aber die Stifft dessen sich sehr beschwert, und die Ohnmöglichkeit vorgewendet, hat man sich endlich zu beiderseits dahin verglichen,
daß die Stifft lüsfere 25 Fuder Habern, sechs Ohm Wein, den Schreibern aber zwei Dukaten.
Welches alles das Stift geliefert.
Ist aber die ge
gebene parolla der Befreiung der Einquartirung nicht gehalten worden.
Neben diesem hat gemelter General-Quartiermeister auch vorgebracht,
daß er mit Bedauern die Dissension zwischen unserer Stifft und der Stadt Colmar, das Läuten der Glocken betreffend, vernommen habe.
Und weil
es wider den Münsterischen Friedenstraktat sei, thue solches seinem gnädigsten 3*
Der Feldzug des Großen Kurfürsten
36
Kurfürsten sehr mißfallen,
sobald Er allhie anlangen werde,
werde auch,
sich selbsten dieses Geschäfts halber eiferigst annehinen, wäre also sein Rath,
man thäte solches freiwillig unterwegen lassen.
Respondi (d. i. der Dekan)
weil solches aus Befehl Jhro hochfürstlichen Gnaden Bischoffen zu Basel geschehen, könne und dörfe ich solches, ohne seinen expressen Consens nicht
wohl unterwegen lassen.
Wolle solches
wie ich denn solches berichtet.
an den Bischof gelangen lassen,
Unterdessen hat man noch immerdar mit
den Glocken geläutet. 10. Nov. an St. Martins Abend. wiederum von Bruntrut angekommen.
Morgens
früh ist der Bote
„Weilen man bei diesen so gefähr
lichen Zeiten sich aller guten Verständniß bestmöglich zu befleißigen hat,
thue man unvorgreiflich dafür halten, daß wir und die katholische Bürger schaft nicht fehlen würden,
bedrohlichen
daß man auf Beharrung dieses
Zumuthniß mit Protestation und allfälliger Borbehaltung unser befindenden
Rechts aus Liebe des Friedens und etwan zur Verhütung größeren Uebels die angefangene Läutung aller Glocken zu bewandten Dingen nach unter
lassen werden möchte.
Solches ist alsbald dem brandenburgischen Quartier
meister und Herrn Obrist-Meister angesagt worden, weil die Stift durch schwere Bedrückung angefochten worden, also müsse man aus Zwang das
Glockenläuten wieder einstellen. mit Protest und Vorbehalt
Werden hiermit solches hinfüro einstellen
unsers befindenden Rechts.
Dieses hat den
General-Quartiermeister ihm Wohlgefallen lassen und gesagt, man thue sehr
Recht daran.
Also sind die Glocken wieder eingestellt worden.
S. 145.
Den 27. November 1674 sindt Jhro
Churfürst!.
Durchleücht
zu Brandenburg ahngelangt, vnd haben sampt deroselben Gemahlin aufs dem alhiesigen Wagkeller Ihr Quartier genehmen, sind von der Stifft und anderen religiösen beneventirt worden. Dito ist mir dem Dechant vnd übrigen Capitularen wider alles ver-
hoffen
ein Brandenburgische General Adiutant Kopping
fünsf Dienern, 13 biß 15 Pferden
allhiesigen Quartier Ambt
vnd zween
genannt sampt
großen Hunden von dem
einquartirt worden, welche samptlich ich der
Decan in der Dechaney loschiert vnd 6 Wochen lang in allem verpflegt,
welches Verpflegung, wie billich, vnd
die Stifft ersetzt.
obahngezogene Brandenburgische Contribution
250 Reichsthaler gekostet.
Ich hab
Diese Einqnartirung, hat
die
biß
gegen
zwar zum anderen mahl bey Jhro
Churfürst!. Durchleücht suppliciert, vnd vmb befreyung der Einquartirung
gebetten,
aber nichts erhalten,
sondern die Last biß ahn daß Ende mit
vielem Kommer, Trübsal!, angst vnd Verlegenheit ertragen müssen.
Ahn
diesem allem sind die Herren der Statt allein schuldig gewesen, dan der
gegen Frankreich 1674—1675.
37
Brandenborgische General Marchal Dörffling mir selbsten gesagt, man habe Ihme die polleten (b. i. Quartierzettel) 8 Tag vor Ihrer ankunfft
in's lager bei Straßburg vorhero geschickt, darunder auch der Stifft ge wesen:
Wann Er hette sollen die Quartier außtheilen, hette er wohl ge
wußt, daß Er mich und die meinigen Mitherren solle befreyen; sollen also
diejenigen solches verantworten, die mir einquartiert haben.
Hingegen sind
aber alle Prädikanten und lutherische Schulmeister der Einquartirung befreit
Den 2. Dezember
gewesen.
1674 hat Churfürstliche Brandenburgische
Calvinische hoffpredicant aufs der Schneiderzunft gepredigt.
(Fortsetzung
der acta capitularia siehe Seite 53.)
IV. Brief des Bischofs von Basel Johann Conrad an das
St. Martinstift zu Colmar, d. d. Pruntrut den 8. November 1674. Inhalt: Der Baseler Bischof ermahnt die Domherren des St. Martinsstists, als die Pfarrgeistlichkeit der freien Reichsstadt Colmar, in Händeln mit dem Colmarer
Magistrat für den Augenblick nachzugeben und der Hochherzigkeit des Branden
burgischen Churfürsten in Religions-Angelegenheiten zu vertrauen.
Colmarer Bezirksarchiv, Akten des St. Martinsstiftes. —
Original, Unterschrift, ohne Siegel. Johann Conrad, von Gottes Gnaden, Bischof zu Basel, Unsern
gnädigen Gruß zuvor, Würdige, hochgelehrte, ehrsame liebe An dächtige! Wir haben aus Ew. des Dechans an uns den 5. dieses abgegangenen
Berichtschreiben in Mehrerem gnädig
ersehen,
was drei Depntirte des
Colmarischen Magistrats Euch wegen Läutung der Glocken, Gebrauchs des neuen Kalenders und katholischer Schulen ohnlängst bedrohentlich vorgebracht
und Ihr darüber geantwortet habt.
Gleichwie nun wir dahin gestellt sein
lassen, daß unter jetzigen Gefährlichen Kriegsläuften der bemelte Magistrat zu
Colmar dergleichen Sachen ohne rechtmäßige Beschwerde und Ursach
unzeitig zu normiren sich unternimmt, da Ihr doch wieder viel Anders wohl zu klagen hättet, also thun wir zwar Ew. darauf gegebene Antwort
wohlbedacht und vernünftig erachten, alldieweil aber Ihr dabei vermeldet, wie
Euch
angedeutet,
der
Churbrandenburgische
General-Quartiermeister
es habe sein Herr Churfürst die Differenz zwischen Euch
und der Stadt, das Glockenläuten betreffend, sehr ungern gehört und er sich dieses Geschäfts halber eifrig annehmen werde, dahero sein Rath wäre,
daß man solches unterwegs ließe. So thun wir bei solcher Beschaffenheit
und da man sich aller guten Verständniß bestmöglich zu befleißigen
hat,
Der Feldzug des Großen Kurfürsten
38
unvorgreiflich dafürhalten, daß Ihr und die katholische Bürgerschaft nicht
fehlen würdet, da man auf Beharrung dieses
bedrohenlichen Zumuthens,
mit Protestation und allfälliger Borbehaltung Ewers befindenden Rechtens, aus Liebe des Friedens und etwan zur Verhütung größeren Uebels die angefangene Lautung aller Glocken, je bewandten Dingen nach, unterlassen werden möchte.
Sonsten haben wir
auf das den 30. September letzthin
an uns abgelassene Schreiben bereits die Sache an den Kaiser!. Hof nothdürftiglich gebracht, damit vermittels der Kaiserlichen Generalität Ihr und
die gesammte katholische Bürgerschaft bei ihrer katholischen Religion nicht nur conservirt,
freien Uebung
sondern
auch
der alten
möglichst möchte
verschont werden, welches wir auch anjetzo mit wiederholen und zumalen
mit Gelegenheit an die Kaiserliche Generalität, die aber uns nicht bekannt, besten Fleißes zu recommandiren nicht
Providenz
und
ermangeln wollen.
Allgütigkeit wolle Euch und
Ew.
Die göttliche
Parochianen bei den
schweren Zuständen von oben herab trösten und Alles zur Mehrung seiner göttlichen Ehre richten!
Wir thun gleichwohl zweifeln, daß des Herrn Churfürstens zu Brandenburg Gnaden
in Betrachtung seines beiwohnenden
hocherleuchteten Verstandes sich dieser und für solche Zeit noch an das Ort gehöriger Sachen annehmen, weniger Euch und die katholischen Bewohner mit Ungutem
und
Ungleichheit
unter
drücken lassen werden, welcher vielleicht Ihr selbst unterthänigst auf
wartet und Ew. Noth gebührend klagen und vielleicht etwas an der un erschwinglichen Auflag abzubitten Euch befleißigen könnt u. s. w.
Datum auf unserm Schloß Pruntrut, den 8. November 1674. tup. Johann Conrad.
V. Bericht des Würtembergischen Kirchenschaffners zu Reichenweier,
Namens
Chemnitius
(int
Besitz
des
Herrn
Advokaten Jgn.
Chauffour zu Colmar).
Memoire, was sich von an. 1672 bis 1700
Merkwürdiges in der Graf- und Herrschaft Horburg und Reichenweier sonderlich wegen der Geistlichen Gefäll zugetragen.
Memorial alles dessen,
was passiert in währender Zeit meiner von
Ihrer hochsürstlichen Durchlaucht, meinem gnädigsten Fürsten und Herrn Georg, Herzog zu Würtemberg und Teck, Grafen zu Moempelgard, Herren
zu Heilenheim anvertrauten Kirchenschafseney der Grafschaft Horburg und
39
gegen Frankreich 1674—1675.
