313 57 63MB
German Pages 240 Year 1876
Berlinische Blätter für vaterländische Geschichte und Alterthumskunde. Unter Mitwirkung von Brecht, Prof. Dr. Paulus Cassel, Stadt-Archivar Fidicin, Th. Fontane, Geh. Regier.-Rath Frhr. Dr. von Ledebur, Geh. Hofrath L. Schneider, Archidiaconus Schwebet in Cüstrin re. re.
herausgegeben von
George
HM
und
Ferdinand Meyer.
Zweiter Jahrgang.
Berlin 1876. Verlag von Alfred Weile.
«NWS
.i'l A% Wicfce Gros
L^i-jb-yy J
Abhandlungen . — Srzählung. — Gedichte. 159
Lange.172
Mark Branden¬ 93. 103. Von Alex. Niederlausitzische Sagen, Märchen und Legenden.
149.
(Mit
.....
Schwebel. (Mit
E. Harlungerberg bei Brandenburg. Von vr. G. Sello 57. Heinrich, Prinz, der Bruder Friedrich des Großen. Historisches Gedenkblatt von A. v. Crousaz. (Mit Abbildung) 121. 136. 142. 151. Hinrichtungswerkzeuge, Berlinische und Märkische. Von Ferd.
199 85
Wernicke.189. (Mit
.
161
.
vr.
G.
Sello
Briefe mitgetheilt von
vr.
H.
Theaterplaudereien, Berliner, aus den zwanziger und dreißiger
128. 138. 167. 186. 305. Thurneiffer's Flucht aus Berlin im Jahre 1582. Vom Frhrn.
224
Ledebur.77
vr. L. v. Von A. Lieber . . Ueberlieferungen aus dem Heidenthum. Urnenfundstätten bei Bölkendorf und auf den Inseln des ParsteinSee's. Bericht von H. Verfassung, Aelteste, in den Marken. Von A. Hosfers . .
115
Lange.107
— — Berichtigung
hierzu.216
Wappen und Farben der Stadt Berlin.
Von
197
Fidicin. (Mit
.185 F.41
Schwebe!.25 Hiltl. (Mit
Wasser und seine Bewohner in der Sage der
....
Mark Branden¬
burg. Von Oscar Zeughaus, Das Königliche, in Berlin.
Von G. 33. 42. 67. 75. 81. 106. 127. . Zuckersiederei-Compagnie, Berlinische. Von Ernst Rühl. Zum hundertjährigen Geburtstag der Königin Luise. Gedicht
Abbildung)
.
.
145 217
von L.
Mircellen.
.176 Kolonisten.80 Schriften. Eisen.72 Originelle.72 Sonderbare.111. Abbildung). Sagen.130 Clop.176 Bibelleser.120 Neumark.130
Abendmahlskelch Joachims
Ausflug
nach
Friedrich
I. und
Berlin 1784
II.
(Mit Abbildung)
Grabschriften, Joachim II. und der Jesuit Lampert der
Seite
Prinzessin Friederike Charlotte
Küstrin.176 Mark.148 ©fite
'
Siegel, Heinr., Prediger zu Sterndeutung in der Strübe, Georg, Diakon zu Havelberg Titel geistlicher Bücher und Ueberschwemmung des Rondeel's (Belle-Allianceplatz) 1829.
96 195
die französischen
Gold gab ich für Grabschrift,
Mohrin in
19
Uhde.235 Jahren.
Theater, Berliner, unter Döbbelin.
Eine abenteuerliche Geschichte aus den Tagen Friedrich Wilhelms I. Von Ludovica Hesekiel. 9. 17. 30. 39. 49. 70. 78. 88. 99. 109 Knokenhouwer Berlins. Von Ferd. Meyer. (Mit Abbildungen) 179. 193. 203. 213. 223. 234 Königin Luise. Ein Gedenkblatt von Emma Handen . . 56 Königs-Geburtstag in Berlin. Von Ferd. Meyer . . . 53 Lehninische Weiffagung. Von vr. G. Sello. (Mit Abbildg.) 101 Lenzen, Stadt und Burg. Von Ferd. Meyer. (Mit Abbildung) 141. 154. 174. 191 Leutinger, Nikolaus, und die Berolinenfia seiner märkischen Chronik. Von stur. Jur. Holtze . . . 29 1. 15. Literat, Ein Berliner, aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Von
Hiltl
6
Abbildung).61
27
an von Dalberg.
Fontane.180
G.
116
Schwartz.86 Quandt.182 ....
Von vr. H. Uhde 83. 96 Jnsel-Actiengesellschaft in Berlin. Von R. Böringuier . . 118 Joachim Friedrich's Kost- und Kleiderordnung für die Städte Berlin und Cöln, vom Jahre 1604. Von P. Quandt 229 v. Katte'sche Familiengruft in Wust bei Jerichow. Von Th. Kleement.
...
4 133. 147. 155. 164 Schwcizer-Colonien im Ruppinschen unter Friedrich III. Von vr. W. Siegelschaale, Hohenzollernsche. (Mit Abbildung) . * . . 201 Sommerresidenz Joachim Friedrich's von Brandenburg (Joachimsthal). Von P. 87 Spandau, Ueber den Namen der Stadt. Von vr. Beck . . Stralauer Fischzug. Von R. Böringuier 157. 170 Tempelhof bei Berlin. Von Oscar Schwebe! . . . . 125 Tempelhofer Fehde vom Jahre 1435. Von vr. Brecht. (Mit
Abbildung).169
Abbildung).3.
(Mit
vr. W. Schwartz
Meyer. (Mit Abbildung) . Sagen und Gebräuche, Märkische. Von
Horsteines jungen königlichen Aar's. (Rheinsberg) VonA. Meyen.
Jffland's Briefe
Von
Prüfer.231 Lange.47
vr. Brecht. (Mit Abbildung)
ans Brandenburg a. H.
Dr. F.
Rabenau. Mit Anmerkungen von E. Friede! . . Nicolaikirche in Berlin. Von Th. Oderberg in der Mark. Von Perleberger Rechtsalterthum. Von vr. G. Sello . . . . Podewils'sche Palais in Berlin (Klosterstraße 68). Von Ferd.
64
192
Beiträge zur,
Meyer.
burg.
73
177. Von
Glockenkunde,
— — Ergänzung von
Abbildungen).113
Von
48 221
Nachlese zu den Sagen und alten Geschichten der
209. 219 Von
Dom zu Fürstenwalde. Von Oscar Schwebet. (Mit Abbildung) Eckenberg, Johann Carl von, der starke Mann. Eine Studie zur Theater-Geschichte Berlins von L. Schneider 13. 21. 35. 43. Elends-Gilden und Kalands - Brüderschaften. Von Oscar Gesundbrunnen bei Berlin.
Hiltl.
Von Eduard Krause.
Bombe, Eine verlaufene (1767). Von W. Buch, Johann von. Von F. Budczies Civil - Ehrenzeichen der Gemeinde Lunow und Stützkow.
Seite
Abbildung).88 Pflug.95
Abbildung).153 S.215
Bischof der Berliner Schmiedegesellen.
H.
Seite
Märkische Alterthümer. Von E. Friede!. (Mit Abbildungen) 24. Merian's Brandenburgische Topographie. Vonvr. G.Sello 211. (Mit Mohren, Die, aus der Behrenstraße. Von G.
Bär, Der, als Stadtwappen Berlins. Von vr. Paulus Cassel
9
120
Ulrike.120
.131
(Mit
Zehdener
j
Zorn, Bartholomäus, als
Literatur.
Album.227 Preußen.236
Sagen.207 .120 Heimath.91 Jahrhunderts.196 Nachrichten.208 ...
Seit«
Seite
Brandenburgisches von Hahn W., Friedrich Henckel, Paul, Gedenkblatt für seine
Kritzinger, Kloster Lehnin und seine Prüfer, der Todtcntanz zu St. Marien in Berlin Riesel's Ausflüge in die märkische Scheube, die Frauen des 18.
Hopfner, Perleberger — Potsdamer Hohenlohe-Waldenburg, das heraldische und decorative Pelzwerk 227 Kahler, der große 80 Kießling's Topograph. Karte der Umgegend von Berlin . . — Touristenkarte von
Schneider, Berlinische Schwebet, der Tod in deutscher Sage und Dichtung — Kulturhistorische Bilder aus der alten Mark Brandenburg Thomae, Geschichte der Stadt und Herrschaft Schwedt Werner, Bonifacius der Apostel der Briefkasten 20. 40. 52. 60. 80. 112. 120. 131.
Freunde.12 Hiltl, Wetterwolken.20 Reimchronik.60 Liederchronik.111
Kurfürst.60 Potsdam.131
...
.
.
.
...
90 227 51
Deutschen.80 227
1.
II.
Januar 1876.
Das Nlatt
erscheint
Inhrqang.
Nr
1.
Ä'rcis vierteljährlich
monatlich zweimal
I
AK. 50 2'lg.
,A
h/ck- QK2
GABBBSC,
Unter Mitwirkung von Dr. Drecht, Pros. Dr. HaulttS Kassel, Stadt-Archivar Jidicin, Uheod. Fontane, Geh. Regier.-Rath Freiherr Dr. von Ledebur Geh. Hofrath L. Schneider, Archidiaconus Schwebe! in Cüstrin k. rc. herausgegeben von
George
AM
und
Jerdinand Meyer.
Das Blatt ist durch alle Buchhandlungen und Postämter, sowie durch die Expedition (Puttkamerstr. 8) zu beziehen. — Literarische Beiträge sind an die Verlagshandlung von Alfred Weile in Berlin zu senden, welche sie der Redaction übermitteln wird. — Inserate, vro 3gesp. Petitzeile 25 Pfg., werden von den Herren Haasenstein u. Vogler, Rud. Mosse, Beruh. Arndt, sowie von der Verlagsyandlung (Puttkamerstr. 6) entgegengenommen.
Nikolaus Leutinger, vom 8tuä. zur. Holtze. — Der Horst eines jungen königlichen Aar's, von A. Mcycn. — Das ehemalige Podewils'schc Palais in Berlin (Klostcrstraßc Nr. 68) (Mit Abbildung), von F. Meuer — Niederlausitzische Sagen, Biärchen und Legenden, von Alexander Rabenau, mit Anmerkungen von Ernst Friedet. — Die.Neberschwemmung des Rondeels (Belle-AIliance-Platz) in Berlin, 1829. (Mit Abbildung). — Kleement, Erzählung von Ludovica Hesekicl. — Literatur. — Briefkasten.
Inhalt.
Nikolaus Leutinger Berolinensia in seiner märkische» Chronik.
und die
Ätus wir
Urkunden
über die
überreich
und
aintlicheu
Mittheilungen
brandenburgischen Verhältnisse
anderer
Vo,n 8tuä. zur. Kokh-.*) Art sind 14 Jahr alt war, eine Freistelle au der Fürstenschule zu Meißen
im 1ö. Jahrhundert
unterrichtet; der einzige zeitgenössische Schriftsteller jedoch,
in schöner Form ein zusammenhängendes Bild dieser Periode ent¬ worfen hat, ist Nikolaus Leutinger. — Als zum ersten Male für die Freiheit des Glaubens in Deutsch¬ land die Schwerter gezogen wurden, im Jahre 1547, ward dem Pfarrer Nikolaus Leutinger zu Landsberg an der Warthe, von seiner Gattin Lucia geborene Birnbaum, ein Sohn geboren, welcher in der Taufe den Namen Nikolaus erhielt. Noch während der Kinderjahre dieses Knaben griff die Hand des Todes in das Familieuglück des Predigerhauses ein: binnen wenigen Stunden raffte eine damals in der
Landsberg wüthende Pest die Pfarrftau und fünf von ihren sieben
Kindern dahin. Der Vater, tief gebeugt durch diese furchtbaren Ver¬ luste, versuchte durch liebevolle Sorgfalt den beiden ihm übrig ge¬ bliebenen Kindern, unserm Nikolaus und seinem jüngeren Bruder Balthasar, so viel als möglich den Verlust ihrer Mutter zu ersetzen; er arbeitete redlich an seinem Theil mit daran, den Geist dös auf¬ lim aber Nichts an der Erziehung geweckten Nikolaus zu entwickeln, zu versehen, vertraute er ihn gewiffcnhaften Pädagogen in Landsberg, Bernau und Spandau an, obschon seine Stellung ihm, die Kosten
einer so sorgfältigen Erziehung zu erschwingen, nicht leicht machte. es sich denn sehr glücklich, daß ein Herr von Reubel, wel¬
Da traf cher
Nikolaus aus der Taufe gehoben hatte, seinem Pathen, der jetzt
*) Bortrag, gehalten Geschichte
Berlins.
an, 27. November 1875
in
dem Verein
für
die
er¬
wirkte — eine Wohlthat , deren sich sonst nur geborene Sachsen zu erfreue» hatten. Hier in Meißen erweckte das Beispiel seines Lehrers Georg Fäbricius, eines namhaften Historikers, in dein Knaben Lust üud Liebe zu geschichtlichen Studien; auch der elegante lateinische Styl Leutinger's so wie seine große Gewandtheit, lateinische und
wir wohl als Früchte seines Die anregende Beschäftigung mit Wissenschaften, das gesellige Zusammenleben mit vielen Gleich¬
griechische
Verse zu
bauen,
dürfen
Aufenthalts in Meißen bezeichnen. den
strebenden, vielleicht auch die freundliche Umgebung der ehrwürdigen
Elbstadt, machten dem bevorzugten Günstlinge des Fabricins den Abschied von der ihm liebgcwordenen Stätte ziemlich schwer, als er auf Befehl seines Vaters die Meißener Schule mit der Universität Wittenberg vertauschte. Auch hier, wo er sich sehr wohl fühlte, war seines Bleibens nicht so lange, als er es wohl gewünscht hätte; denn da sein Landes¬ herr, Kurfürst Johann Georg, durch eine Verfügung bekannt gemacht hatte, er werde keinem seiner Unterthanen eine Stelle in Kurbrandenburg geben, der nicht wenigstens einen Theil seiner Studien auf der Landes-Universität Frankfurt a. d. Oder absolvirt hätte, sah er sich genöthigt, diese Universität zu beziehen, was wahrscheinlich 1571 In Frankfurt wirkten damals unter Anderen: Matthäus geschah. Hostus, aus Köln an der Spree gebürtig, wohlerprobt in der griechi¬ schen Sprache, und die gelehrten Kenner brandenburgischer Geschichte, welche sie oft im Gewände der Dichtung verherrlichten: Johann Schosser und Michael Haslob.
Diese Männer, besonders der stets gastfreie Hostus,
nahmen
in liebevoller Weise an, und noch in in dankbarer Erinnerung. Bis zum ihrer gedachte er späteren Jahren Frankfurt; in diesem Jahre bewarb er sich Jahre 1575 weilte er in nämlich, aus dringendes Anrathen seines Baters, dem es unmöglich wurde, bei seinen geringen Mitteln auch noch seinen jüngeren Sohn sich des strebsamen Leutinger
Balthasar ans
der Universität zu erhalten,
um die erledigte Rektor¬
ihm
Doch sie sagte
und empfing dieselbe auch.
stelle zu Krossen,
Durch eigene Anlage befähigt, durch Beispiel angeregt, beschäftigte er sich in
wenig zu, die neue Stellung. Schosser's
und Haslob's
mit
Mußestunden
seinen
geschichtlichen
Forschungen;
die
Kirchen-
Bibliothek in Krossen lieferte zu neuen Studien reichhaltiges Material. Kein Wunder daher, wenn ihm sein Rektorat, das zu vernachlässigen ihm seine Gewissenhaftigkeit verbot, überall störend im Wege .stand. Kurz entschlossen dankte er deshalb nach anderthalbjähriger Amts¬ führung ab, übernahm jedoch, durch seine Mittellosigkeit gezwungen, bald darauf das Rektorat zu Spandau. Da indeß auch hier die schon oben erwähnten Umstände hindernd
kurzer Amtsverwaltung,
eben so
wie
eingriffen,
iu Krossen,
so
legte er, nach
auch diese
Stelle
und blieb bis an sein Lebensende ein unabhängiger Mann.
nieder,
Nur einmal noch opferte er i dessen auf drei Jahre diese Frei¬ heit, als sein Landesherr, der Kurfürst Johann Georg, welcher durch einige Gedichte auf ihn aufmerksam gemacht worden war, ihm die durch den Tod seines
übertrug.
Leutinger.
Vaters zu Landsberg erledigte Pfarrstelle, 1580, der sonst jeden Vorschlag, mochte er eine
Heirath, ein Schul-
oder Kirchenamt betreffen, beharrlich von der Hand gewiesen hatte, glaubte sich dieser ehrenvollen Aufforderung nicht entziehen zu dürfen; länger aber als drei Jahre konnte er auch hier, wie gesagt, nicht aushalten. Dann verließ er 1583 die kur-
brandenburgischen Laude und siedelte nach seinem geliebten Wittenberg das er zum Ausgangspunkt seiner
über, machte.
jetzt
beginnenden Reisen
Diese Reisen führten ihn durch ganz Deutschland,
Italien,
Frankreich, England und Dänemark (hier krönte ihn König Friedrich
III.
zum Dichter und erhob ihn in den Ritterstand); ferner durch Schweden, Polen, Preußen und Rußland.
Es ist kaum glaublich,
mit wie kargen Mitteln
unter wie harten Entbehrungen und der schon alternde Mann diese für die da¬
malige Zeit ganz ungeheuren Reisen machte;
doch
freudig griff er
ihn 1612, auf einer Reise durch die Altmark, der Tod zu Osterburg als einen Mann ereilte, der „vieler Menschen Städte gesehen und Sitte gelernt hat." —
stets wieder zum Wanderstabe, bis
Dies ist, allerdings in dürftigen Umrissen, der Lebensgaug eines Mannes, welcher für die Entwickelung der brandenburgischen Geschichts¬ schreibung nicht ohne Einfluß gewesen ist. Er verfaßte nämlich, außer einer ganzen Reihe Gelegenheitsreden bei Familiencreignisfen des branden¬ burgischen und sächsischen Fürstenhauses, und außer vielen lateinischen
unter Umständen die für dieselbe nöthige Auskunft daraus schöpfen konnte.
So hatten
auch die Stadtschreiber
großen Publikunis im Auge, und
sie
Andrerseits waren die Werke über märkische Geschichte, welche den Gclehrtenkreisen, namentlich Universitäts-Professoren, wie
logische Abhandlungen über die Herrscher derselben und über altadelige
Familien.
So
gab es
also bis
gegen Ende des 16.
Mark im heutigen Sinne, und zwar aus dem einfachen Grunde, weil beim Publikum kein Interesse dafür vorhanden war. Als aber im Reformations-Zeitalter die Renaissance das Wiederauf¬ blühen der Wissenschaften, auch im Nordosten Deutschlands, Lust und Liebe für die vaterländische Geschichte zu wecken begann, wurde das
Bedürfniß
nach einer
für weitere Kreise
allenthalben rege; und
so
Städte, in Klöstern und Bischofssitzen Jahr für Jahr
wissenhaft aufgezeichnet, was
sich
ge¬
Bemerkenswerthes ereignet hatte.
geschriebenen märkischen Chronik
treten seit dieser Zeit Männer auf, die es zu
ihrem Berufe machten, eine für das gebildete Publikum bestimmte vaterländische Geschichte zu liefern. Abgesehen nun von dem, als Quelle sehr brauchbaren, aber doch nur in sehr kleinem Maßstabe angelegten „ Mikrokronikon Marchicum", d. h. kurze märkische Chronik des Berliner Rektors Peter Hafft, sind es zwei Männer, die der bezeichneten Aufgabe näher treten: Angelus Engel und Leutinger — freilich in verschiedener Weise.
In
dem Wunsche, einem Jeden, selbst dem minder Gebildeten ver¬
ständlich zu schreiben, bedient der
In
deutschen Sprache.
Werke sagt er, daß er
sich
sich
Engel in seiner märkischen Chronik 1598 edirten
der Vorrede zu diesem,
„sonderlich befliessen habe, aus sehr vielen
glaubwüdigen Scribenten die Historien und Geschichte, so sich im Chur- und Fürstenthumb Brandenburg und derselben incorporirten Land und Herrschaft vor und nach Christi Geburt bis
auf
diese
unsere
betrübte Zeit begeben und zugetragen haben, auszuklauben und in Weiterhin versichert er, daß er eine richtige Ordnung zu bringen." mancherlei Oerter, Lande, Bibliotheken, Kirchen und Klöster besucht
Hieraus ersehen wir, daß Engel das, was er uns mittheilt, aus den beiden oben charakterisirten Gattungen von Chronikanten ge¬ Da er nun aber eines Theils, nach dem Beispiele der schöpft hat. gelehrten alten Historiker, topographische und genealogische Notizen
habe.
in allzu reicher Fülle in
die einfache
chronologische Reihenfolge der
anderen Theils den von den städtischen und
Begebenheiten einsticht,
klösterlichen Chronisten reichlich überlieferten Mißgeburten,
Kometen
und anderen Wunderzeichen eine zu ausführliche Behandlung widmet, so ist der Werth seines Werkes als Kunstleistung, nur ein geringer, wenn es auch als historische Quelle recht brauchbar ist.
Sein Hauptbestreben war, Da er nun in der
Ganz anders Leutinger.
