Der Feldherr 9783205157618, 9783205782124


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Der Feldherr
 9783205157618, 9783205782124

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MAX BRAUBACH • P R I N Z E U G E N V O N S A V O Y E N BAND II

Prinz Eugen von Savoyen

MAX BRAUBACH

Prinz Eugen von Savoyen Eine Biographie

Band II

Der F e l d h e r r

VERLAG FÜR GESCHICHTE UND POLITIK • WIEN

© 1964 by Verlag für Geschichte und Politik, Wien Schutzumschlag und Einband: Maria Wessely, Wien Druck: R. Spies & Co., Wien

INHALTSVERZEICHNIS Verzeichnis und Nachweis der Abbildungen Fünftes K a p i t e l : S I E G I N D E U T S C H L A N D

8 9

Vielfache Aufgaben

11

1. Erzherzog K a r l nach Spanien — Verhandlungen mit Savoyen — Bündnis mit Victor Amadeus — Feldzug in Süddeutschland 1703, Vereinigung von Bayern und Franzosen — Gegenmaßnahmen Eugens — Niederlage Styrums bei Hödistädt — Ausbreitung des Aufstandes in Ungarn — Eugen in Preßburg — Organisation des Hofkriegsrats — Heeresreform — Rüstungen — Üble Finanzlage — Vergeblicher K a m p f — Schlechte Aussichten für 1704

12

2. Appell an Kaiser und König — Erschließung neuer Geldquellen — Maßnahmen für Ungarn und Italien — H i l f e für Savoyen — „Postritt" in das Reich — Wratislaw — M a r l borough — Planung für den Feldzug 1704 — Einigung zwischen Wratislaw und Marlborough — Entscheidung über Einsatz Eugens — Besorgnis und Zuversicht

34

3. Marlboroughs Zug nach Süddeutschland — Schwierige Verhandlungen mit dem Markgrafen — Erstes Treffen Eugens mit Marlborough — D i e drei Feldherrn in Groß-Heppach — Eugen am Oberrhein — Französische Bewegungen — M a ß nahmen Eugens — Unbefriedigende Entwicklung an der Donau — Eugens Zug vom Rhein zur Donau — Pläne der Verbündeten — Marlborough eilt Eugen zu H i l f e — Schlacht bei Höchstädt — Bedeutung des Sieges — Weitere Operationen — Belagerung von Landau — Vertrag von Ilbesheim — Eugen in Bayern

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Sechstes K a p i t e l : S I E G I N I T A L I E N

85

V o n Deutschland nach Italien

87

1. Vorgänge in Ungarn 1704 — Victor Amadeus in Bedrängnis — V o r w ü r f e Guido Starhembergs — Eugen und die Lage in Italien — Neue Schwierigkeiten in Wien — Die „Mansfeldische F a k t i o n " — Wieder K a m p f um die Macht — Drohung des Rücktritts — Aufbruch nach Italien — T o d Kaiser Leopolds — Erste Maßnahmen Kaiser Josephs

88

2. Lage in Italien Frühjahr 1705 — Vormarsch über Brescia — An Oglio und Adda — Schlacht bei Cassano — Abbruch des Vorstoßes nach Piemont — Rückmarsch an den Gardasee — Ergebnis des Feldzuges 1705 — Abberufung Guido Starhembergs — Ungarn 1705 — Aufstand in Bayern

111

3. Klagen Eugens Ende 1705 — Eugen in Wien Anfang 1706 — Kaiser Joseph I. — Des Kaisers Umgebung — Fürst Salm — Seilern und Sinzendorf — Wratislaw — Wratislaws und Eugens Gegensatz zu Salm — Marlboroughs Wirken für I t a lien — Verhandlungen Eugens in Wien — Vorbereitungen des Feldzuges 1706 — Verzögerter Aufbruch nach Italien — Vergeblicher Vorstoß gegen Salm

128

6

Inhaltsverzeichnis 4. Gefecht bei Calcinato — Hilferufe aus Piemont — Gelungene Passage der Etsdi — Vormarsch südlich des Po — Treffen mit Victor Amadeus — Schlacht bei Turin — Einzug in Mailand — Operationen in der Lombardei — Kapitulation der Franzosen in Oberitalien 5. Mailand und Mantua in kaiserlicher H a n d — Schwierige Ordnung in Oberitalien — Um die Ansprüche Victor Amadeus' — Eugen Generalgouverneur des Stato di Milano — Verhandlungen mit Victor Amadeus — Eugen in Mailand

Siebentes Kapitel: A N G R I F F G E G E N F R A N K R E I C H

.

168

.

181

Tod Ludwig Wilhelms, Eugen Reichsfeldmarschall . . . . 1. Karl X I I . von Schweden in Sachsen — Um die Verwendung Eugens 1707 — Neapel und Südfrankreich — Zug Dauns nach Neapel — Mißerfolge in Spanien und Deutschland — Vorbereitungen des Angriffs auf Südfrankreich — Vormarsch gegen Toulon — Kämpfe um Toulon — Rückmarsch nach Piemont — Bruch mit Victor Amadeus — In Mailand — Ergebnis des Feldzuges 1707 — Angebot der Krone Polens 2. Ernennung zum kaiserlichen Generalleutnant — AuseinanderSetzungen mit Salm — Frage des Einsatzes Eugens 1708 — Ablehnung des spanischen Kommandos — Guido Starhemberg nach Spanien — Um neues Zusammenwirken mit Marlborough — Eugen in Hannover — Im Haag. Eugen und Heinsius — Haager Beschlüsse April 1708 — Eugen und Marlborough in Hannover — Wieder in Wien, letzte Vorbereitungen 3. Fahrt an den Rhein — Täuschung des Kurfürsten von H a n nover — Der Armee voraus nach den Niederlanden — Eugen im Hauptquartier Marlboroughs — Schlad« bei Oudenaarde — Eugens Anteil am Sieg — Um die weiteren Operationspläne — Angriff auf Lille — Belagerung von Lille — Verwundung des Prinzen — Krise im Lager der Verbündeten — Schwierigkeiten des Nachschubs — Kapitulation der Stadt Lille — Scheitern feindlicher Bewegungen — Fall der Zitadelle von Lille — Eroberung von Gent und Brügge — Über den Haag nach Wien

183 185

Achtes Kapitel: VERPASSTE FRIEDENSCHANCE?

.

151

. . . .

Hybris der Sieger? 1. Hilfsmaßnahmen für Spanien — Entwicklung in Ungarn 1708 — Konflikt mit dem Papst — Sicherung von Mailand und Mantua — Intrigen um das Mailänder Generalgouvernement — Kandidatur des Herzogs von Modena — Niederlage des Fürsten Salm — Frage der Nachfolge Salms — Eugen in Wien Anfang 1709 — Einsetzung der Geheimen Konferenz 2. Französische Friedensangebote — Eugens Einstellung zum Frieden — Wiener Konferenzen über die Friedensbedingungen — Haltung von Eugen und Wratislaw — Fahrt Eugens nach dem Haag — Skepsis gegenüber dem Friedenswillen Frankreichs — Torcy im Haag — Haager Friedensverhandlungen — Leben Eugens im Haag — Verhandlungen mit Torcy

205

226

253 255 256

275

Inhaltsverzeichnis — Entwurf des Präliminarfriedens — Kritik in Wien, Ablehnung in Versailles — Beurteilung der Haltung Eugens — Verantwortung für die Fortsetzung des Kriegs 3. Ziele des Feldzuges von 1709 — Eröffnung des Feldzugs — Eroberung von Tournai — Marsch auf Möns — Schlacht bei Malplaquet — Problematik des Sieges — Ergebnis des Feldzuges 1709 — Hintergründe der Niederlage von Rumersheim 4. Hoffnung auf den Frieden — Kaiserliche Friedenspolitik 1709 — Rücktritt Salms — Eugen und Wratislaw an der Spitze der Regierung — Um die holländische Barriere — Neue Instruktionen für den Haag — Eugen für Politik der Stärke — Neue Verhandlungen im Haag 5. Veränderte Lage in Wien — Aussichten für 1710 — Stellung zu den Verhandlungen in Gertruidenberg — Bedenkliche Vorgänge in England — Vorkehrungen für das Kriegsjahr 1710 — Wendung im Nordischen Krieg — Mißtrauen gegen Preußen — Mission Eugens nach Berlin — Besuch in Berlin Anfang April 1710 — Erfolg Eugens in Preußen — Wieder im Haag — Scheitern der Friedensverhandlungen — Schuld Eugens? 6. Sorge für Spanien und das Reich — Eröffnung des Feldzuges in den Niederlanden — Belagerung von Douai — Vergebliche Bewegungen gegen Arras — Belagerung von Bethune — Kritik an der Kriegführung — Schwerer Kampf um Aire — Enttäuschendes Ergebnis des Feldzuges — Vorgänge am Rhein und in Spanien — Möglichkeit eines Auseinanderfalls der Allianz — Des Prinzen politische Haltung — Nordische Neutralität — Umschwung in England — Stützungsversuche für Marlborough — Verhandlungen im H a a g Ende 1710 — Mageres Ergebnis 7. In Wien Anfang 1711 — Sorgen um Norden und Osten — Sorgen um Spanien — Militärische Sorgen — Umschwung zum Bessern — Beruhigung in Ungarn und Italien — Marlboroughs neue Beauftragung — Neue Friedensfühler aus Frankreich? — Abreise Eugens aus Wien

7

299

316

328

350

379

Anmerkungen Zum fünften Kapitel Zum sechsten Kapitel Zum siebenten Kapitel Zum achten Kapitel

395 413 441 458

Karten Kriegsschauplatz Süddeutschland Kriegsschauplatz Oberitalien Kriegsschauplatz Niederlande .

497 498 500

VERZEICHNIS UND NACHWEIS DER ABBILDUNGEN 1

Prinz Eugen, Gemälde von Johann Kupezky

2

John Churchill, Herzog von Marlborough, Gemälde von Gottfried Kneller

. . . .

Titelbild 72

3

Die Sdilacht von Höchstädt, Stidi von Jan van Huchtenburg .

72

4

Graf Johann Wenzel Wratislaw von Mitrowitz, Gemälde von Gottfried Auerbach

73

5

Kaiser Josef I., Grisaille

96

6

Kaiser Karl VI., als König Karl I I I . von Spanien, Schabblatt von John Smith nach einem Gemälde von Gottfried Kneller .

97

7

Graf Guido Starhemberg, Kopie eines Gemäldes um 1700

.

112

8

Louis Joseph Prince de Vendome, Stidi von Etienne Desrodiers

113

9

Prinz Eugen, Schabblatt von Stephan Maystetter

152

10

Die Sdilacht von Turin, Stich von Jan van Huditenburg .

.

.

11

Prinz Eugen, Bleistiftskizze aus der Zeit nach der Einnahme von Mailand, 1706

152 153

12

Graf Wirich Daun, Schabblatt von Christoph Weigel

13 14

Graf Siegbert Heister, Sdiabblatt von Christoph Weigel . . . Karl Theodor Fürst Salm, Schabblatt von Christoph Weigel nach einem Gemälde von Franz von Stampart Leopold Matthias Fürst Lamberg, Gemälde

208 209

16

Kurfürst Georg Wilhelm von Hannover, Sdiabblatt von John Smith nach einem Gemälde von Johann Leopold Hirschmann

216

17

Die Sdiladit von Oudenaarde, Stich von Jan van Huchtenburg

216

18

Kurfürst Johann Wilhelm von der Pfalz, Sdiabblatt von Elias Christoph Heiß nadi einem Gemälde von Jan Franz Douver

217

19

Antoni Heinsius, Stich von K. Pothoven nach einem Gemälde

15

von G. v. d. Eikhout

. . .

.

192 193

297

20

Die Sdiladit von Malplaquet, Stidi von Jan van Huditenburg

297

21

Winterpalais des Prinzen Eugen mit dem Einzug einer türkisdien Delegation am 9. April 1711, Stich von Johann Adam Delsenbach nadi einer Zeichnung von Johann Bernhard Fischer von Erlach

298

Vorlagen für die

Abbildungen:

Besitz Fürst Ladislaus Batthyany-Strattmann, Wien: Abb. 1; Bildarchiv der österreichischen Nationalbibliothek, Wien: Abb. 2, 5, 6, 7, 8, 9, 12, 13, 14, 15, 16, 18, 21; Ceskoslovenskä Akademie Ved — Ustav pro Teorii a Dejiny Umini, Prag: Abb. 4; Heeresgeschichtliches Museum, Wien: Abb. 3, 10, 17, 20; Ikonographisdi Bureau, Den Haag: Abb. 19; Storia di Milano X I , 1958: Abb. 11.

Fünftes Kapitel SIEG IN DEUTSCHLAND

Mit der Ernennung zum Präsidenten des Hofkriegsrats im Juni 1703 war der Prinz von Savoyen zum kaiserlichen Minister geworden, war ihm zugleich die ganze Leitung und Organisation des Heerwesens des Habsburgerreichs zugefallen. Er hatte das Recht und die Pflicht, an den geheimen Staatskonferenzen teilzunehmen, er mußte dem Kaiser Vortrag halten über alle militärischen Angelegenheiten, über die Bestimmung der Generäle, über die Beförderung der Offiziere, über die Bewegungen der Armeen und Regimenter, über die Lage auf den verschiedenen Kriegsschauplätzen, über die Pläne, die man dort verfolgen könnte, und über die Kräfte, die man dazu brauchte, er hatte mit anderen dafür zuständigen Ministern zusammenzuwirken oder sich auseinanderzusetzen über die Stellung von Rekruten und Remonten durch die verschiedenen Länder und über die Finanzierung der Kriegsmacht, über ihre Verpflegung und ihre Ausrüstung usw. War der Leiter einer der wichtigsten Hofstellen damit nicht an den Hof gebunden, war seine ständige Anwesenheit an der Zentrale nicht unbedingt geboten, schon um den Kaiser rasch beraten und zu Entschlüssen bringen und um allenthalben, wo es nötig war, eingreifen zu können, mußte sein Platz fortan nicht statt im Sattel des Pferdes am Schreibtisch und im Sessel der Konferenzzimmer sein? So war das Amt denn auch seit Montecuccoli von seinen Vorgängern aufgefaßt und gehandhabt worden, von dem Markgrafen Hermann von Baden und von Ernst Rüdiger Starhemberg und erst recht von Mansfeld. Knapp ein Jahr ist auch Prinz Eugen ihrem Beispiel gefolgt, mitten in einem großen Kriege ist er in diesem einen Jahre 1703 in keinem Feldlager erschienen — zum Mißfallen seiner alten Waffengefährten in Italien, aber auch in eigenem, sich immer mehr steigerndem Unbefriedigtsein. Daß er dann doch vom Kaiser sich wieder hinausschicken ließ, hat ganz gewiß für die gesamte Kriegführung Österreichs auch manche Nachteile nach sich gezogen, ja seine Abwesenheit vom Hof, an dem er dann ein Jahrzehnt lang persönlich seine Meinung nur in den Wintermonaten vertreten konnte, hat in mancher Beziehung verhängnisvoll gewirkt. Und doch ist es so, daß Österreich kaum gerettet, sicher aber der

12

Sieg in Deutschland

Kaiserstaat nicht zu so machtvoller Entfaltung gelangt wäre, wenn der neue Hofkriegsratspräsident nicht zugleich Feldherr geblieben und an den jeweils entscheidenden Stellen wieder die Führung der Armee übernommen hätte.

1. Die Entwicklung, die der Spanische Erbfolgekrieg in dem Jahre nahm, in dem der Prinz zum ersten militärischen Berater des Kaisers berufen wurde, kann man als geradezu paradox bezeichnen. Der Haager Allianz Österreichs und der beiden Seemächte, der sich auch das Deutsche Reich als Gesamtheit und einzelne seiner Teile, wie die Assoziation der vorderen Kreise und der zum preußischen König gewordene Brandenburger, angeschlossen hatten, traten noch weitere Fürsten Europas bei, während gerade die Macht, für deren Rechte man gegen Frankreich den Schild erhoben hatte, in größte Gefahr geriet. In denselben Maitagen 1703, in denen mit dem Tode des Hofjuden Oppenheimer in Wien der Kredit des Hauses Habsburg in finanzieller, zugleich aber auch in moralischer und politischer Beziehung einen schweren Stoß erhielt, vereinbarten im fernen Lissabon der englische und der kaiserliche Gesandte mit König Pedro von Portugal ein Bündnis zwischen den Seemächten und Portugal, denen die inzwischen erfolgte Angliederung des spanischen Reichs an die französische Macht aus wirtschaftlichen und politischen Gründen untragbar erschien; gemeinsam wollten sie den jungen Bourbonenkönig aus Madrid verjagen und an seine Stelle den jüngeren Sohn des Kaisers, Erzherzog Karl, setzen 1 ). Und im September, als der neue Hofkriegsratspräsident, wie wir noch sehen werden, voll Bitterkeit das Scheitern seiner Bemühungen um die Kräftigung von Heer und Staat befürchtete, wurden in der Wiener Favorita feierlich vom Kaiser und seinem älteren Sohn Joseph alle Rechte auf die spanische Monarchie auf den Erzherzog übertragen, der, nunmehr bereits als König K a r l I I I . von Spanien geehrt, wenige Tage darauf die Reise nach Holland antrat, um zu Schiff nach Portugal zu fahren und von dort aus sein Königreich zu erobern: an all dem ist Prinz Eugen kaum beteiligt gewesen, wenn wir auch in einem Brief an Guido Starhemberg vom 19. September die Entschuldigung lesen, daß ihn „die heutige Abreise

Erzherzog Karl nach Spanien

13

des neu deklarierten Königs in Spanien" hindere, eigenhändig zu schreiben2). Immerhin mag er schon damals eingeweiht worden sein, daß von jener Zession insgeheim das Herzogtum Mailand und die Markgrafschaft Finale bei Genua ausgenommen worden waren 3 ). Wie genau aber wußte er, daß man hier über Länder Bestimmungen traf, an deren Eroberung in absehbarer Zeit kaum zu denken war! Und doch gewann man in demselben Italien, in dem Brescello am 26. Juli kapitulieren mußte und Guido Starhemberg sich „in einem kleinen Winkel" auf beiden Seiten des Po nur deshalb halten konnte 4 ), weil Vendome sich mit seiner Übermacht gegen Tirol wandte, auch einen neuen Bundesgenossen, indem ausgerechnet der Fürst, der durch seinen Abfall von der antifranzösischen Allianz entscheidend zu dem für Ludwig XIV. noch einigermaßen günstigen Ausgang des letzten Krieges beigetragen hatte, nunmehr wiederum die Front, aber in entgegengesetzter Richtung, wechselte. Hier, im Falle seines Vetters von Savoyen, war Eugen ganz anders interessiert, als bei der portugiesischen Sache. Victor Amadeus war, wie wir sahen, im Grunde nur sehr ungern bei dem plötzlichen Ubergang der Herrschaft in Spanien und in Mailand auf Philipp von Anjou dem Druck der Bourbonen gewichen und in ein Bündnis mit ihnen getreten. Seitdem hatte er sich in seinen Hoffnungen, daß man ihm die Statthalterschaft der Lombardei übertragen werde, enttäuscht gesehen — nur den Erwerb des Montferrat nach dem Tode des Herzogs in Mantua stellte man ihm in unsichere Aussicht — war es zu ständigen Verstimmungen zwischen ihm und den französischen Heerführern und Diplomaten gekommen 5 ). Er hatte stets Anlehnung an die Seemächte gesucht, zu ihnen, aber auch zu ihrem österreichischen Verbündeten, sind schon im Laufe des Jahres 1702 von Turin insgeheim Fäden geknüpft worden. War nicht trotz des Ärgers, mit dem man sich im Jahre 1696 getrennt hatte, der wieder die kaiserlichen Truppen in Italien kommandierende Prinz Eugen der geeignete Vermittler? Aus einem vertraulichen Brief, den Eugen aus dem Feldlager am 25. September 1702 an den Hofkriegsrat Locher richtete, ergibt sich, daß er nicht nur von den „vermeinten Traktaten" mit dem Herzog wußte, obwohl man sie vor ihm geheimgehalten, sondern daß er offensichtlich von bestimmten Stellen in Wien sondiert worden war, ob er dabei mitwirken könne; er wollte sich dazu

14

Sieg in Deutschland

auch „gar gern gebrauchen lassen", stellte dabei freilich eine für ihn bezeichnende Bedingung: „Gleichwie es aber eine sehr heikle und gefährliche Sache und ich nicht allein befreundet bin, sondern eben von diesem Hause herstamme, also werde auch hierinfalls keinen Zug tun, noch mich eher und bevor gebrauchen lassen, bis nicht von Ihrer Kaiserlichen Majestät einen expressen Allergnädigsten Befehl diesfalls erhalte und anbei positive beordert und instruiert werde, in was und wie weit midi diesfalls einzulassen habe" 6 ). Offenbar ist dann aber keine entsprechende Weisung erfolgt, und überhaupt stellte es sich heraus, daß der Meister des Doppelspiels in Piémont noch keineswegs entschlossen war, das unzweifelhafte Risiko des Frontwechsels in einer Zeit auf sich zu nehmen, in der seine bisherigen Verbündeten militärisch über den größten Teil Oberitaliens geboten. Bis zum August 1703 finden wir in Eugens Korrespondenzen keinen Hinweis mehr auf Verhandlungen mit dem Savoyer, und doch dürfte er zum mindesten eingeweiht gewesen sein, als man sich in Wien im Mai dahin entschied, den Grafen Leopold Auersperg nach Turin zu senden, um dort gemeinsam mit dem Engländer Sir Richard Hill Angebote zu machen: seit dem Juli hat Auersperg sich mit Wissen des Herzogs als „Monsieur Constantin" in der Nähe Turins in einem Jagdhaus und in einer Villa des früheren savoyischen Gesandten in Wien, Prié, aufgehalten, doch hatte es zunächst nicht den Anschein, als ob er, der Victor Amadeus außer dem Montferrat einige lombardische Grenzdistrikte in Aussicht stellte, sein Ziel erreichen würde 7 ). Gerade der neue Hofkriegsratspräsident, der, wie er am 21. August an Guido Starhemberg schrieb, zusammen mit drei anderen Ministern vom Kaiser mit dem Gebot strenger Geheimhaltung über die Entwicklung der Dinge auf dem laufenden gehalten wurde, war keineswegs optimistisch: noch im Oktober meinte er zu Starhemberg, daß der Herzog, dessen Undurchsichtigkeit und UnZuverlässigkeit ja bekannt sei, Auersperg bisher nur mit bloßen Hoffnungen „amüsiert" und derartige Bedingungen gestellt habe, „daß man gar weit noch voneinander, infolge nichts weniger als der Sachen Sicherheit hat" 8 ). Doch da kam eine überraschende Nachricht: der Verdacht, den man auf der Gegenseite gegen den unzufriedenen Bundesgenossen hegte, hatte sich auf Grund unvorsichtiger Äußerungen seemächtlicher Diplomaten derart verstärkt, daß Ludwig XIV. schon im Juli Vendôme Vollmacht gegeben hatte, ihn unschädlich

Bündnis mit Victor Amadeus

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zu machen, und der französische Marschall hatte Ende September die in einem Lager bei San Benedetto befindlichen piemontesischen Truppen entwaffnen lassen und in Turin die Auslieferung von zwei Festungen gefordert. „Hier", so kommentierte Eugen am 18. Oktober dieses Ereignisses, „wissen wir noch nichts, aber wenn jetzt der Vertrag mit dem Herzog zustandekommt, so verdanken wir das den Franzosen, und es wäre eines jener Mirakel des Hauses Österreich, denn ich bin überzeugt, daß der Herzog nicht entschlossen war, mit uns abzuschließen; alle Tage erhob er neue Forderungen, die man nidit annehmen konnte, und das, nachdem man ihm alles, was er verlangte, bewilligt, ja Auersperg seine Instruktionen erheblich überschritten hatte, so daß man von einem Ergebnis viel weiter entfernt war als am ersten Tag des Beginns der Verhandlungen" 9 ). Inzwischen aber hatte er selbst die kaiserlichen Weisungen an Auersperg zu rascher Ausnutzung der Lage mit einem eigenhändigen Schreiben an den Vetter begleitet, an dessen Spitze er in bemerkenswerter Form seiner Überzeugung von der Unvereinbarkeit der Politik des Sonnenkönigs mit der Freiheit und Unabhängigkeit der übrigen Fürsten und Staaten Europas Ausdruck gab: „Das heftige und überstürzte Vorgehen der Feinde läßt Eure Königliche Hoheit und alle Fürsten Europas deutlich genug erkennen, wie wenig man einer Nation trauen kann, die ohne Rücksicht und Achtung für andere nur an ihr eigenes Interesse und an jene Universalmonarchie denkt, an deren Errichtung sie seit so langer Zeit arbeitet." Es ist die Wiederaufnahme eines Briefwechsels, in dem uns nun erneut die Zusicherungen verwandtschaftlicher Zuneigung und Dienstbeflissenheit von einst begegnen: „Ich bin entzückt, diese Gelegenheit zu finden, um den Dienst meines Herrn mit dem für Eure Königliche Hoheit zu vereinigen, in der festen Hoffnung, daß bald beide ein- und dasselbe geworden sind" 10 ). Und so schien es in der Tat. Schon am 7. Oktober hatte Victor Amadeus sich von den Bourbonen losgesagt, sein Volk gegen sie aufgerufen, die Waldenser zu neuer Erhebung ermutigt und sich an die Schweizer um Überlassung von Regimentern gewandt. Seinerseits hatte auch er dem Vetter in Wien geschrieben, und dann kam am 3. November Eugens alter Freund Tarino als Träger eines zwischen dem Herzog und Auersperg vereinbarten Bündnisentwurfes an: sofort hat er, der zum vorläufigen Gesandten am kaiserlichen Hofe bestimmt war, den savoyischen Prinzen auf-

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Sieg in Deutschland

gesucht, in dem er, wie er in seinem ersten Bericht seinem Herrn mitteilte, den lebhaftesten Eifer zu enger Zusammenarbeit fand 11 ). Der Prinz hat dann auch seinen Einfluß dahin eingesetzt, daß das Bündnis, das am 8. November in Turin von Auersperg und den savoyischen Ministern San Tommaso und Prié unterzeichnet und von den Seemächten garantiert wurde, die kaiserliche Ratifikation erhielt 12 ). Wie großen Ärger ihm persönlich künftig die Auslegung und Erfüllung der territorialen Zusicherungen des Vertrages an den Herzog bereiten sollten, konnte er damals nicht ahnen. Sofort aber mußte ihm die Bestimmung Sorge bereiten, wonach in kürzester Frist zu 15 000 von den Seemächten zu unterhaltenden Piemontesen 20 000 Mann kaiserlicher Truppen stoßen sollten, um die herzoglichen Lande vor der drohenden französischen Überflutung zu bewahren. War er berechtigt gewesen, in jenem ersten Brief an den Vetter von einer kaiserlichen Unterstützung zu sprechen, die zu der begründeten, ja fast sicheren Hoffnung berechtigte, daß man bald die Feinde zu bitterer Reue über ihr unerhörtes Verhalten treiben werde? Schon einen Monat später hat der Herzog ihm vorgehalten, daß zu seinem großen Kummer bisher alle seine unablässigen Bitten um Hilfe nur geringen Erfolg gezeitigt hätten 13 ). Es gab nicht nur diesen Kriegsschauplatz, für den er zu sorgen hatte. Wenn hier in Italien der Gewinn eines selbst in schwerer Klemme steckenden und auf die ihm gewordenen Versprechungen stürmisch pochenden Bundesgenossen vorerst eher eine Erhöhung und Verstärkung als eine Verminderung von Lasten und Gefahren mit sich brachte, so erforderte die Bedrohung, in die man in den kaiserlichen Landen selbst geraten war, ja noch weit mehr sorgenvolle Aufmerksamkeit und Anstrengungen. Gegenüber Bayern und Franzosen hatte man nicht an Angriff denken, sondern nur schleunigst Abwehrmaßnahmen treffen können: die Reichsarmee des badischen Markgrafen hatte sich in den Linien von Stollhofen und Bühl gesammelt, an die Nordwestgrenze von Bayern war ein Korps von noch nicht 10 000 Mann unter dem Grafen Limburg-Styrum detachiert worden, während der Feldzeugmeister Graf Schlick mit rund 25 000 Mann die Deckung Österreichs übernahm. Schon im März und April 1703 war es zu mannigfachen Bewegungen und Kämpfen zwischen Passau und dem zeitweise von Max Emanuel besetzten Regensburg gekommen, der bayrische Kurfürst hatte

Feldzug in Süddeutsdiland 1703

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dann bei Donauwörth Stellung genommen, um die Franzosen des Marschall Villars zu erwarten, und diesmal gelang die Vereinigung, die man im Vorjahr nach der Schlacht bei Friedlingen verschoben hatte: die Reichstruppen hatten es nicht verhindern können, daß Villars den Rhein überschritt, daß er sich der Schanzen von Kehl bemächtigte und daß er endlich den Schwarzwald überquerte und im Mai bei Tuttlingen dem Wittelsbacher die Hand reichte14). Als Ludwig Wilhelm darauf mit einem Teil seiner Armee an die Donau zog, um gemeinsam mit Styrum Franken und Schwaben zu decken, faßte man im feindlichen Lager den Beschluß, in Tirol einzudringen und über den Brenner die Verbindung mit Vendome herzustellen. Während Villars, der sich — zum Glück für die Kaiserlichen — mit Max Emanuel schlecht verstand, die Rückendeckung an der Donau übernahm, bemächtigte sich der Kurfürst in denselben Wochen, in denen sein Freund von einst in Wien die Leitung des Kriegswesens übernahm, der Grenzfeste Kufstein, Anfang Juli konnte er bereits in Innsbruck einrücken und auch die Brennerstellung besetzen15). Was für bittere Stunden muß Prinz Eugen durchlebt haben, als den Glückwünschen zu seiner Ernennung eine Hiobspost nach der anderen folgte! Er hatte schon in den vorhergehenden Monaten nicht nur in ständigem Gedankenaustausch mit Guido Starhemberg in Italien gestanden und ihm, ohne seine Handlungsfreiheit zu beschränken, seine Ratschläge zukommen lassen15), sondern auch bereits seit Anfang April eine Korrespondenz mit Schlick begonnen, um Ordnung und Koordination in die Verteidigungsvorkehrungen an den Grenzen der Erblande zu bringen17). Jetzt hat er sofort von seinen Amtsvollmachten Gebrauch gemacht, indem er von Schlicks Korps den Generalfeldwachtmeister Grafen Solari mit sechs Bataillonen zu schleunigem Marsch nach Tirol antrieb, um vor allem die Lage am Brenner zu klären und die Verbindung mit der Armee in Italien offen zu halten 18 ). Voll Entrüstung machte er den Tiroler Landeskommandanten Freiherrn von Gschwind — in den Unternehmungen des letzten Krieges gegen Casale hatte er in ihm noch einen tüchtigen General gesehen — für die unzureichenden Abwehrmaßnahmen verantwortlich: dem Kaiser schlug er seine Absetzung und eine Untersuchung gegen ihn vor, „es ist", so schrieb er erschüttert an Guido Starhemberg, „eine Schande und Erbärmlichkeit, was sich da abspielt" 19 ). Vielleicht waren es weniger die Weisungen und Mahnungen, die er 2

Braubadi, Prinz Eugen

IS

Sieg in Deutschland

Solari und dem am Brenner haltenden Guttenstein zusandte 20 ), die aus dieser schweren Krise noch einmal heraushalfen, als vielmehr das Verhalten der Gegner, das wieder einmal dem Hause Österreich zu einem „Mirakel" verhalf. Vendome war von Italien zu spät aufgebrochen. Während der Kurfürst vergebens auf ihn wartete, sah er sich plötzlich einer Erhebung der Bewohner des Inntales gegenüber, und in der Besorgnis vor einer bevorstehenden Offensive der kaiserlichen Truppen und der Abschneidung seiner Verbindungen nach Bayern und zu Villars, der ihm die Zusendung von Verstärkungen verweigerte, entschloß er sich gegen Ende Juli zur Räumung von Tirol. Man merkt die tiefe Erleichterung und Befriedigung Eugens in dem lebhaften Bericht über den sidi ankündigenden Umschwung, den er an seinen badischen Vetter schickte: „wasmaßen in Tirol nunmehr der Graf Solari mit seinem Corpo angelangt sei und das Defensionswerk wider den Kurfürsten von Bayern gegen den Brenner und selbiger Enden solchergestalten sei eingerichtet worden, daß man von selbiger Seite nichts Sonderliches zu befürchten habe, sondern vielmehr, weil das Landvolk im Oberund Unter-Inntal bereits wiederum die Waffen ergriffen und dem Kurfürsten, da selbiger eben im Anzüge war, die unserigen Vorposten auf dem Brenner anzufallen und zu bezwingen, von rückwärts alle die Mannschaft, so zu Schwaz, Hall und auf dem Zirlerpaß verlassen gewesen, niedergemacht und in Stücke zerhauen, audi alle die Brücken über den Inn abgeworfen, ja die selbst zu Innsbruck völlig ruiniert, mithin der Kurfürst zu vermeintlicher Dämpfung dieser Unruhe zurückgezogen hat, folgbar den unsererseits etwa beisammen habenden Kräften die Gelegenheit sich ergeben wird, offensiv zu agieren" 21 ). Und voll Ironie meint er am 31. Juli zu Guido: „Das ist ein schmählicher Schlag für den Kurfürsten, von einigen Bauern vertrieben worden zu sein; denn sie sind es gewesen, die ihn zu diesem überstürzten Rückzug bewogen haben, der manchmal verzweifelt nach Flucht aussah" 22 ). Es war ein Lichtblick, aber wie gespannt blieb doch weiterhin die Lage! Noch war auch Tirol — wo der an Stelle Gsdiwinds getretene eigenmächtige General Heister dem Prinzen wenig gefiel23) — nicht gesichert, denn nun erschien von Süden Vendome mit 20 000 Mann, er trieb die schwachen Deckungstruppen des Generalfeldwachtmeisters Vaubonne nach Fortnahme des Monte Baldo auf Rovereto — vor zwei Jahren Ausgangspunkt von Eugens Einfall in Italien —

Gegenmaßnahmen Eugens

19

zurück, nahm auf dem Wege nadi Trient Schloß Arco und beschoß vom 2. September an das von Solari in Verteidigungszustand versetzte Trient: ihn hat jedoch dann der Befehl seines Königs zum Vorgehen gegen den unzuverlässigen Herzog von Savoyen zum Rückmarsch genötigt, so daß Tirol gesäubert und die Verbindung mit der Armee Guido Starhembergs wieder hergestellt werden konnte 24 ). Sollte es nicht möglich sein, nun, da das Scheitern seines großen Plans und die für die Bayern so entmutigenden Umstände des Rückzugs aus Tirol Verwirrung in das Lager des Gegners getragen hatten, auch in Süddeutschland die Gefahr zu bannen? Diese Hoffnung hat wohl in der Tat Anfang September den Hofkriegsratspräsidenten erfüllt. Während Heister von Süden gegen Bayern vordrang, ergriffen von Osten der an Stelle Schlicks getretene General Reventlau und von Böhmen aus ein dem General Herbeville unterstelltes Korps die Offensive, und während Styrum den zwischen Dillingen und Lauingen stehenden Villars beobachtete, näherte sich der Markgraf von Westen dem Lechfeld. Daß es sich bei diesen Bewegungen um den erstmaligen Versuch Eugens handelt, durch konzentrische Operationen eine Entscheidung in Deutschland herbeizuführen, beweist der ausführliche eigenhändige Brief, den er am 9. September an den badischen Markgrafen richtete: es ist ein für seine strategischen Anschauungen aufschlußreiches Dokument 25 ). Rückhaltlos legte er dar, daß der Kaiser allenthalben ins Gedränge geraten war, daß man sich schwere Sorgen um die Entwicklung in Italien, im Reich, in den Erblanden und in Ungarn mache und daß man wohl gar sich auf ein Eingreifen der Türken gefaßt machen müsse. Wenn er trotz dieser aus dem Osten drohenden Gefahr zwei nach dort bestimmte Kavallerieregimenter vorerst bei dem Korps Reventlau gelassen habe, so führe ihn dabei die Überlegung, „daß, wenn wir allenthalben zur gleichen Zeit Vorsorge treffen wollen, man an keiner Stelle zur Abwehr imstande sein wird", mit anderen Worten, daß man auf eine den Schwerpunkt verlegen und hier mit entscheidender Kraft und Energie auftreten müsse. Diese erste und wichtigste Aufgabe aber war ihm die Bereinigung der Dinge in Süddeutschland, die Ausschaltung des bayrischen Kurfürsten: „So darf man nur an den Kurfürsten denken, um dann im Stande zu sein, anderswo zu handeln." Von allen Seiten gelte es gegen ihn vorzugehen, die Hauptrolle dabei falle 2*

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Sieg in Deutschland

dem Markgrafen zu, in den der Kaiser ebenso wie der römische König ihr volles Vertrauen setzten: „Alle Hoffnung beruht nur auf Ihnen. Die Aufgabe, die man Ihnen stellt, uns den Kurfürsten und Villars vom Halse zu schaffen und dann ein Detachement für Ungarn bereitzustellen, ist würdig Ihrer verflossenen Taten." Der Versicherung seines persönlichen vorbehaltlosen Glaubens an den Vetter, der ihm den Mut gebe, ganz offen zu reden, fügte er zum Abschluß noch einmal einen Appell an: „Sie müssen uns helfen, ihre ganze Zuversicht setzt Seine Majestät auf Sie, ausdrücklich hat Sie mir befohlen, Ihnen diesen Kurier zu schicken." Am Lech, so meinte er, könnte der entscheidende Streich geführt werden. Aber besaß der „Türkenlouis" noch die Spannkraft, Entschlossenheit und Autorität wie in den Tagen von Slankamen, und waren die kommandierenden Generäle der anderen Korps im Reich, auf deren Unterstützung er angewiesen war, einsichtig genug, um die ihnen gesetzte Aufgabe zu erfüllen? Hier kam es vor allem auf denselben Feldmarschall Styrum an, der 1697 Eugen bei der Bewerbung um das Oberkommando gegen die Türken unterlegen war 2 6 ). Scharfe Kritik hat aus seinem Lager in Haunsheim bei Dillingen am 14. September der Führer der ihm zugeteilten sächsischen Truppen, Johann Matthias von der Schulenburg, an seiner Planlosigkeit und seinem Eigensinn geübt und den bezeichnenden Stoßseufzer an Eugen gerichtet: „Es wäre für den Dienst des Kaisers sehr zu wünschen, daß Eure Durchlaucht sich hierhin begeben können, und wäre es auch nur für 14 Tage" 2 7 ). Eine Woche später ließ sich Styrum auf dem Vormarsch gegen Donauwörth bei Höchstädt, „als alle Generäle noch in den Betten lagen", von Franzosen und Bayern überraschen und schlagen: gab er die Verluste mit 1000 Mann an, so bezifferte sie Eugens Freund Palffy, der wie Schulenburg mit dem ihm vorgesetzten Feldmarschall wenig zufrieden war, auf 4000 2 8 ). Mit dem schwer zerzausten Korps, das sich bei Nördlingen sammelte, war an eine Verwirklichung der großen Pläne des Prinzen nicht mehr zu denken, die Niederlage machte auch eine Wirkung jenes Appells an den Markgrafen zunichte, der bei Augsburg stehen blieb. Inzwischen aber hatten Feigheit und Unfähigkeit der leitenden Offiziere die Feste Breisach am Rhein in die Gewalt der Franzosen gebracht, die sich nun auch anschickten, das im Vorjahr von dem Badener eroberte Landau wiederzunehmen. Was nutzte es, daß die Verantwortlichen für den Fall von Breisach abgeurteilt

Niederlage Styrums bei Höchstädt

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wurden 2 '), daß der Prinz von dem am Oberrhein kommandierenden Feldmarschall Thüngen Bewegungen erwartete, „um dem drobigen Stand der Sachen mehreren Pulso zu geben" 3 0 ), und daß er den ein Entsatzkorps der Verbündeten auf Landau führenden Grafen Nassau-Weilburg beschwor, gemeinsam mit der Garnison die feindlichen Absichten zu durchkreuzen 31 ). «Tout va de mal en pis», hatte er nach Styrums Niederlage an Guido Starhemberg geschrieben 32 ), und er sollte damit nur zu recht behalten. Am 15. November 1703 wurde Nassau von dem Marschall Tallard am Speyerbach zurückgeschlagen, zwei Tage später kapitulierte Landau 3 3 ). Nun mußte man um Philippsburg bangen und den Rheinübergang der Franzosen auch am Mittelrhein befürchten, womit dann, wie Eugen voll Besorgnis Thüngen vorstellte, „die Sachen im Reich ein noch gefährlicheres Aussehen nehmen dürften", ja wohl gar der Untergang des Reichs zu erwarten war 3 4 ). Und dazu kam die Ausbreitung des Aufstandes in Ungarn, zu dessen Niederwerfung man nun kein stärkeres „Detachement" aus dem Reich erwarten konnte. War es zunächst gelungen, den von Polen nach Munkäcs gekommenen Räkoczi wieder zum Abzug über die galizische Grenze zu zwingen, so erschien er bald schon wieder, und während er Szathmar und der an seine Seite getretene Graf Bercz^nyi Tokay blockierten, durchzogen Banden von Rebellen, die sich ständig vermehrten, Standarten mit sich führten und sich Truppen nannten 3 5 ), das Gebiet von der Theiß bis zu den Karpaten und beherrschten bis zum Sommer fast die Hälfte des Königreichs 36 ). An den Fingern konnte Eugen Ende Juli die Kräfte aufzählen, die man gegen sie aufbieten konnte: 600 Reiter und einige Infanterie aus Siebenbürgen, 2000 Raizen aus den Generalaten der Grenze, einige ungarische Miliz, dazu sollte dann der von Passau abberufene Schlick bei Preßburg eine Streitmacht sammeln 87 ). Die ungarischen Affären, so klagte er am 21. August Guido Starhemberg, werden sehr ernst, „und wir haben an keinem Ort ausreichende Garnisonen" 3 8 ). D a ß hinter den Malkontenten sich die Türken wieder regten, hat er in jenem Brief an Ludwig Wilhelm von Baden vom 9. September als eines der Hauptargumente für eine rasche Entscheidung im Reich angeführt; noch glaubte er, der ihr „Temperament" ein wenig kenne, nicht, daß sie vor dem nächsten Frühjahr losschlagen würden, „gewiß aber ist, daß wir vor dem Winter mit den Ungarn fertig werden müssen, sonst wird man

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auf keine Rettung mehr hoffen dürfen". Das sollte Schlicks Aufgabe sein, aber der zum böhmischen Adel gehörende, mit den Kinskys und Wratislaw verwandte General hat zeitlebens im Feld wenig Glück gehabt: nach anfänglichen Erfolgen mußte die Ende Oktober begonnene Offensive abgebrochen werden, der Rückmarsch auf Preßburg gestaltete sich sehr verlustreich, und nun schienen hier alle Schranken zu brechen, die Bergstädte gingen verloren, schon brandeten die ungarischen Scharen gegen Mähren und Niederösterreich. Nachdem man in Deutschland vergebens eine Wende der Dinge von dem persönlichen Erscheinen des Prinzen erhofft, nachdem er selbst in den letzten Monaten immer wieder erwogen hatte, dem unablässigen Drängen Starhembergs und seines savoyischen Vetters folgend nach Italien zu eilen39), sah er sich nun auf Befehl seines Herren genötigt, dort sich einzusetzen, wo er dies wohl am wenigsten vorgesehen hatte. „Nachdem", so benachrichtigte er am 12. Dezember Starhemberg, „das rebellisdie Unwesen so weit überhand genommen, daß es nunmehr an den Eingang der deutschen Erblande angedrungen, dannenhero allenthalben großer Lärm und Schrecken ist, mithin der Kaiser und König von mir verlangt haben, ich sollte mich selbst nach Ungarn begeben, also bin ich in procinctu, wo nicht diese Nacht noch, doch morgen mit anbrechendem Tage nach Preßburg zu gehen und alldort zu sehen, wie etwa die Sache zu remedieren und wenigstens das Feuer von den hierseitigen Konfinen abgehalten werden könnte" 40 ). Die Lage fand er wohl noch schlimmer, als er befürchtet hatte: wenn, so stellte er nach einer Woche fest, nicht schleunigst Hilfe gebracht werde, sei in kurzer Zeit mit dem Verlust des ganzen Königreiches zu rechnen, denn in den noch von kaiserlichen Truppen gehaltenen Plätzen gebe es weder Proviant und Munition noch genug und brauchbare Waffen, „in Summa überall ist nichts, und aus nichts kann ich audi nichts machen" 41 ). An sich hatte er das ihm hier übertragene Generalkommando nur wenige Tage ausüben wollen 42 ), schließlich ist er doch über einen Monat in Preßburg geblieben. Während er keine Zeit mehr fand, die Feder selbst in die Hand zu nehmen 43 ), gingen seine Weisungen und Mahnungen nach allen Seiten, suchte er durch königstreue Magnaten, wie den Palatin Esterhäzy und die Brüder Palffy, auf die Bevölkerung einzuwirken, leitete er auch Verständigungsversuche mit den Rebellenführern ein, von deren Aussichtslosigkeit er freilich von vornherein überzeugt war, suchte er in

Ausbreitung des Aufstandes in Ungarn

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Polen militärische Hilfe zu erhandeln, drang er auf die rasche Bestellung eines neuen Banus von Kroatien an Stelle des verstorbenen Adam Batthyäni, um mit seiner Hilfe die Unterstützung der Raizen gegen die rebellischen Madjaren zu organisieren, drang er in Niederösterreich auf die Anlage und Besetzung von Verschanzungen an der March, ließ er die Übergangspunkte über die Donau besetzen, um wenigstens das rechte Ufer vor Einfällen zu schützen, hielt er enge Verbindung mit dem in Siebenbürgen kommandierenden Rabutin, dessen „vortrefflicher Vigilanz und bishero hochrühmlich gemachten Anstalten" er dies Land „mit festem Vertrauen" überlassen zu können glaubte, trieb er den General Löffelholz an, von Arad aus das bedrohte Großwardein zu entsetzen, und bemühte er sich, das Korps bei Preßburg zu verstärken, von dessen Führung Schlick abberufen worden war und an dessen Spitze nach seiner eigenen Abreise Johann Pälffy treten sollte44). Und doch hat er nicht verhindern können, daß die Rebellen über die March in österreichisches Land einbrachen und die kaiserliche Besitzung Schloßhof niederbrannten, mußte er am letzten Tag des Jahres zugeben, „daß es mit der ungarischen Rebellion noch ein schlimmes Aussehen hat, umsomehr als bei anhaltender Kälte und mithin überfrierenden Flüssen die ferneren Excursiones zu befürchten stehen, als welche aus Ermanglung genügsamer Miliz die allerseitigen nötigen Passagen besetzen zu können man große Mühe haben wird" 45 ), hat er schließlich in Wien unumwunden erklärt, daß der ungarische Aufstand keineswegs gebändigt war, sondern im Gegenteil sich immer mächtiger ausbreitete und sein Ziel sich nicht etwa auf eine Verbesserung der Stellung des Landes im Rahmen des Reichs der Habsburger, sondern auf volle Loslösung richtete46). Mit welcher Enttäuschung mußte der Prinz in diesen düsteren Tagen des Jahreswechsels von 1703 auf 1704 auf das erste halbe Jahr seiner Tätigkeit als Hofkriegsratspräsident zurückschauen! War denn nichts besser geworden, seit er und Gundaker Starhemberg in den Ressorts des Krieges und der Finanzen die Ignoranten abgelöst hatten, deren Verdrängung von ihnen so kategorisch gefordert worden war? Von sichtbaren Erfolgen, von einer Wendung in der Kriegslage, konnte man in der Tat nicht sprechen, sie hatte sich im Gegenteil fast auf allen Kriegsschauplätzen verschlechtert. Nun war freilich zu bedenken, daß die gesamte Vorbereitung und Anlage dieses Feldzugs noch in den Händen jener anderen ge-

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legen hatten, daß überhaupt bei der gesamten Organisation des Heerwesens seit Jahren vieles im argen lag und es erhebliche Zeit dauern mußte, bis Reformen überdacht, durchgesetzt, ausgeführt werden, und noch länger, bis sie sich auswirken konnten. Eugen hat das Amt zweifellos mit dem festen Willen angetreten, nicht nur den Feldherren und Generälen seine Ratschläge zukommen zu lassen, sondern vor allem auch, so sehr ihn die Not des Augenblicks, die täglich zu treffenden Entscheidungen beschäftigten, die erschütterte Grundlage der Kriegführung zu befestigen oder neu zu schaffen, also unter Abstellung aller Mißbräuche für richtige Auswahl der Offiziere, für rechtzeitige Rekrutierung und Remontierung der Regimenter, für bessere Bewaffnung und Ausrüstung, für Sicherung von Verpflegung und Besoldung zu sorgen, mit anderen Worten, alle jene Mängel zu beseitigen, die er aus eigener bitterer Erfahrung nur zu gut kannte und deren Abstellung er in den verflossenen Jahren immer wieder vom Kaiser und von seinen Vorgängern gefordert hatte. Sicher war er sich von vornherein der großen Schwierigkeiten und Widerstände, die es dabei zu überwinden galt, bewußt gewesen. Das Ausmaß an Ärger, Enttäuschungen und Mißerfolgen, die er erleben sollte, hat er freilich wohl kaum geahnt. Und es bleibt schließlich doch erstaunlich, was er mit seinem steten Drängen, wenn nicht erreicht, so doch eingeleitet hat. Die Schwierigkeiten begannen schon bei dem Instrument, auf das er sich bei seiner Arbeit stützen mußte. Es hat nicht den Anschein, als ob der Prinz daran gedacht hat, an der Organisation des Hofkriegsrats, wie er seit dem 16. Jahrhundert geworden war, etwas zu ändern, etwa eine Neuverteilung der Ressorts und Referate oder eine Neubesetzung der Rats-, Referendar- und Sekretärsstellen vorzunehmen 47 ): das konnte er sich wohl gar nicht leisten, wenn er nicht die Unordnung und Verwirrung noch vergrößern wollte. Daß es in dieser wie in allen Behörden manche Nichtskönner, die ihr Amt nicht ihrer Fähigkeit, sondern höfischer Gunst dankten, reine Theoretiker und Zivilstrategen, zudem auch ihm persönlich abgeneigte Anhänger seines Vorgängers gab, mochte er wissen. Man erzählte, daß bei der Vorstellung des neuen Präsidenten Graf Breuner einfließen ließ, daß „dem Hofkriegsrat die Wegnehmung seines bisherigen Hauptes sehr sensibel" sei, worauf er es dann immerhin als tröstlich bezeichnete, „daß ihm ein sotaniges wieder vorgesetzt worden, dessen Verdienste der ganzen Welt

Organisation des Hofkriegsrats

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bekannt wären" 4 8 ). Mit Breuners Belassung als Generalkriegskommissar hat Eugen sich offenbar abgefunden, obwohl er früher auch gegen ihn so manche Anklage erhoben hatte, und wenn die Bestellung des Grafen Sigbert Heister zum Vizepräsidenten des H o f kriegsrats vielleicht auf ihn selbst zurückging, so sollte er, den er selbst schon im Vorjahr als einen wunderlichen K o p f bezeichnet hatte 4 9 ), ihm keine wirkliche Stütze werden. Es sind in der Hauptsache wohl drei Männer gewesen, zu denen er Vertrauen hatte: der uns als sein Korrespondent schon bekannte K a r l Locher von Lindenheim, der anscheinend damals die den westlichen und südlichen Kriegsschauplatz betreffenden Angelegenheiten bearbeitete, weiter Johann von Thiel, einst Protokollführer bei den Karlowitzer Friedensverhandlungen und nunmehr Referent für Ungarn 5 0 ), sodann Zacharias Mariophilus von Campmiller, den er dann während seines Preßburger Aufenthaltes als Mittelsmann zu Kaiser Leopold verwandte 5 1 ), und zu ihnen trat wohl auf seine Veranlassung der bisherige Direktor seiner Feldkriegskanzlei Franz Raimund von Pozzo, den wir dann mit den Aufgaben des Hofkriegsrats in Innerösterreich befaßt finden52). Sie wenigstens sind dem Präsidenten loyale Mitarbeiter gewesen, aber konnten sie in alle Stuben der Behörde frischen Wind bringen, blieb sie als Ganzes nicht doch zu schwerfällig und zu lässig, vor allem aber auch in ihren Kompetenzen zu sehr beschränkt und von dem guten Willen anderer Ministerien abhängig, um rasch und entschieden große Reformen durchführen zu können? Immerhin hat der Prinz gewissermaßen mit einem Paukenschlag ein wichtiges Reformdekret durchgesetzt. Es betraf eine ihm besonders am Herzen liegende Angelegenheit, nämlich die Ernennung der Generäle und Offiziere auf Grund ihrer Fähigkeit und ihrer Bewährung und nicht wegen persönlicher Beziehungen oder finanzieller Abmachungen. Wie die Dinge hier lagen, das hat der Markgraf von Baden dem Kaiser in demselben Schreiben vom 6. Juli 1703, in dem er auf die Mitteilung von der Ernennung des Savoyers antwortete, im Hinblick auf das Versagen der Tiroler Festungskommandanten bei dem bayrischen Einfall mit aller Schärfe gekennzeichnet: „Gott gebe, daß dieses fürderhin zur Warnung dienen möge und solche importanten Orte meritierten und experimentierten Offizieren erteilt werden mögen, ich sorge aber, man dürfte vielleicht noch wohl mehr Lehrgeld geben müssen, indem in

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allen diesen Vorlanden sich befindenden Festungen nicht alle Chargen, wie sie sein sollten, sich besetzt finden, und ist, meines Erachtens, in diesem Stück wenig Besserung zu hoffen, solange die Chargen nach Favor und von solchen bestellt werden, welchen ich zwar in anderen Sachen ihre Kapazität nicht zu disputieren gemeint bin, in militaribus aus Mangel Experienz aber nicht wohl von mehrer oder weniger Kapazität der Offiziere zu urteilen wissen, und ist meines geringen Dafürhaltens ein Irrtum und für einen Monarchen wie Eure Kaiserliche Majestät sehr gefährlich und präjudizierlich, wenn dergleichen importante Kommandos und Chargen Aufwärtern, Kammerdienern und dergleichen unerfahrenen Leuten oder solchen Offizieren aufgetragen werden, welche ihrer Infirmitäten halber besser in einem Spital als in solchen Posten aufgehoben werden" 53 ). Das war seinem Vetter in Wien aus der Seele gesprochen. Guido Starhemberg gegenüber hat er behauptet, daß ihn zur Annahme der Präsidentschaft vor allem der Wunsch bewogen habe, tüchtige und ehrenhafte Männer in den Dienst zu bringen und zu fördern und die anderen zu entfernen, überhaupt alle die verderblichen Mißbräuche gerade in dieser Beziehung zu bekämpfen 54 ). Wenigstens dem schlimmsten, dem Stellenkauf, rückte er zu Leibe. Anfang September legte er dem Kaiser in Schloß Ebersdorf ein wohl von Locher entworfenes Patent vor, zu dessen Unterzeichnung sich Leopold am 5. bereit fand 55 ). Da war zu Beginn festgestellt, „daß die Verkäufe und Erhandlungen der Kriegsstellen bei einigen Obersten und Regimentern solchermaßen in Schwung gekommen und die alte Regel und Herkommen, daß solche Stellen allein den Wohlverdienten ohne jeden Lohn, jede Bitte, Schenkung oder Vorwand einer Distinktion, sondern bloß in Betracht der langwierigen Treue und gut geleisteten Dienste, der Kriegserfahrenheit oder anderer guter Eigenschaften verliehen werden sollte, so in Vergeßlichkeit und Unachtsamkeit gefallen sei, daß bei dergleichen Regimentern nunmehr tapfere und redliche Soldaten, besonders aber die, welche die Mittel zur Erhandlung und Überkommung einer höheren Stelle nicht haben, alle Hoffnung verlieren müssen, dahin zu gelangen, da viele Junge und Unerfahrene, welche durch Gabe, Schenkung und Handel ihre Kriegsämter und Stellen erhalten, anderen meritierten und zu Unserem Dienst tauglichen Soldaten und Offizieren vorgezogen werden, und folglich auch mannigfaltig Unser Dienst vermittelst solcher eigen-

Heeresreform

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nütziger Gesuche sehr benachteiligt worden und noch in Vielem leidet." Um solchen schädlichen und ärgerlichen Mißbrauch zu unterbinden, wurde nunmehr allen Obersten und Kommandanten streng verboten, erledigte Kriegsstellen um irgend einen Wert oder „nach dem betrügerischen Vorwand einer Diskretion" zu verkaufen, andernfalls sie ihrer Stellen entsetzt und jeder, der auf diese Weise einen Posten erstrebe, für immer als unwürdig gelten sollte. Bei künftigen Musterungen war dementsprechend zu untersuchen, „wie ein jeder Ober- oder Unteroffizier zu Stelle und Dienst gelangt" war. „Uns ist", so hieß es in dem Begleitschreiben des Kaisers, mit dem das Patent am 1. Oktober an alle Armeen und Gouvernements zwecks Weitergabe an die Regimenter gesandt wurde, „zwar wohl bekannt, daß nicht alle Obristen und Kommandanten in derlei unzuläßlichen Eigennützigkeiten verfangen sind, allein um dem Übel unter einem abzuhelfen und zu begegnen, muß das Gesetz universal ausgehen, und wollen Wir auch ernstlich darob halten, daß solches allerdings befolgt und beobachtet werde." Eugen selbst begründete die Verfügung damit, daß der Mißbrauch zu sehr verbreitet war, um gegen ihn ohne ausdrückliches Verbot mit genauen Angaben etwas erreichen zu können 5 6 ). D a ß er entschlossen war, über die Ausführung des Patents zu wachen, dafür gibt es aus der Folgezeit manche Belege. Als eine von ihm angeordnete Untersuchung ergab, daß in dem Dragonerregiment des Feldmarschalls Graf TrauttmansdorfF ein Obristwachtmeister für seine Stelle sowohl an seinen Vorgänger als auch an Trauttmansdorff Geld gegeben hatte, dieser überhaupt „mit allen Chargen zu trafikieren pflegt", ließ er jenen Offizier kassieren und bat den Kaiser, „zur Statuierung größeren Exempels" dem Feldmarschall sein Regiment zu nehmen 57 ). Er schwieg auch nicht, als die von ihm vertretenen Grundsätze durch Protektionswirtschaft des Herrschers selbst durchbrochen wurde: als dieser — es war bereits Leopolds Nachfolger Joseph — einem jungen Grafen Eck ein Regiment verlieh, bat er ihn dringend, in den Promotions- und übrigen Kriegssachen das Gutachten des Hofkriegsrats in Erwägung zu ziehen und vornehmlich keine „Partikular-Rekommendationen" einschleichen zu lassen, „widrigenfalls aber, wenn Eure Kaiserliche Majestät nicht selbst Dero Allerhöchste Hand dazu bieten wollten, so würde ich wenig Nützliches fruchten können, sondern mich dieser meiner kummer- und sorgenvollen Charge lieber begeben als erwarten

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wollen, daß unter meinem Kriegspraesidio Dero Militärstatus mehrers schlimmer als besser werden sollte, ja wohl auch die meisten der besten Offiziere gleichsam auf einmal davongehen dürften, wenn sie zur Belohnung ihrer lang geleisteten guten Dienste und erlittenen großen Elends gleichwohl andere von weniger oder gar keinen Meriten distingiert sehen müßten" 59 ). Darauf kam es ihm vor allem an, daß im Offizierstand dem Tüchtigen wirklich freie Bahn geschaffen wurde. Ausdrücklich hat er Anfang November 1703 Vorschläge Guido Starhembergs auf Beförderung tapferer und leistungsfähiger Soldatenführer wie de Wendt und Zumjungen als „Exempel" dafür gebilligt, daß man sich dabei auch keineswegs an die Anziennität binden lassen wolle 59 ). Daß er freilich durch dieses Vorgehen gerade auch mächtige Cliquen gegen sich aufbrachte, mußte er nur zu bald erfahren: „Das ganze Haus Harrach", so schrieb er am 3. November an Guido, „hat wegen des Regiments einen furchtbaren Zorn gegen mich, es tut mir leid, aber man muß das tun, was der Dienst des Herren verlangt" 60 ). Das war geschafft, aber konnte es genügen? „Es braucht Zeit", so meinte er zu Starhemberg, „eine Armee wieder in Stand zu bringen, an deren Ruinierung man seit mehreren Jahren gearbeitet hat. Um ihr besonders wieder Festigkeit und Kraft zu geben, muß man damit beginnen, sie zu unterhalten, zu bestrafen und zu belohnen. Die beiden letzten Forderungen, so hoffe ich, werden jetzt erfüllt werden, umsomehr muß man an die Erfüllung der ersten denken" 61 ). Hier aber war es mit einem Patent nicht getan. Schon am 11. August 1703 hatte er dem Kaiser in einer ausführlichen Denkschrift die traurige Lage dargelegt, in der sich seine Armeen befanden 62 ). Von den ihm nur zu gut bekannten Verhältnissen auf dem italienischen Kriegsschauplatz war er dabei ausgegangen, wo das Heer, „das einstige Kleinod, mit welchem Eurer Kaiserlichen Majestät Krone und Szepter geziert und zugleich beschützt waren", infolge des Ausbleibens von Sukkurs und Nachschub jeder Art so gut wie zugrunde gerichtet sei, da von einer verläßlichen Einrichtung des Verpflegungs-Status nicht die Rede sein könnte, die Zahlungen unrichtig und unzulänglich erfolgten, der Kredit zusammengebrochen, daher die Offiziere meist ohne Equipage und Geld, die Mannschaft ohne Stiefel und Schuhe, die Kavallerie ohne Pferde seien, die ganze Armee statt eines Soll von 54 000 nur 20 000 Mann aufweise und auch durch die in Gang gebrachte Sendung von Re-

Üble Finanzlage

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kruten bei weitem nicht in der Zahl, geschweige denn in der Qualität ergänzt würde. Nicht anders sehe es im Reich aus, wo bei den kaiserlichen Regimentern seit zwei oder gar drei Jahren keine Rekruten und Remonten angekommen, die Gelder ausgeblieben, für die Verpflegung nicht genügend gesorgt und kein einziger Platz mit genügend Mannschaft;, Proviant und Munition versehen, von dem Soll von 42 500 Mann ebenfalls kaum die Hälfte vorhanden war 63 ). Was endlich Ungarn, aber auch die Erblande betraf, so waren die Plätze teils demoliert teils nicht repariert worden, und überall fehlte es an Besatzung und an Zeughäusern. „Man hat nunmehr allerorten, so viel als es die Mittel und Zeit zugelassen, die Hand angelegt, dem Übel besterdings zu steuern und die Remedur geflissen vorzukehren, und wird man noch weiters alle Applikation, dieses Werk zu beheben, anwenden", doch komme es, um Erfolg zu haben, auf die Resolutionen des Kaisers und deren starke Handhabung allen „einseitigen suggestiones" zum Trotz an, da sonst „ein Universal-Umsturz Dero getreuer Erbländer und Untertanen, Dero Szepter und Kronen zu befahren sein" werde. Um die Geldmittel gehe es vor allem, da sonst „die guten consilia nur eine bloße Idea" blieben, und wenn „die remedia etwas stark, hart und vermutlich unangenehm scheinen", so müsse eben bedacht werden, daß „malis extremis bloß remediis extremis" abgeholfen werden könnte. Nun, der Kaiser hatte dem allen zugestimmt mit dem beschwichtigenden Zusatz, „ut de praeterito non detur consultatio, muß man deswegen noch den Mut noch das Herz sinken lassen, und habe ich mein größtes Vertrauen in ihn, Hofkriegsratspräsident, gesetzt", dem er seinerseits „Assistenz und Manutenenz" nicht mangeln lassen werde, wenn er nur „tunliche Mittel und modus, selbes ad effectum zu bringen, vorschlagen wird" 64 ). Dazu war der Prinz natürlich bereit und ebenso sein Gesinnungsgenosse Gundaker Starhemberg, der neue Hofkammerpräsident, der in diesem Sommer und Herbst nicht weniger eifrig daran ging, die vielfachen Mißstände auf finanziellem Gebiet aufzudecken und ein rückhaltloses Bild der geradezu katastrophalen Lage zu geben — die Armeen ohne Geld, Proviant und Munition, dabei das Hofzahlamt mit Schulden und Rückständen in Höhe von 2 bis 3 Millionen belastet, die Kameralgefälle verpfändet, alle Einkünfte durch Antizipationen aufgezehrt. Er forderte radikale Eingriffe zur Aufbringung von Geld, wie rücksichtslose Einziehung der Rückstände aus der alten

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und Dekretierung einer neuen Vermögenssteuer, eine umfassende Silberkollekte, eine Beihilfe durch den Prälatenstand, Aufrichtung einer Bank zur Wiederherstellung des Kredits auf Grund der Bildung von Kapital durch Aufschläge auf gestempeltes Papier, Mehl, Fisch, Bauholz, Kalk und Steine, Unschlitt, Seife, Wadis, ö l , Salz, Heu und Stroh, Brennholz, Pferde, Erbschaften, Verkauf von Immobilien. In langen Konferenzen unter Vorsitz des römischen Königs, an denen auch Eugen teilnahm, hat man darüber beraten und manches beschlossen65), aber bei der Ausführung traf man nicht nur auf den Widerstand der Betroffenen, sondern auch auf die Lässigkeit der für die Exekution zuständigen Kanzleien und Landesstellen und vor allem auf die Energielosigkeit des Kaisers, der zwar immer wieder seinem Willen zur „Assistenz" Ausdruck gab, den Erlaß der entsprechenden Dekrete jedodi verzögerte und zu scharfem Einschreiten nicht zu bewegen war 66 ). So blieben die Ergebnisse aller Vorstellungen, Konferenzen, Resolutionen und Erlasse weit hinter dem zurück, was die beiden Minister erstrebt und erhofft hatten. Wenn der Prinz schon am Tage seiner Ernennung zum Präsidenten des Hofkriegsrats an Guido Starhemberg geschrieben hatte, er habe wenig Hoffnung, bei dem üblen Stand, in den die Dinge gebracht worden seien, Erfolg zu haben, so schien sich ihm diese Prognose bald mehr und mehr zu bestätigen. Von Ungeduld, Unwillen, der sich in Zorn steigerte, ja schließlich Verzweiflung künden die Briefe, die er in den nächsten Monaten an die Heerführer richtete, von denen er nun ganz ähnliche Vorwürfe zu hören bekam, wie er selbst sie früher nach Wien gerichtet hatte. Anders als vor ihm Mansfeld, antwortete er wenigstens, stimmte er ihren Klagen zu, rechtfertigte er sich, indem er auf alle seine Eingaben und Schritte hinwies, machte er kein Hehl daraus, daß er mit nichts weiter kam, weil er den Kaiser nicht zu ändern und die unheilvollen Einflüsse seiner Umgebung nicht auszuschalten vermochte. Voll Entrüstung mußten er und der Hofkammerpräsident feststellen, daß man bei dem Versuch, die Kräfte des Staates ohne Rücksicht auf irgendwelche Interessen und Privilegien zu mobilisieren, um den drohenden Zusammenbruch zu verhindern, auf die passive oder auch aktive Resistenz der in den Konferenzen und Deputationen sitzenden Minister und Würdenträger des Hofes stieß und daß das schlechte Beispiel, das hier gegeben wurde, draußen im

Vergebliche Bemühungen

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Lande nur zu gern nachgeahmt wurde 67 ). Audi davon war in jenem schon mehrfach zitierten Brief Eugens an seinen badischen Vetter vom 9. September die Rede: „Hier denken nur wenige an Rettungsmittel, aber viele daran, alles noch mehr in Verwirrung zu bringen, sie wollen nicht, daß es anders wird, als es zur Zeit steht, d. h. also schlechter, als man sich vorstellen kann, und da sie sehen, daß sie an die Kriegsangelegenheiten nicht mehr heran kommen, da ihnen davon fast nichts mehr mitgeteilt wird, legen sie es darauf an, die Durchführung aller finanziellen Vorschläge der Kammer zu vereiteln, da sie wohl wissen, daß ohne Geld alle Dispositionen unnütz werden— so in wenig Worten der hiesige Stand der Dinge, alle Welt denkt wohl an Verräterei, ich tue ihnen diese Ehre nicht an, ich bin überzeugt, daß dahinter nur Dummheit, Faulheit, sehr große Böswilligkeit und eine Habsucht stecken; sie würden wohl gar noch ihren Herrn verkaufen, wenn sie über ihn verfügen könnten: er aber weiß darum und es fehlt ihm nur die Tatkraft um dreinzuschlagen." Dabei nahm das Leben bei Hofe seinen Fortgang, als wenn man nicht auf einem Vulkan säße, der jeden Augenblick ausbrechen konnte. Wie der junge Friedrich Karl von Schönborn, der damals im Auftrag seines Oheims, des Kurfürsten von Mainz, nach Wien gekommen war, mit Erstaunen bemerkte, daß aller Rat und Konferenz unterbleibe, da „kein einziger Minister pro negotiis, alle auf den Gärten zu suchen" seien88), so beklagte sich auch der Prinz: im September, als die Hiobsposten von Hödistädt und aus Ungarn höchste Anspannung aller Kräfte erforderten, war der Kaiser selbst in Schloß Ebersdorf täglich mit der Jagd beschäftigt, so daß man, um vortragen und Entscheidungen erreichen zu können, zwischen der Hauptstadt und dort ständig hin und her reisen mußte, und kaum einer der Minister war anzutreffen, so daß alles liegen blieb, was man nicht selbst abfertigen konnte 69 ). Mansfeld, der jetzt als Obristkämmerer noch mehr um den Kaiser war als vordem, blieb ihm einer der Hauptschuldigen, aber auch mit Männern der Partei, die ihn emporgetragen hatten, zerfiel er, weil sie seiner Meinung nach ihre Pflicht nicht taten, sondern nur an ihr Interesse dachten: von dem jungen Schönborn ist uns eine Szene überliefert, wie der Reichsvizekanzler Kaunitz auf die Nachricht, daß seine Güter durch die ungarischen Rebellen bedroht würden, sofort dorthin geeilt sei, die Gräfin aber den darüber zürnenden Prinzen für alle Not verantwortlich erklärte, „welches dann be-

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melten Prince Eugène mit all seinem gewöhnlichen Phlegma entrüstet, daß er diese nebst mehreren Dames brüskiert, die Weiber verstünden es nicht, und mithin aus Gesellschaft gegangen" 70 ). Bereits im August hatte er einmal Guido Starhemberg erklärt, daß, wenn weiterhin die Durchführung der Dispositionen des H o f kriegsrats vereitelt würden, Seine Majestät einen anderen mit der ihm übertragenen Charge beehren könnte 71 ), und in der folgenden Zeit kommen in seinen Briefen solche Ankündigungen mehrfach wieder, ja am 26. September versicherte er, er habe dem Kaiser seine Charge zu Füßen gelegt mit der Erklärung, es seien rücksichtslose Maßnahmen nötig, die nur von ihm abhingen, wenn er sie nicht ergreife, werde seine Krone auf seinem Haupte wackeln, er aber wolle nicht, daß dies unter seiner Leitung des Kriegswesens geschehe, da er daran keine Schuld trage 72 )! Solche Sprache, wie sie nach seiner Behauptung noch kein Minister gewagt hatte, war wohl als Druckmittel gedacht, aber nützte sie etwas? „Euer Excellenz", so schrieb er am 3. Oktober nach der Rückkehr von dem kaiserlichen Jagdparadies in Ebersdorf, „können unmöglich glauben, noch sich einbilden, was große Konfusion im Ministerio hier versiere, und in was Unordnung, seitdem ich Sie in Italien hinterlassen, die Sachen verfallen seien; ja, ich kann Sie versichern, wenn ich nicht selbst gegenwärtig und alles mit Augen sehete, daß mir es kein Mensch glauben machen könnte; denn wenn die ganze Monarchie auf den äußersten Spitzen stehen und wirklich zu Grund gehen sollte, man aber nur mit 50 000 fl. oder noch weniger in der Eile aushelfen könnte, so versichere Euer Excellenz, daß man es müßte geschehen lassen und nicht zu steuern wüßte. Bei dieser Beschaffenheit aber gedenke ich nicht längerhin dem mir aufgetragenen Hofkriegsrats-Präsidio vorzustehen, sondern vielleicht in gar kurzer Zeit selbes zu quittieren, weil mir zu hart fallen täte, zuzusehen, daß unter mir alles über und über gehen sollte" 73 ). Aber durfte er denn, nachdem er einmal das Kommando übernommen hatte, das Schiff verlassen, auch wenn es sank, mußte er nicht als der „honnête homme", als der er sich fühlte, bis zuletzt alle seine Kraft einsetzen, um es doch noch zu retten! Gewiß mochte ihn manchmal die Verzweiflung packen, ihr hat er erneut Mitte November in einem eigenhändigen Brief an den zum Ankläger gewordenen Freund in Italien Ausdruck gegeben: „Ich möchte lieber auf den Galeeren sein als auf diese Weise als Kriegspräsident oder

Sdilechte Aussichten für 1704

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General zu dienen" — »Was Sie melden, daß die Armee zugrundegeht, weiß ich nur zu gut; man hat gut predigen, man spricht zu Tauben und Ignoranten, die weder wissen, was Truppen noch was Krieg ist" — „Wenn der Herr wollte, würde es noch Hilfsmittel geben, aber auf diese Weise ist es unmöglich" — „Was kann man tun, als sich einer solchen Bürde zu entledigen" 74 ). Aber dazwischen finden sich dann immer wieder Mitteilungen und Ratschläge über dieses und jenes, Versicherungen, daß er ständig auf den Kaiser drücke und kein Blatt vor den Mund nehme, Feststellungen von getroffenen Maßnahmen und Ankündigungen von neuen, um der Unordnung und Not beizukommen, um den Armeen zu helfen und ihnen ihre Schlagfertigkeit zurückzugeben. Wie bitter er auch Männer wie dem venezianischen Gesandten Dolfin oder Tarino über die Zustände am Hof und im Staat, über Konfusion, Unentschlossenheit und Indolenz klagte 75 ), im Grunde wollte er den Kampf nicht aufgeben, nicht für seine Person und auch nicht für die Sache Österreichs, die er zu der seinen gemacht hatte. Aber gab es denn noch eine Rettung? In denselben Tagen, in denen Prinz Eugen aus Preßburg nach Wien zurückkam, hat der holländische Gesandte Hamel Bruynincx dem Ratspensionär Heinsius die traurige Lage des Kaiserstaates in den schwärzesten Farben geschildert: man sei am Ende, voll Bestürzung stelle man fest, daß nicht nur für die Armeen im Reich und in Italien nichts mehr getan werden könne, um sie aus ihrer Not zu reißen, sondern es drohe der völlige Umsturz des Kaiserstaates selbst, wenn Gott ihm nicht durch ein Wunder helfe, bald werde man die Feinde von beiden Seiten vor den Toren Wiens sehen, und nichts könne das verhindern, da man weder Geld noch Truppen, bald auch kein Brot mehr habe und möglicherweise sogar das gegen den Kaiser, die Minister und den Klerus, vor allem die Jesuiten, unglaublich erbitterte Volk sich erheben werde; schon überlege man, in welchen Winkel seiner Erblande der Kaiser sich flüchten könne, um in Sicherheit zu sein, denn alle seien offen und ungedeckt und genügend Truppen zur Abwehr fast nirgends vorhanden 76 ). So begann dies Jahr 1704 wahrhaftig unter düsteren Auspizien für Österreich. Und doch sollten Staat und Reich in diesem Jahr nicht nur vor einer Katastrophe bewahrt, sondern zu neuer Macht emporgehoben werden — und das war diesmal kaum auf ein Mirakel zurückzuführen, wie es der in seinem Gottvertrauen unerschütterliche alte 3 Braubach, Prinz Eugen

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Sieg in Deutschland

Kaiser für sein Haus fast als selbstverständlich erwartete 77 ), sondern es war die Folge der schließlich doch alle Widerstände überwindenden Fähigkeit, Energie und Entschlossenheit einer zur Leitung von Staat und Krieg greifenden neuen Generation, deren bedeutendster Kopf zweifellos Prinz Eugen von Savoyen war.

2. Die Grundlagen für den Umschwung sind in den Wochen gelegt worden, die der Rückkehr des Prinzen von Preßburg nach Wien Mitte Januar 1704 folgten. Noch von dort aus hatte er in Denkschriften an den Kaiser und an den römischen König die Lage nicht anders dargestellt als der holländische Gesandte — er sehe sie „in einem solchen betrübten Stand, als sie vielleicht noch niemals gewesen, solange Dero glorwürdiges Erzhaus regiert" — zugleich aber auch die Zuversicht ausgesprochen, daß, wenn man nur endlich „geschwinde, starke und kräftige Resolutiones" ergreife und „manuteniere", die bedrängten Königreiche und Länder wieder aufgerichtet und „auf rechten Flor" gebracht würden, „wozu ich dann meines allergeringsten Ortes alle äußersten Kräfte, Gut und Blut mit Leib und Leben in größter Konsolation, welche ich von der göttlichen Allmacht erbitten kann, aufopfern werde". „Jetzt hoffe ich ja", so läßt er sich in bitterem Rückblick auf alle Versäumnisse in dem kürzeren, aber weit schärfer gehaltenen Schreiben an König Joseph aus, „daß man meine so unausgesetzten Prophezeiungen wahr finden werde. Das sind nun die Effekte, wo man alle so heilsam als notwendig an die Hand gegebenen Dispositionen vernachlässigt und gleichsam für unzeitig verworfen hat. Euer Königliche Majestät gedenken zurück und erinnern sich Allergnädigst, was man mir in diesen 7 Monaten, als ich das Kriegs-Präsidenten-Amt unwürdig vertrete, für Mittel gereicht und für eine hülfliche Hand geboten hat, die Armeen in Stand setzen zu können; doch jedermänniglich, der Vernunft hat und, mit Erlaubnis zu sagen, gleichsam kein Verräter sein will, bis auf den geringsten Menschen des gemeinen Pöbels, geschrieen und sich geärgert hat, daß man alle Zubereitungen mit so sittsamem und sanftmütigem Gemüt traktiert habe. Nunmehr aber, Allergnädigster König und Herr, hat Gott zugelassen, daß alles auf einem Faden des Unterganges hänge. Das

Appell an Kaiser und König

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Sprichwort sagt: Wenn der Mensch hilft, so wird auch Gott helfen; aber nichts tun, als den Krieg mit Papier und Wortgefecht führen, daraus sieht man nun, was erfolgen muß. Euer Königliche Majestät halten mir nicht zu Ungnaden, daß mich so weit versteige, denn die Zeit ist gekommen, daß ich zu meiner Exkulpation nicht schweigen kann. Noch größere Zeit ist aber, daß man arbeite und streite, um mit einem zu helfen und mit dem anderen zu wehren. Allergnädigster Herr! zu beiden gehören die geschwindesten und stärksten Resolutionen. Um diese also zu pressieren und zu akzelerieren, fällt es auf Dero königliche Autorität" 7 8 ). Es hatte seinen besonderen Grund, daß der Prinz nun in besonderem Maße den jungen Thronfolger zum Handeln antrieb. Es war inzwischen, wohl auch nicht ohne seine Mitwirkung, eine Entscheidung am Hofe gefallen, die als wichtige Voraussetzung für eine neue Politik energischer Aktivität gelten konnte: der Kaiser hatte seinem Sohn den Vorsitz in allen mit dem Krieg sich befassenden Konferenzen übertragen, von ihm, nicht mehr von den Kanzlern, waren fortan Protokolle und Referate dem Herrscher vorzulegen, er war damit, wie Hamel Bruynincx meinte, gewissermaßen zum Premierminister erhoben worden 79 ). Es war ein Sieg des jungen Hofes, zu dem sich schon immer neben dem Fürsten Salm Prinz Eugen und Gundaker Starhemberg gehalten hatten, über die Harrach, Buccelini, Mansfeld und auch Kaunitz, die sich damit zurückgedrängt, ja im Hinblick auf die eigentliche Kriegführung ausgeschaltet sahen 80 ). Joseph aber war gewillt, gerade in dieser Beziehung sich der Führung des Savoyers anzuvertrauen, und so hatte er in den gleichen Tagen, in denen jener seine Mahnrufe nach der Hauptstadt ergehen ließ, seine umgehende „höchst nötige" Rückkehr von Preßburg gefordert, die denn auch sofort angeordnet wurde. Es galt nun, die Pause, die durch den Winter allenthalben in den Kriegsoperationen eintreten mußte, auszunutzen, Geld und sonstige Mittel zu beschaffen, die Rüstungen voranzutreiben, die Armeen allenthalben zu ergänzen und zu verstärken und sich über Schwergewicht und Führung der Operationen klar zu werden, also die Feldzugspläne zu entwerfen und mit den Verbündeten zu koordinieren. Seitdem Eugen am 18. Januar wieder in Wien eingetroffen war, hat er sich in pausenloser Arbeit diesen Aufgaben gewidmet. Gelang es, durch Joseph die rückhaltlose Unterstützung des Kaisers zu erreichen, so war noch nichts verloren. 3*

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Sieg in Deutschland

An dem völlig unzureichenden „nervus rerum gerendarum" waren im vergangenen Jahre vor allem die Versuche gescheitert, den gefährlich von allen Seiten andrängenden Feinden mit Erfolg entgegenzutreten. Wenn die bald nach dem Amtsantritt der beiden neuen Präsidenten erfolgte Absendung von 100 000 bzw. 300 000 Gulden an den Markgrafen und an Guido Starhemberg den englischen Gesandten Stepney mit der Hoffnung erfüllt hatte, daß dank ihrer Energie die alles lähmende finanzielle Misere überwunden würde 81 ), so war dann ja die Zeit gekommen, in der Eugen voll Zorn behauptete, daß, wenn auch Sein und Nichtsein der Monarchie von der Beschaffung von nur 50 000 Gulden abhinge, man sie nicht aufbringen würde. Es hatte nicht an Vorschlägen, Beratungen und auch Beschlüssen gefehlt, um Rückstände einzutreiben und neue Geldquellen zu erschließen, aber erst jetzt ist man darangegangen, damit ernst zu machen und insbesondere den Widerstand der privilegierten Stände gegen von ihnen geforderte Opfer zu brechen. Auch in dieser Beziehung hatte der Prinz in seinen Preßburger Denkschriften kein Blatt vor den Mund genommen: „Euer Kaiserlichen Majestät Länder, Fürsten und vornehme Herren, auch viele andere vermögliche Familien sind noch nicht so sehr angegriffen, weniger exhauriert, daß nicht von und durch diese annoch große Hilfe zu schöpfen wäre; wobei ich auch in meinem Gewissen nicht finde, wie daß gleichfalls der Klerus selbst sidi darunter entziehen könnte. Dieser Krieg ist ja weltkundig eine gerechte Sache und gedeiht folglich das Recht zu verteidigen, welches Gott selbst in die Welt gebracht; versiert auch dabei die selbsteigene Konservation Dero geistlichen und weltlichen Vasallen, daß also ein jedweder nach Eid und Pflichten schuldig ist, Hilfe und Beistand zu leisten" 82 ). Diesen Gedanken beugte sich denn auch die schon vor seiner Ankunft eingesetzte Finanzkommission, die sich in der Folge mit der Ausdehnung der bereits beschlossenen Prälatenabgabe auf den übrigen Klerus — „daß alle reichen Pfarrherren, Konvente und Klöster utriusque sexus, die Kapitel und Bischöfe und alle geistlichen Antistes oder Kommunitäten, welche namhafte proventus haben, per modum einer Generalbeisteuer in diese Kollektion gezogen werden möchten" — mit der Beschlagnahme des Kirchensilbers gemäß einem Vorschlag des Hofkriegsrats und mit dem Rückgriff auf angesammeltes Geld jeder Art in Stadt und Land beschäftigten83). Dafür, daß der Prinz selbst bei alldem an-

Erschließung neuer Geldquellen

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treibend wirkte, gibt es verschiedene Belege. Wenn er in einem Bericht an den Kaiser vom 22. Januar mit Befriedigung das Ergebnis der Abgabe von Leuten, Pferden und Geld von Wiener Ministern, Kämmerern, Räten und anderen Personen anführen konnte, die der Rekrutierung und Remontierung der nach Ungarn bestimmten Regimenter gedient und „dem Ärario eine tröstliche Sublevation" gegeben habe, so fügt er die Mahnung an, „ob nicht ad exemplum Wien ein gleichmäßiges donum gratuitum auch von in Euer Kaiserlichen Majestät Dienst und Sold stehenden vornehmen Landgubernien und Regierungen, auch politischen Kamerai- und Zivilbedienten, dann vermöglichen Kommunitäten wie nicht weniger reichen Bistümern und Kanonikaten, Prälaturen, Dechanteien, Pfarren u n d dergleichen begehrt werden könnte" 8 4 ). Drei Tage später hat er Starhemberg und Buccelini sowie die Referendare Palm, Locher und Hack in seinem H a u s versammelt, um neben Truppen- und Versorgungsfragen über Kirchensilber, Vermögenssteuer, Prälatenabgabe u n d eine Steuer auf Häuser zu verhandeln 86 ). Es gab nun wohl schon Erfolgsmeldungen, so wenn Hamel Bruynincx mitzuteilen wußte, daß das Silber von zehn noch nicht einmal der reichsten Kirchen in der Münze einen Wert von mehr als 100 000 Gulden ergeben hätte 8 6 ). Andererseits hatte Eugen selbst noch Anfang Februar den in der Schweiz um die Aufbringung von Truppen bemühten Saint-Saphorin unmutig darauf hingewiesen, „wasmaßen es allhier, sonderlich, wenn es auf Geld ankommt, sehr langsam und beschwerlich gehe" 87 ). U n d in der Konferenz vom 12. April wurde darüber geklagt, daß von den im Februar beschlossenen Mitteln „noch schier keines zum effectum gebracht" worden und es manche Widerspenstigkeit wegen des Kirchensilbers und der Abgabe des Klerus gebe 88 ). Im Juli hat dann der Hofkriegsrat von Thiel an Einkünften aus Vermögenssteuer, Prälatenkollekte, Kirchensilber und „Subsidia opulentiorum" insgesamt über 600 000 Gulden berechnet, aber nicht weniger als 3 Millionen an Ausständen 8 9 ). Immerhin kam doch einiges Geld in die Kassen, um die dringendsten Ausgaben tätigen zu können, und man rechnete auch auf finanzielle H i l f e seitens der Seemächte. Der Prinz, der sich ja vor allem in England besonderer Hodhschätzung erfreute, konnte hier geradezu als der Initiator und Bahnbrecher gelten, der schon 1703 unmittelbar einiges Geld in London f ü r die italienische Armee flüssig gemacht zu haben scheint:

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Sieg in Deutsdiland

Guido Starhemberg hatte er damals versichert, „daß darauf dahier kein Mensch gedacht noch im Sinn gehabt, von dannen was zu begehren, wenn nicht ich das Werk für midi selbst getrieben und in Gang gebracht hätte" 90 ). Wo aber sollten nun die gewonnenen Mittel in erster Linie eingesetzt werden? Von vornherein hat man dabei nicht an Ungarn gedacht, so unangenehm die sich immer weiter ausbreitende Rebellion auch war. Gewiß hatte der Prinz in Preßburg nur wenig ausrichten können, immerhin war sein Aufenthalt doch keineswegs ganz ergebnislos gewesen, und wenn er auch nicht beruhigt zurückgekehrt war und zudem die Haltung der Türken unsicher blieb91), so hatte man es hier im Osten doch nicht mit regulären Truppen zu tun, sondern mit meist nicht allzu kriegstüchtigen Scharen, die wohl das Land überschwemmen und auch bis in die Nähe von Wien schwärmen und manchen Schaden anrichten konnten, aber zu einem tödlichen Stoß doch nicht fähig waren. Selbstverständlich hat man auch hierhin Truppen geschickt, es waren schließlich etwa 7000 Mann, über die Ende Januar der zum Feldmarschall erhobene Graf Sigbert Heister den Oberbefehl übernahm, von dessen Zusammenwirken mit Rabutin in Siebenbürgen und dem zum Banus von Kroatien erhobenen Johann Palffy man wenigstens eine Eindämmung des Aufstandes erhoffte 92 ). Jedenfalls gab es andere Kriegsschauplätze, von denen weit größere Gefahr ausging, wo sowohl politische Interessen und Verpflichtungen als auch darüber hinaus die Frage des Fortbestandes der eigenen Macht, ja Existenz, in ganz anderem Maße die Entfaltung der eigenen Kräfte forderten. Da war zunächst Italien, wo die Erhaltung von Eugens alter, zusammengeschmolzener, aber aus den Eliteregimentern des kaiserlichen Heeres bestehender Armee und das Bündnis mit dem Herzog von Savoyen auf dem Spiele standen. Wohl nichts hat den Prinzen in dem verflossenen Jahr so mit Sorge erfüllt wie das Schicksal der von ihm am Po zurückgelassenen Regimenter, die zwar eine erste Gefahr durch Vereitelung eines Angriffs Vendomes auf Ostiglia und einen gelungenen Überfall auf dessen Unterführer Albergotti im Juni 1703 beschworen und dann durch Vendomes Zug gegen Tirol und die Ereignisse in Savoyen-Piemont für einige Zeit Luft gewannen, deren materielle Lage aber immer trostloser geworden war 93 ). Er wußte sie gewiß unter guter Leitung, und wenn Guido Starhemberg sich ihm gegenüber immer mehr mit Grimm und Zorn

Maßnahmen für Ungarn und Italien

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erfüllte, so hat er seinerseits stets dessen „tapfere Kriegsexperienz und stattliche Conduite" gelobt und ihn seines vollen Vertrauens versichert 04 ). Aber mußten sie nicht wirklich zugrunde gehen, wie Starhemberg es immer wieder prophezeite, wenn man sie nicht verstärkte und aktionsfähig machte! U n d dazu forderte nun audi noch Victor Amadeus nach Abschluß des Bündnisses dringend die zugesagte Unterstützung. Woher sollte sie kommen? Wir können feststellen, daß Eugen, seitdem sein Vetter sicii auf die kaiserliche Seite zu wenden begann, eifrig bestrebt war, ihm politische und militärische Hilfe von der benachbarten Schweiz her zu beschaffen. Den kaiserlichen Residenten in Graubünden wies er an, den angeblich in diesem Lande verbreiteten H a ß gegen Spanier und Franzosen zu „fomentieren", ohne daß man damit freilich viel erreicht wurde 9 5 ). In der Schweiz besaß Eugen schon seit Anfang 1702 einen Vertrauten in seinem ehemaligen Flotillenchef SaintSaphorin, dessen Erhebung zum kaiserlichen Obersten und diplomatische Verwendung wohl von ihm veranlaßt worden waren; als Sachwalter f ü r zwei in kaiserliche Dienste übernommene Schweizer Regimenter war der geschäftige Waadtländer zu einer Art Subdelegat unter dem Gesandten Graf Trauttmansdorff geworden, der über mannigfache Beziehungen inner- und außerhalb des Landes verfügte und sie nach den Weisungen Eugens auszunutzen suchte 96 ). Seit Oktober 1703 hat der Prinz ihn angehalten, in enger Verbindung mit dem herzoglichen Gesandten Mellarede und mit den Vertretern der Seemächte die Wünsche Victor Amadeus' auf Werbungen von Schweizer Truppen, auf Transport von Pferden wie auch auf eidgenössische Forderungen an Frankreich zur Respektierung der Neutralität des eigentlichen Savoyen zu befördern 9 7 ). Aber eine solche Stütze konnte dem Herzog natürlich nicht genügen, er hatte den Vormarsch der italienischen Armee des Kaisers nach Westen zur Vereinigung mit ihm und darüber hinaus die sofortige Rückkehr Eugens selbst nach Italien gefordert, und der Kaiser und sein Hofkriegsratspräsident hatten sich genötigt gesehen, beides in Aussicht zu stellen. Schon im Oktober 1703 hat Starhemberg auf Weisung aus Wien den General Visconti mit 1200 Reitern nach Piemont in Marsch gesetzt: es wurde ein abenteuerlicher Ritt, der nach mancherlei Zwischenfällen und Verlusten erst am 20. November das Detachement in das piemontesische Lager von Millesimo führte 9 8 ). Es war

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Sieg in Deutschland

für den Herzog, der sich durch neu aufgebotene französische Truppen von der Provence und Dauphine bedroht sah, wie ein Tropfen auf einen heißen Stein, voll Verzweiflung sandte er Botschaften auf Botschaften nach Wien, suchte er zugleich durch den in Starhembergs Hauptquartier in Revere geschickten Conte di Monasterolo diesen zum Aufbruch zu bewegen. Monasterolo meinte zwar, daß es nur einen Menschen gebe, der das Wunder vollbringen könne, sowohl die Saumseligkeit in Wien als auch die Lethargie im Lager zu überwinden, und das sei der Prinz Eugen"). Er hat immer wieder, nachdem er schon seinen Sekretär Langetl vorausgeschickt hatte, sein demnächstiges Erscheinen in Italien sowohl dem Herzog als auch Starhemberg angekündigt, ohne das Vorhaben, an dessen Ernst der mißtrauische Starhemberg zweifelte 100 ), durchzuführen, und schließlich gebot ihm der Kaiser, wie wir sahen, zunächst in Ungarn dem Unheil zu wehren. Inzwischen aber hatte er dem General befohlen, ohne auf ihn zu warten, „die Armee zu movieren, wenn auch damit auf ein oder andere Weise ein Hasard gewagt werden müßte". Immerhin glaubte er auf dessen vorwurfsvolle Klagen sagen zu können, daß, „wiewohl auch der Armee in Welschland wenig Hilfe geschickt worden, es doch mehr gewesen, als an allen anderen Orten, also daß fast die heraussigen Regimenter sich noch in miserablerem Stand befinden, als diejenigen, welche darinnen sind" 101 ). Und es stellte sich nun auch heraus, daß die Armee schon wegen Verpflegungsschwierigkeiten in ihren bisherigen Quartieren nicht mehr bleiben konnte. Das Ergebnis einer Mission des Generalwachtmeisters Daun in das Lager des Herzogs war der Beschluß einer Teilung der Armee, von der knapp 14 000 Mann unter dem Grafen Trauttmansdorff die bisherigen Stellungen an Po und Secchia behaupten und die Verbindung mit Tirol aufrechterhalten sollten, während der Oberbefehlshaber selbst und Prinz Vaudemont mit rund 18 000 Mann am 24. Dezember 1703 sich in Marsch setzten, um, wie Starhemberg, bevor er das Pferd bestieg, an Eugen schrieb, mit dem Durchbruch zu dem Herzog „ein großes Spiel zu spielen" 102 ). Es ist gelungen, wenn auch kurz vor dem Ziel, beim Übergang über die Bormida, die noch rechts des Flusses stehende Nachhut durch Angriffe der Franzosen in Bedrängnis geriet und ihr Führer Graf Solari, der sich im Vorjahr bei der Befreiung und Deckung Tirols das besondere Vertrauen Eugens gewonnen hatte, fiel103). Zwei Tage später, am 13. Januar

Hilfe für Savoyen

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1704, fand das Zusammentreffen des Herzogs mit Starhemberg statt, und damit war noch vor dem eigentlichen Winter eine Entspannung auf diesem Kriegsschauplatz erreicht. Noch gab es freilich Sorgen genug, und der Prinz hat wie schon von Preßburg, so auch in den nächsten Monaten von Wien aus die italienischen Dinge nicht aus dem Auge verloren, in sie, soweit es ihm nötig erschien, eingegriffen und ihnen durch Zuführung von Verstärkungen und Mitteln eine Gestalt zu geben versucht, die für den kommenden Feldzug wenigstens eine erfolgreiche Defensive ermöglichen sollte. Wenn er weiterhin mit Saint-Saphorin über Wege korrespondierte, um seinem Vetter in Turin auch durch Ausbreitung des in den Cevennen ausgebrochenen Aufstands von Hugenotten gegen die französische Herrschaft und durch Anschläge verschiedener Art mit Hilfe von Emigranten Luft zu machen104), so hat er mit einem anderen Vertrauensmann, den er bei der italienischen Armee zurückgelassen hatte, dem Kriegskommissar und Generalwachtmeister Martini, über eine insgeheim vorzubereitende „Impresa" gegen Mantua diskutiert 105 ). Martini hatte freilich auch den Auftrag, den greisen Trauttmansdorff zu überwachen, dessen Ablösung von dem Kommando der an Po und Secchia gebliebenen Heeresteile dann bereits im Februar 1704 für nötig erachtet wurde. Wenn Victor Amadeus und Tarino während Eugens Preßburger Aufenthalts fast täglich sich nach dem Abschluß seiner dortigen Mission erkundigt und auf seine Rückkehr nach Italien gedrängt hatten 106 ), so mochten sie jetzt wohl die Erfüllung seines so oft gegebenen Versprechens, wieder den Feldherrnstab südlich der Alpen zu ergreifen, erhoffen, und erstaunlicherweise hat er selbst dem Herzog aus Anlaß der Abberufung Trauttmansdorffs am 17. Februar erneut von seiner Absicht geschrieben, sobald als möglich den Befehl dort zu übernehmen 107 ). Sobald als möglich — nun, das war gleichbedeutend mit: einstweilen noch nicht, und so hatte er denn zugleich Anweisung gegeben, daß einer der beiden inzwischen zu Feldmarschällen erhobenen Führer des kaiserlichen Hilfskorps in Piemont, Starhemberg oder Vaudemont, an den Po zurückkehren sollte, um an Trauttmansdorffs Stelle zu treten. Starhemberg, dem er die Wahl überlassen hatte, bestimmte den lothringischen Prinzen dazu, und befriedigt erwartete Eugen von des Freundes „sattsam bekannter vortrefflicher Experienz, Valor und Vigilanz" nicht nur „neues Herz und Mut" bei dem ihm unter-

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stellten Korps, sondern auch die Weckung von Offensivgeist, damit „dem Feinde einige Jalousie gegeben und er wenigstens so divertiert werde, daß er nicht alle Macht gegen Piemont wendet" 108 ). Doch da geschah vor dem Wiederbeginn der Operationen ein Unglück, das nicht nur die Sache des Kaisers und seines italienischen Bundesgenossen, sondern auch den Prinzen persönlich schwer traf: am 12. Mai 1704 wurde Prinz Vaud&nont, erst 34 Jahre alt, von der Malaria hinweggerafft 109 ). Und ernsthafter als vordem scheint man nun in Wien doch noch die Absendung des Siegers von Chiari erwogen zu haben, um die eingetretene Verwirrung zu beheben und im Zusammenwirken mit dem Herzog den Kampf in Oberitalien wieder aufzunehmen und zu einem erfolgreichen Ende zu führen: nach seinen eigenen Angaben hatte ihm der Kaiser bereits den Befehl erteilt, der indessen rasch widerrufen wurde, weil, wie er fast gleichlautend an den Grafen Herberstein und den Fürsten Löwenstein schrieb, die Sachen im Reich erforderten, „daß ich zuvor notwendig einen Postritt hinaustun müßte" 110 ). War die Bestimmung des Generals Graf Leiningen zu des Toten Nachfolger auch wohl eine Verlegenheitslösung, so mochte er doch glauben, für diesen Kriegsschauplatz so gut gesorgt zu haben, wie es eben möglich war. Und wenn auch ein Unglück eintrat, so mußte es seiner Meinung nach hingenommen werden, denn zunächst galt es, an einer anderen Stelle, dort, wo das Feuer der Gefahr am hellsten loderte, die Katastrophe abzuwehren und den Sieg zu erringen. Vielleicht war er wirklich davon überzeugt, daß er, wie er beschwichtigend den Italienern in Aussicht stellte, nach glücklicher Vollendung jenes „Postritts" doch noch während oder wenigstens vor Ende der Campagne jenseits der Alpen die Zügel in die H a n d nehmen könnte. Die Vorbereitungen für den „Postritt" liefen seit langer Zeit. Sie beruhten auf der klaren Erkenntnis, daß für den Kaiser und für die gesamte antifranzösische Allianz Deutschland wichtiger geworden war als Spanien, die Niederlande, Italien und Ungarn, daß, wollte man den Krieg überhaupt fortsetzen, hier im Reich ein völliger Wandel geschaffen werden mußte. Wenn es noch eines Beweises für die tödliche Gefahr bedurfte, die im Westen unmittelbar vor den Erblanden aufgestiegen war, so war er dadurch erbracht worden, daß Max Emanuel von Bayern sich zu Beginn des neuen Jahres auf Passau gestürzt und mit der Eroberung der Bischofsstadt

„Postritt" in das Reich?

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sich ein Einfallstor in Oberösterreich gesichert hatte 1 1 1 ): die bestürzende Kunde davon hatte nicht zum wenigsten zur Rückberufung Eugens von Preßburg geführt. Die Bayern beherrschten die Lande zwischen Lech und Inn, sie bedrohten mit dem von ihnen behaupteten Kufstein auch nodi Tirol. Zwischen Lech, Iller und Donau lagerte um Augsburg das französische Korps unter dem an Stelle Villars getretenen Marsin, es konnte seine Detachements in das fränkische Land schicken. Jenseits des Rheins stand eine weitere französische Armee unter Tallard, die möglicherweise die Absicht hatte, durch die dünnen Linien der Reichsarmee des badischen Markgrafen zwischen Bodensee und Mittelrhein durchzustoßen und damit der feindlichen Macht in Süddeutschland vollends das Übergewicht zu geben. W a r nicht die Gefahr vorhanden, daß der Gegner, dem vielleicht auch noch Vendome über Tirol seine T r u p pen zuführen würde, auf Wien marschierte und hier den aufständischen Ungarn die H a n d reichte? Wenn manche der kaiserlichen Minister und auch Ludwig Wilhelm dem Unheil noch durch eine Verständigung mit dem Wittelsbacher begegnen zu können glaubten, so hielt der Kreis um den römischen König und Eugen die damit verbundene Demütigung f ü r unerträglich, überhaupt aber den Versuch f ü r aussichtslos. Sie sind in dieser Auffassung nachdrücklich von dem Ende Januar 1704 in Wien eintreffenden Schwager des Kaisers, dem Kurfürsten Johann Wilhelm von der Pfalz, unterstützt worden — er ist überhaupt damals in einem über ein halbes J a h r sich erstreckenden Aufenthalt in der H a u p t stadt f ü r den „jungen H o f " und f ü r die Präsidenten von Hofkriegsrat und H o f k a m m e r bei ihren Bestrebungen eine wertvolle Stütze gewesen, alle Kräfte in Österreich wie im übrigen Reich gegen die Frankobayern zu mobilisieren 112 ). Aber nach den Erfahrungen des Vorjahres war Eugen überzeugt, daß diese Kräfte nicht ausreichten, um den Feind abzuwehren, geschweige denn ihn entscheidend zu schlagen. Würden sich aber Engländer und Holländer wirklich bereitfinden, eigene Pläne und Interessen zurückzustellen und ihre Streitkräfte weit von ihren Landen und Küsten entfernt mitten in Europa einzusetzen? D a ß es dazu in der Tat gekommen ist, wird man sicher nicht allein als das Verdienst des Prinzen Eugen bezeichnen können. In Wien stand er bei den Versuchen, die seemächtlichen Gesandten von der Notwendigkeit der Hilfeleistung zu überzeugen, in einer Front mit König Joseph, dem Kurfürsten Johann Wilhelm

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und dem Grafen Sinzendorf, der gleichzeitig mit dem Pfälzer von Verhandlungen mit den Verbündeten im Westen zurückgekehrt war 113 ). Aber wenn auch gerade seine feste Haltung wie nicht weniger die Erwartung des persönlichen Einsatzes des großen Feldherrn selbst auf vorsichtige Männer wie den Holländer Hamel Bruynincx einen nicht geringen Eindruck machten, so mußte die eigentliche Entscheidung doch im Haag und in London fallen. Und hier sind es nun zwei Männer gewesen, die sie zustande brachten: zeit ihres Lebens sind beide dem Savoyer eng verbunden geblieben. Daß in dem mehr als ein halbes Jahrzehnt jüngeren Grafen Wenzel Wratislaw große politische Fähigkeiten steckten, mochte der Sieger von Zenta schon erkannt haben, als er ihn vor der Jahrhundertwende als Schüler und Vertrauten seines Onkels Kinsky näher kennengelernt hatte. Zu dem schon in frühen Jahren schwer werdenden Körper stand der lebhafte Geist, das aufsprühende Temperament des Mannes in merkwürdigem Kontrast, der doch auch in seinen Zornesausbrüchen ein gewandter Diplomat blieb. Seitdem unter seiner maßgebenden Mitwirkung die Haager Allianz geschlossen worden war, besaß er das Vertrauen der seemächtlidien Staatsmänner, das er für das Haus Habsburg zu nutzen wußte, während er andererseits ihr Gewicht einsetzte, um in Wien die Partei der Entschlossenheit zu stützen und zum Zuge zu bringen, wie dies besonders bei dem Ministerwechsel des Sommers 1703 geschehen war. Gerade bei dessen Anbahnung war er in der kaiserlichen Hauptstadt erschienen, um die Ausfahrt des Erzherzogs Karl nach Spanien zu betreiben: er erscheint seitdem als dessen besonderer Vertrauter und Ratgeber unter den kaiserlichen Räten 114 ). Aber in jener Zeit von Juni bis Oktober 1703, in der er sich in Wien aufhielt, hat er sich gewiß nicht nur um die spanischen Dinge gekümmert, wir können vielmehr annehmen, daß er damals von dem Prinzen Eugen in dessen Sorgen und Pläne eingeweiht worden war und daß er sich wieder nach dem Haag und nach London begab als Träger von dessen Gedanken und Forderungen, entschlossen, alle seine Überredungskraft aufzubieten, um den Einsatz der Seemächte zur Rettung der habsburgischen Macht zu erreichen. Aber wer weiß, ob ihm dies gelungen wäre, wenn in deren Lager nicht eine Persönlichkeit gewesen wäre, die seine Argumente als richtig erkannt und es gegen schwerste Widerstände großzügig und verschlagen zugleich fertiggebracht hatte, selbst die Streitkräfte aus

Marlborough

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den Niederlanden nach Deutschland zu führen, voll Vertrauen auf die eigene Fähigkeit, aber auch auf den kaiserlichen Feldherrn, den dieser Engländer dort zu treffen hoffte und wirklich traf. Erst aus dem Zusammenwirken des Savoyers mit Marlborough ist der großartige Sieg des Jahres 1704 in Süddeutschland erwachsen, es hat zugleich eine Freundschaft und eine sich auf den Schlachtfeldern ebenso wie in den Sälen der Politik gleichmäßig bewährende Harmonie begründet, wie man sie zwischen zwei stolzen Männern und zwei ehrgeizigen Soldaten in der Geschichte nur selten findet115). Man konnte sich äußerlich kaum einen größeren Gegensatz denken, als zwischen dem kleinen, häßlichen Prinzen Eugen und dem wohlgestalteten zum Lord Marlborough gewordenen Sproß der Familie Churchill, „le bei Anglais", wie man wohl bewundernd von ihm sagte: die Liselotte von Pfalz-Orleans, deren Äußerungen über den unvorteilhaften Anblick der „Stumpfnase" wir kennen, meinte von seinem englischen Waffengefährten, daß sie nie einen schöneren Mann gesehen habe 116 ). Auch John Churchill war nicht übermäßig groß, aber alles an ihm war ebenmäßig, er war ein eleganter Kavalier mit hübschem Gesicht, gesundem Teint, glänzenden Augen, geraden Zähnen, und wenn, wie der ihm durchaus kritisch gegenüberstehende Holländer Sicco van Goslinga feststellt, seine schöne und glückliche Physiognomie alle Welt, natürlich vor allem auch das andere Geschlecht, für ihn einnahm, so mußten seine liebenswürdigen Manieren, die „douceur" seines Gehabens, auch die versöhnen und bestricken, die ihm mit Vorurteil gegenübertraten oder Anlaß zum Groll gegen ihn hatten 117 ). Und an seinem „delikaten" Geist, an der tiefen Einsicht, an seiner Urteilsfähigkeit und Menschenkenntnis, auch an der Güte seines Herzens konnte kein Zweifel sein, was alles auch in seiner Beredsamkeit zum Ausdruck kam. Damit verdeckte er freilich auch manche Schwächen des Charakters: wenn er in seiner äußeren Erscheinung den schmächtigen Savoyer weit überstrahlte, so haben doch Menschen, die beide gerade in den Jahren ihres Zusammenwirkens beobachten konnten, den Prinzen wie als Feldherrn so auch als Persönlichkeit höher gestellt. Um ein wirklicher Heros zu sein, fehlten Marlborough Festigkeit der Seele, Aufrichtigkeit, Uneigennützigkeit, allzusehr war er nicht nur auf seinen Ruhm, sondern auch auf seinen persönlichen Vorteil bedacht, nicht mit Unrecht hat man ihm Habgier und Geiz vorgeworfen, wie er denn in seinem ganzen Handeln

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mitunter Großzügigkeit vermissen ließ. Den am 24. Juni 1650 geborenen Sohn eines Gegners der Revolution hatte die leichtlebige Zeit der Stuartrestauration geformt, er war — nach einem Wort Rankes — ein echtes Kind dieser Jahre der Reaktion gegen den Puritanismus, ihrer gesellschaftlichen Bildung und ungebundenen Sitte, ihrer hin und her wogenden Bewegung in Hof und Staat, in denen ein jeder seine angeborene Gabe frei von fesselnden Rücksichten zur Geltung zu bringen und zu alledem, was dem Menschen wünschenswert ist, zu gelangen hoffen durfte 118 ). Wie seine Schwester Arabella die Geliebte des Herzogs von York wurde, der dann als Jakob II. den Thron Englands besteigen und ihn nach wenigen Jahren verlieren sollte, so war auch er gegen die Verführungen des Stuarthofes nicht gefeit gewesen, wenn er dann auch durch die Liebe und Heirat mit Sarah Jennings in moralischer Beziehung einen festen Halt gewann. Bei und nach dem Sturz des letzten Stuartkönigs, dem er zunächst eng verbunden gewesen war, hatte er eine zweideutige Rolle gespielt, aber er zeichnete sich als Oberst in den Kriegen auf dem Festland aus, und so wurde ihm schließlich das Vertrauen Wilhelms von Oranien zuteil, der seine Tapferkeit und seinen Mut ebenso wie seinen klaren Verstand und seine diplomatische und politische Gewandtheit erkannte und zu nutzen verstand. Der König hatte ihm bei Beginn der großen Krise um die spanische Erbschaft den Auftrag gegeben, über das Zustandekommen der großen Allianz zur Zurückdämmung der französischen Hegemonie zu wachen und die Vorbereitung für den Kampf zu treffen, dessen Leitung ihm dann auch von den Holländern zuerkannt wurde, und Marlborough galt dem sterbenden Oranier als der Träger seines Vermächtnisses in England, als welchen ihn auch seine mit dem Schwager keineswegs gleichgesinnte Nachfolgerin Anna anerkannte und walten ließ, nicht so sehr auf Grund persönlicher Einsicht, als weil sie in Lady Sarah Marlborough ihre Herzensfreundin sah und bereit war, ihren Ratschlägen zu folgen. So wurde der General zugleich der einflußreichste Staatsmann Englands, der gemeinsam mit dem holländischen Ratspensionär Heinsius die Seemächte auf den Wegen weiterzuführen suchte, die ihnen der Generalstatthalter-König gewiesen hatte. Freilich, wie dieser sah er sich vielerlei hemmenden Faktoren gegenüber, dem Parteihader der Engländer und ihrer Abneigung, Menschen und Geld außerhalb ihrer Insel und ihrer Meere zu opfern, der Schwerfälligkeit und

Planung für den Feldzug 1704

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Vorsicht der zudem eifersüchtigen Holländer, die auch seine militärischen Vorschläge und Schritte durch ihre Felddeputierten beaufsichtigten, und so waren seine Anstrengungen, um durch Koordinierung und energischen Einsatz der Kräfte der Allianz Frankreich zu schlagen, in den ersten Jahren des Krieges nur von geringem Erfolg gewesen: während er selbst nach Sicherung der Reichslande an Niederrhein und Maas keine weiterreichenden Operationen hatte durchführen können, war der österreichische Partner in größte Bedrängnis geraten. N u n , im Winter 1704, entwickelte ihm Wratislaw die Gedanken Eugens. Die beiden Feldherren hatten sich bis dahin wahrscheinlich noch nicht persönlich kennengelernt, aber offenbar hat der Engländer — wie so viele seiner Landsleute — auf Grund der kühnen Operationen des Prinzen in Italien in den Jahren 1701/02 eine tiefe Bewunderung f ü r ihn gefaßt. Schon in einem Schreiben vom 31. Oktober 1702 versicherte er ihm geradezu enthusiastisch, „daß überall, wo ich sein werde, Sie immer damit rechnen können, einen Freund zu haben, der Sie ehrt und schätzt, wie es überhaupt nur möglich ist" 119 ). D a ß dies in der Tat der Fall war, das hat er jetzt erwiesen, wie sich denn aus der Stetigkeit, mit der in der Folge die beiden Männer zusammenstanden, ergibt, daß der Lord, dem man auch Verstellung und UnZuverlässigkeit vorgeworfen hat, Eugen gegenüber immer aufrichtig gewesen ist. Es ist keineswegs so, daß man in kurzer Frist sich über die Feldzugspläne f ü r 1704 im Reich und insbesondere über den großen Entlastungsmarsch Marlboroughs nach Süddeutschland einig geworden ist, es hat vielmehr darüber zahllose Beratungen, Korrespondenzen und Verhandlungen unter Zugrundelegung und Diskutierung sehr verschiedener Ansichten und Vorschläge gegeben, die sich durch die ganzen Wintermonate bis zum Mai des Jahres hinzogen 120 ). Schon im Vorjahr war von einer Verstärkung der Reichsarmee durch ein kleineres Korps holländischer und in seemächtlichem Sold stehender hannoverscher und hessischer Truppen die Rede gewesen, und zugleich hatte man geplant, durch einen Vorstoß Marlboroughs die Mosel entlang die französisch-bayerischen Pläne zu stören. Daran hatte eine Denkschrift Ludwig Wilhelms von Baden vom 6. Januar angeknüpft, die nach Besprechungen mit den Kurfürsten von der Pfalz und Mainz, Sinzendorf und dem Holländer Almelo in Frankf u r t verfaßt worden war und als erste Basis in Wien zur Zeit der Rückkehr Eugens aus Preßburg zur H a n d genommen wurde: den

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Wunsch des Kaisers, selbst seine Gedanken hierbei zu vertreten, hatte der Markgraf, dem ja als Generalleutnant und Reichsfeldmarschall eigentlich die erste Stimme im Kriegsrat zukam, nicht erfüllt. E r wollte sich, falls die von ihm vorgeschlagene Verständigung mit M a x Emanuel nicht zustande kam, an der Donau defensiv verhalten, dafür aber nach Wiedereroberung Landaus gemeinsam mit dem an der Mosel operierenden Marlborough eine Diversion gegen Lothringen und Frankreich unternehmen 121 ). In Gesprächen mit Hamel Bruynincx hat Prinz Eugen bereits durchblicken lassen, daß er anderer Meinung war: Defensive an der Mosel und vor Landau, dagegen Niederwerfung Bayerns um jeden Preis 1 2 2 ). Aber wenn der holländische Gesandte die Richtigkeit dieser Konzeption einsah, so schien man in London ein eigenes Eingreifen in Süddeutschland erst nach gelungener Aktion an der Mosel für möglich zu halten, und im Haag sträubte man sich selbst gegen diese A k tion. Man hat sich zunächst in Wien auf diese Lage eingestellt; während der pfälzische Kurfürst den Grafen Lecheraine zu Ludwig Wilhelm und Marlborough absandte, um wenigstens den Marsch zur Mosel zu „urgieren" und zugleich eine Verständigung zwischen den beiden Feldherrn zu betreiben, besprach Eugen mit dem englischen Geschäftsträger Whitworth die Möglichkeit einer auf Thionville zielenden Moselunternehmung der Verbündeten, während die gesamten Kräfte von Kaiser und Reich offensiv in Bayern vorgehen sollten 123 ). Doch entgegen seinen und Johann Wilhelms Bemühungen, die Priorität des deutschen Kriegsschauplatzes zur Anerkennung zu bringen, glaubte Marlborough, um die ja auch von ihnen in den Vordergrund gestellte Moseloperation mit wirklichem Erfolg durchführen zu können, einige am Ende des letzten Feldzugs in fränkische Winterquartiere gelegte seemächtliche Soldtruppen zu sich zurückdirigieren zu sollen. Als er von Verhandlungen auf dem Festland im Februar wieder nach London zurückkehrte, dachte auch er noch in erster Linie an die Offensive an der Mosel, durch die man die französischen Hauptkräfte nach dort zu ziehen und wenigstens die Verbündeten in Deutschland und Italien zu entlasten hoffte, während es noch immer zweifelhaft war, ob die Holländer diesem Plan zustimmen würden. Die entscheidende Grundlage für eine Wendung der Dinge scheint man dann in Wien dadurch geschaffen zu haben, daß man den umständlichen und vielschichtigen Verhandlungen von zahlreichen Ministern, Deputierten, Diplomaten und

Einigung zwischen Wratislaw und Marlborough

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Generälen eine unmittelbare Fühlungnahme und Verabredung von wenigen Köpfen überordnete. Sicher ist es auf das Drängen des Prinzen Eugen zurückzuführen, daß er, der Hofkriegsratspräsident, Vollmacht erhielt, mit Wratislaw, der doch eigentlich seine Weisungen von den Kanzlern des Reichs und des Hofes zu erwarten hatte, in allen Kriegsangelegenheiten direkt zu korrespondieren: „In dieser Materie", so heißt es in einem Brief Kaiser Leopolds an den böhmischen Grafen vom 13. Februar, „wird der Prinz Eugenius Euch ein Mehreres selbst schreiben, von welchem Ihr dann Mein Sentiment ausführlicher vernehmen werdet" 124 ). Leider ist von dem Briefwechsel der beiden Männer nichts erhalten geblieben, daß er aber geführt wurde und welche Bedeutung ihm innewohnte, geht aus Hinweisen in der Korrespondenz zwischen dem Kaiser und Wratislaw deutlich hervor, so wenn dieser am 4. März Leopold schreibt, daß er Eröffnungen Marlboroughs wegen der künftigen Operationen als eine „das pure militare" angehende Sache bereits dem Kriegspräsidenten berichtet habe, „weil durch diesen Weg die Sachen viel kürzer angefaßt werden", oder wenn er sich am 4. April über die unregelmäßige Unterrichtung durch Kaunitz beklagt, so daß er, wenn nicht der Kaiser persönlich ihn mit seinen „reservierten" Schreiben begnadete und „der Prinz Eugenius durch seine Korrespondenz von den Kriegssachen nicht täte einiges Licht geben", gezwungen sein würde, sich „völlig aus dem Werk halten", oder wenn endlich Leopold wieder ihn am 16. April ermahnt, alles anzuwenden, „damit die Operationes der gegenwärtigen Campagne, weil von dieser gleichsam die Dezision dieses Krieges dependiert, mit allem Vigor angefangen und fortgeführt werden mögen, worüber Euch zweifelsohne ein und anderes, was meine Gedanken sind, der Prinz Eugenius wird kommittiert haben, auf was mich dann in diesem referiere". So bestand also seit Mitte Februar 1704 eine unmittelbare Verbindung zwischen Eugen und Wratislaw, und dieser wieder konzentrierte seine Tätigkeit in erster Linie auf Marlborough, von dessen Entschlußkraft, Verschlagenheit und Ehrgeiz er ein Überspielen aller Bedenken und Einsprüche der englischen und holländischen Minister und Parlamentarier gegen weitreichende und kühne Pläne und Märsche erhoffte. Er hat ihn zunächst zu der Zurücknahme jener Abberufungsordre an das Hilfskorps in Franken bewogen: ein erster Erfolg, dem, wie er am 18. März nach Wien schrieb, „das Weitere" 4 Braubadi, Prinz Eugen

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hoffentlich bald folgen werde 125 ). Gewiß handelte er dann nach der Anleitung Eugens, als er Anfang April dem Engländer vortrug, daß an der Mosel doch wohl nur mit begrenzten Erfolgen zu rechnen sei, dagegen im Reich mit einem Sieg, der auch für ihn persönlich zur Beendigung aller ihn bisher so hemmenden und bedrückenden Schwierigkeiten und Auseinandersetzungen mit dem englischen Parlament und den Generalstaaten führen müßte. Dabei mochte auf Marlborough auch der Appell wirken, daß von ihm allein die Rettung des Reichs und das Schicksal der Allianz und damit Europas abhingen. Schon hat der Lord zu diesem Zeitpunkt die Königin Anna zu der Zusage gebracht, alles zur Entlastung des Kaisers zu tun, die er für sich selbst als Vollmacht zu selbständigem Handeln auslegte. Hierfür aber hat er sich nun in der Tat den Plan eines Marsches über den Rhein an die Donau zu eigen gemacht. Als er am 21. April von Wratislaw begleitet im Haag eintraf, sah er sich hier freilich der hartnäckigen Forderung der Holländer gegenüber, selbst mit der Hauptarmee an der Maas zu verharren und nur 15 000 Mann zu einer Diversion an die Mosel zu entsenden. Er hat ihnen schließlich schroff erklärt, allein mit dem von England gestellten Teil des Heeres an die Mosel zu rücken wollen, sie aber in dem Glauben gelassen, daß der Marsch nur bis Koblenz gehen werde. Er nahm damit eine große Verantwortung auf sich: nur als Sieger durfte er zurückkehren 126 ). Wratislaw aber hatte die wichtigste ihm gestellte Aufgabe gelöst. Noch ohne Kenntnis von Marlboroughs Entscheidung hat man sich in Wien seit Anfang April mit den Fragen der Verteilung, des Einsatzes und der Führung der eigenen Streitkräfte in Süddeutschland beschäftigt. In einem engeren Kreise, dem neben dem präsidierenden römischen König der pfälzische Kurfürst, Fürst Salm, Prinz Eugen und Sinzendorf angehörten, ist am 4. und — nach Anhörung des von Ludwig Wilhelm mit neuen Vorschlägen entsandten Grafen Friesen — wieder am 12. April der Grundsatz bekräftigt worden, daß die Niederwerfung Bayerns „das primum objectum aller Operationen" sein müsse, weil alle anderen Unternehmungen weder das Römische Reich noch die Erblande sichern könnten 127 ). Entgegen der Meinung des Markgrafen, der an seinen Plänen zur Offensive am Rhein festhielt und an der Donau nur eine Beobachtungsarmee aufstellen wollte, sprach man sich zu diesem Zwecke für die Bildung einer starken Armee gegen Bayern aus,

Entscheidung über den Einsatz Eugens

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„die dem Feind nach erheischender Gelegenheit unter die Augen gehen dürfe". Schließlich hat man aber doch bei entsprechender Hilfe durch die Seemächte dem Angriff gegen Landau zugestimmt, dabei aber der Donauarmee besondere Bedeutung zu geben versucht, indem an ihre Spitze — übrigens einem eigenen Antrag des Badeners entsprechend — Prinz Eugen treten sollte. Bisher war über seine persönliche Verwendung in diesem Feldzug noch nidits entschieden gewesen: manche mochten meinen, daß der Platz des H o f kriegsratspräsidenten in der Zentrale sein und bleiben müsse, und andererseits war ja immer wieder von seiner Rückkehr nach Italien die Rede gewesen. Jetzt aber faßte König Joseph die Konferenzberatungen des 12. April dahin zusammen, es „sei dem Prinzen von Savoyen auf alle Weise an der Donau das Kommando aufzutragen, welcher veranlaßtermaßen auf das eheste sich hinaus zu begeben und mit dem Generalleutnant sich genau zu unterreden", und der Kaiser stimmte dem zu mit der Maßgabe, im Einvernehmen mit ihm Einrichtungen bei dem Hofkriegsrat zu treffen, „indem viel Expeditiones sowohl in das Reich als Italien abgehen und er, Präsident, weit von hier sein wird" 1 2 8 ). Man atmete dann auf, als Anfang Mai die Kunde von Marlboroughs großem Entschluß kam, die natürlich vorerst streng geheimgehalten wurde. Damit aber ergab sich ein neues schwieriges Problem: wie sollten nun die Befehlsverhältnisse geregelt werden? Die Empfindlichkeit des Markgrafen, der gemäß dem ihm 1701 gemachten und noch 1703 durch den Kaiser und den römischen König bestätigten Zusicherungen das Oberkommando im Reich beanspruchte 129 ), war schon bei den Verhandlungen über eine gemeinsame Operation der Verbündeten an Mosel und Rhein deutlich zutage getreten, schon damals hatte Eugen Marlborough den R a t zukommen lassen, den stolzen Reichsfürsten vorsichtig zu behandeln und ihn, wie er es selbst versuche, durch Entgegenkommen zu leiten. Wie sollte es aber nun werden, wenn der nicht weniger selbstbewußte Engländer in Süddeutschland erschien und eine rasche Entscheidung herbeiführen wollte, während der nun seit Jahren mit seiner bunt zusammengesetzten Reichsarmee an einen vorsichtigen Stellungskrieg gewohnte Badener ein Risiko scheute und den unter Eugens Einfluß in Wien entworfenen Konzeptionen rücksichtsloser Zusammenfassung der Kräfte zwecks Niederwerfung Bayerns voll Skepsis gegenüberstand? Konnte man ihm, dessen zähes Eintreten für eine Verständigung 4*

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mit dem Wittelsbacher manche Vertreter der „Kriegspartei" im kaiserlichen Lager befremdete, überhaupt volles Vertrauen schenken, und auch wenn er, woran man doch schließlich nicht zweifeln wollte, loyal blieb, würden nicht sein „Humor" und seine „Leibesunpäßlichkeit'' „in der Exekution große obstacula verursachen"? Es war vor allem Wratislaw, der in dieser Beziehung voll Sorge war, und wenn er selbst, um Friktionen zu verhindern, den englischen Feldherrn auch auf dessen eigenen Wunsch auf seinem Zug begleiten wollte, wenn er ferner den Kaiser um strikte Befehle an den Markgrafen bat, daß er „alle anderen Desseins auf Seite setze und alleinig dahin bedacht sei, wie man den Kurfürsten mit Sicherheit und auf das eheste über ein Haufen werfe", so schien ihm ein guter Ausgang doch nur einigermaßen gewährleistet, wenn man den Mann mit der Vermittlung und der, wenn auch nidit formellen, so doch wirklichen Leitung des ganzen Unternehmens betraute, der es vor allem betrieben hatte und dem man von allen Seiten Vertrauen entgegenbrachte. „Euer Kaiserliche Majestät", so schrieb er am 5. Mai noch aus dem Haag seinem Herrn, „belieben den Prinzen Eugen alsogleich in das Reich zu schicken, da ich eines Sekunden von seinem Eifer und Experienz unumgänglich vonnöten habe, damit derselbe die Disposition und Exekution dieses Desseins über sich nehme, zugleich auch instruiert und bevollmächtigt sei, wie er sich zu verhalten hat, wenn man etwa den Markgrafen täte wanken sehen" 130 ). Der Kaiser war ja schon dazu entschlossen. Zwar hat, wie wir sahen, Vaudemonts Tod nochmals Schwankungen gebracht, aber sie hörten auf, als man erfuhr, daß Anfang Mai Marschall Tallard ungehindert mit 10 000 Mann den Rhein überschritten hatte und sich auf dem Marsch durch den Schwarzwald befand, um sich mit Max Emanuel zu vereinigen. Es hat kaum des erregten Protestes der seemächtlichen Gesandten gegen eine Entsendung des Prinzen in diesem Moment nach Italien und des Drängens der Kurfürsten von Pfalz und Mainz wie auch des preußischen Königs bedurft, um Eugen die Ausfahrt in das Reich antreten zu lassen. Am 25. Mai brach er aus Wien auf, um, wie er einige Tage zuvor dem kaiserlichen Gesandten bei den vorderen Kreisen Fürsten Löwenstein angekündigt hatte, mit dem Markgrafen und Marlborough „nicht allein einige Unterredung zu pflegen, sondern auch auf eine Zeit daroben anwesend zu sein, bis man sehe, wie sich die Operationes anlassen werden".

Besorgnis und Zuversicht

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„Parti domenica sera", so lesen wir in dem Bericht des venezianischen Botschafters Dolfin an die Signoria von San Marco vom 31. Mai 1704, „il Principe Eugenio accompagnato dai voti e degl'applausi de popoli die rippongoni le maggiori speranze nel valore di questo Principe" 131 ). Er hatte sich in der Tat in den vergangenen Monaten das Vertrauen weiter Kreise in einem Ausmaße gewonnen, wie er es selbst wohl noch um die Jahreswende nicht für möglich gehalten hatte. Die Energie, mit der er aus einer schier verzweifelten Lage einen Ausweg gesucht und gezeigt hatte, muß auch auf den Kaiser tiefen Eindruck gemacht haben. Seitdem dieser ihm jene Ermächtigung zu unmittelbarer Korrespondenz mit Wratislaw und damit eigentlich zur Leitung der kaiserlichen Politik gegenüber den Seemächten gegeben hat, ist der Kaiser weitgehend seinen Ratschlägen gefolgt, die uns offensichtlich auch in den eigenen ausführlichen Weisungen an den Grafen begegnen132). Bezeichnend, daß er in der Antwort auf Wratislaws Schreiben vom 5. Mai der Ankündigung der Abreise des Prinzen hinzufügte, aus dieser Resolution sei „zwar wohl abzunehmen das Impegno, welches ich in dieser Sadie habe, und was für einen guten Ausgang ich auch darin hoffe, indem bei jetzigem Zustand der Sachen von mir und meinem Hofkriegsrat denjenigen entferne, für den ich eine solche Estime habe" 133 ). Bei der Ausfahrt ließ er ihm dann völlig freie Hand, wo er das Kommando übernehmen wollte, was ihn dann Wratislaw gegenüber zu der Überlegung bestimmte, „daß dies meinem Dienste höchst präjudizierlich sein könnte, indem die Treue, der Eifer und große Valor des Prinzen ihn allezeit veranlassen würden, dahin zu gehen, wo die Gefahr am größten, welches ich aber keineswegs will, um das Leben eines solchen in keine Gefahr zu setzen, der also qualifiziert und aus so vielen Motiven meiner und meines ganzen Erzhauses Estime und Propension gar wohl meritiert" 134 ). Dem Vertrauen im eigenen entsprach die Besorgnis im feindlichen Lager: es sei nicht zu zweifeln, so schrieb Max Emanuel an den französischen König, daß der Prinz von Savoyen nur zur Ausführung großer Projekte auf den Kriegsschauplatz komme 135 ). Was ihm selbst vorschwebte, das hat er am Tage vor seinem Aufbruch Victor Amadeus als Begründung für sein Ausbleiben in Italien entwickelt: es sei eine sehr delikate Angelegenheit, so verschiedene Truppenteile zum Zusammenwirken gegen den sich verstärkenden Feind zu bringen, trotzdem hoffe er auf einen glücklichen Ausgang im Verlauf von zwei

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Monaten, wenn jeder das tue, was er solle und könne; denn die Alliierten täten mehr, als man erwarten durfte, indem, was er hiermit dem Herzog vertraulich mitteile, Mylord Marlborough, von dem man behaupte, daß er an die Mosel gehe, direkt gegen Bayern marschiere, so daß man hoffe, mit 50 000 Mann gegen den Kurfürsten zu operieren und mit 30 000 die Bühler Linien zu decken, doch hänge alles ab von der Koordinierung und davon, daß jeder nur an das Heil des Ganzen denke 136 ). Mit Zuversicht schritt er so an die Ausführung des großen „Desseins", nachdem es ihm und Wratislaw dank des Wagemutes Marlboroughs gelungen war, die Voraussetzungen dafür zu schaffen. Es sollten sidi dabei noch manche unangenehme Hemmungen und gefährliche Zwischenfälle ergeben, und wenn der Prinz ebenso wie der Lord geglaubt hatten, nach zwei Monaten, der eine nach Italien eilen, der andere nach den Niederlanden zurückkehren zu können, so sollte sich das als ein Irrtum erweisen137). Das Ziel, das sie sich gesteckt hatten, den entscheidenden Sieg in Deutschland, aber haben sie erreicht.

3. Der am 25. Mai begonnene „Postritt" in das Reich, in dem er bisher nur einmal im Jahre 1689 als junger General unter demselben Fürsten gedient hatte, zu dessen Vernichtung er nun auszog, führte den Prinzen zunächst nadi Nürnberg, wo er mit den fränkischen Kreisdeputierten über die Ausrüstung eines von ihnen zugesagten Korps verhandelte 138 ). Am 1. Juni erwartete ihn in Urach eine Eskorte der Reichsarmee, in deren soeben bezogenes Lager bei Ehingen auf dem nördlichen Donauufer südwestlich von Ulm er am folgenden Nachmittag einritt: befriedigt stellte er fest, daß das Heer Ludwig Wilhelms, den er zum erstenmal seit jenen turbulenten Wiener Tagen im Frühjahr 1701 wiedersah, „in einer braven, schönen und auserlesenen Mannschaft" bestand. Am selben Tage hat der Markgraf den Generalfeldzeugmeister Graf Friesen Marlborough entgegengesandt, der nach den vorliegenden Meldungen „bereits mit den königlich englischen und holländischen Truppen an dem Neckar zu stehen gekommen" war. In der Tat war der Engländer mit etwa 21 000 Mann am 20. Mai aus der Gegend von Maastricht aufgebrochen, der Marsch war über Bonn und Ander-

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nach nach Koblenz gegangen, wo die Armee auf die rechte Rheinseite übersetzte, am 30. Mai lagerte sie bei Kastel und am 4. Juni erreichte sie Ladenburg am Neckar 139 ). Wratislaw war ihr vorausgeeilt und hatte nach einem ersten Zusammentreffen mit dem Markgrafen ihr Anrücken in Frankfurt erwartet. Wenn Prinz Eugen nach seinem Eintreffen bei seinem badischen Vetter in seinem ersten Bericht nach Wien noch bemerkte, daß man „wegen vorhabenden Desseins und detachierenden Korps in Abwesenheit des Duc de Marlborough dato noch nichts Verläßliches konzertieren" könne, so wurde das anders, als Wratislaw, nachdem er am 5. Juni in Ladenburg wieder zu Marlborough gestoßen war und dort mit ihm und Friesen beraten hatte, am 8. Juni im kaiserlichen Lager in Ermingen erschien140). Zu diesem Zeitpunkt hatte sich folgendes ergeben. Durch Friesen hatte der Markgraf dem Engländer die Bildung von drei Armeen vorgeschlagen, die selbständig, wenn auch in ständiger Fühlung miteinander operieren sollten. Das hatte Marlborough abgelehnt, da dann jede einzeln vom Gegner geschlagen werden könnte; er bestand auf der von Wratislaw ihm zugesicherten Vereinigung der Streitkräfte, um eine rasche Entscheidung herbeizuführen. Allerdings erkannte auch er an, daß man angesichts des Marsches starker französischer Kräfte unter dem Marschall Villeroy von der Maas zur Pfalz durch Besetzung der Linien von Stollhofen und Bühl, die sich vom Rhein bis an die Schwarzwaldhöhen bei Kappel zogen, mit Franken und den Mittelrheingebieten seine eigene Verbindung nach den Niederlanden decken und zugleich den Gegner hier fesseln und an weiterem Durchmarsch nach Bayern hindern mußte. Daß die schon bisher in den Linien stationierten Truppen nicht nur dort stehen bleiben, sondern durch im Anmarsch befindliche deutsche Kontingente noch verstärkt werden mußten, war auch die Meinung Eugens und Wratislaws, die jedoch ebenso wie Marlborough an der Vereinigung der bei Ulm stehenden Teile der Reichsarmee mit der seemächtlichen Streitmacht festhielten: durch diese starke Hauptarmee sollte ja dann das große „Dessein" der Zerschmetterung des Kurfürsten von Bayern verwirklicht werden. Ihnen wäre es nun am liebsten gewesen, wenn der Markgraf das Kommando in den Linien übernommen und damit dem Prinzen und dem Lord freie Hand gegeben hätte, dazu aber war, wie sich herausstellte, jener nicht bereit 141 ). Darüber war Wratislaw schon durch Friesen unter-

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richtet worden, und wenn Eugen es nicht auch schon vor des Grafen Ankunft in Ermingen erfahren hatte, so hörte er es nun jedenfalls von diesem, und er mag schon vor dem Gespräch zu dritt am 8. Juni zu der Erkenntnis gelangt sein, daß angesichts der Weigerung seines Vetters, den man weder zwingen konnte noch verstimmen wollte, ihm nichts anderes übrig blieb, als das K o m m a n d o am Rhein zu übernehmen, wo auch nach der Überzeugung von Wratislaw und Marlborough angesichts der Massierung französischer Truppen unbedingt schleunige Abwehrmaßnahmen durch einen „General von großer Experienz und Vigilanz" getroffen werden mußten, damit nicht von dort aus der eigene Plan in verhängnisvoller Weise gestört und zunichte gemacht wurde. Über jenes Gespräch hat Wratislaw dem Kaiser einen anschaulichen Bericht erstattet: zunächst war er allein bei dem Generalleutnant, der bestätigte, daß er für den Oberbefehl am Oberrhein nicht zu haben sei, und meinte, der G r a f werde große Mühe haben, den Prinzen von Savoyen dazu zu disponieren; währenddessen trat Eugen ein, und als Wratislaw wiederholte, daß einer der beiden Vettern an die Spitze der zu verstärkenden Armee am Rhein treten müßte, erklärte L u d w i g Wilhelm, er sollte seinen Antrag an den Prinzen richten, „weil niemand als er bei dieser Armee wäre, dem man ein so schweres und vielen Akzidentien unterworfenes K o m m a n d o anvertrauen könnte", worauf Eugen antwortete, „Euer Kaiserliche Majestät hätten ihn in das Reich geschickt, unter Dero Generalleutnants K o m m a n d o zu stehen, und gleichwie er niemals eine Diffikultät gemacht, an Ort und Ende zu gehen, wo seine Person Euer Kaiserlichen Majestät Dienste einigermaßen hätte befördern können, also werde er auch dermalen von des Generalleutnants Ordre dependieren". Es kann kein Zweifel sein, daß diese Entscheidung für ihn ein schweres Opfer bedeutete. Bei seiner Transferierung von der D o n a u an den oberen Rhein, so schrieb er einige Tage darauf an Guido Starhemberg, erkenne er wohl, daß er sich „in ein gefährliches Impegno" setze, gleichwohl habe er sich „bei gegenwärtigen Konjunkturen dieses gefährlichen Kommandos zu entziehen nicht vermocht" 1 4 2 ). Noch deutlicher kommen die Resignation und zugleich die Begründung für sie in vertraulichen Mitteilungen zum Ausdruck, die er einige Wochen später, als er bereits in R a statt den Befehl übernommen hatte, dem hannoverschen Diplomaten Baron Oberg zukommen ließ: „wie daß ich hauptsächlich von

Sdiwierige Verhandlungen mit dem Markgrafen

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darum herausgekommen, um diese Expedition zwischen dem Prinzen Louis und Mylord wohl konzertieren zu machen, sodann auch weiter unter ihnen das gute Verständnis zu prokurieren; mithin habe ich auch alles Kommando über mich genommen, welches sie mir haben geben wollen, um andurdi nur desto leichter den Effekt zu erreichen, wiewohl vormals das Absehen gewesen, daß ich hätte an der Donau kommandieren sollen" 143 ). Jenes Gespräch in Ermingen hat noch einen anderen wichtigen Punkt berührt: wenn Wratislaw und Eugen sich bereit fanden, den persönlichen und militärischen Wünschen des Markgrafen Rechnung zu tragen, so geschah das auch, um ihm jeden Vorwand für politische Seitensprünge zu nehmen und die offensichtlich von ihm weiterhin betriebenen Versuche, mit dem Bayern zu einer Verständigung zu gelangen, zu unterbinden. Die Besorgnisse, die beide hegten, daß der möglicherweise durch das Erscheinen Marlboroughs ersdireckte Kurfürst mit Erklärungen und Angeboten die Verbündeten verwirren und ihre Operationen hemmen wollte und daß der offenbar des Krieges müde und von Zweifeln über seinen Ausgang erfüllte Badener ihm dabei Hilfe leistete, fanden sie durch Eröffnungen Ludwig Wilhelms über die Mission eines bayerischen Emissärs an ihn mit Vorschlägen einer Befriedung Süddeutschlands auf Grund einer persönlichen Zusammenkunft, an der auch Prinz Eugen teilnehmen könnte, bestätigt. Wieder erhalten wir durch Wratislaws Bericht an den Kaiser über die sich an die Mitteilung anschließende Auseinandersetzung und über das enge Zusammenspiel des Grafen und des Prinzen ein eindrucksvolles Bild 144 ): „Diesen Diskurs führte der Generalleutnant herum, gleichsam unsere Meinungen zu wissen; und weil wir aus seinen Diskursen verspürten, daß er große Lust dazu hätte, so fing ich an, unterschiedliche Diffikultäten einzustreuen, der Prinz von Savoyen dagegen sagte anfänglich nichts, sondern observierte genau, was der Markgraf weiter sagte. Meine eingestreuten Diffikultäten machten den Markgrafen mehr reden, und wir konnten daraus genugsam abnehmen, daß er gern dem Kurfürsten aus diesem Embarras helfen wollte, nicht vielleicht deswegen, daß er sich etwa mit ihm sollte verstehen, sondern weil er die Ausführung der Exekution nicht so leicht glaubt und sich einbildet, daß Euer Kaiserliche Majestät durch einen Vergleich leichter aus diesem ganzen Krieg kommen könnten, wie er uns dann öfters wiederholt, daß etwas zu

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sakrifizieren, was man nicht hat, keine große Sache wäre. Nachdem man eine Weile über diese Materie geredet, ist der Prinz von Savoyen und ich einerlei Meinung gewesen: nämlich man müßte sich nicht lassen herumführen, noch durch eine öffentliche Unterredung den Alliierten eine Jalousie geben; ohne Euer Kaiserlichen Majestät Konsens könnte niemand mit dem Kurfürsten traktieren, daher sollte der Herr Markgraf dem Kurfürsten antworten, daß er sich positive gegen ihn deklarieren sollte, auf was für conditiones er sich zu vergleichen gedächte, welche man alsdann den Alliierten kommunizieren und darüber Euer Kaiserlichen Majestät Befehle erwarten könnte." Ob sie ihn überzeugt hätten, war beiden fraglich, und es machte sie dann besonders stutzig, daß Ludwig Wilhelm, der zunächst bereit war, sofort gemeinsam mit ihnen aufzubrechen, um Marlborough zu treffen, seine Meinung, wie man „gleichsam in procinctu gestanden, um wegzugehen", plötzlich änderte und sie mit der Versicherung, bald nachzukommen, vorausschickte. Es kam hinzu, daß er bei Verlesung von aufgefangenen bayrischen Briefschaften darin enthaltene „gefährliche Prätensiones" als von den Franzosen und nicht von dem Kurfürsten ausgehend hinzustellen suchte, „welches alles", wie Wratislaw dazu bemerkt, „zusammen mit anderen mehreren Zirkumstantien, die da in Aufschiebung oder anderen Nachlässigkeiten bestehen, uns sehen macht, daß etwas in dieser Conduite sei, welches uns nicht allerdings gefällt" 145 ). Gewiß glaubten sie nicht an etwas, was als Verrat hätte gelten können, aber sie hielten es für nötig, den so gar nicht mehr an den „Türkenlouis" erinnernden Zähringer zu beaufsichtigen und ihn von Schritten abzuhalten, die sich für den Feldzug nachteilig auswirken konnten. Wenn nun Prinz Eugen an den Rhein zog, fiel diese Aufgabe in erster Linie Wratislaw zu, aber gerade damals muß ihm die auf seine eigenen Anregungen vom 5. Mai zurückgehende Weisung des Kaisers zugegangen sein, die den Diplomaten ausdrücklich der Direktion des Savoyers unterstellte und ihm befahl, in allen Vorfallenheiten mit ihm Verbindung zu halten — „denn ich in dessen Vernunft, Treue und Eifer ein großes Vertrauen habe" 146 ). Ohne den Markgrafen sind Eugen und Wratislaw am 9. Juni aus dem kaiserlichen Lager aufgebrochen, und am Abend des 10. standen sich in Mundelsheim, 10 km nördlich von Marbach, zum erstenmal die beiden Männer gegenüber, die dann in gemeinsamen Taten sich als die größten Feldherrn ihrer Zeit erweisen

Die drei Feldherrn in Groß-Heppach

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sollten; in einem kleinen Orte Schwabens ist in jenen Abendstunden, in denen sich Eugen und Marlborough zeitweise auch in Abwesenheit Wratislaws vertraulich besprachen, eine Freundschaft begründet worden, die Bestand hatte und fast ein Jahrzehnt lang für Europa bedeutungsvoll war. Sie haben sich von vornherein gut verstanden. Nach dem Treffen hat Marlborough in einem Brief an L a d y Sarah Eugen mit L o r d Shrewsbury verglichen, der in England als Muster eines überlegenen, gewinnenden Mannes galt 1 4 7 ). U n d auf der anderen Seite entwarf der Prinz dem savoyischen Herzog ein Porträt des englischen Feldherrn, das bei aller ihm eigenen Zurückhaltung doch die Bewunderung zeigt, die ihn erfaßt hat: „das ist ein Mensdi von viel Geist, tapfer, wohl gesinnt und begierig, etwas zu leisten, zumal er in England verloren sein würde, wenn er ohne Erfolg zurückkehren würde; bei all diesen Fähigkeiten weiß er selbst, daß man nicht an einem T a g General wird, und mißtraut er sich selbst" 1 4 8 ). Man sprach in Mundelsheim in voller Offenheit zueinander. Darin, daß von Verhandlungen mit M a x Emanuel wenig zu hoffen war, stimmte Marlborough dem Prinzen zu. Als jener seinem eigenen Argwohn gegen den Prinzen Louis Ausdruck gab, erklärte ihm Eugen, „daß, wofern wider Verhoffen der Markgraf präjudizierliche Passus wider Seiner Kaiserlichen Majestät Dienst machen täte, so wären Seine Kaiserliche M a jestät entschlossen, mit großem Rigor diesem Obel zu remedieren", und er ließ ihn Einblick in die ihm ohne des Generalleutnants Wissen übertragenen Vollmachten nehmen. Man war sich auch ganz einig darin, daß, da der Prinz ja an den Rhein ziehen mußte, Wratislaw als sein und des Kaisers Vertrauensmann im H a u p t quartier der Hauptarmee zu bleiben hatte, um dafür zu sorgen, „ d a ß die zwischen Seiner Kaiserlichen Majestät Generalleutnant und dem D u c de Marlborough so nötige Union und Korrespondenz bei den bevorstehenden Operationen erhalten werden" 1 4 9 ). A m 11. Juni nahm Eugen an dem Marsch der englischen Truppen nach Groß-Heppach, östlich von Stuttgart, teil: sein Lob über die gute Stimmung der Soldaten soll Mylord mit dem Kompliment erwidert haben, daß dieser Geist allein durch die Gegenwart des Prinzen hervorgerufen sei. Die Zusammenkunft mit dem dritten der Feldherrn, dem Markgrafen, die dann am Nachmittag des 13. Juni im Gasthof zum L a m m in Groß-Heppach stattfand, hatte der Prinz dadurch vorbereitet, daß er dem Engländer vorher ein Bild von

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Charakter und Eigenheiten des alt gewordenen Türkenbesiegers entworfen hatte, was jenem die sich dann bestätigende Erkenntnis vermittelte, daß er ihm gegenüber viel mehr auf seiner H u t sein mußte, als wenn er mit Eugen zu tun hatte 1 5 0 ). Die in Ermingen und Mundelsheim verabredete Regelung konnte jedoch ohne Schwierigkeiten zum Beschluß erhoben werden: Einsatz des Savoyers am Rhein, gemeinsames Handeln des Generalleutnants und des LordHerzogs gegen Bayern, wobei zwischen ihnen die Paroleausgabe und damit der Oberbefehl täglich zu wechseln hatte. Wenn Eugen die Zuweisung des im Anmarsch befindlichen preußischen Hilfskorps zu seiner Armee erreichte — dessen in Ermingen anwesender Führer, Leopold von Anhalt-Dessau, hatte auf eine Anfrage ausdrücklich erklärt, daß ihm und den anderen preußischen Generälen nichts lieber wäre, als unter dem Prinzen zu dienen — so lehnte er eine von Wien an ihn gekommene Forderung auf Freimachung von Regimentern für Ungarn unter Berufung auf Marlboroughs Einspruch, aber auch auf sein eigenes Befinden schroff ab, „indem dadurch das abgefaßte Konzert, um den Kurfürsten in Bayern zu Paaren zu bringen, völlig zerschlagen würde, da es doch der Hauptpunkt ist, um dermaleinst diesem gefährlichen Kriege ein besseres Aussehen zu geben" 1 5 1 ). Am 14. Juni hat sich der Prinz von den beiden anderen Feldherrn und Wratislaw verabschiedet, um sich „en diligence" an den Rhein zu begeben 152 ). Was fand er hier vor, wie hatte sich überhaupt die militärische Lage in Deutschland seit dem Frühjahr entwickelt 1 5 3 )? Auf der Gegenseite hatte, wie wir uns erinnern, zu Anfang des Jahres Kurfürst M a x Emanuel nach Fortnahme von Passau das Land ob der Enns bedroht, er war dann aber nach Westen gezogen, um französische Verstärkungen, die ihm Tallard über den Schwarzwald zuführen sollte, aufzunehmen. Geschwächt durch die Abberufung des sächsischen Kontingents, das August der Starke für den Krieg benötigte, den er als König von Polen im Norden gegen Schweden führte, hatten die zwischen Bodensee und Donau stehenden Reichstruppen es nicht verhindern können, daß Tallard 10 000 Mann dem Kurfürsten bei Donaueschingen übergab, um selbst wieder mit den zur Deckung dieses Transports verwandten Truppen an den Rhein zurückzukehren, und die Gelegenheit, nun etwa mit den inzwischen vereinigten an Zahl überlegenen deutschen Kräften dem Kurfürsten den Weg zurück zu verlegen,

Eugen am Oberrhein

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war nicht genutzt worden, da, wie der Markgraf in seinem Diarium vermerken ließ, „die impraktikabeln Wege und das unbequeme Terrain" dies nicht zuließen. So hatten Bayern und Franzosen Ende Mai nach Ulm marschieren können, wo sie bei Wiblingen ein Lager bezogen, während die Reichsarmee ihnen in den Tagen, in denen Prinz Eugen bei ihr eintraf, nach Munderkingen gefolgt war. Die Absicht, über die Donau zu gehen und gegen Nördlingen oder Nürnberg zu operieren, hatte der Bayer aufgegeben, als er von dem Heranrücken Marlboroughs erfuhr, mit rund 45 000 Bayern und Franzosen — 85 Bataillone und 105 Schwadronen — war er den Alliierten, die nach ihrer Vereinigung über 50 000 Mann — 76 Bataillone und 177 Schwadronen — verfügten, vor allem an Kavallerie unterlegen. Ganz anders sah es dagegen am Rhein aus, seitdem Marschall Villeroy mit einem Teil der zunächst zu Operationen gegen die Niederlande bestimmten französischen Armee dorthin gezogen w a r : Anfang Juni vereinigte er sich bei Weißenburg mit Tallard, so daß sich hier nun eine feindliche Streitmacht von 50 000 Mann befand, mit deren weiterer Verstärkung zu rechnen war. Dagegen fand Prinz Eugen, als er am 15. Juni bei Rastatt eintraf, in den Linien nur einen Bruchteil dieser Zahl vor, in der Hauptsache pfälzische Bataillone und Kreistruppen aus Schwaben, Oberrhein und Westfalen, deren Stärke meist erheblich unter dem Sollstand lag. Einige Kampfkraft konnte diese Armee erst gewinnen, wenn die Preußen eintrafen, aber auch dann blieb sie dem Feind stark unterlegen. Der neue Oberbefehlshaber hatte noch von Groß-Heppach aus in einem Bericht an den Kaiser voll Besorgnis geäußert, daß es kaum möglich sein werde, den Rheinübergang und weitere Operationen des Feindes zu verhindern, „indem seine Macht der unsrigen tarn in quantitate quam qualitate weit überlegen, anbei auch gewiß ist, daß er alle Force ankehren werde, um dem Kurfürsten in Bayern Luft zu machen". Nochmals hat zur gleichen Zeit Wratislaw Marlboroughs und sein Bedauern darüber geäußert, daß man nicht auch ihn bei der Hauptarmee habe halten können, „allein es ist unmöglich, weil ohne ihn unfehlbar am Rhein alles über und über gehen würde"; vielleicht, so hatte er gemeint, könne man ihn, wenn er einmal die Anstalten, wie es sein sollte, am Rhein getroffen habe, doch wieder herbeirufen und einen anderen an seine Stelle setzen. Selbst wünschte Eugen sich gewiß nichts anderes. Zunächst aber galt es für ihn, sich gewissermaßen

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in die Bresche zu werfen. Wenn, so versprach er dem Kaiser, der Feind ihm so lange Zeit gebe, bis er an den Linien alles in Augenschein genommen und danach die Defensionsanstalten getroffen, auch die Truppen beisammen hätte, werde er mit äußersten Kräften den Franzosen die „Passage" zu verwehren suchen. Marlborough gegenüber hat er sich freilich über diese Möglichkeit recht skeptisch geäußert: die Situation, so schrieb der Lord an den holländischen Ratspensionär, werde für den Prinzen wohl recht unangenehm werden, aber Eugens Meinung stimme ganz überein mit seiner eigenen, daß, was auch immer am Rhein passieren würde, es unter keinen Umständen davon ablenken dürfe, alles zu tun, um den Kurfürsten zu zerschmettern, denn davon hänge Erfolg oder Mißerfolg der gemeinsamen Sache ab 164 ). Als der Prinz an Ort und Stelle sich umsah, schien ihm alles noch weit schlimmer, als er erwartet hatte. Was sollte diese Handvoll Truppen gegen eine übermächtige Armee ausrichten, wie konnte man auch nur Widerstand leisten, wenn, wie er unmutig — und doch wohl übertreibend — an den Markgrafen schrieb, es nicht nur an Artillerie fehlte, sondern kein Kreuzer Geld, kein Blei und Pulver und kein Stück Schanzzeug vorhanden waren 155 )! Mit welcher Sehnsucht erwartete er die Preußen: schon am Tage seiner Ankunft in Rastatt hat er ihrem Führer Leopold von Anhalt beteuert, wie glückselig er sich schätze, diese Truppen bei seinem Korps zu haben, da er von seiner tapferen Anführung und von seiner Regimenter bekannter Bravour alles erwarte 156 ). Noch waren sie fern, als er am 17. Juni die Linien „hinauf gegen Bühl und von dort weiter hinunter" besichtigte, immer darauf gefaßt, daß ihm gefährliche Bewegungen der Franzosen gemeldet wurden, die nach ihm gewordenen Informationen beabsichtigten, gleichzeitig an verschiedenen Orten den Rhein zu überschreiten157). Überraschenderweise ließ sich der Gegner aber Zeit, und so trafen nicht nur die Preußen am 22. Juni bei Bruchsal ein, sondern gegen Ende des Monats erreichte auch noch ein von den Seemächten gemietetes dänisches Hilfskorps, das man ihm zugewiesen hatte, die Neckargegend, so daß der Prinz mit 43 Bataillonen und 57 Schwadronen zwar noch nicht, wie Marlborough annahm, über 30 000 Mann, immerhin aber über eine einigermaßen schlagkräftige Streitmacht verfügte 158 ). Selbst hat er am 27. Juni in Schreiben an den Kaiser und an den Markgrafen seine Verwunderung darüber ausgespro-

Französische Bewegungen

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dien, daß die Franzosen, „da sie doch mit allem fertig", so lange zögerten, seinerseits drängte er, daß man dies an der Donau ausnutzte, bevor sie endlich zur „Passage" ansetzten, die er täglich erwartete: daß er gegen ihre „andringende große Macht und Gewalt" sie ihnen „disputieren" könnte, hielt er auch jetzt für ausgeschlossen, er war höchstens in der Lage, sie hier und da aufzuhalten und Ludwig Wilhelm und Marlborough damit die Möglichkeit zu geben, vor ihrem Durchbruch die eigenen Operationen zum glücklichen Ende zu bringen, „allein an der Zeit ist alles gelegen, damit solche eifrigst getrieben werden". Dabei trug er sich offenbar schon mit dem Plan, selbst, falls der Feind, statt die Linien anzugreifen, an ihnen vorbei nach Schwaben und Bayern marschieren sollte, ihm mit einem Teil seiner Armee zu folgen: „wenn sie", so heißt es in einem eigenhändigen Zusatz zu seinem Bericht an Ludwig Wilhelm, „sich zum Schwarzwald wenden werden, was sehr leicht sein könnte, muß ich wissen, was von Ihrer Seite beabsichtigt ist; ich könnte dahin mit den Dänen und Preußen marschieren, sie würden vor mir sein, und ich zweifle nicht, daß Sie mir in diesem Fall ein Korps entgegen senden oder selbst von dort herankommen, da ich sonst nicht wagen könnte, midi zu zeigen" 159 ). Seitdem am 30. Juni bekanntgeworden war, daß auf dem gegenüberliegenden Rheinufer große Teile der französischen Armee sich nach Süden in Marsch gesetzt hatten, wich die bisherige Ruhe im Hauptquartier in Rastatt einem aufregenden Hin und Her von Erwägungen, Anweisungen und Korrespondenzen, wobei die Ungewißheit über die wirklichen Absichten des Feindes und die verschiedene Auslegung, die man seinen Bewegungen geben konnte, mehrfach zum Widerruf schon gegebener Befehle oder zum Anhalten bereits in Gang gesetzter Maßnahmen führte: die große Gefahr bestand darin, daß der Gegner nach dem Übergang über den Rhein im Süden nur Teile seiner Truppen gegen Freiburg oder über den Schwarzwald sandte und sich dann, wenn etwa der Prinz sich von den Linien fortlocken ließ, mit der Hauptmacht auf diese stürzte, oder daß er gegen Norden nur demonstrierte, um ihn dort zu fesseln, und inzwischen bei seinem Marsch über den Schwarzwald nach Osten einen weiten Vorsprung gewann 160 ). Die erste Maßnahme, die der Prinz traf, war, daß er die noch im Anmarsch vom Neckar befindlichen Dänen eine Wendung gegen Bretten und Rottweil nehmen ließ und die Preußen sowie die an Zahl nur ge-

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Sieg in Deutschland

ringen österreichischen Abteilungen seiner Armee in Marschbereitschaft setzte, in der Absicht, sie in gleicher Richtung zu dirigieren, während Pfälzer und Kreistruppen dann weiter die Linien decken sollten: „für meine Person aber", so benachrichtigte er den Markgrafen, „sobald sich nur der Feind mit seinem Marsch deklariert haben wird, gedenke ich gegen Freiburg und den Schwarzwald vorauszugehen, um das Land zu rekognoszieren und danach meinen Marsch desto besser einrichten, auch sonst in einem und anderem die vorläufigen Dispositionen vorkehren zu können" 161 ). In den ersten Julitagen erfuhr er, daß Tallard bei Straßburg wirklich den Rhein überschritten hatte und an der Kinzig stand, während Villeroy noch bei Speyer angenommen wurde, „wobei ich" — so in einem Bericht an den Kaiser vom 4. Juli — „zwar auch verspüre, daß der Feind annoch selbst über seine Operation hesitiere; allein die Posituren bei der Armee geben mir noch gleichwohl doppelte Jalousie, als nämlich hinauf- und herabwärts, da sie solchergestalten sowohl gegen den Schwarzwald und gegen Freiburg, als auch gegen die Linea und herab gegen den Rhein a la portee stehen" 162 ). Die Dänen erhielten Befehl, anzuhalten, „bis sich der Feind mehr deklariert haben wird, zumal ich auch ohnehin gegen den Schwarzwald ihm nicht vorkommen könnte, und beinebens aber, wenn ich von herwärts die meisten Truppen entfernen täte, er, Feind, die Passage des Rheins gar leicht würde effektuieren können". Diese Sorge, daß ein Teil der französischen Armee von der Pfalz aus unmittelbar die Linien angreifen würde, wurde zwar hinfällig, als sich herausstellte, daß auch Villeroy bei Straßburg den Rhein überschritt: während Tallard inzwischen im Weitermarsch nach Süden Kenzingen erreicht hatte, nahm er mit starken Kräften Stellung bei Offenburg, womit es zweifelhaft blieb, ob er die Überquerung des Schwarzwalds oder die Belagerung Freiburgs decken oder aber von dort aus plötzlich die Linien angreifen wollte. Der Prinz hat, während er dem Kommandanten von Villingen im Schwarzwald Befehl gab, bei einem Erscheinen der Franzosen sich „auf die äußerste Extremität" zu verteidigen, die Dänen zum Weitermarsch auf Graben, die Preußen zum Marschantritt in Richtung Pforzheim angewiesen, es aber noch nicht gewagt, die volle Bewegung dieser noch durch die zwei kaiserlichen Bataillone und einige schwäbische und westfälische Kreisregimenter verstärkten Teile seiner Armee durchzuführen und sich selbst nach Rott weil zu begeben: noch war

Maßnahmen Eugens

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er über das Vorhaben der Franzosen so unsicher, daß er nach einer neuerlichen Mitteilung an den Kaiser vom 14. Juli, „sowohl für meine Person als mit dem Marsch der bereits movierten Truppen habe anhalten lassen, dieweil auch der Feind den seinigen bis dato suspendiert hat und ich also noch immer in Sorgen stehe, daß, wenn ich mich mit dem meisten Teil meiner Macht zu weit hinaufwärts ziehete, er alsdann unversehens mit aller Gewalt auf die Linie fallen und selbige über den Haufen werfen dürfte" 163 ). Doch dann kam am 18. die Meldung, daß Tallard mit 20 000 Mann in den Schwarzwald eingetreten und bereits vor Villingen angelangt war, worauf Eugen annehmen zu können glaubte, daß sowohl Villeroy als auch die auf dem linken Rheinufer zurückgebliebenen Teile der feindlichen Armee nur den Auftrag hatten, diesen Übergang zu decken und ihn selbst in den Linien festzuhalten. Nun gab es für ihn kein Zögern mehr: selbst brach er in der Frühe des 20. Juli von Rastatt auf, um die Leitung der sofort zum Wiederaufbruch nach Südosten veranlaßten Abteilungen zu übernehmen und Tallard dahin zu folgen oder zu begleiten, wo die Entscheidung fallen mußte, während der Feldmarschall Fürst Nassau den Befehl über die in den Linien zurückbleibenden Pfälzer und Kreiskontingente übernahm 184 ). Aber war denn inzwischen die Entscheidung in Schwaben und Bayern nicht längst gefallen? Immer wieder hatte der Prinz in den verflossenen Wochen den Markgrafen und den Lord beschworen, die Zeit, die man ihnen unerwarteterweise von französischer Seite ließ, zu nutzen und mit ihren überlegenen Kräften den Kurfürsten und seine französischen Hilfstruppen zu schlagen, bevor neuer Nachschub über den Schwarzwald kam 165 ). Lange hatte er von den Operationen der Hauptarmee nichts erfahren, bis ihm endlich am 4. Juli ein von Ludwig Wilhelm entsandter Generaladjutant die Nachricht von einem ersten Erfolg der Alliierten brachte, den er sofort durch eine dreifache Salve aus allen Geschützen feierte, „welches den Feind vielleicht in seinem Konzept wohl irremachen und mir hingegen etwa mehr Luft und Zeit geben dürfte, sowohl meine diesseitigen Defensionsanstalten längs des Rheins desto besser in Stand zu bringen als auch das weitere Concerto erwarten zu können" 166 ). Nachdem nördlich der Donau Reichsarmee und seemächtliches Korps sich vereinigt und den Vormarsch angetreten hatten mit der Absicht, die Donau zu überschreiten, waren sie bei 5 Braubadi, Prinz Eugen

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Sieg in Deutschland

Donauwörth auf den Feind gestoßen und hatten am 2. Juli dessen den dortigen Flußübergang deckende Stellungen auf dem Schellenberg angegriffen und sie unter schweren Verlusten genommen: es war ein Erfolg, aber nicht mehr, und auf das weitere Zusammenwirken der Alliierten wirkte es sich ungünstig aus, daß Marlboroughs vermittelnder Berater, der fähige holländische General Goor, gefallen war und daß die Art, wie man von englischer Seite das Verdienst für Kampf und Sieg für sich in Anspruch nahm, die von Anfang an bestehende Spannung zwischen den beiden Feldherrn noch wesentlich verstärkte 167 ). Während Max Emanuel und Marsin beschlossen, sich vorerst von der Donau nach Schwaben abzusetzen und dort in günstiger Stellung bei Augsburg auf die Ankunft Tallards zu warten, ließen es die Sieger vom Schellenberg an der nötigen Energie fehlen. Nach späteren Berichten Eugens an den Kaiser und an den Herzog von Savoyen hat er in Briefen an Ludwig Wilhelm und an Marlborough den Rat gegeben, sofort auf Augsburg zu marschieren, eine halbe Stunde davor ein durch viele Brücken verbundenes Lager auf beiden Seiten des Lech zu beziehen, von dort aus mit Detadiements Rain, Dillingen und Lauingen zu nehmen, „wonach man sodann weiter in solcher Situation den Feind von Ulm und Bayernland würde völlig abgeschnitten, mit unserer Kavallerie samt den Husaren aber ihm die Fourage habe abstricken können": der Gegner wäre so rasch in Verpflegungsschwierigkeiten geraten, worauf man „gar leichtlich von seinem ersten Mouvement profitieren und auch die Konjunktion mit dem Tallard, wo nicht totaliter verhüten, doch wenigstens sehr schwer hätte machen können" 168 ). Statt wenigstens energisch nachzurücken, bewegten sich die Verbündeten auf dem rechten Lechufer langsam auf Augsburg zu, wobei sie sich auch noch durch die erst am 16. Juli kapitulierende kleine Feste Rain aufhielten ließen, und bezogen endlich am 23. bei Friedberg ein durch das breite Lechtal vom Gegner getrenntes Lager169). So war, wie Prinz Eugen voll Zorn feststellte, nichts geschehen, um von der angeblich durch die Niederlage am Schellenberg hervorgerufenen „Konfusion und Konsternation" der Feinde zu profitieren, solange dazu Zeit gewesen und Tallard noch nidit herangekommen war 170 ): „Sie amüsieren sich damit, Rain zu belagern und einige Dörfer abzubrennen, statt, wie ich es ihnen klar genug vor Augen geführt habe, direkt auf die Feinde loszumarschieren"171).