Herrschaft Neichenweier, was sich von anno 1672 meiner Neception bis zum Ende derselben A. 1701 zugetragen.-------------------------------------------------Anno 1674 marschirte Mo. Marsch al de Tourene biff eit Rheins gegen Philippsburg mit seiner Armee hinab. Die Kaiserlichen und Alliirten
Armeeen marschirten unvermuthet zu Straßburg über den Rhein und campirten sich längst dem Kochersberg bis Dachstein und Molzheim und es war die Winter-Erndte noch nicht völlig in der Scheuer, worauf sich
Mo. de Tourene sich an die Sorr bei Hochfelden
gelagert und nach-
gehends eine ziemlich scharfe Aktion mit der allierten Armee gehalten, in lustig machten. Zu der
dem die meisten Generales sich in Straßburg
alliirten
Armee
stieß
20000 Mann stark,
darauf
gleich
die
Brandenburgische
Armee,
in
welche bis die Winter-Quartiere angingen, an be-
meldetem Ort stehen blieben, gegen Otmarsen hinaus?)
indessen streiften aber die Fouragirs bis
Hochgedachte Jhro hochfürstl. Drchlt. fertigten
M® Forschner und Herr Conr. Schornbauer anhero ab und mußte ich in
der
Grafschaft den Unterthanen befehlen, alle
Früchte, sowohl der
ihre besten Sachen und
gnädigen Herrschaft als Kirchen
gehörige, in das
Schloß Horburg zu führen, worin Bitambrod kommandirte, welches so an
gefüllt mit Früchten wurde,
daß man in allen Gemächern kaum
gehen
konnte; doch war unmöglich, in so kurzer Zeit die Früchte auszudreschen,
sondern die meisten Winterfrüchte wurden mit sammt der völligen Sommer früchte durch Fouragirs abgeholt und verderbt. In währender Zeit als die völligen Armeen in ihrem Lager standen
im Unter-Elsaß, bekamen wir Order, allhier Heu und Hafer, wie auch Mehl ins Lager zu liefern.
Kneyel und ich wurden deswegen ins Lager
gesandt, um die Unmöglichkeit vorzuschützen, daß man damit nicht ins Lager sicher kommen könnte, weil Berchheim mit französischen Truppen be legt, wobei wir vorbei marschiren mußten.
Der Kommandant in Dachstein
führte uns ins Lager zur Generalität, dem Kurfürsten von Branden burg.
Herzog von Lüneburg M° le Prince de Bourneville, der alte
Herzog von Lothringen, der mir ins Gesicht sagte: les bouger de Rique-
ville m’ont une fois paye 12 000 R., Markgraf von Baden, Durch!. Herzog von Würtemberg
und
andere Fürsten und Grafen mehr waren
alle unter dem brandenburgischen Gezelt, allwo man uns scharf examinirte
und von allem ausfragte und uns wieder zurückschickte.
Darauf aber mit
etlichem Feldstücklein ein lüneburgisch Regiment vor Berchheim schickten, so solches
beschießen
und
einnehmen sollen.
*) Ottmarsheim, ein Dorf bei Mülhausen.
Oberst B erleb sch
von den
Der Feldzug des Großen Kurfürsten
40
Brandenburger» ist auch alsobald nach Colmar mit 2 Regimentern Branden
gekommen und
burgern
gleich
vor das Schloß Horburg
gezogen mit
4 Compagnien Dragoner und dasselbe aufgefordert, welchem Bitambrod so darin kommandirt gleich ohne einige Opposition aufgethan, darin Mo Ber-
lebsch 2 Compagnien Dragoner zur Garnison gelegt. Gleich darauf wurde ich durch
einen Expressen
von Mömpelgard Gesandten, namens Hechler,
beordert mich nach Horburg zu begeben, und auf alle Weise und Wege zu trachten, die 2 gemeldeten Compagnien aus dem Schloß zu bringen,
ich
wandte allen Fleiß bei Herrn General Dörflinger und Herrn Berlebsch
an, meiner Order gemäß nachzukommen, konnte aber mehr nicht erhalten, als eine Compagnie zu delogiren und mußte ich im Schloß anstatt Bitam
brod verbleiben und denselben durch 2 Gardes nach Reichenweyer in Arrest
führen lassen. In währender Zeit der 6 Wochen, als ich daselbst mich gesund auf gehalten, persuadirte ich den restirenden Capitain, daß er nichts, was ich wollte aus dem Schloß abführen durfte,
da ich dann in unterschiedlichen
malen bei die 600 Malter harte Früchte nach Reichenweier abführte, nur mit 2 Dragonern zur Convoy. Unterwegs wurden wir allemal durch die Fouragiers angepackt, die ich in der Zeit abgewiesen, daß es Früchte zur Armee
wären, so ich
am Gebirg mahlen lassen mäste.
Salvirte auch
hiermit das Silber, so im Schloß war und brachte solches ins Schloß
Reichenweyr.
Nachdem aber kriegte ich auch das im Schloß grassierende
hitzige Fieber, daß ich nothwendig zu Hause bleiben mußte, weil man an meinem Aufkommen gezweifelt, welches die Grafschaft sehr betrauert, daß
ich mich
absentirett müsse,
weil ich
alda gute Anstalten gemacht, die
Truppen zu verpflegen, damit keine desordre vorgingen. Nach
mir hat man Herr Forschners Schreiber, den Döler dahin
gesandt, an meine Stelle, da dann alles confus gleich hergegangen und angefangen alles preis geworden, deswegen ersucht worden, während es
sich hat mit mir anfangen zu bessern, ich sollte wieder nach Horburg, worauf ich die Unmöglichkeit vorschützt, daß mir die Medici anrathen, ich würde unfehlbar wieder Umschlagen. Ueber dieses hat man mich währender Zeit, als ich in Horburg war, den Commandant des lüneburgischen
Regiments mit sammt seinen Weibern einlogirt, daß ich also das Haus voller Leute hatte, so mir nun garnicht zuzumuthen war; auf solche Weise
hat man mich recompensiert, für meine vielen Bemühungen und Dienste und hat mir diese Krankheit über 40 Rchsth. gekostet, die ich in Horburg
erhalten.
(Fortsetzung des Berichts siehe Seite 62.)
gegen Frankreich 1674—1675.
41
VI. 1) Armeebefehl des Herzogs Georg Wilhelm zu Braunschweig-Lüne
burg, die Unterbringung kranker Soldaten und die Einquartierung und Ver pflegung der Truppen betreffend. d. d. Schlettstadt, den 12/22. Dezember 1674.
Kopie, ohne Unterschrift.
Colmarer Bezirksarchiv E. 548.
Von Gottes Gnaden wir Georg Wilhelm, Hertzog zu Braun schweig undt Lüneburg thun hiemit
zu wissen, nachdem wir wahr
genommen, daß bei Ein-logirung unserer soldatesque nicht geringe desordres
vorgehen, welche wir dergestalt beschaffen befunden, daß, wann darin bey
Zeiten nicht remedyret werden sollte, ohnfehlbarlich dieser Effect folgen würde, daß nicht allein ein gut Theil der soldatesque, insonderheit so viel
die Gemeine betrifft, übel accommodirt fein, sondern auch viele quartiere untüchtig gemachet und ruiniert werden dörffen, daß wir dahero eine Noth durft zu seyn befunden, dieses reglement verfassen und zu jedermanns
Wissenschaft bringen zu lassen: § 1. Fürs erste befindet sich, daß die Kranke unter den Gesunden liegen, dadurch dann so wohl die gesunde Soldaten als auch die Häuser,
darinnen Sie liegen, angestecket werden, sodaß daraus leichtlich gar eine
infection dieser quartiere erfolgen tönte, über das auch die Kranken die Wartung undt Phlege dergestalt nicht haben, als wann Sie in einem publiquen Orte unter inspection derer so dazu expresse bestellet hingethan
werden, dahero ordtnen und wollen wir, daß in allen Städten undt flecken unserer quartire gewisse Häuser dispiciret und hergegeben werden darin die Kranken gethan, durch gewisse persohnen, so dazu expresse zu erwehlen,
gewartet und aus einer absonderlichen cassa, welche der Magistrat eines jeden Orths durch eine absonderliche anlage anzurichten und wann daselbst Wirthe die ihren Ein-logirten nichts geben dörffen, solche mit anzuschlagen,
auch die,
bey
welchen die Kranke billetirt gewesen mit znzuziehen, ver
pfleget werde. Ueberdem sollen auch die haubtleuthe ihre Capitains d’Armes dahin
halten, daß Sie fleißig nach denen Kranken von ihren Compagnies sehen,
und
täglich
dem
Billetsherrn
von dem
erstatten.
jedes Orths
Sobald ein Soldat krank wird, soll es
durch
den
Capitain angezeigt werden,
umb sowohl wegen des quartiers als reception des Kranken, in erwähnte Häuser nötige anstatt zu machen können, deßgleichen auch geschehen soll, sofort
einer wieder restituiret ist und das Quartier beziehen kann, wie dann auch gleiche anzeige geschehen soll, sofort ein Soldat stirbt. § 2. Weil man auch wahrgenommen, daß bey der Billettirung aller-
42
Der Feldzug des Großen Kurfürsten
handt Unterschleif undt Vervortheilmig vorgehet und sonderlich die fourirers sich mehrer potestet anmaßen, als ihnen zukombt, Als befehlen wir hieniit denen in den Städten undt flecken commendirenden officirern, daß Sie
den billetsherrn jedes orts richtige undt wahrhasftige contreroollen, in welchen sowohl der Wirth, als wer bey ihm logiret, mit nahmen und Zu nahmen geschrieben aushändige, daraus zu sehen, wie eine jede Compagnie
die ihnen gegebene billette ausgetheilet undt ob darunter einige partialitet und Vervortheilung vorgegangen sey, da dann, wann solches sich befinden
solle, dem Magistrat hiemit potestet gegeben wird, darin zu remedyren. Wann dann also die quartire einmahl nach billigmessiger proportion ge-
inachet, undt die Contreroollen ausgehändigt, soll darin von keinem officirer ohne vorbewust des billetsherrn in erwähnten Städten und flecken
einige enderung gemacht werden.
§ 3. Als sich auch befindet, daß einige außerhalb ihrer quartire am andern orte gewisser Verrichtung halber sich ad tempus anffzuhalten, von
uns beordert, die ihre Verpflegung anders woher ziehen, so wollen wir, daß man an solchen orten denselben nicht mehr, als das bloße Standquartier
geständig
seyn,
Sie aber
darüber
an
Verpflegung
nichts
zu
fordern
haben sollen. § 4.
Auch vernehmen wir, daß verschiedene unserer Soldatesquen
sich mit denen in der am Ordonnance
nicht
h.
contentiren,
November
publicirten
Berpflegungs-
sondern darüber ein mehrers von ihren
Wirthen praetendiren wollen. Ob wir nun zwar derselben gerne gönnen und wohl leiden können, wann die Wirthe aus gutem willen und ohne Zwang an statt einer Mundt-
portion den (Sinquartirten an ihrem Tisch mit Speise und Trank ver sehen wollen, so
hat es doch die Meinung nicht, daß von denselben ein
mehrers, als die portiones austragen, mit recht gefordert werden solle. Und lassen wir es bey obgedachter Ordonnance zwar in soweit ver bleiben, daß denen wirklich vorhandenen, wie auch den Officirern, so viel Sie zu ihrem und ihrer praesenten Diener Unterhalt von Nöthen haben,
die portiones in natura zu reichen,
der übrige aber und, da sonsten
jemandt an statt der Mundt-portionen lieber gelt begehren würde, eine Mundt-portion auf einem Monat höher nicht als ll/i Rthlr. zurechnen, dabey
auch
dieses
in Acht zu nehmen, daß so viel der Officirer eigene
Diener (dann mit den Pourirer-Schützen, so der Compagnie obligat es eine andere bewandtnis hat) betrifft, wir denen keine absonderliche Verpflenoch quartire gestendig, sondern solche unter denen ihren Herrn vermacheten
Portionen mit begriffen.
gegen Frankreich 1674—1675.