Schon seit längerer Zeit wurde in den Stadtschreiber-Chroniken
Jahrhunderts keine
Geschichte der
eine vollendete Kunstform zu geben.
größerer
Schosser,
Jobst und Reineck ihre Entstehung verdankten, im Grunde genommen nur topographisch-geographische Beschreibungen der Mark, oder genea¬
Zeitraum von 1501 bis 1594, also so ziemlich das ganze 16. Jahrhundert, behandeln. Um die Bedeutung dieses Werkes zu verstehen, müssen wir einen Blick auf die, Leutinger vorauf gegangenen Chronisten werfen.
tragen deshalb, wie Jene, den
Charakter großer Einseitigkeit. —
und griechischen Gedichten, sein Hauptwerk: dreißig Bücher märkischer Geschichte, welche den
nur die Verherrlichung
und den praktischen Nutzen ihrer Heimath, nicht die Belehrung des
seinem Werk erst mangel¬
Muster dafür fand, auch nicht so war Genie genug besaß, sich Hieraus erklärt es er genöthigt, sie in der antiken Welt zu suchen. sich, daß er, im Gegensatz zu Hafft und Engel, seine märkische Chronik in lateinischer Sprache abfaßte. Für ein größeres Publikum schreiben,
haft entwickelten
deutschen Sprache kein
eine solche selbständig zu schaffen,
und
lateinisch
schreiben,
möchte uns heute,
wo die Kenntniß des
Doch schon der Umstand, daß jede Stadt, jedes Kloster derartige Jahr¬
Lateinischen nicht mehr zu den durchaus nothwendigen Erfordernissen
bücher anlegte,
des gebildeten
zeigt zur Genüge den Charakter derselben.
beispielsweise das so
Bisthum Brandenburg ein
geschah dies nicht
in
solches
Wenn
Jahrbuch führte,
der Absicht, irgend eine außerhalb des
Stiftes
stehende Person über den Entwickelungsgang und die Geschicke desselben
zu belehren; nur
für
Bischof, die Domherrn und die anderen geistlichen Angehörigen des Sprengels wurden die Aufzeichnungen ge¬ den
macht, damit diese daraus die Geschichte deffelben lernen, und man
Mannes gehört, unvereinbar erscheinen; in der Zeit aber, für die Leutinger schrieb, lagen die Dinge anders. Die lateinischen Schulen, die aller Orten bestanden, bewirkten es, daß Allen, die eine wissenschaftliche
Bildung
besaßen,
ja
einem großen
Theil Derer,
überhaupt lesen konnten, das Lateinische beinahe eben
so
welche
geläufig wie
das Deutsche war. —
Livius und Curiius
sind es nun, die Leutinger sich zu
Vorbildern
3
Unweit der mecklenburgischen Grenze liegt nun solch' ein Städt¬ was namentlich Aussehen und Comfort anbelangt, dennoch aber berühmt und unvergeffen dem Geschichtsfreunde. Es ist Neu-Ruppin, das man per Dampf, über Neustadt an der
wählte, und in deren Nachahmung er so weit geht, daß er manche Reden, die Jene bei Begebenheiten in der griechischen und römischen Geschichte halten lassen, in seine märkische Chronik aufnimmt, wenn er hier Vorgänge schildert, bei denen sie eben so gut hätten gehalten werden können. So ist es natürlich, daß bei Leutinger die Wahrheit der Schönheit die erste Stelle einräumen muß, seine Chronik daher als Geschichtsquelle einen geringeren Werth als die Engel'sche hat. Aber kein niärkischer Chronist giebt in so lesbarer, anmuthiger Form ein Bild von dem Entwickelungsgänge der Mark im 16. Jahrhundert, mit einem so klaren Blick für die Verhältnisse im Reiche, die Politik Frankreichs und der Pforte, das breite Treiben und Wogen der Refor¬ mation — Faktoren die sämmtlich von eingreifenden Folgen für die
— mit einem
chen, unbedeutend,
er
in
mit
für
gewiesen, den man jedoch leicht, ohne Schaden
Stelle
an¬
das Ganze, aus¬
Auch wird Leutinger durch seine weise Mäßigung, nur
sondern kann.
verstrickte.
Er behandelt nur
Neu-Ruppin bietet nur
Durch diese Pforte, deren Vorhandensein man trotz aller Vermauerung noch recht wohl zu erkennen vermag, eilte der junge, nun flügge gewordene königliche Aar hinaus, um mit den Lincamenten.
jenen unentwirrbaren Knäuel von Sage und Geschichte hineinzugerathen, sich
aber bei der
jegliches Schnörkelwerk oder Benutzung von Verzierungen und
ohne
die Geschichte des 16. Jahrhunderts schreiben zu wollen, davor gewahrt, in
in den Engel ihn umwehte,
Unregel¬
Gnaden aufgenommene
nicht ganz, und jenen hat
diese
dessen
Standpunkt hatte, und der von seinem gestrengen Herrn Vater in „Fritz", dem selbiges zuertheilt worden, oft von seinem Horste mußte niederstcigen, um nach dem Rechten zu sehen, damit nicht etwa bei der Specialrevue ein Hagel von Vor¬ würfen und Donnerwettern über sein jugendliches Haupt sich ergösse. In der alten, theilweise verwitterten und ziemlich hohen Stadt¬ mauer befand sich ein Pförtchen, im Style des Jahrhunderts,
so sicheren
einem zusammenhängenden Theile der Chronik ihre
denke
kindlicher Freude jubelnd begrüßt wurde»!
der Genauigkeit eines anatomischen Handbuches
Freilich übergeht er
zu behandeln.
und
insofern Interessantes, als das Regiment von Glascnapp dort seinen
graphische noch genealogische Auseinandersetzungen störend einzustreuen, oder Mißgeburten
das Steinpflaster
Einfahrt in das Thor nicht an die weithin berühmten Bilderbogen der Firnia „Kühn und Söhne" daselbst, welche den Geburtstags- und Weihnachtstisch in unserer Jugendzeit vielfach zierten, und von uns mit unverfälschter, Man
erreichen vermag.
Taktgefühl, das Wichtige vom Nichtigen zu sondern, und in sein Werk weder topo¬ märkische Geschichte waren,
alsdann in einem,
Dosse,
mäßigkeiten so recht zur Empfindung kommen lassenden Omnibus zu
eine Zeit, deren Hauch
gab Leutinger einzeln oder zu kleinen Gruppen vereinigt heraus, jedesmal
seines Regiments im sogenannten „Tempelgarteu" die in einem halb offenen Tempel zuzubringen. Der betreffende Garten ist in Wahrheit höchst malerisch, und namentlich überreich an durch Alter ehrwürdig gewordenen, herrlichen Bäumen. Der gegen¬ wärtige Besitzer — es ist ein Bruder des Malers Gen tz in Berlin — läßt es sich angelegen sein, so viel als irgend möglich, Alles beim Alten zu belassen. So enthält der bewußte Tempel noch das Ameublement aus jener Zeit, während der Garten zahlreiche Figuren aus Marmor oder Sandstein besitzt, die, oft vor dichtem Gebüsch und Laubwerk kaum gleich zu entdecken, das Zeitalter der Allongenperrücke und des Zopfes, in des Wortes verwegenster Bedeutung,
mit einer Dedication
verkünden.
Theil, durchlebt hatte. Und
die er selbst, wenigstens zum
in
Offizieren
Einzelnheiten nicht immer gleich zuverlässig ist, ein in frischen Farben entworfenes Bild des Lebens und Webens, Dichtens und Trachtens einer Zeit, in der so
giebt uns seine Chronik, wenn
sie auch
Abende
den
■
Staat. Wort über die Art der Abfassung der Leutinger'fchen Chronik. Sie umfaßt 30 Bücher, von denen zwei, das 19. u. 20., die schon oben erwähnten topographischen Mittheilungen behandeln, und das 30. eine außer dem Zusammenhange mit dem Ganzen stehende das Alte abgestreift und Alles neu wurde in Kirche und
Noch ein
Abhandlung über die Jülich-Klevesche Erbfolge enthält. Diese 30 Bücher an den oder jenen seiner Gönner, oder an eine
Nicht allzuweit davon liegt Rheinsbcrg, das der Dasselbe blieb bisher Grenzscheide noch näher gerückt ist. berührt von dem Treiben und Schwindelwcsen der Zeit, Eisenbahnprojckt ist durch den Bankerott einer Gesellschaft
Stadtgemeinde, um dafür ein, nach unseren Verhältnissen oft recht karges Geschenk zu empfangen. — Dieses Einzclerscheincn zerstreute die ohnedies nicht zahlreichen Exemplare der Chronik derart, daß man
im Anfange des 18. Jahrhunderts, wie ein Zeitgenosse es ausdrückt, eher den Stein der Weisen in den Küchen der Chemiker, als Leutinger's Werke auf den Bibliotheken hätte finden können. Da ist es denn ein schöner Beweis, wenn das Verlangen nach einer neuen Ausgabe
nebeneinander,
ist von dem, um die berlinische Geschichte hochverdienten Georg Gott¬ fried Küster besorgt, die andere von einem Leipziger Profeffor Krause.
umgab,
!
>
„Die Stätte, die ein guter Mensch betrat, Die ist geweiht für alle Zeiten." Göthe. Unsere
Mark, spöttisch einst
Reiches Streusandbüchse
des
heiligen römischen deutschen
geheißen, entbehrt doch nicht gänzlich aller
Reize, namentlich aber einer äußeren Romantik oder gar historischer
Denkwürdigkeiten nicht. und
An Letzteren besonders herrscht kein Mangel,
nur ein achtloser Wanderer schreitet daran vorüber.
seine
Schwingeir
großer König, Friedrich
(Fortsetzung folgt.)
Von K. fllojcn.
un¬
zu Wasser
äußerst fried¬
man Rheinsberg je in den Mund nehmen, wenn eben nicht ein junger königlicher Aar, von der väterlichen Strenge minder bedrückt, weniger von perfiden Creaturen umgeben, in dem hart an einem Sec belegenen Schlosse, das ein umfangreicher, Herrlich-schöner Park
Sammlung zwei Männer, unabhängig 1729 die bis dahin in alle Gegenden Deutschlands zerstreuten Abschnitte sammelten und herausgaben. Die eine Ausgabe
Versuche zur Herstellung dieser
Aufgefunden bei einer Wanderung durch die brandenbnrgischen Marken.
seinen etwa dreitausend
noch
selbst ein
liebenden Bewohnern, hat dafür seine stattlich im Grün prangenden Kastanicnalleen behalten, welche sowohl dem Markte, wie auch dem Triangelplatze zu Nutz und Frommen gereichen. Schwerlich würde
seiner Werke so rege wurde, daß nach dem Scheitern einiger früheren
Der Horst eines jungen königlichen Aar's.
Rheinsberg mit
geworden.
genannten
II,
der
Sonne
entgegentrug.
Preußens
der nachherige Philosoph und Held des
siebenjährigen Krieges, verlebte hier in ungezwungenster Weise, in echt französischer Lebensart seine glücklichsten, ungetrübtesten Jahre.
Friedrich Wilhelm
I., vielleicht von
etlichen Gewissensscrupeln heim¬
gesucht, besonders aber wohl dadurch hoch erfreut und beglückt, sein
„Fritz"
Querelen" einem
die ihm ausgesuchte
aus seiner
Braut, wohl
daß
oder übel und „ohne viel
väterlichen Hand entgegennahm,
zeigte
mit
Male eine ungewohnte Freigebigkeit — Etwas, was man früher
alten-, wunderlichen Herrn wahrgenommen hatte. Im Jahre 1734 wies der gestrenge Herr Papa seinem „Fritz" Rheins¬
nie an den,
berg sammt Park und Zugehörigem an, und zwar
für für
mit
dem ausdrück¬
Arbeite» Regierungslaufbahn — aber auch nur solche, — der Sorge sein Regiment, und speciell mit der Gartenkultur und der Feder-
lichen Vorbehalt, daß seine
„Fritz"
sich,
außer wissenschaftlichen
4
Zum Zeichen, daß letzteres Beides
Viehzucht zu beschäftigen habe.
sollten Proben zu jeder Jahreszeit an die königliche Küche
geschehe,
zu
Berlin prompt abgeliefert
in
dem
werden.
„Er
wolle sehen," heißt
„ob Fritz ein tüchtiger Mann
betreffenden Schreiben,
|
!
j
sonst
frei von jedweder Ziegelbedachung,
!
da
!
uns in der historischen
Denkstätten, und beeile sich, je eher je lieber, alte Zeichen daran zu tilgen. Am Rheinsberger Schlosse kann man leider das mit vollem Recht und gläubiger Ueberzeugung aussprechen.
!
j
j
Die Thürme, plump jetzt nicht nur die ja
Nischen und den pausbäckigen Amoretten darin,
Thürfüllungen sind
mannigfachsten
Art umgeben;
Anblick
gewähren
besetzt sind,
dem Vermuthen nach
richtete er
sich
seinen
„Horst" ein, um an
zu
der
sein.
„Dolce far niente“
sich
hinzugeben.
(Mit Abbildung auf S.
!
!
Als
liebsame zu entfernen), war er so befriedigt von Allem, was er sah, daß er eine Anweisung ans fünfzigtausend Thaler hinterließ, um
Schloß wie Park mit den längst schon angeregten, bis dahin aber stets abschläglich beschiedenen Erweiterungen und Verschönerungen zu versehen.
Der Eingang zum Park, von der sogenannten alten RuppinerSanssouci: ein Salon, dem eine offene Halle sich anschließt, fesselt zunächst den Blick; hier in diesen Räumen wurden Souper's und Diner's gegeben. Ein prachtvoller, mit Blumen und Anlagen aller Art geschmückter Platz hält das Auge momentan gebannt. Marmorfiguren, die vier Jahreszeiten ver¬ straße aus, gleicht demjenigen zu
sinnbildlichend, zieren den saftig-grünen Rasen; eine schöne und breite, vor allen Dingen prächtig schattige Allee führt zu einer Grotte, der Egeria geweiht. Die Statue und der Muschelschmuck sind ver¬ schwunden, der sprudelnde Quell ist längst versiegt.
Ein längerer Aufenthalt stimmt zur Melancholie, die alsdann bald einer elegischen Stimmung weicht. Wohl erhalten ist die Sphvnrtreppe, von der
vorbenannten Hauses läßt
Dieser, um die Baukunst auch in Berlin hochverdiente Mann
sah
er
Geschichte des
Angaben, errichten ließ. wurde 17760 in Paris geboren.
trefflich
nun in höchsteigener Person unverhofft seinem Fritz einen Besuch abstattete und glücklicherweise nichts ihm Anstößiges vorfand (man hatte hier schon dafür gesorgt, alles Ungespeist zu haben.
•*).)
letzten Regierungsjahre des großen Kurfürsten
prachtvolle saftige Früchte; ferner: fette Tauben, Enten, Hühner,
Man
— ist stark dem
sich bis in die hinauf verfolgen. Da¬ mals gehörte das Grundstück, dessen Gartenland sich längs des Fahr¬ weges zur Stadtmauer (die jetzige Parochialstraße) bis zum soge¬ nannten Bullenwinkel erstreckte, dem Ober-Empfänger Cantius. Gegenüber, an der anderen Seite des Fahrweges (wo seit dem Jahre 1703 die Parochialkirche sich erhebt), lag das Besitzthum Kunkel's, des berühmtesten Chemikers seiner Zeit. Die Häuserreihe in der jetzigen Klosterstraße, und zwar am grauen Kloster bis zur Stralauerstraße — also mit Einschluß des vorbezeichneten Hauses — führte damals die Benennung „Neben dem grauen Kloster", während die gegenüber gelegene „Gegen dem grauen Kloster" hieß. Nach Cantius' Tode heirathete die Wittwe desselben den Hofrath Rademacher, welcher das alte Gebäude niederreißen, und in den Jahren 1701 bis 1704 das gegenwärtige, nach Johann v. Bodt's
Die
er eine
einem Donnerwetter dazwischen gefahren wäre, und zum Dessert die
so
II.,
Das ehemalige podewils'sche Palais in Berlin. sLlosterüraße Nr. 68.)
Schaar Geister und berühmter Zeitgenossen an seinem prinzlichen Hof, die, bis ans wenige Auserwählte und Erkorene, bis zu seinem Regierungsantritt, im Jahre 1740, mit ihm ftohe und heitere Tage verlebten, dann aber in alle vier Winde auseinanderstieben , als der Königsaar seinen Horst verließ. „Die Possen haben nun ein Ende!" Der berühmte Ausruf des jungen Herrschers dröhnte gewaltig in manches Ohr, und warnte frühzeitig vor bitterer Enttäuschung. Daniit nun aber der gestrenge Herr Papa auch keine Ursache zur Unzufriedenheit habe, wurde eifrigst Gartenkultur und Federvieh,zucht betrieben, denn sonst wäre es leicht möglich gewesen, daß er mit
Gänse, Kapaunen und recht feist gemästete Truthühner. dem alten Herrn bei der Tafel das selige Behagen an,
mit
(Schluß folgt.)
Seite seiner jungen,
„Federfuchser", unter Beihilfe seines wuchtigen Bambus, zu allen Teufeln gejagt hätte. Vortrefflich mundeten dem darob hocherfreuten Monarchen die als Probe eingesandten Produkte von Fritzen's landwirthschastlicher Thätigkeit. Da gab cs exquisite Gemüsearten und
stark
Verfall nahe.
Behaglich
Bald sammelte
Dächer
stämmigen Eichen.
vom Bruder Friedrichs
inmitten — eine Verlängerung der Hauptallee vorstellend,
sehr befangenen und nichts weniger als geistreichen Gemahlin einem
süßen
deren
der sogenannten Krähenberge erbaut
dem Prinzen Heinrich,
selbst
dem
Aufsicht und Zuchtruthe enthoben
Pavillons,
die
zwischen den dicht belaubten,
beklext zu werden, nicht entronnen.
väterlichen
viele Musen und Götter-
noch
bilder lugen aus dem Blumen- oder Blüthendickicht hervor. Im Park und seinen Anlagen haben die nachfolgenden Besitznehmer sich fast gar keine Aenderungen gestattet — eine heilige Scheu hielt sie hiervon ab. Wäre eine solche ihnen lieber bei den inneren Ein¬ richtungen des Schlosses überkommen, es wäre besser gewesen! Einen
Ein Leuchtthurm,
Verhängniß, mit besagter Schmutzfarbe Es giebt eben Dinge, über die man am besten schweigt, will man nicht das Aergste sagen. — Der junge Aar mit dem Sonnenblick war überglücklich, der
die
der
Moos
Wände, sondern selbst die Sandsteinsäulen; die Verbindungskolonnade
mit ihren
der
Blumenbosquets, überreich an wohlgezogenen Stockrosen, zur gewissen Einige koloffale Vasenungethüme sind von Blumenfeldern Zierde.
eigenen
sehen entsetzlich
hernieder; eine widerliche, schmutzgraue Farbe bedeckt
und Daphne,
|
Knobelsmachen,
Apollo Andere,
es
ge-
worden sei."
Bon der ursprünglichen Schloßgestalt, wie solche dorff ausführte, ist nur geringe Spur ausfindig zu Alles einen modernen Anstrich erhalten hat. Es dünket That öfters, als habe die Nachwelt eine Scheu vor
Eine Anzahl Marmorgruppen, wie Raub der Proserpina und noch viele zwar etwas verstümmelt, gereichen doch noch immer den
Tannenallee malerisch begrenzt.
!
!
!
!
!
er heimlich
das elterliche
Als 16jähriger Jüngling verließ Haus, um den, nach dem Widerruf des
Edikts von Nantes über die protestantischen Glaubensgenossen herein¬ brechenden Verfolgungen zu entgehen. Als Capitain der Artillerie und des Ingenieur-Corps begleitete er den Prinzen von Oranten nach England, wo er sich namentlich tu der Schlacht am Boynefluß auszeichnete, und demnächst das Patent eines Engeneer of the Tower erhielt. Nachdem er in London, auf Verlangen des Parla¬ ments, den Bauplan zu dem schönen Schlosse von Whitehall ent¬ worfen, berief ihn Kurfürst Friedrich III. von Brandenburg (nach¬ malige König Friedrich I.), welcher jenen Plan gesehen, 1698, mit Genehmigung des Königs von England, als Hofbaumeister in seine Dienste. Zum Kammerjunker ernannt, erhielt Bodt eine Conrpagnie der Garde, die Jnspection der Civil- und Militair-Gebäude, und die Aufsicht über die Schlösser zu Potsdam, Caput, Glinicke, Bomheim und Fahrland.
Sein
erstes
Werk war die Vollendung des Zeug¬
hauses, dem er, nach Schlüter's Entsetzung,
seine heutige Gestalt Schloßbau zu Potsdam, dessen Portal mit der Kuppel sein eigentlichstes Werk ist. Im Jahre 1706 zum Chef der Artillerie ernannt, sandte ihn der König nach Wesel,
gab.
Eben
so
vollendete er
den
um die dortigen Festungswerke in Stand zu setzen, und erhob ihn
5 zum Kommandanten der Citadelle.
Dann im Jahre
1715
zum
Generalmajor, und 1719 zum Kommandanten der Stadt und Festung Wesel ernannt, nahm und erhielt v. Bodt 1728 seinen Abschied, weil der aus holländischen in preußische Dienste getretene Oberst Wallrabe, bei den Angaben zur Befestigung Magdeburgs, mehr Gehör
Am 4. Januar 1745 endete der hochverdiente Mann, als General der Infanterie und Gouverneur der Neustadt, in Dresden seine irdische Laufbahn. Nach seinem Entwürfe wurde »och das Johanniter-Ordens-, jetzige Palais des Prinzen Karl, am Ziethenfand.
Platz, 1739 vollendet.
Das
Haus Nr. 68 in der Kloster¬ in seiner 1756 herausgegebenen Chronik, als und geräumigste auf dieser Seite der Straße, mit einem
nach seinen Angaben erbaute
straße bezeichnet Küster,
das schönste sauberen
modernen
Portal, vier - jonischen Pilastern Treppe.
Die Frau
des
und
einer
dauerhaften,
Hofraths Christian Rademacher
-; 1749, die Podewils'schen Erben: Frau Präsidentin von Fuchs und Frau von Haeseler, beide geborene von Podewils. Im Jahre 1761, am 11. September, gelangte das Grundstück für 18,600 Thlr. in den Besitz des Amtmanns Fiedler, und in der Subhastation, am 27. Juli 1763, für 10,050 Thlr. an den Kauf¬ mann und Colonic-Bürger de Comblc. Von diesem erwarb es, 1786, der Lieferant Jacques Huot für 20,000 Thaler. Als demnächstiger Besitzer, seit dem Jahre 1803, tritt der Juwelier Brendel auf, welcher die Kaufsumme von 30,000 Thalern zahlte.