Unbefriedigende Entwicklung an der Donau

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Auch mit Marlborough war der Prinz unzufrieden, er warf ihm vor, seit dem 2. Juli nicht mehr genügend Initiative zu zeigen, was er auf den Tod Goors — „ein großer Verlust in dieser Konjunktur" — zurückführte 172 ). Er mißbilligte auch, daß der Lord, während er auf der einen Seite immer schärfer gegen den Generalleutnant Stellung nahm, doch seinerseits sich auf die von dem Badener weiterhin betriebenen Verhandlungen mit Max Emanuel einließ, die seiner Meinung nach von dem Kurfürsten gar nicht ernst gemeint waren und nur die Alliierten hinhalten sollten, bis er die Vereinigung mit Tallard vollzogen hatte 1 7 3 ). Was den Markgrafen betraf, so hatten sich Mißtrauen und Argwohn gegen ihn schon vor dem Sturm auf den Schellenberg sowohl bei Marlborough als auch bei Wratislaw verstärkt: der Engländer hatte gemeint, man müsse ihn entweder „arretieren" oder durch ausdrücklichen Befehl des Kaisers an den Rhein schicken und bei der Hauptarmee den Prinzen Eugen an seine Stelle setzen, wozu Wratislaw skeptisch urteilte, daß wohl der erste Weg der sicherste, aber vielleicht nicht der billigste sei, „denn man nichts Positives wider den Markgrafen aufzuzeigen hat, auch niemals haben wird, indem derselbe zu vernünftig und zu arg ist, sich in facto ertappen zu lassen", der zweite ihn gewiß auch verstimmen werde, „jedoch wäre besser, denselben zu disgustieren, als Euer Kaiserliche Majestät und Dero ganzes Erzhaus zu Grunde gehen zu lassen" 1 7 4 ). Der Prinz konnte sich demgegenüber nicht vorstellen, daß sein badischer Vetter wirklich Verrat üben würde, warnend wies er den Kaiser darauf hin, daß ein Beweis dafür keineswegs vorhanden und es ja nur zu bekannt sei, wie dergleichen „ungleiche Opiniones nie weniger ruhen, als wenn in publicis die Sachen nicht gut gehen und absonderlich die Kriegsoperationes schlechten Sukzess haben" 1 7 5 ). Immer schärfer freilich kritisierte er die Kriegführung des Markgrafen, der sich den Vorschlägen Marlboroughs und auch seinen eigenen Ratschlägen mit der Begründung versagte, sie wollten den Krieg „alla Hussara" führen, er aber wäre als erfahrener General schuldig, nach der Kriegsräson zu handeln 1 7 6 ). Schon schien der Badener überzeugt zu sein, daß in diesem Jahre nichts mehr von Bedeutung zu erreichen sei und man nicht mehr tun könne, als für günstige Ausgangsstellungen für den nächsten Feldzug zu sorgen, er wollte daher vom Lech wieder zur Donau zurück und sich gegen Ulm wenden, und wenn er sich schließlich dem von Wratislaw ins Gespräch gebrachten Vorschlag, 5*

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wenigstens Ingolstadt zu belagern, zuwandte, so lehnte er Marlboroughs Plan, vorher das bayrische Land rechts des Lech planmäßig zu verwüsten, als zu kühn ab. Voll Verzweiflung über die unfruchtbaren Auseinandersetzungen im Hauptquartier wußte Wratislaw nur noch ein Mittel, um den Markgrafen zu einer anderen Haltung zu bewegen, einen neuen „Postritt" des Prinzen Eugen, diesmal vom Rhein an Donau oder Lech: „denn wenn man ihn jetzt in etwas pressiert, so sagt er, man verstünde den Krieg nicht, womit der Diskurs ein Ende hat, allein dem Prinzen Eugen wird er es nicht dürfen sagen" 177 ). Er befand sich ja nun schon auf dem Marsch nach dem Osten. Noch schien er zunächst die Absicht zu haben, sich Tallard in den Weg zu legen, wozu die Voraussetzung war, daß man ihm von der Hauptarmee wenigstens ein Kavalleriekorps entgegensandte: unablässig hatte er seit Anfang Juli darauf gedrängt, und am 13. Juli hat Marlborough in der Tat rund 30 Schwadronen unter dem Befehl des Prinzen Maximilian von Hannover in Richtung Rottweil in Marsch gesetzt178). Aber noch von Rastatt aus hatte Eugen in einem Brief an den Grafen Sinzendorf vom 18. Juli darauf hingewiesen, daß er mit einem Korps von 20 Bataillonen und 55 bis 60 Schwadronen, über die er nach der Vereinigung mit dem H a n noveraner verfügte, Tallard doch wohl nur begleiten könne 179 ). Noch am Abend desselben Tages, an dem er Rastatt verlassen hatte, war er in Herrenberg zu den Preußen und Dänen gestoßen, mit denen er am 21. nach Horb marschierte, am 22. traf er dann in Böhringen bei Rottweil auf die schwäbischen und westfälischen Kreisschwadronen, während zugleich die Verbindung mit der ihm entgegengesandten Kavallerie hergestellt wurde. Während er in der Sorge, daß es sich bei Tallards Marsch doch nur um ein Scheinmanöver handele und die Franzosen sidi plötzlich mit aller Macht auf die Linien stürzen könnten, erneut ein Anhalten erwog 180 ), kam die überraschende Nachricht, daß der Marschall die bereits begonnene Belagerung von Villingen aufgehoben habe, aber nicht um zurückzumarschieren, sondern um in größter Beschleunigung nach Osten auf Tuttlingen weiter zu ziehen. Sofort ritt der Prinz selbst über Rottweil nach Villingen vor, wo er am Vormittag des 23. Juli die vom Feind angelegten Approchen und die bereits in den Befestigungen entstandenen Breschen besichtigte und nach dem Mittagessen in der Kommende St. Johann nach Rottweil zurück-

Eugens Zug vom Rhein zur Donau

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kehrte 181 ). Dem Markgrafen meldete er, daß er dem Feind, der „durch dieses sein präzipitantes Mouvement" einen Vorsprung gewonnen hatte, auf dem Fuße folgen werde: „Und ob ich schon mit der Infanterie nicht bastant bin, ohne großen Hasard denselben formaliter anzugreifen, so werde ich doch tun, was mir die Gelegenheit an die Hand geben wird, und nichts unterlassen, was wird möglich sein können" 182 ). Dazu sollte es nun freilich nidit kommen: Tallard, der zunächst nach Ulm rückte und sich von dort aus nach Augsburg wandte, wo er am 3. August den Kurfürsten und Marsin traf, war nicht mehr einzuholen. Dadurch aber, daß Eugen nun endgültig dem Oberrhein und den Linien den Rücken wandte — es blieb ein Wagnis, da der bei Offenburg stehengebliebene Villeroy den zurückgelassenen Reichstruppen dort weit überlegen war — und seine 20 000 Mann auf den Hauptkriegssdiauplatz führte, hat er „die entscheidende Wendung des Feldzugs" eingeleitet 183 ): es war das ein von ihm ganz selbständig gefaßter Entschluß. Er ließ seine Truppen in Richtung auf Dillingen und Donauwörth marschieren, am 26. Juli war er in Schlatt bei Hohenzollern, am 28. in Kirchheim und am 29. in Groß-Süßen, wo er bis zum 1. August Rast hielt, um Leute und Pferde ausruhen und die verschiedenen Abteilungen zusammenziehen zu können: „Kein Mensch hat midi noch in dieser Gegend erwartet, und ist gewiß, daß der Feind davon ziemlichermaßen embarassiert sein wird" 184 ). Am 1. ging es weiter nach Heidenheim, und am 3. wurde Höchstädt an der Donau erreicht, wo ein Lager aufgeschlagen wurde. Im Hauptquartier der Alliierten in Friedberg hatte man am 27. Juli von dem Anmarsch des Prinzen erfahren, worauf Wratislaw ihm in Übereinstimmung mit Marlborough einen Pagen zusandte, um ihn über die letzten Auseinandersetzungen und Vorschläge über die weitere Kriegführung ins Bild zu setzen. Seinerseits hat Eugen darauf am 29. den Generaladjutanten Moltenberg nach Friedberg geschickt, der ihm bei seiner Rückkehr am 1. August eine genauere Schilderung von Lage und Absichten geben konnte 185 ). Einmal erfuhr er, daß der Generalleutnant voll Besorgnis um die Lande am Oberrhein sein Kommen nicht billigte, ja ihn am liebsten wieder zurückgeschickt hätte: „man sieht ganz klar", so urteilte Wratislaw über den Markgrafen, „daß er und seine Consiliarii des Prinzen von Savoyen Gegenwart auf alle Weise zu evitieren suchen"186). Der Savoyer hat sich dadurch in seinem Marsch zur

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Sieg in Deutschland

Donau nicht beirren lassen: „Ich höre zwar von weitem", so schrieb er dann von Höchstädt an den Kaiser, „als ob der Generalleutnant nicht allerdings approbieren täte, daß ich so weit herabgerückt war, ich begreife aber nicht die Ursache, wo es ihm vielmehr lieb sein sollte, dieses gleichwohl in ungefähr 60 Escadrons und 18 Bataillone bestehende Korps an der Hand zu haben" 187 ). Was nun aber die Pläne des Markgrafen betraf, so hatte er seinerseits schon am 31. Juli von ihrer Durchführung nichts Gutes erhofft: „wenn er nur auf das wenigste eine einzige Operation proponiert und seine Ursachen erklärt hätte, so wäre ich fast sicher, daß der Mylord nichts diffikultiert haben würde, bis die heutige Stunde aber ist nicht allein nichts resolviert, sondern auch glaublich nicht das Geringste proponiert worden". Nun waren ihm freilich jetzt durch Moltenberg derartige Propositionen sowohl von dem Badener als auch von Marlborough zugegangen. Ludwig Wilhelm glaubte durch Gewinnung strategisch günstiger Positionen in Festungen und Städten den Gegner in Verpflegungsschwierigkeiten bringen zu können und gemäß dem Grundsatz zu siegen, „daß der Vorteil dieses Feldzugs demjenigen bliebe, welcher am längsten subsistieren und die Sachen aushalten kann" 188 ). Dabei forderte er große Überlegenheit der Kräfte, um sowohl die Lande am Rhein, Württemberg und Franken zu decken als auch das Donautal zu beherrschen, wozu aber das Verbleiben der seemächtlichen Truppen in Süddeutschland — sehr gegen Marlboroughs ursprüngliche Absicht — und sogar die Heranziehung des Korps Leiningen aus Italien gefordert wurde. Marlborough war zwar mit der von dem Markgrafen zunächst ins Auge gefaßten Belagerung von Ingolstadt einverstanden, wollte aber nicht wie jener eine Trennung der Hauptarmee in eine Angriffsund Deckungsgruppe bei Sicherung Württembergs und Frankens durch Eugen, sondern die Übertragung der Ingolstädter Aufgabe an diesen bei Zusammenhalten der Hauptkräfte, um unter Umständen eine Schlacht zu schlagen. Der Savoyer hatte bisher immer wieder eine rasche Entscheidung gefordert, um aber wenigstens die Möglichkeiten, die sich dafür nach Marlboroughs Ideen noch boten, zu erhalten, hat er in dem eigenen Entwurf, den er noch in Heidenheim am 2. August niederschrieb, sich dem Plane des Markgrafen insofern angepaßt, als er die Belagerung von Ingolstadt als einmal beschlossen hinnahm: sie müsse nur rasch zum Erfolg geführt werden, damit man sich auch noch Ulms bemächtigen könne.

Pläne der Verbündeten

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Audi die Aufteilung in Belagerungs- und Deckungsarmee billigte er, doch sollte jedenfalls sein eigenes Korps hier oder dort mit verwendet werden, also entweder mit des Lords Streitkräften sich vereinigen, falls der Markgraf gegen Ingolstadt zog, oder unter seiner eigenen Leitung an der Belagerung beteiligt werden. „Wenn man nicht", so heißt es in einem Nebensatz der Denkschrift, „die bayrische Affäre völlig beenden kann, obwohl man es hoffen könnte" 1 8 0 )! Das war und blieb im Grunde seine Auffassung, wie er es auch zwei Tage darauf dem Kaiser gegenüber andeutete: er finde nicht, daß der Feind mit der Ankunft Tallards die „Superiorität" erlangt habe, sondern glaube, „daß wenn auch unsere zwei Armeen ihm nicht überlegen, doch wenigstens in der Stärke ohne mein Korps gleich sein werden; und also wäre noch Zeit, von dieser bayrischen Expedition ein gutes Ende zu hoffen, wenn man nur anders einen rechten Ernst ankehren und zeigen wollte, daß man mit Vigor und rechtschaffenem Eifer zu operieren gesinnt wäre". Bezeichnend dann die Versicherung, daß er „zur bald- und geschwinden Determination unaufhörlich antreiben" werde, und der selbstbewußte Hinweis, daß er, wenn die Antwort aus dem Hauptquartier eingetroffen sei, schon wissen werde, „was ferner zu Euer Kaiserlichen Majestät Dienst und des Publici Interesse nach meiner Pflicht und Schuldigkeit tun solle" 1 9 0 ). Am gleichen Tage, an dem der Prinz in Höchstädt anlangte, hatte die Hauptarmee das Lager bei Friedberg aufgehoben und war nach Norden in Richtung Neuburg marschiert, wo am 6. August bei Schrobenhausen das Lager bezogen wurde. Noch von Friedberg aus hatte Wratislaw voll Unmut nach Wien über deren Abzug aus der Nähe des Feindes geurteilt: „Ich sehe auch vor, daß wir bei Ingolstadt, ehe die Belagerung wird anfangen, noch lang vergeblich werden sitzen, so allhier mit größerem Nutzen und Reputation hätte geschehen können. Haec sunt mala, die mir im Herzen weh tun zu berichten, ich hoffe aber allezeit, der Prinz von Savoyen wird noch kommen, wo man alsdann ein Remedium wird suchen" 191 ). Er hatte ihn ja schon, als er noch im Schwarzwald stand, beschworen, herzureiten, um seinen Vetter auf bessere Wege zu führen oder auszuschalten. Nun hat sich der Prinz tatsächlich zu diesem Ritt entschlossen. Er hat in den Tagen vom 3. bis 5. August das Gelände zwischen Lauingen und Donauwörth rekognosziert und für den 6. das Einrücken seiner Truppen in ein neues Lager

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Sieg in Deutsdiland

hinter dem östlich von Höchstädt in die Donau fließenden Kesselbach angeordnet, bei Anbruch dieses Tages aber machte er sich selbst auf den Weg nach Schrobenhausen192). Inzwischen war bereits zwischen dem Markgrafen und Marlborough vereinbart worden, daß jener mit 15 000 Mann Ingolstadt belagern und der Lord die Deckung übernehmen sollte, womit sich nun das ergab, was vor allem Wratislaw von Beginn des Feldzugs an wünschenswert erschienen war, die Möglichkeit des Zusammenwirkens Eugens und Marlboroughs. Es war dies nicht die Folge einer Intrige oder Überrumpelung, vielmehr hat Ludwig Wilhelm selbst den beiden anderen, verbittert über den ständigen Zank mit dem Engländer und wohl auch verstimmt über des Prinzen Kritik und Drängen, den Weg freigegeben. Möglicherweise war er mit Absicht nicht im Lager, als sein Vetter im Laufe des 6. August dort anlangte: er hatte sich nach Neuburg begeben, um dort Artillerie für die Belagerung von Ingolstadt zu besichtigen. So haben sidi wie einst bei der ersten Begegnung in Mundelsheim und Groß-Heppach Eugen und Marlborough zunächst allein aussprechen können, doch hat der Savoyer die am Abend des 7. erfolgende Rückkehr des Markgrafen abgewartet. Die Gespräche haben keine wesentlichen Änderungen der bereits getroffenen Verabredungen gebracht, wonach Ludwig Wilhelm, nachdem die ganze Armee am 8. sich etwas weiter nach Westen verlagert hatte, am folgenden Tag mit 23 Bataillonen und 31 Schwadronen auf Neuburg abmarschierte, um sich dann gegen Ingolstadt zu wenden, während Marlborough am selben Tage die verbleibenden 48 Bataillone und 113 Schwadronen weiter in Richtung auf des Prinzen Korps nach Edisheim führte 193 ). Es war ausgemacht, daß man die weiteren Bewegungen von dem Verhalten des Feindes abhängig machen wollte. Diese ließen denn auch nicht auf sich warten. Der Kurfürst hatte nach seiner Vereinigung mit Tallard bei Augsburg beschlossen, sich nach Norden zu wenden, die Donau bei Dillingen zu überschreiten, mit der Wegnahme von Nördlingen die Alliierten eines wichtigen Magazins zu berauben und zugleich Franken und die Belagerer von Ingolstadt zu bedrohen. Prinz Eugen hatte sich am 9. August gerade von Marlborough getrennt, um sich zu seinem Korps zu begeben, als ihn unterwegs die Nachricht erreichte, daß Bayern und Franzosen der Donau bei Aislingen und Lauingen zustrebten und ihr Obergang über den Strom bevorstand, womit

John Churchill, Herzog von Marlborough

Die Schlacht

von H ö c h s t ä d t

G r a f J o h a n n Wenzel Wratislaw von M i t r o w i t z

Marlborough eilt Eugen zu Hilfe

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sie dann auf seine weit unterlegenen Truppen stoßen mußten. Eiligst ritt er noch einmal zurück, um mit Marlborough die neue Lage zu beraten: rasch war der Beschluß gefaßt, daß in der Frühe des nächsten Morgens zunächst 27 Schwadronen der Reichsarmee unter dem Herzog von Württemberg aufbrechen sollten, um den Prinzen zu verstärken, daß ferner 20 Bataillone unter dem englischen General Churchill, einem Verwandten Marlboroughs, bei Marxheim auf das nördliche Donauufer setzten und der Herzog selbst nahe an den Strom rückte, um im Notfall gleichfalls der bedrohten Armee zu Hilfe zu eilen164). Nunmehr in sein Lager vor Höchstädt zurückgekehrt, wo in der Frühe des 10. Marsch- und Kampfbereitschaft angeordnet wurde, gab Eugen am Abend in einem eigenhändigen Brief dem Lord einen Bericht über die sich zuspitzende Entwicklung der Dinge 195 ): der Fluß Wechsel der Franzosen und Bayern bei Lauingen war in vollem Gang, die Ebene von Dillingen mit Menschen bedeckt, eine von ihm entsandte Patrouille nach Höchstädt zurückgejagt worden; noch blieb er selbst in dem Lager, das zur Aufrediterhaltung der Verbindung nach Nördlingen für die gesamten Streitkräfte der Verbündeten wichtig war, aber mit 18 Bataillonen glaubte er es nicht halten zu können, weshalb er in der Nacht die Infanterie und einen Teil der Kavallerie nach Donauwörth abmarschieren lassen wollte, während er mit der inzwischen eingetroffenen Reiterei des Herzogs von Württemberg und seinen Dragonern noch zu bleiben vorhatte, in der Hoffnung, daß inzwischen die Spitzen der englischen Infanterie herankamen und ihnen am nächsten Tage Marlborough selbst folgte. In einem Nachsatz konnte er dann noch mitteilen, daß tatsächlich das gesamte feindliche Heer schon diesseits der Donau stand: „so darf man keinen Augenblick Zeit verlieren, und ich glaube, man könnte es wagen, über Lech und Donau zu marschieren" — d. h. nicht auf dem Umweg über Marxheim östlich der Lechmündung und Donauwörth. Marlborough hat, als der Bote Eugens in der Nacht zum 11. August bei ihm eintraf, denn auch nicht nur dem schon nördlich der Donau stehenden Churchill Befehl zu schleuniger Vereinigung mit dem Prinzen gegeben, sondern auch sofort den Aufbruch seiner Armee in zwei Kolonnen angeordnet, von denen die eine, um rascher zur Stelle zu sein, den Lech bei Rain und die Donau bei Donauwörth überschreiten sollte. Als Eugen davon erfuhr, ließ er seine bereits hinter die vor Donauwörth einmündende Wörnitz

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abgerückte Infanterie wieder kehrt machen, entschlossen, etwaigen Angriffen des Feindes standzuhalten, bis der Flußübergang der Hauptarmee beendet war. Doch es erfolgte kein Angriff. Am Nachmittag des 11. ritt Marlborough seinen an der Wörnitz angelangten Truppen voraus zu seinem Waffengefährten nach Münster am Kesselbach. Während dann die Bataillone Eugens sich nach Norden nach Brachstädt schoben, rückten die seemächtlichen Regimenter in die Front zwischen diesem Ort und der Donau ein: die Vereinigung war geglückt, beiderseits wurde die Kavallerie über den Kesselbadi vorgeschoben. Eine Rekognoszierung der beiden Feldherrn am Morgen des 12. brachte die Gewißheit, daß Kurfürst Max Emanuel und Tallard sich von Lauingen nach Westen gewandt und zwischen Höchstädt und Blindheim, nur 8 km von der eigenen Stellung entfernt, ein Lager bezogen hatten. Der Bayer hatte bei dem französischen Marschall einen sofortigen Angriff nicht durchzusetzen vermocht, nun planten sie ihn für den 15. August. Aber jetzt war für den Prinzen und den Lord die so lange gesuchte Gelegenheit zu einem entscheidenden Schlag da, den sie auch im Hinblick auf die gefährliche Entwicklung auf den anderen Kriegsschauplätzen für unbedingt geboten hielten, und sie wollten nicht warten, was der Feind tat, sondern ihrerseits die Initiative ergreifen und damit den Gegner in Verwirrung setzen. So traten sie bereits am 13. August zum Angriff an. Der große Sieg, den sie an diesem Tage bei Höchstädt erfochten, hat ihrem in voller Übereinstimmung gefaßten kühnen Entschluß recht gegeben196). In der durch Bodenwellen gegliederten und von Bächen durchflossenen Niederung zwischen der Donau und sich langsam erhebenden Hügeln standen Franzosen und Bayern. Sie waren hinter dem Nebelbach in einer am nordwestlichen Flügel stark zurückgebogenen Stellung, rechts im Dorf Blindheim an die Donau angelehnt, in der Mitte lag ihr Schwerpunkt in Oberglauheim und reichte links bei Lutzingen bis an die Hügel. Den rechten Flügel von Blindheim bis südöstlich Oberglauheim kommandierte Tallard, der über 13 000 Mann in Blindheim massierte und anschließend nadi Nordwesten 4000 Fußtruppen und 6000 Reiter aufmarschieren ließ, als man in der Frühe des 13. August von dem Aufmarsch der auf dem Wege nach Nördlingen vermuteten Gegner erfuhr. Auf dem linken Flügel von Oberglauheim bis Lutzingen kommandierte der Kurfürst 10 000 Bayern, während in der Mitte um Oberglau-

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Sieg in Deutschland

heim Marsin mit einer starken Infanterie von 16 000 Mann und knapp 4000 Reitern stand. Fast mit der gleichen Gesamtstärke von 50 000 Mann waren in der Frühe die Alliierten aus dem Lager von Münster aufgebrochen und donauaufwärts marschiert, rechts vier Kolonnen unter Eugen, links fünf unter Marlborough. Von Schwenningen aus, wohin sie, begleitet von dem preußischen Generalmajor Natzmer, vorgeritten waren, übersahen die beiden Feldherrn die feindlichen Stellungen, worauf zwischen Gremheim und den Hügeln bei Schwennenbach eine Schlachtordnung gebildet wurde mit 11 000 Mann an der Donau gegenüber Blindheim, anschließend die Hauptgruppe Marlboroughs mit 9000 Mann zu Fuß und nicht weniger als 13 000 zu Pferd, während zwischen Unterglauheim und Schwennenbach der Prinz 8000 zu Fuß und 10 000 zu Pferd befehligte. Als Hauptbollwerke des Gegners mußten Blindheim und Oberglauheim gelten, gegen sie war die englische Infanterie angesetzt, während die Kavallerie zum Durchbruch der feindlichen Front zwischen beiden Orten bestimmt war. Eugen, der seine Schwadronen westlich von Oberglauheim zu gleichem Zwecke vorführen wollte, geriet während des Aufmarsches dadurch in Schwierigkeiten, daß seine auf dem rechten Flügel eingeteilte Infanterie infolge der Zurückbiegung der bayrischen Stellungen bei Lutzingen weiter nach Westen ausholen mußte, um sich nicht einem Flankenstoß auszusetzen. Er verzichtete darauf, von Marlborough Verstärkung anzufordern, sondern setzte seine eigenen Reserven ein, seinerseits nun die Absicht verfolgend, den linken Flügel Max Emanuels zu umfassen. Diese Bewegungen ergaben nun aber, da man gleichzeitig zum Angriff schreiten wollte, einen Zeitverlust von einigen Stunden, erst um 1 Uhr mittags trat man hier wie dort an, womit sich das Moment der Überraschung nicht mehr so auswirken konnte wie am Morgen; Tallard hatte noch auf die Nachricht von dem Heraustreten der Gegner aus ihrem Lager vermutet, daß sie nach Nördlingen abziehen würden. Die den ersten Anstürmen folgende Schlacht wogte zunächst stundenlang hin und her. Während auf der einen Seite die Angriffe der englischen Infanterie die in Blindheim stehenden französischen Kräfte fesselten und auf der anderen Eugen durch ständige Reiterattacken die Bayern band und durch jene überflügelnde Bewegung auch die Aufmerksamkeit Marsins auf sich zog, brach Marlboroughs Kavallerie nördlich von Blindheim durch und zerbrach damit die feindliche Front. Das

Sdiladit bei Hödistädt

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Zurückfluten der geschlagenen französischen Reiterei auf Mörslingen und Höchstädt bedeutete die Katastrophe für die Infanterie Tallards in Blindheim, die sich umfaßt sah und kapitulieren mußte. Bei Einbruch der Dämmerung mußten auch der Kurfürst und Marsin den Rückzug antreten, der in guter Ordnung ausgeführt wurde. Auf beiden Seiten waren blutige Verluste von je 11 000 bis 12 000 Mann zu beklagen, aber in den Händen der Sieger befanden sich 11 000 Gefangene, darunter auch der Marschall Tallard selbst, und 150 Geschütze. Es hatte für sie auch kritische Augenblicke gegeben, so bei der Attacke Eugens auf die bayrische Kavallerie bei Oberglauheim, bei der ihm selbst ein Pferd erschossen wurde und er persönlich in Gefahr geriet. „Mylord-Duc", so hat der an dem Kampf beteiligte Preuße Grumbkow berichtet, „exponierte seine eigene Person gar sehr, desgleichen der Prinz Eugen, welches so weit gegangen, daß es fast ein Mirakel, daß er der Gefahr entgangen ist" 197 ). Der Glanz des Sieges fiel vor allem auf den Engländer, und es kann kein Zweifel sein, daß er ihn an der entscheidenden Stelle herbeigeführt und persönlich an diesem Tage sich als Meister der Taktik erwiesen hat. Dem Prinzen war die undankbarere Rolle zugefallen, er hatte aber, indem er durch seine unablässigen Angriffe und durch die mit nicht geringem Risiko verbundene Umfassungsbewegung die Kräfte Max Emanuels und Marsins fesselte, eine, wenn nicht die wichtigste Voraussetzung für den Sieg geschaffen — und ihm wohl noch mehr als dem Engländer kam das Verdienst zu, die Schlacht vorbereitet und herbeigeführt zu haben. Beide Feldherren waren antreibendes Vorbild für ihre bunt zusammengesetzten Truppen gewesen, die aus Engländern, Holländern und Dänen, in der Hauptsache aber aus Deutschen bestanden, den Teilen der Reichsarmee, die bei Marlborough geblieben waren, und den seemächtlichen Subsidientruppen aus Hannover unter dem General von Bülow und aus Hessen unter dem Erbprinzen Friedrich von Hessen-Kassel sowie den Reichskontingenten des vom Oberrhein gekommenen Korps mitsamt den Preußen Leopolds von Anhalt-Dessau, deren „bewiesene Valor, Bravour und Standhaftigkeit" Eugen gegenüber ihrem König ganz besonders rühmte 198 ). Es war ein großartiger Sieg, der — darüber konnte von Anfang an kein Zweifel bestehen — ganz Süddeutschland in die Hände der Alliierten geben und damit zugleich das allgemeine Antlitz des Krieges grundlegend verändern mußte. Marlboroughs hohes Spiel

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Sieg in Deutschland

war gewonnen, gelassen konnte er nach einem solchen Triumph seinen Landsleuten und den Holländern wieder begegnen. Aus den Stimmen, die nun seinen Ruhm kündeten, sei hier nur die des englischen Gesandten in Turin, Richard Hill, angeführt, der voll Begeisterung von der Ehre sprach, die er der Königin, seinem Land und sich selbst durch die Rettung von Kaiser, Reich und ganz Europa eingebracht habe, und ihn beschwor, bei Annahme eines Reichsfürstentitels von Donauwörth oder Schellenberg oder Höchstädt doch immer der „Duke of Marlborough" zu bleiben, in welchem Namen jeder Engländer einen Teil von sich selbst sehen werde, solange die Donau fließe und solange das Volk Geschichte lese199). Was Eugen betraf, so glaubte man dem einstigen Abbé de Savoye in Frankreich vorwerfen zu können, daß er den gefangenen vornehmen Franzosen weit abweisender begegnet sei als Marlborough 200 ), aber auch in solcher nebensächlichen Kritik zeigten sich die Achtung und die Furcht, die man nun vor ihm empfand. Und wenn er selbst, ohne von seinem Anteil zu sprechen, stolz feststellte, „daß von mehr als 100 Jahren her keine so vollkommene Victori, als eben diese gewesen, werde gehört worden sein"201), so jubelte in Lausanne der Franzosenhasser Saint-Saphorin ihm zu, der diese glänzende Ruhmestat so vielen anderen zugefügt habe: „Man kann nun zuversichtlich hoffen, daß Eure Durchlaucht durch diesen hervorragenden Sieg die Fesseln gesprengt haben, die für ganz Europa bereitet zu sein schienen; wir werden dadurch dieses ehrgeizige und hochmütige Frankreich in seine Schranken verwiesen sehen" 202 ). Vielleicht hätte eine energische Verfolgung der Geschlagenen noch mehr erreicht: wäre es nicht möglich gewesen, sie einzuholen und auseinanderzusprengen und damit aus der Vertreibung der Franzosen vom deutschen Boden eine ernste Bedrohung Frankreichs selbst werden zu lassen? Man glaubte indessen, den erschöpften Truppen Ruhe gönnen zu müssen, man hielt zudem nun wieder eine Absprache mit dem vor Ingolstadt stehenden Generalleutnant für nötig, und so hat man, wenn auch Prinz Eugen drängte, die Operationen zu beschleunigen, dem Rückmarsch der Feinde an und über den Rhein keine Schwierigkeiten in den Weg gelegt203). Max Emanuel war nach der Niederlage zu der Überzeugung gelangt, daß er aus eigener Kraft sein Kurfürstentum nicht mehr behaupten konnte, er nunmehr aber eine Wiederherstellung seiner Macht nur

Weitere Operationen

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noch bei völligem Anschluß an Ludwig X I V . zu erwarten hatte, dem er wenigstens als Machtfaktor seine im wesentlichen noch intakte bayrische Armee zuführen wollte. So überließ er die Regierung Bayerns seiner Gemahlin Theresia Kunigunde, der Tochter Sobieskis, und traf selbst von Ulm aus, wo er seine Truppen unter Heranziehung auch der Garnisonen von Augsburg, Biberach und Memmingen sammelte, die Vorbereitungen f ü r den Rückzug über den Schwarzwald. Am Rhein stand Villeroy, der den Plan eines Angriffs auf die Linien auf die Kunde von Höchstädt aufgegeben hatte, zur Aufnahme bereit, am 25. August trafen der K u r f ü r s t und Marsin mit ihren Truppen bei ihm ein, und in den letzten Tagen des Monats vollzogen die gesamten französischen und bayrischen Streitkräfte den Übergang über den Rhein. Inzwischen waren die Sieger, die am 14. August Dillingen besetzt hatten, am 21. vor dem von 2500 Bayern und Franzosen besetzten Ulm eingetroffen, und hier erschien in Eugens Hauptquartier in Lehr auch Ludwig Wilhelm von Baden, der dem ihm am 16. durch Wratislaw übermittelten Vorschlag, von Ingolstadt abzulassen, um gemeinsam gegen den Rhein zu marschieren, zugestimmt hatte. Während die Belagerung von Ulm einem Teil der Reichstruppen unter dem Feldmarschall Thüngen übertragen wurde — die Kapitulation erfolgte am 11. September — und Wratislaw Verhandlungen mit der Kurfürstin über das Schicksal Bayerns aufnahm, brachen die drei Heerführer am 30. August von Ulm auf, um auf verschiedenen Wegen zum Oberrhein zu ziehen. Auf der Fahrt nach Rottweil erfuhr Eugen von dem Abmarsch der Franzosen und Bayern über den Rhein, worauf er seine Fahrt beschleunigte und noch am Abend des 31. August in Rastatt eintraf, das er vor anderthalb Monaten voll Sorge, aber auch voll Entschlossenheit verlassen hatte 204 ). Bei den Beratungen von Ulm war an eine Offensive nach Frankreich hinein nicht gedadit worden: allzusehr stand wohl auch Prinz Eugen unter dem Eindruck der Hilferufe aus Italien, die man bisher mit dem Hinweis auf die Notwendigkeit vorheriger Bereinigung der Lage in Bayern beantwortet hatte 2 0 5 ). Wenigstens aber wollte man sich nun wieder Landaus bemächtigen, zu welchem Zweck Eugen sofort nach seiner Ankunft in Rastatt alle Vorbereitungen zum Rheinübergang traf. Bereits am 1. September ließ er aus den Linien die Pfälzer und Kreistruppen nach Philippsburg marschieren, selbst schlug er am folgenden Tag in der Nähe im Kapuziner-

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kloster von Waghäusel sein Quartier auf, entschlossen, keinen Augenblick zu verlieren, um „die Passage vorzunehmen und jenseits Posto zu fassen". Während noch am gleichen Tag die ersten Truppen übersetzten, wurden Brücken geschlagen, und in der Frühe des 4. ritt der Prinz selbst über den Rhein und klärte gegen die Queich auf, wobei er auf französische Truppenteile traf. „Ich glaube", so schrieb er nach seiner Rückkehr an den Markgrafen, „daß man sofort über den Rhein gehen muß, um ihnen keine Zeit zum Sammeln zu lassen", und an dieser Meinung hielt er auch fest, als vor Abgang des Briefes die Nachricht kam, daß Villeroy mit 26 Schwadronen in Landau angekommen sei und ihm seine ganze Armee in Eilmärschen folge, um die Queichlinie von Landau bis Germersheim zu verteidigen 208 ). Erneut hat er sich am 6. mit dem bei ihm eingetroffenen Marlborough auf die linke Rheinseite begeben 207 ), um ein Lager bei Speyer auszukundschaften, das dann der am 7. übersetzende größte Teil der Armee bezog; hier fand sich am 8. auch Ludwig Wilhelm ein. Als man dann am folgenden Tage den Vormarsch gegen die Queich antrat, stellte sich heraus, daß Villeroy nicht nur von diesem Fluß zurückgewichen, sondern nach Verstärkung der Garnison von Landau auch die Lauterlinie geräumt hatte und seine Armee auf elsässischem Boden zwischen Bischweiler und Schweighausen sammelte, was der Prinz auf die unvermutet schnelle Passage der Verbündeten über den Rhein zurückführte 208 ). Auch Weißenburg konnte besetzt werden, den Vorschlag des Markgrafen zu weiterem Vorstoß auf Hagenau aber lehnte Marlborough ab, da er angesichts des Drängens aus dem Haag zu schleuniger Rüdekehr nach den Niederlanden sich hier nicht so weit engagieren wollte. Er fand sich dann aber bereit, zusammen mit Eugen an der Lauter die Deckung der von Ludwig Wilhelm durchzuführenden Belagerung von Landau zu übernehmen 209 ). Nachdem der Prinz mit acht Kavallerieregimentern und dem preußischen Korps bei Weißenburg Stellung genommen hatte, erkundete er am 13. September gemeinsam mit dem Engländer die Gegend bis zur Sauer hin, und am 22. empfingen alle drei Feldherren den römischen König in dem für ihn ausersehenen Hauptquartier in Ilbesheim: nachdem der Kaisersohn im Sommer vergeblich auf seine Fahrt zu den Heeren gedrängt hatte, sollte ihm nun wenigstens — wie vor zwei Jahren — die Ehre zufallen, Landau zu bezwingen.

Vertrag von Ilbesheim

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Es sollte nicht so schnell gehen, wie man erhofft hatte. Bei wiederholten Besuchen bei der Belagerungsarmee m u ß t e n der Prinz und der immer ungeduldiger werdende L o r d - H e r z o g feststellen, d a ß der Angriff auf die v o n dem General Laubanie u n d seinen 5 000 M a n n t a p f e r verteidigte Festung nur langsam Fortschritte madite 2 1 0 ). D a andererseits kein ernsthafter Entsatzversudi unternommen wurde, entschloß sich Marlborough, dem Prinzen allein die Deckung zu überlassen u n d an die Mosel zu ziehen, um hier mit der Besetzung des Trierer Landes eine günstige Ausgangsstellung f ü r den nächsten Feldzug zu gewinnen. So schieden denn in der zweiten H ä l f t e des O k t o b e r die beiden Sieger v o n Höchstädt voneinander: voll V e r w u n d e r u n g h a t t e k u r z vorher ein aus der Schweiz stammender kaiserlicher General, der sich insgeheim als Spion f ü r den französischen Nachrichtendienst betätigte, diesem geschrieben, d a ß der P r i n z u n d M y l o r d in einer so guten H a r m o n i e miteinander lebten, wie m a n ähnliches noch nie gesehen habe 2 1 1 ). Vollends nach des Engländers Abzug sah sich Eugen in seinem H a u p t q u a r t i e r K r o n w e i ß e n b u r g zur U n t ä t i g k e i t verurteilt: bezeichnend, d a ß er, der eben nicht untätig sein konnte, wieder einmal ein geheimes Unternehmen vorbereitete, die Überrumpelung des französischen Brückenkopfes von Alt-Breisach bei Freiburg, die auch gemäß seinen Anweisungen am 10. N o v e m b e r versucht wurde, mißlang jedoch 212 ). Immerhin sah er sich in diesen Wochen des W a r tens in den Abschluß der Verhandlungen mit der bayrischen K u r fürstin über die Befriedung in Süddeutschland eingeschaltet 213 ). Die bayrischen Vertreter hatten den Forderungen Wratislaws zähen Widerstand entgegengesetzt, u n d da hatte der Kaiser sie an das H a u p t q u a r t i e r seines Sohnes verwiesen, was einer militärischen D r o h u n g gleichkam. D e m bayrischen Geheimsekretär Neusönner, der Ende O k t o b e r in Ilbesheim eintraf, blieb nichts anderes übrig, als sich dem D i k t a t der Sieger zu beugen u n d am 7. N o v e m b e r einen V e r t r a g zu unterzeichnen, nach dem die noch in Bayern befindlichen kurfürstlichen T r u p p e n bis auf wenige h u n d e r t M a n n aufzulösen, die Festungen Ingolstadt, Kufstein u n d N e u b u r g am I n n in k ü r zester Frist zu räumen w a r e n u n d der K u r f ü r s t i n Territorialhoheit und N u t z n i e ß u n g nur im R e n t a m t München, jedoch bei Übergabe der dortigen Befestigungen u n d Kriegsvorräte, verbleiben sollten 214 ). Schon vorher w a r anscheinend in Wien beschlossen worden, Eugen die A u f g a b e zu übertragen, vor seiner Rückkehr n a d i Wien 6 Braubadi, Prinz Eugen

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Sieg in Deutschland

die Ausführung dieser Bestimmungen in Bayern ins Werk zu setzen und zu überwachen, und er war gewillt, sich trotz der Bitten des römischen Königs, bis zum Ende der Belagerung bei ihm auszuharren, schon vorher dorthin zu begeben, um an Ort und Stelle zu sein, wenn die Ratifikation des Kaisers den Vertrag in Kraft setzte 215 ). Er ist dann doch noch länger geblieben, als er zunächst vorhatte, weil überraschend noch einmal Marlborough von Trier aus in Ilbesheim erschien, um sich mit dem König und ihm vor seiner Rückkehr nach dem Haag über die Aufbringung von Hilfstruppen für den nächstjährigen Feldzug in Italien zu besprechen. Seine eigene Abreise ist so fast doch noch mit dem Fall von Landau zusammengefallen: es scheint, daß er sich am 22. November in Ilbesheim verabschiedet hat 216 ), am folgenden Tage hat die Besatzung nach erfolgreichen Stürmen der Deutschen auf die Befestigungswerke die weiße Fahne gehißt. Wir wissen nicht, welche Route er genommen hat. Jedenfalls traf er am Abend des 30. November in der Nähe von Ingolstadt ein, am 2. Dezember hielt er sich dann in Neuburg auf und seit dem folgenden Tage war sein Quartier in Vohburg am rechten Donauufer östlich von Ingolstadt, wo ihn die kaiserliche Ratifikation des Ilbesheimer Vertrages vom 24. November erreichte 217 ). Die Exekution stellte sich keineswegs als leicht heraus. Die Festungen hätten schon vorher geräumt werden sollen, aber die Truppen — es handelte sich insgesamt immerhin noch um 13 000 bis 14 000 Mann — hatten sich geweigert, sie zu übergeben, bevor ihnen nicht ihr Sold ausgezahlt wurde. Nach Verhandlungen mit Neusönner und dem bayrischen General Graf Lützelburg in Landshut am 4. Dezember unterwarf sich am folgenden Tage die Besatzung von Ingolstadt, worauf die bereits eingeleitete Besetzung des Rentamtes München rückgängig gemacht werden konnte. Die Abdankung der Truppen, von denen sich nur wenige zum Übertritt in kaiserliche Dienste gewinnen ließen, die Einrichtung einer kaiserlichen Verwaltung zur Sicherstellung der Einkünfte des Landes für den Kaiser und die Einquartierung der erst langsam vom Rhein herankommenden Regimenter haben den Prinzen noch den ganzen Monat in Bayern aufgehalten, wo er seit Mitte Dezember in Landshut residierte 218 ). Noch am 22. schrieb er an den Herzog von Savoyen, daß er bleiben müsse, bis die Unruhe unter den entlassenen Soldaten, die ebenso wie die sonstige Verzögerung der Abmachungen möglicherweise

Eugen in Bayern

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auf geheime Umtriebe zurückginge, behoben und die eigenen Regimenter in ihren Quartieren eingetroffen seien 219 ). Immerhin hoffte er, daß alles bis zu den Weihnachtstagen behoben und von dieser Seite dann nichts mehr zu befürchten sei. Als Statthalter für das unterworfene Land hatte er den Grafen Wratislaw in Vorschlag gebracht, doch er schien dem Kaiser bei den Seemächten unabkömmlich, statt seiner wurde Graf Löwenstein mit dem Amt betraut. Nachdem der Prinz noch die militärische Verantwortung für die Rentämter Burghausen und Landshut dem Feldmarschall Gronsfeld und für das Rentamt Straubing und die Oberpfalz dem Feldmarschall Herbeville übertragen hatte, sah er seine Aufgabe als erfüllt an. Am zweiten Weihnachtstag hat er Landshut verlassen, am 30. Dezember 1704 dürfte er in Wien eingetroffen sein 220 ). In dem halben Jahre, in dem er abwesend gewesen war, hatte er wahrhaftig Großes erreicht.

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Sechstes Kapitel SIEG I N ITALIEN

Es sind uns keine Nachrichten darüber überkommen, wie der Sieger von Höchstädt in Wien empfangen worden ist, als er in den letzten Tagen des Jahres 1704 aus dem deutschen Feldzug heimkehrte. Sicher wird er vom Kaiser und Hof geehrt und vom Volk dankbar begrüßt worden sein. Aber ihn selbst werden bei aller selbstbewußten Befriedigung eher Gefühle der Sorge als des Triumphes erfüllt haben. Gewiß war Großes erreicht, war die schlimmste Gefahr gebannt worden, aber nicht nur war der Krieg noch nicht gewonnen, sondern man war im Grunde von der Erreichung der Ziele, um derentwillen man ihn begonnen hatte, noch ebenso weit entfernt wie im Jahre 1701. Noch immer brannte es im eigenen H a u s : man war bisher nicht fähig gewesen, das Feuer in Ungarn zu lösdien oder auch nur einzudämmen — die Tatsache, d a ß im Frühjahr 1704 von dort einbrechende Scharen das kaiserliche Jagdschloß Ebersdorf plündern konnten, war dafür ein trauriges Zeugnis 1 ). Den Prinzen hatten, als er im Westen stand, die Nachrichten aus dem Osten immer wieder beschäftigt und beunruhigt, aber weit mehr noch war seine Aufmerksamkeit nach Süden gerichtet gewesen, auf den Krieg in Italien, der, wie er einmal an seinen Vertrauensmann Martini schrieb, „an sich selbst zu des Kaisers Interesse das prinzipalste Stück ist, worauf man allen Effort ankehren muß" 2 ). Mit Recht hatte er seinem savoyischen Vetter und den kaiserlichen Generälen bisher entgegengehalten, daß nachhaltige Hilfe erst geleistet werden könnte, wenn der Sieg in Deutschland erfochten war 3 ). Aber nun hatte man Bayern unterworfen und die Franzosen über den Rhein gejagt, war er jetzt nicht endlich in der Lage, sein so oft gegebenes Versprechen zu erfüllen und an der Spitze von im Norden freigewordenen Truppen über die Alpen zu ziehen, um auch in Italien zu siegen? Es ist sicherlich sein fester Wille gewesen, aber wieder haben sich vor dessen Durchsetzung schwere Hindernisse aufgetürmt. Den neuen großen Erfolg hat er, freilich erst zwei Jahre nach Höchstädt, errungen, nicht nur im Kampf mit der trotz der Niederlage auf dem einen Kriegsschauplatz ungebrochenen Kraft der Feinde, sondern auch in harter Auseinandersetzung innerhalb seines Staates und innerhalb der Allianz.

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Wenn ihn in dem erstaunlicherweise wieder auflebenden Ringen um Macht und Einfluß das Schicksal in Gestalt des Thronwechsels in Österreich und dem Reich zu Hilfe kam, so war dagegen der Triumph, der den Habsburgern wie vorher Bayern, so jetzt die Lombardei zu Füßen legte, allein der durch keine Rückschläge zu erschütternden Zähigkeit und Kühnheit des genialen Feldherrn zu danken.

1. Mit Guido Starhemberg und Sigbert Heister als Unterführern hatte Prinz Eugen einst einen ersten großen Schlachtensieg bei Zenta errungen. Nun, da er selbst in Süddeutschland die Operationen leitete, war ihnen das Kommando auf den beiden anderen für den Kaiser wichtigen Kriegsschauplätzen anvertraut worden, zwischen ihnen und dem Mann, der in seiner Eigenschaft als H o f kriegsratspräsident auch jetzt nodi ihre Unterordnung beanspruchte, bestand indessen kein Vertrauen mehr. Auf Starhembergs Fähigkeit konnte er sich freilich verlassen, hier war es eher der andere, der, weil er sich im Stich gelassen fühlte, dem Prinzen nicht mehr traute. Dagegen war dieser mehr und mehr zu der Überzeugung gelangt, daß der von seinen Gegnern am Hofe wie Mansfeld und Buccelini begünstigte Heister nicht nur ein „wunderlicher Kopf", sondern auch zu selbständiger Führung ungeeignet war. Er wußte allerdings, daß für die schweren Sorgen, die ihn während des ganzen Feldzugs in Deutschland im Jahre 1704 wegen der Entwicklung der Dinge in Italien und Ungarn ständig begleitet hatten, weniger Starhembergs „widerwärtiges Naturell" und Heisters „Chimären" und Eigensinn verantwortlich zu machen waren 4 ), als vielmehr die ungenügende Ausrüstung und Verstärkung, die man ihren Armeen zuteil werden ließ: „Wo der Hof selbst alles ohne Hilfe zugrundegehen lassen will", so stimmte er einmal Heisters Klagen zu, „kann auch ein General allein und mit leeren Händen nichts wirken" 5 ). Verfolgen wir zunächst die Vorgänge in Ungarn während des Jahres 1704°). Heisters Feldzug im Frühjahr hatte zwar manche Erfolge gebracht, ungarische Korps waren geschlagen und fast das ganze Gebiet rechts der Donau wieder unterworfen worden, doch

Vorgänge in Ungarn 1704

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als er sich darauf nach Norden wandte, brach hinter ihm, dessen Schroffheit allenthalben, auch in seinem eigenen Heer, böses Blut schuf, der Aufstand wieder aus, so daß er schleunigst umkehren mußte, um die Zugänge nach Wien zu schützen. Inzwischen wurde links der Donau ein kaiserliches Korps besiegt, und wenn Heister seinerseits wieder am 13. Juni in der N ä h e von Raab siegreich blieb, so waren die Folgen davon nur gering. Die Bewegung griff auch nach Siebenbürgen über, wo sich Rakoczi am 6. Juli zum Fürsten des Landes wählen ließ. Im Gegensatz zu Ungarn, wo im Laufe des Jahres eine Reihe fester Plätze von den Rebellen überwältigt wurde, behauptete hier jedoch Graf Rabutin die meisten Städte, was ihm die Anerkennung Eugens eintrug: sehr zu wünschen wäre, so schrieb er gegen Ende 1704 an den Hofkriegsrat von Thiel, „daß bei gegenwärtigen Konjunkturen der Kaiser mit dergleichen braven Generalen mehr versehen wäre" 7 ). Seine Korrespondenz mit Thiel ist im übrigen angefüllt mit bitterer Kritik an den ergebnislosen H i n - und Herzügen Heisters, dessen Abberufung er immer wieder f ü r notwendig erklärte: „Wer aber anstatt seiner kapabel wäre, das ist die größte Diffikultät, denn die Subjecta unserer Generals-Personen sind bekannt", am tauglichsten schien ihm Pälffy, der Banus von Kroatien, der übrigens mit Heister gar nicht harmonierte 8 ). Mit dem Feldmarschall war der Prinz eigentlich nur in einem einig, nämlich in dem Mißtrauen gegenüber den von den Seemächten eifrig betriebenen Versuchen, eine Verständigung mit den Rebellen herbeizuführen. Wenn er auch riet, mit Angeboten von Titeln, Geld und Land an die verschiedenen Führer des Aufstands nicht zu sparen, um diesen oder jenen zum Abfall von Rakoczi zu bewegen, wenn er ferner die Brutalität, mit der Heister selbst gegen gemäßigte Ungarn auftrat, mißbilligte, weil damit jeder „Akkord" verhindert werde 9 ), so war er andererseits der Meinung, daß bei den Verhandlungen der sich als Vermittler aufdrängenden seemächtlichen Gesandten Hamel Bruynincx und Stepney der kaiserliche Hof entweder nur „gefoppt" oder zu Zugeständnissen gedrängt werde, die mit Ehre und Autorität des Monarchen unvereinbar waren 1 0 ). Er mochte hoffen, daß mit der Entscheidung von Höchstädt, die den Ungarn die Aussicht auf ein Zusammenwirken mit Bayern und Franzosen zerschlug, ihnen der M u t sank und der gefährlichen Vermittlung ein Ende gesetzt wurde. Statt dessen konnten sich die Rebellen im Herbst in N o r d -

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Ungarn neuer Erfolge rühmen, und einer kurzen Waffenruhe auf der Grundlage des gegenseitigen Besitzstandes folgten Verhandlungen in dem Bergstädtchen Selmecz, bei denen Eugen voll Ärger feststellen zu können glaubte, „daß der Herren Mediatoren Neigung fast zu viel auf der Rebellen Seite sich lenke" 11 ). Wie er persönlich auf Stepney, der sich im September zeitweise in seinem Hauptquartier in Kronweißenburg aufhielt, einzuwirken sudite, so setzte er vor allem seinen Einfluß bei Marlborough ein, um durch ihn Weisungen der Seemächte an ihre Gesandten zu erreichen, „daß sie sich keines größeren Arbitrii anmaßen dürfen, als wie weit die Komposition der Kaiser zu seinem Dienst und Konvenienz belieben würde" 12 ). Man hat sich nicht zu einigen vermocht; angesichts der schweren Belastung, die der fortdauernde Krieg in Ungarn für die Sache des Kaisers und vor allem auch für die nun von ihm erstrebte energische Kriegführung in Italien bedeutete, neigte freilich auch Eugen mehr und mehr der Herstellung eines modus vivendi für einige Zeit zu: siclier, so äußerte er am 6. Oktober zu Thiel, bleibe die beste Lösung die Niederwerfung des Aufstandes, wenn aber niemand „Hilfe, Subsistenz und Mittel" dafür beschaffe, müsse er zugeben, „daß man die Pazifikation amplektiere, wie schlecht sie auch sein mag, um gleichwohl andurch Luft zu bekommen und insonderheit die Plätze salvieren zu können, bevor sie an sich selbst nacheinander fallen müssen" 13 ). Diese letzte Prognose sah er nur zu sehr bestätigt, als die Intransigenz beider Seiten die Verhandlungen wieder scheitern ließ. Räkoczi konnte im November Neuhäusel nehmen, und wenn auch Leopoldstadt vor dem gleichen Schicksal durch einen Sieg Heisters bei Tyrnau am 26. Dezember 1704 bewahrt wurde, so mußte der in eben diesen Tagen wieder in Wien eintreffende Prinz bald erkennen, daß noch so häufige Erfolge über die rasch sich verlaufenden, rasch aber auch wieder sich zusammenfindenden Scharen der Kuruzzen die Lage nicht zu bessern vermochten, und daß man, wie sich gerade in den ersten Monaten des neuen Jahres deutlich zeigte, weder imstande war, in Ungarn die beherrschende Position zu gewinnen, noch das Vordringen plündernder und brennender Rebellen nach Mähren und nach Österreich bis vor die Tore von Wien zu verhindern. Dies hatte nun freilich Eugen nicht von der Uberzeugung abbringen können, daß es nach der Bereinigung der Dinge in Deutschland die wichtigste Aufgabe war, mit angemessener Macht in Italien

Victor Amadeus in Bedrängnis

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aufzutreten, daß, so lästig auch das Feuer im Osten war, man sich deswegen von dem „prinzipalsten Stück" nicht abbringen lassen dürfe: als er in der zweiten Dezemberhälfte erfuhr, daß man in Wien einen Teil der f ü r Italien bestimmten Rekruten und Remonten nach Ungarn dirigieren wollte, hatte er nicht nur sofort einen Kurier mit einem energischen Veto gegen diese ohne sein Wissen getroffene Maßnahme nach Wien geschickt, sondern auch seine eigene Abreise aus Bayern beschleunigt, um — wie er Victor Amadeus von Savoyen schrieb — Dispositionen zugunsten des ungarischen Kriegsschauplatzes zu unterbinden, die, wenn sie einmal erfolgt waren, nur mit viel A u f w a n d von Zeit und Mühe rüdegängig gemacht werden könnten 1 4 ). In der T a t standen die Dinge im Süden noch weit mehr auf des Messers Schneide. In Piemont hatte sich der Herzog von Savoyen, der nach der Vereinigung mit Guido Starhemberg über rund 30 000 Mann verfügte, von Westen durch eine von Grenoble anmarschierende französische Armee unter dem Duc de la Feuillade, von der Lombardei durch überlegene Kräfte unter Vendóme konzentrisch angegriffen gesehen, während das auf verlorenem Posten an Po und Secchia stehende kaiserliche Korps des Grafen Leiningen der Gefahr ausgesetzt war, von einer dritten feindlichen Armee unter Vendömes Bruder, dem Großprior Philipp von Vendóme, erdrückt zu werden. Es war noch ein Glück f ü r Victor Amadeus gewesen, daß la Feuillade nach der Wegnahme von Susa und Pinerolo sich in Kämpfe mit aufständischen Waldensern verstricken ließ und Vendóme nach Vormarsch über den Po bei Casale nicht direkt Turin angriff, sondern sich auf Befehl von Versailles zunächst der Außenposten Piemonts zu bemächtigen suchte, um nach Vereinigung mit la Feuillade einen eisernen Ring um den in fester Stellung am linken Poufer stehenden Herzog zu legen. Eine schmähliche Kapitulation lieferte ihm Vercelli aus 15 ), und wenn dann la Feuillade sich durch das von dem kaiserlichen General Kriechbaum tapfer verteidigte Ivrea einen Monat lang bis Ende September aufhalten ließ 16 ), so räumte die verräterische Ubergabe des Forts Bard im Aostatal durch den aus der Schweiz stammenden Oberst Reding ein wichtiges Hemmnis f ü r die Verbindung zwischen den beiden französischen Armeen aus dem Wege 17 ). D a n n machte freilich als letzter Vorposten vor Turin das kleine Verrua am Po Vendóme schwer zu schaffen, erst nach verlustreichen Kämpfen konnte er im November den Kontakt zwischen ihm und

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der Armee des Herzogs sprengen und die Belagerung beginnen, die durch den Einbruch des Winters verzögert wurde und sich bis zum April 1705 hinzog. So war es noch nicht zu dem ständig drohenden Zusammenbruch des Savoyers gekommen, aber nach wie vor befand er sich in verzweifelter Lage. Das Korps Leiningen hatte ihm keine Entlastung bringen können. Im April 1704 in den Quartieren südlich des Po angegriffen, hatte es sich an und über den Strom nach Ostiglia zurückgezogen. Angesichts der Gefahr, von der Verbindung mit Tirol völlig abgeschnitten zu werden, ging ihm dann der Befehl zu, nach Norden abzumarschieren; nur in Mirandola blieb eine kaiserliche Garnison unter dem Oberst Graf Königsegg zurück — er wird uns noch häufig begegnen. Man gab im Grunde damit alles auf, was mit dem kühnen Vorstoß von 1701 erreicht worden war, und die unfreundliche Haltung der päpstlichen und venezianischen Behörden gegenüber den über den Canal Bianco und die Etsch in ein Lager bei Rivoli abziehenden kaiserlichen Regimentern zeigte deutlich, wie wenig Achtung man in Italien noch für Österreich hatte 18 ). Aber auch Prinz Eugen selbst war mit der Absatzbewegung durchaus einverstanden gewesen: es komme, so schrieb er Anfang Juli dem Kaiser, in erster Linie auf die Erhaltung der Truppen an, und er sei froh, daß das Korps aus dem ungesunden Winkel am Po glücklich herausgekommen, ja er „approbierte auf alle Weise", daß Leiningen, dessen „vernünftige Condotta" bei dem Rückmarsch über die Etsch seine Anerkennung fand, sich noch näher an die Tiroler Grenze heranziehe und nur um Rivoli „den festen Fuß in Welschland zu behalten suche"19). Wenn, so meinte er, dem Korps die nötige finanzielle und sonstige Hilfe zuteil geworden sei, könne es sich über den Mincio oder über den Gardasee gegen die Lombardei wenden und damit dem Herzog und Starhemberg Luft machen. In der Tat ließ Leiningen im September seine Truppen über den Gardasee setzen und zwischen dem See und Brescia ein festes Lager beziehen. Zu weiterem Vormarsch war er trotz aller Hilferufe aus Turin nicht zu bewegen. Wohl kam es im Herbst zu kühnen Streifzügen kaiserlicher Reiter nach Westen, doch der Schrecken, den sie verbreiteten, war mit der Ende November erfolgenden tödlichen Verwundung des Obristleutnants Davia fast zu teuer erkauft: „über alle Maßen" hat Prinz Eugen den Verlust dieses tapferen Offiziers, der einst in seinem Auftrag so manchen erfolgreichen Überfall ausgeführt hatte, bedauert 20 ).

Vorwürfe Guido Starhembergs

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Für ihn hat fast jeder Bericht und Brief aus Italien, der ihn während des Feldzugs in Deutschland erreichte, Sorge und Ärger gebracht. Er ist nicht ganz unschuldig daran gewesen, daß man sich dort auch über ihn persönlich bitter beschwerte. H a t t e er nicht bei seinem Aufbruch aus Wien im Frühjahr 1704 versichert, daß er nur einen „Postritt" ins Reich unternehmen wolle, um nach Anordnung vordringlicher Maßnahmen sofort mit starken Kräften über die Alpen zu kommen, war in seinen beschwichtigenden Antworten an seinen herzoglichen Vetter und an seinen Freund Tarino nicht zuerst von zwei Monaten Frist die Rede gewesen, nach denen er dort erscheinen werde, und hatte er dann nicht immer wieder erklärt, daß nach der Entscheidung in Deutschland sofort nicht nur das Korps Leiningen so verstärkt würde, daß es den Vormarsch nach Piemont antreten könnte, sondern auch er selbst ihm auf dem Fuße folgen wollte 21 )? Aber auch nach Höchstädt sah er sich weiter im Norden festgehalten, u n d trotz tatsächlich eintreffender Unterstützung vermochte Leiningen dem Herzog keine H i l f e zu bringen. Konnte Eugen sich wundern, daß dessen Vorstellungen immer drängender wurden, daß sich mit den Bitten Vorwürfe verbanden und man zwischen den Zeilen auch Drohungen lesen konnte, das Spiel von 1695/96 zu wiederholen? Besonders unangenehm war, daß, wie ihm der kaiserliche Gesandte in Turin, Graf Auersperg, mitteilte, der Herzog sich gar nicht mit Starhemberg verstand. N u n , der Freund von einst bereitete ihm selbst ja manchen Ärger: wenn Eugen ihn fortdauernd seines Vertrauens versicherte, so erhielt er zur Antwort spitze Dankesbezeugungen f ü r die große Wohltat, die der Prinz ihm durch die Verleihung des Kommandos in Italien erwiesen habe, zumal ihm damit Gelegenheit gegeben worden sei, „ein guter und solider Philosoph zu werden, der alles mit wahrer Gleichmut erträgt, nicht an seine eigene Misere denkt und sidi nicht aufregt, wenn soviel brave Männer zugrundegehen und soviel Volk ruiniert w i r d " — wozu in einer Nachschrift dann noch die A u f forderung gefügt war, doch f ü r Ordnung in des Prinzen zur Zeit in Italien stehenden Dragonerregimentes zu sorgen 22 )! Es ist gewiß nicht so, daß solche A n w ü r f e Eugen kalt gelassen haben: mochte er dazu auch schweigen, ja sich weiter den Anschein aufrichtiger Freundschaft geben, so hat er doch wohl nicht ohne bestimmte Absichten den ihm ergebenen Feldkriegssekretär Langetl in der Umgebung Starhembergs gelassen, der ihm insgeheim nicht nur über die mili-

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Sieg in Italien

tärischen Maßnahmen des Feldmarschalls, sondern auch über dessen persönliche Aufführung Nachrichten zukommen ließ23). Aber er wußte, daß er seinem Vetter keinen besseren Soldaten zur Seite stellen konnte als den Grafen Guido, und so mußte er sich damit begnügen, Auersperg zu bitten, zwischen ihm und dem Herzog zu vermitteln und sie zu reibungsloser Zusammenarbeit zu bewegen, bis er selbst nach Italien komme. Daß dies seine Absicht war, kann nicht bezweifelt werden, und wir können auch feststellen, daß ihn mitten in allen Strapazen und Aufregungen des deutschen Feldzugs ständig die Überlegung beschäftigte, wie und mit welchen Mitteln dem italienischen Verbündeten geholfen werden und wann er selbst mit genügend Macht auf jenem Kriegsschauplatz auftreten konnte, um auch dort alle Gefahren zu beseitigen und darüber hinaus dem Haus Habsburg das Übergewicht zu geben. Schon vor Höchstädt hat er in Wien auf die schleunige Entsendung aller entbehrlichen Rekruten zu dem Korps Leiningen gedrängt, während er zugleich dem General selbst die Zuführung von zwei Abteilungen ankündigte, denen er selbst „baldmöglichst nachfolgen" wolle 24 ). Die Anfang August durch einen Sonderkurier eintreffende Nachricht von dem Fall von Vercelli ließ ihn erneut in einem Schreiben an den Kaiser die Mahnung aussprechen, „daß man von außen hinein Luft zu machen alle äußerste Sorge und Mühe ankehre" 25 ). Hatte er schon im Juli von Rastatt aus Tarino gegenüber die Möglichkeit erwähnt, auf dem Wege über Marlborough die Seemächte zu vermögen, nach Bereinigung der Lage in Deutschland auch im Süden eigene Streitkräfte einzusetzen26), so versicherte er wenige Tage nach der Schlacht Guido Starhemberg, „daß (gleich ich allbereits dessentwegen mit dem Mylord schon geredet habe) allen Ernstes daran bin, Italien zu sukkurieren, folglich Tag und Nacht pressiere, demnächst einen Sukkurs selbst in Person dahin zu führen, und mir es dergestalt eifrig angelegen sein lasse, als ich die hohe Notwendigkeit von selbst gar wohl begreife" 27 ). Gegenüber dem Drängen des in seinem Lager eingetroffenen Grafen Maffei, des savoyischen Gesandten in England, betonte er dann freilich die Vordringlichkeit der vollen Ausnutzung des errungenen Sieges in Deutschland und des Abschlusses der bei allem guten Willen Marlboroughs schwierigen Verhandlungen mit den Seemächten sowie der eigenen Vorbereitungen zur Verstärkung und besseren Ausrüstung Leiningens. So

Eugen und die Lage in Italien

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begab er selbst sich zunächst statt nach Italien an den Rhein, da er, wie er aus dem Lager bei Ulm am 22. August nach Wien schrieb, nicht sehe, „was mit meiner Person allein in Welschland würde fruchten können; denn ohne Verläßlichkeit des Proviants, ohne Geld, ohne Stand des Leiningensdien Korps und ohne Zulänglichkeit der übrigen erforderlichen Dispositionen wird nidits zu richten sein" 28 ). Die Besprechungen mit Marlborough führten zu dem f ü r Savoyen wenig tröstlichen Ergebnis, daß „man noch f ü r heuer keinen besseren Sukkurs dahinwärts geben könnte, als wenn man das Leiningensche Corpo alsogleich in Stand setzen und durch die heraußige große Diversion den Feind zur Herausziehung eines namhaften Corpo obligieren würde" 2 9 ). Wenn er auch Leiningen nach Aufnahme der ihm zugesandten Truppen anwies, „dem Feind über die A d d a ins H e r z zu dringen", so mahnte er ihn doch zugleich zur Vorsicht, „daß Sie sich keinem H a s a r d unterwerfen, noch viel weniger aber von dem Feind überfallen werden und einen unglückseligen Streich zu bestehen haben könnten" 3 0 ). Als man dann vor Landau lag, erwies sich vollends, daß an starkes Auftreten der Verbündeten im Süden in diesem Jahre nicht mehr zu denken war. Auch den nunmehr im Auftrage des Herzogs im Hauptquartier eingetroffenen Marchese di Prie glaubte der Prinz davon überzeugt zu haben, „daß aus der Impossibilität vor der Zeit keine Possibilität zu erzwingen sei" 31 ). Als das Ergebnis eifriger Verhandlungen mit ihm, Marlborough und dem von einer Informationsreise zu Leiningen zurückgekehrten Oberst Zum jungen stellte er aber die Aussicht auf die Bildung einer rechtschaffenen Armee in den ersten Monaten des künftigen Jahres fest, bei der auch er sich dann einfinden werde 32 ). Sie gründete sich vor allem auf eine Verabredung mit Marlborough, wonach die Seemächte 8000 Mann f ü r Italien anwerben und der Kaiser außer den Rekruten die gleiche Zahl neuer Truppen nach dort dirigieren sollte. D a ß es dem Lord mit seinem Versprechen ernst war, bewies er, als er nach seiner Abreise vom Kriegsschauplatz noch im November sich persönlich nach Berlin begab, um den König von Preußen zur Hergabe jener 8000 Mann zu bestimmen, womit er zugleich das politische Ziel verband, eine Verwicklung Preußens in die nordischen Wirren zu verhindern. Eugen befand sich bereits in Bayern, als ihn die Nachricht erreichte, daß am 28. November in Berlin ein entsprechender Vertrag unterzeichnet worden war, und wenn man in Wien seiner

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Sieg in Italien

Ansicht nach mit Recht über die dabei dem Kaiser auferlegten Verpflichtungen hinsichtlich der Verpflegung des Korps betroffen sein mußte, so rechnete er doch mit einer Verständigung auch in dieser Frage 33 ). „Euer Exzellenz", so hatte er schon vorher auf Grund der Zusicherungen des Engländers Guido Starhemberg geschrieben, „können also festiglich glauben, daß es anjetzo mehr als keinmal Ernst ist, Italien zu sukkurieren, und daß ich derjenige sei, der Tag und Nacht nicht rasten noch ruhen, sondern mit all erdenklicher Mühe und Sorge den Effekt poussieren wird" 34 ). Neue Aufforderungen, persönlich sofort nach Italien zu kommen, die ihm der von Turin entsandte General Graf Daun überbrachte, hat er freilich abgelehnt. Dessen Schilderung von der „deplorablen" Lage von Piemontesen und Kaiserlichen, die eine baldige Katastrophe nicht als ausgeschlossen erscheinen ließ, hat ihn dann zwar bestimmt, Leiningen die Weisung zu geben, auf einen Hilferuf von Turin sich zu „movieren", ja „alle Extremität zu tentieren": „Würde es aber", so beschwor er Guido Starhemberg, „die letzte Not nicht also desperat erfordern, sondern man darinnen nur noch ein paar Monate aushalten können, so könnte man indessen den Sukkurs heraußen meistenteils in Stand bringen und nachgehends mit aller Forza, auch größerem gutem Sukzess, die Operation unternehmen und verhoffen, daß alsdann der Herzog gar bald würde Luft bekommen können; maßen auch inmittelst die Sachen so weit gebracht worden, daß ingleichen alliierterseits die Hilfe fast schon so viel als richtig ist" 35 ). Vielleicht hätte er an Stelle Leiningens die Truppen vom Gardasee vorwärts geführt: in seiner Korrespondenz finden sich nunmehr über den General kritische Bemerkungen, „daß man so gar nichts zu tentieren sucht und es also fast scheinen will, als ob unsere Generale sich einbilden, daß sie zu nichts als um das Otium genießen hinunter beordert wären" 36 ). Aber es gab seiner Meinung nach schwerwiegende Gründe, die ihm vorerst einen eigenen Einsatz in Italien als unangebracht erscheinen ließen: er hätte, so behauptete er in einem Brief an Victor Amadeus vom 22. Dezember 1704, die Reise nach Italien unternommen, wenn nicht sein Erscheinen in Wien unbedingt notwendig wäre 37 ). Im Grunde hatte er sich in dieser ganzen Zeit in den Mitteilungen, die er über die Alpen sandte, zuversichtlicher gegeben, als er eigentlich war. Man mochte glauben, daß der Sieger von Höchstädt nun vollends zu dem mächtigsten Manne im Kaiserstaat geworden

Kaiser Joseph

I.

Kaiser Karl VI., als König Karl III. v o n Spanien

Neue Schwierigkeiten in Wien

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war und es nur auf seinen Willen ankomme, um alles, was Kriegsrüstung und Operationen betraf, durchzusetzen und zur Vollendung zu bringen. Es war, wie auch er selbst sich eingestehen mußte, eine Illusion. Für ihn hatte es neben Deutschland, Ungarn und Italien noch einen Kriegsschauplatz gegeben, um den er sich kümmern mußte, und das war der eigene Staat, der eigene H o f . N a türlich konnte er als Hofkriegsratspräsident kategorische Forderungen aufstellen, aber hatte er, der sein Heer zu führen und zugleich die gesamte Kriegsmaschinerie zu leiten hatte 3 8 ), die Möglichkeit und Macht, ihre Erfüllung zu erreichen? Voll Bitterkeit hat er sich in Schreiben aus dem Felde an seine Vertrauten im Hofkriegsrat, Thiel und Locher, über die Saumseligkeit der Erblande bei der Beschaffung von Menschen und Geld f ü r die notleidenden Regimenter ausgelassen: „Unsere H e r r n Landstände sind wunderlich geartet, sie schreien um Hilfe, wenn ihnen das Wasser in das Maul rinnt, und wünschen solche vom Hals, kaum als einen Augenblick dasselbige verschwunden. Ich möchte nur gern wissen, woher denn die Leute das Leben nehmen sollten, wenn sie kein Geld haben, kein Magazin eingerichtet, keine Subsistenz verschafft wird und auch um keines jemand das Geringste sich sorgen will. Auf alle Ecken solle man Volk haben, und nirgends ist die Notdurft vorhanden. Man schreibt und redet zwar alle Jahre von formidablen Ausrüstungen, und beim Auskehren findet man nichts als Nullen, ein jeder tut, was er will, und keiner tut zur Sache, wie es sein sollte" 39 ). Das ganze Elend, das sich infolge des Versagens aller f ü r Unterhaltung, Ausrüstung und Verstärkung des Heeres zuständigen Stellen ergab, hat er in einem Schreiben an den H o f kammerpräsidenten Gundaker Starhemberg vom 17. Oktober 1704 dann schonungslos ausgebreitet: „Der Winter geht an, die Leute sind nackend und bloß, die Offiziere disgustiert, niemand hat nichts, alles ist verzweifelt, Mann und Pferd krepieren gleichsam aus Hunger und N o t , und dennoch schreit man um Sukkurs in Welschland, in Ungarn und aller Orten" 4 0 ). Offen hat er hier erklärt, daß ihn auch die Erfahrungen, die man bisher mit der Verstärkung des Leiningenschen Korps gemacht hatte, davon abhielten, sich nach dort zu begeben: „Man verlangt, ich solle mich in Welschland begeben, davor aber tue ich mich solange bedanken und werde keineswegs sotanes Kommando übernehmen, bis nicht sehe, daß man eine rechte Armee zusammenriditen und diese nicht wie bisher mit 7 Braubach, Prinz Eugen

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bloßem Flickwerk, sondern mit allen unumgänglichen Requisiten versehen sein werde, damit ich nicht dabei meine Ehre und Reputation zu verlieren und dem Kaiser und dem gemeinen Wesen gleichwohl nichts zu dienen in Gefahr stehen müßte." Er wußte wohl, daß die von ihm geforderte „Remedur, Hilfe und Sorge" nicht allein von dem Kammerpräsidenten abhingen, ihm schlug er vielmehr enges Zusammenwirken vor, um wieder, wie 1703, die Kräfte der Nachlässigkeit und Ignoranz auszuschalten und dem Kaiser von der Notwendigkeit energischen Handelns zu überzeugen. Denn hier, am Hofe, an der höchsten Stelle, lag die eigentliche Ursache für die üble Entwicklung der Dinge, und Eugen hat sich nicht gescheut, dies auch einem Untergebenen wie Locher gegenüber festzustellen: „In allem diesem aber möchte ich doch endlich wissen, ob der Kaiser gar nicht remedieren wolle; kein Geld, kein Volk, kein Magazin, keine Munition, keine Anstalt, kein Ernst, kein Eifer, keine Sorge und dodi gleichwohl Krieg führen, triumphieren und Krone und Szepter samt Land und Leute gewinnen wollen — das sind Contradictoria, die ich nicht mehr auseinanderklauben kann" 41 ). War es die Folge seiner Abwesenheit vom Hofe, daß der Kaiser seinem und seiner Freunde Einfluß entglitt und sich wieder mehr den alten Ratgebern zuwandte, denen er unter dem Zwang der Not zögernd und im Grunde widerwillig den Laufpaß gegeben hatte? Wenn er, wie wir sahen, für den Feldzug in Deutschland dem Prinzen und seinem Gesinnungsgenossen Wratislaw unter Umgehung von Ministern und Fachdepartements freie Hand gegeben hatte, so hatte sich da vielleicht wirklich einmal die von dem Holländer Hamel Bruynincx als Ursache mancher Unordnung beklagte Neigung Leopolds, geheime Wege zu gehen, eine Gruppe gegen die andere auszuspielen, günstig ausgewirkt 42 ). Daß es jedenfalls keine Beständigkeit bei ihm gab und er, je älter er wurde, immer unfähiger war, eine klare Linie zu verfolgen und rasche Entschlüsse zu fassen, stellte sich mehr und mehr heraus. Er hörte bald auf diesen, bald auf jenen, und wenn die seemächtlichen Gesandten mit Befriedigung feststellen zu können glaubten, daß dank dem römischen König und dem pfälzischen Kurfürsten die Jesuiten nicht mehr die maßgebende Stellung bei H o f e einnahmen wie früher — obwohl sämtliche Minister und auch der Prinz Eugen sie immer noch zu „menagieren" suchten43) — so konnte von einem Über-

Die „Mansfeldisdie Faktion"

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gewicht des „jungen Hofes" und der Reformpartei nicht die Rede sein. Von Johann Wilhelm von der Pfalz hatte man Wunderdinge erwartet, den Schwager zu ändern aber vermochte er nicht, und so hat er schließlich Wien wieder verlassen, ohne eine einheitliche und energische Führung von Staat und Krieg erreicht zu haben 44 ). Ja, er hatte selbst die Verwirrung noch erhöht, indem er sich zuletzt darauf versteifte, gerade einen der Vertrauensmänner des H o f kammerpräsidenten und auch des Prinzen, den H o f k a m m e r r a t Palm, um jeden Einfluß zu bringen 45 ). Wir erinnern uns der Rolle, die Palm bei dem Aufstieg Eugens gespielt hatte; der Prinz hat auch weiterhin Verbindung mit ihm gehalten, ihm, von dessen „fortwährend angenehmer Korrespondenz" nie etwas offenbar werden sollte, als D a n k f ü r die vielen guten Proben seiner Freundschaft jede Unterstützung versprochen und das Ende der „bisher ausgestandenen Widerwärtigkeiten" begrüßt 4 6 ). Aber wenn Palm sich auch zu halten vermochte, so gab es andere „Kabalen und Subplantationen" nicht nur im finanziellen, sondern auch im militärischen Ressort, über die er ebenso wie Thiel dem Prinzen berichtete 47 ). Offensichtlich nutzte Mansfeld seine Abwesenheit, um im Hofkriegsrat wieder festen Fuß zu fassen und mit Hilfe des Kaisers seine Anhänger auch in den Armeen an entscheidende Posten zu bringen. Er war es, der Heister den Oberbefehl in Ungarn verschafft hatte und ihn dann nicht nur gegenüber der Kritik des Prinzen zu rechtfertigen suchte und stützte, sondern ihn wohl auch bei seinem Bestreben, völlige Unabhängigkeit vom Hofkriegsrat zu erlangen, ermutigte. Voll Zorn hat Eugen schon im September seine Untergebenen in Wien aufgefordert, seine Autorität gegen jedermann zu verteidigen und nicht durchgehen zu lassen, was Heister „nach seiner Eigensinnigkeit immerfort und freierdings handeln will", hat er sich dann mit Entschiedenheit zur Wehr gesetzt, als der Feldmarschall seine zeitweilige Anwesenheit in Wien benutzen wollte, um unter Umgehung der Behörde, die „von saeculis her allzeit die prinzipalste Instanz des gesamten corporis militaris gewesen", die Leitung der gesamten ungarischen Dinge an sich zu ziehen: „der Heister hat von Wien nichts zu kommandieren, sondern der Hofkriegsrat wird schon wissen, was er zu des Kaisers Dienst zu verfügen und zu beordern habe" 4 8 ). Er hat diesen Vorstoß zwar abzuwehren, aber die immer wieder von ihm geforderte „Mutation" des eigenwilligen Mannes von seinem Kommando nicht 7*

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zu erreichen vermocht. Daß es audi in der Armee in Italien eine „Mansfeidische Faktion" gab, darüber erstattete ihm der getreue Martini Bericht, der durch seinen von dort zu ihm kommenden ehemaligen Generaladjutanten Riedt bestätigt wurde 49 ). Noch hat er sich in seinen Antworten zuversichtlich gegeben: die Generäle und Offiziere, die da eine „feine Republik" zu bilden suchten, „mögen sich hüten, damit sie in ihrer Meinung nicht etwa betrogen würden, wenn sie glaubten, daß ich denselben lange zuschauen oder nachsehen möchte", er kümmere sich zwar wenig um „PartikularFactiones" gegen seine Person, „allein wenn es auf des Kaisers Dienst, Subordination oder sonst andere Passiones und Hitzigkeiten loskommt, da werde ich schon wissen, auf was für eine Art zu remedieren sein müsse"; das solle man den Herren zu verstehen geben, „denn wenn es zum Brechen kommt, dürfte hernach die Bereuung zu spät sein" 50 ). Und er war überzeugt, auch schließlich über die mächtigen Urheber aller dieser Umtriebe obzusiegen. Er kenne, so hat er schon am 26. Juni zu Palm geäußert, „die Estime, welche der Kaiser in militaribus gegen den Mansfeld trägt", „embarrassiere" sich darüber aber nicht, da er nicht glaube, daß man ohne seine Zustimmung handeln werde, „maßen ich auf solchen Fall meine Dienste ganz unfehlbar zu Dero Füßen legen werde", und nach Höchstädt versicherte er, daß er nach seiner Rückkehr schon wissen werde, „den Mansfeldischen Anmaßungen zu begegnen" 51 ). Es scheint, daß er dieser Abrechnung schon vorzuarbeiten suchte, indem er durch andere — möglicherweise den P. Bischoff, den er ja schon einst als Vermittler benutzt hatte — Leopold sein Befremden über die ihm zu Ohren gekommene Kritik an seinen Vorschlägen und Maßnahmen ausdrücken ließ. Der Kaiser hat zwar darauf in einem Schreiben vom 1. November 1704 Gerüchte, wonach Eugens Operationen am H o f e „nicht allerdings approbiert würden", als die verächtlichste Sache der Welt bezeichnet, auf die nicht die geringste Reflexion zu machen sei, und ihn zugleich seines vollen Vertrauens versichert 52 ). Aber konnte man sich bei der Wankelmütigkeit des Habsburgers darauf verlassen? Jedenfalls hielt er es für unbedingt geboten, selbst in Wien nach dem Rechten zu sehen, sowohl um den Einfluß jener Widersacher auszuschalten als vor allem auch um seine Forderungen hinsichtlich des Aufmarschs in Italien durchzusetzen. Bis jetzt, so schrieb er noch aus Landshut am 22. Dezember an Victor Amadeus von Savoyen, sei ein anderer

Wieder Kampf um die Macht

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Gang der Dinge nicht zu erreichen gewesen: „Man müßte ein Buch schreiben, um im einzelnen die Ursache davon und alles, was geschehen ist, zu erklären. Ich habe den Graf Daun nach Wien vorausgeschickt, wohin ich ihm bald folgen werde, da kein Augenblick mehr zu verlieren ist, um alles hinsichtlich der italienischen Armee anzuordnen" 5 3 ). Würde es ihm nun in Wien gelingen, allen „ungereimten Konzepten und Anschlägen" ein Ende zu bereiten 54 )? Wratislaw, der von seinem Amt als Botschafter in England entbunden und an den Hof berufen worden war, glaubte dem Habsburger in Spanien melden zu können, daß des Prinzen Ansehen durch Höchstädt „sowohl bei der Herrschaft als dem Volk um ein Merkliches augmentiert worden" sei 55 ). Es stellte sich indessen heraus, daß in der Zeit seiner Abwesenheit seine Widersacher mehr Terrain gewonnen hatten, als er selbst wohl für möglich gehalten hatte. Beobachter wollten zwar wissen, daß der König Joseph sich blindlings seiner Führung anvertraue, wie es aber mit dem Kaiser stand, das blieb fraglich, und wenn es auf der einen Seite als ein Zeichen seiner hohen Einschätzung galt, wenn angeblich ihm Vollmacht für die Beendigung der ungarischen Wirren übertragen werden sollte, so behaupteten andere, es sei das eine Intrige seiner Gegner, die ihn möglichst rasch wieder aus der Hauptstadt entfernen wollten 56 ). Solche Anschläge vermochte er wohl abzuwehren, aber er mußte es erleben, daß er mit seinen eigenen auf energische Aufrüstung und rasche Bereitstellung von Truppen und Geld für den italienischen Feldzug gerichteten Anliegen nicht vorwärtskam. In den ersten Wochen des neuen Jahres 1705 traten Ereignisse ein, die sich lähmend auf die ganze Regierungsmaschinerie auswirkten. Am 11. J a nuar starb der Reichsvizekanzler Graf Kaunitz: über seine Lässigkeit und „Irregularität" in den Geschäften hatte die aufstrebende Generation oft geklagt, immerhin hatte er zu dem Ministerwechsel von 1703 beigetragen, und Eugen selbst bezeichnete ihn nunmehr als einen vortrefflichen Minister, dessen unverhoffter Tod „in den jetzigen negotiis ein sehr großes Contratempo verursachen" könne 57 .) Daß gleichzeitig Kaiser Leopold selbst erkrankt war, erwies sich gleichfalls als ungünstig, da, wie Wratislaw am 17. J a nuar dem Erzherzog-König nach Spanien schrieb, die Krankheit Mansfeld als Obristkämmerer Gelegenheit gab, sich noch stärker in des Herrn Gemüt einzuwurzeln, so daß man wohl ihm nach des

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Kaunitz Tod das Präsidium in den meisten Konferenzen übertragen werde. Als einen Monat später der Kaiser genesen war, fand der böhmische Graf seine Vermutungen nur zu sehr bestätigt: von Tag zu Tag erkenne man mehr, „wie des Harrach und Mansfeld Kredit dergestalt zugenommen, daß sie beide mit dem Kaiser tun, was sie wollen, und sogar den römischen König aus aller Negotie gesetzt, dergestalt daß die Konferenzen nicht mehr wie vorher vor ihm, sondern in der Stadt gehalten werden" 58 ). In der Tat lebte noch einmal der Kampf um die Macht auf. Auf der einen Seite stand die alte Garde, die den hinfälligen Habsburger umgab, der Obristhofmeister und der Obristkämmerer, auf der anderen, nunmehr auch im innenpolitischen Kampf eng zusammengeschlossen, der Prinz und Wratislaw, die ihrerseits auf Kaiser Leopold durch den von ihm geschätzten letzten Botschafter König Karls II. von Spanien, Don Francisco Moles Duque di Pareti, einzuwirken suchten: Der Herzog, der seine unerschütterliche Treue zum Hause Habsburg nach der Thronbesteigung des Bourbonen in Madrid durch Übertritt in kaiserliche Dienste bekundet hatte, soll schon im Vorjahr nicht unwesentlich zu der Übertragung der Sondervollmachten an Wratislaw und den Prinzen Eugen beigetragen haben, und auch jetzt schloß er sich eng mit ihnen zusammen 59 ). Aber diesmal kam er offenbar gegen den Einfluß der alten Minister nicht auf. Eine erste Niederlage erlitten die Freunde bei der Besetzung des Gouvernements für das unterworfene Bayern. Eugen, dem an einer weitgehenden Ausnutzung dieses Landes in militärischer und finanzieller Beziehung für die Zwecke des Feldzugs in Italien viel lag, hatte die Wahl des Kaisers auf Wratislaw lenken wollen. Voll Empörung hatte er Einspruch erhoben, als man statt seiner noch im Herbst 1704 den Kardinal von Lamberg nominierte, dem man als Fürstbischof von Passau die Schuld an der Übergabe dieser Stadt an die Bayern zu Beginn des Jahres zumaß, und diese Kandidatur war denn auch fallengelassen worden 60 ). Doch im Februar 1705 wurde nicht Wratislaw, sondern der Graf Löwenstein zum Administrator ernannt, den der Prinz audi für ungeeignet hielt; vergebens hatten er und Moles sich dagegen gestemmt, beide zusammen, so stellte Wratislaw selbst in seinem Bericht an König Karl fest, „sind nicht mächtig genug, den Kaiser zu etwas zu bringen". „Eure Majestät", so lesen wir da weiter, „können nicht glauben, wie dieser Streich den Prin-

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zen chagriniert und den Moles konsterniert, nidit zwar wegen meiner Person, zumal ich in Böhmen wohl akkommodiert und mich mit diesem vergnüge, sondern daß sie sehen, wie der einzige Fundus, durch welchen sie einesteils den Kaiser und andernteils Eure Königliche Majestät aus der großen Misere, in welchen sie sich anjetzo befinden, zu setzen erhofft, in fremde H ä n d e gespielt und dadurch Anlaß gegeben worden, daß ein jeder von diesen Einkünften profitieren, folglich dem Erzhaus ein schlechter Nutzen geschafft werden wird." Aber es blieb nicht dabei. Allenthalben stießen Eugen und seine Verbündeten auf den Widerstand derer, die sie einst verdrängt zu haben glaubten. „Die Konferenzen", so meldete ein geheimer Agent dem französischen Hof aus Wien, „bestehen nur aus Beteuerungen und Disputen, die Konfusion in den Geschäften ist durch die Animosität der Faktionen, die nur damit beschäftigt sind, sich gegenseitig zu bekämpfen, auf einen hohen G r a d gebracht" 61 ). Von dem römischen König, über dessen Sympathien f ü r die Gruppe um den Prinzen kein Zweifel bestehen konnte, teilte Wratislaw dessen Bruder mit, daß er zwar das seinige tue und nicht ermangele, dem Kaiser das nötige zu erinnern, „jedoch geben auch seine Sollizitationen wenig aus, und wer weiß, ob nicht üble Leute zwischen Vater und Sohn einige heimliche Jalousien ausgestreut haben, bei welchen Umständen alle treuen Diener wehmütig die Schultern schupfen, sich aus dem Negotio halten und H i l f e von oben her suchen müssen". So schienen die schlimmsten Zeiten der Jahre 1702/03 wiedergekehrt. Nach allen starken Worten, die er selbst im Hinblick auf die Durchsetzung seiner militärischen Forderungen und Absichten vor seiner Rückkehr nach Wien sowohl gegenüber seinen Wiener Korrespondenten als auch gegenüber dem Herzog von Savoyen und den kaiserlichen Generälen in Italien gebraucht hatte, mußte es den Prinzen besonders verbittern, daß die Vorbereitung des neuen Feldzugs keineswegs so rasch fortschritt, wie er gehofft hatte. D a ß entgegen der vielfach verbreiteten Meinung von seinem absoluten Übergewicht in allen militärischen Dingen 62 ) der Kaiser auch da anderen Einflüssen folgte, zeigte das Schicksal seiner nun unmittelbar erhobenen Forderungen auf Absetzung Heisters, an dessen Heerführung er scharfe Kritik übte: Heister behielt vorerst sein Kommando, weil er nach Wratislaws Urteil „von potenten, dennoch des Kriegs nicht verständigen Leuten gar zu stark protegiert"

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wurde 63 ). Wenn er schließlich doch im Mai abberufen wurde, so war das nidit auf das Votum des Hofkriegsratspräsidenten, sondern auf den Unwillen der Seemächte zurückzuführen, die in ihm den Hauptgegner ihrer Vermittlungsversuche sahen64). Weit mehr aber noch bedrückte den Prinzen, daß er bei seiner Ankunft die Rüstungen für Italien in einem auch von ihm nicht für möglich gehaltenen Rückstand fand und daß in den folgenden Monaten sein ständiges Drängen nur begrenzten Erfolg hatte. Nichts, so klagte er Guido Starhemberg am 29. Januar, habe er ausgemacht gefunden, Rekrutierung und Remontierung wären kaum angefangen gewesen, und vier Wochen später schrieb wohl auf seine Informationen Wratislaw nach Spanien, daß die „praeparationes bellicae" aus Mangel an Mitteln nicht weiter gingen und die von den Ländern zu stellenden Rekruten „noch nicht in rerum natura" seien65). Audi mit Bereitstellung und Anmarsch der von den Seemächten für den italienischen Krieg gemieteten preußischen und pfälzischen Regimentern haperte es: noch, so schrieb Eugen Mitte Februar unmutig an seinen Vetter in Turin, seien die Preußen trotz der Bestätigung der mit ihnen geschlossenen Verträge nicht aufgebrochen, von den Pfälzern werde man bis zur Stunde „amüsiert", auch die gleichfalls nach dem Süden bestimmten Dänen machten einige Schwierigkeiten, und dazu fehlte es an Geld für die eigenen Armeen in Piemont und der Lombardei 66 ). Konnte er da sein Versprechen, selbst schon Ende Februar die Fahrt nach Italien zur Übernahme des Kommandos anzutreten, halten? Gegenüber den Briefen voll Klagen, Beschwerden und düsteren Prophezeiungen, die ihn fast jede Woche aus Italien erreichten67), hat er an der Taktik festgehalten, immer wieder beschwichtigende Zusagen zu machen und Termine anzugeben, zu denen er unfehlbar auf italienischem Boden erscheinen würde. Ob er es aufrichtig meinte, als er am 16. Februar an Victor Amadeus schrieb, er habe sich bereit erklärt, nach dem Süden zu eilen, auch wenn man seine Forderungen nicht erfüllte, da ihn des Herzogs gefährliche Lage selbst seine eigene Reputation aufs Spiel setzen lasse68)? Immerhin hat gleichzeitig auch Wratislaw dem Habsburger in Spanien mitgeteilt, daß der Prinz trotz des Zurückbleibens von Preußen und Pfälzern in kurzer Zeit abreisen und trachten werde, „ob er eben diesen Abgang mit seiner Person ersetzen und gleichsam wiederum ein neues Mirakel zuwege bringen kann". Wenn dann freilich Victor Amadeus am 10. März mit der

Drohung des Rücktritts

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Bemerkung seines Vertrauens zu dem Vetter die Hoffnung verband, daß er bereits Anfang des Monats Wien verlassen habe®9), so hatte der Prinz inzwischen doch wieder den Aufbruch verschoben, und ebensowenig hat er den dann seinem alten Waffengefährten Roccavione angegebenen Termin Ende März gehalten 70 ). Ja um diese Zeit hat es zeitweise geschienen, als wenn nicht nur sein Einsatz in Italien zweifelhaft, sondern er auch auf seinen Posten als Hofkriegsratspräsident verzichten würde. Seit Anfang März 1705 ist es in der Tat in Wien zu einer schweren Krise gekommen: angesichts der Schwierigkeiten und Widerstände, die er bei allen seinen Bemühungen um die Kriegsrüstung und vor allem um die Bildung eines wirklich schlagfertigen Heeres für den italienischen Feldzug fand, gab der Sieger von Höchstädt zu erkennen, daß er nicht gewillt war, sich weiter hinhalten zu lassen. Die Berichte seines Freundes Tarino, des savoyischen Gesandten am kaiserlichen Hofe, die in diesen Wochen nach Turin gingen, geben ein anschauliches Bild von der dramatischen Zuspitzung der Auseinandersetzungen. Nach erregten Konferenzberatungen und nach vergeblichen Versuchen des Prinzen, feste Zusicherungen des Kaisers zu erhalten, erklärte er schließlich, die Verantwortung für die Kriegführung nicht mehr tragen zu können und daher um seine Entlassung als Präsident des Hofkriegsrats bitten zu müssen71). Am selben 14. März, an dem Tarino dies seinem Herzog meldete, unterrichtete auch Wratislaw den Grafen Gallas, der als sein Nachfolger nach London gegangen war, daß Eugen sein Amt niedergelegt habe 72 ). Wollte er wirklich resignieren? In Wirklichkeit war es wohl der stärkste Trumpf, den er ausspielte, um den Herrscher aus seiner Entschlußlosigkeit herauszureißen und ihn zu den von ihm geforderten rücksichtslosen Maßnahmen zu bewegen. Wenn er ihm mit schonungsloser Offenheit vorstellte, daß er es mit seiner Ehre nicht vereinbaren könne, durch Duldung von Nachlässigkeit und Unfähigkeit mitschuldig zu werden an dem sicheren Ruin des Hauses Österreich, so rechnete er gewiß damit, daß man es schon angesichts des zu erwartenden verheerenden Eindrucks auf die Öffentlichkeit und auf die Verbündeten nicht zu einer Entlassung kommen und daher nunmehr ihm die nachhaltige Unterstützung zuteil werden ließ, um die er bisher vergebens gebeten hatte. In der Tat erscheint nach Tarinos Bericht vom 21. März der erschreckte Monarch zunächst auf der

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Eingabe Eugens vermerkt zu haben, daß er der Demission niemals zustimmen könne, was er dann auch noch durch den römischen König bestätigen ließ. Der Prinz, so wußte am gleichen Tage auch Wratislaw Gallas mitzuteilen, werde die Präsidentenstelle wieder übernehmen, nachdem man ihm die schleunige Aufbringung der benötigten Mittel fest zugesagt habe 73 ). Wie dies zuwege gebracht werden konnte, darüber ist dann in den nächsten Tagen eifrig verhandelt worden. Übereinstimmend haben am 25. März Tarino und ein geheimer Agent des französischen Hofes an ihre Auftraggeber berichtet, daß nicht nur der Kaiser seinem vollen Vertrauen zu dem Savoyer in herzlichster Form Ausdruck gegeben, sondern auch befohlen habe, daß die Truppenzuführung nach Italien beschleunigt und ihm eine größere Summe zur Verfügung gestellt werde. Der Agent, der auch von der Rücktrittsdrohung erfahren hatte, stellte die Zusammenhänge so dar, daß der Prinz in der Erkenntnis der auf seine Entfernung aus Wien und seine Vertröstung mit leeren Worten gerichteten Absichten seiner Gegner rundheraus erklärt habe, das Kommando nur bei Stellung genügender Truppen und Fonds übernehmen zu wollen: „diese Bedingungen waren angesichts der sonstigen Belastungen nur schwer zu erfüllen, da er es aber unerschütterlich ablehnte, von dem guten Willen seiner Widersacher abhängig zu bleiben, hat man sich genötigt gesehen, ihm zu willfahren" 7 4 ). Selbst hatte er schon am 23. Victor Amadeus mitgeteilt, man habe es mit vieler Mühe dahin gebracht, daß sowohl Preußen und Pfälzer als auch die eigenen Rekruten und Remonten sowie zwei kaiserliche Regimenter sich im Marsch befänden oder ihn in kürzester Frist anträten: „was mich betrifft, so hoffe ich bestimmt, gegen den 6. April an den Grenzen Italiens einzutreffen" 75 ). So schnell ging es indessen auch jetzt noch nicht. Offenbar brachte man die Summe von insgesamt einer Million Talern, von der nach Verabredung zwischen Eugen und dem Hofkammerpräsidenten 800 000 Gulden auf Italien, 400 000 auf die Rheinarmee und 300 000 auf Ungarn entfallen sollten, nicht so rasch zusammen, und gegen Ende März klagte der Prinz erneut Tarino über die Schwerfälligkeit des Monarchen, die der römische König und er nur mit großer Mühe zu überwinden vermochten, meinte er resigniert, es müsse ein Wunder eintreten, um die Macht des Erzhauses aufrechtzuerhalten 76 ). Noch ließ er Anfang April den Feldmarschall-Leutnant Graf Daun allein

Aufbruch nach Italien

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die Reise nach Süden antreten, forderte er erneut größere Sicherheit hinsichtlich der Erfüllung der ihm gemachten Versprechungen, bevor er sich selbst in die Kutsche setzte 77 ). Deutlich kommt seine Verstimmung noch in dem Schreiben vom 9. April an Guido Starhemberg zum Ausdruck, den er auf den mündlichen Rapport Dauns über die neuerliche Verzögerung seines Aufbruchs verwies: er könne ihm versichern, „daß, wenn ich vor heuer das Kommando in Italien nicht schon über mich genommen hätte, ich es bei den hiesigen Zircumstanzien gewiß nimmermehr übernehmen, auch kein Mensch mich bewegen würde"; inzwischen sei nun seine Abreise festgestellt, „ob ich schon noch nicht einmal vergewissert bin, daß einen Kreuzer Geld mitbekommen, zu geschweigen, ob bei meiner Ankunft in Italien des Proviants halber mit den Magazinen, auch Artillerie und Proviantfuhrwesen gesichert sein werde" 7 8 ). Das Geld war in der T a t noch nicht zur Stelle, als er endlich am 17. April in Begleitung des Generals Graf Guttenstein und des Grafen Leopold Palffy von Wien aufbrach 79 ). Immerhin ist ihm eine Woche später ein Kurier mit einer Anweisung über 100 000 Taler gefolgt. Zudem war er seinem Verlangen entsprechend mit weitgehenden Vollmachten ausgestattet worden, die ihn in den Stand setzen sollten, an Ort und Stelle ohne Nachfrage in Wien alle von ihm für nötig befundenen Maßnahmen zu treffen 80 ). Er hatte, das durfte er sich wohl sagen, in dem neuen Kampf um die Macht gesiegt, es war ihm bestätigt worden, daß er unentbehrlich geworden war. Von einer Siegesstimmung aber war er weit entfernt. Nicht nur, daß ihm alle Anstrengungen noch nicht ausreichend schienen, um den Krieg erfolgreich führen zu können. Nach seiner Ankunft im Feldlager hat er sofort wieder in Schreiben an den Kaiser und den römischen König bittere Klagen über die Vernachlässigung der Truppen vorgebracht: allenthalben sehe er „nichts als Lamentieren, Not und Miserien", alles sei „in eine solche Kleinmütigkeit verfallen, daß kein Mensch weder zu raten noch zu helfen weiß" 8 1 ). V o r allem erfüllte ihn auf Grund der Erlebnisse der letzten Monate eine tiefe Skepsis gegenüber der Beständigkeit des greisen Habsburgers. Er hatte im März seine Demission verlangt, weil er nach seinen eigenen Worten nicht mehr gesehen habe, wie er „bei allenthalben verlassenem und abandonniertem Militärsystem hätte nützlich dienen" können 82 ). Aber würde bei der Eigenart und Hinfälligkeit Leopolds trotz aller Versprechungen und

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Sieg in Italien

Garantien nicht wieder der alte Schlendrian triumphieren, war nicht im Grunde auch der Einfluß seiner Hofminister ungebrochen? Doch es sollte zu keiner neuen Kraftprobe mit ihnen mehr kommen. O b der Prinz, als er sich und seine Kraft dem Kaiser weiter zur Verfügung stellte, damit gerechnet hat, daß bald ein völliger Umschwung eintreten würde, ob er, als er sich von ihm verabschiedete, geahnt hat, daß er ihn nicht wiedersehen würde? Zwei Wochen nach seinem Aufbruch erreichte ihn die vorerst noch streng geheimzuhaltende Nachricht, daß der Allergnädigste Herr „in eine solche Krankheit verfallen, daß es mit ihm ein schlechtes Aussehen hat" 8 3 ). In der Frühe des 5. Mai 1705 ist Leopold I. gestorben. Prinz Eugen hat in dem Kondolenzschreiben an den Sohn und Nachfolger versichert, daß, wenn des Kaisers Tod „bei dem ganzen Bezirk des wohlgesinnten Europa insbesondere aber bei Deroselben unterworfen gewesenen Monarchie ein unbeschreibliches Leidwesen verursachen" werde, so auch er „in particulari" ihn schmerzhaft empfinde84). Das war gewiß aufrichtig, denn bei aller Kritik hatte er sich doch bis zuletzt dem Manne in Dankbarkeit verbunden gefühlt, der ihn, den verachteten und verstoßenen Emigranten, einst freundlich aufgenommen und ihm den Weg zu dem erstrebten Ansehen und Ruhm geebnet hatte. Sicher aber war in ihm das Gefühl der Erleichterung nicht weniger stark. Voll Hoffnung richteten sich seine Blicke auf das neue Haupt der Casa d'Austria, auf Joseph I., auf den als erkorenen römischen König auch die Kaiserwürde sofort überging. In der Annahme, daß nun in Wien in personeller Beziehung ein völliger Umschwung stattfinden, daß der 27jährige neue Herrscher sich gerade auf die Kreise stützen werde, die in den letzten Jahren immer wieder den Mangel an Entschlossenheit an der Spitze für Maditverfall und Kriegsunfälle verantwortlich gemacht hatten, sollte er sich nicht täuschen. Eine sofortige Bestätigung in ihren Ämtern erfuhren nur der Markgraf Ludwig Wilhelm, der bisherige Obristhofmeister Josephs Fürst Salm und Prinz Eugen selbst: es war ein Zeichen dafür, daß die Krise um sein Verbleiben als H o f kriegsratspräsident endgültig vorbei war 8 5 ). Wenn dann schon drei Wochen nach dem Tod Leopolds festgestellt wurde, daß die Geschäfte nun mit einem Eifer betrieben würden, von dem man sich die glücklichsten Folgen verspräche 86 ), so konnte Hamel Bruynincx am 13. Juni einen gänzlichen Wechsel in der Regierung nach dem

Erste Maßnahmen Kaiser Josephs

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H a a g melden: da, so meinte er, unter den neuen Ministern sich mehrere junge Leute befinden, werden sie sich auf die ihnen zugewiesenen Aufgaben mit mehr Feuer und Leidenschaft, wenn auch möglicherweise mit weniger Erfahrung stürzen 87 ). Harrachs Rücktritt hatte sich schon aus Salms Beibehaltung als Obristhofmeister durch Joseph ergeben, er, mit dem übrigens Eugen trotz sachlichem Gegensatz persönlich in freundlicher Beziehung geblieben war, hat seinen H e r r n und Freund nur kurze Zeit überlebt: am 15. Juli 1706 ist er gestorben 88 ). Wichtiger war Mansfelds endgültiges Ausscheiden aus der politischen Sphäre: er hat, 1709 sogar in den Reichsfürstenstand erhoben, noch bis zum Juni 1715 gelebt, irgendeinen Einfluß aber hat er nicht mehr ausüben können. Für so manche Versäumnisse hatte man den bisherigen H o f k a n z l e r Buccelini verantwortlich gemacht, auch er verlor sein Amt, dessen weitgespannte Agenden nunmehr aufgeteilt wurden: der gelehrte und tüchtige Johann Friedrich von Seilern, der es vom Schwarzfärbersohn in Ladenburg am Neckar zuerst im pfälzischen und dann im kaiserlichen Dienste zu hohem Ansehen gebracht hatte 8 9 ), wurde erster und Graf Philipp Sinzendorf zweiter Hofkanzler. Bedeutsam aber w a r vor allem die Erhebung des Grafen Wratislaw zum böhmischen Kanzler. Es gab zwar noch einen Obersten Kanzler Böhmens, den Grafen Wenzel N o r b e r t Octavian Kinsky, da er aber weder Ehrgeiz noch Geschäftserfahrung besaß, wurde Wratislaw der eigentliche Leiter der Kanzlei, im übrigen aber sollte er den Kaiser nicht nur in den böhmischen Dingen, sondern auch außenpolitisch beraten. Einige Zeit hat es gedauert, bis auch der seit Kaunitz' Tod verwaiste Posten des Reichsvizekanzlers besetzt wurde, er fiel dem jungen Domherrn Friedrich Karl von Schönborn, dem Neffen des derzeitigen Reichserzkanzlers und Kurfürsten von Mainz, zu, der auch seit seinem Erscheinen in Wien im Jahre 1703 zu den „Josephinern" gehört hatte, freilich wegen seiner vielfachen Verbindung zum Reich und den Reichsfürsten von den österreichischen Machtpolitikern, wie Wratislaw, Sinzendorf und auch dem Prinzen Eugen nicht ohne Mißtrauen beobachtet wurde 9 0 ). Der Geheimen Konferenz hatte der neue Kaiser ihre bisherige Bedeutung genommen, indem er einzelne Kommissionen f ü r die Reichsangelegenheiten, f ü r die Allianz mit den Seemächten, f ü r Spanien, f ü r Italien, davon abgesondert f ü r die Verhandlungen mit dem Papst, für die Schweiz und f ü r Ungarn bildete, die jeweils mit drei

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Sieg in Italien

bis fünf Geheimen Räten besetzt wurden. An allen war Fürst Salm, dem sein ehemaliger Zögling offensichtlich die Stellung eines Premierministers zugedacht hatte, und einer der beiden Hofkanzler beteiligt, denen für die südeuropäischen Departements Moles, für die nordeuropäischen Wratislaw beigeordnet waren 91 ). Durch diese beiden Freunde konnte Prinz Eugen jederzeit seine Meinung zur Geltung bringen. Daß der Kaiser aber gewillt war, auch ihn persönlich als bevorzugten Ratgeber nicht nur auf militärischem, sondern auch auf politischem Gebiet in Anspruch zu nehmen, hat er sofort auch nach außen zum Ausdruck gebracht, indem er ihn unter den Mitgliedern des nur noch auf 33 Personen begrenzten Geheimen Rates weit nach vorne schob. Durch Dekret vom 13. Juni 1705 wurde ihm in Würdigung „seiner vortrefflichen Qualitäten, erleuchteten Vernunft, in Kriegs- und Staatssachen habenden stattlichen Experienz, Integrität, getreuester Devotion, auch ungemeiner Conduite, höchstangelegener Sorge, Fleiß wie zumal zu Tag und Nacht unverdrossener Vigilance und Mühe" unter Bestätigung in allen seinen Würden das sechste Votum unter den wirklichen Räten zugesprochen 92 ). Es war eine Gnade und Bevorzugung, die, wie Eugen in einem persönlichen Brief an Sinzendorf behauptete, ihn um so mehr erfreute, als er nicht im geringsten daran gedacht hatte, sie zu beanspruchen: „ich kann sie nur vergelten, indem ich mich bis zum letzten Tropfen meines Blutes für des Kaisers Dienst aufopfere" 9 3 ). Am 10. Juni hatte Fürst Salm in einem Schreiben an den Grafen Gallas von der betrüblichen Lage gesprochen, in der Leopold I. sein Reich hinterlassen habe, so daß es der größten Anstrengungen bedürfe, um es wieder aufzurichten 94 ). Nicht anders hat der Prinz in dem ersten Bericht, den er aus seinem Hauptquartier in Salö am Gardasee an den neuen Monarchen richtete, darauf hingewiesen, „in was für einen gefährlichen Zustande Dieselben Dero Regierung nunmehr angetreten haben", der die Ergreifung aller „extremen und prompten Remedia" nötig mache, „damit wiederum Dero wankende Krone und Szepter befestigt und endlich auch mit göttlichem Beistande noch Dero besitzende Erbrechte und sonstige befugte Ansprüche da und dort weiter ausgebreitet werden könnten" 9 5 ). Aber wie Salm beruhigend von dem unermüdlichen Eifer des jungen Kaisers um Herstellung der Ordnung und Entfaltung aller Kräfte sprach, so mochte auch Eugen nun alles Vertrauen auf

Lage in Italien Frühjahr 1705

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ihn setzen, den er einem im kaiserlichen Dienst stehenden Italiener als „un prudentissimo e vigilantissimo monarca zelante per il bene pubblico e glorioso sostegno della Clemenza Austriaca" bezeichnete 9 6 ). Selbst glaubte er sich nun fest im Sattel und damit in der Lage, die Sache, der er sich verschrieben hatte, endgültig zum Siege zu führen. Er sollte viele und schwere Enttäuschungen erleben. Und dodi sind ihm später wohl die Jahre unter diesem Herrscher als die glücklichsten seiner Laufbahn erschienen.

2. Es war von vornherein fraglich, ob der Elan, mit dem die neuen Männer in Wien sich ans Werk machten, sich noch auf den Feldzug in Italien günstig auswirken konnte. Gerade in den Tagen, in denen sich der Wechsel vollzog, schien die Lage dort für die Verbündeten einer Katastrophe zuzutreiben. Als Prinz Eugen, der den Weg von Wien über Neumarkt, Reidienhall und Innsbruck genommen hatte, am 23. April in Rovereto eingetroffen war, mußte er feststellen, daß alles noch „weit ärger und miserabler" sich anließ, als er befürchtet hatte 9 7 ). Soeben war die Nachricht gekommen, daß in Piemont Verrua kapituliert hatte und damit rund 1500 Mann meist kaiserlicher Truppen in Gefangenschaft geraten waren. Diesem empfindlichen eigenen Verlust standen nach sicheren Informationen erhebliche Verstärkungen der feindlichen Streitkräfte sowohl durch Rekruten als auch durch Zuführung eines neuen Korps nach Pinerolo gegenüber, während auch von der Küste der Duc de la Feuillade nach Eroberung von Villefranche und der Stadt Nizza sich im Anmarsch auf Turin befinden sollte 98 ). Wie war da noch dem Herzog Victor Amadeus, der die baldige Belagerung seiner Hauptstadt und die Einkesselung seiner zusammengeschmolzenen Armee besorgen mußte, zu helfen? Eugens findiger, ungewöhnlichen und abenteuerlichen Unternehmungen stets geneigter Geist 9 9 ) hatte wohl schon während der verflossenen Jahre versucht, dem Vetter von anderer Seite Entlastung zu verschaffen: durch Saint-Saphorin, der in der Schweiz kaiserliche und auch savoyische Werbungen betrieb, hatte er Verbindung mit Cavalier, dem genialen, jungen Führer der aufständischen Waldenser, aufgenommen und ihm Unterstützung versprochen, weitere Erhebungen im Rücken der

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französischen Armeen in Oberitalien erhoffte er dann von den Umtrieben eines aus Frankreich geflüchteten Abenteurers, des Abbé de Guiscard, mit dem er persönlich im Herbst 1704 im Lager vor Landau verhandelt hatte und dessen Unternehmungen er noch Anfang 1705 Marlborough gegenüber als aussichtsvoll bezeichnete, falls man von Seiten der Seemächte ihm ebenso wie Cavaliers „Camisarden" die nötige Hilfe angedeihen ließ 100 ). Doch so lästig diese Unruhen auch für die Franzosen sein mußten, einen wesentlichen Einfluß auf die militärische Lage in Oberitalien konnten sie kaum ausüben. Hier war eine Wendung nur zu erwarten, wenn Eugen selbst mit dem verstärkten Leiningenschen Korps und den von den Seemächten gemieteten preußischen und pfälzischen Regimentern den Vormarsch aus dem Gebiet des Gardasees antrat, um Mailand zu erobern oder wenigstens dem bedrängten Herzog und Starhemberg in Piémont die H a n d zu reichen. Aber war er überhaupt dazu imstande? Die westlich des Gardasees liegenden Regimenter Leiningens, die dieser in den letzten Monaten trotz Drängens aus Wien weder nach Westen gegen den Oglio noch nach Süden zum Entsatz des vom Feinde belagerten Mirandola hatte vorführen können, waren in der Tat, wie auch der Prinz erkennen mußte, für solche Unternehmungen zu schwach, von den rund 15 000 Mann, die sie umfassen sollten, waren anscheinend nur 8000 gefechtsfähig, während die Stärke der ihnen gegenüberliegenden und die Straße nach Brescia sperrenden Armee des Großpriors von Vendôme auf mehr als 30 000 Mann geschätzt wurde 101 ). Zwar rückten nun die Rekruten an — Eugen hatte sie auf seiner Reise teilweise ohne Gewehre angetroffen und durch energische Befehle für deren Beschaffung gesorgt 102 ) — und vor allem sammelten sich dann östlich des Gardasees die neuen kaiserlichen Regimenter und der größte Teil der Preußen, während die Pfälzer noch zurücklagen 103 ). Alles aber war Anfang Mai noch zu unfertig, als daß man noch etwas für Mirandola hätte tun können: am 11.Mai mußte dieser letzte kaiserliche Stützpunkt südlich des Po kapitulieren. So hoch Eugen auch die Bedeutung dieses Postens geschätzt hatte, vordringlicher war ihm doch von vornherein ein Unternehmen gegen Westen gewesen, das er ja auch Victor Amadeus zugesagt hatte; seine Gedanken, so hatte schon am Tage nach seiner Abreise aus Wien Wratislaw geschrieben, seien dahin gerichtet, „mit dem Grand Prieur eins in Kurzem zu wagen, dafern er von dem Vendôme nicht

Louis Joseph Prince de V e n d ô m e

Lage in Italien Frühjahr 1705

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gar zu stark verstärkt wird, wie denn die dasige Campagne ohne eine Hauptaktion nicht ablaufen kann" 104 ). Zu diesem Zwecke galt es zunächst einmal, die eigenen Truppen mit denen Leiningens zu vereinigen. Persönlich hat er einen Übergang übier den Mincio südlich des Sees erkundet, doch entschloß er sich dann, die Infanterie auf Schiffen an das Westufer überzusetzen, während die Kavallerie nach Norden um den Gardasee herumgeschickt wurde. Störungsversuche des Feindes wurden vereitelt, in den Tagen vom 16. bis 20. Mai trafen seine Bataillone im Lager von Gavardo ein, während die Ankunft der Schwadronen sich bis zum 27. verzögerte105). Hier sah er sich aber in einen engen Winkel zusammengedrängt einer noch immer erheblichen Übermacht gegenüber, auf die ein Angriff allzu hohe Verluste kosten mußte. Auf der Gegenseite hat denn auch der Herzog von Vendome bei einem Besuch bei seinem Bruder die Überzeugung gewonnen, daß ein Durchbruch der Kaiserlichen unmöglich war 106 ). Fast schien es so, als ob Eugen nichts übrig bleiben würde, als dem Vorbild Leiningens in den letzten Monaten zu folgen. Die ersten Juniwochen vergingen, ohne daß er sich, von kleineren Erkundungsvorstößen abgesehen, regte. Handelte es sich bei den Versicherungen an Victor Amadeus und Starhemberg, daß er trotz aller „Diffikultäten" sich „movieren" werde, wieder nur um die üblichen Vertröstungen, die jene nun schon so oft gehört hatten 107 )? Freilich hat der englische Gesandte in Turin, Hill, gegenüber allen Zweifeln seiner unerschütterlichen Zuversicht Ausdrude gegeben, daß der Prinz alles zur Rettung seines Vetters tun werde: „wir haben sein Wort, das niemand in Zweifel ziehen kann". Und er war überzeugt, daß ihm auch das Unmögliche gelingen werde: „Die Franzosen haben den Vorteil, daß sie die Städte und Pässe und Flüsse beherrschen, aber ich denke, daß wir überlegen sind durch den Genius, die Tapferkeit und die Fähigkeit des Prinzen Eugen" 108 ). Nun, auch das Genie vermag mitunter gegen die Macht der Verhältnisse nichts, das hat gerade der Verlauf dieses italienischen Feldzugs von 1705 erwiesen. Aber sein Wort hat der Prinz gehalten, und die Kühnheit und Verschlagenheit, mit der er aus jener Ecke am Gardasee hervorbrach und die spöttischen Voraussagen seines Vetters Vendome widerlegte, bleiben erstaunlich und bewunderungswürdig. Daß ihm, da die französischen Stellungen den direkten Weg nach Brescia deckten und ein Angriff auf sie kaum Erfolg versprach, 8 Braubadi, Prinz Eugen

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nur ein Umweg weiter nördlich durch die Talfurchen von Soseto und Nave die Möglichkeit zum Vormarsch nach Westen bot, hatte auch Vendome erkannt, aber er hatte es für ausgeschlossen gehalten, daß der Prinz den Durchstieg durch diese rauhen Berggegenden wagen würde 109 ). Dieser hatte indessen schon Anfang Juni ein Detachement unter dem Generalwachtmeister Roccavione nach Nave entsandt und in einem Bericht an den Kaiser am 5. Juni angekündigt, daß er willens sei, in Kürze aufzubrechen, um „zwischen Nacht und Tag in einem Zug einen forcierten Marsch bis über Nave hinaus zu machen und dann in der Gegend von Urago midi zu lagern, falls mir der Feind nicht zuvorkommen würde" 110 ). Zwei Tage später glaubte er bereits Guido Starhemberg versichern zu können, daß er, obwohl noch viele Requisiten vor allem an Artillerie und Proviant fehlten, sich am übernächsten Tage gewiß zu „movieren" gedenke, „es möge auch gehen, wie es wolle, und da es auch auf einen Hasard ankommen sollte", und dasselbe hat er in einem Schreiben an Victor Amadeus vom 8. Juni mit Nachdruck wiederholt 111 ). In diesen Tagen muß er selbst durch die Engen jener Täler bis gegen Brescia geritten sein, um sich persönlich über Gefahren und Aussichten des geplanten Unternehmens zu unterrichten — wir erfahren dies aus dem Brief eines hohen französischen Offiziers, der offenbar von den Vorgängen im kaiserlichen Lager so gut informiert war, daß er zugleich den neugierigen Pariser H o f kreisen über Wesen und Leben des Prinzen eine auch uns noch interessierende, detaillierte Schilderung zu geben vermochte: „Das ist ein Mensch, der sehr aktiv zu sein scheint, oft sein Pferd besteigt und strenge Disziplin bei seinen Truppen hält; was seine Lebensweise betrifft, so läßt er sich täglich mittags zwei Tafeln mit Fleisch ohne Beilagen, viel Landwein, den er aus silbernen Bechern trinkt, Käse und einigen Früchten der Jahreszeit servieren, während es kein Souper gibt, da er zeitig sich zur Ruhe begibt und sehr früh aufsteht" 112 ). Jene Vorbereitungen für den Marsch durch das Gebirge aber scheint man im französischen Lager um so weniger ernst genommen zu haben, als der Erkundung — und seinen eigenen Ankündigungen — dann doch die entsprechende Bewegung zunächst nicht folgte. Wie Eugen am 11. Juni an den Kaiser, den Herzog von Savoyen und den Grafen Guido Starhemberg schrieb, hielt er es doch für günstiger, noch so lange zu „temporisieren", bis auch die Pfälzer herangekommen waren 113 ). Als er Gewißheit über ihr Na-

Vormarsch über Brescia

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hen hatte, stellte er am 18. erneut seinen Aufbruch f ü r eine der nächsten Nächte in Aussicht 114 ). U n d in der Nacht vom 20./21. erfolgte er wirklich, von Gavardo ging es in Eilmärschen durch die Täler bis über Brescia hinaus und von dort nach Eintritt in die Ebene in südlicher Richtung, am 25. erreichte man Cignano vor Manerbio 115 ). Der Feind hatte sich völlig täuschen lassen, es blieb dem Großprior, den sein Bruder mit Vorwürfen überhäufte, nichts anderes übrig, als seinerseits die Stellungen vor Gavardo zu räumen und eiligst nach Südwesten abzumarschieren. Der Prinz hatte zwei Möglichkeiten ins Auge gefaßt, nämlich entweder »mit dem Feind zu einer Aktion zu kommen", bevor Vendome mit seiner Armee aus Piemont herankam und er so in Gefahr geriet, zwischen zwei Feuer zu geraten, oder aber, falls der Großprior zu einer Schlacht keine Möglichkeit bot, so rasch als tunlich den Oglio zu überschreiten 116 ). Die Absicht, den Gegner „entweder in einer rechten Okkasion zum Stehen zu bringen oder wenigstens seiner Retrogarde einen Streich anzuhängen", ließ sich indessen nicht verwirklichen, da die Franzosen sich rechtzeitig bei Manerbio verschanzten, worauf er sich nach Nordwesten dem Oglio zuwandte. Selbst ritt er am 27. Juni seinen Kolonnen voraus, um den Übergang über den Fluß vorzubereiten, der sich dann bei Urago nicht ohne Zwischenfälle vollzog: in den Fluten ertrank an der Spitze der das jenseitige Ufer erklimmenden Reiterei der Feldmarschall-Leutnant Graf Sereni, mit dem das kaiserliche Heer „einen gar gescheiten und wackeren General" verlor 117 ). Vielleicht war es ein Fehler, daß er dann mit seiner Armee auf der rechten Oglioseite bei dem von der spanischen Besatzung aufgegebenen Calcio stehenblieb, um sich zunächst über die Maßnahmen des Feindes zu unterrichten und zugleich durch Besetzung von Stützpunkten und Einrichtung von Magazinen die Verproviantierung seiner Truppen sicherzustellen 118 ). Er begnügte sich zunächst damit, die durch sein Erscheinen völlig überraschten spanischen Abteilungen des Generals Toralba, die nach Norden ausgewichen waren, durch ein Streifkorps unter dem Marchese Visconti verfolgen zu lassen: sie wurden am 1. Juli bei Bergamo eingeholt und zu einem großen Teil gefangengenommen 119 ). Er selbst brach erst wieder am 9. Juli auf, um gegen die Adda zu rücken, während ein Detachement sich oglioabwärts gegen Soncino wandte. Bei Isengo machte er halt, um das Ergebnis des Angriffs auf Soncino abzuwarten, das am 12. 8*

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Sieg in Italien

fiel120). Um sich den Rücken zu sichern, zugleich aber auch die Möglichkeit offenzuhalten, bei Schwierigkeiten an der Adda Operationen in südlicher Richtung an und über den Po aufzunehmen, gab er dem Generalwachtmeister Baron Wetzel den Auftrag, mit acht Bataillonen sich Cannetos, Ostianos und weiterer Posten am unteren Oglio bis zu dessen Einmündung in den Po zu bemächtigen. Selbst ließ er sodann seine Armee bei Romanengo zwischen Oglio und Adda ein Lager beziehen, von dem aus er entweder gegen Westen oder gegen Süden operieren konnte 121 ). Zeitweise hat ihn wohl der Gedanke beschäftigt, ob angesichts des Abzugs des Großpriors über den Oglio nach Crema sich jetzt nicht die Gelegenheit biete, „die Impresa von Mantua vorzunehmen und mit diesem Posto auch das ganze Land zu erobern"; verzweifelte Hilferufe des Herzogs von Savoyen ließen ihn indessen rasch auf eine solche Abänderung seiner Pläne verzichten: in erster Linie galt es, dem schwer bedrängten Vetter Luft zu machen122). Ein Stück des Weges dorthin hatte er immerhin zurückgelegt, und bisher war er zweifellos vom Glück begünstigt gewesen. Bei anderen Vorkehrungen des Feindes, so bekannte er am 17. Juli dem Grafen Tarino, wäre es ihm nie möglich gewesen, so weit vorzudringen und sich einer Reihe wichtiger Posten zu bemächtigen, auch wenn er über zwei oder drei Armeen von der gleichen Stärke geboten hätte, wie sie sein derzeitiges Korps darstellte: „Ich gestehe, daß bis zu dieser Stunde alles noch ganz gut gegangen ist, aber jetzt muß man sehen, wie das weiter sich entwickeln wird, denn nun finde ich nicht mehr die gleiche Leichtigkeit, meine Unternehmungen vorwärts zu treiben, da ich genötigt war, den Feinden Zeit zu lassen"123). Er mußte sich in der Tat überzeugen, daß auf französischer Seite diese Zeit nicht ungenutzt geblieben war. Während der Großprior mit seinen Truppen überhastet über Serio und Soncino bis nach Crema an der Adda zurückmarschiert war, kam von Piemont der Herzog von Vendome mit einer Anzahl Bataillonen und Schwadronen heran, entschlossen, der Planlosigkeit in den Bewegungen von Franzosen und Spaniern ein Ende zu bereiten und ein weiteres Vordringen Eugens zu vereiteln 124 ). Mit der Übernahme des Kommandos durch den „Corporal Louis", wie seine Soldaten den fähigen Marschall nannten, der ja schon 1702 seinem Vetter schwer zu schaffen gemacht hatte, verschlechterten sich nun wirklich die Aussichten für einen Erfolg des kühnen Vormarschs der kaiserlichen

An Oglio und Adda

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Armee erheblich 125 ). Mehrfach suchte der Prinz von Romanengo aus Übergangsstellen über die Adda zu erkunden, schlechtes Wetter und die Gegenmaßnahmen des Feindes aber hinderten ihn daran, die Truppen auf den Fluß anzusetzen. Am unteren Oglio geriet Wetzel in Bedrängnis, so daß er zurückgerufen werden und man froh sein mußte, daß er ungeschoren davonkam 1 2 6 ). Inzwischen wurden die Forderungen des savoyischen Herzogs auf schleunige Unterstützung immer dringender. „Der Feind", so stellte Eugen in einem Bericht nach Wien fest, „hat zwei starke Armeen, als eine in dem Piemont und die andere gegen mich. Jene ist dem Herzog von Savoyen und diese mir überlegen. Er, der Herzog, steht nun auf dem Gipfel seines totalen Unterganges, und ich finde alleweil größere Diffikultäten, wie demselben helfen und ich auch selbst resistieren könnte, falls er völlig verloren ginge" 127 ). Aber durfte er wirklich den Durchbruch wagen? Wie im Frühjahr am Gardasee und dann bei Calcio, so verharrte er nun in der Stellung von Romanengo, weil er, wie er an den Márchese di Prié schrieb, nicht möglich machen konnte, was unmöglich war, dabei aber stets auf dem Sprung war, eine günstige Gelegenheit zum Vorstoß auszunutzen 128 ). Mehrfach schon war in den ersten Augusttagen der Aufbruch befohlen und wieder abgesagt worden, schließlich aber glaubte er nicht länger warten zu dürfen: in der Nacht vom 10. auf den 11. August ließ er die Armee in nordwestlicher Richtung nach Concesa an der Adda marschieren, wo sich jedoch zu seiner großen Enttäuschung ein Brückenschlag bei der Breite und starken Strömung des Flusses als undurchführbar erwies 129 ). Damit fiel das Moment der Überraschung fort, eiligst kamen auf der anderen Seite f r a n zösische Kolonnen heran, und ebenso machten sich feindliche Gegenmaßnahmen geltend, als der Prinz in der Nacht zum 13. August Truppen und Pontons 5 Meilen aufwärts führte und dort Anstalten zum Übergang traf. Hier hat er sie fortsetzen und angesichts der vom Gegner besetzten Höhen bei Paradiso einen Brückenkopf bilden lassen, während er jedoch mit seinen H a u p t streitkräften wieder kehrt machte und sie am 16. August in zwei Kolonnen nach Norden gegen Treviglio marschieren ließ. Hierbei traf nun der die Vorhut führende Baron Riedt auf französische Fourageure, bei deren Verfolgung die überraschende Feststellung gemacht wurde, daß ein von dem Großprior befehligtes Korps bei Cassano seinerseits die A d d a überschritten und zwischen dem Fluß

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und dem durch eine der zahlreichen Abzweigungen der Adda gebildeten Canal Ritorto Stellungen bezogen hatte. Eugen vermutete, daß Vendome seine Aufmerksamkeit noch ganz auf jene südliche Übergangsstelle bei Paradiso gerichtet hatte, und beschloß sofort, den etwa 20 Bataillone und 30 Schwadronen umfassenden Teil der französischen Armee bei Cassano, dem er mit mehr als 40 Bataillonen und 60 Schwadronen überlegen war, anzugreifen und zu schlagen: hier schien sich die Möglichkeit zu einer erfolgreichen Aktion zu bieten, die er ja von Beginn des Feldzugs erstrebt hatte. Bei einem Sieg konnten ihm zugleich die bei Cassano von den Franzosen geschlagenen Brücken in die Hände fallen und mit deren Hilfe die Forcierung der Adda an dieser Stelle gewagt werden. Die Schlacht bei Cassano am 16. August 1705 hat nicht den Verlauf genommen, den der Prinz erhoffte 130 ). Nachdem er seine Truppen in der Ebene beiderseits der Straße von Treviglio nach Cassano in Schlachtordnung aufgestellt hatte, begann kurz nach Mittag der Sturm auf die französischen Linien hinter dem Canal Ritorto, der zunächst Erfolge hatte, dann aber durch heftige Gegenangriffe aufgehalten wurde. Auf dem linken Flügel machte ein System von Wasserläufen den tapfer angreifenden Preußen schwer zu schaffen. Auf dem rechten vermochten die zunächst von dem Grafen Leiningen und nach dessen tödlicher Verwundung von Eugen selbst vorgeführten kaiserlichen Truppen bis unmittelbar vor die am Ausgang der Brücke nach Cassano angelegten Verschanzungen vorzudringen: wäre es ihnen gelungen, diesen Brückenkopf zu nehmen, so hätte die Schlacht wohl mit einem glänzenden Sieg geendet, da damit die noch hinter dem Canal Ritorto diesseits der Adda stehenden Regimenter des Großpriors abgeschnitten worden wären. Doch in der Erkenntnis dieser Gefahr setzte Vendome, der schon zu Beginn des Kampfes auf der Gegenseite eingetroffen war und dem 15 französische Bataillone folgten, alles daran, um die Angreifer wenn nicht zurückzuwerfen, so doch anzuhalten, was ihm auch gelang. Man hat sich schließlich drei Stunden lang unter einem Hagel von Geschoßen gegenübergelegen: „Es ist", so heißt es in Eugens Schlachtbericht, „nicht zu beschreiben, was für ein großes Feuer, dergleichen ich noch niemals gesehen, beiderseits und ohne Aufhören gewesen sei". Er mußte einsehen, daß an eine Uberwindung des feindlichen Widerstandes nicht mehr zu denken war, und so gab er schließlich seinen Truppen den Befehl, über den