43
Es darf auch auf die Weiber und Kinder nichts, als was einer aus guten Willen thun will, gefolget werden sondern haben sich dieselbe mit der Stornier-portionen und der Lagerstadt zu contentiren.
Die Mar-
quetenter, als welche in keine roolen gehören, haben über ihre quartire auch etwas zu praetendiren kein Recht.
§ 5. Ob auch zwar unserer Intention gemäß, daß die Compagnien für voll zu billetiren, so hat es doch diese Meinung, daß der Billetsherr
zugleich mitwisseu müßte, welche Persohnen wirklich vorhanden, und aus welchen Häusern anstatt der Einquartirung geld gezogen werde, zumahlen
die Obristen und die bei den separaten Compagnien commandirenden Officirer wie auch andere Commandanten hiemit befehligt werden, von dem, was Sie solcher gestalt aus solchen Häusern ziehen Unsern bey der Armee verordneten geheimbten Räthen alle Monat eine richtige Verzeichnis einzuschicken.
§ 6.
Soviel letzlich die Pferde portiones betrifft müssen solche noch
zur Zeit und bis zu weiterer Verordnung in natura geliesfert werden, wor-
nach sich ein jeder zu achten. Uhrkündlich
unser
eigenhändiger
subscription
und
vorgerücktem
Jnsiegel. 19
Schletstadt den ~ Dec. 1674.
2) Berechnung und Aufstellung der Kontributionen
und Liefernngen
zur Unterhaltung der Truppen des General-Feldmarschalls, Herzogs von
Holstein, von Seiten der Stadtschreiberamtes der Stadt Rappoltsweiler im Ober-Elsaß,
d. d. Rappoltsweiler, den 2. Februar 1675.
Colmarer Bezirksarchiv E. 1633.
Concept, ohne Siegel
Die Statt Rappoltsweiler hat in verwichenem Winterquartier mit Verpflegung des Herren General-Feld-Marchals von Holstein fürstl. Dicht, und dero Leib - Regiments
zu
Fueß auch unterschiedlicher zu dem
fürstl. Lünenburgischen Generalstab gehöriger Officier erlitten, wie folgt. Der Commandirten Völker undt bei sich gehabter Artillerieverpflegung: Des Commandirenden Obrist - Leutenant Kellers und der Underofficier-verpflegung sambt dem underhalt der
anfangs einquartierten 240 Mann hat sich, ehe das Regiment eingezogen, in 10 Tagen beloffen, wie specifice gewiesen werden tönte
300 Rthlr. — Pf.
Besagter H. Obrist-Leutenant hat, als das holsteinsche
Regiment ein- und er abgezogen, hier seine discretion außgewürkt........................................................................ 25
„
— „
Der Feldzug des Großen Kurfürsten
44
Item ist H. Major Franckhen, als derselbe zu vor gehabter
hundert
attaque Sambstags zu
Tragonern
dirt worden,
vor
auch
folgenden
nacht
mit
Montags bei der übergab
für den underhalt seiner trouppen über
zahlt worden
etlich
die Statt comman-
die nacht
.............................
„
30
—
„
latus 355 Rthlr. — Pf. Die Artillerie bestundt in zwo feldschlangen 8 H
schießend und einem Mörser, so 25 U geworfen, dabei
waren folgende Personen: Ein Capitain mit 3 Pferden, Ein Corpora!,
Ein Wagenmeister,
Zwen Fewerwerker, Sechs Constabler,
Zwen Arbeiter, Sechs Handlanger,
30 gemeine Knecht, 70 Artilleriepferde. Dieße Artillerie hat in 4 Tagen als sie allhier ge
standen sambt des Capitains tractement gekostet
.
92 Rthlr. — Pf
Item hat der Capitain bei seynem abzug zu einer Discretion in gelt und Wein abgenöthigt
25
„
—
„
latus 117 Rthlr. — Pf. Summa der commandirten Völker und bei sich gehabter Artillerie-Verpflegung...............................................
. 472 Rthlr. — Pf.
Von der Generalität und dem General-Stab wurden allhier verpflegt
mit beigesetzten Portionen monatlich: Ihre hochfürstl. Dlcht., der Herr GeneralFeld-Marchall von Holstein selbst.
Monatlich
. 150 Mund- , 100 Pferdeportionen.
Die haben gezogen: H. General-Adjutant..............................
75
-
16
H. General-Adjutanten-Leutnant . . . H. General-Super-Jntendens ....
12
-
8
15
-
6
H. Kriegs-Secretarius..............................
10
-
5
Capitain de Guide..............................
8
-
4
Stabs-Fourier.......................................... Proviant-Meister..........................................
8 5
-
3
Stabs-Cantzlist..........................................
4
-
2
4
Die Mundportion ä 4 Rthlr., Pferdepor tion ä 3 Rthlr. gerechnet thut
237 Mund-, 148 Pferdeportionen.
gegen Frankreich 1674—1675.
45
Die Summa H. General-Feld-Marchalls und General-Stabs-Officirer
Monatliche Verpflegung 1378 Rthlr. und in zweyen Monathen 2756 Nthlr. Folgen fernere abgetrungene Außgäben, zusambt Frohen- und Schantz-
kösten, deßgleichen entführten Pferd. Ehe und zuvor Ihre fürstl. Dicht., der Herr General-
Feld-Marchall allhier ankommen, wurde die Stadt durch
H.
Obristen
angehalten,
vorigen Haubtquartier schriftliche Ordre und
denselben in dem
Bläßheim zu
schicken, wie
quittung darüber vorhanden,
an Wein, Habern, Rind's und kleinem Viehe auch Küchen-Victualien, so sich auf 200 Rthlr. beloffen, aber
bei der Abrechnung in Abzug kommen, verweigert worden 200 Rthlr. — Pf.
Deßgleichen feind dem Herren Obristen bei Antritt des quartiere
aufgegebene anleitung 100 Rthlr. adva-
niirt worden, welche ebenmäßig bei der abrechnung nicht in abzng kommen wollen
100
„
—
„
. 250
„
—
„
Währende quartier-Zeit über ist die Bürgerschaft fast täglich zu Einhol und Abführung Hew, Holtz, item
Früchten,
Weins und kranken Persohnen mit allen
Pferden zu frohnen beschwerlich angehalten
worden,
so uff das Geringste zu rechnen, ertragen
.
. latus
550 Rthlr. — Pf.
Mann ist über dieses mit betrohung niiliterischer execution angehalten worden, mit 15 Mann 4 Wochen
lang zu Schlettstatt an der fortification zu arbeiten, indem derselben des Tags für Kost und Arbeit nur .
6 btz. (d. i. Batzen) gerechnet, thut
So hat man nach
ermeldetem Schlettstatt
80 Rthlr. — Pf.
nur
für
hiesiger ©tatteContingent tieffern müssen 750 eichene
Pallisaden, so ohne das Holtz zu rechnen, nur zu hauen und
uff dem Wasser hinunter zue bringen gekostet
15
„
—
„
....
2
„
66
„
4
„
Item für Latten und nagel dahin bezahlt
Bei beschehenem Abmarsch des Regiments, hat der Regi mentsquartiermeister, annoch eilte discretion außgewürkt
Deßgleichen der Adjutant bei Außhändigung der Thor schlüssel abgenöthiget
—
„
So seind auch von denjenigen fuhren, so die bagage und kranke abzuführen getrungen waren, zurückgehalten
und wider gegebenen parolen, abgenommen werden,
14 Pferde hiesiger
latus
107 Rthlr. 66 Pf.
Der Feldzug des Großen Kurfürsten
46
Bürgerschaft gehörig, welche zuesambt angehörigem Ge schirr, auch zwehn guten Wägen und einem Karch,
dem niedersten Preiß nach ahnzuschlagen, sich belaufen 458 Rthlr. — Pf. Item ist wehrende Zeit über, durch underschiedlich beschehene Deputationes und beschenkung der Herren Kriegs-Nähte zue Schlettftatt, alß man (wiewol ver gebens) um Aenderung des quartiers bei der Gene ralität schrift- und mündlich solicitirt, neben vielen anßgelegten Botenlöhnen zum Wenigsten uffgangen .
Und
obwohl der
hofstats,
60
„
—
„
Underhalt des fürstl. holsteinischen
welcher sich wöchentlich bei 100 Rthlr. be-
losfen, vermöge der Ordonnance von des Herrn Gen.Feld-Marchals geordneten portionav billig desaliirt
und abgezogen werden sollen.
So hat jedoch Ihrer
Dlcht. Hoffmeister für die Zeit, als er, mit ermeltein Hoffstaat in die siebente Woche allhier gestanden und
bey dem abzug die Hoffbediente, wie gemeine Soldatesca noch für etliche Tage Zehrung abgefordert und mitgenommen
mehr nicht als 351 Rthlr. für alles
abrechnen lassen, also daß die Statt annoch wenigstens
nachstand leidet................................................................. 249 „ — „ latus 767 Rthlr. — Pf. Summa allerhand
abgetrungener Außgaben
sambt
Frohn- undt Schantzkösten, auch andern erlittenen
nachstandts...........................................................
1474 Rthlr. 66 Pf.
.
Summa Summarum sämbtlicher WintergnartiersKösten ist.................................................................
Hierin»
ohngerechnet,
16 362 Rthlr. 66 Pf.
was in der Belägerung mit pflantzung der
Kanonen, Anfwerfung der Batterie und mit Brand in den Rebbergen und Gärten für überauß großen Schaden beschehen.
Extrahirt den 2. Fehr. 1675. Stattschreiberey
Rappoltsweiler.
Stadtvogt und Rath zu Rappoltstein hatten von Rappoltsweiler aus
am
16. November und 2. December Bittschriften
an den Herzog von
Braunschweig-Lüneburg gerichtet, in welchen sie auf die elende Lage der
Bürgerschaft hingewiesen
und
um Verminderung
petitionirt hatten (Colm. Bezirksarchiv E. 548).
wendungen erließ der Herzog folgenden Befehl:
der
anferlegten Lasten
Doch trotz ihrer Ein
gegen Frankreich 1674—1675.