Von
Kaufmann Brendel, erwarb das September 1856, für 80,000 Thlr.; hieraus der Kaufmann Wolff, genannt Paradies, dessen
Nachfolger,
dem
Grundstück der Kaufmann Loewenherz, am 27.
am 3.
April 1873, für 185,000 Thlr., und
endlich der hiesige
Das ehemalige Podewils'sche Palais in Berlin.
hatte ihren Gatten zum Universal-Erben eingesetzt, welcher nach ihrem Tode
das
ansehnliche
dem Gesimse,
Haus von
mit vergoldeten,
drei
römischen
Stock erbauen, und unter Buchstaben
die
Inschrift
Magistrat, seit 215,000 Thlr».
Mit
Dezember
1874,
tritt
wenigen Veränderungen
Palais in
uns
wils'sche
Oonjugi dum viveret optima«, ei post pia fata desideratissimae Catharinae Crelliae, Sibi Amoris, Honoris et Gratitudinis Momentum posuit. C. Rademacher. Seine zweite Frau, Karoline Marie Miezen, verheirathete sich nach seinem Tode mit dem General-Lieutenant und Gouverneur von Peiz, Andre du Veyne. Um diese Zeit (1728) ist der Werth des Grundstücks auf 8000 Thlr. angegeben. Von den Erben du Veyne's erwarb dasselbe im Jahre 1732, für die Summe von 12,000 Thlrn., der Wirkliche Geheime Kriegs-, Etats- und Kabinets-Minister, Graf Heinrich v. Podewils, welcher
Parterre-Gemächer zur Linken, beim
Januar
das
Eintritt in
Kaufsumme
von
ehemalige Pode-
Die
den weiten Treppen-
slur, enthalten noch den dekorativen Wandschmuck der Staffelei (Del-) Gemälde, die von der Hand des berühmten Antoine Pesne her¬ rühren sollen. Aus diese, so wie auf die beiden Büsten des Treppen¬
flures u. A. m. hatten richtet,
doch
sich
die Blicke
wurde der bereits
eines deutschen Fürsten ge¬
abgeschlossene
Kauf, auf
energischen
Einspruch des Magistrats, wieder rückgängig gemacht. Rechter Hand
sind
neuerdings
die
Bureaur
der
Städtischen
Sparkasse etablirt, während über denselben, im ersten Stockwerk, das
Märkische Provinzial-Museum
mit
seinen bereits reichhaltigen Samm¬
lungen der baldigsten Eröffnung entgegensieht.
eine stattliche Erneuerung des Hauses vornehmen ließ.
eine
seiner ursprünglichen Gestalt vor Augen.
anbringen ließ:
Die demnächstigen Besitzer desselben waren, seit dem 27.
gegen
F. Meyer.
6
H. Die Sage von der Katzensteg'schen Mühle.
Nederlausitzische Zagen, Märchen und Legenden. Aus dem Volksmunde für das Märkische Museum gesammelt,'
Dicht bei dem Dorfe Leipe im Spreewalde lag ftüher die Katzen¬ Mühle, von der folgende Sage geht. Vor ungefähr 50—60 Jahren, hieß es im Volksmunde, trieben dort böse Geister ihr un¬ heimliches Wesen; denn seit einiger Zeit schon, um Mitternacht, erhob Speetakel, der sich in Poltern und sich Tag für Tag ein furchtbarer Katzengeschrei äußerte, so daß die Leute ganz um den Schlaf kamen. Sie wandten alle mögliche Mühe an, um diesen Spuk zu vertreiben, steg'sche
von jllcranäer itaßcimu in Vetschau.
Mit Einleitung
und
Anmerkungen
von Ernst Fricäck.
(Vergl. Catalog XIl.: Handschriften, Manuseript Nr. 140.) (Mir gütiger Erlaubniß der Direktion abgedruckt.)
Die nachstehenden Sagen und Erzählungen hat Herr
Alerander
half nichts, und die Mühle wurde bald von ihren Bewohnern Da eines Tages kam ein reisender Scharftichter an der Mühle vorbei, dem dieses seltsame Treiben mitgetheilt wurde. Dieser meinte: „Da will ich bald helfen!" und wie gesagt, so gethan. Er begab sich Nachts in die Mühle, und stellte in das größte Zimmer derselben einen Tisch sowie zwei Leuchter mit brennenden Kerzen darauf. Dann machte er einen großen Kreis um den Tisch, und setzte sich auf aber es
Rabenau in seiner Vaterstadt Vetschau, Kreis Ealau, gesammelt. Ihn be¬
verlassen.
fähigte zur Anlegung derartiger Sammlungen, die nunmehr gegen 700 Nummern zählen, anzulegen, außer einem natürlichen Gefühl und der Vor¬ liebe für das Volkstümliche, vor Allem auch die Kenntniß desWendischen.
Vor
den Deutsche»
hat
sich
die Scheu der Wenden,
namentlich im
weiblichen Geschlecht, noch immer nicht ganz verloren; wer die Wenden aber in ihrer heimathlichen Mundart anzureden versteht, dem wird Manches anvertraut, was man auf deutsche Vorsprache nicht erfährt.
einen
vor
Wer den Kirchgang in Vetschau, Burg oder Cottbus mit angesehen, wer
und
noch
den
vorhandenen,
jetzt
nationaler Trachten dabei gemustert hat, der muß
in
Reichthum
erstaunlichen
sich sagen, daß da,
,
Stuhl in
sich
auf
die
Mitte
dieses Kreises, legte auch ein scharfes Messer
Alle Wächter Stunde, als auf einmal ein
be» Tisch, und begann seine Beschwörungen.
der Umgegend bliesen die zwölfte
furchtbares Poltern und Katzengeschrei entstand. Eine Menge dieser Thiere von allen Farbe» kamen zur Thür herein, gingen aber nur
wo der sonst Alles gleichmachenden Mode noch so urkrästig Widerstand geleistet wird, noch manche Erinnerungen aus der Vorzeit haften, und
bis zu der Stelle, wo der Kreis anfing, und erhuben dann ein jammer¬ volles Geschrei. Mitunter auch wurde eine Stimme laut, welche leise
manche Erscheinungen gefunden werden müssen, die erweisen, wie der
„Geh Du hinüber, geh Du hinüber!" aber keine der Katzen Endlich nahte sich eine alte dicke Katze sich über den Strich. mit in den Kreis hinein. Da hieb der Scharf¬ ihrer Pfote und langte richter mit seinem Messer nach derselben und traf die Pfote dergestalt, Plötzlich zerstob die ganze Gesellschaft mit großem daß sie blutete. Am andern Tage hieß Geschrei, und es wurde still in der Mühle. es in der Umgegend, die Frau Amtmann vom nächsten Dorfe habe Die Leute wußten aber eine kranke Hand, sie hätte sich geschnitten. gar wohl, was ihr fehlte: sie war eine Here, und hatte mit den ander» Frauen der Umgegend allnächtlich ihr Wesen in der Mühle. sagte:
alte wendische Volksgeist noch fortlebt und fortzeugt. Aber auch Sind sie gernianische Anklänge finden sich in den Sagen vielfach. hier zu, gekommen, oder trifft auch init den Deutschen in's Land was
Kuhn
und
Schwartz
(besonders
der Letztere)
so
wagte
scharfsinnig
sich das alte Germanenthum versprengt unter dem Slaventhum von der Urzeit her erhalten? Oder muß man gar in die indogermanische Urzeit, wenigstens in eine Völkerschichtung zurück¬ greifen, wo im fernen Osten Germanen und Slaven noch unge¬ trennt waren und aus Einer Volksseele empfanden und wiedergaben? — Das Hauptwerk für die Ueberlieferungen der Gegend ist Karl Haupt's vortreffliches Sagenbuch der Lausitz (2 Theile, Leipzig 1862), aber die Umgegend Vetschan's und die'Stadt selbst ist darin
aufgespürt, wie
wenig bedacht,
Rabenau'schen Er¬
insbesondere fehlen dort die
zählungen.
I. Die Sage
von der Todten-Christnacht.
;
!
von den in Katzen verwandelten Hexen ist weit Erzählung hörte ich in Sylt, als vor Eine ähnliche verbreitet. wenigen Jahren daselbst auf der Braderuper Haide einem jungen Matrosen passirt. Er hieb mit dem Messer einer der Katzen, die ihn umschwärmten, in die Pfote. Nach einigen Wochen fand er in Rotterdam seine Stubenwirthin mit verbundener Hand.
A ii m. Der Glaube
In
sie
einem Dörfchen bei Lübbenau war einer Frau, als hörte Glockengeläute, und zwar in der Nacht vom Weihnachtheiligen¬
Sie stand aus ihrem Bette auf und kleidete in die Christnacht zu Da fiel der Frau auf, daß sich noch Niemand iui Dorfe regte, Die Frau dachte bei sich: „Na, heut' bist du die Erste."
III.
abend zum ersten Feiertag. sich
an, um,
geheil.
und
sie
wie
sie sich
giirg also in die Kirche. In derselben war zwar Alles erleuchtet, aber Sie sah in den Bänken sehr viele Männer, es brannte kein Licht. Frauen und Kinder sitzen, und auch ihre kürzlich verstorbene Nachbarin, welche, als die Frau sich ebenfalls in eine Bank setzen wollte, zu ihr sagte: „Was willst Du denn hier? geh Deiner Wege, sonst wird es nicht gut;
Da ging Ein Uhr.
hier halten heut nur die Todten Christnacht." aus der Kirche, und vom Thurme schlug
es
die
Frau
A um. Tie Sage von dem Kirchenfest der Todten geht durch ganz Vgl. die Todtenmesse zu Wesenberg, bei Kuhn und Schwartz „Nordd. Sagen S. 5 und 467. — Müllenhofs Schlesw.Holstein. Sagen Nr. 232. 233. Wolf Niederländ. Sagen 581. Grimm D. S. 175. Bechstein Thüring. S. III. S. 135." Ge¬ wöhnlich entgeht die Besucherin großer Gefahr.
Gerade beim Heraus¬
treten schlägt die Kirchenthür zu und ein Zipfel des Tuches
verloren, der, von Todten in kleine Stückchen zerfetzt,
dem Dorfe Reuden bei Calau wohnte zu Anfang dieses Jahr¬
hunderts ein Schäfer mit seiner Frau, von dem die Leute des Dorfes behaupteten, daß er den Drachen in seinem Hause beherbergte. Einst wurden beide Eheleute zu einer Kindtanfe eingeladen, und beauftragten
Magd, daß wenn sie voni Hause fort seien, sie auf den Boden gehen und um die Mittagszeit einen Topf mit Milchhirse in eine Tonne, die sie der Magd näher bezeichneten, stellen sollte. Die Magd die
aber hatte eine Liebschaft
mit
dem Schäferknecht, welcher sie beredete, daß
Milchhirse allein essen wollten, und daß es ganz gleich wäre, ob mit Hirse oder ein Tops mit Wasser in die Tonne gestellt Die Mittagsstunde schlug, und die Magd begab sich auf den werde. Boden mit einem Topf Wasser. Sie goß das Waffer in die Tonne, sie die
ein Topf
Deutschland.
Tage gefunden wird.
In
vorgenommen hatte,
Die Sage von dem Drachen des Schäfers zu Reuden bei Calau.
geht
aber zu ihrem Schrecken sprang schwarzes
krachte.
in
demselben Augenblick ein großes,
fuhr zum Dache hinaus, daß Alles Genau zu derselben Zeit, als dies in dem Hause der beiden
Thier aus
derselben und
Eheleute geschah, wurden dieselben an dem Tisch, wo sie beinr Schmause saßen, in den Gesichtern ganz schwarz; sie gingen erschrocken nach Hause, um den Verlust des
Gelddrachens für immer
zu beklagen.
am nächsten
Anm. DerDraak(Drache) und der Kobold sind zumeist identisch;
es
ist der Spiritus familiaris Dessen, der sich, um reich zu werden, dein Bösen ergeben. Der Kobold nimmt schlechte Behandlung, namentlich ungehöriges Essen, in der Regel sehr übel, und läßt es dem Bauer derartig entgelten, daß er mitunter an den Bettelstab kommt.
IV. Die Sage Auf
von dem
Irrlicht
bei Raddusch.
dem Wege vom Spreewalde nach Raddusch wurde ein
Mann
von der Finsterniß überrascht, so daß er den rechten Weg verfehlte. Da sah er in der Ferne ein Licht und ging darauf zu, aber dieses
Da
Licht blendete sehr und verführte ihn ganz. dem Licht,
in welchem
er ein sogenanntes
sprach der
Irrlicht
will Dich dafür bezahlen."
mich nach Hause, ich
Mann zu
„Führe Das Jrrlichtchen Der Mann aber
erkannte:
ging mit und brachte ihn nach feiner Wohnung. trat in sein Haus, machte die Thüre zu und gab dem Lichtchen kein Geld. Da klopfte es bald an diesen,, bald an jenem Fenster und
Nun öffnete der Mann ein Fenster, nahm eine Holzkelle, legte einen Dreier darauf und reichte denselben zum Fenster hinaus. Als der Mann seine Kelle zurückzog und bei Licht besah, war sie ganz versengt, der Dreier aber in einen kleinen Holzhaufen gefallen. Das Irrlicht wühlte nun in dem Haufen herum, daß der Mann es drinnen hörte, bis es das Geldstück gefunden hatte. ließ den Bewohnern keine Ruhe.
An m. Die Irrlichter sind verwunschene Seelen, die herumspuken, ohne Ruh', zur Strafe ewig glühend. Wer ihre ausgestreckte Hand er¬ greift,
Drum hält
dem Wehe!
hin, und der zeigt
sich
der
Vorsichtige ihnen einen Stock
nachher als von dein glühenden Händedruck
wie jene Holzkelle. Auch dem Pfarrer aus Rauen Fürstcnwalde wurde von Lichtcrmännchen redlich heimgeleuchtet.
versengt,
bei
Er
mußte ihnen aber ein Trinkgeld
vom Wagen werfen, worauf sic (Nordd. Sagen verschwanden. Nr. 88.) Die Lichtermännchen sind also nicht immer trügerische Irrlichter.
V. Die
mit klagender Geberde an der Brücke sitzt und, Leute dort vorbeigehen, verschwindet, hernach aber den Vor¬ sowie die übergehenden aufhockt, so daß die Leute eine schwere Last zu tragen erschienen, die
Die also Geplagten sind froh, wenn Dorfes erreichen, wo der Spuk verschwindet. haben.
Anm. Die Sage von sie
denn schon
sie
die ersten Häuser des
eine
weit nach Asien, wie Nacht" vorkommt. Bald sind es
liebliche Gestalten, bald Unholde, bald Thiere, die aufhocken. Vorstehendes bezieht
sich auch
VI. Die Bei
dem
Die Sage von dem Begräbniß des Wendenkönigs auf dem Freiberge bei Ogroscn.
Es wird erzählt, daß der letzte der Wendenkönige, als derselbe von seinen Getreuen oben auf der höchsten Bergesspitze drei Särgen, wovon der eine aus Eichenholz, der zweite aus Zinn in und der dritte aus Silber gefertigt wäre, begraben worden sei, und daß bis heute noch Niemand diese Stelle aufgefunden habe. Ferner wird von den Frcibergen berichtet, daß dort der Schatz dieses Wendengestorben,
königs vergraben liege. gerade
in
der
Vor ungefähr 30 Jahren ging ein Arbeiter
Mittagsstunde
nach
den
Freibergen, um dort weißen
Sand zu holen. Wie er so fleißig grub, erblickte er auf einmal eine Braupfannc, mit Geld angefüllt, vor sich. Darüber erschrocken, sagte er ziemlich laut: „Weiß der Teufel, so viel Geld habe ich in meinem Leben noch nicht gesehen!" Kaum waren diese Worte gesprochen, als auch der Schatz verschwand. Es war der erste Mann, von welchem in diesem Jahrhundert der Schatz gesehen wurde, der auf feine baldige Hebung wartet. Ferner geht die Sage, daß über¬ haupt in dortiger Umgegend böse Wesen hausen. Vor ungefähr 30 Jahren starb der Graf Lynar zu Ogroscn und wurde am dritten Tage begraben. Noch am Abend desselben Tages fuhr ein Bauer aus diesem Dorfe, der in Vetschau zu Markt gewesen und sich ver¬ spätet hatte, an dem Kreuzweg, der uach den Freibergcn die Mitternachtsstunde vorbei, als auf einmal der todte
führt, um Graf auf
einem
schwarzen, schnaubenden Pferde vorbei geritten kam. Nicht allein der Bauer, sondern auch seine Tochter und alle übrigen Leute versicherten einstimmig, diese Erscheinung gesehen zu haben, und daß
vollständig nüchtern gewesen seien.
sie
Sagengebieten mehrfach beibringen.
VIII.
Das dreibeiuige Pferd in der Eichower Haide.
Es geht die Sage, daß in der Forst von Eichow, auf dem von Zeit zu Zeit ein Schimmel, nur drei Beine hat, sich blicken lasse. Diese Erscheinung ist von
Wege von Eichow nach Weissagk, der
mehreren Personen, welche noch jetzt leben, deutlich gesehen worden, und sie versichern, daß sie jede Stunde bereit feien, diese Aussage zu be¬
den Aufhockern geht bis
in „Tausend und
VII.
Anm. Für das Begräbniß des Wendenkönigs, die Schatzsagc, den Reiter auf schwarzem Roß, lassen sich Parallelen aus rein deutschen
weiße Frau bei Stradow.
Auf der Stradower Brücke ist cs auch nicht richtig, wie die Bewohner des Dorfes versichern; denn dort ist schon Vielen eine weiße Frau
Vergl. E. Friedet: Der Uglei. Zur Kunde des Ostholsteinschen Seegebiets. Zeitschrift für Ethnologie. Bd.II. 1870. S.210.
Eutin.
Noch vor 30 Jahren wurde dieser dreibeinige Schimmel von einer Frau mit ihrer Tochter gesehen, wie derselbe wenige Schritte
schwören.
an ihnen vorüberzog. Es soll dies, nach der Versicherung der um¬ wohnenden Leute, ein böser Gutsbesitzer von Eichow gewesen sein, der die Leute sehr gemartert und geplagt hat, und dafür zur Strafe nach
auf Sage X.
versunkene Schänke.
seinem Tode umgehen muß.
Dorfe Eichow befindet
kleinen Wäldchen,
sich ein Wasserloch in einem dicht an dem alten Babower Wege. Im Volks¬
Anm. Das dreibeinige Pferd spukt an
getanzt, als ein starkes Gewitter heraufzog.
vielen Orten, z. B. in in den Straßen Nachts gesehen. Dgl. die Vorstellung von den kopflosen Männern. In Cöpenick versicherte mir im Jahre 1871 ein Schiffer, wie er auf der Brücke, über die man von Cöpenick nach Bellevue geht, einen kopflosen Mann habe über
dadurch nicht stören, und statt
das Geländer lehnen sehen.
mund heißt es, daß in diesem Wasferloch eine Schänke mitsammt ihren Bewohnem und Gästen versunken sei. Es wird darüber Folgendes
berichtet:
es
Dort hatten
flott weiter.
an einem Feiertage junge Bursche und Mädchen
Die Leutchen ließen sich in ihrem Tanze inne zu halten, ging Plötzlich schlug der Blitz in das Haus; mit donner¬
ähnlichem Gekrache versank die Schänke nebst allen Menschen, wurde daraus dieses Wasferloch.
Cöpenick, wo es alte Leute
Vorstehendes bezieht
sich auch
aus Sage
IX.
und
IX. Die Männer
ohne
Kopf in der Eichower Forst.
eitzlsame'Waldseen und Wiesenlachen knüpft sich die Sage von versunkenen Schlössern, Häusern u. Meist werden Gott¬ s. w.
Ferner ist in der Forst zu Eichow, in dem sogenannten ZabeltitzGarten, den Holzlesern und andern Personen vielerlei Spuk begegnet. Es gingen vor einiger Zeit drei junge Burschen in diesen Forst, um
lose, bei Entstehung derselben (wie in Sodom und Gemorrha) vernichtet, nicht selten aber Unschuldige dabei gerettet, wie im Uglei-See bei
dort Haselnüsse zu pflücken. Wie sie in der besten Arbeit sind, sehen sie zu ihrem nicht geringen Schrecken drei Männer ohne Köpfe, einer
Anm. An
8
den andern schrocken,
krampfhaft festhaltend, auf
sich
zukommen.
Furchtbar
er¬
ergriffen die jungen Leute die Flucht.
!
!
VIII.
Siehe Anmerkung zu Sage
X. Die Aufhocker bei Vetschau.
z
In der Gegend von Müschen und Burg sollen vor grauen Zeiten, als die Gegend noch von heidnischen Slaven bevölkert war, großartige Verehrungsstätten ihrer Götter sich befunden haben, und die verzauberten Götter, wie sich in dortiger Gegend die Landlcute erzählen, noch an gewissen Tagen ihr Wesen dort treiben, und in verschiedenen Gestalten gar Manchem erschienen sein. Vor etlichen Jahren ritt ein Student zur Nachtzeit von Burg nach Vetschau,
und mußte diese berüchtigte
Kaum war der¬ selbe auf der Brücke angelangt, so sprang eine verschleierte Dame von Er hatte sich noch nicht blendender Schönheit vorn auf das Pferd. recht von seinem Schrecken erholt, als er einen Ruck verspürte und hinten auch Etwas sich bewegte. Beim Umblicken schaute ihn ein
Stelle, wo
sich
jetzt eine Brücke befindet, passiren.