Sdiladit bei Cassano

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Kanal wieder zurückzumarschieren und ein inzwischen vorbereitetes Lager bei Treviglio zu beziehen. Beide Seiten haben die Verluste der anderen als erheblich höher angegeben als die eigenen 131 ): der Prinz wollte 4000 Mann verloren haben, während allein in Cassano in den nächsten Tagen über 7000 Mann der feindlichen Armee begraben worden wären, die Franzosen gaben ihrerseits eine Einbuße von 6000 Mann zu, schätzten aber den Ausfall beim Gegner auf über 10 000. Sicherlich war es f ü r die Armee des Prinzen ein empfindlicher Aderlaß. Gefallen war, wie erwähnt, der General der Kavallerie Graf Philipp Leiningen, dessen Tapferkeit von Eugen stets anerkannt worden war, obwohl er nicht zu seinen Freunden gehört hatte 132 ). Acht Tage nach der Schlacht erlag auch der Feldmarschall-Leutnant Prinz Joseph von Lothringen seinen Wunden, nach Eugens Urteil ein vielversprechender Offizier „von unvergleichlicher Bravour und eifriger Applikation in militaribus" 133 ). Selbst war er durch einen Streifschuß am Hals verwundet worden, „jedoch von so wenig Gefahr, als mich bisher die Wunde nicht gehindert hat, an dem kaiserlichen Dienst einen Moment zu verabsäumen". Er hat im übrigen von einem „gloriosen" Tag gesprochen und nicht gezögert, den Sieg f ü r sich zu beanspruchen und dementsprechend mit Salut und Tedeum zu feiern, was den Chevalier de Quincy, der auf französischer Seite mitgefoditen hatte, zu der spöttischen Bemerkung veranlaßte, daß es offenbar Gaskogner in allen Nationen gäbe 134 ). H a t t e der Franzose nicht recht, wenn er darauf hinwies, daß die Kaiserlichen angegriffen hatten, um sich der Brücke zu bemächtigen, daß sie jedoch zurückgeschlagen wurden und schließlich den K a m p f p l a t z verließen, von einem Sieg also keine Rede sein konnte? Vendóme war wohl eher berechtigt, von einem Erfolg zu sprechen, allerdings nur von einem Abwehrerfolg. Beide Feldherrn verzichteten darauf, ihren „Sieg" auszunutzen oder gar eine Entscheidung gegen den angeblich geschlagenen Gegner zu erzwingen. Die Folgen des blutigen Kampfes aber waren doch f ü r den Prinzen ungünstiger, da mit dem Scheitern des Übergangsversuchs über die A d d a ein Entsatz des Herzogs von Savoyen in diesem Jahre kaum mehr möglich schien. Dringend bat er am 21. August den Kaiser um die Zusendung von Truppen, Geld und Material, „da ich widrigens weder zu subsistieren, noch mich zu manutenieren, weniger zu operieren im Stande sein würde" — das war gewiß nicht die Sprache eines Siegers. D a in den nächsten

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Wochen auch noch Krankheiten und — wie er zugab — Desertionen seine Armee weiter schwächten, war auch an die Aufnahme einer neuen Schlacht nicht mehr zu denken 135 ). Während Vendome eine Stellung bei Rivolta zwischen Cassano und Crema einnahm, von wo aus er neuen Bewegungen des Gegners gegen Adda oder Oglio Schach bieten konnte, blieb Eugen in dem Lager von Treviglio, wo er zunächst für die Fortbringung der Verwundeten und Kranken Sorge trug: ehe dies nicht geschehen, könne er, wie er am 28. August an den Grafen Gallas in London schrieb, sich weder bewegen noch von sich bietenden Gelegenheiten profitieren, was aber im übrigen überhaupt „von einer Armee, welche ohne Magazine, ohne place d'armes und ohne Fuhrwesen, auch mehr andere Requisiten sich befindet, nicht zu verwundern ist" 1 3 6 ). Doch schon am nächsten Tage versicherte er Victor Amadeus, daß er sich für neue Taten vorbereite und fest entschlossen sei, entweder nochmals den Übergang über die Adda zu versuchen oder sich gegen den Po zu wenden, und die gleiche Mitteilung machte er am 4. September auch dem Kaiser, wobei er freilich zugab, daß er „an beiden Seiten sowohl wegen der Magazine als ratione der Passage aus Ermanglung der Schiffe und dann wegen des Feindes selbst sehr große Obstacula und Diffikultäten finde"137). Und es stellte sich dann mehr und mehr heraus, daß er ohne die Ankunft erheblicher Verstärkungen an einen Durchbruch nach Piemont nicht denken konnte: auf Nachrichten von dort, daß der Feind sich anschicke, Turin anzugreifen oder wenigstens zu bombardieren, beteuerte er zwar in Schreiben an den Herzog und an Guido Starhemberg erneut, daß er alles tun wolle, um ihnen Luft zu verschaffen, doch appellierte er in einer Nachschrift an den Feldmarschall an dessen Landeskenntnis und Einsicht, „daß es, wenn der Feind einen Fluß vor sich, alle Praecaution genommen und sich verretranchiert hat, so leicht nicht angehe, die Passage zu tentieren, ohne daß man mit zwei separierten Korps agieren, mithin an mehreren Orten ansetzen, folgsam den Feind zerteilen und irremachen könne" 1 3 8 ). Bald waren es die Aufstellungen und Gegenmaßnahmen des Feindes — sie ließen auch einen erneuten Versuch, sich überraschend am unteren Oglio durch Fortnahme von Tredici Ponti festzusetzen, scheitern 139 ) — bald der Mangel an Brot, Fuhrwerk, Schiffen und Geld, die er als Grund für sein weiteres Stillesitzen anführte 140 ). „Der Herzog", so klagte er am 25. September dem

Abbruch des Vorstoßes nadi Piémont

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Kaiser, „schreit je mehr und mehr um die Hilfe, ich kann wegen Mangel des Brotes und Geldes nicht von der Stelle, der Kredit ist verloren und also ohne bare Bezahlung fast nicht ein Sack Mehl oder Frucht zu bekommen" 141 ). Die Verzögerung des wieder mehrfach angekündigten Aufbruchs schien die Nachricht von sehr umständlichen Belagerungsvorbereitungen vor Turin zu rechtfertigen, zumal zugleich der Marsch französischer Truppen von Piemont zum Heere Vendomes angekündigt wurde. Es traf zwar endlich von Wien eine Geldsendung ein, aber ihre Umwechslung machte Schwierigkeiten und erforderte Zeit, zudem reichte sie nicht aus, um zugleich den Proviant sicherzustellen und den Soldaten den seit langem rückständigen Sold zu zahlen. Als man auch noch erfuhr, daß statt der zugesagten erheblichen Verstärkungen sich nur ein einziges Infanterieregiment auf dem Wege von Deutschland nach Italien befand, hat der Prinz sowohl dem dafür verantwortlichen badischen Markgrafen als auch den Wiener Stellen voll Bitterkeit die Frage gestellt, ob sie ihm wohl sagen könnten, wie man bei Abgang aller Mittel den bedrängten Herzog von Savoyen heraushauen, ja überhaupt operieren und nur für die Armee ruhige Quartiere gewinnen könne 142 ). Er ist dann doch noch einmal zu einer Operation angetreten und hat, selbst wohl ohne Hoffnung auf Erfolg, drei Versuche unternommen, über die Adda zu kommen 143 ). In der Frühe des 10. Oktober brach die Armee von Treviglio auf, in Eilmärschen ging es nach Süden in die Gegend von Crema, am 14. war man in Montodine. Doch durch das Warten auf Proviant ging der gewonnene Vorsprung wieder verloren, über Pizzighettone kam die französische Armee heran, so daß sich die Armeen, nur durch den Seriofluß getrennt, einander gegenüberlagen144). Als sich Eugen darauf wieder nach Norden gegen Crema wandte, begleiteten ihn die Feinde auf der anderen Flußseite, so daß auch hier ein Übergang unmöglich war. Und während er nun serioaufwärts nach Mozzanica marschierte, warf sich Vendome auf Soncino am Oglio, dessen Besatzung am 23. Oktober kapitulierte 145 ). Noch hat Eugen, der bei Fontaneila ein Lager bezogen hatte, am 26. Oktober Guido Starhemberg geschrieben, er wolle sich gegen den Po wenden, wenngleich er angesichts der erheblichen Verstärkung des Gegners durch Detachierungen aus Piemont nicht wisse, wie er „reüssieren" werde 146 ). Wenn er wirklich noch derartige Pläne gehegt haben sollte, so hat

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Sieg in Italien

er sie jedenfalls in den nächsten Tagen aufgegeben: es konnte sich nun für ihn nur mehr darum handeln, seine Armee zu erhalten und in gesicherte Quartiere zu führen. „Von der hiesigen Miseria", so heißt es in seinem Bericht vom 6. November, „schäme mich gleichsam, Euer Kaiserliche Majestät ferner zu behelligen, diese aber ist extrem und auf dem letzten Gipfel, ohne daß ich weiter zu helfen noch zu retten weiß" 1 4 7 ). Schon war er am 3. von Fontaneila aufgebrochen, um nach Passierung des Oglio bei Urago ein Lager zu beziehen. War es ihm wirklich ernst gemeint, wenn er noch immer von Angriffen nunmehr gegen Castiglione und Goito am unteren Mincio und von Übergang über den Po sprach 148 )? Schon erschienen am gegenüberliegenden Ufer des Oglio die Truppen Vendomes, beschossen das kaiserliche Lager und bedrohten die noch rechts des Flusses von ihm besetzten Posten von Pontoglio und Palazzolo. Der Prinz wartete, bis Geschütze und Material von dort herübergebracht waren, dann trat er am 12. November den Rückmarsch nach Osten an, der ihn am 13. nach Roncadelle vor Brescia führte 1 4 9 ). Statt des Kampfes mit dem Gegner, der zunächst nicht folgte, setzte der mit den Elementen ein, mit dauerndem Regen und sonstigen Unbilden der Witterung. Am 20. November konnten von Baron Riedt ausgemachte Quartiere südlich Brescia bezogen werden, wobei der Oberbefehlshaber in Montechiaro unterkam. Aber da wurde man durch Nachrichten vom Anmarsch Vendomes alarmiert, eiligst wurden die Truppen wieder zusammengezogen und zwischen Montechiaro und Carpenedolo aufgestellt. Es gewinne den Anschein, so hatte Eugen schon vorher nach Wien berichtet, daß der Feind „mir sozusagen alle Schritte und Tritte disputieren will, um daß ich mich mit der Armee diesen Winter über nirgends sollte postieren können, wozu er um so mehr Fazilität hat, als er allenthalben mit allen Notdurften, ich aber hingegen mit nichts versehen bin" 1 5 0 ). Flankenmärsche der Franzosen ließen ihn eine Umfassung befürchten, so daß er Ende November weiter nach Norden auswich und sich auf den Höhen von Lonato mit Stützpunkten in Montechiari und Calcinato verschanzte. Hier, zwischen Chiese und Gardasee, ist er den ganzen Dezember verblieben, bedacht, sich gegen seinen Rücken bedrohende Manöver zu sichern und die Franzosen an der Front in Atem zu halten, dabei in ärgerlicher Auseinandersetzung mit den örtlichen Vertretern der Republik Venedig, die ihre Plätze den kaiserlichen Soldaten zu sperren such-

Ergebnis des Feldzuges 1705

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ten 151 ). Um Weihnachten erfuhr man vom Abzug des bei Brescia stehenden feindlichen Korps, um die Jahreswende wurde es dann vollends klar, daß Vendome Befehl zum Einrücken in die Winterquartiere gegeben hatte, worauf der Prinz das gleiche tat. Während Leopold von Anhalt-Dessau mit einem kleinen Korps jenseits des Gardasees an der Etsch stationiert wurde, blieb das Gros im Raum westlich des Sees, von wo aus die Ausgänge der Gebirgstäler f ü r künftige Operationen offengehalten werden konnten 1 5 2 ). Schon im November hatte Eugen durch einen seiner Vertrauten, den H o f kriegsrat Pozzo, in Wien um die Erlaubnis gebeten, f ü r einige Wochen des Winters an den Hof zu kommen 153 ). Am 10. Januar 1706 brachte ihm Pozzo die Zustimmung des Kaisers, worauf der Prinz am 13. in Carzago den Feldmarschall-Leutnant Graf Reventlau mit seiner Vertretung als Oberbefehlshaber betraute und wohl am folgenden Tage aufbrach. Dem Herzog von Savoyen hatte er dies mit dem Vermerk mitgeteilt, daß er diese Reise nur ungern unternehme, sie aber f ü r unbedingt notwendig halte 154 ). Mochte er noch so sehr an der Behauptung festhalten, daß er bei Cassano einen Sieg erfochten habe, so lag es doch f ü r jeden klar auf der H a n d , daß es ihm nicht möglich gewesen war, das zu erreichen, was man ihm aufgetragen und er sich selbst vorgenommen hatte. Wir sahen, mit welchen Hoffnungen man in Turin seine Ankunft in Italien begrüßt und wie fest man auf sein Genie vertraut hatte. Noch Anfang September hatte der Engländer Hill seinem Kollegen Stepney in Wien gegenüber erneut seine Zuversicht zum Ausdruck gebracht, daß alle unzweifelhafte Überlegenheit der Franzosen ausgeglichen würde durch diesen einen Mann, „von dem wir die größte Meinung haben, die man sich überhaupt vorstellen kann" 1 5 5 ). Doch der Prinz hatte diesmal keine Wunder wirken können, er war mit der Absicht, zu seinem Vetter nach Piemont durchzubrennen, gescheitert, geschweige denn daß er das Übergewicht der kaiserlichen Waffen auf dem italienischen Kriegsschauplatz hergestellt hätte. Vielmehr hatte er wieder an seinen Ausgangspunkt zurückkehren müssen mit einer Armee, die kaum mehr stärker war, als vor einem Jahr an der gleichen Stelle das Korps Leiningen. W a r es ein Wunder, daß man über ihn enttäuscht war und ihm entsprechend dem geringeren Kriegsglück auch geringeren Beifall zollte 156 )! Gegenüber Kritik und Vorwürfen, die sowohl von Turin als auch von Wien ausgingen, haben er und seine Freunde

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sich indessen nicht nur darauf berufen, daß man ihm die bei seinem Aufbruch im Frühjahr gemachten Versprechungen nicht gehalten, ja ihn im Hinblick auf die Zuführung von Verstärkungen, Material, Proviant und Geld jämmerlich sitzengelassen hatte. Vielmehr glaubten sie, doch einen gewichtigen Erfolg seines kühnen Vorstoßes bis zur Adda buchen zu können: war es ihm nicht in erster Linie zu verdanken, daß es auch in diesem Jahre den Franzosen nicht gelungen war, den Widerstand des Herzogs von Savoyen zu brechen und sich Turins zu bemächtigen? Er hatte in der Tat einen nicht geringen Teil der feindlichen Streitkräfte und zugleich auch ihren besten Feldherrn auf sich gezogen, und wenn in Piemont Ende Juli Chivasso in französische Hand gefallen war, so war der im September eingeleitete Angriff auf die Hauptstadt rasch wieder abgebrochen und beschlossen worden, sich während des Winters mit einer Blockade zu begnügen. Zum Teil, so hat der Prinz Mitte November 1705 Tarino vorgehalten, sei die Absicht, dem Herzog Luft zu machen, doch erreicht worden, da er nun offensichtlich für längere Zeit nicht viel, jedenfalls keine größere Unternehmung der Feinde im Winter zu befürchten habe 157 ). Und da die kaiserliche Armee immerhin einen Fuß in Italien behalten hatte, bestand durchaus die Möglichkeit, nach gründlicher Vorbereitung im künftigen Frühjahr erneut vorzubrechen und dann die Vereinigung mit dem Bundesgenossen zu bewerkstelligen. Über jene Vorbereitung und die Koordinierung der Operationen im Osten und Westen Oberitaliens hat der Prinz noch im Lager von Lonato mit dem besten Sachverständigen gesprochen, den es für diesen Teil des großen Kriegstheaters nach ihm gab, mit dem Grafen Guido Starhemberg. Alle Bemühungen, zunächst des in diesem Jahre verstorbenen kaiserlichen Gesandten Graf Auersperg, dann des dem Feldmarschall als militärischer Adlatus beigegebenen Grafen Daun, Starhemberg und den savoyischen Herzog zu einträchtigem Zusammenwirken zu bringen, alle Mahnungen, die Eugen an jenen, alle beschwichtigenden Schreiben, die er an diesen gerichtet hatte, waren vergebens gewesen158). Richard Hill hat rückhaltlos des Generals Umsicht und Fähigkeit, auch seinen guten Willen anerkannt, nichts habe er in den zwei Jahren, in denen er als Führer einer zusammengeschmolzenen, schlecht bezahlten und unterhaltenen Truppe in Piemont neben Victor Amadeus gestanden hatte, an seiner Ehre und seinem Ruhm eingebüßt, aber „dieser

Abberufung Guido Starhembergs

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kleine Österreicher ist so stolz und hochmütig wie ein großer Fürst" 1 5 9 ). Voll Verbitterung über das ihm zugefallene Los, für das er nicht zum wenigsten den jetzigen Hofkriegsratspräsidenten verantwortlich machte, gereizt und empfindlich, ertrug er es nicht, daß der Herzog ihn für das Ausbleiben der zugesagten Hilfe, für die Nichterfüllung der Allianzbestimmungen und für die gefährliche Entwicklung seiner Lage verantwortlich machte. Hier platzten zwei gleichgeartete Menschen aufeinander, dem aufbrausenden Italiener blieb der andere kein Wort schuldig, und wenn jener darauf sich in Wien und bei Eugen bitter beschwerte und seine Abberufung verlangte, so schien Starhemberg oft gewillt, das Kommando hinzuwerfen 160 ). Auf Grund seiner eigenen Einschätzung des einstigen Waffengefährten hielt auch der Prinz einen Wechsel in diesen Befehlsverhältnissen für nötig. Offenbar gab er ihm mehr für alle Mißhelligkeiten schuld als dem Vetter: aus eigener Erfahrung, so schrieb er Daun, kenne er Guidos üblen Humor, der aber nicht mehr zu ändern oder zu brechen sei, und ebenso meinte er zu Victor Amadeus selbst, daß auch Befehle des Kaisers des Grafen Extravaganzen und Launen nicht zu beheben vermöchten 1 6 1 ). Schon im Frühjahr war von seiner Versetzung nach Ungarn die Rede gewesen, doch da hatte der Herzog selbst noch Einspruch erhoben, da der Feldmarschall neben anderen doch auch gute Eigenschaften habe und er ihn zur Zeit nicht entbehren könne 1 6 2 ). Und als mitten während der Campagne scharfe persönliche Zusammenstöße eine rasche Trennung dringend erscheinen ließen, bat der Prinz den Herzog, zu warten, bis sie ohne Aufsehen und Schaden für die gemeinsame Sache erfolgen konnte, während er Starhemberg den dienstlichen Befehl gab, „mit Seiner Königlichen Hoheit in Geduld zu stehen und selbe dergestalt zu menagiern, daß Sie Ihro keinen Disgusto geben" 1 6 3 ). Als dann aber im Spätherbst die unmittelbare Gefahr für Turin geschwunden war, wurde das schon Anfang August ausgestellte Abberufungsdekret in Kraft gesetzt, nach Übergabe des Befehls über die kaiserlichen Regimenter in Piemont an Daun hat Starhemberg am 16. November Turin verlassen 164 ). Weisungsgemäß hat er sich zunächst zu Eugen nach Lonato begeben: es muß ein merkwürdiges Wiedersehen gewesen sein; genau vor drei Jahren hatte man sich noch in Freundschaft getrennt, die in der Zwischenzeit in die Brüche gegangen war. Aber wenn die beiden Männer auch menschlich nicht mehr harmonierten,

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Sieg in Italien

der Dienst des Kaisers ging ihnen vor Verstimmung und Abneigung: eine Woche lang sind sie zusammengeblieben, und als Starhemberg sich am 2. Dezember von Eugen verabschiedete, nahm er eine gemeinsam verfaßte Denkschrift mit nach Wien über das, „was zur Rettung und Aushilfe alsogleich vonnöten wäre und wie sodann der Krieg sowohl allhier als in Piemont weiter souteniert und mit Ernst prosequiert werden könnte" 1 6 5 ). Er sollte dort, wie Eugen am 14. Dezember Victor Amadeus mitteilte, energisch die Beschaffung von Truppen und Mitteln betreiben, „damit man offensiv vorgehen und demnächst die so ersehnte Vereinigung vollziehen könne", und damit zugleich dem Prinzen vorarbeiten und die Wege bereiten 166 ). Diesen erwarteten in Wien noch andere Sorgen. Denn auch auf den Verlauf des Krieges an den übrigen Fronten während des Jahres 1705 konnte man im Lager der großen Allianz nur mit Mißvergnügen zurückblicken. Weder waren die Hoffnungen, die man nach dem großartigen Erfolg von Höchstädt auf die nun möglichen Vorstöße gegen Frankreich von Osten und Norden gesetzt hatte, in Erfüllung gegangen, noch war der Kaiser des ungarischen Aufstandes Herr geworden, ja zu diesem Brandherd war gegen Ende des Jahres in unmittelbarer Nähe der Erblande überraschend ein neuer getreten, der zwar weniger gefährlich war, dessen Erstickung indessen in unerwünschter Weise die eigenen Kräfte band. Was zunädist die Entwicklung zwischen Nordsee und Oberrhein betraf, so war die von Marlborough geplante Offensive an der Mosel, die im Süden durch den Markgrafen von Baden unterstützt werden sollte, nicht vorangekommen, und der Engländer hatte sich schließlich zum Abzug nach Norden gezwungen gesehen, um die Niederlande gegen drohenden französischen Vormarsch zu decken 167 ). Wenn Marlborough voll Aufmerksamkeit und Sorge den Feldzug seines Freundes in Oberitalien beobachtete, wenn er sich über seine Erfolge freute, sie freilich beträchtlicher und durchschlagender wünschte, und wenn er ihm immer wieder seine Anteilnahme über seine bedrängte materielle Lage und über das Ausbleiben von Verstärkungen und Nachschub aussprach, so mußte er von sich selbst bekennen, daß es ihm ganz ähnlich erging, indem auch ihm immer wieder Steine in den Weg gelegt, seine Forderungen in London und im H a a g abgelehnt und seine militärischen Vorschläge von den ihm beigegebenen holländischen Deputierten kriti-

Ungarn 1705

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siert und vereitelt wurden 168 ). Und so hat Eugen seinerseits ihm als seinem Leidensgenossen seine besondere Sympathie aussprechen und damit den Wunsch verbinden können, wieder wie im Vorjahr gemeinsam über alle Schwierigkeiten zu triumphieren: „Es ist überaus ärgerlich, daß kleinliche, kurzsichtige und mißgünstige Menschen Sie auf der Bahn des Ruhms aufgehalten haben. Als aufrichtiger Freund muß ich Ihnen sagen, daß Sie nie imstande sein werden, mit Ihrer Armee entscheidende Schläge zu führen, wenn Sie nicht mit voller Autorität an ihrer Spitze stehen, und idi rechne damit, daß Sie alles tun, um diese Macht in der Zukunft zu erringen. Nicht weniger als Sie aber wünsche ich, mit Ihnen bald wieder zusammenzuwirken" 169 ). Aber daran war einstweilen nicht zu denken, solange nicht in Oberitalien das französische Übergewicht beseitigt und in Ungarn der Aufstand gebändigt war. Denn auch hier war in diesem Jahre keine wesentliche Besserung der Lage eingetreten. Eugen mochte befriedigt sein, daß im Frühjahr seine Forderung auf Ablösung des eigenwilligen Heister vom ungarischen Kommando endlich erfüllt wurde. Aber von seinem Nachfolger Herbeville, von dem der ihm zur Kontrolle bestimmte Graf Schlick spottete, er wisse bei seinen Berichten nicht, ob er in Japan oder in Siebenbürgen sich befinde 170 ), hielt auch er nicht viel171). Immerhin ist es ihm nach langsamem Vormarsch über Buda gegen Siebenbürgen im November gelungen, durch einen Sieg über Raköczi dem schwer bedrängten Rabutin Luft zu machen172). Inzwischen aber bemächtigten sich die Rebellen in Ungarn wieder weiterer Gebiete, man konnte sie eben noch so oft schlagen, immer fanden sie sich wieder zusammen, und so war man am Ende des Jahres von einer Unterwerfung ebensoweit entfernt wie am Anfang. Daß man aber mit ihnen ohne ganz unerträgliche Bedingungen nicht zu einer Verständigung gelangen konnte, davon war der Prinz nach wie vor überzeugt, und wenn er Verhandlungen zustimmte, so nur, weil man dabei den seemächtlichen Vermittlern beweisen würde, „daß nicht wir, sondern sie, die Rebellen, keinen Frieden wollen und an allem Übel Ursache seien"173). Seine Korrespondenz mit dem Hofkriegsrat von Thiel, der ihn über die Vorgänge in Ungarn auf dem laufenden hielt, zeigt, daß er kein Verständnis für diese Erhebung hatte. Wenn er seinerseits es sich eifrig angelegen ließ, die Unruhen in Südostfrankreich anzufachen, so stellte er gerade die Härte, mit der die „Malkontenten in den Cevennen" unterdrückt wurden, als „Exem-

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pel" für das eigene Verfahren in Ungarn hin: es gelte, „endlich die Schärfe zu ergreifen und nach dem Rigor der Waffen mit Feuer und Schwert wider diese treulosen und meineidigen Untertanen dergestalt zu verfahren, daß sie selbst zum Kreuze kriechen und um Gnade würden bitten müssen, ihre Nachkömmlinge aber allezeit die Gedächtnis vor Augen möchten, damit ihnen die Lust zu derlei Aufstand und Rebellion allerdings vergehen könnte" 174 ). Die gleiche Erbarmungslosigkeit predigte er dann auch gegenüber jener anderen Erhebung, die als Folge der auch von ihm geforderten Zwangsrekrutierung im Herbst 1705 an der Westgrenze Österreichs in Bayern ausbrach175). Als hier der Ansturm der empörten Bauern in der Weihnachtsnacht vor dem Sendlinger Tor Münchens blutig abgewiesen wurde, hat er die kaiserliche Administration darin bestärkt, daß „weiter gegen diese Rebellanten mit dergleichen Rigor zu verfahren und gegen sie ein- für allemal keine Barmherzigkeit zu haben wäre, indem ich meinesorts finde, daß dieses Gesindel einesteils eines Glimpfs oder Gnade nicht wert sei, andernteils aber, je größeren Ernst daß es sieht, umso eher würde gestillt werden" 176 ). Kein Zweifel, daß, so ritterlich er gegenüber dem Kriegsgegner empfand und auftrat, humane Gedanken ihn nicht lenkten, wenn es sich um die Niederschlagung von Volksbewegungen gegen die rechtmäßige oder durch die Waffen eingesetzte Autorität handelte. In Bayern konnte das Feuer in den ersten Wochen des neuen Jahres vollends erstickt werden, aber man hatte dazu für Italien bestimmte Truppen einsetzen müssen, so daß es für die dem Prinzen bei seiner Rückkehr nach Wien am meisten am Herzen liegende Vorbereitung des neuen Feldzugs in Italien ärgerliche Verzögerungen gab. 3. Als der Prinz Eugen am 21. Januar 1706 in Wien ankam 177 ), traf er auf sehr veränderte Verhältnisse in Hof und Politik gegenüber dem Frühjahr des vergangenen Jahres, als er sich noch von dem alten Kaiser verabschiedet hatte. Bald nach seiner damaligen Abreise war der Thronwechsel eingetreten, und ihm war jene weitgehende Umbesetzung in den leitenden Posten der Regierung gefolgt. Welche Hoffnungen hatte auch er damals an die Machtergreifung der jungen Generation geknüpft? Aber wie wenig hatten

Klagen Eugens Ende 1705

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sich die Blütenträume jenes Frühlings erfüllt! Voll wachsender Erbitterung hatte er in Italien erfahren müssen, daß sich anscheinend nichts gegen früher geändert hatte, daß man ihn ebenso im Stich ließ wie einst. Die Forderungen, Klagen und Anklagen, die er seit Cassano nach Wien richtete, unterscheiden sich in Form und Inhalt kaum von denen, die er im Jahre 1702 nach Luzzara erhoben hatte. Und wie damals dem alten, so hielt er nun dem neuen Kaiser den Spiegel vor, prophezeite er alles Unheil, wenn man nicht endlich an der Zentrale des Reichs zu Taten schritt. Wieder nahm er kein Blatt vor den Mund. „Die Not", so heißt es in einem seiner Berichte, „redet an sich selbst, und die Armee gehört nicht mir, sondern Euer Kaiserlichen Majestät. Unterdessen aber ist dieser der letzte alte Fuß, welcher Dero Monarchie, Krone und Szepter mit Land und Leuten zu unterstützen hat. Verlieren Sie solchen, so ist leicht zu begreifen, was sich äußern dürfte, und meinerseits werde ich vor Gott, vor Euer Kaiserlichen Majestät und vor der ganzen Welt entschuldigt sein, wenn alles auf einmal zu Trümmern und zu Grunde gehen müßte". Daß keine Minute mehr zu versäumen sei, um „gegenwärtiger Extremität" abzuhelfen, daß statt der bisherigen guten Worte und Vertröstungen endlich positive Resolutionen erfolgen müßten, hat er im Dezember 1705 dem Kaiser vorgehalten, während er in einem Schreiben an den Hofkriegsrat das derzeit am Hofe herrschende System fast ebenso brandmarkt, wie er es drei Jahre zuvor getan hatte: „Es beruht aber alles an dem, daß man sich mit vergeblichem Konferieren und Projektieren nicht laktiere, sondern gleich ad effectum setze, was man zu tun gedenke, damit man die Zeit nicht umsonst verliere und mit derselben auch den Rest der hier stehenden Truppen einbüße. Ich weiß zwar auch wohl, wie es bei unserem Hof gewöhnlich sei, sich in allem selbst zu flattieren und aufzuhalten und, wenn man die Wahrheit redet, die Not remonstriert und auf den Effekt dringt, wenig Gehör, ja wohl tausend Obstacula und Diffikultäten zu finden"178). So hatte der Prinz die Reise in die Hauptstadt in ähnlich düsterer Stimmung angetreten wie damals, als er zum Kampf um die Macht ansetzte. Hatte sich denn nichts geändert, seitdem die müde und lässig gewordenen Menschen des 17. Jahrhunderts abgetreten waren und die bisherige Opposition an das Steuer gelangt war? Es gilt, um eine Antwort darauf zu geben, aber auch um die Entwicklung des Jahrfünfts von 1705 bis 1711 zu verstehen, die 9 Braubach, Prinz Eugen

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Menschen zu betrachten, die in dieser Zeit die Geschicke Österreichs und des Reichs bestimmten. Als Joseph I. das Erbe seines Vaters übernahm, hat der keineswegs unkritische Holländer Hamel Bruynincx von dem jungen Habsburger ein sehr freundliches Porträt entworfen und seinem Wirken eine günstige Prognose gestellt: das sei ein Fürst von gutem Naturell, der alle Eigenschaften besitze, um eine Regierung zu erhoffen zum Nutzen seiner Untertanen, seiner Verbündeten und ganz Europas, denn er verspreche Eifer, er verbinde Klugheit mit Lebhaftigkeit, Kraft mit Mäßigung, Schnelligkeit ohne Überstürzung mit Entschlußkraft, so daß, wenn Gott ihm gute Berater schenke, er möglicherweise den Ruf eines der vollkommensten Fürsten hinterlassen werde 1 7 9 ). Was hier von einem Zeitgenossen gerühmt und prophezeit war, hat nach seinem frühen Tod die Historiographie meist bestätigen zu können geglaubt: sie hat Joseph als eine der anziehendsten Persönlichkeiten in der Geschichte des Habsburgergeschlechts bezeichnet, als einen gut, ja reich veranlagten Menschen, geistig ungemein lebhaft, von rascher Auffassung, von sympathischer Frische und Liebenswürdigkeit, ungezwungenem Benehmen, rasch und energisch, stolz und feurig 1 8 0 ). Sicherlich war er nicht nur äußerlich mit seiner nicht großen, aber wohlproportionierten Gestalt, der hohen Stirn unter blonden Haaren, den leuchtenden Augen, der ungebogenen Nase und den fast normalen Lippen, sondern auch in seinem Wesen ganz verschieden von seinem Vater: bei ihm konnte von Schwerfälligkeit und Gleichgültigkeit wahrhaftig nicht die Rede sein. Was Kenntnisse und Bildung betraf, so stand er, erzogen und unterrichtet von Männern, wie dem patriotischen deutschen Publizisten Hans Jakob Wagner, dem gewandten Franz Ferdinand Rummel, der auf den Bischofsstuhl von Wien gelangte, und von dem späteren einflußreichen Staatsreferendar Johann Georg von Buol, Kaiser Leopold gewiß nicht nach, den er in der Begeisterung für die Musik und auch in deren Ausübung auf einer Anzahl von Instrumenten wohl übertraf. Natürlichkeit des Auftretens, Milde, großzügige Freigebigkeit und Gerechtigkeitssinn hat der Venezianer Dolfin an ihm gerühmt 1 8 1 ). Und doch ist jenes leuchtende Bild des seinem Hause und Volke zu früh entrissenen zu großen Taten befähigten Kaisers nur zum Teil richtig. Man wird sich wohl hüten, all das Schlechte zu glauben, das derselbe „Graf" Venzati, den wir bereits als leidenschaftlichen Widersacher des Prinzen Eugen kennenlernten, voll

Kaiser Joseph

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W u t über seine nach dem Thronwechsel erfolgte Austreibung aus dem kaiserlichen Dienst in einer f ü r den französischen Hof bestimmten geheimen Denkschrift über den Kaiser behauptete: daß er unermüdlich und rücksichtslos in seinen Passionen sei, in den Staatsgeschäften dagegen schwach, unbeständig, lenkbar, bei affektierter Freundlichkeit im Grunde falsch und undankbar, unfähig, ein Geheimnis zu bewahren, daß er bei seiner Leidenschaft f ü r die Jagd und f ü r die Frauen, der er sich ohne Rücksicht auf seine Gesundheit, aber auch auf seine Reputation hingebe, fast keinen Augenblick Zeit f ü r die Geschäfte finde, daß er nach tollen Ritten und niedrigen Ausschweifungen oft in den Konferenzen nicht imstande sei, den Vorträgen zu folgen und mitunter, in seinen Sessel gekauert, einschlafe, daß die Minister, die von ihm wichtige Entscheidungen verlangten, häufig weggeschickt wurden, weil er mit irgendeinem „Merkur" neue Abenteuer ausheckte oder mit Musikern und Jägern sich unterhielt 182 ). Vielleicht ist auch das nicht ganz ernst zu nehmen, was der in französischem Solde stehende schwedische Resident Stiernhöök unter dem Decknamen Pastor im Juli 1707 über Joseph I. nach Paris berichtete: auch da ist die Rede von Leichtfertigkeit und Unbeständigkeit des Fürsten, seinem Mangel an Festigkeit und Konsequenz, seinem H a n g zu Vergnügungen, seinem allzu vertraulichen Umgang mit niedrigen Kreaturen, andererseits seiner Unlust zu angestrengter Arbeit, schließlich von einem Temperament, das nur wie ein Strohfeuer brenne, hinter dem sich aber Indolenz verberge 183 ). Es war doch nicht alles dabei aus den Fingern gesogen. Auch Hamel Bruynincx hat schon wenige Wochen nach jener ersten Äußerung eine Voraussetzung f ü r seine Prophezeiung vermerkt, daß nämlich der Fürst sich nicht durch Neigung und Feuer in Unannehmlichkeiten „en matière d'amourettes" verwickeln lasse 184 ), und Dolfin hat in seiner Abschlußrelation aus dem Jahre 1708 zugegeben, daß der „genio" des Habsburgers mehr dem Vergnügen als der Arbeit geneigt sei. Es war in der Tat so, daß, wie Leopolds Schwächen, so doch auch seine Vorzüge nicht auf den grundverschiedenen Sohn übergegangen waren, seine unerschütterliche Moral, seine Arbeitsamkeit, seine Geduld und Zähigkeit. Vielleicht geht es wieder zu weit, wenn man aus kritischen Bemerkungen, die sich, wie bei Venzati und Stiernhöök, so auch in Relationen des preußischen Gesandten Bartholdi finden, geschlossen hat, daß es Joseph an moralischer Kraft und staatsmännischer Energie ge9*

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brach, um selbständig Politik zu treiben und sich durchzusetzen 185 ). Gewiß aber war er bei aller Begabung und allem guten Willen nicht der Mann, einen radikalen Neuaufbau und damit eine innere Kräftigung seines Staates gegenüber den mannigfachen durch dessen Zusammensetzung und Einrichtung bedingten Hemmungen und Widerständen zu erreichen. Wenn er in den ersten Monaten seiner Regierung dazu Anläufe nahm, so blieben sie rasch wieder stecken. Und wenn trotzdem in den kurzen Jahren seiner Regierung Österreichs Macht einen glänzenden Aufstieg nahm, so war das weniger sein Verdienst als das von Männern, die ihn unter Ausnutzung seiner Vorzüge wie auch seiner Schwächen zu nehmen und zu leiten wußten, das Verdienst des Prinzen Eugen und des Grafen Wratislaw, denen dabei die Ausübung maßgebenden Einflusses auf Krieg und Politik wahrhaftig nicht leicht gemacht wurde. Sie hatten einmal mit der Gegenwirkung der höfischen und persönlichen Umgebung des Kaisers zu rechnen. Da waren die beiden Kaiserinnen, die Mutter und die Gemahlin Josephs. Wenn Leopolds Witwe sich auch nach dem Tode ihres Mannes nur noch Werken der Frömmigkeit und der Nächstenliebe zu widmen schien, so fürchtete doch der Sohn sie, die an seiner sittlichen Aufführung scharfe Kritik übte, und das gleiche Gefühl, das ihn zu beschwichtigender Rücksichtnahme veranlaßte, hegte er auch seiner Frau gegenüber. Das große Leid der aus dem Hause Hannover stammenden Wilhelmine Amalie war, daß sie ihrem um fünf Jahre jüngeren Mann nur zwei Töchter und keinen männlichen Erben geboren hatte und es immer unwahrscheinlicher wurde, daß sie überhaupt noch Kinder bekam, was von ihrer Umgebung geflissentlich auf den Kaiser und seine ungezügelte Lebensweise zurückgeführt wurde. Geistig interessiert und nicht ohne Ehrgeiz, wußte sie ihn zwar seit langem nicht mehr zu fesseln, aber das schlechte Gewissen ihr gegenüber trieb ihn dazu, ihr nicht nur nach außen Respekt zu erweisen, sondern auch ihren Wünschen in politischer Beziehung entgegenzukommen 188 ). Wir werden noch sehen, daß dieser Einfluß der Kaiserin gerade dem Prinzen Eugen einmal bittere Stunden bereiten sollte. Aber wirkliche Autorität besaßen diese beiden Damen ebensowenig wie die Frauen, denen Joseph seine Gunst, oft wohl nur für flüchtige Stunden, zuwandte. In der ersten Zeit nach seiner Thronbesteigung hat man von einer Madame de Salmour gesprochen, die weniger durch sich als durch eine Toch-

Des Kaisers Umgebung

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ter unziemlichen Einfluß besitzen sollte. Diese Catharina di Balbiano aus piemontesischer Adelsfamilie hatte schon früher viel Aufsehen erregt. Sie hatte nach dem frühen Tode ihres ersten Mannes, des Grafen Salmour, 1695 die Liebe des Markgrafen Karl Philipp von Brandenburg, eines Sohnes des Großen Kurfürsten, der zu jener Zeit dem vom Prinzen Eugen geführten Korps in Italien angehörte, gewonnen und sich mit ihm trauen lassen, um dann, als er plötzlich darauf starb, vergeblich die Anerkennung dieser Ehe und damit ihrer Zugehörigkeit zum Hohenzollernhaus zu betreiben: damals war Victor Amadeus mit der Angelegenheit befaßt worden, indem des Toten Stiefbruder, Kurfürst Friedrich von Brandenburg, ihn in einem persönlichen Brief zum Einschreiten gegen die Anmaßungen der in den schwärzesten Farben geschilderten Frau bat 187 ). Offenbar hat sie von Wien aus, wo sie sich jedenfalls seit Beginn des Jahrhunderts aufhielt, mit Hilfe Josephs und auch Eugens versucht, vom preußischen Hofe gewisse Zugeständnisse zu erreichen188), nachdem sie dann aber 1707 eine neue Ehe mit dem Grafen Wackerbarth eingegangen war, hören wir nichts mehr von ihr 189 ). Politisch haben sie und ihre Tochter wohl ebensowenig eine Rolle gespielt wie die junge Comtesse Pälffy, die, wie wir noch sehen werden, die Zuneigung des Kaisers nach seinem Tode schwer büßen mußte. Man wird auch nicht sagen können, daß männliche Favoriten des Herrschers sich mit größerem Erfolg in die Regierungsgeschäfte eingemischt haben. Weil er kein Freund der Jesuiten war, hat man in ihm wohl den Wegbereiter eines neuen Geistes gesehen, unter dem „die helle Atmosphäre berechnender Vernünftigkeit" in Wien die Oberhand gewonnen habe 190 ). Dafür läßt sich nun freilich kaum ein Beleg beibringen, richtig ist nur, daß ihm schon in seiner Jugend durch Männer wie den Fürsten Salm und Rummel die Abneigung wohl weniger gegen die Jesuiten an sich als gegen ihren politischen Einfluß eingepflanzt worden war: als Beichtvater hat er von seinem Vater P. Engelbert Bischoff übernommen, der uns als Förderer Eugens und seiner Freunde begegnet, in der Tat aber konnte von einem Nebenregiment des Ordens nicht mehr gesprochen werden. Um so mehr war freilich zu befürchten gewesen, daß jene „Merkure", Diener, Jäger und Musiker, die stets um ihn waren und ihm als Vermittler und geheime Boten bei seinen Abenteuern dienten, das ihnen geschenkte Vertrauen mißbrauchten. Ihretwegen

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war es im Frühjahr 1704 zu einer schweren Krise am Hof gekommen, als Kaiser Leopold voll Besorgnis über die Folgen des heillosen Treibens rings um seinen Sohn zwei Kavaliere verbannt und einen Kammerdiener, einen Furier und den Musiker Ballarino für kurze Zeit festgesetzt hatte 191 ). Ballarino erscheint auch noch in Venzatis Pamphlet als „chef des ministres des voluptés secrétes", der sich gegenüber allen Versuchen der beiden Kaiserinnen, ihn vom Hof zu verjagen, behaupte und reichlich belohnt werde 192 ). Aber diesen untergeordneten Kreaturen fehlte, wenn nicht der Wille, so doch die Fähigkeit, aus dem ihnen zugewiesenen Bereich zu treten. Nach Herkunft und Stellung war dies wohl eher dem eigentlichen „Intendanten der Vergnügungen", Josephs Herzensfreund Graf Leopold Lamberg, zuzutrauen, der schon als Oberjägermeister ständig Zutritt zu der Person des jagdfreudigen Fürsten hatte, auf Grund von dessen Zuneigung aber auch die Möglichkeit und Erlaubnis hatte, mit ihm über alles zu sprechen und ihm seinen Rat zu geben193). Man wollte auch wissen, daß er sich mitunter in die Geschäfte zu mischen suche und daß Minister und Diplomaten sich seiner bedienten, um den Kaiser für ihre Meinung zu gewinnen. Im Grunde scheint Lamberg indessen zu wenig unterrichtet und interessiert in diesen Dingen gewesen zu sein, als daß sein Wort außerhalb der privaten Sphäre Gewicht gehabt hätte. Eine gefährliche oder ungünstige Einwirkung all dieser Höflinge auf die Führung von Staat und Krieg war wohl nur insofern vorhanden, als sie den Herrn in seiner Vergnügungssucht bestärkten und so von ernster Arbeit abhielten. Mochten dadurch auch Verzögerung und Verwirrung in den Geschäften eintreten 194 ), so brauchten alle diese Vorgänge wie überhaupt die Schwächen, die neben unzweifelhaften Vorzügen in der Person des Herrschers lagen, eine straffe und energische Regierungsführung noch nicht beeinträchtigen, wenn die Mannschaft, die mit ihm zusammen die Führung des Staatsschiffes übernommen hatte, also jene Männer, die voll Erbitterung die unter Leopold I. eingerissene Lässigkeit und Ignoranz von Ministern und Behörden kritisiert und zur Macht gestrebt hatten, um es besser zu machen, den Zusammenhalt wahrten, in gemeinsamem Anlauf die Mißstände und Fehler ausmerzten und so Österreich instand setzten, den Krieg zum siegreichen Abschluß zu bringen. Doch nun erwies sich, daß sie zwar einig gewesen waren im Angriff auf die Bastionen von Herkommen und Tradition, daß sich nach deren Überwindung

Fürst Salm

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aber zwischen ihnen selbst sofort Gegensätze auftaten, die ihre Fähigkeit und ihren Reformwillen verhängnisvoll lähmten. Seit langem hatte Joseph dem Fürsten Karl Theodor von Salm den ersten Platz in seinem Rate zugedacht 195 ). 1645 als Sproß eines westlich des Rheins begüterten Geschlechts geboren, hatte er die militärische Laufbahn eingeschlagen, zunächst in spanischen, dann in kaiserlichen Diensten, bereits als Feldmarschall-Leutnant hatte er an der Befreiung Wiens teilgenommen, 1687 wurde er Feldmarschall, doch war er schon zwei Jahre zuvor von Leopold I. zum Erzieher und Obristhofmeister des damals siebenjährigen Thronfolgers ernannt worden. Hierbei hatten wohl auch familiäre Beziehungen eine Rolle gespielt: durch seine aus dem pfälzischen Hause stammende, früh verstorbene Gemahlin war er ein Vetter der Kaiserin Eleonore. Wie auf sie, so hat er sich später dann auch auf die nicht ohne seine Mitwirkung seinem Zögling zugeführte römische Königin und Kaiserin Wilhelmine Amalie stützen können, die, Tochter einer Schwester seiner Frau, als seine Nichte gelten konnte. Schon in den neunziger Jahren galt er als der führende Kopf des „jungen Hofes", um den sich die Opposition zunächst gegen den Minister Kinsky, später gegen dessen Nachfolger sammelte und dem als künftigem Minister die Diplomaten der fremden Mächte ihre Aufmerksamkeit zuwandten. Hatte einst Villars an ihm Geist, Tugend und Mut gerühmt und eigentlich nur seine Abneigung gegen Frankreich ausgesetzt196), so war das Bild, das Hamel Bruynincx im Januar 1701 von ihm entwarf, weniger freundlich: mit Verstand und Erfahrung verbinde er Hochmut und Eigennutz, durch sein Temperament und seine Manieren stoße er viele ab197). Aber er war des Vertrauens Josephs und des Rückhalts an den beiden ersten Damen des Hofes sicher, und als der Thronwechsel erfolgte, wollte man wissen, daß er die Stellung eines allmächtigen Premierministers anstrebe, wie sie etwa in den Anfängen Kaiser Leopolds der Fürst Lobkowitz eingenommen hatte. Als erster der neuen Geheimen Räte am 3. Juni 1705 vereidigt und zum Vorsitzenden aller für die Bearbeitung der politischen Fragen gebildeten Kommissionen bestimmt, schien er in der Tat nach einer Äußerung des Engländers Stepney „der große Direktor der ganzen Maschine"198). War er einer solchen Aufgabe wirklich gewachsen? Er hat sich selbst und seinem Ansehen durch seine mit zunehmendem Alter und häufigen Erkrankungen wachsende Reizbarkeit, seine „übereilten Unmanie-

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ren, hitzigen Praeokkupationen, groben Bescheide", geschadet199). Wenn er von vornherein Feinde unter den Jesuiten besaß, die gerade er dem jungen Kaiser verhaßt gemacht hatte, so mußten ihm seine politischen Anschauungen und Ziele auch Gegner in anderen Kreisen schaffen. Salm bewegte sich noch in alten Vorstellungen einer Kaiser- und Reichspolitik, die den Primat des Imperiums und seines Oberhaupts von den Verbündeten, insbesondere von den größeren Reichsfürsten, anerkannt wissen wollte 200 ). Sie braditen ihn aber auch in Widerstreit mit den einer jüngeren Generation angehörenden Dienern seines Herrn, denen Österreich wichtiger war als das Reich. Nun galten freilich gerade die neuen Leiter der österreichischen Hofkanzlei, denen ja von Amts wegen die Wahrnehmung von Rechten und Ansprüchen des Habsburgerstaates anvertraut war, als Gefolgsleute Salms, auf den in erster Linie ihre Einweisung in die Nachfolge Buccelinis zurückgeführt wurde. Der mit ihm fast gleichaltrige Johann Friedrich von Seilern kam ja aus dem Reich, über ein Jahrzehnt lang hatte er zudem der kaiserlichen Vertretung am Reichstag in Regensburg angehört. Wenn der gehässige Pamphletist Venzati über diesen pedantischen Doktor spottete, der sich in Bartolus und Baldus, den großen Kommentatoren des römischen Redits aus dem 14. Jahrhundert, genau auskenne, in der Bearbeitung von Staatsgeschäften aber hilflos sei, so dürfte er, dessen Fleiß, solide Kenntnisse und Rechtlichkeit allgemein anerkannt wurden, doch auch politisch sicher nicht unfähig gewesen sein. Nach dem Urteil des preußischen Gesandten Bartholdi war er Salms rechte Hand, und der sich bildenden Fronde gegen den Fürsten scheint er sich dann auch nicht angeschlossen zu haben 201 ). Ihm war mit dem Vorrang in der Hofkanzlei der Bereich des Innern und der Justiz, dazu die Angelegenheiten des Reichs, Spaniens, Venedigs und Roms zugewiesen worden, während als zweiter Hofkanzler der um genau ein Vierteljahrhundert jüngere Graf Philipp Ludwig Sinzendorf sich um das „eigentliche politicum sowie das militare" zu kümmern hatte 202 ). Er hatte sich, wie wir sahen, als Diplomat bewährt, und er besaß Talente, die ihn für Verhandlungen jeder Art empfahlen, er war liebenswürdig und geschmeidig, ein Feinschmecker, aber auch ein Freund geistreicher Unterhaltung, freilich sollte er „nicht genug fermeté" haben 203 ), gerade das mochte ihn Salm empfohlen haben, andererseits war er für niemand eine sichere

Wratislaw

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Stütze, und die Reichstradition war gewiß für seine politische Haltung nicht maßgebend. Aber nicht er konnte sich gegen Salm erheben, ebensowenig wie der junge neue Reichsvizekanzler Friedrich Karl von Schönborn, der zudem als Vertreter der Reichsinteressen sachlich eher mit ihm harmonierte. Es gab eine andere Kanzlei und einen anderen Mann, die zum Mittelpunkt der Opposition gegen den hochfahrenden Obristhofmeister wurden aus persönlichen wie aus sachlichen Gründen. Der österreichisch-habsburgische Staats- und Machtgedanke, wie er uns unter den Dienern der Kaiser vielleicht zum erstenmal in der Zeit des Westfälischen Friedens in dem Grafen Trauttmansdorff entgegentritt 204 ), hat in der Folgezeit mehrfach in Angehörigen des einst so rebellischen böhmischen Adels Vertreter gefunden. Wir haben die Rolle kennengelernt, die gegen Ende des 17. Jahrhunderts der oberste böhmische Kanzler Graf Ulrich Kinsky in Wien als „der eigentlich erste Staatsminister des Kaisers" gespielt hatte. Sein Tod hatte die böhmische Kanzlei wieder mehr auf die Innenpolitik der Länder der Wenzelskrone zurückgeworfen, denn die Nachfolger Graf Wrbna und dann der Bruder Ulrichs, Wenzel Norbert Oktavian Kinsky, besaßen weder die Kraft noch die Neigung, in die „Arcana" der hohen Politik einzudringen 205 ). Aber an des obersten Kanzlers Seite war auf das seit Mitte des vergangenen Jahrhunderts nicht mehr besetzte Amt eines Kanzlers für Böhmen Kinskys hochbefähigter Neffe Wenzel Wratislaw berufen worden, den einst der Onkel in die Geheimnisse der hohen Politik eingeführt und der seit Beginn des großen Krieges durch seine Mitwirkung beim Abschluß der Haager Allianz, durch seine geschickte Behandlung der verbündeten Seemächte und durch das großartige Zusammenwirken mit dem Prinzen Eugen im Feldzug von 1704 seine diplomatische, ja seine staatsmännische Begabung unter Beweis gestellt hatte 206 ). Schon neigte der zur Zeit des Thronwechsels erst 35jährige zu unförmlicher, krankhafter Korpulenz, aber in diesem gewaltigen Körper steckte eine ebenso gewaltige Leidenschaft, die ihn mitunter den Bogen überspannen und fast brutal auftrumpfen ließ, die jedoch gezügelt war durch Klugheit und das Bewußtsein der Pflicht und Verantwortung gegenüber dem Hause Österreich, dem er in unerschütterlicher Treue diente. Auch ein so hämisdier Mensch wie Venzati, der den Böhmen schon wegen seiner engen Verbindung zu dem Prinzen Eugen haßte, hat ihm Fähig-

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keit, Wissen, Verstand und Geist zuerkannt, und es kann kein Zweifel sein, daß er ein wirklich fähiger Politiker war, weitblickend und energisch, wenn auch eigenwillig und ungeduldig. In dem neuen Ministerium hatte er einen sicheren Freund, das war der Herzog von Moles, dem besonderer Einfluß in den spanischen und italienischen Angelegenheiten eingeräumt worden war. Und offenbar besaß er nicht nur das volle Vertrauen des seit 1703 auf der Pyrenäenhalbinsel um Spanien kämpfenden Bruders des Kaisers, dem, da dieser keinen Sohn hatte, die Herrschaft über die Erblande einmal zufallen konnte, auch Joseph selbst war überzeugt, daß er auf diesen Mann nicht verzichten konnte, und so hat er ihn auch gegen seinen Obristhofmeister und ersten Minister gehalten. Denn das hatte sich schon bald nach dem Thronwechsel gezeigt: der deutsche Fürst und der böhmische Graf verstanden sich nicht, weder persönlich noch sachlich, immer wieder stießen sie aufeinander, und um sie bildeten sich Parteien, die sich befehdeten und gegeneinander intrigierten, damit aber wieder eine ähnliche Konfusion in der Geschäftsführung entstehen ließen, wie sie zum allgemeinen Mißvergnügen ehedem bestanden hatte. Salm war von Anfang an auf „das unbeschränkte primo ministerio" losgegangen, gestützt durch die Gunst der beiden Kaiserinnen und im Vertrauen auf den Respekt seines ehemaligen Zöglings glaubte er, alles dirigieren zu können, doch schadete er sich auch nach dem Urteil mancher seiner Anhänger durch sein anmaßendes Auftreten selbst, und so mußte er es erleben, daß er sich keineswegs in allen Fragen durchzusetzen vermochte. Die Salmsche Partei, so urteilte der sich vorerst neutral haltende junge Schönborn im Oktober 1705, sei von schlechtem Gehalt und zehre nur von dem wenigen Kredit des Fürsten, „der sich jedoch entweder durch seine wunderseltsame raptus und conduite selbst über Haufen oder in Gesundheit bald zugrund gehen wird" 207 ). Es gelang ihm weder, Wratislaw, in dem er rasch seinen Hauptwidersacher erkannt hatte, nach Spanien abzuschieben, noch konnte er verhindern, daß dieser — nach seinem eigenen Bericht an Karl III. — „trotz des Fürsten von Salm wider mich getane Opposition" zur Teilnahme an allen sowohl Ungarn als auch den Westen betreffenden Konferenzen zugezogen wurde 208 ), und bereits im Juni 1705 hatte Stepney gemeint, daß dieser Böhme eigentlich mehr Einfluß besitze als alle anderen. Jedenfalls war der Kaiser, auf den auch sein Favorit Lamberg nicht zugunsten des schroffen

Wratislaws und Eugens Gegensatz zu Salm

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Obristhofmeisters wirken mochte, nicht gewillt, Salm blindlings zu folgen und ihm die volle Macht zu geben: „Cesare", so stellte der Venezianer Dolfin fest, „lo soffre, lo rispetta, e pure non l'ama." Andererseits aber wagte er es schon mit Rücksicht auf Frau und Mutter nicht, ihm den Laufpaß zu geben: auch Wratislaw erreichte sein Ziel, den allenthalben dreinredenden Salm auszuschalten, nicht. So blieb der Zwiespalt in der Regierung, der sich lähmend auch auf die Kriegführung auswirkte. Der Feldherr in Italien wurde davon in besonderem Maße betroffen und er hat sich darüber immer wieder in bitteren Worten beschwert. In dem internen Streit aber hat er mit Entschiedenheit für Wratislaw Partei ergriffen, seinen „intimo", der nach dem Urteil der savoyischen Gesandten Tarino und Prie zusammen mit Moles starken Einfluß auf ihn ausübte 209 ), den er aber offenbar auch seinerseits in seinem Kampf gegen den Obristhofmeister und dessen Anhänger bestärkte. Wie der Prinz in früheren Zeiten mit dem Fürsten Salm gestanden hat, wissen wir nicht. Sie sind wohl in den letzten Jahren Leopolds I. politisch ein Stück Weges zusammengegangen, aber geliebt haben sie sich kaum. Möglicherweise ist Salm, der ja selbst Soldat gewesen und mehrere Jahre vor Eugen zum Feldmarschall ernannt worden war, auf den jungen Sieger von Zenta und Höchstädt eifersüchtig gewesen; wie einst Mansfeld, so hat er ihn gerade auch als Feldherrn kritisiert. Einen ersten Beleg dafür finden wir in einem Schreiben, das er am 19. August 1705 an Marlborough richtete: im Hinblick auf die üble Lage des Herzogs von Savoyen spricht er da von Leuten, die dem Prinzen Eugen zur Last legen wollten, daß er Zeit verloren und die günstige Gelegenheit, die Adda zu überschreiten, verpaßt habe; da aber, so fährt er fort, anzunehmen sei, daß der Prinz wichtige Gründe gehabt habe, so zu handeln, wie er gehandelt, so sei das eine Sache, in die er sich nicht weiter einlassen wolle 2 1 0 ). Auf der anderen Seite hat wohl Eugen nicht zum wenigsten es auf ihn zurückgeführt, daß die Erwartungen, die er hinsichtlich einer strafferen Organisation des gesamten Militärwesens nach der Thronbesteigung Josephs gehegt hatte, nur teilweise erfüllt wurden. Zwar war entsprechend einer von ihm wohl schon bald nach Übernahme des Hofkriegsratspräsidiums erhobenen Forderung durch ein Dekret vom 5. Juni 1705 bestimmt worden, daß die bisher bestehende Abhängigkeit der Kriegsdienststellen in den ober- und vorderösterreichischen Landen

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von der Hofkanzlei aufgehoben und sie allein dem Hofkriegsrat unterstellt werden sollten, was der Prinz dahin präzisierte, daß „das erbländische Militare mit allen Appertinentien, vornehmlich auch mit den dazu gewidmeten Geld- und Besoldungsfundis" ihm zu überantworten sei. Aber trotz einer im August erfolgenden kaiserlichen Bestätigung wußten die betroffenen Stellen und die Hofkanzlei die Ausführung immer wieder hinauszuschieben211). An den neuen Hofkanzler Sinzendorf hatte Eugen am 18. Juni ein ungemein herzliches Glückwunschschreiben gesandt und ihn seiner besonderen Freundschaft versichert: „mit viel Vergnügen werde ich die Bande der Freundschaft pflegen, die uns immer verbunden haben und deren Dauer dem Herrn nützlich ist, da wir vereint sind in dem Wunsch, ihm zu dienen und seine Monarchie zu vergrößern" 212 ). Doch Sinzendorf, dem die Gunst Salms wichtiger zu sein schien, wehrte sich nun nicht nur gegen jene Verfügung, sondern wollte offenbar auch noch die Kompetenzen seiner Kanzlei auf Kosten des Hofkriegsrats ausdehnen 213 ). Andere Schwierigkeiten gab es mit dem Generalkriegskommissariat, das Kaiser Joseph dem Grafen Leopold Schlick übertragen hatte. Möglich, daß Eugen selbst bei seiner Ernennung mitgewirkt hat 214 ), aber es erwies sich, daß dieser Schwager Wratislaws nicht nur mit Salm gute Beziehungen unterhielt, sondern auch weit entschiedener als sein Vorgänger Breuner sich vom Hofkriegsrat unabhängig zu stellen suchte. Heftig hat der Prinz dagegen protestiert, daß der neue Generalkriegskommissar anscheinend eigenmächtig vorgehen und „despotice" verfahren wolle und man so wieder „in die vorigen Konfusionen verfallen möchte", hat er gefordert, daß er dem Hofkriegsrat und der Hofkammer „absolut und direkt" untergeordnet bleibe, „widrigens bleibe ich gewiß nicht Kriegspräsident" 215 ). Doch ein Mann wie Schlick, der sich im Felde keine Lorbeeren errungen hatte, aber unzweifelhaft Geist und Kenntnisse besaß und auf Grund seiner gewandten Ausdrucksweise am Hofe als militärische und politische Autorität galt, ließ sich nicht leicht einschüchtern216), und ihm war der von Eugen zum Vizepräsidenten des Hofkriegsrats und damit zu seinem Stellvertreter während seiner Abwesenheit erhobene Graf Leopold Herberstein nicht gewachsen, mochte auch Venzatis Spott, daß er eher zum Guardian und Prior eines Klosters als zum „Capo" des Militärwesens passe, dem doch wohl tüchtigen, in voller Loyalität zu seinem Chef stehenden General nicht gerecht wer-

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den 217 ). Wenn der Prinz nun sowohl mit der Hofkanzlei als auch mit dem Generalkriegskommissariat zusammenstieß, so glaubte er dabei den Obristhofmeister im Spiele, dem er aber auch unmittelbar Übergriffe in seine Zuständigkeiten vorwarf. Für seine Stimmung ihm gegenüber ist schon die Heftigkeit bezeichnend, mit der er sich darüber beschwerte, daß jene Verfügung über die Unterstellung der innerösterreichischen Stellen dem Hofkriegsrat durch das Obristhofmeisteramt zugeleitet worden w a r : es sei das „eine Neuerung, auch immediate wider des Hofkriegsrates Autorität" und um so präjudizierlicher, „weil der Fürst von Salm selbst, wenn er bei dem Hofkriegsrat was zu tun hat, solches memorialiter anbringen muß, gleichwie er es qua General und Obrist zu observieren schuldig ist", während er als Obristhofmeister in keiner Verbindung mit dem Kriegsrat stehe und ihm keine Befehle geben könne; „wenn also fürohin derlei Intimationen mehr folgen sollten, wären sie nicht aufzubrechen, sondern gleich wieder zurückzuschicken" 218 ). Vor allem aber machte er ihn und die durch ihn auf allen Gebieten angerichtete Konfusion f ü r das Fiasko der Kriegsrüstung, f ü r das Ausbleiben des Nachschubs und der Verstärkungen und f ü r eine Geisteshaltung verantwortlich, die mitten im Kriege den Vorschlag „ex parte oeconomica" entstehen ließ, die Regimenter zu reduzieren, da, wie er empört im Oktober nach Wien schrieb, „man vielmehr Tag und Nacht dahin trachten sollte, die verfallene Kriegsverfassung wieder emporzubringen, die Regimenter in aufrechten Stand zu setzen, infolglich alle erdenklichen Mittel zu ergreifen, das Militare vor allem wiederum zu erheben, inmaßen je stärker man armiert ist, je weniger Spesen das Kriegführen kostet, zu geschweigen daß von einem wohl eingerichteten Kriegsstaat die Erhaltung Krone und Szepter, Konservation der Länder und consequenter die oeconomica mit dem político dependieren tun, wozu uns wahrhaftig die gegenwärtigen Konjunkturen zu einem sattsamen Exempel dienen sollen" 219 ). Wie aber war da Wandel zu schaffen? Schon im August 1705 hatte der Prinz von der Notwendigkeit gesprochen, selbst, sobald es nur die Konjunkturen gestatteten, nach Wien zu kommen, wo er dann reden und schreiben und das tun werde, was zu des Kaisers Dienst sei, und sich im übrigen um keinen Menschen der Welt scheren wolle 220 ). Nach den Erfahrungen, die er dann in den nächsten Monaten gemacht hatte, war er, als er die Erlaubnis zur Rückkehr erhielt, entschlossen, mit

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dem stärksten Argument, über das er verfügte, in den Kampf am Hofe einzugreifen und dadurch zum wenigsten seine Forderungen für Kriegrüstung und Kriegführung durchzusetzen. Wenn, so schrieb er am 5. Dezember dem Kaiser, der Armee nicht tatkräftig geholfen werde, müsse er um Entlassung von seinem Kommando bitten, „denn Leib und Leben, Gut und Blut bin ich zwar schuldig, Euer Kaiserlichen Majestät alleruntertänigst aufzuopfern, gleichwie ich es auch mit größten Freuden dargeben wollte, wenn nur dadurch der Not gesteuert wäre, daß ich aber dabei Ehre und Reputation bei der übel informierten Welt, welcher der status rerum nicht bekannt ist, verlieren sollte, werden Euer Kaiserliche Majestät von selbst allergnädigst konsiderieren, wie hart es mir fallen, ja tausendmal ärger als der Tod selbst sein müßte" 221 ). Es kam ihm in der Hauptsache darauf an, daß die Armee auf dem italienischen Kriegsschauplatz so wiederhergestellt und verstärkt wurde, daß im kommenden Feldzug der diesmal ausgebliebene Sieg erfochten wurde. Was dazu erforderlich war, das hatte er in seinen Berichten immer wieder dargelegt und auch mündlich durch den ihm ja nach Wien vorausgegangenen Guido Starhemberg vorstellen lassen222). Er wußte, daß er auf starke Widerstände stoßen würde, er gab sich wohl auch kaum der Hoffnung hin, dadurch, daß er selbst zu der Gruppe um Wratislaw und Moles trat, die Männer, in denen er die Schuldigen für alle Unterlassungen und Verwirrungen sah, so wie einst Mansfeld aus dem Sattel heben und damit freie Bahn für die Anwendung der „extrema remedia" erlangen zu können. Immerhin mochte das Gewicht seiner Persönlichkeit und seines Auftretens zu stärkerer Anstrengung der Erbländer und Zusammenfassung der Kräfte führen. Aber er war gerade nach den Erfahrungen des letzten Jahres überzeugt, daß es noch mehr zu tun gelte, daß man ähnlich wie 1704 für Deutschland, so nun für Italien eine Kooperation der Mitglieder der großen Allianz gegen das hier im Süden noch übermächtige Frankreich planen und zur Ausführung bringen mußte. Darin, daß die Seemächte im eigenen Interesse in größerem Umfange als bisher Truppen und Geld für den Süden zur Verfügung stellen sollten, waren sich alle Parteien in Wien einig; auch Salm hatte im August in einem Schreiben an Marlborough die Folgen eines völligen Verlustes von Italien in den düstersten Farben geschildert und an die Einsicht der Verbündeten appelliert 223 ). Mit größerem Nachdruck

Marlboroughs Wirken für Italien

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noch hat im Herbst Prinz Eugen dem Waffengefährten und Freund die Notwendigkeit dargelegt, daß nicht jeder der Verbündeten danach handele, was ihm gerade die Phantasie eingebe, sondern daß man auf das Ganze sehe und gemeinsam beschließe, welche der Armeen offensiv handeln und welche sich auf Verteidigung beschränken solle, und er suchte ihn dann von der entscheidenden Bedeutung Italiens f ü r den Ausgang des Krieges und das Schicksal Europas zu überzeugen, weshalb auch der Gegner hier erhebliche Kräfte konzentriert habe: „Euer Hoheit werden nicht, wie ich hoffe, diese Argumente allein meinem Eifer f ü r die Interessen des Kaisers und des Herzogs von Savoyen als des Hauptes meiner Familie zuschreiben, sondern mehr meiner Sorge f ü r die Sache aller Verbündeten und die Sicherheit Europas, f ü r die so viel Blut schon seit 30 Jahren und besonders in diesem Krieg vergossen worden ist" 224 ). Wieder erwiesen sich denn auch die Hoffnungen, die man in Wien wie im italienischen Feldlager Eugens auf den Engländer setzte, als berechtigt: er hat nicht nur schon Anfang Oktober Wratislaw, mit dem er in ständiger Korrespondenz geblieben war, rückhaltlos zugegeben, daß man um jeden Preis einen Zusammenbruch der Fronten der Alliierten in Italien verhindern müsse, schon weil die dort gebundenen französischen Streitkräfte sonst die Seemächte selbst bedrohen würden 2 2 5 ), sondern mit der ihm eigenen, bewundernswerten Energie hat er selbst, sobald er in den Niederlanden abkömmlich war, eine große Rundreise angetreten, um die Voraussetzungen f ü r einen N e u a u f b a u der kaiserlichen und savoyisdien Armeen südlich der Alpen zu schaffen und die nötigen Verabredungen zu treffen 226 ). Zunächst wußte er im H a a g Bedenken der Holländer auszuräumen, worauf er Verhandlungen mit Preußen, Pfalz, Württemberg und Sachsen-Gotha über Beibehaltung und Neuaufbringung von Regimentern f ü r Italien begann. Schon vom H a a g aus hat er dem Prinzen von einem ersten Erfolg berichten können: der preußische König hatte sich grundsätzlich bereit erklärt, sein Korps — bei einem von Eugen vorgeschlagenen Austausch der ihrer Pferde verlustig gegangenen Kavallerie gegen drei weitere Infanteriebataillone — im Süden zu belassen und seine Stärke durch Zuführung von Rekruten wieder auf 8000 Mann zu bringen 227 ). In persönlichen Verhandlungen mit Kurfürst Johann Wilhelm von der Pfalz in dessen neuerbautem Schloß Bensberg im bergischen Land hat er auch ihn bestimmt, zu seinen bereits dem Kaiser

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zur Verfügung gestellten 4000 Mann noch weitere 3000 im seemächtlichen Sold nach dem Süden zu schicken228). Von dort war der Lord der Einladung des Kaisers folgend selbst nach Wien gereist, um dort als Dank für den Sieg von Höchstädt die Belehnung mit der Herrschaft Mindelheim zu erhalten und die weiteren politischen und militärischen Maßnahmen zu besprechen. Er hatte wohl gehofft, den Prinzen Eugen zu treffen 229 ), aber dieser war ja von Italien noch nicht abkömmlich gewesen und hatte sich damit begnügen müssen, ihm schriftlich die eigene Notlage zu schildern und ihn eindringlich darauf hinzuweisen, daß neben den insgesamt 10 000 Mann Hilfstruppen, deren Unterhaltung die Seemächte auf sich nehmen wollten, auch ein erheblicher Geldvorschuß an den Kaiser bzw. an ihn als seinen Feldherrn Vorbedingung für die weitere Kriegführung südlich der Alpen sei: „Das erste Mittel, um der Campagne Kraft und Nachdruck zu geben, ist Geld. In Wien werden Sie sich überzeugen, daß ein Staat, in dessen Inneren ein Bürgerkrieg wütet und an dessen Grenzen zahlreiche Armeen unterhalten werden müssen, die Mittel dafür kaum aufbringen kann. Eine Anleihe ist deshalb von größter Bedeutung" 280 ). Marlborough, der am 12. November in Wien eintraf, hat ihm wenige Tage vor seiner am 23. erfolgenden Abreise zustimmend geantwortet, wobei er freilich hinzusetzte, daß es viel leichter sei, Projekte zu entwerfen und über sie zu räsonnieren, als sie auszuführen, insbesondere in der Lage des Wiener Hofes angesichts der Erschöpfung der Finanzen und des unglücklichen Krieges in Ungarn 231 ). Immerhin konnte er auf die Ermöglichung erster Auszahlungen der in der Tat von den Seemächten zugesagten Anleihe von 250 000 Pfund und auf die Aussicht weiterer durch das englische Privatkapital aufzubringender Gelder hinweisen232). Der Engländer, über dessen Verhandlungen in Wien Eugen durch Wratislaw genauer unterrichtet worden sein muß 233 ), begab sich von dort nach Berlin, wo er am 3. Dezember den neuen Subsidienvertrag unterzeichnete 234 ), und er hat in der Folgezeit im Haag und in London dafür gesorgt, daß man sich über die Anleihe, die in Raten möglichst direkt nach Italien zur Verfügung Eugens überwiesen werden sollte, verständigte. Wenn der kaiserliche Botschafter in London das Gelingen dieser finanziellen Transaktionen in der Hauptsache auf Marlborough zurückführte, so war die gute Zeichnung jener privaten Anleihe anscheinend nicht zum wenigsten der „großen Opinion" zu verdanken, die

Verhandlungen Eugens in Wien

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man in England von dem Prinzen Eugen hatte, „weil man von seiner großen Conduite viel Gutes verspricht" 235 ). So gab es denn doch Lichtblicke und hoffnungsvolle Aussichten, als Prinz Eugen, der unterwegs in Innsbruck Station gemacht hatte, um sich über den seinem Ende entgegengehenden Aufstand in Bayern und über die Kriegsleistungen Tirols zu informieren, am 23. Januar 1706 in Wien ankam 236 ), wo er wohl sofort dem Kaiser, dem er ja in dieser Würde noch nicht entgegengetreten war, seine Aufwartung machte und mit Wratislaw Fühlung nahm. Der Böhme hatte noch Ende November Marlborough geschrieben, der Prinz werde bei seiner demnächstigen Ankunft die Frage stellen, ob man den Kampf in Italien weiterführen oder aufgeben solle, die Antwort aber werde im Grunde davon abhängen, was der Lord-Herzog im Haag und in London erreicht hätte 237 ). Nun, inzwischen waren von dort günstige Mitteilungen gekommen 238 ), und zugleich war auf Andringen des Hofkammerpräsidenten Gundaker Starhemberg auch das kaiserliche Kreditwesen durch die Begründung der Wiener Stadtbank auf eine neue, solidere Basis gestellt worden23®). So ist denn von einem Rückzug aus Italien nicht mehr die Rede gewesen, wenn Eugen auch in den sofort nach seiner Ankunft aufgenommenen Beratungen nach Darlegung der üblen Lage seiner Truppen erneut erklärte, vor ausreichender Verstärkung und völliger Neuausstattung des Korps das Kommando nicht mehr übernehmen zu können 240 ). Mit „überhäuften Okkupationen" oder „le fardeau des affaires" hat er in den nächsten Wochen Verzögerung oder Kürze seiner Antworten dem in Italien zurückgelassenen General Reventlau und dem Herzog Victor Amadeus gegenüber entschuldigt241), und wir können in der Tat aus den erhaltenen Protokollen von Konferenzen, an denen er teilnahm 242 ), ebenso wie aus den Berichten über ständige Besprechungen mit ihm, die von Tarino und Prié nach Turin gingen, auf intensive Tätigkeit schließen: der Marchese di Prié hat damals im Einverständnis mit seinem Herrn seinen Obergang in den kaiserlichen Dienst vollzogen, um als bevollmächtigter Kommissar in Kontributions- und Konfiskationssachen für den kaiserlichen Feldherrn in Italien die finanziellen Verhandlungen mit den dortigen Fürsten und Republiken zu führen 243 ). So war der Prinz eifrig bemüht, die Lieferung „zur Richtigstellung des Proviants" in Gang zu bringen, Aufbringung und Marsch von Rekruten und Pferden zu beschleunigen und so die 10 Braubadi, Prinz Eugen

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dezimierten und abgerissenen Regimenter in Piemont und am Gardasee wieder kampffähig zu machen. Nicht weniger aber beschäftigten ihn die Verhandlungen mit den Seemächten und deren Subsidienpartnern über den Status, die Heranführung und die Unterhaltung jener Hilfskorps. Besondere Schwierigkeiten bereitete der vorgesehene Beitritt des Kaisers zu dem von Marlborough in Berlin geschlossenen Vertrag, der eine Bereinigung der in dem letzten Jahre entstandenen Differenzen zwischen Berlin und Wien sowohl in einer Reihe politischer Fragen als auch wegen angeblicher „übler Traktierung" der bisher schon in Italien verwandten preußischen Truppen vorsah. Nachdem man in Beratungen der Konferenz mit dem preußischen Gesandten Bartholdi am 4. und 15. Februar zu keiner Einigung gelangt war, sah man schließlich keinen anderen Ausweg mehr, als die Entscheidung der mannigfachen Streitpunkte dem „Arbitrium" der Seemächte zu überlassen244). Auch mit dem pfälzischen Truppengeschäft mußte man sich wiederholt beschäftigen, da seine Ausführung ebenfalls mit Ersatzansprüchen des Kurfürsten an den Kaiserhof gekoppelt war. In den sich bis Ende März hinziehenden unerquicklichen Auseinandersetzungen um die Richtigstellung aller dieser „conditiones" und „praetensiones" hat der Prinz zwar mehrfach mit Nachdruck den Forderungen der Gegenseite widersprochen, unter der Hand aber doch wohl für eine Verständigung auch unter Opfern gewirkt. Er sah dies Entgegenkommen dann nicht nur durch die feste Zusage des Anmarschs von Rekruten und neuen Bataillonen seitens Preußens und der Pfalz belohnt, sondern auch durch den auf Marlborough zurückgehenden Entschluß der Seemächte, noch weitere Kräfte für den italienischen Kriegsschauplatz zur Verfügung zu stellen, wozu die bisher von ihnen in den Niederlanden unterhaltenen Truppen des Herzogs von Sadisen-Gotha und ein größeres Korps des Landgrafen von Hessen-Kassel bestimmt wurden 245 ). „Mir liegen", so hat Marlborough nach dem im Mai erfolgenden Abschluß mit dem Landgrafen an Wratislaw geschrieben, „die italienischen Dinge so am Herzen, wie Sie es nur wünschen können, und Sie wissen, daß es nicht meine Schuld ist, wenn nicht alle meine Pläne in dieser Richtung Erfolg hatten. Ich werde dazu gedrängt nicht nur durch meinen Eifer für den Kaiser und für die gemeinsame Sache, sondern auch durch meine persönliche Freundschaft für den Prinzen von Savoyen" 246 ). War diesmal nicht wirklich die materielle Voraus-

Vorbereitungen des Feldzuges 1706

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setzung f ü r einen erfolgreichen Feldzug geschaffen worden? Im Hinblick auf die nunmehr nach Venedig zu seiner Verfügung übersandten Wechsel aus der englischen Anleihe hat der Prinz am 13. März dem Grafen Reventlau versichern können, daß es sowohl zur Errichtung der Magazine als auch zur Bezahlung der Wochengelder an Mitteln nicht fehlen werde 247 ). Was die Stärke der Armee betraf, so hat er später darauf hingewiesen, daß man während seiner Anwesenheit in Wien „einen Calculum über gedachte Armada gezogen und selbe auf 70—80 000 Mann extendiert habe", wobei die Hessen noch nicht eingerechnet waren 248 ). Der mit der Vorbereitung des Feldzugs beschäftigte Hofkriegsratspräsident hat sich zugleich doch auch schon Gedanken über seine Führung gemacht. Wie im Vorjahr mußte das Hauptziel der Ausbruch aus dem Winkel am Gardasee und die Vereinigung mit dem hart bedrängten Herzog von Savoyen sein. Als Anfang Februar Prie ihm in Gegenwart Wratislaws rückhaltlos die Gefahr, in der sich Victor Amadeus befand, darlegte und schleunige Hilfe durch ein starkes Heer unter seiner Führung forderte, hatte er von verschiedenen Wegen zur Rettung des Vetters gesprochen: einmal Vorstoß der kaiserlichen Truppen nach Süden, Übergang über den Po, Besetzung von Piacenza und Einmarsch durch den P a ß von Stradella in Piemont oder, falls dies nicht möglich, Entsendung eines starken Korps in den Golf von Spezia, um von dort dem von Turin kommenden Herzog die H a n d zu reichen, sodann überraschender Einfall eines Korps über das Valtellina, also wohl über Graubünden, nach Süden, Übergang über die A d d a und Erscheinen im Herzen der Lombardei 2 4 9 ). Der Gedanke, über das nicht zur Eidgenossenschaft gehörende Graubünden, wo der Prinz durch Vermittlung Saint-Saphorins seit längerer Zeit Vertrauensleute besaß 250 ), in Italien einzufallen, ist schon in früheren Jahren hin und wieder erwogen, aber nie verwirklicht worden, und auch diesmal hat man ihn wohl rasch wieder fallengelassen. D a f ü r hat man sich im Februar und März mit einem Vorschlag des Herzogs beschäftigt, ihm auf dem Seewege mit Hilfe der englischen Flotte über Genua ein Korps Infanterie zuzuschicken: hier schienen freilich Eugen die „Diffikultäten" und Gefahren zu groß, als daß man damit „reüssieren" könnte 251 ). Mitte März hat er dem erneut auf sofortige Unterstützung drängenden Herzog von der Resolution gesprochen, ein Korps von 3000 bis 4000 Mann entweder über den 10»

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Po oder über die Adda nach Piémont zu senden, „allein müßte", wie er dem bei Victor Amadeus befindlichen Grafen Daun schrieb, „die Exekution dessen zwischen Seiner Königlichen Hoheit und mir dergestalt genommen und konzentriert werden, daß man sich keiner Gefahr exponiert, welches aber auch gutenteils von den künftigen Konjunkturen dependiert". Im Grunde hoffte er wohl, noch Zeit genug zu haben, um nach Versammlung aller am Gardasee liegenden und nach dort in Marsch gesetzten Truppen mit der ganzen Armee jenen ersten Plan, den er Prié entwickelt hatte, durchzuführen. Er hat ihn, wie wir sehen werden, in der Tat verwirklicht — freilich erheblich später, als er selbst in Aussicht gestellt und man allgemein erwartet hatte. Als Marlborough am 18. Januar den Fürsten Salm von dem Erfolg seiner Verhandlungen über die Anleihe im Haag und von den bevorstehenden ersten Überweisungen in Kenntnis setzte, hatte er die Erwartung ausgesprochen, daß Prinz Eugen sich nur kurz in Wien aufhalten und bald wieder die Führung der Armee übernehmen würde, um dem Feinde in Italien zuvorzukommen 252 ). Salm selbst hat später behauptet, der Kaiser habe bei der Genehmigung zur Herkunft des Prinzen die Dauer des Aufenthalts auf 15 Tage begrenzt 253 ). Nun, wenige Wochen konnten natürlich nicht ausreichen, um alle jene Verhandlungen zu führen und die zweckmäßigen Maßnahmen durchzusetzen. Immerhin hatte er selbst am 24. Februar Reventlau seine Abreise für Anfang März angekündigt und, als dieser Termin verstrichen war, sprach er am 13. März von der nächsten Woche254). Da, so teilte er am 16. Daun mit, die Truppen, Rekruten und Remonten aus Bayern bereits im Marsch nach Italien begriffen, werde auch er in den nächsten Tagen aufbrechen, um die Operationen „umso zeitlicher zu inkaminieren". Aber Tag auf Tag, Woche auf Woche verstrich, ohne daß er seine Zusage wahr machte. Erst am 7. April hat er Wien verlassen, in der Nacht des 10. erreichte er Innsbruck, am 14. Rovereto 255 ), aber noch war er nicht bei der jenseits des Gardasees liegenden Armee, als diese sich von den Franzosen angegriffen und bei Calcinato geschlagen sah: nicht er war dem Feind, sondern dieser ihm zuvorgekommen. In einem Schreiben an Marlborough hat Salm daraufhin heftige Anklagen gegen den Prinzen erhoben. Warum sei er nicht rechtzeitig zur Stelle gewesen, um das Unglück zu verhindern? Mehr als einmal habe er, Salm, wegen seines allzulangen Bleibens

Vergeblicher Vorstoß gegen Salm

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in Wien Vorstellungen erhoben, aber Eugen habe seine Abreise mehr als drei Wochen über den vom Kaiser ihm angegebenen Termin verzögert, und noch sechs Wochen vorher habe man sich um die italienischen Dinge überhaupt nicht gekümmert, als wenn dort alles in Ordnung gewesen. Der Prinz trage also die Verantwortung für das Unglück und dessen Folgen, nachdem er übrigens schon beim Abschluß des letzten Feldzugs, um möglichst rasch nach Wien zu kommen, es versäumt habe, die nötigen Anordnungen für dieses Jahr zu treffen: „Diese Haltung und soviel andere, die man anderswo bemerkt, haben mich die Freiheit nehmen lassen, Seiner Kaiserlichen Majestät zu sagen, daß es dringend notwendig wäre, sich von seinen kommandierenden Generalen besser gehorchen zu lassen"256). Was war gesdiehen, warum ist der Prinz so lange in Wien geblieben, und was konnte den Obristhofmeister veranlassen, derartig scharfe Anklagen gegen ihn zu schleudern? Unmittelbar nach Eugens Abreise hat der preußische Gesandte Bartholdi nach Berlin von einem Versuch berichtet, den Fürsten Salm zu stürzen 257 ). Man habe dem Kaiser unter Berufung auch auf mächtige Reichsstände, wie die Kurfürsten von Mainz und Pfalz, vorgestellt, daß er durch „Hochmut und übermäßige Hitze" dem Interesse Österreichs schade. Der Anschlag sei indessen mißlungen, ja das Ergebnis sei gewesen, „daß der Fürst von Salm mehr als jemals bei dem Kaiser in Gnaden steht, und hat der Kaiser erklärt, daß er sein Leben lang nicht von ihm lassen werde". Übrigens, so fügte der Diplomat hinzu, „leidet der Kaiser bei solchen Händeln am meisten; denn wenn eine Partei etwas heilsames und nützliches tun will, so trachtet die andere danach, wie sie es zu verhindern und jener den zu erwerbenden Ruhm zu rauben vermöge". Ist Prinz Eugen an diesem Anschlag beteiligt gewesen, hat er vielleicht, bevor er Wien wieder verließ, klare Verhältnisse schaffen wollen, um nicht wieder seine Kriegführung durch Nachlässigkeit oder Eigensinn der ihm abgeneigten Kreise am Hof und im Ministerium durchkreuzt oder gelähmt zu sehen, hatte er in der Hoffnung auf einen Erfolg der Verschwörung deshalb seinen Aufbruch so lange hinausgeschoben? Wenn Bartholdi den Grund nicht kennt, so hat dagegen Prié zur gleichen Zeit von Kabalen gesprochen, in die Eugen sich durch seine Umgebung habe ziehen lassen, zugleich dann auch von dem Gegensatz zwischen ihm und Salm, die er doch beide für unfähig halte, sich von persönlichen Leidenschaften leiten zu lassen, und deutlicher

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Sieg in Italien

noch ist eine Mitteilung Tarinos vom 10. April: der Prinz sei wenig zufrieden abgereist, da ihm der Kredit, die Autorität und die Handlungsweise des Fürsten Salm nicht gefielen, mit dem er sich immer sehr kühl gestanden und während seines Aufenthalts immer mehr verfeindet habe 258 ). Es wird wohl so gewesen sein, daß er anfangs mehr unter dem Einfluß von Wratislaw und Moles gegen den Obristhofmeister Stellung genommen 259 ), dann aber auf Grund mannigfacher Kompetenzstreitigkeiten und Zusammenstöße persönlich zum Angriff gegen ihn vorgegangen ist. Den haßerfüllten Behauptungen des geflüchteten Venzati in seinem bald nach diesen Vorgängen entstandenen Pamphlet über den Wiener Hof, in dem er den Prinzen als typischen höfischen Intriganten hinstellt, als einen Ränkeschmied, der unter äußerer Unterwürfigkeit eine maßlose Herrschsucht verstecke, der falsch und geschickt nur in der Erfindung von Lügen und der Anstiftung von Kabalen sei, wird man gewiß ebensowenig Gewicht beimessen wie seinen giftigen Verdächtigungen, daß er und Wratislaw durch Weiberangelegenheiten miteinander verbunden seien und er auf den Kaiser durch dessen Mätressen zu wirken suche, doch mögen ihm vielleicht Berichte seines zum Kreise um Salm gehörenden italienischen Landsmannes Comazzi, mit dem er von der Schweiz aus noch Beziehungen unterhielt, Stoff für seine wilden Angriffe geliefert haben 260 ). Jedenfalls aber muß es in jenen Vorfrühlingswochen in Wien Kämpfe und bittere Auseinandersetzungen gegeben haben, an denen Eugen maßgebend beteiligt war und aus denen er und seine Freunde nicht als Sieger hervorgegangen sind. Er mochte, als er abfuhr, nur hoffen, daß es dem böhmischen Kanzler doch gelingen werde, Salm allmählich zurückzudrängen und wenigstens dafür zu sorgen, daß auf militärischem Gebiet des Prinzen Einfluß gewahrt wurde. Die beiden Männer hatten sich offenbar in diesem Winter noch enger zusammengeschlossen: daß Wratislaw die Rolle seines alter ego zugedacht war, zeigt etwa die Anweisung Eugens an den Fürsten Löwenstein, wegen einer von diesem eröffneten geheimen Nachrichtenquelle alles und jedes dem Grafen mitzuteilen, „von welchem ich dann das Nötige schon erfahren werde" 2 6 1 ). Doch scheinen damals auch engere persönliche Beziehungen zu dem jungen Reichsvizekanzler sich angebahnt zu haben, obwohl dessen von der Tradition des Reichs bestimmten politischen Grundsätze kaum mit denen der beiden Freunde übereinstimmten: vielleicht war durch

Gefecht bei Calcinato

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ihn, der sich offenbar durch Salms hochfahrendes Auftreten verletzt fühlte, sein Mainzer Onkel zur Stellungnahme gegen den Obristhofmeister veranlaßt worden 2 6 2 ). Auf wessen Seite Friedrich Karl von Schönborn auch weiterhin stand, das geht aus einem Brief an den Feldherrn in Italien aus dem Juli hervor, in dem er ihn seiner tiefsten Verehrung versicherte und zugleich verächtlich von den täglich sich verschlimmernden Konfusionen am H o f e sprach 263 ). Eins mochte dem Prinzen klarer als je geworden sein: über seine Gegner im Inneren konnte er nur dann obsiegen, wenn er den äußeren Feind schlug. Es galt f ü r ihn persönlich, die Kritik auch an seinem Feldherrntum zu widerlegen, die sich auf Grund des Verlaufs des Feldzugs von 1705 wieder hervorgewagt hatte und die nicht nur in einem erbärmlichen Subjekt wie Venzati, sondern in der unmittelbaren Nähe des Throns in Salm und in dessen Anhängern nachdrückliche Vertreter gefunden hatte, und es galt zugleich, f ü r Österreich das seit den Anfängen des Krieges erstrebte Kriegsziel, die Wiederaufrichtung der habsburgisdien Herrschaft in Oberitalien, zu erreichen.

4. Der italienische Feldzug des Jahres 1706 hatte in den Tagen, in denen der Prinz Eugen das Kommando über die Armee an der Tiroler Grenze übernehmen wollte, einen wahrhaft schlechten Auftakt genommen. Das Korps des Feldmarschall-Leutnants Graf Reventlau war gemäß den Weisungen, die ihm der Prinz bei seiner A b f a h r t im Januar gegeben hatte, während des Winters in der Aufstellung im Brescianischen zwischen Chiese und Gardasee verblieben, während eine an Zahl geringere Abteilung auf der östlichen Seite des Sees an der Etsch im Veronesischen stand: sie war im Laufe der letzten Wochen verstärkt und weiter etschabwärts vorgeschoben worden. Im März deuteten Bewegungen von Franzosen und Spaniern hinter ihren Stützpunkten in Desenzano, Castiglione delle Stivere und Carpenedolo auf Vorbereitung zu einer Offensive am Chiese gegen die von den Kaiserlichen gehaltene Linie Montechiaro—Lonato. Reventlau hatte darauf die Besatzung von Montechiaro verstärkt und sich des bisher von einer venezianischen Truppe besetzten Schlosses von Calcinato bemächtigt. Bei der Schwäche

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seines Korps, dessen Auffüllung nur langsame Fortschritte machte, plante er indessen eine Absetzung an die Ausgänge des Gebirges, als ihn die Weisung des am 14. April in Rovereto eingetroffenen Eugen erreichte, seine Regimenter zwischen Montechiaro und Lonato zusammenzuziehen. Doch mitten in diese Bewegung traf sie am 19. April der von dem Herzog von Vendòme seit längerer Zeit vorbereitete Angriff bei Calcinato, gegen den sie keine Schlachtlinie mehr zu bilden vermochten. Mit einem Verlust von 3000 Mann, darunter über 1000 Gefangenen, wichen sie auf Gavardo zurück264). Der Prinz, der am Morgen des gleichen Tages die Fahrt über den Gardasee angetreten hatte, eilte nach seiner Landung den geschlagenen Truppen entgegen, um sie anzuhalten, zu sammeln und ein Verlaufen in das Gebirge zu verhindern, was ihm auch gelang, da die Sieger nicht sofort nachdrängten. Als sie aber in den nächsten Tagen sich Gavardo und Salò näherten, entschloß er sich, das westliche Ufer aufzugeben und die Streitkräfte teils über den See, teils um ihn herum auf die Ostseite zu ziehen, was ohne Zwischenfälle gelang. Es blieb eine Niederlage, und in Wien haben seine Widersacher sie, wie wir sahen, ihm zur Last gelegt. Daß es nur seinem Eingreifen zu verdanken war, wenn die Schlappe nicht größer war und das Gros gerettet wurde, ist nicht nur von Marlborough, sondern auch von französischer Seite behauptet worden 265 ). Wie sehr, so meinte der Chevalier de Quincy, müsse er sich geärgert haben, daß er nicht drei oder vier Tage früher Wien verlassen habe. Selbst hat er jedoch die Schuld nicht allein der Führung Reventlaus geben wollen: „Ich glaube zwar", so schrieb er dem Kaiser, „wenn ich eher zur Armee hätte kommen können, daß vielleicht das Unglück zu Calcinato verhütet worden wäre, allein bei des Feindes gehabter Superiorität der Waffen und mir dadurch leichtlich gestörter Subsistenz hätte es gleichwohl geschehen können, daß ich aus dieser Ursache bemüßigt gewesen wäre, das Brescianische zu verlassen" 266 ). Sein Vetter Vendome hatte ihn aus anderen Gründen belasten wollen: der Hauptfehler, so erklärte er gegenüber gefangenen deutschen Offizieren, habe in der weiten Ausdehnung der kaiserlichen Quartiere über die Stellungen Leiningens vom Vorjahr hinaus gelegen, die der Prinz um die Jahreswende angeordnet hatte 287 ). Wenn er voll Optimismus durch den Erfolg die Aktionsfähigkeit des Gegners entscheidend gelähmt zu haben glaubte, so versicherte dagegen Eugen dem bei dem Habsburger in Spanien

Prinz Eugen von Savoyen

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Prinz Eugen, Bleistiftskizze aus der Zeit nach der Einnahme von Mailand

Hilferuf aus Piémont

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weilenden Fürsten Liechtenstein, daß durch die nicht wegen der erlittenen Verluste, sondern wegen der zu späten Ankunft der Verstärkungen erfolgte Räumung des Brescianischen ihm „im Hauptwerk" nichts „alteriert" worden sei268). Daß er nicht entmutigt war, hat er denn audi bald aller Welt offenbart. Es galt für ihn zunächst, das Eintreffen jener Verstärkungen abzuwarten, von denen vor allem die Gothaer und das neue pfälzische Korps noch weit zurücklagen. Noch gegen Mitte Mai hatte er östlich des Gardasees, wo die Front vom Monte Baldo bis San Bonifacio genommen und das Hauptquartier von Ala nach San Martino im Veronesischen vorverlegt wurde, nur die Hälfte der auf 60 000 Mann veranschlagten Armee zu seiner Verfügung: vor Ende Juni Anfang Juli, so berechnete er, werde er die Armee schwerlich zusammen haben und zu einer Offensive imstande sein, was andererseits wieder dem Feinde Gelegenheit gab, alle Vorkehrungen zu treffen, um sich zwischen Gardasee und Etsch zu verschanzen und sich auch gegen einen Übergang der Kaiserlichen weiter etschabwärts nach dem Vorbilde von 1701 zu decken269). Vor allem aber mußte man damit rechnen, daß die Franzosen nun alles daransetzen würden, um den Herzog von Savoyen niederzuwerfen, bevor der Entsatzversuch gewagt wurde. Von Turin, dessen Verteidigung Graf Daun übernehmen sollte, während Victor Amadeus sich mit seiner Armee außerhalb der Stadt hielt, kamen in der Tat dringende Hilferufe. Mitte Juni erschien von dort der zum kaiserlichen Korps gehörende Rittmeister von Hohendorf! — zum erstenmal begegnet uns hier Eugens späterer Generaladjutant und Freund — in San Martino, um mündlich von dem Angriff des Feindes auf die Zitadelle von Turin und dem schlechten Stand der dortigen eigenen Regimenter zu berichten270). Immer wieder hatte der Prinz seit seiner Ankunft auf dem Kriegsschauplatz dem Herzog versichert, sobald als möglich den Vormarsch antreten zu wollen, dabei freilich noch am 13. Juni Daun vertraulich mitgeteilt, „daß ich vor Anfang Juli schwerlich werde dazu im Stande sein, inmaßen ich meinesorts besser erachte, viel lieber ein oder anderen Tag die Operationes später anzufangen und hernach dieselben mit allem Vigor zu poussieren, als dazu um etliche Tage eher zu schreiten und sodann in der Mitte derselben aus Mangel ein- und anderer voraus gemachter Disposition stecken zu bleiben" 271 ). Auf Hohendorffs Vortrag versprach er indessen Daun, ungeachtet aller sich bietenden

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Sieg in Italien

Schwierigkeiten die Etsch zu forcieren, sobald die Nachricht von der wirklichen Belagerung Turins eingetroffen sei272). Inzwischen waren in seinem Hauptquartier die verschiedensten Pläne erwogen worden, wie und wo der Durchbruch stattfinden könnte. Nach Mitteilungen an den Savoyer vom 19. Mai hat der Prinz zeitweise daran gedacht, die Armee in zwei Korps zu teilen „und dadurch den Feind gegen den Po und Mincio dergestalt zu divertieren, auf daß es mir umso leichter glücken möge, einen oder anderen von diesen Flüssen zu passieren und sodann die Armee hinwieder zusammenzusetzen oder in 2 Korps auf beiden Seiten zu agieren" 273 ). Anfang Juni hat er angesichts der feindlichen Gegenmaßnahmen gegen einen Übergang über die Etsch ernsthaft an die Möglichkeit gedacht, sich „in der letzten Extremität" der von den Venezianern für beide Parteien gesperrten Stadt Verona zu bemächtigen und die Armee dort über die steinerne Brücke zu führen: „Es würde zwar dieser Streich bei den Venezianern ein großes Geschrei machen und für einen Bruch der Neutralität ausgedrückt werden, ich aber hielte davor, daß gegen den daraus entspringenden Vorteil und, daß sodann dieser Platz zu Stabilierung der Kommunikation mit Deutschland sehr bequem und vorteilhaft sein würde, man sich daran umso weniger zu kehren hätte, als ohnedem sie, Venezianer, dermalen in keinem sonderlichen Stand sind, daß man von ihnen viel zu sorgen haben möchte, zum Fall dieselben dieses Vorhaben auf eine andere Art zu ressentieren unternehmen sollten" 274 ). Zugleich hielt er es aber auch für möglich, daß man angesichts der gerade damals eintreffenden Nachrichten von Fortschritten des Habsburgers in Spanien und von dem großen Sieg, den Marlborough am Pfingstsonntag, dem 23. Mai, in den Niederlanden bei Ramillies erfochten hatte, mit dem durch französische Bewegungen beunruhigten Proveditore Dolfino in Verona zu einer gütlichen Verständigung über den Durchmarsch der Kaiserlichen durch die Stadt gelangen könne: es ist uns ein eigenhändiges Billet des Prinzen in italienischer Sprache vom 4. Juni erhalten, in dem er unter Berufung auf die ihm gegebene Vollmacht des Kaisers ein entsprechendes Abkommen vorschlägt, wobei er sich zu sofortiger Räumung des Platzes nach erfolgtem Übergang verpflichten wollte 275 ). Er ist dann jedoch von diesem Projekt wieder abgekommen. Als gegen Ende Juni an der Eröffnung der Belagerung von Turin kein Zweifel mehr sein konnte, zugleich aber auch durch die Ankunft der Gothaer und

Gelungene Passage der Etsch

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Pfälzer das Heer auf eine Stärke von 36 000 Mann Infanterie und an die 7000 Reiter gebracht worden war, entschloß er sich, zu „movieren", wobei er nun zunächst feststellen wollte, „nachdem der Feind seine von La Badia hinunter bis ans Meer postierten Truppen zum Teil heraufzieht, ob nicht etwa daherum eine Brücke geschlagen werden könnte, angesehen es besser heraufwärts wegen des Feindes Linien und Werke fast nicht möglich scheint" 276 ). Um den Monatswechsel traf der ihm f ü r die Verhandlungen mit den italienischen Staaten beigeordnete Prié bei ihm ein, zugleich brachte ein Bote die erwünschte Nachricht, daß auch das von den Seemächten ermietete hessische Korps im Anmarsch begriffen sei, und endlich erfuhr man, daß auf der Gegenseite Vendôme nach den Niederlanden abberufen und durch den Herzog Philipp von Orléans, den Neffen König Ludwigs, ersetzt werden sollte. Am 2. Juli meldete der Prinz darauf dem Kaiser, daß er verschiedene Täuschungsmanöver angeordnet und zugleich die Vorbereitungen getroffen hatte, um die Passage der Etsch „über La Badia hinunter im Geleit Gottes zu rentieren". Am folgenden Tage unterrichtete er auch Victor Amadeus von seinem Vorhaben: «Le tout dépend du passage de cette rivière» 277 ). Obwohl Vendôme zur selben Zeit noch seine feste Überzeugung ausgesprochen hatte, daß der Feind übel ankommen werde, wenn er den Übergang wage, gelang dieser ganz ähnlich wie im Jahre 1701 278 ). Auf G r u n d von Erkundungen des Obersten Battée und des bewährten Generalquartiermeisters Riedt hatte sich der Prinz f ü r eine Stelle ostwärts der Abzweigung des Canal Castagnaro entschieden, auf die Battée mit einem Korps von 6000 Mann angesetzt wurde, während man den Anschein erweckte, als ob man von Castelbaldo aus das gegenüberliegende Masi angreifen würde. Hierhin hatte sich Eugen selbst in der Nacht vom 4. auf den 5. Juli begeben: «Enfin notre Prince a joué un tour de son métier aux ennemis», heißt es im Hinblick auf die in der Tat gelungene Täuschung in einem Bericht aus seinem Lager 279 ). In der Nacht zum 6. begann Battée nach einem Marsch von 50 km überzusetzen, bei Borgoforte oberhalb Rottanova konnte eine Brücke geschlagen und Versuche der Franzosen, das Unternehmen durch Überschwemmung zu stören, vereitelt werden. Zu spät leitete der Feind Bewegungen etschabwärts ein, er sah sich nun in der rechten Flanke bedroht und zog sich unter Räumung von Masi und Badia hinter den Canal Bianco zurück. Während der Prinz durch zurückbleibende Abtei-

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lungen an der oberen Etsch weiter demonstrierte, ließ er stärkere Formationen aus der Gegend von Verona nach Castelbaldo marschieren, um auf einer dort zu schlagenden Brücke überzusetzen, und inzwischen hatte Battée nach Entdeckung eines unbewachten Übergangs am Canal Bianco auch diesen überwunden, worauf Vendôme den anfangs geplanten Gegenangriff absagte und den Rückzug hinter Po und Mincio anordnete. Am 13. Juli war Eugen bei Battée, dessen Reiter bereits bis an den Po streiften. Die Franzosen hatten, wie das Diarium der Kaiserlichen triumphierend vermerkt, „alle ihre Werke, ohne fast einen einzigen Schuß zu tun, verlassen müssen, da sie hieran etliche Monate her so Tag als Nacht sich fast halb zu Tode gearbeitet hatten". In ihren Abmarsch stieß kaiserliche Kavallerie mehrfach erfolgreich hinein. Während der Prinz unter Belassung eines kleinen Korps unter dem General Wetzel bei Verona sein Kräfte am Canal Bianco zusammenfaßte und sich zum Ubergang über den Po anschickte, den Vendôme für unmöglich gehalten hatte, folgte dieser dem Befehl seines Königs zur Abreise nach den Niederlanden und übergab dem Herzog von Orléans das Kommando 280 ). Eugen war entschlossen, nun das Manöver auszuführen, das er schon in Wien vor einem halben Jahr dem Marchese di Prié als seine Absicht bezeichnet hatte, nämlich südlich des Po gegen Piémont zu ziehen. Nodi hatte Vendôme am 10. Juli dem französischen Kriegsminister Chamillart versichert, daß jener unmöglich die Belagerung von Turin stören könne, da es zuviel Stellen gebe, an denen man ihn aufhalten könne 281 ). Aber das Unmögliche machte er möglich. Wieder wußte er durch Entsendung von Truppen nach Occhiobello und Ficcarolo den Gegner von Polesella abzulenken, wo Battée am 17. Juli den Po überschritt, die überraschten feindlichen Postierungen poaufwärts aufrollte und die ihm folgende Armee vor dem Panaro ein Lager bezog: sie bestand nunmehr aus 51 Bataillonen und 50 wenn auch schwachen Schwadronen, darunter Preußen und Pfälzer unter dem Prinzen Leopold von Anhalt-Dessau und dem General Rehbinder, über die sich der Oberbefehlshaber sehr befriedigt äußerte 282 ). Inzwischen hatte der Herzog von Orléans eiligst Truppen von Mantua und Cremona über den Po geworfen, aber als Eugen, der persönlich am 19. Juli den wasserarmen Panaro erkundet hatte, Vorbereitungen zum Angriff traf, wichen die Feinde auf die Secchia aus. Er hatte am 21. in Santa Bianca im

Vormarsch südlich des P o

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Schlosse der Grafen Pepoli Quartier genommen, am 23. abends war er bei Finale, wo der Panaro passiert und in einem Lager jenseits zur Sicherstellung von Verpflegung und Nachschub eine Ruhepause eingelegt wurde 2 8 3 ). Die französische Führung war zu der Erkenntnis gekommen, daß Sperren an den südlichen Nebenflüssen des Po nicht zu halten waren, da sie immer wieder von Süden umfaßt werden konnten, und so wollte man den Gegner auf dem Marsch nach Westen begleiten, seine Verbindungslinien bedrohen und ihn etwa vor dem von der Armee de la Feuillades bei Turin aus zu besetzenden Paß von Stradella packen, aber Feuillade weigerte sich, stärkere Abteilungen abzuzweigen, und so entschloß der Herzog von Orleans sich schließlich, bei Cremona wieder auf das linke Poufer zurückzugehen und über Valenza an den Tanaro zu rücken, um dort, auf Alessandria und Tortona gestützt, den Prinzen zu erwarten. So konnte dieser den Vormarsch fortsetzen, weniger vom Feind als von Hitze und Wassermangel behindert. Am 25. Juli setzte die Kavallerie über die Secchia, am 28. brach auch die Infanterie zunächst panaroaufwärts auf, am 29. überschritt auch sie die Secchia: aus dem Feldlager bei San Martino konnte Eugen mit Stolz dem Habsburger in Spanien melden, daß „der Feind in einer unglaublichen Konsternation und Konfusion sich befindet und ich alle Passagen, ohne fast einen Mann zu verlieren, gewonnen habe" 2 8 4 ). Noch befand sich zu diesem Zeitpunkt die Armee Orléans' südlich des Po, und da sie sich an der Parmigiana zu konzentrieren schien, war der Prinz gewillt, sie anzugreifen, aber wieder wich sie auf Guastalla zurück 285 ). Nun machte sich für die gegen jede Kriegsregel ohne Rücksicht auf die in feindlicher Hand befindlichen Plätze des Landes vormarschierten Kaiserlichen freilich doch der Mangel an Depotstützpunkten geltend: „Ich kann nicht daran denken, ein Stück Brot zu erhalten, da Modena, Mirandola, Carpi, Reggio und Guastalla hinter und neben mir liegen", schrieb Eugen am 30. Juli an Victor Amadeus. Schon sah er sich genötigt, scharfes Vorgehen gegen Plündern und sonstige Exzesse anzubefehlen, da man sonst „anstelle der bisher gesegneten glücklichen Progresse nicht unbillig eine unausbleibende Strafe und großes Unglück zu befürchten habe" 2 8 6 ). Zugleich aber schuf er sich nun durch Angriff auf einige Orte eine Nachschubbasis, von der aus die stärkeren Festungen wie Mirandola und Modena beobachtet werden konnten. Am 5. August nahm der Generalwachtmeister Zumjungen Carpi,

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einige Tage darauf wurde Reggio, vor dessen Nordfront die Armee sich lagerte, eingeschlossen und die Stadt am 13., die Zitadelle am 14. zur Kapitulation genötigt 287 ). Die Möglichkeit besserer Verbindung und Zufuhr ergab sich gleichzeitig aber auch dadurch, daß im Norden das zurückgelassene Korps Wetzel den Vormarsch über den Mincio gegen den Oglio angetreten hatte und nach Vereinigung mit den inzwischen über die Alpen gelangten Hessen, deren Erbprinz Friedrich hier das Kommando übernahm, sich am 20. August Goitos am unteren Mincio bemächtigte. Lange Ruhepausen durfte man sich indessen nicht gönnen, denn von dem sich mit seiner Kavallerie bei Luserna aufhaltenden Victor Amadeus, an den der Prinz zwecks Verbindungsherstellung Ende Juli Hohendorf? zurückgesandt hatte, war schon zu dieser Zeit der Notruf gekommen, „daß auch keine Minute mehr zu versäumen, dem je länger je mehr beängstigten Turin zu Hilfe zu kommen" 288 ). So wurde denn am Tage des Falls von Reggio der Weitermarsch angetreten, „inmassen", wie er dem Kaiser mitteilte, „mich der Herzog von Savoyen sehr pressiert und es auch wahrhaftig die Beschaffenheit der Belagerung Turins fordert, daß ich tue und zum Sukkurs schreite, soviel als immer möglich ist" 289 ). In San Donato bei Parma erschien am 16. August bei ihm der frühere Generaladjutant und jetzige Oberstleutnant seines Dragonerregiments Baron Charri im Auftrag des Herzogs, um nähere Verabredungen über das Zusammenwirken mit dessen Reiterkorps zu treffen, zu dem auch die Savoyen-Dragoner gehörten 290 ). Als die Armee am folgenden Tag den Zug nördlich von Parma vorbei in Richtung Piacenza fortsetzte, erfuhr man, daß der Gegner auf das linke Poufer gegangen war und versuchte, die Kaiserlichen dort zu überholen. Der Prinz ließ sich dadurch nicht beirren, er sandte am 20. August eine Vorausabteilung auf Stradella und Voghera, der am 21. das Gros mit einer für damalige Zeiten erstaunlichen Marschleistung von 38 km für die Kavallerie und 30 für die Infanterie folgte 291 ). Die am 24. gegen Tanaro und Bormida angesetzte Erkundung ergab, daß die Franzosen auch den Gedanken, hier den Durchbruch zu verhindern, aufgegeben hatten und die Vereinigung mit der Belagerungsarmee vor Turin anstrebten, um dann mit überlegener Kraft den Kampf aufzunehmen. Nun war man an den Grenzen Piemonts, in dessen östlichen Teilen der Herzog den Landsturm aufgeboten hatte, um dem Vetter die Wege zu ebnen282). Zwischen Alessandria und

Treffen mit Victor Amadeus

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Tortona hindurch gelangte man am 25./26. nach Bosco, wo der von Victor Amadeus entsandte Feldmarschall-Leutnant Graf Fels den Prinzen erwartete, am 27. wurde die Bormida überschritten, am 29. gingen die Vorausabteilung unter dem General Kriechbaum und ein Teil des Gros unter dem Dessauer über den Tanaro, und am Abend des gleichen Tages konnte der seinen Truppen vorausgeeilte Prinz Eugen bei Carmagnola den Herzog umarmen, den er wohl seit den trüben Tagen vor genau einem Jahrzehnt nicht mehr gesehen hatte. Gemeinsam ritten sie in des Savoyers Hauptquartier bei La Muotta, von wo aus der Befehl zur Vereinigung der beiderseitigen Truppen bei Villastellone auf dem rechten Poufer gegeben wurde; er ist in den nächsten Tagen befolgt worden 2 9 3 ). Was nur wenige f ü r möglich gehalten hatten, war erreicht worden: während Victor Amadeus seine H a u p t s t a d t in schwerster Bedrängnis sah und selbst in seinem Lande gejagt wurde, hatte der Prinz es in wahrhaft meisterhafter Weise fertiggebracht, durch Täuschung des Gegners, kühne Manöver und Gewaltmärsche seine Armee fast ohne Verluste in k n a p p zwei Monaten von der Etsch bis nach Piemont in die N ä h e des belagerten Turin zu führen. Noch stand freilich die eigentliche Entscheidung aus. „Ich verkenne wahrhaftig nicht", so schrieb der Sieger von Ramillies voll Spannung an seinen Waffengefährten von Höchstädt, „die Schwierigkeiten, die Eure Durchlaucht noch zu überwinden haben, und diese Erwägung läßt mich manchmal die Grenzen des Möglichen übersehen und mir einen Flug zu Ihrer Unterstützung wünschen. Jedenfalls aber wird man Euer Durchlaucht hohe Anerkennung zollen und feststellen, daß Sie nichts unterlassen haben, um Ihre Ziele mit aller nur möglichen Kraft und Klugheit zu erreichen" 294 ). Es war höchste Zeit gewesen, d a ß der Entsatz herangekommen w a r : daß er noch rechtzeitig eintraf, war der Standhafligkeit des Herzogs und der von dem Grafen D a u n befehligten Verteidiger von Turin zu danken, die sich gegen große Übermacht tapfer und wendig behauptet hatten. Gegen Ende August befand sich der Platz, nachdem schon in die Werke Breschen geschossen waren, in „Extremität", und der Prinz hatte Daun beschworen, seine Leute durch Ankündigung der nahenden Hilfe zum Ausharren zu bewegen 295 ). Am 2. September ritten die beiden savoyischen Vettern unter dem Schutz eines größeren Detachements auf eine H ö h e im Nordosten Turins, von der aus sie auf die Stadt und auf die Linien

Schlacht bei Turin

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der Belagerungsarmee herabschauen konnten: ob der Prinz sich an jene Szene am Anfang seiner Laufbahn vor fast einem Vierteljahrhundert erinnerte, als die Feldherren des christlichen Heeres vom Kahlenberg aus Wien und die türkischen Angreifer vor sich sahen? Hier, vor Turin, ist auf Grund eines Gelübdes Victor Emanuels an Stelle einer kleinen Kapelle später die Superga als Grabeskirche seines Geschlechtes errichtet worden 296 ). Jene Erkundung brachte die Gewißheit, daß nun auch die Feldarmee des Herzogs von Orleans bei Turin angelangt war, womit der Feind über rund 30 000 Mann zu Fuß und 12 000 zu Pferd gebot. D a die Höhen im Osten der Stadt stark besetzt waren, beschloß man, von der Westseite, also eigentlich mit verkehrter Front, anzugreifen und die Barriere um Turin aufzubrechen, durch Demonstrationen aber möglichst viel Truppen des Gegners auf dem rechten Poufer zu fesseln. So setzten am 4. September 23 000 Mann bei Carignano auf zwei Schiffsbrücken über den Strom, während 9000 Mann, vor allem savoyische Regimenter und Miliz, für die Ablenkungsmanöver zurückblieben. Am Abend des 5. wurde die Dora Riparia erreicht, wo ein Lager zwischen Pianezza und dem von Turin nach Rivoli führenden Weg westlich der Stadt bezogen wurde. Ein von Susa kommender großer französischer Transport wurde nach Überschreiten der Dora zersprengt und das Schloß von Pianezza genommen: ein günstiger Auftakt. Am folgenden Tag ging das Gros über den Fluß und nahm im Nordwesten von Turin eine Stellung mit dem Hauptquartier in dem herzoglichen Lustschloß L a Veneria. Im feindlichen Lager hatte der Herzog von Orleans schon beim Herannahen der Gegner eine Offensive und auch jetzt wieder sofortigen Angriff gefordert, sich aber gegen den ihm zur Beratung beigegebenen Marschall Marsin und L a Feuillade nicht durchzusetzen vermocht. Nun brach in der Frühe des 7. September 1706 aus der Landzunge zwischen Dora und Stura auf die hier in erst in letzter Zeit ausgebauten Verschanzungen stehenden knapp 9000 Franzosen der Angriff los, der am linken Flügel von kaiserlichen Grenadieren und preußischen Bataillonen eröffnet wurde 2 9 7 ). Gegenüber den eiligst vom rechten Doraufer verstärkten Verteidigern rückten dann in der ganzen Front die Verbündeten nach heftigem Geschützkampf nicht ohne Verluste vor. Als bei dem Sturm der von Leopold von Anhalt-Dessau geführten Preußen Verwirrung eintrat, griff Eugen mit den kaiserlichen Abteilungen des erst vor kurzem aus französischem Dienst 11 Braubadi, Prinz Eugen

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übergetretenen Grafen von Bonneval ein, während auf der anderen Seite Philipp von Orléans persönlich mit Verstärkungen auf dem Kampfplatz erschien. Es war Victor Amadeus, der in eine zwischen der Stura und dem feindlichen rechten Flügel entdeckte Lücke eigene Truppen dirigierte und damit zu dem Zusammenbruch der von Flanke und Rücken bedrohten französischen Verteidigung beitrug, die rechts anschließend auch von pfälzischen Bataillonen überwunden wurde, während sich der Gegner an der Dora um Schloß Lucento noch hielt. Als sich die Verbündeten des Zentrums nach dort wandten, entstand ein Riß in der Schlachtordnung, die Eugen jedoch zu schließen wußte, bevor französische Reitersdiaren im Gegenangriff anbrausten. Der Prinz selbst sank im Getümmel von seinem getroffenen Pferd in den Sdianzgraben, blieb aber unverletzt, während neben ihm ein Diener und ein Page fielen. Auf einen erneuten Vorstoß der Preußen und der Reiterei des Herzogs wichen die Franzosen in Auflösung gegen Stura, Po und Dora zurück, wo sie sich indessen einem Ausfall der Verteidiger Turins gegenübersahen. Nodi hätte vom rechten Doraufer die Armee La Feuillades eingreifen können, statt dessen wurde auch Lucento geräumt, hier war der Ring durchbrochen, und um 3 Uhr nachmittags konnten Victor Amadeus und Eugen in das befreite Turin einziehen, während die französische Führung unter dem Eindruck einer unter am Kampfe gar nicht beteiligten Truppen ausgebrochenen Panik alle Belagerungslinien räumen und den Rückzug auf Pinerolo antreten ließen. 2000 Tote und 5000 Gefangene hatte sie der Tag gekostet, viele Geschütze und Ausrüstungsgegenstände fielen in die H a n d des Siegers, dessen eigene Verluste sich auf rund 3000 Tote und Verwundete beliefen. Wenn der Marschall Marsin am folgenden Tage den erlittenen schweren Wunden erlag, so beklagte Eugen wohl vor allem den Tod des so oft bewährten Generalquartiermeisters Baron Riedt. Mit der Nachricht des glorreidien Sieges wurde von dem Prinzen der Generalwachtmeister Graf Harrach, der sich im Kampf besonders ausgezeichnet hatte, nach Wien gesandt, der Baron Hohendorff zu den verbündeten Seemächten nach dem Haag und weiter nach Berlin zu dem preußischen König, dessen Truppen ebenso wie die pfälzischen der Generäle Isselbadi und Rehbinder hervorragenden Anteil an dem Erfolg hatten 298 ). „Unsterbliche Glorie" hatten sich nadi Eugens eigenem Ausspruch gewiß auch der Herzog von Savoyen und Graf Wiridi Daun erworben, aber niemandem

Einzug in Mailand

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kam doch höheres Verdienst zu als ihm selbst, der seine Armee durch ein Gestrüpp von Gefahren glücklich nach Piemont geführt hatte, auf den wohl auch der kühne Plan der Attacke von Westen zurückging und der während der Schlacht nach dem Urteil des Franzosen Quincy Fehler des Gegners sofort erkannt und ausgenutzt hatte. Wie wütend mochte Venzati über die Leistung dieses Mannes sein, den er eben noch militärischer Ignoranz geziehen hat, wie betroffen aber auch der Fürst Salm, dessen düstere Prophezeiungen so gar nicht eingetroffen waren! Die Früchte des Sieges bei Turin waren unerwartet reich: mit ihm entschied sich das Schicksal von Oberitalien. Die Geschlagenen hatten nicht etwa die Richtung nach Osten eingeschlagen, um sich mit dem dort gegenüber dem Erbprinzen von Hessen stehenden Korps des Grafen Medavi zu vereinigen und die Lombardei zu sichern, sondern zunächst nach Süden, wo sie in Pinerolo die Befehle König Ludwigs erwarteten, ob sie das Schlachtenglück noch einmal versuchen oder aber nach Westen abziehen sollten 299 ). Und während Abteilungen der Sieger gegen die von den Franzosen besetzten Posten in Piemont ansetzten, das Gros aber vorerst bei Turin stehen blieb, um bei einer Umkehr des Gegners zur Stelle zu sein, wich dessen Hauptmacht in der Tat am 12. September gegen die Grenze Frankreichs, so daß im Lager der Verbündeten die Nachricht von einer dem Erbprinzen am 9. von Medavi beigebrachten Schlappe bei Castiglione delle Stivere nicht mehr tragisch genommen zu werden brauchte. Am 13./14. begannen sie den Vormarsch nach Osten zur Eroberung des Stato di Milano 300 ). Auf dem Zug links des Po wurden Crescentino und Trino ohne Widerstand genommen, am 18. war Vercelli erreicht, am 20. fiel Novara nach kurzer Belagerung. Der spanische Gouverneur der Lombardei, Fürst Vaudemont, hatte eiligst Medavi zu Hilfe gerufen, doch schien es ihnen nicht geraten, dem Feind entgegenzutreten. So fand Eugen, der am 22. bei Trecate angelangt war, den Übergang über den Tessin und die Straße nach Mailand offen. Von dort wich Vaudemont nach Verstärkung der Besatzung der Zitadelle auf sechs Bataillone in Medavis Lager bei Pizzighettone aus, worauf in der Stadt habsburgtreue Elemente unter Leitung der Grafen Scotti und Stampa das Regiment übernahmen und den kaiserlichen Feldherrn zum Kommen einluden 301 ). Am 24. wurden ihm vor der Stadt die Schlüssel überreicht, und am 26. September hielt Eugen, in dessen Ii»

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Sieg in Italien

Händen sich eine bereits am 18. Mai ausgestellte Vollmacht zur Regelung aller Verhältnisse in der Lombardei befand, feierlichen Einzug in Mailand: es sei, so glaubte er dem Kaiser berichten zu können, „nicht genugsam zu beschreiben die große Freude, das Frohlocken und der Jubel, so sowohl der Adel, zuvorderst aber der gemeine Pöbel aller Orten, absonderlich in Mailand, als ich dem Tedeum laudamus beigewohnt, erwiesen hat und noch erweist, daß sie nunmehr durch Euer Kaiserlichen Majestät Waffen von der französischen Botmäßigkeit seien eliberiert worden" 302 ). Von Vorauskommandos war am gleichen Tage Lodi an der Adda erreidit worden. Während Daun Pavia angriff, das Anfang Oktober kapitulierte, trat der Prinz, zu dem auch der zeitweise erkrankte Victor Amadeus wieder stieß, den Weitermarsch nach Südosten an. Als sich herausstellte, daß Franzosen und Spanier sich unter Zurücklassung von Garnisonen in Pizzighettone und Cremona in den Seraglio unter die Kanonen des festen Mantua zurückgezogen hatten, beschloß man, die Operationen auf das rechte Poufer auszudehnen, um die Möglichkeit des Zusammenwirkens Medavis mit der etwa doch wieder von Susa zurückkehrenden Armee Orleans' zu unterbinden. Während der Herzog vor Pizzighettone blieb, gelangte Eugen am Abend des 11. Oktober auf der Straße Pavia— Voghera an den Po, der am 12. überschritten wurde, um die wichtigen Festungen Tortona und Alessandria anzugreifen. Vor Tortona ließ der Prinz ein Belagerungskorps unter dem General Isselbach zurück, selbst wandte er sich gegen Alessandria, das am 23. Oktober kapitulierte. Es standen dann, als schwere Regenfälle weitere Operationen verzögerten, zwei Gruppen der Alliierten unter Eugen bei Alessandria-Frassinetto und unter Victor Amadeus bei Pavia im Westen, während zwei weitere unter dem hessischen Erbprinzen an der Adda und unter Wetzel im Modenesischen mit der Front nach Osten die Gegner im Seraglio beobachteten 303 ). Anfang November erwies es sich, daß man von Paris den zeitweise geplanten und vorbereiteten Wiedereinmarsch in Italien abgeblasen hatte, so daß sich die Verbündeten der völligen Liquidierung der französischspanischen Herrschaft in Oberitalien zuwenden konnten. Mortara fiel am 9. November, die Zitadelle von Tortona wurde am 29. von den Pfälzern Isselbachs und kaiserlichen Truppen unter Bonneval erstürmt, auch das Mitte des Monats umschlossene Casale ergab sich. Wetzel säuberte inzwischen weiter östlich das südliche Poufer, so

Operationen in der Lombardei

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daß sich dort gegen Ende des Jahres nur noch die Zitadelle von Modena und Mirandola in feindlicher Hand befanden, während im Norden gegen die Zitadelle von Mailand mit Rücksicht auf die Stadt vorerst nicht vorgegangen wurde 3 0 4 ). Eine Sorge freilich bereitete noch das Vorhandensein verhältnismäßig starker französisch-spanischer Kräfte um Cremona und Mantua. „Der Medavi", so stellte der Prinz in einem Bericht aus Pavia vom 21. November fest, „hat 38 Bataillone und 40 Schwadronen beisammen, Cremona ist annoch in des Feindes Händen und Mantua dergestalt situiert, daß man selbes ohne 2 oder 3 Corpi nicht schließen und die Kommunikation mit dem Venezianischen und Deutschland benehmen, noch viel weniger aber ersagten Medavi wegen des aller Orten daherum befindlichen vorteilhaften Situs attackieren könne, wenn er nicht selbst sich in eine Aktion einlassen will; also daß obgemeldetes Medavische Corpo mir allezeit eine große Apprehension im Rücken geben und mich nötigen wird, daß ich gegen dasselbe eine rechte Armee werde zurücklassen und midi in drei Teile austeilen müssen, um das Land von einem Einfall allezeit sicher und bedeckt, auch die Kommunikation zu halten" 3 0 5 ). Doch hier ergab sich ein überraschender Ausweg. Ludwig XIV., der seit Ramillies auch im Norden in Bedrängnis geraten war, schien es einstweilen aussichtslos, einen Versuch zur Wiedereroberung Oberitaliens zu machen, alles aber lag ihm daran, sich die dort noch isoliert stehenden Truppen zu erhalten, und so ermächtigte er Vaudemont zu Verhandlungen. Bald nachdem Eugen nach Einrichtung einer Postierung zwischen Adda, Po und Oglio und Austeilung der Quartiere am Abend des 14. Dezember wieder in Mailand eingetroffen war, erschienen dort im Auftrage Vaud&nonts die Generäle Saint-Pater und la Javeli^re, angeblich um wegen Austausches von Gefangenen zu verhandeln, in Wirklichkeit aber um „gänzliche Aufhebung des Krieges in Italien" anzubieten 308 ). Der Prinz ließ sich indessen vorerst auf nichts ein: er dürfe ohne Befehl des Kaisers nichts anhören, der wieder nicht ohne seine Alliierten handeln werde, „zu geschweigen, daß derlei Proposition nicht allein auf das hierstehende feindliche Corpo, sondern auf das ganze Werk ankommen müßte, indem man wohl wisse, daß man gegenwärtigen Krieg nicht wegen Italien, sondern wegen der spanischen Monarchie führe". So reisten die Boten am 22. Dezember unverrichteter Dinge wieder ab, und da der Winter weitere Operationen verbot, wartete

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man beiderseits in den bezogenen Quartieren ab. Doch Anfang Februar 1707 meldeten sich die Gegner wieder: ein Trompeter brachte die Bitte Vaud&nonts nach Mailand, einen Paß für jene beiden Offiziere zu bewilligen, die nunmehr „in einer anderen Kondition abgeschickt" würden 307 ). Eugen fand sich nach anfänglicher Weigerung bereit, den General Wetzel nach Brescia zu schicken, um sie dort zu treffen und ihre Vorschläge anzuhören, da, wie er nach Wien schrieb, „es allzeit gut ist, von des Feindes Intention einige Wissenschaft zu haben, ja zu wünschen, daß sowohl wegen der Entreprise auf Neapel als einer Offensivoperation gegen Frankreich profitabel wäre, wenn man diese Leute aus dem Land bringen und haben könnte". Auf Wetzeis Bericht stimmte er schließlich auch zu, daß die Unterhändler nach Mailand kamen, wo er sie sofort nach ihrer Ankunft „durch eine scala secreta in aller Geheim" zu sich führen ließ. Hier legten sie einen 36 Punkte enthaltenden Entwurf vor, dessen Inhalt im wesentlichen das Angebot der Überlieferung sämtlicher mailändischen Plätze sowie Savoyens und Nizzas gegen freien Abzug der französischen und spanischen Truppen aus Oberitalien enthielt. Von 34 dieser Punkte urteilte der Prinz, sie entsprächen einer „Kapitulation, wie man es mit einer attackierten Festung einzugehen pflegt und allein von dem dependiert, daß man etliche Stücke und Wagen mehr und weniger verwillige". Unannehmbar aber waren zwei Punkte, nach denen dem inzwischen vom Reich in die Acht erklärten Herzog von Mantua und dem Herzog von Mirandola ihre Lande verbleiben und ihre Neutralität anerkannt werden sollte. Im gegnerischen Lager hatte man wohl damit redinen müssen, daß der Kaiser diese Gelegenheit niemals auslassen würde, die H a n d auf das feste Mantua zu legen, und so stellten denn auch die Boten sofort die Nachgiebigkeit ihrer Auftraggeber in Aussicht, zu welchem Zweck freilich eine Reise la Javeli^res nadi Paris für nötig erachtet wurde. Die Verzögerung ließ immerhin noch einmal die Kriegshandlungen aufflammen, indem es in Mailand selbst zu Schießereien um die Zitadelle kam 3 0 8 ). Anfang März aber kam la Javeliere mit der zustimmenden Resolution König Ludwigs zurück, und am 13.März haben er und SaintPater für Frankreich und Spanien und für den Kaiser Graf Daun und der damals zur Unterstützung Eugens bei der Regelung der italienischen Dinge nadi Mailand gekommene Generalkriegskommissar Graf Schlick die wichtige Konvention über die Beendigung

Kapitulation der Franzosen in Oberitalien

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des Kriegs in Oberitalien unterzeichnet 309 ).Wie Schlick einige Wochen später seinem Freunde Saint-Saphorin mitteilte, war alles bis dahin streng geheim gehalten worden: wenn nicht die Indiskretion eines Sekretärs am Vorabend das Gerücht von dem bevorstehenden Abschluß hervorgerufen hätte, wäre auch nicht das Geringste bekannt gewesen bis zu dem Augenblick, da Daun und er die Deputierten der anderen Seite aus dem Kabinett des Prinzen in das Vorzimmer führten. Als am Abend — es war ein Sonntag — der von Victor Amadeus entsandte Mellarede in Mailand ankam, war Eugen in der Oper, doch erfuhr er, daß Daun und Saint-Pater sich bereits auf dem Wege nach Turin befanden, um den Vertrag dem Herzog zur Unterzeichnung vorzulegen 310 ). Am 15. März 1707 haben ihn Vaud&nont in Mantua, Eugen in Mailand, am 16. Victor Amadeus in Turin ratifiziert. Zur gleichen Zeit hatte der Prinz mit der Bekanntgabe der Kapitulation, „vermöge welcher die sämtlichen feindlichen Truppen beider französischen und spanischen Nationen aus den gesamten dermalen innehabenden festen Plätzen völlig ab, mithin aus gedachtem Italien weg- und in Frankreich zurückziehen sollen", den Befehl zur Einstellung der Feindseligkeiten gegeben. Als wichtigsten Erfolg sah er an, daß in diese Räumung sowohl Mantua als auch das zu Spanien gehörende Finale an der ligurisdien Küste eingeschlossen waren, „worauf ich", wie er nach Wien berichtete, „auch meinesorts um so mehreres gedrungen, als ich dem Feind gleich anfänglich klar zu verstehen gegeben habe, daß, ohne beide diese Orte Euer Kaiserlichen Majestät einzuräumen, auch die übrigen in gedachter Kapitulation enthaltenen Artikel nicht werden zu Stand kommen können" 311 ). Abzug und Übernahme erfolgten nach einem bestimmten Plan, der von den Gegnern pünktlich eingehalten wurde, während, wie Eugen dem Reichsvizekanzler Schönborn mitteilte, wie die Mantuaner, so auch die Venezianer über die Ankunft kaiserlicher Truppen in Mantua am 2. April „schlechte Freude" zeigten312). Er selbst war mit Recht von dem Geschehenen hoch befriedigt: „Ich bin", so heißt es in seinem Bericht an den Kaiser vom 24. März, „des alleruntertänigsten Dafürhaltens, daß derlei Exempel wenig zu finden sein werden, wo man von nichts anderem als einem Passeport und simpler Kapitulation über diese Evakuierung mit dem Feind gehandelt hat, ja es wird sich dessen abziehendes Corpo nicht nur auf eine merkliche Weise verringern, sondern auch eine ziemliche Anzahl Rekruten

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Sieg in Italien

Euer Kaiserlichen Majestät hierseitigen Armada und den Alliierten von demselben zuwachsen; zu geschweigen, daß man solchergestalt, nachdem man nun von rückwärts sicher ist, ohne einzige Sorge umso besser offensive wird agieren können. Wohingegen ermeltes feindliches Corpo anderwärts umso weniger zu apprehendieren sein wird, als es in ziemlich schlechtem Stand sich befindet; nichtsdestoweniger aber, wenn es hier geblieben wäre, mich obligiert haben würde, demselben ein konsiderables Corpo allezeit entgegen zu lassen, so die hierseitige Armada nicht wenig würde geschwächt haben" 3 1 3 ). Wenn jemals ein Jahr für Italien und damit auch für Europa reich an militärischen Ereignissen und an sonderbaren Umwandlungen war, so kann man das wahrhaftig von diesem sagen — so hat der große zeitgenössische Historiker Lodovico Muratori zu dem Jahre 1706 vermerkt 314 ). Und wenn er mit Nachdruck auf die Wirkung des großen Sieges von Turin hinwies, so galt seine Bewunderung besonders dem Prinzen Eugen, dem nun in Italien ähnlich wie zwei Jahre zuvor in Deutschland die große Wendung, die Zurückweisung der Franzosen, die Erschütterung der Vorherrschaft einer Macht in Europa, zu danken war. 5. Zum erstenmal seit 1701/02 ist der Prinz nach dem Feldzug von 1706 nicht nach Wien zurückgekehrt. Wohl ist davon verschiedentlich die Rede gewesen. D a erfuhr er selbst schon im Oktober 1706 zu seiner Überraschung, daß sich ausgerechnet der Feldmarschall Graf Heister bereits auf dem Wege nach dem Süden befinde, um während seiner Abwesenheit das Kommando zu übernehmen: schleunigst erhob er Einspruch dagegen, daß ein Mann, von dem „sowohl wegen des Herzogs zu Savoyen als der übrigen Alliierten schädliche Inkonvenienzen zu besorgen sein würden", der zudem „weder das Land kennt, noch sonst von dem hiesigen Statu die geringste Information hat und dahin steht, ob und wie er sich mit ersagtem Land würde komportieren können", nach Italien kam, worauf in der Tat Gegenbefehl ergangen zu sein scheint 315 ). Um die Jahreswende hat er sich dann freilich selbst, wie sich aus seiner Korrespondenz mit Friedrich Karl von Schönborn ergibt, um die Erlaubnis zur Reise an den Hof bemüht, wo, wie er meinte, seine

Mailand und Mantua in kaiserlicher H a n d

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Anwesenheit dringend nötig sei 316 ). Damals haben auch der holländische Ratspensionär Heinsius und Marlborough mit einem Aufenthalt Eugens in Wien gerechnet, von dem der Engländer freilich wünschte, daß er nicht länger als 14 Tage dauerte, „weil seine Anwesenheit in Italien unbedingt nötig sein wird" 3 1 7 ). Selbst mochte er indessen erkennen, daß er vorerst auch für kürzere Zeit nicht abkömmlich war. Einmal galt es, noch den Räumungsvertrag unter Dach und Fach zu bringen, was ja erst im März 1707 erfolgte. Dazu kam aber vor allem die schwierige Aufgabe der Neuordnung Italiens, der Überführung Mailands und auch Mantuas in neue Verhältnisse, deren Gestaltung schwierigste Probleme aufwerfen mußte, der Auseinandersetzung mit den übrigen ober- und mittelitalienischen Staaten, vor allem gerade mit dem Verbündeten und Mitsieger, dem ehrgeizigen und auf reiche Belohnung seiner Standhaftigkeit bedachten Herzog von Savoyen: hierbei die kaiserlichen Interessen zu vertreten, war aber wohl niemand geeigneter, als der mit Victor Amadeus ja nahe verwandte Eugen, der zudem durch den erfolgreichen Feldzug eine einzigartige Autorität und Popularität gewonnen hatte und der zudem wie kaum ein zweiter ebenso die politischen Zusammenhänge wie Land und Leute in Oberitalien kannte. Trotzdem war die Lage, in die er sich gestellt sah, alles andere als einfach und erfreulich. E r war natürlich an die Weisungen von Wien gebunden, und wenn er dort auch in Wratislaw einen festen Rückhalt besaß 3 1 8 ), so war Salms Einfluß doch noch ungebrochen. E r hatte aber auch auf den Habsburger in Spanien Rücksicht zu nehmen, für den man ja offiziell die ehemals spanischen Gebiete und Rechte in Italien beansprucht hatte, während er ja in Wirklichkeit insgeheim vor seiner Abfahrt aus Wien auf die Lombardei zugunsten Österreichs verzichtet hatte. Und er stand weiter den Fürsten und Republiken der Halbinsel gegenüber, die er teils als Lehnsträger des Reichs, teils auf Grund des damals üblichen Kriegsrechts zu Zahlungen und Kontributionen für seine Truppen heranzuziehen hatte, während endlich der savoyische Vetter von ihm als dem Vertreter des Kaisers die Erfüllung der ihm im Bündnis von 1703 gemachten Zusagen auf Abtrennung lombardischer Gebiete forderte und darüber hinaus seinen Einfluß in Norditalien auszudehnen suchte. Es war zunächst der mit Vollmachten und provisorischer Gewalt versehene Feldherr, der sich um all dies kümmern mußte. Hatten

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die Kriegsereignisse manchen Schaden angerichtet, so galt es jetzt, das Land gegen Bedrückung und Exzesse übermütig gewordener Teile der siegreichen Armee zu schützen: darüber kam es zu manchen Auseinandersetzungen mit den seemächtlichen Soldtruppen, Preußen und Hessen, für die er sich von den Geldgebern einen eigenen Kommissar erbat, um dem unverantwortlichen Treiben „die behörige Remedur" entgegenzusetzen, da sonst das ganze Land zugrunde gerichtet würde 319 ). Für Schonung der wiedergewonnenen habsburgischen Gebiete hat er sich schon in einer Denkschrift eingesetzt, die er im November 1706 dem zum mündlichen Vortrag über militärische Lage und Erfordernisse nach Wien entsandten Grafen Daun mit auf den Weg gab: wenn man „mit Rigor" gegen das Land verfahren wolle, werde man nur Schaden davon haben, es sei zudem unbillig, da man „als Freund hereingetreten und dasselbe auf alle Weise kultivieren soll" 320 ). Keine Rücksicht gab es dagegen gegenüber den Mantuanern, soweit sie etwa noch an ihrem Herzog festhielten: von ihm, dem letzten Sproß des Hauses Gonzaga-Nevers, der Anfang 1707 Mantua verließ und sich unbekümmert den Freuden oder vielmehr Ausschweifungen des Karnevals in Venedig hingab, hatte man freilich nicht viel zu besorgen — schon im nächsten Jahr ist er als das Opfer seiner ungesunden Lebensweise gestorben — und seine in dem Herzogtum gebliebene Frau aus lothringischem Geschlecht, die er erst vor kurzem geheiratet hatte, nötigte man nach der Besetzung des Landes, sich in die Schweiz zurückzuziehen 321 ). Viele Mühe und Ärger bereiteten dann wohl jene Verhandlungen über finanzielle Leistungen mit dem Kirchenstaat, Venedig, Genua, Toskana, Parma, Modena und einigen kleineren Herrschaften. Wenn man Venedig glimpflich behandelte, wenn der Prinz auch hinsichtlich der Legation Ferrara wünschte, daß der Kaiser „aller Lamenti von dem Päpstlichen Hof befreit" wäre 322 ), so setzte er dagegen hinter die Forderungen an den mit den Bourbonenmächten verbundenen Herzog von Parma und auch an Florenz und Genua gehörigen Nachdruck: „Ich werde mich an nichts kehren, sondern das Äußerste ergreifen, um Euer Kaiserlichen Majestät allerhöchstes Interesse diesfalls in allweg zu befördern und, was menschenmöglich ist, daranzustrecken, daß a proportione der obhandenen Not auch der Kontributions-Beitrag in schleunige Verläßlichkeit gebracht und, wenn es endlich nicht anders sein könnte, mit Gewalt eingetrieben werde" 323 ). Es ist dann

Schwierige Ordnung in Oberitalien

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meist doch zu Verträgen gekommen, wonach die betreffenden Territorien von Quartieren, Durchzügen, Auflagen usw. gegen Pauschalzahlungen, so von 85 000 Pistolen von Parma und von 150 000 von Toskana, befreit wurden 324 ). Das waren die Geschäfte, die der dem Prinzen beigeordnete Marchese di Prié zu betreiben hatte. Um ihn und sein Vorgehen hat es freilich einen Wirbel von Beschwerden und Kompetenzstreitigkeiten gegeben, der seinen Ausgangspunkt wohl weniger in Italien als in Wien hatte, wo von vornherein Stimmen gegen die Betrauung dieses Italieners mit so wichtigen Aufgaben laut geworden waren. Er hatte als ein Günstling Salms gegolten, aber er war gewiß kein Feind des Prinzen Eugen, während der Generalkriegskommissar Schlick ihm schon deshalb wenig geneigt war, weil er in seiner Beauftragung eine Beeinträchtigung seiner Rechte sah 323 ). Auch der Prinz, der die Kommissariatsgeschäfte wohl lieber ganz in den Händen seines Vertrauensmannes Martini gesehen hätte, ist mit Priés Verhalten zunächst nicht in jeder Beziehung einverstanden gewesen: es fehle ihm, so berichtete er dem Kaiser am 21. November 1706, zwar nicht „an dem Willen und Fleiß, alswie er die abgewichene Campagne über einen besonderen Eifer verspüren lassen, allein diejenige Experienz, so ein derlei oeconomicum militare officium erfordern will, besitzt er nicht, so hingegen in dieser so importanten Charge bei einer Armee großen Nachteil, Schaden und Konfusion nach sich ziehen kann" 326 ). Möglicherweise gestützt auf solche Ausführungen hat dann Schlick seine eigene Sendung nach Italien erreicht, wo ihn Eugen Ende Januar 1707 bei der Rückkehr von einer Reise nach Turin in Mailand antraf. Der Prinz hat im Interesse der Sache versucht, selbst in ein erträgliches Verhältnis zu dem Generalkriegskommissar zu kommen und auch zwischen ihm und Prié zu vermitteln, und beides scheint ihm damals, wie sich auch aus Briefen Schlicks an den ihm befreundeten Saint-Saphorin in der Schweiz ergibt, gelungen zu sein: der Graf, den offenbar doch Eugens militärischer Triumph beeindruckt hatte, versicherte, von dem Prinzen freundlich aufgenommen und ins Vertrauen gezogen worden zu sein, während er seinerseits dies durch Liebenswürdigkeit und genaue Erfüllung der ihm übertragenen Pflichten vergelte327). Wenn er auch Prié die Hand zur Versöhnung bot, so ist es zu Eugens Mißvergnügen doch immer wieder zu „Pikanterien" zwischen ihnen gekommen 328 ), und im Grunde blieb auch sein Ver-

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hältnis zu dem Hofkriegsratspräsidenten und Oberbefehlshaber kühl 329 ). Schon bei diesem Handel um Person und Stellung Priés hat das seit dem gemeinsamen Sieg sich rasch zuspitzende Verhältnis zwischen Wien und Turin eine Rolle gespielt: der Marchese stammte ja aus Piémont, und wenn seine Gegner ihm vorwarfen, im Grunde mehr die Geschäfte seines früheren als seines jetzigen Herrn zu besorgen, so war Victor Amadeus über diese ihm zu Ohren kommenden Behauptungen seinerseits entrüstet: Eugen meinte denn auch im November 1706, daß eine Abberufung Priés „ohne höchsten Disgusto des Herzogs von Savoyen" nicht geschehen könnte. Aber dies wie auch Reibungen, die sich sofort nach dem Sieg über Ansprüche des Herzogs auf die gesamte erbeutete Artillerie und hinsichtlich der Winterquartiere ergaben 331 ), waren nur Symptome für eine Gegnerschaft, die aus den verschiedenen Auffassungen der beiden Alliierten über die Gestaltung der politisch-territorialen Verhältnisse in den ehemals spanischen und mantuanischen Teilen Oberitaliens erwuchs. Von Victor Amadeus hat der englische Diplomat Hill schon 1699 einmal gesagt, er sei weder mit einer französischen noch mit einer österreichischen Herrschaft in Mailand einverstanden, lieber sähe er wohl noch dort die Türken, im Grunde aber gehe sein Streben danach, sich die Lombardei selbst zu erringen331). Daß dem ehrgeizigen Savoyer solche Gedanken in der Tat nicht fern lagen, darüber kann kein Zweifel sein, und wenn er auch Realpolitiker genug war, um zu erkennen, daß der Gewinn des ganzen Stato di Milano ihm weder von den Bourbonen noch von den Habsburgern gegönnt würde und daß ihm gegen das Obergewicht dieser oder jener Macht auch das Wohlwollen der von ihm eifrig umworbenen Seemächte hierzu nicht verhelfen konnte, so war er doch entschlossen, jede Möglichkeit auszunutzen, um wenigstens sein Staatsgebiet, soweit es nur zu erreichen war, nach Osten auszudehnen und zugleich sich Einfluß auf das Nachbarterritorium zu verschaffen. Schließlich hatte er ja nicht umsonst im Jahre 1703 die Front gewechselt: zum mindesten das, was ihm damals der Kaiser insgeheim als Gewinn unter Garantie der Seemächte zugesagt hatte, mußte ihm nun zufallen, wenn vielleicht vor dem endgültigen Friedensschluß noch nicht zu voller Souveränität, so doch provisorisch mit allen Einkünften. Da war von dem Teil des Montferrat, der sich im Besitz des Herzogs von Mantua befunden

Ansprüche Victor Amadeus*

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hatte, von den Provinzen von Alessandria und Valenza mit allem Land zwischen Po und Tanaro und von der Lumellina und dem Tal von Sesia die Rede gewesen, also von Gebieten, deren Trennung von Mailand eine erhebliche Amputation bedeuten und in der Lombardei die dafür Verantwortlichen, also die Habsburger in Österreich und Spanien, diskreditieren mußte. In Turin mochte man darüber hinaus an die Übertragung der Statthalterschaft in Mailand an Victor Amadeus denken, die dann eine Etappe zu dem letzten Ziel der Vereinigung der ganzen Lombardei mit Piemont werden mochte 332 ). Den zu erwartenden Widerstand der Habsburger hoffte er mit Hilfe der Seemächte erschüttern zu können. In der T a t ist denn auch Marlborough schon seit Oktober 1706 nicht müde geworden, in seiner Korrespondenz mit Wratislaw auf die Notwendigkeit hinzuweisen, bei der Regelung der Mailänder Dinge auf die Wünsche des Herzogs Rücksicht zu nehmen und ihn so zu ermutigen, damit er weiterhin alle seine Kräfte gegen Frankreich aufbiete 3 3 3 ). In Wien ist es wohl gerade Wratislaw gewesen, der als besten Gegenzug gegen zu weit gehende und für die erstrebte österreichische Vormacht in Italien zu gefährliche Forderungen des Savoyers die schleunige Betrauung von dessen eigenem Vetter mit dem mailändischen Generalgouvernement betrieben hat. Er war dabei allerdings auf die von dem Obristhofmeister unterstützten Wünsche der K a i serin Wilhelmine Amalie gestoßen, die das Amt einem Dritten zugedacht hatte, nämlich dem mit ihrer Schwester vermählten Herzog Rinaldo von Modena. Wenn der Kaiser wohl zeitweise schwankte, so war sein Bruder Karl, der damals von Barcelona aus einen Teil des eigentlichen Spanien beherrschte, dagegen sofort bereit, der ihm von Wratislaw vorgetragenen Lösung zuzustimmen: gemäß seiner geheimen Verpflichtung erkannte er zwar dem Kaiser die Verfügungsgewalt über die Lombardei zu, es galt aber vor allem den argwöhnischen Seemächten gegenüber den Schein zu wahren, als ob das nunmehr den Franzosen entrissene Land einen Teil seiner Monarchie ausmache, und so mußte auch er das Patent für den Statthalter ausstellen 334 ). Schließlich hat sich auch in Wien gegen Ende des Jahres 1706 Wratislaws Meinung durchgesetzt, daß man nur durch die Betrauung Eugens sowohl die Basis für eine Verständigung mit Victor Amadeus finden als auch das Mißtrauen in London und im Haag beschwichtigen konnte: dem stimmte auch

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der anfangs wohl auf Grund seiner guten Beziehungen zu den kaiserlichen Damen für die modenesische Lösung eintretende Herzog von Moles zu, der, vom Kaiser zu seinem Botschafter bei dem Bruder in Spanien ausersehen, sich im November zunächst nach Italien begab und dort in Pavia mit Eugen zusammentraf 335 ). Vielleicht hat der Prinz erst durch ihn von seiner bevorstehenden Ernennung erfahren, die ihm dann durch das Eintreffen eines von König Karl in Barcelona ausgestellten Patents bestätigt wurde. Wenn wir den Worten Glauben schenken dürfen, mit denen er am 29. Dezember 1706 dem kaiserlichen Botschafter in London auf dessen Mitteilungen über in England verbreitete Gerüchte und Äußerungen der dortigen savoyischen Gesandten antwortete, so war er selbst von dieser Berufung trotz der damit verbundenen Erhöhung von Rang und Einkünften nicht allzu erfreut: er habe, so behauptete er, das Patent, das er nicht verlangt habe, nicht akzeptiert, gedenke auch nicht, „allhier zu verbleiben". Freilich war er offenbar noch weniger für die Erfüllung der Turiner Wünsche: er müsse, so heißt es in dem Schreiben an Gallas weiter, „ob ich schon von diesem Hause bin", aus Pflicht und Schuldigkeit gegenüber dem Kaiser »ganz frei heraussagen", daß der Herzog „die Seepotenzen darum umsomehr zu gewinnen suche, weil er auf das hiesige Gouvernement seinen Antrag macht und selbiges gern haben möchte" 336 ). Gerade um dies zu verhindern, mag er sich verpflichtet gefühlt haben, selbst das Amt anzunehmen. Aber mußten ihn nicht doch Familiensinn und das Gefühl der Verpflichtung gegenüber dem Chef des Hauses, bei dem er in jungen Jahren Rückhalt und Förderung gesucht und gefunden hatte, dazu führen, der Ausdehnung der savoyischen Macht seine Hilfe zuteil werden zu lassen? Daß er für die Interessen seiner Familie nichts übrig gehabt hätte, wird man auch für diese Zeit gewiß nicht sagen können. Damals war die Frage einer Heirat des jüngeren Habsburgers in Spanien akut geworden, und neben der Prinzessin Elisabeth Christine von Braunschweig-Wolfenbüttel, die Karl dann wirklich heiratete, war eine der beiden Töchter von Eugens Onkel Emanuel Philibert von Carignan in Aussicht genommen worden: der Prinz, so unterrichtete Wratislaw den König-Erzherzog am 16. März 1707, würde „diese seine Nièce gern auf dem spanischen Thron sehen", was den böhmischen Grafen übrigens trotz seiner engen Freundschaft mit ihm nicht hinderte, dies Projekt entschieden

Eugen Generalgouverneur des Stato di Milano

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zu bekämpfen und zu Fall zu bringen 337 ). Wir können auch feststellen, daß Eugen im gleichen Jahre Ansprüche, die jener Oheim auf das zur oranischen Erbschaft gehörende Neufchätel in der Sdiweiz erhob und gegenüber dem preußischen König — vergeblich — verfocht, mit Nachdruck unterstützt hat 338 ). Aber wenn er schon 1695/96 nicht bereit gewesen war, den Wegen seines Vetters zu folgen, falls daraus Nachteile für Österreich entstanden, so war nunmehr erst recht nicht mehr daran zu denken, daß der Mann, der zu einem der ersten Paladine des Kaisers geworden war, für savoyische Interessen eintrat, wenn sie zu denen des Kaiserstaats in Widerspruch standen. Vertrauen und Freundschaft zu dem Herzog, die damals schwer erschüttert worden waren, hatten auch durch jene Stunden auf der Superga-Höhe und im Schlachtgetümmel vor Turin nicht voll wiederhergestellt werden können, und wenn der Prinz dann gewiß auch bestrebt war, den Herzog von seiner Loyalität auch gegenüber seinem Hause und dessen berechtigten Anforderungen zu überzeugen, so identifizierte er sich doch ganz mit dem österreichischen Programm, nach dem jener nicht zu mächtig werden durfte und die eigene Stellung südlich der Alpen so stark als möglich ausgebaut werden sollte. Es blieb gewiß, wollte man sich nicht sowohl Savoyen als auch die Seemächte entfremden, nichts anderes übrig, als ihnen zu zeigen, daß man den Vertrag von 1703 erfüllen wolle, und der Prinz war, wie er dem Kaiser Mitte Dezember 1706 schrieb, bereit, „alles dasjenige zu tun, was immer zu Vermittlung und einem Temperament solchergestalt gefunden werden möge, damit einesteils, und zwar vor allem, der intendierende Zweck des gemeinen Wesens Besten erreicht, andernteils aber der Herzog mit Fug sich zu beschweren keine Ursache haben möge" 339 ). Zugleich aber hielt er es für nötig, daß ein Ersatz für die nun einmal nicht zu umgehenden Abtretungen gefunden wurde: „in höchstem Geheim" bat er am 23. Februar 1707 den Kaiser, zu erwägen, „wie man durch Beibringung eines anderen Stückes Landes diesen Statum hinwiederum erweitern und wo nicht in Totum, wenigstens zum Teil ersetzen könnte, was durch obbemelten Traktat demselben entgehen tut". Die kleinen Territorien von Guastalla und von Mirandola mochten da in Frage kommen — scharf sprach er sich gegen die Einräumung Mirandolas an den Herzog von Modena trotz dessen enger Verbindung mit der kaiserlichen Familie aus — vor allem aber wies er seit Anfang

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Sieg ia Italien

März immer wieder auf die hohe militärische Bedeutung von Mantua hin: „Denn niemand besser als ich wissen kann, was für Beschwerlichkeit sei, den Krieg in Italien zu führen, wenn gedachtes Mantua nicht in Euer Kaiserlicher Majestät Händen und auch sonst keine freie Kommunication mit Mailand zu haben ist, wenn man nicht den freien und sicheren Paß durch Mantua offen hat" 340 ). Erneut hat er nach Abschluß des Räumungsvertrags, als dessen wichtigstes Stück ihm die Auslieferung jener Festung erschien, in Wien die Forderung gestellt, daß „Eure Kaiserliche Majestät davon umsomehr in beständiger Possession zu bleiben, sodann aber dieses Land dem Stato di Milano einzuverleiben hätten, als hierdurch Dieselbe einesteils allezeit Meister von Italien, andernteils aber nicht möglich sein würde, nach der beschehenen Zergliederung zur Unterbringung der Truppen Raum und Platz zu haben"; es müßte freilich, so fügte er hinzu, dies „dermaßen in der Stille geschehen, daß die welschen Fürsten vor der Zeit hiervon keine Luft bekommen möchten". Ebenso hat er dann König Karl voll Befriedigung darauf hingewiesen, daß nun Mantua, „so der Schlüssel von ganz Welschland und ohne welches man niemals Meister von Italien gewesen wäre", in kaiserlicher Gewalt sei341). Es niemals mehr herauszugeben, war sein fester Wille. Die Verhandlungen mit Victor Amadeus, der sofort nach dem Einzug der Verbündeten in Mailand seinen Wechsel präsentiert und sich durch Vorstellungen über mögliche Unruhen in dem damals ja teilweise noch in französischer H a n d befindlichen Land nur kurze Zeit hatte beschwichtigen lassen, hätte der Prinz wohl lieber von einem Diplomaten geführt gesehen. Auf sein Drängen erschien auch im November 1706 als Nachfolger des im Vorjahr gestorbenen kaiserlichen Gesandten in Turin, Grafen Auersperg, Graf Castelbarco in Italien 342 ). Da aber im Mittelpunkt der Auseinandersetzungen die Frage der Huldigung der Bevölkerung und die militärische Einräumung der von ihm beanspruchten Plätze an den Herzog standen, hielt dieser sich an den Oberbefehlshaber. Eugen hat zunächst darauf zu bestehen gesucht, daß die Übergabe der westlichen Randgebiete der Lombardei an den Nachbarn erst erfolgen und damit bekannt werden durfte, wenn das ganze Land vom Feind geräumt war, doch gegen diese Verzögerungstaktik erhob der Herzog scharfen Protest, von dem er auch nicht abging, als der Prinz Mitte Januar persönlich nach Turin kam. Sein Auf-

Verhandlungen mit Victor Amadeus

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enthalt dort brachte eher eine Verschärfung als eine Verminderung der Spannung: beim Abschied erklärte Victor Amadeus schroff, daß die Huldigung der Bevölkerung für den spanischen Habsburger gekoppelt werden müsse mit der Zedierung der ihm zustehenden Orte, andernfalls er öffentlich protestieren werde, und dem nach Mailand zurückgekehrten Vetter sandte er in den ersten Tagen des Februar Schreiben auf Schreiben nach, in denen sich Appelle an seine Freundschaft mit mißtrauischen Fragen nach den eigentlichen Gründen seiner Halsstarrigkeit und drohenden Hinweisen auf Einschreiten der Seemächte und böse Folgen der Nichterfüllung des Vertrags für den Kaiser verbanden 3 4 3 ). Schritt für Schritt wich nun der Prinz zurück. A m 16. Februar schlug er vor, mit der Einräumung von Alessandria den Anfang zu machen, wobei, um das V o l k noch im unklaren zu lassen, als Grund für den Abzug der dort liegenden kaiserlichen Truppen ihr Einsatz gegen das noch vom Feinde besetzte Mailänder Kastell angegeben werden sollte 3 4 4 ). Im L a u f e des Februar und M ä r z 1707 haben dann in Mailand Verhandlungen mit dem Intendanten Mellarede und dem Conte di Vernone als Bevollmächtigten Savoyens stattgefunden, als deren Ergebnis dann die Überantwortung von Alessandria, Mortara und einiger anderer in dem Vertrag von 1703 angegebener Landstriche an die piemontesischen Soldaten und Beamten erfolgte und hinsichtlich der übrigen von kaiserlicher Seite die feste Zusage gegeben wurde, sie oder, falls dabei aus staats- oder lehnsreditlichen Gründen Schwierigkeiten entstehen sollten, ein Äquivalent dem Herzog zu verschaffen, worüber der Abschluß eines neuen umfassenden Vertrages vorgesehen wurde 3 4 5 ). Zufrieden war Victor Amadeus verständlicherweise damit noch keineswegs, während auf der anderen Seite Eugen in seinen Berichten nach Wien und in seinen Mitteilungen an Graf Gallas in London sich immer wieder unmutig über den Vetter äußerte, der „sich mit nichts begnügen, sondern von einem zu dem anderen schreiten" wolle und „jedesmal einen Prätext zu lamentieren finden" werde 3 4 6 ). Er war zwar der Meinung, daß man „die Exekution des Traktats heilig halten und auch wirklich vornehmen lassen" müsse, dabei warnte er aber vor einer weiteren Machtstärkung und den ehrgeizigen Absichten des H e r zogs, dessen scharfe Überwachung unbedingt geboten sei 347 ). Mit dem Abzug der französischen Truppen und der vorläufigen Verständigung mit Savoyen war der Weg frei geworden für die 12 Braubach, Prinz Eugen

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Sieg in Italien

feierliche Einsetzung Eugens als Generalgouverneur und die Entgegennahme der Huldigung des Volkes von Mailand für König Karl III. von Spanien, als dessen Vertreter er ja vor der Welt erscheinen sollte. „Es ist endlich", so heißt es recht nüchtern in des Prinzen Bericht an den Kaiser vom 20. April 1707, „den 16. dieses die Huldigung und Übernehmung des Juraments von dem hiesigen Staat mit den gewöhnlichen Ceremoniis vor sich gegangen und dabei nicht nur alles ruhig und ohne Konfusion abgelaufen, sondern auch von dem Pöbel eine besondere Freudensbezeigung verspürt worden" 848 ). Es war immerhin dieser 16. April 1707 nicht nur für Mailand ein Festtag, dessen Szenen auch im Bilde festgehalten wurden, sondern auch ein Höhepunkt in der Laufbahn Eugens, der hoch zu Pferd, umgeben von der Generalität, in einem von Herolden eröffneten Zug von dem herzoglichen Palast durch die reich mit Teppichen und Blumen geschmückten Straßen zunächst vom Herzogspalast zur Porta Romana ritt, wo ihm der Marchese Castiglione die Schlüssel der Stadt überreichte und er nach einer Begrüßungsrede des Marchese Pirro Visconti durch Ausstreuen von ihm in zwei Gefäßen gereiditer Erde und Wasser symbolisch von dem Staat Besitz ergriff, sodann in einer sechsspännigen Karosse zum Dome fuhr, wo der Erzbischof Kardinal Archinto das Amt mit Tedeum hielt 349 ). Ein glänzendes Festmahl im Schloß beendete die Feier, während draußen das Volk sich belustigen konnte: es war der anscheinend freundliche und freudige Beginn der österreidiischen Herrschaft über die Lombardei, die fast anderthalb Jahrhunderte Bestand haben und der Bevölkerung manchen Fortschritt, aber noch weit mehr Leid bringen sollte. An diesem Anfang stand freilich der beste Wille des ersten Generalgouverneurs, das Interesse Habsburgs und Österreichs mit dem der Italiener des Landes in Einklang zu bringen 350 ). Einheimische Adelige berief er an die Spitze der Verwaltung, den Marchese Pirro Visconti als Kanzler und den Marchese Clerici als Präsident des Magistrate ordinario 351 ). Die Doppelabhängigkeit von den beiden habsburgischen Brüdern, die fiktive von Karl und die faktische von Joseph, brachte manche Schwierigkeiten und Mehrarbeit mit sich: schon am 8. April versprach er auch dem ersten, „demnächst in spanischer Sprache über hiesiges Land eine vollkommene Relation in aller Untertänigkeit einzusenden" 352 ), und den Kaiser mußte er am 20. April darauf aufmerksam machen, daß nach Herkommen und Gebrauch hohe und geringe

Eugen in Mailand

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Chargen nicht ohne Approbation Seiner Katholischen Majestät besetzt werden konnten 3 5 3 ). So mußten die Berichte sowohl nach Wien als auch nach Barcelona gehen, und oft kamen zwiespältige Entscheidungen zurück. Beamtenbestätigung oder -auswechslung je nach ihrem Verhalten seit der Besitzergreifung durch den Bourbonen hat manches böse Blut geschaffen, und es gab auch Anhänger der Habsburger, die mit der Auswahl der Minister und den personellen Entscheidungen der neuen Regierung nicht einverstanden waren und bei Kaiser oder König Beschwerde führten. Wenn freilich ein Graf Moncastel sich nicht nur über mangelnde Berücksichtigung seiner Person und seiner Familie bei dem Grafen Tarino beklagte, sondern auch dem Prinzen vorwarf, sich zu sehr auf subalterne Berater zu verlassen, so hat Eugen dies als völlig unbegründet zurückgewiesen und darüber hinaus stolze Worte über die Leistung des Regimes in den ersten Monaten gefunden: „Überall, wo ich kommandiere, bekümmere ich mich persönlich um Gutes und Böses und ich bin nicht der Mann, jeden nach seiner Phantasie handeln zu lassen; man mag sagen, was man will, ich könnte leicht nachweisen, daß niemals der Staat von Mailand besser, mit weniger Leidenschaft und Interesse regiert worden ist und daß alles, was früher die Gouverneure und andere f ü r sich nahmen, nunmehr zum Dienst des H e r r n verwandt wird". Er fügte noch hinzu, daß er ohne Eigennutz spreche, da er nicht die Absicht habe, in Mailand zu bleiben 354 ). H a t er wirklich seine Bestellung zum Generalgouverneur nur als eine Übergangslösung angesehen? Das stand jedenfalls von vornherein fest, daß er für seine Person nur f ü r kurze Zeit in der Lombardei bleiben und auch in Zukunft höchstens sporadisch dort erscheinen konnte. U n d was bereits in jenem Frühjahr von 1707 seine Wirksamkeit als Regierungschef betraf, so war er schon deshalb genötigt, sich weitgehend auf die von ihm ausgewählten Minister zu verlassen, weil seine Haupttätigkeit der Vorbereitung des neuen Feldzugs gelten mußte. War nach den Siegen in Deutschland und Italien nun nicht die Zeit gekommen, den Angriff auf Frankreich selbst zu richten? Solange aber der Krieg, der ja auch auf anderen Schauplätzen des europäischen Theaters noch nicht entschieden war, dauerte, würde man den Feldherrn da einsetzen, wo er sein eigentliches Metier ausüben und gemäß seinen Fähigkeiten am besten f ü r den Kaiser und die Allianz wirken konnte. 12*

Siebentes Kapitel ANGRIFF GEGEN FRANKREICH

Die Titel, die der Prinz Eugen seinem Namen anfügen konnte, hatten sich im Laufe der Zeit ständig vermehrt. Dabei waren sie — mit Ausnahme des „Ritters des Ordens vom Goldenen Vließ", der ihm übrigens von dem sich als neues Haupt des Ordens fühlenden bourbonischen König in Spanien aberkannt wurde — keineswegs reine Ehrenbezeichnungen, sondern jede neue Würde führte ihm Arbeit und Verantwortung zu. Als Oberst seines Dragonerregiments hatte er für dessen Unterhaltung, Ausrüstung und Auffüllung zu sorgen, als kaiserlicher Feldmarschall übernahm er gemäß dem Willen seines Herrn die Führung von Armeen auf diesem oder jenem Kriegsschauplatz, als Präsident des Hofkriegsrats war ihm die Leitung des gesamten Kriegswesens im Kaiserstaat anvertraut, während er zugleich als einer der ersten Geheimen Räte dem Habsburger in Wien auch in der großen Politik zur Seite stehen sollte, und nun bekleidete er auch noch das Amt des Generalgouverneurs im Stato di Milano, der für die Welt noch als Teil der spanischen Monarchie galt. Aber damit sollte es noch nicht genug sein. Am 4. Januar 1707 starb in seinem Schlosse in Rastatt der Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden, kaiserlicher Generalleutnant und katholischer Reichsfeldmarschall. Mißerfolge und Mißtrauen hatten die letzten Jahre des Mannes, der einst als der „Türkenlouis" gefeiert worden und der dem jungen savoyischen Vetter lange Zeit Förderer und Vorbild gewesen war, umdüstert, niemand war mehr mit ihm zufrieden gewesen, man verdächtigte ihn gar, in seiner Verbitterung über mangelnde Unterstützung und Anerkennung seitens des Kaiserhofes ein doppeltes Spiel zu treiben, und hatte schließlich in der Tat die Befehle für die Kriegführung am Oberrhein nicht mehr ihm, sondern dem Feldmarschall Thüngen zugehen lassen1). Daß der faktischen Kaltstellung kränkende Absetzung folgte, war nun durch seinen Tod verhindert worden, der den Weg frei machte für eine Neuordnung in den Kommandoverhältnissen des Kaiserstaates und zugleich im Reidi — für einen neuen Mann: wen anders aber konnte man sich als Generalleutnant und als Feldmarschall des Reiches, neben dem wenig angesehenen Markgrafen Christian Ernst von Brandenburg-Bayreuth als protestan-

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Angriff gegen Frankreich

tischen Partner in diesem paritätisch zu besetzenden Amt, noch vorstellen als den Sieger von Höchstädt und Turin? Zwar in Wien hat man gezögert, die seit dem Tode Montecuccolis nicht mehr erfolgte Zusammenlegung von Präsidium des Kriegsrates mit der höchsten Feldherrnwürde in einer Hand wiederherzustellen: sie schien angesichts dieses Anwärters wohl unvermeidbar, aber man nahm sich Zeit. Um so eiliger hatte man es dagegen im Reich, wo schon im November 1706, also noch zu Lebzeiten Ludwig Wilhelms, bei einem Bankett des kaiserlichen Prinzipalkommissars in Regensburg die künftige Wahl des Prinzen verabredet worden war: so konnte denn wenige Wochen nach des Markgrafen Tod der preußische Reichstagsgesandte nach Berlin melden, daß, wie alle katholischen, so auch alle evangelischen Reichsstände für den Prinzen Eugenium stimmen würden, was durch die erstaunlich schnell erfolgende einstimmige Wahl am 21. Februar 1707 bestätigt wurde 2 ). Natürlich billigte das Reichsoberhaupt diesen Beschluß, der doch, wenn man ihn ernst nahm, den besten Soldaten, über den das Haus Habsburg verfügte, aus spezifisch österreichischen Aufgaben hätte herausführen können. Doch der Kaiser wußte, daß der nicht aus Deutschland stammende Prinz, anders als der Reichsfürst, der sein Vorgänger war, sich immer in erster Linie als der Vasall und Paladin der Casa d'Austria fühlen würde, wie es denn auch der neue Reichsfeldmarschall in seinem Dankschreiben an ihn sofort nachdrücklich bekräftigte: „Euer Kaiserlichen Majestät sage hiernächst den alleruntertänigsten Dank, daß Sie nach der Reidisversammlung Vorschlag Dero allergnädigste Einwilligung zum Reichsfeldmarschall zu erteilen aus angeborener Kiemenz allergnädigst geruhen wollen, wobei Euer Kaiserlichen Majestät nochmal allergehorsamst wiederhole, daß ich diese Allerhöchste Gnade nicht anders, als wie weit es Dieselbe für Dero Dienst selbst allergnädigst befinden würden, anzunehmen gedacht gewesen sei. Und submittiere mich schließlich als der alleruntertänigste, wo Euer Kaiserliche Majestät sich meiner Person zu gebrauchen allergnädigst geruhen wollen" 3 ). Von allen Seiten sind bei ihm die Glückwünsche zu dieser neuen Erhöhung eingetroffen, sie kamen von einem „Reicher" wie Schönborn ebenso wie von einem „Europäer" wie Marlborough 4 ). Aber wohin würde er sich nun wenden, welche der ihm übertragenen Würden und Aufgaben würde seine weiteren Schritte bestimmen?