3) Befehl des
Lüneburg
Herzogs
Georg
47
Wilhelm von Braunschweig-
an die Stadt Nappoltsweiler, zur Fortifikation der Festung
Schlettstadt Mannschaften und Material zu stellen,
d. d.
Schlettstadt,
24. November 1674. Colmarer Bezirksarchiv E. 548.
Original, Unterschrift, Siegel.
Des durchlauchtigsten Fürsten und Herrn Georg Wilhelms hertzogen zu Braunschweig und Lüneburg Fürstl. Durch!, fügen hiemit den gesambten
Rappoltsweilerschen Beambten zu wissen: dieser des heyligen Röm. Reichs immc-
Demnach die Fortifikation
diaten Stadt von der Kron Frankreich, wider alle Billigkeit und den ge
machten Teutschen Frieden, dergestalt destruiret, daß es ohne commotion nicht
werden kann
angesehen
und
aber dem
gemeinen Vaterlande zum
höchsten daran gelegen, es auch denen auf dem Reichstage zu Regenspurg gemachten Conclusis gemäß und der gemeinen sowohl als aller umbliegenden Orten Securität merklich daran gelegen, daß dieser Frontier-Ort so
viel möglich in guter Defension wieder gebracht werde und dazu billig ein jeder ohne Unterscheidt zu concurriren hat, daß ich demnach die Stadt Rappoltsweyler sambt der Herrschaft die ohnfehlbare Verfügung zu machen habe, daß am künfftigen Freytag an Manschaft 100 zur arbeit sich alhier
einfinden und von Wochen zu Wochen in dergleichen zahl der gestalt ablösen, daß die ankommenden des Abends vorher,
ehe die anderen abziehen, sich
allhier einstellen, daß auch im selbigen Ampte zu anführung 3000 guter
dicker Pallisaden von
15 Schuh
300 Latten von 12 Schuh und 3000
Latten-Nägel von 4 Zoll anstatt gemachet und darin kein Moment ver
säumet werde. Signatum.
Unter höchstgn. Ihr. fürstlichen Durchlcht. eigenhändiger
Unterschrift und vorgedrncktem Jnsiegel. Schlettstadt, den
1674.
8. 8. (In verso.)
Georg Wilhelm. Georg
Wilhelm von Braunschweig-Lüneburg befiehlt
den Rappoltsweilern Holz, Nägel,
Pallisaden u. s. w. zur Fortifikation
nach Schlettstadt. 4) Nach
Empfang
dieses Befehls
vom 4. Dezeinber sandten
die
Nappoltsweiler einen Klagebrief ein, der vom (28. November) 8. Dezember
datirt, in welchem sie nochmals versuchen, eine Linderung der ihnen auf erlegten Pflichten zu erlangen.
Sie führen darin aus,
„daß nicht allein
Weylcr im St. Gregorienthal mit den dazu gehörenden geringen Dorf-
schaften, desgleichen die drei unfern Breisachs gelegenen Orten Heyttern,
Der Feldzug des Großen Kurfürsten
48
Balgan und Werkholtzheim, sondern auch, wie sie gehört haben, die Herr schaft Hohcnack,
sonsten Urbisthal genannt,
das zu
der Chur-Branden
burgischen Armee-Winterverpflegung gezogen sei und die übrigen zu dieser Grafschaft gehörigen Orten dergestalt abgerissen seien, daß bei der Ver
pflegung der Braunschweig-Lüneburgischen Armee und bei der Schickung der Mannschaften nach Schlettstadt Stadt und Land, Rappoltsweiler, das Markirchthal, Zellenberg,
würden.
Um
Gottes
Gemar u. s. w. alle in den Grund verderbt
Barmherzigkeit willen flehe und
Schonung; die Forderung, die an sie gestellt worden sei,
bitte
man
um
wäre unmöglich
zu erfüllen, indem Alles solcher Gestalt überlegt und mit Einquartirung
und harter Verpflegung gepreßt und geplagt, daß kein Mann dieses Mal abzukommen zuzumuthen und possibel sei."
(Colm. Bezirksarch. E. 548.)
Darauf erhielten sie folgenden Bescheid (Colm. Bezirksarch. E. 548, Konzept mit Original-Unterschriften):
5) Auf der Fl. Pfaltzgrf. in der Graffschaft Rappoltstein verordneten
Stadvogdt und Räthe
gethanes
auff gnädigsten Befehl
ansuchen, wird
hiemitt zur Resolution gegeben, daß man sich nicht 2/a der zur hiesigen
Fortifikation geforderten Manschasft contentiren wolle. Signatum Schlettstadt, den
Fst. Braunschweig-Lüneb. bey der Armse verordnete Geheimbte Räthe:
Lorentz Muller, Freih. von Hamburger. Es bedurfte jedoch noch einer ernstlichen Ermahnung durch einen er neuten Befehl des Braunschweigischen Herzogs,
Geheimräthe desselben
er ist gegeben durch die
ain 10. Dezember (Colm.
Stadtarchiv
E.
548,
Original nebst Unterschriften) und lautet wie folgt: 6) Ob zwar des durchleuchtigsten Fürsten und Herrn, Herrn Georg
Wilhelms hertzogen zu Braunschweig undt Lünenburg, Unsers gnädigsten Fürsten und Herrens Durchlaucht wohl vermuthet hätten, es würden die
jenigen, welchen wir eine gewisse anzahl Personen zur täglichen arbeit, wie auch Pallisaden, Latten und Nägel umb diese Stadt dem gemeinen Wesen
zum Bestem in einige defension zu bringen angesetzt, sich hierunter ge-
horsamlich eingefunden haben, so vernehmen dieselben dennoch mit ungnädigem mißgefallen,
daß der mehrer theilt ungehorsahmlich ausgeblieben,
wenig die geforderte Manschafft,
und so
obschon der dritte Theilt davon erlassen,
sich eingestellet, als auch etwas an Pallisaden, Latten und Nägeln bishero nicht gelieffert worden.
Weil aber die Arbeit länger nicht ausgesetzt werden kann, Als werden
im Nahmen
vor höchstgedachter Sr. Durchlcht. alle und jede,
an welche
vorhin die Befehle desfalls abgelassen worden, hiemit ernstlich erinnert, die
gegen Frankreich 1674—1675.
49
anbefohlene Mannschafft, jedoch nach Abzug des dritten theils, übermorgen
Mitwochens
früh,
ohnausbleiblich
anhero
zu senden,
auch zugleich mit
Lisferung der Pallisaden, Nägel und Latten den Anfang zu machen, so lieb ihnen
ist, die auf wiedrigen Fall allschon angeordnete execution zu vermeiden.
Sott jedoch einem oder andern Orte die anfahrung der Pallisaden zu schwer fallen, können von denselben einige absonderliche Leute anhero gesandt werden,
denen man gewisse örter wird anweisen lassen, an welchen die Pallisaden gehauen und zu Wasser herunter gefahren werden mögen.
Wornach sich ein
jeder also zu achten und für Schaden und Ungelegenheit zu hüten hat. Geben Schletstadt, den
Fürstl. Braunschweig-Lüneburgische bey der Armee verordnete geheimbe Räthe: Lorentz Muller.
Freih. von Hamburger.
Als die Rappoltsteiner sahen, daß alle ihre Bemühungen,
von dem
harten Joch befreit zu werden, fehlschlugen, sandten sie am 11. Dezember 1674 die Zusage, daß die Mannschaften kommen und die Materialien ge
liefert werden sollten. Sie legten einen Plan hinzu, der von der Dislokation
der Braunschweigischen und Brandenburgischen Armee uns erwünschte Kunde
gibt (Colmarer Bezirksarchiv E. 548).
Es heißt daselbst:
7) Zu undthänigster Folg hochfürstl. Braunschweig-Lüneburg, ordre
ist die Mannschaft nach Schlettstadt zu schantzen in nachgesetztermaßen disMann Palisaden Latten Nägel
tribuirt vnd abgetheilet:
Urbißthal oder die herrschasft Hochackh
22
1000
Rappoltsweyler...............................................
15 15
750
Marienkirch.....................................................
Gömar cum pertinentiis alß Ohnenheim,
Muffig, Heydolsheim, JÜHausen .
.
.
100
1000
et sic notorie proportio nalster.
7
Zellenberg.....................................................
3
Bon Wyher und haußen..............................
4
66 Übrige ort, alß Weyler in St. Gregorienthal \ Gynspach
Griespag Zimmerbach
Wasserburg
Walbach
Weyler bey Horburg Heytern
Balgav Weckholsheim
Seind zwar alle Rappolst. Graffschaft aber Chur - Brandenburg!.
Winterquartier,
bey
welchen nichts zu thun.
Dcr Feldzug des Großen Kurfürsten
50
IV.
Das Treffen bei Türkheim am 5. Januar 1675. Vorbemerkungen.
Ueber die
Ereignisse
vor
dem
Treffen
bei
Türkheim, welches bekanntlich die Entscheidung zwischen Friedrich Wilhelm und Turenne herbeiführte, sowie über das Gefecht selbst, welches keine förmliche Schlacht war, siehe das Nähere bei Nocholl a. a. O. Seite 46—84,
woselbst
auch
eine
genaue Karte über die Züge und Aufstellungen der
beiden streitenden Heere.
Nur ein Punkt werde hier näher berührt.
Man hat dem Kurfürsten
.Mangel an Einsicht und militärischem Scharfblick vorgeworfen, weil er der
Ansicht war,
daß Turenne im Sinne habe,
anstatt
über Belfort durch
einen der näher gelegenen Vogesenpässe, so über Markirch, den Einmarsch ins Elsaß zu erzwingen.
kunft im Ober-Elsaß die
Der Kurfürst ließ nämlich gleich nach seiner An von
den
Franzosen noch behauptete Festung
Breisach blockiren und die Pässe der Vogesen besetzen und behielt stets ein wachsames Auge auf den Paß von Markirch. Dom Calmet, der Beschreiber der Geschichte Lothringens, welcher genauen Quellen zu folgen scheint, berichtet, daß Turenne wirklich versucht
hat, gerade bei
genannter Stadt durchzubrechen.')
s’etant ainsi rendu
inaitre de tonte
Er sagt:
la montagne
Turenne
depuis Sainte
Marie aux Mines jusqu’ a Luxen, tenta le passage ä Sainte Marie; mais les troupes qu’il avait fait retrancher sur la hauteur,
ayant öte battues par Selbach, colonel d’un regiment de dragons de Lorraine, qui avait 6t6 commende avec les troupes de Lune-
bourg; Turenne s’avanca dans la Bourgogne par Luxen, continua sa marche sans resistance par Befort et entra ainsi en Alsace. Nach dieser Darstellung hatte der Kurfürst allen Grund, die Vogesenpässe sorg
fältig bewachen zu lassen. In Bezug auf das Treffen bei Türkheiin sind folgende Aktenstücke
von Werth:
I. Anszüge aus den Civilstaudsregistern
der Stadt Türk
heim vom Jahre 1674 und 1675.