Das Pferd bäumte sich, der nicht Stelle zu bringen. Dem war von fing an zu schnauben und und vom Schrecken übermannt, Berge, Studenten standen die Haare zu sprang er vom Pferde. Am andern Tage schwur er hoch und theuer, Und so sind in verschiedenen Ge¬ daß dies die reine Wahrheit sei. stalten viele Erscheinungen den dortigen Bewohnern der Umgegend vor
mit feurigen Augen an.
großes Schwein
_
Augen getreten.
Siehe Anmerkung zu Sage V.
XI. Die Sage in
In
Lübbenauer Spreewald.
den Lübbenauer
Theilen
des
Spreewaldes, im sogenannten
Bürgerwald, befindet sich eine Stelle, von der seit undenklichen Zeiten erzählt wird, daß in ihre Grenzen der Geist des in früheren Zeiten übelberüchtigten Grasen Christian verbannt oder hineingebannt sei, und daß der Geist des Abgeschiedenen schon vielen Personen zu allen Zeiten
in verschiedenen Gestalten erschienen sei. Es werden darüber die fol¬ genden beiden Sagen mitgetheilt: Vor ungefähr 25 Jahren gingen drei Böttchergesellen, die jetzt noch leben, nach dem Lübbenauer Bürger¬ wald, um dort heimlich Reifstöcke abzuschneiden. Sie hatten sich an die Arbeit gemacht und wollten die Stöcke in Bündeln zusammenlegen, um dieselben in den Kahn zu tragen. Kaum hatte der eine junge
Mann das
erste
wind erhob, bäume
sich
so
Bund in
den
Kahn gelegt, als
sich
ein großer Wirbel¬
daß das Fahrzeug schwankte und die Aeste der Nadel¬
bogen und brachen.
Da kam ihn
doch ein leiser Schrecken
von ihrer Arbeit aussahen, stand vor ihnen ein Mann in einer längst entschwundenen Tracht, der mit funkelnden Augen sie Die Männer, darüber erschrocken, ergriffen die Flucht und anschaute.
an, und als
sie
versicherten, daß keine Macht der Erde sie bewegen würde, diesen
Ort
Auch ist der Fremde fast zu derselben Zeit zwei Mägden aus der Dubkomühle im Spreewalde erschienen. Beide waren von ihrer Herrschaft nach dem Busch geschickt worden, um dort Gras Es dauerte wohl den Mädchen zu lange, hier das zu schneiden.
wieder zu betreten.
winzige, dürre Gras zu schneiden, weshalb die eine sagte: „Ich werde mich nicht plagen und so oft bücken, ich gehe nach dem Verbannungs¬ platz, dort ist befferes Gras?' — Sie ging also hin, und fing dort emsig an zu schneiden,
gebracht hatte.
Da
so daß sie
bald eine große Hucke zusammen¬
dachte sie: jetzt
ist's genug! legte das Gras in
und band sich daffelbe aus den Rücken, um sich auf den Heimweg zu machen. Aber siehe da, auf einmal saß Etwas oben
ihr Tuch
auf ihrer GraShucke,
so daß die
Baum, wie
der Wachholdcr u. a. m.
XII. Spuk
In
in Vetschau.
Stadt Vetschau, auf dem alten Kirchhofe, der sich mitten in der Stadt befindet, ist am Charfreitag des Jahres 1830 der
zwei Männern
widerfahren.
Folgendes
Dieselben hatten
sich
ver¬
wählten daher den nächsten Weg, der ihre Schritte über den alten Kirchhof lenkte. Es mochte ungefähr 12 Uhr Nachts sein, als sie den Kirchhof be¬ traten. Kaum an der alten Kaplanei angelangt, stand plötzlich, wie aus der Erde gewachsen, ein schwarzer Hund vor ihnen. Der eine
spätet und wollten nach ihrer Wohnung gehen;
sie
von den jungen Männern ergreift die Flucht, der andere aber geht weiter und sieht, wie der Hund neben ihm herläuft und mit drohen¬
Er kommt bis
der Geberde ihn anschaut.
an die große Linde, dicht
an dem Gehöfte der Kaplanei, als plötzlich der Hund in einen Mann Rocke bekleidet, unbeweglich vor sich verwandelt, der, mit einem langen
Es war heller Mondschein, und der eine von den jungen Keiner Leuten hatte aus der Ferne Alles deutlich wahrgeuomme». in der Stadt von Beiden war betrunken gewesen oder als Schwindler bekannt; auch wollten sie nichts von einer Sinnestäuschung wissen, ihm steht.
in Wirklichkeit gesehen zu haben. Ferner giebt es in dortiger Stadt eine kleine Gasse, der neue Weg benannt, und wie der Volksmund versichert, treibt dort etwas Böses sein Wesen, so daß oft die Leute erschreckt worden sind. War zuweilen sondern behaupteten, Alles
von der Verbannung des Grafen Christian den
:
A n m. Hier blickt die Sage von den Bannforsten, d. h. den heiligen Hainen, die keine Art entweihen durfte, durch. Vergl. F. Grimm: Ausnehmenden Frevel Deutsche Myth. IV. Ausg. 1875. I. S. 59. übten jene Böttchergesellen, als sie Haselruthen schnitten, um Reifstöcke zu machen; denn die „Frau Haselin" ist ein besonders heiliger
Magd nicht im Stande war,
sich
von der Stelle zu bewegen, und sie beinahe im Morast versunken wäre. Endlich wurde es ihr leichter und sie konnte nach Hause gehen. Folge des erlittenen Schreckes erkrankte sie und verstarb nach zwei Tagen.
In
Jemand in später Mitternachtsstunde durch dieses Gäßchen gegangen, so hat er wohl Klagetöne vernommen, ähnlich dem Wimmern eines Kindes. Auch ist es vorgekommen, daß den Durchgehenden Etwas auf den Rücken gesprungen ist, und sie nicht eher davon befreit worden sind, als bis
sie
das Ende des neuen Weges erreicht hatten.
Wo heut das Perschke'sche Haus steht (auf dem Berge), ist früher ein großer Sandberg gewesen. Zur Zeit des Heidenthums hat aus diesem Berge, so berichtet die Sage, ein einsames Haus gestanden,
in welchem
die Geliebte eines der letzten Wendenfürsten ihren Wohn¬
Von diesem Hause soll bis nach dem Schloßberge zu Burg ein langer, unterirdischer Gang führen, den der Fürst allabend¬ lich benutzte, um seine Geliebte zu besuchen. Diese hatte nun zwei Kinder von dem Wendenfürsten, und als derselbe seine Versprechungen nicht erfüllte, brachte das Weib in einer Nacht die Kinder um, sitz
gehabt.
Als dies der welche sie dann, nach wendischer Sitte, verbrannte. Wendenfürst erfahren, erstach er im Zorn die Geliebte, und ließ sie mit allen ihren Kleinodien in diesem Hause oder in der Nähe des¬ Seit jener Zeit, so erzählt der Volksmund selben begraben. weiter, hat der Geist der Gemordeten keine Ruhe und treibt in dem Auch ist noch in den vierziger Jahren eine groß-
Hause sein Wesen.
artige Spukgeschichte in diesem Hause passirt, wobei Erscheinungen von Wendensürsten und ein Aschenregen eine große Rolle gespielt haben.
A n m. Der in Vetschau vorkommende schwarze Hund ist wohl identisch mit dem schwarzen Hund Morro mit feurigen Augen in der Umgegend von Cöpenick. Ein alter Mann sagte mir dort vor einigen Jahren, aber er könne mit einem heiligen Eide er sei nicht abergläubisch ,
betheuern,
Morro ihm den Weg auf der Chauffee Berlin vertreten, und ihn mit seinen feurigen
daß der Hund
zwischen Cöpenick und
Augen wie ein Gnidstein angeglotzt habe.
XIII, Die Luttchen in den Sandbergen bei Weissagt. In der Gegend von Weissagt sind einige Sandberge, woselbst noch Reste von vielen Urnenscherben gefunden
werden.
Bei näherer
sich, daß dort in früherer Zeit altheidnische Begräbnißstätten gewesen sind. Die Leute in der Gegend sagen, daß diese Berge einst von kleinen Menschen, den sogenannten Luttchen, bewohnt gewesen sind, und wie oft die alten Leute versichern, daß
Untersuchung ergießt
ihre Eltern und Groß-Eltern dieselben noch gesehen hätten, und daß sie überhaupt in innigem Verkehr mit den Menschen standen. Ferner erzählen sie, daß die Leute sehr arm, aber von großer Redlichkeit
ge¬
oft zu ihnen in das Dorf gekommen sind, und sich Brod und Milch, sowie verschiedenes Hausgeräth geborgt haben.
wesen, daß sie
Wenn die Luttchen ihre Feste feierten, haben sie sich bei den Dorf¬ bewohnern dazu ihre großen Kuchenschieber geborgt, und zuweilen etwas Gebäck, das immer sehr sandig gewesen ist, zum Dank da¬
für mitgebracht.
Aber
so
wie in
den
umliegenden Städten und
Kirchdörfern die Glocken angeschafft wurden, sind die Luttchen für immer verschwunden, denn das Glockengeläute ist den Unterirdischen überaus verhaßt.
Anm. Die Luttchen find die Ludki,
d. h. die kleinen Leute, die Zwerge
S. 45.)
(Haupt a. a. O.
der Wenden.
Sie wohnen in Hügeln,
da, wo sich Urnen finden. Solche Hügel heißen dann in der NiederLausitz Ludkowa gora, Ludkenberg, oder Ludkowa gorka, Ludkenhügel.
Im
Uebrigen ist ihr Charakter überall derselbe: gutmüthig, aber So geht es bis zum äußersten Westen Europas bis nach
reizbar.
Irland, wo,
Ort und Stelle überzeugt, tds good people, die guten Leutchen, noch heut so frisch leben, wie zur Zeit Brian Born's, des großen Königs der Milesier. wie ich mich 1874 an
Die Ueberschwemmung des Nondeels (Gelle-Ällianceplatz) in Gerlin, 1829. Es war im Frühjahr jenes Jahres, als der Landwehr-Kanal, Spree überfluthet, seine Wasser überall da ergoß, wo dessen User nur niedrig und durch tiefer liegendes Terrain begrenzt waren. So namentlich am Halleschen Thore, durch das Anschwellen der
Die Ueberschwemmung war damals
so
bedeutend,
gehemmt und die Verbindung
Häusern nur durch
Platzes, von welchem die Rede ist,
des
daß dadurch jede Passage über denselben zwischen den,
den
Platz umstehenden
erhöhte Bretterlagen vermittelt
werden
konnte.
wo das Rondeel, der
Man fuhr, nament¬
jetzige Belle-Alliance
lich die Jugend, in
Platz, noch eine Ver¬ tiefung bildete. Diese
fast 3 Fuß
Waschfässernaufdem
Niveau - Beschaffen¬ heit erklärt sich da¬ durch, daß
der um
Mitte
des fünf¬
die
zeugen wollten wahr¬
genommen daß
Jahrhun¬
zehnten
hohen
Wasser, und Augen¬
haben,
daselbst Hechte
gestochen
wurden,
derts zur Entwicke¬
welche aus dem Land¬
lung der Kölnischen
wehrgraben
Bürgeräcker
das, damals nur die
ange-
Stadt
legte„Fluthgraben",
durch
abschließende
aus der Spree abge¬
Gitterthor Eingang in dieselbe gefunden hatten. Die hier bei¬
leitet^ seinen
gegebene
wie
er
genannt
wurde, bei Treptow
und
Abbildung, auf der die Leichenträgcr, um in der Be¬ gleitung des Leichen¬
Richtung über
wagens zu bleiben,
sprünglichen über
tiefliegenden
Wiesengrund, seine den
ur¬
Lauf
heutigen Belle-
sich
Alliance-Platz der¬ gestalt nahm, daß
Die Ueberschwemmung
des
er die Punkte berührte, wo heut die Linden-, Friedrichs- und
Wilhelm¬
straße endigen. Durch die Lindenstraße führte die Heerstraße nach Tem-
pelhos über eine kleine „Steinerne Brücke"
des
Fluthgrabens, deren
Fundamente bei der in neuerer Zeit erfolgten Regulirung des Platzes, neben dem Hause Lindenstraße
Nr. 127,
noch zu
Tage traten.
auf
retirirt,
Rondeels (Bellc-Alliance-Platz) in Berlin, 1829.
denselben
ist
ein
Factum, das da¬ mals in der Stadt viel besprochen und als Bild colportirt wurde. Als dann zur 25jährigen Friedensfeier, am 18. Juni 1839, der Grundstein zur Friedenssäule daselbst gelegt wurde, deren Ein¬ weihung am 3. August 1843 erfolgte, fand auch die Aufhöhung des Platzes statt.
F.
Lleement. Eine abenteuerliche Geschichte aus den Tagen Friedrich Wilhelms I. Erzählt von Luckooicli üefe&iet.
Im
Erstes Kapitel. Reuß'schen Garten.
Berlin lag der Nebel eines Septemberabends des Jahres 1718; in der Stadt war es still, zu sehen gab's Nichts, und wer nicht draußen zu thun hatte, hielt sich lieber im Hause. Da, wo die Weidendammer Brücke über die Spree geht, um die Neustadt mit Ueber
der
Spandauer Dorstadt zu verbinden, waren einige kräftige Dirnen
beschäftigt, eilig die Wäsche herab zu nehmen, die sie zum Trocknen
an den Geländern aufgehängt hatten; eine, ohne Weiteres
in
den
die
einen Kehrichteimer
Fluß ausschütten wollte, wurde von ihrer Dienst¬
herrin ängstlich am Rock zurückgezogen, und stürzte fast in den dunklen Flur eines Hauses, als sie langsam einen Wagen über die Brücke rollen sah.
Vier Personen
saßen
in
diesem
Wagen,
aber
nur
die
Eine
10 blickte aus hellen blauen Augen scharf um sich, nur die Eine schien Dirnen so in die Flucht zu jage», denn zwei von den Insassen
Gott wacht
geben am liebsten die Könige, aber
auch am liebsten über
die
dieselben!"
waren Pagen Seiner Majestät des Königs von Preußen, schmucke Jungen mit rothe» frischen Gesichtern, die gar keine anderen Namen
hat Recht," unterbrach Friedrich Wilhelm die eintönige der in seinen letzten Worten eine Ansicht ausgesprochen hatte, die in der Seele des Königs wieder¬ hallte. Der Garten war sehr umfangreich, eine Allee von alten Linden durchschnitt ihn; die Zweige, die zum Theil schon entlaubt waren, hingen bis auf den Boden herab; es hatte geregnet, das gefallene Laub und der aufgeweichte Grund gaben einen häßlichen, schmutzigen Pfad, und der König blickte ebenso besorgt auf seine weißen Stiefeletten wie seine Begleiter, aus angeborener Abneigung gegen Schmutz, die Anderen aus Furcht vor dem Zorn ihres Gebieters, wenn er sie nachher „malpropper" fand, das größte Versehen in
tragen konnten, als Bredow und Stechow, vor denen auch kein Menschenkind fürchtete.
aber sicher
sich
Die dritte Person war
ein ältlicher
Herr in Generalsunisorm, der sinnend vor sich hinblickte, der Vierte aber, der war's, vor dem die Weiber so ängstlich Reißaus nahmen; ein großer stattlicher Herr von dreißig Jahren mit rundem blühenden Antlitz, in dem, wie schon bemerkt, zwei feurige blaue Augen blitzten, denen wohl auch noch ein Anderer ausgewichen wäre, als die beiden Dirnen, falls er kein ganz heiles Gewissen gehabt hätte. Das dichte Haar war kurz abgeschnitten und mit einem kleinen Hute be¬ deckt. Er trug eine blaue enganschließende Uniform, Degen und Stiefeletten, in der Hand aber einen Stock, wie ihn dainals, Anno 1718, noch Jeder trug, der irgendwie Etwas zu befehlen hatte. Jetzt erhob er diesen Stock und deutete auf die Dirnen. „Warum laufen diese albernen Weibsbilder so eilig davon, von Bredow?" fragte er mit herrischer Stimme. „Die Dienstherrin jagt sie hinein, Majestät, weil sie den Keh¬ richt in den Fluß werfen wollte," rapportirte der eine Page, ohne eine Miene zu verziehen. „Ist recht, ist die Frau Wiesel, ein wackeres Weib!" lobte der König, denn Niemand anders als Seine gestrenge Majestät Friedrich Wilhelm I. von Preußen war es, der da über die Weidendammer Brücke fuhr. Die Frau Wiesel mochte recht gut wissen, warum sie ihre Dirnen so eilig hineingejagt hatte, denn es war bekannt, daß der König seine Residenzstadt Berlin gern so sauber gehabt hätte, wie seine geliebten holländischen Städte, in denen man allerdings keinen Kehricht in den Fluß warf. Plötzlich wandte er den Kopf nach dem Pagen um: „Er ist ein Spitzbube, von Bredow, aber ein guter Kerl!"
„Majestät," stammelte
„Er
der Page.
brauchte nur seine Worte anders zu setzen,
so
hätte die
Frau Wiesel kein Lob bekommen, sondem den Dirnen wäre ein Donnerwetter auf die Köpfe gefahren. Auch hat Er sich nicht erst lange auf Seine Antwort besonnen, das gefällt mir." Das vorhin so strenge Auge des Königs ruhte freundlich auf dem Jüngling, und hatte in diesem Augenblick etwas Hinreißendes, gleich darnach blickte er wieder scharf spähend um sich. Der Wagen nach dem Brandenburger Thor und hielt vor einem Garten, den eine niedrige Mauer nach der Straße zu abschloß. Ein Pförtchen
fuhr
in der Mauer, ohne Klingel oder Glockenzug. „Wir sind zur Stelle, Majestät," nahm der bisher stumm vor hinblickende Herr zum ersten Mal das Wort, während die
befand
sich
„Er
Rede des resignirten Edelmannes,
seinen Augen.
Uebrigens konnte er nicht viel sehen, denn es dunkelte Bäume nahmen schon jene gespensterhaften Umrisse an, die ihnen namentlich in der Dämmerung eigen, die Schritte hallten bereits, die
eigenthümlich
Blatt
von
wieder
den
Brücke,
hölzerne
und
die
unheimlich
raschelte
wenn
es,
ein
Einmal schritten sie über eine über ein Flüßchen führte, das den Garten
Linden
herabfiel.
durchschnitt.
Endlich wurde ein aus einem Gartenhause,
schwacher
das
Lichtschimmer
sichtbar.
an der Stelle stand,
gleiche Linden-Alleeu sich in Kreuzform durchschnitten.
Fensterläden, durch deren Spalten
kam
Der W ,id rüttelte
an der Fahnenstange, die auf der Spitze steckte, und rau geschlossenen
Er
wo vier ganz
au den
der erwaa.aie Licht¬
schimmer drang.
Jetzt wurde die Thür geöffnet, ein ältlicher Herr in der schwarzen Kleidung eines Geistlichen trat, sich tief verneigend, auf die Schwelle. Der König winkte seinen bisherigen Begleitern mit der Hand. „Um¬ kehren, mich im Wagen envarten", befahl er in seiner kurzen Weise, und lautlos gehorchten alle Drei. „Gehen Sie voran und zeigen Sie uns den Weg, Herr Bischof", wandte sich Friedrich Wilhelm an den Geistlichen. So fehr er auch der Kirche gegenüber der allmächtige Selbstherrscher blieb, so gab
austichtige Frömmigkeit seinem gewöhnlichen barschen Wesen
doch seine
von Ehrfurcht, wenn er mit Geistlichen sprach, freilich nur so lange, wie sie sich innerhalb ihrer Grenze» hielten. Der Bischof von Groß-Polen und Preußen, Hofprediger Daniel Ernst Jablonski, ein ticfgelehrter Herr, gehorchte schweigend der Aufforderung des Königs, der ihm langsam folgte. Sie gingen über einen Zug auch
einen schmalen, schwach erhellten
Thür und trat,
sich
Flur, dann
Der kleine Saal, in dem der König
sich
öffnete der Bischof eine
verneigend, zurück. sich
befand, war nur dürftig
ausgestattet, das Gartenhaus wurde offenbar nur zur Hochsommerzeit benutzt, und mit dem Eintritt des Herbstes die Meubel entfernt;
Pagen heraus sprangen und den Schlag offen hielten. Der König stieg ans, der Andere folgte ihm, er sah in der Dämmerung, daß die Züge des Monarchen eine ungewöhnliche Er¬ regung zeigten und ein leichtes Zittern durchflog seinen Körper. Das
selbst diejenigen, die man darin gelassen hatte, waren
Pförtchen in der Mauer öffnete sich, ohne daß ein Zeichen gegeben worden war, rasch und entschieden betrat der König den dämmernden
düsterrothen Lichter
mit
Ueberzügen
grauer Lernwand versehen. Einen behaglichen Eindruck machte nur der mit sauberen, blau und weiß glasirten Platten von gevon
branutenr Thon belegte Kamin, in denr ein Feuer brannte, das seine
warf,
die
sich
auf den kahlen Raum und die einzige Person darin befand. Ein Talglicht in einem zinnernen
Garten; der Herr folgte langsam und die Pagen sahen sich erstaunt an. Sie wagten kaum zu athmen, die Ahnung von etwas Unheim¬
Leuchter, der auf einem Tisch stand, vervollständigte die Beleuchtung.
lichem kam über sie.
plumpen Holzschemel
„For^ade",
redete der
König seinen Begleiter an, „glaubt Er
an Gefahr?"
mit uns auf: wir
wir von ihnen,
so
wären
es
Kommandant von das Angesicht des effen
aus unserer
mit uns zu Bett
des
sich
ein
Mann,
der
gesessen
dunklen Augen in dem
auf einem Es
gebräunten Gesicht
mit
mit
scharf ge¬
fremdartigen Zügen. Seine Kleidung war einfach: ein blauer Rock mit rothen Aufschlägen, weiße Strümpfe und Schuhe, Manchetten und Jabot von feiner Leinwand mit schmalen Spitzen
schnittenen,
besetzt;
au der Seite trug er einen Degen,
wissen nichts von ihnen, denn wüßten
er einen
keine Gefahren
König machte
mehr; Gefahren um¬
Königs Eintritt erhob
und blieb in ehrerbietiger Haltung. war eine noch jugendliche Erscheinung, nicht groß, aber stark, großen,
Jean Querin de For^ade, Herr von Biair, Berlin, blickte mit seinen ernsten Augen fest in Königs: „Gefahren sitzen an unserem Tisch, sie Schüssel, trinken aus unserem Glase, legen sich und stehen
Bei
dreieckigen
Hut mit
es sichtlich einen
schmaler
und in der Hand hielt
silberner Treffe.