Eugen Reidisfeldmarschall

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Von der „bella gloria del Principe Eugenio" hat damals der Wiener Botschafter Venedigs gesprochen, die dazu führte, daß man ihn allenthalben mit Ungeduld anfordere und erwarte. Er selbst unterwarf sich der Entscheidung seines Herrn. Aber was er wünschte, war gewiß das Handeln an entscheidender Stelle, dort, wo man den großen Krieg siegreich beenden konnte: im Angriff auf Frankreich. Zu welchem Zweck? Jene Relation Dolfinos, die an ihm die Verbindung großer Tapferkeit mit weiser Mäßigung rühmt, schließt mit einer bemerkenswerten Behauptung über diesen Krieger: „L'ultimo pensiero e la pace" 5 ). 1. Die Entscheidung, wo man seiner am dringendsten bedurfte, hing von der allgemeinen Kriegslage ab. Das Jahr 1706 hatte für die Haager Allianz an zwei Stellen große Erfolge gebracht, in Oberitalien und in den Niederlanden, wo Marlborough nach seinem Sieg bei Ramillies am 23. Mai sich in den Besitz eines Teiles von Brabant und Flandern mit Brüssel und Antwerpen und den Festungen Ostende, Menin, Dendermonde und Ath gesetzt hatte. Zeitweise hatte es auch geschienen, als ob sich der Habsburger in Spanien durchsetzen würde: nach der tapferen Verteidigung Barcelonas war ihm fast ganz Aragon zugefallen, und vom Westen her hatte ein portugiesisch-seemächtliches Heer sogar Madrid erreicht. Doch hier war die Lage wieder umgeschlagen, Kastilien hielt an dem Bourbonen fest, eine Vereinigung der Ost- und Westgruppe der Verbündeten kam nicht zustande, und die Hauptstadt mußte wieder aufgegeben werden, ja Spanier und Franzosen, an deren Spitze der Marschall Berwick, Sohn des Stuartkönigs Jakob II. und der Schwester Marlboroughs Arabella, stand, wußten ihre Gegner in Bedrängnis zu bringen. Wieder hatte sich an der Reichsfront am Rhein der Krieg ergebnislos dahingeschleppt, von französischer Seite waren drohende Vorbereitungen zum Einfall in Süddeutschland abgebrochen worden, als Marlboroughs Erfolge den Marsch eines Teils der dafür bestimmten Truppen nach Belgien nötig machten, von deutscher Seite war dies indessen nicht ausgenutzt worden: hier waren infolge der Schwäche der bunt zusammengesetzten Reichsarmee Landau und Philippsburg bedroht und feindliche Siege bei einem Übergang über den Rhein nicht ausgeschlossen.

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Angriff gegen Frankreich

Und dies konnte um so gefährlicher werden, als sich infolge der Entwicklung der politischen und militärischen Lage im Osten und Norden die Möglichkeit ergab, daß Kaiser und Reich zwischen zwei Feuer gerieten. In Ungarn hatte man auf Drängen der Seemächte erneut über eine Verständigung verhandelt, es war auch im Mai zur Vereinbarung eines Waffenstillstandes gekommen, aber da man sich über einen Frieden nicht zu einigen vermochte, waren im Juli die Kämpfe wieder aufgenommen worden. Guido Starhemberg, der zum neuen Oberbefehlshaber der kaiserlichen Truppen ernannt worden war, gelang es zwar, das zeitweise von Rak6czi besetzte Gran wieder einzunehmen, doch kam die erstrebte Vereinigung mit Rabutin in Siebenbürgen nicht zustande, und am Ende des Jahres befanden sich erhebliche Teile des Königreichs noch immer in der Hand der Rebellen. Vor allem aber mußte man in Wien das Herübersdilagen des großen Feuers im Norden über die Grenzen des Reichs und der Erblande besorgen. Der junge schwedische König Karl XII. hatte nach siegreicher Abwehr von Dänen und Russen alle seine Kräfte gegen Polen gewandt, wo er dem Wettiner August dem Starken einen polnischen Adeligen, Stanislaus Leszcynski, als König entgegenstellte und schließlich, um August zum Verzicht zu zwingen, im September 1706 den Vormarsch in dessen sächsisches Stammland antrat: hier hat er in Altranstädt sächsischen Unterhändlern einen demütigenden Friedensvertrag diktiert, aber an Abzug schien er noch nicht zu denken. War nicht zu befürchten, daß andere deutsche Fürsten, vor allem Preußen, sich mit ihm verbanden und damit die in den letzten Jahren von den Seemächten mühsam zustande gebrachte Bindung ihrer Kräfte gegen Frankreich aufhoben oder daß Karl selbst sich gegen den Kaiser wandte, dem er Unterdrückung der schlesischen Protestanten vorwarf, sich mit den Ungarn verband und schließlich wohl gar den über den Rhein vorbrechenden Franzosen die Hand reichte? Prinz Eugen hat von Italien aus fortdauernd auch an diesen Vorgängen Anteil genommen, wozu ihn ja schon seine Stellung als Hofkriegsratspräsident verpflichtete. Ungarn ist ihm, wie in den früheren Jahren, eine ständige Quelle der Sorge und Kritik gewesen. Durch Wratislaw und den Hofkriegsrat von Thiel, die im Frühjahr 1706 in Preßburg die Verständigungsverhandlungen geführt hatten, erfuhr er von dem Gang der Dinge. Den Stillstand hatte er gebilligt, die Möglichkeit einer Einigung mit Räkoczi aber

Verwendung Eugens 1707

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wie vordem sehr skeptisch beurteilt und immer wieder gemahnt, „daß man doch dermaleinst die Augen rechtschaffen auf tun und sich endlich in Stand setzen werde, wenn sich die Traktaten hinwiederum zerschlagen sollten, den Rebellen mit Ernst also zuzusetzen, daß, was die Güte nicht verfängt, durch die Gewalt der Waffen geschehen könnte" 6 ). Aber was nützten seine Predigten aus der Ferne, wenn die für die Aufbringung von Menschen und Mittel zuständigen Länder und Behörden, wie er ihnen wieder vorwarf, nicht ihre Pflicht taten. Voll Unmut hat er gegen Ende des Jahres zu Schönborn geäußert, es sei „mehr zu verwundern als zu befremden, daß die Sachen in Ungarn nicht noch übler gehen, als sie wirklich sind", da dies Werk nicht mit dem nötigen Eifer betrieben werde: „Meines Orts habe ich getan, was ich gekonnt, und bereits so viel vorgestellt, daß nicht mehr weiß, was ich diesfalls sagen soll" 7 ). Das Erscheinen der Schweden in Sachsen hat auch ihn erschreckt. Wenn er in dem gleichen Schreiben an Schönborn Zweifel an dem Bestand der Altranstädter Abmachungen äußerte, „indem der König Augustus kapabel ist, dasjenige heute zu brechen, was er gestern versprochen", so hielt er den dann in der Tat im Februar 1707 erfolgenden Beschluß des Kaisers zur Anerkennung Leszcynskis in Polen für zum mindesten verfrüht, nicht wegen des Wettiners, sondern wegen des Zaren von Rußland, „weil man noch nicht weiß, wo man etwa dessen Hilfe vonnöten haben möchte" 8 ). Alle diese Fragen beschäftigten ihn, wenn er aber bei ihrer Behandlung seine Meinung zur Geltung bringen wollte, mußte er seinen ständigen Sitz in Wien nehmen, und manche seiner Freunde mochten das auch wünschen. Zugleich aber forderte man den neuen Reichsfeldmarschall dringend im Reiche an, bat ihn zum erstenmal König Karl, in Spanien an seine Seite zu treten, hielt man dagegen in manchen Kreisen des Wiener Hofes, aber auch in Turin, sein Verbleiben in Italien für unbedingt geboten, und wenn Marlborough im Haag und London gedrängt wurde, seinen Einfluß in Wien einzusetzen, um die Übertragung des Kommandos im Reich an den Prinzen zu erreichen, so war er selbst der Meinung, daß der Freund Italien nicht verlassen dürfe, da dies die für dort gehegten Offensivpläne stören und fatale Folgen für die Gesamtkriegführung haben würde 9 ). Und was dachte Eugen selbst? „Ich meinesorts", so schrieb er am 11. April 1707 an den Kaiser, „wollte wünschen, daß ich mich an allen Orten einfinden könnte, wo es Eurer Kaiserlichen

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Angriff gegen Frankreich

Majestät allerhöchstes Interesse erheischt und idi vermögend wäre, Deroselben allenthalben mit Nutzen meine alleruntertänigsten Dienste leisten zu können" 10 ). Man könne, so meinte zur gleichen Zeit der damals in Mailand weilende Graf Schlick, bei des Prinzen Verschlossenheit nicht sagen, wohin seine persönlichen Wünsche gingen, vielleicht, so fügte er ironisch hinzu, möchte er am liebsten überall kommandieren 11 ). Es gibt indessen in Eugens Korrespondenzen Hinweise, daß er weder an Ungarn, noch an den Rhein, noch an Spanien dachte. Ins Reich, so gab er dem Reichsvizekanzler zu, müsse man einen guten General schicken: „Soviel meine Person belangt, gilt es mir eben gleich, wohin Ihre Kaiserliche Majestät midi werden employieren wollen, maßen ich überall gern hingehe, wo eine Armee vorhanden" 12 ). Eine kampffähige Armee aber fehlte gerade im Reich, und ein geheimer französischer Agent in Wien hatte schon recht, wenn er behauptete, der Savoyer werde sich wohl hüten, dahin zu gehen, wo es so viel verschiedene Fäden zusammenzufassen gelte und man an allem Not leide13). Dem Habsburger in Barcelona hat er geschrieben, daß er für seinen Einsatz in Spanien „verschiedene und solche Diffikultäten vorsehe, welche sich so leichter Dinge nicht werden heben lassen"14). Wenn er dabei auch auf seine Erhebung zum Reichsfeldmarschall hinwies, die ihm nicht gestatte, „noch weiterhin von daraußen abwesend" zu sein, so gibt er dann als Haupthemmnis die Gefährdung der Projekte in Italien an, da die hier zu neuen Operationen bestimmte Armee aus verschiedenen alliierten Truppen zusammengesetzt sei, deren Generäle einem anderen Oberbefehlshaber nicht parieren würden, so daß „viel Konfusionen und andere schädliche Contratempi in meiner Abwesenheit in dem Kommando sich ereignen und mit einem Worte eine rechte Republik sein würde". In der Tat hat er damals wohl für sich nichts anderes angestrebt als das, wozu er dann auch durdi den Kaiser bestimmt wurde, nämlich die Leitung der kriegerischen Operationen von Oberitalien aus, die sich sowohl auf den Sturz der Bourbonenherrschaft auch in Süditalien als auf den Vorstoß in das eigentliche Frankreich beziehen konnten. Sein Verbleiben in Italien mochte um so notwendiger erscheinen, als sich zwischen den Verbündeten über Richtung und Ziele der hier vorzubereitenden und durchzuführenden Aktionen sdiwere Differenzen ergeben hatten. Für die habsburgischen Brüder war es selbstverständlich, daß man nach Mailand nun auch die übrigen

Neapel und Südfrankreich

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Teile des spanischen Erbes auf der Apenninhalbinsel, also Neapel und Sizilien, in den eigenen Besitz brachte. Von der „Impresa" gegen Neapel war, wie wir uns erinnern, schon bei Beginn des Krieges nach Eugens Erfolgen bei Carpi und Chiari die Rede gewesen, und bereits vor dem Sieg bei Turin waren in den Korrespondenzen des südlich des Po vormarschierenden Feldherrn mit Wien und Barcelona baldige Operationen auch gegen Süden erwogen worden 15 ). Nach der Entscheidung in Piemont hat man sich dann ernsthaft der Vorbereitung dieser Unternehmung zugewandt: neben Teilen von Eugens Armee sollten von der kroatischen Adriaküste überzusetzende Formationen des Grenzgeneralats von Karlstadt mitwirken, während man auf der anderen Seite das Erscheinen der seemächtlichen Flotte erhoffte 16 ). Doch da zeigte es sich, daß man in London und im Haag entschieden gegen dieses Projekt war und daß im Gefolge der Seemächte auch der Herzog von Savoyen es ablehnte. Es mag etwas Richtiges an der Vermutung Eugens gewesen sein, daß England und Holland „allezeit ein Stück von der spanischen Monarchie haben möchten, um es dem Duc d'Anjou geben und jedenfalls an der H a n d haben zu können", und daß Victor Amadeus gleichfalls daran dachte, wenigstens das süditalienische Königreich dem mit seiner Tochter vermählten Bourbonen zu belassen17). Sicher aber hat bei dem Widerspruch gegen den kaiserlichen Plan auch die Besorgnis vor einer Zersplitterung der Streitkräfte, vor einer Schwächung der Armee mitgesprochen. Sie sollte vor allem nach dem Wunsch der Engländer in Südfrankreich eindringen und sich der Seefestung Toulon bemächtigen, damit zugleich Ludwig XIV. um sein eigenes Land besorgt und dem Habsburger in Spanien Luft gemacht werde. War dies im Hinblick auf die Entscheidung im gesamten Krieg nicht in der Tat wichtiger als der Zug nach Neapel, der auch nach geglücktem Ausgang Truppen und Mittel binden mußte? Man hätte denken sollen, daß diese Gesichtspunkte auch von dem Prinzen anerkannt und vertreten wurden. War es nur Gehorsam gegen seinen Herrn, der ihm am 5. Januar 1707 den Befehl zur Durchführung des Marsches nach Süden gab18), wenn er sie sich nicht zu eigen machte? Oder haben ihn vielleicht ähnliche Gedanken geleitet, wie sie damals sein Freund Wratislaw dem jüngeren Habsburger entwickelte, daß nämlich der Besitz Süditaliens einmal wichtiger werden konnte, als selbst die Eroberung

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Angriff gegen Frankreich

ganz Spaniens — für den Fall etwa, daß Karl den älteren Bruder beerben sollte: dem Hause, so meinte der kluge Böhme, konveniere eher Italien als Spanien, „besonders da wir ohne Sukzession verbleiben, weil Italien und Deutschland sich miteinander regieren lassen, nicht aber Deutschland und Spanien" 19 ). Bei den engen Beziehungen zwischen den beiden Männern ist es wohl möglich, daß Wratislaw derartige Überlegungen auch Eugen mitgeteilt und dieser sie sich zu eigen gemacht hat 20 ). Jedenfalls hat er, obwohl er sich bei seinem Besuch in Turin im Januar 1707 vollends von der Abneigung der Verbündeten gegen die neapolitanische Expedition überzeugen konnte, diese unter möglichster Geheimhaltung energisch vorbereitet, zugleich freilich in Wien dringend geraten, die Seemächte, von denen ja auch die Beibehaltung der deutschen Soldtruppen abhing, nicht zu „disgustieren" und daher auch dem Angriff auf Toulon zuzustimmen, zumal „dies das einzige Mittel sein wird, die Flotte in dem Mediterraneo zu haben, ohne welche sonst die Impresa von Neapel nicht vorgenommen werden könnte" 21 ). Als dann Marlborough seinen Glückwunsch zu der Feldmarschallwürde des Reichs mit einem Appell an ihn verband, durch Einmarsch in Frankreich sich unsterblichen Ruhm zu erwerben und erst nach Gelingen dieser Operation mühelos Süditalien zu besetzen, hat er dem Freund eröffnet, daß er auf Grund des soeben abgeschlossenen Räumungsvertrags über die Lombardei und Mantua glaube, beide Ziele gleichzeitig anstreben zu können 22 ). Doch von England kam neuerlich ablehnender Bescheid, und ebenso führte der Versuch zu keinem Ergebnis, Victor Amadeus unter Hinweis auf die Verpflichtung, die unter einer tyrannischen Fremdherrschaft leidenden Neapolitaner zu befreien, zur Zustimmung zu bewegen23). Nochmals hat der Prinz darauf von den beiden Habsburgern eine endgültige Entscheidung verlangt, aber während Karl nunmehr der Meinung zuneigte, „daß die Operation von Provence in allweg vorzuziehen, die Neapolitanische aber nicht zu unterlassen, sondern nur in etwas zu differieren sei"24), beharrte der Kaiser auf rascher Eroberung Neapels: Eugen hatte sich gerade nach Turin begeben, um dort während der Osterfeiertage mit dem Herzog über Wege und Märsche für die Westaktion zu beraten, als ihn die Weisung aus Wien erreichte, worauf er sofort nach Mailand zurückkehrte, um die längst eingeleiteten Vorbereitungen zum Abschluß zu bringen 25 ).

Zug Dauns nach Neapel

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Es hatte wohl von vornherein nicht die Absicht bestanden, daß er selbst an dieser Expedition teilnahm. Es galt ja nun auch die Gemüter der Verbündeten zu beruhigen, indem ihrem Plan durch die Zuordnung des Feldherrn, der ihnen wichtiger war als die für den Süden bestimmten Regimenter, doch der Vorrang zuerkannt wurde. Anfangs waren 6 0 0 0 Mann der kaiserlichen Truppen in Italien für den Marsch gegen Neapel für ausreichend gehalten worden, schließlich wurden dazu 9 0 0 0 bis 10 0 0 0 Mann bestimmt, vier Infanterie- und fünf Kavallerieregimenter, deren Führung dem bewährten Verteidiger von Turin, Feldzeugmeister G r a f Daun, anvertraut wurde 2 6 ). Seit Monaten stand der Prinz in Verbindung mit dem Kardinal Grimani, der seit einiger Zeit die Interessen des Kaisers in R o m vertrat: er hatte den Durchmarsch durch den Kirchenstaat vorzubereiten und zugleich die Neapolitaner in ihrer Bereitschaft zum Sturz der Bourbonenherrschaft zu bestärken, in welcher Beziehung freilich Eugen „die Intelligenz nicht also beschaffen" fand, „wie man sich wohl eingebildet, maßen ich diesfalls lauter Generalien, und daß man sich allein auf die Gewogenheit der Gemüter steife, keineswegs aber was Particulares sehe" 2 7 ). Nach Versammlung des Korps brach D a u n am 18. M a i auf, ohne Zwischenfälle ging es durch den Kirchenstaat, am 22. J u n i wurden die Grenzen Neapels erreicht. U n d bei den völlig unzureichenden V e r teidigungsmaßnahmen

der spanischen Regierung konnten

Daun

und der zur Übernahme der Verwaltung bestimmte G r a f Martinitz schon am 7. J u l i in die Hauptstadt am Vesuv einziehen und im Namen Karls I I I . von dem L a n d Besitz ergreifen. Feindliche Besatzungen haben sich noch bis September in Pescara, bis Oktober in G a e t a gehalten. Dagegen unterblieb ein Angriff auf Sizilien 2 8 ). D i e Kunde von dem Abmarsch der kaiserlichen Regimenter nach dem Süden hatte bei den Alliierten der Habsburger zu um so stärkerer Erregung geführt, als sie zusammentraf mit unerwarteten Hiobsposten von anderen Kriegsschauplätzen. A u f der Pyrenäenhalbinsel hatte Marschall Berwick am 25. April 1707 der von Lord G a l w a y befehligten Armee der Verbündeten bei Almansa eine schwere Niederlage beigebracht. D e r als englischer Gesandter in Turin an Hills Stelle getretene J o h n Chetwind war darauf bei Eugen in Mailand erschienen und hatte den Abbruch des Unternehmens gegen Neapel gefordert, was der Prinz mit der Versicherung ablehnte, daß dafür nur acht Bataillone benötigt würden und

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Angriff gegen Frankreidi

man jedenfalls genügend Volk für den Angriff auf Südfrankreich zur Verfügung habe 29 ). Eine Verstimmung kam auch deutlich in einem Schreiben Marlboroughs an ihn zum Ausdruck: „Da das neapolitanische Detachement abmarschiert ist, will ich darüber nichts mehr sagen, aber aus dem Grunde meines Herzens wünsche ich Ihnen einen glücklichen Erfolg in Ihren Plänen für das Eindringen in Frankreich" 30 ). Doch da erhob sich für die Verwirklichung dieser Pläne eine Gefahr durch überraschende Hilferufe aus dem Norden. Ende Mai durchbrach am Oberrhein die französische Armee des Marschalls Villars die Stollhofener Linien und jagte die Reichsarmee auseinander, ihr Vordringen in Süddeutschland aber war um so bedrohlicher, als der schwedische König noch immer in Sachsen stand: was würde werden, wenn er, der auf den Wiener Hof schlecht zu sprechen war, den Franzosen die Hand reichte, wenn sich so Kombinationen ergaben wie im Dreißigjährigen Kriege? Marlborough machte sich, um das drohende Verhängnis zu beschwören, persönlich auf den Weg nach Altranstädt, wo er Karl X I I . unter Appell an seine protestantischen Gefühle von dem Zusammengehen mit Ludwig XIV. zurückzuhalten und zwischen ihm und dem Kaiser zu vermitteln versuchte. An Eugen kam bereits aus Wien die Anfrage, was er bei einem Bruch mit Schweden an Truppen abgeben könne. Er war empört über das Versagen der Reichsarmee und deren unglücklichen Führer, den Markgrafen von Bayreuth: wer, so meinte er, dazu geraten habe, ihm das Kommando zu geben, könne das vor Gott und der Welt nicht verantworten — er war da nicht ganz gerecht, denn wäre er selbst in der Kenntnis der eingerosteten Mängel des deutschen Kriegswesens und in der Sorge, dort „Ehre und Reputation" aufs Spiel zu setzen, gern an seine Stelle getreten 31 )? Vor allem aber konnte ihm nun nichts unerwünschter sein, als weitere Kräfte der Operation gegen die Provence zu entziehen: nachdrücklich stellte er dem Kaiser vor, was für „Geschrei" sich darob erheben würde, daß zudem die Regimenter sämtlich bereits in Bewegung seien und die Herausziehung von Truppen für die Behauptung der habsburgischen Machtstellung in Italien die verhängnisvollsten Folgen haben könnte: „Ich wäre also der alleruntertänigsten und un vorgreif liebsten Meinung, daß lieber alles in der Welt anzukehren, als bei jetzigen Konjunkturen in einen neuen Krieg zu verfallen" 32 ). In der Hoffnung auf einen Erfolg der Mission Marlboroughs, dem Wra-

Graf Wirich

Daun

Graf Siegbert Heister

Vorbereitungen des Angriffs auf Frankreich

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tislaw als kaiserlicher Unterhändler in das Lager von Altranstädt folgte, hat man dann auch von einer Störung der Projekte in Italien abgesehen, und die Proteste der Verbündeten gegen den Zug nach Neapel mußten schwächer werden, als dieser zu raschem Erfolg führte. Aber die Mißerfolge in Spanien und Deutschland und die Zwistigkeiten im eigenen Lager waren, wie G r a f Schlick gegenüber Saint-Saphorin feststellte, ein sehr schlechtes Präludium zu dem Feldzug 3 3 ). Der Generalkriegskommissar, der zuletzt übrigens wieder in scharfen Konflikt mit Prié geraten war, hatte noch, bevor er nadi fast halbjähriger Anwesenheit in Italien nach Wien zurückgekehrt war, für die Beschaffung der nötigen Geldsummen und die Anlage von Magazinen in Piémont Sorge getragen 34 ). Nach den zwischen den beiden savoyischen Vettern getroffenen Verabredungen sollten sich die für den Einfall in Frankreich vorgesehenen Regimenter, zusammen etwa 40 000 Mann Kaiserliche, Preußen, Pfälzer, Gothaer und Piemontesen, in drei Lagern zwischen Saluzzo und Cuneo, bei Rivoli westlich Turin und bei Ivrea sammeln 35 ). Als Oberbefehlshaber galt Victor Amadeus, doch war er wohl in seinen Handlungen und Befehlen von der Zustimmung Eugens abhängig, von dem übrigens vor allem in französischen Agentennachrichten behauptet wurde, daß er auch deswegen in Italien belassen worden sei, um auf alle Schritte des ehrgeizigen Herzogs aufzupassen 36 ). Wichtige Hilfe, die vor allem auch in der Zuführung von Proviant und Kriegsmaterial an die längs der Küste vormarschierende Armee bestehen sollte, erwartete man von der englischen Flotte im Mittelmeer, von der Admirai Norris zu Besprechungen nach Turin gesandt wurde. Hierhin begab sich am 19. Mai auch Eugen, um nach einigen Tagen wieder nach Mailand zurückzukehren, nachdem die Versammlungsbefehle an die Truppen aufgesetzt worden waren 3 7 ). Erst am Abend des 12. Juni hat er endgültig Mailand verlassen, doch ist er dann, ebenso wie Victor Amadeus, noch bis Ende des Monates in Turin geblieben, um den Feind so lange wie möglich über die Richtung des geplanten Vorstoßes im unklaren zu lassen 38 ). Inzwischen waren die Regimenter angewiesen worden, sich zwischen Saluzzo und Cuneo zu konzentrieren, von wo der Marsch über das Gebirge nach Süden in die Grafschaft Nizza führen sollte. D a sich Susa und Perosa noch in französischer Hand befanden und von dort aus Turin bedroht werden konnte, blieb ein Korps unter 13 Braubach, Prinz Eugen

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Angriff gegen Frankreich

dem kaiserlichen Kavalleriegeneral Marchese Visconti zur Deckung Piemonts zurück. Während einige Bataillone zur Täuschung des Gegners im Tal der Aosta gegen den kleinen Sankt Bernhard vordrangen, brach die Hauptmacht am 30. Juni von Busca in Richtung auf den Col di Tenda auf 3 9 ). Eugen, der am 1. Juli in Cuneo eintraf, schloß sich ihr an. Marlborough hatte in einem Schreiben an ihn betont, daß man alle Hoffnung, auch zur Wiederherstellung der mißlichen Lage in Spanien, nun auf seine Energie setze 40 ). Selbst scheint freilich der Prinz mit einem unguten Gefühl an dies Unternehmen gegangen zu sein und dies auch dem Engländer gegenüber angedeutet zu haben, doch meinte dieser zu dem holländischen Ratspensionär, man brauche sich wegen der wenig zuversichtlichen Äußerungen des kaiserlichen Feldherrn nicht zu beunruhigen, denn es gehöre zu seinen guten Eigenschaften, mehr als versprochen zu vollbringen 4 1 ). Diesmal sollte Marlborough indessen mit seinem Optimismus nicht recht behalten. Zunächst zwar kam man gut vorwärts. Unter Strapazen, aber planmäßig, erreichte die Spitzengruppe der Verbündeten, bei der sich Victor Amadeus und Eugen befanden, über den Col di Tenda und die Gebirge zwischen Sospello und Scarcena die Küste vor Nizza, von der aus Verbindung mit der dort angelangten englischen Flotte aufgenommen wurde 42 ). Der Gegner war offensichtlich überrascht; der von Ludwig X I V . mit dem Oberbefehl an der Südostgrenze Frankreichs betraute Marschall Tessi hatte eher mit einem Angriff über Savoyen gegen die Dauphin^ gerechnet, so daß an der Küste nur schwache Kräfte standen, die Nizza räumten und, während Besatzungen in Villafranca und Monaco blieben, sich hinter den Grenzfluß Var zurückzogen und dort eiligst verschanzten. Nachdem die beiden Vettern am 10. Juli die Lage erkundet und sich anschließend mit dem englischen Flottenchef Shovell auf dessen Admiralsschiff über das Zusammenwirken bei der Forcierung des Var besprochen hatten, erfolgte am 11. der durch Geschützfeuer von der See unterstützte Angriff, vor dem die Verteidiger ihre Stellungen räumten und über Cagnes und Grasse bis in die Gegend von Fr£jus zurückwichen. So war man denn auf französischem Boden, doch glaubte man, um die durch die anstrengenden Märsche erschöpften Truppen sich erholen und noch zurückliegende Abteilungen herankommen zu lassen, einige Tage Rast einlegen zu sollen, womit man nun freilich Tesse Zeit gab, seine Streitkräfte in die

Vormarsch gegen Toulon

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Provence zu dirigieren 43 ). Neue Beratungen der Führer bei Shovell am 14. Juli führten zu dem Beschluß, sich nicht mit der Belagerung der von den Franzosen besetzten Seefeste Antibes aufzuhalten, die ebenso wie die im Rücken gelassenen Plätze Villafranca und Monaco durch die Flotte in Schach gehalten werden sollte, und so rasch wie möglich Toulon zu erreichen. Doch bei dem am 15. aus dem Lager von Saint-Laurent am Var angetretenen Marsch gab es Schwierigkeiten und Verzögerungen, nicht durch den Feind, sondern durch Hitze, Klima und schlechte Straßen: nachdem schon bei Cannes am 17. ein Ruhetag eingelegt worden war, mußte nach dem Durchmarsch durch das Esterei-Gebirge bei Fréjus wieder ein längerer Aufenthalt genommen werden, um die Nachzügler und vor allem die Artillerie zu erwarten. Der Gegner hatte auch den weiteren Weg nach Toulon freigegeben, aber schon hörte man, daß Tessè mit 30 Bataillonen bei Grasse eingetroffen sei. Erst am 20. wurde der Weitermarsch angetreten; nachdem am 25. die Vorhut vor der Festung auf heftigen Widerstand gestoßen war, rückte die Armee am Morgen des 26. Juli bei L a Valette in Stellungen vor der Ostfront Toulons ein. Von der rasch erstürmten Höhe von la CroixFaron im Nordosten der Stadt aus gewannen der Herzog und der Prinz einen Einblick in das Terrain und in die von dem Gegner getroffenen Verteidigungsmaßnahmen. Tessè hatte in der T a t die ihm gelassene Zeit ausgenutzt. Hatte er noch zwei Wochen zuvor nach einem ersten Besuch in Toulon gemeint, das sei kein Platz, sondern ein Garten, in dem sich jedoch größte Werte befänden und dessen Verlust nicht wieder gutzumachen wäre 4 4 ), so waren die Befestigungen inzwischen einigermaßen instandgesetzt, starke Kräfte in sie und auf die Höhen um die Stadt verlegt und der Verteidigung durch ein gegen Beschießung und Annäherung gut gedecktes verschanztes Lager zwischen Festung und Gebirge ein fester Rückhalt gegeben worden. Bei dem Prinzen Eugen müssen sich schon während des Vormarsches erhebliche Bedenken geregt haben. D a waren die Stützpunkte des Feindes im Rücken, da war die Möglichkeit, daß Teile der inzwischen herangekommenen französischen Streitkräfte — insgesamt schätzte man deren Stärke auf 80 Bataillone und 40 Schwadronen — während man selbst sich an Toulon verbiß, auf die eigene Anmarschstraße fallen und den weiten Rückweg sperren würden. Schon nach jener Beratung und Entscheidung am Var vom 13*

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Angriff gegen Frankreich

14. Juli hatte er Marlborough geschrieben, man werde zwar alles tun, um das Ziel zu erreichen, aber diese Unternehmung sei überaus gefährlich. Nach den vorgenommenen Erkundungen kam er nun zu der Überzeugung, daß an eine rasche Bezwingung Toulons kaum zu denken war. Eine Anzahl der ihm untergebenen Generäle teilte wohl seine Besorgnisse, aber als er in einem großen Kriegsrat im Lager von La Valette am 28. Juli in Gegenwart Shovells und der im Gefolge des Herzogs mitgezogenen Turiner Gesandten der beiden Seemächte nach ausführlichen Darlegungen über die Stärke der Stellungen des Feindes, die Unsicherheit des Nachschubs und die Gefahren eines langen Verweilens in weit vorgeschobener, ungünstiger Lage vorsichtig die Frage stellte, ob es nicht besser sei, rechtzeitig umzukehren, stieß er auf das schroffe Nein des englischen Admirals, der nach Eugens Bericht an den Kaiser „mit ganz kurzen und starken Worten" erklärte, „daß England und Holland die Unternehmung dieser Impresa absolut haben wollten", und sich weiter auch stark machte, bei wirklich notwendig werdendem Rückzug die gesamte Infanterie auf die Schiffe zu nehmen. Audi bei Victor Amadeus fand der Prinz keine Unterstützung, und selbst mochte er angesichts der vorausgegangenen Auseinandersetzungen „nicht zu stark opponieren, weil man mir widrigens das nach Neapel abgeschickte Detachement immediate vorstoßen und sagen würde, wenn man jetzt diese Truppen bei Händen hätte, daß man sodann zwei Corpi formieren und andurch die Kommunikation sicherstellen könnte, also daß ich bei dieser Beschaffenheit und der Engländer und Holländer so starken Pressiones, ungeachtet ich dennoch mit allem Glimpf die große Beschwerlichkeit fortan vorstelle, nicht völlig dawider zu protestieren vermag" 45 ). Ganz ohne Eindruck sind immerhin schon zu diesem Zeitpunkt seine Ausführungen nicht geblieben: „Wie dies enden wird", so fügte Chetwynd seinem Bericht über den Kriegsrat an Marlborough hinzu, „weiß Gott, aber ich habe guten Grund zu fürchten, daß es nicht zu unserer Zufriedenheit auslaufen wird" 46 ). Der englische Diplomat hat übrigens bei dieser Gelegenheit zwar zu wissen behauptet, daß Eugen von vornherein wenig Neigung für die ganze Expedition gehabt habe, zugleich aber seine unbedingte Zuversicht bekundet, daß er, einmal daran beteiligt, mit der ihm eigenen Kraft handeln werde. Der Prinz hat denn auch in den nächsten Tagen seine Truppen zu energischen Angriffen auf

Kämpfe um Toulon

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feindliche Stellungen eingesetzt, durch deren Bezwingung er die Verteidigung Toulons zu erschüttern hoffte 47 ). Am 29. und 30. Juli haben pfälzische, kaiserliche und gothaische Bataillone die Verschanzungen auf den Höhen von Sainte-Catherine gestürmt, ohne damit freilich jenes französische Lager wirklich in Gefahr zu bringen. Ein von Eugen selbst geleiteter Umfassungsversuch von N o r d westen am 1. August mußte infolge rechtzeitiger Gegenmaßnahmen abgebrochen werden. Es trat dann der Gedanke in den Vordergrund, an der Küste von Osten her sich H a f e n und Stadt zu nähern. Aber wenn es hier auch gelang, Batterien zu errichten und einen Ausfall gegen sie abzuweisen, so blieb der Prinz gegenüber den Aussichten eines Festungskrieges oder eines Bombardements skeptisch. Inzwischen kamen an der Westseite Toulons neue französische Verstärkungen an, und am 15. August gelang es dem Feind in überraschendem Angriff, die Verbündeten unter schweren Verlusten wieder von den Höhen von la Croix-Faron und Sainte Catherine herunterzuwerfen. Zugleich wurde die Verproviantierung der Armee immer schwieriger, vor allem wuchs die Gefahr, daß der Gegner, unterstützt von der Bevölkerung, jede Z u f u h r sperrte und die Rückzugslinie abschnitt. Noch haben, während Victor Amadeus schwankend wurde, die Engländer den immer dringender werdenden Vorstellungen Eugens Widerstand entgegengesetzt: seine Berichte aus diesen Tagen — darunter ein Brief an Wratislaw, den dieser an Marlborough sandte und der uns so erhalten blieb 48 ) — sind voll von bitteren Klagen einmal gegen die englische Admiralität, die, „ob sie schon den Krieg zu Land nicht versteht, dennoch ohne Anhörung einiger Ursache beständig auf ihrer vorigen Meinung beharrt und solchemnach aufs neue wiederholt, um der Belagerung Toulons willen alles auf Glück und Unglück aufzustellen, ungeachtet die pure Unmöglichkeit dessen klar vor Augen liegt", nicht weniger aber gegen den Herzog, der, um sich bei den Engländern lieb Kind zu machen, alle Schuld f ü r die mißliche Lage auf ihn schiebe49). Gegenüber Vorwürfen, die sich nun auch Chetwynd, „welcher ein junger Mensch und im Kriegswesen nicht erfahren ist", zu eigen machte, erklärte Eugen, daß er gewöhnt sei, gemäß den Regeln der Kriegskunst zu handeln, daß jeder um seine Bereitschaft wisse, jedes Risiko auf sich zu nehmen, wenn die geringste Aussicht auf Erfolg bestände, daß er aber nicht aus Neigung zu England zu etwas raten könne, was unmöglich sei.

198

Angriff gegen Frankreich

Schließlich hat man sich doch seinen Argumenten beugen müssen. Es war nur noch eine Demonstration, daß man einige Tage Toulon bombardierte und sich sogar in den Besitz von zwei vorgeschobenen Forts setzte, inzwischen aber traf man Vorbereitungen zur Einschiffung der Kranken und Verwundeten und der Verbringung der schweren Geschütze auf die Flotte, und in der Nacht vom 21. zum 22. August trat die Armee den Rückmarsch nach Westen an. Er verlief reibungsloser, als man befürchtet hatte 50 ). Bei Fréjus wurde Rast eingelegt, während ein vorgeschicktes Detachement das schwierige Fels- und Waldgebiet des Estereis, das es nun wieder zu durchqueren galt, vor feindlichem Zugriff sicherte. Glücklich langten dann alle Abteilungen am Abend des 27. in einem Lager bei Cannes an. Weiter ging es an Antibes vorbei, aus dem ein Ausfall durch Sicherungskräfte abgewehrt wurde, am 30. wurde Saint-Laurent am Var erreicht. Die Nachhut, die nachdrängende feindliche Truppen in Schach gehalten hatte, räumte am 1. September den französischen Boden und rückte in das Lager von Nizza ein, von wo in den nächsten Tagen kolonnenweise der Aufstieg gegen den Col di Tenda begann 51 ). Eugen ist hier geblieben, bis das Gros der Armee in das Gebirge eingetreten und damit vor Angriffen sicher war, um dann zu Pferd die Truppen zu überholen. Am 8. September war er in Savigliano, während der Herzog, der eine andere Route eingeschlagen hatte, sich nach Saluzzo begab 52 ). Vom 11. September an trafen die Regimenter in dem für ihre Sammlung bestimmten Lager zwischen Vigone und Scalenghe östlich Pinerolo ein. Man war glücklich davongekommen, das konnte aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß der erste Angriff auf Frankreich kläglich gescheitert war und man damit mindestens moralisch eine Niederlage erlitten hatte, deren Schuld man sich gegenseitig zumaß. Damals ist die Freundschaft zwischen Eugen und dem Chef seines Hauses wohl endgültig zu Grabe getragen worden. Er sah sich in seiner Ehre gekränkt, weil der Herzog ihn vor den Engländern für den Mißerfolg verantwortlich machte, und er war empört, weil Victor Amadeus auf der einen Seite behauptete, daß der Prinz kein Risiko für seine Truppen auf sich nehmen wolle, und auf der anderen ihm gefährliche und unmögliche Aktionen zumutete. Bei dem während des Rückmarsches bei ihnen eingetroffenen englischen Brigadier Palmes, den Marlborough zwecks Absprache über die weiteren Kriegspläne entsandt hatte, klagten sich die Vet-

Bruch mit Victor Amadeus

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tern gegenseitig an. Schon in Nizza hatte der Herzog, der, nach Eugens Bericht an den Kaiser, selbst „schlechte Lust" zeige, wieder militärische Aufgaben zu übernehmen, von ihm gefordert, sich gegen Susa zu wenden, ein Verlangen, das er dann von Saluzzo aus wiederholte: der Prinz war überzeugt, daß er ihm nur „abermals alles auf den Hals schieben" wolle und „den Alliierten, mir alles überlassen zu haben, sagen und ihnen weismachen könne, als ob man unsrerseits nichts tun wollte" 53 ). Verhandlungen, die er am 11. September mit Victor Amadeus in Saluzzo und in den nächsten Tagen nochmals in dem Lager bei Scalenghe führte, haben dazu geführt, daß er sich doch zu dem Versuch bereit erklärte, dem Feldzug durch die Eroberung von Susa einen einigermaßen rühmlichen Abschluß zu geben, wobei der Herzog aber die volle Verantwortung mittragen und seinerseits mit Teilen der Armee die Deckung der Operation übernehmen sollte54). Noch einmal ist in der Tat der Prinz an der Spitze eines aus Kaiserlichen, Preußen und Hessen bestehenden Korps in den Tälern und Gebirgen erschienen, in denen er schon vor mehr als einem Jahrzehnt gekämpft hatte. Die mangelnde Voraussicht der Franzosen hat ihm diesmal einen vollen Erfolg ermöglicht. Bereits am 17./18. September waren die Truppen aufgebrochen, über Rivaita erreichte man am 19. Avigliana, am folgenden Tage San Giorio, am 21. wurden einige Redouten vor Susa genommen, und in der Nacht erschien eine Deputation der Stadt mit der Nachricht, daß die französische Besatzung sich in die Zitadelle auf der sogenannten Brunetta zurückgezogen habe. Um sie von der Verbindung zur Dauphine abzuschneiden, wurde der General Zum jungen südlich umfassend nach Chaumont an der Dora entsandt. Am 30. September wurde das Fort Catinat auf der Brunetta erstürmt und am 3. Oktober ergab sich die Zitadelle. Mit der Eroberung von Susa fanden die Operationen ihr Ende — es sollte die letzte Kriegstat sein, die Prinz Eugen persönlich auf italienischem Boden geleitet hat. Zwar hat er sich, als er am 7. Oktober in Turin eintraf, neuen Forderungen des Herzogs gegenübergesehen, nunmehr die Franzosen aus den noch von ihnen besetzten Teilen von Savoyen zu verdrängen, was er indessen unter Berufung auf die Erschöpfung der Armee, auf die von den Seemächten verlangte Abzweigung von Kräften nach Spanien und auf das bevorstehende Ablaufen der Subsidienverträge für die deutschen Soldtruppen ablehnen konnte 55 ).

200

Angriff gegen Frankreich

Fast vier Wochen ist er in Turin geblieben: seitdem ist er nicht mehr dorthin gekommen, hat er auch den Vetter, der eine nicht unwichtige Rolle in seinem Leben gespielt hat, nicht wiedergesehen, obwohl beide noch Jahrzehnte gelebt haben. Sie waren sich fremd geworden und standen sich voll Mißtrauen gegenüber, ja es scheint, daß Victor Amadeus, der sich meist „vor der Stadt in den Vignen" aufhielt, einem Zusammensein möglichst aus dem Wege ging. Es waren in der Hauptsache die politischen Gegensätze zwischen dem zielbewußten, rücksichtslosen Förderer der Macht seines Staates und dem kaiserlichen Feldherrn und Generalgouverneur Mailands, die sie gegeneinander Stellung nehmen ließen: vielleicht mochte es dem Prinzen angesichts der unerfreulichen persönlichen Erfahrungen in den letzten Monaten, des „üblen Humors", den ihm der Herzog bei jeder Gelegenheit verspüren ließ, immerhin leichter fallen als vordem, ihm entgegenzutreten und vor ihm mit aller Entschiedenheit zu warnen. Gewiß, schon um der Seemächte willen, mußte man ihn weiter „menagieren", und Eugen ist auch in der Folgezeit immer wieder dafür eingetreten, in Erfüllung der ihm einmal gemachten Zusagen ihn „seiner Prätensionen halber sobald möglich zu kontentieren, damit man ihm, kontinuierlich zu klagen und zu schreien, alle Ursache benehme" 56 ). Andererseits aber riet er in Wien dringend, in Italien „sich vor der Zeit nicht zu entblößen und dadurch den Staat von Mailand einer Gefahr zu exponieren", da das ganze Verhalten des Herzogs erkennen lasse, „wie sehr ihm der Staat von Mailand in die Augen steche und daß er auch dessentwegen alles movieren und zu tentieren unermangeln", ein Abzug von Truppen ihm den Appetit aber nur vergrößern werde 57 ). In diesem Mißtrauen gegen Victor Amadeus, dem er auch zur Last legte, daß er die bisher so guten Beziehungen zwischen Österreich und den Seemächten vergiften und damit die Allianz schwächen oder gar sprengen wollte, war er mit Wien ganz einig, von wo aus Wratislaw, zum Teil wohl auf Grund seiner Berichte, in ausführlichen Darlegungen Marlborough von der Unrechtmäßigkeit der Anklagen des Herzogs und von der Gefahr seiner Umtriebe zu überzeugen suchte58). Von Turin aus hat der Prinz die nötigen Anordnungen für die Postierungen an den Grenzen des französischen Machtbereichs und für die Winterquartiere der ihm unterstellten Truppen getroffen, von denen übrigens ein kaiserliches Regiment und das pfälzische

In Mailand

201

Korps Rehbinder zur Uberführung nach Spanien bestimmt wurden. Nach einer durch heftiges Regenwetter verursachten Verzögerung hat er sich dann am 2. November nach Mailand begeben 59 ). Audi hier gab es manches zu ordnen und auch manchen Ärger, der sich vor allem auf die Einrichtung der Verwaltung in Mantua und Mirándola bezog, die man ja nicht wie Mailand als Teil des spanischen Königreiches behandeln konnte. Sie galten als erledigte Reichslehen, f ü r die der Kaiser als Reichsoberhaupt eine Administration bestimmte: sie wurde nicht Eugen, sondern dem zum Reichskommissar f ü r Italien ernannten, aus Südtiroler Geschlecht stammenden Grafen Johann Baptist Castelbarco, wohl einem älteren Bruder des Gesandten in Turin, übertragen. Er scheint mit dem von dem Prinzen zur Sicherung der finanziellen Erträge nach Mantua abgeordneten Baron Martini rasch in Konflikt gekommen zu sein. Er habe, so hatte Eugen am 18. September an den als Reichs Vizekanzler zuständigen Schönborn geschrieben, gegen die Errichtung des Kommissariats f ü r Castelbarco nichts, da er gewohnt sei, „ohne égard der Personen" nur auf die Beförderung des kaiserlichen Dienstes zu sehen: „Gewiß ist aber, daß jetzt im Mantuanischen solche Confusiones obhanden, daß nötig, rechte Resolutiones zu fassen" 60 ). Wieweit das dann geschehen ist, bleibt fraglich. Aus Turin sprach der Prinz die H o f f n u n g aus, daß nun alles besser werde: „ich will Martini nicht defendieren noch Castelbarco recht geben, gewiß ist es aber, daß die Sache so nicht hätte dauern können". Ihm selbst liege es fern, sich dort in die Verwaltung zu mischen, „außer daß die daraus ziehenden fondi nach meiner Disposition in Ihrer Kaiserlichen Majestät Dienst ad militaría angewendet werden müssen" 61 ). Er hat nicht mehr viel Zeit gefunden, sich mit den italienischen Verwaltungsangelegenheiten zu beschäftigen. D a ß er nun nach der Beendigung des Feldzugs sich wieder der Ausübung seines Amtes als mailändischer Generalgouverneur zuwenden konnte, daran war gar nicht zu denken. D a waren — wie der Wiener Gesandte Venedigs Ende Oktober feststellte — „i gravi affari che corrono", die seine Anwesenheit in Wien notwendig machten 62 ). D a waren — weit wichtiger als alles andere — Überlegungen und Vorbereitungen f ü r den neuen Feldzug von 1708 nötig, nachdem der verflossene so wenig die Erwartungen erfüllt hatte. Marlborough hatte vorgeschlagen, daß er sich mit ihm und Wratislaw in Mainz

202

Angriff gegen Frankreich

treffen solle, um — wie Eugen dem Kaiser mitteilte — „dort gegenwärtig zu sein und zu sehen, daß diejenigen Konzerte, so etwa genommen werden, zum Besten Eurer Kaiserlichen Majestät und mit solcher Verläßlichkeit eingerichtet sein mögen, daß man nicht auf dem Papier projektiere, was sodann in Realität, wie es öfters zu beschehen pflegt, niemals besteht" 63 ). Aber so rasch war er im Oktober nicht abkömmlich gewesen, und der Engländer, der ihn vergebens erwartet hatte, war mit Wratislaw, den er in Frankfurt traf, nach dem H a a g gefahren, um wenigstens Vorbesprechungen mit den Holländern zu führen 64 ). Er hat sich dann nach England begeben, dem Freund aber mitgeteilt, daß er ihn unbedingt persönlich sehen müsse, wenn er wieder auf das Festland komme 65 ). Der Prinz hatte inzwischen die längst erbetene Erlaubnis, sich nach fast zwei Jahren wieder am H o f e des Kaisers einzufinden, erhalten: in der Nacht zum 28. November hat er Mailand verlassen, am 2. Dezember war er in Innsbruck, am 8. traf er in Wien ein 66 ). Der Ruhm von Turin war wohl durch das Scheitern der „Impresa" von Toulon etwas verblaßt. Man warf dem Prinzen vor, daß er nur widerwillig an dies Unternehmen herangegangen war und daß er daher sowohl bei dem Vormarsch als auch vor Toulon nicht die Energie gezeigt habe, die genauso wie im Vorjahr einen durchschlagenden Erfolg hätte zeitigen können 67 ). Waren aber die Besorgnisse, die er im Hinblick auf die Folgen des weiten Vorstoßes in Feindesland ohne Sicherung des Nachschubs und ohne Deckung des Rückens gehegt und vorgebracht hatte, nicht berechtigt gewesen, war es vielleicht nicht doch ihm und seinem Drängen zu rechtzeitiger Umkehr zu danken, daß es zu keiner Katastrophe gekommen war? Wenn Wratislaw in jenem Schreiben an Marlborough nachzuweisen suchte, daß Verlauf und Ausgang der Expedition alle von österreichischer Seite gemachten Vorhersagen bestätigt hätten, so hat sich Eugen selbst an der ganzen Diskussion nicht beteiligt. Dagegen hat er verschiedentlich darauf hingewiesen, daß diese Operation doch nicht ganz ohne positives Ergebnis gewesen sei. Schon aus dem Lager von L a Valette glaubte er als Folge des Einbruchs in die Provence buchen zu können, daß der Feind „sich hat zerteilen und mithin anderwärts schwächen müssen, wodurch zuförderst Seiner Katholischen Majestät in Spanien Luft gemacht worden", und im Oktober meinte er, der Feldzug habe immerhin soviel gefruchtet, „daß es dem Feind eine große Diver-

Ergebnis des Feldzugs 1707

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sion gemacht, die Armee aber nicht so viel gelitten hat, als wenn sie in Piemont geblieben wäre" 68 ). Daß die Fesselung starker französischer Kräfte sich günstig auf die Lage in Spanien und in Deutschland ausgewirkt hat, gab denn auch Marlborough zu 69 ). Wenigstens indirekt dürfte die Bedrohung Südfrankreichs in der Tat dazu beigetragen haben, daß auf jenen anderen Kriegsschauplätzen die zeitweise erwarteten Katastrophen nicht eintraten. Denn in Spanien hat im Laufe dieses Jahres 1707 König Karl sich trotz der schweren Niederlage von Almansa in Katalonien und Teilen Aragons zu behaupten vermocht. Und in Süddeutschland war Villars schon Ende Juni nach schwerer Brandschatzung des Landes auf das linke Rheinufer zurückmarschiert — vielleicht weil er Kräfte nach Südfrankreich abgeben sollte70). Die von Schweden drohende Gefahr war damit schon vermindert und sie wurde im Laufe des Sommers durch Marlboroughs Erscheinen im Lager Karls XII. und die dann durch Wratislaw aufgenommenen Verhandlungen vollends beschworen: am 1. September war in Altranstädt eine Konvention zwischen dem Kaiser und dem König unterzeichnet worden, in der Wien sich zur Besserstellung der Protestanten in Schlesien verpflichtete, worauf die Schweden aus dem sächsischen Territorium und damit aus dem Reichsgebiet endlich wieder abzogen 71 ). In Briefen an Schönborn hat Prinz Eugen die Annahme der schwedischen Forderungen als eine dem Westfälischen Frieden „konforme Sache" gebilligt und die Verständigung begrüßt, da man bei dem eigenen schwachen Kriegsstaat sich nicht „in eine Ruptur so leichter Dinge einlassen" durfte 72 ). Wenn auch gleichzeitig die ungarische Rebellion mit dem zeitweiligen Verlust von Siebenbürgen und dem blutigen Landtag von Onod, der die Absetzung des Habsburgers proklamierte, einen Höhepunkt erreichte, so war doch eine Hilfe von außen glücklich abgewehrt, und gerade das gewaltsame Vorgehen der Malkontenten hat in ihren eigenen Reihen Unmut und Verwirrung ausgelöst73). Aus diesen Wirren im Osten und Norden Europas ist übrigens in diesem Jahre 1707 ein merkwürdiger Plan aufgetaucht: Zar Peter von Rußland, durch den Abfall des Dänenkönigs und die Niederwerfung Augusts des Starken seiner Verbündeten beraubt und isoliert dem schwedischen Angriff entgegensehend, glaubte eine Rückendeckung bei den Mächten der Haager Allianz gewinnen zu können, wenn er ihren berühmten Feldherrn Königreiche anbot,

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Angriff gegen Frankreich

dem Herzog von Marlborough am D n j e p r , dem Prinzen Eugen in Polen 7 4 ). Noch vor seinem Aufbruch zu dem Zug gegen Toulon ist Eugen zunächst durch Wratislaw und dann durch den Kaiser selbst von entsprechenden Eröffnungen des russischen Bevollmächtigten Urbich unterrichtet worden. H a t er von derartigen Absichten schon gewußt, als er sich gegen eine zu rasche Anerkennung Stanislaus Leszcynskis als König von Polen aussprach? Sicher war er sich klar über die Problematik dieses Königtums, das vor vielen Jahren einmal seinem Vater hatte zufallen sollen, und sicher war er nüchtern genug, alle Schwierigkeiten und Gefahren zu erkennen, die eine Annahme ihm bereiten mußte. U n d doch hat er diese phantastische Idee von sich aus nicht sofort abgelehnt, sondern die E n t scheidung in die H ä n d e des Kaisers gelegt. „Soviel die polnische K r o n e anbelangt", so beantwortete er am 29. M a i noch aus M a i land das ihm zugekommene kaiserliche Handschreiben, „sage Euer Kaiserlichen Majestät den alleruntertänigsten D a n k , daß Sie sich würdigen wollen, mich diesfalls mit D e r o eigenhändigen

aller-

gnädigsten Zeilen zu begnaden. Ich aber habe meinerseits nichts Anderes getan, als zu was mich meine Schuldigkeit, mit welcher Euer Kaiserlichen Majestät ewig verpflichtet lebe, angehalten hat, als welche erfordern will, wegen der von Dero glorwürdigsten in G o t t seligst ruhenden H e r r n Vaters als Euer Kaiserlichen Majestät selbst empfangenen so vielfältigen allerhöchsten Gnaden lieber alles in der W e l t zu verlassen, als das Geringste ohne D e r o allergnädigstes Vorwissen oder wider Dero Dienste zu unternehmen, maßen mir durch etliche und zwanzig J a h r e , als ich die Allerhöchste Gnade genieße, in Euer Kaiserlichen Majestät Diensten zu stehen, dergleichen zu tun niemals habe einfallen, noch viel weniger durch eine eitle Ambition hierzu werde verleiten lassen, Euer

Kaiserliche

Majestät in aller Untertänigkeit bittend, Sie geruhen allergnädigst diesfalls auf mich weiter nicht die geringste Konsideration

zu

haben, sondern auf dasjenige allergnädigst zu gedenken, was Sie für D e r o selbsteigene Konvenienz erachten, daher durch D e r o geheimen R a t und königlich böhmischen Kanzler Grafen von W r a tislaw in dieser Sache nach Dero allergnädigsten Willen und Belieben tun und walten zu lassen" 7 5 ). I n der uns erhaltenen Korrespondenz mit dem Kaiser ist dann von dem Angebot nicht mehr die Rede, dagegen wohl in zwei Briefen des Prinzen an den damals ja als savoyischer Gesandter in Wien weilenden Tarino 7 6 ). Wegen der

Angebot der Krone Polens

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„bekannten Affäre", so schreibt er ihm am 1. Juni, möge er mit Wratislaw sprechen: „was mich betrifft, so gedenke ich darin nicht das Geringste ohne die Zustimmung Seiner Kaiserlichen Majestät zu unternehmen". Wenn er diese Erklärung wohl auf weitere Anfragen Tarinos am 5. August aus dem Lager vor Toulon wiederholt, so findet sich da immerhin der Zusatz: „obwohl es gegen die Natur ist, eine Krone auszuschlagen". H a t ihn, der ja gewiß nicht ohne Ehrgeiz war, die Aussicht doch zeitweise berührt und beschäftigt? Drei Jahrzehnte später hat die Gedenkrede eines ihm nahe verbundenen Mannes die Standhaftigkeit gerühmt, mit der er allen Verlockungen mit der Krone Polens widerstanden habe: „Eugenius von Savoyen geht nicht fort und tut keinen einzigen Schritt gegen einen Thron, der ihm angetragen wird, nein, er bewegt sich nicht" 77 ). Das hat er in der Tat nicht getan. Aber eigentlich kann ihm in diesem Falle der Verzicht auf „eine eitle Ambition" nicht schwer geworden sein.

2. Als der Prinz im April 1706 Wien verlassen hatte, war er voll Unmut gewesen über Uneinigkeit und Intrigen, die den Kaiserhof zerklüfteten. Trotz des guten Willens des jungen Kaisers und trotz der unzweifelhaften Fähigkeit der von ihm berufenen Minister war es zu keiner zielbewußten Führung und nicht zu der bei dem Ausmaß des derzeitigen Krieges unbedingt gebotenen Anspannung aller Kräfte gekommen. War es seitdem besser geworden? In einem geheimen Bericht an den König Karl in Spanien von Anfang März 1708 hat Eugen darauf eine niederschmetternde Antwort gegeben: bei seiner Ankunft habe er zu seinem größten Leidwesen eine Unordnung und Konfusion gefunden, die dann dermaßen angewachsen sei, „daß ich nicht sehe, wie man so leichter Dinge herauskommen werde, wenn nicht Ihre Kaiserliche Majestät selbst durch starke Resolutiones diesem Unwesen steuern und einen jeden besonders mit allem Ernst dasjenige zu tun anhalten werden, was seine Schuldigkeit nach sich bringt, damit nicht ein jedweder sich in alles mische, sondern auf dasjenige Acht und Sorge trage, was sein Tun und Dienst ist" 78 ). Das ist nicht nur Eugens Meinung gewesen: wir treffen auf ähnliche teils bedauernde, teils schadenfrohe Feststel-

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Angriff gegen Frankreich

Jungen in den Berichten von Gesandten und Agenten

fremder

Mächte, aber auch in privaten Briefen hochstehender und einflußreicher Mitglieder der kaiserlichen Regierung. Als sich G r a f Schlick Ende M a i 1707 zur Rückreise von Mailand nach Wien anschickte, da gestand er Saint-Saphorin, daß es ihm dabei gar nicht wohl sei, da die Zerwürfnisse im Ministerium und zwischen den verschiedenen Behörden während seiner Abwesenheit zu einem wahren Schisma geführt hätten, und Ende Oktober klagte der H o f k a m m e r rat Palm demselben Sdiweizer Adressaten, daß ihn mehr als seine ständigen Migräneanfälle die den H o f erfüllenden Intrigen und Kabalen niederdrückten 7 9 ). Man

gewinnt

den Eindruck, daß Eugens K r i t i k

gegenüber

Kaiser Joseph weit zurückhaltender gewesen ist, als gegenüber Leopold in dessen letzten Jahren. Offenbar hat er ihm nicht nur Gefühle der Verehrung, sondern auch der Freundschaft entgegengebracht, die noch aus der Zeit stammten, da der junge römische König seine feste Stütze in dem K a m p f mit der Gruppe um Mansfeld gewesen war. Seitdem aber mochte jene Zuneigung auf Grund der ihm seit 1 7 0 5 zugefallenen mannigfachen Gnaden noch stärker geworden sein. E r war durch ihn zum Generalgouverneur von Mailand erhoben und zum Reichsfeldmarschall vorgeschlagen worden, und jetzt nach seinem Wiedereintreffen am Hoflager übertrug man ihm auch die höchste militärische Charge, die es im Kaiserstaat gab: am 2. M a i 1708 wurde das große Patent unterzeichnet, das den Prinzen unter Berufung auf „die Uns, dem H e i ligen römischen Reich und Unserem Erzhaus, nicht minder dann der ganzen wertesten Christenheit so langwierig als tapfer, ersprießlich und ansehnlich geleisteten, auch noch leistenden Dienste" auf Grund seines „unverminderten rühmlichen Eifers, ungemeiner Valor, großmütigen Standfestigkeit, hocherleuchteten Prudenz,

klugsinniger

Vorsicht und Achtsamkeit, zu Aufnahme Unseres höchsten Interesses unaussetzlich

tragender

Devotion

und

Integrität,

großer

Kriegerfahrenheit neben anderen zu fremder Verwunderung als Folge besitzenden unvergleichlichen Eigenschaften" zum „Generalleutnant über alle unsere Armaden und sämtliche Kriegsvölker" ernannte 8 0 ). U n d doch mag den also zu den höchsten Ehren berufenen und mit reichen Mitteln ausgestatteten treuen Diener seines H e r r n oft zornige Enttäuschung erfüllt haben angesichts des Leichtsinns und der Unbekümmertheit dieses sicherlich begabten H a b s -

Auseinandersetzungen mit Salm

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burgers, der seine Fähigkeiten nicht nutzte, dem Frauen, Jagd und Musik wichtiger waren als die Arbeit, von dem man wohl gar behauptete, daß er während der Konferenz Liebesbilletts schrieb81), der vor allem aber zu leicht sich in der Politik von anderen führen ließ und sich nicht gern von Menschen trennte, an die er gewöhnt war und denen er sich irgendwie verpflichtet fühlte. Noch immer saß sein ehemaliger Ajo, Fürst Salm, im Sattel. Zwar hatte der von Krankheit geplagte Mann schon im Frühjahr 1707 Rücktrittsabsichten geäußert, an deren Ernsthaftigkeit man freilich von vornherein zweifelte 82 ), und im Sommer schien er, dem man die Mißerfolge in Deutschland und in Ungarn ankreidete, wirklich gehen zu wollen83). Man sprach davon, daß die Obristhofmeisterdiarge dem bisherigen Obristkämmerer Graf Trautson zufallen sollte, einem liebenswürdigen, allgemein geschätzten Kavalier, der jedoch zu politischer Führung kaum fähig war 84 ), und da hieß es dann, daß hier vielleicht Wratislaw zum Zuge kommen könnte 85 ), der Diplomat, der überall dorthin eilte, wo es brannte, sei es in Ungarn, in Sachsen oder am Rhein, der freilich gerade deshalb für den Außendienst als unentbehrlich gelten mochte. Ihn, ebenso wie Eugen, mußte es dann mit besonderem Grimm erfüllen, als der Kaiser nicht abgeneigt schien, den Kardinal Lamberg, den Onkel seines zu allgemeiner Befremdung gerade damals zum Reichsfürsten erhobenen Favoriten und Jagdgefährten 86 ), von seinem Posten als Prinzipalkommissar am Reichstag in Regensburg als eine Art Premierminister nach Wien zu berufen, also eben jenen Passauer Fürstbischof, der nach ihrer Überzeugung in der Auseinandersetzung mit Bayern eine zweifelhafte Rolle gespielt hatte 87 ). Es erwies sidi indessen, daß Salms Angebot der Demission wohl wirklich nur — wie es der schwedische Vertrauensmann Frankreichs, StiernhöökPastor, vermutete — „eine Grimasse" gewesen war, um den Kaiser zu einer neuen Vertrauenskundgebung zu bewegen88). Es war in der Tat alles beim alten geblieben, wenn auch Graf Schlick meinte, daß er doch nicht mehr die gleiche Autorität wie vordem besitze, da es ihm weder gelungen sei, den jungen Lamberg auszuschalten, noch, den Einfluß seiner übrigen Gegner zu brechen89). An deren Spitze stand Wratislaw, aber offensichtlich galt vielen der Prinz Eugen nach seinem Wiedereintreffen in Wien in der ersten Dezemberhälfte 1707 als der eigentliche Widerpart des Obristhofmeisters. Wratislaw selbst hat einmal dem König Karl

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Angriff gegen Frankreith

versichert, daß die Ursache von Salms Abneigung und Mißtrauen gegen ihn in seiner Freundschaft mit dem Prinzen liege 90 ). Natürlich wußte dieser von der Kritik, die der Fürst an seinen militärischen Maßnahmen übte: sie mochte nach Turin verstummt sein, sicher aber war sie auf Grund des Mißerfolgs vor Toulon wieder aufgelebt, und sie ist dann, wie wir sehen werden, aus Anlaß der Vorschläge Eugens für den Feldzug von 1708 erneut hervorgetreten. Dieser wußte wohl auch, daß Salm seiner Ernennung zum Generalgouverneur von Mailand entgegengearbeitet hatte und daß er noch immer mit dem Plan umging, diesen Posten dem Herzog von Modena zu verschaffen, der sowohl mit Salm als auch mit der K a i serin verwandt war. Außerdem sah Eugen in Salm den Haupturheber der am H o f herrschenden Verwirrungen und machte ihn für das Fehlen klarer und durchgreifender Weisungen für Geldbeschaffung und Rüstung verantwortlich. Es kann daher nicht verwundern, daß Eugen seinerseits die Macht dieses Gegners zu beeinträchtigen suchte. Nach dem Urteil des Grafen Schlick, der damals in wachsendem Gegensatz zum Obristhofmeister den Savoyer eine Zeitlang unterstützte, scheint ihm dies bis zu einem gewissen Grad auch gelungen zu sein. Der Prinz Eugen, so berichtet er am 18. Februar 1708 an Saint-Saphorin, „dem Anschein nach nur sein militärisches Department leitend, sehr zurückhaltend und sehr schweigsam, macht sicherlich hier die beste Figur, um ihn scharen sich die besten Leute". Es war ihm freilich trotzdem nicht möglich, dem Durch- und Gegeneinander am H o f und in der Regierung ein Ende zu setzen. Wenigstens aber vermochte er, in den Auseinandersetzungen um die künftige Führung des Krieges auf den verschiedenen Schauplätzen seinen Widersachern das Konzept zu verderben und Entscheidungen vorzubereiten, die seinen Auffassungen in strategischer wie auch politischer Beziehung entsprachen. In der Hauptsache ist es dabei um die Frage der Verwendung seiner eigenen Person gegangen. Eins hatte für ihn schon seit den Tagen des Vor- und Rückmarsches in der Provence festgestanden: dort wollte er nicht noch einmal „Ehre und Reputation" aufs Spiel setzen. Persönliche Gründe haben dabei gewiß eine Rolle gespielt: von L a Valette aus hatte er Wratislaw beteuert, daß er überall hingehen werde, wo man ihn haben wolle, daß er aber niemandem mehr untergeordnet sein wolle außer seinem Kaiser — was dann Marlborough konkret

K a r l T h e o d o r Fürst Salm

Leopold M a t t h i a s F ü r s t L a m b e r g

Frage des Einsatzes Eugens 1708

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dahin auslegte, daß der Prinz nie mehr mit dem Herzog von Savoyen in derselben Armee kommandieren wolle91). Aber es gab auch sachliche Überlegungen, die seine Abwendung vom italienischen Kriegsschauplatz mitbestimmten. Er glaubte nicht an einen durchschlagenden Erfolg einer Offensive, sei es wieder an der Küste oder durch Savoyen, Operationen waren hier seiner Meinung nach nur mit wirklich überlegenen Kräften durchzuführen, würden aber doch nur die Bedeutung einer Diversion, der Bindung feindlicher Truppen, haben, und ob sich dafür der Aufwand lohnte, war ihm fraglich. So hatte er schon unmittelbar nach dem Rückzug von Toulon mit dem von Marlborough zu ihm entsandten Brigadier Palmes erörtert, ob es nicht besser sei, an anderer Stelle Verstärkungen einzusetzen oder neue Armeen zu bilden, und in seiner Korrespondenz mit Marlborough und auch in seinen Berichten an den Kaiser wies er dann auf den mittleren Rhein oder die Mosel oder Flandern hin 92 ). Wenn sich sein Blick so offensichtlich nach Norden wandte, wo das Jahr 1707 am Oberrhein fast eine Katastrophe und in den südlichen Niederlanden keine Fortschritte gebracht hatte, so kam freilich für ihn selbst die Übernahme des Kommandos der Reichsarmee ebensowenig in Frage wie vordem, denn mit ihm war inzwischen an Stelle des unglücklichen Bayreuther Markgrafen der Kurfürst Georg Ludwig von Hannover betraut worden, dem auf Grund der Räumung des rechten Rheinufers durch Villars die Rettung des Vaterlandes zugeschrieben wurde 93 ): jeder, so schrieb Marlborough am 12. September 1707 an Heinsius, wünsche sich den Prinzen für nächstes Jahr nach Deutschland, aber es sei unmöglich, ihn unter oder neben den Kurfürsten zu stellen94). Sollte er statt dessen an die Mosel oder in die Niederlande kommen, um Marlborough in ähnlicher Weise beizustehen, wie dieser ihm 1704 zur Seite getreten war, um gemeinsam mit ihm von dort aus den Angriff gegen Frankreich selbst zu führen? Das ist wohl von Anfang an sein Wunsch gewesen, aber es hat zunächst nicht den Anschein gehabt, als ob er erfüllt würde. Denn nicht nur seine Gegner am Wiener Hof, sondern auch die ihm durchaus wohlgesinnten Führer der Seemächte drangen mit Nachdruck auf seinen Einsatz an ganz anderer Stelle: er sollte dem jüngeren Habsburger in Spanien beigegeben werden, um, wie Italien, auch dies Land, um das eigentlich ja der ganze Krieg ging, der Herrschaft der Bourbonen zu entreißen. 14 Braubadi, Prinz Eugen

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Angriff gegen Frankreich

Daß der König-Erzherzog sich nur dann gegen die französischspanischen Heere auf der Pyrenäenhalbinsel behaupten und sein Königtum wirklich zur Anerkennung bringen konnte, wenn ihm erhebliche Verstärkungen zugesandt und vor allem ein Feldherr zur Seite gestellt wurde, der mit der Autorität gegenüber Generälen der verschiedensten Nationen die Fähigkeit zum Schlagen und Siegen verband, darüber war man sich im Lager der Alliierten völlig einig. Natürlich hatte Karl selbst, vor allem seit der Niederlage von Almansa, diese Forderungen immer wieder klagend, mahnend, drängend vorgetragen, und von ihm war auch schon früh geäußert worden, daß ihm als militärischer Berater niemand erwünschter sei als der Sieger von Höchstädt und Turin 95 ). Aber auch die Seemächte, denen an einer Trennung Spaniens von Frankreich weit mehr lag als an Italien oder auch Deutschland, hatten sich diesen Gedanken zu eigen gemacht, im englischen Parlament war davon gesprochen worden, und wenn Marlborough schon Anfang Oktober das Erscheinen des Prinzen in Spanien wenigstens für eine Campagne für unbedingt geboten erklärte 96 ), so richtete schließlich Königin Anna persönliche Schreiben an den Kaiser, in denen sie ihn beschwor, dem Wunsch aller Alliierten und besonders des englischen Volkes zu willfahren, das all sein Vertrauen in die Persönlichkeit und die Führerschaft des Prinzen von Savoyen setze 97 ). Und es gab auch in Wien Kreise, die eifrig diese Vorschläge befürworteten, die freilich nun nicht nur an die Lage in Spanien oder gar an neue Ruhmestaten Eugens dachten, sondern die ihn — wie wenigstens Wratislaw und der Betroffene selbst annahmen — möglichst weit von Wien zu entfernen wünschten. Neben dem Prinzen wurde als möglicher Feldherr für Spanien Guido Starhemberg genannt. Fürst Salm hatte mit Starhemberg, der mit Eugen zerfallen war, freundschaftliche Beziehungen angeknüpft und beabsichtigte, so wollte man wissen, ihn in Österreich zu halten und eine längere Abwesenheit des Hofkriegsratspräsidenten zu benützen, um Starhemberg an dessen Stelle zu setzen 98 ). Gerade deshalb aber stemmten sich die Gegner des Obristhofmeisters gegen ein Eingehen auf die Wünsche König Karls und der Seemächte und forderten ihrerseits die Abordnung Starhembergs, mit der bei seiner anerkannten militärischen Fähigkeit man sich auch in London und Barcelona abfinden mußte. Noch war die Entscheidung nicht gefallen, als Eugen selbst in Wien eingetroffen war 9 9 ). Wie es seine Art war, hat er zwar immer

Ablehnung des spanischen Kommandos

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wieder erklärt, daß es ihm gleich sei, wohin man ihn schicke, wenn man ihm nur eine tüchtige Armee zur Verfügung stelle, sicher aber hatte der holländische Ratspensionär recht, wenn er Marlborough gegenüber meinte, der Prinz werde nicht nach Spanien wollen 100 ), und das hat er denn wohl auch in jenen Dezemberwodien seinem kaiserlichen Herrn nicht verhehlt. Um Weihnachten 1707 hat Joseph sich entschlossen, nicht ihn, sondern Starhemberg dem Bruder beizugesellen, weil er, wie er am 28. Dezember nach England schrieb, „den Prinzen von Savoyen sowohl wegen seines in militaribus obtragenden Praesidii und Oberdirektion als auch wegen der von Seite der Türken und vielleicht auch der Krone Schweden besorgenden Bewegungen unmöglich entlassen noch so weit entfernen" könne 101 ). Eugen selbst hat ungefähr die gleichen Gründe König Karl gegenüber angeführt, dem er zugleich sein Bedauern darüber bekundete, der Gnade beraubt zu sein, sich zu seinen Füßen zu werfen und für seinen Dienst Leib und Leben aufzuopfern 1 0 2 ). Von Wratislaw erfuhr der spanische Habsburger dann genauer, welche Überlegungen die beiden Freunde bestimmt hatten, den Kaiser zur Ablehnung seiner Bitte zu bewegen: „Das Hauptsächliche ist, daß das Governo des hiesigen Hofes entweder der bekannten Ignoranz des Fürsten von Salm hätte müssen überlassen werden, oder daß man den Kardinal von Lamberg ad Ministerium anhero berufen hätte. Des ersteren Inkapazität ist ex praxi quotidiana weltkundig, und obgleich der Prinz die völlige Direktion in dem Militari führt, so hätte doch in seiner Abwesenheit des Salms militärische Disposition vor einem Jahr bald das Römische Reich und Ungarn verloren, und dieses und dergleichen Unheil hätte man noch mehr zu sorgen, wenn der Prinz in Spanien gegangen wäre, welcher in dem Militari den Salm nichts disponieren läßt, und in dem Politico finden sich schon Leute, so ihm den Kopf zu bieten wissen. Zudem stößt, daß auch der Kaiser nicht geblättert und bei seiner Lebensart vielen gefährlichen Akzidentien — so Gott verhüten wolle — unterworfen ist, bei welchem Unglück des Prinzen Anwesenheit nur gar zu viel für des Erzhauses Bestes in Teutschland vonnöten wäre" 1 0 3 ). Es blieb denen, die so sehr auf die Spanienfahrt des Savoyers gedrängt hatten, nichts anderes übrig, als sich mit der kaiserlichen Ablehnung, für die immerhin ja sehr gewichtige Gründe angeführt werden konnten, abzufinden. Zudem hatte ja Guido Starhemberg 14*

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Angriff gegen Frankreich

in der Tat den Ruf, der beste General nach dem Prinzen im kaiserlichen Dienst zu sein — wenn auch Wratislaw in jenem Schreiben an Karl zugab, daß „sein Humor zu Zeiten ungleich und häklich" sei104). Sicher war der junge Habsburger enttäuscht, wenngleich er die Bestimmung Starhembergs als ein Zeichen brüderlicher Liebe des Kaisers würdigte und behauptete, nicht er habe die englische Königin, sondern die Alliierten hätten ihn zu der Anforderung Eugens angetrieben 105 ). Was die Seemächte betraf, so haben sie aus ihrer Unzufriedenheit zwar kein Hehl gemacht, aber hier gab es eine wichtige Persönlichkeit, die wahrscheinlich gar nichts anderes als die Absage erwartet und gewünscht hat: Marlborough hatte sich an dem Ansturm auf Wien eifrig beteiligt, doch hat sich ein f ü r Wratislaw bestimmter Zettel von seiner H a n d , um dessen Vernichtung er ausdrücklich gebeten hatte, erhalten, in dem er sich gewissermaßen entschuldigte, daß er nicht habe gegen den Strom schwimmen können 106 ). Durch ihn kam dann auch der Rat nach Wien, um wenigstens Starhemberg so rasch wie möglich auf den Weg zu bringen, um die Gemüter zu beruhigen. Einer freilich war tief getroffen und hat seinen Unmut über eine Entscheidung, die f ü r ihn eben auch eine persönliche Niederlage bedeutete, mit Schärfe Ausdruck gegeben. Am 19. Juni 1708, zu einem Zeitpunkt, als sich der Prinz bereits in den Niederlanden befand, hat Fürst Salm in einem Schreiben an König Karl bittere Anklage gegen die unter Beteiligung Eugens zustande gekommenen Feldzugspläne erhoben, bei denen der nach seiner Meinung eigentlich entscheidende Kriegsschauplatz, nämlich Spanien, vernachlässigt und das Hauptgewicht nach Norden verlegt werde, wo die Alliierten doch nicht in der Lage seien, den Feind zu schlagen, und man die Campagne wohl mit der Eroberung eines oder mehrerer Plätze zubringen und abschließen werde; all das gehe darauf zurück, daß Marlborough „seine in voriger Campagne einigermaßen verdunkelte Glorie" wieder emporbringen wolle und Eugen geringe Lust verspüre, sich dem spanischen Kommando zu unterziehen. Wenn dann, so fährt er fort, alles wieder ausgehe wie voriges Jahr bei Toulon, solle man sich nicht wundern 1 0 7 )! Nun, der Unglücksprophet sollte ebensowenig recht behalten wie im Jahre 1706. H a t man in Wien unter dem Einfluß oder wenigstens der Mitwirkung Eugens wirklich den spanischen Kriegsschauplatz vernachlässigt? Wir können feststellen, daß vor allem im Januar 1708 die

Guido Starhemberg nach Spanien

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Hilfe an Spanien den Gegenstand einer Reihe von Konferenzen bildete, die entweder unter der Leitung Eugens in dessen Stadtpalais oder in der Hofburg unter dem Vorsitz des Kaisers stattfanden 108 ). Am 5. Januar berieten der Prinz, Wratislaw, Sinzendorf, Herberstein und Seilern in Gegenwart des Hofkriegsrats Locher und des Staatsreferendars Buol mit den Gesandten Englands und Hollands, am 7. trafen sich dieselben kaiserlichen Minister mit Guido Starhemberg und dem Grafen Gallas. Hier ging es um die Instruktion Starhembergs, zu deren Entwurf dieser selbst am 9. Stellung nahm, worauf man sich am nächsten Tag beim Kaiser versammelte. Man müsse, so hat der Prinz in einem großen Bericht nach der Besprechung vom 7. erklärt, alles tun, um mit der Person König Karls die so ansehnliche spanische Monarchie bei dem Erzhaus und damit zugleich das „Equilibrium in Europa" zu erhalten. Zugrunde gelegt wurden Projekte, die im vergangenen Herbst bei den Verhandlungen zwischen Wratislaw, Marlborough und den Holländern im Haag aufgestellt worden waren: danach sollten die Streitkräfte in Spanien auf 30 000 Mann Feld- und 6000 Garnisontruppen gebracht werden, wobei auf den Kaiser außer 3000 Mann, die sich bereits auf der Pyrenäenhalbinsel befanden, noch weitere 4000 oder 5000 Mann entfielen. Deren Transport und Verpflegung sollten freilich bei den Seemächten liegen, und von kaiserlicher Seite forderte man von diesen auch Gelder, um an Stelle der abzugebenden Regimenter neue errichten zu können. Darüber, wie über die Notwendigkeit, für den spanischen Feldzug weitere höhere Offiziere zu stellen, über die Art der Finanzierung, über Artillerie und Magazine haben die zuständigen Minister auch in der zweiten Januarhälfte und im Februar immer wieder teils unter sich, teils mit den Vertretern Englands und Hollands beraten. Am 22. Februar wurde die Instruktion für Starhemberg unterzeichnet, am 3. März hat er Wien verlassen109). Eugen hatte die Meinung vertreten, daß er in der Hauptsache an Ort und Stelle darüber entscheiden müsse, was zu geschehen habe, doch hat er nach dem Zeugnis von Wratislaw „in familiari discursu" Lage und Möglichkeiten mit ihm besprochen und ihm Ratschläge gegeben110). Gewiß hat es bei der Festlegung und Ausführung jenes Projekts manche Anstände und gegenseitige Vorwürfe gegeben: der Prinz wehrte sich dagegen, „daß man Ihrer Kaiserlichen Majestät allein alles aufzubürden gedenke und unmögliche Dinge verlange". Auch König Karl wies er Anfang März

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Angriff gegen Frankreich

darauf hin, wie schwer es für seinen Bruder sei, noch mehr Regimenter in ein so weit entferntes Land zu schidien, wo er in Italien gemäß dem mit Savoyen geschlossenen Vertrag 20 000 Mann belassen, in Neapel ein Korps unterhalten, zur Reichsarmee erhebliche Kontingente schicken, Kräfte zur Rückführung Ungarns zum Gehorsam einsetzen und zudem Vorkehrungen gegen Anschläge des Königs von Schweden oder der Türken treffen müsse111). Und doch war seine Beteuerung, daß er Tag und Nacht die Erstellung einer ausgiebigen Hilfe an den Habsburger „zu glücklicher Ausführung des gegenwärtigen rechtmäßigen Krieges" betreibe, aufrichtig: schon waren vier kaiserliche Regimenter zu Fuß und eins zu Pferd verschifft oder bereitgestellt, als er selbst im Haag am 14. April 1708 mit Marlborough den endgültigen Vertrag über die Entsendung von 4000 Mann der italienischen Armee nach Katalonien gegen die Zahlung von 20 Talern pro Kopf für die Zusammenbringung neuer Regimenter unterzeichnete112). Freilich haben sich Überlegungen und Arbeit des Prinzen in diesen Wintermonaten in Wien nicht nur auf Spanien gerichtet. Es galt unter Zugrundelegung der provisorischen Pläne, die im Herbst von Marlborough und Wratislaw entworfen worden waren, nachzuprüfen und festzulegen, wo und wie die eigenen und verbündeten Streitkräfte an den verschiedenen Fronten des großen Krieges im Jahre 1708 eingesetzt werden sollten, wie man die verschiedenen Bewegungen miteinander koordinieren konnte, auf welche zur Erreichung des Ziels, der Niederwerfung Frankreichs, der größte Nachdruck zu legen war. Wenn man in Wien nach den Erfahrungen des letzten Jahres auch an einen durchschlagenden Erfolg in Südfrankreich nicht mehr glaubte, so sollten doch die dort stehenden Truppen — außer den Piemontesen noch immer 20 000 Kaiserliche, 8000 Preußen und 3000 Gothaer — nicht untätig bleiben: nach Besprechungen mit einem Abgesandten des Herzogs von Savoyen wurden Offensivoperationen durch Savoyen gegen die Dauphin^ in Aussicht genommen, wobei nunmehr dem aus Neapel abberufenen Grafen Daun die undankbare Aufgabe des Zusammenwirkens mit Victor Amadeus zugedacht war 113 ). War etwa eine Kombination mit einer Unternehmung der Reichsarmee vom Oberrhein gegen Burgund möglich? Aber das hing davon ab, ob man sie entsprechend verstärken, ja ob man ihr überhaupt ihre bisherige Stärke belassen sollte. Denn Marlboroughs Gedanken, die sich wohl

Um neues Zusammenwirken mit Marlborough

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mit gleichen Erwägungen des Prinzen trafen, gingen dahin, den Schwerpunkt der alliierten Operationen in den Norden zu legen, zu diesem Zwecke aus einem Teil der zur Reichsarmee gehörenden kaiserlichen Regimenter und deutschen Soldtruppen an der Mosel eine zweite Armee zu bilden, die sich mit Marlboroughs eigenen, von den beiden Seemächten gestellten Truppen vereinigen und von den Niederlanden aus an einem entscheidenden Schlag gegen die Franzosen beteiligen sollte. Noch hat Wratislaw am 15. Januar nach Spanien geschrieben, es sei noch nicht „determiniert", wo der Prinz Eugenius kommandieren werde 114 ), daß dieser selbst aber und ebenso Marlborough an die Mosel dachten, kann nicht zweifelhaft sein: sie wollten wieder, wie vor vier Jahren, zusammenwirken. Das zu erreichen, war aber keineswegs leicht. Wenn bei Eugens Einfluß die Zustimmung des Kaisers auch anzunehmen war, so galt es doch einmal, jene Armee wirklich aufzubringen und vor allem den sicher zu erwartenden Widerstand des als eigenwillig und empfindlich bekannten Kurfürsten von Hannover, des Führers der Reichsarmee, zu überwinden oder unwirksam zu machen, und es galt weiter, die vorsichtigen und mißtrauischen Holländer zu Beschlüssen zu bewegen, die den beiden Feldherrn Freiheit zum Handeln gaben und sie nicht der Kontrolle der Felddeputierten unterwarfen, deren ständiges Dreinreden im letzten Jahre Marlborough zur Verzweiflung gebracht hatte. Bevor der Lord-Herzog im vergangenen Herbst nach England übersetzte, hatte er den Wunsch geäußert, bei seiner Rückkehr auf das Festland sich mit dem Prinzen zu gründlicher Aussprache über alle politischen und militärischen Probleme zu treffen 115 ). Als Ort dieser Konferenz scheint man dann von Wien aus Hannover vorgeschlagen zu haben, wo man ja den Kurfürsten zuziehen konnte: „Der Kaiser", so teilte Wratislaw am 15. Januar König Karl mit, „hat verlangt, der Marlborough möchte nach Hannover kommen, wohin der Prinz auch gehen würde, um alldort ein wahres System der bevorstehenden Operationen zu konzertieren, von welchem concerto alsdann das übrige dependieren wird". Vom Haag wies nun freilich der kaiserliche Resident Heems darauf hin, daß eine solche Zusammenkunft bei den Generalstaaten „Jalousie und Nachdenken" veranlassen würde, daß sie unbedingt mit von der Partie sein wollten und der Ratspensionär Heinsius deshalb vorgeschlagen habe, Eugen möge zwar nach Hannover fahren, um mit dem Kur-

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Angriff gegen Frankreidi

fürsten zu sprechen, dann aber im Haag Marlborough treffen; auch Heems selbst riet zu dieser Lösung, weil der Prinz „die Generalstaaten, bei welchen er in sonderbarer Estime und Kredit steht, zu etwas vermögen werde, wozu vielleicht der Duc de Marlborough noch jemand sonst sie in puncto der Kriegsoperationen wird disponieren und bereden können" 116 ). Offenbar hatte Eugen selbst zunächst keine große Lust gezeigt, eine so weite Fahrt zu unternehmen und sich auf lange Diskussionen mit den „Staatischen" einzulassen, doch auch Marlborough meinte in einem Schreiben an Wratislaw vom 5. Februar, er möge, wenn die Holländer darauf beständen, nach dem Haag kommen: gemeinsam könnten sie dann schon dafür sorgen, daß nichts Unangenehmes passiere und daß diese Herren nicht in alles sich einmischten, was die beiden Feldherrn beraten und beschließen wollten 117 ). Ende Februar oder Anfang März ist darauf in Wien in der Tat entschieden worden, daß der Prinz sich bis Ende März im Haag einfinden würde, wo man zu gleicher Zeit Marlborough von England aus erwartete 118 ). Zeitweise hatte er wohl daran gedacht, seinen Hinweg über Frankfurt und Düsseldorf zu nehmen und nach der Haager Konferenz über Hannover und Dresden zurückzufahren. In Frankfurt wollte er mit dem Feldmarschall Thüngen, der in Abwesenheit des Hannoveraners die Reichsarmee führte, und mit dem Kurfürsten von Mainz, in Düsseldorf mit Johann Wilhelm von der Pfalz sprechen. Schließlich hat der Prinz doch, wie anfangs vorgesehen, die umgekehrte Route gewählt. Zur Herstellung einer Instruktion hat er selbst eine Reihe von Fragen zusammengestellt, die im Laufe des März in Wien beraten und beantwortet wurden. Sie bezogen sich in erster Linie auf die Bildung der Moselarmee, die Möglichkeiten ihrer Kombinierung mit den Streitkräften in den Niederlanden, ihre Versorgung, falls sie nach dort marschieren sollte, und die Abstimmung über die Stellung der beiden Chefs, aber auch auf die Operationen der Reichsarmee und des Herzogs von Savoyen, die damals ja noch nicht endgültig geregelte Hilfe für Spanien sowie auf etwaige Unternehmungen gegen die noch von dem Herzog von Anjou beherrschten Inseln Sizilien und Sardinien 119 ). Im Grunde war noch alles offen, als er die Reise antrat, die noch keineswegs eine Ausfahrt zur Eröffnung des Feldzugs war, sondern nur zu Beratungen, bei denen die Feldzugspläne endgültig festgelegt werden sollten. Der Aufbruch scheint sidi dadurdi verzögert zu haben, daß der Kurier aus England mit

K u r f ü r s t G e o r g Wilhelm von H a n n o v e r

Die Schlacht

von O u d e n a a r d e

K u r f ü r s t J o h a n n W i l h e l m v o n der P f a l z

Eugen in Hannover

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den Angaben über das Datum der Uberfahrt Marlboroughs mit erheblicher Verspätung in Wien eintraf 120 ). Am 26. März 1708 hat der Prinz die Hauptstadt verlassen. Wohl durch Zufall ist ein eigenhändiges Billett in französischer Sprache erhalten geblieben, das er am 28. zwei Poststationen vor Prag an Wratislaw sandte: „Ich schreibe Ihnen nur diese zwei Worte, um den besten Ihrer Freunde bei Ihnen in Erinnerung zu bringen und Sie zu bitten, diesen Brief abzugeben; ich werde ihn morgen früh in Prag lassen, wo ich mich nicht aufhalten werde. Ich rechne damit, übermorgen in Dresden zu sein, und hoffe, von Ihnen im Haag Nachrichten zu erhalten. Adieu, erhalten Sie mir Ihre Freundschaft" 121 ). Am 30. März, so erfahren wir dann aus einer Zeitungsnotiz aus Dresden, „arrivierten allhier Ihre Durchlaucht Prinz Eugenius, nahmen bei Königlicher Majestät Audienz und gingen des Abends um 8 Uhr über Leipzig, Berlin nach Hannover" 122 ). Er war des Nachmittags angekommen und hatte in der Zeit zwischen dem Wechseln der Postpferde mit August dem Starken über die Abstellung eines Teiles von dessen Truppen, die durch sein Ausscheiden aus dem Nordischen Krieg freigeworden waren, zur Reichsarmee gesprochen123). Am Abend des 2. April erreichte er dann Hannover, von wo aus er am folgenden Tag den ersten Bericht an den Kaiser erstattete. Als die beiden Reichsfeldmarschälle waren Kurfürst Georg Ludwig und Eugen gewissermaßen Rivalen, aber es lag wohl nicht nur daran, daß sie menschlich keinen Kontakt zu finden vermochten 124 ). Bei der Unterredung, die der Prinz mit der Überreichung des kaiserlichen Kreditivs und der Frage nach des Kurfürsten Meinung über den bevorstehenden Feldzug eröffnete, benahm sich der Weife, dem nach den Thronfolgebestimmungen in England einmal die Krone des Inselreichs winkte, „nach seinem bekannten Humor ganz kaltsinnig". Selbst seine Karten offen auf den Tisch zu legen, hütete sich der Besucher wohl: er sprach nur von den zwei in Vorschlag gebrachten Operationen an der Mosel und am Oberrhein, worauf er die skeptische Antwort erhielt, daß zu der ersten die Seemächte kein Volk hergeben und für die zweite auch nicht mehr Truppen als bisher zur Verfügung stehen würden. Wenn in der Tat, so erklärte darauf der Prinz, die Alliierten beide Unternehmungen ablehnen würden, so werde er sie im Haag zu sofortiger Erklärung auffordern, „was sie dann bei solcher Beschaffenheit ihres Orts für eine Operation vor-

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Angriff gegen Frankreich

zunehmen gedächten, damit nicht die Campagne abermals fruchtlos verstreidle, wie es verwichenes Jahr erfolgt sei". Auf die Frage, ob er nicht mit nach Holland kommen wolle, hatte sich der Kurfürst zwar dazu bereit erklärt, aber mit dem Zusatz, „wenn er wüßte, daß seine Anwesenheit allda dem gemeinen Wesen zur Beförderung des Hauptwerks was fruchten möchte", zugleich die Ablehnung ausgesprochen. Nun, der Prinz hatte etwas anderes wohl weder erwartet noch gewünscht. Am 4. April hat er seine Reise nach dem Haag fortgesetzt, wo er in der Frühe des 8. April ankam 125 ). Er ist im Haag vom 8. bis zum 20. April geblieben126). Vermutlich war dies sein erstes Auftreten in diesem bedeutenden Zentrum europäischer Politik, obwohl es immerhin möglich ist, daß er schon einmal, im Winter 1685/86, während seines Besuches bei seiner Mutter in Brüssel, vor der Fahrt nach Spanien im Haag gewesen ist127). Der äußere Ablauf seines Aufenthalts läßt sich in etwa rekonstruieren. Nach seiner Ankunft suchte er die kaiserliche Gesandtschaft auf, wo er außer Heems auch den auf der Rückreise von Wien nach London befindlichen Botschafter Graf Gallas antraf und erfuhr, daß Marlborough noch nicht angekommen war, aber täglich erwartet wurde. Nach Information über „Zustand und Beschaffenheit der a u f m Tapet seienden verschiedenen Negozien" führte ihn Heems sofort zu dem Ratspensionär Heinsius, der am folgenden Tag den Besuch erwiderte. Sowohl mit ihm als auch mit dem von Düsseldorf herübergekommenen pfälzischen General Isselbach fanden bereits vorbereitende und klärende politisch-militärische Besprechungen statt, doch wartete Eugen mit Ungeduld auf Marlborough; es sei ihm leid, so schrieb er nach Wien, „daß ich ein- und andere Tage dahier fruchtlos zubringen und andurch meine Rückreise retardieren müsse". Doch in der Frühe des 11. April war Marlborough zur Stelle, er wurde von Lord Stanhope begleitet, der als englischer Gesandter bei dem Habsburger in Spanien vorgesehen war 128 ). An diesem Tage dürften die beiden Feldherrn zunächst einmal unter sich ihre Meinungen ausgetauscht und ihr Vorgehen beraten haben. Am 12. fand die Visite mit Übergabe des kaiserlichen Beglaubigungsschreibens bei dem derzeitigen Wochenpräsidenten der Generalstaaten, dem Friesländer Goslinga, statt, der bei seinem Gegenbesuch zu einer gemeinsamen Konferenz mit Marlborough vor den Generalstaaten, also den Vertretern der verschiedenen Provinzen der Niederlande, für den Nachmittag einlud. Hier

Im Haag. Eugen und Heinsius

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hat der Prinz, nach seinem Bericht an den Kaiser, eine Ansprache gehalten, damit „diese Leute nicht glauben möchten, als ob man denselben etwas hinterhalten wollte", wobei er sich jedoch darauf beschränkte, „nur generaliter von denjenigen Punkten etwas zu reden, welche von keiner besonderen Konsequenz oder Geheimnis waren". Danach begannen die auch die folgenden Tage ausfüllenden eigentlichen Konferenzen der beiden Feldherren mit Heinsius, wobei, „um den Staaten, als ob man ihnen etwas verbergen wollte, alle Jalousie aus dem Weg zu räumen, teils weil es der Pensionarius selbst allein nicht auf sich nehmen wollte", mitunter einige der Deputierten, wie Hop, Graf Rechteren und Slingelandt, zugezogen wurden. Dazwischen liefen Beratungen mit Diplomaten alliierter Mächte, so mit dem Vertreter König Karls I I I . , Quiros, und dem katalanischen General Fuencalada. Am 19. April gab der Prinz Heems und Gallas einen zusammenfassenden Bericht über Verhandlungen und Beschlüsse. Die auf denselben Abend festgesetzte Abreise hat er dann wegen eines nochmaligen Gesprächs mit Heinsius auf den folgenden Morgen verschoben. Marlborough ist noch bis zum 22. im Haag geblieben. Eugen ist in diesen Tagen mit einem Staatswesen in Berührung gekommen, das im Zeitraum des Absolutismus und der vorherrschenden Aristokratie merkwürdig anachronistisch erscheinen mußte. Seit dem Erlöschen des Generalstatthalteramtes mit dem Tod Wilhelms I I I . von Oranien, gab es in diesem Lande keine beherrschende fürstliche Persönlichkeit mehr, und eine von reichen Kaufleuten geführte ständische Versammlung trieb große Politik. Dies geschah nicht ohne Kraft und Erfolg, wenn die Handlungen auch erschwert wurden durch die Schwerfälligkeit der Regierungsmaschinerie und durch mancherlei Gegensätze von Interessen und Personen sowie durch die Notwendigkeit, sich für alle Beschlüsse und ihre Durchführung auch auf militärischem Gebiet der Zustimmung großer und kleiner Gremien zu versichern. Wenn der Prinz für dies System kaum Sympathie empfunden hat, so erfüllte ihn doch bald die Begegnung mit dem Manne, der zu jener Zeit versuchte, nach dem Vorbild des Oraniers Einheit und Energie in die Politik der Republik zu bringen und ihre durch den Handel in aller Welt begründete, aber ständig bedrohte hervorragende Stellung zu bewahren, mit aufrichtiger Bewunderung. Antonie Heinsius, um 22 Jahre älter als der Savoyer, war seiner Herkunft und seiner Tätigkeit

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Angriff gegen Frankreich

nach grundverschieden von dem Feldherrn, er war ein Bürger, ein Mann der Feder, der als der Ratspensionär Hollands und damit auch der Generalstaaten, das heißt als der Generalsekretär dieser großen Versammlung, der Koordinator aller aus ihr gebildeten Regierungsbehörden, diesem Amt nach dem Vorbild J a n de Witts wieder europäische Bedeutung zu geben verstand. Dazu befähigten ihn freilich Eigenschaften, die er nun doch mit dem Prinzen gemein hatte: ein nüchternes kühles Denken, ein unpathetisches, auf Erfahrung begründetes Handeln 1 2 9 ). Wenn er kein Genie war, wenn er es mitunter an Initiative fehlen ließ und sich in traditionellen Bahnen bewegte, so war er doch fähig und würdig, als dritte führende Persönlichkeit in der Allianz gegen die das europäische Gleichgewicht bedrohende Bourbonenmonarchie neben Eugen und Marlborough zu treten. Der Prinz, der wohl schon länger mit diesem führenden Staatsmann Hollands in brieflicher Verbindung stand 1 3 0 ), fand ihn, als er ihm nun persönlich gegenübertrat, sofort „gar raisonable", und so ist denn wohl in jenen Apriltagen des Jahres 1708 ohne Absprache das Triumvirat errichtet worden, das in der nächsten Zeit als die mächtige Repräsentation der großen Koalition gegen Frankreich bewundert und gefürchtet wurde. Was ist nun damals beschlossen worden? Man hat sich mit der Hilfe für Spanien beschäftigt, und die beiden Feldherrn vereinbarten jene Konvention über die Zuführung weiterer kaiserlicher Regimenter nach der Pyrenäenhalbinsel, doch blieb man von der Erfüllung des ursprünglich aufgestellten Programms noch weit entfernt, so daß sowohl Quiros als auch der H o f von Barcelona sich „sehr diskonsoliert" zeigten, „daß zu nachdrücklicher Fortsetzung des Krieges keine nähere und zulängliche Mesures bei jetziger Zusammenkunft genommen" wurden 1 3 1 ). Dagegen meinten die Eingeweihten im Haag, daß Prinz Eugen Ursache habe, „vergnügt" wieder abzureisen. Denn die Verbündeten hatten der Aufstellung einer Armee von 40 000 Mann an der Mosel und seiner Betrauung mit ihrem Kommando zugestimmt. Über die Verteilung der Truppen auf sie und auf die Armee am Oberrhein, die gleichfalls 40 000 Mann umfassen sollte, wurden große Tabellen aufgestellt, um die sich vor allem der holländische Deputierte Graf Rechteren bemühte; freilich meinte Eugen, daß da manches konfus sei. An die Mosel hatten nach den Haager Abmachungen von kaiserlichen Regimentern drei zu Fuß und fünf zu Pferd, davon je ein Dragoner- und

Haager Beschlüsse

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Husarenregiment, zu ziehen, mit ihnen sollten sich je 10 000 Pfälzer und Hessen sowie 4500 Sachsen auf Grund von zum Teil noch zu schließenden Subsidienverträgen zwischen den Seemächten und den betreffenden Fürsten vereinigen 132 ). Natürlich konnte dieser Beschluß nicht lange geheim bleiben, was im übrigen, wie der Prinz in dem Bericht an den Kaiser meinte, auch keinen Schaden bringen würde, wenn nur dabei der Eindruck entstand, „als wenn an keine andere Operation als an der Mosel zu gedenken wäre". In Wirklichkeit aber war man sidi bereits darüber einig geworden, daß diese Armee nicht an der Mosel oder am Rhein tätig werden, sondern nach den Niederlanden marschieren sollte, um sich dort mit den Truppen Marlboroughs zu vereinigen 133 ). Es war ein kühner Plan, gewissermaßen die umgekehrte Absprache wie 1704: diesmal wollte der kaiserliche Feldherr dem Engländer Hilfe bringen, und wenn dieser einst seine Absicht vor leitenden Kreisen der Seemächte geheimgehalten und bei einem Mißerfolg mit bitteren Vorwürfen rechnen mußte, so befand sich Eugen jetzt in der gleichen Lage dem Reich gegenüber. Es kam nun vorerst darauf an, ob man die Regimenter für die „Moselarmee" wirklich loslösen oder aufbringen und wie man darüber mit dem Führer der Reidisarmee zu einer Verständigung gelangen konnte. Diese Aufgaben sollten in unmittelbarem Anschluß an die Haager Konferenzen zum Teil gemeinsam, zum Teil gesondert der Prinz, Marlborough und Graf Rechteren lösen 1 3 4 ). Zu verschiedener Zeit sind sie aus dem Haag abgereist, um sich bei dem Kurfürsten in Hannover zu treffen. Eugen hatte es auf sich genommen, vorher mit Johann Wilhelm von der Pfalz über die Abgabe von dessen Truppen zu verhandeln. Der Kurfürst war bisher im allgemeinen bereitwillig den Anforderungen der Alliierten, deren Zusammenschluß er ja selbst eifrig gefördert hatte, nachgekommen, ja er hatte sich noch zuletzt mit der Verwendung eines Teiles seiner nach Italien gesandten Truppen in Spanien einverstanden erklärt. Aber es gab zur Zeit Verstimmungen zwischen ihm und Wien: sein Ziel war die Rückgewinnung der vierten — statt der achten — Kur und vor allem der Oberpfalz, die seinem Hause im Dreißigjährigen Krieg von Bayern abgenommen worden waren, sie war ihm auch vom Kaiser zugesagt worden, und nach der Reichsächtung Max Emanuels im Jahre 1706 drang er auf rasche Einsetzung in Würde und Land, die aber aus mannigfachen

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Angriff gegen Frankreich

Gründen auf Widerstand stieß 135 ). Eugen wurde durch den Grafen Lecheraine angekündigt, der in jenen Jahren als Verbindungsmann des Pfälzers zu den Verbündeten eine geschäftige Tätigkeit entfaltete und mit Marlborough von England zurückgekehrt war, er sandte dann den General Graf Vehlen voraus. Am 21. April langte er selbst, begleitet von einem der Söhne seines verstorbenen Bruders, des Grafen von Soissons, in Düsseldorf an, der Hauptstadt des mit der Pfalz vereinigten Herzogtums Berg und bevorzugten Residenz Johann Wilhelms, und blieb dort über das Wochenende 136 ). Es scheint ihm gelungen zu sein, den Unmut des Kurfürsten zu beschwichtigen, der sich jedenfalls bereit erklärte, insgesamt 12 Bataillone und 15 Schwadronen zwischen dem 20. und dem 25. Mai an die Mosel zu entsenden. Von Düsseldorf ging es dann nach Hannover. Marlborough, auf dessen Anwesenheit bei den schwierigen Besprechungen mit dem Weifen der Prinz offenbar besonderen Wert gelegt hatte 137 ), traf auf seiner Fahrt vom H a a g zunächst Rechteren, und dann am 26. April auf der letzten Poststation vor Hannover Eugen, so daß alle drei gemeinsam in H a n nover einfuhren, wo sie noch in der Nacht von Georg Ludwig, seiner Mutter Sophie und dem Kurprinzen Georg empfangen wurden 138 ). Man ist bis zum 29., einem Sonntag, zusammengeblieben, und die gesellschaftlichen Unterhaltungen haben der klugen Kurfürstin Sophie Gelegenheit geboten, die beiden so berühmt gewordenen Männer zu beobachten. Als eifrige Briefschreiberin hat sie ihre Eindrücke ihren Verwandten mitgeteilt. Wenn Eugen ihr äußerlich neben dem strahlenden Engländer nicht gefiel, so fühlte sie sich dagegen von seinem Auftreten und Wesen angezogen. „Ihro Liebden", so hatte sie schon nach seinem ersten kurzen Aufenthalt der Raugräfin Luise berichtet, „gefallen in allem wohl von Verstand und Manieren, allein der häßliche Schnupftabak ist gar nicht schön." Nach dem zweiten Besuch meinte sie dann, daß an ihm nicht viel zu sehen sei: „man muß Ihro Liebden kennen, um ihn zu estimieren" 139 ). Später hat sie ihrer Enkelin Sophie Dorothea, die seit 1706 mit dem preußischen Kronprinzen verheiratet war, verschiedentlich von diesem merkwürdigen Menschen gesprochen, dessen Äußeres nicht seine schönste Eigenschaft sei — „Het is ghen moie man", hätten die Holländer bei seinem Anblick gesagt — der aber Herz, Geist und Verstand habe, der ebenso wie Marlborough zeige, daß Helden höflich, menschlich und leidenschaftslos sein

Eugen und Marlborough in Hannover

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könnten, weshalb sie auch bei aller Welt beliebt wären, und der immer die ruhige Überlegung wahre, ohne sich zu erzürnen 140 ). Die Sympathie, die sie ihm entgegenbrachte, hat ihr Sohn freilich nicht geteilt. Offensichtlich war er wenig erbaut davon, daß jener gleichberechtigt als Feldherr neben ihn treten sollte und ihm möglicherweise den Lorbeer raubte 141 ). So war es denn auch nicht leicht, ihm die Zustimmung zu den Vorschlägen, die man ihm unterbreitete, abzuringen. Der Prinz, so schrieb Marlborough am 29. April an Wratislaw, werde in Wien berichten, welche Schwierigkeiten man habe überwinden müssen, „aber endlich haben wir alles mit dem Kurfürsten so gut abgesprochen, als es uns möglich war" 142 ). In einer Niederschrift vom gleichen Tage hat Georg Ludwig die Bildung der zweiten Armee in Deutschland unter Eugen gebilligt, wobei aber die vorgesehenen Abstellungen von der Reichsarmee um zwei Kavallerieregimenter vermindert und die Lieferung von Feldartillerie auf zehn bis zwölf Stück beschränkt, ferner dem Kurfürsten baldige Zuführung von 5000 Mann seitens der Seemächte versprochen wurde 143 ). In Aussicht genommen wurde für die Zeit zwischen dem 20. und dem 25. Mai die Versammlung der Armeen Marlboroughs bei Brüssel, Eugens bei Kastellaun, Georgs hinter den Ettlinger Linien. Was seine beiden Besucher danach vorhatten, darüber haben sie ihrem Gastgeber keineswegs reinen Wein eingeschenkt: sein Mißtrauen war insofern durchaus berechtigt. „Wir hielten nicht für rätlich", so schrieb Marlborough nach seiner Rückkehr in den Haag an den englischen Schatzkanzler Godolphin, „Seiner Kurfürstlichen Durchlaucht die Absicht der Vereinigung unserer beiden Armee zu eröffnen, so daß, wenn es dazu kommt, er sehr entrüstet sein wird; aber da der Erfolg des Feldzugs davon abhängt, konnten wir nichts anderes tun und müssen nun uns mit Geduld wappnen" 144 ). Gleichzeitig haben die beiden Dioskuren Hannover am Nachmittag des 29. April in verschiedener Richtung verlassen, um nun schleunigst im Haag und in Wien die getroffenen Abmachungen zu verwirklichen. Eugen hat wohl wieder in Dresden Station gemacht, um erneut bei dem Kurfürsten-König die Überlassung sächsischer Truppen an das Reich und an die Seemächte zu betreiben. Nach dem Bericht des holländischen Gesandten in Wien vom 5. Mai erwartete man ihn am 7. oder 8. zurück 145 ), und da wir ihn am 8. bei einer unter dem Vorsitz des Fürsten Salm stattfindenden Kon-

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Angriff gegen Frankreich

ferenz finden, wird er wohl am Tag zuvor eingetroffen sein146). Die nächste Zeit war für ihn wieder mit Arbeit angefüllt, die nicht nur der militärischen Vorbereitung, sondern auch der Regelung strittiger politischer Fragen galt. Im Haag hatte man ihn bedrängt, doch endlich für die Erfüllung der berechtigten Ansprüche des Herzogs von Savoyen zu sorgen; der zum englischen Gesandten in Turin bestimmte Brigadier Palmes, der dieser leidigen Angelegenheit wegen nach Wien gekommen war, hat es dann in der Tat Eugen zugeschrieben, daß der Kaiser die rasche Erledigung zusagte147). Die italienischen Dinge mußten den Prinzen überhaupt beschäftigen, ob er nun als mailändischer Generalgouverneur Anordnungen für „die Besorgung des Staates" während seiner Abwesenheit traf 148 ) oder als Hofkriegsratspräsident aus den gleichfalls im Haag gefaßten Beschlüssen über etwaige Angriffe auf Sizilien und über die Operationen in Savoyen Folgerungen zu ziehen hatte: Visconti, der bis zum Eintreffen Dauns die kaiserliche Streitmacht in Mailand und Piemont befehligte, wurde angewiesen, sich an die Anordnungen des Herzogs zu halten, dabei aber darauf zu achten, daß seine Truppen „nicht mehr als andere hergenommen und auch sonst im Diensttun die billige Gleichheit observiert werde"; übrigens waren aus der italienischen Armee einige der für die Moselarmee bestimmten Kavallerieregimenter zu nehmen, die zum Teil schon auf dem Marsch waren, zum Teil — wie Eugens eigenes Dragonerregiment — jetzt beordert wurden 149 ). Daß zum Oberbefehl in Ungarn an Stelle Guido Starhembergs wieder der Feldmarschall Heister berufen worden war, entsprach wohl kaum den Wünschen des Prinzen, doch hat er auf Grund von Beratungen mit ihm am 17. Mai dem Kaiser einen Plan über die Verbesserung des dortigen Kriegsstaates eingereicht, von der er erhoffte, „die Erbländer von feindlichen Einbrüchen zulänglicher zu verwahren, das diesseitige Donau-Land samt ermeltem Hauptstrom vom Feinde gänzlich zu befreien, ja in das Herz des Königreichs selbst tiefer einzudringen und auf zukünftigen Winter ein mehreres Stück Land für die Subsistenz der Miliz zu gewinnen" 150 ). Natürlich aber kam es ihm vor allem darauf an, die Truppen, die seine Armee bilden sollten, so rasch als möglich an die Mosel zu dirigieren, damit sie, wie er für die kaiserlichen Regimenter schon am 8. Mai anordnete, „nach dem Konzert den 20. dieses, weil man aber wohl sieht, daß es unmöglich ist, auf das späteste gegen Ende dieses Monats gegen

Wieder in Wien, letzte Vorbereitungen

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Rheinfels oder Koblenz sich einfinden könnten". Zugleich war für die Zusammenstellung und Inmarschsetzung des Stabes und vor allem für die Beschaffung von Geld und die Sicherung der Verpflegung zu sorgen, „auf daß dem kaiserlichen allerhöchsten Dekor keine Schande zuwachse, wenn die kaiserlichen Truppen unter anderen fremden in lauter Elend und Miserie erscheinen und leben sollen". Der Prinz selbst hatte wohl bald nach dem 20. Mai aufbrechen wollen. Marlborough, der ihn gegen Ende des Monats bereits in der Nähe von Koblenz wähnte und als Verbindungsmann den Captain Armstrong zu ihm abfertigte, war nicht wenig enttäuscht, als er erfuhr, daß sich seine Abreise verzögert hatte und er sich noch immer in Wien befand 151 ). Der Grund lag anscheinend in Schwierigkeiten, die sich in Wien und in Regensburg wegen der Investitur des Pfälzers in die vierte Kur und in die Oberpfalz ergeben hatten: schroff erklärte darauf Johann Wilhelm, daß er seine Truppen, die ja einen beträchtlichen Teil der neuen Armee bilden sollten, angehalten habe und sie vor voller Erfüllung seiner Forderungen nicht weitermarschieren lassen werde 152 ). Angesichts der Gefahr, daß bei der fortschreitenden Zeit französische Gegenmaßnahmen das ganze Konzept des Feldzugs über den Haufen werfen konnten, hat der Schritt des Kurfürsten bei den Führern der Verbündeten nicht geringe Bestürzung ausgelöst. Heinsius sah schon das ganze Spiel verloren, und Marlborough ließ sich heftig über die Deutschen aus, denen gegenüber Geduld die wichtigste Tugend sei, aber beide hofften, daß es Eugen gelingen werde, auch dieses Hindernis zu nehmen 153 ). Er hat in der Tat wohl in Wien selbst auf unverzügliche Anerkennung des pfälzischen Standpunktes gedrängt und sich dann Vollmachten geben lassen, um bei seiner Fahrt durch das Reich bei Reichstag und Reichsständen die rasche Erledigung der Angelegenheit zu betreiben. Vom 1. Juni an hat er in seinen Korrespondenzen von einem zum anderen Tag seine Abreise angekündigt, die dann schließlich am 5. Juni erfolgte 154 ). Würde es ihm gelingen, seine Armee noch rechtzeitig zu versammeln und in Marsch zu setzen? Und würde er dann gemeinsam mit dem englischen Waffengefährten auf einem ihm bis dahin unbekannten Kriegsschauplatz die Voraussetzungen für Sieg und Frieden schaffen können?

15 Braubadb, Prinz Eugen

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Angriff gegen Frankreich

3. Von Frücht, der letzten Poststation vor Nürnberg, hat der Prinz am 7. Juni 1708 dem Kaiser die erste Nachricht zugehen lassen: er hatte am Tage zuvor den kaiserlichen Prinzipalkommissar K a r dinal Lamberg an dessen Bischofssitz in Passau gesprochen, der ihm zugesagt hatte, sich sofort nach Regensburg zu begeben, um dort die pfälzische Investitur durchzusetzen 155 ). Am Nachmittag des 9. Juni kam er in Frankfurt an, wo er erfuhr, daß einige kaiserliche Bataillone und Kontingente von Würzburgern, Sachsen und Hessen an der Mosel angelangt waren: sofort hat er darauf an Johann Wilhelm einen Brief gerichtet, in dem er ihn beschwor, den Marschbefehl zu geben, da sonst die Gefahr eines Überfalls auf die vorgeschobenen Truppen und ihres Rückzugs auf das rechte Rheinufer bestehe 156 ). Von seinem Hauptquartier Mühlburg kam der inzwischen bei der Reichsarmee wieder eingetroffene Kurfürst von Hannover nach Frankfurt. Ihn wies der Prinz in einer offenbar nicht sehr erquicklichen Unterredung 1 5 7 ) auf Nachrichten hin, daß der Feind angesichts des Auftauchens deutscher Regimenter an der Mosel Kräfte vom Oberrhein nach dort ziehe, womit der Kurfürst weit eher und besser Gelegenheit erhalte, mit seiner Armee zu operieren, „als wenn er eine größere Anzahl Truppen beisammen und hingegen diese Diversion nicht hätte". Der mißtrauischen Frage nach seinen Absichten wich er aus: er wisse es selbst noch nicht, da seine Armee noch nicht zusammen sei und er sich „nach den K o n junkturen und der Stärke des Feindes regulieren müßte". In den nächsten Tagen hat er in Mainz den Reichserzkanzler Lothar Franz von Schönborn besucht, wo er neben politischen Gesprächen Zeit fand, dessen in Entstehung begriffenen neuen Garten zu besichtigen und voll Interesse den ihm vorgelegten Plan zu studieren 158 ). Am 18. Juni verlegte er sein Quartier von Frankfurt nach Schlangenbad im Taunus, „allwo", wie er dem Kaiser meldete, „bis die Armee beisammen, a portee bin, in ein und anderen Stunden allenthalben hin, wo es die N o t erfordern würde, kommen zu können". Während die noch zurückliegenden kaiserlichen Regimenter langsam herankamen und auf die Rheinübergänge bei Rheinfels und Braubach marschierten, wartete der Prinz immer noch voll Ungeduld auf die Entscheidung des Pfälzers. Am 14. hatte er sich erneut an ihn gewandt und bittere Klage darüber geführt, daß er außerstande

Fahrt an den Rhein

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sei, die Operationen zu beginnen, „welches hingegen, da midi der Duc de Marlborough darum beständig pressiert, bei den sämtlichen hohen Herrn Alliierten ein großes Geschrei verursachen würde, ohne daß ich an dieser Verweil- und Verspätung die geringste Schuld trage" 159 ). Aber erst als er ihm von Schlangenbad mitteilen konnte, daß es mit der oberpfälzischen „Restitution" in Regensburg nun „seine völlige Richtigkeit" habe 160 ), hat Johann Wilhelm dem das pfälzische Korps befehligenden Graf Nassau die Erlaubnis gegeben, über den Rhein zu gehen. Am 22. Juni verließ der Prinz darauf Schlangenbad und begab sich nach Ehrenbreitstein, wo er sich mit Rechteren traf, der mündlich das wiederholte, was Marlborough ihm durch Armstrong und schriftlich schon vorher dargelegt hatte, nämlich daß es nun höchste Zeit zum Handeln sei161). Am 25. ritt der Generaladjutant Hohendorff nach Düsseldorf, um letzte Zögerungen und Vorbehalte des Kurfürsten auszuräumen, am folgenden Tage traf in Ehrenbreitstein der Bote ein, der dem Feldherrn endlich freie Verfügung über das pfälzische Korps gab162). Nun, da bereits fast alle Teile der Armee jenseits des Rheins zwischen Kastellaun und Koblenz standen, konnten die Befehle zum Aufbruch erlassen werden. Damit mußte dann auch das bisher streng gehütete Geheimnis über Richtung und Ziel der Operationen enthüllt werden. Man hatte wohl verabredet, es so hinzustellen, als wenn der Entschluß zum Marsch in die Niederlande plötzlich auf Grund von dringenden Vorstellungen Marlboroughs gefaßt worden sei. Schon ein Schreiben des Engländers vom 30. Mai, in dem angesichts der Unfertigkeit des Standes von Eugens Armee und der dadurch erzwungenen Inaktivität an der Mosel der Vorschlag gemacht wurde, mit den vorhandenen Truppen, vor allem der Kavallerie, plötzlich nach Belgien zu marschieren, wo dann mit einer siegreichen Schlacht der Krieg entschieden werden könnte, war wohl bestimmt, von dem Prinzen gegenüber den Reichsständen und vor allem dem Kurfürsten von Hannover verwandt zu werden 163 ). Da war es indessen noch viel zu früh gewesen, und noch in Schlangenbad hat Eugen auf Fragen des wohl nicht rein zufällig dort zur Kur weilenden hannoverschen Kammerpräsidenten Baron Görtz nach seinen Operationsplänen noch ebenso „generaliter" geantwortet, wie vorher in Frankfurt dem Kurfürsten selbst, daß nämlich „alle Vorhaben von der Zeit und Gelegenheit, auch von der Contenance des Feindes 15*

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dependierten", wobei er immerhin schon einfließen ließ, es habe ihm Marlborough vor einiger Zeit „vom Hinuntergehen etwas geschrieben", indessen sei seither nichts mehr davon zu vernehmen gewesen164). Dabei mußte ihn inzwischen ein neues Schreiben des Lord-Herzogs erreicht haben, in dem dieser von gefährlichen französischen Bewegungen berichtete und ihn beschwor, ohne auf die Pfälzer zu warten, sofort mit der Kavallerie zu ihm zu stoßen, da der Gewinn von zwei Tagen von größter Bedeutung sein könnte 165 ). Auch hierbei hat es sich wohl um ein „ostensibles" Schriftstück gehandelt, denn sein Inhalt kehrt teilweise wörtlich wieder in einem dritten Brief Marlboroughs mit dem Datum des 24. Juni, den der Prinz dann nach der Zusammenkunft mit Rechteren in Ehrenbreitstein tatsächlich benutzt hat, um den angeblich plötzlich gefaßten Beschluß, Marlborough zu Hilfe zu eilen, zu begründen 166 ). Abschriften sandte er am 27. und 28. Juni an die Kurfürsten von der Pfalz und von Mainz 167 ), vor allem aber an Georg Ludwig von Hannover. In dem Begleitschreiben an diesen behauptete er, daß der Lord ihm noch vor wenigen Tagen versichert habe, allein in den Niederlanden wenig oder gar nichts tun zu können, so daß zu überlegen wäre, „ob man hier an der Mosel eine rechtschaffene Operation zu unternehmen vermöchte oder ob nicht etwa conjunctis viribus allda in den Niederlanden mit mehrerer Avantage zu operieren sei", daß ihn aber soeben durch eigenen Kurier dieser Brief mit der nachdrücklichen Vorstellung, „mit aller Behendigkeit" zu ihm zu eilen, erreicht habe. Es folgt dann in der für jene Zeit charakteristischen Umständlichkeit die Rechtfertigung seines Eingehens auf diese „Pression": „Wenn ich nun betrachte, wie langsam es dahier mit einem und anderem zugeht und wie weit es sich mit der Artillerie sowohl als der Bespannung hinauszieht, und daß ich absonderlich keine Operation unternehmen kann, bis mir mehrgedachtes Duc de Marlborough Liebden die Euer Gnaden bekanntermaßen zu der meinem Kommando untergebenen Armee nach genommenem Konzert von unten herauf destinierte Anzahl Volks überschickt, der Feind hingegen andurch Zeit und Gelegenheit gewinnt, aller Orten seine Praecautiones zu nehmen, so ergibt sich von selbst, daß dahier, nachdem mehrwiederholtes Duc de Marlborough Liebden bei der erinnerten Beschaffenheit in der Situation, als sie sich befinden, nichts oder wenig unternehmen könnten, nicht viel zu operieren sein werde. Und weil ich aber auch nicht gern auf

Täuschung des Kurfürsten von Hannover

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mich nehmen wollte, wenn gegenwärtige Campagne fruchtlos ablaufen sollte, daß man mir etwa eine Schuld beimessen möchte, daß ich auf beschehene Requisition nicht sogleich den Marsch hinunter angetreten und mithin Zeit und Gelegenheit, wo etwa dem Feind durch die vereinigten und verstärkten Kräfte ein Streich anzubringen gewesen wäre, versäumt hätte, so habe ich nicht wohl anders tun können, als mich zu diesem Ende alsogleich ins Mouvement zu setzen, wovon dann Euer Gnaden hiermit gehorsamst Nachricht erstatte und anbei bedauere, daß die Wichtigkeit dieses Marsches mich so eilfertig von hier abfordere, wodurch mir die Gelegenheit entgeht, mit Euer Gnaden vorher noch ein- und anderes konzertieren zu können." Er schließt dann mit dem gleichen Hinweis, mit dem er früher Vorteile für die Reichsarmee aus der Moseloperation angekündigt hatte, daß nämlich der Feind gezwungen werde, ihm ein großes Detachement nachzuschicken, womit der Kurfürst bessere Aussichten für eigene Operationen erhalte 168 ). Dem Kaiser hat er in seinem Bericht vom selben Tage offen gestanden, daß dies alles eine Mystifikation war: in dem Brief an den Hannoveraner „simuliere" er, „als ob von diesem vornehmenden Marsch niemals was Positives gewußt hätte, gleich des Duc de Marlboroughs Schreiben danach eingerichtet ist, um ihm den Wahn und sich zu beklagen die Gelegenheit zu nehmen, als ob man ihm was verhehlt hätte" 1 6 9 ). Es war wahrhaftig kein schönes Spiel, das da mit dem Kurfürsten gespielt worden war. Und glaubten die Verschworenen, zu denen ja nun freilich von Anfang auch Kaiser Joseph wenigstens als duldender Mitwisser gehört hatte, wirklich, den Weifen jetzt noch hinters Licht führen zu können? Mit bitteren Worten hat er bei dem Kaiser jene Klage geführt, zu der ihm der Prinz die Gelegenheit hatte nehmen wollen: „Während ich schon mich großen Hoffnungen hingab, wandelte diese ein Schreiben des Prinzen Eugen in ebenso tiefe Betrübnis. In sehr höfliche Worte hüllte es die unangenehme Nachricht, daß es nichts sei mit der Expedition an der Mosel, daß der Stand der Dinge sich verändert habe und daß er darum nicht umhin könne, beim Beginn des Monats Juli sich in Eilmärschen nach Flandern zu begeben. Mögen Eure Kaiserliche Majestät urteilen, mit welchen Gefühlen ich diese unverhoffte, mir so wenig anständige Nachricht empfangen habe; denn sie zeigte mir ja klar, daß ich geprellt, daß alle unsere in Hannover getroffenen

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Angriff gegen Frankreich

Verabredungen eine Spiegelfechterei, daß an eine Unternehmung die Mosel herauf niemals ernstlich gedacht sei. Freilich hatten auch schon vorher einige Umstände einen Verdacht bei mir erregt. Ich verwarf ihn jedoch, weil ich den Gedanken an eine solche absichtliche Täuschung nicht Raum verstatten wollte. Ein anderer, dem die eigene Ehre höher als das Vaterland steht, hätte unter solchen Umständen das Lager verlassen und sich heimwärts begeben. Ich habe die Sache des Vaterlandes vorgezogen" 170 ). In derselben Zeit, in der, wie wir sahen, der Fürst Salm in einem Schreiben an den spanischen Habsburger schärfste Vorwürfe gegen ihn erhob, hatte sich der Prinz Eugen so einen mächtigeren Herrn zum Feind gemacht. Er hatte das wohl bewußt auf sich genommen in der Überzeugung, daß ohne die Täuschung des Führers der Reichsarmee die Bildung der zweiten Armee nie erreicht und damit die Voraussetzung für den nach seiner und Marlboroughs Meinung besten Weg für einen entscheidenden Sieg nicht geschaffen worden wäre. Audi für ihn persönlich und seine künftige Stellung hing viel davon ab, daß dieser Sieg wirklich errungen und die von Salm ausposaunte düstere Prognose für den bevorstehenden Feldzug widerlegt wurde. Die Hilferufe, die Marlborough an den Freund gerichtet hatte, waren verabredet gewesen, aber sie sollten zuletzt echt werden, denn er geriet damals in Belgien in eine bedrohliche Lage171). Er hatte seiner aus rund 70 000 Mann, darunter erheblichen preußischen und hannoverschen Kontingenten, bestehende Armee als Sammelpunkt die Gegend um Brüssel angegeben, in der Meinung, solange Zeit gewinnen zu können, bis Eugen herangekommen war 172 ). Doch schon Ende Mai hatten die Franzosen, deren Führung in den Händen des von Vendome beratenen jungen Herzogs von Burgund, des ältesten Enkels Ludwigs XIV., lag, den Vormarsch aus ihrem Versammlungsraum bei Saint-Symphorien in Richtung Brüssel angetreten, so daß Marlborough seine Truppen auf Löwen in der Richtung, aus der die Deutschen kommen mußten, ziehen ließ. Es war noch ein Glück für ihn, daß der Feind bei Braine l'Alleud südlich von Brüssel halt machte und dort fast den ganzen Juni stehen blieb: man hatte von den Ansammlungen an der Mosel erfahren und wollte wohl zunächst Klarheit über die Absichten der Verbündeten gewinnen. Anfang Juli aber wandten die Franzosen sich plötzlich nach Westen, überschritten den Dender und nahmen bei Alost Stellung gegen Osten, während Detache-

Der Armee voraus nach den Niederlanden

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ments eiligst weiter gegen Gent und Brügge marschierten, um sich dieser wichtigen Plätze zu bemächtigen. Marlborough hatte vermutet, daß sie Brüssel angreifen wollten, er war daher gleichfalls nach Westen aufgebrochen, wo er sich im Nordwesten der Stadt bei Assche lagerte 173 ). Doch da kam die Nachricht, daß Gent und Brügge bereits am 6. Juli kapituliert hatten. Es war ein harter Schlag, der die Alliierten um so schwerer traf, als sie nun auch für Antwerpen, Courtrai, Menin und vor allem das an der Scheide südwestlich von Gent gelegene Oudenaarde fürchten mußten, in denen nur schwache Besatzungen lagen. Marlborough, der schon bei Abschluß des vorjährigen Feldzugs Zeichen ungewöhnlicher Nervosität gezeigt hatte 174 ), wurde anscheinend von Herzattacken, jedenfalls aber von einer tiefen Depression befallen, die natürlich auch auf seine Umgebung wirkte und die Stimmung in seinem Lager tief niederdrückte 175 ). Es war tatsächlich höchste Zeit, daß Eugen kam, und er traf gerade in diesem Zeitpunkt ein, wenn auch noch ohne seine Truppen. Noch von Ehrenbreitstein hatte er für den 29. Juni den Aufbruch seiner Armee in Richtung Maastricht angeordnet, selbst war er dann am 1. Juli von Koblenz der kaiserlichen Kavallerie nachgeritten und hatte mit ihr am 3. Düren erreicht, von wo aus er mit einer Husareneskorte alle Kolonnen überholte. Am 4. war er in Maastricht, wo der ihm von Marlborough entgegengesandte englische Generalmajor Cadogan ihn erwartete 176 ). Die bösen Nachrichten aus dem seemächtlichen Hauptquartier veranlaßten ihn zu weiterer Beschleunigung: am 5. war er in Aersdiot und in der Frühe des 6. in Brüssel, wo er sich auch nicht aufhielt, sondern noch am gleichen Tage nach Assche eilte. Nach dem Bericht eines Augenzeugen, des preußischen Obersten Grumbkow, erklärte ihm Marlborough nach herzlicher Begrüßung und Umarmung, „daß in der niederschlagenden Lage, in der er sich befände, nichts ihm mehr Trost gewähren könnte, als seine Gegenwart" 177 ). Eugen war nicht wenig betroffen von Zustand und Stimmung, in denen er den Freund fand, wie auch über die „Konsternation" im Lager, wo man sich gegenseitig Vorwürfe machte und „verschiedene harte Reden" geführt wurden 178 ). Doch schon nach kurzer Zeit glaubte Grumbkow feststellen zu können, daß der Lord-Herzog sich auf Grund einer Aussprache mit dem Prinzen gefaßt habe. Es fanden dann Beratungen über die nun zu treffenden Maßnahmen statt, an denen auch Cadogan und der holländische

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Angriff gegen Frankreich

General Dopff teilnahmen. Der Beschluß, den durch den soeben erst erfolgten Marsch erschöpften Truppen zwei Tage Rast zu gönnen, dann aber überraschend den Dender bei Lessines zu überschreiten, um wenigstens Oudenaarde und Menin zu retten und womöglich Gent wiederzunehmen, scheint auf den Prinzen zurückgegangen zu sein, der zugleich seinen noch weit zurückliegenden Kolonnen den Befehl zukommen ließ, eiligst weiter zu marschieren, um die Deckung von Brüssel zu übernehmen: er rechnete damit, daß die Kavallerie am 10., die Infanterie freilich kaum vor dem 15. dort eintreffen konnte. Was die Befehlsverhältnisse betraf, so hatte er schon während seines Aufenthalts im Haag sich bemüht, die Holländer zu Instruktionen an ihre Felddeputierten zu bewegen, die ihren Einfluß auf die militärischen Entscheidungen auf ein vernünftiges Maß begrenzten und Streitigkeiten, wie sie sich im letzten Jahr zum Nachteil für die gemeinsame Sache zwischen ihnen und Marlborough ergeben hatten, unterbanden: daß der wohl fähigste der derzeitigen Deputierten, Sicco van Goslinga, zu Eugen rasch volles Vertrauen faßte, hat diese Absicht erleichtert 179 ). Was das Verhältnis der beiden Feldherrn zueinander betraf, so ergab sich sofort wieder die gleiche Harmonie wie 1704, so daß sich eine feste Regelung erübrigte: der Prinz galt offenbar, noch bevor seine Truppen angekommen waren, als gleichberechtigter Oberbefehlshaber, und später wurde es wohl schon auf Grund der Stärke der beiden Armeen, aber auch wohl in Berücksichtigung der Empfindlichkeit des Engländers so, daß, wie Eugen in einem Rückblick nach dessen Ausscheiden vermerkt hat, „Marlborough (mit welchem ich bekanntermaßen in jedesmaligem gutem Vernehmen gestanden und der auch schon vor meiner Herunterkunft die Armee schon allein kommandiert gehabt) über die große, ich aber, wie man zu sagen pflegt, über die kleine Armee das Kommando geführt" 180 ). Der Prinz ist nach Vereinbarung über die nächsten Operationen nicht im Lager geblieben, sondern hat sich für die Zeit bis zu dem auf den 9. Juli festgesetzten Aufbruch nach Brüssel begeben, wo er nach langen Jahren zum ersten- und zugleich zum letztenmal seine wohl schon von ihrer Todeskrankheit befallene Mutter besuchte181). In der Frühe des 9. schwang er sich dann aufs Pferd, um zu der bereits im Marsch befindlichen Armee Marlboroughs zu stoßen, deren von Cadogan befehligte Vorhut er sich anschloß. Man zog zunächst zwischen dem Dender und Brüssel in südöst-

Eugen im Hauptquartier Marlboroughs

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lidier Richtung, um dann plötzlich nach Norden gegen den Fluß abzubiegen und nach seiner Überquerung bei Lessines zu lagern. Von hier brach Cadogan in der Frühe des 11. auf mit dem Auftrag, Oudenaarde zu erreichen, dort Brücken über die Scheide zu schlagen und „anbei zu sehen, was etwa vom Feinde, welcher den eingelaufenen Kundschaften nach gleichfalls marschieren sollte, für Nachrichten einzuholen sein möchten" 182 ). Die Absicht war wohl dahin gegangen, zunächst einmal Oudenaarde zu sichern und unter Umständen sich gegen Gent oder den nunmehr im Osten stehenden Gegner — falls er in seiner Stellung bei Alost am Dender verharrte — zu wenden, ihn also vom Rücken zu bedrohen. Es erwies sich indessen, daß die Franzosen ihrerseits am 9. Juli aufgebrochen und denderaufwärts gezogen waren und sich dann in der Erkenntnis, daß die Verbündeten ihnen hier zuvorgekommen waren, gleichfalls in nordwestlicher Richtung der Scheide zugewandt hatten, die sie bei Gavre nördlich Oudenaarde überschritten. Wieder erfüllte sich ihre Hoffnung, schneller zu sein als der Feind, nicht; als sie sich am 11. Juli aus dem Übergang über die Scheide nach Süden auf Oudenaarde entwickelten, trafen sie auf die bereits links der Scheide befindlichen Schwadronen Cadogans, hinter denen die Infanterie der Alliierten in Eilmärschen über die inzwischen hergestellten Brücken zog. Eine Schlacht in der Ebene nördlich der Feste noch am selben Tage war damit unvermeidlich geworden, wobei es nicht zum wenigsten darauf ankam, wer rechtzeitig seine Kräfte heranführen und in Schlachtordnung bringen konnte 183 ). An Stärke waren sich die beiden Armeen etwa gleich — hier wie dort über 100 Bataillone und über 200 Schwadronen; noch war eine, wenn auch nicht sehr hohe zahlenmäßige Überlegenheit der Franzosen vorhanden, da ja von der Armee Eugens einzig und allein der Feldherr selbst zur Stelle war. Den Franzosen standen Angehörige sehr verschiedener Völker und Staaten gegenüber: Holländer, Engländer und von den Seemächten in Sold genommene Dänen, Preußen und Hannoveraner, aber es waren durchweg gute, auch auf das gegenseitige Zusammenwirken eingestellte Truppen. Prinz Eugen hat schon bald nach seinem Eintreffen festgestellt, daß es sich um eine schöne Armee handelte, die „Lust zum Fechten" habe, und nach dem erfochtenen Sieg rühmte er, mit welcher Bravour Offiziere und Gemeine gekämpft und „mit was für einer Freud- und Herzhaftigkeit" sie sich in die Schlacht gestürzt hat-

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Schlacht bei Oudenaarde

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ten 184 ). Entscheidend für den Ausgang der Schlacht dürfte aber weniger dies gewesen sein, als die Umsicht und Energie, mit der die beiden Sieger von Höchstädt auch diesmal wieder den Einsatz ihrer Regimenter dirigierten, in raschem Zugreifen sich bietende Gelegenheiten ausnützten und durch Täuschung den Feind in Verwirrung zu setzen wußten, während es bei diesem zu verhängnisvollen Mißverständnissen zwischen dem Herzog von Burgund und dem Marschall Vendome kam. Mit Gefechten zwischen den Reitern Cadogans und den von dem Herzog von Biron geführten französischen Vortruppen hatte am frühen Nachmittag des 11. Juli 1708 der Kampf begonnen. Als Vendome, der den ersten Nachrichten von dem Erscheinen der Verbündeten keinen Glauben hatte schenken wollen, bei Heurne an der Straße Gent—Oudenaarde eintraf, glaubte er, durch einen umfassenden Angriff über Eyne den Gegner vor seiner Entfaltung anfallen zu können, sah sich aber durch die Moräste an der Scheide aufgehalten, und als er seine Truppen nach der anderen westlichen Seite wandte, wußte sich Cadogan Eynes und auch Heurnes zu bemächtigen, dort noch stehende Bataillone abzuschneiden und gefangenzunehmen und eine Kavallerieattacke abzuwehren. Inzwischen war die Masse der Alliierten unter den Augen der beiden Feldherrn glücklich über die Scheide gelangt, und Eugen erschien bei Cadogan an der Windmühle von Heurne, um hier den Aufmarsch auf dem sich bildenden rechten Flügel zu überwachen. Inzwischen hatten starke französische Streitkräfte hinter einem kleinen Nebenfluß zur Scheide, dem Norken, eine zur Verteidigung sehr geeignete Stellung erreicht, über die dann der rechte Flügel zum Angriff vorging. Vor ihm mußten die Reiter Cadogans zurückgenommen werden, aber zwisdien Eyne und dem westlich davon gelegenen Schloß Bruan stand nun preußische und englische Infanterie zum Abwehrkampf bereit, der längere Zeit hin und her wogte. Während hier der Savoyer den Befehl führte, baute Marlborough mit den nächsten über Oudenaarde herankommenden holländischen und hannoverschen Regimentern links davon eine Front auf, und endlich wurde die letzte aus Holländern und Dänen bestehende Gruppe unter dem holländischen Feldmarschall Ouwerkerke noch weiter nach Westen geschickt, um den rechten Flügel des Feindes zu umfassen. Diese Bewegung, die von Marlborough geschickt in die Flanke der Truppen Vendomes angesetzt war, und auf der anderen Seite die Zurückhaltung großer

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Angriff gegen Frankreich

Teile der französischen Armee hinter jenem Zufluß zur Scheide haben letztlich das Schicksal des Tages entschieden. Von Bedeutung waren auch die zähe Verteidigung der Linien bei Eyne, zu deren Entlastung Eugen um 7 Uhr abends die preußische Kavallerie des Generals von Natzmer eine verlustreiche Attacke reiten ließ, und endlich die umfassende Bewegung, zu der nun auch der allmählidi durch frische Truppen verstärkte rechte Flügel antrat. Die Dunkelheit war hereingebrochen, als sich die Masse der französischen Angriffsgruppe in dem von Hecken und Gräben durchzogenen Gelände vom Westen aufgerollt und schließlich im Rücken angegriffen und auch von Osten eingeschlossen sah: der Herzog von Burgund hatte sich nicht dazu entschließen können, den noch gar nicht ins Gefecht gekommenen linken Flügel seiner Armee eingreifen zu lassen, und ein von Vendome mit unzureichenden Kräften angesetzter Vorstoß wurde von den Dänen aufgefangen und von rasch durch Eugen herbeigeführten Bataillonen zum Scheitern gebracht. Die Nacht hat einigen der umringten französischen Formationen den Durchbruch nach Norden ermöglicht: um dies zu verhindern, soll der Prinz die List angewendet haben, den französischen Zapfenstreich schlagen und französische Befehle rufen zu lassen. Die Zahl der Gefangenen war jedenfalls beträchtlich, sie wurde von den Siegern auf insgesamt an die 8000 berechnet, und audi an Toten und Verwundeten hatte der Gegner offenbar erheblich mehr eingebüßt, als die Verbündeten, die ihre Verluste auf 3000 bis 4000 Mann, davon 1000 Gefallene, angaben 185 ). Die anscheinend von Vendome geforderte Wiederaufnahme des Kampfes am nächsten Tage wurde von dem Herzog von Burgund verworfen, der noch in der Nacht den Rückzug auf Gent anordnete. Von den Alliierten wurde eine Anzahl Schwadronen zur Verfolgung angesetzt, während ihre Hauptmacht die beiden nächsten Tage bei Oudenaarde stehenblieb. Mit der Siegesnachricht hat Eugen den Generaladjutanten Hohendorf?, „welcher von Anfang bis zu Ende bei mir gewesen", nach Wien gesandt. Es war die Armee Marlboroughs, die diesen bedeutenden Sieg errungen hatte, und so mochte auch ihm in erster Linie der Ruhm zufallen. Es gab freilich Schlachtteilnehmer, nach deren Meinung des Engländers „Gast" sich noch mehr Verdienste um diesen großen Erfolg erworben hatte. Der in Gefangenschaft geratene Herzog von Biron hat später bewundernd von der erstaunlichen Überein-

Eugens Anteil am Sieg

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Stimmung zwischen den beiden Männern berichtet, zugleich aber als seine Beobachtung mitgeteilt, daß im „ D e t a i l " alle weit mehr auf den Prinzen sähen und Generäle und Offiziere ihm in größerem M a ß e Vertrauen und Achtung entgegenbrächten 1 8 6 ). Wichtiger sind die Aussagen Goslingas, der sidi dabei auch auf die Meinung seiner Mitdeputierten Rechteren und Geldermalsen beruft 1 8 7 ). H ä t t e , so behauptet er, schon vor der Schlacht Marlborough nicht die der gefährlichen Entwicklung angemessene energische Haltung gezeigt, so habe man noch bei dem Übergang über die Scheide mit Besorgnis wahrgenommen, daß er keine klaren Befehle gegeben, was die Holländer veranlaßte, sich an den Prinzen zu wenden und ihn zu bitten, das Kommando zu übernehmen. Sie wollten ihn, als er dies für unmöglich erklärte, bei allem, was ihm teuer sei, beschworen haben, seinen Standpunkt zu ändern, worauf er schließlich in freundlichem T o n e seine Zusage gegeben, seinen H u t gezogen, sein Pferd angespornt und sich an die Spitze

der Truppe

gesetzt

habe. A u f Eugen, der sich dann übrigens der Deputierten als V e r bindungsmänner zum linken Flügel bediente, führt Goslinga siegbringende Bewegungen des rechten Flügels zurück. Sicher hat der Holländer sich diese Erzählung nicht aus den Fingern gesogen. Es wird nur wohl so gewesen sein, daß es durchaus in gegenseitigem Einverständnis zwischen dem Lord-Herzog und dem Prinzen zu einer Aufteilung der Aufgaben während der Schlacht gekommen ist und daß sie ständig miteinander in Verbindung gestanden haben. Wenn es bestimmt zutrifft, daß zunächst einmal Marlborough durch das Zusammensein mit dem Freund aus schwerer Depression gerissen und in der Armee damit neues Vertrauen gefaßt wurde, so haben sich in der Schlacht wohl beide auf der H ö h e der Situation befunden. Marlborough selbst hat rückhaltlos anerkannt, daß der Savoyer sich nicht weniger als er als Sieger von Oudenaarde fühlen durfte. „Sie werden zweifellos gehört haben", so schrieb er am 18. J u l i an Sinzendorf, „daß Prinz Eugen fast vierzehn T a g e sich bei uns befindet.