1) aus
dem Todtenregister,
2)
aus dem Taufbuch,
3)
aus dem
Ehebuch.
II. Auszug aus den Acta capitularia
des St. Martins
stiftes zu Colmar vom 29. Dezember (alten Stiles) ab.
Diese Protokolle sind gleich den Anmerkungen der Türkheimer Civil-
*) Histoire de Lorraine de Dom Calmet, VI, Nancy 1757, p. 668.
gegen Frankreich 1674—1675.
51
standsbücher dadurch wichtig, daß sie uns Einzelheiten über die Züge und Kämpfe der beiden Armeen aufbewahrt haben. Der Verfasser der Protokolle des St. Martinsstiftes, der Dekan in damaliger Zeit, war den Branden burgern nicht gut gesinnt, daher ist sein Urtheil über den Kurfürsten hart und übertrieben. Die Verwerthung und Richtigstellung dieser Auf zeichnungen aus den Akten des Stiftes siehe bei Rocholl a. a. O. Auch vergleiche dessen Edition des „Götterboten Merkur" a. a. O. Seite 152 in Bezug auf die Zeitstimmen, welche über die verunglückte Kampagne Frie drich Wilhelms laut wurden. III. Ein Schreiben eines Amtmanns Jundt (wo er wohnte, ist nicht gesagt) an die Straßburger Rathsherren. Derselbe berichtet gleich den meisten verbürgten Nachrichten, daß die Franzosen im Treffen von Türkheim größere Verluste, als die deutsches Truppen, erlitten haben. I.
Auszüge aus den Civilstandsregistern der Stadt Türkheim in der Nähe von Colmar, betreffend das Gefecht von Türkheim am 5. Januar 1675. 1) Aus dem Todtenregister: Anno hoc 1674 ad declivem annum in rnehse Novembri ex inferior! alsatia ascenderunt ad has partes superiores Caesariani milites, circa Colmariam Brandenburgenses, commorantes ad ingredientem annum 1675. Et quinto Januarii aliqua caedes ad prata molendinis vicina et ad uineas, hinc Galli erant, illinc Caesariani. Non ita magna clades, tarnen recessere Caesariani. Interea qui ciui inesse (offenbar statt interesse) debebant tanquam clam sine consultatione senatoria abibant, unde miseria paulatim praeualebat, imo tatalis (für totalis) per 10. et plures dies spoliatio omnimoda, liberrima, ut taceam älia, nec Ecclesia secura nec coemiterium . . . . d (die fehlenden Buchstaben sind nicht mehr zu erkennen) ovis sine Pastore. Ego quidem Parochus perduravi per 7 dies, donec quasi omnes discessi. Redibam tarnen interea, innistus (innixus?), providens ... ab Febr. i ter um coepi omnino hie residere. Oremus . . . Aus dem Taufregister: Annus 1675 miserabilis, tanquam prae omnibus in vicinia Thüringhemianis’. ’—- Tantus Kal. Januarii tumultus militaris, ut ne e cathedra legerem 8. Euangelium, praevaluit magis miseria 5. Jan. cum inimici sibi exercitus hic in pratis et vineis essent vicini.
Der Feldzug des Großen Kurfürsten
52
6. Jan. Abcessere hinc tacite Summarii nulla dispositione relicta: inde regimini, functioni necessariae immiscere valebat nemo. Ed paulatim res et miseria excreuit, ut sequeretur liberrima, omnimoda ad 10 et plures dies spoliatio per totam civitatem, ut Ecclesiae quidem non parceretur. Optimc omnia optimus vertat Deus, aufugientibus tanquam omnibus, tandem 11. Januarii et ipse recessi parochianos misellos aliquos, qui hie remanserant aliquoties visitans, subsidium ferens, ad 14. dies, redux baptizans sequentes ä Kal. Febr. etc.
5. Jan. quo ipso die conflictus inter Gallos aggredientes et Qaesarianos fuit in uicinis pratis, et prope molendinum ad 8. Symphorianum (ex parte Caesarianorum maxime Brandeburgenses, Linenburgenses, Saxones) peperit Anna Maria Rappeneckerin uxor Jo. Jacobi Hueber: in necessitate obstetrix Maria Surin baptizauit prolem Joannen», et sine completis vivere desiit etc. 3) In dem Liber matrimon., Ehebuch der Stadt Thüring-
heim,
steht
als
Anmerkung
vor
dem Jahre 1675 Folgendes:
Den
5. Tag 1675 gab es hier ein groß Scharmützel zwischen den Kayserlichen
und den Franzosen. gelagert und
Die Kayserlichen waren bey Lageln hinter dem Bach
wohl verschantzt,
an
keinen Angriff gedacht.
Da kam es
aber, daß der Marschall mit mehreren von seinen Soldaten von
oben
her längs und am Fuß der Berge, weder Frost noch Schnee scheuend, durch Schluchten und Hecken, wie durch Hexerei oder Teufelsdienst an der oberen Brück erschien,
sich mit großer List, Hast, ohne Blutvergießen der
Stadt bemächtigte und mit Vorposten besetzte; da dieß die Kayserlichen vernahmen, rückten sie mit starker Macht heran, den Feind zurückzutreiben. Das Zusammentreffen hatte in der Cappel und
Symphrion statt und
in der Mühle beym
in den umherliegenden Matten und Reben, dort
gings während 4 Stunden bis gegen Anbruch der Nacht sehr heftig zu.
Es fanden dort sehr viele Soldaten, von beiden Seiten, den Tod.
Man
wußte lange nicht wo der Sieg, bis endlich sich die Kayserlichen zurückzogen. In dieser Stadt gieng es
alsdann grausam
zu.
Während mehr denn
14 Tagen wurden täglich viel geraubt und gemordet mit Flüchen, Gott-
tästern
und
allerley
Schandthaten.
Mutter, sogar die Kirche nicht.
Man verschonte
weder Kind noch
gegen Frankreich 1674—1675.
53
II.
Auszug aus den Acta capitularia des St. Martinsstiftes zu
Colmar, betreffend das Gefecht von Türkheim, am 5. Januar (neueren Stils) im Jahre 1675 (Fortsetzung vgl. Seite 37).
Den 29. dito (d. i. December) sind die Kayserlichen Völker von den Frantzosen vor Mülhausen bey Brunstatt unversehens überfallen, zer
streut, geschlagen und ihnen große Beuthen abgejagt worden.
Darauf sich
der Ueberrest nacher Colmar reterirt. S. 145. Den 31. Decembris 1674 hat sich die gantze allirte Reichsarmee
vor Colmar auf dem Feld gegen Hattstatt und Egißheim angefangen
und
zusammenziehen
ahn
biß
lagern, deren Läger von der Statt (d. i. Colmar)
den Hattstattischen Berg sich
ahn
erstreckt.
Wurde auch
bei
St. Peter (d. i. da, wo jetzt das Kaiserl. Lyceum ist) und St. Catharin (da, wo das jetzige Militär-Hospital sich befindet) Stück auf geführt. Ist
also dieses Jahr nach dem Newen Calender mit Forcht, Angst und Noth geendet worden.
Gott, der Herr, verleihe uns das newe angehende Jahr
friedsam.
S. 145.
1675.
Zinstag
(d.
i.
Dienstag) ahn
dem h.
Newenjahrestag St. Novo
(d. i. Stylo novo, also am 1. Jan.) ist die gantze allierte Reichsarmee auß dem Egißheimer (nämlich Feld) aufgebrochen und über den Mühlbach hinab ins vnder-Colmarer feld in den Galgenstrang (da, wo die jetzige
Kavallerie-Kaserne ist und nördlich von ihr) sampt aller bagage gezogen, vnd
von dem Rappendantz ahn
(da, wo jetzt der neue Kirchhof liegt,
3 Kilometer nordöstlich von Colmar) ahn den Mühlbach biß gegen Türk heim sich
gelegert,
ahn
vielen Orthen ahn dem Mühlbach lauffgräben
auffgeworfen, die flüchten in Feld verderbt, vnd alle Rebstecken in der
selben gegend verbrennt, auch viel Reben abgehauwen, vnd also einen un schätzbaren Schaden der gemeinen Bürgerschafft zugefüegt.
Den 3. January 1675 haben die Brandenburgische, sampt etlichen
Commissarien
auß der Statt mir, dem Dechant, meinen Fruchtkasten in
der Dechaney zum 3ten mahl visitirt, vnd alle darauf befindende früchten auffgeschrieben:
auch
hat
der
mir
einquartierte
General-Adjutant
ein
Mahlenschloß neben dem meinigen ahn den Fruchtkasten gehenckt, aber den
5. dito freiwillig wiederum davon genehmen. Freytag den 4. Jan. 1675. sischen Armee
Weil Mons. Turenne mit der frantzö-
auß dem Burgund je länger je necher hin zurückte,
vnd
Rusfach, darinnen noch viel Brandenburgische vnder dein Cominando des
Der Feldzug des Großen Kurfürsten
54
Obersten von Bonsdorff lagen, einnahmen, wurden alhie mit stücken drey loßschütz gethan, darauff alles in allarni gerathen, vnd die gantze allierte Reichsarmee von dem Rappendantz
ahn biß
nacher Türckheim ahn den
Mühlbach sich in völlige battallien vnd schlachtordnung gestellt vnd deß
findts (d. i. Feindes) ankunfft, aber mit Schrecken und schlechter Chourage erwartet. Sambstag den 5. dito.
Bmb Mittag sahe man
die Frantzösische
Vortruppen von Herlissen (Herlisheim) vnd Egißheim (Egisheim) anmarchiren, vnd zogen ahn dem Geburg hinab biß Vedultzheim (Wettolsheim)
vnd Wintzenheim (Winzenheim).
Vmb
3 Uhren
nachmittag haben
die
Frantzosen aufs denen Türckheimer Matten bey Türckheim die Kayserlichen angegriffen vndt vmb 4 Uhren die selbige aus der Statt Türckheim ver
trieben.
Ist ein scharf Gefecht Vorgängen vnd hat biß in die nacht hinein
gewährt, sind beiderseits viel, mehrere aber auff der frantzösische» Seithen
geblieben.
Alhie in der Statt (Colmar) hat man dem Gefecht zugesehen
vnd alle schütz hören können.