Auf
den
guten Eindruck, daß er keine der ihnr
11
verhaßten Perrücken, sondern das Haar an jeder Seite in drei Locken und gepudert trug. War das absichtlich oder zufällig? Auch der
>
blaue Rock schien aus den Geschmack Friedrich Wilhelms berechnet. Dagegen war die Haltung weniger die des Soldaten, als die des
Diplomaten, wenn er sich auch schließlich Mühe gab, die erstere anzunehmen. Die Falkenaugen des ersten Friedrich Wilhelm, die wunderbaren Hoheuzollern-Augen, blitzten den Fremden herrisch und drohend an, die Hand hob unwillkürlich den Stock.
„Wie heißt Er?" fragte die Komiuandostimme „Johann Michael von Kleement," antwortete furchtsvoll, aber ohne mit der Wimper zu zucken.
des
stahl er
Der König
unmerklich fast in sein Herz.
„Ich
lasse
Ihn
Aber gleich gab
aushängen, wenn
Er lügt!"
er
sich
schrie der
König, schäumend vor Zorn. „Wen will Er noch nennen?" „Prinz Eugen," klang es fast tonlos von Kleements Lippen. Der Stock fiel aus den Händen des Monarchen, sein Gesicht wurde aschfarben, seine Fäuste packten die geschmeidige Gestalt des Fremden bei den Schultern und rüttelten ihn, aber unersch.üttert sprach er: „Würde ich dies Alles Euer Majestät zu sagen wagen, wenn ich
Königs.
der Andere ehr¬
„Beweise!"
Wilhelm und ließ ihn los.
keuchte Friedrich
„Wo
sind sie?"
„Hier", lautete
Antwort, und Kleement zog aus der BrustBriefe hervor. „Da ist das Project des Herrn Grafen Flemming, er hat es selbst zu Papier gebracht und mir gegeben, um es nach Wien zu schicken, ich habe eine Copie davon genommen. Der Herr Baron von Manteusfel stand dabei, als mir der Auftrag wurde." „Wie kam Er zu dem Flemming?" warf der König dazwischen. „Prinz Eugen hatte mich in wichtigen Aufträgen nach Wien die
tasche seines Rockes ein Packctchen
„Sachsen und Oesterreich."
sich ans den Schemel, den Kleement vorher eingenommen, das ruhige, sichere Wesen dieses Mannes, der ihm ohne Scheu gerade in's Gesicht blickte, imponirte dem gewaltigen Manne,
setzte
Umgebung, vor seinem Löwenzorn zitternd, längst verlernt hatte, ihn anders, als mit einer gewisien Scheu zu betrachten, die ihn nur
sich
nicht.
noch
„Er hat an den Bischof Jablonski .geschrieben, und durch ihn einen Brief geschickt, indem Er Uns vor einer Gefahr warnt." „Majestät haben darauf den Herrn Bischof nach Baruth ge¬ schickt, wo ich mich dermalen aufhielt." „Er hat aber Sein Maul nicht aufgethan, und habe ich Ihm den Jablonski noch einmal sammt dem Knyphausen geschickt und Ihn hierher holen lassen, damit er in meine eigenen Ohren seine horrenden Geheimnisse rede. Antworte Er mir also wie ein Christ der Wahrheit gemäß: Wer sind meine Feinde?" In den heißen, dunkeln Augen flammte es auf, kalt und ruhig sprach die Lippe:
Die Stimme klang weich und einschmeichelnd, sie sprach von Wort, das der arme Herr so selten hörte und nach dem er doch lechzte, so gewaltig, daß er's aus seinen Unterthanen hätte herausprügeln mögen. Erst hatte ihm dieser Mann imponirt, jetzt Liebe — ein
geschickt."
dessen
,
„Und was hat Er auf das saubere Project geantwortet?" sei facile auszuführen, aber doch von großer Consequenz; der Kaiser könne sich nicht darein meliren, wenn nicht Hannover ein¬
„Es
noch mehr reizte.
verstanden sei, doch könne er es geschehen lassen."
„Was will man mir anthun?" fragte der König weiter. „Berlin überfallen, in Wusterhausen sich der Person Eurer Majestät bemächtigen, die Minister Jllgen, Kraut, vor allen Dingen
„Hannover wird Nichts dagegen gehabt haben!" lachte der König ingrimmig. Seine Abneigung gegen seinen Schwager war beinahe eben so stark, wie seine Liebe zu seiner Gemahlin. „Hat sich Prinz Eugen noch weiter darein melirt?" „Der Prinz hat mit mir über das Enlevement Eurer Majestät correspondirt; er läßt monatlich 15,000 Fl. an geheime Correspon¬ denten zahlen, diese Gelder aber gehen durch die Hände des Kauf» mannes Hohmann; Graf Flodrop ist nach England geschickt worden, um das Consentemcnt des dortigen Hofes einzuholen. Der Ingenieur de Pups in Wusterhausen aber hat mir für 100 Dukaten einen Plan von Berlin gegeben, den ich dem Prinzen geschickt habe." Der König stand auf; diese Dinge waren zu ungeheuerlich, um erfunden zu sein, aber noch ein Bedenken kam ihm. „Und Er ehrloser Kerl verräth Leute, die Ihm vertrauten?" „Ich bin nicht ehrlos, Majestät, und wenn ich es bin, nun so habe ich eben meine Ehre zum Opfer gebracht, um Preußen und seinen König zu retten, der als ein anderer Gustav Adolph der Evangelischen Schutz sein muß, und den die Katholischen verderben wollen." Wieder hatte Kleement einen der empfindlichsten Punkte in der Seele des Königs getroffen; voll und klar war er sich bewußt, daß Preußen ein Bollwerk sein müsse gegen den Katholicismus, und daß man Preußen eben nicht liebte, wußte er auch. Die horrenden An¬
aber den Tresor entführen."
Wie von einer Natter gestochen, schnellte der König empor. „Wer hat denn dieses saubere Projekt erfunden?" sagte er mit heiserer Stimme. Wieder flammten Kleemeuts Augen, Friedrich Wilhelm konnte den Ausdruck teuflischen Hasses nicht sehen, der in ihnen lag, als er,
die
Hand fester
an
Flemming." Der König stutzte, Mitschuldige?"
seinen Degen legend, erwiederte:
dann fragte er weiter:
„Graf
„Hat Flemming
„Der frühere sächsische Gesandte am preußischen Hof, Baron von Manteusfel, der Erbmarschall von Limburg, Graf Flodrop, der Ingenieur de Puys in Wusterhausen, der Kaufmann Peter Hohmann in Leipzig, der sich jetzt Edler Panner von Hohenthal schreiben darf, sind in das Komplott des Enlevements Eurer Majestät verwickelt." „Sind das Alle oder weiß Er noch mehr?" fragte der König spottend, und nur mit Mühe einen Zornausbruch unterdrückend. Es war zu abenteuerlich, was er hörte, als daß er es glauben durste. Wer aber war der freche Gesell, der es wagte, ihm mit so dreister Stirn solche Ammenmärchen aufzubinden? Wenn doch Etwas daran war? Leise, leise regte sich das in seiner Natur schlunimernde Mi߬ trauen; der Andere aber entgegnete, ohne auch nur einen Schritt vor
schuldigungen Kleement's gewannen doch eine leichte Wahrscheinlichkeit, die einschmeichelnde
dem drohend erhobenen Stock Friedrich
den
„Ich
setzen
weiß noch Einen, aber ich
Wilhelms zurück zu weichen: wage nicht, ihn Eurer Majestät zu
nennen."
„Er
es
nicht?"
höhnte der König.
„Nun, Er hat
schon
viel gewagt heute, daß es auf einen Namen mehr oder weniger nicht ankommt. Heraus damit oder —* Er schwang den Stock, der Abenteurer aber entgegnete: „Nicht die Furcht vor dem Stock, uur die Liebe zu Euer Majestät werden mir mein Geheimniß entreißen." recht
sprach
weiter: „Man würde dann Kaisers, auf den Thron
des
und katholisch erziehen lassen."
Der Stock wagt
Stimme aber
Kronprinzen, unter Vormundschaft
sauste so heftig aus den Tisch nieder, daß das Licht
Jetzt herrschte völlige Dunkelheit im Saal, nur in, Kamin glühten die Kohlen, wie feurige Augen, und leise tropfend schlug der Regen an's Fenster. (Fortsetzung folgt.) umstürzte und verlosch.
12 oder der
Literatur. Paul Henckel, Gedenkblatt für
Thätigkeit
wir in unseren Blättern gedacht haben. Paul im noch nicht vollendeten 32. Lebensjahre durch den Tod dahingerafft, hatte sich, ungeachtet seiner anderweitigen, vielfachen Thätigkeit, und trotz andauernder Kränklichkeit ein seltenes Wissen auf Seine äußeren dem Gebiete der Numismatik zu erwerben gewußt. Verhältnisse begünstigten ihn, eine Sammlung anzulegen, glücklichen wie sie zun» zweiten Male ein Privatbesitzer wohl nicht aufzuweisen vermag. So rettete er unter Anderm auch durch Ankauf die berühmte A. Durand'sche Sammlung von Medaillen auf Numismatiker, Graveure, Münzbeamte, denkwürdige Münzbesuche und was überhaupt mit der Münzpräge zusammenhängt, vor der Zerstückelung; seine Bibliothek münzwissenschaftlicher Werke, Dedications-Eremplare rc., ist von einer Reichhaltigkeit, wie kaum eine andere. Wir entnehmen der obige» verstorbenen, dessen auch
Henckel,
Schrift
eine Episode, die von der Bescheidenheit und Uneigennützigkeit
des auch
uns befreundet gewesenen Verstorbenen spricht.
Henckel hatte
auf einer Reise durch Salzburg vernommen, daß ein Galarock Mozart's zum Verkauf ausgeboteu wurde, in dessen Besitz das „Mozarteum"
mit feinem unzureichenden Fonds nicht gelangen konnte. Er kaufte daher das Kleidungsstück an, und machte dasselbe der Anstalt unter der Bedingung zum Geschenk, daß er vou demselben — einen Knopf als Reliquie bewahren dürfe. Der Verfasser des „Gedenkblattes" schließt dasselbe mit dem Wunsch, daß es gelingen möchte, dem Staat Soeben erschien:
Zweiter Band. des Großen
Ferdinand Weyer Vereins für die Geschichte Berlins rc.
8°. geh.
des
ersten
graphien folgender für die Entwickelungsgeschichte des Vaterlandes wichtigen Persön¬ lichkeiten: Zorda». — Null an de 3nndim. — Sa¬ muel von (Coceeji.— Gral von Kcrzhcrg.— Duanh.— Graun. — Freiherr von liuütietsilürf!. — .fflauperlu>8.— Mole» Mendelssohn. — IleitekKeineEphraim.— Gotzhowshg. — dianiker. — Nicolai.
Berlins und
Der dritte Band
dieses Werkes
die Kriegshelden Friedrichs deß
_Alfr
wird
sich über Großen verbreiten.
ed
„Bär"
richtet an alle Freunde
der vaterlän¬
Desgleichen: Münzen, wirthre. sind besonders erwünscht. swaftliche Geräthe, Waffen, Glas und Oelgemälde, Bücherrc. auch wenn solche bereits dem Mittelalter angehören. Ferner: Urkunden auf Pergament und Papier, Siegel, kirchliche Geräthschaften.
Waffen
Gegenstände, welche nicht der Mark angehören, sind der Vergleichung wegen ebenfalls willkommen. vielen Familien- und amtlichen Wohn- und Geschäftsräumen finden sich noch Gegenstände vor, welche dort fast unbeachtet unter Staub und in dem Dunkel der Corridore, der Böden re. begraben liegen, für eine Samm¬
In
lung aber immerhin werthvoll sind.
Ein Hervorziehen solcher Gegenstände lohnt sich fast immer und die dem Museum überiaffenen Objecte werden, mit dem Namen der Geber versehen, einen würdigen Platz in den Reihen der Sammlung erhalten. Die Redaction des „Bär" nimmt dergleichen Zusendungen bereitwilligst entgegen.
Adresse:
Alfred Wei le,
Putkamerstraße 8.
Verlag von Alt» Gülkcr (Paul Gerh. Heinersdrnff's Verlag) in Leipzig. (Zu beziehen durch jede Bud)handlung.)
Kleine Familiendibliothek.
in Verbindung mit Mehreren neu herausgege¬ ben. vervollständigt und mit genealogischen und historisch-heraldischen Erläuterungen ver¬ sehen. aufmerksam. — Bis heute sind davon 135 Lieferungen k 18 Tafeln und Text aus¬ 180 das
Verlagsbuchhandlung in Berlin, SM7 ., Die Redaction des „Bär."
Werk zum
Subscriptionspreis der Lieferungen 1—111 ii 4 M. 80 Pf., Einzelpreis 6 Mark. Subscriptionspreis der Lieferung 112 und Folge ii 0 Mark. Einzelpreis 7 M. 50 Pf. Ausführliche Prospecte stehen auf V erlangen franco zur Post unter Streifband zu Diensten. Bauer & Raspe in Nürnberg.
Preis a Bändchen (eleg. cart.) llll.
Bisher
1.
erschienen:
Ekcincns Brentano, Aus der Chronica eines fahren¬ den Schülers. Lkcmen» Brentano, Geschichte vom braven Casperl und dem schönen Annerl. Beides anerkannte Perlen der romantischen Poesie.
Matthias Claudius, Briefe von Andres. Diese Briefe bilden den Glanzpunkt auö den Werken des Wandsbecker Boten.
Georg Licbnod,, Elisabeth von Dänemark,
fürstin von Brandenburg.
Kur-
Das Lebensbild der Kursürstin Elisabeth wird seine große Anziehungskraft stetsbehaupten.
Arnold M-llmer, Auferstanden! Eine Ostergeschichte. Eine reizende Erzählung.
„Ueber Land und Meer" sagt am Schlüße einer längeren Besprechung dar» über: „Es ist ein Avrilwetter von Sonnenschein, Regen, Stunn und lächelnder Frühlinasftille, von Humor und Realismus, von zarter Schwärmerei und tiefem HerzenSkummer."
Kilkard Äcindard, Der Tanz zum Tode. Ein Nachtstück aus dem 14. Jahrhundert. Nach urkundlichen Mittheilungen des Prof. Franz Delitzsch erzählt. Dieses vor einigen Wochen erst erschienene Bändchen des Versagers deS „DiotrepheS" und der „Zwei Herren von Bnlow" wurde bereits von mehreren dervorragenden Blättern in anerkennendster Weise besprochen und auf's Wärmste empfohlen.
SV* Jedes Bändchen
8.5V., Puttkamerstr. 8.
Ge¬
Bitte, das im Entstehen begriffene märkische Pro» vinzial-Museum mit Einsendung von Gegenständen, welche zu der Ge¬ schichte der Mark in kulturhistorischer Beziehung stehen, bedenken zu wollen. Grabfunde, wie: Urnen, Stein- und Bronze-Werkzeuge,
Abschluss bringen.
mit so großem Theils: „Vom 16. Jahrhundert bis zur Zeit Friedrichs des Großen", und enthält, nach einer längeren Einleitung, welche sich über die in geringerem Maße hervor¬ ragenden Männer jener Zeit verbreitet, die Bio¬
Beifall aufgenommenen
ist auch einzeln zu haben.
Weile.
Altertlnnnliche
Anligue Waffen, Rüstungen etc
Kunstyegenstünde,
Waffen- u. Militär-Effecten-Fabrik
empfiehl die
feine Porzellan-Vasen, Figuren, Tassen, Waffen, Möbel, Dosen, Uhren rc., werden zu kaufen ge¬ wünscht von Friedrich Meyer, am ZeugHaufe
des
Stamm- und Wappeiibnch weiland J. Stellmachers,
gegeben und solbui ca.
Preis 2 Mark 25 Pf.
Dieser Band bildet die Folge
Berlin,
Die Redaction
(Irosse
Zeitalter.
Ein Freund der Berlinischen
dischen Geschichte die
scheinende
Nach urkundlichen Quellen bearbeitet
des
Briefkasten.
schichte. Die Anftage bezüglich des Hauses am Belle-Alliance» Platz Nr. 2 wird in der nächsten Nummer ausführlich beantwortet werden. — H. F. in B. Eine ausführliche und eingehende Schilde¬ rung der Sammlungen des Zeughauses von G. Hiltl, wird voraus¬ sichtlich schon in der nächsten Nummer beginnen.
Alle Heraldiker, Genealogen, Wappen¬ sammler, Siegelstecher und Graveure machen wir auf das in unserm Verlage er¬
uud ihre Wohnstätten.
Secretär
des
Sammlung — das Resultat eifriger, unverdrossener Verewigten — zu erhalten. F. M.
jene
seine Freunde, von Adolph
Meyer. Unter diesem Titel ist im Selbstverläge des Verfassers eine kleine Brochüre erschienen, die uns nähere Kunde giebt von einem Jüngst¬
Friedrichs
Stadt
Nr.
1.
Verlag von
Alfred Weile in Berlin.
Gustav Laute ^^^^^erlinJjjtjjraubenstr^O^^^
— Verantwortlich für Redaction: Ferd. Meyer in Berlin. — Druck: Bahlke u.
Hindersin in Berlin.
Unter Mitwirkung von Dr. Brecht, Prof. vr. Brutus Kassel, Stadt-Archivar Aidicin, Uheod. Aontanc, Geh. Regier.-Rath Freiherr Dr. von Ledebur Geh. Hofrath L. Schneider, Archidiaconus Schrvebel in Cüstrin :c. jc. herausgegeben von
George
AM
und
Ferdinand Weyer.
Das Blatt ist durch alle Buchhandlungen und Postämter, sowie durch die Expedition (Puttkamerstr. S> beziehen. — Literarische Beiträge sind an die Verlagshandlung von Alfred Weile in Berlin zu senden, welche sie der Redaction übermitteln wird. — Inserate, pro Sgcsp. Petttzcile SS Psg., werden von den Herren Haasenstein u. Vogler, Rud. Masse, Bernh. Arndt, sowie von der Verlagshandlung sPuttkamerstr. 8) entgegengenommen.
Inhalt.
Johann Carl von Eckenberg, der starke Mann, von L. Schneider. — Nikolaus Leutinger, vom 8tuä. ,jur. Holtzc. (Fortsetzung.) — Die Wappen und Farben der Stadt Berlin, von Stadtarchivar Fidicin. — Kleement, Erzählung von Ludovica Hesekiel. (Fortsetzung.) — Ein Perleberger Rechtsalterthum. — Literatur. —
Briefkasten.'
Johann Carl von Cckenberg, der starke Mann. Eine Studie zur Theater-Geschichte Berlin's.
Vorgetragen in. Verein für die Geschichte der Mark Brandenburg von £. 8
Fig. 4 den Durchschnitt des Schwertes von Fig. 1 im Prosil ab.") — Auffallend ist es, daß bereits ein recht ähnlicher Schwertpfahl Er befindet sich in der Gymnasialbei Triplatz gefunden ist. Sammlung zu Ruppin, ist scheinbar etwas kleiner, und das Schwert im Verhältniß zum Stab etwas kürzer als bei unserm Exemplar. Wegen weiterer Auskunft über die mythologischen und historischen Beziehungen der Schwertpfähle verweise ich auf den Vortrag, welchen ich über den Winterfeld'schen Schwertpfahl am Sonnabend, den 22. Januar 1876, in der Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte gehalten habe, und der in den Ver¬ handlungen der Ges., Jahrgang 1876, abgedruckt ist. *) Zeichnungen entworfen vom Herrn Architect Ed. Krause hierselbst.
sich
zu besinnen, wo¬
hin er seine Schritte lenken solle; endlich mochte er einen Entschluß gefaßt haben, und kurze Zeit darauf stand er im äußeren Schloßhof, wo sich der Eingang zu den Gemächern des Königs befand, die nach dem Lustgarten, vom zweiten Portal bis um die Ecke nach der Schlo߬
freiheit hinaus, lagen.
vermieden
mit einer Prunk-Waffe zu mit aufgestecktem Schwert
thut mit offenen Augen, was Lehmann in Blindheit fehlt." Er suchte den Ansgang nach der Straße, nachdem er das Zim¬ mer verlassen, und fand ihn auch bald. Frau Wernicke fühlte sich nicht bewogen, die Gäste ihres Sohnes, die sie hereingelassen hatte, auch wieder hinauszugeleiten.
Form verlockt zu dieser letzteren Annahme; dennoch hat dieselbe große Die Befestigung des schwertförmige» Kopfes auf dem Bedenke». Stab (Siehe Fig. 1) ist nämlich bei sämmtlichen Schwertpfählen eine so
treue Dienste gegen seinen König, der Sohn wird in Spandau enden, denn er
nach welchem unser
Andere Forscher
ansieht.