Seine Anwesenheit

allein

war während

der

Schlacht von größtem Nutzen." U n d einige Zeit später versicherte er einem seiner persönlichen Agenten, daß der Prinz und er sich niemals über ihren Anteil an den Lorbeeren streiten würden 1 8 8 ). Beiden Feldherren gleichmäßig hat übrigens Goslinga ihr V e r halten unmittelbar nach der Schlacht zum Vorwurf gemacht. I m Schloß zu Oudenaarde fand am 12. oder 13. J u l i ein Kriegsrat zur

238

Angriff gegen Frankreich

Festlegung der weiteren Kriegspläne statt, an dem die beiden Feldherrn, die holländischen Felddeputierten und die als Generalquartiermeister wirkenden Generäle Cadogan und Dopff teilnahmen 189 ). Hier hat nun Goslinga sofortigen Angriff auf die gesdilagene Armee des Herzogs von Burgund bei Gent gefordert, mit deren Vernichtung der Krieg beendet werden könnte. Er fand damit aber nur bei seinem Kollegen Geldermalsen eine zudem schwächliche Unterstützung, bei den Soldaten dagegen Ablehnung. In seinen Erinnerungen hat er voll Schärfe den holländischen General Dopff kritisiert, dem er Unfähigkeit und Leisetreterei vorwarf 190 ), während er von den Engländern und auch von Eugen behauptete, daß sie ein Interesse an der Verlängerung des Krieges gehabt hätten. Immerhin, so wußte er aus der Erinnerung noch zu berichten, habe der Prinz, als alle anderen votiert hatten, erklärt, daß manches für Goslingas Vorschläge spräche, er selbst aber kenne das Land und seine Verhältnisse nicht genügend, so daß er keine eigene Entscheidung wage und denen zustimmen müsse, die ihm hierin überlegen seien. Ob er nicht schon vorher mit Marlborough über die nächsten Schritte einig geworden war? Die Lust am Weiterführen des Krieges aber hat dabei gewiß keine Rolle gespielt. Es sprach eben doch manches gegen Goslingas Forderung. Man hatte nicht nur mit der Armee des Herzogs von Burgund zu rechnen, die bei Gent eine schwer angreifbare Stellung bezog. Als man im französischen Lager von dem Aufbruch der Truppen Eugens nach den Niederlanden erfahren hatte, waren von der zu ihrer Beobachtung an der Saar versammelten Heeresgruppe zunächst 17 Bataillone und 26 Schwadronen über Luxemburg nach Namur dirigiert worden, und ihnen war dann der Marschall Berwick mit ungefähr gleich starken Streitkräften gefolgt, die am Tage der Schlacht bei Oudenaarde bis zur Sambre gelangt waren und dann Möns und Valenciennes erreichten. War es für die Alliierten nicht vor allem geboten, sich zwischen die beiden feindlichen Armeen zu schieben, konnte man nicht Burgund und Vendome durch Vormarsch gegen ihre Verbindung über Nieuport und Ypern nach Frankreich zur Aufgabe ihrer Position bei Gent, von der sie noch immer Brüssel bedrohten, nötigen und sie vielleicht in der Bewegung nach Westen anfallen 191 )? Es galt ja nun vor allem auch, die Verbindung mit den Kolonnen der Armee des Prinzen aufzunehmen und mit ihrem Einsatz nicht nur die belgische Hauptstadt gegen jeden Handstreich von Gent aus zu

Die weiteren Operationspläne

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sichern, sondern auch das volle militärische Übergewicht auf diesem Kriegsschauplatz herzustellen. Sie langten um die Mitte des Monats bei Brüssel an, von wo aus Eugen die Hessen unter ihrem Erbprinzen die Front gegen Nordwesten nehmen ließ, einige sächsische Bataillone in Richtung Antwerpen entsandte, um dort erwartete Artillerietransporte aus Holland aufzunehmen, und die Hauptmacht, Kaiserliche und Pfälzer, zwecks Zusammenwirkens mit der Armee Marlboroughs und Beobachtung Berwicks zunächst nach Ath am Dender dirigierte. Inzwischen war der Engländer am 14. Juli mit zwei Kolonnen scheldeaufwärts gegen Helchin gerückt, während die Preußen unter dem Grafen Lottum zu jenem Stoß gegen die Verbindungslinien des Gegners im Nordwesten angesetzt wurden. Nach Überquerung der Lys bei Menin traf Marlborough wieder auf sie bei Wervicq, wo er ein Lager bezog, während Lottum weiter nach Westen vorgeschoben wurde, um die Verbindung mit Ypern und Lille zu unterbrechen. Schon streiften Reiter der Verbündeten durch das französische Artois bis nach Arras. Prinz Eugen, der sich zeitweise von Marlborough getrennt hatte, um seine Truppen bei Brüssel zu empfangen und ihnen die erwähnten Marschbefehle zu geben, stieß vor dem 18. Juli in Wervicq wieder zu ihm 192 ), und nun war es der Engländer, der ihm angesichts der Tatsache, daß die Franzosen nicht aus Gent abgezogen, sondern sich hinter dem Kanal von Brügge verschanzt hatten, einen kühnen Plan unterbreitete, nämlich unbekümmert um die feindlichen Armeen und um die vom Feind besetzten Festungen Ypern, Lille und Tournai, zwischen denen man stand, den Vormarsch gegen Paris anzutreten 193 ). Diesmal waren es vor allem die Holländer, die widersprachen: sie wollten zunächst Belgien ganz erobert, die noch nahe an ihren Grenzen stehenden französischen Streitkräfte daraus vertrieben und die Festungen genommen sehen, auf die sie dann als wertvolle Teile des von ihnen zu ihrer Sicherheit geplanten und geforderten Barrieregürtels die Hand legen wollten. Aber auch Eugen hat sidi nach Marlboroughs Behauptung versagt: ihm mochte ein so weiter Vorstoß in feindliches Land ohne jeden Stützpunkt im Rücken doch als zu riskant erscheinen. Er schlug seinerseits vor, den Angriff vorerst auf die bedeutendste jener Festungen, auf Lille, zu richten, mit deren Eroberung man dann im Besitz des nötigen Rückhalts und des Einfallstors nach

240

Angriff gegen Frankreich

Frankreich wäre. Die Holländer hätten wohl lieber die rasche Verdrängung der Franzosen aus Gent und Brügge gesehen, stimmten aber doch zu, und auch Marlborough nahm des Prinzen Plan an: sehr energisch scheint er jenen anderen Gedanken nicht vertreten zu haben. Einen Nachteil mußte man dabei von Anfang an in Kauf nehmen: in einer Lage, in der man nach Eugens eigener Feststellung, „wie wir wollten und so weit uns beliebte, in Frankreich auslaufen und hineingehen" konnte, verlor man Zeit, da man an eine Belagerung ernsthaft erst denken konnte, wenn man über schweres Geschütz verfügte. Es war im Antransport von Holland, von Sas von Gent und von Maastricht, aber der nächste Weg des Hauptkontingents von Norden, die Scheide, war bei Gent durch den Gegner gesperrt, und für die Herbeiführung zu Land wurden nicht nur zahlreiche Pferde, Wagen und sonstige Requisiten benötigt, es bestand auch die Gefahr, daß „der Feind von oben und unten darauf ankommen und dieselben in die Mitte nehmen" würde 1 9 4 ). So ergab sich für die Verbündeten als erste Aufgabe, die nötigen Vorsichtsmaßnahmen zu treffen, um ein Unglück zu verhindern und den Transport glücklich von Brüssel, wo er Ende Juli erwartet wurde, in das eigene Lager zu bringen. Zu diesem Zweck bradi am 3. August ein 25 Bataillone und 35 Schwadronen umfassendes Korps von Wervicq auf, um zu der bei Ath stehenden Gruppe der deutschen Armee zu stoßen. Die Leitung dieses großen Transport- und Deckungsunternehmens hat Eugen selbst übernommen, der am Abend des 4. in Ath eintraf, die Truppen dann nach Soignies führte, von dort aus mit dem in Brüssel weilenden Cadogan den Abmarsch der Geschütze am 6. regelte und sie sicher über Dender und Scheide geleitete. Von hier wurden sie von Truppen Marlboroughs, der am 12. August sein Lager von Wervicq nach Helchin verlegte, nach dem als Hauptdepotplatz bestimmten Menin geführt. Man war inzwischen übereingekommen, daß der Engländer mit dem Hauptteil seiner Armee von dem dafür günstig gelegenen Helchin aus die feindlichen Armeen beobachtete und in Schach hielt sowie den Nachschubweg von Brüssel über Ath sicherte, während die Belagerung von Lille durch eine aus beiden Heeren gemischte Streitmacht unter dem Befehl des Prinzen durchgeführt wurde. Immerhin war seit der Schlacht bei Oudenaarde ein Monat verstrichen, bevor die dazu bestimmten Truppen, insgesamt 53 Ba-

Angriff auf Lille

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taillone und 89 Schwadronen, von verschiedenen Seiten vor der Stadt eintrafen und den Angriff begannen 195 ). Im Dreieck zwischen Lys, Scheide und Scarpe gelegen und von der Deule durchflössen, war Lille, flämisch Ryssel, seit es vor vier Jahrzehnten aus spanischem in französischen Besitz gelangt war, von dem großen Festungsbauer Vauban zu einem mächtigen Platz mit 15 bastionierten Fronten, vier Hornwerken und einer fünfeckigen Zitadelle im Nordwesten der Stadt ausgebaut worden, der zudem durch künstliche Überschwemmungen schwer zugänglich war 196 ). Die Besatzung bestand aus 15 000 Mann, deren Führung der Gouverneur des französischen Flandern, Marschall Bouffiers, ein in vielen Kämpfen bewährter, umsichtiger und energischer Soldat, übernommen hatte 197 ). Wenn sich von ihm in denselben Tagen, da die Verbündeten vor den Mauern erschienen, ein deutscher Fürst, der Kurfürst-Erzbischof von Köln, Joseph Clemens, verabschiedete, der seit vier Jahren hier im Exil gelebt hatte 198 ), so konnte auf der anderen Seite Prinz Eugen, der sein Hauptquartier in der südwestlich der Stadt gelegenen Abtei Loos nahm, hier bald eine Reihe fürstlicher Schlachtenbummler, wie den KönigKurfürsten August den Starken von Sachsen und den Landgrafen Karl von Hessen-Kassel mit seinen Söhnen begrüßen. Am 14. August waren die Circumvallationslinien abgesteckt worden, am folgenden Tag begann der Angriff mit Vorstößen gegen die Redouten im Überschwemmungsgebiet, einige Tage später langte die Belagerungsartillerie an. Für den Dienst in den Gräben wurden zehn Bataillone eingeteilt, die alle zwei Tage wechselten. Man hatte sich entschlossen, den Angriff beiderseits der unteren Deule gegen die Werke zwischen der Porte St. André und der Porte de la Madeleine vorzutragen, womit man am ehesten an die Schleusen des Bewässerungssystems zu gelangen hoffte. Am 22. August wurden die Laufgräben eröffnet, am 24. die ersten Vorwerke gestürmt, am Abend des 26. ein Gegenangriff abgewehrt. Nach Aufstellung der Batterien hat Eugen persönlich am Morgen des 28. den ersten Schuß gegen die Hauptumwallung ausgelöst. In kurzer Zeit, so meinte er noch in seinem Bericht an den Kaiser vom folgenden Tag, werde sich zeigen, wie es mit der Stadt gehen werde 199 ). Doch nun erwies sich, daß man die Widerstandskraft des Gegners unterschätzt hatte. Heftige, wechselvolle Kämpfe entbrannten um vorgeschobene Schanzen, das Feuer aus der Festung richtete bei den eigenen 16 Braubach, Prinz Eugen

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Angriff gegen Frankreich

Batterien schweren Schaden an, der Angriff geriet ins Stocken. Und inzwischen kündigte sich ein Eingreifen der französischen Armeen an. Sie hatten in der T a t von König Ludwig den Befehl erhalten, sich zu vereinigen und Lille zu entsetzen. So waren denn der Herzog von Burgund und Vendome aus ihrem Lager bei Gent aufgebrochen und nach Ninove am Dender marschiert und ihnen entgegen hatte sich Berwick von südlich Tournai nach Osten gegen Möns in Bewegung gesetzt. Marlborough war seinerseits über die Scheide vorgerückt in der Absicht, ihr Zusammentreffen zu erschweren, aber weiter östlich, als er angenommen hatte, fand am 30. August die Vereinigung der Marschälle statt, die nunmehr über 110 000 Mann verfügten und gemeinsam nach Westen auf Tournai zogen, wo sie am 2. September die Scheide überschritten. Eiligst war auch der Engländer wieder über die Scheide gegangen, um südwestlich von Lille Front gegen den Feind zu nehmen. E r hatte mit Eugen ausgemacht, daß man sich gegenseitig unterstützen, seine Truppen also im Notfall durch Teile der Belagerungsarmee verstärkt werden sollten 200 ). Am 1. September war er selbst in Loos bei dem Prinzen erschienen, beide hatten dann am folgenden Tag eine Stellung erkundet, „wo man den Feind erwarten könnte", und sie südlich von Lille bezogen, wobei Regimenter Eugens an die obere Deule gelehnt den rechten Flügel bildeten und Marlborough mit seinen Formationen sich über die Marque, einen Nebenfluß der Deule, der Lille westlich umfließt, hinausschob 201 ). Die Franzosen kamen in einem Bogen südlich umfassend über Orchies, aber der für den 5. erwartete Angriff blieb aus, so daß die Alliierten Zeit gewannen, ihre Stellungen so zu verschanzen, daß sie als unangreifbar gelten durften, und Eugen nach Eintreffen von Verstärkungen aus Oudenaarde seine Truppen wieder in die Belagerungslinien zurücknehmen konnte. E r gewann so doch die Möglichkeit, den seit dem Monatswechsel geplanten Generalangriff anzusetzen, von dem er allzu optimistisch bereits den Fall der Festung erhoffte 202 ). Mit einer „General-Decharge" sämtlicher 155 Geschütze gegen Außenwerke und Hauptwall wurde der Sturm eingeleitet, zu dem am Abend des 7. September der Oberbefehlshaber selbst, bei dem sich König August, der Erbprinz von Hessen und der die holländischen Truppen befehligende Prinz Johann Wilhelm Friso von Nassau-Oranien aufhielten, das Signal gab. Unter stärkstem feindlichem Feuer und entsprechenden Verlusten stürmten Grenadiere

Belagerung von Lille

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und Füsiliere gegen den sogenannten gedeckten Weg vor, den sie nahmen und nach hin und her wogendem Kampf auch behaupteten, ohne aber durch die dahinterliegenden Wassergräben an die Contrescarpe heranzukommen: es war im Grunde ein bescheidener Erfolg, dem ein Verlust von rund 2500 Mann an Toten und Verwundeten entgegenstand. Nach den Beobachtungen des sächsischen Generals Schulenburg, der sich damals als Beobachter im Hauptquartier der Belagerungsarmee befand, hatte man vor ausreichender Zerstörung der Brustwehren die Verschanzungen angegriffen und war das Material zum Ausbau der eroberten Gänge u n d zum Uberbrücken der Gräben ungeeignet, w o f ü r die Ingenieure verantwortlich gemacht wurden; man gewinnt indessen den Eindruck, daß auch seitens der Leitung Fehler gemacht wurden: im Festungskrieg hat anscheinend der große Stratege und Schlachtensieger nicht die gleiche Wendigkeit und rasche Anpassung gezeigt wie im freien Felde. Gezwungen, nunmehr zunächst in zähem Sappenkampf die gewonnenen Stellungen zu behaupten und sich langsam weiter vorzuarbeiten, war er sich nun der Schwierigkeit des Unternehmens wohl bewußt geworden. Leider, so berichtete er Mitte September nach Wien, gehe es bei dieser Belagerung etwas langsam zu, „wasmaßen man bei einem so großen Werk nicht allezeit alles zur Genüge und der N o t d u r f t nach beisammen haben kann, zuförderst aber da der Maréchal de Bouffiers sich resolviert, die Festung bis auf die Extremität zu defendieren, so ihm um so leichter fallen wird, weil er sich nach Belieben allezeit in die Zitadelle retirieren kann; er disputiert solchemnach alles, was er nur kann, vornehmlich da er die feindliche Armee von der Stadt aus im Gesichte gehabt und dadurch um so mehr angefrischt gewesen ist" 203 ). Das blieb ja immer die beunruhigende Frage: würde die so nahe stehende französische Armee weiterhin tatenlos der Belagerung zusehen? Um die Marschälle, deren Uneinigkeit den Alliierten in dieser ganzen Zeit sehr zustatten gekommen ist, zu einheitlichem, energischem H a n d e l n zu bringen, hatte König Ludwig den Kriegsminister Chamillart in ihr Lager geschickt, was zur Folge hatte, daß sie am 11. September ihr bisheriges Lager abbrachen und in Schlachtordnung über die Marque gegen den linken Flügel der Verbündeten marschierten. Sofort führte Eugen wieder Teile seiner Armee heran, am 12. begannen die Gegner aus der Linie Pont-aMarque—Seclin eine Kanonade, die auch den 13. andauerte, ohne 16*

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Angriff gegen Frankreich

viel Schaden anzurichten. In der Erkenntnis, daß bei der Stärke von Marlboroughs Stellung ein Angriff hier kaum Erfolg versprach, änderten die Franzosen ihre Taktik: sie beschlossen, den Nachschub zur Belagerungsarmee zu unterbinden, und marschierten zu diesem Zweck in nordöstlicher Richtung über Marque und Scheide zurüdc, um durch eine Aufstellung nördlich von Tournai die Alliierten von Brabant abzuschneiden. Marlborough paßte sich der neuen Lage an, indem er seine Armee links der Scheide bei Templeure aufstellte, das Scheideufer bis Oudenaarde besetzen ließ und Maßnahmen zur Deckung von Brüssel traf. Der Prinz, der bereits am Abend des 13. September nach Loos zurückgekehrt war, konnte seine Aufmerksamkeit wieder ganz der Belagerung zuwenden, die freilich, behindert auch durch Regenwetter, nur geringe Fortschritte machte204). Um den gedeckten Weg und um die Sturmreifmadiung der Contrescarpe gingen die erbitterten, verlustreichen Kämpfe weiter; oft sahen die von heftigem Feuer überschütteten Angreifer ihre Arbeiten zerstört. Ein neuer, bereits für den 19. angesetzter Sturm kam am 20. abends, von Eugen persönlich aus einer der vordersten Batterien dirigiert, zur Ausführung. Durch eine Kugel an der linken Kopfhälfte vor der Hirnschale getroffen, stürzte er zu Boden, um — nach Schulenburgs Schilderung — sofort wieder aufzuspringen und der erschreckten Umgebung zuzurufen, was der Lärm solle, sie sähen ja, daß es nichts sei. Er mußte sich dann dodi verbinden und in sein Quartier zurückbringen lassen: „ohne die Dicke des Huts", so meinte Sdiulenburg, „wäre er tot gewesen, so aber hatte Gottlob seine Verwundung nichts zu bedeuten, er hat sich wieder selbst angekleidet, und man hat ihn nur mit Mühe abgehalten, wieder zu Pferd zu steigen". Es war in der Tat, wie er selbst dem Kaiser beriditete, ohne Fraktur abgegangen und daher ohne Gefahr 205 ). Und ihn selbst mag weit mehr erschüttert haben, daß der Angriff erneut mißlungen war: die Verluste gingen wieder in die Tausende, vor allem waren viele Offiziere und Ingenieure ausgefallen. Da er doch einige Tage das Zimmer hüten mußte, hat zeitweise Marlborough das Kommando übernommen, der seinerseits nun ein Detachement der Beobachtungsarmee bei der Belagerung einsetzte. Er hat für den Abend des 23. September neue Angriffskolonnen formiert, die nach einer Verzögerung durch schweres Gewitter auch antraten, die Verteidiger aber nicht niederzuringen vermochten.

Krise im Lager der Verbündeten

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Eine schwere Krise im Lager der Verbündeten war die Folge dieser Ereignisse. Welche Stimmung da herrschte und was man über Verluste und Mißvergnügen nach Hause schrieb, das zeigen uns Mitteilungen der Kurfürstin von der Pfalz, die sie von Düsseldorf einem Onkel in Italien zukommen ließ: „Die Truppen leiden bei der Belagerung von Lille sehr viel. Ganze Kompanien der kurfürstlichen Infanterie sind in nichts zusammengeschrumpft, und wenn nicht die Verpflichtung dem Prinzen Eugen gegenüber bestände, wären viele der Meinung, sich zurückzuziehen" 206 ). Dieser Meinung waren auch die holländischen Felddeputierten, und der leicht entmutigte Marlborough schrieb am Tag nach dem Angriff des 23. September nach England, daß er angesichts der vorgerückten Jahreszeit, der Langsamkeit der Ingenieure, die er vor allem für die Mißerfolge verantwortlich machte, und der Schwierigkeiten mit dem Nachschub an einem glücklichen Abschluß der Unternehmung zweifelte 207 ). In der Hauptsache ist es der Ruhe und Entschlossenheit des Prinzen Eugen zuzuschreiben, daß die Belagerung nicht aufgehoben wurde. Den Holländern scheint er nicht ohne Schärfe entgegengetreten zu sein: er sehe wohl die Schwierigkeiten, so soll er nach den Mitteilungen Schulenburgs ihnen gesagt haben, aber er glaube trotzdem an ein glückliches Ende; wenn man ihn verdächtige, daß er nur aus Ruhmsucht auf die Fortsetzung des Kampfes bestehe, so erkläre er seine Bereitschaft, sich und seinen Ruhm zu opfern; wenn man ihm zeige, daß der Abzug im Interesse der allgemeinen Sache liege, werde er sich sofort dazu verstehen, aber bisher habe man ihn nicht davon überzeugt 208 ). Merkwürdig ist die Mischung von Kritik und Bewunderung, die sich in Goslingas Stellungnahme zu seinem Verhalten darbietet: „Der Prinz allein mit seiner Kaltblütigkeit schien sich nicht viel Sorge zu machen. Ich muß aber sagen, daß es nicht leicht fiel, die Gründe dafür zu verstehen. Die Lage und Nöte, in denen wir uns schließlich befanden, bewiesen nur zu sehr, daß der Prinz zu viel Mut oder zu viel Gleichgültigkeit besaß" 209 ). Nun, das Ergebnis war, daß er sich mit seiner Sturheit durchsetzte. Man blieb, immerhin wollte man fortan auf die blutigen Stürme verzichten und systematischer mit Sappen und Minen der Festung beizukommen suchen. Man rechnete auch auf das Ausgehen der Vorräte, besonders der Munition bei den Belagerten. Es war dann freilich bitter, daß es einem von außen herankommenden feindlichen Konvoi am Abend des 28. September

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Angriff gegen Frankreich

durch Täuschung und Überraschung gelang, einen Teil des mitgeführten Pulvers der Besatzung zu überbringen. Es kam vor allem darauf an, daß der eigene Nachschub weiterlief. Infolge der Aufstellung der französischen Armee war die Verbindung mit dem bisherigen Hauptetappenplatz Brüssel so gut wie unterbrochen: der Prinz mußte am 26. September dem Kaiser mitteilen, es sei „die Kommunikation derart abgeschnitten, daß sogar die Ordinari, welche gestern hätten anlangen sollen, ausgeblieben"210). Er schlug vor, die Versorgung künftig vom Meer unter dem Schutz der englischen Flotte nach Ostende zu leiten und sie so von Norden in das Lager zu bringen. Dementsprechend hat Marlborough einen größeren Fuhrpark von Courtrai nach Ostende gesandt und, zur Sicherheit des Transports gegen französische Angriffe von Brügge aus, ein Korps an den Kanal von Nieuport beordert, dem er selbst mit einem großen Teil seiner Armee auf die Nachricht von einer Massierung französischer Kräfte unter Vendome bei Oudenburg am 7. Oktober folgte. Wirklich gelang auf diesem Wege die Auffüllung der knapp gewordenen Lager an Verpflegung und Munition vor Lille. Dieser Frage des Nachschubs und seiner Sicherung galten wohl in der Hauptsache persönliche Besprechungen der beiden Feldherrn am 11. und 18. Oktober. Bei dem letzten Treffen, das in Menin stattfand, konnte der Prinz dem Engländer bereits mitteilen, daß der Angriff auf die Festung nunmehr gute Fortschritte mache211). Schon hatte man am 3. Oktober ein wichtiges Ravelin vor dem Hauptbollwerk überraschend nehmen und halten können, wobei auf feindlicher Seite durch Explosion eines Pulvermagazins schwerer Schaden eintrat. Nachdem die Beschießung auf kleinere Abschnitte konzentriert und die letzten Teile des gedeckten Weges erobert worden waren, wurde ein neuer, sorgfältig vorbereiteter Sturm durch ein großes Bombardement am 21. und 22. Oktober angekündigt. Daß es nun „allgemach auf das letzte komme", konnte der Savoyer bereits am 21. nach Wien melden, da man jetzt „aus allen Batterien und Kesseln auf der Contrescarpe au Corps de la Place zu spielen angefangen habe, also daß sich nun in etlichen Tagen wird zeigen müssen, ob die Belagerten einen Hauptsturm zu erwarten sich opiniatrieren oder aber auf die Stadt werden kapitulieren wollen" 212 ). Schon am nächsten Nachmittag flatterte von der größten der in der Front entstandenen Breschen eine weiße Fahne. Das Angebot Bouffiers',

Kapitulation der Stadt Lille

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dem Eugen in den nun aufgenommenen Kapitulationsverhandlungen mit Recht seine Bewunderung für die tapfere Verteidigung aussprechen ließ, bezog sich freilich, wie der Prinz vorausgesehen hatte, nur auf die Stadt, aus der ein Teil der Besatzung auf Grund des am 23. Oktober unterzeichneten Übergabevertrags auszog, während der Marschall selbst mit 4500 Mann die Zitadelle besetzte, entschlossen, hier weiter zu kämpfen. Aber in Lille selbst zogen nach einem dramatischen Kampf von zwei Monaten, der ganz Europa in ungewöhnlichem Maße gefesselt hatte, die Alliierten ein, die der neue Erfolg freilich nach ihren eigenen Angaben 3500 Tote und 8500 Verwundete gekostet hatte. Es waren ohne Zweifel von ihrer Seite bei diesem Unternehmen Fehler begangen worden 213 ). Und doch ist die Zähigkeit, mit der Prinz Eugen ungeachtet der drohenden Bewegungen des starken französischen Feldheeres ausgeharrt und das Ziel erreicht hat, bewundernswert. Der Fall der starken Grenzfeste aber mußte den König in Versailles und sein Volk mit tiefer Besorgnis erfüllen: der Feind besaß nun das Einfallstor und mochte demnächst Paris selbst bedrohen. Noch freilich konnten die Sieger an die Verwirklichung offensiver Pläne gegen Süden nicht denken. Es galt zunächst, gegen die Zitadelle „die weitere Mesure" zu nehmen und zugleich die verworrene Lage in Belgien zu bereinigen. Wie merkwürdig sich die Dinge da gestaltet hatten, beleuchtet die Bemerkung des Prinzen in dem Bericht an den Kaiser vom 25. Oktober, daß er „bei der vom Feinde bisher gesperrt gehaltenen Kommunikation" nicht sicher sei, ob sein zum Siegesboten bestimmter Neffe Moritz „durchkommen und ihn der Feind mit dem aufhabenden Passeport passieren lassen werde" 214 ). Eugen ist zunächst in Lille geblieben, um den Angriff gegen die Zitadelle einzuleiten, bei dem er, um nicht neue schwere Blutopfer zu bringen, langsam und vorsichtig vorgehen wollte 215 ). Systematisch wurden die Laufgräben vorgeschoben und erste Außenfestungen genommen, wobei übrigens am 17. November neben dem besichtigenden Prinzen sein Stallmeister Baron Andlau verwundet wurde 216 ). In der ersten Zeit hat weiterhin die Versorgung der eigenen Armee Sorgen bereitet, da, nachdem Marlborough wieder in sein Lager zwischen Roulers und Menin zurückgekehrt war, französische Bewegungen auch die Zufuhr von Ostende wieder gefährdeten. Man hat sich einmal durch weit nach Frankreich ausgedehnte Requisitionszüge zu helfen gesucht, zu deren Sicherung

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Angriff gegen Frankreich

La Bassee und Armentieres auf der einen, Langemark und ein Fort bei Dixmuiden auf der anderen Seite besetzt wurden. Im Grunde war das Problem aber, wie Schulenburg feststellte, nur zu lösen, wenn man entweder den Weg zum Meere freimachte oder die französische Aufstellung an der Scheide nach Brüssel durchbrach. D a ß man sich zu dieser letzteren Operation entschloß, ist durch einen überraschenden feindlichen Vorstoß auf Brüssel selbst zum mindesten beschleunigt worden 2 1 7 ). In der Hoffnung, daß die Bürgerschaft ihrem ehemaligen Generalstatthalter die Tore öffnen würde, hatte Kurfürst M a x Emanuel von Bayern, der im September nach Abschluß des Feldzugs am Rhein nach Möns gekommen war, sich von dem Herzog von Burgund 15 000 Mann geben lassen und erschien mit ihnen am 22. November vor der Stadt. Als die dort von den Verbündeten zurückgelassene Besatzung die Übergabe verweigerte, schritt er zur Belagerung. Rasch verständigten sich nun Marlborough und Eugen zu gemeinsamer Aktion mit dem Ziel, über die Scheide zu gehen und Brüssel zu entsetzen. Nachdem er den Befehl in Lille dem pfälzischen Feldmarschall G r a f Nassau übergeben hatte, marschierte der Prinz am 25. November mit rund 20 Bataillonen und 40 Schwadronen über Roubaix an die Scheide 218 ), während zugleich der Engländer seine Armee über Courtrai in drei Kolonnen auf den Fluß ansetzte, um ihn an drei Stellen zu überschreiten, an deren südlichster am 27. auch Eugen erschien. Nachdem Brückenschlag und Übergang geglückt waren, sandte er einen Teil seiner Truppen wieder zurüds, um etwaigen Vorstößen des Gegners von Tournai aus entgegenzutreten, selbst aber blieb er noch bei Marlborough, dessen Armee sowohl südlich als nördlich von Oudenaarde über den Strom gekommen war: eiligst zog sich der geschickt irregeführte Feind vor ihm zurück, „daß es solchemnach", wie Eugen am folgenden Tage aus Oudenaarde dem Kaiser berichtete, „zu keiner Hauptaktion kommen können, man hatte jedoch gleichwohl über eine Stunde seine Arrieregarde verfolgt, eine ziemliche Anzahl Gefangene, auch Bagage und etliche Standarten eingebracht" 2 1 9 ). Marlborough konnte nun allein die Aufgabe übertragen werden, Brüssel zu entsetzen — schon auf die Nachricht von den Vorgängen an der Scheide gab M a x Emanuel die Belagerung auf. Am Morgen des 28. November hatten sich die beiden Feldherrn in Oudenaarde wieder getrennt, Eugen marschierte nach Lille zurück, wo bereits am 1. Dezember

Fall der Zitadelle von Lille

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der erste Munitionstransport auf dem freigewordenen Wege von Brüssel eintraf. Nun neigte sich der Kampf um die Zitadelle rasch seinem Ende zu. Bouffiers gab ihn erst auf, als er von seinem König die Weisung erhielt, ihm unter allen Umständen die Truppen zu erhalten. Bevor er am 8. Dezember seine Bereitschaft zur Kapitulation ankündigte, hat Prinz Eugen an ihn einen Brief gerichtet, der charakteristisch ist für die chevalereske Seite der Kriegführung jener Zeit: „Der Ruhm, den Sie sich während einer so langen und schönen Verteidigung erworben haben, wird Sie im Geist des Publikums reich entschädigen für die Notwendigkeit, zu der das Los der Waffen Sie zwingt. Wenn Sie bis zur letzten Extremität warten, wird es mir sehr schmerzlich sein, Ihnen nicht alle die Ehren bewilligen zu können, die ein so großer Kapitän wie Sie und eine so tapfere Garnison wie die Ihre verdienen" 220 ). Nun, alle Ehren, vor allem der freie Abzug der Besatzung, wurden in dem Übergabevertrag vom 9. Dezember 1708 bewilligt, und nach der Unterzeichnung hat sich der Prinz sowohl bei einem sofortigen Besuch bei dem Marschall wie bei dem in den nächsten Tagen erfolgenden gemeinsam abgenommenen Vorbeimarsch von dessen Soldaten und bei einem anschließenden Essen an Liebenswürdigkeiten gegenüber dem um 20 Jahre älteren Franzosen nicht genug tun können 221 ). Um das Ende dieser Belagerung zu beschleunigen, waren die Verbündeten gern zu günstigen Bedingungen für Bouffiers bereit gewesen222). Denn noch galt es, nach Möglichkeit in diesem Feldzug eine letzte Unternehmung durchzuführen, die schon immer, vor allem von den Holländern, gefordert worden war, die man aber wegen des unerwartet langen Kampfes um Lille hatte zurückstellen müssen: die Beseitigung der gefährlichen und lästigen Stellung, deren der Feind sich zu Beginn des Jahres in Gent und Brügge bemächtigt hatte. Dort standen noch immer Teile der bei Oudenaarde geschlagenen Armee, während die Masse des französischen Heeres um Tournai und Möns lag. Bereits vor der Kapitulation der Liller Zitadelle hat Eugen den Kaiser darauf hingewiesen, „daß, um von der großen Konsternation des Feindes zu profitieren, man noch vor Eingang in die Quartiere eine Operation vornehmen dürfte, gleich man mit dem Mylord Duc und den Deputierten der Generalstaaten bereits projektiert hat" 223 ). Die Vorbereitung lag in den Händen Marlboroughs, der seine Armee am 11. Dezember gegen Gent marschieren ließ. Von Lille wurden auf dem Wasserwege Geschütze ab-

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Angriff gegen Frankreich

gesandt, und am 13. brach die Armee unter Zurücklassung von 20 Bataillonen auf, um an Courtrai vorbei die Scheide zu erreichen, die sie am 15. bei Oudenaarde überschritt. Von hier aus ritt der Prinz am folgenden Tag zur Besprechung mit Marlborough voraus, der inzwischen schon Gent hatte umschließen lassen. Hier übernahm nun Eugen mit seinen Truppen die Rolle der Deckung und Beobachtung der feindlichen Armeen: von der Besprechung zurückgekehrt, hat er sich zeitweise in Brüssel aufgehalten, um mit dem dort anwesenden Generalkriegskommissar Graf Schlick über die Winterquartiere zu sprechen, und am 21. sein Hauptquartier in Melle-lesGand genommen224). Am Weihnachtsabend wurden vor Gent die Laufgräben eröffnet, bis Ende des Jahres waren die Batterien in Stellung gebracht worden, aber schon am 29. Dezember bot der Kommandant die Kapitulation an, falls innerhalb von vier Tagen kein Entsatz nahe. Aber die französische Armee hatte schon Winterquartiere bezogen. Am 2. Januar 1709 zog die Besatzung, der freier Abzug nach Tournai gewährt worden war, an Marlborough und Eugen vorbei, die nun in Gent Quartier nahmen 225 ). Bevor man dann auch Brügge angreifen konnte, kam die Nachricht, daß die dortige Garnison die Stadt geräumt hatte und über Nieuport auf Furnes abgezogen war. In Brüssel hat es noch zwischen den Holländern, Cadogan und Sdilick schwierige Verhandlungen über die Verteilung der Winterquartiere gegeben, in die auch die beiden Feldherren eingriffen 226 ). Wenn die Holländer es übernahmen, für die Unterhaltung der Truppen Eugens zu sorgen, die in den spanischen Niederlanden verblieben, so haben sie die Kosten dafür auf das nun fast völlig im Besitz der Verbündeten befindliche Land abgewälzt. Den Prinzen selbst zogen nach Beendigung des Feldzugs seine vielfachen Ämter wenigstens für einige Zeit von der Armee und diesem Lande fort. Daß er nicht nach seinem Generalgouvernement Mailand kommen konnte, hatte er schon Ende Dezember dem damals zum Gouverneur von Mantua erhobenen Grafen Königsegg mitgeteilt 227 ). Es war aber unausweichlich, daß sich der Minister und Kriegspräsident wieder in Wien einfand, um an allen Beratungen persönlich teilzunehmen, in denen über die militärischen und politischen Absichten des neuen Jahres Beschlüsse zu fassen waren. Er sah sich jedoch der Forderung der auf rasches Handeln zur Erzwingung des Friedens bedachten Generalstaaten gegenüber, daß zur Vor-

Über den Haag nach Wien

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bereitung und Koordinierung der Maßnahmen für 1709 wenigstens einer der beiden Feldherrn in den Niederlanden bleiben solle, worauf er sich mit Marlborough dahin abstimmte, daß er den „Urlaub" zuerst nehme, Ende Februar aber zurückkehren und den Freund ablösen sollte228). Am 3. Januar kündigte er dem Kaiser seine baldige Abreise an, doch wollte er zunächst für einige Tage im Haag Station machen, vorausgesetzt, daß auch Marlborough dorthin komme: es sollten hier bereits eine Reihe von offenen Fragen, z. B. über Unterhaltung, Ergänzung und Verstärkung der Hilfstruppen für König Karl von Spanien, geregelt werden 229 ). In Brüssel, wo er nach dem Fall von Gent einige Tage verbrachte — vielleicht auch zur Ordnung des Nachlasses seiner Mutter, die hier im Oktober, während er vor Lille lag, gestorben war — hat ihm sowie Cadogan und dem holländischen General Albemarle der im Auftrag des preußischen Königs die Entwicklung in den Niederlanden beobachtende Friedrich Wilhelm von Grumbkow am Abend des 6. Januar ein Souper gegeben, bei dem sie sich, nach der befriedigten Feststellung des Gastgebers, der besten Laune der Welt überließen 230 ). In den nächsten Tagen kam dann Marlborough, um sich gemeinsam mit ihm nach dem Haag zu begeben231). Schon am 9. hat man sie dort erwartet, aber noch am 11. vermutete der kaiserliche Resident Heems, daß sie vielleicht in Moerdijk wegen starken Eisgangs aufgehalten und zu einem Umweg gezwungen wurden 232 ). Sie sind dann erst am 13. Januar um die Mittagszeit an dem holländischen Regierungssitz eingetroffen, wo sie sofort nach dem Essen Heinsius aufsuchten und in den nächsten Tagen ständig mit ihm und mit Deputationen aus den Generalstaaten und dem Staatsrat „über verschiedene Materien und Operationes künftigen Feldzuges" konferierten 233 ). Sie waren so unzertrennlich, daß Petkum, der aus bestimmten Gründen Marlborough allein sprechen wollte, an diesen zunächst nicht herankam. Immerhin war der Engländer offenbar nicht von der Partie bei einer Abendeinladung des sächsischen Gesandten im Haag Graf Lagnasco, bei der — wiederum nach Mitteilungen Grumbkows, der gleichfalls zu den Gästen gehörte — der Prinz „in der besten Laune der Welt bis 4 Uhr morgens blieb"; der Preuße, der ihm eine Aufforderung seines Königs zu einem Besuch in Berlin ausgerichtet hatte, behauptet, daß Eugen ihn beim Abschied umarmt und die Hoffnung ausgesprochen habe, ihn dann auch in der preußischen Hauptstadt

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Angriff gegen Frankreich

zu sehen: „Sie kennen meine Art und Weise, von der ich nicht wissen kann, ob sie bei Hofe gefallen wird, und ich fände dort niemand, zu dem ich Vertrauen habe und der mir in Freundschaft sagen kann, was zu machen ist, um nicht dem König zu mißfallen" 234 ). Das muß kurz vor seinem Aufbruch gewesen sein, der nicht, wie ursprünglich vorgesehen, am 18., sondern erst in der Frühe des 21. Januar erfolgte 235 ). In Düsseldorf machte er am 23. für einige Stunden Station, um mit Kurfürst Johann Wilhelm wegen der Weiterverwendung von dessen Truppen zu sprechen: die Unterredung scheint wenig harmonisch verlaufen zu sein236). Einem Briefe Wratislaws an Marlborough ist zu entnehmen, daß der Prinz am 30. Januar 1709 in Wien eingetroffen ist237). Er konnte mit Stolz vor seinen kaiserlichen Herrn treten: wieder hatte er die Hoffnungen, die man auf ihn gesetzt hatte, erfüllt, hatte er die Berechtigung seines unerwarteten Marsches von der Mosel zu den Niederlanden bewiesen, vermochte er als Ergebnis des neuerlichen Zusammenwirkens mit Marlborough einen großen Sieg und die Eroberung einer wichtigen französischen Festung, damit zugleich eine tiefe Erschütterung im feindlichen Lager, die Möglichkeit eines baldigen Erlahmens des Widerstandes und eines glorreichen Abschlusses des Krieges vorweisen. Einer seiner persönlichen Gegner hat behauptet, daß die schweren Fehler und das blinde Glück der beiden Generäle in diesem Feldzug von 1708 alle Vorstellungen übertroffen habe 238 ). Selbst hat er Bouffiers nach dessen Kapitulation im Hinblick auf den Kampf um Lille davon gesprochen, daß er einen so heftigen, blutigen und ungewissen Kampf noch nie erlebt habe, und nach Schulenburg soll er nach Ende des Feldzugs erklärt haben, daß, wer diese Campagne nicht mitgemacht habe, nichts gesehen habe — man darf wohl hinzusetzen: von den Zufällen und überraschenden Wendungen eines Krieges239). Jenes Ergebnis aber war gewiß nicht nur auf die Laune der Fortuna zurückzuführen. Energie und Zähigkeit des Prinzen Eugen haben dazu in entscheidender Weise beigetragen, von der Vermittlung ruhiger Sicherheit und Zuversicht bei seinem Erscheinen in dem von Mutlosigkeit erfüllten Lager der Verbündeten bis zu der Uberwindung schwerer militärischer und mehr noch moralischer Krisen vor der vergebens berannten Festung.

Achtes Kapitel VERPASSTE FRIEDENSCHANCE?

Höchstädt, Ramillies und Turin, Oudenaarde und Lille — so schwere Schläge hatte Frankreich noch in keinem Kriege seit hundert und mehr Jahren erhalten, und noch nie war der stolze Sonnenkönig, der sich lange als der Gebieter Europas gefühlt hatte, so entschieden aus seiner Vormachtstellung verdrängt, ja in Sorge um die Bewahrung von Ansehen und Territorium des eigenen Landes versetzt worden. Konnte er es wagen, mit seinem Reich, dessen Heere geschlagen waren, dessen Hilfsquellen zu versagen begannen und dessen Volk nur noch unwillig die ihm wegen dynastischer Ansprüche auferlegten Kriege mit allen ihren Lasten und Opfern trug, noch ferner der mächtigen Allianz seiner Feinde die Stirn zu bieten, sollte er vor allem auch weiter an Glück und Erfolg seiner Marschälle glauben gegenüber zwei Feldherren, an deren Überlegenheit wahrhaftig kein Zweifel mehr sein sollte, vor allem gegenüber jenem kleinen Prinzen seines Hauses, den er einst von sich gestoßen hatte, durfte er warten, bis dieser Eckstein, der nach einer sorgenvollen Äußerung seiner Schwägerin Liselotte von Orleans schon auf viele gefallen war und sie „zermalmt" hatte 1 ), Frankreich völlig zu Boden warf? Zum erstenmal war Ludwig XIV. in der Tat bereit, in bitterer Resignation die eigene Niederlage anzuerkennen und, um die drohende Gefahr eines Zusammenbruchs abzuwenden, weite Zugeständnisse im Hinblick nicht nur auf die spanische Monarchie und ihre Nebenlande, sondern auch auf frühere Erwerbungen Frankreichs zu machen. Ein großartiger Friede für seine Gegner, vor allem auch für das Haus Habsburg und für das deutsche Reich, schien so als die Frucht der großen Taten des Prinzen Eugen und Marlboroughs dargeboten zu werden. Aber er ist nicht zustandegekommen. Wie war das möglich, wer trug daran Schuld? Ist es die Hybris der Sieger gewesen, die dem verständigungsbereiten Gegner unerträgliche Bedingungen zumuteten und ihn so zu verzweifelter Fortführung des Kampfes zwangen? Waren es vor allem gerade jene beiden Soldaten, die, wie es der berühmteste Memoirenschreiber der Zeit, der Herzog von Saint-Simon, behauptete, einen Krieg noch nicht beenden wollten, der sie schon bisher so hoch gehoben hatte und von dessen Fortgang sie die

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Verpaßte Friedensdiance?

Sicherung und weitere Vermehrung ihrer Autorität, ihrer Macht und ihrer „Etablissements" erhofften 2 )? Das große Problem jener Jahre 1709/10, die man als die Entscheidungs jähre des Spanischen Erbfolgekrieges bezeichnet hat, ist auch ein Problem der Biographie des Prinzen Eugen, und es ist nicht leicht zu lösen.

1. Wir müssen zunächst zurückgreifen. Es gab in diesem Krieg nicht nur den einen Kriegsschauplatz im Norden Frankreichs, auf dem sicherlich im Jahre 1708 große Erfolge errungen worden waren, es gab deren noch andere und dazu für den Kaiser und seine Alliierten so manche gefährlichen Spannungs- und Reibungspunkte in Europa: wie sich überall dort die Lage entwickelt hatte, mußte bei den zu fassenden Entschlüssen ins Gewicht fallen. Und vergessen wir nicht, daß der Prinz Eugen, mochte ihn die unmittelbare Leitung der Kriegshandlungen in den Niederlanden noch so sehr in Anspruch nehmen, doch auf Grund seiner mannigfachen militärischen und politischen Ämter auch dort ständig beobachtend, kontrollierend, kritisierend, mahnend, ratend, dirigierend sich einzuschalten hatte und in der Tat, wie uns seine ausgedehnte Korrespondenz erweist, beteiligt war. Von den beiden anderen Kampfplätzen mit Frankreich schien die Ebene des Rheins erstarrt zu sein. Voll Verbitterung dachte der Kurfürst von Hannover nicht daran, zu den ihm von Eugen so angelegentlich nahegelegten Aktionen gegen seine durch Detachierungen nach dem Norden geschwächten Gegner zu schreiten: bei seiner eigenen Schwäche, so erklärte er dem Kaiser, sei dabei mehr Hasard zu fürchten als Vorteil zu hoffen 8 ). Lebhafter war es wohl im Süden zugegangen, wo freilich auch die großen Projekte, die man anfangs aufgestellt hatte, nicht zur Ausführung kamen: immerhin konnten im August Exilles und Fenestrelle erobert und damit der Besitz Piemonts stärker gesichert werden 4 ). Weit mehr Sorge hat den Alliierten dagegen Spanien bereitet, wo der habsburgische Prätendent trotz der ihm zugeführten Verstärkungen in bedrängter Lage blieb: sie reichten eben noch keineswegs aus, und die mit Hilfe der englischen Flotte erfolgte Wegnahme sowohl Sardiniens als auch der Insel Minorca verschaffte den Verbündeten wohl das Über-

Hilfsmaßnahmen für Spanien

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gewicht im westlichen Mittelmeer, wirkte sich aber noch nidit auf die Pyrenäenhalbinsel selbst aus, wo Tortosa verlorenging und der Herrschaftsbereich König Karls im wesentlichen auf die Gebiete von Barcelona, Gerona und Tarragona beschränkt blieb 5 ). Wohl hatte sich Guido Starhembergs Eingreifen f ü r die Wiederherstellung von Ordnung und K a m p f k r a f t der Truppen günstig ausgewirkt, und der Hofkriegsratspräsident sparte nicht mit Lob u n d Zuspruch f ü r den ihm wenig wohlgesinnten Rivalen, auf dessen „weltberühmte vortreffliche Conduite und Kriegsexperienz" man vertraue, „daß sie durch Dero erschollene preis würdige Vernunft das noch übrige possidierende Land vor des Feindes Gewalt bis dahin beschützen und erretten werden, wie Sie es zu jedermanns Erstaunen bis anhero getan haben" 6 ). Er setzte sich damit freilich der Gefahr aus, wieder wie einst in Italien anzügliche Antworten zu erhalten, da er ihm nicht zugleich die starken Kräfte schicken konnte, die zu einer wirklichen Durchsetzung der habsburgischen Sache in Spanien ständig gefordert wurden und auch notwendig waren. Die Auseinandersetzungen über die vielfachen Hilfspläne, die von Karl, dem Feldmarschall und Stanhope und von ihren Vertretern und besonderen Emissären bei den Alliierten vorgebracht wurden, haben sich nicht nur an den H ö f e n und in den Ministerien, sondern gerade auch im Hauptquartier in Belgien und vor Lille abgespielt, wo nach der Meinung der Seemächte Marlborough den Prinzen zur weiteren Hergabe kaiserlicher Regimenter bestimmen sollte, während man in Wien umgekehrt von dem Einfluß Eugens die Beschränkung solcher Forderungen und die Übernahme der H a u p t b ü r d e durch England und Holland erhoffte. Als Kriegsratspräsident und Generalleutnant, so hatte der Prinz im Juli dem Kaiser erklärt, könne er mit gutem Gewissen zu weiterer Aushilfe durch kaiserliche Regimenter nicht raten, es sei denn, daß, wie es ja schon in der letzten Konvention vereinbart war, die Seemächte so rechtzeitig Mittel zur Verfügung stellten, daß man die abgegebenen sofort durch neue Völker ersetzen könnte 7 ). Ihm schien es nur möglich, f ü r rechtzeitigen Ersatz der Ausfälle zu sorgen, für jedes der vier in Spanien eingesetzten eigenen Regimenter 500 Rekruten bereitzustellen und sobald als möglich hinüberzuschicken: hierüber hat er auch schließlich ein Abkommen mit Marlborough geschlossen, denn auch f ü r diese Soldaten forderte man entsprechende Werbegelder, die von den Seemächten aufzubringen waren 8 ). 17 Braubach, Prinz Eugen

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Verpaßte Friedenschance?

Im übrigen glaubte er, daß die vorgesehene Truppenzahl von 30 000 Mann zu Fuß und 13 000 zu Pferd durch die Aufstellung von sogenannten Nationalregimentern in Belgien. Neapel und vor allem Spanien selbst erreicht werden könnte: „Solchemnach", so hat er in einer ausführlichen Stellungnahme zu den Forderungen König Karls am 3. Oktober 1708 an dessen kaiserlichen Bruder geschrieben, „sehe ich nicht, kann auch noch weniger die Ursache dessen begreifen, warum Seine Königliche Katholische Majestät mehrers auf die Beibehaltung fremder Völker, als den Krieg mit ihren eigenen Truppen und Untertanen zu führen allergnädigst gedenken, da Sie, wenn Dero National-Regimenter in Stand gerichtet, zum wenigsten ein eigenes Korps von 10 000 Mann zu Fuß und etwa 5000 Pferde haben könnten, zu geschweigen, daß die Politik an sich selbst erforderte, zur Kontinuierung gegenwärtigen Krieges Ihrerseits die Untertanen soviel es möglich zu gebrauchen, um andurch die Gemüter an sich und hingegen vom Feind wegzuziehen, infolglich auch dessen Macht umsomehr zu verringern, wo im Widerspiel, wenn Sie von fremden Nationen Truppen hineinbekommen, dem Feind eine so größere Gelegenheit, die Untertanen auf- und an sich zu bringen, frei und offen, dadurch aber die Rekrutierung der eigenen Völker Ihro allezeit 'unmöglich fallen wird" 9 ). Gab er sich wirklich derartigen Illusionen hin? Für ihn war eben die Hauptsache, daß das eigene Potential nicht geschmälert wurde zugunsten eines Kriegsschauplatzes, der ihm nicht als der wichtigste erschien und für den einst bei der Hinsendung des Erzherzogs die Seemächte die materielle Verantwortung übernommen hatten. So hat er denn auch mit seiner Mißbilligung nicht zurückgehalten, als der junge Habsburger, nachdem man sich doch noch zur Überlassung eines in Neapel stehenden kaiserlichen Regiments bereitgefunden hatte, in unmittelbaren Verhandlungen mit den Engländern nur auf der Lieferung der Verpflegung, nicht auch auf jenen Ersatzgeldern bestand — was ihm, als er sie anmeldete, Marlborough lachend vorwies. Da klagte er wohl dem Kaiser mit der Bitte um strenge Geheimhaltung, daß der König zu viel für sich allein tun wolle und sich dabei von Leuten beraten lasse, die entweder „das Werk nicht recht kapieren und mithin der Sache nicht gewachsen sind, oder aber an sich selbst nicht viel Gutes unter ihnen steckt". Und Karl selbst mahnte er, sich vorher mit seinem Bruder und dessen Minister zu verständigen, bevor er mit anderen

Entwicklung in Ungarn 1708

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sich einlasse, damit keine „Disconcerti" daraus entständen „und audi sonst die gute Verständigung zwischen zwei Allerhöchsten brüderlichen Häuptern in ihrer Aufrichtigkeit konserviert und festgestellt bleibe" 10 ). Spanien war also auch in diesem Jahre eine schwere Belastung geblieben, und die Bedeutung der Tatsache, daß hier der junge Bourbone festen Fuß gefaßt und behauptet hatte, war auch für künftige Friedensverhandlungen nicht zu verkennen: sie sollte in der Tat sich weit stärker auswirken, als der Prinz wohl erwartet hat. Weit beruhigender war für den Kaiser und seine Paladine zum Ende des Jahres 1708 der Rückblick auf die Entwicklung im Osten und Norden. In Ungarn hatte das gewalttätige Vorgehen der Führer des Aufstandes aller Friedensvermittlung ein Ende gesetzt, was man in Wien nur begrüßte: auch Eugen wiederholte seine oft geäußerte Meinung, daß man das Land allein durch die Waffen und nicht durch Traktate zum Gehorsam bringen könne 11 ). Er glaubte es sich und dem Hofkriegsrat zum Verdienst anrechnen zu können, daß diesmal durch Zuführung von Verstärkungen, unter denen sich außer dänischen Soldtruppen auch sein eigenes aus Italien abberufenes Dragonerregiment befand, „eine solche Macht beisammen sich befindet, als noch nie gewesen ist", fürchtete freilich, daß der wieder zum Oberbefehl gelangte Feldmarschall Heister sich nicht an das „konzertierte Systema" halten und „Konfusionen" verursachen werde 12 ). Hierin schien er jedoch anfangs widerlegt zu werden durch die schwere Niederlage, die Heister am 4. August 1708 Rakoczi bei Trentschin beibrachte: Eugen wollte den Erfolg allerdings mehr dem ihm ergebenen Johann Pälffy zuschreiben13). Und in der Folgezeit, als es nicht gelang, Neuhäusel zu nehmen, und die Unterwerfung des Landes nicht die nach dem Sieg erwarteten Fortschritte machte, brach bei ihm der alte Groll gegen diesen Feldherrn immer wieder durch: in seinen Briefen an Herberstein, Thiel und Pälffy kritisierte er voll Schärfe sein ewiges „Herumlaufen", so daß man „von dem erhaltenen so stattlichen Streich und der Rebellen Konsternation" nicht profitiere und „dieses Jahr, ungeachtet man alle Vorteile gehabt, nicht besser als die vorigen enden würde" 14 ). Hatte er zunächst gefordert, daß der Kaiser Heister befehlen müsse, „was er positiv zu tun und zu operieren habe, wo er sich in Person selbst einfinden und wo er die Vorhaben durch andere Generäle ausüben solle", so hat er im November wieder die 17*

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Verpaßte Friedensdiance?

Forderung erhoben, ihm das Kommando zu nehmen, und als er Ende Dezember die Nachricht erhielt, daß Heister bei H o f angekommen sei, befahl er dem Hofkriegsrat, unter keinen Umständen zu gestatten, daß er von Wien aus weiter das Kommando führe, da bei seiner Abwesenheit von Ungarn dies nunmehr in die alleinige Autorität der höchsten Kriegsbehörde falle 1 5 ). Aber wenn er auch befürchtete, daß die ungenügende Ausnutzung des Sieges den R e bellen neuen Mut gemacht habe, und wenn in der T a t von einer Bändigung des Aufstandes noch nicht die Rede sein konnte, so hatte er doch offenbar an Kraft verloren, was auch damit zusammenhing, daß die zeitweise aus dem Norden drohende Gefahr sich verflüchtigt hatte: erleichtert hatte man aufgeatmet, als der schwedische König, nach Wratislaws Urteil kein räsonabler, sondern ein recht wilder Mensch, den Reichsboden wieder verlassen hatte, um sich endlich gegen seinen letzten Gegner, den russischen Zaren, zu wenden 16 ). Man wünschte ihm hier wahrhaftig keinen neuen Triumph, da er dann vollends übermächtig und erneut gefährlich werden konnte, und man empfand die Bedingungen, mit denen man seinen Abzug erkauft hatte, als tiefe Demütigung, aber man dachte nicht daran, die vorläufig gewonnene Ruhe im Norden unvorsichtig aufs Spiel zu setzen. August der Starke, dem von Polen nur noch der Königstitel belassen worden war, hat sich, wie wir sahen, längere Zeit in Eugens Hauptquartier vor Lille aufgehalten, und der Kaiser hat am 1. September den Prinzen gewarnt, daß er offenbar sich mit seiner Absetzung keineswegs abgefunden habe und darauf aus sei, die Alliierten in einen Konflikt mit Schweden zu verwickeln. Eugen war durchaus der gleichen Meinung wie sein H e r r : dem König, der nun in „Generalien" zu ihm gesprochen, habe er auf gleiche Weise geantwortet, zugleich aber mit Marlborough und Heinsius volle Übereinstimmung dahin erzielt, „daß man sich in das Geringste nicht verwickeln oder anhängig machen sollte, was die Krone Schweden zu einer Feindseligkeit oder offenem Krieg verleiten könnte, es wäre denn, daß dieser König von sich selbst und ohne genügsame Ursache seine Waffen gegen Deutschland wenden und dasselbe aus eigenem Antrieb unter leerem Vorwande angreifen sollte" 1 7 ). Wenn also hier die Wolken sich verzogen hatten, so war es dagegen an einer anderen Stelle des europäischen Theaters, und zwar in einem Lande, in dem sich Österreich die Vorherrschaft ge-

Konflikt mit dem Papst

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sichert zu haben glaubte, zu ärgerlichen Spannungen und schließlich gar zu kriegerischen Handlungen gekommen. Der Sieg der kaiserlichen Waffen in Italien im Jahre 1706 und seine Ausnutzung gegenüber den kleineren italienischen Staaten durch Kontributionsverträge hatten bei diesen teilweise Besorgnisse und Mißvergnügen hervorgerufen, aus denen dann ein schwerer Konflikt zwischen dem Kaiser und Papst Clemens X I . erwuchs 18 ). Waren die Beziehungen zwischen beiden schon früher auf Grund der Ablehnung der Anerkennung des Erzherzogs K a r l als König von Spanien durch Rom nicht sehr freundlich gewesen, so hat im Sommer 1707 die scharfe Stellungnahme des Papstes gegen finanzielle Anforderungen an die Geistlichkeit in Parma auf Grund eines von Prié mit dem Herzog abgeschlossenen Vertrags zu erregten Auseinandersetzungen geführt: von Rom aus war unter Berufung auf päpstliche Oberlehnsrechte über das Herzogtum eine Belastung der dortigen Kirchengüter bei Strafe der Exkommunikation verboten worden. Damals hatte der Prinz als Generalgouverneur von Mailand und damit zuständiger oberster Vertreter des Kaisers sich entschieden gegen derartige Zensuren, die ihn ja selbst treffen mußten, gewandt: es sei, so hatte er am 20. Oktober 1707 dem Kaiser vorgestellt, bei der widrigen Einstellung des päpstlichen Hofes notwendig, „eine scharfe Resolution zu fassen und seiner Päpstlichen Heiligkeit keineswegs zu gestatten, daß Sie sich in die Temporalia so weit vermischen und einmengen sollen" 19 ). Wenn er dann auch den Protest des Kaisers sowohl gegen eine Nullitätserklärung als auch gegen die Mißachtung der Lehnsrechte des Reiches auf Parma durchaus billigte und verschiedentlich seinem Mißtrauen gegen die „üble Intention" des römischen Hofes Ausdruck gab, „weil derselbe nicht so viel auf den Nutzen der Kirchen, als auf sein Particulare abzielen tut" 2 0 ), so war er dagegen an der Zuspitzung des Konflikts durch die Anerkennung modenesischer Ansprüche auf die zum Kirchenstaat gehörende Grafschaft Comacchio unbeteiligt. Die Grafschaft war von kaiserlichen Truppen unter dem General Bonneval besetzt worden, um, wie Wratislaw an König Karl schrieb, den Papst zu schrecken und zu bewegen, „uns und dem gemeinen Wesen mehr favorabel zu sein", die Übereignung an Modena aber mußte ganz andere Folgen haben: „bei jetzigen Konjunkturen", so heißt es in des Grafen Darlegungen weiter, „glaube ich, daß das objectum die spanische Monarchie sein sollte und daß wir nicht

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Verpaßte Friedenschance?

mehr Feinde, absonderlich solche gefährliche, uns auf den Hals ziehen sollten, und nie ist zu glauben, daß der Papst ein Land von 100 000 f. jährlichem Einkommen, so der römische Stuhl über hundert Jahre in quieta possessione gehabt, so leiditerdings wird fahren lassen oder sich dem Judicio des Reichshofrats unterwerfen können: seine arma spiritualia et temporalia sind nicht zu verachten, welche in dem gemeinen Volk, besonders in Neapoli, Sizilien und Hispanien große Impressiones machen, und einmal ist Comacchio nicht der Mühe wert, daß man besonders wegen eines dritten sich in dieses Labyrinth stecken solle; beinebst sind die Teutschen schon genugsam in Italien odios, daß man das odium mehr wachsen zu machen nicht Ursache habe" 2 1 ). Der Prinz stimmte da mit dem Freund ganz überein: mehrfach hat er im Hinblick auf „das römische Unwesen" den Kaiser daran erinnert, daß es nach seiner vor seiner Abreise aus Wien eröffneten Meinung „weit besser gewesen wäre, wenn man bei gegenwärtigen Konjunkturen in dieses Impegno niemals verfallen und die Sache angefangen hätte" 2 2 ). So hat er denn auch die Sendung Priés als Sonderbotschafter nach Rom begrüßt 2 3 ). Ihn drängten Marlborough und die Holländer, sich für rasche Beilegung des Zwists entweder durch Verständigung oder durch einen kurzen Feldzug einzusetzen, da sie bei einer Verwendung kaiserlicher Truppen hier keinen Nutzen für die Allianz sahen 24 ). Schließlich hat auch er die letzte Lösung befürwortet, da der Papst seinerseits Streitkräfte sammelte und diese kaiserliche Soldaten angriffen: dringend warnte er aber — da der Papst nicht nur weltlicher Fürst, „sondern auch als das Haupt der katholischen Kirche zu konsiderieren sei" — R o m anzugreifen, „außer es wäre kein anderes Mittel und der Sachen Umstände wollten es also erfordern" 2 5 ). Wie er gehofft hatte, brach der Widerstand zusammen, als noch im Winter 1708/09 Feldmarschall Daun von Piémont mit 10 000 Mann heranrückte: am 15. Januar 1709 konnte Prié mit Clemens einen Vertrag schließen, der zwar den Rechtsstreit über Comacchio noch nicht entschied, aber die Anerkennung der politischen Vormacht des Kaisers in Italien und der spanischen Königswürde seines Bruders durch den Papst brachte. Die Hauptsache war, daß auch dieses Feuer erstickt war. Bezeichnenderweise hat der Hofkriegsratspräsident dabei noch die Erwartung gehegt, daß man „auf die Herbeibringung eines ergiebigen Stück Geldes reflektiert" habe, damit die Truppen in Italien „sich neben ihrem Lebensunter-

Sicherung von Mailand und Mantua

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halt auch andere Notwendigkeiten herbeischaffen und hiernächst den künftigen Sommer zu subsistieren haben können" 2 6 ). So zurückhaltend, ja ablehnend der Prinz einer Politik gegenüberstand, die neue Verwicklungen schuf, ohne die Macht des Hauses Österreich zu vergrößern, so entschieden hat er andererseits den kaiserlichen Standpunkt vertreten, Basis und Eigengewicht des habsburgischen Besitzes in Oberitalien zu sichern und zu verstärken. Der Verlust der westlichen Grenzbezirke des Stato di Milano an Savoyen war ihm schmerzlich, trotzdem ist er für die Erfüllung der Forderungen seines Vetters im Rahmen der ihm durch die Seemächte garantierten Zusagen des Vertrages von 1703 eingetreten, um die Allianz nicht zu gefährden 27 ). Um so hartnäckiger hat er darauf bestanden, der Lombardei durch die volle Unterwerfung von Festung und Territorium Mantua unter die kaiserliche Herrschaft einen starken Rückhalt zu geben. Schwierigkeiten, die trotz der Ächtung des Herzogs seitens des Reichs hier noch bestanden, wurden zum Teil durch dessen plötzlichen Tod am 5. Juli 1708 ausgeräumt: Wratislaw hat dies Ereignis als die Gelegenheit begrüßt, dem Erzhaus „ein großes beneficium" zu sichern, „welches umso nötiger, als der Prinz Eugenius öfters remonstriert, daß Mailand nach Erfüllung des Savoyischen Traktats ohne eine Reintegration sich in die Länge von sich selbst nicht wird erhalten können" 2 8 ). D a ß man dann doch in Wien geneigt schien, Ansprüche, die der Herzog von Guastalla als nächster Agnat der Familie Gonzaga erhob, durch Überantwortung von Teilen des Herzogtums abzufinden, und daß dementsprechend der kaiserliche Administrator Graf Castelbarco ihm bereits den bisher von kaiserlichen Soldaten besetzten Posten Sabionetta einräumte, hat Eugen zu scharfen Protesten bewogen. Offen sprach er dem Kaiser gegenüber von Wiener Kabalen und der bekannten Schwachheit Castelbarcos, durch die ohne Berücksichtigung der Mailänder Regierung Festungen anderen Fürsten überantwortet würden: „mein treuer Eifer macht mir das Gemüt übergehen, in aller Submission und schuldigstem Respekt zu sagen, daß derlei actus der ganzen Welt zu einem Ärgernis dienen, in particulari aber Italien lachen und jedermann glauben machen, daß bei solchen Beschaffenheiten zwischen den beiden gekrönten Allerhöchsten brüderlichen Häuptern nichts anderes als Mißverständnisse und keine gute Harmonie sein müßten" 2 8 ). Gegen den Hauptmann, der den O r t ausgeliefert, ordnete er ein kriegs-

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gerichtliches Verfahren an, und dem von mailändisdier Seite eingesetzten Gouverneur befahl er, nach Sabionetta zurückzukehren und seine Rechte wahrzunehmen: „wenn ich", so fügte er hinzu, „in loco gewesen wäre, so würde es gewißlich niemals geschehen sein"30). Wenn er an Ort und Stelle wäre! Das war es eben, daß er die Autorität des Generalgouverneurs aus der Ferne doch nicht so einsetzen konnte, wie es wohl nötig gewesen wäre. Die Ungeklärtheit des Status der Lombardei, deren tatsächliche Annexion durch Österreich man den Spaniern und Italienern vorerst verheimlichen mußte, führte zu mancherlei Unzuträglichkeiten, indem oft die Erlasse aus Barcelona nicht den Wiener Wünschen entsprachen, und es kam dann wohl vor, daß Prinz Eugen von der einen oder der anderen Stelle nicht rechtzeitig unterrichtet wurde. Gegenüber den Vorwürfen, die vor allem von spanischer Seite gegen die von ihm eingesetzten Beamten erhoben wurden, hat er König Karl gerühmt, „mit was für einem Eifer, Conduite und Kapazität der Conte Don Giulio Visconti Dero darinniges Kommissariat verwalte und dabei mit einer solchen Attention Dero Allerhöchstes Interesse observiere, als es seine Schuldigkeit erfordert und mit sich bringen tut" 31 ), und wenn er durch Wratislaw bei ihm Klage führen ließ, daß man von Barcelona aus versuche, Stellen und Pensionen in Italien unwürdigen Personen zuzuwenden, so widersprach er andererseits kaiserlichen Eingriffen, die nicht vorher mit dem spanischen Habsburger abgestimmt waren 32 ). Man hat wohl im Herbst 1708 davon gesprochen, daß er nach dem Fall von Lille wieder nach Italien kommen sollte, um Ordnung zu schaffen, zugleich übrigens auch dem damals ja drohenden kriegerischen Konflikt mit dem Papst vorzubeugen, wozu nach Wratislaws Meinung niemand geeigneter war als er33). Er fand dazu nicht die Zeit, er mochte aber auch so lange sein Auftreten dort für nicht angebracht halten, als nicht die Frage geklärt war, ob er überhaupt das Amt des Generalgouverneurs weiter versehen würde. Denn er war genau davon unterrichtet, daß am kaiserlichen Hofe seit längerer Zeit der Plan verfolgt wurde, ihn von diesem Posten wieder zu entfernen, und daß schließlich auch der sonst ihm so wohlgesinnte Kaiser geneigt war, entsprechenden Forderungen nachzukommen. Was ihn selbst betraf, so hat er die schon früher mehrfach gegebene Versicherung, daß er niemals daran gedacht habe, die Generalstatthalterschaft von Mailand auf die Dauer zu behalten, in einem Brief an Tarino aus dem Oktober 1708

Intrigen um das Mailänder Generalgouvernement

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ausdrücklich wiederholt 3 4 ). Aber hier ging es nicht nur um seine Person, sondern auch um eine Entscheidung in dem Kampf, den er und Wratislaw nun schon seit der Thronbesteigung Josephs gegen eine ihrer Überzeugung nach verhängnisvolle Beeinflussung des Herrschers und damit der kaiserlichen Politik führten. Wir erinnern uns, daß schon unmittelbar nach der Eroberung der Lombardei Josephs Gemahlin Wilhelmine, eifrig unterstützt von dem Fürsten Salm, das Generalgouvernement von Mailand ihrem Schwager, dem Herzog Rinaldo von Modena, hatte verschaffen wollen, damit aber gegenüber den von Wratislaw vertretenen Argumenten der Staatsräson gescheitert war. Die Kaiserin und der Obristhofmeister griffen den Plan sofort wieder auf, als im Frühjahr die Entfernung des Prinzen aus Italien — zwar nicht, wie sie gewünscht hatten, nach Spanien, sondern nach den Niederlanden — d a f ü r Vorwand und Begründung gab. Wohl in der Hoffnung, daß König Karl durch die Verweigerung der Entsendung Eugens nach Spanien gegen diesen verstimmt war, hat ihm Salm in demselben Schreiben vom 19. Juli 1708, in dem er scharfe Kritik an den auf die Vernachlässigung des Hauptkriegsschauplatzes Spanien hinauslaufenden Feldzugsplänen übte, f ü r die Unterstützung seiner Forderung auf Ablösung des Prinzen von seinem Mailänder Posten zu gewinnen gesucht 35 ). Deutlicher als in diesen Zeilen konnte der Gegensatz zwischen dem ersten Minister und dem ersten Soldaten des Kaisers, konnten Mißtrauen und Abneigung, die jenen gegen den Sieger von Turin erfüllten, nicht zum Ausdruck gebracht werden. Sie scheinen bereits durch in dem Lob, das er zu Beginn dem Feldherrn erteilt: er habe sich um das allerhöchste Erzhaus in vielen Wegen meritiert, und es sei auch fürderhin nichts anderes zu vermuten, „als daß er die von der Kaiserlichen und Eurer Königlichen Majestät auf ihn so mildreich ergossenen Gnaden und Wohltaten dankbarlich abzudienen jederzeit beflissen sei, mithin zu einigem Mißtrauen den wenigsten Anlaß nicht geben werde". Nichtsdestoweniger dürfte es der erleuchteten Welt fast bedenklich vorkommen und von ihr „als ein unleugbarer Staatsfehler" angemerkt werden, wenn das Gouvernement von Mailand künftig in eines savoyischen Prinzen H ä n d e n gelassen würde, denn obschon Eugen mit Victor Amadeus „einiger Personaldifferenzen halber dermalen und schon vor geraumer Zeit her in vertraulichem Verständnis eben nicht steht, so werde doch von allen Staatserfahrenen

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Verpaßte Friedenschance?

wegen des Herzogs kundbarer Regiersudit und gedachten Prinzen an dessen Hauses Erweiterung habenden Eventualinteresses dafür gehalten werden, daß die Regeln einer guten Politica allenfalls auch wider diesen sich behutsamlich zu praekautionieren allerdings erfordere, zumal derselbe sowohl dahier als dort mit so unbeschränkter Gewalt versehen und ausgerüstet ist, daß, dafern ihm über kurz oder lang bei Abänderung der unbeständigen Zeiten die Begierde nach großen Dingen zu streben oder dem Savoyischen Hause behagliche Dienste zu leisten angehen möchte, es ihm so wenig bei den Armeen als bei mehrgemeldetem Guberno, absonderlich wegen dessen zu fast willkürlicher Bestellung aller beiderseits zur Eröffnung gedeihender respective sowohl zivil- als militärischer Ämter, zumal er die Gemüter sich dadurch verbindlich machen und durchgehends in seine Interessen ziehen kann, an den dazu gehörigen Mitteln gebrechen würde". Des Herzogs von Savoyen Ambitionen seien bekannt, er besitze zudem die Protektion der Seemächte, daher müsse man alles tun, um dem, was er anstrebe, vorzubeugen. Es könne aber auch leicht der Fall eintreten, daß bei seinem Tode die Administration des Herzogtums dem Prinzen Eugen zufalle, was indessen „mit dessen Mailändischen Guberno nicht allerdings kompatibel" wäre. Zudem müsse ein Statthalter doch ständig anwesend sein, was aber bei ihm nicht zutreffe, da er „zufolge der von Ihrer Kaiserlichen Majestät ihm anvertrauten hohen Kriegschargen Sommerszeit das Kommando bei der Armee und des Winters dem Kriegspräsidio vorzustehen hat". Ausführlich sucht der Fürst dann zu zeigen, daß die Dinge bei dem Herzog von Modena ganz anders lägen, der wegen der auf Grund seines Zusammengehens mit den Habsburgern erlittenen Schäden auf einige „Konsolation" Anspruch habe und sicherlich schon wegen seiner engen verwandtschaftlichen Beziehungen zu dem Kaiserhause alles nach dessen Wünschen leiten werde. Man kann sich nach diesem Schreiben leicht vorstellen, wie Salm und seine hohe Gönnerin auch Kaiser Joseph bearbeitet haben. Sehr schön war es wahrhaftig nicht, mit welchen Mitteln man hier vorging, um zugleich einem persönlichen Gegner Abbruch zu tun und einer Familienpolitik zum Siege zu verhelfen, die mit dem Staatsinteresse kaum in Einklang stand. Gelungen ist dies Spiel nicht. Die Gegenpartei hatte natürlich davon erfahren, sie setzte sich unter der Führung Wratislaws, der in Wien den Monarchen und die Konferenz beeinflussen konnte und

Kandidatur des Herzogs von Modena

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mit dem Habsburger in Barcelona in vertraulicher brieflicher Verbindung stand, zur Wehr. Schon im Januar hatte er Karl III. gewarnt, der inzwischen bereits von dem Herzog von Moles, der nunmehr als kaiserlicher Botschafter an seinem Hofe wirkte, gehört hatte, daß man von ihm die Ausstellung des Generalstatthalter-Patents für Rinaldo von Modena erwarte 36 ). Entsprechend dem Rat von Wratislaw und Moles erhob der König Einspruch, wobei er auf die mögliche Verstimmung des Herzogs von Savoyen hinwies, den man menagieren müsse, doch hat er, als ihm im Sommer der Beschluß des Kaisers über den Wechsel in Mailand als unabänderlich hingestellt wurde, geglaubt, sich dem Wunsche des Bruders fügen zu müssen, und die verlangte Urkunde nach Wien geschickt: „Ego dixi", schrieb er dazu an Wratislaw, „und habe meine reflexiones geschrieben, nun wasche mir die Hand und schicke im Namen Gottes das Patent hinaus, viderint illi, und zweifle gar nicht, daß, wenn das Patent einmal daraußen, nicht lang anstehen wird, daß es publik sein w i r d . . . Basta, der Kaiser ist Herr, Gott gebe, daß ich midi betrüge und es wohl ausschlage"37). Auch Wratislaw hat darauf zeitweise resigniert und nur noch mit Entschiedenheit einen Modus der Übertragung gefordert, daß man den Prinzen, „welcher ohnedem sehr chagrín ist", nicht vor den Kopf stoße, da er doch „wahrhaftig um das Erzhaus meritiert, daß man ihn konsideriere" 38 ). Durch viele Bemühung, zu der sich vor allem Graf Sinzendorf habe gebrauchen lassen, sei es, wie er am 16. September 1708 König Karl berichtete, dahin gebracht worden, daß auch Victor Amadeus sein Einverständnis zu dem Wechsel habe erkennen lassen, nun werde man bald über das Werk deliberieren, an dessen Ausschlag nicht zu zweifeln sei, obzwar er dazu niemals geraten habe und auch weiter nicht raten werde: „was mir aber dieses für persecutiones auf den Hals zieht, das weiß Gott, welchem ich es auch befehle, wie schmerzlich aber dies unserm Prinzen zu Herzen geht, kann ich es nicht beschreiben, der da in einer Zeit, wo er so gloriose Fatigen für das Erzhaus verrichtet, sehen muß, daß man ihm seine besten emolumenta wegnimmt" 39 ). Im Grunde aber hatte Wratislaw seinen Widerstand noch nicht aufgegeben. Am 20. September beschäftigte sich auf Weisung des Kaisers in Abwesenheit Salms eine aus Trautson, Seilern, Wratislaw und Sinzendorf bestehende engere Konferenz mit den italienischen Dingen, und sie bat angesichts der damals noch ungeklärten Lage gegenüber Rom

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Verpaßte Friedenschance?

dringend, einstweilen in der Statthalterschaft in Mailand keine Änderung vorzunehmen. Noch hielt zwar Joseph an dem seiner Gemahlin gegebenen Versprechen fest: „Weil", so bemerkte er am Rande des ihm zugegangenen Referats, „bei mir eine resolvierte Sache ist, daß der Herzog von Modena das Governo von Mailand haben solle, als solle die Konferenz noch einmal zusammenkommen und deliberieren ratione modi, was in der Sache zu tun und wie sich respectu des Prinzen Eugen zu verhalten, auch ob es jetzt publiziert oder noch länger in statu quo gelassen werde" 4 0 ). Immerhin war damit Zeit gewonnen, und die offenbar unter dem Einfluß von Wratislaw stehende Konferenz, die erst am 3. November wieder zusammentrat, wußte geschickt neue Einwände vorzubringen 41 ). D a , so wurde in dem Referat ausgeführt, der Konflikt mit dem Papst sich gerade zugespitzt hatte, müsse man Eugen wieder nach Italien berufen, dann aber sei eine Publikation des Wechsels in der Statthalterschaft untunlich. Im übrigen sei auch wegen der für den Modenesen aufzustellenden Instruktion des Prinzen Anwesenheit in Italien nötig, „anerwogen von inn- und äußerlicher Beschaffenheit dieses Herzogtums, von den Subjectis, die dem Herzog müßten zugegeben werden, und all' anderen Influenzen niemand besser und vollkommener Wissenschaft als eben der Prinz hat, folgends auch niemand besser und zuverlässiger Erinnerungen zur Einrichtung einer so wichtigen Instruktion als eben derselbe abgeben kann". Was dann das Verhalten ihm gegenüber betreffe — von dem Wratislaw in der Konferenz erklärt hatte, es lasse sich „mit einem Prinzen von seiner nascita und Verdiensten nicht also ballotieren" — so müsse man versuchen, ihn zur freiwilligen Resignation zu bewegen, „wozu er sich unzweifelhaft gutwillig bequemen wird, absonderlich wenn für die ihm dadurch entgehenden 12 000 Pistolen jährlicher Intraden demselben einige Ersetzung geschieht". Ob der Vorschlag, den Herzog von Modena zur Abgabe der Hälfte seiner Bezüge an seinen Vorgänger für die Dauer des Krieges zu bewegen, nicht auch darauf berechnet war, ihm das ganze Geschäft zu verleiden? Wratislaw hoffte erneut auf eine von ihm wohl erbetene Mißbilligung des ganzen Vorgehens durch König Karl, und dieser hat denn auch zum mindesten zum Ausdruck gebracht, daß ihm die Sache wenig gefiel: „Erkenne selbst", so schrieb er an den Grafen — und ähnlich dürfte er sich auch Joseph gegenüber geäußert haben — „daß es den armen Prinz Eugen sehr und billig schmerzen würde, wenn man den

Niederlage des Fürsten Salm

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Herzog publizieren sollte für Gubernator, da er so viel für uns tut, sein Blut und Leben sakrifiziert und wir ihm allein die Progressen in Niederland und absonderlich die Eroberung Lilles (über welche mich mit Euch freue) schuldig sind. Ihr könnt am besten sagen, was ich geschrieben und mich entschuldigt, um das Patent zu schicken, wünsche nur, daß es gut ausschlage, denn nicht meine, daß wir so viel gute Chefs haben und die Zeit sei, dem Prinzen einen Anlaß zu einem disgusto zu geben, ego feci quod meum erat, und der Kaiser wird besser wissen als ich, was und warum er's tut" 42 ). Die Taktik hinhaltenden Widerstands durch Einwände verschiedenster Art und von verschiedenen Seiten hatte schließlich Erfolg. Zwar hat man offenbar mit dem Prinzen nach seiner Ankunft in Wien über seine Resignation verhandelt, und er hat sich auch, wie er selbst im März 1709 an König Karl schrieb, dazu bereit erklärt 43 ). Am 9. März hat sich dann wieder eine Konferenz unter dem persönlichen Vorsitz des Kaisers mit dem „dem Herzog von Modena konferierten Guberno von Mailand" und dessen Instruktion beschäftigt, wobei diesmal „große Bedenklichkeiten" laut wurden, einen großen Herrn in ein solches Gubernium zu setzen44). Es ist in der Folgezeit dann die Rede davon gewesen, dem Prinzen Eugen statt des Mailänder Generalgouvernements die Generalstatthalterschaft der spanischen Niederlande zu übertragen, die nach dem Sieg von Ramillies von König Karl Marlborough angeboten, von diesem aber mit Rücksicht auf die Holländer abgelehnt worden war 45 ). Der spanische Habsburger war auch bereit, das entsprechende Patent auszustellen, denn Eugens Ernennung würde man auch im Haag zustimmen, sie würde ferner dem Lande „zum Besten und Trost" und dem Prinzen selbst „vor der Welt eine Rekompens für seine großen Dienste, absonderlich auf das, was wegen Mailand vorgegangen ist", sein, aber er hielt es dann für nötig, daß Eugen seine Wiener Chargen für einige Zeit niederlege, „denn Niederland in diesen Unruhen einen Gubernator nötig hat, der beständig gegenwärtig und man den üblen Effekt der Abwesenheit genug in Mailand erfahren" 46 ). Diese Bedingung war aber wohl weder für den Kaiser noch für den Prinzen annehmbar, und so blieb schließlich alles in der Schwebe, damit Eugen aber weiter im Besitz von Würde und Einkünften des Mailänder Amts. Entwicklung und Ergebnis dieser Angelegenheit stellten sicherlich eine Niederlage des Fürsten Salm dar. Der „chagrin", den er

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Verpaßte Friedenschance?

dem Prinzen zu bereiten suchte, wurde ihm selbst, der zudem dauernd von Erkältungen und sonstigen Leiden geplagt wurde, in wachsendem Maße zuteil. Aber noch besaß er Einfluß und Macht, wie etwa auf der einen Seite die Beibehaltung Heisters in Ungarn, auf der anderen das Vorgehen gegen den Papst und andere Schritte, die von Wratislaw und Eugen mißbilligt wurden, bewiesen. Der böhmische Graf, der während der Abwesenheit seines Freundes allein in Wien den Kampf gegen den Obristhofmeister führte, hatte im Laufe des Jahres 1708 weiter vergeblich versucht, diesen „Brouillon und Plapperer", den er für alle Unordnung verantwortlich madite, von der Spitze der Regierung zu verdrängen. Schon zu Beginn des Jahres war der Gedanke aufgetaucht, über die verschiedenen Gremien eine größere geheime Konferenz unter Vorsitz des Kaisers selbst zu setzen, in der alle publica und politica vorgetragen werden sollten: es schien Wratislaw das beste Mittel,„die Salmischen Confusiones zu redressieren", und auch König Karl, dem er davon berichtet, hielt es für gut, daß sein Bruder höre, was man debattiere, und dann entscheide — wogegen freilich, wie er fürchtete, manche sein würden, „die anjetzo ihr Interesse und Avantage" machen47). Und wirklich wurden zum großen Ärger der Gegner des Obristhofmeisters anfängliche Zusagen des Kaisers nicht erfüllt, worüber Wratislaw dessen Bruder gegenüber in bittere Klagen ausbrach: „es ist nicht zu beschreiben, wie konfus und nachlässig alles hergeht, und solange der Salm die Direktion behält, sehe ich keine Hoffnung zu einer Änderung, denn einmal die Kapazität ist nicht vorhanden und ich sowohl als andere werden so disanimiert, daß man mit nächstem alles wird gehen lassen, wie es geht, und um Euer Majestät mein Herz recht zu eröffnen, so schwöre ich Ihnen, daß ich alles anwenden muß, um mich aufzumuntern, und es ist ein Mirakel, daß einer bei einem Hof, wo alles auf sich gedenkt, der Herr ziemlich gleichgültig ist und aus seiner Gutheit mehr auf andere als seine Konvenienzien gedenkt, man noch ein ehrlicher Mann bleiben kann" 48 ). Im September schien sich dann freilich eine Aussicht auf eine Änderung zu bieten, da Salm auf Grund einer stärkeren Unpäßlichkeit wieder, wie das ja schon öfters geschehen war, den Kaiser bat, sich zurückziehen zu dürfen 49 ). Aber was würde dann geschehen? Sofort war wieder von dem Kardinal Lamberg die Rede, hinter ihm stand sein Neffe, der kaiserliche Favorit, dann der in letzter Zeit zu Einfluß gelangte

Frage der Nachfolge Salms

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Reichshofrat Graf Windischgrätz 50 ) und angeblich auch der H o f kammerpräsident Gundaker Starhemberg. Noch war es zwar keineswegs ausgemacht, daß der „Großvezir" sich tatsächlich zurückziehen wollte 51 ), für diesen Fall aber sollte er Windischgrätz zugesagt haben, dem Kardinal zu seiner Nachfolge zu verhelfen — was nach Wratislaws Meinung nur „ex odio wider den Prinzen Eugenium" geschehen würde — und auch die Kaiserin wollte auf Anstiften des modenesischen Gesandten Giannini „cum reflexione auf Comacchio und das Governo von Mailand" dazu konkurrieren 52 ). Damit aber wäre man aus dem Regen in die Traufe gekommen. Angesichts dieser Gefahr hat der damals noch in den Niederlanden weilende Prinz sich zu einem außergewöhnlichen Schritt entschlossen: er beauftragte Wratislaw, dem Kaiser vorzustellen, „daß ein Primo Ministro für Ihro Kaiserliche Majestät eigene Person in der Welt ein Praejudicium machen würde, daß in allem Fall er, Prinz, ein älterer geheimer Rat als der Kardinal sei und daß er eher alles lieber quittieren, als dieses torto leiden und mit Verschmälerung seiner Ehre unter dem Kardinal stehen würde". Anscheinend ist diese schroffe Erklärung nicht ohne Eindruck geblieben. Joseph gab Wratislaw die Versicherung, daß er nicht daran denke, Lamberg eine Prärogative in dem Ministerium zu geben, und er sagte zugleich schriftlich — „damit der Kardinal alle Hoffnung zu seinem Vorhaben verliere und der Prinz sicherer sei" — dem Obristkämmerer Trautson die Nachfolge Salms als Obristhofmeister, falls dieser ausscheide, zu. Doch es war, wie sich herausstellte, nur ein halber Sieg. Bald wollte man wissen, daß Lamberg als Nachfolger des Anfang Oktober 1708 gestorbenen Reichshofratspräsidenten Graf öttingen vorgesehen sei und auf diese Weise doch an den Hof gezogen werden sollte. Auch dies erschien der Gegenpartei unerträglich: „Wenn ich zurückdenke", so schrieb Wratislaw an König Karl, „was dieser Kardinal vor diesem für ménagement für Bayern gehabt, so sorge sehr, daß seine Gegenwart bei den künftigen Friedensdeliberationibus einen schlechten Vorschub des Erzhauses Interesse geben dürfte, zu geschweigen, daß sein hier Verbleiben unsern Hof in große agitationes und scissiones setzen wird." Noch war es völlig offen, „was für einen endlichen Ausgang diese ganze Intrige nehmen wird", noch war Salm im Amt und stand Lamberg gewissermaßen vor der Türe, als Prinz Eugen am 30. Januar 1709 in Wien seinen Fuß aus dem Wagen setzte.

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Verpaßte Friedensdiance?

Er wußte, daß ihn hier nicht nur Anerkennung und Dankbarkeit erwarteten. Der erste Mann am H o f e nach dem Kaiser, der Obristhofmeister, stand ihm mit unverhohlener Feindschaft gegenüber. Er hatte sich auch durch Oudenaarde nicht von seiner nörgelnden Kritik an dem Feldherrn abbringen lassen: als jene Krisen und Mißerfolge bei der Belagerung von Lille eintraten, glaubte er bereits dem Habsburger in Spanien ankündigen zu können, daß „der heurige Feldzug so glücklich nicht, als einige sich hierbevor davon geschmeichelt, allem Anschein nach ausschlagen dürfte, welches denn auch fast nicht wohl anders sein können", und erneut war er „in reifer Erwägung des bisherigen Kriegssystems" angesichts der „bis anhero sich geäußerten fast geringschätzigen und in Erzielung des vorgesetzten Hauptzwecks nicht allerdings zulänglichen, auch an sich annoch mißlichen Sukzessen" zu dem Schluß gekommen, daß die Bourbonen zum Verzicht auf Spanien nur durch energische Kriegführung in Katalonien genötigt werden könnten 53 ). Wieder hatten ihn zwar der Fall der Festung und die weiteren Erfolge in den Niederlanden widerlegt, und ein Einblick in die Korrespondenz zwischen K a r l und Wratislaw hätte ihn überzeugen können, daß sein Versuch, an dem Bruder des Kaisers einen Mitstreiter gegen Eugen zu gewinnen, von vornherein aussichtslos war. Aber wie er, so stand „das ganze Haus Hannover" gegen den Ankömmling, an der Spitze die Kaiserin, und mit ihr wieder eng verbunden die Unzufriedenen aus Italien, die modenesische Partei, und dazu dann die Lambergsche „Faktion" 5 4 ). Wie gespannt die Lage, wie empfindlich und zornig man auf beiden Seiten war, das wurde grell durch einen Zwischenfall beleuchtet, der sich eine Woche nach des Prinzen Ankunft bei einem der aus Anlaß des Faschings am kaiserlichen H o f stattfindenden Bälle zutrug. Es scheint, daß die Kaiserin dabei Eugens Neffen, den Prinzen Moritz von Savoyen, brüskierte, indem sie ihm einen Tanz verweigerte, während sie den jungen Prinzen von Braunschweig-Bevern dazu aufforderte. Der Onkel sah darin einen Affront gegen seine Person und sein H a u s : er soll Genugtuung verlangt, ostentativ sich vom Hof ferngehalten und sogar mit seinem Rücktritt gedroht haben. Seine Verstimmung muß jedenfalls erheblich gewesen sein, da Kaiser Joseph persönlich sich veranlaßt sah, ihm in einem eigenhändigen Billett sein Bedauern über den Vorfall auszusprechen und ihn seines unwandelbaren Vertrauens zu versichern. Nach seiner Darstellung hätte seine Gemahlin

Einsetzung der Geheimen Konferenz

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wegen einer Unpäßlichkeit überhaupt nicht tanzen wollen und dann nur für Bevern als einem nahen Verwandten deshalb eine Ausnahme gemacht, weil er zum erstenmal auf einem Hofball erschienen sei: „Will also nicht hoffen, daß Euer Liebden dieses, was geschehen, so sehr zu Herzen nehmen werden, und ersuche Dieselbe, gewiß persuadiert zu sein, daß in allen erdenklichen Okkasionen allen Egard für Ihre eigene Person und Haus haben werde; was ich für eine unbeschreibliche Liebe und Estime für Ihre Person und Meriten, glaube nicht, daß vonnöten ist, viel zu kontestieren, indem hoffe, daß Sie ohnedem genug davon persuadiert sein können, hoffe also, daß Euer Liebden auf dasjenige, was neulich geschehen, nicht mehr denken, sondern persuadiert sein werden, daß ich nichts anderes verlange, als nur viel Okkasionen zu haben, Deroselben und Ihrem ganzen Haus und allem, was Sie angeht, meine unveränderliche Estime und vetterliche Liebe und Affektion zeigen zu können" 55 ). In einem Postskript bat er dann den Prinzen noch, vor der, auf den nächsten Morgen 10 Uhr angesetzten Konferenz über die römischen Angelegenheiten zu ihm zu kommen, „damit ich mich mit Ihnen besser mündlich explizieren und Sie meiner unveränderlichen Liebe und Affektion versichern könne". H a t das entschiedene Auftreten Eugens in diesem Falle auch politische Früchte getragen? In der verhältnismäßig kurzen Zeit, die er diesmal in der Hauptstadt zubrachte, haben Wratislaw und er wenigstens etwas erreicht: die ja schon vor Jahresfrist von ihnen zur Einschränkung von Salms Machtbefugnissen vorgeschlagene Einsetzung einer geheimen Konferenz, die möglichst unter dem Vorsitz des Kaisers selbst alle wichtigen politischen Angelegenheiten behandeln und entscheiden sollte, wurde nun in der Tat vorgenommen. Am 7. März 1709 wurden zu beständigen Geheimen Konferenzräten und damit zu Mitgliedern dieses neuen ersten Staatsgremiums ernannt Fürst Salm, der Prinz von Savoyen, Mansfeld, Trautson, Windischgrätz, Seilern, Sinzendorf und Wratislaw 56 ). „Die hiesige Konferenz ist stabiliert, und wenn sie erhalten wird, wie sie anjetzo ist, so wird vielen Inkonvenienzen abgeholfen werden", berichtete Wratislaw nach Barcelona 57 ). Gewiß waren den Freunden nicht alle Mitglieder genehm, und der Graf besorgte, daß möglicherweise durch den Einfluß von Gemahlin und Mutter Josephs die Zahl vermehrt und damit „ein Parlament" daraus werden könnte — „et error peior priori" 58 )! Befriedigt war der Vorkämpfer 18 Braubach, Prinz Eugen

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Verpaßte Friedensdiance?

österreichischer Staatsräson, daß der Reichsvizekanzler nicht von der Partie war, der „zwar seinen T a g in der Woche schon hat, um seine expedienda Imperii vorzutragen, daß er aber als ein Fremder in allen Haussachen auch mit Wissenschaft haben sollte, ist einmal unnötig". Vor allem aber war die Gefahr eines Eindringens des Passauer Fürstbischofs vermindert und zugleich die Aussicht auf eine Ausschaltung des Obristhofmeisters erhöht worden: „Der Kardinal von Lamberg ist inter nominatos, wenn er anhero kommt, an welchem nunmehr anfange zu zweifeln, denn ich vernehme, daß er nicht Reichshofratspräsident sein will, und der Kaiser hat sich mit dem Prinzen engagiert, daß er gedachten Kardinal ohne Charge nicht allhier behalten will, weil aber derselbe unter Vorwand das Badener Bad zu gebrauchen, anhero kommen will und der Salm allezeit sagt, daß er sich noch diesen Frühling retirieren wollte, so muß man erwarten, was dieses ganze Chaos endlich für einen Ausschlag nehmen wird." Mit Salm konnte es in der Tat nicht mehr lange dauern. Er selbst klagte dem König Karl, daß Gesicht und Gehör bei ihm täglich mehr abnähmen, so daß er den vielfältigen Konferenzen fast ohne Nutzen, wenn überhaupt, beiwohnen könne, zumal er „die anderwärtigen Vota sehr schwer und nicht wohl fasse" und die Expeditionen nicht mehr lesen könne 59 ). Die Ankündigung, Anfang Mai abzureisen, hat er freilich, wie Wratislaw vorausgesagt hatte, nicht verwirklicht 60 ). Vielleicht wäre die Einrichtung der Geheimen Konferenz und damit doch, wie sich zeigen sollte, eine Machtsteigerung der Gruppe um den Prinzen Eugen und Wratislaw damals noch nicht erfolgt, wenn sich nicht im Hinblick auf Friedensangebote von französischer Seite für den Kaiser und seine Regierung die Notwendigkeit ergeben hätte, sich in umfassender Weise über die Forderungen klar zu werden, die man dem Gegner stellen, und über die Haltung, die man sowohl ihm als auch vor allem den eigenen Verbündeten gegenüber einnehmen sollte. Diese Fragen haben — neben der Vorbereitung des natürlich trotzdem ins Auge zu fassenden neuen Feldzugs — dann auch den Prinzen in den nur anderthalb Monaten, die er in der Hauptstadt bleiben konnte, voll in Anspruch genommen.

Französische Friedensangebote

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2. Die Siege des Prinzen Eugen und Marlboroughs hatten das Frankreich Ludwigs XIV. in eine Lage gebracht, wie man sie in der ganzen langen Regierungszeit des greisen Königs noch nie erlebt hatte. Man hatte Italien mit der Ausnahme von Sizilien und einigen spanischen Besitzungen an der toskanischen Küste den Verbündeten überlassen müssen, in Spanien war der habsburgische Prätendent zwar keineswegs Sieger, aber auch noch nicht bezwungen, aus Deutschland hatten der bayrische und der kölnische Bundesgenosse flüchten müssen, und nun waren 1708 nicht nur die spanischen Niederlande zum überwiegenden Teil in den Besitz der Gegner gelangt, sie hatten schließlich auch mit Lille einen Eckstein aus der Verteidigungsfront Frankreichs selbst herausgebrochen. Dazu hatten die dauernden Kriege und die Notwendigkeit, immer neue Heere aufzustellen, zu einer schweren inneren Erschöpfung geführt, die eine wachsende Unzufriedenheit des Volkes hervorrief. War es nicht nötig, um den vollen Zusammenbruch zu verhindern, sobald als möglich die Verständigung mit der übermächtig gewordenen Allianz zu suchen? Das war in der Tat die Oberzeugung der Berater Ludwigs und auch des Königs selbst geworden. Schon seit längerer Zeit hatte man Fühler ausgestreckt, wobei die Absicht zunächst wohl dahin gegangen war, die Koalition zu sprengen: die Holländer erschienen da als das schwächste Glied, sie mußten im Interesse ihres Handels die Wiederherstellung des Friedens wünschen und würden vielleicht, wenn man ihren Sicherungsforderungen entgegenkam, die Hand bieten, es hat indessen auch durch den neutralen Herzog von Lothringen vermittelte Anfragen in Wien gegeben, die indessen ohne Folgen blieben81). Und wenn es auch einem vielgewandten, allen Parteien gern sich anbietenden Agenten, dem holsteinischen Residenten im Haag, Hermann Petkum, seit dem Frühjahr 1708 gelungen war, mit holländischen Politikern in ein Gespräch über einen Frieden zu kommen und so eine Verbindung zwischen Frankreich und den Generalstaaten herzustellen 62 ), so mußte man in Versailles doch erkennen, daß ein Mann wie Heinsius zu Sondervereinbarungen nicht bereit war, daß zwar auch er den Frieden erstrebte, aber nur einen Gesamtfrieden auf der Grundlage des Zurückweichens der Bourbonen auf der ganzen Linie. Nachdem man schon auf französischer Seite der Zuziehung der Eng18*

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länder zu den Besprechungen zugestimmt hatte, veranlaßten der Fall von Lille sowie der Verlust von Gent und Brügge erste konkrete Angebote: von dem Verzicht auf Spanien war die Rede, und wenn zunächst der Anfall der gesamten italienischen Erblande an des Königs Enkel vorbehalten wurde, so ließ man dann rasch den Anspruch auf das verlorengegangene Mailand fallen, und natürlich wollte man den Seemächten in vielen Fragen entgegenkommen. H i n t e r Petkum tauchten der mehrfach im H a a g erscheinende französische K a u f m a n n Mesnager und der belgische Vertraute des b a y rischen Kurfürsten, G r a f Bergeyck, auf, und dann erfolgte der Vorschlag

des französischen Staatssekretärs des Äußern

Torcy,

einen hohen Beamten, den Präsidenten Rouillé, zu Friedensverhandlungen nach H o l l a n d zu entsenden 6 3 ). Es konnte kein Zweifel mehr sein, daß es ernst gemeint war. U n d allenthalben begann nun in den Regierungszentren und Feldlagern der Alliierten eine lebhafte Tätigkeit: es galt einmal im eigenen staatlichen Bereich sich einig zu werden über das, was man für sich als Höchstforderung stellen und was man zum mindesten erreichen wollte, und wenn es schon hierbei nicht ohne heftige Auseinandersetzungen zwischen den verschiedenen Parteien abgehen konnte, so war erst recht

auf

Gegensätze und Streit zu rechnen, wenn man dann innerhalb der Allianz zu einer Verständigung gelangen wollte. Nicht ohne Mißtrauen und Besorgnis hatte man in Österreich die Einleitung der Verhandlungen beobachtet, an denen man selbst ja nicht beteiligt gewesen war. Sie haben gerade auch den Prinzen Eugen erfüllt, der an der Aufrichtigkeit der Franzosen von vornherein zweifelte und eine zu weit gehende Nachgiebigkeit der H o l länder fürchtete. W a r die Zeit wirklich schon für einen Frieden reif, der dem Hause Habsburg die erstrebte Macht gab und es vor künftiger Bedrohung sicherte? M i t Unbehagen hat der Prinz im Sommer 1708 von der Friedensstimmung in H o l l a n d gesprochen: um so mehr hielt er es für nötig, gemeinsam mit Marlborough, der ebenso wie er über die Gerüchte von geheimen Verhandlungen nicht wenig alarmiert sei, die Kriegsdispositionen vorwärts zu treiben und „dahin zu sehen, daß man sie, Holländer, mit eingehen machen und die Lust zum Frieden aus dem K o p f bringen möchte, so umso erwünschter wäre, als man andurch die gute Hoffnung hätte, F r a n k reich einmal rechtschaffen zur Raison zu bringen" 6 4 ). Dementsprechend hat er auch, solange er sich noch in den Niederlanden auf-

Eugens Einstellung zum Frieden

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hielt, alle seine Bemühungen darauf gerichtet, nicht den Frieden, sondern einen neuen letzten Feldzug zur vollen Niederwerfung der französischen Macht vorzubereiten. Gerade im Hinblick auf mögliche Schwankungen der Holländer war es ihm ganz erwünscht, daß die Seemächte das Verbleiben der kaiserlichen Armee im Nordwesten und ihre weitere Verstärkung im Frühjahr verlangten — wenn er sich auch nach außen dagegen „in etwas spreizte" —, denn mit einem an Ort und Stelle befindlichen „konsiderablen Korps" konnte man „mit so höherer Raison" die eigenen Anliegen vertreten, auch „auf die Garnierung ein- und anderen Platzes unvermerkt antragen und dadurch den Holländern bei erfolgendem Frieden, welche fast alle Plätze besetzt haben, ihr Absehen, ein- und andere davon zu behalten, wohin sie einzig und allein abzielen, unterbrochen werden könnte" 85 ). Ebenso begrüßte er im Grunde jene Forderung, daß entweder Marlborough oder er während des Winters in den Niederlanden bleiben sollte, da sie dann nicht nur für die rechtzeitige Zusammenziehung der Truppen sorgen, sondern auch die Schritte der Holländer überwachen konnten 66 ). Wenn er gemeinsam mit dem Lord-Herzog es sich angelegen sein ließ, auch den Verbleib der pfälzischen und preußischen Kontingente auf diesem Kriegsschauplatz zu erreichen — Schwierigkeiten, die Kurfürst Johann Wilhelm noch bei seiner Durchreise durch Düsseldorf bereitete, konnten schließlich behoben werden, und auch mit Preußen kam, freilich erst Ende März 1709, eine neue Truppenkonvention zustande 67 ) — so setzte er auch in politischer Beziehung seine Hoffnung auf ein enges Zusammengehen mit Marlborough und so mit England, um mit ihrer Hilfe auch in den Generalstaaten der für energisches Auftreten gegenüber Frankreich gestimmten Partei um Heinsius das Übergewicht zu verschaffen. Wenn es sich aber wirklich zeigen sollte, daß die Franzosen das anbieten oder zugestehen würden, was man von ihnen verlangte, so galt es seiner Meinung nach dann, sich Sicherungen für die Zukunft geben zu lassen. Nach dem Zeugnis Grumbkows hat er am Morgen seiner Abreise aus dem Haag in einem Gespräch mit Marlborough und dem Preußen nidit nur geäußert, daß er als Kaiser oder europäischer Souverän alles bis zum Hemd opfern würde, um durch Niederwerfung dieses „Monstrums" Frankreich seines Besitzes wirklich gewiß zu sein, sondern auch auf die optimistische Bemerkung des Engländers, der Friedenskongreß könnte in zwei Monaten zu Ende

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geführt werden, erklärt, die wahre Komödie werde erst nach A b schluß des Krieges beginnen, wenn die Alliierten sich die nötigen Garantien verschafften, und es müsse schon außerordentlich hergehen, wenn es nicht bald wieder zu neuen Händeln käme 6 8 ). Noch scheint man, als der Prinz im Januar den H a a g verlassen und sich nach Wien begeben hatte, nicht ganz sicher gewesen zu sein, ob wirklich ein französischer Bevollmächtigter nach Holland kommen und damit die Friedensverhandlungen aufgenommen würden. Mitte Februar 1709 dürften dann aber in Wien entsprechende Nachrichten eingetroffen sein, worauf der Kaiser für den 19. eine erste Beratung über den „status publicus belli et pacis" ansetzte, die wegen Indisposition des Fürsten Salm in dessen Zimmer in der H o f b u r g stattfand und an der außer Joseph selbst und dem Obristhofmeister Eugen, Trautson, Seilern, Sinzendorf, Wratislaw und der Referendar Buol teilnahmen 69 ). Der Prinz referierte hierbei über die allgemeine Lage, über die vermutlichen Absichten von Franzosen, Engländern und Holländern, im besonderen dann auch über die holländischen Barrierepläne und forderte sodann die Absendung eines bevollmächtigten Ministers nach dem H a a g . Die Fortsetzung der Besprechung f a n d am 21. Februar in Abwesenheit des kranken Salm statt, wobei man sich einmal mit „Kriegsmaterien", also mit den Vorschlägen des Hofkriegsratspräsidenten über die Verstärkung der Truppen in den Niederlanden, den Entsendungen nach Spanien, den entsprechenden Neuaufstellungen in Italien usw. beschäftigte, sodann aber nach Verlesung neuer Berichte des Residenten Heems aus dem H a a g — wonach „die Sache allgemach bei den Generalstaaten den Anschein zu gewinnen beginne, als ob sie, wo nicht wie vor Zeiten sich mit Frankreich in einem besonderen Frieden einlassen, doch das gesamte Friedensgeschäft durch abseitige Handlung und Richtigstellung der Präliminarien präzipitieren und ihre Alliierten in die fatale Nezessität einer gezwungenen, höchst nachteiligen Nachfolge werfen dürften" — der Beschluß gefaßt wurde, um diesem Übel rechtzeitig vorzubeugen, eine besondere Ministerialdeputation aus den versammelten Herren zu bilden mit dem Auftrag, eine Instruktion für den Prinzen und f ü r einen weiteren Minister, der ihm nach dem H a a g folgen sollte, auszuarbeiten 70 ). Während weitere Konferenzen am 24. und 26. Februar wieder der Rüstung und Truppenverteilung galten 7 1 ), trat diese Deputation zu ihrer ersten Sitzung am 27. zusammen, und zwar

Wiener Konferenzen über die Friedensbedingungen

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wegen anhaltender Unpäßlichkeit Salms unter dem Vorsitz Eugens in dessen Stadtpalais 72 ). Sie wurde sich darüber einig, daß dem Prinzen für seine bevorstehende Rückkehr nach Holland eine Vollmacht als kaiserlicher Botschafter zu geben war, und sie stellte sodann auf der Grundlage eines von dem Hofkanzler Sinzendorf erstatteten Berichts über bisher bekanntgewordene seemächtliche Friedenspläne die eigenen Wünsche und Ziele in den beiden wichtigsten Materien einer Friedenshandlung mit Frankreich, nämlich dem Schicksal der spanischeft Monarchie und den Restitutionsforderungen des deutschen Reichs, zusammen. Hinsichtlich des ersten Punktes sollte auf dem Anfall des gesamten Erbes an das Erzhaus bestanden werden: wollten die Seemächte etwa, wozu sie zu neigen schienen, für Philipp von Anjou Neapel und Sizilien ausklammern, sei ihnen „rund und trocken" zu sagen, daß ihm keine Handbreit Boden überlassen werden könne, vor allem nicht in Italien — unter Umständen sei vielleicht dann ein Hinweis auf die Niederlande nützlich, um die Generalstaaten „damit bange zu machen". In der Diskussion wurden weiter auch Fragen der gegenseitigen Beziehungen und der künftigen Sukzession in der zur Zeit ja nur durch die beiden Brüder repräsentierten Familie Habsburg behandelt. Vorweg legte man Wert auf die Zuweisung des Gesamterbes König Karls II. an das Erzhaus, nicht an Karl III., weil ja nach den geheimen Abmachungen von 1703 Mailand dem österreichischen Zweig vorbehalten war. Natürlich hatte künftig gegenseitiges Erbrecht zu gelten, doch wurde „mit Grund" die Besorgnis geäußert, daß die Alliierten die Vereinigung der deutschen und spanischen Macht in einer Hand nicht zulassen würden: hier wurde die Zusage in Aussicht genommen, bei Vorhandensein nur noch eines Erzherzogs eine künftige Teilung unter dessen Söhne vorzunehmen. Was das Reich betraf, so schienen nach Sinzendorfs Referat Marlborough und Heinsius die Bestimmungen des Westfälischen Friedens als Basis setzen zu wollen, was die Deputation jedoch für unzulänglich hielt, da damit ja ein großer Teil des Elsasses bei Frankreich geblieben wäre: hier stand man vor einer Reihe schwieriger Probleme, die so leicht und rasch nicht zu entscheiden waren. Es wurde schließlich vorgeschlagen, in den Friedenspräliminarien einen Passus über Ergänzung und Herstellung der Reichsgrenzen gegenüber Frankreich nach den alten Reichsmatrikeln anzufügen, alle Einzelheiten aber auf die folgenden Verhandlungen über den Definitiv-

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frieden zu verweisen. Ließen sich Franzosen und Verbündete nicht darauf ein, so könnte man mündlich die Zustimmung zur Basis des Westfälischen Friedens geben, dabei jedoch auf der Festlegung der Restitution Straßburgs mit dem Elsaß und der Bistümer Metz, Toul und Verdun schon in den Präliminarien bestehen und einen Vorbehalt wegen des Schicksals der geächteten Kurfürsten von Köln und Bayern anmelden. Aus dem Protokoll der Sitzung vom 27. Februar ergibt sich, daß in diesem Zusammenhang Prinz Eugen auf die Herstellung einer guten Barriere 'an Rhein und Mosel durch Rasierung bzw. Befestigung und Besetzung von Plätzen zu sprechen kam, wobei er die sofortige Rückgabe des Elsasses mit Straßburg und — bei den Definitivverhandlungen — die Ausnutzung der kölnisch-bayrischen Frage vorschlug 73 ). Künftigen Beratungen wurden andere Materien, wie die Ansprüche Englands, Hollands, Portugals, Preußens und Savoyens, zugewiesen: sie haben erst nach der Abreise des Prinzen stattgefunden 74 ). Was die Deputation am 27. Februar erarbeitet hatte, wurde am 12. März der ja gerade auch im Hinblick auf die bevorstehenden Friedensverhandlungen acht Tage vorher vom Kaiser begründeten, Geheimen Konferenz vorgelegt: Joseph selbst führte den Vorsitz, und sämtliche von ihm ernannten Konferenzräte — Salm, Prinz Eugen, Mansfeld, Trautson, Windischgrätz, Seilern, Sinzendorf und Wratislaw — waren zur Stelle, denen Buol das große Referat über die Deputationssitzung vorlas, das hinsichtlich der Schwierigkeiten bei den Reichsbarriereforderungen von dem Prinzen erläutert wurde 75 ). Die Vorschläge wurden „nach zuvor angehörten übrigen Konferenzräten durchgehends allergnädigst approbiert" und dementsprechend beschlossen, Eugen mit der Vollmacht und dem Charakter eines kaiserlichen Botschafters nach den Niederlanden zurückgehen zu lassen mit dem Auftrag, auf dem Anfall der ganzen und unzertrennten spanischen Monarchie auf der Basis des Pyrenäenfriedens an das Erzhaus zu bestehen — wobei hinsichtlich der Sukzession „mit dem casu existentis unius masculi in Augusta domo zurückzuhalten" wäre — und für das Reich auf der Grundlage des Westfälischen Friedens und der alten Reichsgrenze zu verhandeln, „weil Ihre Kaiserliche Majestät für sich allein und ohne das Römische Reich für dasselbe ein wenigeres nicht begehren könnte". Mit dieser noch sehr allgemeinen Instruktion versehen, hat der Prinz in der Frühe des folgenden Tages Wien verlassen.

Haltung von Eugen und Wratislaw

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Wie weit er bei diesen ersten Beratungen über die Grundlagen eines Friedens seinen Einfluß geltend und seine Meinung durchgesetzt hat, läßt sich kaum feststellen. Es scheint, daß er in den Anfängen gegenüber der vor allem von Seilern vertretenen Ansicht, man solle die Verhandlungen überhaupt zu verhindern suchen, auf die Notwendigkeit hingewiesen hat, sich mit den Seemächten zu verständigen, wobei er, wie er es ja schon vom Haag aus getan hatte, ein enges Zusammengehen mit England befürwortete. Insofern war er wohl gegen eine völlig intransigente Haltung, wenn es ihm gewiß auch lieber gewesen wäre, wenn Frankreichs Macht wirklich gebrochen und vor allem mit Sizilien auch der letzte spanische Besitz in Italien dem Bourbonen entrissen worden wäre. Wieder läßt sich in diesen Wochen seine volle Übereinstimmung mit Wratislaw feststellen, und es kann durchaus sein, daß er sidi in den politischen Fragen seiner Führung anvertraute. Sie waren einig darin, daß man dem Erzhaus möglichst die ganze spanische Monarchie, vor allem aber das bisher spanische Italien verschaffen müßte, dabei dürften sie sich doch bewußt gewesen sein, daß dies nicht leicht zu erreichen war: „Allhier", so schrieb Wratislaw zu den von der Konferenz aufgestellten „Hauptmaximen" an König Karl, „wird man alle extrema anwenden, um nicht Neapoli und Sizilien zu verlieren; wie weit aber dies glücken wird, kann ich nicht sagen" 76 ). Die Reichsangelegenheiten standen vor allem für Wratislaw zurück: sie sollten die Hauspolitik nicht belasten. Hier ist es nun Eugen gewesen, der sich zum Anwalt der vor allem von den westlichen Reichsständen erhobenen Forderungen auf Errichtung einer Reichsbarriere machte, bei der er freilich an eine Ausdehnung über das Elsaß hinaus nicht gedacht hat. Und es waren wohl eher militärische als politische Gesichtspunkte, die ihn dazu bestimmt haben. Ob er über die Aufgabe, die ihm mit seiner Bevollmächtigung übertragen wurde, glücklich war? Es war für ihn wohl selbstverständlich, daß man ihm, dessen Wiedererscheinen in den Niederlanden ja von vornherein feststand und der sich damit dort befand, wo nun einmal nach der bisherigen Entwicklung der Dinge die Friedensfrage behandelt wurde, die ihm als einem der ersten Minister des Kaisers zustehende Befugnis zur Einwirkung auch auf die politischen Entscheidungen gab. Um alle Einzelheiten freilich konnte der Feldherr, dem ja ein Friedensschluß noch sehr zweifei-

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haft schien und der daher seine Aufmerksamkeit in erster Linie der Zusammenbringung, dem Aufmarsch und der Führung der Armee zuwenden wollte, sich nicht kümmern. Es war daher auch in Wien sofort in Aussicht genommen worden, ihm, wenn es sich herausstellte, daß die Friedensbesprechungen tatsächlich in Gang kamen, einen der anderen Minister als zweiten Botschafter folgen zu lassen. Konnte es dafür eine geeignetere Persönlichkeit geben als Wratislaw? Dem Prinzen wäre wohl niemand erwünschter gewesen, aber er teilte wohl durchaus die Meinung des Freundes, daß einer von ihnen beiden in Wien bleiben mußte. Nicht nur Marlborough hatte den Gefährten von 1704 beschworen, die kaiserliche Stimme im Haag zu führen, auch der Kaiser hatte dem böhmischen Kanzler, in dem er die beste Kapazität auf außenpolitischem Gebiet sah, die Mission angetragen, aber er war, wie er dem Habsburger in Spanien mitteilte, „constanter dabei geblieben, daß Ihrer Kaiserlichen Majestät Dienst nicht sei, mich in diesem Friedenswerk zu gebrauchen, solange als der Fürst von Salm bei diesem Hof das Direktorium haben oder bleiben wird" 77 ). Noch immer war ja der Obristhofmeister im Amt, er war aber mit manchem, was die Deputation am 27. Februar in seiner Abwesenheit beschlossen hatte, nicht einverstanden, vor allem auch nicht mit der Taktik der Anpassung an Wünsche der Seemächte: wenn man auf ihn gehört hätte, so schrieb er seinerseits an König Karl, wäre es nicht dahin gekommen, daß „die alliierten Seepotenzen das völlige arbitrium pacis an sich ziehen" und womöglich über das Erbrecht Karls „nach selbst beliebiger Willkür schalten könnten" 78 ). Sollten Eugen und Wratislaw ihrem erbitterten Gegner in Wien freie Bahn lassen? Dann aber kam für die Sendung als bewährter Diplomat nur Sinzendorf in Frage. Schon am 27. März hatte Wratislaw nach Barcelona berichtet, daß der Hofkanzler wohl bald dem Prinzen folgen werde, doch hat es noch einige Zeit gedauert, bis seine Ernennung erfolgte, was Wratislaw teils auf Einwände Salms, teils aber auch auf Bedenken des Kaisers zurückführte, der bei Sinzendorf „nicht genug fermeté" finde. So lag denn die Verantwortung zunächst allein bei Eugen, dem im Haag nur der dort zur Zeit den Gesandten vertretende Resident Heems zur Verfügung stand. Gemäß der Abmachung mit Marlborough hätte er ja schon Ende Februar wieder in den Niederlanden sein sollen, doch konnte er sich ihm gegenüber nicht nur auf dringende Geschäfte, sondern auch

Fahrt Eugens nadi dem Haag

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auf die durch einen harten Winter mit Schnee und Eis fast unbefahrbar gewordenen Wege als Grund für die Verzögerung berufen 79 ). Eine ihm durch Grumbkow übermittelte Einladung König Friedrichs von Preußen, den Weg über Berlin zu nehmen, hatte er zu seiner „größten Mortification" — wie er wenigstens Grumbkow gegenüber behauptete — ablehnen müssen, da Marlborough inzwischen das Hauptquartier Brüssel verlassen hätte und man mit einer frühzeitigen Eröffnung der Campagne durch den Feind rechnen müsse80). Von der am Morgen des 13. März angetretenen Reise können wir feststellen, daß er Station in Frankfurt machte, wo er die Oberweisung von 100 000 Gulden, die ihm in Wechselbriefen an die dortigen Bankiers mitgegeben waren, in die Niederlande veranlaßte 81 ), daß er in Ehrenbreitstein von dem Kurfürsten von Trier, Johann Hugo von Orsbeck, empfangen wurde und daß er am 22. März in Köln mit dem pfälzischen Generalkriegskommissar Hundheim den im verflossenen Jahr wegen 4100 Mann zwar vereinbarten, aber nicht unterzeichneten Traktat zur vollkommenen Richtigkeit brachte 82 ). Eigentlich hatte er von dort zu Land nach Brüssel fahren wollen, doch die Straßen waren so „gebrochen und impraktikabel", daß er die Reise auf dem Rhein fortsetzte und so unterwegs in Düsseldorf noch mit Kurfürst Johann Wilhelm persönlich sprechen konnte. Am 27. März ist er dann in Brüssel angekommen, wo er nicht mehr den schon zu Beginn des Monats nach England abgereisten Marlborough, wohl aber dessen militärischen Vertrauten Cadogan antraf und das Kommando über die meist noch in den Winterquartieren liegenden Truppen übernahm 83 ). Wohl unterwegs hatte er erfahren, daß der französische Bevollmächtigte in den Niederlanden eingetroffen war: so war es in der Tat, Rouille hielt sich seit dem 9. März in Antwerpen auf, und am 17. März hatte in dem Dorf Strijdensas bei Moerdijk eine geheime Unterredung zwischen ihm und zwei der führenden Deputierten der Generalstaaten, Willem Buys und Bruno van der Dussen, stattgefunden, von der bald durchsickerte, daß die französischen Angebote bei weitem nicht so weit gingen, wie man in Wien, London und selbst im Haag erwarten zu können glaubte 84 ). In Brüssel fand der Prinz einen Bericht von Heems vor, der Mitteilungen von Heinsius über die unbefriedigenden französischen Vorschläge und zugleich die Versicherung des Ratspensionärs enthielt, daß man jede weitere Verhandlung ablehne, falls nicht alle Forderungen der Verbündeten

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erfüllt würden 85 ). Eugen war trotzdem mißtrauisch, er war der Meinung, daß man Rouillé sofort hätte zurückschicken müssen, und hielt es für geboten, sich sobald als möglich in den Haag zu begeben. Während Heinsius ihm durch Heems sagen ließ, er möge noch nicht kommen, da dies zu großes Aufsehen erregen würde, wenigstens aber warten, bis auch Marlborough wieder auf dem Festland eingetroffen sei, bestärkten ihn Mitteilungen des unterdessen auf Weisung seiner Regierung nach dem holländischen Regierungssitz gereisten Cadogan, der sein Kommen für dringend nötig hielt, in seinem Entschluß, einzugreifen, „damit nicht", wie er am 4. April an den Grafen Gallas in London sdirieb, „etwa in meiner und des Mylord-Duc Abwesenheit unter der Hand was vorbeigehen oder man in diesem Friedenswerk zu weit avancieren möchte" 86 ). Wohl noch in Brüssel erhielt er die willkommene Nachricht, daß in England die Kunde von den Besprechungen und angeblichen Intrigen der französischen Emissäre in Holland Alarm ausgelöst und zu der Weisung an Marlborough zu schleuniger Rückreise auf das Festland geführt habe 87 ). Es galt seiner Meinung nach, nun das volle Verständnis mit den Engländern herzustellen und gemeinsam mit Marlborough den Abbruch der Verhandlungen zu erwirken, falls nicht eine ganz andere, die volle Abtretung der spanischen Monarchie einschließlich von Neapel und Sizilien enthaltende Grundlage für den Frieden von den Franzosen sofort anerkannt wurde. So brach er denn in der Frühe des 7. April von Brüssel auf und langte noch am selben Abend im Haag an, wo er am folgenden Vormittag mit Heinsius zusammentraf 88 ). Den beschwichtigenden Versicherungen des Ratspensionärs, daß Holland nichts ohne seine Verbündeten eingehen werde, erklärte er zwar Glauben schenken zu wollen, er protestierte aber dagegen, daß man überhaupt Rouillé in das Land gelassen habe, und zu den bekannt gewordenen Vorschlägen stellte er unzweideutig klar, daß der Kaiser ohne den schon in den Präliminarien festzusetzenden Verzicht des Herzogs von Anjou auch auf Neapel und Sizilien nicht Frieden schließen könne und, so hart es ihm ankomme, lieber den Krieg bis auf den letzten Mann fortsetzen werde, falls dem Erzhaus nicht die ganze Monarchie zufalle. In dem folgenden „Diskurs vom Reich" ließ er sich zwar auf keine „Weitläufigkeit" ein, wies aber darauf hin, „daß man nach des Staates selbsteigenem Exempel auch allda auf eine Barriere bedacht sein müsse". Sehr beruhigend für ihn

Skepsis gegenüber dem Friedenswillen Frankreichs

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waren dann die Äußerungen Marlboroughs, mit dem er sofort nach dessen Ankunft in der Nacht vom 9. April sprach: er bestätigte Cadogans Behauptung, daß England „pro praeliminari" auf der Überlassung ganz Spaniens bestehen werde, während es f ü r sich selbst die Schleifung Dünkirchens verlangte. Die beiden Feldherrn kamen überein, auf der Ausweisung Rouillés zu bestehen, wenn der von ihm nach der Konferenz von Strijdensas nach Paris gesandte Kurier keine positive A n t w o r t brachte. D a ß Heinsius nach einer Unterredung mit Marlborough dem Prinzen bei einem zweiten Treffen am 11. unwillig von den Engländern sprach, die sidi den Anschein gäben, als wenn der Friede allein von ihnen abhänge, konnte Eugen nur befriedigen. D a der französische Kurier so bald nicht zurückzuerwarten war, hat er sich am Abend des 14. April f ü r einige Tage nach Amsterdam begeben, um die Armee betreffende finanzielle Fragen zu klären, zugleich aber auch, um auf die H ä u p ter der einflußreichsten Stadt der Niederlande im Sinne der kaiserlichen und englischen Politik einzuwirken 8 9 ). Als er am Abend des 18. wieder im H a a g eintraf, f a n d er Marlborough über die ihm bekanntgewordenen Barriereforderungen der Holländer „sehr konfus", und auch ihm konnte die große Liste von mit staatischen Garnisonen zu besetzenden Plätzen, in der nicht nur die wichtigsten belgischen und nordfranzösischen Festungen, sondern auch zu Reichsterritorien gehörende Orte wie H u y , Lüttich und Bonn aufgeführt waren, nicht gefallen 90 ). Sollten die Deputierten einen „Disgusto" suchen, um dann die französischen Vorschläge anzunehmen? Doch rasch glätteten sich die Wogen wieder, als sich herausstellte, daß die neuen Instruktionen f ü r Rouillé, auf Grund deren er am 21. April in Bodegraven zwischen Gouda und Woerden die Verhandlungen mit Buys und van der Dussen wieder aufnahm, f ü r die Holländer selbst gerade im Hinblick auf ihre Barrierewünsche eine schwere Enttäuschung darstellten. Sie kam in den Beratungen der Generalstaaten, über die natürlich manches zu den an O r t und Stelle befindlichen Vertretern des Kaisers und Englands drang, zum Ausdruck, so daß der Prinz den Eindruck gewann, sie würden „ferm halten und gute Resolutionen nehmen" und wollten „solchemnach gegenwärtige Campagne annoch auswarten" 9 1 ). Entgegen den Erwartungen und Wünschen der beiden Feldherrn kam es immer noch nicht zu der Ausweisung Rouillés. Aber Eugen fand doch die Mitteilungen Petkums — der geschickte Zwischenträger

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hatte auch zu ihm rasch den Weg gefunden und einen guten Eindruck auf ihn gemacht92) — wonach es vor allem Heinsius aufrichtig und redlich meine, durch die Eröffnungen des Ratspensionärs selbst bestätigt, der „mit großer Sinzeration" erklärte, „wie sie nichts anderes, als mit Euer Kaiserlichen Majestät und Dero Erzhaus in gut- und genauer Verständnis zu leben, verlangten". Er fand denn auch nicht nur bei Marlborough, sondern auch bei ihm Zustimmung zu dem Vorschlag, zur Sicherung für die Zukunft noch vor Friedensschluß die Allianz zwischen den beiden Mächten zu erneuern. Und vor allem waren es jetzt gerade die Holländer, die auf einen raschen Beginn des Feldzugs drängten. Dem Herzog von Savoyen teilte er am 26. April dementsprechend mit, daß man von einem Frieden noch weit entfernt zu sein scheine: „Es ist zu hoffen, daß die bald beginnende Campagne ihn befördern wird, und das ist das, was ich wünsche"93). Er hatte sie im Einverständnis mit Marlborough schon früher eröffnen wollen, um damit in jener Zeit der Unsicherheit über die holländischen Absichten hemmend auf die Friedensbesprechungen einzuwirken, war aber daran durch die Folgen des langen Winters gehindert worden 94 ). Nun aber schien die Zeit dafür gekommen. Während Marlborough sich noch einmal nach England begab, verließ der Prinz am Abend des 26. April den Haag, um von Brüssel aus den Truppen, die sich bereits aus den Winterquartieren in Marsch gesetzt hatten, die Befehle zur Versammlung zwischen Menin und Oudenaarde zu geben98). Doch da trat Anfang Mai eine völlige Wendung in der politischen Lage ein, die erneut zu einer Verschiebung kriegerischer Operationen führte. Dem Feldherrn wurde gemeldet, daß am Abend des 4. Mai drei Chaisen mit holländischen Pässen unweit Brüssel vorbeigefahren waren und daß in ihnen der „Principal" sich so versteckt habe, daß er nicht zu sehen war: man behauptete jedoch, daß es entweder der französische Minister Torcy oder der Marschall Bouffiers gewesen sei96). Nun, es stellte sich rasch heraus, daß der vornehme Fremde, f ü r den im Haag ein ganzes Haus gemietet worden war, in der Tat Torcy war, der, wie Heems sofort nach Brüssel meldete, bald nach seiner Ankunft mit Heinsius und anderen Deputierten in Konferenzen eingetreten war 97 ). Noch war Sinzendorf, der inzwischen als zweiter kaiserlicher Bevollmächtigter in Wien abgefertigt worden war, nicht in Holland angelangt: der Prinz sandte ihm nach Düsseldorf die

Haager Friedensverhandlungen

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Weisung zu, von dort aus so rasch als möglich zum H a a g zu eilen 98 ). Aber damit glaubte er sich nicht begnügen zu sollen. In der Frühe des 11. Mai warf er sich in den Wagen und fuhr zunächst nach Moerdijk, wohin er Heems bestellt hatte. Mit dem Bericht über die neuesten Vorgänge im H a a g übermittelte ihm der Resident zugleich die Bitte des Ratspensionärs, doch vor allem f ü r die Eröffnung der Campagne zu sorgen, auf die es gerade jetzt besonders ankomme, und daher vorerst in Brüssel zu bleiben: sobald Marlborough zurückgekommen sei, werde man ihm weiteren Bescheid geben. D a Eugen aber „einen Argwohn faßte, daß Holland vielleicht meine Anherokunft nicht gern sehen und midi aus dieser dem äußerlichen Schein nach freilich erheblicher Ursache hieran zu verhindern vermeinte", beschloß er, mit Heems zusammen doch sofort nach dem Haag zu reisen, wo sie am Mittag des 12. Mai ankamen"). In dem Erscheinen eines so hochstehenden Mannes wie Torcy sah er einmal „ein großes Glück", da Frankreich dadurch „seine Schwachheit, den Krieg nicht mehr fortsetzen zu können, öffentlich an den Tag legt, inmaßen es auch alle von verschiedenen Orten einlaufenden Nachrichten einhellig konfirmieren". Da es hieß, daß er auf raschen Waffenstillstand dränge, hielt er es aber auch f ü r möglich, daß der Gegner nur sich Luft machen und Zeit gewinnen und, wenn kein Ergebnis zustande komme, seinem Volk glauben machen wolle, daß man mit allen Mitteln den Frieden gesucht, die Alliierten aber sich nicht dazu verstanden hätten 100 ). Nach seiner Ankunft im H a a g hat der Prinz sofort Heinsius und auf dessen R a t auch noch den zeitweiligen Wochenpräsidenten der Generalstaaten Goslinga aufgesucht, der ihm von seiner Tätigkeit als Armeedeputierter im vergangenen Jahre als „ein ehrlicher und aufrichtiger Mann" bekannt war. Beide versicherten ihm, daß man sich nur zu einem dauerhaften und beständigen Frieden verstehen werde, bei dem auch die Forderungen der verbündeten Mächte anerkannt würden. Französischerseits war man offenbar bereit, sich mit der Zuwendung eines der beiden Teile Süditaliens, Neapel oder Sizilien, an Philipp von Anjou zu begnügen, eigentlich, so meinte Petkum, mit dem Eugen auch sprach, handele es sich nur darum, irgendein Land f ü r den jungen Bourbonen ausfindig zu machen, „da ja sein König denselben nicht verlassen könnte". Natürlich erklärte der Prinz sofort, daß es f ü r die Habsburger einen Handel um Neapel-Sizilien nicht geben könne, worauf die

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Holländer auch behaupteten, diese Meinung ganz zu teilen. Wenn er nun auch zu der Überzeugung gelangte, daß „diese Leute diesmal ziemlich ferm" seien, so ließen ihn doch Mitteilungen, wonach Torcy die Vollmacht habe, die englischen Wünsche auf Schleifung Dünkirchens und die holländischen Barriereforderungen zu erfüllen, die Besorgnis äußern, daß dann „Euer Kaiserliche Majestät mit dem Römischen Reich zurückgelassen werden könnte". Die ihm von dem Ratspensionär angebotene Teilnahme an Besprechungen mit Torcy lehnte er vor Ankunft Marlboroughs ab, um diesem keinen Anlaß zu „Jalousie" zu geben: wie der im Haag sich aufhaltende sächsische General von der Schulenburg am 16.Mai an August den Starken berichtete, wäre es doch beinahe zu einem Treffen zwischen Feldherr und Minister gekommen, als jener, der mit Schulenburg in Scheveningen dinierte, von dort den Garten von Lord Portland besuchen wollte, in dem gerade der Franzose von einem Deputierten der Generalstaaten zum Essen eingeladen war 101 ). Am 14. hatte übrigens Heinsius den Prinzen davon unterrichtet, daß Torcy nunmehr auch die Rückgabe von Straßburg in geschleiftem Zustand angeboten, aber angesichts der Weigerung Eugens, mit ihm zu sprechen, und dem Ausbleiben Marlboroughs seine Abreise angedroht habe. Der Prinz hat darauf dem Ratspensionär im Beisein von Buys und van der Dussen „mit allem Nachdruck" erklärt, man solle sich nicht einschüchtern lassen, es gelte nur zusammen zu halten und sich nicht zu übereilen, dann müsse das Friedenswerk „einen gar guten Anfang und Sukzeß gewinnen". Das Angebot hinsichtlich Straßburgs sei lächerlich, von Schleifung könne keine Rede sein, und es müßten das Elsaß und weitere an der Saar und Mosel gelegene Plätze einbegriffen sein, vor allem aber dürfe nicht daran gedacht werden, dem Herzog von Anjou aus habsburgischen Gebieten ein Königreich zu formieren: denn wie sehe es sonst um den Vorteil des Erzhauses aus, „wenn solchergestalt die spanische Monarchie zergliedert und von Spanien selbst dem König von Portugal ein Stück Land zugeteilt werden sollte, ohne daß dem Herzog von Savoyen von dem mailändischen Staat man das beste Stück Landes bereits eingeräumt, dem Staat die Barriere verbleiben und dieser nicht weniger auch das Commercium mit Indien würde an sich haben wollen". Die Dinge kamen ins Rollen, als Marlborough nach einer stürmischen Fahrt über die See am Morgen des 18. Mai in Begleitung

Leben Eugens im Haag

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des zum zweiten Bevollmächtigten Englands ernannten Lord Townshend und des Grafen Gallas im Haag eintraf. Wie uns vor allem die Berichte des preußischen Brigadiers und Sonderbevollmächtigten Grumbkow enthüllen, sind die nächsten Tage, in denen es wahrhaftig um das Schicksal Europas ging, nicht allein dem großen politischen Geschäft gewidmet gewesen, vielmehr gab es auch Geselligkeit und Vergnügungen, die freilich oft nur Vorwand für geheime Gespräche waren 102 ). Prinz und Lord wohnten zusammen im Hause des holländischen Generals Albemarle: Marlborough scheint freilich versucht zu haben, von Grumbkow die Einweisung in einen dem preußischen König gehörigen Hof zu erreichen, was den Prinzen zu ironischen Bemerkungen über den Geiz des sonst von ihm so hoch geschätzten Waffengefährten veranlaßt haben soll103). Am Tage von dessen Ankunft hatte Eugen ihn zum Essen eingeladen, am nächsten Tage — es war der Pfingstsonntag — fand dann ein Diner in Schloß Honselaarsdijk statt, das zu Beginn des 17. Jahrhunderts von Prinz Friedrich Heinrich von Oranien erbaut, ihm und seinen Nachfolgern oft als Residenz gedient hatte, nach dem Tode Wilhelms III. aber als Teil von dessen Erbschaft an den preußischen König als Sohn einer Oranierin gefallen war. Hier war Grumbkow Gastgeber, der, gewandt und verschlagen, im Auftrag seines Herren nicht nur „unter Scherzwort und Händedruck den Bundesregenten Herz und Nieren prüfte 104 ), sondern auch das Vertrauen der beiden großen Feldherrn zu gewinnen wußte. Er führte sie durch die prachtvollen mit Gemälden reich ausgestatteten Räume des Palastes und durch die Gärten und war hochbefriedigt über den Beifall, den alles bei dem schon damals als besonderer Kunstkenner geltenden Savoyer fand, aber auch darüber, daß man sehr guter Laune war. Neben der unmittelbaren Umgebung der Führer waren wohl auch andere Diplomaten und Soldaten mit von der Partie, kaum zwar der kurmainzische Gesandte Stadion, mit dem als Vertreter des Reichs und der vorderen Reichskreise Eugen in ständiger Fühlung stand, wohl aber der bei Marlborough wohl gelittene aus Piemont stammende Graf Lagnasco, Befehlshaber der in Flandern stehenden sächsischen Kavallerieregimenter, ein lebenslustiger und geistreicher Kavalier 105 ). Am Pfingstmontag fand man zwischen langen Konferenzen Zeit, sich in einer Besitzung des Grafen Portland in Sorgvliet zu treffen, und so dürfte es in den nächsten Tagen weiter19 Braubach, Prinz Eugen

Verpaßte Friedensdiance?