Nach vergangener diser rencontre
haben
sich beide armeen, die Frantzösische ahm gebürg von Wedoltzheim ahn biß
nacher Türckheim,
die Kayserliche
aber von dem Rappendantz
ahn
ahn,
dem Mühlbach hinauß biß in Bentzen gelagert, in welchen beiden lager
auß der Statt viel tausend feührer (d. i. Feuer) gesehen worden; wahr schön anzusehen.
Vnderdeßen noch Vormitternacht haben die Brandenbur
gische alle Ihr Bagage, sampt der eingelegten Guarnison eilendts
ab
führen lassen.
Vmb Mitternacht ist der Churfürst zu Brandenburg mit seiner armce
auffgebrochen vnd spöttlich auß dem Feld auff Straßburg hinab eilendts
marchiert, deine die Kayserliche vnd der vbrigen allierten armee auß Noth zwang volgen müssen, wan sie den Frantzosen nicht haben in den Händen bleiben wollen.
Sonntag den 6. hujus in ipso festo Trium Regutn, Morgens
frühe ist Companie Frantzösischer Rentier in die Statt kommen,
haben
noch viel Kayserliche vnd Brandenburgische angetrosfen, vnd selbige gefäng
lich angehalten. Vmb 11 Uhren ist Mons. Marchei de Turenne selbsten hereinkommen und bei den Herren dominicanern meß gehörth, aber als
bald widerum heraußgeritten.
Vnderdessen ist
Türckheim totaliter außge-
plündert vnd die Einwohner aldorten sehr übel tractirt worden.
Es sind
auch alsbald etliche Compagnien von der Guarde in die Statt gelegt
worden.
Diesen Tag wegen großen tumults ist kein Predig und Ambt ge
halten worden.
Ich aber der decanus, auff den Mons. Marchall de
Turenne warttend hab erst vmb halber zwölff Uhren Meß gelesen. Den 7. dito haben die Frantzosen die Intestina Ihres Herrn General-
gegen Frankreich 1671—1675.
leutenant
(d. i. Marquis de Foucault), so
55
in dieser Rencontre er
schossen worden, bey den H. Dominicanern begraben, bey welcher begräbnuß alle glocken im Münster (d. i. das St. Martins stift) widerum zum
ersten mahl geleiithet worden. Jan. 13. Eben dieß geschah mit einem kaiserlichen Feldprediger auf dem Oelberg; sowie
den 15. und 19. mit 2 franz. Officiers bei den Augustiner».
Schreiben des
Amtmanns
III. Jundt
an die Rathsherren zu
Straßburg d. 28. Dezember 1674. Inhalt: Jundt berichtet über den Abzug der deutschen Armee nach dem Treffen bei Colmar.
Straßburger Stadtarchiv 1276. — Original, Unterschrift. Frey. Reichs hochedelgeborene, gestrenge u. s. w. Herren. Ew. Gnaden werden zweifelsohne bereits wissend sein, daß vorgestern
Abends eine rencontre zwischen beiden Armeen nahe bei Collmar fürgangen und zwar mehr
auf der französischen
Seite sollen geblieben sein.
als der Alliirten
Es hatten aber die Alliirten sich gestern
mit Consternation heruntergezogen und der Churfürst diese Nacht sich selbst
in Schlettstadt begeben, und soll zwar verlauten, als ob sie daselbst noch etwas stehen werden bleiben, man glaubt aber gänzlich, daß sie sich eiligst bis an Straßburg retiriren tverden, daß also die Franzosen Collmar wieder
besetzen und oberhalb allenthalben Meister seyen
(folgen Privat
nachrichten) unterthänigst gehorsamer
I. Jundt.
28. Decembris 1674. (In verso) Churfürst von Branden burg zieht sich von Collmar und
gegen Straßburg.
V.
Der Rückzug aus dem Elsaß. Historische Uebersicht: In der Nacht vom 5. auf den 6. Januar,
also kurz nach dem Treffen von Türkheim, beschloß der Kurfürst Friedrich Wilhelm, mit seinem Heere aufzubrechen
und das Elsaß zu verlassen-
(Ueber die Beweggründe hierzu vgl. Rocholl a. a. O. Seite 85 folg.)
Er
sah de» kaiserlichen Feldherrn Bournonville infolge von dessen räthsel-
Der Feldzug des Großen Kurfürsten
56
haftem Auftreten für einen Verräther an.
Turenne verfolgte das ab
ziehende Heer nicht, sondern begnügte sich nur damit, ein Kavalleriekorps
zur Beobachtung
seines
Feindes
abzuschicken.
Mehrere Ortschaften des
Oberen Elsaß wurden von den Franzosen geplündert und verheert. Colmar gerieth unter den Händen derselben in eine gar traurige Lage?) Zur Geschichte des Rückzugs des Heeres der Verbündeten, nament
lich der Brandenburger, gehören folgende Dokumente: I. Auszug aus dem Protokoll der Dreizehner 1674 — 1675.
Aus diesen Aufzeichnungen ist zu
ersehen,
daß,
obwohl das
ganze
Elsaß, ja ganz Deutschland wie Europa nach dem verfehlten Feldzug der Verbündeten den Kurfürsten Friedrich Wilhelm mit Schmähungen und
Anklagen überhäuften und ihm allein die Schuld an dem unglücklichen Resultat beilegten, die freie Reichsstadt Straßburg dem Hohenzollern doch
die alte Hochachtung nach wie vor bezeugte.
Wir finden in dem Pro
tokoll der Dreizehner, also in der sichersten und hauptsächlichen Geschichts
quelle damaliger Zeit, keine Spur von Vorwurf und Anklage gegen den Brandenburger, vielmehr fehlt es nicht an Zeichen großen Vertrauens und aufrichtiger Verehrung. In gleicher Weise wie früher stand auch nach dem Treffen von Türkheim der Kurfürst mit Straßburg in Verhandlung in
Betreff der Verpflegung seiner Armee und in Bezug auf die Sicherstellung
der Reichsstadt. ziehenden,
Straßburg schickt seine Klagen über die Unbilden der ab
gleichsam auf der
Flucht
begriffenen deutschen Truppen an
Friedrich Wilhelm und dieser giebt den Rathsherren die Versicherung, daß
kein Unheil ihnen geschehen soll.
Als Grund für das gänzliche Verlassen
des Elsasses und der Heimkehr nach Brandenburg läßt der Kurfürst der Reichsstadt melden, daß die Schweden in sein Land, in die Mark Branden
burg eingefallen waren.
(Ueber die Tragweite dieses Ereignisses und den
Grund des Kurfürsten siehe Rocholl a. a. O. Seite 89.)
Bei dem Abzug
giebt Friedrich Wilhelm den Straßburgern das Versprechen,
Zukunft nicht ermangeln werde, ihnen seine Gnade und erweisen.
daß
er in
seine Dienste zu
Für den Leichenkondukt des Prinzen Carl Emil stellen die
Straßburger alles zur Verfügung, was in ihren Kräften in jener unruhigen Zeit stand. Höchst interessant ist, daß die Calvinisten die Gelegenheit wahr
nehmen wollten, den Kurfürsten zu bewegen, ihnen in dem
lutherischen
i) Die vor Kurzem im Stadtarchiv zu Colmar aufgcfundenc Kollektion französischer Briefe, welche auf die Ereignisse nach dem Treffen von Türkheim Bezug haben, beweist, welche große Kontributionen die Franzosen den Colmarern auserlegten (Allaires militaires — Campagne de 1675 en Alsace — correspondance).
gegen Frankreich 1674—1675. Straßburg die freie Ausübung ihres Glaubens
57
und ihres Gottesdienstes
zu gestatten.
Daß Türen ne sofort nach seinem Siege begann, Straßburgs Bürger vor jeder weiteren Allianz mit den Deutschen zu warnen, geht aus dem
Protokolle ebenfalls hervor.
II. Bericht des Württembergischen Kirchenschaffners Chemnitius. Dieser Bericht ist
ein Beleg dafür,
daß
die Franzosen nach dem
Abzug der Deutschen das elsässische Volk keineswegs mit Wohlthateu be
dachten, sondern durch Aengsten und Plagen hart Mitnahmen.
darüber auch
Siehe
das Protokoll des St. Martinsstiftes Seite 595, welches
berichtet, daß Türkheim totaliter ausgeplündert worden ist, ebenso die Türk heimer Standesregister Seite 51. (Vgl. hierüber Rocholl a. a. O. Seite 91.)
Der Bericht des Kirchenschaffners giebt noch Einzelheiten über den Zug
Turenncs nach dem Treffen von Türkheim,
also
nach
dem ' 5. Januar
1675 an. III. Brief des Stadtvogts und der Räthe von Rappoltsweiler vom 16. Januar 1675.
Dieser Brief berichtet Einzelheiten über das Verhalten Turennes nach
dem Treffen von Türkheim.
I.
Auszug aus dem Protokoll der Dreizehner. 1674—1675. Mittwoch,
den 30. Xbris 1674, hora rd“ pomor. M.
g. HH.
die XIII. Seite 795.
Die Herren Deputirten zu Ihrer Churf. Dicht,
zu Brandenburg,
Herr Stättmeister Zorn und Herr Ammeister Brackenhoffer lassen per
Herrn Dr. Schrägen referiren, sie hätten sich heute um 11 Uhr hinaus
nacher Jllkirch begeben um Ihrer Churf. Dlcht. unterthänigst aufzuwarten, aber dieselben nicht angetroffen, sondern daß Sie zu Erstein wären ver nommen.
Dieweil sie aber erfahren, daß Prinz Hermann von Baden und
ein junger Herzog von Würtemberg zu Gravenstaden seyen,
so hätten sie
die schuldige Aufwartung bei denselben verrichtet und Sie um Hülfe, daß
die daselbst kampirten Reichsvölker nicht so großen Schaden thun möchten (gebeten).
Es sey ihnen auch zwei Schreiben von Ihrer Churf. Dlcht.
zu Brandenburg, das eine durch einen brandenburgischen, das andere aber durch einen hiesigen Trompeter eingeliefert worden; in dem ersten bericktet Ihre Churf. Dlcht.,
daß Sie wegen der Völker vor hiesiger Stadt und
in dero Dorfschaften liegen,
die
Sache mit der Generalität überlegen
58
Der Feldzug des Großen Kurfürsten
wollten, M. g. Herren sollten sich nur noch ein paar Tage gedulden, sollte In dem anderen begehren Sie, daß
ihnen kein Unheil zugefügt werden.
man von den herabmarschirenden Völkern keinem den Paß verstatten wolle,
es wäre denn, daß er einen Paß von der Generalität vorweiset.