„Dinstag" benannt ist, halten die Schwertpsähle für Zeichen der als Commandostabe. Endlich ist auch
die Köpfe in tiefem Schlaf auf den Tisch sinken ließen; Lehmann und Bube waren schon früher gegangen. Der Ungar warf
Wernicke
Die Art, wie er daselbst auftrat, zeigte an, Male hier war; auch ließen ihn die riesigen
Grenadiere, welche die Wache hatten, ungehindert passiren. Unten im Flur trat ihm eine Ordonnanz entgegen, mit der er flüsternd einige Worte austauschte, und die ihn dann bis zu den Ge¬ mächern des Königs führte.
gesehen,
Friedrich Wilhelm
mitten in seinem mit übertriebener Einfachheit ausgestatteten Zimmer, und streckte dem Eintretenden die Hand entgegen, die dieser ehrerbietig küßte. stand
„Es ist also Sein fester, unwiderruflicher Entschluß, zum reformirten Bekenntniß überzutreten?" redete er ihn an. „Mein fester Wille, Majestät," lautete die Antwort. „Ich kam jetzt — " „Schweige
Er",
herrschte der
König ihn an, „und inetire Er
nicht religiöse Dinge mit der weltlichen Politik
— davon nachher!
werde jetzt mit Ihm in meine Hof- und Domkirche gehen, das heißt, Er wird mir in einer Viertelstunde folgen, unterdessen werde
Ich ich
für Ihn beten." Eine Wolke flog über Kleements Gesicht, offenbar hätte er gern
Lleement. Eine abenteuerliche Geschichte ans den Tagen Friedrich Wilhelms I. Erzählt von Luäovica .-fielehict. (Fortsetzung.)
Er verließ
das Gemach; Wernicke, Bube und Heydekam lachten
hell auf, Lehmann war noch bleicher geworden. und schon
mit
Kleement bemerkte es,
den Andern am Tische Platz nehmend, sagte er:
„Ich
habe
als wir uns in Leipzig kennen lernten, zu Euch ge¬ mein lieber Herr Resident, daß bei unseren Sachen Nichts
damals,
äußert,
Euren Unterthaneneid; bin ich doch weit entfernt, ein im Gegentheil, ihn vor Gefahr hier zu warnen. Was können Euch also solche Reden anfechten?" „Ich weiß es", entgegnete Lehmann, „und es tröstet mich, denn ich habe kein ruhiges Gewissen mehr, seit ich Ench gesehen." geschieht gegen
Feind Eures Königs zu sein,
„Ihr
seid ein
Narr!"
unterbrach ihn Heydekam.
„Ich
freue
mich, den Monsieur Clement kennen zu lernen."
Stundenlang saßen sie beisammen; Kleement lenkte die Unter¬ haltung nach seinem Willen, nach seinen Launen, ohne daß sie etwas merkten. Während ihre Köpfe immer schwerer wurden, die Bierkrüge immer rascher sich leerten, rührte der Ungar das Getränk kauin an. Er erfuhr auf diese Weise viel mehr über die Berliner Verhältniffe, als aus den Nachrichten, die ihm die ungetreuen Beamten etwa zu¬ kommen ließen.
Er entfernte
sich
aus der Gesellschaft erst,
als Heydekam und
|
'
auf der Stelle von weltlichen Sachen gesprochen, aber der tiefe Ernst des Königs ließ es nicht zu; er war entlassen, und mußte eine ganze Weile in einem kleinen Vorzimmer warten. Der Abend war unterdessen hereingebrochen, und auch in dem Gemache wurde es dunkel. Da vernahm Kleement draußen eine Stimme, bei deren Klang er zusauimensuhr: „Dann werde ich hier innen die Rückkunft Seiner Majestät erwarten, mag's noch so lange dauern. Meine Nachrichten sind wichtig!" Zugleich wurde die Thür geöffnet, und der Geheimrath von Bieberstein trat in's Zimmer, un¬ bekümmert um die Ordonnanz, die ihn vergeblich zurückzuhalten suchte. Als er eine» Fremden im Gemach bemerkte, verneigte er sich höflich und sprach: „Ah, ich warte nicht allein, das trifft sich günstig. Mit wem habe ich die Ehre —" plötzlich fuhr er zurück, der letzte Strahl der scheidenden Sonne war auf Kleenicnts Gesicht gefallen. „Baron Rosenau!" rief er überrascht. Klcement hatte sich gefaßt. „Euer Ercellenz sind so gnädig, sich meiner zu erinnern", erwiederte er ruhig. Bieberstein lachte. „Wie sollte ich nicht," antwortete er, „haben wir uns nicht auf dem Friedens-Congrcsse zu Utrecht oft an Euren klugen, scharfsinnigen Discursen ergötzt, Graf Metternich und ich? Was führt Ench jetzt hierher?" Kleement zuckte die Achseln und schwieg, die eintretende Ordon¬ nanz machte jedem weiteren Gespräch ein Ende, indem
einige Worte zuflüsterte, worauf dieser
sich gegen
sie Ktcemcnt Bieberstein verbeugte
und das Gemach verließ.
Der Geheimrath stand am Fenster und trommelte an den „Wenn das der Schreiber des gehcimnißvollen Briefes
Scheiben.
50 wäre, den mir Jablonski damals brachte, dessen Person man mir nie Er nannte sich zwar Kleement, und ich kannte ihn zeigen wollte?
nur als Rosenau. Pah, diese politischen Abenteurer führen tausend Namen, und der Abenteurer sah ihm schon aus den Augen, als ich ihn zu Utrecht fand, wo er Racoczys Interesse nicht ohne Geschick vertrat. Dann ist er mir aus den Augen gekommen. Muß doch mal i» Wien ansragen, ob sie da Etwas von ihm wissen. Wenn es am Ende mit dem unbesiegliche» Mißtrauen zusammenhinge, das seit einigen Tagen den Allergnädigsten befallen, daß mir sogar eine Intrigue aus der Hand genommen wird, deren ersten Faden ich zwischen den Fingern hatte?" Während der Diploinat so in Gedanken verloren war, legte Kleement vor dem Altar in der Hof- und Domkirche in die Hände des Bischofs Jablonski das Bekenntniß der reformirten Kirche ab. König Friedrich Wilhelm saß aufrecht in seinem Stuhl, unbedeckten Hauptes, die gewaltigen Hände über dem Stock gefaltet, in tiefem Gebet. Seine ganze Seele war bei der Feier, offenbar mehr als
fort!
Wenn Bieberstein erfährt, welche Dienste — wenn Jela es hört, so trifft mich ihre Verachtung, und das könnte ich nicht ertragen. — Dies Weib hat mich zu ihrem Sklaven gemacht! . . Es sei! Der
„Ich
melnd:
muß
Baron Rosenau
dem Wiener Hofe leistete,
König weiß, daß ich heut gehe, Knyphausen werde ich benachrichtigen — es gilt nur noch den Abschied von ihr!" Er erhob sich und ging hinüber in den Saal, wo er Jela am
Mit einem lauten Schrei wandte sie sich um in seine Arine. sich „Du willst gehen? ich habe es gehört, wie dieser Preußenkönig es dem Vetter sagte!" rief sie leidenschaftlich. „O, wann kommst Du wieder?" „Bald, bald, Jela!" tröstete er. „Wenn ich am Ziel bin, wenn ich der stolzen Tököly ebenbürtig sein werde!" Ein fast harter Zug zeigte sich um den schönen Mund, als wollte sie sagen: „Das wirst Du nie!" Sie entgcgnete aber nur: Fenster stehend fand.
und warf
„Willst Du kommen,
wenn ich die Sehnsucht nach
Dir
Dir
nicht mehr
Sieg davon trägt über wenn Du Dein Ziel noch nicht erreicht
die Kleemcnts, der mühsam eine heftige Unruhe niederkämpfte.
meistern kann, wenn die Liebe zu
Als die heilige Handlung zu Ende war und Kleement zum König trat, reichte ihm dieser abermals die Hand zum Kuß, und schmückte ihn dann mit dem Orden äo In GLiuwositö. „Dieser Orden," bemerkte der König in dem eigenthümlich lehr¬ haften, würdevollen Ton, den er zuweilen annahm, während er ihm das achtspitzige, himmelblau-emaillirte Kreuz mit dem goldenen F, dein emaillirten Kurhute und der Devise „Generosite“ an einem
den
Stolz der Tököly, auch Willst Du kommen, wenn hast?
den
ich
Dir
sagen
lasse,
ich
will
Dein sein?"
breitgewässerten,
„Mein Ehrenwort darauf!" rief er, hingerissen von ihrer Schön¬ heit, ihrer Leidenschaftlichkeit. Dann zog er den Ring mit dem seltsam leuchtenden blauen Stein von der Hand, und sagte ebenso erregt wie das schöne Mädchen: „Nimm ihn hin! Der große Racoczy trug ihn einst am Finger und belohnte treue Dienste damit, aber erst
von meinem
nach
auch sein Herz pochte; er wußte, daß jedes verlegene, unsichere Wesen
und färbt
Königs weckte; verdankte er doch hauptsächlich seiner unerschütterlichen Sicherheit den Einfluß aus den Herrscher. „Komme Er heut Abend noch einmal in's Schloß", sprach Friedrich Wilhelm, als er merkte, daß Kleement noch weiter reden wollte; „hier im Gotteshaus ist es unstatthaft, und jetzt wird der
mir einst
„dieser Orden ist schwarzen Bande umhängte, in Gott ruhenden Herrn Vater, da er noch Kurprinz war, ausgerichtet, und Er erhält ihn, weil er mich vor schwerer Ge¬ fahr gewarnt." Fest und sicher sprach Kleement seinen Dank aus, so ängstlich den
Zorn
des
Jahren wurde ich durch Gelehrte über seinen wahren Werth be¬ lehrt, den auch der Fürst nicht gekannt hat. Er ist aus AlchymistenGold gefertigt, der Stein durch Zauberkraft geweiht und gefeit; er leuchtet blau, so lange Derjenige Dir treu bleibt, den Du liebst,
Der Abenteurer wagte das Unglaubliche, er wagte zu wider¬ sprechen. „Ich muß Euer Majestät sprechen, ehe Sie Bieberstein empfangen," sagte er fest. Der König sah ihn durchbohrend an. „Gehört Bieberstein auch zu Jenen, die Er mir genannt?" fragte er, und seine Stimme schien
küßte seine
Botschaft
Stirn des
sie sich
„aber
noch
keine
Beweise",
entgcgnete
Kleement
traue ihm nicht." Friedrich Wilhelm stöhnte wie in schmerzlicher Erregung.
„Ich
mit Euch zu Knyphausen gehen", entschied er. Dann entließ auch den Bischof Jablonski mit einigen huldvollen Worten. Im Hause des Herrn von Knyphausen widerfuhr dein König
er
sofort ein Aerger:
nämlich bedenklich nach Kaffee, und die sich vor Friedrich Wilhelm blicken zu lassen, der sogar seinen getreuen Knyphausen ziemlich ungnädig abwinkte und mit Kleement allein blieb. Was sie da verhandelt, hat
Frauen
es roch
des Hauses vermieden cs,
denn auch Niemand erfahren; nur erhielt Knyphausen, als der König
endlich ging, den Befehl, dem Abenteurer 2000 Dukaten auszuzahlen, damit er weitere Entdeckungen niachen könne. Der Minister schüttelte den Kops, als er die Treppe wieder hinaufstieg, nachdem er seinen Monarchen bis an die Thür geleitet hatte. „Gestern 7000 Thaler, heut 2000 Dukaten, wer kann sich rühmen, das vom König erlangt zu haben?!" Und doch schien Kleement sich aller seiner Erfolge nicht zu freuen, er iaß in seinem Zimmer, düster vor sich blickend und mur¬
sich fest
blau
sei!
Du folgst
leuchten, immer und
der
ewig!"
umschlungen eine lange Weile, dann rissen
In
der Nacht noch reiste Kleement ab
—
Viertes Kapitel.
Das treue
In
werde
Du
wohin? hatte, er Knyphausen nicht mitgetheilt.
leise,
ich
„Es
und sagte jauchzend:
Ringes, — er wird
von einander los.
zu beben.
habe
Sendest
Ring, so will ich kommen, und wenn ich am anderen Ende der Erde verweilte!" Er war vor ihr niedergeknieet und reichte ihr das Kleinod; sie
Sie hielten
Bieberstein auf mich warten."
„Ich
dunkelroth, wenn er die Treue bricht.
sich
diesen
Blut
von Anhalt.
der Spree war schwule Herbstwitterung draußen; Gewitterluft, trotz der scharfen naßkalten nicht allein die Diener huschten ängstlich die Treppen hinauf und hinab, nicht nur die Pagen unterdrückten jedes Lachen, jedes lautere Wort, selbst Minister und Generale, die zum Vortrage in die Ge¬ mächer des Königs schritten, seufzten hörbar und kehrten mit gefurch¬ ten Stirnen zurück; die Königin und ihre Kinder schienen unsichtbar
dem Königsschloffe
geworden zu sein
—,
ganz
zu
Köln an
Berlin und Potsdam zitterte.
Des
Königs Löwenzorn war ja bekannt genug, aber man hatte sich all¬ gemach daran gewöhnt; die Laune jedoch, in welcher sich Friedrich
war unerträglich; seinen Mißtrauen, das sie bis ins innerste Herz kränken mußte. Er sprach nur von Verrath und Falsch¬ heit — kurz, Niemand begriff, was mit dem Herrscher vorgegangen war. In Potsdam lud er sich ganz unbekannte Bürger ein, die
Wilhelm
seit
Treuesten
begegnete
einigen
er
Wochen
mit
befand,
einem
zitternd kamen, ahnungslos, wie sie diese hohe Ehre verdient hätten; nur seine gewohnte Umgebung hielt er gänzlich fern. Namentlich in Berlin sckien es ihn nicht zu leiden; sobald die nöthigen Geschäfte
In
beiden Schlössern abgethan, fuhr er wieder hinüber nach Potsdam. er wenn ein nur, paar geladene Pistolen vor seinem aber schlief er
Bett hatte. An einem trüben Herbstmorgen befand
dieser Beziehung Schwedts zu unserm Herrschergeschlecht,
darf das vor¬ liegende Buch ein allgemeineres Interesse in Anspruch nehmen. Aber auch die Gründlichkeit und Sicherheit der Forschung und die Besonen-
der von
heit im Urtheil, die wir überall im Werke antreffen, sowie die breitere historische Grundlage, die der Verfasser seiner Arbeit zu geben ver¬ standen hat, empfiehlt es Allen, welche den literarischen Erscheinungen
auf
auf
sich For^-ade
im Schloß
und blickte trübe in den Lustgarten hinab; er wartete auf den König,
Potsdam kommen sollte, und wenn der Getreue sich sonst Stunden gefreut hatte, so wünschte er jetzt sie überstanden Es war nicht Furcht, die den tapferen Soldaten finster zu haben. stimmte, es war ein tiefes Mitleiden mit dem geliebten Herrscher, solche
denn seinem scharfen Auge war es nicht entgangen, daß Friedrich Wilhelm selbst unsäglich in den letzten Wochen gelitten hatte. Am Kamin in der Ecke des Saales standen von Bredow und von Stechow, und suchten sich an der spärlichen Flamme die Hände zu wärmen, denn noch war der Wagen des Allergestrengsten nicht vorgefahren. In ihren vergeblichen Versuchen wurden sie, eben so wie der General in seinem finstern Brüten, durch einen mächtigen
Tritt
unterbrochen, der sporenklirrend die Treppen heraufkam.
„Der Fürst von Dessau!" raunten Thür
sich die
öffnete und der berühmte Held
sich
Pagen zu, als die
von Hochstedt und
Turin
Er war damals noch nicht der alte Dessauer mit dem finstern Angesicht voll Runzeln und Falten; nein, er war ein großer schöner Mann mit blitzenden Augen unter der kühnen Stirn, einer mächtigen, aber edel geformten Nase und einem auffallend schönen eintrat.
Munde, der weiche Linien genug zeigte. Das volle Haar war lockig, und konnte nur mit Hülse von Bürste und Puder in die vorschrifts¬ mäßige Frisur gebracht werden. Er trug eine blaue Montur mit dem
Stern
des schwarzen Adlerordens aus der
bekanntlich nie ablegte,
so
linken Brust, den er
daß Dessauer's Leumund noch heut be¬
hauptet, er habe ihn auch im Bett getragen; dazu die unvermeidlich pralle Weste, einen Degen mit silbernen Gefäß, eine reich gestickte Feldbinde und einen dreieckigen Feldzeichen
seiner
Hut mit
brandenburgischen
einem Eichenzweiglein, dem Truppen im spanischen Erb-
solgckriege.
Von Bredow und von Stechow grüßten militaicisch, der Fürst Hand hin, die dieser seufzend
annahm.
„Noch immer schlechtes Wetter?" fragte der Fürst, in das Ge¬ Edelmannes blickend.
sicht des
„Alles beim Alten, Durchlaucht," lautete die Antwort. „Dem Dinge muß ein Ende gemacht werden!" sagte Leopold und setzte den Fuß fester aus.
„Aber wie?" seufzte Fortzade. meine Sache", entgegncte Anhalt kurz.
„Ist
„Wann fing's
an? laßt sehen!"
„Das weiß Niemand
besser,
als ich und die beiden Knaben da,"
erwiederte For^ade.
„Wenn Fürst
es
kein Staatsgeheimniß ist, so
theilt mir's mit", sagte
sich setzend.
(Fortsetzung folgt.)
Literatur. Thomae, G. vr., Geschichte der Stadt und Herrschaft Schwedt. Mit einer photographischen Ansicht des Schlosses Schwedt und einer Stammtafel des Hauses Brandenburg-Schwedt.
S. VIII. 319. Berlin, 1873. Puttkammer L Mühlbrecht. Dies Buch, deffen Widmung Kaiser Wilhelm huldvoll ange¬ nommen hat, behandelt, wie der Titel sagt, die Geschichte der Stadt und Herrschaft Schwedt, und dabei die der Herren dieser Besitzung: der
BeDem Verfasser lagen bereits Vorarbeiten vor, 1) v. Probst, Beiträge zur Geschichte und Statistik der Herrschaft Schwedt, 2) dasselbe Werk in einer Umarbeitung: Stadt und Herr¬ schenken.
Ein historischer Beitrag (1834), 3) v. Medem, Ge¬ Stadt Schwedt und des Schlosses Vierraden. Allein die
schaft Schwedt. schichte der
beiden erstgenannten Werke behandeln eigentlich nur das Jahrhundert der Markgrafen, das letzte,
welches
mit vielen Urkunden ausgestattet
hat einen vorwiegend diplomatischen Charakter. Da zudem alle drei Werke längst aus dem Buchhandel verschwunden sind, so ist die Arbeit des Verfassers, die ja auch viel Neues bietet, gewiß dankeusist,
werth und verdient unsre Aufmerksamkeit. Thomae hat den ganzen Stoff in 5 Abschnitte eingetheilt. Der erste umfaßt die ältesten Zeiten bis zum Jahre 1481, in welchem Schwedt insofern zu einer gewissen Selbständigkeit
Mittelpunkt der Herrschaft mählig tritt aus dem Nebel,
der
breitet ist
gelangt,
des Grasen von Hohenstein
als
wird.
der um die Gründung der Stadt — der Verfasser entscheidet sich für die Ableitung
es
Allver¬ des
Namens der Stadt von dem slavischen Adjektiv swjatj und hält den Ort für eine alte Culturstätte, — diese selbst mehr und mehr hervor. Schwedt wird ein wendischer Burgflecken, und bei Gcrmanisirung der
Mark und Pommerns Burgvogtei.
Unter den Anhaltinern kommt weiter empor, wird aber dann von den bairischen Markgrafen an Pommern abgetreten und erst von dem Hohenzoller Friedrich II. zu¬ rückerobert. Albrecht Achill veräußerte an den Grafen Hans v. Hohen¬ sie
stein, der aus. der kelbra-heldrungen'schen Linie stammte und theils Drang nach Krieg und Abenteuern folgend, theils durch Schulden gedrückt, beim Kurfürsten Dienste genommen hatte, das Amt Dier-
seinem
nickte freundlich und streckte Fortzade die
der
dem Gebiete heimatlicher Geschichtsforschung theilnehmende
achtung
Grafen von Hohenzollern und der Markgrafen von Brandenburg. Schwedt, einer Seitenlinie des preußischen Königshauses. Schon wegen
als erbliches Lehen, zu dem der Graf 1430 Schwedt für 300 rheinische Gulden hinzu erwarb. (2. Abschnitt). Unter dessen Nach¬ folgern, von denen einer, Graf Wilhelm, zur Reformation übertritt,
raden
machte sich
verdient.
namentlich
Martin
Nach dessen Tode
wegen
seiner Fürsorge um Schwedt
(1609) fiel — hier beginnt
der 3. Ab¬ schnitt — Schwedt als offnes Lehen an das Kurhaus zurück. Von da ab ist Schwedt wiederholt Wittwen-Ausstattungsgut brandenburgischer
Kurfürstinnen, zuerst Wittwengut der Knrfüstin Anna, darnach Aus¬ stattungsgut von Elise Elconora. In diese Zeit fallen die schrecklichen Verheerungen des 30jährigen Krieges. Von 1638—39 war die
Stadt
so verödet, daß die Kirchenrechnungen cessirten. Im Jahre 1670 kommt Schwedt (4. Abschnitt) durch Kauf in den Besitz der Kurfürstin Dorothea, unter deren Regierung die persönliche Dienst¬
barkeit in Schwedt aufgehoben, eine große Anzahl französischer Flücht¬ linge aufgenommen, und die seither berühmt gewordene Tabakskultur eingeführt wird. Nach ihrem Tode fällt Schwedt als Majorat an ihren ältesten Sohn, den Markgrafen Philipp Wilhelm, der sich um die Hebung der Herrschaft große Verdienste erworben hat. Ihm folgte Fftedrich Wilhelm, für den anfänglich der preußische König Friedrich Wilhelm I. die Vormundschaft führte. Die Charakterzeichnung dieses Markgrafen ist dem Verfasser besonders gelungen. Er zeigt, wie dieser es sich eifrig angelegen sein läßt, dem genannten König, seinem Schwiegervater, bis ins Kleinste in seiner Regierungs¬ weise nachzuahmen, namentlich in militärischer Hinsicht und in der Art der Polizei- und Gerichtspslege. Einige Anekdoten, die S. 223
und folgende mitgetheilt worden, sind für die Derbheit des Margrasen wie für den geistlichen Hochniuth der danialigen protestantischen LandPastoren gleich bezeichnend.