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gegangen sein. Auch dem französischen Minister gegenüber schlug man nicht nur auf den Tisch. Schon am 18. hatte er sich, geleitet von Petkum, der sich allen Seiten gegenüber als der große Vermittler fühlte, bei Marlborough angemeldet, als man gerade von Tisch aufgestanden w a r : Eugen hielt sich da hinter Grumbkow

und

Lagnasco, als T o r c y in die Gemächer des Engländers geführt wurde, mit dem er fast zwei Stunden zusammenblieb 1 0 6 ). A m folgenden Tage empfing Eugen dann selbst den Franzosen, den Marlborough ihm zuführte; da es aber „eine bloße Visite" war, wurde nicht von Politik gesprochen. U n d ebenso war, als am Nachmittag des 2 0 . M a i — nach einer stürmischen Konferenz am M o r g e n — d e r Prinz mit Marlborough und Townshend sich zu einer Gegenvisite zu T o r c y begab und sich dort eine Stunde aufhielt, „von keiner A f f ä r e ' die Rede 1 0 7 ). D i e gegenseitige Höflichkeit vermochte freilich die Feindschaft, mit der man sich gegenüberstand, nur zu verhüllen. Konnte man sich wirklich näherkommen? Nach jener ersten Unterredung Torcys mit Marlborough berichtete dieser dem Prinzen, der Franzose habe die Forderungen auf Verzicht auf die ganze spanische Monarchie, Rasierung Dünkirchens, Barriere für das Reich und auch für Savoyen als schmählich bezeichnet. F ü r Eugen war zunächst die Hauptsache, daß die Verbündeten einig und fest blieben. Wenn ihm Gallas und auch Marlborough versichert hatten, daß jedenfalls an einen U m f a l l Englands nicht zu denken war, beruhigte ihn dann auch eine am Pfingstsonntag stattfindende interalliierte Besprechung,

an

der neben Marlborough

Townshend,

neben Heinsius Buys und van der Dussen teilnahmen: „Man examinierte des T o r c y letztere Offerten, welche weit größer als niemals waren, um sich darüber unter einander zu vernehmen, damit man sodann auf gleichen Reden bestehen und darinnen nicht different sein möchte, so ohne weiteren Disput wohl abgelaufen, also daß wir fast alle eins waren." S o ging er denn wohl hoffnungsvoll in die erste gemeinsame Konferenz der Bevollmächtigten der Alliierten mit dem französischen Minister am Vormittag des 20. Mai, und hier ergab sich auch, daß dieser tatsächlich die Ermächtigung seines H e r r n besaß, die ganze spanische Erbschaft mitsamt Neapel-Sizilien hinzugeben wie auch die Forderungen der Seemächte anzunehmen. Dagegen erhob er Einspruch gegen Abtretungen an Savoyen und vor allem an das Reich über den Rückfall Straßburgs hinaus, ja er verlangte, falls man darauf weiter bestehe, die Zustellung der Pässe,

Verhandlungen mit Torcy

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um abreisen zu können: „Da man", so heißt es in des Prinzen Bericht an den Kaiser vom 21 Mai, „aber nach der Hand auf das Römische Reich fiel, fing er zu stutzen an und gab zur Antwort, daß er weggehen müßte, verlangte zu diesem Ende, um seine Reise antreten zu können, auf heute einen Paß, also daß man ohne weitere Resolution aus der Konferenz auseinander ging, nachdem jeder von uns bei seiner Meinung geblieben ist." Eugen glaubte indessen nun nicht mehr an den Ernst dieser Haltung: wenn man nur Festigkeit zeige, so meinte er, würde Torcy, „nachdem er so viel andere Passus getan, auch diesen, was das Römische Reich angeht, ebenmäßig tun". Er hielt es freilich für möglich, daß die Holländer, wenn es nur auf diesen Punkt ankommen sollte, daran die Verhandlung nicht scheitern lassen und vielleicht vorschlagen würden, die Entscheidung darüber bis zum Zusammentritt über den Definitivfrieden zu vertagen. Um auf sie zu wirken, erbat er sich Unterstützung bei den Gesandten der Reichskreise, Stadion und dem Württemberger Heespen, die nun wohl gar die Rückbringung aller „avulsa Imperii", also auch der vor dem Westfälischen Frieden an der Westgrenze des Reiches verlorenen Plätze festgesetzt wissen wollten 108 ), während Heinsius dagegen an der Basis des Westfälischen Friedens festhielt. Doch auch dies stieß bei einer neuen Konferenz am Abend des 21. Mai auf den Widerspruch Torcys: nach französischer Darstellung soll dabei Eugen sich sehr erhitzt und die durch die günstige Kriegsentwicklung errungene eigene Macht als genügenden Grund für die Abänderung ungerechter Verträge bezeichnet haben 109 ). Doch den Franzosen — mit dem Minister war auch Rouille wiedergekommen — schien die Nachricht von einer Niederlage der englisch-portugiesischen Armee in Spanien den Rücken zu steifen, sie beharrten bei ihrem Nein und forderten erneut die Pässe. Als am Abend des 22. Torcy angeblich zum Abschiedsbesuch bei dem Ratspensionär erschien, wußte dieser ihn jedoch zum Bleiben zu bewegen, und am 23. kam man überein, daß die Alliierten ihre sämtlichen Bedingungen schriftlich niederlegen sollten, die Torcy dann nach Versailles dem König zur Entscheidung über Annahme oder Ablehnung bringen wollte 110 ). Es wird dem Prinzen sehr lieb gewesen sein, daß am Nachmittag des 23. Mai — gerade rechtzeitig zur Beteiligung an der Formulierung des Friedensprojekts — Graf Sinzendorf im Haag eintraf 111 ). Heems war ihm bis Delft entgegengefahren, er wurde dann 19*

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von den beiden Feldherrn und auf deren Veranlassung auch von den holländischen Deputierten Buys und van der Dussen über Entwicklung und Lage der Dinge unterrichtet. Am 24. und 25. fanden stundenlange interalliierte Besprechungen bei Heinsius statt, bei denen es zu heftigen Diskussionen kam: hierbei hat von kaiserlicher Seite wohl weniger der Prinz als Sinzendorf das Wort geführt. Die Holländer rückten am 25. mit einem Entwurf eines Präliminarfriedens heraus: bei der Überlesung desselben machten die kaiserlichen Vertreter heftige Einwürfe, „indem viele Dinge hineingebracht waren, wovon in keinem einzigen Diskurs vorhin die geringste Meldung geschehen", man ließ sich ihn dann geben, um in der Nacht „mit größter Eile" Bemerkungen und Erinnerungen zu den einzelnen Paragraphen zu Papier zu bringen. Man war sich einig über das Schicksal Spaniens und seiner Nebenlande, auch über die Notwendigkeit, besondere Sicherungen über die Ausführung des bourbonischen Verzichts in das Präliminar einzubauen, damit nicht etwa Philipp den Kampf in Spanien und Sizilien fortsetzte, auch wenn sein Großvater einen Frieden eingegangen war. Aber die Deutschen waren nicht zufrieden mit der Anerkennung des Westfälischen Friedens und damit dem Verbleib eines großen Teils des Elsasses bei Frankreich, sie wollten auch von einer Ausdehnung des holländischen Barriererechts auf Reichsorte nichts wissen, und den Österreichern ging die Festlegung dieses Rechts für die südlichen Niederlande viel zu weit. Aber sie haben schließlich sich doch weitgehend gebeugt und zugestimmt, daß man dies Schriftstück den Unterhändlern des Gegners vorlegte. Es geschah am Morgen des 27. Mai in einer nach dreitägiger Pause wieder erfolgenden Begegnung Eugens und Sinzendorfs, Marlboroughs und Townshends, Heinsius, Buys und van der Dussens mit Torcy und Rouille: die Franzosen lasen das ihnen von dem Ratspensionär übergebene Projekt von 40 Artikeln und erbaten sich Bedenkzeit. Am Nachmittag um 6 Uhr trat man wieder zusammen, und hier gab es nun nach dem Bericht der beiden kaiserlichen Botschafter nach Wien „über alle und jede Punkte viel Redens und Widerredens". In der Nacht kam man zu einer Übereinstimmung bis auf die Fragen der Schleifung elsässischer Plätze, der Rückgabe von Breisach an das Reich — entgegen dem Westfälischen Frieden — und der savoyischen Gewinne an der französischen Grenze, „welche drei Punkte die französischen Ministri auch

Entwurf des Präliminarfriedens

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gar mündlich anzunehmen geweigert, bis sie nicht ihrem König solche referiert haben würden". Vor allem aber erhob Torcy erbitterten Widerspruch gegen jene Sicherungsbestimmungen, wonach Ludwig XIV. im Laufe eines am 1. Juni beginnenden Waffenstillstandes von zwei Monaten für die Ausführung des Vertrags und damit für die Räumung Spaniens, seiner Kolonien und Siziliens durch Philipp sorgen und bei dessen Weigerung sich mit den Verbündeten über die Ergreifung von Zwangsmitteln gegen ihn einigen sollte. Daß daran das ganze Werk scheitern könnte, hat man im Kreise der Alliierten freilich nicht angenommen. Torcy verweigerte zwar die Unterschrift, erklärte aber, daß er das Schriftstück nach Versailles bringen werde, wo der König zu entscheiden habe. Dessen Antwort sollte innerhalb von acht Tagen in der Hand der Verbündeten sein. Während er am Abend des 28. Mai die Rückreise antrat, hatten sich die Delegationen der Gegenseite entschlossen, das Friedenspräliminar ihrerseits schon zu unterzeichnen: am 29. Mai setzten Heinsius und die übrigen dazu bevollmächtigten Deputierten der Generalstaaten, Marlborough und Townshend, Prinz Eugen und Sinzendorf ihre Unterschrift unter das mit dem Datum des Vortages versehene Dokument. Noch am gleichen Tag verließ auch der kaiserliche Feldherr den Haag, um in Brüssel die weiteren Vorbereitungen für den Feldzug zu treffen, den er jedoch, wie er dem französischen Minister zugesagt hatte, nicht vor dem 4. Juni beginnen wollte. Im Grunde hat er nicht mehr daran geglaubt, daß es dazu kommen würde. So skeptisch er gewesen war, als er auf die Kunde von Torcys Ankunft nach dem Haag geeilt war, so sehr baute er nun auf einen glücklichen und für das Erzhaus erfolgreichen Abschluß des Krieges. Hatte er doch schon am 23. Mai dem nach Spanien reisenden Grafen Lecheraine eine kurze Mitteilung an König Karl mitgegeben, „wasmaßen das Friedenswesen und zuförderst wegen der ganzen spanischen Monarchie in einem solchen guten Stand sich befinde, daß ich hoffe, Eurer Königlichen Majestät nächster Tage die wirklich erfreuliche Nachricht davon allergehorsamst erteilen zu können, zu welchem Ende ich einen Kurier in Bereitschaft habe" 112 ). Und die große Relation an den Kaiser vom 29. Mai begleitete er mit Glückwünschen, da „an der französischen Approbation fast nicht zu zweifeln" sei113). Der Glückwunsch bezog sich darauf, daß durch das Präliminar dem Erzhaus „die völlige spanische Monarchie, so wie Karl II. sie

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Verpaßte Friedenschance?

besessen, unzertrennt" zugewiesen war. Das aber erschien ihm und Sinzendorf als die Hauptsache, und sie haben es offenbar nicht sehr tragisch genommen, daß man für das Reich bei weitem nicht so viel erreicht hatte wie für das Haus Habsburg. Denn mit der Anerkennung der Bestimmungen des Westfälischen Friedens blieb ein großer Teil des Elsasses in französischem Besitz, wie auch weder von einer Rückgabe der ehemals spanischen Franche-Comté nodi von der vollen Restitution des Herzogtums Lothringen die Rede war, was doch beides von den vorderen Reichskreisen im Rahmen ihrer Reichsbarrierepläne gefordert worden war 114 ). Als Sinzendorf am 29. Mai den im Haag weilenden Vertretern der Reichsstände das Präliminar vorlesen ließ, gab er zu, daß die französischen Zugeständnisse im Elsaß wenig befriedigen könnten, doch wies er beschwichtigend darauf hin, daß man sich der Hoffnung hingeben dürfe, bei den endgültigen Friedensverhandlungen wenigstens das ganze Elsaß zu erlangen, „absonderlich weil die Restitution der gewesenen Kurfürsten von Bayern und Köln ad tractatum verwiesen, mithin das Elsaß dagegen zu bedingen dem Reiche noch offen" sei. Daß man über das Schicksal der geächteten Wittelsbacher mit sich reden lassen wolle, war schon in den Instruktionen, die man Eugen in Wien gegeben hatte, angedeutet worden, sicher aber konnte und wollte man dabei noch Konzessionen herausholen. Auch ohne diese Aussicht war, wie sich herausstellte, im Reich die Genugtuung über einen immerhin doch vorteilhaften Abschluß des Krieges größer als die Enttäuschung über die fehlende Sicherung der Reichsbarriere: es war die einstimmige Ansicht aller im Haag anwesenden Diplomaten aus dem Reich, daß der Reichstag dem Vertrag schon deshalb sofort zustimmen werde, weil dann möglicherweise schon zum 1. Juli Straßburg „in kaiserliche und Reichspossession" genommen werden könnte — wofür übrigens Eugen noch vom Haag aus vorbereitende Verfügungen an den H o f kriegsrat gehen ließ115). Überraschenderweise kam aber heftiger Protest gegen das Friedenswerk gerade wegen der ungenügenden Berücksichtigung der Interessen des Reichs aus Wien. Eine Erkrankung Wratislaws, die ihn von Ende Mai bis nach Mitte Juni verhinderte, an den Konferenzen teilzunehmen, benutzte Fürst Salm zu einem scharfen Vorstoß gegen die „Österreicher", die offenbar das Reich für nichts achteten. Schon am 1. Juni beklagte er bitter die Nachgiebigkeit der Unterhändler, forderte er das Bestehen auf

Kritik in Wien, Ablehnung in Versailles

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der Herausgabe des Elsasses und der von Lothringen abgerissenen Gebiete, da es sonst keine Sekurität gegen Frankreich gebe116). Als dann der Wortlaut des Präliminars vorlag, übte er fast an allen Bestimmungen Kritik, eifrig unterstützt von Eugens altem Widersacher Mansfeld, der freilich weniger an den Paragraphen über das Reich als an den Artikeln über die holländische Barriere Anstoß nahm, die Belgien den Generalstaaten auslieferten und deren Herrschsucht voll enthüllten. Der betonten Reichspolitik des Obristhofmeisters schlössen sich natürlich der Reichsvizekanzler und auch Seilern an — was insofern Erstaunen hervorrief, als dieser in letzter Zeit sich in den inneren Kämpfen zu Eugen gehalten hatte 117 ). Zeitweise schien man trotz der Gegenwirkung des kranken Wratislaw und der dringenden Mahnungen des Prinzen und Sinzendorfs, doch nicht den Gewinn der spanischen Monarchie und den Bestand der Allianz aufs Spiel zu setzen, zur Verweigerung der Ratifikation entschlossen. Ungemein scharf hat der Savoyer auf die Belehrungen und den Tadel reagiert: für ihn war es klar, daß hinter dem allen der zu seinem persönlichen Feind gewordene Salm stand, dieser Narr, der nie wisse, was er sage, und dem man zuviel Ehre antue, wenn man sich um seine törichten Ideen kümmere 118 ). Nun, es sollte das letzte Aufbäumen des Fürsten gegen eine Entwicklung sein, die er, erschöpft und verbraucht, wie er war, doch nicht mehr zu ändern vermochte. Diese ganze Auseinandersetzung hatte insofern eigentlich keinen rechten Sinn mehr, als sich die Hoffnung auf Zustimmung Ludwigs XIV. zu dem Vertrag als Illusion erwiesen hatte. Der Prinz, der Ende Mai dem Kurfürsten von der Pfalz geraten hatte, den Marsch seiner Truppen vorerst anzuhalten, und in Schreiben an den Hofkriegsrat die Möglichkeit baldiger Detachierungen nach Ungarn erwog, erfuhr am 4. Juni in Brüssel, daß am 2. ein französischer Kronrat das Präliminar verworfen hatte, wobei als Hauptgrund jene in den Artikeln 4 und 37 niedergelegte Zumutung an den König, selbst bei der Vertreibung seines Enkels aus Spanien mitzuwirken, angeführt wurde 119 ). Mit dem noch im Haag gebliebenen Rouille haben die Holländer noch vergeblich über einen Kompromiß in dieser Frage verhandelt: seine Abreise am 9. Juni zeigte, daß Frankreich trotz aller Not gewillt war, weiterzukämpfen. Torcy hatte auch ein persönliches Schreiben an Eugen gerichtet, das entsprechend den Gepflogenheiten der Zeit der Mitteilung der Absage

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Verpaßte Friedenschance?

liebenswürdige Komplimente folgen ließ: „Ich bedauere nicht eine Reise, die mir die Ehre verschafft hat, mit Ihnen, Durchlaucht, zu konferieren, und die Gelegenheit, selbst zu erkennen, daß das Lob, das Ihnen das Publikum spendet, ebenso gerecht ist, wie es allgemein verbreitet wird" 120 ). Sehr viel kühler hat der Savoyer geantwortet: „Ich bin sehr betroffen, daß die im Haag vereinbarten Friedensprojekte von seiner Allerchristlichsten Majestät nicht gebilligt worden sind. Die Fortsetzung eines so blutigen Krieges wird noch viel unschuldiges Blut kosten. Ich bin indessen erfreut, mein Herr, die Ehre gehabt zu haben, Sie kennen zu lernen und Sie meiner aufrichtigen Verehrung versichern zu können" 121 ). In Paris hat die Herzogin von Orléans, die zur Französin gewordene pfälzische Liselotte, Eugen und Marlborough angeklagt, durch ihre Halsstarrigkeit und ihren Kriegswillen den Frieden verhindert zu haben: „Der Alliierten Propositionen", so schrieb sie am 15. Juni an die Raugräfin Luise, „sind zu barbarisch; es ist besser verderben und sterben, als solche eingehen. Ich weiß nicht, wie man es hat erdenken können und glauben, daß unser König solche eingehen würde. Man sagt: Hoff art kommt vor dem Fall; also hoffe ich, daß Mylord Marlboroughs und Prinz Eugens Insolenz auch wird gestraft werden. Der letzte soll sich erinnern, daß dies Land sein Vaterland und er des Königs Untertan geboren ist. Ich bin recht gegen ihn pikiert, den Frieden verhindert zu haben, wozu ihn nicht das gemeine Beste, sondern sein Eigennutz gebracht hat." Und am 11. Juli wiederholt sie ihr Verdikt gegenüber der Kurfürstin Sophie von Hannover: „Ich habe ihn verflucht, weil man mir versichert, daß er die Traktaten so schwer hätte aufsetzen lassen expresse, um den Frieden zu brechen, welches mich recht böse über ihn gemacht hat" 122 ). Ganz ähnlich haben französische H ö f linge, wie der Marquis de Dangeau und der Herzog von SaintSimon, die beiden Feldherrn als die Kriegsverlängerer hingestellt: aus H a ß gegen den König, so behauptet Saint-Simon in seinen berühmten Memoiren, habe der Prinz in Frankreich eindringen und den Krieg so lange führen wollen, bis es zu einer Teilung des Königreichs gekommen wäre 123 ). Es kann kein Zweifel sein, daß er die Macht Frankreichs empfindlich hat schwächen wollen. Aber kann man wirklich sagen, daß jene Artikel des Präliminars, um derentwillen man es in Versailles ablehnte, in erster Linie auf ihn zurückgingen? Er selbst ist vor und auch nach der Absage der Überzeugung ge-

Antoni Heinsius

Die Schlacht

von Malplaquet

Beurteilung der Haltung Eugens

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wesen, daß es bei der Entscheidung über ja oder nein „bloß auf den Punkt von dem Römischen Reich und dem Herzog von Savoyen", fast allein aber auf den ersten, ankommen könnte 124 ): daß er hier zu weich gewesen sei, hat man ihm ja gerade von Wien aus vorgeworfen. Was jene Sicherheitsklauseln der Artikel 4 und 37 betrifft, die dann von Frankreich als eigentlicher Grund für die Verwerfung des Vertrags angeführt wurden, so sind sie von den Holländern entworfen, von ihren Verbündeten freilich voll gebilligt worden: in den interalliierten Besprechungen im Haag hat Sinzendorf einmal nach einer Schilderung von Wesen und Methoden der französischen Politik deren Notwendigkeit nachdrücklich betont 125 ), und von Eugen haben wir ja manche Äußerungen des Mißtrauens gegen Zusagen und Versprechungen aus Paris kennengelernt. Genaue Untersuchungen über Entstehung und Bedeutung der beiden Paragraphen haben ergeben, daß es sich bei ihnen nicht um eine übermütige Herausforderung, sondern um eine durch französische Vorbilder beeinflußte Sicherungsmaßnahme handelte, bei der man ernsthaft an die Möglichkeit eines Krieges Ludwigs XIV. gegen seinen Enkel gar nicht gedacht hat, sondern nur auf beide einen Druck ausüben wollte und zugleich von der — nicht zutreffenden — Annahme ausging, daß die Rückkehr des Bourbonen aus Spanien einzig und allein von dem guten Willen seines Großvaters abhing 126 ). Trotzdem waren die hier formulierten Forderungen schon allein deshalb ein Fehler, weil sie König und Minister Frankreichs, denen doch auch jene Zugeständnisse im Elsaß unannehmbar schienen, die Gelegenheit boten, die Alliierten vor dem französischen Volk und vor der Welt ins Unrecht zu setzen. Es scheint fast, als wenn der Prinz nach dem Scheitern der Verhandlungen diesen Fehler erkannt hat. Mitte Juni hatte er mit Goslinga in Gent ein Gespräch, in dem er dessen Meinung, man hätte aus dem Vertrag den Artikel 37 herausnehmen sollen, voll zustimmte: in vier Campagnen, so soll er nach Goslingas Bericht erklärt haben, werde man nicht das gewinnen, wozu man mit einem Federstrich und ohne Vergießung eines Tropfens Blut hätte gelangen können 127 ). Während Goslinga stolz darauf war, daß „eines der größten Genies und der größte Held Europa" seiner Ansicht beipflichtete, glaubte man im Haag, daß der Prinz ebenso wie der in ähnlicher Weise sich äußernde Marlborough die Verantwortung für die Fortsetzung des Krieges den Generalstaaten

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Verpaßte Friedenschance?

zuschieben wollte, um sie auf diese Weise fester an die Allianz zu binden 128 ). Es mag sein, daß taktische Gesichtspunkte, der Wille, die Allianz zu festigen, um den Krieg nun mit allen Kräften führen zu können, Eugen bei seiner anscheinenden Geneigtheit, den Franzosen in der Frage der Sicherheitsklauseln entgegenzukommen, mit bestimmt haben. Daß es ihm aber lieber gewesen wäre, wenn der Krieg auf der Grundlage des Präliminars beendet worden wäre, das beweisen skeptische Bemerkungen, die er gleichzeitig in Schreiben an Sinzendorf und auch an den Kaiser machte. „Es ist wahr", so schrieb er am 11. Juni an den Grafen, „eine glückliche Schlacht kann unsere Bedingungen noch verbessern. Die Änderung wird aber stets nur eine geringe sein, denn es ist nicht zu bezweifeln, daß die Holländer Frankreichs gänzliche Erniedrigung nicht wollen. Wenn die kriegerischen Unternehmungen nicht gleich anfangs die günstigen Resultate liefern, die man von ihnen erwartet, so fürchte ich sehr, daß die bisherige große Standhaftigkeit sich in ihr Gegenteil verwandeln und man weit mehr verlieren werde als gewinnen könne. Oft habe ich es schon gesagt, Frankreichs Glück besteht in dem, daß, wenn es die Oberhand erhalten hat, es ohne alle Rücksicht seine Eroberungen so weit als immer möglich ausdehnt. Ist es aber mit einem unglaublichen Aufwand von Anstrengung und von Blut in einen Zustande wie der gegenwärtige versetzt, so fürchten alle oder doch die Mehrzahl seiner Gegner, es zu tief zu erniedrigen, ohne zu bedenken, daß es binnen wenig Jahren sich ohne allen Zweifel erholen und von neuem beginnen wird, seine Nachbarn zu quälen. Ich kenne die Leute, mit denen wir es zu tun haben, und ich stehe nicht an, zu sagen, daß wir weit mehr wagen als wir gewinnen können" 129 ). Die gleiche Meinung hat er dann am 17. Juni Kaiser Joseph gegenüber zum Ausdrude gebracht, nämlich „daß ja noch endlich ein oder anderes Mittel hätte gefunden werden können, um die projektierten Puncta zum Stand zu bringen, als daß man das ganze Werk, welches in einem so glücklichen Gang bereits gebracht war, einem so zweifelhaft- und gefährlichen Ausgang unterworfen sehe"; Marlborough sei mit ihm der gleichen Meinung, „denn wenn schon ein glücklicher Streich, an welchem ich, wenn's dazu kommete, nicht zweifle, erfolgen sollte, und man die Krone Frankreichs in einen solchen Stand zu setzen alle Wege und Gelegenheit hätte, daß Europa ihrer Ruhe und Freiheit vollkommen genießen könnte, so

Ziele des Feldzugs von 1709

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ist es doch gewiß, daß der Krone Spaniens und Eurer Kaiserlichen Majestät Erzhaus außer ein oder zwei Städten, die man noch erhalten könnte, über die entworfenen Präliminarien kein mehrerer Nutzen zuwachsen würde, weil Holland bekanntermaßen Frankreich völlig zu unterdrücken niemals zugeben, sondern allenfalls alles abbrechen und Frieden machen wird, so ich in meiner Anwesenheit im Haag immer wahrhaft verspürt habe, zumal da sich Leute gefunden, so keineswegs gern gesehen, daß die Negoziation einen so glücklichen Fortgang damals gewonnen hatte; wohingegen, wenn, wo Gott davor sei, ein Unglück erfolgte, der Schaden, so daraus entspringen und obgedachter Krone Spanien nebst Eurer Kaiserlichen Majestät zuwachsen könnte, nicht mehr zu reparieren und zu erholen wäre" 130 ). Die Herzogin von Orléans hatte also nicht recht, wenn sie glaubte, daß dieser Kriegsheld keinen Frieden zulassen wollte, bevor Frankreich nicht völlig am Boden lag. Nun freilich, da, aus welchen Gründen immer, aber jedenfalls nicht auf Grund seines unerbittlichen Kriegswillens, die Verhandlungen abgebrochen worden waren, zog er wieder ins Feld mit der Absicht, alles daranzusetzen, um Frankreich zu Boden zu schlagen. Jetzt ging es, wie er an den Grafen Daun schrieb, darum, „daß man von allen Seiten die Operationen mit solchem Ernst angehe und poussiere, damit man nicht nur die in dem Präliminari entworfenen Conditiones behaupte, sondern auch dieselben, allermaßen zu hoffen steht, jedesmal verbessere und melioriere" 131 ).

3. Als den Prinzen der Absagebrief Torcys erreicht hatte, war von ihm der Befehl an sämtliche Truppenteile gegeben worden, sich möglichst bis zum 12. Juni 1709 in Lagern zwischen Lys und Scheide einzufinden 132 ). In Brüssel konferierte er mit den dort befindlichen Deputierten der Generalstaaten über die Sicherstellung der Zuführung von Proviant und Artillerie 133 ). Am 10. meldete er nach Wien, daß er nur auf die Ankunft Marlboroughs warte, um die Campagne anzufangen. In der folgenden Nacht kam der Engländer in Brüssel an, gemeinsam verfügten sich die beiden Feldherrn dann am 12. nach Gent 134 ). Sie vereinbarten hier, aus den

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Verpaßte Friedensdiance?

insgesamt 170 Bataillone und 263 Schwadronen umfassenden Streitkräften, die inzwischen zum größten Teil in ihren Versammlungsräumen angekommen waren, zwei Armeen zu bilden, mit denen man in die Gegend von Lille rücken wollte, wobei Marlborough mit Engländern, Holländern und Preußen den linken, Eugen mit Kaiserlichen, Dänen, Sachsen, Hessen, Pfälzern, Württembergern und sonstigen deutschen Soldtruppen den rechten Flügel bilden sollte135). Fortdauerndes Regenwetter verzögerte den Aufmarsch, so daß die Führer erst am 17. Juni Gent verließen: am Abend des 18. trafen sie in Lille ein, während die Regimenter sich größtenteils in Bewegung befanden 136 ). Von dem Feind hatte man erfahren, daß er den Winter und die Zeit der Verhandlungen benutzt hatte, um unter Aufbietung aller Kräfte ein Heer von über 200 Bataillonen und gegen 300 Schwadronen an der Nordgrenze zusammenzubringen, das unter den Oberbefehl eines bisher ungeschlagenen Generals, des dem Prinzen seit den Türkenkriegen und seiner Wiener Gesandtenzeit wohl bekannten Marschalls Villars, gestellt worden war. »Der Feind", so berichtete Eugen am 23. Juni an König Karl III., „steht auf der Plaine von Lens und hat sich allda von B^thune bis Douai verschanzt. Unsererseits wird zwischen heute und morgen alles beisammen sein, als wie dann auch die Austeilung bereits gemacht ist, was für Truppen die unter meinem Kommando stehende Armee und diejenige des Mylord Duc formieren sollen, wovon die erstere sich jenseits, die andere diesseits derDeule zusammensetzt" 137 ). Wenn den Verbündeten alles daran liegen mußte, hier, wo man sich im letzten Jahr den Zugang zu Frankreich erkämpft hatte, durch einen Sieg den Durchbruch auf Paris zu öffnen und so den Feind auf die Knie zu zwingen, so konnte auf der anderen Seite Ludwig XIV. schon durch einen Abwehrerfolg seine Lage wesentlich verbessern. Es schien so wirklich um die Entscheidung in dem gesamten Ringen zu gehen, und der Prinz war der Überzeugung, „daß den ganzen Krieg hindurch kein schärferes und blutigeres Treffen gewesen sein würde" als das gegenwärtig bevorstehende. Die Blicke ganz Europas richteten sich gespannt nach Flandern, wohin manche vornehme Persönlichkeiten eilten, um selbst Augenzeugen der großen Ereignisse zu werden. War schon im Vorjahr der Kurprinz Georg von Hannover, der künftige Erbe des englischen Thrones, im Feldlager der Alliierten gewesen, so hatte diesmal auch Kronprinz Friedrich Wilhelm von

Eröffnung des Feldzugs 1709

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Preußen die Erlaubnis seines Vaters erhalten, um, wie es seine Instruktion ihm vorschrieb, unter den Augen der beiden großen Kapitäne seine Zeit wohl und nützlich anzuwenden: am 14. Juni war er bei ihnen in Gent zu Gast gewesen, am folgenden Tage hatte er ihnen bei Nevele die preußischen Truppen vorführen können, und es mag den künftigen Soldatenkönig mit nicht geringem Stolz erfüllt haben, daß der Savoyer nach dieser ersten Begegnung zu Grumbkow äußerte, dieser Prinz sei ganz nach seinem Sinne und habe sicher Gutes in sich138). So rasch, wie man allgemein erwartet hatte, ist es indessen nicht zur Schlacht gekommen. Bei einer Rekognoszierung, die Marlborough in Begleitung von Cadogan und Dopfï am 24. Juni vornahm, kam er zu der Erkenntnis, daß die von Villars eingenommenen Stellungen uneinnehmbar seien und man daher vorerst Diversionen gegen wichtige vom Feind besetzte Festungen ausführen solle, um ihn von dort fortzulocken und dabei Gelegenheit zu einer „affaire générale" zu finden189). So enttäuscht er war 140 ), hat doch auch Eugen sich dieser Ansicht angeschlossen, die er in einem Bericht an den Kaiser ausführlich begründen zu müssen glaubte: der Gegner habe sich derart postiert und verschanzt, daß ein Angriff nicht „praktikabel" sei, „ohne sich einem solchen augenscheinlichen Hasard zu unterwerfen, daß der ganze Stand der Sachen verändert werden könnte"; man hätte gegen einen fast gleich starken Verteidiger durch lauter Defiléen marschieren und sich vor ihm in der Ebene entwickeln müssen, was zwar öfters geschehe, wenn er sich bei einer Belagerung verschanze, viel Terrain besetze und sich so teilen müsse, „nicht aber in einem solchen Lager, so derselbe expresse ausgesucht und seine Flanken bedeckt" habe, zumal auch eine Umgebung unmöglich erscheine, „weil die Straßen inpraktikabel und das Land allenthalben solchergestalten coupiert ist, daß man sich keiner anderen als der ordinari Straßen bedienen kann, also daß man bei so zahlreicher Armee an Proviant, so unmöglich beizubringen wäre, Mangel leiden würde" 141 ). Was nun die Diversion betraf, so scheint Marlborough sich für einen Angriff auf Ypern ausgesprochen, sich aber sofort dem von den holländischen Deputierten unterstützten Vorschlag des Prinzen angeschlossen haben, sich gegen Tournai zu wenden 142 ). Es war immerhin ein Ausweichen vor der so nahe geglaubten Entscheidung, und so hat sich denn auch sofort die Kritik geregt. Es bezog sich gewiß gleichmäßig auf

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Stimmen aus London wie aus Wien, wenn Marlborough in einem Schreiben an Wratislaw seiner Verachtung über die Sdireibtischstrategen Ausdruck gab: da seien Leute in England wie anderwärts, die nur daran dächten, die französische Armee lebend zu verschlingen, ohne zu bedenken, daß man zunächst überhaupt an sie herankommen müsse, aber da handele es sich eben um jene Art von Menschen, die niemals zufrieden seien143). In der Frühe des 27. Juni begannen die Truppen der Verbündeten sich in Bewegung zu setzen, am folgenden Tag war Tournai bereits umschlossen144). Man war in der Festung völlig überrascht worden, doch befand sie sich in gutem Stand, und in ihr lagen immerhin 7000 Mann, die der General Marquis de Surville befehligte. Während Eugen mit einem Teil seiner Armee links der Scheide die Deckung übernahm, leitete Marlborough den Angriff an drei Stellen ein, rechts der Scheide durch holländische, gegen die Zitadelle durch preußische und im Norden durch sächsische Regimenter. Schlechtes Wetter lähmte die Arbeiten, und vor Eintreffen der Artillerie, die erst am 10./11. Juli ankam, ließ sich wenig erreichen. Auch nachdem dann das Geschützfeuer eröffnet worden war, wurden nur langsam Fortschritte erzielt. Am 18. Juli glaubte der Prinz zwar Sinzendorf die baldige Eroberung der Stadt, wenn auch nicht der Zitadelle, in Aussicht stellen zu können 145 ), doch ein erfolgreicher Ausfall in der Nacht vom 21. machte neue Anstrengungen nötig, so daß man sich erst am Abend des 27. zum Sturm zusammenzog. Er hatte unter nicht geringen Verlusten Erfolg, und nachdem am nächsten Morgen ein Gegenangriff zurückgeschlagen worden war — Eugen selbst hatte sich bei dem die Sachsen kommandierenden General von der Schulenburg eingefunden und sich an den Kämpfen beteiligt — bot Surville am Abend die Übergabe der Stadt an, die nach Abschluß der Konvention am 29. Juli von den Alliierten besetzt wurde, während der Kommandant mit noch 4000 Mann sich in die Zitadelle zurückgezogen hatte. Ernsthafte Versuche, die Belagerung zu stören, hatte die französische Feldarmee bis dahin nicht gemacht, sie war aber aus ihren früheren Stellungen gegen die Scarpe und in die Gegend von Valenciennes vorgerückt, was die beiden Feldherrn bewog, sich mit dem Gros ihrer Armeen gegen sie in Bewegung zu setzen: „Man wird sehen, wozu dieser Marsch führen wird, jedenfalls wird man jede Möglichkeit ausnutzen", benachrichtigte Eugen aus Orchies

Eroberung von Tournai

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am 7. August den Grafen Sinzendorf 146 ). Aber es gelang nicht, sidi des Scarpe-Übergangs bei Marchiennes durch Überfall zu bemächtigen, da Villars rechtzeitig Verstärkungen dorthin entsandt hatte, und in gemeinsamen Rekognoszierungsritten mußten Marlborough und der Prinz wieder feststellen, daß der Gegner sich in seinen neuen Positionen so befestigt hatte, daß ein Angriff ein zu großes Risiko in sich schloß147). So kam es denn im ganzen Monat August zu keiner größeren Kampfhandlung, außer vor der Zitadelle von Tournai, und hier ging es mit der Belagerung „etwas langsam, weil der Feind die Menge Minen herum hat und man solchemnach nicht also, wie man will, avancieren kann" 148 ). Mehrfach hat sich der Prinz von Ordiies aus dorthin begeben, „um sotane Belagerung zu pressieren und sofort zu sehen, was weiter zu tun sei", dann auch um unerquickliche Reibungen, die sich zwischen den in den beiden Angriffsstreifen kommandierenden Generälen, dem Preußen Lottum und dem Sadisen Schulenburg, ergeben hatten, auszugleichen149); wir können feststellen, daß er schon am 8. August zusammen mit Marlborough vor Tournai erschien, von wo er am folgenden Tage wieder zur Armee zurückkehrte, daß er sich erneut am 14. nach dort begab und wohl einige Tage geblieben ist, sodann wieder zwischen dem 21. und 25. Arbeiten und Fortschritte in Augenschein nahm und endlich seit den letzten Tagen des Monats, als die Belagerten ihre Bereitschaft zu Kapitulationsverhandlungen zu erkennen gaben, wieder zur Stelle war. Um die Zitadelle hat sich in diesen Wochen ein erbitterter Sappen- und Minenkrieg abgespielt, der die Geduld auf eine harte Probe stellte150). Inzwischen hatte Surville schon in der ersten Augusthälfte einen Offizier nach Paris gesandt, um Instruktionen zu erbitten, der aber mit dem Vorschlag eines Waffenstillstandes bis Mitte September zurückkam, was von den Alliierten abgelehnt wurde 151 ). Als der Kommandant dann in der Frühe des 31. August die Übergabe anbot, hat es die Frage des Schicksals der Garnison zunächst nicht zu einer Einigung kommen lassen. Der Prinz war noch am 1. September der Meinung, daß man angesichts der schweren Notlage der Belagerten und der nun erzielten Fortschritte des Angriffs auf Kriegsgefangenschaft bestehen könne, doch haben Marlborough und er sich vielleicht auf Grund der Drohung, die ganze Festung in die Luft zu sprengen, doch dahin verstanden, am 3. September eine Kapitulation zu unterschreiben, die den Verteidigern freien Abzug nach Douai bewilligte 152 ). Der

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erste Abschnitt des Feldzugs von 1709 war damit, wenn auch nicht mit der anfangs erstrebten und allgemein erwarteten siegreichen Entscheidung, so doch mit einem Erfolg, einer nicht unwesentlichen Verschlechterung der Defensivfront des Feindes, beendet worden. Wie aber sollte es nun weitergehen? Wenn Villars keine Schlacht annehmen wollte, konnte man ihn kaum dazu zwingen. Aber würde er diese Haltung bewahren können, wenn man sich weiterer wichtiger Stützpunkte bemächtigte? Die Überlegungen haben sich zunächst auf Conde und Valenciennes gerichtet, aber sie waren, wie der Prinz am 4. September aus Tournai an den Kaiser schrieb, sowohl durch die Aufstellung der französischen Armee als auch durch Überschwemmungen der Scheide zur Zeit schlecht erreichbar, und so wurde als nächstes Objekt die Festung Möns erkoren: einmal, so begründete der mit dem Hauptquartier in ständiger Fühlung stehende Sinzendorf den Beschluß, habe man in keiner Inaktion bleiben wollen, mit Möns aber werde Brabant gedeckt und zugleich die Voraussetzung geschaffen, um im künftigen Frühjahr den Gegner durch zwei verschiedene Unternehmungen irre zu machen, so daß er sich an einer Seite bloß gebe153). Ob die Feldherrn sich tatsächlich bereits mit dem Gedanken vertraut machten, in diesem Jahre nicht mehr zum Schlagen zu kommen? Schon am 3. September hatten ihre Vortruppen den Marsch noch Südosten angetreten und am 5. Havre östlich von Möns erreicht, ihnen waren die Hauptstreitkräfte gefolgt 154 ). Unterwegs nun traf die Nachricht ein, daß sich auch Villars in Bewegung gesetzt hatte und in die Gegend von Athies gelangt war: ihm war in der Tat inzwischen der Befehl seines Königs zugegangen, zur Verhinderung weiterer Verluste von Festungen auch eine Schlacht zu wagen. Ostwärts Möns umgehend, nahmen die Alliierten darauf südlich der Festung Front gegen Westen vor der Trouille. Vom Lager von Bellian vor Möns sandte Eugen an den mit den Sachsen noch bei Tournai verbliebenen Schulenburg die Weisung, gleichfalls über Havre heranzukommen, während Marlborough den Preußen Lottums den gleichen Marsch anbefahl 155 ). Nachrichten, wonach der Feind, der am Abend des 7. September bei Boussu und St. Ghislain angenommen wurde, für den nächsten Tag einen Angriff plante, veranlaßten die Feldherren zu einer Entfaltung ihrer Streitkräfte, wobei der rechte Flügel am Hügel von Quaregnon von Eugen, der linke südwestlich anschließend von Marlborough befehligt wurde. Man bereite sich vor, den

Marsdi auf Möns

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Gegner gut zu empfangen und ihm einen Teil des Weges zu ersparen, hatte der Prinz an Schulenburg geschrieben. Doch am Morgen des 9. äußerte er sich in einem Bericht an den Kaiser wieder skeptisch: „Es ist zwar der Feind in der Nähe, da er aber bis anhero nichts hasardiert und sich allezeit zwischen seinen Festungén und Retranchements gehalten, so ist wenig Apparenz, daß er sich bloß geben oder exponieren werde; und unsererseits hingegen, da man die Situation des Landes nicht recht kennt, darf man umso weniger einen Hasard wagen, als dasselbe wegen seines ungleichen Terrains durch die vielen kleinen Bäche und Wässer bei starkem Gewitter solchergestalten durchfressen und voller Wasser, Klüfte, Hohlwege und Defiléen ist, daß man nicht allenthalben en front marschieren kann" 1 5 6 ). Unmittelbar nach dem Diktat dieses Schreibens schwang er sich aufs Pferd, um sich mit Marlborough an der auf einer Anhöhe gelegenen Mühle von Sars zu treffen, von wo aus sie vor sich den Wald von Sars und durch eine 3 km breite Lichtung davon getrennt weiter südöstlich den Wald von Lanière erblicken konnten. Bei dem an diesen angelehnten Dorfe Malplaquet stieß eine Kavallerieabteilung mit französischen Reitern zusammen, und von ihrem Beobachtungspunkt gewannen die Feldherrn den Eindruck, als wenn der Feind im Anmarsch durch die Lichtung auf ihren linken Flügel wäre. D a man damit nicht geredinet hatte, schien die Lage kritisch, eiligst gingen Befehle an die noch nicht in Schlachtordnung gebrachten Truppen Eugens, sofort aufzumarschieren und sich an die Rechte Marlboroughs anzuschließen, eine Bewegung, die freilich infolge Regens und des Einbruchs der Nacht erst in der Frühe des nächsten Tages beendet war 1 5 7 ). Ein Angriff Villars' erfolgte indessen gar nicht, er war seinerseits zu der Überzeugung gelangt, daß die Alliierten ihn attackieren wollten, und verschanzte sich in der Lücke zwischen den beiden Wäldern, deren vorspringende Ränder er besetzen und befestigen ließ, so daß er von beiden Seiten flankierend wirken konnte, wenn der Gegner aus der von ihm nun eingenommenen Linie Sars—Blaregnies—Aulnois antrat. Aber wie dieser ihn am 9., so erwartete er am 10. September vergebens die Verbündeten. Mitkämpfer haben auf beiden Seiten an ihren Führern wegen dieses Zögerns Kritik geübt, an Villars, weil er am ersten Tage nicht energisch vorgestoßen war, an Marlborough und Eugen, weil sie dann das Herankommen der noch auf dem Marsch von Tournai herankommenden Bataillone abwarten 20 Braubadi, Prinz Eugen

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zu müssen glaubten und damit den Franzosen genügend Zeit zum Ausbau ihrer Stellungen gaben 158 ). Bei den Alliierten hat man nach einer am 10. im feindlichen Geschützfeuer erfolgenden Erkundigung, an der zahlreiche Generäle und die holländischen Deputierten teilnahmen, einen sofortigen Angriff diskutiert, doch soll es Eugen gewesen sein, der für die Verschiebung auf den folgenden Tag eintrat. Die Schlacht bei Malplaquet vom 11. September 1709 gehört zu den größten und blutigsten kriegerischen Zusammenstößen des Zeitalters 159 ). Marlborough und Eugen hatten schließlich 162 Bataillone und 300 Schwadronen mit 120 Geschützen zusammengefaßt, und wenn in diesem bunt zusammengesetzten Heere auch in den verschiedensten Sprachen kommandiert wurde, so waren es doch hervorragend geübte und kampferfahrene Truppen, von deren Brillanz die Führer in den vergangenen Wochen sich häufig in Revuen überzeugt hatten und an deren Fähigkeit zum Zusammenwirken nicht zu zweifeln war 1 6 0 ). Auf der Gegenseite war man mit 120 Bataillonen, 260 Schwadronen und 80 Geschützen unterlegen, aber hier hatte sich das beste Truppenmaterial versammelt, über das Frankreich noch verfügte, Offiziere und Soldaten nun nicht nur, wie in den zahlreichen Kämpfen, die meist hinter ihnen lagen, erfüllt von kriegerischem Geist und dem Verlangen nach Ruhm, sondern auch von der Erkenntnis, wieviel von dem Ausgang dieses Kampfes für König und Vaterland abhing. Und welche Fülle von militärischen Talenten dieser und der kommenden Jahrzehnte sind sich hier mit Befehlsstab und Degen begegnet. Die Aura des Sieges umgab die beiden großen Kapitäne der Allianz, aber war nicht auch Villars bisher ungeschlagen, nicht nur eine glänzende Erscheinung des höfischen und diplomatischen Parketts, sondern auch ein tapferer, hochbefähigter General? Zu ihm war der alte ruhmbedeckte Marschall Bouffiers gestoßen: Eugen hatte von dieser Zuteilung ohne Annahme eines eigenen Kommandos erst kurz vor der Schlacht erfahren und sich verwundert gefragt, was denn sein Tun und Lassen bei der Armee sein würde; wie wichtig seine Anwesenheit war, sollte er während der Schlacht erfahren. Man hat ausgerechnet, daß in den Reihen des französischen Heeres damals zwölf jüngere Offiziere fochten, die später Marschälle wurden. War hier auch der junge Stuartprätendent, der sich Chevalier de Saint George nannte, so gab es auf der Gegenseite künftige Könige,

Schlacht bei Malplaquet

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wie den preußischen Kronprinzen, dem das Erlebnis des ersten großen Kampfes unvergeßlich blieb, und den Erbprinzen Friedrich von Hessen-Kassel, der einmal schwedischer König werden sollte. Die Sachsen kommandierte, einem Wunsche Eugens entsprechend 161 ), Johann Matthias von der Schulenburg, dem als venezianischem Feldherrn dereinst der Ehrenname eines Königs von Korfu beigelegt wurde, und bei diesem Kontingent war auch, erst 13 Jahre alt, Graf Moritz von Sachsen, der Sohn Augusts des Starken und der Aurora von Königsmarck, der als französischer Marschall dreieinhalb Jahrzehnte später in den gleichen Ebenen Belgiens glänzende Siege über die Nachfahren des Savoyers und Marlboroughs davongetragen hat. Und wenn Leopold von Anhalt-Dessau bereits als trefflicher General galt, so war der junge Oberst Curd Christoph von Schwerin, der im preußischen Heere einmal zum Rivalen des „alten Dessauers " wurde und als erster militärischer Paladin Friedrichs des Großen im Sieg von Prag den Soldatentod fand, damals noch so unbekannt, daß er als „der Unglücklichste der Sterblichen" am Tage von Malplaquet die Bagage zu decken hatte 162 ). Die beiden Feldherrn waren übereingekommen, den Hauptangriff gegen den linken Flügel der Franzosen zu richten, wo Lottum mit 22 Bataillonen den Süd-, Schulenburg mit 40 Bataillonen den Nordabschnitt der feindlichen Stellungen am Rande des Waldes von Sars stürmen und englische Truppen nördlich durch den Wald umfassend ihnen in den Rücken fallen sollten. Den Erfolg hier hatten 15 gegen die Lichtung angesetzte englische Bataillone abzuwarten, hinter denen sich die Masse der Kavallerie bereithielt. Auf dem linken südlichen Flügel war eine halbe Stunde nach dem Antreten Lottums und Schulenburgs der Angriff holländischer Regimenter unter dem Prinzen Johann Friso von NassauOranien gegen den Wald von Lanière vorgesehen. In der Frühe ritten Marlborough und der Prinz in Begleitung von Kronprinz Friedrich Wilhelm und von Goslinga sämtliche Stellungen ab. Als gegen 8 Uhr die Sonne durch den Nebel brach, begannen nach heftigem Geschützduell nacheinander Schulenburg und Lottum den Sturm auf den Wald von Sars. Schwere Verluste traten ein, bis man die Waldränder erreicht hatte, und dann wogten die Kämpfe um die französischen Stellungen hin und her. Hier hat Eugen persönlich die Führung übernommen: er habe, so rühmte ein Schlachtbericht, mit unvergleichlichem Geschick und Geistesgegenwart in

Schladit bei Malplaquet

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diesen wilden Waldkämpfen alles gesehen und an jeder Stelle, wo es notwendig war, einzugreifen und die Bataillone einzusetzen gewußt 1 6 3 ). D a ß ihn eine Flintenkugel hinter dem linken Ohr streifte, hat ihn nicht gestört 164 ). Erst nach mehrstündigem Ringen konnten die Feinde, auf die auch jene umfassende Bewegung von Norden einwirkte, aus dem Wald gedrängt werden. Inzwischen waren auch auf dem linken Flügel die Holländer angetreten, aber ihr tapfer vorgetragener Angriff brach vor den Versdianzungen zusammen, und französische Gegenstöße richteten solche Verwirrung an, daß der im Zentrum haltende Marlborough und auch von redits Eugen herbeieilten: durch Einsatz preußischer Bataillone konnte die Lage wiederhergestellt werden. Nach dem Wald von Sars zurückgekehrt, wo sich die an den Westrand gelangten Verbündeten zu weiterem Vordringen ordneten, fand Eugen auch dort durch einen Angriff, den Villars persönlich mit aus der Aufstellung in der Lücke zwischen den beiden Wäldern herangezogenen Kräften führte, eine gefährliche Lage vor: teilweise wurden seine Bataillone wieder in den Wald zurückgeworfen. Auf der Gegenseite war freilich Villars am Knie erheblich verwundet und bewußtlos aus dem Getümmel getragen worden. Noch war zu diesem Zeitpunkt der Ausgang der Schlacht offen, doch nun ließ Marlborough in Erkenntnis der Abziehung feindlicher Kräfte von der Mitte Engländer, Preußen und Dänen in der Lichtung gegen Malplaquet anlaufen. Die Linien wurden durchbrochen, durch sie hindurch ritt die Kavallerie, der sich sofort die feindliche Reiterei entgegenwarf. Der große Reiterkampf wurde zugunsten der Verbündeten entschieden, als auch Prinz Eugen mit den Schwadronen seines Flügels eingriff. Von hier aus wurde nun auch der rechte französische Flügel im Wald von Lanière, gegen den der Prinz von Oranien erneut seine dezimierten Bataillone geführt hatte, aufgerollt. Rechtzeitig gab darauf Bouffiers, der an Stelle Villars' den Oberbefehl übernommen hatte, das Zeichen zum Abbruch der Schlacht: allenthalben konnten sich seine Truppen vom Gegner lösen, in ruhiger Ordnung marschierten sie in ein vorbereitetes Lager zwischen Valenciennes und Le Quesnoy ab. Die Verbündeten waren für eine Verfolgung zu erschöpft, aber sie behaupteten das Schlachtfeld und konnten sich damit den Sieg zuschreiben. Kein Zweifel, wieder hatten die beiden Feldherrn eine große Schlacht gewonnen. Wenn sie in den Botschaften, die sie über die

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Verpaßte Friedensdiance?

„herrliche Victoria" an die alliierten Mächte und Fürsten gehen ließen, mit dem Lob über die Tapferkeit der verschiedenen Korps nicht sparten 165 ), so ist ihnen selbst von allen Beteiligten bezeugt worden, daß ihre ausgezeichnete Führung das Hauptverdienst an dem Sieg hatte. In seinem Bericht an Heinsius hat Goslinga von beiden bezeugt, daß sie in dieser gefahrvollen und furchtbaren Schlacht alle Klugheit, Kaltblütigkeit und Festigkeit gezeigt hätten, die man hätte wünschen können 166 ). Und bewundernd hat der Preuße Grumbkow hervorgehoben, daß sie, obwohl sie sich häufig trennten, doch stets in Übereinstimmung gehandelt hätten und die von verschiedenen Orten einlaufenden Befehle stets von einem einzigen Feldherrn zu kommen schienen. Daß die feindlichen Manöver ausgezeichnet waren, daß „diese Leute wahrhaftig etwas vom Krieg verstehen", hat man auch von französischer Seite rückhaltlos anerkannt 167 ). Und doch lassen die Zeilen, die Eugen am Abend hinwarf, um den Grafen Sinzendorf im H a a g von dem Geschehenen zu unterrichten, die Zwiespältigkeit der Gefühle erkennen, die ihn selbst erfüllten: „ N u r dies Billett, um Euer Excellenz Kunde zu geben von einer der blutigsten und größten Schlachten, die es seit langem gegeben hat, im übrigen wird dort der Generalmajor Grovestein davon berichten. Man hat die verschanzten Feinde angegriffen, die an ihren Flanken zwei ebenfalls befestigte Gehölze hatten, aus denen man sie nach einem sehr heftigen Kampf geworfen hat, während man zugleich in die Verschanzungen der Mitte eindrang. Dann begann der Kampf mit der Kavallerie, der überaus hartnäckig war, endlich hat man sie überall geworfen, etwas verfolgt und man liegt nun auf dem Schlachtfeld. Man hat dabei große Verluste gehabt, und ich glaube, daß man den Frieden haben könnte, wenn man wollte. Ich bin leicht verwundet worden am Kopf und zu ermüdet, um mehr zu schreiben" 168 ). Lakonischer noch hat sich Marlborough auf dem Zettel ausgedrückt, den er Heinsius durch den holländischen General übersandte: „Ich bin so müde, daß ich zu entschuldigen bitte, wenn ich den Bericht über diesen glorreichen Tag dem Überbringer überlasse: er hat einen großen Anteil daran und weiß das Meiste über die Aktion. Die Franzosen haben sich in dieser Schlacht besser verteidigt, als ich es jemals gesehen habe, sodaß wir sehr viel Menschen verloren haben; aber wir haben sie so geschlagen, daß Sie jetzt den Frieden haben sollten, den Sie wünschen" 169 ). Das war der Schatten, der auf dem Bilde des

Problematik des Sieges

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Sieges lag, die für jene Zeit unerhörte Größe der Verluste: war er nicht zu teuer erkauft? Die Franzosen wollten nur 11 000 Mann verloren haben, dagegen betrugen die Einbußen der Alliierten nach eigenen Angaben bei der Armee Eugens 2100 Tote und 3400 Verwundete, bei der Marlboroughs gar 5700 und 13 000, zusammen also fast 25 000 Mann 170 ). Als die Feldherrn am Tage nach der Schlacht nach dem Bois de Lanière ritten, wo die Holländer gegen Gehölz und Schanzen angestürmt waren, hat sie nach Goslingas Zeugnis Entsetzen ergriffen, als sie die Reihen der dahingemähten Leute sahen: voll tiefer Erschütterung hat der holländische Deputierte, von dem es mit Recht heißt, daß er „ein feuriges Gemüt und mutvolles Herz" besaß171), gemeint, daß sich diese so tapfere Infanterie nach einem so vernichtenden Aderlaß nie mehr wiederherstellen lasse. Er hat alle Hoffnung auf baldigen Frieden gesetzt, da die Republik das Risiko so großer Opfer an Soldaten nicht mehr tragen könne 172 ). Man hoffte auf Frieden: aber man konnte sich nicht verhehlen, daß eine Entscheidung nicht gefallen war, daß Malplaquet mit Höchstädt, Turin und Oudenaarde nicht zu vergleichen und daher auch entsprechende Folgen nicht zu erwarten waren. Man durfte an diesen Sieg nicht übertriebene Hoffnungen knüpfen. „Wir werden", so stellte Goslinga in einem Schreiben an Heinsius fest, „sehr zufrieden sein, wenn wir zum Abschluß Möns nehmen. Ist das wirklich eine kleine Sache, zwei der stärksten Plätze Europas zu erobern und eine der heftigsten und blutigsten Schlachten zu gewinnen, die es jemals gegeben hat? Dennoch hat es den Anschein, als wenn Sie glauben, daß wir nun direkt nach Paris marschieren könnten. Erlauben Sie mir wahrhaftig zu sagen, daß man nicht mit einer Armee ohne Brot wie ein Reisender marschiert" 173 ). Man kam in der Tat rasch zu der Erkenntnis, daß größere Operationen neben der Belagerung von Möns nicht mehr durchzuführen waren 174 ). Nachdem man sich vom Schlachtfeld zunächst wieder in die Stellungen begeben hatte, die man am 8. September bei Quaregnon eingenommen, wurde dem Prinzen von Oranien der Befehl erteilt, mit 30 Bataillonen und 30 Schwadronen die Festung einzuschließen, während das Gros sich beiderseits der Trouille lagerte, um etwaigen Entsatzversuchen begegnen zu können. Eugen nahm Quartier im Schloß von Noirchin, während Marlborough sich in Havré einrichtete. Nachdem von Brüssel Artillerie herangekommen war,

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Verpaßte Friedensdiance?

konnten in zwei Angriffsstreifen die Gräben eröffnet werden, die in den letzten Septembertagen rasche Fortschritte machten. Der Einbruch des schlechten Wetters hat dann jedoch die Arbeiten verzögert, während sich zugleich erhebliche Verpflegungsschwierigkeiten für die Armee ergaben. Unzufriedenheit und böse Ausschreitungen waren die Folgen, so daß es für die Führer manchen Ärger gab 175 ). Vielleicht auch um für die Zufuhr zu sorgen, zugleich freilich um für die Winterquartiere Vorbesprechungen zu führen, scheint sich der Prinz Mitte Oktober für kurze Zeit nach Brüssel begeben zu haben 176 ). Inzwischen waren vor Möns die Vorwerke genommen, die Contrescarpe gestürmt und Breschbatterien in Stellung gebracht worden, die mit solchem Erfolg tätig wurden, daß am 20. Oktober Anstalten zum letzten Angriff getroffen werden konnten. Bevor man dazu antrat, leitete der Kommandant Verhandlungen ein, die am Abend des 21. mit der Kapitulation abgeschlossen wurden, die der Garnison freien Abzug bewilligte. Es war das Ende des Feldzugs, wie der Prinz dem Kaiser zugleich mit der Kunde von dem Fall der Feste ankündigte: „Man vermeinte zwar, annoch eine weitere Operation zu unternehmen, nachdem man aber auch dabei betrachtet, was die Armeen durch drei anheuer vollbrachte Belagerungen, item durch die blutige Bataille und sonst gelitten, auch wie spät es schon an der Zeit und wie unbeständig und schädlich das Wetter sei, so wurde für besser erachtet, die Truppen zu konservieren und sie consequenter in ihre winterlichen ausgezeichneten Stationes einrücken zu lassen"177). Schon am 25. Oktober ergingen die Befehle zur Aufhebung der Lager und zum Marsch in die Quartiere, über deren Verteilung freilich erst eine am 1. November in Brüssel von den beiden Feldherrn mit Deputierten der Generalstaaten vereinbarte Konvention entschied178). Eugen hat sich vom 26. Oktober bis zum 5. November in Brüssel aufgehalten. Schon vorher hatte er dem Kaiser angekündigt, sich, falls seine Anwesenheit bei den Truppen nicht mehr notwendig sei, mit Marlborough nach dem Haag zu begeben, „wozu mich er und die Staaten sehr pressieren, um sowohl fürs künftige, wenn der Krieg kontinuieren sollte, das behörige Konzert zu nehmen, als auch zwischen mir und dem Mylord auszumachen, wenn ein oder anderer von uns auf solchen Fall dahier wiederum zurück sein solle, inmaßen ich, wenn alles dieses geschehen, der Intention bin, mich sodann mit Dero allergnädigster Erlaubnis gerade von dem Haag aus nach Wien zu

Ergebnis des Feldzugs 1709

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begeben" 179 ). Der Engländer ist dann doch schon vor ihm von Brüssel aufgebrochen: er traf am 3. November im Haag ein, der Prinz drei oder vier Tage später 180 ). War man dem Frieden dadurch, daß man den Krieg fortgesetzt hatte, näher gekommen? Man hatte ihn in den Niederlanden immerhin kraftvoll und nicht ohne Erfolg geführt, man hatte zwei wichtige Festungen genommen und die bisher blutigste Sdilacht des Krieges geschlagen und gewonnen. Aber der französische Widerstand war nicht gebrochen, und in Versailles konnte man nicht nur auf die unerschütterte Kraft, mit der man hier dem Feind getrotzt und ihm schwerste Verluste beigebracht hatte, hinweisen, sondern auch auf das Scheitern seiner Absichten auf allen anderen Schauplätzen des Kampfes. In Spanien war trotz einiger taktischer Erfolge Guido Starhembergs der Habsburger in weit bedrängterer Lage als der junge Bourbone, und Prinz Philipp von Hessen-Darmstadt, der Nachfolger Dauns in Neapel, verfügte offensichtlich nicht über die Mittel, dem Bourbonen Sizilien, seinen letzten Besitz in Italien, zu entreißen 181 ). Daun selbst aber sah sich in Savoyen durch den fortdauernden Konflikt zwischen Turin und Wien über die volle Erfüllung der territorialen Forderungen des Herzogs gelähmt: Eugen war in dieser Frage, wegen der er immer wieder Vorwürfe der Seemächte hören mußte, seinerseits mit der Taktik des eigenen Hofes wenig zufrieden, er sah den zu neuen Verhandlungen an den Herzog entsandten Bischof von Fünfkirchen, Graf Nesselrode, von vornherein für diese Aufgabe als ungeeignet an, und wenn er es dann auch gar nicht für schädlich hielt, daß Victor Amadeus eine eigene Teilnahme am Feldzug verweigerte, so war er andrerseits doch auch wieder sich der mannigfachen Schwierigkeiten bewußt, die Daun infolge mangelnder Unterstützung aus Piemont erwachsen mußten 182 ). In der Tat hat der Feldmarschall denn auch seinen Vormarsch nach anfänglichen Erfolgen abbrechen und auf seine Ausgangsbasis zurückkehren müssen183). In kühnen Plänen hatte man wohl davon geträumt, daß er in Burgund den über den Oberrhein vordringenden Reichstruppen die Hand reichen würde, statt dessen aber war nicht nur das Gros der Reichsarmee trotz der Schwäche der ihr gegenüberstehenden französischen Truppen untätig geblieben184), sondern es hatte auch ein seit Jahren vorbereitetes geheimes Unternehmen, auf dessen Gelingen der Prinz große Hoffnungen gesetzt und von dem er eine schwere Erschütterung Frank-

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Verpaßte Friedenschance?

reichs in seinen östlichen Grenzlanden erwartet hatte, mit einem vollen Mißerfolg geendet. Es lohnt sich wohl, auf diese „Sache wegen Besançon" etwas näher einzugehen, da wir hier auf eine besondere Seite der Kriegführung des Savoyers stoßen, die uns auch früher schon entgegengetreten ist, bei diesem Versuch aber noch deutlicher wird: in der gleichen Zeit, in der er als der Stratege und Schlachtenlenker die großen Operationen dirigierte, hat er sich immer wieder mit den Mitteln des unterirdischen Kampfes gegen den Feind, mit dem Einsatz von Spionen, Agenten, Überläufern, beschäftigt, nicht nur, um den Schlichen und Plänen der anderen Seite auf die Spur zu kommen, sondern auch um durch Anstiftung von Verschwörungen und Erhebungen, durch Zusammenwirken mit unzufriedenen Elementen im eigenen Bereich des Gegners diesem zu schaden und unter Umständen sogar den Kriegsverlauf entscheidend zu beeinflussen. Wir erinnern uns der Beziehungen, die er über Savoyen und die Schweiz schon in den ersten Jahren des Krieges mit den hugenottischen Camisarden in den Cevennen und anderen Gebieten Südostfrankreichs angeknüpft hatte. Es ist wahrscheinlich sein alter Freund Saint-Saphorin gewesen, der ihn schon damals auf die Gärung und Unruhe in der ehemals spanischen Franche-Comté, der burgundischen Freigrafschaft, hingewiesen hat 185 ), doch als der Waadtländer im Frühsommer 1709 zwecks Herstellung engerer Verbindung zwischen den protestantischen Kantonen der Schweiz und den Seemächten im Haag erschien und dort auch mit Sinzendorf vertraulich über das Projekt einer Koordinierung eines Aufstands der Burgunder mit dem Einfall eines eigens dazu gebildeten schlagkräftigen deutschen Streifkorps vom Oberrhein her sprach, hat der Prinz ausdrücklich betont, daß das Projekt nicht etwa auf den Schweizer zurückging, sondern daß er selbst schon seit vier oder fünf Jahren es immer wieder erwogen und nun die Vorbereitungen dazu getroffen habe 186 ). In der Tat hatte er im Frühjahr 1709 Anweisung zur Versammlung eines Korps aus etwa zehn Bataillonen Infanterie, zwei Kürassierregimentern und einem H u sarendetachement im südlichen Schwarzwald unter dem Befehl des von ihm besonders geschätzten Generals Graf Mercy gegeben, das auf Besançon vorstoßen sollte187). Noch war man aber nicht so weit, als man im Juli erfuhr, daß schon im Mai „das burgundische Wesen geoffenbart" und die Führer der Unzufriedenen in der Franche-

Hintergründe der Niederlage von Rumersheim

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Comté verhaftet worden waren 188 ). Trotzdem hat Mercy seine Truppen am 20. August in der Nähe von Basel über den Rhein geführt, und im Haag hat Sinzendorf noch am 30. August „die Zeitung der in Bewegung gebrachten Burgundischen Unternehmung" lebhaft begrüßt, die auch die Generalstaaten mit größten Hoffnungen erfüllte 189 ). Doch schon am 26. war Mercy bei Rumersheim von starken französischen Kräften angegriffen, unter Verlust von mehr als 2500 Mann geschlagen und zu eiligem Rückzug über den Rhein genötigt worden 190 ). Schon daß „das bekannte Dessein" vorzeitig entdeckt worden war, hatte Eugen in nicht geringen Zorn versetzt: verantwortlich glaubte er dafür die Leitung der Reichsarmee machen zu können, die „derlei Secreta allenthalben kommuniziert und darüber alle Leute konsultiert" habe, so daß „die Kinder auf der Gassen davon gesprochen"191). Er wußte nicht, daß er hier gewissermaßen mit seinen eigenen Waffen geschlagen worden war. Er mochte zwar hören, daß die Versicherungen des Abenteurers Braconnier, der von ihm Geld zur Erregung der Empörung in Besançon erhalten hatte, Schwindel gewesen waren, daß aber das Unglück von Rumersheim in erster Linie auf den Verrat eines kaiserlichen Generals zurückzuführen war, dem er volles Vertrauen schenkte, hat er wohl nie erfahren: von den Franzosen wegen einer Jugendtorheit erpreßt, hat der aus vornehmer Berner Familie stammende Hieronymus von Erlach unter dem Namen eines Baron d'Elcin die feindliche Heeresleitung am Rhein über Pläne und Bewegungen der deutschen Truppen ständig unterrichtet und sie so instand gesetzt, rechtzeitig ihre Gegenmaßnahmen zu treffen 192 ). Die Niederlage von Rumersheim, die im Lager der Verbündeten nach dem Zeugnis von Sinzendorf erhebliche Bestürzung hervorrief 193 ), mochte eine Zeitlang vergessen werden, als bald darauf vom Schlachtfeld von Malplaquet die Sieger den Staatsmännern und Diplomaten im Haag versichern zu können glaubten, daß sie nun den Frieden nach ihrem Gutdünken schließen könnten. Als Marlborough und Eugen selbst Anfang November dort eintrafen, mußten sie erkennen, daß nicht mit der bedingungslosen Annahme des Präliminars, geschweige denn noch härterer Forderungen durch den Gegner zu rechnen war, ja daß die Einigkeit zwischen den Verbündeten in die Brüche zu gehen drohte.

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Verpaßte Friedensdiance? 4.

Möglichkeiten und Fortgang des Friedensgeschäfts haben den Prinzen auch im Feldlager dauernd beschäftigt. Wir haben gesehen, daß er sich zunächst nur zögernd auf die durch die Absage Torcys geschaffene Lage eingestellt hat, und auch dann glaubte er immer damit rechnen zu müssen, daß die Franzosen durch die Not im Innern oder eine Niederlage sich doch zur Annahme des ihnen diktierten Vertrags gezwungen sähen. Er wußte natürlich um die Mühe, die sich der nunmehr gewissermaßen als Sachwalter des Gegners im Haag zurückgebliebene Petkum gab, die zerrissenen Fäden wieder anzuknüpfen, und wenn er auch der Meinung war, daß die große Sehnsucht, die dieser kleine Mann nach dem Frieden habe, ihn Dinge glauben lasse, die in Wirklichkeit ganz anders seien194), so hielt er es doch für geboten, für den Fall gerüstet zu sein, daß plötzlich ein neues Friedensangebot vorlag und rasche Entscheidung verlangte. Unter dem Eindruck der scharfen Kritik, die man in Wien an dem Präliminar geübt hatte, war seine und Sinzendorfs Aufmerksamkeit eigentlich noch mehr nach dort als nach Versailles und dem Haag gerichtet. Man müsse, so schrieb er am 18. Juli an Sinzendorf, den Hof dazu bringen, eindeutige Befehle zu schidien, ob man unterzeichnen solle oder nicht, wenn es bei neuen Verhandlungen nicht gelingen würde, die Bedingungen gemäß den Vorstellungen in Wien zu verbessern. Immer wieder hat er denn auch den Kaiser gebeten, eine klare Entscheidung in dieser Hinsicht zu treffen und „zu konsiderieren, in was für einen Embarras ein Minister sich solchenfalls befinden würde, wenn er nicht weiß, was er eigentlich zu tun habe und ob er folgsam auf diese oder jene Weise recht tue" 195 ). Es hatte seinen besonderen Grund, daß er auch den Reichsvizekanzler Schönborn beschwor, eine rasche Resolution von Kaiser und Reich herbeizuführen: „denn ich fürchte, es dürfte des Friedens Negotium jähling und auf einmal zur Reassumption kommen, der kaiserliche Minister zur Unterschrift pressiert werden und sich hingegen ohne deutlichen und ausdrücklichen Befehl befinden; in was für einen Embarras aber man solchergestalt sei und wie schwer es einem fallen sollte, in derlei Handlungen für sich zu gehen, werden Euer Excellenz wissen, maßen man dergestalt gefährlich exponiert wäre, daß nicht mehreres sein könnte" 196 ). Es waren ja seiner Meinung nach allein die Reichs-

Hoffnung auf den Frieden

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forderungen, die den Stein des Anstoßes bildeten — was ihn Sinzendorf gegenüber zu ironischen Bemerkungen über die herrlichen militärischen Fortschritte der Reichsarmee veranlaßte, die eine denkbar günstige Prognose gestatteten, wenn man den Krieg allein mit dem Reich fortsetzen wolle, und über den merkwürdigen Widerspruch zwischen dem Geschrei im Reich gegen die Verträge und den Aufwendungen für den Krieg 197 ). Er war besorgt über die Wirkung der hochfahrenden Äußerungen aus Wien über das Vertragswerk, die vor allem die Holländer verletzten und sie in ihrer Neigung, eigene Wege zu gehen, um zum Frieden zu gelangen, bestärkten 198 ). Schon hatte sich dort die sogenannte friedliebende Partei verstärkt, die sogar dem Herzog von Anjou ein Stück Landes überlassen wollte 199 ). Um so wichtiger war es, daß man in Wien eine klare Linie fand, bei der berechtigte Ansprüche aufrechterhalten, der Bestand der Allianz aber nicht gefährdet wurde. Wohl schon bei einem Besuch Sinzendorfs im Hauptquartier des Prinzen bei Lille in der zweiten Junihälfte 1709 hatte man einen unmittelbaren Vortrag der eigenen Ansichten vor dem Kaiser und der Wiener Konferenz erwogen, was freilich weder durch Eugen selbst geschehen konnte noch auch durch Sinzendorf, der bei der Möglichkeit plötzlicher Wiederaufnahme der Friedensbesprechungen im Haag unentbehrlich schien200). So verfiel man auf den Gesandten Heems, der ja Zeuge der Entstehung der Präliminarien gewesen und über alle damit zusammenhängenden Fragen auf dem laufenden war. Am 16. August fand er sich zu einem längeren Gespräch mit dem Prinzen in Tournai ein, und von dort trat er die Reise nach Wien mit dem Auftrag an, „sowohl von demjenigen, was im Friedenswerk bei den jüngst verfaßten Präliminarien passiert, den alleruntertänigsten Bericht zu erstatten, als über einige diesfalls am kaiserlichen Hof gefundene Zweifel schrift- und mündliche Erläuterung zu geben und in diesem so wichtigen Werk die positive allergnädigste Resolution und Instruktion zu urgieren" 201 ). Bei dieser Mission handelte es sich schon nicht mehr nur um die Rechtfertigung der Bestimmungen des Präliminars, sondern auch um die Stellungnahme zu neuen Vorschlägen zu dem umstrittenen Artikel 37 über die Sicherung der Durchführung des Vertrags. Es war der Gedanke aufgetaucht, daß Ludwig XIV. von der Verpflichtung zu eigenem Vorgehen gegen seinen Enkel entbunden werden konnte, wenn er sich zur Einräumung von je drei festen Plätzen an der französischen

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Verpaßte Friedenschance?

Nordgrenze und im spanischen Randgebiet gegenüber Frankreich verstand. Im Laufe des Juli war es darüber zu einem von Petkum vermittelten Briefwechsel zwischen Torcy und Heinsius gekommen, in dem der Franzose eine Auslieferung spanischer Plätze als unmöglich, sich dagegen zu Verhandlungen über die Übergabe der französischen Festungen an die Holländer bereit erklärte 202 ). Man hat auch im Feldlager über diesen Ausweg diskutiert, und es hat den Anschein, als ob nicht nur Goslinga, der in seinen Schreiben an Heinsius immer wieder die Notwendigkeit baldigen Friedensschlusses betonte, für die Beschränkung der Forderung auf französische Orte wie Valenciennes, Douai und Thionville eintrat, sondern auch die beiden Feldherrn geneigt waren, darauf einzugehen203), wenngleich der Prinz die anfängliche Ablehnung des Angebots durch Heinsius und das Bestehen auch auf spanischen Sicherungen für richtig hielt 204 ). Heems wurde jedenfalls beauftragt, auch darüber die Entscheidung von Kaiser und Konferenz einzuholen, ob man sich mit den drei französischen Plätzen begnügen oder dazu noch drei in Spanien bzw. an der spanischen Grenze in Frankreich fordern sollte. In Wien hat der Gesandte dann bei Behandlung dieser Frage darauf hingewiesen, daß Eugen das Scheitern der neuerlichen Verhandlungen wegen der Verweigerung der Festungen im Süden „nicht gut geheißen und gewünscht hätte, daß man über dieses Temperament die Punkte aufrecht und in ihrem Lauf erhalten" hätte 205 ). Endlich gab es noch ein Problem, über das Heems die Auffassung der kaiserlichen Regierung zu erkunden hatte: wie sollte man sich den holländischen Barriereforderungen gegenüber verhalten? Hier stimmten die beiden Botschafter, die ihn abfertigten, einmal nicht überein. Eugen trat für sofortige Verständigung mit den Holländern ein, da man jetzt ohne Einmischung Frankreichs zu einem günstigeren Resultat kommen und auf der einen Seite ihnen die eigene bona fides zeigen, auf der anderen den Bewohnern der südlichen Niederlande die Furcht nehmen könne, völlig unter holländisches Dominat zu gelangen. Dagegen meinte Sinzendorf, daß gerade jetzt, da das Land sich im Grunde im Besitz der Generalstaaten befinde, auf erträgliche Bedingungen nicht zu rechnen sei und man daher die Auseinandersetzung besser auf die Zeit nach dem Friedensschluß verschiebe. Der Sendbote traf in Wien auf eine erheblich veränderte Lage. Noch am 27. Juli hatte der Prinz in einem Brief an Sinzendorf die

Rücktritt Salms

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Herbeiführung eines klaren und eindeutigen Entscheids des Kaisers über Inhalt und künftige Ratifizierung des Friedensvertrags für unbedingt notwendig bezeichnet, weil sonst „dieser Narr von Salm aus Laune und Leidenschaft seinen Herrn und die, die hierhin geschickt sind, in Verruf bringen wird" 206 ). Aber dort trat nun gerade während der Reise von Heems das ein, was der kränkliche Obristhofmeister zwar schon mehrfach angekündigt, aber zum Ärger seiner Gegner bisher nie verwirklich hatte, seine Abreise und damit sein Ausscheiden aus den Geschäften207). Noch hatte er im April in einem Brief an den jüngeren Habsburger an die ihm gebührende Dankbarkeit appelliert, ihm, der „ohne eitelen Ruhm" bekennen könne, „daß in etlich und 20 Jahren, so in des Allerhöchsten Erzhauses Dienst zu verbringen mir vergönnt gewesen, an ungefärbter Treue und pflichtmäßigem Eifer mich nicht leichtsam von jemand übertreffen lassen"208). Doch auch dem Kaiser war es immer unmöglicher geworden, mit ihm auszukommen. Den letzten Anstoß zu Salms Entschluß, sich tatsächlich zurückzuziehen, hat, wie wenigstens der Hofkammerrat Palm seinem Freunde Saint-Saphorin berichtete, Josephs Favorit Lamberg gegeben, der empört darüber, daß Salms Vertrauter Ryswick in Regensburg seiner Erhebung in den Reichsfürstenstand entgegenwirkte, seinen kaiserlichen Freund zu so heftigen Vorstellungen bei dem Obristhofmeister veranlaßte, daß dieser gekränkt erklärte, nicht mehr länger bleiben zu können, und sich die Erlaubnis erbat, zur Wiederherstellung seiner Gesundheit nach Schlangenbad zu reisen209). Noch hat Prinz Eugen auf die Nachricht davon skeptisch geäußert, es handle sich da wohl wieder um eine jener Komödien, die den Wiener Hof überall im Ausland lächerlich machten210). Doch diesmal war es ernst. Am 26. August hatte Salm Wien verlassen, schon von der ersten Reisestation aus ließ er durch einen nach Wien zurückgesandten Begleiter wissen, daß er nicht mehr zurückkehren werde, und von Schlangenbad aus bat er dann wirklich um seine Entlassung, die ihm bewilligt wurde. Eine Versöhnung zwischen ihm und seinen Widersachern, zu denen er in erster Linie den Savoyer rechnete, hat es nicht gegeben. In Briefen an Vertraute von einst hat er in der Folgezeit seinem Groll gegen sie Ausdruck gegeben und ihre Schritte kritisiert 211 ). Doch sein Einfluß war gebrochen, zugleich auch seine Lebenskraft: alle Kuren, vor allem in Aachen, waren vergebens, am 10. November 1710 ist er gestorben.

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Wer sollte das Erbe übernehmen? Als sich Mitte Juli der Fall Salms ankündigte, war gerade der Kardinal Lamberg in Wien gewesen, und nach den Informationen, die Palm an Saint-Saphorin weitergab, war er sehr befriedigt nach Regensburg zurückgekehrt, da der Kaiser ihm zwar seine gegenüber dem Prinzen Eugen übernommene Verpflichtung, ihn zur Zeit nicht in das Ministerium zu rufen, gestanden, zugleich aber versichert hatte, daß er hoffe, sich mit der Zeit von diesem Versprechen lösen zu können. Sprach man nicht davon, daß dem Prinzen dodi schließlich das Gouvernement der Niederlande zufallen werde? Und war Wratislaw nicht erneut unpäßlich 212 )? Indessen es kam anders. Zum neuen Obristhofmeister wurde Graf Trautson ernannt. Nach König Karls Urteil war er ein guter, ehrlicher Mann, der „gut dienen wird, wenn er mehr practique von negotiis haben wird" 213 ). Doch es war jedermann klar, daß er weder den Ehrgeiz noch die Fähigkeiten besaß, die führende politische Rolle zu spielen. Palm wollte wissen, daß der Obristhofmeister künftig nur noch die Hofwirtschaft leiten sollte, Eugen aber gewissermaßen als erster Minister nach Wien berufen werde — «pour y être le chef visible des affaires de la même manière qu'il est des armes» —, während „der Böhme", also Wratislaw, sich stark mache, mit Trautsons und seiner Unterstützung die großen politischen Bewegungen zu lenken 214 ). In diese Richtung ging nun in der Tat die Entwicklung, wenn auch der Prinz, solange der Krieg dauerte, im Felde unabkömmlich war und ein formelles Ministerpräsidium selbst nicht anstrebte: ihm genügte, wenn er durch seinen böhmischen Freund jederzeit seine Meinung zur Geltung bringen konnte. Jener war, wie ein französischer Agent in Wien schon am 20. September feststellte, nun der einflußreichste Minister in politischer Beziehung: „Er ist ehrgeizig, hochmütig und zurückhaltend. Der Prinz Eugen und er sind stets der gleichen Meinung. Er gilt für unbestechlich und überragt an Geist außer Seilern alle anderen Minister" 215 ). Voll Befriedigung hat Wratislaw selbst Ende Oktober König Karl von der „großen Mutation" berichtet, die der inneren Spaltung ein Ende zu setzen schien: „Der Trautson, Seilern und ich halten fest zusammen und tun alles miteinander konzertieren und kommunizieren, an dem Prinzen und Sinzendorf ist auch nicht zu zweifeln, daß sie sich mit uns setzen werden, und damit des Kaisers Dienst besser gehe, habe ich ein sacrifice getan und dem Kammerpräsidenten meine Freundschaft antragen lassen, die er ganz gern

Eugen und Wratislaw an der Spitze der Regierung

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angenommen" 216 ). Es hatte in der Vergangenheit manche Verdrießlichkeiten zwischen ihm und Gundaker Starhemberg gegeben, die sich auch auf dessen Verhältnis zu Eugen ungünstig ausgewirkt hatten, aber nun versöhnte man sich, und die „konträre Partei", zu der Wratislaw Mansfeld, den als Nachfolger Trautsons zum Obristkämmerer erhobenen Waldstein, Lamberg und den Reichsvizekanzler rechnete, hatte um so weniger zu bedeuten, als es ihm auch gelang, den nunmehr zum Reichshofratspräsidenten ernannten Grafen Windischgrätz — zunächst galt er ihm „della squadra volante" — auf seine Seite zu ziehen. So war denn endlich der Grund für eine einheitliche Ausrichtung der Politik gelegt. Und als die führenden Köpfe des neuen Systems konnten Prinz Eugen und Wratislaw gelten. Diese Wendung der Dinge ist zuerst bei den Beratungen der Konferenz nach Ankunft von Heems deutlich geworden: von Kritik an den eigenen Vertretern bei den Friedensverhandlungen im H a a g war nicht mehr die Rede, vielmehr trat man durchweg deren Auffassung, wie sie Heems auftragsgemäß entwickelte, bei 217 ). Zunächst hat man in fast täglich stattfindenden Sitzungen vom 3. bis 11. September den das Haus Österreich betreffenden Inhalt des Präliminars und besonders die Frage der Sicherung der Exekution und die Barriereangelegenheit behandelt. Einstimmig wurde festgestellt, daß, gleichwie generaliter ein guter, ehrlicher und reputierlicher Friede dem Krieg vorzuziehen sei, dieser um so mehr stattfinden müsse, als der Krieg, wenn nicht gar unmöglich, wenigstens sehr hart und schwer fortgeführt werden könne und dann Fortuna belli nicht in eigenen, sondern in fremden Händen stehe. Offen wurde zugegeben, daß angesichts der Erschöpfung der Erblande, des Anhaltens der ungarischen Unruhen und der Verstreuung der eigenen Truppen man weitgehend von dem guten Willen der Verbündeten abhängig sei. Daher gelte es, den Frieden auf alle Weise zu befördern und ihn auch nicht an dem Artikel 37 scheitern zu lassen. Hinsichtlich des Ersatzes dieses Artikels schrieb man verschiedene „gradus" vor, zunächst Bestehen auch auf den Plätzen in Spanien oder in Navarra, dann wenigstens auf deren Demolition, schließlich aber, wenn es nicht anders ginge, Zurückweichen auf die niederländischen Plätze, weil man an ihnen ein genügsames und gesichertes Unterpfand des künftigen Friedens hätte. Auf dieser Grundlage könnte der dementsprechend ergänzte 21 Braubach, Prinz Eugen

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Verpaßte Friedensdiance?

Vertrag von Eugen unterzeichnet und ein Waffenstillstand bis zum April eingestanden werden, während man zugleich freilich die Alliierten zur Vorbereitung energischer Fortführung des Kampfes zwecks Vertreibung des Bourbonen aus Spanien „pressieren" müsse. Was die Barriere betraf, so wählte man einen Mittelweg zwischen den Vorschlägen des Prinzen und Sinzendorfs: die Verhandlungen mit den Holländern sollten begonnen und ein Abkommen bei bescheidenen Ansprüchen der Gegenseite geschlossen, andernfalls aber eine dilatorische Taktik eingeschlagen werden. Für die Frage „quo modo" waren ein Projekt der Holländer und ein Gegenprojekt der Engländer bekannt geworden, und dazu lag ein Gutachten Eugens vor 218 ). Dem Vorschlag der Holländer, die eigene Besatzungen in Nieuport, Knocke, Menin, der Zitadelle von Lille, Tournai, Conde, Valenciennes, Namur, Lier, Hai, Fort Perle, Fort Philippe, Damme, St. Donat, dem Schloß von Gent, Ostende und Dendermonde vorsahen, hielt er entgegen, daß dieses Begehren mehr auf eine Blockade der großen Städte und um sich des Commercii und der Flüsse Meister zu machen als auf Barriere abzuzielen scheine, als darin z. B. Gent, Ostende, Dendermonde, die mitten im Lande liegen, folglich zu keiner Barriere dienen". Wenn in dem englischen Plan Fort Philipp, St. Donat, Ostende und Dendermonde ausgelassen waren, so war nach seiner, durch Heems vorgetragenen Meinung hier eine Zustimmung möglich, falls auch noch das Schloß von Gent ausgenommen und ein Befestigungsverbot für Lier und H a i erlassen würde. In all dem, auch in der Sicherung der Souveränität des Landesherrn gegenüber den holländischen Kommandanten und in der Herabsetzung der von den Generalstaaten für Unterhaltung von Truppen und Befestigungen geforderten jährlichen Zahlung von 3 250 000 auf 2 Millionen Gulden schloß sich die Wiener Deputation dem Gutachten an, sie würdigte auch dessen Warnung vor der von den Holländern unter Berufung auf den Westfälischen Frieden verlangten Abtretung des Oberquartiers von Geldern, da damit die Verbindung mit dem Reich so gut wie abgeschnitten würde, und riet dazu, diese Frage bis zu den Beratungen über den endgültigen Frieden zurückzustellen. Besprochen wurde auch endlich die Frage, wem nun die Statthalterschaft des den Franzosen entrissenen Landes übertragen werden sollte: nachdem Marlborough abgelehnt habe, steuere der Hof von Barcelona auf die Betrauung Eugens, der wohl auch den Holländern

Neue Instruktionen für den Haag

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genehm sei, doch müsse darüber der Prinz selbst gehört und vorerst nichts davon verlautet werden, um Marlborough und die englische Nation nicht zu „degustieren" und von Eugen „invidiam und Argwohn" abzuwenden, als wenn er selbst danach strebe, „welches beim Mylord einen starken Unwillen gegen den Prinzen und sonst viel Übles gebären könnte". Waren diese Beratungen von einer aus Trautson, Waldstein, Starhemberg, Seilern und Wratislaw bestehenden Deputation geführt worden, so wurden dann der Reichsvizekanzler Schönborn und der Reichsreferendar Consbruch zugezogen, als man sich am 17. September den Friedensbestimmungen über das Reich zuwandte: die Sitzungen wurden am 19., 22. und 27. September fortgesetzt und das Referat am 9. Oktober dem Kaiser vorgelegt 219 ). Auftragsgemäß trug Heems vor, daß der Artikel 10 des Präliminars, der vom Elsaß dem Reiche nur die ihm im Westfälischen Frieden belassenen Teile zusprach, von Heinsius entworfen worden und er auf Vorstellungen dagegen erklärt habe, man könne den Holländern nicht zumuten, deswegen einen Krieg fortzusetzen, zu dem sie jährlich 40 bis 45 Millionen, das Reich aber keine halbe Million aufbrächten, „dabei es die kaiserlichen Minister, weil es nicht zu ändern gewesen, wider ihren Willen und in der Hoffnung, daß bei den Friedenstraktaten selbst gegen die etwa von Frankreich für Köln und Bayern bedingende Conditiones noch etwas mehreres zu erhalten sein werde, bewenden lassen müssen". Sicher, so meinte die Deputation, habe der Ratspensionär nicht unrecht, sich zu beschweren, „daß etliche Stände des Reichs weder ihre Mannschaft zu der Reichs-Armada stellen noch zu der Operationskassa das Geringste beitragen wollen"; das befreie aber den Kaiser nicht davon, für die Sicherheit des Reichs zu sorgen. Eben war die Nachricht von Malplaquet eingetroffen, der Sieg, so glaubte man, berechtige zu einer entschiedeneren Förderung der Reichsbarrierewünsche. Trotzdem aber stellte man sich im Gegensatz zum Frühjahr auf den von den Haager Bevollmächtigten vertretenen Standpunkt, deshalb keinen Bruch herbeizuführen: „Sollte aber darauf nicht reflektiert werden wollen, mithin zu befahren sein, daß die See-Potenzen mit ihren Präliminarien absonderlich fortfahren und schließen möchten, so würden die kaiserlichen Ministri zwar, um alle Trennung und Separation der Traktaten zu verhüten, per gradus nachlassen und endlich, wenn es nicht anders sein könnte, sich in der Hoffnung, daß 21*

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Verpaßte Friedensdiance?

vielleicht bei dem Friedensschluß selbst noch ein und andere Kondition sich werde bessern lassen, der See-Potenzen Willen bequemen müssen." Man gab noch den Rat, die Entscheidung dabei möglichst den Vertretern der Reichskreise zuzuschieben und sich von ihnen gleichsam zur Nachgiebigkeit zwingen zu lassen. Es entsprach den persönlichen Wünschen des Kaisers, daß die Botschafter auch zur Verwendung für die Interessen des Herzogs von Lothringen ermahnt wurden, doch wünschte die Deputation mehr als daß sie hoffte, eine Wiederherstellung des Herzogtums im Umfang von 1661 oder gar 1624 erreichen zu können. Die Einbeziehung der zu Reichsterritorien gehörenden Orte Bonn, Lüttich und H u y in die holländische Barriere war abzulehnen, man könne ihrer Entfestigung oder ihrer Besetzung mit Reichstruppen zustimmen, doch gehöre dies nicht in den Präliminarfrieden. Mit diesen vom Kaiser gebilligten Beschlüssen und Ratschlägen hat sich Heems nach Mitte Oktober wieder auf den Weg nach den Niederlanden gemacht. Sie stellten eine volle Billigung der Politik dar, die Eugen und Sinzendorf im Haag betrieben hatten. In einem eigenhändigen Brief Josephs an Sinzendorf, den der Gesandte noch mitnahm, hat der Kaiser denn auch dem Hofkanzler ausdrücklich versichert, „daß ich mit Dir und allem dem, was Du bis dato in diesem Werk getan, so zufrieden und kontent bin, als es möglich ist" 220 ). Der Heems übergebenen Instruktion habe er nichts beizufügen außer der besonderen Empfehlung des Interesses Lothringens, da jetzt eine einmalige Gelegenheit der Retablierung des Herzogs sei, „welches nicht allein ihm und seinem Haus zu gönnen, sondern auch für die Ruhe des römischen Reiches und gemeinen Wesens höchst erprießlich sein würde". Schließlich gab er der Hoffnung Ausdrude, daß dieser Friede „absonderlich nach dieser glücklichen und gloriosen Campagne zu einer rechten Ruhe und Sicherheit meines Hauses ausschlagen wird". Das war auch die Überzeugung des Prinzen Eugen am Abend von Malplaquet gewesen. Ebenso wie Marlborough, hatte er damals nach dem Haag von dem Frieden geschrieben, den man jetzt leicht schließen könne, und wie sie auch Grumbkow gegenüber diese Meinung zum Ausdruck brachten 221 ), so hat der Prinz noch in einem Brief an Sinzendorf vom 18. September seine Zuversicht bekundet, daß der Sieg einen guten und beständigen Frieden im Gefolge haben werde: „Ich bin erfreut, daß er so rechtzeitig errun-

Eugen für Politik der Stärke

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gen wurde, und ich will nicht zweifeln, daß man auf den letzten Brief Torcys mit Festigkeit antworten wird und daß der Herr Pensionär mit seiner gewöhnlichen Zielstrebigkeit und Klugheit sich dieser großen Aktion bedienen wird, um die Provinzen nicht nur zum Ausharren, sondern auch zur raschen Bewilligung des erforderlichen Kriegsstaates zu bringen, da die einzige Hoffnung der Feinde sich auf die Annahme der Kriegsmüdigkeit einiger Staaten gründet" 222 ). Klingt hier ein neuer Ton an, waren ihm nun drohende kriegerische Maßnahmen, um Frankreich jede Aussicht auf Ermäßigung der eigenen Forderungen zu nehmen, wichtiger geworden als die sofortige Verständigung auf der Grundlage des Präliminars? Einen Monat nach der Schlacht hat Goslinga, der selbst unter dem erschütternden Eindruck der schweren Verluste den Abschluß des Kampfes für dringend erforderlich hielt, tadelnd geäußert, daß die beiden Feldherrn nicht an den Frieden, sondern nur an neue Rüstungen dächten223). Daß sie ganz anders redeten als unmittelbar nach dem Kampf, hat man von holländischer Seite auch nach ihrer Ankunft im Haag behauptet 224 ). Es war wohl so, daß sie enttäuscht waren über die keineswegs auf Nachgiebigkeit deutenden Äußerungen, die nach Malplaquet aus Frankreich kamen, daß sie andererseits die durch die bitteren Opfer verstärkte Unzufriedenheit und Kriegsunlust in einflußreichen Kreisen der Generalstaaten beobachteten und deshalb glaubten, einen energischen Ton anschlagen zu sollen, um ein Ergebnis, das statt einer Verbesserung wohl gar eine Verschlechterung der Frühjahrsabmachungen bringen würde, zu verhindern. Diese Wendung zu Mißtrauen und Besorgnis geht denn auch aus brieflichen Äußerungen Eugens seit Anfang Oktober hervor. Man müsse, so schrieb er am 3. an Sinzendorf, Frankreich gegenüber, das man bei seiner derzeitigen Lage dahin bringen könne, wo man es haben wolle, stark bleiben: „Alle diese Briefe von Herrn von Bouffiers und anderen sind nichts als Fanfaronnaden, um vor den Völkern ihre Niederlage und ihre Verluste zu verbergen." Und einige Tage später versicherte er ihm, daß Frankreich zu einer neuen Campagne nicht fähig sei, man möge daher auch vom Artikel 37 nicht mehr reden und die anderen kommen lassen. Sehr befriedigt äußerte er sich über Weisungen aus England an Townshend, nach denen er bei den Generalstaaten auf eine Verschärfung der Präliminarien dringen solle, denn jetzt sei wahrhaftig die Möglichkeit gegeben, „einen solchen Frieden herzustellen, damit

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Verpaßte Friedenschance?

man dermaleinst vor Frankreich rechtschaffen sicher sein könnte" 225 ). Am 24. Oktober hat er dann auch in einem Schreiben nach Barcelona sich erstaunt darüber gezeigt, daß Frankreich noch nicht seine Bereitschaft zu Zugeständnissen erkennen lasse, „obwohl man weiß, daß dasselbe sich nicht mehr im Stande befinde, gegenwärtige so schwere Kriegslast weiterhin zu tragen"; vielleicht, so meinte er, schöpfe man in Versailles aus Vorgängen im Norden Hoffnungen oder man wolle während des noch im Gang befindlichen Feldzugs den Notstand nicht zu erkennen geben226). Je rätselhafter ihm aber dies Verhalten schien, um so entschiedener glaubte er auf entschlossenem Auftreten der Alliierten bestehen zu sollen. Englands Zustimmung setzte er als sicher voraus, und was Holland betraf, so baute er auf die Zuverlässigkeit und Energie von Heinsius, von der er die Ausschaltung von schwankenden Politikern wie vor allem des einen der beiden Friedensunterhändler des Frühjahrs, des Amsterdamer Pensionärs Buys, erhoffte 227 ). Was er dann erfuhr, als er Anfang November im Haag eintraf, muß ihn schwer enttäuscht haben. Die Franzosen hatten nach Malplaquet keine Eile gezeigt, die Verhandlungen wieder anzuknüpfen, sie hatten schließlich nur eine Reise Petkums nach Versailles angeregt, aber dieser hatte soeben erst den Haag mit Zustimmung der Holländer verlassen, um in deren Namen Torcy zu fragen, was für ein Äquivalent er für den Artikel 37 bieten wolle 228 ). Inzwischen war auch Heems mit seinen Instruktionen im Haag erschienen, die Eugen und Sinzendorf veranlaßten, den Zusammentritt einer Konferenz mit Heinsius, Marlborough und Townshend über die Friedensfrage zu fordern. Sie fand Mitte November statt, wobei von kaiserlicher Seite die aus Wien mitgeteilten Höchstforderungen vorgelesen wurden, worauf Holländer und Engländer zwar zustimmten, daß man auf Grund der errungenen Erfolge eine „billige Verbesserung" der Präliminarien fordern könne, eine Diskussion aber vor Rückkehr Petkums ablehnten 229 ). Zugleich aber erfuhr man, daß innerhalb der Generalstaaten Unruhe und Friedensbegierde so überhand genommen hatten, daß sogar wieder von einer Ausstattung des Herzogs von Anjou mit italienischem Land gesprochen werde. Das war zwar nicht die Meinung von Heinsius, bei dem die beiden Botschafter scharf protestierten, aber er riet nun dazu, sich mit den Bestimmungen des Präliminars zu begnügen, und als jene dem widersprachen, ließ er durchblicken, daß, wenn man von seiten

Neue Verhandlungen im Haag

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des Kaisers nicht damit zufrieden sei, die Holländer unter Umständen die Handlung einseitig fortsetzen wollten. Nun, diese Angelegenheit war, solange man nicht wußte, was die Franzosen boten, nicht spruchreif, und sie trat zudem völlig zurück hinter der überraschenden Vorwegnahme von Abmachungen für die künftige Friedenszeit, die zwischen England und Holland ohne Rücksicht auf die Interessen der Habsburger hinter dem Rücken von deren Bevollmächtigten erfolgt war: vor Ankunft der beiden Feldherrn im Haag hatte Lord Townshend mit den Generalstaaten einen Vertrag über deren Barriere in den südlichen Niederlanden unterzeichnet, dem die ursprünglichen holländischen Forderungen zugrunde lagen230). Wohl durch Marlborough, der jede eigene Beteiligung entschieden bestritt, wurden der Prinz und Sinzendorf von dem Inhalt des Traktats unterrichtet, nach dem außer den in dem englischen Projekt von früher vorgesehenen Plätzen auch noch Furnes, die Stadt Lille, Fort Philippe und Dendermonde, „welches der Schlüssel von ganz Brabant und Flandern ist", holländische Besatzungen erhalten, ferner alle Einkünfte von Orten, die 1700 nicht spanisch waren, den Generalstaaten zufallen und ihnen außerdem zur Unterhaltung der Truppen von Belgien jährlich eine Million niederländischer Gulden gezahlt werden sollte231). Als sie Townshend, über den sie bisher keinen Grund zur Klage gehabt hatten, zur Rede stellten, erklärte dieser, daß ihn die Erregung der Holländer über inzwischen getroffene Abmachungen König Karls III. mit England über den Handel Spaniens und englische Ansprüche auf Minorca zu der Annahme ihrer Forderungen genötigt habe, da sonst die Gefahr einer Sonderverständigung zwischen ihnen und Frankreich bestanden hätte. Marlborough, der am 17. November den Haag verließ, um sich nach England zu begeben, versprach zwar, dort einer Ratifikation durch die Königin entgegenzuwirken, doch bald kam aus London die Nachricht, daß sie erfolgt war 282 ). Es war, wie Wratislaw dann dem spanischen Habsburger schrieb, „eine verwunderliche und beklägliche Sache, aus welcher zu sehen, wie wenig sich auf England zu verlassen" 233 ). Da die Mitteilung des Vertrags vertraulich erfolgt war, unterließ man Proteste bei den Holländern: es blieb zunächst nichts anderes übrig, als Schritte von ihrer Seite abzuwarten und dann, falls sie kamen, gemäß dem Rat Marlboroughs die Verhandlungen bis zum nächsten Frühjahr, bis zur Rückkehr der beiden Feldherrn nach dem Haag,

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zu verschleppen, um kraft ihrer Autorität Abänderungen des Vertrags zu erreichen 234 ). Denn auch Eugen drängte es nach Hause. Die schon für den 18. oder 19. November geplante Abreise hat er noch um einige Tage verschoben, da man täglich Nachrichten von Petkum aus Paris erwartete. Als es sich aber herausstellte, daß es damit doch wohl noch länger dauern würde, hat er um den 23. den Haag verlassen, wo er seinen Generaladjutanten G r a f Walderode zurückließ, den Sinzendorf sofort nach Eintreffen der französischen Antwort mit dieser nach Wien abfertigen sollte 235 ). Ober Wesel und Frankfurt fuhr er nach Wien, wo er am Nachmittag des 9. Dezember 1709 eintraf und noch am selben Abend von Kaiser Joseph empfangen wurde 2 3 6 ). Den Frieden brachte er noch nicht mit, und über die letzten Vorfälle im Haag mochte er voll Unmut und auch Sorge berichten. Gerade sie aber haben ihn wohl in der Überzeugung bestärkt, daß man Standhaftigkeit und Kraft zeigen müsse, um im kommenden J a h r die Früchte der Siege einzubringen.

5. Für die Führung einer einheitlichen und energischen Politik Österreichs schienen die Aussichten ja nunmehr günstiger denn jemals vorher. Der Prinz fand in Wien eine gegenüber dem Frühjahr wesentlich veränderte Lage vor: Fürst Salm war ausgeschieden, von ihm, so berichtete der Hofkammerrat Palm seinem Freunde Saint-Saphorin, sprach man nicht mehr, als wenn es ihn nie gegeben habe 2 3 7 ). Damit aber hatte die Uneinigkeit an der Spitze des Staates ein Ende, die Macht war in die Hände des besten politischen Kopfes und des genialen Feldherrn gelangt. Wenn später ein Beobachter geurteilt hat, daß Wratislaw seit dem Sommer 1709 in der T a t Premierminister gewesen sei, so beruhte der Einfluß, den er nun auszuüben vermochte, doch nicht zum wenigsten auf der engen Verbindung mit Eugen, der sich mit dem böhmischen Grafen in ähnlich ungetrübter Übereinstimmung in politischer Beziehung befand, wie mit Marlborough in militärischer 238 ). Gemeinsam dominierten die beiden „großen Freunde" in der vom Kaiser für die Entscheidungen in den wichtigsten Fragen geschaffenen Konferenz, denn wenn sie in ihr auf den Obristhofmeister Trautson sicher

Veränderte Lage in Wien

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rechnen konnten, so hatte Wratislaw sich mit Seilern verständigt, während es dem Prinz gelungen war, sich mit dem anderen H o f kanzler, dem zur Zeit ja im Ausland weilenden Sinzendorf, gut zu stellen, den nach dem Urteil Palms wohl nicht nur sachliche Überlegungen, sondern auch das persönliche Interesse zum Anschluß an die einflußreichsten Berater des Kaisers bewog 239 ). Im weiteren Rahmen mochte sich die glücklich erreichte Versöhnung Wratislaws mit dem Hofkammerpräsidenten Starhemberg günstig auswirken, und wenn sich auch in dem größeren Ministerrat noch Gegnerschaft und Widerspruch geltend machen und man weiter mit dem widrigen Einfluß der beiden Kaiserinnen auf den ihnen gegenüber oft von schlechtem Gewissen erfüllten Gemahl und Sohn zu rechnen hatte, so waren doch ernstere Krisen, wie sie in der Zeit Salms gerade um die Position des Prinzen entstanden waren, vorerst nicht mehr zu erwarten. Während von seiner Verdrängung durch den Modenesen in Mailand kaum mehr gesprochen wurde, schien ihm zugleich das Generalgouvernement der Niederlande f ü r die Zukunft so gut wie sicher zu sein, ohne daß ihm deshalb die geringste Partikel seiner Stellung und seiner Ämter in Wien genommen werden sollte. Wenn er f ü r das bei seiner Ankunft in Wien vorgefundene Patent seiner Ernennung zum Generalstatthalter König Karl seinen untertänigsten D a n k aussprach, so bat er ihn freilich zugleich, die Erinnerung nicht ungnädig aufzunehmen, „wie es dermal noch nicht an der Zeit sei, von der Sache zu reden" 2 4 0 ): das konnte in der T a t ja wohl erst geschehen, wenn der zu erwartende Streit um die holländische Barriere beigelegt war. Immerhin wußte man in unterrichteten Kreisen in Wien auch im Hinblick auf diese Aussicht von großartigen Zukunftserwartungen des Savoyers zu sprechen, wobei man wohl gar vor einem zu steilen Aufstieg warnen zu müssen glaubte: „Nach der Weisheit der Welt und dem gegenwärtigen Stand des H o f e s " , so hatte schon im Herbst Palm geäußert, „sieht alles f ü r den Prinzen Eugen und seine Partei sehr gut aus, aber mein Schullatein lehrt midi ,Homo proponit, Deus disponit' und ,accidit in puncto, quod non speratur in anno'" 2 4 1 ). Die erhöhte Macht bedeutete vermehrte Arbeit. Am 12. Dezember 1709 f a n d bei Trautson eine erste Sitzung der zur Zeit ja nur vierköpfigen engeren Konferenz statt, in der Eugen ausführlich über die letzten Vorgänge im H a a g Bericht erstattete und die mitgebrachten Dokumente vorlesen ließ, worüber man dann am 14. und

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Verpaßte Friedenschance?

15. eingehend beriet 242 ). Mit den „allzu überhäuften Okkupationen" hat er in diesen Tagen bei Sinzendorf das Ausbleiben eines eigenhändigen Briefs entschuldigt243). Nachdem am 23. in Gegenwart des Kaisers das Ergebnis der bisherigen Beratungen vorgetragen worden war, hat man sich in der letzten Woche des Jahres fast täglich entweder bei Wratislaw oder bei Trautson zusammengefunden, während im Januar dann auch Konferenzen in größerem Kreise begannen, sei es daß den zu behandelnden Materien entsprechend entweder die für das Reich zuständigen Minister Schönborn und Windischgrätz oder die Militär- und Finanzexperten, wie Herberstein und Schlick mit den Hofkriegsräten Locher und Hack und Starhemberg mit Palm zugezogen wurden, sei es daß der weitere Ministerrat sich vereinigte, dem auch noch Mansfeld und Waldstein angehörten 244 ). Von der zeitlichen Inanspruchnahme gibt eine gelegentliche Bemerkung des Prinzen in einem Billett an Sinzendorf eine Vorstellung: „Man hat diesen Morgen eine geheime Konferenz gehalten, jetzt ist es 3 Uhr und gehe ich essen"245). Die engere Konferenz hat sich in erster Linie natürlich mit dem Friedensgeschäft befaßt. Was die Barriere betraf, so war man einig darüber, daß der von Townshend geschlossene Vertrag unannehmbar war. Eugen hat dies in einem Schreiben an Marlborough vom Neujahrstag 1710 unzweideutig zum Ausdrude gebracht246). Entsprechend dem wiederholten Rat des Engländers, in dieser Angelegenheit nichts zu unternehmen, bis er und der Prinz im Frühjahr gemeinsam den Holländern entgegentreten könnten 247 ), wurde sie aber aus den Überlegungen vorerst ausgeklammert. Wichtiger war ja auch die Frage, ob es überhaupt zum Frieden kommen und wie die Verbündeten sich zu neuen französischen Vorschlägen stellen würden. Hier schien sich nun die Lage vom österreichischen Standpunkt aus viel günstiger zu gestalten, als Eugen bei seiner Abreise aus dem Haag befürchtet hatte. Die französische Antwort, die Petkum am 8. Dezember Heinsius mitgeteilt hatte, lehnte erneut eine Annahme des Präliminarvertrags ab und forderte von den Alliierten neue Vorschläge, über die man im Winter verhandeln könnte. Darüber war man nun auch in Holland so enttäuscht, daß die Generalstaaten Mitte Dezember den Beschluß faßten, auf den Präliminarien zu bestehen, wobei hinsichtlich des Artikels 37 französische Angebote erwartet würden, und bei weiterer Unnachgiebigkeit des Gegners den Krieg mit aller Energie fortzuführen. Heems

Aussichten für 1710

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jubelte in seinem Bericht vom 17. Dezember über die „seit der Abreise des Prinzen von Savoyen erfolgte unvermutete Änderung bei diesem Staat, dessen herzhafte Entschließung und Beständigkeit als eine sonderbare Schickung Gottes billig anzusehen und zu halten ist" 248 ), und auch in Wien war man über die Nachricht, die der Generaladjutant Graf Walderode überbrachte, sehr befriedigt. In jenem Neujahrsbrief an Marlborough billigte Eugen die Haltung der Holländer, die sich von den Reden, die sie im verflossenen Jahr geführt hätten, vorteilhaft unterscheide. Zu La Sarraz, einem als politischer Agent im Haag wirkenden Literaten, zu dem er olfenbar damals persönliche Beziehungen angeknüpft hatte, äußerte er, daß er nicht so sehr über die Antwort Petkums erstaunt sei als über die Vereinigung der Geister in Holland, die früher an nichts gedacht hätten als an den Frieden. Daß auch im englischen Parlament scharfe Töne gegen Frankreich angeschlagen und alle Forderungen für den Krieg bewilligt wurden, mußte ihn in der Erwartung weiteren engen Zusammenwirkens der Verbündeten bestärken. Schon hatte man beschlossen, angesichts der geringen „Apparenz, daß die Traktate so bald wiederum reassumiert werden sollen", Sinzendorf aus dem Haag abzuberufen, während Eugen selbst seine Rückreise in die Niederlande schon für Ende Februar plante, „damit man zu Eröffnung des Feldzuges die vorläufigen Dispositiones in einem und andern vorkehren, zuförderst aber der Operationes halber die Sache untereinander abreden möge" 249 ). War indessen nicht zu hoffen, daß auch ohne weiteren Kampf sich die Berechtigung der von ihm Marlborough gegenüber aufgestellten These bestätigen würde, daß Festigkeit und Beständigkeit die einzigen Mittel seien, den Krieg glücklich und ruhmvoll zu beendigen? Zeigten die Franzosen Entgegenkommen, so mußte man auch seiner Meinung nach zugreifen, denn mit Wratislaw und König Karl stimmte er durchaus darin überein, „daß allezeit der Friede von uns debitis modis dem Krieg vorzuziehen ist, wenn er billig und nicht gar zu präjudizierlich, denn alle Länder ausgesaugt und sehr gedrückt sind" 250 ). Die Erwartungen, die man an neue Anfang Januar 1710 über Petkum erfolgende französische Eröffnungen knüpfte, sollten sich freilich nicht erfüllen 251 ). Von Versailles aus erklärte man sich bereit, zur Sicherheit für die eigene Erfüllung der Friedensbestimmungen bei Ausschaltung des Artikels 37 den Alliierten vier Plätze

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Verpaßte Friedenschance?

in den Niederlanden einzuräumen, während man zugleidi die Entsendung neuer Unterhändler zwecks Abschluß des Vertrages anbot. Gegenüber der Bereitschaft der Holländer, die Verhandlungen wieder aufzunehmen, hat zwar Sinzendorf in den am 19. Januar bei dem Ratspensionär stattfindenden interalliierten Besprechungen die Vorbedingungen dafür noch keineswegs für erfüllt bezeichnet, dann aber der Ausstellung der Pässe für die Franzosen zugestimmt: es werde, so rechtfertigte er dies in seinem Bericht nach Wien, „Euer Kaiserlicher Majestät Generalleutnant der Prinz von Savoyen mir darin Beifall geben, daß man den hiesigen Wohlgesinnten so viel doch zulassen muß, als sie nötig haben, um sich in dem bisherigen Kredit bei dem Volk und der Republik weiter zu erhalten" 252 ). Noch hat es um die Fassung der Antwort an Torcy heftige Auseinandersetzungen mit der von Buys geführten Friedenspartei gegeben253), sie ging schließlich gegen Mitte Februar ab, worauf von Paris sofort der Abbé de Polignac und der Marschall d'Huxelles aufbrachen, um sich nach dem ihnen als Verhandlungsort angegebenen Städtchen Gertruidenberg zu begeben. Sinzendorf und Townshend hatten sich damit abgefunden, daß ihnen nur Buys und van der Dussen gegenübertraten, ja der Hofkanzler sah darin, daß die Holländer den sofort von den Franzosen unternommenen Versuchen, das ganze Präliminar zur Diskussion zu stellen, mit Schärfe begegneten, einen Vorteil, da der Gegenseite damit die Illusion eines Auseinanderfallens der Allianz genommen werde 254 ). Noch hat man in Wien, wo man sich mit der Abschwächung des Artikels 37 einverstanden erklärte und Sinzendorf zum Abschluß ermächtigte, auch wenn man nur in den Niederlanden, nicht auch in Spanien Sicherheitsplätze erhielt 255 ), auf Grund der Relationen aus dem Haag die Entwicklung optimistisch beurteilt. Schon wandte man die Aufmerksamkeit in der Hauptsache der Frage zu, wie und mit welchen Kräften bei Ausscheiden Frankreichs der Krieg gegen Philipp von Anjou in Spanien, falls dieser renitent blieb, geführt werden sollte. Dem von König Karl nach Wien gesandten Baron Imhoff, der sich Eugen gegenüber gegen die damit zugegebene Exklusion Spaniens aus dem Frieden wandte und energische Fortführung des Kampfes gegen Frankreich forderte, wo dann alles zusammenbrechen werde, stimmte der Prinz zwar grundsätzlich zu, wies aber darauf hin, daß die Erbländer des Friedens höchst bedürftig seien und man zweifeln müsse, ob die Holländer „gleiche

Stellung zu den Verhandlungen in Gertruidenburg

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sentiments" hegten 256 ). Während Sinzendorf zunächst auf seinem Posten im H a a g belassen worden war, hatte er sich mit der Abreise nach dort nicht mehr beeilt. Als er sich dann gegen Ende März dazu anschickte, war man wohl noch des Glaubens, daß er gar nicht mehr mit dem Schwert, sondern nur mit Wort und Feder zu kämpfen habe. Die noch in seiner Anwesenheit am 24. März unter dem Vorsitz des Kaisers tagende weitere Konferenz glaubte den Generalstaaten auf Grund der Mitteilungen aus dem H a a g über die ersten Gespräche in Gertruidenberg den D a n k f ü r ihre „fermete" aussprechen und die sofortige Unterzeichnung des Vertrags fordern zu können, wobei natürlich dem Herzog von Anjou nichts gelassen werden dürfe und die nötigen „Praecautiones" zu nehmen seien. D a ß es nun zum Frieden kommen dürfte, hat auch der Kaiser in einem Handsdireiben an Sinzendorf vom 1. April gemeint, in dem er ihm ähnlich wie vor einem J a h r f ü r die endgültigen Friedenstraktate die Wahrung der Interessen des Herzogs von Lothringen ans H e r z legte 257 ). Inzwischen aber war, was der Prinz vor seiner A b f a h r t kaum mehr erfahren haben dürfte, in Gertruidenberg und im H a a g eine Wendung eingetreten, die den bis dahin so zuversichtlichen Sinzendorf mit größter Besorgnis erfüllte 258 ). Die französischen Unterhändler hatten sich nicht einschüchtern lassen, sie kamen immer wieder mit Abänderungsvorschlägen f ü r die Bestimmungen des Präliminars, vor allem auch mit der Anregung einer Entschädigung Philipps in Süditalien, bei den Holländern aber, denen der Gedanke, den Krieg eventuell in Spanien fortsetzen zu sollen, wenig sympathisch war, gewann die Meinung mehr und mehr an Boden, daß die Beendigung aller Kriegshandlungen mit dem Zugeständnis, dem Bourbonen Neapel und Sizilien zu belassen, nicht zu teuer erkauft sei. Was nützte es, daß die kaiserlichen Vertreter dagegen auf das schärfste protestierten und erklärten, ihr H e r r werde es „auf die ärgsten Extremitäten" ankommen lassen, ehe er dazu seine H a n d bieten werde. Noch rechnete man mit der Zuverlässigkeit von Heinsius, der sich freilich schon zu sehr gegen eine Sonderung der Kriege gegen Frankreich und gegen Spanien festgelegt habe und „in bekanntem Eigensinn" möglicherweise dadurch verleiten lasse. Noch erhielt man auch die Zustimmung Marlboroughs, der am 8. März bereits wieder im H a a g angelangt war. Aber da mußte Sinzendorf am 27. März von bedenklichen Vor-

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Verpaßte Friedenschance?

gängen in England berichten: nicht nur hatte es Mißhelligkeiten zwischen dem Herzog und der bis dahin herrschenden und seine Kriegspolitik stützenden Whigpartei gegeben, auch sein Kredit bei der Königin Anna war gesunken „wegen der Händel seiner Gemahlin und der Kammerfrau, die bei der Königin so viel gilt und eine ganze Tory ist", darauf aber, daß diese Tories, die außenpolitisch für baldigen Frieden eintraten, im Kommen waren, wies die moralische Niederlage hin, die sie der Regierung bei der Auseinandersetzung um einen gewissen Dr. Sacheverell, einen streitbaren Anhänger der Hochkirche, zu bereiten wußten 259 ). Angesichts dieser Entwicklung, bei der man hinsichtlich der Entscheidung über Krieg und Frieden „in eine sehr gefährliche crisi" zu geraten drohte, forderte Sinzendorf seit dem 15. März in jedem seiner Berichte die schleunige Rückkehr des Prinzen Eugen nach den Niederlanden. Als seine Rufe dringender wurden, war dieser schon unterwegs. Natürlich hatte der Prinz während seines Aufenthalts in Wien auch alle Vorkehrungen für den Fall getroffen, daß ein neuer Feldzug notwendig sein sollte. Was in militärischer Beziehung zu tun, wie die eigenen Streitkräfte zu verstärken und zu verteilen seien, war Gegenstand von internen Beratungen im Hofkriegsrat und von besonderen Konferenzen gewesen. Das Ergebnis ist in einer Sitzung des weiteren Ministerrats unter Vorsitz des Kaisers am 23. Februar vorgelegt und gebilligt worden: danach betrug der „Kriegsstaat" der kaiserlichen Armeen über 133 000 Mann, von denen über 16 000 in den Niederlanden, über 10 000 im Reich, 12 000 in Spanien, 31 000 in Oberitalien und 7500 in Neapel, über 37 000 in Ungarn und 12 000 in Siebenbürgen Verwendung finden sollten, während der Rest von rund 5000 Mann in Bayern und Schlesien stationiert war. Bestimmung und Zahlen der Truppen zeigen schon deutlich, daß es für den Kaiser noch andere wichtige Kriegsschauplätze neben den Niederlanden und Spanien gab. Daß hier im Westen die Hauptlast des Krieges von den Seemächten getragen würde, damit glaubte man doch mit Sicherheit rechnen zu können: dem Drängen Imhoffs gegenüber hat Eugen von Anfang an betont, daß über eine bereits in Aussicht gekommene Verstärkung von 3000 Mann für Spanien von Wien aus nichts mehr „prästiert" werden könne, es sei denn, daß mit Frankreich Frieden geschlossen würde. Was den italienischen Kriegsschauplatz betraf, so ließen die Verpflichtungen und das Mißtrauen gegenüber dem Herzog von Savoyen eine Schwächung

Vorkehrungen für das Kriegsjahr 1710

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der dortigen Armee nicht zu. Dabei war auf eine kräftige Aktion von seiner Seite so lange nicht zu hoffen, als seine territorialen Ansprüche nicht befriedigt waren. Diesen Streit beizulegen, waren der holländische Gesandte Hamel Bruynincx und der Ende Januar von Turin nach Wien gekommene englische General Palmes eifrig bemüht, und seinerseits hat Eugen nicht nur dem Herzog selbst, sondern auch Tarino und dem zeitweise ebenfalls in Wien sich aufhaltenden Daun versichert, daß er sein möglichstes tue, um eine alle Seiten zufriedenstellende Lösung ohne Zeitverlust zu erreichen260). Verschiedentlich hat man sich auch in den Konferenzen mit der Frage der endgültigen Abfindung des Savoyers beschäftigt, wobei man sich auf das Angebot eines Teils des Novaresischen an Stelle des allzu nahe an Mailand gelegenen Vigevanasco einigte, es mußte aber, wie Eugen am 8. März Tarino schrieb, noch längere Zeit dauern, bis sich die Reichsbehörden über die von dem Herzog gleichfalls beanspruchte Übertragung von Reichslehen schlüssig würden 261 ). So band die Front in Piemont und Savoyen erhebliche Streitkräfte, ohne daß hier erfolgversprechende Aktionen in Aussicht standen. Dagegen schienen sich die Aussichten, endlich der Rebellion in Ungarn Herr zu werden, zu verbessern. Wie früher, so hatte Eugen auch im Jahre 1709 die Operationen des Feldmarschalls Heister mit Kritik und Sorge beobachtet, immerhin aber konnte er ihm Ende September seine Anerkennung aussprechen, „daß durch Dero bekannte Kriegsexperienz, Obsorge und tag- und nächtliche Mühe das anderseitige Donauland endlich vom Feind solchergestalten gesäubert worden, daß derselbe keinen haltbaren Ort mehr daselbst besitze" 262 ). Während Siebenbürgen ganz von den Aufständischen gesäubert wurde, erzielte man auch in Ungarn weitere Erfolge, und die Niederlage Rakoczis in der Nähe von Vadkert am 22. Januar 1710 durch ein kaiserliches Korps, zu dem auch die Savoyen-Dragoner gehörten, war ein gutes Vorzeichen für den neuen Feldzug, über dessen Anlage und Durchführung man in Wien im Februar und März in Gegenwart Heisters beriet. Das „System", das der Prinz dafür am 22. März dem Kaiser vorlegte, sah zunächst die Eroberung Neuhäusels und Angriff auf Erlau oder Eperies vor, um dann in engem Zusammenwirken der Befehlshaber in Siebenbürgen und Ungarn die Rebellen vollends niederzuwerfen 263 ). Voraussetzung für ein Gelingen war freilich, daß sich nicht von Norden her eine gefährliche Einwirkung geltend machte.

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Verpaßte Friedensdiance?

Hier war im Laufe des Jahres 1709 eine völlige Wendung der Lage eingetreten, die von dem Kaiser und seinen Verbündeten zunächst wohl mit Erleichterung aufgenommen werden mochte, sehr rasch aber neue schwere Sorgen bereiten mußte und jedenfalls genaue Überlegungen und Vorsichtsmaßregeln erforderte. Um nach der Niederwerfung des Wettiners seinem letzten Gegner seinen Willen aufzuzwingen, war König Karl XII. von Schweden nach Rußland gezogen, aber hier war er am 8. Juli 1709 bei Poltawa vernichtend geschlagen worden, und damit schien für ihn, der sich selbst in der Hoffnung, den Sultan zu gewinnen, auf türkisches Gebiet geflüchtet hatte, alles in Frage gestellt, was er bisher erreicht hatte. Für die Haager Alliierten gewann nun natürlich der Zar, dessen Vorschlägen und Angeboten gegenüber man bisher vorsichtige Zurückhaltung geübt hatte 264 ), eine ganz andere Bedeutung als bisher: auch Eugen hatte sich beeilt, noch vor der Schlacht bei Malplaquet dem russischen Gesandten in Wien seine Glückwünsche zu übermitteln und die Hoffnung auf Fortdauer der guten Beziehungen zwischen dem Kaiser und dem Zaren auszusprechen265). Freilich war man weit davon entfernt, zu einer Erweiterung seiner Macht beizutragen. Ein Eingreifen der Russen im Westen konnte man ebensowenig wünschen, wie vordem das ihres schwedischen Gegners: es ist in diesem Zusammenhang bezeichnend, daß Prinz Eugen sich in einer Konferenz am 12. Januar 1710 dafür aussprach, einem Gesuche des schwedischen Residenten, seinem Herrn die Rückfahrt in seine Lande durch das Gebiet zu erlauben, unter gewissen Bedingungen stattzugeben 266 ). Die große Sorge für die Alliierten aber war, daß durch die zu erwartende neue Schilderhebung der anderen Gegner Schwedens es zu einer Verquickung der nordischen Wirren mit dem eigenen Krieg und zur Abberufung der von den dort interessierten Fürsten überlassenen erheblichen Truppenkontingente aus dem Westen und Süden kommen konnte 267 ). Schon war Anfang Oktober 1709 im Feldlager vor Möns ein dänischer Gesandter bei Eugen erschienen, der von den Absichten seines Königs auf das schwedische Schonen sprach, um die Freigabe des im kaiserlichen Dienst stehenden Generals Reventlau bat und die Möglichkeit einer anderen Verwendung der dänischen Subsidientruppen andeutete: noch glaubte der Prinz mit seinen entschiedenen Warnungen Erfolg gehabt zu haben 268 ). Es konnte aber kein Zweifel daran sein, daß man in Kopenhagen

Wendung im Nordischen Krieg

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ebenso wie in Dresden nur darauf lauerte, sich wieder gegen die Schweden zu wenden; schon sahen diese sich veranlaßt, das in Polen stehende Korps des Generals Krassow nach Vorpommern zu dirigieren. Die größte Sorge aber bereitete den Verbündeten in diesen Herbst- und Wintermonaten die Haltung Preußens 269 ). Seit langem hatte es zwischen Berlin und Wien ärgerliche Auseinandersetzungen über Ausführung früherer oder bestehender Verträge, über gegenseitige finanzielle Ansprüche und über territoriale und sonstige Rechte im Reich gegeben, die entweder unbefriedigend oder gar nicht beendet worden waren. Den Bemühungen der Seemächte, die in den Reisen Marlboroughs an den Hof König Friedrichs I. ihren deutlichsten Ausdruck gefunden hatten, war es zu danken, daß Preußen trotzdem bei der Allianz verharrt und große Teile seiner Armee für den Kampf gegen Frankreich nach den Niederlanden und Italien gesandt hatte. Seit den Vorgängen um die Aufstellung des Haager Präliminarvertrags, in dem man die eigenen Interessen und Forderungen nicht genügend berücksichtigt glaubte, waren jedoch Schwankungen in der preußischen Politik eingetreten, es war zu geheimer Fühlungnahme mit Frankreich gekommen, von der man im Lager der Verbündeten wohl durch den damit betrauten Grumbkow selbst einige Hinweise erhielt 270 ). Vollends haben dann Poltawa und seine Folgen für Polen und den ganzen Norden die Gefahr aufsteigen lassen, daß der König seine Kräfte hier einsetzte und damit nicht nur die Front gegen Frankreich schwächte, sondern auch der gesamten Entwicklung in Europa eine für die Interessen und die Einigkeit der Alliierten bedrohliche Richtung gab. Mit der drohenden Ankündigung, seine Kontingente nicht nur aus Italien, sondern auch bei unzureichender Garantie seiner Friedensforderungen aus den Niederlanden abzurufen, traf die Nachricht von einer Ende Oktober in Marienwerder erfolgten Zusammenkunft des Hohenzollern mit dem Zaren zusammen. Seit Anfang des neuen Jahres verdichteten sich dann Angaben, nach denen man in Berlin mit großen Plänen umging; es hat wohl auch damit zusammengehangen, daß Eugen Mitte Februar es in der Konferenz für nötig erklärte, im Hinblick auf die nordischen Verhältnisse häufiger zu Besprechungen der dortigen Entwicklung zusammenzukommen. Im Januar war er in den Besitz eines Schreibens gelangt, nach dessen Inhalt Preußen in Verhandlungen mit Frankreich über die Zurückziehung aller 22 Braubadi, Prinz Eugen

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Verpaßte Friedenschance?

seiner Kontingente aus den Armeen der Verbündeten stehen sollte: „Was jedenfalls sicher ist", so kommentierte der Prinz in einem Brief an Heinsius das diesem übersandte Interzept, „ist, daß der König von Preußen sich sehr merkwürdig aufführt und daß, wenn er ebenso viel Festigkeit wie Ehrgeiz hätte, er in diesen Konjunkturen große Verwirrung schaffen könnte" 271 ). Zwar gab der Ratspensionär die beruhigende Antwort, daß nach den Berichten des holländischen Gesandten in Berlin die Verbindung mit den Franzosen wieder ganz abgebrochen worden sei272). Doch gleichzeitig damit liefen bei Eugen Schreiben von zwei ihm persönlich verbundenen preußischen Herren, dem Prinzen Leopold von AnhaltDessau und Grumbkow, ein, in denen — vielleicht auf seine Anfrage — gefährliche Umtriebe in der Umgebung des Königs bestätigt und zur Abwendung böser Folgen dringend sein eigenes Erscheinen in Berlin gefordert wurde: „Wenn jemals", so beschwor ihn Grumbkow, „an einem Ort Ihre Anwesenheit nötig geworden ist, dann hier, wo wir andernfalls in eine schreckliche Verwirrung fallen können, deren Folgen gleichermaßen für uns und für die, welche am gemeinen Wohl interessiert sind, verhängnisvoll sein werden, alles aber kann wieder gut werden, wenn Eure Hoheit sich entschließen könnten, vor Ablauf von 4 Wochen eine Fahrt nach hier zu unternehmen, um uns von dem Abgrund zurückzureißen, in den wir sonst stürzen werden"; mehr könne er dem Papier nicht anvertrauen, gern aber werde er ihm entgegenkommen, um ihn vollständig über alle Vorgänge und die Lage bei Hofe „ins Bild zu setzen" 273 ). In der engeren Konferenz vom 15. Februar hat der Prinz diese Mitteilungen vorgelegt, und noch am gleichen Tage scheint der Kaiser grundsätzlich zugestimmt zu haben, daß er den Weg nach dem Haag über Berlin nahm, um durch seine persönliche Einwirkung die Zurückziehung der Truppen und damit eine Abwendung Preußens von der Allianz zu verhindern. Während er in einem Billett an Sinzendorf diesen Besuch als gewiß ankündigte 274 ), hat er dagegen dem Prinzen von Anhalt geantwortet, daß er noch nichts Verläßliches sagen könne, „denn hier habe ich noch dergestalt zu tun, daß ich mich, solange es nur sein kann, der Zeit und Gelegenheit bedienen muß, im Haag hingegen pressiert man stark, daß ich mich daselbst allerehestens einfinden sollte" 275 ). Der Waffengefährte von Höchstädt und Turin hat darauf weiter gedrängt: es hätten inzwischen „die Sachen zu Berlin in einigen Stücken sich

Mission Eugens nach Berlin

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wider Vermuten zwar zur Besserung angelassen", das Korps in Brabant solle dort bleiben, aber die Bataillone aus Italien wolle man herausziehen, und auch der Kronprinz, der Eugen seine „Dienste assurieren" lasse, sei der Meinung, daß, „wo anders Seiner Kaiserlichen Majestät daran gelegen, daß besagte 11 Bataillone in Italien bleiben, nun außer Euer Liebden niemand kapabel sei, gedachte Rappelierung zu detournieren" und den Leuten entgegenzutreten, „welche dem König dergleichen Sentiments inspirieren, die dem gemeinen Besten, wenn der Krieg kontinuieren sollte, ganz nicht verträglich sei, wovon Euer Liebden alsdann bei Dero Anwesenheit nähere sekrete Ouverture geschehen kann" 276 ). Und in Wien ist man in der Tat von der Absicht nicht mehr abgegangen, an diesem wichtigen, nunmehr neuralgisch gewordenen Punkt in Europa die angesehenste Persönlichkeit einzusetzen, über die man verfügte. Im Laufe des März hat man sich in den Konferenzen mit allen Fragen beschäftigt, die in Berlin zur Sprache kommen konnten, und in der letzten Sitzung vor seiner Abreise am 25. März, an der außer ihm, Trautson, Seilern und Wratislaw auch Windischgrätz und Schönborn teilnahmen, wurde ihm zu seiner Unterrichtung ein ganzer Katalog von strittigen Angelegenheiten mit Vorschlägen ihrer Beilegung bis zu preußischen Forderungen hinsichtlich des Zeremoniells, der Zulegung von Titel und Wappen eines Herzogs von Mecklenburg und der freien Ausübung reformierten Gottesdienstes durch den preußischen Gesandten in der Reichsstadt Köln überreicht 277 ). Im Grunde ging es aber darum, die Politik Preußens im großen wieder auf den Kurs der Allianz festzulegen. Wie fast jedesmal bei seiner Ausfahrt aus Wien, so waren auch jetzt die anfangs angegebenen Termine für die Reise immer wieder verschoben worden: von Ende Februar, dann von Anfang März hatte er selbst geschrieben und weiter Sinzendorf gebeten, sich mit der Zusendung seiner Post danach einzurichten, daß er am 10./11. März in Berlin sein werde 278 ). Es waren doch wohl sachliche Gründe, die ihn aufgehalten haben, die Notwendigkeit, alles für die Zeit seiner Abwesenheit zu regeln, die politischen und militärischen Vorbereitungen zum Abschluß zu bringen, in plötzlich neu auftauchenden Fragen Entscheidungen zu treffen. Es ist bezeichnend, daß der Hofkammerrat Palm in einem Brief an SaintSaphorin vom 26. März mit der Mitteilung von des Prinzen Abreise 22*

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am gleichen Abend die Bitte um Entschuldigung wegen seines Schweigens in der letzten Zeit verbindet: die Fülle von Geschäften, die Seine Durchlaucht vor seiner Fahrt erledigt wissen wollte, hätte ihn seit drei bis vier Wochen verhindert, zur Feder zu greifen, um dem Schweizer Freund wie üblich über die Vorgänge in Wien zu berichten279). Es sind gerade auch Sorgen und Absichten auf finanziellem Gebiet gewesen, die diesmal Eugen zurückgehalten haben. Schon zu Beginn des Jahres hatte er dem Grafen Gallas in London von der Klemme geschrieben, in der man sich wegen der für die Unterhaltung der Armee aufzubringenden Geldmittel befand, und als einzige Auskunft eine neue Anleihe in England bezeichnet, über die dann auch mit Erfolg verhandelt wurde 280 ). In Übereinstimmung mit Wratislaw und Gundaker Starhemberg hat er zugleich unter Beiziehung von Palm eine Verbesserung der Finanzorganisation betrieben, wobei es ihm anscheinend auch darum ging, die selbständige Stellung des Generalkriegskommissariats einzuschränken, mit dessen Leiter, dem Grafen Schlick, er sich offensichtlich schlecht vertrug 281 ). Er glaubte doch schließlich, vieles erreicht zu haben, und so ist er vielleicht noch nie so befriedigt und zuversichtlich aus der Hauptstadt geschieden wie in diesem Frühjahr von 1710. Der Kaiser hatte ihm sein besonderes Wohlwollen bezeigt, indem er ihm eine einmalige Zuwendung von 300 000 Gulden zugesichert hatte. Die Gunst, die der Habsburger weiter dem jungen Fürsten Lamberg zuwandte, stellte politisch für das Ministerium keine Gefahr dar, zumal Josephs neueste Freundin, die junge Comtesse Palffy, in enger Verbindung mit Wratislaw stand 282 ). Auf diesen, der nach Palms Angaben mit seinen Kompagnons und Anhängern Hof und Regierung dirigierte, konnte der Prinz sich unbedingt verlassen, mit Gundaker Starhemberg war die alte Freundschaft wiederhergestellt: bezeichnend, wie nunmehr dessen Adlatus Palm, der noch im vergangenen Sommer manche kritische Bemerkungen zu dem Aufstieg des Savoyers gemacht hatte, voll seines Lobes war und sich des Vertrauens rühmte, das ihm jener zeigte283). Noch mochte Eugen auch hoffen, demnächst, unterstützt von Sinzendorf, einen glorreichen Abschluß des Friedens erreichen zu können, wie ihn denn auch die Zusicherungen Anhalts und Grumbkows nicht zweifeln ließen, in der Mission am preußischen Hofe Erfolg zu haben und damit auch die Wolken, die im Norden aufgestiegen waren, zu zerstreuen.

Besuch in Berlin Anfang April 1710

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Diese letzte Erwartung schien sich in der T a t zu erfüllen: der Besuch in Berlin verlief im wesentlichen so, wie ihn sich der Prinz und seine preußischen Freunde gedacht hatten 2 8 4 ). In der Nacht zum 27. März war er von Wien aufgebrochen, doch langte er, obwohl er die Reise, „was menschenmöglich war", beschleunigte, „der üblen Straßen und des schlimmen Wetters halber" erst am Abend des 1. April in der preußischen Hauptstadt an — es ist, wie es scheint, das erstemal gewesen, daß er hier erschien, und es sollte das letztemal sein. Schon nach Oudenaarde hatte ihn Grumbkow im Namen seines Herrn nach Berlin eingeladen: man werde, so hatte er damals dem König prophezeit, mit Eugen zufrieden sein, „denn, obwohl seine erste Erscheinung etwas Finsteres und Kaltes hat, so spricht er dagegen freimütig und zierlich und ist natürlich und unverändert bei jeder Gelegenheit, dabei von sehr guter Laune, auch kann man nicht edler sein und nicht mehr Fürst als er" 2 8 5 ). Jedenfalls ist er, als er nun kam, mit den größten Ehren aufgenommen worden. Er hatte bei seiner Ankunft sofort König Friedrich aufsuchen wollen, was jedoch nicht mehr möglich war; seine Absicht, sich noch bei dem Kronprinzen zu melden, gab er auf R a t Leopolds von Anhalt auf, da dies bei seinem mißtrauischen Vater Eifersucht wecken könne 2 8 6 ). Am 2. April wurde er dann von Friedrich und seiner dritten Gemahlin, der Mecklenburgerin Sophie Luise, feierlich empfangen. Wenn der Kronprinz persönlich ihn am Eingang des Schlosses erwartete und ihn durch die Gemächer zu dem Audienzsaal führte, so zeigte sich der König über seine Ansprache „über die Maßen vergnügt und gut geneigt", bei der Mittagtafel saß er auf dem Ehrenplatz zwischen Vater und Sohn, und zur Verabschiedung verehrte ihm Friedrich einen Hut mit Diamantagraffe von angeblich 20 000 Talern Wert sowie ein Gespann schöner Rappen, das ihm der Minister Kolbe von Wartenberg im Marstall vorführte. Aber es ging ja nicht um Höflichkeiten und Ehrungen, sondern um Politik. Bei der Audienz hatte der Prinz von seinen Aufträgen nicht gesprochen: deren Vorbringen, so hatte man ihn gewarnt, werde seinem Gastgeber nicht angenehm sein, „weil er für sich selbst nichts zu tun, sondern über all und jedes zu beratschlagen pflege und deshalb mir auf meine anliegenden Puncta in instand zu antworten nicht wenig embarrassiert sein werde". Selbst gab ihm der König denn auch zu verstehen, daß er einen der Minister zu Besprechungen zu ihm schicken werde. D a ß dazu der Geheimrat

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Heinrich Rüdiger von Ilgen bestimmt wurde, wird Eugen sehr angenehm gewesen sein, da er nach seinen Informationen „ein gar ehrlicher und aufrechter Mann" war, was natürlich hieß, daß er gegen eine Abwendung von dem Bündnis mit dem Kaiser und den Seemächten war: in der Tat hat der fähige Westfale, der als Gehilfe des leichtfertigen Wartenberg zum eigentlichen außenpolitischen Experten in Preußen geworden war, zu jener Zeit vorsichtige Zurückhaltung im Norden und Einbringung möglicher Vorteile durch starkes Auftreten im Westen befürwortet 287 ). Bereits kurz nach 8 Uhr fand er sich in der Frühe des 3. April im Quartier des hohen Gastes ein, und hier ist es zu einem langen Gespräch gekommen, in dem man sich sehr offen mit den gegenseitigen Beschwerden und Wünschen befaßte. Der Prinz ging zunächst von dem Mißstand aus, daß man seit der auf Grund von ärgerlichen Auseinandersetzungen 1707 erfolgten Abberufung der beiderseitigen Gesandten „von dem sonst üblichen modo negotiandi abweichen müsse". Er erklärte dann, daß der Kaiser durch die plötzliche Ankündigung der Abberufung der Bataillone aus Italien völlig überrascht worden sei und damit wahrhaftig Ursache zu einem „disgusto" habe. Ilgen bestand zwar darauf, daß der König die Truppen an seiner Ostgrenze benötige, ließ aber durchblicken, daß man sie vielleicht doch im Süden lassen könne, wobei man freilich zunächst von der Nachsendung von Rekruten angesichts der Möglichkeit baldigen Friedensschlusses absehen solle. Diesem Friedensgeschäft wandte man sich darauf zu: hier beschwerte sich Eugen über das Verhalten des preußischen Haager Gesandten Schmettau, der die Holländer zu ihrer gefährlichen Sonderaktion ermutige, zugleich suchte er dessen Ausschaltung aus den Verhandlungen unter anderem damit zu rechtfertigen, daß es zur Zeit nur um die für Preußen unwichtige Gestaltung des Artikels 37 gehe, zudem Frankreich das Königtum des Hohenzollern noch nicht anerkannt habe — aus dem gleichen Grunde sei auch Karl III. von Spanien nicht beteiligt. Ilgen, der nach des Prinzen Eindruck alles „kapiert und begriffen" habe, stellte mäßigende Anweisungen an Schmettau in Aussicht, wogegen ihm die Zusage der Zuziehung preußischer Vertreter bei der endgültigen Feststellung des Friedens gegeben wurde. Einen breiten Raum in der Unterhaltung nahm weiter das vom Kaiser an die Kurfürsten geleitete Ansuchen, ihm das Herzogtum Mantua durch Reichsschluß zu übertragen, ein, wozu anscheinend der branden-

Erfolg Eugens in Preußen

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burgische Vertreter in Regensburg sich wenig freundlich geäußert hatte 288 ). Der Geheimrat meinte darauf, daß man sidi darüber mit den anderen Kurfürsten beraten, im übrigen aber von sich aus keine Einwände erheben wolle, wogegen der König aber von Wien Unterstützung seiner partikularen Interessen bei der Friedensgestaltung erwarte. Er kam dann seinerseits auf die preußischen Beschwerden gegen die kaiserliche Regierung vor allem in Reichsangelegenheiten zu sprechen, die von Eugen teils mit Berufung auf die oberstrichterliche Verpflichtung des Reichsoberhaupts, „die Parteien anzuhören, die Klagen auszumachen und die Justiz zu verschaffen", zurückgewiesen, teils auf „leere und irrige Einbildungen" zurückgeführt wurden. Natürlich hatte Ilgen selbst nichts entscheiden können, und so fand sich der Prinz wohl am Nachmittag des 3. April im Schloß ein, um des Königs Resolutionen auf seine Forderungen zu hören. Die wichtigste Entscheidung betraf das Schicksal des italienischen Korps, denn sie mußte Aufschluß darüber geben, ob Preußen den bisherigen Westkurs fortsetzen oder seine Schwerkraft nach dem Osten verlegen wollte. Nun, der König erklärte sich bereit, die Truppen im Dienste der Verbündeten zu lassen, jedoch nur unter der Voraussetzung, daß der betreffende Vertrag erneuert, die bisher vorgesehene Entschädigung für die Rekrutenaufbringung von jährlich 30 000 Talern — sie waren nach einer Vereinbarung vom September 1708 vom Kaiser zu zahlen — auf 100 000 erhöht und ihm die Befugnis zu sofortiger Abberufung bei Eintreten eines Notstandes zugestanden wurde. Der Vertragserneuerung stimmte der Prinz grundsätzlich zu, und hinsichtlich des letzten Punktes erklärte er, „wenn der Casus sich ereignete und solchergestalten beschaffen wäre, daß es unumgänglich sein mußte, daß man solchenfalls dagegen nichts tun könnte, daß man jedoch der Hoffnung sei und zu dem König das gewisse Vertrauen hätte, er würde hingegen auch ohne höchste Not die Herausziehung der Truppen niemals unternehmen". Die finanzielle Forderung mußte ihn freilich in Verlegenheit bringen, ihre Erfüllung, die, wie er versicherte, der Kaiser dem König gern gönnte, war nur bei Übernahme der Mehrkosten durch die Seemächte möglich, für die er sich im Haag einzusetzen versprach, die er aber von vornherein für sehr fraglich hielt: sie haben sich indessen doch dazu bereit gefunden 289 ). Jedenfalls war schon mit der Erklärung Friedrichs die Gefahr eines Umschwungs der preußi-

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sehen Politik vorerst gebannt, und wenn der Prinz seinerseits Ilgen noch zusagte, daß der Kaiser nichts gegen einen Anfall von Elbing an Preußen einzuwenden habe und sich im Haag für die preußischen Ansprüche verwenden werde, so erhielt er dagegen einen günstigen Bescheid hinsichtlich Mantuas. Befriedigt konnte er so diese Mission beenden: „Ich lebe nun", so heißt es am Schluß seiner Berichte nach Wien, „der alleruntertänigsten Hoffnung, daß in den drei Tagen, so ich midi hier befinde, die Sache circa prineipaliora ziemlichermaßen und dergestalt ausgemacht sei, daß es bei Eurer Kaiserlichen Majestät allergnädigste Approbation finden werde" 290 ). Wratislaw teilte denn auch dem Habsburger in Spanien mit, daß der Prinz „seine Commissiones zu Berlin glücklich verrichtet" habe 291 ). Für die Gesamtlage war freilich weit wichtiger, was ihn im Haag erwartete und ob er von dort ebenso günstige Ergebnisse nach Hause berichten konnte. Er dürfte am 4. April die preußische Hauptstadt verlassen haben; wir wissen nicht, ob er unterwegs etwa in Hannover oder Düsseldorf Station gemacht hat, jedenfalls ist er erst am Abend des 11. im Haag angekommen, wo er in der Frühe des nächsten Tages sofort Sinzendorf aufsuchte292). Das erste, was ihm ausgehändigt wurde, mußte ihm persönlich Kummer und Ärger bereiten. In Spanien war sein erst 20 Jahre alter Neffe Moritz, der zweite Sohn seines 1702 vor Landau tödlich verwundeten ältesten Bruders, der kurz vorher von dem Prinzen zu König Karl entsandt worden war, einem hitzigen Fieber erlegen. Und von savoyischer Seite wurde ihm das Auftaudien eines alten Feindes gemeldet, dem er jede Schlechtigkeit sowohl gegen seine Person als auch gegen die Sache des Kaisers zutraute: der einstige Generaladjutant Venzati, gegen den er um die Jahrhundertwende vorgegangen, der dann nach dem Tode Kaiser Leopolds nach der Schweiz entwichen war und von dort den französischen Hof mit Nachrichten über die Wiener Verhältnisse und mit geheimen Vorschlägen bedient hatte, war an die Vertreter Savoyens und der Seemächte in der Eidgenossenschaft mit dem Angebot wichtiger Enthüllungen gegen entsprechende Belohnungen und eigene Verwendung bei den englischen Truppen in Flandern herangetreten 293 ). Wie sehr Eugen diese Mitteilung und das angekündigte Erscheinen Venzatis in Turin und in London beunruhigten, zeigt die sofortige Warnung, die er dem savoyischen Vetter zugehen ließ: „Dieser Mensch ist ein

Wieder im Haag

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Schurke, ein Schwindler, einer jener Kerle, die zu allem Schlechten fähig sind. Ich zweifle nicht, daß er mich haßt, denn er ist aus der Armee wegen seiner schlechten Handlungen ausgestoßen worden und er weiß, daß ich Leute von seinem Charakter, soweit es an mir liegt, niemals dulden werde. Durch eine Folge von Verleumdungen ehrenhafter Männer und durch üble Projekte und Erfindungen haben er und einige andere von seinem Schlag sich unter dem verstorbenen Kaiser einige Zeit in Wien zu halten vermocht, seit dessen Tod ist er von dort verschwunden, und man hat von Schurkereien erfahren, die er seitdem von der Schweiz und deren Grenzen aus mit französischen Agenten gegen uns getrieben hat. Alles in allem handelt es sich bei ihm um ein ehrloses und gefährliches Subjekt." Mündlich hat er gleichzeitig auch den ja bereits vor längerer Zeit im H a a g eingetroffenen Marlborough über Persönlichkeit und Machenschaften des Abenteurers unterrichtet, damit „man von desselben Eigenschaften und Wandel bei seiner Ankunft in England vorläufige Erkenntnis habe und anmit verhütet werden möge, daß dieser gefährliche Mensch seine boshaften Vorhaben ausüben und sonst kein Übel anstiften könne". Später hat er dann vorgeschlagen, ihm auf seinen Reisen aufzulauern und ihn „beim Kopf zu nehmen" 2 9 4 ). Merkwürdigerweise ist diese Aufgabe den Verbündeten von den Franzosen abgenommen worden, die den ihnen verdächtig gewordenen Zwischenträger in Gex aufgriffen und durch Festsetzung in einem Fort f ü r alle Teile unschädlich machten 295 ). Aber was hatten schließlich Venzatis Umtriebe und Schicksal zu bedeuten neben der großen Entscheidung über Krieg und Frieden! U n d da mußte der Prinz aus dem Bericht Sinzendorfs und aus den anschließend sofort von ihm aufgenommenen Besprechungen mit Marlborough und Heinsius erkennen, daß man sich in Wien Illusionen hingegeben und „sich die Friedens-Negoziationen fast völlig zerschlagen" hatten 2 9 6 ). Vom kaiserlichen Standpunkt aus war es vielleicht gut so, denn wenn die Franzosen auf den Boden der Erwägungen traten, die zur Zeit von den Holländern angestellt wurden, wäre es wohl um die Einigkeit der Verbündeten geschehen und der Kaiser, der eine Verwirklichung jener Erwägungen f ü r untragbar hielt, möglicherweise isoliert gewesen. Eugen, dem übrigens Sinzendorf unterstellt war 2 9 7 ), hatte Wien mit der Weisung verlassen, bei einer Weigerung Ludwigs X I V . , auch f ü r seinen Enkel die Präliminarien anzunehmen, auf einen Sonderfrieden mit Frank-

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reich unter Modifizierung des Artikels 37 auf Übergabe von Sicherheitsplätzen an der französischen Nordgrenze hinzuarbeiten, und er hat sich nach seiner Ankunft im Haag Marlborough und den Holländern gegenüber dementsprechend geäußert 298 ). Dagegen waren einflußreiche Kreise innerhalb der Generalstaaten gewillt, den spanischen mit dem französischen Krieg gleichzeitig zum Abschluß zu bringen, um aller weiteren Kriegskosten enthoben zu sein, sie glaubten aber, auch auf Grund der Eröffnungen der französischen Unterhändler in Gertruidenberg, dies, das heißt die Zustimmung auch des Bourbonen in Spanien zu dem Vertrag, nur erreichen zu können, wenn man ihm als Entschädigung Neapel und Sizilien oder Sizilien und Sardinien oder wenigstens Sizilien zusprach, und sie waren geneigt, darüber zu verhandeln, während sie die Sicherheitsbestimmungen der Artikel 4 und 37 aufrechterhalten wissen wollten. Schon war darüber in neuen Zusammenkünften von Buys und van der Dussen mit den Franzosen in Gertruidenberg im März und Anfang April gesprochen worden, ohne daß man sich freilich näher gekommen war: es erwies sich, daß auf der einen Seite auch bei einer Überlassung italienischer Territorien Philipp von Anjou und seine spanischen Anhänger die Waffen nicht niederlegen und auf der anderen die Franzosen sich zu einer Annahme aller übrigen Bestimmungen des Präliminars nicht verstehen wollten 289 ). Für die Habsburger, die schon auf die ersten Meldungen Sinzendorfs über jene holländischen Tendenzen kategorisch jeden Verzicht auf bisher spanische Territorien abgelehnt hatten, schien es nun keine bessere Lösung zu geben, als wenn es vorerst wieder zum Bruch der ganzen Verhandlungen kam, wozu die Hartnäckigkeit der Gegenseite willkommenen Anlaß bot. Dieser Auffassung hat sich auch Eugen angeschlossen: daß die Franzosen, so urteilte er in einem Bericht nach Wien, bisher zum Frieden keinen rechten Ernst zeigten, sei, wie die Dinge jetzt lägen, „mehr für ein Glück zu rechnen, indem sonst, wenn es der Feind recht gemeint hätte, durch die starke friedliebende Partei Euer Kaiserlichen Majestät gar leichtlich ein unwiederbringlicher Nachteil hätte zuwachsen können" 300 ). Dementsprechend hat er sich auch im Haag verhalten: nachdem seine anfänglichen Hinweise auf keine Gegenliebe stießen, versicherte er, daß auch seinem Herrn im Grunde lieber sei, alles auf einmal zu beenden, was aber nur durch die Gewalt der Waffen geschehen könne. Er hielt sich daher auch gar nicht länger im Haag

Scheitern der Friedensverhandlungen

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auf, sondern brach bereits am Nachmittag des 14. April zusammen mit Marlborough auf, um sich zur Armee zu begeben und den neuen Feldzug sobald wie möglich zu eröffnen 301 ). Mit Sinzendorf, der die beiden Feldherrn bis Rotterdam begleitete, hat er noch verabredet, daß, wenn eine neue Konferenz mit den Franzosen sich nur, wie er hoffte, auf ihre Abreise beziehen sollte, der Hofkanzler seine Teilnahme nicht verlangen sollte, da es weit günstiger sei, wenn der Bruch durch die Holländer selbst herbeigeführt werde, bei einer Fortsetzung der eigentlichen Handlung er sich aber nicht ausschließen lassen dürfe 302 ). Mit der Entwicklung der politischen Lage insgesamt konnte man freilich im kaiserlichen Lager kaum zufrieden sein. Als das Ergebnis von gemeinsam mit dem Prinzen angestellten Überlegungen hat Sinzendorf am 17. April festgestellt, daß die Holländer auch weiterhin die Abtrennung italienischer Gebiete bewilligen würden, wenn sie damit den Universalkrieg beendigen könnten, und daß sie selbst, wenn es zu einer Einschränkung des Kampfes auf Spanien kommen sollte, bald wieder auf die Teilungsvorschläge verfallen würden, falls dieser Krieg „ein wenig wankelmütig auszusehen anfängt", daß weiter auch auf England kein Verlaß mehr sei, wo die Whigs auch zur Stärkung ihrer bedrohten Parteiherrschaft enges Zusammengehen mit den Generalstaaten forderten und die nunmehr von der Königin begünstigten Tories der Versöhnung mit Frankreich zuneigten, daß endlich im Reich sich die Meinung verbreite, man könne durch Verzicht auf Sizilien bessere Bedingungen am Rhein erreichen303). Die Sorgen, die hier zum Ausdruck kamen, wurden dadurch verstärkt, daß man noch immer in Gertruidenberg weiterverhandelte. Aber sollte man nun deswegen auf den Tisch schlagen und die Verbündeten damit völlig verprellen? Eugen hatte es schon nicht gebilligt, daß Sinzendorf noch vor seiner Ankunft ein ihm von Wien zugekommenes, mit Vorwürfen angefülltes kaiserliches Schreiben den Generalstaaten überreicht hatte, „weil die Gemüter eben damals, da sich der Stand der Sachen völlig verändert, wider die französischen Ministros sehr ereifert waren und mithin dieselbe, nachdem der Brief ziemlich stark geschrieben gewesen, leichtlich auch wider Eure Kaiserliche Majestät eine Empfindlichkeit hätten fassen und diese machen können, daß sie in das künftige mit uns nicht zu vertraulich kommuniziert und eher nichts sagen dürften, bis sie nicht in Sachen zum Schluß gekommen sein

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möchten" 3 0 4 ). Wenn er selbst voll Unmut zu der Überzeugung gelangt war, daß die von den französischen Gesandten unter Versicherungen des Friedenswillens ihres Königs vorgebrachten Anträge „auf lauter Hinterlist und Schrauben gestellt" waren, wenn er es schließlich als Schande bezeichnete, daß man sich von ihnen „amüsieren" lasse, „weil ich allzeit der Opinion bin, daß der Friede weit mehr avancieren würde, wenn man mit diesen Leuten mit einer Fermeté umgehen und dieselben, wenn sie nichts anderes zu proponieren, fortschicken würde" 3 0 5 ), so fürchtete er doch böse Folgen, wenn man schroff den Abbruch der Verhandlungen forderte. So nahm er es, als die Boten Ludwigs X I V . Mitte Mai erneut um eine Besprechung baten, auf seine Verantwortung, wiederum die beiden holländischen Deputierten allein nach Gertruidenberg gehen zu lassen, weil er bei einem Einspruch ein Wachsen des Mißtrauens und der Friedensströmungen in diesem Staatswesen fürchtete 3 0 6 ). Zu seiner Genugtuung kam man auch im H a a g zur Uberzeugung, daß eine Verständigung nicht zu erreichen war, wollte man nicht auf eine weitgehende Durchlöcherung des im Vorjahr in dem Präliminar aufgestellten Programms eingehen und damit auch auf eigene Vorteile verzichten. Er ist nicht müde geworden, Holländern und Engländern darzulegen, daß der Feind mit allen seinen Finten und Griffen Treu und Glauben nicht verdiene, und er glaubte schließlich feststellen zu können, daß wenigstens in H o l l a n d die Enttäuschung über den nicht zu erreichenden Frieden den Willen zu energischer Fortführung des Krieges neu entfacht hatte. Wie die Dinge in England laufen würden, war noch nicht abzusehen. Mit der Entlassung der französischen Gesandten war jedenfalls bestätigt worden, was der Prinz im April mit seiner raschen Abreise aus dem H a a g angekündigt hatte, daß in neuem Feldzug erprobt werden sollte, wer dem anderen seinen Willen aufzwingen, auf welcher Basis der Friede geschlossen werden konnte. Wieder haben sich Stimmen erhoben, die dem kaiserlichen Feldherrn die Schuld an dem Scheitern des von allen Völkern ersehnten Friedens, an der Fortdauer des blutigen Kampfes, gaben. Anscheinend, so meinte die italienische Gemahlin des pfälzischen K u r fürsten, wolle Österreich keinen Frieden schließen, und die großen Heerführer wollten den Franzosen zu schaffen machen 307 ). U n d in Paris grollte die Liselotte von Orleans dem angeblich gegen ihren

Schuld Eugens?