Erkandt:
Solle noch heute Ihrer Churs. Dicht, geantwortet werden, daß die großen Jnsolentien, welche die herabziehenden Völker verüben, bewöglich und um»
stündlich remonstrirt,
um die Abschasfung derselbigen aus
M. g. HH.
territorio gebeten und das bereits angelegte Verbot, daß man sie nicht über den Rhein lasse, solle kontinuirt werden.
Seite 803. Herrn Syndikus Frid referirt:
Es
hätte der Herr Geheimrath
Meinderts ihm ein Schreiben von Ihrer Churs. Dicht, an M. g. HH. zugestellt, liest dasselbige ab dieses Inhalts, daß Sie Ihre baggagc auf das Schleunigste über den Rhein gehen lassen und M. g. HH. ersucht
haben wollen, Jhro beförderlich darzu zu erscheinen, und referirt ferner, es habe Herr Meinerts auch sonsten ein und anderes angebracht, als nämlich 1) daß die Becken (Bäcker) allhier gar ein Geringes an Brod geliefert,
SJi. g. HH. möchten
sie
doch zu mehrerer Lieferung anhalten,
wäre nur noch um ein paar Tage zu thun,
2) dieweil Sie etwa» bis in
6000 Pfund Früchten übrig hätten, ob M. g. HH. dieselben bis auf fernere
Verordnung in Ihre Verwahrung nehmen wollten,
deliberationibus
bei der
Stadt in Vorschlag komme;
Generalität
auch
3)
daß unter anderen
die Conservation hiesiger
man werde allhier deswegen eine Konferenz
halten und wann M. g. HH. dabey etwas anzubringen hätten, dasselbige gern
anhören.
Es
werde die Generalität doch,
wenn man
zusammen
kommt, begehren, daß Jemand von Ak. g. HH. der Conferenz beywohnen
sollte.
Erkandt:
Wegen
des Brods
solle Herr XV.
Becken befehlen, ihr möglichstes zu thun.
Gröneiscn den
Die Früchte können wohl allhier
in Verwahrung genommen werden, und solle der Konferenz, wann sie allhier
angetreten werden, Jemand aus M. g. HH. Mittel beywohnen und seind zu solchem Ende deputirt worden Herr Stättmeister Böckel, Herr Amr.
Brackenhoffen und Herr Syndikus Frid. Seite 803. Der regierende Ammeister bittet um Ausweisung, wann der Churfürst
von Brandenburg als auf den heyligen neuen Jahrestag zwischen der Kirche, wann die Thore zu seind, herein wollte, wessen er sich zu verhalten habe.
Erkandt: Solle Herr Mainerts darüber besprechen, ob Ihre Churs. Dlcht. morgen herein koinmen werde vernommen und ihm dabey bedeutet werden,
daß an den Sonn- und Festtagen die Thore allhier zwischen der Predigt zu seyn und nicht geöffnet werden können.
gegen Frankreich 1674—1675.
59
Seite 803. Den 2. Januarii 1675.
Die Herren Deputirten
zu den Churf. Brandenburgischen
lassen per Herrn Consiliarium Friden referiren, darinnen bestanden,
erhalten, daß
daß Ihre Churf. Dicht.,
die Schweden in
Räthen
es sey das Anbringen
nachdem Sie die Nachricht
dero Land
wirklich eingefallen,
sich gemässigt befunden, Ihre Völker wiederum zurttckzuziehen und
dieselbigen
brauchen.
zur defension Ihrer
eigenen Lande zu
ge
Ihre Churf. Dicht, hätten nicht ermangeln wollen M. g. HH.
pari davon geben und denselbigen für allen bishero bezeugten guten Willen Dank sagen zu lassen mit der Versicherung, daß Sie M. g. Herren alle Genad zu erweisen niemalen ermangeln werden, mit angehäugtem neuen Jahreswunsch.
Nachdem
nun
die Herren Deputirten
sowohl
für
beschehene Kommunikation als auch gethane Offerte und abgelegten neuen Jahreswunsch gebührenden Dank gesagt und es ad referendum genommen,
hätten Sie,
die Herren Räthe,
ferner angebracht,
wie daß Ihre Churf.
Dicht, auch in eommissioQ gegeben hätten wegen der allhier wohnen
den Calvinisten*) mit M. g. HH. zu reden und denselbigen zu Gemüth zu führen, wie beschwerlich denselben falle, daß sie ihr exercitium religionis nicht allhier in der Stadt hätten, Ihre Churf. Dicht, hätten nicht unter
lassen können, dieses ihr Anliegen M. g. HH. bester Maßen zu recommeu-
diren.
Sie,
die Herren Räthe verhofften
auch,
es
würden
die Herren
Deputirte M. g. Herren das Werk der Gestalt hinterbringen wollen, daß es nicht ohne Frucht abgehe; es hätte Herr Meinderts auch einen Befehl, 1) „Die ausgezeichneteren unter den straßburgischen Theologen hatten schon im 17. und so auch im 18. Jahrhundert nach ihren Studien auf der vaterländischen Universität, die Hochschule zu Wittenberg besucht, diese Burgfeste des orthodoxen Lutherthums, und brachten von dorther ihren rechtgläubigen Eifer, aber auch ihr unerschütterliches Festhalten an diesem Glauben unter schwerer Versuchung. Wenn Wittenberg im 17. und noch im Anfang des 18. Jahrhunderts das Zion der lutherischen Kirche genannt wurde, so möchte man Straßburg das Moria derselben heißen, denn kaum mag eine Stadt sein, wo der Gottesdienst so häufig gehalten und befugt ward. Beide, Wittenberg und Straßburg, galten lange für die orthodoxesten lutherischen Universitäten, und die Gutachten der straßburg-theologischen Fakultät standen in hohem Ansehen." Mit diesen Worten beschreibt der elsässische Kirchenhistoriker I. W. Röhr ich den kirchlichen Geist, welcher damals unter den Straßburgern herrschte und dem Calvinismus kein Recht, sich fröhlich zu entfalten, einräumte. Die Hauptgeistlichen des lutherischen Straßburg im 17. Jahrhundert, Dr. Joh. Schmidt und Dannhauer waren von Herzen fromm, aber herb gegen Katholiken und Calvin ist en. Daraus ist erklärlich, daß die Calvinisten die Hülfe des Kurfürsten von Brandenburg in Anspruch nahmen, um das exercitium re ligionis zu erlangen. (Vgl. Rohrich, Mittheilungen aus der ev. Kirche des Elsasses. Paris und Straßburg, Treuttel, 1855. 2. Bd. S. 289.)
Der Feldzug des Großen Kurfürsten
60
mit den Herren Geistlichen davon zu reden.
Die Herren Deputirten hätten
hierauf zu verstehen gegeben, dieweil Herr Mainerts in Kommission habe,
mit den Herren Geistlichen davon zu reden,
danken zuvörderst zu erwarten haben. darauf geantwortet,
so würde man derselben Ge
Nachdem
aber Herr Mainerts
daß es zwar an dem sei, daß die Herren Geistlichen
M. g. HH. hätten ja das jus episcopale
die Sache schwerer machten,
und könnten es denselbigen per modum communicationis andeuten lassen, darauf sich auch die Baseler, daß dieselbigen den Lutheranern auch ihr cxcrcitium religionis verstatteten, berufen, so hätten die Herren Deputirten
es ad referendum genommen. Bei dem Abschied habe der Herr Mainerts
auch wegen der Früchte Anregung gethan und es dahin gestellt, daß die selbigen,
wann man es begehren würde,
gelten würden, verkauft werden möchten.
in dem Preise,
was sie alsdann
Wegen der Kranken habe er auch
gebeten, daß denselben jenseits des Rheins ein paar Häuser assignirt werden
möchten; nachdem ihnen aber die Unmöglichkeit repräsentirt worden, dabey acquiescirt.
Herr Dr. Schräg sagt:
Wegen der Calvinisten sei es eine Sache,
welche inter dilatoria gehörig;
wegen der Früchte könnte ihnen zu ver
stehen gegeben werden, daß sie jemanden allhier bestellen sollten,
welcher
dieselben auf Begehr verkaufen könne. Herr Syndicus Frid vermeint, man sollte nochmals für beschehene
gute Offerte Dank sagen und wegen der Calvinisten die Sache in suspenso lassen; die Früchte könnten wohl liegen bleiben, wo sie feind, bis man sie
verkauft. — Der regierende Herr Ammeister folgt mit der Erinnerung ob nicht den Calvinisten, welche dergleichen Ansuchen thun,
wären.
es zu inhibiren
Erkandt: den Herrn Consulenten mit beschehener Erinnerung gefolgt.
Seite 822. Den 3. Januar 1675. Herr Syndicus referirt:
Als Herr Güntzer M. g. HH. intention,
was bei Monsr. de Turenne anzubringen wäre, daß er nämlich bedeuten solle, daß seine beiden Schreiben M. g. HH. sehr erfreulich gewesen, indem
sie seinen guten Willen daraus ersehen hätten und deßwegen seine Erklärung,
wie er an der Rhein-Schantz und demselbigen Paß liegende Kreis-Völkern zuvorkommen verlangt, angefügt worden, habe derselbige berichtet, daß der Herr von Kanitz Churf. Brandenburgische Oberhofmarschall ihm zu erkennen
gegeben,
daß man Vorhabens wäre,
Abführung des
Churfürstl.
bis nächsten künftigen Mittwoch die
Leichnams
anzustellen
und
convivium zu halten und M. g. Herren auch dazu zu berufen.
er,
Herr Güntzer, gefragt,
zwar
ein
Und als
ob es mit sonderlicher Solennität geschehen
werde, habe er ihm zur Antwort gegeben,
er hätte einen Befehl,
Alles
gegen Frankreich 1674—1675.
61
anzunehmen, was man dem Churprinzen zur letzten Ehre thun wolle, auch gar mau ihn mit Kutschen hinaus begleiten wollte, werde derowegen von Nöthen sein, daß man davon rede, was etwan zu thun sein möchte. Erkandt: an die verordneten Herren gewiesen.
Seite 825. Den 4. Januar 1675.
Die Herren Scholarchen proponiren, es verlange der allhier sich be findende Churs. Brandenburgische Oberhosmarschall, Herr von Canitz, daß wegen Abführung des Churprinzlichen Leichnams
ein Programm affigirt
Erkandt: Soll eins verfertigt und affigirt werden.
werden möge.