Ihm folgte 1771
sein Bruder Friedrich
52 Die Redaction
„Bär"
richtet an alle Freunde
Heinrich, unter dem Schwedt das „lustige Städtchen an der Oder" Ein düstres Bild bietet dagegen das Verhältniß zu seiner wurde. armen Gattin Lepoldine, die, auf die nichtige Anklage der Untreue hin, von ihren geliebten zwei Töchtern getrennt wurde und einsame Jahre in der Festung Kotberg zubringen »mßte, wo sie 1782 ihrem Kummer
Bitte, das im Entstehen begriffene märkische Pro» Vinzial-Museum mit Einsendung von Gegenständen, welche zu der Ge¬ schichte der Mark in kulturhistorischer Beziehung stehen, bedenken zu wollen. Grabfunde, wie: Urnen, Stein- und Bronze-Werkzeuge,
Als 1788 ihr Gemahl im 80. Lebensjahre starb, wurde die Herrschaft, nach dem Erbrecht von 1690, den preußischen Kron-FideiKommiß-Domänen einverleibt. An dieser Stelle verweilt der Ver¬
schaftliche Geräthe, Waffen, Glas und Oelgemälde, Bücher rc., auch wenn solche bereits dem Mittelalter angehören. Ferner: Urkunden auf Pergament und Papier, Siegel, kirchliche Geräthschaften. Gegenstände, welche nicht der Mark angehören, sind der Vergleichung
Waffen
erlag.
fasser bei der fruchtbaren Betrachtung, welchen materiellen Segen, aber welche Nachtheile
auch
kleinen
Stadt
in moralischer Hinsicht die Erhaltung
gebracht hat.
Vergnügungssucht
und leichte
Zahl. Aus dem Einführung der constitutionellen Regierung bei des Staatsfiscus Zweifel darüber entstanden,
ohne nach
Desgleichen:
Münzen, Wirth-
Ein Hervorziehen solcher Gegenstände lohnt sich fast immer und die dem Museuni überlaffenen Objecte werden, mit dem Namen der Geber versehen, einen würdigen Platz in den Reihen der Sammlung erhalten. Die Redaction des „Bär" nimmt dergleichen Zusendungen bereitwilligst
der Verwaltunsbehörde ob die Herrschaft dem
Durch Cabinetsodre v. 1. 5. 1854 Fiscus Entscheidung gebracht, welche in allen rechtlichen wurde die Sache zur Die Publikation des Krone ausfiel. drei Instanzen zu Gunsten der Urtheils des Obertribunals erfolgte am 28. Juni 1872. oder der Krone gehöre.
Dr.
rc. sind besonders erwünscht.
In
Sitten
in einer kleinen Residenz; das lehren Beispiele 5. Abschnitt haben wir noch zu erwähnen, daß
der vaterlän»
wegen ebenfalls willkommen. vielen Familien- und amtlichen Wohn- und Geschäftsräumen finden sich noch Gegenstände vor, .welche dort fast unbeachtet unter Staub und in dem Dunkel der Corridore, der Böden rc. begraben liegen, für eine Samm¬ lung aber immerhin werthvoll sind.
dieser
sind unausbleiblich
des
dischen Geschichte die
entgegen.
Adreffc: Alfred Puttkamerstraße 8.
Weile.
Verlagsbuchhandlung in Berlin, 8.5V., Die Redaction des „Bär."
Ergebenste Bitte. Der Endesunterzeichnete beabsichtigt, eine
Radtke.
Berliner
Geschichte des zu schreiben und ersucht daher ganz ergebenst alle Diejenigen, welche auf denselben bezügliche Mittheilungen in Händen haben oder solche persönlich zu geben im Stande sind, ihm diese baldgefälligst zu¬ gehen lassen zu wollen.
Wontags-Klubbs Briefkasten. M. in B. Das König!. Lcihamt hier ist auf Grund Allerh. Kabinets-Ordre vom 24. Februar 1834 nach dem Regl. vom 8. des¬ selben Monats (Gesetz-Samml. de 1834 Nr. 6) errichtet, und hat einen Zu¬ sammenhang mit dem ehemaligen Adreßhause niemals gehabt.
Aufruf! Am 10. März 1876 100 Jahre, daß Königin Lomse, die Mutter unseres geliebten Kaisers, das Licht der Welt erblickte. Königin Luise! Diese edle Fürstin und Frau lebt ewig fort, nicht nur im Gedächt¬ nisse des Volkes, sondern auch im Herzen dessel¬ ben. Wohlan! begehen wir diesen 100jährigen Geburtstag würdig, indem wir einen Luisen¬ fonds bilden, um begabten Kindern aus den Volksschulen bis zu ihrer Selbstständigkeit beizustehen, wobei jedes 2. Jahr die Kinder von Volksund Elemcntar-Schullehrern, welche Mitglieder Jährlicher Beitrag sind, bevorzugt werden. Eijnc Mark. Die Beitrctendcn wollen genaue Adreffc (Namen, Stand, Wohnung) dem mitunterzeichnetcn Marienfcld, Berlin W., Frobenstr. 33,1., aufgeben, womit zugleich die Genehmigung als ertheilt angeseben wird, ihren Namen als Mitbegründer veröffentlichen und unter die nöthige Eingabe an die Behörden setzen zu dürfen. Bei¬ träge werden erst nach der Genehmigung der Be¬ hörden und nach Bildung eines Kaffcn-CuratoMöge jeder Wohlwollende riums angenommen. in seinem Kreise sich mit Liebe für diese Stiftung interessiren. Insbesondere richten wir diese Bitte an die Herren Lehrer, dann wird eö an Gottes Segen nicht fehlen. Berlin, im Januar 1876. Geheimrath Dr. Georg Kurs. O. Marienfeld, Berlin W., Frobenstraßc 33." es
—
für
—
3
Europa.5 .
der vormals souverän.Staaten
in
Reichs.6
der Städte (232) des Deut¬ schen
Verlag von
Alfred Weile in Berlin.
Perleberger Neimchromk. Perleberg von 1200—1700.
Gedichte mit historischen Anmerkungen. Von
N- Köpfner. gr. 8.
geh.
90
S.
Preis
1
M. 20 Pf.
Diese interessante poetische Chronik der alten __ Stadt von dem bekannten Verfasser der „ Berliner Reimchronik" war bisher nur im engeren Kreise
Der Tod
1) Das Märkische Museum ist bis auf Weiteres
Uhr für
Museum aufgestellten Gegenstände dürfen nicht berührt werden. Berlin, den 18. Dezember 1875.
Direktion
„
des Märkischen
Provinzial-Musenms.
Friede!. Virchow. Pflug. Hermes.
„
Älex.Pribil, Berlin, j
in deuifdiee Sage und Siliung,
12 bis
das Publikum geöffnet. Durchreisende Fremde, sowie solche Personen, welche die Samm¬ lungen zum Studircn oder zu ähnlichen bestimmten Zwecken benutzen wollen, erhalten auf Meldung werktäglich zwischen 12 und 2 Uhr Zutritt. 2) Der Besuch ist unentgeltlich, den Aufsehern die An¬ nahme von Geschenken verboten. 3) Die Besucher haben den Anordnungen der Aufseher Folge zu leisten. 4) Kinder werden nur in Begleitung Er¬ wachsener, Kinder unter zehn Jahren überhaupt nicht zugelassen. 5) Nur reinlich gekleidete Per¬ sonen haben Zutritt. 6) Das Rauchen und das 2
Mk.
„
Alfred Weile in Berlin.
Verlag von
der
Mitbringen von Hunden ist verboten. 7) Die im
— der Deutschen Kaiser . . 4^ „ Sämmtlich neu oder in neuen Auflagen. Vorräthig in der Polytechnischen Buchhandlung in Berlin, Leipziger Str. No. 72, b. Dönhofsplatz.
Uhr.
Soeben erschien:
Provinzial -Museum Stadtgemeinde Berlin.
das Märkische
Montags und Donnerstags von
der souveränen Staaten der
Erklärender Text hieran
III., W.
zwischen 11 und 2
verbreitet.
in Frank¬
Erde.6
Wapwen
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Heraldische Tafeln Im Verlag von Wilhelm furt a. Hl. ist erschienen:
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— Verantwortlich für Redaction: Ferd. Meyer in Berlin. — Druck: Bahlke u.
Hindersin in Berlin.
Unter Mitwirkung von Dr.
Dr echt,
Pros. Dr.
Daulus
Kassel, Stadt-Archivar Z-idicin, Thcod. Aontane, Geh. Regier.-Rath Freiherr Dr. von Ledebur
Geh. Hofrath
L.
Schneider, Archidiaconus Schwebet in Cüstrin
re. rc.
herausgegeben von
KM
George Das
und
Jerdinand Meyer.
Blatt ist durch alle Buchhandlungen und Postämter, sowie durch die Expedition (Puttkamerstr. 8) zu in Berlin zu senden, welche sie oer Redaction übermitteln wird. — Inserate, pro 3 gesp. Petitzeile
Beruh. Arndt,
Inhalt.
Königs-Geburtstag in Berlin, von
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beziehen. — Literarische Beiträge sind an die Berlagshandlung von Alfred Weile 25 Pfg., werden von den Herren Haas enstein u. Vogler, Rud. Mosfe, sowie von der Verlagöyandlung (Puttkamerstr. 8) entgegengenommen.
Ferdinand Meyer.
— Der Harlungerberg bei Brandenburg, von
vr. G. Sello. —
Literatur. — Briefkasten.
Lömgs-Getmrtstag in Berlin. Bon .fcnlinnml .ftkijcr. ine Fülle geschichtlicher Begebenheiten knüpft
175
DL nunmehr
Jahren
an
sich
seit
die Geburtstagsfeier
der
preußischen Könige, speciell in Berlin. Von einer frü¬ heren Geburtstagsfeier unserer Regenten verlautet dagegen nur wenig; zweifelsohne, weil inan den Schwerpunkt auf den mit dem Sakrament der Taufe verbundenen Namenstag legte, welcher denn auch mit dem glänzendsten Pomp be¬
IV. zu Tangerinünde erbauten Burg zu halten. Von dort kam er nur zeitweise und bei besonderen Gelegen¬ heiten nach Berlin. So im Jahre 1420 mit seiner Ge¬ mahlin Elisabeth (von den Märkern die „schöne Else" genannt), welche ihm hier in dem „hohen Hause" der Klosterstraße die Prinzeß Dorothea, uachherige Gemahlin des Herzogs Heinrich Kaiser Karl
von Mecklenburg, gebar.
Mit
gangen wurde.
Gleichwohl hat Berlin über die ersten Landesherren auch von derartigen Festlichkeiten Nichts aufzuweisen. Die An¬
haltischen Markgrafen hielten ihre
ff
meist
in
der Altmark, namentlich zu Salzwedet,
Tangermünde., sich
gewöhnliche Hofhaltung
Nur von Zeit
brachte, zogen sie
zu Zeit, wie die
Stendal und es mit
Sitte
im Lande umher, um über
den Frieden
und die Handhabung der Gesetze zu wachen. Zuweilen wurde dann auch Berlin für einige Zeit der Sitz ihres Hoflagers, dessen
Territorium
der alte „markgräfliche
Hof" in
der Kloster-
straße, gegenüber dem Lagerhause, bildete.
Häufiger aus dem unter den
geschah dieser
Aufenthalt unter
den
Markgrafen
Bayrischen Hause, während von einer Residenz Luxemburgischen Markgrafen in der Mark nicht
die Rede war.
I., aus dem Hause Hohenfür gewöhnlich seinen Hof in der von
Auch Kurfürst Friedrich
zollern,
pstegte
Erbauung
(1442 — 1451),
des eigentlichen
durch seinen
Kurfürstlichen Schlosses
Sohn Friedrich II., trat zugleich
Gewalt der Landesherrschaft und eine Ordnung der Dinge ein. Auch die nächstfolgenden Fürsten bewohnten sehr häufig die Burg zu Köln an der eine unumschränktere
festere
Spree, denn'dieselbe bot ihnen mehr Räumlichkeiten dar, als auch Tangermünde nicht ganz von ihnen
Spandau, obwohl
verlassen blieb. Eben so verweilte der Hof abwechselnd zu Arneburg und in dem Jagdschlösse Grimnitz in der Uckermark. Im klebrigen war der Haushalt der ersten fünf Kur¬ fürsten des Hohen; ollern'scheu Hauses einfach, wenigstens wird
nirgends erwähnt, daß eine besondere Pracht geherrscht habe. Sie ergötzten sich durch Unterhaltungen, die damals an den
Höfen gebräuchlich waren: fröhliche Gelage und Bankette, Jagden und Ritterspiele. Und wie sie namentlich den Letzteren an auswärtigen Höfen gern beiwohnten, so auch wurde ihr Hof nicht selten von Fürsten besucht, welche die ritterlichen
I
54
Spiele liebten, mit
denen insbesondere
Taufen und Hochzeiten
ge¬
feiert wurden.
Eine andere Gestalt gewann der Hof zu Berlin unter dem ritter¬
II.
Die alte Burg, Bürger ohne¬ hin nicht mehr bedurfte, wurde niedergeriffen und der Bau eines lichen und prachtlicbendcn Kurfürsten Joachim
deren
cS
bei dem ruhigen und treuergebenen
Sinn
der
das in seiner längs der Spreeseite noch Gestalt vorhandene» und Einrichtung den veränderten Geist der Zeit und Sitten darstellte. Auch jetzt noch gaben Taufen und Vermählungen allein Gelegenheit zu glänzenden Festen; wie im Jahre 1537 aus Veranlassung der Taufe der ersten Tochter Joachims II., Elisabeth Magdalena, die Stechbahn unmittelbar an der, bis zum heutigen Hauptportal sich erstreckenden Front des Schloffes entstand. Nach de» Drangsalen des dreißigjährigen Krieges folgte Kurfürst Friedrich Wilhelm, in Bezug auf äußeren Glanz des Hofes, dem Beispiele Joachims II. Unter ihm tritt uns zuerst, im Jahre 1669, während seines Aufenthalts in Königsberg, die Feier des fürstlichen Geburtstages durch Aufführung eines Ballets entgegen. Die studirenden Adeligen hatteir das Fest im großen Schloßfaale daselbst veran¬ staltet, und der Kurfürst selbst eine Rolle dabei übernommen. Frie¬ drich Wilhelm hegte eine große Vorliebe für das Ballet, welches häufig bei festlichen Gelegenheiten von jungen Adeligen, auch wohl unter Mitwirkung der Prinzen und Prinzessinnen seines Hauses aufgeführt wurde; selbst die Kurfürstin verschmähte es nicht, bei diesen Vor¬ stellungen mitzuwirken. Nicht minder waren die sogenannten „Wirth¬ schaften" oder Muniinereien, in denen Personen und Charaktere der alten Zeit auftraten, bei Hofe beliebt. An den Geburtstag des Kurfürsten Friedrich III. (nachmalige König Friedrich I.) knüpfen sich mannigfach denkwürdige Begebenheiten. Nach der alten Kalenderrechnung am 1. Juli 1657 zu Königsberg neuen Schlosses begonnen,
berichtet zunächst die Tradition von einer Prophezeiung,
geboren,
die ihm am Tage der Geburt verhieß, daß einst die Königskrone
auf
seinem Haupte strahlen würde.
des
Kurfürsten bewegten,
so entwickelte sich doch schon
damals seine Neigung für äußere Pracht, die den Höfen der mächtig¬ sten europäischen Fürsten
faltete
Pracht
diese
sich
in Nichts nachgab.
Zum
ersten
Male
ent¬
bei der Erbhuldigung der Kurmark, am 12.
Juni 1688, in Berlin; seines
demnächst folgte das grandiose Leichenbegängniß Vaters, am 12. September desselben Jahres.
Seit Friedrich
der Rückkehr aus dem ersten Feldzuge am Rhein wendete
III.
seine besonderes Augenmerk den Künsten
der Baumeister und
Maler wurde
bedeutend vermehrt.
zu; die Zahl Zu den Letz¬
teren gehörte namentlich der aus dem Haag gebürtige Geschichtsmaler
Terwesten,
welcher im
Jahre 1694, als
der
Kurfürst eines seiner
Gemälde beifällig aufgenommen, die Gelegenheit benutzte, um den
Kurfürsten den von jenen Künstlern gestifteten Privatverein als eine Anstalt zu empfehlen, aus der eine Akademie, ähnlich wie in Rom und Paris, sich bilden ließe. Der Fürst nahm diese Idee mit Leb¬ haftigkeit auf, und traf ohne Verzug die zu ihrer Ausführung er¬ forderlichen Anstalten; indessen wurde dieselbe durch die Streitigkeiten wegen des Direktorats verzögert, bis im Jahre 1699 die feierliche Einweihung der Akademie der Künste und mechanischen Wissenschaften, am Geburtstage des Kurfürsten, erfolgte. Schon vorher hatte derselbe den hohen Werth, welchen er auf die Wiffenschasten legte, durch die prächtige und glänzende Einweihung der von ihm gestifteten Friedrichs-Universität zu Halle, an seinem Geburts¬
tag im Jahre 1694, kundgegeben. dies Bestreben durch die
Stiftung
In gleicher Weise dokumentirte
III.
sich
der Berlinischen Akademie der Wissen¬
schaften, ebenfalls an des Kurfürsten Geburtstag,
im Jahre 1700.
verweilte an diesem Tage in der .Lietzenburg" — baS heutige Königliche Schloß zu Charlottenburg, welches von seiner Friedrich
Ueber die mit einem Maskenfest verbundene Feier im Jahre 1700 berichtet Leibniz in einem Brief an die Mutter der Fürstin: „Ein barockes Quodlibet von maskirten Aufzügen, lebenden Bildern, dramatischen Scenen und Schaustellungen aller Art entfaltet sich vor unseren Augen. Die Scene stellt ein Jahrmarktsfest in einenr kleine» Dorfe dar; die Bühne, im Orangeriehause aufgeschlagen, ist mit
Art besetzt. Man verkauft — natürlich — Schinken, Wurst, Thee, Chokolade, kühlende Getränke; ein phantastisch ausstaffirtes Publikum bewegt sich zwischen den Zelten der Krämer. Die Hauptrolle spielt der Buffo der deutschen Jahr¬ märkte, der Doktor Empinger — der Quacksalber. Selbst auf einein nachgemachten Elephanten reitend, zieht er ein ganzes Heer von aben¬ teuerlichen Gestalten, Charlatanen in seinem Gefolge mit sich: Springer, Seiltänzer, Wahrsager. Besonderen Beifall erwarb ein Taschenspieler, der seine Kunst mit staunenswerther Fertigkeit ausübte — es war Verkaufsbuden mannigfacher ohne Geld
Kronprinz (nachmalige König Friedrich Wilhelm I.), der sich dieser mit dem größten Beifall aufgenommenen Rolle unterzogen hatte. Besondere Aufmerksamkeit erwarb sich ferner die Frau des Quacksal¬ bers , die von der Kurfürstin dargestellt wurde; sie erschien in einer
der
Portcchaise, die von ihren Dienern getragen wurde.
Quacksalbers folgt ein Ballet von Zigeunerinnen. selben, Sophien Charlottens Liebling, die
Den, Zuge
Die Führerin
des der¬
Fürstin von Hohenzollern,
richtet an die Hörer eine poetische Ansprache, die der Hofdichter und Ceremonienmeister, der unverwüstliche v. Besser, gedichtet hat. Aber neben solchen Vergnügungen fehlt es auch nicht an burlesken Späßen.
Ein Zahnarzt tritt auf, um an einer Hofdame figürlich — der ausgerissene Zahn hatte
seine Kunst
Armes." in seiner Muttersprache redete, und die Gesandten von Polen, Dänemark, Holland rc. an¬ zu verrichten
Da jeder Theilnehmer
die Länge eines
dieser Maskerade
wesend waren, so herrschte, wie Leibniz weiter berichtet, eine
Wenngleich die wichtigsten politischen Verhandlungen den Re¬
gierungsbeginn
Gemahlin Sophie Charlotte nach dem Muster des Versailler Schlöffe; erbaut wurde, und deffen Einweihung im Jahre 1699, am Geburts¬ tage des Kurfürsten stattfand.
wahrhaft natürlich der Effekt des Ganzen noch besonders erhöht wurde. Zum Schluß erschien der Kur¬ fürst aus seiner Loge, in der Tracht eines holländischen Matrosen. So waren denn Alle auf das Aeußerste contentirt, und man gestand sich, daß selbst eine Oper, die Tausende gekostet hätte, die Gesellschaft nicht besser amüsirt haben würde. Unter glänzenden Festlichkeiten fand dann, nachdem der Kur¬ babylonische
Sprachverwirrung,
wodurch
fürst die Königskrone sich aufgefetzt, die Feier seines Geburtstages im Jahre 1703 durch die Aufstellung der Reiterstatue seines Vaters auf der Langen (Kurfürsten-) Brücke, am elften Juli statt. Denn seit der Einführung des verbesserten Kalenders, im Jahre 1701, war durch die Einschaltung von zehn Tagen der Geburtstag des Königs auf den 11. verlegt worden. Eine Nachfeier bildete am folgenden Tage die Enthüllung des Standbildes mit militairischen Pomp, unter Ab¬
haltung eines Gottesdienstes in sämmtlichen Kirchen. Besonders glorreich gestaltete die Feier sich im Jahre 1709 durch die Zusammenkunft der Könige von Dänemark und Polen mit dem König von Preußen in Berlin, zur Berathung der nordischen Angelegenheiten. Diese Zusammenkunft gab damals zu mancherlei Betrachtungen Ver-
anlaffung. Die drei Monarchen führten den Namen Friedrich; an jenem Tage stand die Sonne mit den beiden Planeten Satum und Venus in einer geraden Linie; an ihm unterlag Karl XII. von An jenem Juli fand Schweden feinem Schicksal bei Pultawa. auch, nach dem glänzenden Einzuge der drei Monarchen, die Taufe der Kronprinzlichen Tochter Friederike Sophie Wilhelmine statt. Sonst mögen, bei der besonderen Vorliebe des Königs für
II.