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königlichen Schwager undankbaren Abbé de Savoye von einst: „Wenn es wahr ist, wie man meint, daß Prinz Eugen den Frieden hindert, gönne ich ihm das schöne Präsent vom König von Preußen ganz und gar nicht" — wie sie auch hoffte, daß der Herzog von Savoyen seinem „cadet" Mailand nicht lassen werde 308 ). Nun wissen wir, daß der Prinz Wien in der Hoffnung verlassen hatte, daß es vor neuen Kampfhandlungen in den Niederlanden zum Frieden kommen werde, was ihm persönlich auch am liebsten gewesen wäre. Sollte der Sieger in so vielen Schlachten nur um neuen Schlachtenruhms willen die Fortsetzung des Krieges wünschen, die doch immer das Risiko eines Unglücksfalls, einer Niederlage und damit einer Verdunkelung eben jenes Ruhms in sich barg? Und wenn man dann wohl den Verdacht äußerte, der Feldherr fürchte den Frieden, weil er dann nicht mehr unentbehrlich war und daher leicht in seiner politischen Machtstellung gefährdet werden könnte, so stand dieser Annahme entgegen, daß gerade in jenem Frühjahr 1710 sein Vorrang und Einfluß bei Hof und Regierung sich so gefestigt hatten, daß sie aller Voraussicht nach auch im Frieden Bestand haben würden. Schließlich wird man auch sagen können, daß die Inkraftsetzung des Präliminarfriedens nicht eigentlich an den gewiß weitgespannten kaiserlichen Forderungen, wie man sie unter seiner Beteiligung oder Billigung in Wien aufgestellt und wie er sie im Haag mit Nachdruck vertreten hatte, gescheitert ist. Der Kaiser und seine Berater waren bereit gewesen, die immer wieder, damals wie in der späteren Geschichtsschreibung, als unzumutbar bezeichneten Sicherheitsbestimmungen des Artikels 37, nach denen Ludwig XIV. selbst sich an der Vertreibung seines Enkels aus Spanien beteiligen sollte, fallen zu lassen. Sie wollten diese Aktion vielmehr den Verbündeten allein vorbehalten, nachdem sie das geschlagene und gefährdete, dabei im Hinblick auf seinen territorialen Bestand doch verhältnismäßig glimpflich behandelte Frankreich aus dem Krieg ausgeschaltet hatten. Damit sollte jene schlimmste Demütigung dem König erspart bleiben. Fest bestanden sie dagegen freilich auf dem Anfall der ganzen spanischen Monarchie an das Haus Habsburg und lehnten vor allem eine Abtrennung italienischer Gebiete ab: Eugen war da sicher der gleichen Meinung wie sein Freund Wratislaw, dem im Interesse Österreichs Italien weit wichtiger war als das eigentliche Spanien 309 ). Einem Kompromiß, durch den ein Bourbone festen Fuß in der Apenninhalbinsel behielt,

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hat er allerdings die Fortführung des Krieges vorgezogen, und er ist in der Tat für den Abbruch der Verhandlungen eingetreten, seitdem bei seinem Eintreffen im Haag die Erkenntnis jener Bedrohung der in Wien festgelegten Kriegsziele sich bei ihm mit der Annahme verband, daß es den Franzosen mit dem Frieden gar nicht ernst war, daß sie ihre Gegner nur „aufziehen und foppen", und in Spekulationen auf einen Auseinanderfall der Allianz Zeit gewinnen wollten 310 ). Es kam nun, wie Sinzendorf schon in seinem Bericht an den Kaiser vom 16. April vermerkt hatte, darauf an, „ob vielleicht der angehende Feldzug eine und andere glückliche Begebenheit hervorbringen möchte". Der Prinz hatte in den folgenden Wochen in dem Bestreben, die Holländer endlich zu der Verabschiedung der französischen Unterhändler zu bestimmen, behauptet, daß „unsere Sachen in Waffen jetzt besser als keinmal stehen" 311 ). Und doch war er gewiß nicht ohne Sorge. Die Einigkeit unter den Alliierten schien zwar zunächst wiederhergestellt. Würde sie aber von Dauer sein, wenn der nach Sinzendorfs abschließender Feststellung „aus Not" beförderte Fortgang des Kampfes nicht rasch „das Friedenswerk in guten Stand zu bringen" vermochte312)? Wie der H o f kanzler, so wußte auch der Feldherr bei aller selbstbewußten Zuversicht, daß es wieder ganz unsicher war, was für ein Ende dieser Krieg nehmen werde.

6. Über den dramatischen politischen Verhandlungen und Entscheidungen hatte der Prinz doch auch in diesem Frühjahr 1710 die Möglichkeit eines neuen Waffengangs keinen Augenblick vergessen und dementsprechend die Feldzugsvorbereitungen mit allem Nachdruck betrieben. Es galt dabei alle Kriegsschauplätze zu berücksichtigen. Da war Spanien, für das er von Wien aus König Karl Verstärkungen und vor allem energische Einwirkung auf die Seemächte zur Intensivierung ihrer militärischen und finanziellen Hilfsmaßnahmen zugesagt hatte 313 ). Im Haag sah er ja dann freilich die bereits in Aussicht genommene Konzentrierung aller Kriegsanstrengungen auf die Pyrenäenhalbinsel hinfällig werden, und Marlborough und der gleichfalls zu kurzem Aufenthalt nach dort

Sorge für Spanien und das Reich

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gekommene Stanhope brachten ihm den von einem ehemaligen französischen Obersten stammenden Plan nahe, die beiden inzwischen in Italien für Spanien bereitgestellten kaiserlichen Regimenter zunächst in Südfrankreich landen zu lassen, um den Camisardenaufstand neu anzufachen: seine Zustimmung begründete Eugen Karl gegenüber einmal damit, daß dies „eine große Diversion in Katalonien verursachen" könne, vor allem aber mit der Rücksicht auf die beiden Engländer, die sich auf diese Idee „sehr inkapriziert" hätten, so daß er fürchtete, bei Ablehnung sie, „die man so hoch vonnöten", vor den Kopf zu stoßen; das Projekt ist dann doch nicht zur Ausführung gekommen, weil die zum Transport bestimmte englische Flotte nicht rechtzeitig zur Stelle war 314 ). Es gab dann auch Erwägungen und Auseinandersetzungen für eine Belebung des Krieges von Savoyen und vom Rhein aus, wobei es zunächst die Frage zu klären galt, wer in diesem Jahr das Kommando der Reichsarmee übernehmen sollte, da es von vornherein fraglich war, ob der Kurfürst von Hannover sich noch einmal dazu bereit finden würde. Schon früh war der Gedanke aufgetaucht, daß es dann keinen anderen Ausweg gebe, als daß Prinz Eugen als der andere Reichsfeldmarschall der Reichsarmee vorgesetzt werde. Auch Marlborough ist zeitweise dafür eingetreten in der Hoffnung, daß sein Freund dann genau so wie 1708 überraschend mit einem Teil der Truppen vom Oberrhein nach den Niederlanden marschieren werde 315 ). Der Prinz selbst hielt jedoch eine auch nur vorübergehende Anwesenheit bei den Reichstruppen für untunlich. Er könne nicht, so erklärte er Sinzendorf, den Beruf eines Postillons ohne Pferde und Equipage ausüben, und es sei „eine pure Unmöglichkeit", dort aufzutauchen und sofort wieder zurückzufahren, „zudem so wüßte ich auch nicht, was ich allda machen sollte, denn wenn man schon von einer Diversion redete, wenn hingegen wegen der Artillerie, dem Fuhrwesen und anderen Erfordernissen keine Disposition zu hoffen, noch weniger vorhanden, sind alle guten Vorhaben, Vornehmen und Anschläge umsonst" 316 ). Da der Weife in der Tat absagte, hat ihm der Kaiser schließlich nominell den Oberbefehl übertragen mit der Maßgabe, einen Substituten zu bestellen, der nach seinen Weisungen zu handeln hatte 317 ). Der früher hierzu verwandte Feldmarschall Thüngen war im Vorjahr gestorben, und da der von Eugen selbst schon vorher für die Führung am Oberrhein empfohlene Graf Rabutin schon wegen seiner „bekann-

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Verpaßte Friedenschance?

ten Leibesdisposition" nicht in Frage kam, blieb nichts anderes übrig, als die Vertretung dem Feldmarschall Gronsfeld als dem bei der Armee befindlichen rangältesten Offizier anzuvertrauen, obwohl der Prinz ihn nicht für den Mann hielt, „welcher dem Werk gewachsen und fähig wäre" 318 ). Da er an energische Operationen seitens der Reichstruppen nicht mehr recht glaubte, hat der Savoyer seine Vollmacht benutzt, um von der dort befindlichen kaiserlichen Kavallerie zwei Kürassier- und ein Husarenregiment für den Abmarsch nach den Niederlanden bereitstellen zu lassen. Wenn, so rechtfertigte er diese Maßnahme in einem Schreiben an den Reichsvizekanzler Schönborn, im Reich keine verläßliche und rechtschaffene Diversion unternommen werden könnte, müsse man von den kaiserlichen Truppen ein starkes Detachement nach dem Nordwesten ziehen, „so man anders den völligen feindlichen Schwärm und Gewalt der hiesigen alliierten Armee nicht allein auf den Hals will fallen lassen"319). Eine Entscheidung erwartete man auf beiden Seiten allein von dem Feldzug in den Niederlanden, und so war denn auch hier wieder wie in den Vorjahren der Platz für die beiden großen Feldherrn der Allianz. Wie bereits erwähnt, hatten sie schon am Nachmittag des 14. April den Haag verlassen, um von Rotterdam in der Nacht mit einer Jacht nach Antwerpen überzusetzen und sich von dort nach Gent und Tournai zu begeben, wo sie nach Sinzendorf s Bericht an den Kaiser, „die Armee in solchem Stande zu finden vermeinen, daß die weiteren Bewegungen mit derselben zwischen dem 18. und 20. unfehlbar angefangen werden können und man solchemnach von einem wichtigen Unternehmen noch vor Ausgang dieses Monats zu vernehmen verhofFfc"320). Nach den im Haag getroffenen Abreden sollte sich diese Unternehmung gegen Douai richten, nach dessen Einnahme mit dem Angriff auf Arras und Cambrai die Bezwingung des letzten französischen Festungsgürtels beabsichtigt war 321 ). Als Marlborough und Eugen am 17. April in Tournai eintrafen, war in der dortigen Gegend schon ein großer Teil des Heeres, das nach Heranziehung aller Kräfte mit 215 Bataillonen und 284 Schwadronen auf insgesamt 120 000 Mann geschätzt wurde, versammelt, mit dem, nachdem am 18. der schon vorher umkämpfte Posten Mortagne am Zusammenfluß von Scheide und Scarpe genommen worden war, am 19. die Bewegung begann. Man wollte dem Feind zuvorkommen, bevor er sich in die Festun-

Eröffnung des Feldzuges in den Niederlanden

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gen deckenden, befestigten Linien gesammelt hatte, und man konnte dann wirklich von einem „guten Sukzess" sprechen, mit dem die Campagne eröffnet wurde 322 ). In Gewaltmärschen war man nach Südwesten marschiert, am Abend des 21. hatten die Feldherrn bereits ihr Quartier in Lens genommen, und weiter ging es nach Süden, wo die Franzosen die Linien am rechten Ufer der Scarpe räumten und auf Cambrai zurückwichen. Mit dem rechten Flügel überschritt Marlborough den Fluß und begann von einem Lager auf den Höhen südwestlich Douai die Umschließung der Feste, während der Prinz sie von Vitry aus im Norden vornahm: ebenso wie die Durchstoßung der Linien glückte sie ohne Verluste, und triumphierend meinte Eugen, daß dies „den Feind allem Schein nach in dem Friedensgeschäfl: bald anders reden machen dürfte" 323 ). Sehr ärgerlich war es dann freilich, daß der Beginn der Belagerung erheblich später erfolgte, als man vorgesehen hatte: „es ist nur zu bedauern", so berichtete Eugen aus dem am 28. April bezogenen Lager bei La Forest nach Wien, „daß man aus Mangel der Artillerie und anderer Belagerungs-Requisiten, welche vor 8 Tagen schwerlich nachkommen werden, die Zeit umsonst verloren gehen lassen muß, wo man doch so nützlich davon hätte profitieren, die Belagerung, da der Feind nicht im Felde, angehen und vielleicht auch wohl eher ausführen können, ehe derselbe mit einer starken Macht zu erscheinen und sich den alliierten Waffen entgegenzusetzen vermag" 324 ). War das aber nicht vorauszusehen gewesen? Und war es nicht ein Fehler, mit einer Armee, von der ihr Führer voll Genugtuung versicherte, daß sie „in der Anzahl der Truppen nicht gering und an der Qualität selbst gar schön" sei325), sich auf einen Belagerungskrieg einzulassen, statt dem letzten Heer, über das der Feind noch verfügte, herzhaft zu Leibe zu gehen? In Erwägungen über die Haltung Villars', dem sein König nach seiner Genesung von der bei Malplaquet empfangenen Verwundung wieder den Oberbefehl im Norden übertragen hatte, stellte der Prinz fest, daß eine gewonnene Schlacht die Sache Frankreichs wieder aufrichten, eine verlorene aber den Alliierten erlauben werde, zu marschieren, wohin es ihnen gefalle 326 ). Wenn er zunächst der Meinung gewesen war, daß sich der Gegner Douai nicht wegnehmen lassen werde, „ohne nicht vorher was tentiert zu haben", so bezweifelte er dann mehr und mehr, daß Villars das schwere Risiko jener Alternative laufen wolle. Warum zwangen die Verbündeten selbst es ihm nicht auf, 23 Braubadi, Prinz Eugen

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Verpaßte Friedensdiance?

waren sie nicht ausgezogen, um so rasch wie möglich den Krieg auf der von ihnen entworfenen Basis zum Abschluß zu bringen und damit auch allen Schwankungen im eigenen Lager ein Ende zu bereiten? Freilich mochte gerade die Unsicherheit über den Ausgang der inneren Krise in England Marlboroughs Entschlußkraft lähmen, und es galt wohl auch Rücksicht zu nehmen auf die Scheu der Holländer vor neuen Blutopfern wie bei Malplaquet. Und doch hätten es die beiden Feldherrn noch in der Hand gehabt, eine letzte Schlacht zu schlagen. Stattdessen haben sie in diesem letzten gemeinsamen Feldzug, den sie führten, die Initiative für die Herbeiführung einer Schlacht dem Feinde überlassen. Sie haben immerhin in jenem Frühjahr und Sommer 1710 mit ihrem Angriff auf die französische Grenzverteidigung nicht geringe Erfolge erzielt. Zwar hat sich der Kampf um Douai, dessen Fall Eugen am 3. Mai für den gleichen Monat, mindestens aber für den Anfang des nächsten in Aussicht stellte, erheblich länger hingezogen327). Die teilweise von Morästen umgebene Feste war von Vauban vortrefflich ausgebaut worden mit starken Werken und dem Fort de Scarpe an der zugänglichen Nordfront und einem Hornwerk im Osten, mit Schleusen, von denen die Überschwemmung des Vorfeldes geregelt werden konnte, und einem ausgedehnten Minensystem. Zur Verteidigung standen in der Feste dem General Graf Albergotti an die 8000 Mann guter Truppen zur Verfügung. Von den Alliierten, die sich gegen einen Entsatzversuch von Süden durch Ableitung der Scarpe in das dortige Gelände zu sichern suchten, traten zur Durchführung der Belagerung Holländer, Engländer, Preußen und Hannoveraner von der Armee Marlboroughs und kaiserliche und andere deutsche Kontingente von der des Prinzen unter den Befehl des holländischen Feldmarschalls Graf Tilly. Nach genauer Rekognoszierung durch beide Feldherrn entschloß man sich zum Angriff von Nordwesten mit zwei Attacken, links durch die seemächtlichen Truppen unter dem Prinzen von Nassau-Oranien, rechts durch die deutschen unter Leopold von Anhalt-Dessau. Nachdem ein Teil der Artillerie Anfang Mai eingetroffen war, wurden die Laufgräben ziemlich weit von den Festungswerken eröffnet, da man nach Eugens Bericht an Sinzendorf „wegen der allzugroßen Flächen näher keinen bequemeren Platz dazu hat finden können" 328 ). Ein anfangs erfolgreicher Ausfall in der Nacht vom 8. Mai wurde abgewiesen, aber durch den

Belagerung von Douai

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aufgeweichten Boden traten bei dem Vortreiben der Sappen und dem Bau der Batterien Verzögerungen ein, so daß mit der Beschießung durch die inzwischen vollständig angelangte Artillerie erst am 14. begonnen wurde. Und es wurde Ende Mai, ehe Vorbereitungen zum Überschreiten der Vorgräben und zum Angriff auf die Contrescarpe getroffen werden, Mitte Juni, bis man sich in deren Besitz setzen und Bresth-Batterien auffahren konnte. Voll Zorn über das Dahinsdileppen der Belagerung hat der Prinz die Unfähigkeit der Ingenieure dafür verantwortlich gemacht, die sich die Autorität des großen holländischen Festungsbezwingers Coehoorn anmaßten, „da hingegen, ob ich zwar denselben nicht gekannt gehabt, zwischen diesem Mann und den jetzigen geringen Leuten ein gar großer Unterschied ist: auf diese Manier aber bleibt alles stecken und liegen und ist um so viel schwerer, ja fast unmöglich, eine Belagerung zu führen, wie es sein sollte, weil weder ich noch der Mylord Duc darunter nichts tun oder viel sagen können, da diese Leute schreien und reden lassen und ihrer Caprice nach gleichwohl tun, was sie wollen" 329 ). Immerhin konnten am Abend des 20. Juni im Abschnittsstreifen links zwei Ravelins gestürmt und auf einer Bresche Posto gefaßt werden, und nach weiteren heftigen Kämpfen zogen sich die Verteidiger auch vor der Attacke rechts auf die Hauptumfassung zurück. Nochmals stieß ein Vorstoß durch die Breschen am 24. auf starken Widerstand: in hin und herwogendem Ringen fielen auf alliierter Seite 800 Mann meist vom sächsischen Korps. Doch am folgenden Tag bot Albergotti, um die Garnison seinem König zu retten, die Kapitulation an: sie wurde am 27. Juni unterzeichnet 330 ). Der wichtige Posten war in der Hand der Verbündeten, denen dieser Erfolg rund 8000 Mann, unter ihnen über 2000 Tote, gekostet hatte. Während der Belagerung hatte Villars verschiedentlich den Gegner zu beunruhigen gesucht. Schon Mitte Mai hatten Nachrichten, wonach sich seine Armee zwischen Cambrai und Peronne dauernd verstärke und er einen Entsatzversuch unternehmen wolle, Erkundungsritte Eugens und Marlboroughs auf beiden Seiten der Scarpe westlich Douai und Beratungen über Abwehrmaßnahmen ausgelöst331). Der Franzose hat zeitweise den Anschein erweckt, als wenn er von Osten angreifen wolle, doch dann marschierte er im Westen bei Arras auf, von wo aus er nach Überschreiten der Scarpe die rechte Flanke der Aufstellung der Ver23»

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Verpaßte Friedensdiance?

bündeten bedrohen wollte. Er sei, so berichtete der selbst darauf im Aufbruch begriffene Savoyer am 27. Mai dem Kaiser, »gegen uns dergestalt angerückt, daß man an manchem Ort nicht eine halbe Stunde weit voneinander steht, also daß auch unsere Armeen in kontinuierlicher Bewegung sind" 332 ). Die Alliierten rückten nach Norden auf das linke Ufer der Scarpe und verschanzten sich in einer Stellung zwischen Henin-Lietard, wo der Prinz sein Quartier nahm, und Vitry. Der Anmarsch starker französischer Kolonnen ließ bereits die Meinung aufkommen, „als ob dem Feind ernst wäre, eine Bataille zu liefern, von welcher er von geraumer Zeit her soviel geschrieen und sowohl Deserteure, Gefangene als durch andere Wege gehabte sichere Nachrichten, ja verschiedene partikulare Briefe es bekräftigt", aber Eugen behielt mit seinem Glauben, daß er es doch nicht darauf ankommen lassen werde, recht333). Auch Villars bezog eine feste Stellung mit dem Rückhalt an Arras. Gerade auf Arras, das gewissermaßen als das letzte Bollwerk vor Paris lag, richteten sich nun die Absichten der beiden Feldherrn, als die Belagerung von Douai sich ihrem Ende näherte. Die Überlegungen, die sie anstellten, hat der Prinz in einem Schreiben an Sinzendorf vom 20. Juni dargelegt: „Wenn die Offiziere von hier aus schreiben, daß Arras zu belagern aus Mangel der Fourage nicht unternommen werden könnte, ist es ihrem geringen Urteil zuzuschreiben, weil, wenn sich die Gelegenheit dazu ergibt, zu hoffen steht, daß die Fourage nicht ermangeln werde; es dependiert aber dieselbe allein von der Konjunktur und Situation des Feindes, denn wenn der Feind sich in einen soldien Posto setzt, wo demselben nicht wohl möglich beizukommen, zuförderst in der Positur, wo er jetzt steht, so müßten vorher die justes mesures genommen werden, wie er zu depostieren sei, und solchemnach muß man allezeit auf zwei- oder dreierlei Sachen gedenken, im Fall eine so starke feindliche Armee, wie die hiesige ist, zu delogieren eine Unmöglichkeit wäre, daß man sofort was anderes unternehmen könne, denn es einmal nicht so leicht noch ratsam ist, ohne Konsideration und genügsame Überlegung der Sachen Beschaffenheit einen so starken Feind zu attackieren, wenn er zwischen seinen Festungen steht und alle seine Präcaution genommen hat." Die Frage, ob und wie man den Gegner „delogieren" sollte, ist auch in den nächsten Tagen von ihm, Marlborough und den holländischen Deputierten diskutiert worden: die Mitteilungen, die

Vergebliche Bewegungen gegen Arras

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Goslinga am 29. Juni Heinsius zukommen ließ, zeigen deutlich, wie wenig wohl es diesem früher so mutigen und entschlossenen Mann bei dem Gedanken war, daß es zu einer Schlacht kommen könnte 334 ). Inzwischen hatte Villars den Schwerpunkt seiner Stellung in die Gegend von Cambrai verlegt, von wo er durch vorgeschobene Detachements auf der einen Seite Valenciennes, auf der anderen Arras zu decken suchte335). Die beiden Feldherrn faßten nun den Plan, den linken Flügel der Franzosen an der oberen Scarpe zu umgehen und von Arras abzudrängen. Am 10. Juli brachen ihre Truppen gegen Westen auf, nach einem durch Regen und grundlose Wege verzögerten Marsch gelangte man am 12. bis nördlich Arras, wo man indessen feststellte, daß Villars inzwischen nicht nur die Besatzung von Arras verstärkt, sondern auch seine Armee in die Nähe der Stadt geführt und in günstige Stellung gebracht hatte. Die Lagebeurteilung, die Eugen aus dem Lager bei Frevillers am 13. gab, läßt bereits eine neue Richtung der eigenen Absichten erkennen: „Nun wird es sich weisen müssen, ob der Feind, da er die Scarpe bordiert und sich zugleich hinter seiner neuen Linea postiert, sich movieren oder hinter derselben stehen bleiben werde. Tut er das letztere, um, wie es den Anschein hat, Arras und Cambrai mit dem dortigen Land zu erhalten, so würde es schwer sein, denselben in seinem retranchement anzugreifen wegen der vorteilhaften Situation und der dortigen verschiedenen Wässer halber. Er abandonniert aber hingegen bis an die See das völlige Land, daß man solchemnach auf diesen Fall nicht unterlassen würde, eine Maß zu fassen, gegen einen oder anderen auf dieser Seite solchergestalten mit dem Land abandonnierten festen Platz das Weitere zu unternehmen" 338 ). Da der französische Marschall sich in der Tat nicht „movierte", wurde dieser Ankündigung entsprechend beschlossen, sich statt gegen Süden gegen Nordwesten zu wenden, die dort noch vor Lille liegenden kleineren Festungen zu nehmen und unter Umständen in Verbindung mit einem englischen Landungskorps Calais zu bedrohen. Als erstes Angriffsziel bot sich hier das kleine, aber mit guten Werken versehene Bethune, in dem eine Besatzung von über 4000 Mann unter dem General Dupuy-Vauban, einem Neffen des großen Festungsbauers, lag337). Während die Hauptmacht der Verbündeten in Anpassung an Stellungsveränderungen Villars' ihm gegenüber in Lagern bei Rebreuve und Villers-Brulin sich ein-

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Verpaßte Friedenschance?

richtete — Eugen nahm sein Quartier in der Abtei Rebreuve — hatten wieder wie bei dem Angriff auf Douai Detachements aus beiden Armeen unter dem General von der Schulenburg und dem Holländer Fagel am 15. den Marsch gegen B^thune angetreten, das am folgenden Tage umschlossen wurde. Die gegen die West- und Südfront eingeleiteten Attacken, die infolge von Zwistigkeiten zwischen den beiden Generälen nicht richtig aufeinander abgestimmt und durch feindliche Ausfälle empfindlich gestört wurden, gewannen nur langsam an Raum. Immerhin konnten der Prinz und Marlborough bei einer Besichtigung am 28. Juli das Vortreiben der Laufgräben bis 130 Schritte vor die Pallisaden der Gräben beobachten, und in den folgenden Tagen wurden die von Douai eingetroffenen Batterien in Stellung gebracht. Während im Abschnitt Fagels ein erbitterter Minenkrieg langsame Fortschritte brachte, schien ein nach Scheinmanövern erfolgender Angriff Schulenburgs an der Nordwestfront in der Gegend der Zitadelle nach der überraschenden Eröffnung des Bombardements am 5. August eine Entscheidung anzukündigen, doch rechtzeitig verstärkten sich die Verteidiger an den gefährdeten Punkten, und erst nach manchen mißglückten Versuchen führte am 20. ein Sturm über die Gräben auf die Contrescarpe. Bevor man dann hier zu dem sorgsam vorbereiteten weiteren Angriff antrat, bot der Kommandant die Kapitulation an, zu deren Unterzeichnung am 29. August die beiden Feldherrn persönlich nach Bethune kamen. Wieder hatte man, um es nicht auf weitere verlustreiche und zeitraubende Kämpfe ankommen zu lassen, der tapferen Garnison freien Abzug gewährt 838 ), und mit einer eigenen Einbuße von fast 3000 Mann an Toten und Verwundeten war der Fall der Feste doch recht teuer erkauft. Wie sollte es nun weitergehen? Allenthalben machten sich Unmut und Kritik an dem so wenig den ersten Erwartungen entsprechenden Verlauf des Feldzugs geltend. Im Lager selbst behauptete man wohl, daß jene von Villars Ende Juli vorgenommenen Stellungsveränderungen zu einem Angriff auf ihn hätten ausgenutzt werden können, in Erwartung einer solchen Schlacht war damals der holländische Deputierte Vegelin eiligst von Douai in das Hauptquartier geeilt, wo er indessen alles in Ruhe fand: die „Indolenz" der großen Chefs, die ihm zu erkennen gaben, daß, falls der Feind nicht angreife, es kaum zu einem Zusammenstoß

Kritik an der Kriegführung

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kommen werde, schob er freilich nicht auf einen Mangel an Entschlußkraft, sondern auf politische Gründe, auf die Rücksicht, die sie gerade auf die Stimmung in den Generalstaaten nehmen müßten 339 ). Wenn dagegen selbst Schulenburg in Berichten nach Dresden sich veranlaßt sah, von Unordnung und Unzufriedenheit in der Armee zu berichten und ironische Redereien, daß die hohen Herren sich offenbar nur noch zu Spiel und Essen zusammensetzten, zu erwähnen 340 ), und wenn der in Aachen vergeblich Gesundung von seinen schweren Leiden suchende Fürst Salm wenige Wochen vor seinem Tode in grimmiger Genugtuung sich über die Aussichtslosigkeit dieser Art der Kriegführung ausließ 341 ), so gelangten über Sinzendorf aus dem Haag bittere Bemerkungen unmittelbar zu dem Prinzen selbst. Er hat ungemein heftig darauf reagiert: „Anlangend das angehängte Postscriptum muß ich mich sehr verwundern, wie man sich einfallen lassen möge, daß man den Feind hätte attackieren können, als selbiger seine letzte Bewegung getan hat; noch mehr aber muß es mich befremden, daß man einem jeden, was ihm zu schreiben in den Kopf kommt, Glauben beimesse. Eure Excellenz kennen derlei Schreiber so gut als ich, wissen folglich von selbst, wenn man den Feind anzugreifen proponiert hätte, daß sie das gerade Widerspiel würden gesagt haben, als welche bekanntermaßen sich vorhin schon haben verlauten lassen, daß man den Feind an solchen Orten aufsuchen täte, wo ihm nicht wohl beizukommen wäre. Ich kehre mich aber hieran gar wenig, sondern bleibe bei meiner Meinung, daß man tun müsse, was recht ist, und einen jeden was er will reden lassen sollte, weil es wider die gesunde Vernunft wäre, einem Feind eine Schlacht zu liefern, wenn man in eine Belagerung verwickelt ist" 342 ). Er mochte damit recht haben, daß sich während der Belagerung von Bethune eine wirkliche Chance für eine aussichtsreiche Begegnung mit dem Feind nicht geboten hatte. Aber war man nicht wirklich mit einer Strategie, die je nach den Maßnahmen des Gegners den Angriff auf diese oder jene ungedeckte Festung richtete, in ein „Labyrinth" geraten? Der Holländer Vegelin, der diese Besorgnis schon am 2. August geäußert hatte, war gegenüber der weiteren Verfolgung des Plans, die Operationen in Richtung auf das Meer zu entwickeln und von dort aus dann umfassend einen Durchbruch gegen Paris vorzubereiten, von vornherein skeptisch: er sah die Entstehung neuer französischer Linien von Arras bis zur See voraus, und schließlich würde der

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Verpaßte Friedenschance?

Feldzug mit der verlustreichen Einnahme einiger Orte dort auf der rechten Seite ein ganz unbefriedigendes Ende finden343). Man hat denn auch im Kriegsrat am Tage der Übergabe von Bethune nochmals erwogen, sich gegen Arras oder gegen Cambrai zu wenden, beides aber verworfen, weil im ersten Fall zunächst die französische Armee verdrängt werden müsse, es aber unmöglich sei, „an den Feind selbst zu kommen und sich in eine Aktion einzulassen, nachdem er zwischen zwei Wässern steht", und im anderen ein so weit zielender Vorstoß „wegen Beschaffung der vivres und Erzeugung der Fourage gar große Schwierigkeiten nach sich ziehen würde" 344 ). So fand man doch keinen anderen Ausweg, als sich den nächsten französischen Posten auf dem Wege zum Meer zuzuwenden. Aire und St. Venant boten sich da als Objekte, und obwohl die Ingenieure bei Aire warnend darauf hinwiesen, daß dort das unter Wasser gesetzte Gelände eine Attacke nur an einer Stelle erlaube, und man erfuhr, daß St. Venant erst vor zwei Jahren stark ausgebaut worden war, entschloß man sich, beide Orte gleichzeitig anzugreifen 345 ). Am 2. September brach man die bisherigen Lager ab und zog, nachdem man zunächst einen Marsch nach Süden gegen die französischen Stellungen vorgetäuscht hatte, in nordwestliche Richtung, um sich zwischen Villars und die beiden Festungen zu legen: am 4. bezog man Stellungen rechts der Lys, wobei die Armee Eugens, der selbst in Schloß Blessy seinen Befehlsstand nahm, den rechten Flügel mit Anlehnung an die Lys bei Therouanne bildete, während Marlboroughs Truppen sich links davon bis zur Nave bei Lillers ausdehnten. Ihnen gegenüber begnügte Villars sich damit, in ein neues Lager nördlich Hesdin zu rücken, von dem aus er Cambrai, Arras und die Plätze an der Somme deckte. Die Belagerungskorps wurden diesmal allein der Armee Marlboroughs entnommen, das größere, dessen Führung Leopold von Anhalt-Dessau übernahm, umschloß Aire, ein erheblich kleineres Detachement St. Venant. Es war ein sehr ärgerlicher Zwischenfall, daß in dem Kleinkrieg, mit dem der Gegner von verschiedenen Seiten die Unternehmungen zu stören suchte, ein von Gent her auf der Lys heraufgeschickter Transport mit Belagerungsmaterial durch ein französisches Detachement von Ypern aus überfallen und so gut wie vernichtet wurde 346 ). Im übrigen wiederholten sich im Kampf um die beiden Orte die Vorgänge vor Douai und Bethune: Angriffe und Gegenangriffe, langsame Fortschritte, schließlicher Erfolg. Ver-

Schwerer Kampf um Aire

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hältnismäßig rasch fiel St. Venant, doch hatten die Eroberer auch hier einen Verlust von etwa 900 Mann zu beklagen, und in der am 30. September unterzeichneten Kapitulationsurkunde gestanden sie den Verteidigern den Abzug in allen Ehren zu. Weit größere Schwierigkeiten bereitete Aire, das der Marquis de Goesbriant tapfer und umsichtig verteidigte, ja zeitweise schien es, als ob die Angreifer hier scheitern sollten. Nachdem am 19. September aus den in zwei Attacken in Stellung gebrachten Batterien das Feuer eröffnet worden war, kam es um die Festungsredouten zu für beide Seiten verlustreichen Kämpfen. Es erwies sich als nötig, den einen der Angriffsstreifen zu verlegen, mehrfach mußten angesetzte Stürme infolge des schlechten Wetters oder des Ausfalls von Grabenbrücken verschoben oder abgebrochen werden. Wenn Prinz Eugen sich anfangs sehr optimistisch über den Gang der Belagerung geäußert hatte 347 ), so brachte der Oktober mit seinen Regengüssen Enttäuschungen und unerwartete Rückschläge. Am 22. glaubte er endlich berichten zu können, daß man sich „auf der Contrescarpe logiert habe, wo man mit solchem Eifer die Attacke fortsetzt, daß nichts unterlassen wird, diesen Platz gleichfalls zu bezwingen, welches schon geschehen wäre, wenn das üble Wetter bis anhero uns nicht daran verhindert hätte" 348 ). Aber noch zehn Tage später stand man in erbittertem Kampf, und der Prinz mußte zugeben, daß es sehr langsam gehe und man bereits gewonnene Posten nicht habe „manutenieren" können 349 ). Im Lager aber war eine Krise ausgebrochen: schon gegen Ende September hatte Eugen in einem Billett an Sinzendorf grollend von den Leuten gesprochen, die an nichts als an die Beendigung der Campagne dächten und unter dem Vorwand des Mangels an Pulver den Abbruch des Unternehmens forderten, jetzt war es zwischen dem Prinzen von Anhalt und den holländischen Deputierten zu hellem Streit gekommen, und in einem Kriegsrat in des Prinzen Quartier am 28. Oktober hatten sich die meisten der englischen, holländischen und auch deutschen Generäle für die Aufhebung der Belagerung ausgesprochen. Aber grimmig lehnte der Savoyer, unterstützt von Marlborough, dies ab, er scheint sich selbst mit den Ingenieuren beraten, die Vorbereitungen für einen Hauptsturm getroffen und dafür 2000 Grenadiere zusätzlich herangezogen zu haben 350 ). Schon wollte Heems im Haag erfahren haben, daß auch dieser Angriff unter schweren Verlusten gescheitert sei, „und ist man" — wie er am 7. November nach Wien schrieb

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Verpaßte Friedensdiance?

— „allhier über den langsamen Fortgang dieser so viel Blut und Geld kostenden Belagerung sehr schwermütig" 351 ). In der Tat war eine sofortige Entscheidung nicht gefallen, aber als es bis zum Abend des 8. November gelungen war, drei Breschen in die Bastionen zu legen, bot Goesbriant am folgenden Tag die Kapitulation an, die noch am selben Abend, natürlich auf der Basis des Abzugs der Besatzung, unterzeichnet wurde. Sie hatte etwa 3000 Mann, die Alliierten aber mehr als das Doppelte als Abgang zu buchen352). An weitere Operationen war in diesem Jahr nicht mehr zu denken. Schon am 27. Oktober hatte der Prinz unter Hinweis auf das durch den dauernden Regen unwegsam gewordene Gelände neue Unternehmungen für eine „pure Unmöglichkeit" bezeichnet, und Marlborough war der gleichen Meinung: „Wir haben", so schrieb er am Tage nach dem Fall von Aire an Wratislaw, „endlich alle die Schwierigkeiten unserer Belagerung überwunden, die nur allzulang gedauert hat. Wenn die Saison für uns günstiger gewesen wäre, würden wir nicht hier Schluß machen, aber die Truppen haben zu sehr gelitten, um an neuen Einsatz zu denken, und so werden wir sie in die Winterquartiere schicken"353). Das geschah denn audi, wobei es wieder wie im Vorjahr hinsichtlich der kaiserlichen und pfälzischen Truppen zum Abschluß einer Konvention kam, die ihre Unterbringung und Verpflegung in Belgien sicherstellen sollte354). Bereits für den 14. November wurde die Aufhebung des Lagers befohlen, und mit den Truppen sind auch die beiden Feldherrn aufgebrochen 355 ). Am 16. langten sie in Tournai an, wo sie bis zum 19. blieben, über Gent ging es dann nach Brüssel, wo sie am Nachmittag des 20. eintrafen: hier galt es vor allem, die protestierenden Deputierten der südlichen Niederlande zur Billigung jener Konvention und zur Aufbringung der zu ihrer Ausführung erforderlichen Gelder zu bewegen 356 ). Für den 25. kündigte der Prinz dem Kaiser die Weiterreise nach dem Haag an, von Antwerpen aus erreichten Marlborough und er in der Frühe des 26. die bereitliegende Jacht zur Überfahrt nach Holland, und am Nachmittag des 28. November waren sie im Haag 357 ). Sie kamen nicht, wie wohl manche und vielleicht auch sie selbst bei ihrer Abfahrt ins Feld im April erwartet hatten, als triumphierende Sieger über die Bourbonen. Sie hatten immerhin vier wichtige Festungen bezwungen, aber den Todesstoß hatten sie Frankreich keineswegs versetzt. Und wenn sie zugeben mußten, daß die

Enttäuschendes Ergebnis des Feldzuges

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Armee Ludwigs XIV. ungebrochen an der Nordgrenze seines Königreichs stand, so war auch an anderen Fronten, an denen er sich seiner zahlreichen Gegner zu erwehren hatte, keine Veränderung der Lage eingetreten. Daß ihm durch eine Offensive in den Westalpen Gefahren erwachsen würden, hat auch der Prinz Eugen nicht erwartet, obwohl er es ja erreicht hatte, daß die preußischen Bataillone bei der dortigen Armee der Verbündeten verblieben waren. Man verhandelte weiter unter seemächtlicher Vermittlung mit Victor Amadeus über die Erfüllung von dessen politisch-territorialen Wünschen, ohne daß alle Punkte bereinigt werden konnten 358 ), und wenn Eugen auch Gerüchte über eine geheime Verständigung des Herzogs mit Frankreich nicht glauben wollte 359 ), so war er doch überzeugt, daß er vor der Annahme seiner Forderung keine Hand für die Fortsetzung des Krieges rühren werde. Und er verstand es durchaus, daß der Feldmarschall Daun, der die dort stehenden kaiserlichen Truppen kommandierte, einen Vorstoß angesichts der vom Feind zwischen dem Mittelmeer und Genf angelegten Befestigungen bald wieder abbrach: „Ich kenne freilich die Situation des dortigen Gebirges", so schrieb er ihm auf seine Darlegungen, „und weiß daher gar wohl, daß es weit besser sei, die Armee zu konservieren, als mit dem Kopf wider die Wand zu rennen" 380 ). Anders hat er dagegen über das Verhalten seines Stellvertreters am Oberrhein, des Grafen Gronsfeld, geurteilt, der einst im Feldzug von Zenta zu seinen Untergebenen gehört und an seiner Seite den kühnen Streifzug nach Sarajewo mitgemacht hatte, dem er jetzt aber so wenig Vertrauen entgegenbrachte, daß er ihn nicht nur durch einige seiner Unterführer, wie vor allem den Feldzeugmeister Prinz Karl Alexander von Württemberg, zu leiten suchte und beaufsichtigen ließ, sondern auch Offiziere seines Stabes veranlaßte, ihm hinter dem Rücken ihres Chefs über dessen Pläne zu berichten361). Seine Intention, so hatte er zwar auch Gronsfeld erklärt, sei es gewiß nicht, „daß man mit dem Kopf gegen die Mauer laufen und das ganze Römische Reich sakrifizieren oder aber ohne Fundament eine Entreprise vornehmen sollte" 362 ), aber er hatte erwartet, daß jene Abstellung kaiserlicher Regimenter nach den Niederlanden erfolgte, was der Feldmarschall hinauszuschieben wußte 363 ), oder wenigstens durch Vorstöße an dieser oder jener Stelle der Feind verhindert wurde, seinerseits Truppen aus dem Elsaß abzuziehen, und so fand die Untätigkeit Gronsfelds, der sich

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Verpaßte Friedensdiance?

mit vorsichtiger Beobachtung der Franzosen begnügte, bei ihm scharfe Kritik 364 ). Dabei hat der Prinz übrigens wieder wie im Vorjahr zeitweise große Hoffnungen auf einen von ihm schon in Wien ins Auge gefaßten und von den Niederlanden aus in geheimer Korrespondenz mit dem Prinzen von Württemberg und mit dem kaiserlichen Gesandten in der Schweiz Graf Trauttmansdorff vorbereiteten Anschlag gesetzt. Dieser sollte durch das plötzliche Erscheinen von wohl durch Schweizer Gebiet geleiteten kaiserlichen Truppen im südlichen Elsaß und Überrumpelung der dort den Zugang zu Burgund deckenden feindlichen Posten zum mindesten zu einer bedeutenden „Diversion" führen: wenn er zunächst für die Verzögerung „des bewußten Werks" das Unverständnis des dann auch eingeweihten Gronsfeld und Zwistigkeiten zwischen ihm und dem Württemberger verantwortlich machen wollte, so fiel bald darauf der ganze Plan in sich zusammen, als sich herausstellte, daß der in Rheinfelden stationierte Hauptmann Fischer, auf dessen Angaben und Angebote die ganze „Impresa" aufgebaut war, mit den Franzosen unter einer Decke steckte — die zugleich auch wieder, was man im kaiserlichen Lager nicht ahnte, durch den General Erlach auf dem laufenden gehalten worden waren 365 ). Jedenfalls endete so auch die diesjährige Campagne an den französischen Ostgrenzen für die Verbündeten mit zu gegenseitigen Vorwürfen führenden Enttäuschungen. Enttäuschungen und Vorwürfe standen aber auch am Ende von Anstrengungen und Vorgängen, die in diesem Sommer 1710 die Hoffnung auf eine günstige Wendung an ganz anderer Stelle und damit doch auf einen baldigen glücklichen Abschluß des Krieges nach den Wünschen der Habsburger hatten aufsteigen lassen. Wir sahen, wie sehr sich die Aufmerksamkeit der kaiserlichen Staatsmänner und Soldaten im Frühjahr auf den Krieg in Spanien konzentriert hatte. Während man zunächst nur mit den Engländern über die Zuführung von 1700 Rekruten für die kaiserlichen Regimenter auf der Pyrenäenhalbinsel und entsprechende englische Zahlungen verhandelt hatte— die Konvention hierüber wurde von Eugen und Marlborough am 14. April im Haag unterzeichnet 366 ) — waren von dem Prinzen in der Erwartung, daß man mit Frankreich Frieden schließen, den Krieg gegen Philipp von Anjou aber weiterführen werde, Pläne über eine erhebliche Verstärkung der Streitkräfte Karls III. entworfen worden 367 ). War ihre Verwirklichung

Vorgänge am Rhein und in Spanien

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indessen schon durch den Widerspruch der Holländer gegen eine „Separation" des Krieges zweifelhaft geworden, so fiel die Voraussetzung dafür durch das Scheitern der Gertruidenberger Friedensbesprechungen vollends fort. Gerade weil dabei die Neigung der Holländer zu irgendeiner Ausstattung des jungen Bourbonen deutlich geworden war, mußte freilich dem Wiener Hof auch jetzt dessen Niederwerfung als dringlich erscheinen, und wenn man natürlich dabei an eine Wegnahme Siziliens dachte, so wies doch die Erkenntnis, daß ohne Vertreibung Philipps aus dem eigentlichen Spanien das gesteckte Kriegsziel nicht zu erreichen war, auf die Notwendigkeit größerer Anstrengungen für den dortigen Kampf: nur glaubte man angesichts der Fortdauer des Krieges gegen Frankreich eigene Kräfte dafür nicht aufbringen zu können, und es war sehr die Frage, wieweit die Seemächte auf Vorhalt der in den Bundesverträgen übernommenen Verpflichtungen sich zu weiterer und erhöhter Hergabe von Geld und Truppen verstehen würden. Nun schienen aber erstaunliche Erfolge der Streitkräfte König Karls zum erstenmal Aussicht zu geben, daß, wenn man ihnen nur ausreichende Unterstützung zuteil werden ließ, der Habsburger in absehbarer Zeit über seinen Rivalen triumphieren könnte. Auf Grund von ersten günstigen Berichten hatte Eugen in einem Schreiben an des Königs Feldherrn Guido Starhemberg mit der Freude darüber, „das unter Dero weltberühmter Direktion die Sachen in Katalonien noch so gut gehen", dem festen Vertrauen Ausdruck gegeben, daß sie dank des Feldmarschalls „großer Kriegsexperienz noch besser gehen und durch Euer Excellenz gute Anführung noch viel Gutes zu hoffen sein wird" 368 ). Nun, bald darauf erfuhr man, daß Starhemberg am 27. Juli bei Almenara die feindliche Kavallerie geschlagen hatte, und einen Monat später kam die Nachricht, daß er und der Engländer Stanhope bei Saragossa am 20. August einen glänzenden Sieg erfochten und sich damit möglicherweise den Weg nach Madrid geöffnet hatten 369 ). Schon auf die Kunde von Almenara hatte Prinz Eugen im Haag und Wien vorgeschlagen, dem König aus Italien ein Korps von 8000 bis 10 000 Mann zur Verfügung zu stellen, wovon der Kaiser äußerstenfalls zwei Reiterregimenter aufbringen könnte 370 ). Vollends drängte er dann nach dem Eintreffen der Meldung von Saragossa, „soviel Truppen als immer möglich hineinmarschieren zu lassen, um bei dieser favorablen Konjunktur den

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Verpaßte Friedensdiance?

Duc d'Anjou endlich völlig aus Spanien zu verjagen und dem Krieg daselbst mit aller Gewalt ein Ende zu machen" 371 ). In den Verhandlungen mit den Seemächten ergaben sich nun freilich sofort Anstände und Auseinandersetzungen: sie hielten dem Kaiser vor, daß er zu wenig für seinen Bruder tue, sie forderten noch weitere Regimenter aus seiner Armee über jene Kavallerie hinaus, sie verweigerten zudem die Übernahme der Verpflegung für sie. Der Prinz hatte zugleich die Expedition gegen Sizilien in Vorschlag gebracht, für deren Durchführung er auch bereits mit dem Feldmarschall Daun in einen Gedankenaustausch eintrat: hier fand er freilich rasch bestätigt, „daß man alliierterseits nicht recht daran will, um jedesmal ein Stück Landes in Händen zu haben, den Frieden nach Belieben, wenn man will, zu präzipitieren" 372 ). Wie weit er bereit war, hinsichtlich der Verschickungen nach Spanien über die ersten Angebote kaiserlicher Truppen hinauszugehen und Holländern und Engländern Zugeständnisse zu machen, läßt sich aus den zahlreichen Korrespondenzen, die er darüber mit Wien, Barcelona, London und dem Haag führte 373 ), mit Sicherheit kaum ersehen, aber sicher lag es nicht nur an seiner vorsichtigen Taktik, daß man nicht weiter kam, sondern zum mindesten nicht weniger an den seemächtlichen Verhandlungspartnern. Noch war keine Einigung erfolgt, als er sich nach dem Fall von Aire auf den Weg nach dem Haag machte, wo er, wie er König Karl beteuerte, alles anwenden wollte, um dessen Interesse zu befördern. Doch nun kamen auch noch von diesem Mitteilungen über einen Umschlag des Kriegsglücks: er hatte zwar Ende September in Madrid einziehen, die Verbindung mit den verbündeten Portugiesen aber nicht herstellen können, und im November sah er sich genötigt, das ihm offensichtlich feindlich gesinnte Kastilien mit der Hauptstadt wieder zu räumen — von einem bevorstehenden Zusammenbruch der Herrschaft des Bourbonen konnte keine Rede sein! So rasch wie möglich, so hatte der Prinz am 22. August an den Grafen Sinzendorf geschrieben, sollte man einen Sukkurs nach Spanien schicken, aber die Lage in England und die Unsicherheit im Norden stelle es in Frage 374 ). Das waren die beiden großen politischen Sorgen, die im Sommer und Herbst dieses Jahres ihn nicht weniger belasteten als die militärischen Vorgänge. Denn vom Norden drohte erneut eine gefährliche Vermischung der beiden europäischen Krisen und Kriege, die Frankreich eine bedeutende Ent-

Möglichkeit eines Auseinanderfalls der Allianz

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lastung bringen konnte. Wenn hier immerhin die Interessen der Alliierten weitgehend die gleichen zu sein schienen, so wies die innere Entwicklung in England — weit schlimmer — auf die Möglichkeit eines Auseinanderfalls der Allianz und der Abwendung der Macht vom Kriege und damit von der Sache der Habsburger hin, mit der eng vereint man in den letzten Jahren Europas Geschick in bestimmte Richtung gelenkt und deren finanzieller und militärischer Unterstützung man nicht zum wenigsten den eigenen Vormarsch in Deutschland, Italien und den Niederlanden zu verdanken hatte. Noch mehr, als es schon durch die Friedensverhandlungen geschehen war, mußte sich damit aber auch der Schwerpunkt der Aufmerksamkeit und des politischen Handelns des Kaiserhofes nach den Niederlanden verlegen, wo die Fäden von Frankreich und Spanien ebenso zusammenliefen wie die aus England und aus dem Norden. So sah sich der kaiserliche Feldherr weit mehr, als er erwartet hatte, an die politische Front gestellt, an der es ebenso gründliche Überlegungen anzustellen und Entscheidungen zu treffen galt wie an der militärischen. Zunächst hatte ja noch der im Haag verbliebene Sinzendorf das politische Geschäft betreiben können. Aber einmal war er gehalten, in allen wichtigen Fragen die Meinung des Prinzen zu berücksichtigen, und dann mochten vertrauliche Besprechungen, die dieser jederzeit im Feldlager mit Marlborough und den holländischen Deputierten halten konnte, von gleichem, wenn nicht größerem Gewicht sein als des Grafen Besprechungen mit Heinsius, Townshend und anderen Größen und Gästen des Haager politischen Theaters. Zudem war abgemacht gewesen, daß der H o f kanzler, der ja auch zu Hause dringend benötigt wurde, so bald wie möglich nach Wien zurückkehren sollte, und er selbst hielt den Zeitpunkt für diese schon längst von ihm erstrebte Heimreise für gekommen, als sich die Verhandlungen in Gertruidenberg hoffnungslos festgelaufen hatten. Angesichts der sich durch jene beiden Vorgänge immer mehr komplizierenden allgemeinen Lage hat Eugen dazu nur sehr ungern seine Zustimmung gegeben, wenn auch andererseits gerade deshalb eine ausführliche, unmittelbare Unterriditung der Zentrale zur Herstellung einheitlicher Willensbildung und rascher Instruktionserteilung geboten schien. Eindringlich aber hat er Sinzendorf seit Anfang Juni beschworen, sich vorher in Tournai oder nach dem Fall von Douai dort einzufinden, „wo in ein- oder anderem Ort mich mit dem Mylord Duc auch einfinden und uns

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Verpaßte Friedensdiance?

über ein- und anderes unterreden wollten, indem wir ohne das in meiner Anwesenheit im Haag gar wenig Zeit gehabt haben, miteinander zu reden und hingegen des Kaisers Dienst erfordert, sowohl vom gegenwärtigen Stand der Sachen als, wie etwa künftig die Negoziation zu führen, eine vollkommene Unterredung zu pflegen" 375 ). Noch hat die Verzögerung der Abreise der französischen Gesandten aus Gertruidenberg Sinzendorf bis Mitte Juli im Haag zurückgehalten, doch dann ist er zu der Konferenz, als deren wichtigste Gegenstände ihm der Prinz bereits neben den Folgen des Scheiterns des Präliminarvertrags den gegenwärtigen Zustand in England und die Angelegenheiten des Nordens bezeichnet hatte 376 ), am 20. Juli in Rebreuve eingetroffen, wo er bis zum 27. blieb. Das Ergebnis der Beratungen, an denen mitunter auch Marlborough teilnahm, waren Denkschriften über die verschiedenen zur Diskussion gestellten Punkte, die am 23. und am 27. dem Hofkanzler voraus nach Wien geschickt wurden 377 ). Sinzendorf ist noch einmal nach dem Haag zurückgekehrt, wo er wohl noch über eine Woche blieb; in Wien, wo er zuerst am 24. August nachzuweisen ist, hat er dann am 27. begonnen, vor der „im Garten" Wratislaws versammelten geheimen Konferenz seinen Bericht zu erstatten 378 ). So war im Westen Eugen nur auf die Hilfe des Freiherrn von Heems angewiesen, der nach des Prinzen Urteil zwar ein emsiger und vernünftiger Mann von viel Kapazität war, aber nicht die Autorität haben konnte, wie sie ein Minister wie Sinzendorf besaß 379 ). Der Savoyer hatte daher in Rebreuve Sinzendorf darauf festzulegen gesucht, daß er sobald wie möglich wieder in den Haag komme, spätestens zu Ende der Campagne, da er selbst sich dann „im Geringsten nicht aufhalten" könne und seinerseits nach Wien eilen werde. Fast in jedem Brief hat er seitdem die Mahnung auf baldiges Wiedersehen des Hofkanzlers wiederholt 380 ). Vorerst aber lag nun auf ihm die ganze Last der Geschäfte, und es ist schon erstaunlich, wie er sie bewältigt hat, in ständiger ausführlicher Berichterstattung an den Kaiser und an König Karl, in persönlichen Briefen an Sinzendorf und gewiß auch an Wratislaw — wieder vermißt man schmerzlich das Fehlen dieser wichtigen Quelle — in eingehendem Gedankenaustausch mit Heems im Haag und mit Gallas in London und in noch so manchen weiteren Korrespondenzen. An ihm hat es gewiß nicht gelegen, daß sich die Dinge nicht günstiger für die Sache seines Herrn entwickelten.

Des Prinzen politische Haltung

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In den Beratungen zu Rebreuve hat man sich zunächst mit Gertruidenberg beschäftigt, von wo zu jenem Zeitpunkt die Franzosen noch nicht abgereist waren: es handelte sich dabei wohl auch darum, das Fernbleiben Sinzendorfs von den dortigen Konferenzen zu rechtfertigen, das man in Wien mißbilligt hatte 381 ). Im ganzen war man doch recht befriedigt, daß sich „die durch den Pensionario und seine Partei bisher geführten principia" schließlich in Holland wieder durchgesetzt hatten, so sehr man manche auch von Heinsius vertretenen Ideen für gefährlich hielt 382 ), und man war entschlossen, ihn und seine Anhänger weiterhin „auf alle erdenkliche Weise zu kultivieren". Im übrigen mußte die seit dem Frühjahr befolgte Politik fortgesetzt werden, nämlich — wie der Prinz einem Korrespondenten im Haag schrieb — die Verstimmung über die Unnadigiebigkeit der Franzosen auszunutzen, um alle Verbündeten dahin zu bringen, entschlossen und mit äußerster Konsequenz den Krieg zu führen und nicht mehr so leicht ohne Sicherung der unabdingbaren Friedensgrundlagen neuen Propositionen der Gegenseite das Ohr zu leihen, da nur eine solche feste Haltung deren Sprache ändern und den Weg zu einem ehrenvollen und vernünftigen Frieden bahnen werde 383 ). Wenn man sich hier im Grunde damit begnügen konnte, Vollzogenes zu registrieren und zu beurteilen, so warfen jene beiden anderen Gegenstände, zu deren Besprechung man zusammengekommen war, eine Reihe von Problemen auf, deren Lösung nicht einfach war und unter Umständen verhängnisvoll werden konnte. Die Vorgänge im Norden und Osten Europas hatten ja schon seit des Schwedenkönigs Niederlage bei Poltawa und seiner Flucht in die Türkei Anlaß zu schweren Besorgnissen gegeben. Den Kaiser unmittelbar mußte es wohl am meisten berühren, wenn es Karl XII. gelang, die Pforte zum Eintritt in den Krieg an seiner Seite zu bewegen, denn dann bestand die Möglichkeit, daß die inzwischen zu neuen Kräften gelangten Besiegten von Zenta entweder sofort oder nach ersten Erfolgen über die Russen sich auch gegen Osterreich wandten: nichts konnte mehr im Interesse der Bourbonen liegen, und es war nicht abzusehen, was für Folgen ein solcher Angriff für die Lage in dem noch immer nicht völlig gebändigten Ungarn und für den Krieg im Westen haben würde. Befürchtungen in dieser Richtung, die Eugen im vergangenen Winter in Wien die Zulassung des Ritts Karls X I I . durch die kaiserlichen Lande nach 24 Braubadi, Prinz Eugen

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Verpaßte Friedenschance?

Norden anraten ließ, um seinen Einfluß auf Sultan und Großvezir auszuschalten, kehren in seiner Korrespondenz aus dem niederländischen Feldlager mehrfach wieder: er war der Ansicht, daß man vor allem die Türken nicht reizen, deshalb auch nicht möglicherweise bekannt werdende Vorbereitungen für eine Erneuerung des alten Bündnisses mit Rußland, Polen und Venedig gegen die Ungläubigen treffen, sondern die Pforte von der eigenen Loyalität überzeugen und zugleich auch durch diplomatische Einwirkung jenen Plänen des schwedischen Königs entgegenwirken sollte384). Er atmete auf, als Nachrichten aus Konstantinopel die dort bestehende Neigung zur Aufrechterhaltung des Friedens versicherten, womit, wie er befriedigt feststellte, Schweden und Frankreich das Konzept verdorben und von dort „wenigstens nicht so bald etwas zu besorgen sein" werde 385 ). Akuter war denn auch von Anfang an die Gefahr, daß aus dem neuerlichen Zusammenschluß des Zaren mit August dem Starken und dem dänischen König und ihrem Vorgehen gegen die zum Reich gehörenden schwedischen Lande in Norddeutschland sowie durch Anschluß oder auch Gegenwirkung deutscher Fürsten sich dort ein Krisenherd bildete, der schon allein durch die Abziehung von Subsidienkontingenten aus den alliierten Armeen den Krieg im Westen ungünstig beeinflussen konnte. Nach Eugens Überzeugung, der er immer wieder Ausdruck gab, mußte man dem rechtzeitig vorbeugen und Maßnahmen treffen, damit „das ausgebrochene Feuer sogleich in seiner ersten Furie mit aller Gewalt gedämpft" werde 386 ). Schon vor seinem diesem Zweck dienenden Auftreten in Berlin war nun am 31. März 1710 im Haag von Sinzendorf mit den Engländern und Holländern ein „Konzert" vereinbart worden, das die Neutralisierung des Reichsgebietes im Norden und zu deren Beachtung die Aufstellung eines „Nordischen Allianzkorps" durch die Verbündeten und die interessierten Reichsstände vorsah 387 ). Auch hiervon und von der Beteiligung Preußens ist während der Anwesenheit des Prinzen in Berlin gesprochen worden 388 ). Einen Stoß gegen eine solche alle Komplikationen hintanhaltende Neutralität hat er zunächst in erster Linie von Karl X I I . erwartet, der sich angeblich nun mit Rußland verständigen wollte und nach seiner Rückkehr „unfehlbar was anfangen wird, da niemand seine Capricen ergründen kann" 389 ). Derartigen überraschenden Aktionen vorzubeugen, hat man zeitweise daran gedacht, das nach Vorpommern gelangte schwedische Korps des

Nordische Neutralität

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Generals Krassow in eigenen Sold zu nehmen und damit gewissermaßen an die Leine zu legen390), doch konnte, zumal sich das nicht verwirklichen ließ, als beste Sicherung der Ruhe des Nordens gegen jeden Störer nur die Bereitstellung jener Armee gelten, über deren Zusammensetzung im Haag und dann auch bei dem Besuch Sinzendorfs im Hauptquartier beraten wurde. Die Einigung hierüber auf der Basis der in Rebreuve mit Eugen und Marlborough getroffenen Verabredungen herbeizuführen, ist der Grund gewesen, daß Sinzendorf sich nach diesen Besprechungen noch einige Zeit im Haag aufhielt, und hier ist in der Tat am 4. August ein zweites Konzert geschlossen worden, das die Bildung eines Korps von 15 000 bis 16 000 Mann je zur Hälfte durch die Seemächte und durch die Reichsstände vorsah 391 ). „Wie aber", so hatte der Prinz in Rebreuve geäußert, „diese Truppen postiert werden sollten, das ist jetzo noch nicht abzusehen, sondern es muß der casus erwartet, inzwischen aber die interessierten Fürsten und Stände ersucht werden, alles in ihren Ländern in Bereitschaft und so nahe als möglich beisammen zu halten." Während er sofort zur Erfüllung der auf den Kaiser fallenden Quote die beiden Kavallerieregimenter Lobkowitz und Emanuel von Savoyen bestimmte, die von der Reichsarmee nach den Niederlanden hatten abgezogen werden sollen, und ihnen die Weisung zugehen ließ, Ende September den Marsch nach Schlesien anzutreten, fand er sich in der Erwartung, „daß nach diesem Exempel die übrigen Konföderierten außer Preußen und Hannover, welche in der Nähe sind, ihre quanti gleichfalls anrücken lassen werden", getäuscht. Mit wachsender Unruhe beobachtete er, wie vor allem England in der Anordnung der von ihm aufzubringenden Bataillone sich lässig zeigte. Zwar hatte sich die Sorge vor einem Eingreifen des Schwedenkönigs verflüchtigt, aber nun hielt man Gewaltaktionen seiner Gegner für möglich: je eher je besser, so schrieb Eugen am 23. Oktober an Heems, solle das Allianzkorps zusammentreten, er fürchte aber, „nachdem ratione Schweden für den gegenwärtigen Winter die Gefahr etwas erloschen, daß man eher nichts tun werde, bis nicht der Feind vor der Türe sei, gleich man ohne das schon anfängt zu retraktieren" 392 ). Weniger dringlich fand er die Entscheidung der Frage, wem das Kommando übertragen werden sollte: man hatte an den Kurfürsten von Hannover gedacht, aber da erhob sofort Preußen Einspruch und ließ durch Schmettau im Haag und durch Grumbkow im 24*

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Verpaßte Friedenschance?

niederländischen Hauptquartier den eigenen Kronprinzen in Vorschlag bringen. Man solle, so schlug der Prinz darauf dem Kaiser vor, „dieses Kommandowesen" den Seemächten zur Behandlung überlassen, „damit, wenn es ersagtem König oder aber dem Kurfürsten abgeschlagen wird, Euer Kaiserliche Majestät alles Unwillens und disgusto, so man sonst auf Dieselben haben möchte, entladen wäre". Wichtig war ihm da nur, daß sofort ein kaiserlicher General zur Stelle war, der auch das Interimskommando führen konnte: der Auftrag ging noch im Herbst an den General der Kavallerie Graf Fels von Colonna 393 ). Hing die Unlust, die man von englischer Seite auch in dieser Angelegenheit zeigte, mit den höchst unerwünschten Veränderungen zusammen, die sich inzwischen in der englischen Regierung anbahnten und vollzogen? Von der Insel aus zog ein Unwetter auf, dessen Ankündigungen die Gemüter in Wien und in den Quartieren an Scarpe und Lys in diesem Jahre sinkenden Erfolgs und steigenden Mißvergnügens am meisten erregten. Würde man seine Entladung verhindern können? Wir haben schon von den ersten Anzeichen des Umschwungs gesprochen, dessen Ursachen vielfältiger Art waren 394 ). In den Krieg war England durch ein Ministerium aus gemäßigten Tories und Whigs geführt worden, als dessen bedeutendster Kopf der Schatzkanzler Godolphin gelten konnte: er war ebenso wie Marlborough, mit dem er sich eng verband, ursprünglich ein Tory gewesen, beide hatten sich indessen mit den auf wirtschaftliche Expansion drängenden Whigs in dem Bestreben zusammengefunden, Vorherrschaft und Einfluß des französischen Rivalen in Europa und in der Welt zu brechen. Die Whigs hatten des Feldherrn kühne Politik und Strategie auf dem Festland gestützt, ihrerseits aber seine dadurch erlangte Autorität ausgenutzt, um im Inneren ihre Parteiherrschaft aufzurichten, die manche Angriffsflächen bot und vor allem die Anhänger der anglikanischen Hochkirche erregte. Die Opposition zog auch Nutzen aus wachsender Kriegsmüdigkeit, aus der Enttäuschung darüber, daß die so hoffnungsvoll begonnenen Besprechungen im Haag und in Gertruidenberg nicht zu dem erwarteten glorreichen Frieden geführt hatten: sollte man weiter fechten und große finanzielle Opfer bringen, nur, um den hochmütigen Habsburgern ferne Königreiche und den kleinlichen Holländern eine Erweiterung ihrer Barriere zu verschaffen oder auch

Umsdrwung in England

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um die Ruhmsucht eines Mannes zu befriedigen? Audi Marlboroughs Autorität war erschüttert, und ihm entzog jener Weiberzwist bei Hof, in dem seine Frau der den Tories zuneigenden Abigail Masham unterlag, Vertrauen und Unterstützung der Königin Anna. Seit dem Frühjahr 1710 mehrten sich Proteste und Demonstrationen gegen die Regierung, in Petitionen wurde die Wiederherstellung von Thron und Kirdie in ihren angeblich bedrohten Rechten und Neuwahlen für das Parlament gefordert, und erste vom Hof ausgehende Personalveränderungen, wie die Ernennung des Herzogs von Shrewsbury zum Oberstkämmerer, mußten auch Optimisten im Lager der Whigherren und ihrer Freunde im In- und Ausland darüber belehren, daß ihre Macht erschüttert war. So hat denn auch schon Anfang Mai Prinz Eugen im Lager vor Douai seinem englischen Freund und Kampfgefährten die besorgte Frage gestellt, ob der Wechsel in der Charge des Oberstkämmerers „der gemeinen Sache was Schädliches jetzo oder inskünftig und nidit etwa eine noch mehrere Mutation nach sich ziehen möchte", und die Antwort Marlboroughs, daß der „durch die Intrigen der bewußten Favoritin" bewirkte Vorgang zur Zeit zwar keine gefährlichen Folgen haben dürfte, „wohl aber große Confusiones noch verursachen könnte", war kaum dazu angetan, ihn zu beruhigen 395 ). Bald schon gab es denn auch neuen Alarm: gerade hatte er auf Grund von Unterhaltungen mit dem offenbar selbst tief beunruhigten Marlborough ein Schreiben an Sinzendorf diktiert, in dem er die Möglichkeit erwähnte, daß in einem neuen Parlament die Tories die Oberhand gewinnen und sich dann von englischer Seite „eine Präzipitanz zum Frieden" zeigen werde, als er durch einen Brief des Grafen Gallas erfuhr, daß am 24. Juni der Staatssekretär Sunderland, Marlboroughs Schwiegersohn, entlassen worden war. Was, so fragte sich der Prinz, konnte man tun, um die sich hier ankündigende Lawine aufzuhalten? Was das Verhalten des selbst ihn um Rat fragenden Lord-Herzogs betraf, so hielt er es in Obereinstimmung mit ihm für das beste, „zu dissimulieren und keine Resolution zu ergreifen, damit die Sache nidit weiter gehen möchte, vornehmlich aber aus dem Absehen, um Zeit zu gewinnen, bis die Campagne vorbei sei, und das Parlament zu erhalten", das heißt dessen Auflösung abzuwenden. Von Wien erbat er indessen sofortige Anweisung an Gallas, „daß er unter der Hand, jedoch mit genauer Obsicht, der Königin andurdi keinen H a ß zu erwecken,

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Verpaßte Friedenschance?

gegenwärtiges Gouvernement appuyieren sollte, um die befürchtete Kassation, wenn sich das Parlament versammeln würde, andurch zu verhindern" 396 ). Nichts hat denn auch ihn und Sinzendorf bei dessen Anwesenheit im Feldlager im Juli mehr beschäftigt als die Lage in England und die Frage, wie man sich angesichts des dortigen „verwirrten Zustandes" verhalten sollte. Nach den aus London eingetroffenen Nachrichten zweifelte man nicht mehr daran, daß die Königin „die Whigs mit der Marlborougschen Partei länger nicht mehr ausstehen und leiden kann", daß aber vorerst noch „eine wiewohl wenige Konsideration für die Person des Mylord Duc" die Auflösung des Parlaments und die Entlassung weiterer Minister verhindert habe. Spätestens für den Winter mußte man jedoch, falls am englischen Hof nicht ein völliger Gesinnungswechsel eintrat, damit rechnen. War man in den letzten Jahren eng mit England zusammengegangen, um Holland bei der Stange zu halten, so galt es, wie man meinte, jetzt, da glücklicherweise die Friedenspolitik der Generalstaaten Schiffbruch erlitten hatte, sich mit ihnen, die eher von den Whigs als von den Tories eine Unterstützung ihrer Forderungen und Wünsche erwarteten, zu gemeinsamer Einwirkung in London zusammenzuschließen. Von sich aus hatten die Holländer sich bereits bei der Königin vor allem für Marlborough verwendet, der sich bei allen Alliierten großen Vertrauens erfreute, und in Rebreuve war man der Auffassung, daß ähnliche Schritte von kaiserlicher Seite unternommen werden sollten. Doch kaum hatte Sinzendorf das Hauptquartier verlassen, als man erfuhr, daß jene holländische Demarche sehr ungnädig aufgenommen worden war und daß, wie der „ganz unvermutet" am Nachmittag des 30. Juli den Prinzen aufsuchende Marlborough voll Bestürzung berichtete, „es aller Apparenz nach auf die äußerste Spitze ankommen" werde, mit anderen Worten, die Lawine unaufhaltbar weiter rollte 397 ). Sollte man nun die am 1. August bei dem Prinzen einlaufende kaiserliche Note mit mahnenden Worten gegen eine Änderung der englischen Politik in London überhaupt überreichen lassen, würde sie nicht das Gegenteil dessen hervorrufen, was man damit beabsichtigte? Nach Besprechungen mit Marlborough hat Eugen Gallas doch dazu ermächtigt, ihn aber angewiesen, dabei den Text so zu erläutern, daß man nicht von dem Versuch einer Einmischung in innere Angelegenheiten des verbündeten Hofes sprechen könne 398 ). Die Aufnahme war indessen alles andere als freundlich,

Stützungsversuche für Marlborough

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und die im August verfügte Entlassung Godolphins, der bald die befürchtete Auflösung des Unterhauses und die Umbildung der ganzen Regierung folgten, bestätigte den Sieg der Tories und damit der Kreise, denen man die Absicht zum Bruch der Haager Allianz nachsagte. Nunmehr, so schrieb der Prinz am 28. August an Gallas, gerate von England aus Europa in augenscheinliche Gefahr, und es könnte sich leicht ereignen, daß Frankreich noch die Oberhand gewinne 399 ). Alle seine Hoffnungen und Befürchtungen kreisten um Person und Stellung des Waffengefährten. Mit Mißtrauen beobachtete er das Erscheinen und Auftreten des jungen Herzogs von Argyle bei der Armee, der bisher als Anhänger Marlboroughs gegolten hatte, nun aber, wie der Prinz Gallas mitteilte, „eine sehr seltsame und wunderliche Conduite" führte, indem er „wider den Mylord Duc schlimme und nachdenkliche Reden ausgieße", ja wohl gar, um ihm zu schaden und Zwietracht zu säen, behauptete, der kaiserliche Feldherr sei auf seinen Kameraden gar nicht mehr gut zu sprechen400). Aus London eintreffende Nachrichten, wonach man beabsichtige, das Kommando des Heeres dem Kurfürsten von Hannover, Erben des englischen Thrones, zu übertragen, haben den Prinzen in seinen Briefen an Gallas zu sofortigem heftigem Protest bewogen, der mit einer persönlichen Freundschaftserklärung für Marlborough verbunden war: wenn die übelgesinnten neuen Männer in London diesen Plan gewiß nicht aus Neigung zu dem von ihnen gar nicht geschätzten Weifen verfolgten, sondern um Marlborough zu überstürzter Resignation zu bringen, so richte er sich zugleich gegen ihn selbst, „denn Euer Excellenz im Vertrauen zu sagen, werde ich unter dem gedachten Kurfürsten gewiß nicht dienen, denn eben jetzo bloß aus Liebe und Eifer zu Ihro Kaiserlichen Majestät und des gemeinen Wesens Dienst hierher gegangen bin, und daß der Mylord Duc mein spezial guter Freund sei, mit welchem mich wohl verstehe und durch das gute Vernehmen alle anderen Unanehmlichkeiten nicht achte; denn Sie können selbst wohl erachten, nachdem er den größten Teil der Armee kommandiert, daß der geringere Teil, so unter mir steht, meinem caracteri eine schlechte Figur macht, und noch unerträglicher und unmöglich würde es mir aber sein, unter dem Kurfürsten zu stehen, weil es ein großer Unterschied ist, das Kommando aufteilen und unter einem dienen, zuförderst aber welcher, wie Euer Excellenz nicht unbekannt, den Krieg nicht ver-

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Verpaßte Friedenschance?

steht und, wie ich ihn kenne, einen Humor hat, mit dem midi nicht verstehen könnte" 401 ). Nun war wohl keine Gefahr vorhanden, daß Georg Ludwig selbst auf den Vorschlag einging, und Eugen glaubte dann zeitweise beruhigende Versicherungen, die der von London nach dem Haag entsandte Lord Rivers den Holländern über die Fortführung der bisherigen Politik und auch die Beibehaltung der militärischen Führung machte, darauf zurückführen zu können, „daß der Mylord Duc bei all dieser englischen Verwirrung sich so wohl aufgeführt und nichts präzipitiert, mithin den übel Intentionierten ihr schlimmes Absehen hierunter fehlgeschlagen"402). Aber dann hörte man nicht nur, daß Marlboroughs Verbindungsmann im englischen Kriegssekretariat, sein ehemaliger Sekretär Cardonel, entfernt worden war, sondern es benahmen sich auch im Feldlager englische hohe Offiziere ihm und dem mit ihm eng verbundenen Cadogan gegenüber in einer Art, aus der ihr Wissen um seinen bevorstehenden Sturz deutlich hervorzugehen schien. Und Marlborough selbst, der schon Ende August dem General von der Schulenburg resigniert von seiner künftigen Ersetzung durch den Lord Ormonde gesprochen hatte, geriet immer mehr in eine Stimmung der Verzweiflung: er verzehrte sich vor Kummer, so berichtete der holländische General Albemarle dem Ratspensionär Heinsius, denn alle Engländer kehrten ihm den Rücken, obwohl keiner unter ihnen sei, dem er nicht Gutes erwiesen habe, und so sei es ein trauriges Bild, das der arme Mann biete, den allein der Prinz Eugen mit Zeichen größerer Freundschaft und wärmerer Hingabe umgebe als je zuvor 408 ). Noch weckte das Ausbleiben der Abberufung einige Hoffnung, und Marlborough hat sich im November in einem Brief an Wratislaw wieder zuversichtlicher gegeben: man müsse sehen, was der Winter bringe, und wenn auch Frankreich alle seine Hoffnungen nun auf England setze, so nehme er an, daß es sich täuschen werde 404 ). Merkwürdigerweise hat Eugen zur gleichen Zeit eine günstige Wendung in erster Linie von einem Eingreifen des ihm so wenig sympathischen Kurfürsten von Hannover erwartet, der um der Erhaltung seiner eigenen Ansprüche willen entweder in eigener Person oder doch wenigstens durch nachdrückliche schriftliche Vorstellungen die Königin vor der Entlassung ihres so hochverdienten Feldherrn und dem Abfall von der Allianz warnen sollte405). Alles auch in dieser Beziehung zu überlegen und „ein rechtes Konzert" darüber zu treffen, „was dieses verwirrten

Verhandlungen im Haag Ende 1710

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englischen Zustandes halber eigentlich zu tun sei", schien ihm die Hauptaufgabe bei den Besprechungen im Haag, die nach seinem und Marlboroughs Eintreffen dort beginnen sollten; für den von Wien zurückerwarteten Sinzendorf hatte er um Vollmacht gebeten, falls man es für gut finden würde, ihn unter irgendeinem Vorwand weiter nach Hannover reisen zu lassen, um mit dem Weifen das Nötige abzusprechen. Als die beiden Feldherrn am 28. November im Haag ankamen, fanden sie Sinzendorf dort vor: er war zwar recht „unlustig" gewesen, Wien wieder zu verlassen, hatte sich aber dem Befehl des Kaisers beugen müssen und war schon vor Mitte November im Haag eingetroffen 406 ). Noch im September hatte Prinz Eugen — wohl in der damals von ihm gehegten Hoffnung einer raschen Bezwingung von Aire — mit der Möglichkeit gerechnet, daß dieses Jahr doch noch mit einer Art Kapitulation des ja zweifellos erschöpften Feindes enden könnte: es handelt sich darum, so hatte er damals Sinzendorf geschrieben, diese große Affäre, die durch die verschiedensten guten und schlechten Umstände verwickelter scheint als je, zu beenden und so vor Marlboroughs Rückfahrt über das Meer dafür alles zu verabreden; er zweifele nicht, daß es diesen Winter zu Verhandlungen kommen werde 407 ). Aber der von seinem englischen Freunde geäußerte Zweifel, ob man von Versailles neue Friedensschritte unternehmen werde, bevor man Klarheit über die Entwicklung in London gewonnen habe, erwies sich als richtig, im Haag lag nicht das geringste Anzeichen dafür vor, daß die Franzosen sich unterwerfen würden. So brauchte man davon auch nicht zu sprechen. Was dann die Mittel betraf, mit denen man etwa den Umschwung in England entgegenwirken konnte, so fand der Prinz ein Schreiben des Kaisers vor, in dem eigene Schritte in Hannover abgelehnt wurden: Rivers sei inzwischen dort eingetroffen, „allwo das Geheimnis aller Sachen außer Zweifel wird entdeckt und dergestalten abgeredet worden sein, daß des Kurfürsten Liebden schwerlich ein mehreres tun oder sich auf was anderes wird bereden lassen", eine Mission Sinzendorfs zu ihm werde aber in London nur Verdacht und Unwillen erregen 408 ). Natürlich hat man in den fast täglich stattfindenden Konferenzen mit den Holländern und Marlborough nach anderen Möglichkeiten gesucht, das Unheil zu wenden, aber schließlich kam man, wie der gemeinsame Bericht Eugens und Sinzendorfs vom 10. Dezember feststellt, zu der Erkenntnis,

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Verpaßte Friedensdiance?

daß man auch hier nichts tun konnte als abwarten 409 ). Marlborough bezweifelte selbst, ob es möglich sein würde, einen Mittelweg zwischen den beiden Parteien zu finden und sich so zu halten, er zeigte sich ungemein niedergeschlagen und „kleinmütig", und man konnte ihm nur zusichern, daß Gallas angewiesen werde, engen Kontakt mit ihm zu halten und ihn in jeder Beziehung zu unterstützen. Als ob trotzdem mit seiner Rückkehr zur Armee zu rechnen sei, hat man sich dann mit der „Einrichtung des künftigen Kriegs-Systematis" beschäftigt, wobei offensive Operationen in den Niederlanden und in Spanien in Aussicht genommen wurden. Wohl im Zusammenhang mit der Tatsache, daß Königin Anna in der Rede, mit der sie am 25. November das neue, wie erwartet von den Tories beherrschte Parlament eröffnet hatte, von der Notwendigkeit energischer Fortführung des Krieges in Spanien gesprochen hatte, waren es die Hilfsmaßnahmen für diesen Kriegsschauplatz, die vor allem die Besprechungen ausfüllten. Aber gerade da taten sich scharfe Gegensätze auch zwischen den Männern auf, die an sich an der Allianz und ihrem Programm festhalten wollten. Gegenseitig warf man sich vor, die übernommenen Verpflichtungen nicht erfüllen zu wollen. Wenn die Österreicher zunächst auch jede weitere Entsendung von Truppen über die bereits zugesagten 2000 Mann Kavallerie hinaus als unmöglich erklärten, so wichen sie, um es nicht zu einem „Generaldisconcerto" in der Allianz kommen zu lassen, insoweit zurück, als sie noch die Bereitstellung von vier Bataillonen unter der Voraussetzung der Übernahme von Rekrutierungs- und Transportkosten durch die Seemächte in Aussicht stellten: von einer Einigung hierüber aber war man noch weit entfernt. Und ebenso gab es hinsichtlich der Aufbringung der Kontingente für das nordische Neutralitätskorps so viele Schwierigkeiten, daß man sie zunächst nur auf dem Papier errechnete und den nordischen Mächten und Fürsten ankündigte, daß man sie marschieren lassen werde, wenn die Jahreszeit es erlaube und die N o t es erfordere. Das war das magere Ergebnis der Beratungen von etwa zehn Tagen. Länger hatte Prinz Eugen unter keinen Umständen im Haag bleiben wollen, wo ja nun weiterhin wieder Sinzendorf, unterstützt von Heems, die kaiserlichen Interessen wahrnehmen konnte. Noch hat er mit Marlborough, der mit tiefer Beklommenheit dem entgegensah, was ihn in England erwartete, verabredet, sich wieder

Mageres Ergebnis

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Ende Februar oder Anfang März 1711 im Haag oder bei der Armee zu treffen. Von Sinzendorf begleitet, hat er sich am 11. Dezember nach Amsterdam begeben, von wo er dann am 13. allein die Reise nach Wien antrat 410 ). Man kann sich vorstellen, welche Gefühle ihn erfüllten: man hatte in dem zurückliegenden Feldzug Erfolge, aber keinen Sieg errungen, einem Frieden, wie man ihn im kaiserlichen Lager sich vorstellte, war man nicht näher gekommen, im Gegenteil, die politische Entwicklung innerhalb der Allianz gab zu ernster Besorgnis Anlaß. Daß ihn dann auch noch Nachrichten von schweren Rückschlägen auf dem so wichtig gewordenen spanischen Kriegstheater erreichten, wo ein von Stanhope befehligtes Korps am 9. Dezember in Gefangenschaft geriet und Guido Starhemberg am folgenden Tag in blutiger Schlacht bei Villaviciosa zwar das Feld behauptete, mit seinen erschöpften Kräften aber nach Katalonien zurückweichen mußte, mochte seine Stimmung noch mehr verdüstern. Aber noch war nichts verloren, noch konnte man sich wohl des militärischen Übergewichts über den Hauptfeind rühmen. Eugen war entschlossen, mit aller Energie nun die Vorbereitungen für das elfte Kriegsjahr zu treffen.

7. Der Prinz dürfte erst nach den Weihnachtstagen in Wien eingetroffen sein. Zum erstenmal nahm er am 28. Dezember wieder an einer Sitzung der geheimen Konferenz teil; aus dem Referat über sie ergibt sich, daß der Kaiser deren Zusammentritt gleich nach seiner Ankunft angeordnet hatte 411 ). Am 29. suchten ihn der englische und der holländische Gesandte „in seinem Haus" auf, um ihm zu seiner glücklichen Rückkehr zu gratulieren und sofort mit ihm über politische Dinge, für deren rasche Behandlung sie von ihren Regierungen angewiesen worden waren, zu sprechen412). Offenbar hat in diesen Tagen in der Himmelpfortgasse ein Besucher dem anderen die Klinke in die Hand gegeben, denn während die Diplomaten noch dort waren, erschienen der Kammerpräsident Gundaker Starhemberg und der Vizepräsident des Hofkriegsrats Herberstein. Ein Ausruhen hat es in der Tat für Eugen nicht gegeben: wenn er schon in den letzten Tagen des Jahres an Konferenzen teilnahm, so jagten sie sich geradezu in den ersten Monaten

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Verpaßte Friedenschance?

des neuen Jahres, vor allem trafen sich immer wieder, meist bei dem Obristhofmeister Trautson, mitunter bei dem oft von Krankheitsanfällen geplagten Wratislaw, die „Großen Vier" und der Sekretär Buol zu der als geheimere oder engere bezeidineten Konferenz 413 ). Wenn Wratislaw sich am 15. Januar bei König Karl für das Ausbleiben von Schreiben damit entschuldigte, daß „die vielfältigen, beschwerlichen und hochwichtigen Negotiationes und Deliberationes mich dergestalt okkupieren, daß ich selbst oft nicht weiß, wo ich anfangen oder aufhören soll" 414 ), so galt gewiß das gleiche für den Prinzen, bei dem zu der ständigen Beschäftigung mit der großen Politik ja auch noch die Führung des gesamten militärischen Apparats kam. Eins freilich hat in diesem Winter gegenüber früher die Arbeit der Regierungsspitze des Kaiserstaats erleichtert, und das war die Einigkeit der führenden Männer. Unbestritten lag die Vorbereitung und Direktion der politischen Dinge in den Händen des böhmischen Kanzlers: entschieden hatte Karl von Spanien die Idee, ihn an Stelle Sinzendorfs nach dem Haag zu schicken, abgelehnt, denn, so schrieb er ihm, „obwohl kein Zweifel, daß Ihr so gut und besser als kein anderer wegen Eurer Experienz und Treue überall des Hauses Dienst befördern werdet, so finde gar nicht nützlich, wenn ihr caput rerum also Wien verlassen sollte" 415 ). Ihm ließ der Kaiser weitgehend freie Hand, mit dem Prinzen bildete er eine von Eifersucht völlig freie Gemeinschaft, und beide fanden bei Trautson moralische, bei Seilern wertvolle sachliche Unterstützung. Mit dem Reichsvizekanzler Schönborn stand freilich Wratislaw schlecht, dafür aber hatte Eugen freundliche Beziehungen zu ihm herzustellen vermocht, wobei die Basis wohl weniger politische Übereinstimmung als das Zusammentreffen von Interessen bei Bauten und Gärten bildete, und unmittelbar nach des Prinzen Ankunft in Wien wußte man sich zu erzählen, daß er „von hoher H a n d " ersucht worden war, „durch seine guten officia" Schönborn mit Wratislaw zu „rekonziliieren" 416 ). Ob er es versucht hat, wissen wir nicht, jedenfalls aber wußte man es zu verhindern, daß dieser „Reicher", wie ihn der Böhme einmal bezeichnet hat, in die „Arcana et Principia Domus", das heißt in die in erster Linie von den Machtinteressen des Hauses Österreich bestimmte Staatsleitung Einblick nahm und sich einmischte417). Und wenn man sich ebensowenig von Schönborns Kollegen und Rivalen Windischgrätz hereinreden ließ — er habe, so lautete Wratislaws Urteil, „zwar

Sorgen im Norden und Osten

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in den Reichssachen einige H a b i l i t â t " , sei aber „der größte Brouillon und Kabalist bei diesem H o f " — so waren auch von den beiden kaiserlichen Damen und von der in die immer bedeutungsloser werdende große Konferenz abgedrängten Opposition der Mansfeld und Waldstein keine gewichtigen Eingriffe mehr zu befürchten. Wie gefährlich wäre auch innerer Zank in einer Zeit gewesen, in der man sich von außen in eine Bedrängnis gebracht sah, die man vor Jahresfrist für unmöglich gehalten hätte! U m die Jahreswende mußte man sich vor allem mit zwei höchst bedrohlichen Vorgängen auseinandersetzen: daß der Osten und Spanien in diesem Ausmaß neuralgische Punkte würden, die dringend einer sorgsamen Therapie bedurften, hatte man noch während Eugens Verhandlungen im H a a g kaum geahnt. N u n war es dem schwedischen K ö n i g doch gelungen, die Türken zum Eintritt in den Nordischen Krieg zu bestimmen, und ihrer Kriegserklärung an Rußland war die endgültige Verwerfung der von den Mächten der H a a g e r Allianz aufgerichteten Neutralität der norddeutschen Reichslande durch K a r l X I I . gefolgt 4 1 8 ). S o schien es hohe Zeit zu werden, das Neutralitätskorps marschieren zu lassen, es ergingen denn auch an Sinzendorf und Gallas dringende Anweisungen, von den Seemächten die sofortige Bereitstellung der auf sie fallenden K o n tingente zu fordern. Aber was sollte dann weiter geschehen? Durfte man es zulassen, daß schwedische Truppen von N o r d e n wieder in Polen einfielen, um den Türken die H a n d zu reichen, sollte man andererseits einem Angriff von Dänen, Sachsen und Russen auf das Krassowsche K o r p s entgegentreten? Welche Gefahren barg nun überhaupt eine Stellungnahme f ü r die eine oder die andere Partei in den nun so bedrohlich sich erweiternden Wirren im Osten für Österreich selbst in sich? Es war gewiß, daß von französischer Seite alles geschehen würde, um die plötzlich durchgebrochene kriegerische Stimmung in Konstantinopel auch gegen den Kaiser zu richten. Eine ähnliche Einwirkung auf die Pforte befürchtete man auch von deren schwedischem Gast und nunmehrigem Bundesgenossen: man müsse bedenken, so gab Eugen in einem Brief an den Habsburger in Spanien dieser Sorge Ausdruck, daß dies Feuer „durch Schweden und Frankreich angesponnen" und Ludwig X I V . „nicht feiern noch das Geringste unterlassen werde, durch seine bösen consilia endlich die Pforte auch wider Ihre Kaiserliche Majestät aufzuhetzen" 4 1 9 ). Auf die gleiche Behauptung

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Verpaßte Friedenschance?

nun gründete der russische Gesandte Urbich seinen Antrag auf Abschluß eines Defensiv- und Offensivbündnisses zwischen Kaiser und Zar, wobei er zugleich den Einsatz des Neutralitätskorps zur Abwehr eines Ausbruchs Krassows aus Pommern und überdies die Erklärung Schwedens in die Reichsacht forderte. Wenn man damit aber mit Sicherheit die türkische Macht auf sich lenkte, so traute man zudem den Moskowitern ebensowenig wie den Schweden, auch erinnerte man sich, daß sich der Zar bisher Wien gegenüber sehr spröde gezeigt und verdächtige Beziehungen mit den ungarischen Rebellen angeknüpft hatte. Zudem wäre es ein kapitaler Fehler gewesen, wenn man dieser unheimlich aufsteigenden Macht helfen würde, sich weiter, möglicherweise bis Konstantinopel, auszudehnen. So blieb nichts anderes übrig, als zu lavieren, zum mindesten solange keine der Parteien vor den Kopf zu stoßen, bis man über Verlauf und Ausgang des Krieges klarer sah. Dabei aber galt es vor allem, die Türken von feindlichem Vorgehen zurückzuhalten: es war dies die besondere Aufgabe des für die Verhandlungen mit der Pforte zuständigen Hofkriegsratspräsidenten, der deshalb mit dem dort akkreditierten Residenten Talman eine ständige Korrespondenz unterhielt. Nicht minder sorgenvoll stimmten die Nachrichten aus Spanien: Eugen konnte zwar König Karl auf die näheren Nachrichten von dem Ringen bei Villaviciosa seine Befriedigung zum Ausdruck bringen, daß diese schwere und blutige Aktion gleichwohl so glücklich abgelaufen sei und die kaiserlichen Truppen ihre Tapferkeit gegenüber der feindlichen Übermacht erwiesen hätten, zugleich aber mußte er feststellen, daß man „davon mehr Glori als Nutzen gezogen", da nach Karls eigenen Mitteilungen angesichts der Kapitulation der Engländer und der eigenen hohen Verluste nicht nur der Rückzug angetreten, sondern auch die Behauptung der aragonesischen und katalanischen Landesteile zweifelhaft geworden war 420 ). Aus Barcelona kam ein Hilferuf des Habsburgers nach dem anderen, man möge „kaiserlicher- und alliierterseits" ihn „auf das eheste und stärkste verstärken". Nun war man ja wohl selbst der Meinung, daß auf diesen Sukkurs „diesmal nicht nur das Heil des Königs, sondern der glückliche Ausschlag dieses ganzen Krieges ankommt", aber was konnte man selbst über die Bereitstellung der bereits in Aussicht gestellten zwei Reiterregimenter und vier Bataillone hinaus tun, und was war nach den Erfahrungen, die der Prinz soeben bei

Sorgen um Spanien

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den Besprechungen im Haag gemacht hatte, von den Seemächten wirklich noch zu erwarten? Dazu war noch ein anderes schwieriges Problem zu lösen: Guido Starhemberg, zweifellos ein hervorragender Soldat und Truppenführer, aber oft von Krankheit geplagt, zudem empfindlich und schwierig auch in seinem Umgang mit dem viel jüngeren König, hatte schon verschiedentlich um seine Ablösung gebeten, auf der er nunmehr zu bestehen schien421). Zum mindesten hielt man es in Barcelona für nötig, daß ein anderer General hereinkam, um für den „Gran Capitán" im Notfall einzuspringen und ihn in der Armeeleitung zu entlasten, und Karl selbst hatte hierfür den Feldmarschall Daun namhaft gemacht. Aber Daun war, wie der Prinz behauptete, selbst nicht in bester gesundheitlicher Verfassung und werde sich mit Starhemberg, mit dem er einst in Turin bittere Stunden erlebt hatte, nicht vertragen. Am besten mache Guido, der ja über die nötige Personalkenntnis verfüge, selbst Vorschläge, „wiewohl die Wahrheit zu sagen idi selbst nicht wüßte, von derlei hohem Charakter in Ihrer Kaiserlichen Majestät Diensten einen hierzu rechtschaffen gewachsenen General auszusuchen, obschon von geringeren als Feldmarschall-Leutnants viele wackere und tapfere Generale vorhanden sind" 422 ). Vor allem aber dürfe der König jetzt unter keinen Umständen Starhemberg die Erlaubnis zur Ausreise geben und „nichts unterlassen, denselben durch allerhand diensame Mittel dahin zu persuadieren, daß er auch weiterhin, und insoweit es seine Gesundheit zuläßt, dem Kommando vorzustehen gutwillig über sich nehme". Aber wenn das auch gelang, was nützte ein Feldherr ohne genügend Truppen, und was die Truppen ohne Geld — sechs Monate schon, so klagte Karl, seien die ihm nach den Verträgen zustehenden englischen Subsidien ausgeblieben423). Schon trafen neue Hiobsposten ein: nachdem Saragossa geräumt worden war, hatte das vom Feind belagerte Gerona am 24. Januar 1711 kapitulieren müssen, danach, so stellte man in der Wiener Konferenz bestürzt fest, sei wohl nichts anderes zu erwarten, „als daß der König vielleicht jetzt schon in Barcelona wo nicht belagert, wenigstens blockiert sei oder doch nächstens werde belagert, folglich von dem Continenti von Spanien völlig werde vertrieben werden". Man hat die nötigen Befehle gegeben, um die Dragonerregimenter Vaubonne und Battée, zehn Infanteriekompanien und 3000 Rekruten in Italien nach dem Hafen Vado zur Überfahrt zu

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Verpaßte Friedenschance?

dirigieren. Aber von den Seemächten, vor allem von England, hingen Transport und Unterhalt ab. Konnte man aber überhaupt noch lange auf tätige englische Beihilfe im Kriege rechnen? „Trostreiches" ließ sich über die Entwicklung in London und über die Richtung, die das neue Ministerium der englischen Politik geben werde, gewiß nicht „prognostizieren": schon hatte Marlborough dem Grafen Gallas zugeflüstert, daß man dort „heimlich mit Frankreich einen Weg zum Frieden aussuche" 424 ). Noch wollte man wohl dem keinen Glauben schenken, aber war man nicht doch genötigt, sich auf einen solchen Fall einzustellen und vorzubereiten? Wie aber war dann die Frage zu beantworten, ob bei einem Abfall Englands der Krieg mit Aussicht auf Erfolg fortgesetzt werden konnte? Im eigenen Heere des Kaisers machten sich anscheinend Anzeichen von Erschöpfung bemerkbar, und es gab in Aufbringung von Rekruten und Remonten und in der Geldbeschaffung und Ausrüstung für die Truppen alte Mängel, die auch Eugen nicht hatte beseitigen können und die ihn gerade während des letzten Feldzugs zu scharfen Vorstellungen bei Kaiser Joseph bewogen hatten. Man möge, so hatte er im August nach Aufzählung aller Unterlassungen und Mißstände erklärt, ihm nicht in Ungnade aufnehmen, wenn er rede, wozu ihn Eifer, Pflicht und Treue antrieben, denn „wie ich Dero glorwürdigst in Gott seligst ruhenden Vorgänger und Euer Kaiserlichen Majestät selbst von vielen Jahren her und in specie von Zeit, daß ich die Gnade habe, dem Praesidio Dero gehorsamsten Hofkriegsrats Mittel vorzustehen, unablässig remonstriert: wenn man weiterhin also fortfahren und ohne Ausnahme alles zugrundegehen und also zu Boden liegen lassen will und nur allein zu remedieren meint, wenn die Gefahr androht, so ist es leider unvermeidlich zu besorgen, daß einstmal, ohne zu helfen und zu retten, ein großes Unglück erfolgen werde" 4 2 5 ). Und im Oktober hatte er zwar den von einer Deputation in Wien aufgestellten „Kriegsstaat" wohl gefaßt gefunden, „es würde aber bei den bekannten jedesmaligen Replizieren, Langsamkeit undTergiversationen alles umsonst sein, wenn Eure Kaiserliche Majestät nicht die H a n d darob allergnädigst halten werden, inmaßen auch eben wegen der späten Exekution Dero allergnädigsten Befehls nie keine Armee in tempore im Stand ist und eben anheuer das frische Exempel am Tag ist, daß die Rekruten von der Kavallerie erst im Julio und Augusto zu ihren Regimentern gekommen sind, aus welchem folgt,

Militärische Sorgen

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daß die Regimenter niemals in kompletten Stand kommen können" 4 2 6 ). Wenn trotzdem an der Kampfkraft der kaiserlichen Regimenter kein Zweifel sein konnte, so war man an manchen Fronten doch auf die Kontingente anderer Mächte und Fürsten von sehr ungleichem Wert angewiesen. Der Schrecken des französischen Vorstoßes über den Rhein von 1707 steckte noch vielen in den Knochen, gerade jetzt aber kamen aus der Schweiz und aus Württemberg Mitteilungen, daß der Feind dort Vorbereitungen für eine Offensive treffe, deren Leitung wieder Villars übernehmen solle: daß ihm, der in geheimer Verbindung mit unzufriedenen Kreisen in Bayern stehe, bei der Schwäche der Reichstruppen gelingen könnte, die vorderen Kreise über den Haufen zu werfen und „bis nach Bayern und Gott gebe nicht weiter" vorzudringen, hielt man in der Konferenz keineswegs für ausgeschlossen. Man wird wirklich nicht sagen können, daß die leitenden Männer in Wien vor all diesem andringenden Unheil und den damit verbundenen großen Gefahren für die Zukunft leichtfertig die Augen geschlossen und sich irgendwelchen Illusionen hingegeben haben. Als die engere Konferenz am 22. Februar bei Wratislaw zusammentrat — da Trautson erkrankt war, hatten sich außer dem Hausherrn nur Eugen und Seilern mit Buol eingefunden — beschloß man, dem Kaiser eine rückhaltlose Darlegung der düsteren allgemeinen Lage zu unterbreiten. Deutlicher hätte man sich kaum ausdrücken können, als es in den Einleitungssätzen zu dem alle Vorgänge und Aussichten im Welttheater berührenden Referat geschah, das die gleichen Herren am folgenden Tag unter Anführung des Prinzen dem Habsburger überreichten: „Man könne nicht verhehlen", so heißt es da, „daß Dero Durchlauchtiges Erzhaus von so vielen saeculis her, als dasselbe in dem vierten Teil der Welt regiert, schwerlich jemals in so mißlichen und gefährlichen Umständen als dermalen begriffen gewesen, man fast auch nicht fassen kann, wie es geschehen könne, daß, nachdem gegenwärtiger Krieg bereits 10 Jahre jederzeit mit solchem Glück, Glori und Reputation Eurer Kaiserlichen Majestät und der Alliierten Waffen geführt worden, daß die feindliche Krone Frankreich und deren übergroße Macht durch so viel erfochtene heldenmütige Victori gleichsam gebrochen und auf das tiefste herabgebracht worden, selbe sich von einigen Monaten her auf einmal emporgeschwungen und sich nun instand gesetzt, das Gesetz, anstatt von den Alliierten 25

Braubach, Prinz Eugen

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zu nehmen, es ihnen vorzuschreiben und allenthalben ihren angewohnten Hochmut und den Schrecken und Furcht auszubreiten." Nicht anders scheint sich dann Eugen in der Konferenz vor dem Kaiser wohl bei Vortrag oder Erläuterung des Referats ausgesprochen zu haben: „Princeps demonstravit periculum ubique occurrere", heißt es in dem Protokoll dieser Sitzung 427 ). Gewiß aber hat man es bei Klagen nicht belassen, man hat zugleich Vorschläge gemacht, wie man sich verhalten sollte, um dem Unheil zu begegnen. Und man hatte in der Tat die Genugtuung, daß seit den Tagen, da man so tiefem Pessimismus Ausdruck gegeben hatte, ein Umschwung zum Besseren einzutreten schien. Da war zunächst einmal eine Verminderung des Drucks aus dem Osten. Man hat behauptet, daß es der Schlachtenruhm des Prinzen Eugen gewesen sei, der „in diesem Zeitpunkt auf den Ebenen des Ostens unendlich irreal und dennoch zu einer ungeheuer wirksamen Realität emporgewachsen", die Türken gelähmt und damit Pläne und Aussichten Karls X I I . zerstört habe 428 ). Nun, Tatsache war, daß die Pforte sich entschlossen zeigte, den Frieden mit Österreich nicht zu brechen, ja unter Umständen sich über eine Sicherung der Waffenruhe mit dem Kaiser freundschaftlich zu verständigen. Im März wurde die Absendung eines außerordentlichen türkischen Bevollmächtigten angekündigt, der in der Tat am Nachmittag des 7. April in Wien eintraf und zwei Tage später in feierlicher Audienz von dem als Hofkriegsratspräsident dafür zuständigen Prinzen empfangen wurde. „Der türkische Aga", so konnte Wratislaw nach Barcelona berichten, „hat uns von der Pforte alle Freundschaft kontestiert, auch einen Anlaß zur Verlängerung des Stillstands angetragen, welches wir mit gleichmäßiger Gegenprotestation beantworten" 429 ). Das war in zwei weiteren Audienzen am 13. und 15. April geschehen; bei den Verhandlungen erwies sich, daß der Wunsch, jede gefährliche Verwicklung in den beiderseitigen Beziehungen zu vermeiden und zu unterbinden, dem der Türke bei seinem Abschied Ausdruck gab, auch von Sultan und Großvezier geteilt wurde 430 ). Wenn sich auch durch den Verlauf des türkischrussischen Krieges jederzeit eine neue Lage ergeben konnte, so atmete man doch fürs erste auf: eine unmittelbare Bedrohung der eigenen Lande bestand nicht. Beruhigender und wichtiger aber war es wohl noch, daß in diesen Frühjahrsmonaten des Jahres 1711 endlich der ungarische

Umschwung zum Besseren

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Aufstand in sich zusammenfiel. Wieviel Ärger und wie große Enttäuschungen hatte dem Prinzen noch im Vorjahr dieser Kriegsschauplatz bereitet 431 )! Auf Grund der Niederlagen der Rebellen im Feldzug von 1709 hatte er schon damals das Ende dieses nun seit vielen Jahren starke Kräfte bindenden und oft bittere Sorge bereitenden Ringens erhofft. In seiner Korrespondenz mit Herberstein und vor allem mit dem an Stelle des zu Tode erkrankten Thiel getretenen Hofkriegsrats Campmiller hat Eugen immer wieder den Feldmarschall Heister für die Verschleppung verantwortlich gemacht. Er warf ihm vor, daß er bis zum Juli in Wien blieb und die, nacli Eugens Behauptung, wohl vorbereiteten und beschlossenen Operationen nicht in Gang brachte: „Es ist", so zürnte er, „eine Schande und Spott, daß Ihre Majestät der Kaiser einen kommandierenden General vor Augen lassen, der Dero Armee in Ungarn kommandieren soll und nicht von der Gelegenheit profitiert, da die Rebellen in so geringer Zahl sind, also daß, zum Fall es noch länger also bleiben sollte, ich resolviert bin, Seiner Kaiserlichen Majestät vorzustellen, daß der Herr Feldmarsdiall von Heister entweder parieren oder mit dem Kommando eine andere Disposition werden müsse"432). Vollends versetzte ihn die Nachricht über einen gelungenen Streifzug der Ungarn über die Donau in hellen Zorn: das sei „freilich ein fataler casus und sich darob nicht so viel zu verwundern, als es mich nicht noch mehr befremden tut, daß es der Feind nicht schon längst bewirkt habe, nachdem er Zeit und Gelegenheit genug dazu gehabt hat. Ich weiß aber nicht, wie man es wohl verantworten kann, wenn man aus Partikularinteresse des Herrn Dienste negligiert, den komandierenden General bis in Juli in Wien sitzen und hingegen den Rebellen, die in sehr schlechtem Stand und äußerst konsterniert waren, Zeit und Gelegenheit läßt, sich zu erholen und mit einer Handvoll Volk auszuüben, was ihnen nur in Sinn fällt, welches vor der ganzen Welt ein so größeren Spott nach sich zieht, als mit dem Corpo von Siebenbürgen bei etliche und 40 000 Mann deutsche Soldaten ohne die Nationalmiliz vorhanden sind" 433 ). Endlich war es dann zur Belagerung von Neuhäusel, der letzten von den Rebellen noch im Westen Ungarns gehaltenen Festung, gekommen. Wenn der Prinz aus seinem niederländischen Hauptquartier am 24. September erneut die „obseiende Konfusion" kritisierte und behauptete, „daß von dem, was resolviert worden, das Geringste nicht geschehen"434), so 25*

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war in Wirklichkeit gerade am Tage zuvor Neuhäusel zur Kapitulation gezwungen worden — immerhin rascher als Aire! Er mochte die Schwierigkeiten, mit denen Heister zu kämpfen hatte, unterschätzen, er mochte in seiner Beurteilung zudem allzusehr unter dem Einfluß des mit dem Feldmarschall zerfallenen Grafen Johann Pälffy stehen, daß die Handhabung des Oberbefehls und überhaupt die verworrenen Befehlsverhältnisse in Ungarn mitunter die Operationen lähmten, dürfte doch stimmen. Erkrankung und Abreise Heisters schienen die Möglichkeit zu einer grundlegenden Neuordnung zu bieten, aber nun machte zum Ärger Eugens sein Freund Pälffy Schwierigkeiten, das ihm zugedachte Oberkommando zu übernehmen 435 ). Wenn dann auch der Ausbruch einer ansteckenden Seuche in Ungarn — die Furcht vor einer „Contagion" hat in jener Zeit nicht mit Unrecht alle Gemüter erfüllt — „nicht nur in weiterer Prosequierung der Operationen nach gefallenem Neuhäusel, sondern auch in den winterlichen Dispositionen ein großes Contratempo verursachen" mußte 4 3 6 ), so bewiesen doch überraschende Erfolge kaiserlicher Unternehmungen im Spätherbst und um die Jahreswende, daß die Kraft der Rebellion gebrochen war 4 3 7 ). Pälffy fand sich nun doch bereit, die Nachfolge Heisters anzutreten, und der Ungar, der im Gegensatz zu seinem bis zur Brutalität harten Vorgänger stets für Milde eingetreten war, ging seinen besonderen Weg, um das ganze Land wieder unter die Herrschaft des Habsburgers zu bringen 4 3 8 ). Es wurde zwar mit Unwillen in Wien aufgenommen, daß er mit Räköczi selbst anknüpfte und sich mit ihm gar traf: als man seinen Bericht und einen durch ihn übermittelten Brief Räkoczis in der Konferenz am 14. Februar verlas, votierte auch der Prinz für einen Verweis an seinen Freund, da es nicht gut sei, den Rebellen zu große Hoffnungen zu machen 439 ). Mit dem Erscheinen des Lord Peterborough am kaiserlichen H o f schien sich ein neuer Versuch seemächtlicher Vermittlung anzukündigen. Das hat wohl die kaiserlichen Staatsmänner mit bestimmt, Pälffy die Fortsetzung von Verhandlungen zu gestatten und zu seiner Unterstützung den Hofkriegsrat Locher, einen der Vertrauensleute Eugens, zu ihm nach Ungarn zu schicken. Und nun gelang es Pälffy, mit Kärolyi einen der hervorragendsten Rebellenführer zum Bruch mit dem nach Polen entwichenen Räkoczi zu bewegen: indem Kärolyi am 14. März den Treueid für den Kaiser leistete, wurde nicht nur ihm, wie Locher es ausdrückte, „der kuruzzische Beelze-

Beruhigung in Ungarn und Italien

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bub ausgetrieben", sondern „der gute Geist" breitete sich nun mit Windeseile aus, so daß mit der Vereinbarung des Friedensvertrages von Szatmar zwischen Palffy und Kärolyi am 29. April der Aufstand wirklich erlosch 440 ). Obwohl der Prinz anscheinend in diesem Falle im Hinblick auf die Zugeständnisse wenn auch nicht an die „Archirebelli", so doch an deren langjährige Genossen nur zögernd den Friedensschritten zugestimmt hat, so war er dagegen zu gleicher Zeit eifrig bemüht, Zwistigkeiten an anderen Stellen beizulegen, um so die Position des Hauses Habsburg zu sichern und zu stärken. Man hatte im Jahre 1709 den Papst zur Aufgabe bewaffneten Widerstandes gegen kaiserliche Ansprüche gezwungen, aber man wußte, daß Voraussetzung für eine wirkliche Versöhnung die Rückgabe von Comacdiio war, die er gerade im Januar 1711 erneut forderte 4 4 1 ). In der engeren Konferenz vom 8. März waren alle Mitglieder dafür eingetreten, und es muß für Eugen und Wratislaw eine große Genugtuung gewesen sein, als in der Sitzung der großen Konferenz vom 8. April der Kaiser selbst zur Ausräumung dieses „ewigen obstaculums" ein geschwind zu treffendes Übereinkommen „salva justitia" vorschlug: es schien sich damit zugleich der endgültige Sieg der beiden Freunde über die Kaiserin und deren modenesischen Verwandten abzuzeichnen, zu dessen Nutzen man ja einst die Grafschaft besetzt hatte. Mit der Begründung, daß die jetzigen Konjunkturen es nicht litten, mit dem Heiligen Vater in Streit zu bleiben, der ohne Restitution Comacchios aber ewig dauern dürfte, gab der Prinz seine volle Zustimmung: wer konnte ahnen, daß dies die letzte Konferenz war, an der Kaiser Joseph teilnahm und daß ein Ereignis unmittelbar bevorstand, das alles wieder hinausschob 442 )! Ebenso hat sich Eugen offenbar audi wieder dafür eingesetzt, daß der andere große Streitpunkt in Italien, die Auseinandersetzung mit dem Herzog von Savoyen, endlich beigelegt und damit der Weg für eine Aktivierung des Krieges an der französischen Südostgrenze geebnet wurde. Die Mission des Lord Peterborough betraf nicht zum wenigsten auch die Betreibung dieses Geschäfts, zugleich aber hatte auf Drängen der Seemächte Victor Amadeus selbst mit Mellarede einen eigenen Abgesandten nach Wien geschickt, um den leidigen Zwist — natürlich auf der Grundlage seiner Forderungen — zu beendigen 443 ). „Man arbeitet mit Macht an der Verhandlung des Herrn von Mellarede, und ich versichere Ihnen, daß ich alles,

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was von mir abhängt, dazu beitrage, da ich nur zu sehr weiß, wieviel für die gemeinsame Sache von dieser Übereinkunft abhängt": es liegt kein Anlaß vor, an der Aufrichtigkeit dieser Beteuerung, die sich in einem Brief des Prinzen an seinen alten Vertrauten Tarino vom 23. März findet, zu zweifeln 444 ). Daß damit ein Erfolg noch keineswegs gewährleistet war, mochte er freilich wissen. Hierbei hat ihn wohl die Rücksicht auf die seinen Vetter protegierenden Seemächte, vor allem auf England, bestimmt. Denn im Hinblick auf sie stellte sich ja die wichtigste Frage: was nützte alle Wendung zum Bessern, wenn sie nicht an der Allianz festhielten, wenn insbesondere England aus der Reihe tanzte und womöglich einen Sonderfrieden einging? Doch da kam überraschend auch aus London eine Nachricht, die Hoffnungen erweckte. Einst, im September 1704, hatte Wratislaw, damals noch im Amt des Botschafters bei der englischen Königin und Regierung, nach Wien geschrieben, daß Marlborough „allein das Instrumentum" sei, durch das man alle „Inkonvenienzen" wo nicht verhindern, so wenigstens auf etliche Jahre verschieben könne, „e chi ha tempo ha vita, daher muß man sich seiner wissen zu gebrauchen" 445 ). Noch um die Jahreswende 1710/11 hatte es geschienen, als ob der Sturz dieser Säule nicht mehr aufzuhalten war. Über seinen Kopf hinweg waren ihm ergebene Offiziere abgesetzt worden, offenbar wollte man ihn auf diese Weise zu freiwilliger Demission bringen: voll Verzweiflung hat er sich an Eugen um Rat gewandt, schon glaubte er zeitweise, daß auch dieser ihn im Stich lassen werde, um auf des Freundes entrüsteten Protest ihn um Entschuldigung zu bitten 446 ). In London hatte man ihn dann ausgesprochen schlecht behandelt, und die schroffe Entlassung seiner Frau aus allen ihren Ämtern brachte ihn wirklich dazu, auch seinerseits seinen Rücktritt anzubieten. Doch da erhielt er von der Königin die kaum noch erwartete Weisung, sich wieder nach Flandern zu begeben, um dort wie bisher das Kommando zu übernehmen. In Wien fand man die erstaunliche Wendung in einem Bericht des kaiserlichen Residenten Hoffmann aus London voll bestätigt: „Nach allen den großen Widerwärtigkeiten und Schmachen, so er übertragen müssen und welche man ihm anzutun nicht nachgelassen, bis er seiner Gemahlin Ämter resigniert, ist eine ziemlich gute Verständnis zwischen ihm und den Ministris, absonderlich dem Harley, gestiftet worden, und ist er selbst gänzlich persuadiert, daß man ihm nichts ermangeln lassen

Marlboroughs neue Beauftragung

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wird" 447 ). Er war inzwischen aufgebrochen und bereits am 4. März wieder auf dem Festland eingetroffen. Alle seine Gedanken richteten sich nun wohl darauf, durch militärische Erfolge seine Stellung vollends zu befestigen, und so hat er sich voll Geschäftigkeit im Haag an die Vorbereitung der neuen Campagne gemacht; nichts aber schien ihm wichtiger und dringender, als daß der Waffengefährte neben ihn trete, ihm helfe und mit ihm so früh wie möglich den Feldzug eröffne. Hier, so schrieb er zwei Tage nach seiner Ankunft an den Prinzen, habe er alles in größter Verwirrung gefunden, und er sehe keine Aussicht auf Entwirrung und Ordnung ohne dessen Anwesenheit und Unterstützung. „Um Gotteswillen", so drängte er am 9. März, „beschleunigen Sie, mein Prinz, Ihre Reise" 448 ). Was hätte es für den Savoyer für eine willkommenere Aufforderung geben können! Bot sich doch noch Aussicht auf gemeinsame Vollendung des Krieges, hatte man den Frieden doch noch nicht verpaßt? Natürlich hatte er, seitdem er wieder persönlich die Zügel im Hofkriegsrat in die Hand genommen, alles getan, um gegen jene schweren Mißstände im Heerwesen, die er in seinen Eingaben aus dem Feld angeprangert hatte, vorzugehen, auch hier einen Umschwung zum Bessern anzubahnen. Wir wissen aus späteren Mitteilungen von ihm, daß er damals ein ganz neues Projekt „formiert" hatte, „wie der Kriegsstaat einzurichten wäre", wonach unter anderem vorgesehen war, von den 17 Kompanien der Infanterieregimenter statt bisher eine, künftig zwei zu Grenadierkompanien zu machen und immer zwei starke Bataillone mit zehn Füsilier- und den zwei Grenadierkompanien im Feld, ein Bataillon aber gewissermaßen als Ersatzformation zur Auswechslung in der Garnison zu halten 449 ). Das war zwar noch nicht verwirklicht, und von einer Uberwindung der Widersprüche und Verzögerungen von Seiten der Landesbehörden und Landstände bei der Zuführung von Menschen und Pferden konnte ebensowenig die Rede sein wie von voller Befriedigung der finanziellen Forderungen 450 ). Aber einiges war doch erreicht. Es war gewiß keine geringe Leistung, daß immerhin insgesamt 8000 Mann, unter ihnen 3000 Rekruten, in Italien zur Verschickung nach Spanien bereitstanden. Noch immer wurden Pläne verfolgt, sich Siziliens und der gleichfalls noch von dem Bourbonen beherrschten sogenannten Presidios an der Küste Toskanas zu bemächtigen, und selbst eine Offensive in den Westalpen

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war diesmal nicht ganz ausgeschlossen, da Victor Amadeus nicht abgeneigt schien, doch wieder bei dem Heer zu erscheinen451). Weiterhin aber erhoffte man die eigentliche Entscheidung von einer neuen Kraftanstrengung in den Niederlanden und Nordfrankreich, wo noch immer die sieggewohnten Armeen der Verbündeten, Engländer, Holländer, Kaiserliche und die besten Regimenter der deutschen Fürsten, lagen und das erneute Erscheinen beider Feldherren eine drohende Ankündigung an den in seinen weitgesteckten Hoffnungen enttäuschten Feind sein mußte. Wirkte sie sich bereits aus? Von Sinzendorf kamen Nachrichten, daß Kurfürst Max Emanuel von Bayern geheime Anerbietungen einer Separatverständigung, die er schon im Vorjahr an ihn hatte kommen lassen, nachdrücklich wiederholt habe: sie schienen so ernsthaft, daß sich in Wien die Geheime Konferenz in mehreren Sitzungen gegen Ende März damit befaßte und Instruktionen für Sinzendorf und audi für den Prinzen für ihr Verhalten gegenüber dem vertriebenen und geächteten Wittelsbacher entwarf 452 ); wenig später gelangte dann übrigens auch ein ganz vertraulich gehaltenes Schreiben des Kurfürsten an Eugen persönlich, in dem er nach Versicherungen seiner Bewunderung für seine Taten und seiner hohen Achtung an ihre alte Freundschaft erinnerte und ihn um Hilfe in seinem Unglück bat 453 ). Aber auch der französische König selbst war offenbar nunmehr bereit, unmittelbar mit dem Kaiserhof Fühlung zu nehmen: über den neutralen Herzog von Lothringen waren entsprechende Angebote bei Sinzendorf eingegangen, der ausführlich darüber nach Wien berichtete und auch deshalb die rasche Herkunft des Prinzen verlangte 454 ). Dieser hielt es angesichts der Ungewißheit über die Haltung Englands sicher für richtig, diese Fäden aufzunehmen, wichtiger aber war es, sofort den militärischen Druck zu verstärken: vielleicht daß jetzt, wenn er mit gewohnter Energie die Führung übernahm, doch eine glückhafte Beendigung des Krieges erfolgte! Wohl seit Mitte März hatte er seine Reise vorbereitet und den Freunden im Haag seine baldige Ankunft angekündigt. Noch hielt ihn indessen die Notwendigkeit, den türkischen Sonderboten zu empfangen, in Wien zurück. „Ich wäre", so schrieb er am 1. April Sinzendorf, den er „tausend Komplimente" an Marlborough zu übermitteln bat, „schon lange abgefahren ohne diesen Aga, der vor zwei Tagen ankommen sollte und den ich jeden Augenblick erwarte.

Abreise Eugens aus Wien

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Ich rechne jetzt damit, in den Osterfesttagen zu reisen, und ich werde mich dann sputen in der Hoffnung, Sie bald zu umarmen und mit Ihnen ausführlich über alles zu sprechen"455). Doch das Erscheinen des Türken verzögerte sich noch über die Feiertage hinaus, und die Verhandlungen mit ihm zogen sich über eine Woche hin. Endlich konnte am 14. April in einer letzten Sitzung der engeren Konferenz unter Eugens Vorsitz die letzte H a n d an seine Instruktion gelegt werden 456 ), und in der Frühe des 16. April hat er Wien verlassen457). Marlborough hatte ihn nur noch bis zum 19. oder 20. im Haag erwartet, andernfalls ihn schon im Hauptquartier treffen wollen, und Sinzendorf wollte ihm entgegenfahren, damit er sich sofort weiter ins Feld begeben konnte 458 ). Ein Glück, so hatte der Hofkanzler ihm geschrieben, daß nach den Nachrichten aus Frankreich auch der Gegner „aus Abgang der Notwendigkeiten den Feldzug nicht so früh, wie er vorgehabt, werde eröffnen können, so daß man noch Hoffnung hat, den Feinden vielleicht vorzukommen". Es kam ganz anders. Noch in den letzten Tagen von Eugens Anwesenheit in Wien hatte sich ein düsteres Ereignis angekündigt, das die Lage grundlegend verändern und für das Haus Habsburg verschlechtern mußte. Mit dem plötzlichen Tode Kaiser Josephs I. wurden die letzten Chancen für einen Frieden auf der Grundlage des Haager Präliminars zerstört.

ANMERKUNGEN

ZU

KAPITEL 5

(Vgl. das Quellen- u n d Literaturverzeichnis, Band I, S. 447—469) *) v. N O O R D E N I, S . 356—368, 387—405. A R N E T H , Eugen, I, S . 212 bis 214. J. ALBRECHT, Englands Bemühungen u m den Eintritt Portugals in die Große Allianz (1700—1703), Abhandlungen u n d Vorträge, hrsg. v. d. Bremer Wissenschaftlichen Gesellschaft V I , 3, 1933. 2 ) F E V, Suppl. S. 122. 3

) RITTER S . 2 6 . V g l . REDLICH, W e G

l

) Denkschrift Eugens, 11. V I I I . 1703, F E V, Suppl. S. 106. ) v. N O O R D E N I , S. 4 0 6 — 4 3 4 . BRAUBACH, Subsidien, S. 1 7 6 / 7 7 .

S.

28—35.

5

MORANDI.

•) F E IV, Suppl. S. 251. ' ) Leopold Auersperg ( 1 6 7 0 — 1 7 0 5 ) , nicht zu verwechseln mit M a n s felds Schwager Feldmarschalleutnant Franz Carl Auersperg. Ü b e r seine Verhandlungen in T u r i n H I L L I , S . 1 0 — 5 7 , S T E L L I N G - M I C H A U D , SaintSaphorin, S. 135—139. 8

) Eugen an Starhemberg, 21. V I I I . , 19., 26. IX., 3., 10. X. 1703, F E V, Suppl. S. 114/15, 123, 125, 127, 130. 9 ) Ebenda S. 134/35. 10 ) Eugen an Victor Amadeus (hier in deutscher Übersetzung), abgegangen 13., angekommen 28. X. 1703, abgedruckt von CONTESSA in CAMPAGNE IV, S . 4 . Antwort Victor Amadeus', 11. X I . 1703, ebenda S. 4—7. n

) Bericht Tarinos, 7. X I . 1703, ebenda IV, S. 125. Ebenda S. 30—34. Instruktion f ü r T a r i n o vom 8. X . 1703. Ü b e r Tarinos Sendung u n d A n k u n f t in Wien Stepney an Hill, 31. X., 3. X I . 1703, H I L L I, S. 53—55, Eugen an Victor Amadeus, 3. X I . 1703, F E V, Suppl. S. 142/143, Eugen an Saint-Saphorin, 7. X I . 1703, SS. 12 ) F E V, S. 49. Vgl. auch A. WANDRUSZKA, Österreich u n d Italien im 1 8 . Jahrhundert, Österreich-Archiv 1 9 6 3 , S . 1 6 — 2 3 . 13 ) Victor Amadeus an Eugen, 2 5 . X I . 1 7 0 3 , CAMPAGNE IV, S . 7 — 1 9 . ») F E V, S. 286—318. Denkschrift Eugens, 11. V I I I . 1703, ebenda Suppl. S. 108: „Welchemnach dann sich ereignet hat, weil die Regimenter hin u n d her haben müssen untergebracht werden, schwach u n d dismontiert waren, daß die Linien nicht haben können besetzt u n d solchergestalt defendiert werden, daß m a n dem Feind den Einbruch über den Rhein, weniger aber die Eroberung der Schanzen von Kehl u n d nachgehends der Pässe durch den Schwarzwald hätte abhindern können." 15 ) F E V, S. 380—463. 16 ) Sie sind in F E V, Suppl., abgedruckt. Schreiben vom 6. V I . 1703, ebenda S. 76: „Gleichwie aber bei diesen gefährlichen Umständen Euer Excellenz beiwohnende ansehnliche Kriegsexperienz, V e r n u n f t u n d Tapferkeit allda in loco am besten wissen wird, was zu Kaisers Dienst sich

396

Anmerkungen zu Kapitel 5, Seite 17—21

werde praktizieren lassen, also remittiere mich auch des Weiteren in dieselbe." " ) Eugen an Schlick, 2., 11., 14., 25. IV., 26. V. 1703, ebenda Suppl. S . 3 5 / 3 6 , 3 9 / 4 0 , 4 6 / 4 7 , 5 0 / 5 1 , 69. N a c h d e m e r a m 14. I V . f ü r d i e „ a n g e -

fangene angenehme Korrespondenz" gedankt hat, versichert er am 25. IV. Schlick, „daß von mir niemals etwas auskommen werde, was Derselbe mir zu konfidieren wird belieben wollen". Über den Grafen Leopold Schlick (1663—1723), der uns noch häufig begegnen wird, v. WURZBACH 30, S. 126/ 27, BRAUBACH, G U A , S . 191. 18 ) 84/85. 19 ) 20 ) 21 )

Eugen an Solari, 21., 27. VI. 1703, FE, V, Suppl. S. 80/81, Eugen an Starhemberg, 4. VII. 1703, ebenda S. 86/87. Eugen an Guttenstein, 20. VII. 1703, ebenda S. 92—94. Eugen an Ludwig Wilhelm, 30. (nicht 10.!) VII. 1703, ebenda

S . 9 6 — 9 8 , RÖDER VON DIERSBURG, K u S , I , U r k . S . 1 8 5 — 1 8 7 . 22

) FE V, Suppl. S. 99 (hier in deutscher Übersetzung). ) Eugen an Guido Starhemberg, 15. VIII. 1703, ebenda S. 114: «Heister ne me plait pas en Tirol». Über seine Eigenmächtigkeiten siehe FE V, S. 586. 24 ) Ebenda S. 169—215. 25 ) Es handelt sich um eines der längsten eigenhändigen Schreiben des Prinzen, das erhalten ist: K, 46/3875, mit Fehlern abgedruckt bei RÖDER 23

VON DIERSBURG, K u S , I , U r k . S . 2 0 3 — 2 0 5 . 26

) Vgl. über ihn Band I, S. 242—244.

2

') SCHULENBURG I, S. 125/26.

28 ) Pälffy an Eugen, Nördlingen, 21. IX. 1703, RÖDER VON DIERSBURG, KuS, I, Urk. S. 215/16. Schulenburg an Eugen, 23. IX. 1703, SCHULENBURG I, S. 129/30. FE V, S. 539—596. Eugen an Limburg-Styrum, 17. X. 1703, FE V, Suppl. S. 133/34: „Gleichwie zwar nicht ohne, daß über die bei Euer Excellenz den 20. passato vorbeigegangene Aktion allerdings differente Relationen hierher eingelaufen, dabei auch sonst wohl wahr sei, welchergestalten ein jeder kommandierender General guten und bösen Zungen, absonderlich damals diesen letzteren unterworfen, wenn eine Okkasion unglücklich ablauft, also trage ich aber ganz keinen Zweifel, Dieselbe werden Dero hierunter geführte Conduite gar leicht rechtfertigen können." 29 ) F E V , S. 337—353. Der Festungskommandant Graf Philipp Arco wurde durch eine Untersuchungskommission unter dem Vorsitz des Feldmarschalls Thüngen zum Tode verurteilt und hingerichtet. Eugen an Guido Starhemberg, 19. IX. 1703, FE V, Suppl. S. 122: „Breisach hat sich an den Feind ergeben, und die Garnison solle nach Rheinfels geführt worden sein, bei welcher Beschaffenheit ich nicht wohl begreifen kann, wie es mit dieser so importanten Festung also augenblicklich geschehen und zugegangen sein müsse. Es ist daher nicht unbillig (bis man nicht eigentlichere Partikularien hat), eine große Präsumption dagegen zu fassen. Ich habe zwar vor geraumer Zeit wegen des darin kommandiert gehabten Grafen Arco Ihrer Kaiserlichen Majestät das Behörige vorgetragen und advertiert. Diese aber sind darüberhin auf keine Weise zur Resolution zu

Anmerkungen zu Kapitel 5, Seite 21—23

397

bringen gewesen." Eugen an Thüngen, 24. X. 1703, ebenda S. 136/37: „ . . . Euerer Excellenz die Kommission wegen der baldigen Übergabe von Breisach ist aufgetragen worden, und zufolge dessen tue ich auch hiermit Dieselben nochmals dienstlich anerinnern, damit Sie in sotaner Inquisition ohne einzigen Regard mit aller Schärfe verfahren wollen; denn sollte es sich finden, daß es mit gedachter Defense und folgsam auch mit der geschwinden Übergabe nicht richtig zugegangen wäre, so ist allweg vonnöten, daß dawider ein Exempel statuiert werde." so ) Eugen an Thüngen, 31. X. 1703, ebenda Suppl. S. 137. 31 ) Eugen an Nassau-Weilburg, 7., 14., 21. XI. 1703, ebenda Suppl. S. 143/44, 151/52, 155/56. 32 ) Eugen an Guido Starhemberg, 26. IX. 1703, ebenda Suppl. S. 124/25. 35 ) FE V, S. 354—379. 31 ) Eugen an Thüngen, an Nassau-Weilburg, 5. XII. 1703, ebenda Suppl. S. 158—160. M ) Eugen an Starhemberg, 6. VI. 1703, ebenda Suppl. S. 74: «Les voleurs en Hongrie augmentent fort; ils ont des étendarts, s'appellent troupes de Râkôczi et de Bercsényi.» 36 ) FE V, S. 598—621. v. HENGELMÜLLER I, S. 76—103. 3 ') Eugen an Starhemberg, 31. VII. 1703, FE V, Suppl. S. 100. 38 ) Ebenda Suppl. S. 114. 39 ) Noch am 14. XI. 1703 wies er seinen Feldkriegssekretär Langetl an, bis auf weitere Ordre bei Starhemberg in Italien zu bleiben, „indem es sein könnte, daß ich bald selbst nachfolgte", ebenda Suppl. S. 152. 40 ) Ebenda Suppl. S. 161. Am 20. XII. 1703 schrieb der Kaiser an den Herzog von Savoyen, er habe Eugen nach Italien schicken wollen, sei aber infolge der Ausweitung der ungarischen Unruhen genötigt gewesen, ihn nach Preßburg abzufertigen, doch hoffe er, daß er nur wenige Tage dort bleiben müsse, CAMPAGNE IV, S. 137/38.

" ) Eugen an den Hofkriegsrat, 22. XII. 1703, FE V, Suppl. S. 167/68. 4a ) An Starhemberg, 12. XII. 1703: „Ich verhoffe zwar in 8 oder 10 Tagen wiederum zurückzusein, allein kann es nicht für gewiß halten, indem erst darunten werde abnehmen müssen, wie sich der Status rerum anlassen dürfte und man dem ferneren Unheil vorbeugen könnte"; ebenso an Langetl am 12. und erneut am 24. XII. 1703, ebenda Suppl. S. 169: „Ich werde mich übrigens von hier, nachdem ich die ungarischen Sachen ein wenig in Ordnung gebracht habe, bald wiederum nach Wien begeben." Von dem ihm in Ungarn und Siebenbürgen aufgetragenen Generalkommando ist ausdrücklich in den Hofkriegsratsprotokollen aus dem Dezember die Rede, W, K, 421. 43 ) Eugen an Tarino, 20. XII. 1703, CAMPAGNE IV, S. 141 : «Pardonnez moi, si je ne vous écris pas de mains propres, je n'ai pas un moment de temps ». Auch Victor Amadeus bat er deshalb um Entschuldigung, ebenda S. 173 : «ma essendo talmente occupato che non mi resta un momento di tempo ». " ) ARNETH, Eugen, I, S. 221—233. Eugen an Hofkriegsrat, 22. XII. 1703, FE V, Suppl. S. 164—168.

398

Anmerkungen zu Kapitel 5, Seite 23—28 a

) Eugen an Fürst Maximilian Karl Löwenstein, 31. XII. 1703,

KAUFMANN, S . 2 6 4 .