Dienstag, den 5. Januarii 1675.
hora 7ma. Der regierende Herr Ammeister ersucht M. g. HH. sich morgenden
Tags
bei dem Leichenkondukt des Brandenburgischen Churprinzen einzu
finden. --------------- — Turenne (so berichtet der Straßburger Abgesandte) habe in Gemar
zu ihm gesagt:
wie er die an dem Keeler Paß liegenden Kreisvölker an
sehe, und ob er dieselben für Feinde halte? Er, Mons, de Turenne, habe
darauf gleich gefragt, ob solche Völker M. g. HH. mit Pflichten zngethan
und unter dem Kominando wären,
und als er, Herr Güntzcr,
mit „Ja"
geantwortet, habe er sich ferner vernehmen lassen,
es sei gut; wann ein
anderer als er mit M. g. Herren zu thun hätte,
so würde er jetzund
ihnen
alle Freundschaft aufsagen,
aber sein humor
sei nicht
also, es sei nunmehr au dem, daß er den Feind aus dem Lande
getrieben er verlange
und viel Gefangene von demselben bekommen habe; anjetzo nur von M. g. HH. zu wissen,
wann er aus dem
ob sie einige Parteien von den Alliirten zu ein oder zwei tausend Mann herüberlassen wollten oder nicht? Wann sie keine Par Lande gehe,
teien — denn die völlige Armee wüßte er Wohl,
daß sie nicht unterstehen
könnte — herüberlassen wollten, so sollten M. g. HH. von den ©einigen kein Leid widerfahren; wann sie es aber thun, so würde er gezwungen werden, seine Leute an die Pässe zu legen, die Stadt einzu
schließen und derselben alle Commercien abzuschneiden. Den 9. Januarii 1675.
Idem (Syndicus)
referirt ferner,
es hätten die Brandenburgischen
HH. Räthe die schwarzen Tücher, so in dem Dettlingischen Hof gebraucht werden, den Armen auszutheilen überlassen, stellte dahin, wohin solche M.
g. HH. employiren wollten.
Erkandt: Soll bei HH. Räthen unter XXL
62
Dcr Feldzug des Großen Kurfürsten
notificirt,
auf den Zünften umgekündigt
nnd
selbige hernach
durch den
Schaffner zu St. Marc distribuirt werden.')
II. Bericht des Württembergischen Kirchenschaffners Chemnitius. (Fortsetzung vgl. Seite 40.) Indessen ist das Treffen vorgegangen bei Türkheim, aber etliche Tage
zuvor
ließen
die Brandenburgischen alles Stück und Munition aus dem
Schloß Horburg ab
und nach Straßburg führen zu Wasser.
nach obigem Treffen,
Tags früh Morgens,
Folgenden
als Chur-Brandenburg mit
seiner Armee in der Nacht Colmar quittirt und schleunigst zu Straßburg, wieder
das
über
Reihn
ging, kommen
Schloß Horburg,
die
französischen
Marodeurs
vor
worin vorgemeldeter Döler mit Johann Mayr,
einem Jhro Durch!. Gardes, kommandirten, bemächtigten sich des Schlosses,
ermeldeter Mayer wurde in den Schenkel geschossen,
H. Pfarrer Binder
nnd Döler wurden nackent ausgezogen und alles was im Schloß war, rein ausgeplündert, so doch leicht hätte können erhalten werden.
Als nun andern Tags,
nach erwähntem Treffen, die ganze allierte
Armee ihre Quartiere quittirt hatte und nach Straßburg sich gezogen, sind
die Franzosen denselben gefolgt und sich in und um Ostheim mit der Reiterei gelagert, haben sich selbige häufig hier vor dem Unterthor postirt
und auch mit Gewalt in die Stadt gewollt,
woraus Johann Kneyel und
ich uns resolvirt zu Mons. M. de Touraine zu reiten, indessen aber be
fohlen die Thore wohl zu verwahren und Niemand in die Stadt zu lassen, bis wir wieder zuruck gekommen.
Trafen also Mr. de Touraine unter
wegs von Axen (d. i. Egisheim) bis Colmar an,
der uns gleich neben
sich allein reiten ließ, bis nach Osten (d. i. Ostheim) und alles ansgefragt, was wir wüßten von der Bundes- und deutschen Armee,
nachgehends be
fohlen Niemand in Reichenweyer einznlassen ohne seine schriftliche Ordre. Indessen war unsern Leuten hier und besonders den im Schloß sehr bang,
bis wir wieder zurückgekommen, weil die Franzosen mit Gewalt anfangen wollten.
Als wir aber wieder zurück gekommen, haben wir diese Burschen
bald gestillt und Keinen eingelassen, und wir hatten, hinaus gegeben, hier,
wie zu Horburg
gegangen.
sondern um ihr Geld was sie begehrt
wo wir uns gesammelt hatten,
war es
Diese Conservation hat Reichenweyer
uns beiden gedankt. !) Das Kollegium der 21, bestehend aus 8 Mitgliedern der XIII und 10 ans den XV und 3 gewöhnlichen Bürgern, hatte die Aufgabe, dem Senat der Stadt rathend und helfend bei Seite zu stehen. Vgl. Schöpflin-Ravenez a. a. O. S. 129.
gegen Frankreich 1674—1675.
63
Hier manches Pferd und Vieh den Bauern in der Graf- und Herr
schaft ich danials den Unterthanen erhalten und wieder bei den Officiercn zu Wege gebracht, ist bekannt, dafür ich mehr nicht als Dank noch gckrigt.
Anno 1675 im Januar legte man zum ersten Mal eine Compagnie Franzosen zu Pferd hier ins Winterquartier, Etat-Major.
sammt Mr. de Vaubrnn,
Der Comp. hieß Alexander, ein Mömpelgarter, welcher ein
groß Geld für den Etat-Major erpreßte, so mich mein Theil ziemlich ge
kostet,
und hat man mich als Fürstl. Bedienten keine Freiheit in Kriegs
anlagen (wie die jetzigen) eingemacht
frcigclassen.
Als nun die Winter-Ernte halb
war, marschirt Mr. de Touraine
mit seiner Armee durch
Ober-Elsaß hinab, bis unter Reinau oberm Rhein.
Er wurde aber nach-
gehcnds mit noch 2 ander» Generalpersonen mit einer Stück-Kugel er schossen und die französische Armee mit ziemlichem Verlust wieder genöthigt, ihren Rückmarsch ins Elsaß zu nehmen.
III. Brief des Stadtvogts und der Räthe von Rappoltsweiler
an die Pfalz-Sponheimischen Räthe zu Bischweiler d. d. Rappoltsweiler d. 16. Januar 1675. Inhalt: Bericht über den Marsch des französischen Heeres nach dem Treffen bei Türk
heim und über die bedrängte Lage der Ortschaften.
Colmarer Bezirksarchiv. E. 655.
Original, Siegel.
Unsern freundlichen Dienst und Gruß zuvor, Edel, Best und Hoch gelehrte, besonders geehrte liebe Herren und freunde!
Wir haben derenselben schreiben vom berichten
daneben,
daß,
Xbris,
empfangen,
nachdem der Alliirten Armsen am Sontag den
6. dieß st. n. sich nach er Schlettstatt retiriret, ist Herr General-Leutenant Monglas mit 3000 Pferden denenselben biß an den Landgraben nach gegegangen, und hat selbigen Abend auf dem Feld zwischen Gemar und Berck-
heim sich gestellet,
da sie biß auf den Dienstag stehend geblieben.
Herr
General-Mareschal von Turenne aber, der gemelten Sontag in Collmar
ankomnien, und von da nacher Egißheim gezogen, dem wir gemelten Dienstag
den Hofschafner,
nachdem derselbe montag abends von gedachtem H. Ge
neral-Leutnant Monglas auf dessen begehren man etwas Habern und brodt von hier hinauß gegeben,
wiederkommen,
entgegengeschicket,
welche Ihre
fürstl. Gnade bey Jngersheim angetroffen, und nach Ueberreichung unseres
ihm milgegebenen schreibens alle gnädige Vertröstung empfangen, mit denen Worten, wir dürften uns allhier nicht fürchten, würden in Consideration
Ihrer Dicht, unseres
gnädigsten Fürsten und Herren verschonet
und so
Der Feldzug des Großen Kurfürsten gegen Frankreich.
64
sicher, ihm
als
in Paris sein.
alles Guten
1674—1675.
M. le Comte de Roye hat sich auch gegen Darauf haben Ihre fürstl. Gnaden wieder
anerboten.
zu dem Hauptquartier nacher Egisheim gewendet, sein aber folgenden Mitt woch abends mit der Armee herabgerücket, haben selbigen
abend das
haubtquartier in Gemar mit viel Völker zu Pferd und Fuß auch 8 Re
gimenter in Berckheim logiret, genommen und einen von Ihren gardes zu Salvaguardi herein geschickt, seien biß Dato daselbsten verblieben, Mon-
glas
aber mit der Avantgarde nacher Schlettstadt vorausgehen lassen.
Weil sie nun also in der nähe verharret, ist deroselben von hiesiger Statt
ein Küchen praesent durch mehr besagten Hofschaffner berürten Donnerstag übersendet und wol angenommen worden.
Wir hatten montags zuvor auch
einen Boten mit schreiben an H. Intendanten nacher Breysach geschickt, welcher aber geantwortet, daß er uns hierinnen nicht helfen fönte, und uns an höchst ernannte Ihre fürstl. Gnaden gewiesen, derselben kommen.
Man
weil er noch nicht zu
hat hiesiger Statt bißhero keine einquartirung
zugemuthet, aber etliche kranke Officierer hereingeleget, Losameut und Futter auf ihre Pferde zu geben,
auf begehren etwas
Generals-Personen jeweilen victualien zugeseudet.
welchen nur das
wird auch den Herren
am wein, Habern
Es ist Täglich ein großer Zulauf der Völker,
allhie ihre Nottürftigkeiten
und so
einzukauffen begehren, in solcher Menge, daß und hat der Salvagardi
Sie nicht alle herein gelassen werden dörffen,
genug allhie zu wehren, daß kein Lärmen entstehe, bleiben deren viel vor der niederen Porten in den Garten-Häußlein über nacht, nicht ohne schaden der gärten und Reben, in welchen hiesige Leute nicht sicher arbeiten können. Gemar und Zellenberg
werden
gänzlich ruinirt.
Gott steure dem Ver
derben in gnaden und helfe den armen Leuten! Das Schloß und Stättlein
Weiler in St. Gregorienthal sein auch geplündert,
und der Ambtschreiber
Spenner daselbsten biß auf das hembd auß gezogen worden.
Ergeben uns
schließlich allerseits Göttlicher gnaden beschirmung und verbleiben beständig Unserer geehrten Herren
. dienstwillige fürstl. Pfalzgräfl.
Rappoltsweiler den 16.
Stattvogt nnd Räthe.
Januarii 1675.
Denen Edel, Best und Hochgelehrten fürstl. Pfaltz-Sponheimischen Räthen Zu
Bischweiler, unseren besonders geehrten lieben Herren und freunden
Straßburg.