" ) Eugen an Kaiser Leopold, 6., 12., 14. I. 1704, FE VI, Suppl. S. 5—7, 17—19, 20—24. Siehe auch den Bericht in T E XVI, II, S. 170: „Prinz Eugenius mußte, weil er nicht Volk genug beisammen hatte, bei dem Handel zu Preßburg still sitzen und mit Gewalt nicht wehren, die versuchte Güte wollte auch (ob er gleich bei jedem Haupt der Rebellen insonderheit, in Meinung sie alle desto besser zu gewinnen oder untereinander zu trennen, einen Versuch gemacht hatte) nicht den gewünschten Zweck erreichen." " ) REGELE, S. 42/43. Eine eingehende Untersuchung über Entwicklung, Organisation und Tätigkeit des Hofkriegsrats steht noch aus. Ich bin mir bewußt, über Eugens Wirken als Präsident nur lückenhafte Hinweise geben zu können. " ) T E XVI, II, S. 181. 49 ) FE V, S. 32. Siehe Bd. I., S. 420 (Anm. 31), 446 (Anm. 216). 60 ) Johann von Till oder Thiel wirkte 1687 als Feldkriegssekretär in Siebenbürgen und Ungarn und wurde dann vielfach für Missionen in Ungarn verwendet. 1707 im Hofkriegsrat zum Referenten für Ungarn bestellt, ist er 1710 gestorben; (freundliche Mitteilung des^Österreichischen Kriegsarchivs Wien). Über Kampmüller oder Campmiller siehe FE II, S. 468, VI, Suppl. S. 249, XIII, Suppl. S. 162, XIV, Suppl. S. 317—139, BRAUBACH, G u A , S . 1 4 5 / 4 6 . 51 ) Über Eugens Briefwechsel mit Campmiller während des Aufenthalts in Preßburg ARNETH, Eugen, I, S. 222, 225, 468/69. 62 ) Siehe über ihn Bd. I, S. 307, 356, 443 (Anm. 177). Nach Mitteilung des Österreichischen Kriegsarchivs erscheint er seit Januar 1704 als Hofkriegsrat. 63 ) RÖDER VON DIERSBURG, KuS, I, Urk. S. 175. „Ich rede", so fährt er fort, „wie dero Generalleutnant, dem militariter zu sprechen aus E. K . M allerhöchsten Gnaden vermöge seiner Charge zukommt navita de ventis, de tauris narrat arator, und wären E.K.M. vielleicht besser bedient, wenn ein jeder nur von dem erzählen wollte, was in seine Profession laufen tut" : das Zitat nach freundlicher Mitteilung von Prof. Dr. Wolfgang Schmid, Bonn, Properz II, 1, Vers 43. M ) Eugen an Starhemberg, 3. XI. 1703, FE V, Suppl. S. 141. 65 ) Ankündigung an Starhemberg, 3. IX. 1701, ebenda Suppl. S. 119: «J'espère de porter l'Empereur à une forte résolution touchant la vente des charges. » Das von Locher von Lindenheim gegengezeichnete Patent

ist a b g e d r u c k t , F E I, S . 6 9 9 / 7 0 0 . V g l . v . FRAUENHOLZ, S . 4. 56

) Eugen an Starhemberg, 14. XI. 1703, FE V, Suppl. S. 149/50. " ) Eugen an den Kaiser, 18. V. 1705, FE VII, Suppl. S. 127/28. FRAUENHOLZ S . 4 — 6 . 58

) Eugen an Hofkriegsrat, 19. VI., an Kaiser Joseph, 9. VII. 1705, FE VII, Suppl. S. 213, 262/63. 69 ) Eugen an Guido Starhemberg, 2. XI. 1703, FE V, S. 140/41. Siehe auch seine Bemerkung zu Beförderungsvorschlägen in einem Schreiben an den Hofkriegsrat, 9. VI. 1705, FE VII, Suppl. S. 253: „Ich

Anmerkungen zu Kapitel 5, Seite 28—30

399

weiß gar wohl, daß ein und andere älter sind; allein wenn der jüngere, welcher die Okkasion gehabt, sich insonderheit zu signalisieren, allezeit auf des älteren Promotion, und wenn die Reihe an ihn kommt, warten sollte, so wäre es demselben mehr diskonsolierlich als eine Konsolation." 60 ) F E V, Suppl. S. 141 (Übersetzung aus dem Französischen). 61 ) Eugen an Starhemberg, 14. X I . 1703, ebenda S. 150 (Übersetzung aus dem Französischen). 62 ) Ebenda S. 103—113. 63 ) In der Denkschrift führt der Prinz die Unrichtigkeit und Unzulänglichkeit des Soldes mit darauf zurück, daß man „die ganze Armada von der Anweisung auf die Länder abgebracht und solche nur mit Extramitteln zu verpflegen angetragen, mithin sich ergeben, daß bei Gebrechung solcher Extramittel der Sold niemals erklecklich Übermacht, anneben auch öfter in der höchsten Not, was der Mannschaft zu geben war, zu dem Proviant hat müssen verwendet werden." I n einem Schreiben an Guido Starhemberg vom 11. V I I . 1703, ebenda Suppl. S. 88, heißt es: «On connaît toujours plus la sottise qu'on a fait de ne pas assigner les régiments dans les pays», und am 20. VII., ebenda S. 95, schreibt er an Ludwig Wilhelm von Baden wegen der Rekrutierung der Infanterie, er trachte, ,,dahin zu vermitteln, damit sotane Rekruten (gleich es zu der Armee in Welschland geschehen), die Erbländer stellen sollten, denn sonst sehe ich de facto kein Mittel, wie auf andere Weise die darobigen Regimenter könnten ehender und leichter komplettiert werden". " ) Ebenda Suppl. S. 113. 65 ) Konferenzprotokolle vom 30. X I . und 1. X I I . 1703, W, SA, K A 246. Der König faßte das Ergebnis der Konferenzen, an denen Salm, Eugen, Harrach, öttingen, Jerger, Wrbna, Mansfeld, Buccelini, Starhemberg und die Referendare Conspruch, Albrechtsberg, Bagnini, Locher und Palm teilgenommen hatten, dahin zusammen, daß in extremis malibus praesentibus extrema media zu ergreifen, zunächst die früheren Resolutionen wegen der Silberkollekte und der rückständigen Vermögenssteuer sowohl als der Kontribution ohne Zeitverlust und Respekt der Personen zu exekutieren seien, was längst hätte geschehen müssen, um so eher pro anno futuro auszuschreiben, auch bei den Prälaten zu insistieren und, wenn sie zu lange verweilten, durch Kommissare jeden taxieren und das Taxierte einbringen zu lassen; von Kirchensachen wolle man noch abstrahieren, bis der Kaiser anders befehle, während die vorgeschlagene Akzise durch die Kanzleien zu begutachten sei. Vgl. den Bericht Starhembergs, 4. X. 1703, F E V, S. 657—659, ferner A. WOLF, Die Hofkammer unter Kaiser Leopold I., Sitzungsberichte der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Phil.-Hist. Klasse X I , 1853, S. 483, FELLNER I, 1, S. 97—105, MENSI S. 79/80, 92—96, 327/28. 6e ) Für die Zusicherungen des Kaisers siehe etwa die Resolution auf eine Eingabe Eugens vom 17. V I I I . 1703 (s. Anm. 67), F E V, Suppl. S. 118: „Nachdem an den Mitteln alles liegt, also liegt in allem daran, wie solche mögen gefunden werden, und solle es an starken Resolutionen (so es nötig) und der Manutenierung nicht mangeln, wenn man nur solche

400

Anmerkungen zu Kapitel 5, Seite 30—33

Mir an die Hand mit gutem Fundament geben wird." Schon am 31. VII. hatte Eugen dagegen über die Wirkungslosigkeit seiner Vorstellungen bei dem Kaiser geklagt, ebenda S. 99: «Il le connaît, il dit, qu'il y remédira et n'en fait rien. Le Président de chambre lui a donné un référât, il y a trois semaines, par lequel il lui propose plusieurs moyens. Il dit tous les jours qu'il le renverra et qu'il l'approuvera et n'en fait rien.» Vgl. ferner Eugens Schreiben an Ludwig Wilhelm, 20. VII. 1703, RÖDER VON DIERSBURG, KuS, I, Urk. S. 184/85, FE V, Suppl. S. 94—96. 67 ) Siehe die Eingabe Eugens an den Kaiser vom 17. VIII. 1703, FE V, Suppl. S. 116—118: „Allein Dero Hofkammer tut sich beschweren, daß sie hilflos gelassen und keineswegs sekundiert werde, indem die Kanzleien, mithin auch die Länder dasjenige, was von Euer Kaiserlichen Majestät resolviert, zu bewerkstelligen, sich saumselig erwiesen, also daß all' Dero Sorge, Mühe und Ratschlag fruchtlos wären. Daher denn . . . unumgänglich nötig sein will . . . , daß E. K. M. starke Resolutiones fassen, anbei aber darob sein möchten, daß solche ohne einigen Anstand und Saumseligkeit exequiert werden, da sonst unmöglich die Sachen also länger bestehen können, sondern endlich, wo die Armeen völlig zu Grunde liegen, E. K. M. Szepter und Krone auch nicht mehr werden bestehen können." is ) Schreiben vom 22. IX. 1703, HANTSCH, Schönborn, S. 376. 69 ) Eugen an Starhemberg, 26. IX. 1703, FE V, Suppl. S. 124/25: « Malgré tout cela le maître va tous les jours à la chasse ; tous les autres sont sur leurs terres et tout ce qu'on ne peut expédier seul, reste en arrière». ,0 ) Bericht Schönborns, 22. IX. 1703, HANTSCH, Schönborn, S. 376. 71 ) Eugen an Guido Starhemberg, 7. VIII. 1703, FE V, Suppl. S. 103. Vgl. schon sein Schreiben an Ludwig Wilhelm vom 20. VII. (s. o. Anm. 66): „Und bin ich sonst mit Euer Liebden in allweg verstanden, daß freilich die bisherige Unordnung und fatale üble Anstalten nicht so viel von der Unmöglichkeit der Sachen, als mehr von manchem blinden Capriccio und dadurch unverantwortlich verlorenen Zeit ihren Ursprung genommen, folglich die Sachen so weit in eine so große Zerrüttung und Verwirrung haben verfallen müssen, also zwar, daß es nunmehr auch Mühe genug braucht, selbige wiederum in etwas zu remittieren, wozu aber des Kaisers Manutenenz auf alle Weise erfordert wird ; und sollte hingegen diese nicht mehr als bis dato mit Ihrer Allerhöchsten Autorität den Vorschlägen und Dispositionen die Hand halten, sondern so fortan von einem und anderen, wie man pflegt zu sagen, die Prügel unter die Füße werfen lassen, so ist es nicht möglich fortzukommen. Ich aber versichere Euer Liebden in ergebener höchster Konfidenz, daß auf solchen Fall viel lieber dem Kaiser mein Amt wiederum zu Füßen legen will, als daß langhin zusehen und in den Sachen keine bessere Exekution verspüren sollte." FE V, Suppl. S. 125. 73 ) Ebenda S. 126. 71 ) Eugen an Starhemberg, 14. XI. 1703, ebenda S. 148—151 (Übersetzung aus dem Französischen). 7S ) Berichte Dolfins, 17. XI., 15. XII. 1703, GIUDICI II, S. 65, 72: Als Dolfin ihm zu seiner Reise nach Preßburg Glück wünschte, erhielt er

Anmerkungen zu Kapitel 5, Seite 33—37

401

die traurige Antwort, daß man mit kleinen Aushilfen der Gefahr nicht begegnen könne, daß er aus Gehorsam gehe, ohne Truppen aber nicht operieren könne und ohne Schwert der Arm des Kapitäns nichts vermöge. B e r i c h t e T a r i n o s , 7., 14. X I . 1703, CAMPAGNE I V , S. 128/29. 7e ) Nach dem Auszug des persönlichen Berichts (in französischer Sprache), wiedergegeben bei RITTER S. 181/82. Siehe auch Hamel Bruynincx an den Greffier Fagel, WG II, S. 281: «De saaken staan hier seer desperaat en schijnt dit Huys naa aan syne laatste periode te sijn met een generaal bouleversement van het geheele systema van den oorlog sonder miraculeuse hulp van God, want men hier in de uyterste consternatie is en geen regt middel weet uyt te vinden, om sich uyt het tegenwoordige labyrinth te redden. » — Die Empörung über den angeblichen geistlichen Einfluß auf den Kaiser, der sich allzusehr auf Prophezeiungen und Wunder verlasse, hat ihren Niederschlag in einem Gedicht von Leibniz gefunden, in dem er Eugen klagen läßt: „Daß ich Kriegspräses bin, hat man mich überredt, Daß ich hierzu nicht taug', befind' ich nun zu spät. Man muß zu diesem Amt nur Josuam bestellen, Mit Pfaffen und Musik kann er die Mauern fällen." OEHLER, EUL, S. 18/19. " ) Vgl. den erwähnten Bericht Hamel Bruynincx' an Heinsius, 16. I. 1704, RITTER, S. 182: «L'Impératrice, le Roi, la Reine et toute la famille paraissent fort affligés de ce mauvais état des affaires et du danger où l'on se trouve, mais l'Empereur garde toujours son sang froid, comme si de rien n'était, les consolant et disant que tout ira mieux, comme s'il en avait des promesses solennelles du Bon Dieu en poche, ce quelques-uns baptisent encore des beaux noms de constance et de fermeté, mais pour moi je ne le puis nommer à Votre Excellence qu'une indolence et insensibilité qui surpasse l'imagination humaine. » 78 ) Eugen an Kaiser Leopold, 12., 14. I., an König Joseph, 14. I. 1704,

F E V I , S. 17—19, 2 0 — 2 5 . V g l . RITTER, S. 33. " ) RITTER, S. 35. 80 ) Über die damaligen Parteien am Hof RITTER, S. 19, HANTSCH, Schönborn, S. 375. Schönborn stellt am 15. I. 1704 ein Septemvirat: Joseph, Eugen, Starhemberg, Moles, Salm, Lamberg, Mollart, einem Oktovirat: Harrach, Kaunitz, Mansfeld, Jerger, Buccelini, Martinitz, Kinsky, Öttingen, gegenüber. Siehe ebenda S. 45/46 die Urteile des Grafen Wenzel Sternberg über die verschiedenen Persönlichkeiten. 81 ) Stepney an Saint-Saphorin, 7. VII. 1703, SS. Stepney, der übrigens dem Schweizer mitteilte, daß Eugen und Starhemberg am nächsten Tag bei ihm dinieren würden, wollte nicht zweifeln, « que ces bonnes influences ne puissent s'étendre jusqu'en Suisse avec le temps », womit er meinte, daß bald Geld zur Bezahlung der vom Kaiser in der Schweiz angeworbenen Regimenter kommen werde. Über die Missionen von George Stepney in

W i e n 1693 u n d 1701 b i s 1705 HORN, S. 2 8 / 2 9 . M

) FE VI, Suppl. S. 18. Zur Finanzlage FE VI, S. 64—74. ) Konferenzreferat, 25. II. 1704, W, SA, KPuR, 39. 81 ) FE VI, Suppl. S. 25/26. 83

26 Braubach, Prinz Eugen

402

Anmerkungen zu Kapitel 5, Seite 37—39 85

) Protokoll „in domo Serenissimi a Sabaudia", 25. I. 1704, W, SA, KPuR 39. ®6) Hamel Bruynincx an Heinsius, 23. II. 1704, RITTER, S. 189. Zur Abgabe des Kirchensilbers T E X V I I , S. 70/71. 87

) Eugen an Saint-Saphorin, 2. II. 1704, SS. ) Konferenzbeschluß, 12. IV. 1704, FE VI, S. 734. Über die Widerspenstigkeit gegen die Besteuerung der Kirchengüter Angaben in Tarinos Berichten nach Turin, III. bis V. 1704, CAMPAGNE IV, passim u. a. S. 182. " ) Thiel an Eugen, 16. VII. 1704, FE VI, S. 822/23. 90 ) Eugen an Starhemberg, 20. VI. 1703, FE V, Suppl. S. 79/80. 91 ) Im Februar 1704 kamen aus Peterwardein und Konstantinopel Nachrichten über Kriegsabsichten der Türken. Bericht des Hofkriegsrats an den Kaiser 21., 26. II. 1704, FE VI, Suppl. S. 39—41: Es sollte die Gefahr streng geheimgehalten werden, „damit die Konsternation (welche ohnedem in E. M. Erblanden und bei Dero Alliierten sehr groß ist) nicht vermehrt und noch größer gemacht werde", sodann gelte es, „Dero Statum militare in Ungarn in einen besseren und endlich nur in einen solchen Stand setzen zu lassen, daß man wenigstens die Rebellion (welche allem Ansehen nach so schädliche Sequenzen nach sich ziehen wird) je eher, je besser dämpfen könne". M ) FE VI, S. 126—137. 93 ) FE V, S. 137—168, ARNETH, Starhemberg, S. 279—293. 94 ) Eugen an Starhemberg, 20. VI. 1703, FE V, Suppl. S. 77/78; 14. XI. 1703, ebenda S. 150: «Que le commandant général doit être à l'armée, cela est vrai, n'y étant pas, Votre Excellence l'est; l'armée ne peut être en meilleure main. » 95 ) Eugen an den Residenten Freiherrn von Rost, 31. X. 1703, ebenda Suppl. S. 139/40. In einem Schreiben an Saint-Saphorin vom 10. I. 1704, SS, klagt er, „daß freilich unser Envoyé in Graubünden Rost die daselbstige Unruhe allerdings verschlafen und sich zu des Kaisers und gemeinen Wesens Dienst nicht zu prävalieren gewußt hat". Anton von Rost war von 1696 bis 1706 kaiserlicher Vertreter in Graubünden, Rep I, S. 142. 66 ) Uber die Tätigkeit Saint-Saphorins zur Erhaltung und Bezahlung der zwei vom Kaiser übernommenen Regimenter Briefwechsel zwischen ihm und Eugen in SS, ferner STELLING-MICHAUD, Saint-Saphorin, S. 72—77, 83—92, 121—123. Eugen hat in einem Schreiben vom 24. X. 1703 im Hinblick auf die Regimenter zugegeben, „daß gleichsam kein Exempel ist, daß diese Nation in fremden Diensten mit der Geduld der Bezahlung sich so lange patientiert hätte", während dann SaintSaphorin am 21. XI. 1703 besorgte, sie könnten in französische Dienste übertreten: «Jusqu'à ce que les deux régiments soient payés et le crédit de S. M. I. se rétablisse par ce moyen en Suisse, on n'y trouvera presqu' aucun ami pour y soutenir les intérêts de l'Empereur.» 97 ) Briefwechsel in SS, Eugen an Saint-Saphorin, 7., 21. XI., 20., 27. 88

X I I . 1703, F E V , S u p p l . S . 144/45, 154, 1 6 3 / 6 4 , 172. STELLING-MICHAUD, S a i n t - S a p h o r i n , S . 1 3 1 — 1 4 6 . BONJOUR, S . 16/17, 3 6 / 3 7 . es

) FE V, S. 221—236. Weisungen Eugens an Starhemberg, 19. IX., 10., 13., 18., 24. X. 1703, ebenda Suppl. S. 123, 130, 133—136.

Anmerkungen zu Kapitel 5, Seite 40—42

403

" ) Monasterolo an Victor Amadeus, Revere, 16. XI., an den Marchese di San Tommaso, 19. XI. 1703, Victor Amadeus an Eugen, 25. XI. 1703, CAMPAGNE I, S. 157, 161, 172—173. Aus Monasterolos Bericht vom 16. XI. : «En un mot comme en milles, on ne saurait se tirer de la léthargie, où l'on est dans ce camp, à moins que M. le Prince Eugène ne vienne faire ce miracle, qui apparemment n'y viendra qu'il ne soit muni de tout ce qu'il faut pour faire remuer cette machine, sans quoi l'on sera ici dans la même inaction où l'on a été toute l'année. Ce n'est pas que le général qui commande n'ait les talents et habileté requise pour faire bien faire manœuvrer cette armée; mais c'est qu'à Vienne on travaille à la faire périr de fond en comble; et je crois qu'on prétend qu'elle doive subsister avec l'air et l'eau. » 10 °) Aus Schreiben Starhembergs an Eugen, 24. XII. 1703, FE V, S. 268: „Wenn Eure Hoheit je daran gedacht, hierherzukommen, so eilen Sie." — Eugen an Langetl, 14. XI., 12. XII. 1703, ebenda Suppl. S. 152/53, 163. Langetl war übrigens zugleich beauftragt, dem Prinzen geheime Berichte über Starhemberg und seine Armee zugehen zu lassen: FE V, S. 249. 101 ) Eugen an Starhemberg, 14., 21. XI., 12., 27. XII. 1703, an Victor Amadeus, 29. XI. 1703, FE V, Suppl. S. 148—151, 153, 157/58, 161/62, 171. loa ) FE V, S. 249. 103 ) Ebenda S. 246—282. v. NOORDEN I, S. 424/25. ARNETH, Starhemberg, S. 311—323. 104 ) Eugen an Saint-Saphorin, 10. I., 2., 20., 27. II., 12., 25. III., 2., 30. IV., 21. V. 1704, SS. Dabei wird z. B. um Nachricht über Anschläge eines aus Frankreich entwichenen Abbate gebeten, „wie etwa das Werk, falls es ein genügsames Fundament haben möchte, des weiteren fomentiert werden könnte". 105 ) Eugen an Martini, 23. I., 2., 6., 13., 27. II. 1704, FE VI, Suppl. S. 9/10, 29, 33—38, 41/42. lM

) Berichte Tarinos, 2., 5., 9., 1 9 . 1 . 1 7 0 4 , CAMPAGNE IV, S. 143—147.

Eugen an Tarino, Preßburg, 20., 27., 31. XII. 1703, 8. I. 1704, ebenda S. 141—146. Victor Amadeus an Eugen, 9. XII. 1703, HELLER B, II, S. 93—98. Weitere Schreiben des Herzogs an Eugen, CAMPAGNE IV, S. 11—26. 107 ) Eugen an Victor Amadeus, 17. II. 1704, T, 72/73, CAMPAGNE IV, S. 11. Er hoffe, so schrieb der Prinz, nach Eintreffen an der Secchia unter dem Oberkommando des Herzogs die Gelegenheit zu finden, seinen Eifer für dessen Dienst zu zeigen, «n'ayant rien souhaité plus ardemment que de voir les intérêts de S. M. I. et d'une maison dont j'ai l'honneur d'être si unis que l'on peut sans scrupules les appeler les mêmes. » In diesen Tagen fanden in Wien die Verhandlungen über die endgültige Gestaltung und Ratifizierung des Bündnisses zwischen dem Kaiser und dem Herzog statt, an denen Prinz Eugen beteiligt war; siehe die Berichte Tarinos, 25. V., 23. VI. 1704, Billett Eugens an Prié, o. D., CAMPAGNE IV, S. 187/88, 205. LOS) F E VI, S. 270—284, Eugen an Vaudémont, 12., 16. IV., 10. V. 1704, ebenda Suppl. S. 44—49.

26*

Anmerkungen zu Kapitel 5, Seite 42—47

404 10

») Eugen an den provisorisch an Vaudémonts Stelle getretenen Grafen Herberstein, 21. V. 1704, ebenda Suppl. S. SO: „Mit was Betrübnis ich den frühzeitigen und unverhofften Todesfall des Herrn Prinzen von Vaudémont Liebden durch den hier eingelangten Herrn Grafen von Kuefstein vernommen habe und wie sehr dieser bei gegenwärtigen Konjunkturen für den kaiserlichen Dienst und die allgemeine Sache zu bedauern sei, können Euer Excellenz von selbst leicht bemessen." Auch in einem Schreiben vom gleichen Tag an Fürst Löwenstein, KAUFMANN, S. 205, beklagte der Prinz den Verlust des sehr vortrefflichen Generals. Victor Amadeus spricht in einem Brief an Eugen vom 25. V., CAMPAGNE IV, S. 16/17, von «un contretemps fâcheux . . . ce que vous connaissiez mieux que personne» und von «un vif déplaisir que je ressens de cette mort qui a renversé l'unique espérance que l'on avait dans la valeur et la conduite de ce Prince». 110

) Beide Schreiben vom 21. V. 1704, siehe Anm. 109. ) F E VI, S. 311—328. 114 ) Über Johann Wilhelm (1658—1716) und seinen Anteil an den Ereignissen von 1704 BRAUBACH in Rheinische Lebensbilder I, S. 83—101. Er war am 27. I. 1704 in Wien angekommen und blieb bis August. Von ihm wird in T E XVII, S. 71, gerühmt, „Sie hätten zu der herrlichen über Frankreich und Bayern erhaltenen wunderswürdigen Victoria bei Höchstädt ihres hohen Orts mit das Meiste beigetragen, indem Sie die größte Ursache des englischen unter Mylord Marlborough ins Reich gesendeten Sukkurses gewesen". ln

113

) Über Sinzendorfs Teilnahme an den Beratungen in Wien Hamel

B r u y n i n c x , 2 3 . 1 . , 2 . I I . 1 7 0 4 , RITTER, S . 1 8 2 / 8 3 . S c h o n i n e i n e m S c h r e i b e n

an Stepney vom 11. V I I I . 1702, MURRAY I, S. 157, spricht sich Marlborough lobend über Sinzendorf aus, "who, besides his real zeal for the public and the interests of the Emperor in particular, has those other good qualities that have deservedly gained him the general esteem of all in these parts". lu ) Siehe die Korrespondenz der beiden Männer, ARNETH, Karl I I I . Über Wratislaw vgl. Bd. I, S. 429, Anm. 151. Über seine Anwesenheit in Wien von Mitte Juni bis Ende Oktober 1703 : RITTER, S. 49. 115 ) Über Marlborough (1650—1722) die Publikationen und Werke v o n COXE, MURRAY, TAYLOR, CHURCHILL, TREVELYAN, ü b e r s e i n e

Korre-

spondenz mit Eugen OTRUBA, Würdigung seiner Persönlichkeit bei v . NOORDEN I , S . 1 9 4 — 2 0 0 , REESE, S . 1 8 9 — 1 9 3 , OEHLER, S . 2 9 6 / 9 7 . S i e h e auch

G.

M.

TREVELYAN,

Geschichte

116

) BODEMANN, I I , S . 5 3 , 2 5 8 .

117

) GOSLINGA, S . 4 2 / 4 3 .

118

Englands,

1947,

II,

S.

561/62.

) L. v. RANKE, Englische Geschichte vornehmlich im 17. Jahrhundert, V I I I (Sämtliche Werke 21), 1872, S. 12. F ü r Marlboroughs Vorfahren: A. L. ROWSE, T h e early Churchills, an English Family, 1956. 118 ) Ein erster erhaltener Brief Marlboroughs an Eugen vom 4. IX. 1702 stellt einen Glückwunsch zur Schlacht von Luzzara dar: «C'est une suite des grandes actions que Votre Altesse a faites depuis qu'Elle est en Italie

Anmerkungen zu Kapitel 5, Seite 47—53

405

et qui ont été de si grande utilité à la cause commune », MURRAY I, S. 30, 52, OTRUBA, S. 34/35. 12 °) Die Vorgänge vor und während des Feldzugs von 1704 sind grundlegend untersucht und dargestellt in der Arbeit von RITTER. M

)

RÖDER VON DIERSBURG, K u S ,

II, S.

3—7.

m

) Hamel Bruynincx an Heinsius, 2. II. 1704, RITTER, S. 56, 183/84: «Après avoir laissé quelques jours au Prince Eugène pour parler à l'Electeur Palatin et au Comte de Sinzendorf et pour examiner les dépêches que M. Burckhard, secrétaire du Prince de Bade, a apportées, je l'ai pressé de nouveau sur le plan touchant les opérations en général . . . Et par la suite du discours je me suis assez aperçu que les pensées du Prince de Bade vont d'agir offensivement du côté du Haut Rhin et du côté de la Moselle pour faire une puissante diversion à la France en pénétrant s'il était possible jusque dans la Lorraine, mais que le Prince Eugène croit qu'il faut aller plutôt défensivement de ce côté-là, et tâcher de finir à quel prix que ce soit la guerre de Bavière en Danube pour faire avoir les bras libres à l'Empereur à moins qu'on ne fût assez fort d'agir offensivement partout en même temps, ou que l'ennemi fût obligé de se dégarnir si fort du côté du Haut Rhin ou de la Moselle, qu'on pourrait même agir offensivement là où on n'aurait cru de pouvoir agir que défensivement. Il me semble à mon petit sentiment que ce jugement du Prince Eugène est juste, quand je considère que l'Électeur de Bavière ne pourra être disposé à un accommodement que par un grand effort unanimé et une très grande supériorité de forces. » 12S ) Johann Wilhelm an Ludwig Wilhelm, 13. II. 1704, RÖDER VON DIERSBURG I I , S. 11—13. Whitworth (Rep I, S. 185) an Marlborough, 13. I I . 1704, RITTER, S. 188/89. 1M ) Kaiser Leopold an Wratislaw, 13. II. 1704, FE VI, S. 725—727. RITTER, S. 62/63. Der Briefwechsel zwischen dem Kaiser und Wratislaw liegt in W, K, 199, er ist teilweise veröffentlicht im Anhang zu F E VI und

b e i RITTER. 125) RITTER, S . 7 3 . 126 ) Ebenda S. 78: „Diesem Entschluß kam die höchste Bedeutung zu. Durch ihn löste Marlborough seine Abhängigkeit von der Politik der Niederlande und übernahm die militärische Leitung des Krieges, soweit er die Seemächte betraf, im vollen Bewußtsein seiner Verantwortung und der Folgerungen, die ein Versagen für ihn persönlich haben mußte." 12 ') Konferenzbeschluß 12. IV. 1704, F E VI, S. 727—735, W, SA, K P u R 39. RITTER, S. 83—85. m ) F E V I > g. 733> 735. 129

) BRAUBACH, L W ,

S . 4 3 4 . V g l . RITTER, S .

89.

13

°) Wratislaw an Kaiser Leopold, 5. V. 1704, FE VI, S. 735—737. Vgl. auch Berichte des inzwischen nach Wien entsandten Marchese di Prié an Victor Amadeus, 23. IV. 1704, CAMPAGNE IV, S. 175. M

)

IM

GIUDICI I I , S . 8 3 .

) RITTER, S . 8 6 .

13a

) Kaiser Leopold an Wratislaw, 15. V. 1704, F E VI, S. 824.

406

Anmerkungen zu Kapitel 5, Seite 53—62

134

) Kaiser Leopold an Wratislaw, 20. VI. 1704, ebenda S. 739.

135

) VAULT-PELET I V , S . 388.

186 ) Eugen an Victor Amadeus, 24. V. 1704, T, 172/73, ungenau abgedruckt FE VI, Suppl. S. 51/52.

137) RITTER, S. 96. 1S8

) Bericht Eugens, Oepfingen, 3. VI. 1704, FE VI, Suppl. S. 53/54. i3») F E VI, S. 378—388. wo) Wratislaw an Kaiser Leopold, Düsseldorf, 11. V., Frankfurt, 21., 22. V., Groß-Heppach, 14. V I . 1704, RITTER, S. 197—207. Z u m Folgen-

den ebenda S. 100—112, FE VI, S. 388—393. Siehe zum Feldzug von 1704 a u c h TREVELYAN I, S . 3 4 0 — 4 0 1 , W I J N V I I , 1, S. 3 9 9 — 4 7 9 . 141 ) Siehe dazu schon das Schreiben Marlboroughs an Godolphin vom 4. VI. 1704, COXE I, S. 161: " I hope in eight days to meet with Prince Louis and Prince Eugene. I am afraid the first will not go to the Rhine, he being, as I am told, desirous to stay on the Danube." " 2 ) Eugen an Guido Starhemberg, 14. VI. 1704, FE VI, Suppl. S. 55. 143 ) Eugen an Oberg, 27. VI. 1704, ebenda Suppl. S. 81. 144 ) Wratislaw an Kaiser Leopold, 14. VI. 1704, FE VI, S. 825—828: Es handelt sich hierbei offenbar um einen persönlichen Begleitbrief zu der von RITTER abgedruckten Relation vom gleichen Tage, s. o. Anm. 140. IM) Wratislaw fährt in seinem Bericht vom 14. VI. dann fort: „Und da wir nichts Positives in Erfahrung bringen können, fassen wir den Schluß, daß der Markgraf ungern daran kommt, den Kurfürsten rechtschaffen anzugreifen oder wehe zu tun; jedoch wollen wir hoffen, wenn er zu der Sache wird tun müssen, daß er seine Schuldigkeit zu prästieren nicht säumig sein werde." 146 ) Leopold an Wratislaw, 31. V. 1704, RITTER, S. 112/13. " ' ) Marlborough an Lady Marlborough, 15. VI. 1704, COXE I, S. 166: "Prince Eugene was with me from Monday till Friday, and has in his conversation a great deal of my Lord Shrewsbury, with the advantage of seeming franker." Vgl. CHURCHILL II, S. 354/55: "We know how much Marlborough was attracted by Shrewsbury and the charm exerted by the 'King of Hearts', as he was allways called. " Über Charles Talbot Duke of

S h r e w s b u r y ( 1 6 6 0 — 1 7 1 8 ) ENCYCLOPAEDIA BRITANNICA 20, 1959, S. 583. 145 ) Eugen an Victor Amadeus, undatiert (um 18. VII. 1704, s. u. Anm. 179), FE VI, Suppl. S. 131. "•) Aus Bericht Wratislaws, 14. VI. 1704, FE VI, S. 826/27. Zum Folgenden: Marlborough an Heinsius, 11. VI. 1704, VAN 'T HOFF, S. 110/11,

COXE I, S. 163, RITTER, S. 114/15. 15

°) COXE I, S. 166. MURRAY I, S. 305/06. FE VI, S. 388—393.

RITTER, S . 121/22. 151

) Bericht Eugens, 14. VI. 1704, FE VI, Suppl. S. 56/57. ) Marlborough an den Kurfürsten von Mainz, 14. VI. 1704, MURRAY I, S. 309. 153) F E v i , S. 311—364. 1H ) Marlborough an Heinsius, 19. VI. 1704, VAN 'T HOFF, S. 111. 155 ) Eugen an Ludwig Wilhelm, 20. VI. 1704, FE VI, Suppl. S. 64. 152

Anmerkungen zu Kapitel 5, Seite 62—65 156

407

) Ebenda Suppl. S. 61/62. Marlborough an Harley, 19. VI. 1704,

MURRAY I , S . 3 1 5 . 157

) Eugen an Ludwig Wilhelm, 17. VI. 1704, F E VI, Suppl. S. 62/63,

v g l . F E V I , S . 4 4 1 — 4 5 9 , RITTER, S . 1 2 5 . 158 ) Über den Unterschied zwischen dem Soll- und dem Iststand klagt Eugen in einem eigenhändigen Brief an Sinzendorf, 18. V I I . 1704, W, SA, G K 73 a :« Les Prussiens devraient être 13000, ils ne sont pas 9000, les Palatins devraient avoir 22 gros bataillons, ils n'en ont que 10. Les Souabes devraient être 10000, ils sont à peine 4000. Les 3 nouveaux régiments de Franconie qui devaient être de 3 bataillons chacun font à peine 1 bataillon et ne sont pas même en campagne, les vieux régiments franconiens ne sont pas même complets et ne font que 2 bataillons chacun, il manque ce bataillon de Wolfenbuttel qui devait remplacer ce régiment de dragons, les Westphaliens ne sont pas aussi complets. » 159 ) Eugen an Kaiser Leopold, 27. VI. 1704, F E VI, Suppl. S. 77, an

L u d w i g W i l h e l m , 2 7 . V I . 1 7 0 4 , RÖDER VON DIERSBURG, K U S , I I , S . 4 4 — 4 6

(mit eigenhändigem Zusatz in französischer Sprache, Abdruck in F E VI, Suppl. S. 72—74, nach Konzept mit Datum vom 26. VI. und ohne den Zusatz). 160 ) Auf der Gegenseite herrschte übrigens die gleiche Unsicherheit hinsichtlich der Absichten Eugens, wie sich aus einem Bericht Tallards vom 29. VI. 1704, VAULT-PELET IV, S. 506, ergibt: «Quand il y a une armée aussi forte que celle qui est dans les lignes et qu'elle est commandée par un homme comme le Prince Eugène, ne dépend-il pas de ce dernier de passer le Rhin ? Dèsqu'il fait ce mouvement, ne faut-il pas que Villeroy aille à la défense de l'Alsace ? » 161 ) Eugen an Ludwig Wilhelm, 30. VI. 1704, RÖDER VON DIERSBURG, KuS, II, S. 46—48, FE VI, Suppl. S. 83—85 (ohne eigenhändigen Zusatz). Eugen an den dänischen General Schölten, 1. VII. 1704, ebenda S. 85/86. 162 ) Bericht Eugens, 4. VII. 1704, ebenda Suppl. S. 86—88. 163 ) Bericht Eugens, 14. VII. 1704, ebenda Suppl. S. 103. Siehe auch seinen Bericht an Ludwig Wilhelm, 8. VII., und an den Kaiser, 11. VII.; seine Weisungen an Oberst Willstorf in Villingen, 9. VII., AnhaltDessau, 10. VII., Prinz von Baden-Durlach, 10. VII., Schölten, 10. VII. 1704, ebenda Suppl. S. 93—100. 1M ) Bericht Eugens, 20. VII. 1704, ebenda Suppl. S. 109. 185 ) Am 30. VI. hatte er den Generaladjutanten Moltenberg an Ludwig Wilhelm abgefertigt, «pour vous informer de ce qui ce passe étant très nécessaire que je sache positivement ce que vous avez résolu », doch hielt er ihn wegen der Ankunft eines Kuriers von der Hauptarmee dann noch zurück, schrieb aber am 1. VII. dem Markgrafen, es sei nötig, «que je sache de que vous aurez résolu si Tallard passe, mon sentiment est que si vous pouvez espérer en peu de temps de mettre les affaires en bon état, rien ne doit arrêter, mais si cela traînait je crois qu'il faut prendre quelque résolution», RÖDER VON DIERSBURG KuS, II, S. 48. 166 ) Bericht Eugens, 4. VII. 1704, F E VI, Suppl. S. 86/87. Bericht des badischen Hauptmanns Boussey an die Markgräfin Sybille Auguste, 4 . V I I . 1 7 0 4 , RÖDER VON DIERSBURG K u S , I I , S . 4 9 . F ü r d i e O p e r a t i o n e n

408

Anmerkungen zu Kapitel 5, Seite 65—67

Ludwig Wilhelms und Marlboroughs und den Angriff auf den Schellenb e r g F E V I , S . 4 0 6 — + 2 6 , 8 3 5 — 8 3 9 , RITTER, S . 1 2 7 — 1 3 4 .

" ' ) An den Folgen der am Schellenberg empfangenen Wunden ist der Feldmarschall Graf Limburg-Styrum am 9. VII. gestorben. 168 ) Bericht Eugens, 31. VII. 1704, FE VI, Suppl. S. 129. Siehe auch Bericht Wratislaws, 30. VII. 1704, FE VI, S. 851, über die drei von ihm schriftlich für Marlborough aufgesetzten Vorschläge: „Der erste, nämlich die zwei Ufer vom Lech zu halten, ist des Prinzen von Savoyen mir unter der Hand überschickter Vorschlag, welcher ohne Zweifel der beste ist; allein beide kommandierende Generäle, welche sich schon zu Ulm separieren wollen und einer ober Memmingen, der andere gegen Donauwörth zu gehen gemeint waren, haben jetzt ein Bedenken, sich zu separieren, da doch beide Armeen durch geschlagene Brücken solche Kommunikation mit einander halten, daß dieselben gleichsam für eine könnten gehalten werden." le») F E V I > g 426—432. 17 °) Bericht Eugens, 11. VII. 1704, FE VI, Suppl. S. 98—100: „. . .massen man sich dann auf solchen Fall, wenn man anders die Expedition geschwind poussieren würde, meinethalben nicht beirren lassen dürfte, sondern ich inmittelst schon trachten wollte, wie den Sukkurs des Feindes da und dort würde aufhalten können, bis sie daroben entweder einig weiteren glücklichen Sukzeß in der Operation gehabt oder sonst ein anderes Ende gemacht haben würden"; am Schluß des Berichts: ,,. . . habe sie aufs neue ersucht, sie möchten den Feind oben in seiner Konfusion verfolgen und sich mit Belagerungen oder sonst unnötigen Hin- und Widerziehen nicht aufhalten". 171 ) Eugen an Victor Amadeus, o. D. ebenda Suppl. S. 131/32: «Iis s'amusent au siège de Rain et à brûler quelques villages, au lieu, selon mon sentiment, que je leur ai mandé assez clairement, de marcher tout droit aux ennemis, ne les pouvant attaquer, se poster à une demi-heure d'eux, étant si supérieurs en cavalerie dans un pays ouvert, leur ôter la communication avec Ulm et la Bavière et les empêcher de fourager; étant sûr qu'il n'avait pas un magasin à Augsburg et qu'ils auraient été obligés d'abandonner ce poste. » m ) Ebenda: «Je m'apperçus de la mort de cet homme, voyant Mylord . . . assez incertain dans ses résolutions. » Über Johan Wynand Goor und seinen Tod Marlborough an Heinsius, 3., 4. VII. 1704, VAN ' T HOFF S. 114/115. " ' ) Eugen an Sinzendorf, 18. VII. 1704, W, SA, GK 73 a: «Quand aux opérations elles vont assez lentement, je crois que du côté de la cour on ne les saurait trop presser; Bavière n'a songé et ne songe qu'à gagner temps et nous tromper. Je suis de sentiment que tout ce qu'on lui offre est autant de perdu, car il ne changera que par force et quand il ne pourra plus se soutenir, alors il serait trop heureux d'avoir grâce.» RITTER, S. 138. Siehe zu den Verhandlungen mit Max Emanuel FE VI, S. 432—436, Bericht Wratislaws, 10. VII. 1704, ebenda S. 841—844, G. F. PREUSS, Die preußische Mediation zwischen Bayern und Osterreich, 1898. 174 ) Bericht Wratislaws, 29. VI. 1704, FE VI, S. 832.

Anmerkungen zu Kapitel 5, Seite 67—68

409

" 5 ) Bericht Eugens, 4. VII. 1704, ebenda Suppl. S. 89. "•) Bericht Eugens, 31. VII. 1704, ebenda Suppl. S. 130. " ' ) Bericht Wratislaws, 30. V I I . 1704, F E VI, S. 858. In Wien erwog man, die Schwierigkeiten durch die Übertragung des Oberbefehls im Reich an den römischen König zu lösen, wobei der Kaiser aber bestimmte, daß er nach Eintreffen sofort den Prinzen Eugen zu sich rufen sollte. R I T T E R , S. 145. 17S ) Marlborough an Harley, 13. VII. 1704, M U R R A Y I, S. 352, über Ankunft des von Eugen entsandten pfälzischen Generals Graf Vehlen mit Nachricht vom Rheinübergang Tallards und Villeroys, "whereupon, at Prince Eugene's desire, 30 escadrons will be detached this evening to reinforce him and enable him the better to attend the enemy's motions", an Godolphin, 16. V I I . 1704, C H U R C H I L L II, S. 402/03: " W e have sent him 4000 horses as he desired with assurance of more troops." Eugen an Prinz Maximilian Wilhelm von Hannover 16. V I I . 1704, F E VI, Suppl. S. 106/07: „ N u n freut mich umsomehr, daß eben E. L. mit den angezogenen 6 Regimentern zur Verstärkung des meinem Kommando unterstehenden Korps detachiert worden, als mich vergnügt, Dieselbe wiederum unter meinem Kommando zu sehen"; an Victor Amadeus, o. D., ebenda S. 132: «L'on m'envoie 28 escadrons de l'armée du Danube, qu'ils ne peuvent être de 8 ou 10 jours à la portée de Rottweil. Je formerai un corps de 60 escadrons et 20 bataillons, avec lesquels je leur disputerai le passage, s'ils attendent si longtemps, ce que je ne puis pas croire, ou je verrai en les approchant ce qu'on pourra faire, et en cas de besoin renforcer l'armée du Danube ou faire deux corps. » " ' ) W, SA, G K 73 a: «Tallard passé, il a perdu 15 jours sans savoir pourquoi, je crois que la tête leur a tourné. Je ne puis m'opposer à trois armées. Villeroy doit s'approcher encore des lignes et les a reconnues avanthier d'assez près. L'on m'envoit 27 escadrons qui ne peuvent être de huit jours à portée des endroits où j'en puis avoir besoin. Alors je verrai de former un corps de 20 bataillons et 55 ou 60 escadrons pour côtoyer Tallard » (aus der Gleichförmigkeit des Textes ergibt sich, daß der undatierte Brief an Victor Amadeus, F E VI, Suppl. S. 131/32, auch am 18. VII. geschrieben sein dürfte). Unter den zahlreichen Bruchstücken von eigenhändigen Briefen Eugens an Sinzendorf, die in W, SA, G K 73 a, liegen, gehört eines, ohne die erste Seite und daher ohne Datum, noch in den Juli 1704, und zwar dürfte es um den 15. geschrieben worden sein: «Je me tiens prêt à marcher avec deux bataillons impériales, sept danois, onze prussiens et cinq souabes et 26 escadrons de ces deux dernières nations. C'est tout ce qu'il est possible de tirer d'ici à moins que les ennemis ne passassent avec toutes leurs forces ce qui n'est pas croyable. Je suis donc prêt, ayant déjà envoyé quelques couriers pour le concert, n'étant d'humeur de me faire battre mal à propos avec cette poignée de monde.» 1S0 ) Rückblick in Operationsentwurf Eugens, 2. V I I I . 1704, FE VI, Suppl. S. 136: «Sachant que Tallard attaquait Villingen, je fis marcher incessamment les Danois, Prussiens et la cavalerie de Souabe et Westphalie, desquelles j'avais suspendu pendant quelques jours la marche dans l'incertitude des mouvements des ennemis, craignant toujours, qu'ils

410

Anmerkungen zu Kapitel 5, Seite 68—71

ne fissent semblant de passer par le Schwarzwald et ne se jetassent avec toutes leurs forces sur les lignes, ce qu'ils pouvaient faire en deux marches, et j'en aurais eu six à retourner, si je m'étais avancé jusqu'à Rottweil avant qu'ils fussent entièrement déterminés. Alors j'ai pressé la marche du détachement du Prince d'Hanovre et marchai en toute diligence vers Rottweil, tant pour couvrir ce poste mauvais mais important, restant la clef du Württemberg, que pour les empêcher de glisser le long des montagnes et de prendre les lignes en flanc et voir aussi sur les lieux ce que j'aurais pu faire à l'égard de Villingen.» Uber den Marsch Eugens von Rastatt nach Höchstädt: FE VI, S. 441—459, Eugen an Ludwig Wilhelm, Herrenberg, 21. VII., an Nassau-Weilburg, Böhringen, 22. VII., an Ludwig Wilhelm, 23. VII., an Schölten, 25. VII., an Willstorf, 25. VII., an Nassau-Weilburg, Schlatt, 26. VII., Groß-Süssen, 29. VII., an Kaiser Leopold, 31. VII. 1704, ebenda Suppl. S. 110—130, RITTER, S. 148/49. 181 ) HÄSZLER, S. 143/44, Bericht des Villinger Chronisten Berger: „Den 23. VII. war Ihre Durchlaucht Prinz Eugenius nebst vielen Herrn Offiziers und einer Bedeckung Reiter diesen Vormittag um 9 Uhr allhier in hoher Person selbst eingetroffen und sowohl die Approchen und Batterien, welche der Feind gemacht hat, in hohen Augenschein genommen, auch die Breschen, so der Feind zu Grund geschossen, wohl besichtigt. . . Und hat allhier in der Kommende S. Johann zu Mittag gespeist und hat an der Tafel die Herren der Stadt gefragt, was sie von I. K. M. wegen Ihres Wohlverhaltens vor eine Gnade begehren; so haben die Herren begehrt, 3 ,b', d. i. Brod, Bulver und Blei, welches auch gleich zugesagt. . . Und sind I. D. nach eingenommenen Mittagmahl um 3 Uhr wieder abgereist nach Rottweil." Ebenda S. 149, ein Schreiben Eugens an die Stadt aus dem Feldlager bei Münster, 10. VIII. 1704. 182 ) Schreiben vom 23. VII. 1704, FE VI, Suppl. S. 115. I8S) RITTER, S . 1 4 9 . 1M

) Bericht Eugens,

PELET I V , S . 5 3 0 ,

31. V I I . 1704,

FE

VI,

Suppl. S.

128.

Vgl.

VAULT-

546.

185

) Marlborough an Harley, Schmettau, Hedges, 27. VII. 1704, I, 373—375. Bericht Wratislaws, 30. VII. 1704, FE VI, S. 851

MURRAY

b i s 8 5 8 , RITTER, S .

150.

186) Mit den Consiliarii des Markgrafen meinte Wratislaw den General Friesen und Baron Forstner, von denen er schon am 29. IX. behauptet hat, daß durch sie „jederzeit alle üblen Propositiones hergeflossen, und wenn der Markgraf mit dem Kurfürsten in Verständnis steht, so ist gewiß bei mir, daß solches durch ihren Kanal geschieht", FE VI, S. 833. 18 ') Bericht Eugens, 4. VIII. 1704, FE VI, Suppl. S. 140. 188) R I X T E R ; S . 1 5 0 — 1 5 3 , unter Zugrundelegung der bei RÖDER VON DIERSBURG, KuS, I I , S. 5 2 — 6 7 , gedruckten Berichte Ludwig Wilhelms an den Kaiser. 189 ) Operationsentwurf Eugens, 2. VIII. 1704, FE VI, Suppl. S. 136 bis 138: «Il est inutile de représenter le danger, où est toute l'Europe dans la situation des affaires présentes. Je crois que cela n'est que trop connu à tout le monde, ce qui a obligé particulièrement les puissances maritimes à prendre la résolution vigoureuse et nécessaire, d'envoyer leurs plus

Anmerkungen zu Kapitel 5, Seite 71—79

411

grandes forces en ce pays. Il en faut donc profiter, et promptement, la saison étant avancée, et outre le mauvais temps y ayant beaucoup des choses à craindre qui pourraient changer toute la face des affaires. » V g l . RITTER, S .

154—156.

leo

) Bericht Eugens, 4. V I I I . 1704, ebenda S. 141. 191 ) Bericht Wratislaws, Friedberg, 3. V I I I . 1704, F E VI, S. 858/59. ™2) Ebenda, S. 465. 103 ) Marlborough an die Generalstaaten, 10. V I I I . 1704, M U R R A Y , I, S. 388/89. F E VI, S. 466/67. 1M ) Marlborough an Ludwig Wilhelm, 9. V I I I . 1704, M U R R A Y I, S. 387. F E VI, S. 469/70. 1S5 ) Eugen an Marlborough, « Camp de Munster, à 2 heures de Donauwerth ce 10 août 1704», C H U R C H I L L II, S . 426—428 (mit Wiedergabe in Faksimile). 196 ) Zur Schlacht bei Höchstädt: Marlborough an die Generalstaaten, 14. V I I I . 1704, und Account of the battle of Blenheim, M U R R A Y I, S. 392 bis 409; F E VI, S. 478—525, Relation, ebenda S. 859—862; A R N E T H , Eugen, I, S. 257—272; R I T T E R , S. 161—168; Bericht eines im französisch-bayrischen Heere mitkämpfenden Augenzeugen M E R O D E - W E S T E R L O O I, S. 279—332. " ' ) Siehe auch den Bericht Priés an Victor Amadeus, 27. V I I I . 1704, C A M P A G N E IV, S. 246: « I I Principe Eugenio è stato in grave pericolo e salvato da un dragone del regimentó Stirum che uccise il Bavaro che stave in atto di scaricargli il suo scolpo. » 198 ) Eugen an Friedrich I. von Preußen, 16. VIII., 27. IX. 1704, F E VI, Suppl. S. 144/45, 188—190: Besonders gebühre, wie es in dem ersten Schreiben heißt, „des Herrn Prinzen zu Anhalt Liebden das wohlverdiente Lob, welche, gleich sie ihre Person im geringsten nicht geschont, also haben sie auch mit dero großen Valor keine Gefahr gescheut, sondern ihre Untergebenen allezeit ganz herzhaft angeführt, daß ihro daher des erhaltenen Sieges zu ihrem unsterblichen Ruhm auch allerdings ein sehr großer Anteil gebühren kann." 1M

) HILL I, S. 413/14.

200

) Siehe die Äußerungen der Liselotte von Pfalz-Orléans, 8. u. 20. IX. 1704, B O D E M A N N II, S. 85, 87: „Alle Gefangenen rühmen sehr den General Marlborough und meinen Vetter von Hessen, so ihnen alle Höflichkeit antun. Prinz Eugen soll aber nicht so höflich mit ihnen umgehen, welches desto mehr zu verwundern, indem er sie alle kennt; einer von seinen neveux à la mode de Bretagne, ein junger Bellefonds, so 20 Wunden bekommen, ist gar trocken von ihm empfangen worden." 201 ) Eugen an Guido Starhemberg, 16. V I I I . 1704, F E VI, Suppl. S. 146/47. 202 ) Saint-Saphorin an Eugen, 7. IX. 1704, FE VI, S. 801. 203) F E V I > S . 534—546. A R N E T H , Eugen, I, S. 276. 204 ) F E VI, S. 547—554. Berichte Eugens, 22., 26. VIII., 1. IX. 1704, ebenda Suppl. S. 151—153, 158—160, 167/68. 20ä ) Ein scharfes Urteil über die Beschlüsse von Ulm findet sich in F E VI, S. 542: sie hätten dem Siege von Höchstädt die berechtigte Nach-

412

Anmerkungen zu Kapitel 5, Seite 79—83

Wirkung, nämlich die völlige Niederwerfung Ludwigs XIV., geraubt und die Beendigung und die Art des Ausganges des Krieges in das Ungewisse gerückt. 206 ) Eugen an Ludwig Wilhelm, 4. IX. 1704, RÖDER VON DIERSBURG, K u S , I I , S. 83/84. 207

) Marlborough an Eugen, 4. IX. 1704, MURRAY I, S. 452/53: Bitte um Nachricht, « où je le trouverai demain matin, je ne manquerai pas de m'y rendre afin que nous puissions aller ensemble voir le camp d'autre côté du Rhin». FE VI, S. 553—568. 208 ) Bericht Eugens, Feldlager bei Barbelroth, 10. IX. 1704, FE VI, Suppl. S. 168/69. 209 ) Eugen hat später zu Guido Starhemberg, 21. XI. 1704, ebenda S. 233, geäußert, man habe ,,ex ratione politica nicht anders tun können, als diese Operation vorzunehmen, weil widrigenfalls die Engländer und Holländer nicht mehr geblieben, sondern nach Haus gegangen wären". IIO) F E V I , S . 5 6 8 — 5 8 9 . V g l . E . HEUSER, D i e B e l a g e r u n g e n L a n d a u , 1 7 0 2 , 1703, 1704 u n d 1713, 1 9 1 3 , S . 1 1 5 — 1 8 6 .

von

su

) Erlach an de la Closure, 13. X. 1704, MERCIER, Erlach, S. 70. Vgl. FE VI, S. 589—595. 212 ) Eugen an Generalwachtmeister Baron Winkelhofen, 14. X., 7. XI. 1704, FE VI, Suppl. S. 204—206, 227/28. Vgl. F E VI, S. 595—601, 889 bis 891. 213 ) Ebenda S. 630—635. 211 ) Vertrag von Ilbesheim: ebenda S. 902—905. 215 ) Bericht Eugens, ?. XI. 1704, F E VI, Suppl. S. 202—204 (mit falschem Datum 12. X. 1704, dementsprechend falsch eingeordnet). 216 ) Letzte Schreiben aus Ilbesheim an Guido Starhemberg und an Graf Auersperg, 21. XI. 1704, FE VI, Suppl. S. 231—234: „Die Reduktion von Bayern ist durch gütlichen Vergleich nunmehr sicher und ich stehe in procinctu auf das späteste in einigen Tagen selbst dahin zu gehen, die Exekution dessen zu bewirken, die Festungen zu übernehmen und die bayerischen Truppen zu kassieren." 21 ') Eugen an Lützelburg, Mehring, 1. XII., an die Kurfürstin von Bayern, Neuburg, 2. XII., an Lützelburg, Vohburg, 3. XII., an Lützelburg, Landshut, 4. XII., an Kaiser Leopold, Vohburg, 5. X I I . 1704, ebenda Suppl. S. 234—244. Eugen an Schulenburg, 5. XII. 1704, SCHULENBURG I, S. 199. Vgl. F E V I , S. 635—647. 218 ) Die in FE VI, Suppl. S. 248—300, abgedruckten Schreiben Eugens sind bis 8. XII. aus Vohburg, am 12. aus Ergolding unweit Landshut, ab 17. X I I . aus Landshut datiert. 2

» ) CAMPAGNE I V , S . 2 7 / 2 8 .

220

) Eugen an Johann Wilhelm von der Pfalz, Enns, 29. XII. 1704, mit der Mitteilung, er hoffe morgen in Wien einzutreffen, M., K. bl. 53/13.

ANMERKUNGEN REDLICH, W e G ,

ZU

S. 168. F E V I , S.

KAPITEL

6

160.

2

) E u g e n an Martini, 3. X . 1704, F E V I , Suppl. S. 195. 3 ) E u g e n an Sinzendorf, 18. V I I . 1704, W , SA, G K 73 a: «Les affaires d ' H o n g r i e et d'Italie m ' i n q u i è t e n t beaucoup, mais c'est d'ici seul q u ' o n peut secourir l ' u n et l'autre. » ä ) Urteil ü b e r S t a r h e m b e r g in Schreiben an Auersperg, 20. X I I . 1704, F E V I , S u p p l . S. 271, ü b e r die „Heisterschen C h i m ä r e n " a n Thiel, 21. X I I . 1704, ebenda S. 272. 5 ) E u g e n an Thiel, 30. V I I . 1704, ebenda S. 124. ") V g l . A R N E T H , E u g e n , I , S . 2 9 4 — 3 0 2 , F E V I , S . 1 2 6 — 2 0 6 , H E N G E L MÜLLER I , S . 1 2 7 — 1 5 6 , R E D L I C H , W e G , S . 7

165—172.

) E u g e n an Thiel, 5. X I I . 1704, F E V I , Suppl. S. 245. 8 ) E u g e n an Thiel, 30. V I I . , 19. I X . , 3. X . 1704, ebenda S. 125/26, 178, 196/97. D e n Mangel an geeigneten Generälen beklagte er auch in d e m Schreiben v o m 20. X I I . 1704 an Auersperg (s. o. A n m . 4), der wegen einer Ablösung Starhembergs angefragt h a t t e : „ I c h sehe de facto kein Mittel, wie zu ändern, noch d u r c h w e n er abzuwechseln wäre, in E r w ä g u n g die Subjecta unserer dermaligen Generäle genugsam bekannt sind, ich also keinen wüßte, der anstatt seiner en Chef z u m K o m m a n d o hinein taugen k ö n n t e . " 9 ) Bericht Eugens, 27. V I . 1704, F E V I , S u p p l . S. 76. Ü b e r Heister siehe das Urteil von HENGELMÜLLER I, S. 119: „Eigensinnig, brutal u n d grausam, sah er in der A u s r o t t u n g der ungarischen Rebellen eine zusagende Aufgabe, aber d u r c h seine schlecht entworfenen Operationen, m a ß losen Erpressungen u n d seine Unfähigkeit, m i t anderen z u s a m m e n z u wirken, w u r d e er eine fast ebenso schlimme Geißel f ü r seine Soldaten wie f ü r das unglückliche L a n d . " 10 ) E u g e n an Thiel, 30. V I I . 1704, F E V I , Suppl. S. 123. u ) E u g e n an Thiel, 6. X . 1704, ebenda S. 201. 12 ) E u g e n an Thiel, 22. I X . 1704, ebenda S. 185. 13 ) Ähnlich in einem Schreiben an Niclas Pälffy, 17. X . 1704, ebenda S. 209—211 : , , U n d ob zwar selbst die Diffikultäten wohl erkenne, w o d u r c h die v o r h a b e n d e n T r a k t a t e mit den Rebellen sich sehr hart anlassen oder, w e n n m a n ihnen fast in allem nachgeben m ü ß t e , f ü r den Kaiser wenig profitabel sein d ü r f t e n , so finde ich aber bei gegenwärtigem Z u stande kein anderes R e m e d i u m , als daß m a n endlich m i t selben sich vergleichen oder die Schärfe mit E r n s t a n k o m m e n m ü ß t e . . . W a s sonst die von d e m Râkôczi sich a n m a ß e n d e n großen Prärogativen betrifft, glaube ich, m a n sollte sich darinfalls nicht viel aufhalten, sondern d u r c h die Finger sehen, w e n n m a n anders die Pazifikation zu amplektieren positive entschlossen h ä t t e . "

414

Anmerkungen zu Kapitel 6, Seite 91—93

" ) Eugen an Victor Amadeus, 22. X I I . 1704, CAMPAGNE IV, S . 27/28. Zu den Ereignissen auf dem italienischen Kriegsschauplatz vgl. F E VI, S. 209—308, ARNETH, Starhemberg, S. 328—358, ARNETH, Eugen, I, S. 303—307, v. N O O R D E N II, S. 48—64. 15 ) Saint-Saphorin an Eugen, Lausanne, 9. IX. 1704, ARNETH, Starhemberg, S. 340: «Plus on va en avant, plus on découvre d'ignominie dans l'affaire de Verceil, et ces gens-là se sont rendus prisonniers de guerre lors même qu'il n'y avait encore aucune nécessité de capituler, et de tant de commandants de corps qui étaient à Verceil, personne n'a résisté à cette ignominieuse capitulation hormis le Comte de Harrach, tout jeune homme, et le commandant de nos troupes de Berne. » In seiner Antwort vom 19. IX., SS, beklagte Eugen die schändliche Kapitulation, äußerte aber seine Befriedigung über das Verhalten der kaiserlichen und Schweizer Offiziere. 16 ) Saint-Saphorin an Eugen, 14. X. 1704 : « Il est surprenant comment ce méchant trou a pu soutenir un si long siège », ARNETH, Starhemberg, S.343. " ) Vgl. E. BONJOUR, Ein Verrat, Die Schweiz und Europa, Ausgewählte Reden und Aufsätze, II, 1961, S. 363—376. le ) Eugen an Leiningen, 4. VII. 1704, F E VI, Suppl. S. 90/91, mit scharfen Äußerungen gegen den römischen Hof. " ) Bericht Eugens, 14. V I I . 1704, ebenda S. 101. 20 ) Eugen an Martini, 20. X I I . 1704, ebenda S. 269. al ) Eugen an Victor Amadeus, 24. V. 1704, ebenda S. 51/52: «Ce que je veux espérer, ce qui m'a fait résoudre à prendre cette résolution qui ne me convenait guère, est, que je connais que tout en dépend, et particulièrement le salut de V. A. R. et de l'armée d'Italie; la pouvant assurer que d'abord qu'il y aura le moindre jour, je marcherai, en Italie avec tout ce qu'il sera possible de ramasser de troupes. » Eugen an Tarino, 11. VII., Tarino an Victor Amadeus, 16. VII. 1704, T 72/73 u. CAMPAGNE IV, S. 223/24. Eugen an Victor Amadeus, 15. V I I . 1704, F E VI, Suppl. S. 131: «V. A. R. peut être bien persuadée que mon unique intention en venant en ce pays était de presser les opérations et de retourner en Italie avec u n secours. » 22 ) Starhemberg an Eugen, 17. X I I . 1704, ARNETH, Starhemberg, S. 347/48, F E VI, S. 800: «Je reçois la bonté et la protestation de l'honneur de son amitié pour moi avec toute la reconnaissance dûe et possible, je n'ai pas le cœur ingrat, outre un million d'obligations je ne perdrai jamais de ma mémoire les deux principales: une qu'elle m'a procuré devant tant d'autres le commandement générale des armées Impériales en Italie, et l'autre, que par ce commandement j'ai appris à être un bon et solide philosophe, qui supporte toute chose avec une véritable indifférence, qui ne songe aucunement à la misère particulière, et qui ne s'afflige de voir périr tant des braves gens, ruiner tant de peuples; oh! respectus humanus, o tempora, o mores . . . P. S. NB. Si Votre Altesse ne met pas bientôt ordre à son régiment, je le vois tout perdu. Et véritablement c'est une perte irréparable de ces braves et bons soldats. » — Auf die Nachricht über das unglückliche Gefecht bei Trino am 7. V. 1704, bei dem infolge des Versagens seines Regiments der General Vaubonne in

Anmerkungen zu Kapitel 6, Seite 93—96

415

Gefangenschaft geraten war, wies Eugen Starhemberg an, durch Victor Amadeus eine scharfe Inquisition vornehmen zu lassen, „wobei ich auch mein eigenes Regiment nicht ausgenommen haben will, wiewohl es laut des angezogenen Journals und mehr anderer mir eingelangten Nachrichten seinerseits nicht mankiert habe. Allein gleichwie meine Intention nicht ist, jemanden, der wider seinen Devoir handele, das Geringste nachzusehen, also belieben Sie nur auch wider das Meinige mit allem Rigor verfahren zu lassen, falls dahin einige Anzeige wäre, daß es ebenfalls nicht allerdings wohl getan hätte", FE VI, Suppl. S. SS. Am 9. IX. 1704 berichtete jedoch Saint-Saphorin dem Prinzen, daß der Herzog mit Offizieren und Soldaten des Regimentes Savoyen sehr zufrieden sei, «qui tous se sont parfaitement acquittés de leurs devoirs », ARNETH, Starhemberg, S. 340. 23 ) Nach einem Bericht Langetls zeigte Starhemberg eine heftige Leidenschaft für eine Madame de la Trinité, so daß er sogar „ihr Contrafait auf seinem Tische beim Bett stehen hatte". Ebenda S. 335. " ) Bericht Eugens, 4. VII., Eugen an Leiningen, 1. VIII. 1704, FE VI, Suppl. S. 88, 135. 25 ) Bericht Eugens, 4. VIII. 1704, ebenda S. 138/39. 2e ) Eugen an Tarino, 11. VII. 1704, CAMPAGNE IV, S. 223. 27 ) Eugen an Starhemberg, 16. VIII. 1704, FE VI, Suppl. S. 146/47. 28 ) Bericht Eugens, 22. VIII. 1704, ebenda S. 153/54. 29 ) Bericht Eugens, 26. VIII. 1704, ebenda S. 159. Über die Verhandlungen mit Marlborough siehe dessen Bericht an die Generalstaaten 2. IX. 1704, MURRAY I, S. 446/47: danach hatte Eugen, «qui connaît parfaitement ce pays », erklärt, daß eine unmittelbare Sendung von Truppen zu Victor Amadeus nicht möglich sei und man sich vorerst damit begnügen müsse, das Korps Leiningen aktionsfähig zu machen; Maffei habe man dann versprochen, daß man sofort Magazine anlegen werde, um die Truppen in Italien zu versorgen, und daß man im Winter einen starken Sukkurs schicken würde. 30 ) Eugen an Leiningen, 3. X., an Martini, 3. X. 1704, FE VI, Suppl. S. 190/91, 193—195. Martini, der ja sein besonderer Vertrauensmann war, wies er an, daß er „nach habender Bekanntschaft des Landes dem Herrn General Leiningen an die Hand gehe, mithin also vorsichtig den Zug dirigieren helfen wolle, damit er nicht allzuweit sich hinausbegebe und aus dem Vorteil setze, seinen Rücken und die Retirada allezeit sicher zu haben, welches meiner Meinung nach nicht besser sein könnte, als wenn man sich immerdar nächst des Gebirges und der dort herum befindlichen vorteilhaften Passagen und Täler halten würde". 31 ) Eugen an Guido Starhemberg, 27. X. 1704, ebenda S. 218. Siehe auch Eugen an Tarino, 20. X., und Prié an Victor Amadeus, 30. X. 1704, CAMPAGNE I V , S . 2 7 6 — 2 8 7 . 32 ) Eugen an Leiningen, 27. X. 1704, FE VI, Suppl. S. 219—222. Siehe auch Prié an Victor Amadeus, 20. XI. 1704, CAMPAGNE IV, S. 291 bis 2 9 7 . 33 ) Eugen an Guido Starhemberg und an Auersperg, 21. XI., Bericht

Eugens, 12. X I I . 1704, F E VI, Suppl. S. 231—233, 253. Vgl. LOEWE,

416

Anmerkungen zu Kapitel 6, Seite 96—99

Friedrich I., S. 58—62, BRAUBACH, Subsidien, S. 111—IIS, BERNEY, Friedrich I., S. 113—124, HASSINGER S. 150—154. 84 ) Aus Schreiben vom 21. X I . 1704. M ) Eugen an Guido Starhemberg, o. D. (wohl 17. X I I . 1704), F E VI, Suppl. S. 254—256. 36 ) Eugen an Martini, 23. X I I . 1704, ebenda S. 277/78. 3 ') Eugen an Victor Amadeus, 2 2 . X I I . 1 7 0 4 , CAMPAGNE IV, S . 2 7 / 2 8 . 88 ) Siehe dazu das bewundernde Urteil von CHURCHILL II, S. 405. a9 ) Eugen an Thiel, 22. IX. 1704, F E VI, Suppl. S. 184. «) Ebenda S. 213—215. 41 ) Eugen an Locher, 22. IX. 1704, ebenda S. 185—187. «) Hamel Bruynincx an Heinsius, 30. V I I . 1704, W E II, S. 296 « . . . c'est assez de l'humeur de l'Empereur de fomenter la désunion parmi ses ministres, pour découvrir mieux toutes leurs intrigues, simplement pour satisfaire sa curiosité. Il se sert aussi quelquefois d'un ministre et d'un département pour l'autre; il donne des ordres de sa main directement contraires à ceux qu'il a donné ou fait donner par les départements ordinaires, et fait d'autres tours semblables tous à la même fin susdite, ce qui cause beaucoup d'inconvénients, et plusieurs bons ministres sont dégoûtés et rébutés par là et parce qu'il ne fait guère de distinction des bons et des méchants. » 43 ) Hamel Bruynincx an d'Allonne, 25. VI. 1704, ebenda S. 292: « . . . nous sommes ici dans un pays où chacun peut faire ce qu'il veut, pourvu qu'il ait ces messieurs [les Jésuites] pour ses patrons. Il est vrai qu'ils sont présentement plus bas à cette Cour que jamais; cependant tous les ministres sont obligés de les ménager jusqu'au Prince Eugène qui entretient une correspondance avec le Père Müller, confesseur de l'Impératrice. » Möglicherweise hat der Holländer hier P. Müller mit P. Bischoff verwechselt. M ) Schon am 8. II. 1704 hatte sich Hamel Bruynincx skeptisch über die Einwirkung des Pfälzers ausgesprochen: «Son Altesse Electorale est de la meilleure volonté du monde, mais c'est la mer à boire ici parmi un si grand nombre de ministres et tant d'opinions et intrigues différentes. » W G II, S. 286; in dem Brief an d'Allonne vom 25. VI. führte der Holländer es dann auf die Jesuiten zurück, «que le Roi des Romains est tenu si bas et que l'Électeur Palatin n'a pu réussir dans le changement de quelques ministres qu'il a pressé ici avec tant de chaleur, et où Monsieur de Stepney et moi n'avons pas jugé à propos de trop entrer sans ordre exprès, de peur de nous rendre odieux inutilement, car nous prévoyons bien qu'il serait impossible d'y réussir, quoique l'Électeur paraissait quelquefois s'en flatter. » 45 ) Übrigens in Ubereinstimmung mit Hamel Bruynincx, der Palm als « homme très rusé, fourbe et brouillon » bezeichnete. Man wollte ihn als Resident nach Holland schicken, «mais celui-ci ne veut pas aller et je ne doute pas qu'il ne trouve moyen de traîner l'affaire, jusqu'à ce que l'Électeur soit parti, pour la faire échouer». Hamel Bruynincx an d'Allonne, 16. V I I . 1704, W G II, S. 295. 48 ) Eugen an Palm, 26. VI., 22. V I I I . 1704, F E VI, Suppl. S. 70—72, 156/57.

Anmerkungen zu Kapitel 6, Seite 99—102

417

" ) Thiel an Eugen, 16. VII. 1704, FE VI, S. 823. ) Eugen an Thiel, 22. IX., 28. X. 1704, FE VI, Suppl. S. 185, 223. *') Martini an Eugen, 5. XII. 1704, FE VI, S. 811. 50 ) Eugen an Martini, 20. XII. 1704, FE VI, Suppl. S. 270. 51 ) Schreiben an Palm, 26. VI., 22. VIII. 1704, a. a. O. In dem letzten Brief wies er auf seine häufigen Klagen hin, „nämlich wenn der Kaiser nicht selbst zur Rettung und Hilfe der bisherigen Konfusion tun will, daß solchergestalten alle Mühe und Arbeit umsonst, mithin auch auf keine Remedur zu gedenken sei. Ich habe es seit meiner Abwesenheit vom Hof in allen meinen Relationen wiederholt, und wenn ich aber zu Wien wäre, so weiß ich gewiß, daß mir niemand in das Militare eingreifen sollte. Dermalen aber finde ich zwar selbst die capi consilii bellici nicht stark genug; allein bis zu meiner Zurückkunft sehe ich zur Änderung kein Mittel und muß also bis dahin den Anstand haben". M ) FE VI, S. 905/06 (mit falschem Datum vom 5. XI.). 48

6S

) CAMPAGNE I V , S. 2 7 / 2 8 .

H

) Eugen an Thiel, 5. XII. 1704, FE VI, Suppl. S. 245. Er hatte hier Thiels Verhalten gebilligt, „daß sich derselbe des General Heister neu anmaßendem modo agendi, vermöge welchem alles in der Konferenz geschlossen und debattiert werden solle, stark widersetzen tue; worin derselbe auch umso mehr zu kontinuieren hat, als ich nicht gesinnt bin, neben derlei unerfahrenen und nach fremder Anleitung judizierenden Leuten dem löblichen Mittel zu präsidieren". Schon am 26. IX. hatte er Thiel seine Absicht bekundet, sobald als möglich nach Wien zu kommen, „denn ich erkenne auch selbst, daß in allweg jemand vorhanden sein müsse, der stark und klar rede, sonst begreife ich freilich wohl, daß man den Kaiser zu allerhand höchst schädlichen passus verleite und niemand auf das künftige schaue", ebenda S. 188. 55 ) Wratislaw an Karl III., 17. I. 1705, ARNETH, Karl, S. 14/15. 56 ) Copie d'une lettre de Vienne, 21. I. 1705, P, Autr. 86: «On ne parle plus du voyage du Roi des Romains à Presbourg; ce sera selon toutes les apparences le Prince Eugène de Savoye qui assistera à la Diète et qui prendra le commandement de l'armée, si cette Diète devient infructueuse. . . . Ce Prince qui seul est appelé par le Roi des Romains aux délibérations les plus secrètes donne beaucoup de jalousie à des ministres qui voudraient fort le renvoyer pour l'éloigner. » " ) Eugen an Liechtenstein, 14. I. 1705, FE VII, Suppl. S. 14. Tarino an Victor Amadeus, 17. I. 1705, CAMPAGNE IV, S. 404: «La mancanza di questo Ministro viene universalmente compianta ed io la senta al vivo. » Siehe dagegen die scharfe Kritik des jungen Schönborn, HANTSCH, Schönborn, S. 51—53. 6S

) Wratislaw an Karl III., 22. II. 1705, FE VII, S. 545/46. ) Uber Moles (f 1713) Rep. I, S. 517, 520, 527, LANDAU, Karl VI., S. 443—445, BRAUBACH, GUA, S. 190. Über seine Rolle im Jahre 1704 Hamel Bruynincx an Heinsius, 30. VII. 1704, WG II, S. 295/96: «Le Comte de Wratislaw a fait donner part de ces dernières propositions de l'Electeur de Bavière à l'Empereur par le canal du Duc de Moles, négligeant le département ordinaire des affaires de l'Empire, dont le Comte de 59

27 Braubach, Prinz Eugen

Anmerkungen zu Kapitel 6, Seite 102—104

418

Kaunitz est le chef, et jusqu'ici aucun des autres ministres de l'Empereur n'en sait rien, ce qui cause beaucoup de murmure parmi eux contre le Duc de Moles, parce qu'il se mêle de tout, jusqu'aux affaires qui ne sont pas de son département et qu'on soutient qu'il n'entend pas, et contre le Comte de Wratislaw, parce qu'il néglige tous les autres ministres, s'attachant préférablement au D u c de Moles; cependant je crois que l'Empereur soutiendra ces deux, parce qu'il veut assez de bien au Duc de Moles qui s'adresse directement à lui et sait le ménager et flatter adroitement, n'ayant d'ailleurs point de parti ou adhérence ici. » Übrigens hatte Thiel in einem Bericht an den Prinzen vom 16. VII. 1704, F E VI, S. 823, merkwürdigerweise gerade Moles als Urheber von Versuchen verdächtigt, den Hofkammerpräsidenten Starhemberg zu „opprimieren", wo nicht gar zu „supprimieren": „Euer Durchlaucht werden sich verwundern, wenn ich schreibe, daß Duca di Moles des Präsidenten Feind und Subplantator sei; es wird sich aber mehreres zeigen und Euer Durchlaucht bei Dero Ankunft der Sache und der Person besser auf den Grund sehen." 6 °) Bericht Eugens, 3. XI. 1704, F E VI, Suppl. S. 226/27:,, Das Einzige aber, warum an E. K. M. ich diese meine alleruntertänigsten Zeilen durch den geheimen Weg ablaufen lasse, ist, daß ich vernehmen muß, ob sollte der Kardinal Lamberg das Governo von ganz Bayerland verlangen. N u n ist E. K. M. allergnädigst bekannt, daß ich mich zwar in nichts zu melieren oder einzumischen pflege; wenn ich aber dabei gar zu evident verspüre, daß Deroselben Allerhöchstem Dienste ein gar zu schädliches Inkonvenienz zuwachsen möchte, so erfordert meine schuldigste Treue, E. K. M. mit allergehorsamstem Respekte zu erinnern, wozu ich verbunden und verpflichtet bin, besonders da dieses Governo auch großenteils in das Militare einlaufen tut. E. K. M. werden solchemnach aus den bisher interzipierten Briefen mit mehrerem ersehen haben, daß der auf bedeuteten Kardinal gefaßte Argwohn nicht leer, sondern dadurch vielmehr bekräftigt werde, infolglich sich auf denselben umso weniger zu verlassen sei, als ein größeres Fundament Kurbayern auf ihn machen tut." Über Lamberg vgl. F. NIEDERMAYER, Johann Philipp von Lamberg, Fürstbischof von Passau (1651—1712), 1938, S. 150/51. 61

) Copie d'une lettre de Vienne, 25. I I I . 1705, P, Autr. 86. ) Tarino an Saint-Saphorin, 11. I I I . 1705, S S : «Sa Majesté I m périale se conformerait toujours aux avis de M . le Prince Eugène en ce qui regarde le militaire, et le Prince est trop ferme en ses propos. » a2

63

) Wratislaw an Karl III.,

V g l . HENGELMÜLLER I , S .

18. I V .

1 7 0 5 , ARNETH, K a r l , S .

16/17.

169.

64 ) Noch am 18. V. 1704 hat Eugen erneut Heisters Abberufung gefordert, da sonst zu besorgen sei, daß er „fortan eine Armee nach der anderen ruinieren würde", F E VII, Suppl. S. 126/27. 65 ) Eugen an Starhemberg, 29. I. 1705, ebenda S. 28. Wratislaw an Karl III., 22. II. 1705, F E VII, S. 545/46. 66 ) Eugen an Victor Amadeus, 16. II. 1705, F E VII, Suppl. S. 42. 67 ) Siehe die Briefe Victor Amadeus' an Eugen aus dem Jahre 1705 in

CAMPAGNE I V , S . 3 0 7 — 3 4 6 .

Anmerkungen zu Kapitel 6, Seite 104—107

419

6S ) «Je me suis même déclaré que j'étais prêt de partir à tout moment, quand même il n'y aurait rien, le danger où est V. A. R. me faisant passer par-dessus tout, et même un hasard de ma réputation qui est la seule chose pour laquelle on sert. » F E VII, Suppl. S. 42. 69 ) «Vous n'avez pas besoin d'alléguer aucun témoin pour me prouver vos soins à hâter le secours; des intérêts de l'Empereur, votre honneur et le soutien de votre maison vous étant trop à cœur pour n'en être pas persuadé. J'espère même que vous serez parti au commencement de ce mois, comme vous me l'avez marqué. » CAMPAGNE IV, S. 309. '») Eugen an Roccavione, 11. III. 1705, FE VII, Suppl. S. 66/67. 71 ) Tarino an Victor Amadeus, 7., 14., 21., 25. III. 1705, CAMPAGNE IV,

S. 419—423.

HÖFLER, Gallas, S. 300. ™) Ebenda S. 301. '*) Copie d'une lettre de Vienne, 25. III. 1705, P, Autr. 86. Daß man von den Vorgängen in Wien in Paris Kenntnis hatte, zeigt eine Eintragung im Tagebuch von DANGEAU X , S. 303, wonach Eugen die geforderte Unterstützung erlangt habe, «après avoir voulu remettre toutes ses charges à l'Empereur». Aus Rom berichtete der savoyische Resident Martinotti am 28. I I I . 1705 an Victor Amadeus, CAMPAGNE VI, S. 100, von einem «avviso da Vienna dei disgusti del Principe Eugenio con quella Corte i della sua intenzione di rinunciare al commando ed alla carica stessa di Presidente di guerra». 75 ) «priant V. A. R. de croire qu'aucune chose ne me soit tant à cœur que celle, comme je la pourrais secourir bientôt dans sa fâcheuse situation, ce qui est encore la seule raison, par laquelle je me suis résolu de reprendre ce commandement-là.» F E VII, Suppl. S. 78/79. Thiel teilte am 25. I I I . 1705 Saint-Saphorin mit, daß der Prinz in wenigen Tagen, d. h. zu Ostern, nach Italien abreisen wolle, SS. , s ) Tarino an Victor Amadeus, 28. I I I . 1705, CAMPAGNE IV, S. 424 bis 4 2 6 . " ) Tarino an Victor Amadeus, 4. IV. 1705, ebenda S. 427. Bericht aus Wien, 8. IV. 1705, P, Autr. 86: «Les affaires ne sont point encore terminées avec le Prince Eugène qu'on tâche autant qu'on peut de faire partir, mais comme il n'est pas encore content de tout ce qu'on lui a promis, et qu'il veut en avoir de plus grandes sûretés, il a différé son départ. » '•) F E VII, Suppl. S. 93/94. »») Schreiben aus Wien, 18. IV. 1705, P, Autr. 86: «Le Prince Eugène partit enfin hier matin, accompagné du général Guttenstein et du Comte Pâlffy. Si les mesures qu'il a prises sont exécutées avec autant d'attention et de diligence qu'on le lui a promis, il espère de faire une puissante diversion. »Wratislaw an Karl III., 18. IV. 1705, ARNETH, Karl, S. 17. Wratislaw an Gallas, 18. IV. 1705, HÖFLER, Gallas, S. 301. Bericht Tarinos, 17. IV. 1 7 0 5 , CAMPAGNE I V , S . 4 2 8 .

80 ) Bericht Dolfinos, 25. IV. 1705, GIUDICI II, S. 108. Zur Geldaffäre: Hamel Bruynincx an Heinsius, 4. IV. 1705, W G II, S. 314: «Dieu sait si le Prince Eugène pourra seulement avoir 2 ou 300000 fl. pour prendre avec lui en Italie»; Eugen an Gallas, 29. V. 1705, F E VII, Suppl.

27*

420

Anmerkungen zu Kapitel 6, Seite 107—110

S. 156: „Sonst aber haben Dieselben gar recht, daß ich an den Mitteln niemals überkommen werde, was man mir bei unserem Hof versprochen hatte, gleichwie ich dann Dieselbe versichern kann, daß ich ohne Kreuzer Geldes von dannen abgereist und hier bei der Armee angelangt bin. Man hat mir zwar seither eine Summa nachgeschickt"; Eugen an Gundaker Starhemberg, 12. IX. 1705, ebenda S. 371: „Bei meiner Abreise wurden mir 500000 fl. und alle Monate 300000 fl. versprochen. Die 500000 fl. sind zwar in zwei Monaten nachgekommen, anstatt der 300000 fl. monatlich aber in 6 bis 8 Wochen kaum 200000 fl. erfolgt und noch dazu ein so weiter Termin hinausgesetzt worden, daß man darauf antizipieren und dieses teuer bezahlen müssen." 81 ) Eugen an Kaiser Leopold, 26. IV. 1705, ebenda S. 102. 82 ) Eugen an Joseph I., 18. V. 1705, ebenda S. 121. Vgl. BRAUBACH, KudM S. 316. 8S ) Eugen an Guido Starhemberg, 3. V. 1705, FE VII, Suppl. S. 106 und 107. 84 ) Eugen an Joseph I., 18. V. 1705, ebenda S. 120. Über Leopolds Tod Bericht Tarinos, 6. V. 1705, CAMPAGNE IV, S. 431, T E XVII, 2, S. 69—83. Über Leopold I. neuerdings H. BENEDIKT in Gestalter der Geschichte Österreichs, hrsg. v. H. HANTSCH, 1962, S. 209—219. 85 ) Bericht Tarinos, 9. V. 1705, CAMPAGNE IV, S. 435. Schon am 6. V. hatte Joseph ein Schreiben an Eugen gerichtet, in dem er ihn seines Vertrauens versicherte, HELLER B, II, S. 412. 86 ) Schreiben aus Wien, 27. V. 1705, P, Autr. 86: «Les affaires commencent d'y prendre un train de vivacité dont on espère des suites heureuses. » 87 ) WG II, S. 319. 88 ) T E XVII, 3, S. 339, ADB 10, S. 621—632. Noch am 18. VIII. 1705 dankte Eugen Harrach für einen Brief, den ihm dessen Sohn nach Italien gebracht hatte, und versicherte, gern alles zu dessen Förderung tun zu wollen, W, AHar 298. 89 ) Uber Seilern (1646—1715) die Biographie von TURBA und R. LORENZ, Drei Jahrhunderte Volk, Staat und Reich, 1942, S. 165—195. 90 91

) HANTSCH, S c h ö n b o r n , S . 7 6 — 7 8 . ) FELLNER-KRETSCHMAYR I , 1, S . 57, TURBA S . 2 0 3 . W r a t i s l a w a n

Gallas, 17. IV. 1705, HÖFLER, Gallas, S. 303. 92

) HELLER B, II, S. 531—533. Eugen an Joseph I., 26. V I . 1705:

„ . . . Dank, daß Dieselben aus angeborener kaiserlicher Kiemenz sowohl in Dero geheimen Ratswürde mit so weit vorgesetztem Range als Hofkriegsrats-Charge allergnädigst zu konfirmieren geruht haben"; 9. VII. 1705: , , . . . nicht nur in meinen vor- und bisherigen Hof- und Feldchargen Allergnädigst zu konfirmieren, sondern auch Dero Allerhöchsten Gnadenhut so weit auszudehnen, daß sie unter der Zahl der geheimen Räte mich in den sechsten Rang zu setzen haben würdigen wollen." FE VII, Suppl. S. 224, 261. Vor Eugen rangierten Fürst Salm, der bisherige Obristhofmeister Harrach, der Reichshofratspräsident Graf Wolfgang Öttingen und der Palatin von Ungarn Paul Esterhazy sowie der bisherige Obristkämmerer Mansfeld. Vgl. TURBA, Seilern, S. 203, R. Graf KHEVEN-

Anmerkungen zu Kapitel 6, Seite 110—114

421

HÜLLER-METSCH und H. SCHÜTTER, AUS der Zeit Maria Theresias, Tagebuch des Fürsten Johann Josef Khevenhüller-Metsch, Kaiserlicher Obersthofmeister, 1742—1776, 1742—1744, S. 69. M ) Eugen an Sinzendorf, 18. VI. 1705, W, SA, GK 73 a: nach Glückwünschen zur Ernennung Sinzendorfs zum Hofkanzler «S. M. m'a fait un honneur en me mettant devant plusieurs de ses conseillers d'état. .. qui m'est d'autant plus agréable que je n'avais pas songé à le prétendre et je ne la puis reconnaître qu'en sacrifiant jusqu'à la dernière goutte de mon sang pour son service. » M ) HÖFLER, Gallas, S. 302. 85 ) FE VII, Suppl. S. 120/21. ®6) Eugen an Molinari, kaiserlichen Residenten in Genua, 29. V. 1705, PARRI, S . 147. 9? ) Eugen an Hofkriegsrat, Neumarkt, 19. IV., Rovereto, 26. IV., an den Kaiser, 26. IV. 1705, FE VII, Suppl. S. 97—103. 98 ) Über den Feldzug in Piémont FE VII, S. 97—116. *•) St. Colombe an Torcy, 14. XI. 1704: «dont le génie est porté aux expéditions extraordinaires», STELLING-MICHAUD, Saint-Saphorin, S. 186. 10 °) Eugen an Marlborough, 28. I. 1705, FE VII, Suppl. S. 26/27. Vgl. Korrespondenz Eugens mit Saint-Saphorin, SS, und STELLING-MICHAUD, Saint-Saphorin, S. 168—187. Bei Guiscard, der sich auch Abbé de la Bourlie nannte, handelte es sich um denselben Mann, mit dem Eugens Schwester Marie Jeanne-Baptiste vor ihrem Tode in Morges am Genfer See am 30. III. 1705 in engen Beziehungen stand: vgl. Bd. I, S. 69. 101 ) Eugen an Victor Amadeus, 8. V. 1705, FE VII, Suppl. S. 114 und 115. 101! ) Eugen an Hofkriegsrat, 19. IV. 1705, ebenda S. 97/98. 103 ) Eugen an Victor Amadeus, 21. V. 1705, ebenda S. 137/38. 104 ) Wratislaw an Karl III., 1. IV. 1705, ARNETH, Karl, S. 17.

LOS) 105

F E

V I I )

G

137j

1 4 6 / 4 7 . QUINCY I I , S . 8 9 / 9 0 .

) Vendôme an Ludwig XIV., 24. V. 1705: «Il n'est pas possible d'imaginer que les ennemis puissent y venir; mais s'ils sont assez fous pour nous attaquer, je réponds à Votre Majesté qu'ils seront bien battus. » FE VII, S. 168. Vgl. ARNETH, Eugen, I, S. 313. 10 ') Eugen an Victor Amadeus, 25. V. 1705, HELLER A, S. 176—178, FE VII, Suppl. S. 148—150, an Tarino, 29. V. 1705, ebenda S. 154/55: «Il est donc assez mieux de se garantir pour quelques jours par l'inaction, que de commencer d'agir sans avoir fixé une idée solide, tant pour ce qui est des dispositions nécessaires, quant à l'égard de l'état proportionné de mon armée, ayant les ennemis actuellement toutes leurs forces ensemble, qui sont beaucoup supérieures aux miennes. Je me prépare pourtant de faire quelque mouvement aux premiers jours et tâcherai de sortir d'ici, quoique les ennemis fassent mine de m'en vouloir quasi bloquer. » " 8 ) Hill an Hedges, 24. VI., an Godolphin, 14. VII. 1705, HILL II, S. 517, 574. Vgl. ARNETH, Eugen, I, S. 312/13, 474/75. 109 ) Bericht Vendômes nach Paris, 10. VI. 1705, VAULT-PELET V, S. 149—151 : er meinte, daß der Prinz überhaupt nicht an ein Vordringen gegen Piémont denke und fügte spöttisch hinzu «après cela s'il y pensait

422

Anmerkungen zu Kapitel 6, Seite 114—117

véritablement, je supplierais Votre Majesté de me permettre de lui donner un passeport et de lui faire fournir les étapes dans le Milanais, car si ces deux armées étaient jointes ensemble, elles m'embarasseraient beaucoup moins qu'étant séparées ». 110 ) FE VII, Suppl. S. 167. m ) Eugen an Starhemberg, 7. VI., an Victor Amadeus, 8. VI. 1705, ebenda S. 177—184. «Pour ce qui est de moi», so heißt es in dem PS zu dem Brief an Victor Amadeus, « . . . je connais plus que personne qu'il faut presser même avec hasard, pour commencer à divertir les ennemis, je compte de décamper au plus tard après-demain, et j'assure V. A. R. qu'ensuite je chercherai tous les moyens imaginables, afin de pouvoir agir de tout mon mieux, non obstant qu'il me manque encore plusieurs requisites. » 112 ) St. Frémond, Camp de Moscoline, 10. VI. 1705, P, AN, 1866. 113 ) FE VII, Suppl. 184—187. 114 ) Ebenda S. 202—206. Eugen an Sinzendorf, Gavardo, 18. VI. 1705, W, SA, GK 73 a: «Je marcherai cette nuit ou l'autre au plus-tard, attendant le bagage des Palatins à tout moment. Je commence à opérer sans artillerie ni un seul chariot de provende. » 115 ) FE VII, S. 174—180. Bericht Eugens, 26. V. 1705, ebenda Suppl. S. 224—226. 116 ) Eugen an Victor Amadeus, 17. VI. 1705, ebenda Suppl. S. 203 bis 205. 117 ) Berichte Eugens, Feldlager zwischen Maclodio und Lograto, 26. VI., Feldlager bei Urago, 28. VI. 1705, ebenda Suppl. S. 224—229. Vgl. FE VII, S. 187—192. 118 ) Eugen an Starhemberg und an Victor Amadeus, Feldlager bei Calcio, 29. VI. 1705, ebenda Suppl. S. 230—233. Ii») FE VII, S. 193/94. Berichte Eugens an Starhemberg und Victor Amadeus, 2. VII. 1705, ebenda S. 236—238. 120 ) Eugen an Victor Amadeus und an Starhemberg, Calcio, 8. VII. 1705, ebenda S. 243—245, an Tarino, Isengo, 10. VII., an Starhemberg und an Victor Amadeus, Isengo, 13. VII. 1705, ebenda S. 265—268. Die Briefe Eugens an Tarino und Victor Amadeus aus dieser Zeit z. T. auch s c h o n b e i HELLER A , S . 1 8 0 — 1 8 9 . m ) Eugen an Tarino, an König Karl III., an den Kaiser, Romanengo, 17. VII. 1705. FE VII, Suppl. S. 270—277. Nach dem Bericht an den Kaiser hatte er auf dem Marsch nach Romanengo Nachricht erhalten, daß auch der Gegner nach dort marschiere, worauf er gehofft habe, „mich an ihn anzuhängen und zur Aktion zu kommen", doch habe jener sich sofort zurückgezogen und sei ein Angriff wegen der vielen Kanäle und Wassergräben nicht möglich gewesen. Vgl. FE VII, S. 196—203, ARNETH, Eugen, I, S. 319/20. 122) FE VII, Suppl. S. 275. 123 ) Ebenda S. 271. 124 ) FE VII, S. 194—196. 125

) QUINCY I I , S. 88/89, 108/09. Quincy bezeichnet den Feldzug von

1705 als «une des plus belies et des plus savantes campagnes du Duc de

Anmerkungen zu Kapitel 6, Seite 117—120

423

Vendôme et où sa valeur, sa prudence, sa conduite et sa fermeté ont paru avec le plus d'éclat». 126 ) Eugen an Wetzel, 23., 30 /31. VII., 1. V I I I . 1705, F E VII, Suppl. 283/84, 296, 301/02. Vgl. F E VII, S. 203—209. 127 ) Bericht Eugens, 7. V I I I . 1705, ebenda Suppl. S. 311. Siehe auch die Schreiben an Victor Amadeus, 18., 20., 27., 28., 31. VII. 1705, HELLER A, S. 188—193, F E V I I , S u p p l . S. 278—280, 282/83, 284/85, 297.

294/95,

128

) Eugen an Prié, 7. V I I . 1705, ebenda S. 316/17. ») Bericht Eugens, Brembate di sotto, 13. V I I I . 1705, ebenda S. 317 bis 319. Vgl. F E VII, S. 210—214. 13 °) Bericht Eugens, 17. V I I I . 1705, F E VII, Suppl. S. 321—325. u

QUINCY I I , S . 1 1 9 — 1 3 7 . F E V I I , S. 321—326.

S . 2 1 5 — 2 2 6 . ARNETH, E u g e n ,

I,

131 ) Siehe dazu die ironischen Äußerungen MURATORIS in seinen Annali d'Italia XVI, 1820, S. 346, wiedergegeben bei OEHLER, S. 279: bei den Verlustangaben hätten die beiden Feldherren «secondo il privilegio de' guerrieri» gehandelt. 132 ) Eugens Feind Venzati — siehe Bd. I., S. 286 — berief sich auf seine enge Verbindung mit Leiningen, von dem er im Februar 1705 an den Hof nach Wien geschickt worden sein will. Vgl. BRAUBACH, GUA, S. 169/70. 13ä ) Bericht Eugens, 25. V I I I . 1705, F E VII, Suppl. S. 339/40: Prinz Joseph (1685—1705), ein Sohn des Siegers vom Kahlenberg, starb am 25. V I I I . „sehr exemplarisch und mit großer Standhaftigkeit, gleichwie auch sein Leben vollkommen war und der ganzen Welt zu einem Spiegel dienen kann". 1M

) QUINCY I I , S . 137. S i e h e a u c h d i e v o n OEHLER, S . 4 0 2 / 0 3 , m i t -

geteilte Ode de la Mottes an den Herzog von Vendôme, in der dieser als ein neuer Herkules gefeiert wurde und es im Hinblick auf Cassano von seinem Gegner heißt: «Eugène au fort de la tempête Crut même sentir sur sa tête La pesante faux du trépas : Dans la fuite il chercha sa gloire Et compta pour une victoire D'avoir sauvé quelques soldats.» 135 ) Berichte Eugens, 21., 28. V I I I . 1705, F E VII, Suppl. S. 328, 345: „Die Alliierten sind der hiesigen Luft nicht gewohnt und die geweste große Hitze machte sie sehr zusammenfallen, E. K. M. eigene Truppen aber, da diese gutenteils in Rekruten bestehen, inkommodierte dies gleichfalls und neben dem dabei, da die Leute oft drei und mehr Tage ohne Brot gewesen, die Wochengelder nicht richtig gereicht werden konnten, auch aus dieser Ursache die Desertion sehr stark eingerissen, also daß, wenn E. K. M. anders dem Herzog von Savoyen sukkurieren und den Krieg weiter zu kontinuieren gedenken, unumgänglich nötig ist, ohne weiteren Zeitverlust einen ergiebigen Sukkurs hereinzuschicken." 136 ) Ebenda S. 347.

Anmerkungen zu Kapitel 6, Seite 120—122

424 137

) Ebenda S. 348, 350—352. Siehe auch Eugen an Tarino, 29. VIII., 2., 4. IX. 1705, HELLER A., S. 194—196. 138 ) Eugen an Starhemberg, 17. IX., an Victor Amadeus, 17. IX. 1705, F E V I I , S u p p l . S . 3 7 7 — 3 8 0 , HELLER A , S . 1 9 8 / 9 9 .

139) F E V I I ) g. 229/30. Eugen an den Kaiser, 18., an Starhemberg, 19. IX. 1705, ebenda Suppl. S. 382/83, 385/86. Das von Eugen ausgesandte Detachement stand unter dem Befehl des in Mirandola gefangengenommenen, dann aber ausgetauschten Generalwachtmeisters Graf Königsegg. In W, SA, GK 40, liegt ein Schreiben Eugens an Königsegg aus dem September 1705 mit Nachrichten über feindliche Bewegungen und Äußerungen, wonach man Tredici Ponti bei einem Angriff für verloren halte. Bei einer Erkundung gegen den Ort wurde Königsegg verwundet. 14 °) Eugen an Victor Amadeus, 23. IX., an Starhemberg, 23. IX. 1705. F E V I I , S u p p l . S . 3 8 6 — 3 9 0 , HELLER A , S . 1 9 9 / 2 0 0 . 141

) FE VII, Suppl. S. 391—393. ) Eugen an den Kaiser, 29. IX., 2. X., an Ludwig Wilhelm von Baden, 2. X. 1705, ebenda S. 398-400, 404—410, 412/13, an Victor Amadeus, 29. IX., ebenda, ohne Datum und falsch eingeordnet, S. 499 und 500, 5. X. 1705, ebenda S. 414—416, an Prié, 8. X. 1705, ebenda S. 416. Bericht Eugens, 9. X. 1705, ebenda S. 418/19: „Ohne Geld . . . kann und darf ich nicht aufbrechen, dieweilen nebst den Krankheiten auch das Ausreißen zu 10, 15, 20 und mehr Mann in einer Nacht immerfort überhand nimmt und also, wenn ich, ohne den Gemeinen vorhin etwas Geld zu geben, marschieren würde, könnte nachgehends, wenn die Leute mittels des Marsches mehrere Luft bekommeten, noch weit größer werden." »s) FE v i l , S. 230—256. 144 ) Berichte Eugens, Roncadelle, 14., Montodine, 15./16. X. 1705, ebenda Suppl. S. 435—438. QUINCY II, S. 141—145. Quincy, der feststellte, daß der Prinz sehr viel wagte, bekam ihn persönlich bei Montodine zu Gesicht: «Il avait un habit d'écarlate galonné d'or, il était monté sur un cheval bai. » 145 ) Bericht Eugens, Fontanella, 23. X. 1705, FE VII, Suppl. S. 439/40. »«) Ebenda S. 447/48. Eugen an Gallas, 23. X. 1705, ebenda S. 446/47: „Sie ersehen endlich hieraus mit einem Wort, daß ohne schleunigen und alsogleichen Volk- und Geld-Sukkurs hiesiger Orten absolut nichts Gutes zu hoffen und um so weniger fortzukommen ist, als der Feind über 14 Bataillone und 20 Escadrons aus Piémont hierherwärts zu dem Duc de Vendôme detachiert hat, mithin mir abermalen, gleich er es den ganzen Feldzug über war, um ein Großes überlegen und dieses schon das dritte Mal ist, daß er seine hiesige Armee verstärkt hat. Es ist aber dadurch die Belagerung Turins verschwunden und Seiner Königlichen Hoheit zu Savoyen auf eine Zeit Luft gemacht; allein der ganze Schwärm kommt mir auf den Hals, und ich weiß nicht, wie die Sachen weiter ablaufen und in die Länge bei einer solchen extremen Not und Misere dauern werden." " ' ) Ebenda S. 475. 148 ) Eugen an Starhemberg und an Victor Amadeus, Urago, 8. XI. 142

1705, ebenda S. 484—486, an Tarino, 6. X I . 1705, HELLER A., S. 203/04.

Anmerkungen zu Kapitel 6, Seite 122—125

425

14l>

) Eugen an Tarino, Roncadelle, 14. XI. 1705, ebenda S. 206 und 207. 15 °) Bericht Eugens, 21. XI. 1705, FE VII, Suppl. S. 492—494. 151 ) Berichte Eugens, Lonato, 5., 12., 26. XII. 1705, ebenda S. 500 bis 503, 513—517, 532—537. 152 ) Eugen an Victor Amadeus, Lonato, 29. XII. 1705, ebenda S. 538. Nach seinem Bericht an den Kaiser vom 2. 1. 1706, FE VIII, Suppl. S. 9—12, hatte er beabsichtigt, vor der Separierung der Truppen sich noch Desenzanos am Südufer des Gardasees zu bemächtigen, doch hätten ihn die üble Saison und das kontinuierliche Regenwetter daran gehindert. Vgl. FE VIII, S. 96. 153 ) Bericht Priés aus Wien an Victor Amadeus, 28. XI. 1705, CAMPAGNE IV, S. 500: «Il segretario Pozzo, confidente del Principe Eugenio, oltre l'esposizione delle angustie dell' esercito di Lombardia demanda che si accordi licenza al Principe di ricorsi a Vienna. » 154 ) Eugen an Victor Amadeus, Carzago, 13. I. 1706, FE VIII, Suppl. S. 26/27, an Reventlau mit Instruktion, 13. I. 1706, ebenda S. 27—32. 155

) HILL I I , S . 612. V g l . ARNETH, E u g e n , I , S . 4 7 5 / 7 6 , KLOPP X I , S . 447/48. 156 ) Prié an Victor Amadeus, Wien, 9. X. 1705, CAMPAGNE IV, S. 480. Siehe auch den Bericht Dolfins, 12. XII. 1705, GIUDICI II, S. 130. Uber die Unzufriedenheit in Turin siehe Schreiben Hills an Marlborough,

COXE I, S . 3 3 4 / 3 5 . 157 ) Eugen an Tarino, 14. XI. 1705, FE VII, Suppl. S. 487. Über den Feldzug in Piémont FE VII, S. 152—161, 180—187, 257—287. 16S ) Vgl. ARNETH, Starhemberg, S. 359—395, ARNETH, Eugen, I, S. 329—332. 159

16

) H I L L I I , S . 517, 6 6 3 . ARNETH, E u g e n , I , S . 4 7 5 / 7 6 .

°) Auersperg an Eugen, 5. 1. 1705, ARNETH, Starhemberg, S. 380/81: „Ich unterlasse nichts zu kontribuieren, daß die Harmonie zwischen dem Duc und Guido gehalten wird, kann aber versichern, daß mit dem letzteren fast mehr als mit dem ersteren zu tun gibt, allein ist nicht ohne, wie ich es oft gesagt, daß der Duc den Guido verderbet hat und ihm am Anfang gar zu viel Luft gelassen und noch zu Zeiten, wo er es ressentieren sollte, nicht tut, und wo es nicht der Mühe wert ist, ressentiert, so viel ist es, daß diese zwei Köpfe niemals zusammen kommen und nichts anders als die Not viele Sachen verhindert." Daun an Eugen, 10. V. 1705, HELLER B, II, S. 461/62: Gleich bei seiner Ankunft habe der Herzog sich beschwert „wider des Feldmarschalls von Starhemberg Excellenz Humeur, Conduite und daß Dieselben auch wegen ein- und anderem mit ihm nicht zufrieden seien". Victor Amadeus an Eugen, 13. VIII. 1705, ARNETH, Starhemberg, S. 388: «Je dois vous dire qu'à la fin le Maréchal Starhemberg a donné dans de transports insupportables de manière que je ne puis absolument plus les tolérer. J'en informe l'Empereur pour qu'il y coupe racine. Je lui demande un ordre positif au dit Maréchal de ne pas partir d'ici, de rester à ma disposition et d'obéir exactement aux miens. Je vous prie en particulier de contribuer en ce qui dépend de vous pour que l'on expédie le dit ordre, car encore une fois je ne veux plus souffrir

426

Anmerkungen zu Kapitel 6, Seite 125—128

son audace. L a chose est allée trop loin et je prétends qu'il me soit entièrement soumis comme il le doit être. » 1S1 ) Eugen an Daun, 23. V I I I . 1705, F E VII, Suppl. S. 336: „ N u n kenne ich dessen Übeln Humor par Experienz so gut als mein Herr Feldmarschall-Leutnant, da ich meinerseits selbst von ihm viel habe übertragen und ausstehen müssen. Er wird sich aber nimmermehr ändern, und man möge auch sagen, was man will, so ist sein Humor nicht mehr zu brechen, infolglich nicht mehr dahin zu bringen, daß es derselbe würde lassen können." Eugen an Victor Amadeus, 23. V I I I . 1705, ebenda S. 337: «Elle [Votre Altesse Royale] peut juger de la mortification que j'aie de voir les transports du dit Maréchal aller si loin. Il est vrai que j'ai connu depuis longtemps les extravagances de son humeur capricieux, mais je ne me serais jamais imaginé qu'il avait pu donner dans des travers semblables. Je ne manquerai donc pas d'écrire à Sa Majesté Impériale selon les ordres de Votre Altesse Royale, quoique je craigne qu'il produira fort peu de remède, car à raison de son âge et à l'égard de son naturel assez brusque, j'ai peur qu'il changera point de conduite et que cependant Votre Altesse Royale aura toujours le déplaisir d'expérimenter ses emportements. » Ähnlich in Bericht an den Kaiser, 25. V I I I . 1705, ebenda S. 341. 162 ) Victor Amadeus an Eugen, 31. V. 1705, HELLER B, II, S. 462/63. ">) Eugen an Starhemberg, 17. IX. 1705, F E VII, Suppl. S. 377. i«4) F E v u , S. 279. Eugen an Daun, 29. X I . 1705, ebenda Suppl. S. 497/98. 165 ) Bericht Eugens, 5. X I I . 1705, ebenda S. 501. 166 ) Eugen an Victor Amadeus, Lonato, 10., 14. X I I . 1705, ebenda S. 512/13, 518—520. Vgl. ARNETH, Eugen, I, S. 336/37. 16 ') F E VII, S. 288—361. 168 ) Marlborough an Eugen, 11. VI., 9., 23., 27. V I I I . , 4. X. 1705, M U R R A Y II, S. 92/93, 211/12, 230, 290/91, Marlborough an Godolphin, 27. V I I I . 1705, COXE I, S. 336. 169 ) Eugen an Marlborough, 13. IX. 1705, COXE I, S. 322. Vgl. OTRUBA, S . 4 4 / 4 5 , 1 0 4 . 170 ) Schlick an Saint-Saphorin, 30. VI. 1706, SS: «Comment ce pauvre d'Herbeville serait-il capable de donner un détail de notre campagne, lui, qui ne sait s'il a été au Japon ou en Transsylvanie. » 171 ) Eugen an Thiel, V I I . 1705, F E VII, Suppl. S. 300/01 : „Die Kapazität des General Herbeville weiß der Herr Hofkriegsrat selbst, wie weit ich solche tüchtig gehalten habe, und eben darum stellte ich den Antrag die beiden Generäle der Kavallerie Schlick und Pâlfïy mit Rat und T a t demselben zu adjungieren. Daß aber Herbeville keine rechte Materie fand, etwas methodisch zu relationieren, ist sich desto weniger zu verwundern, als er bekanntermaßen vom Schreiben weder Freund noch erfahren ist." 172) F E VII, S. 427—472. HENGELMÜLLER I, S. 176—198. "») Eugen an Thiel, 30. X. 1705, F E V I I , Suppl. S. 466. 174 ) Eugen an den Hofkriegsrat, 12. VI. 1705, ebenda S. 192/93. 175) F E V I I , S. 362—410, V I I I , S. 87—95. SPINDLER, S. 79—85. 17e ) Eugen an die kaiserliche Administration, Carzago, 9. I. 1706, F E V I I I , S. 13/14. In einem Schreiben an den Gouverneur in Bayern, Graf

Anmerkungen zu Kapitel 6, Seite 128—133

427

Löwenstein, 9. V. 1706, KAUFMANN, S. 225, erklärte er es für nötig, gegen das vagierende Zigeunergesindel keine Barmherzigkeit zu zeigen, sondern es totzuschlagen und aufzuhängen. Er hat sich auch dafür eingesetzt, daß die im Lande gebliebenen Söhne des Kurfürsten Max Emanuel einschließlich der beiden kleinsten aus Bayern fortgeführt und zunächst in Klagenfurt interniert wurden. Vgl. K. T h . HEIGEL, Die Gefangenschaft der Söhne des Kurfürsten Max Emanuel von Bayern 1705—1714, Sitzungsberichte der Bayrischen Akademie der Wissenschaften 1888, S. 47—49. 177 ) Über Eugens Eintreffen in Wien: Prié an Victor Amadeus, 23. I. 1705, CAMPAGNE V, S. 106, Wratislaw an Karl III., A R N E T H , Karl, S. 21. 178 ) Bericht Eugens, 5. XII., Eugen an Hofkriegsrat, 19. X I I . 1705, F E VII, Suppl. S. 501, 527/28. 179 ) Hamel Bruynincx an Heinsius, 27. V. 1705, W G II, S. 318. lso ) B. ERDMANNSDÖRFFER, Deutsche Geschichte vom Westfälischen Frieden bis zum Regierungsantritt Friedrichs des Großen, II, 1892, S. 210. A R N E T H , Eugen, I, S . 3 3 9 — 3 4 3 . v. NOORDEN II, S . 1 2 6 / 2 7 , III, S . 4 4 2 / 4 3 . REDLICH, W e G , S . 4 9 — 5 7 . BAUER, S . 2 6 0 — 2 7 5 . WANDRUSZKA, S . 1 5 4 / 5 5 .

I. SMIDT, Joseph I. und Wien, Wiener Geschichtsblätter 16, 1961, S. 311 bis 3 1 6 . 1S1

) ARNETH, R e l a t i o n e n , S. 3/4. ) BRAUBACH, G u A , S. 179—184.

182

1B3 1M

) Bericht Pastors, 2. VII. 1707, P, Autr. 87. ) Hamel Bruynincx, 13. VI. 1705, W G II, S. 319.

185

) BERNEY, F r i e d r i c h I., S. 166.

1M

) Stiernhöök-Pastor beurteilt Wilhelmine Amalie sehr günstig — «infiniment de l'esprit et du mérite» — wobei er auch ihre Neigung für Frankreich und die französische Kultur hervorhebt. Vgl. f ü r sie die Relation Dolfins, ARNETH, Relationen, S. 3—5, HANTSCH, Schönborn, S. 381, W. SCHÜSSLER, Der Sohn einer Kaiserin?, Historische Zeitschrift 1 6 7 , 1 9 4 3 , BRAUBACH, G u A , S . 1 8 6 / 8 7 . 187

) Friedrich I I I . an Victor Amadeus, 20. V I I I . 1695, CAMPAGNE VI, S. 327—329 : Der Kurfürst warf ihr u. a. auch vor, sie habe einen Streit zwischen seinem Bruder und «le généreux Prince Eugene de Savoye» hervorgerufen. Vgl. über Catharina Balbiani Gräfin Salmour (1670—1719) NEIGEBAUR, Die Heirat des Markgrafen Carl von Brandenburg mit der Markgräfin Catharina von Balbiano, 1856, J. F., Markgraf Karl Philipp von Brandenburg und die Gräfin Salmour, Preußische Jahrbücher 39, 1877, S. 48—65, M. PAUL, Graf Wackerbarth-Salmour, Oberhofmeister des sächsischen Kurprinzen Friedrich Christian, Ein Beitrag zur Geschichte der Reorganisation des sächsischen Staates 1763, Leipziger Dissertation 1912, S. 3/4. P Ö L L N I T Z bezeichnete sie als «une des plus belles femmes de son temps et qui joignit à cet avantage des agréments singuliers de l'esprit ». Sie hatte aus ihrer ersten Ehe zwei Söhne und eine Tochter. Bei Venzati, P, Autr. 86, erscheint sie unter dem Namen Salamour; in seiner Charakteristik Kaiser Josephs heißt es: «Plusieurs aventures qu'il a eues avec des femmes, pour qui il a témoigné trop de faiblesse, l'ont entièrement déshonoré. Celles de Madame Salamour et de Mademoiselle sa fille l'ont

Anmerkungen zu Kapitel 6, Seite 133—136

428

couvert d'ignominie et ont fait dire de lui qu'il était plus propre pour être un bon valet que pour être maître. » Sie wird dann noch einmal im Zusammenhang mit dem Hofmarschall Graf Waldstein erwähnt: «Il est hai mortellement des Impératrices à cause des liaisons qu'il a eues avec Madame de Salamour et Mlle, sa fille.» 18S ) Tarino an Victor Amadeus, 14. XI. 1703, Prié an Victor Amadeus, 24. X. 1705, CAMPAGNE IV, S. 130, 488. Ein Schreiben der Gräfin an den preußischen Minister Kolbe von Wartenberg hat Eugen mit einem eigenen Schreiben begleitet, in dem er sich für ihre Ansprüche eingesetzt haben muß. Die Antwort Wartenbergs wegen «Madame de Brandebourg» teilte er am 11. VII. 1704 Tarino mit, CAMPAGNE IV, S. 223: «Comme il met tout clair, qu'il y ait fort peu à espérer pour son avantage de la part du Roi de Prusse, ainsi je suis extrêmement fâché de me voir si peu heureux n'en pouvant par mes offices lui procurer ce que j'aurais souhaité pour son intérêt. » Wenn Venzati von Eugen und Wratislaw behauptete, daß sie durch Weibergeschichten miteinander verbunden seien und den Kaiser durch seine Mätressen zu leiten suchten, so bezieht sich das offenbar auf die Gräfin Salmour und ihre Tochter. 1S9 ) Nach J. F., Preußische Jahrbücher 39, S. 63, sprach ihr Joseph am 3. V. 1707 seine Glückwünsche zu der Hochzeit aus. Victor Amadeus dankte am 24. III. 1708 Wackerbarth für die Mitteilung seiner Heirat mit der Gräfin Balbiano, CAMPAGNE VI, S. 2867. Über den damaligen sächsischen Gesandten und späteren Feldmarschall Graf August Christoph W a c k e r b a r t h ( 1 6 6 2 — 1 7 3 4 ) A D B 4 0 , S . 4 4 9 — 4 5 1 , PAUL a. a. O . , S . 4 bis 7. " » ) BAUER, S . 2 6 1 . m

) Tarino an Victor Amadeus, 9. IV. 1704, CAMPAGNE IV, S. 171.

192

) BRAUBACH, G u A , S . 178, 201. ) Ü b e r L a m b e r g ( 1 6 6 7 — 1 7 1 1 ) v . WURZBACH 14, S . 36, AHNETH, R e l a t i o n e n , S . 12/13, BRAUBACH, G U A , S . 2 0 0 / 0 1 . 193

1M

) Vgl. den Bericht des französischen Gesandten am lothringischen Hofe, d'Audiffret, 15. I. 1707, der sich dabei auf Mitteilungen des badischen Vertreters in Wien stützte, COMTE D'HAUSSONVILLE, Histoire de la Réunion de la Lorraine à la France, IV, 21860, S. 116. 195

) Ü b e r Salm (1645—1710) BRAUBACH, Salm, S. 114—132.

196

) Portraits des Officiers Généraux de l'Empereur, P, Autr. 65. " ' ) Bericht vom 22. I. 1701, WG II, S. 179. 198 ) Stepney an Saint-Saphorin, 17. VI. 1705, SS. Vgl. TURBA, S. 203/04. 1M ) So Schönborn, HANTSCH, Schönborn, S. 380/81. Vgl. die Schlußrelation Dolfins, ARNETH, Relationen, S. 6/7: «Di temperamento assai focoso presto s'accende, e dal calore passa alle punture, et ai trasporti. » 20 °) Siehe Denkschrift des preußischen Gesandten Bartholdi, 12. XI. 1705, BERNEY, Friedrich I, S. 255—257. 201

) S. o. A n m . 89. BRAUBACH, GuA, S. 192/93.

202

) TURBA, S . 1 9 0 — 1 9 6 ,

FELLNER-KRETSCHMAYR I ,

1, S .

162/63.

Ü b e r Sinzendorf (1671—1744) A D B 34, S. 408—412, ARNETH, Eugen, I, S . 3 4 4 / 4 5 , BRAUBACH, G U A , S . 192.

Anmerkungen zu Kapitel 6, Seite 136—140 203

429

) So Kaiser Joseph nach Schreiben Wratislaws an Karl III., 24. IV.

1 7 0 9 , ARNETH, K a r l , S . 8 9 . 204

) Vgl. M. BRAUBACH, Der Westfälische Friede, 1948, S. 24—26. ° ) Vgl. FELLNER-KRETSCHMAYR I, 1, S. 207—210, 283. Über Wenzel Norbert Oktavian Kinsky (1642—1719) ARNETH, Relationen, S. 8. 206 ) Über Wratislaw (1669—1712) s. Bd. I, S. 249, Anm. 151, 2 5

BRAUBACH,

GUA,

S.

188,

HANTSCH,

F r i e d r i c h I . , S . 1 3 1 / 3 2 , REESE, S . 207

Schönborn,

S.

83/84,

BERNEY,

97—102.

) HANTSCH, S c h ö n b o r n , S . 3 8 0 / 8 1 .

2 8

° ) Wratislaw an Karl III., 4. VII. 1705, 26. I. 1706, ARNETH, Karl, S. 17, 23/24. 209 ) Tarino an Victor Amadeus, 9. I., Prié an Victor Amadeus, 30. I. 1 7 0 6 , CAMPAGNE V , S . 1 0 2 , 210 2N

108/09.

) MURRAY I I , S . 2 3 3 / 3 4 .

) FELLNER-KRETSCHM AYR I ,

1,

S.

259/60,

und

die

Aktenstücke

ebenda I, 3, S. 49—52. Äußerungen Eugens in Schreiben an den Kaiser und den Hofkriegsrat vom 9. VII., 9., 30. X., 6. X I I . 1705, FE VII, Suppl. S. 248, 256, 425, 461, 509. 212 ) Eigenhändiges Schreiben in französischer Sprache, W, SA, G K 73 a. 213 ) Eugen an den Hofkriegsrat, 7. V I I I . 1705, F E VII, Suppl. S. 313 und 314: Weisung zu Protest an den Kaiser, weil Schreiben des Markgrafen Ludwig Wilhelm dem Hofkriegsrat durch Sinzendorf übermittelt wurden ; es stehe zwar bei des Kaisers Belieben, diesem oder jenem Minister einlaufende Schreiben lesen zu lassen, es sei aber unerträglich, daß der Hofkriegsrat „derlei Schreiben, so immediate in dessen militärische Expeditiones einlaufen, erst von anderen Instanzen per intimationes empfangen sollte". 214 ) Selbst hat er am 9. VII. 1705 dem Kaiser geschrieben, daß er „mit Mutation des General-Kommissars in der Person des Grafen Schlick eine gute Wahl getan" habe, F E VII, Suppl. S. 247. Venzati behauptete, Eugen habe Schlick vorgeschlagen, um ihn nicht als Vizepräsidenten des Hofkriegsrats annehmen zu müssen, BRAUBACH, GuA, S. 191. 215 ) F E VII, Suppl. S. 248, 309, 431 (an Thiel, 9. X. 1705 : „ . . . indem ich dem Herrn Grafen Schlick keine andere Autorität, als der Herr Graf Breuner gehabt, zuerkennen will. Indessen sieht man, was ich seinethalben vorhergesagt, und wird sich nach und nach mehr erweisen, wie derselbe bestellt sei"). 216 ) Vgl. über den Grafen Leopold Schlick (1663—1723) WURZBACH 30, S. 126/27, ARNETH, Eugen, I, S. 116/17, 352/53, II, S. 15, 356—358, I I I , S. 41/42. Interessant das Urteil von Hamel Bruynincx in Schreiben an Heinsius vom 27. V. 1705, W G II, S. 318/19, in dem er meint, daß Schlick anscheinend am meisten Einfluß auf den neuen Kaiser in militärischen Dingen haben werde: «Le Comte de Schlick, quoiqu'il n'a pas été fort heureux jusques ici en fait de guerre, il en raisonne néanmoins avec beaucoup d'éloquence et de plausibilité. Il est vif, pénétrant, insinuant, persuasif, hautain, remuant, adroit et rusé, passant auprès de plusieurs pour un peu intéressé, tellement qu'avec les talents qu'il a il peut être

430

Anmerkungen zu Kapitel 6, Seite 140—145

de beaucoup d'utilité à son Prince, s'il en fait un bon usage, mais aussi dangereux, s'il voulait en abuser. » «') Über den Grafen Leopold Herberstein (1655—1728) v. WURZBACH 8, S . 3 4 7 / 4 8 , ARNETH, E u g e n , I , S . 3 0 4 / 0 5 , BRAUBACH, G U A , S . 196. I n e t w a

berührt sich das Urteil Dolfins, ARNETH, Relationen, S. 11, mit dem Venzatis: «Tutto pietà e devozione pare nato più per Ii chiostri, che per l'armate . . . Il genio è modesto e soave. Contento di sua fortuna non aspira a maggior elevazione. » 218 ) Eugen an Hofkriegsrat, 9. VII. 1705, FE VII, Suppl. S. 255/56. 219 ) Eugen an Hofkriegsrat, 9. X. 1705, ebenda S. 425. 220 ) Eugen an Thiel, 21. VIII. 1705, ebenda S. 334. 221 ) Ebenda S. 502. 222 ) ARNETH, Starhemberg, S. 391—395. 223 ) Salm an Marlborough, 19. VII. 1705, MURRAY II, S. 233. 224 ) Eugen an Marlborough, o. D. (X.oder XI.), 2. XII 1705, COXE I , S . 3 5 6 / 5 7 , 3 6 3 — 3 6 7 . V g l . v. NOORDEN I I , S . 2 6 7 , OTRUBA S . 4 6 / 4 7 . 225

) Marlborough an Wratislaw, 5. X. 1705, MURRAY II, S. 293. ) Über die Reise Marlboroughs T E XVII, 2, S. ILL, COXE I, S. 354 bis 360, WG II, S. 327—330. 2 ") Marlborough an Eugen, 19. X. 1705, MURRAY II, S. 306. Vgl. 22S

BRAUBACH, Subsidien, S. 116. 228

) Marlborough an Heinsius, Frankfurt, 1. XI. 1705, MURRAY II,

S . 3 2 0 . V g l . BRAUBACH, S u b s i d i e n , S . 1 4 1 / 4 2 . 229 ) Schon am 9. VII. 1705 hatte Marlborough dem Prinzen zum Ausdruck gebracht, wie sehr ihm an einer Zusammenkunft lag: «Je veux bien vous avouer qu'il n'y a rien que pourrait tant m'induire à revenir en campagne que quelques heures d'entretien avec vous, en présence de Sa Majesté Impériale, pour prendre des mesures justes sur lesquelles nous pourrions entièrement nous reposer, sans quoi je ne vois pas que nous puissions jamais aller loin.» MURRAY II, S. 154/55. 23 °) Eugen an Marlborough, X. oder XI. 1705, COXE I, S. 356/57,

OTRUBA, S . 4 7 . 231

) Marlborough an Eugen, 20. XI. 1705, MURRAY II, S. 327/28. ) Vgl. H. L. MIKOLETZKY, Die große Anleihe von 1706, Ein Beitrag zur österreichischen Finanzgeschichte, Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 7, 1954, S. 268—293. 233 ) Leider muß ja die Korrespondenz zwischen Eugen und Wratislaw als verloren gelten. Wratislaw an Marlborough, 12. XII. 1705, Coxe I, S. 365—367. 232

231

) LÖWE, F r i e d r i c h I , S . 7 5 / 7 6 . BERNEY, F r i e d r i c h I . , S .

235

) MIKOLETZKY, a. a. O., S. 270/71. Vgl. zu den Anleihen noch

157/58.

MENSI, S . 3 4 6 , 3 5 2 — 3 5 5 , 3 9 2 — 3 9 4 , BRAUBACH, S u b s i d i e n , S . 3 8 — 4 1 , OTRUBA, S . 5 1 / 5 2 .

236) F E V I I I > g. 104_ ) Wratislaw an Marlborough, 25. XI. 1705, v. NOORDEN II,

237

S. 357. 23S

) Eugen an Wratislaw und an Sinzendorf, 27. XII. 1705, an Eugen, 2.,

18. I., a n S a l m , 18. I . 1 7 0 6 , MURRAY I I , S . 3 6 0 , 362, 383, 4 0 1 / 0 2 .

Anmerkungen zu Kapitel 6, Seite 145—147

431

239

) Über die Errichtung der Wiener Stadtbank MENSI, S. 207—214,

FELLNER-KRETSCHMAYR I , 1, S . 1 0 6 — 1 0 9 . 24

°) Prié an Victor Amadeus, 30. I. 1706, CAMPAGNE V, S. 109. ) Eugen an Reventlau, 30. I., 13. II., an Victor Amadeus, o. D. (III.) an Daun, 16. III. 1706, FE VIII, Suppl. S. 35, 46, 59, 70. 242 ) Konferenzprotokolle 4., 12., 15., 20. II., 22., 30. III. 1706. W, SA, KPuR 39 (1706). 243) f e VIII, S. 54. Über die Bestellung Priés und seine Besprechungen mit Eugen enthalten seine und Tarinos Berichte an Victor Amadeus aus den Monaten Februar bis April 1706 in CAMPAGNE V, S. 112—161, viel Material. Mit Ercole de Turinetti Márchese di Prié (1658—1726) werden wir uns später noch näher zu beschäftigen haben. Über seine Tätigkeit in Italien während des Spanischen Erbfolgekrieges vgl. ARNETH, Eugen, I, 241

S . 3 9 5 — 3 9 8 , LANDAU, W i e n , S . 3 9 1 — 3 9 3 , KRAMER, S . 7 6 / 7 7 , BRAUBACH, G u A , S. 190/91. 244

) Konferenzprotokolle vom 4., 15. I I . 1706, a. a. O. Vgl. BERNEY,

Friedrich I., S. 156—164, wo indessen alles zu sehr vom preußischen Standpunkt gesehen wird; die Konferenz vom 4. II. fand nicht unter Eugens, sondern unter Salms Leitung statt. 245

24e

) BRAUBACH, S u b s i d i e n , S . 1 5 3 — 1 5 5 , 1 6 4 / 6 5 .

) Marlborough an Wratislaw, 16. VI. 1706, MURRAY II, S. 589 und 590. ai?) F E V I I I ) Suppl. S. 69. Ausführlich hat er Reventlau am 24. III. 1706, ebenda S. 74, die erfolgten Zahlungen angegeben: ,,. . . daß inzwischen der auf die 100000 ducati di banco hineingeschickte Wechselzettel sicher wird eingetroffen sein, womit man dann in dem Proviantkauf mit den auf obersagte 100000 ducati di banco dazu von mir assignierten 80000 fl. sich um so viel leichter wird behelfen und die angezogenen Diffikultäten heben können. Nachdem ich aber mit eben heutiger Post dem Herrn GWM und Obristkommissario Baron Martini einen anderen Wechselzettel von abermals 100000 ducati di banco hinein remittiere und ihn anbei erinnere, zu ersagtem Proviantkauf davon abermals 80000 fl. zu applizieren, womit in beiden Summen 160000 fl. zur Proviantierung kommen, ohne diejenige Summe, so der Kriegscommissarius Messa bereits empfangen hat und sich wohl auf 200000 fl., wo nicht ein Höheres belaufen wird, so ist ja endlich auch zu hoffen, daß man an der antragenden Magazinierung um so viel mehr werde aufkommen und dieselbe alsogleich zu Stande bringen können, als man gleichwohl eine konsiderable Summe Geldes in die Hände bekommt und die Materie annoch im Lande zu finden ist." Am Schluß des Feldzugs stellte der Prinz in einem Schreiben an den Hofkriegsrat vom 31. X. 1706, ebenda S. 279, fest, daß man „die ganze Campagna durch mit den englischen Cassageldern alle Notdürfte bis auf diese Stunde hat bestreiten und die Armee damit subsistieren machen müssen". 248 ) Ebenda S. 280. 249 ) Prié an Victor Amadeus, 6. II. 1706, CAMPAGNE V, S. 112/13. I50 ) Es handelte sich dabei vor allem um den Kaufmann Thomas Massner (1663—1712), der auch später in den Korrespondenzen Eugens

432

Anmerkungen zu Kapitel 6, Seite 147—152

noch häufiger auftaucht. Vgl. STELLING-MICHAUD, Saint-Saphorin, S. 226, 355—358. 251 ) Eugen an Victor Amadeus, o. D. (III.), an Daun, 16. III. 1706, FE VIII, Suppl. S. 59/60, 70/71. 252

) MURRAY I I , S. 4 0 1 .

263

) Bericht Dolfinos, 15. V. 1706, GIUDICI II, S. 143. 254) FE VIII, Suppl. 55, 69. Nach einem BerichtPriés vom 6. III. 1706, CAMPAGNE V, S. 120, habe der Kaiser erklärt, daß Prinz Eugen in der kommenden Woche abreisen werde. 255 ) Eugen an den Hofkriegsrat, Innsbruck, 11., an Victor Amadeus, Rovereto, 16. IV. 1706, FE VIII, Suppl. S. 75—77. Bericht Priés an Victor Amadeus, 10. IV. 1706, CAMPAGNE V, S. 163. ARNETH, Eugen, I, S. 357. 256 ) Salm an Marlborough, 28. IV. 1706, MURRAY II, S. 492. Vgl. BRAUBACH, Salm, S. 122. Siehe auch die Äußerungen Salms zu Dolfino nach dessen Bericht vom 15. V. 1706, GIUDICI II, S. 143: Eugen habe Monate in Wien verloren und dadurch Vendôme Zeit gegeben, die verstreuten und schlecht versorgten Truppen zu überfallen, welchem Unglück noch viele andere, vor allem der Abfall Savoyens, folgen könnten. 2 ") Bericht Bartholdis, 10. IV. 1706, v. NOORDEN III, S. 437. 25S ) Berichte Priés, 7 . - 9 . , Tarinos, 10. IV. 1706, CAMPAGNE V, S . 156/57, 164. 2M ) Prié an Victor Amadeus, 30. I. 1706, ebenda S. 108/09: Wratislaw, «che possiede, unitamente col Duca Moles, un gran predominio sopra il di lui spirito et influisce a tutti li suoi andamenti in questa corte. » 260 ) BRAUBACH, GUA, S. 187—189, über die Beziehungen Venzatis zu Comazzi ebenda S. 166, 170, 175, 206. Auszüge aus Briefen Comazzis an Venzati vom 17. X., 23. XI. 1706, 2. III. 1707, P, Autr. 86, Kopie einer Antwort Venzatis an Comazzi, 26. IV. 1707, ebenda 87. Ob Comazzi identisch mit dem Conte Giovanni Battista di Comazzi war, der das Werk Prioratos über Kaiser Leopold I. nach dessen Tod in einem Auszug mehrfach herausgab ? Vgl. über ihn A. CORETH, Osterreichische Geschichtsschreibung in der Barockzeit (1620—1740), Veröffentlichungen der Kommission für Neuere Geschichte Österreichs 37, 1950, S. 73/74, P. MORAW, Kaiser und Geschichtsschreiber um 1700, Die Welt als

Geschichte 22, 1962, S. 163, 203; 23, 1963, S. 93—96. 261 ) Eugen an Löwenstein, 9. V. 1706, KAUFMANN, S. 225, F E V I I I ,

Suppl. S. 101. 262 ) Vgl. HANTSCH, Schönborn, S. 85—88. 263 ) Schönborn an Eugen, 21. VII. 1706, W, ASchön: «Je crois au reste superflu de l'entretenir sur nos confusions ici, qui empirent et sont journellement plus brouillés. » 264)

F E

V

III,

s_

9 7 — 1 3 1 . VAULT-PELET V I , S. 1 4 7 — 1 5 2 . QUINCY I I ,

S. 164—169. ARNETH, Eugen I, S. 358—362. Eugen an den Kaiser, 17., 20., 25. IV., an Daun, 16., 22./24. IV. 1706, FE VIII, Suppl. S. 78—92. Zum Feldzug von 1706 P. PIERI, Principe Eugenio di Savoia, La Campagna d'Italia del 1706, Anno XIV.

Anmerkungen zu Kapitel 6, Seite 152—156 265

433

) Marlborough an Eugen, 8. V. 1706, MURRAY II, S. 487/88.

QUINCY I I , S . 1 7 0 . SAINT-SIMON X I I I , S . 3 5 1 . 266

) Eugen an den Kaiser, 28. V. 1706, FE VIII, Suppl. S. 119. ) QUINCY II, S. 171, über Ansprache Vendômes: «Messieurs, la vanité du Prince Eugene est la cause de la déroute de son armée. IL a voulu étendre ses quartiers plus que n'avait fait le comte de Linange, il les a poussés par une pointe dans nos quartiers même. C'est la plus grande faute qu'un général puisse faire.» Vgl. SAINT-SIMON X I I I , S. 286. 268 ) Eugen an Liechtenstein, 20. VI. 1706, F E V I I I , Suppl. S. 165. 269 ) Eugen an den Kaiser, 9. V. 1706, ebenda S. 101—104. 2, °) Eugen an den Kaiser, 18., an Daun, 19., an Victor Amadeus, 19. VI. 1706, ebenda S. 156—158, 162—164. Über die Ereignisse in Piémont FE V I I I , S. 131—148. Die während des Feldzugs von Viktor Amadeus an Eugen gerichteten Briefe vom 30. IV., 8., 14. V., 3. 6., 18., 2 5 . VI., 6 . , 1 0 . , 1 4 . , 19., 2 3 . , 2 5 . , 3 1 . VII., 1., 8 . , 1 2 . , 1 6 . , 2 0 . , 2 5 . , 2 6 . , 28. VIII. 1706 sind abgedruckt bei S. P. DE MAGISTRIS, Lettere di Vittorio Amedeo II nel periodo dell' Assedio de Torino del 1706, Studi su Vittorio Amedeo II, Biblioteca della Società Storica Subalpina 140, 267

1933, S. 318—487. 271 ) F E V i l i , S. 153—156. Siehe die skeptische Äußerung von Viktor Amadeus zu Lord Peterborough, 26. V. 1706, DE MAGISTRIS S. 335: «Le Prince Eugène, qui a eu un échec dans le Bressan, est réduit à commencer la campagne de l'autre côté de l'Adige et trouve beaucoup difficultés pour faire les progrès qu'on s'était proposé cette année». 272 ) Ebenda S. 163/64. 27S ) Eugen an Victor Amadeus, 19., an Daun, 19. V. 1706, ebenda S. 109—112. 274 ) Eugen an den Kaiser, 4. VI. 1706, ebenda S. 135/36. Vgl. Schreiben

E u g e n s a n T a r i n o , 4 . , 1 1 . , 1 8 . , 2 5 . V I . 1 7 0 6 , HELLER A , S .

217—220.

275

) W, HA, KA 254. Vgl. ARNETH, Eugen, I, S. 368. Eugen an den Kaiser (in französischer Sprache), 4. VI. 1706, PS, F E V I I I , Suppl. S. 137 und 138. 276 ) Eugen an den Kaiser, 25. VI. 1706, ebenda S. 170—172. 2 " ) Eugen an den Kaiser, 2. VII., an Victor Amadeus, 3. VII. 1706, e b e n d a S . 1 7 5 — 1 7 9 , HELLER A , S . 2 2 0 . 278 ) Vendôme an Chamillart, 10. VII. 1706, VAULT-PELET VI, S. 200. Zum Folgenden F E V I I I , S. 158—178. 279 ) Bericht vom 10. V I I I . 1706, PARRI, S. 168. Eugen an Battée, 4. VII., an den Kaiser, Castelbaldo, 10., an Daun, 10./15., an Marlborough, 10. VII. 1706, F E V I I I , Suppl. S. 179—187, an Victor Amadeus 10./15.

u n d 16., a n T a r i n o , 15. V I I . 1 7 0 6 , HELLER A , S . 2 2 1 — 2 2 4 . 28

°) Eugen an den Kaiser, Castelbaldo, 15. VII. 1706 mit PS 16. VII., F E V I I I , Suppl. S. 187—191. Eugen an Marlborough, 10. VII. 1706, ebenda S. 186/87, MURRAY III, S. 28/29, ARNETH, Eugen, I, S. 370/71: Über Vendôme gab er Marlborough, dem der französische Marschall ja jetzt entgegentreten sollte, folgende Charakteristik: «C'est un homme aimé du soldat; quand il a pris une résolution il la suit, sans que rien l'en puisse détourner; grand retrancheur, mais pour peu qu'on lui rompe ses 28

Braubadi, P r i n z Eugen

Anmerkungen zu Kapitel 6, Seite 156—158

434

mesures, il a grande peine à y remédier, même dans l'action, laissant au hasard à y remédier. Entreprenant pour des sièges, est capable de tenter une armée, mais pas de l'attaquer s'il la trouve résolue de l'attendre, à moins d'une très grande supériorité. » 2S1

) VAULT-PELET V I , S . 2 0 0 / 1 1 .

282

) Eugen an Kurfürst Johann Wilhelm, 16. VII. 1706, M, K. bl. 53/13. Vgl. FE VIII, S. 178—192. 283 ) Eugen an Victor Amadeus, S. Bianca, 22. VII., Addition, Finale de Modena, 24. VII., an den Kaiser, 23., 24. VII. 1706, FE VIII, Suppl. S. 195—199, HELLER A, S. 222—224. Bericht vom 24. VII. 1706, PARRI, S. 168/69. ARNETH, Eugen, I, S. 370. 284 ) Eugen an Karl III., 29. VII. 1706, FE VIII, Suppl. S. 204—206. 285) P E VIII, S. 192—205. Eugen an Victor Amadeus, Finale, 27., San Martino, 30., an den Kaiser, San Martino, 29., an Daun, 30. VII. 1 7 0 6 , e b e n d a S u p p l . S . 2 0 0 — 2 0 9 , HELLER A , S . 2 2 6 — 2 2 9 , CIBRARIO, S . 5. 288 ) Armeebefehl, Feldlager bei Carpi, 4. VIII. 1706, FE VIII, Suppl. S. 210/11. Über die Mißachtung der Kriegsregel äußerte er selbst am 5. VIII. zu Daun, ebenda S. 212: „Die Raison de guerre erforderte zwar, den Feind aus Modena und anderen kleinen Orten zu delogieren, ich aber, um mich nicht aufzuhalten, sobald nur Carpi über und meine Dispositiones des Brotes und Bagage halber gemacht sein werden, will keinen Augenblick verlieren, mich zu pressieren, soviel als möglich ist." 287 ) Eugen an Victor Amadeus, Feldlager bei Carpi, 4., 5., 10., an Daun, 4., 10., an den Erbprinzen von Hessen, 5., an den Kaiser, 6. VIII.

1 7 0 6 , e b e n d a S . 2 1 1 — 2 2 2 , HELLER A , 2 2 9 — 2 3 3 , CIBRARIO, S . 9 — 1 2 . D a s

Schreiben an Daun vom 10. VIII., das von den Franzosen abgefangen wurde, auch VAULT-PELET V I , S. 241—243. 288

) Eugen an den Kaiser, 24. VII. 1706, FE VIII, Suppl. S. 199. äse) F E V I I I ; g 205—211. Eugen an Marlborough, Feldlager bei San Prospero, 13., an den Kaiser, 13., an Daun, 14., an Victor Amadeus, Lager zwischen der Enza und Parma, 16. VIII. 1706, ebenda Suppl. S. 223—227, CIBRARIO, S . 14. 29 °) Charré (siehe Bd. I, S. 286) hatte sich an der Spitze des Regiments ausgezeichnet, wie Victor Amadeus am 10. VII. Eugen mitteilte, FE VIII, S. 509 (ebenda S. 506/07 Memorial des Herzogs für Charré für die dem Prinzen zu überbringenden Nachrichten, 13. VIII. 1706): «J'ai aussi été très bien servi par Charré, dont je suis très satisfait. Il était à la tête du régiment quand il a chargé. Je lui avais donné le jour précédent la commission de reconnaître le pays. Il l'a très bien exécuté. » Darauf Antwort Eugens vom 24. VII., ebenda Suppl. S. 196: «J'ai appris avec beaucoup de plaisir les avantages que V. A. R. a remporté sur les ennemis et que mon régiment sous le commandement de Mr. Charré y a fait son devoir. » Vgl. auch MAGISTRIS (S. O. Anm. 270), S. 371—377. 291 ) Eugen an Victor Amadeus, Serravalle, 18., Cadeo, 20., Voghera, 22., Castelnuovo di Scrivia, 25., Lager bei Castellazzo, 27., an Daun, 18., 20., an den Kaiser, 20., 25. VIII. 1706, FE VIII, Suppl. S. 227—240,

HELLER A , S . 2 3 4 — 2 3 7 , CIBRARIO, S . 1 5 — 1 8 .

2»2)

F E

v i l l , S. 220—228.

Anmerkungen zu Kapitel 6, Seite 159—165

435

a M ) Eugen an Daun, La Motta di Carmagnola, 30., an den Kaiser, 31. VIII. 1706, ebenda Suppl. S. 240/41. 2 M ) Marlborough an Eugen, 6. IX. 1706, M U R R A Y III, S. 118/19. 29ä ) Eugen an Daun, Cadeo, 20. VIII. 1706, FE VIII, Suppl. S. 230: ,,. . . daß ich noch a tempo kommen und den Entsatz vornehmen könne. E. E. leben also dessen sowohl für sich selbst gesichert, als erinnern auch dessen in meinem Namen die sämtliche Garnison und animieren dieselbe mit Vorzeigung gegenwärtig meines Schreibens zur tapferen und resoluten Gegenwehr, inmaßen kein anderes Mittel übrig ist, als sich auf die äußerste Extremität zu defendieren und sich bis auf den letzten Mann zu wehren, angesehen ich Tag und Nacht mit der völligen Armee anmarschieren werde und schade wäre, wenn eine in so tapferen und wackeren Leuten bestehende Garnison, welche durch ihre die Zeit über erwiesene Bravour und Standhaftigkeit bei der ganzen Welt einen unsterblichen Ruhm erworben, in des Feindes Hände geraten sollte." 2äe ) Relation, 7. IX. 1706, FE VIII, S. 511.ARNETH, Eugen, I, S. 378. 297 ) Dispositionen und Relation, 7. IX. 1706, FE VIII, S. 510—514. Marschordnung und Disposition, Lager bei Veneria, 6. IX. 1706, ebenda Suppl. S. 241—243, M A G I S T R I S a. a. O. S. 381—383. Q U I N C Y II, S. 196 bis 207. A R N E T H , Eugen, I, S. 379—388. FE VIII, S. 251—270. V A U L T PELET VI, S. 275—290, 651—685. 2»8) Über Hohendorfs Mission BRAUBACH, G U A , S . 1 2 8 , FE VIII, S . 5 1 4 / 1 5 . Bericht über die Schlacht und Lob der Pfälzer: Eugen an Johann Wilhelm, Turin, 8 . IX. 1 7 0 6 , M, K.bl. 5 3 / 1 3 . 29») FE VIII, S. 270—279. Die verfolgenden kaiserlichen Reiter führte ein französischer Offizier, der ebenso wie Bonneval auf die kaiserliche Seite übergetreten war und von Eugen, der durch seine Schwägerin, die Gräfin Uranie von Soissons, mit ihm verwandt war, gefördert wurde, der Marquis de Langalerie; über ihn und seine abenteuerlichen Schicksale: A. DE BOISLISLE, Les Aventures du Marquis de Langalerie (1661 bis 1717), Revue Historique 66, 1898, S. 1—42, 258—300. 30°) Eugen an den Erbprinzen von Hessen, Rondizzone, 14., S. Germano, 17., Vercelli, 18. IX. 1706, FE VIII, Suppl. S. 245—249. Vgl. FE VIII, S. 279—292. 301 ) Ebenda S. 293—305. Eugen an den Kaiser, Trecate, 22., Corsico, 25. IX. 1706, ebenda Suppl. S. 250—252. AHNETH, Eugen, I, S. 390. 302 ) Eugen an den Kaiser, Lodi, 1. X. 1706, FE VIII, Suppl. S. 255.

V g l . PARRI, S . 303 )

200—212.

Eugen an den Erbprinzen von Hessen, Cavacurta, 6., Voghera, 7., an den Kaiser, Pizzighettone, 9., 10., Feldlager bei Alessandria, 22., 31. X. 1706, FE VIII, Suppl. S. 256—266, 269—277. Vgl. FE VIII, S. 305 bis 316. 304 ) Ebenda S. 316—327. Eugen an den Kaiser, Frassinetto, 9., an Wetzel, 15., an Isselbach, Pavia, 19. XI. 1706, ebenda Suppl. S. 283—287, 295—297, 303—305. Vgl. auch Eugen an Marlborough, 22. XII. 1706, G. G. VREEDE, Correspondance diplomatique et militaire du Duc de Marlborough, du Grand-Pensionnaire Heinsius et du Trésorier-Général des Provinces-Unies Jacques Hop, 1850, S. 212—214: «La campagne est 28*

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Anmerkungen zu Kapitel 6, Seite 165—169

finie, étant beaucoup qu'on aie pu agir si longtemps par le temps qu'il fait depuis 2 mois. Les troupes ont cependant ordre de se tenir prêtes, et je prépare l'artillerie et les choses nécessaires pour assiéger le château d'abord que le temps le permettra, et peut-être aussi Valence. » 305 ) Ebenda S. 311. 306 ) Eugen an den Kaiser, S. Fiorano, 1., Vescovato, 8., Mailand, 15., 22., 29. X I I . 1706, ebenda S. 314—316, 319/20, 324—326, 328—336. 30 ') Eugen an den Kaiser, Mailand, 8. II. 1707, F E IX, Suppl. S. 21 bis 27. A R N E T H , Eugen, I, S. 398/99, 404—407. 3 8 ° ) Eugen an den Kaiser, 16., 23. II. 1707, F E IX, Suppl. S. 30/31, 35. Eugen an Vaudémont, 27. II. 1707, ebenda S. 41 : « . . . mes bonnes intentions n'ont servi de rien, ces Messieurs du château par fierté, fanfaronnade ou je ne sais quelle raison, ont commencé de canonner cette ville . . . ce qui m'a obligé de faire venir des troupes et de l'artillerie pour commencer l'attaque». Vgl. F E IX, S. 68—72. 30 ») Ebenda S. 72—75, 347—359. 310 ) Schlick an Saint-Saphorin, 5. IV. 1707, SS. Mellarede an Victor Amadeus, 15. I I I . 1707, C A M P A G N E VI, S. 82. 311 ) Eugen an den Kaiser, 16. I I I . 1707, F E IX, Suppl. S. 60. Ebenda S. 59, 61—68, Befehle zur Ausführung der Kapitulation. Eugen an Marlborough, 22. I I I . 1707, M U R R A Y III, S. 375. Eugen an Johann Wilhelm von der Pfalz, 23. I I I . 1707, M, K. bl. 53/13. 312 ) Eugen an den Kaiser, 4. IV. 1707, ebenda S. 84/85, an Schönborn, 4. IV. 1707, W, ASchön. 313 ) F E IX, Suppl. S. 70/71. 314 ) Nach S T O R I A D I M I L A N O X I I , S . 11. Vgl. O E H L E R , S . 279. 31ä ) Eugen an den Kaiser, 9. X. 1706, F E V I I I , Suppl. S. 262/63. Ebenda S. 259 Eugen an Heister, 8. X. 1706, wonach Heister ihm durch einen eigens abgeschickten Sekretär seine Ankunft angekündigt hatte: „Wann nun also Dieselben mit der unter Ihro Kaiserlichen Majestät Allergnädigsten Signatur benötigten Ordre an mich nicht versehen wären, so werden auch E. E. von selbst vernünftig erachten, daß bei solcher Beschaffenheit darum nicht verträglich wäre, ohne sogedachte Ordre sich hierher zu begeben, als mir andurch auch wider meinen Willen die Gelegenheit benommen wäre, daß ich Dieselbe bei der diesseitigen Armee Ihrem Carico nach in das Kommando eintreten zu lassen nicht vermöchte." Siehe auch Eugen an Hofkriegsrat, 9. X I . 1706, ebenda S. 292, wonach Heister anscheinend schon bis Verona gelangt war. 316 ) Eugen an Schönborn, 16., 23. II. 1707, W, ASchön. Vgl. auch Tarino an Victor Amadeus, 1. I . 1707, C A M P A G N E V, S. 2 3 8 . 317 ) Heinsius an Marlborough, 11. I. 1707, V A N ' T H O F F , S. 290/91. Marlborough an Wratislaw, 10. I. 1707, M U R R A Y III, S. 279. Vgl. auch Gio Stefano Polto an Marchese di Tommaso, Milano, 2. I. 1707, Campagne VI, 5. 79: «Il Sigr. Principe Eugenio disse alla Sra. Contessa Tosa . . . , ch'avanti di partire per Viena, voleva portarsi a Torino a vedere il Sigr. Principe di Carignano. » 318 ) Wratislaw an Karl III., 1 6 . I I I . 1 7 0 7 , A R N E T H , Karl, S . 3 4 / 3 5 : ,,E. M. ist bekannt die Freundschaft, so ich mit dem Prinz Eugenio habe,

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welche wegen jetzigen u n d künftigen Vorfallenheiten ferner zu kultivieren mir angelegen werde sein lassen." 319 ) Eugen an den Kaiser, 10. XI., 15., 29. X I I . , an Gallas, 29. X I I . 1707, F E V I I I , Suppl. S. 295, 32é, 334, 338. Vgl. F E V I I I , S. 331. 320 ) Puncta für Daun, Pavia, 20. X I . 1706, ebenda Suppl. S. 308. Vgl. auch schon Schreiben an den Hofkriegsrat, Frassinetto, 9. X I . 1706, ebenda S. 288: „ I c h lasse konsiderieren, was dann von einem Lande zu hoffen sei, welches vorhin schon vom Feinde ziemlichermaßen hergenommen worden, und was man von derlei neu rekuperierten Provinzen für eine Liebe zu hoffen habe, wenn man als ein simulierter Freund ins Land eintritt und dasselbe sodann mit unerschwinglichen Geldsummen belegen sollte, zu geschweigen die starken Märsche u n d Contra-Märsche, so dasselbe bereits ausgestanden u n d annoch ausstehen m u ß . " 321 ) R d l XV, S. 365 (Bericht des französischen Gesandten Gergy über den Herzog: «Il se trouve si charmé de n'être plus à Mantoue, qu'il ne goûte qu'avec plus de tranquillité des plaisirs du Carneval. »). TESSÉ II, S. 131. m ) Eugen an den Kaiser, 15. X I I . 1706, F E V I I I , Suppl. S. 325. 323 ) Eugen an den Kaiser, 3. IV. 1707, F E IX, Suppl. S. 80. 324 ) Berichte Eugens, 21. X I . , 22., 29. X I I . 1708, F E V I I I , Suppl. S. 312, 328, 335/36, 23. II., 3., 20., 30. IV. 1707, F E I X , Suppl. S. 35/36, 7 9 / 8 0 , 1 0 2 , 1 1 5 . V g l . ARNETH, E u g e n , I , S . 3 9 8 , LANDAU, R o m , S . 2 5 1

bis 257. 325

) T a r i n o a n V i c t o r A m a d e u s , 1 6 . X . 1 7 0 6 , CAMPAGNE V , S . 2 2 1 / 2 2 .

Ü b e r Schlicks Gegensatz zu Prié u n d seine Mission nach Italien ebenda S . 2 3 2 — 2 3 5 . V g l . ARNETH, E u g e n ,

I, S. 395—398,

BRAUBACH,

GuA,

S. 190/91. Salm hat sich über Prié u n d die Mission Schlicks in einem Brief an Saint-Saphorin vom 21. X I . 1706, SS, verhältnismäßig zurückhaltend geäußert: «Il est vrai que ce Marquis m'a paru assez idéal dans ses projets et que son activité ne seconde pas toujours ses bonnes intentions. Mais il faut considérer aussi qu'ayant la protection du D u c de Savoye c'est un homme à ménager dans cette conjoncture; qu'ainsi s'il y a du désordre dans son administration il ne peut être réparé que par l'envoi, pour u n temps, d ' u n sujet capable de la remettre sur un pied que le service de l'Empereur ne souffre pas, et c'est où l'on est à présent et dont vous apprendrez la nouvelle au premier jour. Le Prince Eugène en écrivait à cette cour ses réflexions sur l'union du Marquis avec le D u c de Savoye et, en demandant quelqu'un pour prévenir le mal qui en pouvait résulter sans le nommer, a proprement jeté la pomme du discorde. Le Comte de Schlick s'est cru dépeint dans le portrait qu'il a fait du sujet, et d ' u n autre côté, à considérer le peu de correspondance qu'il y a eu jusqu'à présent entre ce Prince et lui, on a pu croire qu'il se trompait. Pour ce qu'il est de moi je ne m'y oppose nullement qu'il y aille. » 326) F E V I I I ) S u p p l . g 309 32 ') Berichte Eugens, 2., 7. I I . 1707, F E I X , Suppl. S. 12—16. Schlick an Saint-Saphorin, 22. I I . 1707, S S : Schlick warf da Prié Ignoranz vor, er habe 4 Monate des Winters verstreichen lassen, «sans s'être appliqué au point essentiel de son emploi par où toute notre machine reste

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Anmerkungen zu Kapitel 6, Seite 171—175

sans fond et fondement»; Eugen sei damit gewiß nicht zufrieden, «mais sa modération ordinaire, avec quelques égards particuliers le retient à ne s'en pas ressentir et n'en pas faire beaucoup de bruit». 82S ) Eugen an Tarino, 1. VI. 1707, T , 72/73. m ) In einem Schreiben an Saint-Saphorin vom S. IV. 1707, SS, spricht Schlick wieder sehr abfällig von Eugen :