Wafferfahrten und Thierhetzen, welche letztere der Oberjägermeister von Pannewitz in vorzüglicher Weise anzuordnen wußte, solche nebst den damals gebräuchlichen Feuerwerken stattgefunden haben.
55
I.
bewohnte die zweite Etage neben der Schloß-
ein größeres Gewicht zu geben, die Taufe in demselben Monat, am
Apotheke, und ließ dann die Fluchträume längs der Lustgartenseite bis zum Weißen Saal erbauen.
31., in der Schloßkapelle unter glänzenden Festlichkeiten statt. Als dann im folgenden Jahre der Kronprinz zur Geburtsfeier dieses seines Sohnes ein Fest veranstaltete, war es der letzte freudige Glanz, der in das Leben Friedrichs I. fiel —: zum letzten Male er-
König Friedrich
Friedrich Wilhelm I.,
am 15. August 1688 zu eigentlich drei hatte Geburtstage. Sein wirklicher Berlin geboren, war der 4. August, der dann durch Einfügung eines Schalttages auf den 5., und nach Einführung des neuen Kalenders auf den 15. August
König
schien er öffentlich bei de», seinem Enkel bereiteten Feierlichkeiten,
bald daraus in die
Nur mit
verlegt wurde.
Der strenge und haushälterische Sinn dieses Monarchen gab schon in den ersten Tagen seiner Regierung dem Hoflebeu eine gänzlich veränderte Gestalt; die Pracht eines glänzenden Hofes hielt er für die entbehrlichste Zierde eines
und
in
den
Staates,
in
einem schwächlichen Körper ausgestattet, hatte man
Jahren mehrfach für das Leben des Kronprinzen ge¬ An seinem vierzehnten Geburtstage wurde er zum Haupt¬
mann, am folgenden zum Major, und am siebenzehnten zum Oberst¬ Es war die tiefbedeutsamste Zeit seiner Jugend,
lieutenant befördert.
Aufenthalts folgten.
In
Waffen geübtes Kriegsheer eine fester begründete Achtung
der dann die heiteren Tage des Rheinsberger
Mit
der Zeit der Mühen und welterschütternden Kämpfe schrieb dann der König, an seinem Geburtstage 1760, an Voltaire: „Meine Lauf¬
verschaffe.
dem überaus prachtvollen, das Andenken seines ver¬
Mai 1713, König Friedrich I. dem Berliner Hofe
ewigten Vaters ehrenden Leichenbegängniß desselben, am 2. verschwand der Charakter, den gegeben
um
seiner Ahnen hinabzusteigen.
den jüngeren
fürchtet.
ein wohleingerichtetes
dem
Gruft
hatte, sogleich bis auf die letzte Spur.
Vermummungen, weder Feuerwerke noch Thierhetzeu, sondern kriegerische Uebungen zahlreicher Truppen und die Abhaltung von Jagden bildeten nunmehr die Festlichkeiten bei Hofe.
bahn ist rauh und voll Dornen und Disteln. Ich habe alle Arten von Kummer erfahren, welche den Menschen nur treffen können, und mir oft die schönen Verse wiederholt: Wohl Dem, der einsam in dem
Weder Concerte noch
Die mit
so großem Pomp be-
j
Heiligthum der Weisen rc."
Im
j
klebrigen wurden die Geburtstage des Königs, wenn nicht
Krönungsfeier unterblieb, eben so wurde die Feier der Geburts- und Namenstage in der Königlichen Familie abgeschafft.
die kriegerischen Ereigniffe
nur zwei geschichtliche Begebenheiten au den Geburtstag Königs Friedrich Wilhelm I.: die Verhaftung von Katte in Berlin, nach dem mißlungenen Fluchtversuche seines Sohnes, des Kronprinzen, — und am 15. August des folgenden Jahres die
an seinem Geburtstage der Madonna der Jesuiten in Glatz ein neues Gewand; 1743 wurde die alte Akademie zu einer Königlichen erhoben, und erhielt im folgenden Jahre, eben¬ falls am Geburtstage des Monarchen, neue Statuten; Abends fand
Wiederversöhnung mit dem Letzteren, auf dem Gouvernementsgebäude
Aufführung der Oper „Cato" statt. Im Jahre 1748 dinirtc Friedrich II. au diesem Tage bei der Königin-Mutter, wohnte dann
gangene
So knüpfen
sich denn
in Küstrin.
König Friedrich Wilhelm I. bewohnte die parterre gelegenen Zimmer des Schlosses an der heutigen sogenannten Adlerecke. Als ihm dieselben nicht Licht genug gewährten, ließ er die Fenster nach der Schloßfreiheit zu ohne Weiteres verbreitern, und eben so nach der Lustgartenseite aus einem der Fenster eine Thür herstellen, um direct nach dem davor gelegenen (damaligen) Paradeplatz der Truppen gelangen zu können. Ein hölzernes Stacket, vor welchem zwei
bildete die Umgrenzung jener Pforte.
Schilderhäuser standen,
In
König eine bequemere Verbindung mit den jenseits des mittleren Portals befindlichen Gemächern her, indem er mitten durch das Portal einen hölzernen Gang ziehen ließ, kaum hoch genug von der Erde, um dasselbe aufrecht passiren zu können. Die Beseitigung des Ganges erfolgte erst im ersten Drittel dieses Jahr¬ gleicher Weise stellte der
hunderts.
König Friedrich II. erblickte an einem Sonntag, den 24. Januar 1712, Vormittags 11'/, Uhr, im Schlosse zu Berlin das Licht der Welt. Sein Großvater (Friedrich I.) erhielt die Nachricht bei eben begonnener Tafel, und eilte sofort zu dem dereinstigen Thronerben, auf dem nun die Hoffnung der Königlichen Familie beruhte. Frie¬ drich I. hatte nur einen Sohn, und diesem waren zwei Söhne bald nach der Geburt verstorben — der erstere, wie die Aerzte behaupteten, in Folge der starken Kanonade zur Feier des Tages, an dein er das Licht der Welt erblickt. Der zweite dieser Prinzen, am 16. August 1710 geboren, wohnte noch wenige Tage vor seinem am 31. Juli 1711 erfolgten Tode mit der Stiefgroßmutter, der Königin, dem prächtigen Mittagsmahle zur Geburtstagsfeier seines damals in Hol¬ land verweilenden Großvaters bei. Auch bei König Friedrichs IL Geburt Kanonen auf den Wällen, und das Läuten der Glocken den Bewohnern der Residenz das frohe Ereigniß kund; den Wohlhabenden wurden machte der Donner der
BeTheil. Als eine günstige Vorbedeutung betrachtete man die Geburt des Prinzen im Krönungsmonat, und so fand noch, um derselben Freudenfeste
bereitet,
sörderungen aller
den
Art, und
Beamten
Gnadenbezeugungen
und
den Arnren reichliche Geldspenden zu
ihn fern von
die einfachste Weise begangen.
1742,
schenkte
Friedrich
der
Hauptstadt hielten, auf
Während seines Aufenthalts in Schlesien,
II.
die
der sich
Schauspiels „I'Lnkaut prodigue“ bei, und fand Abends zur großen Cour bei seiner Gemahlin ein. ähnlicher Weise erfolgte die Feier mit wenigen Unterbrechungen
Aufführung
des
In
bis zum Jahre 1758, in welchem der König die Gratulationen der anwesenden Prinzen, Generale und Minister, der Königlichen und Städtischen Behörden entgegennahm. Großartiger gestaltete sein Ge¬ burtstag sich nach beendetem siebenjährigen Kriege, 1764. Zunächst große Cour en Galla; von dem Thurm der Parochialkirche ertönten die feierlichen Weisen des Glockenspiels; die Freimaurerlogen, die Akademie der Künste und Wissenschaften,
so
wie die Gymnasien feierten
Tag durch Festreden; auf dem Schloßtheatcr führten die franzö¬ sischen Hofkomödianten das Lustspiel „l’Arlequin vauvage“ auf, und Abends fanden bei der Königin große Cour, Ball und Souper statt. In den folgenden Jahren wurde Königs-Geburtstag abwechselnd bei der Königin gefeiert, oder es speiste der ganze Hos, nach der Gratulations-Cour, bei dem Prinzen Heinrich in dessen, 1754 bis den
1764 durch Boumann erbauten Palais, dem heutigen UniversitätsHochstehende Personen erhielten seitdem Königliche Geschenke,
Gebäude. die Armen
Berlins Tausende von Thalern als Unterstützung.
Friedrich
II.
bewohnte die Zimmer in der zweiten Etage des
Schlosses, vom Portale zunächst der Kurfürstenbrücke bis zu dem so¬ genannten „grünen Hut" auf der Spreeseite. Dieselben Räumlich¬
keiten
in
der dritteir Etage dienten seiner Gemahlin zum Aufenthalt.
Noch bis in neuerer Zeit hingen an den Wänden eines dieser Ge¬ mächer die von dem jugendlichen Kronprinzen (nachmaligen König
Friedrich Wilhelm
III.)
Derselben
gewidmeten Geburtstagswünschc
Einrahmung. König Friedrich Wilhelm II. erblickte wenige Tage nach der Kapitulation von Prag, am 25. September 1744, das Licht der
in
schlichter
Welt. Da Friedrichs II. Ehe kinderlos geblieben, hatte er seinen Bruder August Wilhelm unter dem Titel „Prinz von Preußen" zu So war nun die Thronfolge des Königseinem Nachfolger erklärt. lichen Stammes durch den ersten Sprößling einer neuen Generation gesichert, und der König hing, am zweiten Tage nach feiner Rückkehr
56 aus dem böhmischen Feldzuge, dem Neugeborenen eigenhändig den
Schwarzen Adlerorden um, dadurch bekundend, wie hoch er das günstige Zeichen des Schicksals schätze.
Friedrich Wilhelm
II.
beging seinen Geburtstag zumeist in dem
von ihm erbaute» Marmor-Palais zu Potsdam, woselbst er auch am
16. November 1797 verschied.
Schon seit einem Jahre kränkelnd,
Sechs Jahre später (1787) wurde der Geburtstag des nun¬ mehrigen Kronprinzen zum ersten Male öffentlich gefeiert. Sein Vater gab in Charlotteuburg eine große Mittagstafel, Abends fand ein
Ball pari; statt.
die Wachtparade seiner Garde zu kommandiren.
Am
Monats kam er zur Feier seines letzten Geburtstages von Potsdam nach Berlin. Hier bewohnte der Monarch für gewöhnlich die Zimmer in der ersten Etage nach der Lustgartenseite, woselbst auch der Kaiser Napoleon I. im Jahre 1806 residirte. Die Geburt Königs Friedrich Wilhelm III., am 3. August 1770 zu Potsdam, begrüßte Friedrich II. mit Freudenthränen, und 25.
Pauken- und Trompetenschall von dem Thurme der dortigen Nikolai-Kirche verkündeten unter dem Donner von 72 erhabenen Bestimmung.
Stadt. Noch lebhafte Freude schriftlich gegen Voltaire:
Kanonenschüssen das frohe Ereigniß den Bewohnern der
äußerte Friedrich
„Ich
wünsche,
II.
seine
daß dies
Kind die Eigenschaften habe, die
es haben
»luß, und daß es, fern davon, die Geißel des menschlichen Geschlechts Und an einen andern zu sein, vielmehr dessen Wohlthäter werde."
„Ein Ereigniß,
für mich und für hat mit der leb¬ wichtig ist, mich so haftesten Freude erfüllt; und was mir diese Freude noch inniger macht, daß sie das ganze Vaterland mit mir theilt. Könnte es dereinst auch mit mir die Freude theilen, diesen jungen Prinzen aus den ruhmvollen
Freund schrieb der Monarch: mein ganzes königliches Haus
das
Bahnen seiner Vorfahren schreiten zu sehen." An seinem sechsten Geburtstage erhielt der Prinz ein monat¬ liches Taschengeld von zehn Thalern in Gold, das sein Erzieher Behnisch in Silber umsetzen sollte, damit es einen „größeren Haufen" mache. Der Prinz aber sollte darüber „ordentliche Rechnung führen und Alles hübsch bemerken, wie es verwendet, und jeden Groschen aufschreiben." Im folgenden Jahre erhielt er eine „hübsche" Uniform. Aus dem Tagebuche des jungen Prinzen entnehmen wir die schlichte Schilderung seiner Geburtstagsfeier im Jahre 1781: „Der 3. August war mein Geburtstag. Nach sieben Uhr stand ich auf, man zog mich bis nach achten an; da kam, als ich beim Frühstück just saß, ein Orangenbaum und drei Kupferstiche von meiner Schwester. Nach achten kam der Hauptmann von Boulet, welcher einen Blumen¬ topf mit Heliotropium, auch kam Herr Behnisch, welcher eine Amsel und einen Farbenkasten brachte; die Königin schickte Plane und meine älteste Schwester Friederike ein paar Sporen. Der Gärtner Fischer schickte einen Granatbaum. Bis gegen 10 Uhr spielte ich meistens mit der Drossel, ich habe mich oben verschrieben, denn es war keine Amsel. Der Oberst von Witz leben kam auch bei mir. Die Frau von Keith schickte mir eine rothe Blume in einem Topf und einen arabischen Jasminstock; die Fräulein von Pannewitz und Arnstadt schickten beide Blumen, die Fräulein von Pannewitz aber auch einen Blumentopf mit Heliotropium. Gegen 10 Uhr kam der Herr von Winterfeld und der Herr von Walbrunn, auch kam der Herr von Schwenkfeld und Knobloch. Hernach kam mein Bruder, welcher brachte einen Weinstock,
einen Judenkirschbaum und
einen
Dompfaff. Herr Gautier brachte einen Mirthcnbaum, Herr Bourdets brachte einen Granatenbaum. Die sämmtlichen Offiziere von Papa'S Regiment kamen. Nach 12 Uhr ging ich bei Mama, sie gab mir 9 Hirsche, 4 Jagdstückc und 4 Vögel in Kupferstichen; ich speisete bei Mama, da blieb ich bis nach 5 Uhr, dann ging ich nach Hause; gleich kam meine Schwester Mimi (Wilhelmine), sie blieb bis gegen sieben Uhr. Dann las ich in verschiedenen guten Büchern bis nach sieben Uhr, dann ging ich eine Minute bei der Fräulein von Pannewitz, hernach ging ich bei Mama, wo ich zu Abend speisete."
das Fest durch
eine
von
Am Geburtstage des nunmehrigen Königs, 1803, verstarb der Bruder Friedrichs II.
Prinz
Heinrich,
desselben
gab dem Neugeborenen in einem Kusse gleichsam die Weihe zu seiner
Berlin wurde
verfaßte, im Nationaltheaier gesprochene Rede begonnen, und mit einem von Reichardt komponirten Chor beschlossen.
vermochte er im September seit geraumer Zeit wieder ei» Pserd zu besteigen und
In
Ramler
Bald gestaltete Königs-Geburtstag
einer allgemeinen Volks-
mit großer So hatte der Landesvater 1808 in Königsberg, „auf dem Huben" genannt, eine Somnier-
seier, die selbst während der
Herzlichkeit begangen einem Dorfe bei
sich zu
französischen Fremdherrschaft
wurde.
wohnung inne. Hier erging das Edict vom 27. Juli, wodurch das beschränkte Nutzungsrecht der Ost- und Westpreußischen DomainenBauern aus ihre Höfe in deren volles Eigenthum umgewandelt wurde. Aus Dankbarkeit errichteten die Dorfbewohner Ehrenpforten am Ge¬
burtstage des Königs, während ihm die Einsassen der Umgebung von Königsberg ihren Erntekranz überreichten. Auch in Berlin wollte die Freude laut sich äußern, das fremde Regiment ließ sie aber bald wieder verstummen. Im Theater, wo fast höhnend nur „Oedip auf Colonos" zum Besten des Friedrichs- und Luisenstifts ausgeführt werden durfte, mußte der Festprolog unterbleiben. Ja, mehrere Be¬ wohner des Thiergartens, welche ihre Häuser mit Blumenguirlanden
hatten, mußten dieselben nicht nur entfernen, sondern hielten zur Strafe doppelte und dreifache Einquartirung. geschmückt
er¬
An diesem seinem Geburtstage erließ der König auch das mit Jubel begrüßte Edict, die Aufhebung der Spießrnthenstrafe, das „Fuchteln" der Unteroffiziere und das theilweise Verbot der Stock¬ schläge betreffend. Nur Kenntnisse und Bildung sollten von nun ab in Friedenszeiten, Tapferkeit und Ueberblick im Kriege einen Anspruch für Jedermann auf Ofsiziersstcllen gewähren. Als dann die Friedenssonne wieder schöneren Tagen leuchtete, gewann Königs-Geburtstag einen immer festlicheren Charakter; die Hauptstadt ging auch hierin dem Lande voran, und allgemach war der Typus der Feier ein stehender geworden. Daß bei dieser Gelegen¬ heit die damals unentbehrlichen Belustigungen der Berliner: Stangenklettern und Sacklaufen, Carousfel. und Feuerwerke re. auf „Tivoli" und anderen öffentlichen Vergnügungsörtern eine Hauptrolle spielten, ist Vielen aus eigener Wahrnehmung noch in: Gedächtniß. An Königs-Geburtstag wurde 1819 die Wadzeck-Anstalt, und im Jahre 1824 das Königstädtischc Theater eröffnet. Eine Episode, welche sich 1830 an diesem Tage in Berlin zutrug, theilt die „Vossische Zeitung" folgendermaßen mit: Als die Soldaten des 2. Garde-Regi¬ ments zu Fuß auf dem Kasernenhofe sich zum Festmahle versammelten, war vor je zwei Tischen die Büste des Königs unter Laubfestons aufgestellt, vor denen wiederum Töpfe mit den fchönfteu Sommer¬
blumen prangten. Nach Beendigung des Mahles packte eine schlichte diese Töpfe wieder auf einen Einspänner und war eben im Begriff abzufahren, als ein stiller Beobachter, dem das Ganze auf¬ gefallen, sich nach dem Zusammenhang erkundigte. Die Frau theilte
Frau
von einigen Leuten des Regiments gehört, wie man bei dieser Gelegenheit die Büste des Königs auszuschmücken beabsich¬ tigte. Da hatte sie sich denn mit den Blumentöpfen aufgemacht, um doch auch Etwas zur Verherrlichung des Festes beizutragen. Es
ihm mit, daß
sie
war die Wittwe
des
in Moabit
ermordeten Gärtners Schade.
An demselben Tage brachten die hiesigen Zeitungen die Nachricht von dem Ausbruch der Juli-Revolution
befürchtet,
in Paris,
die zwar langst
aber doch in solcher Heftigkeit nicht vorauszusehen war.
Das Ereigniß veranlaßte in ganz Europa eine große Aufregung, und auch in Berlin fand — nicht wie vielfach angenommen, an KönigsGeburtstag — am 17. September ein unter dem Namen „Schneider-
57
Revolution " bekannter Auflauf statt, der Veranlassung zu Unordnungen gab, im Uebrigen aber ohne alle Bedeutung blieb. Im Jahre 1831 wurde am 3. August in Berlin das BilderMusenln eröffnet; 1833 genehmigte der Monarch an seinem Geburts¬
Der Harlungerberg bei Lrandenburg. Bo» Di',
(ß. Setto.
tage die Besitznahme des Schlosses Babelsberg an seinen Sohn, den jetzt regierenden König und Kaiser.
im Jahre 1835 wurde
dieser Tag auf die festlichste Weise begangen, leider- aber bei einbrechender Dunkelheit durch einen Erceß in Berlin unangenehm gestört. Das Verbot gegen das Schießen
Auch
und Abbrennen von Feuerwerkskörpern war in Folge des dabei ver¬
übten Unsugs erneuert worden.
Dennoch ließ der auf dem Erercierplatz versammelte Volkshaufe sich darin nicht stören, trieb vielmehr den Unfug bis zur ungebundensten Zügellosigkeit. Die hiergegen ein¬ schreitenden Gensdarmen
Steinen
geworfen,
und Polizisten
wurden
insultirt und mit
Anzahl von Truppen kommandirt Die Ruhestörer zogen sich nun in die Stadt zurück,
werden mußte.
so
daß
eine
zertrümmerten Fenster und Laternen, und setzten den ruhig vorrückenden Truppen mit Steinwürfen einen Widerstand entgegen, bis Kavallerie sie
zerstreute.
die heutige Wohnstätte des Kronprinzlichen Enkels.
Hier erblickte König Friedrich Wilhelm IV. am 15. Oktober 1795 (einem Donnerstag), in der sechsten Morgenstunde das Licht der Welt. Einige Stunden später wurde seine Geburt durch das drei¬ malige Abfeuern von 24 im Lustgarten ausgestellten Kanonen der Hauptstadt bekannt gemacht. An.seinem Geburtstage 1805 in Paretz zum Offizier ernannt, gestaltete die Feier
artigsten
am
sich
dann zu einer der gro߬
gleichzeitigen Tage der Huldigung im Jahre
Friedrich Wilhelm
IV.
bewohnte im
1840.
hiesigen Schlosse die Zimmer
Königs Friedrich II. Der jetzt regierende König und Kaiser Wilhelm I. wurde eben¬ falls in dem Kronprinzlichen Palais, am 22. März 1797 (einem Mittwoch), Nachmittags zwischen 1 und 2 Uhr geboren. Zweiundstebzig Kanonenschüsse
im Lustgarten verkündeten der Hauptstadt seine „Auch sie rief" — wie die Berlinischen Zeitungen dem frohen Ereigniß Ausdruck gaben — „jeden Einwohner der Hauptstadt Geburt.
zu herzlichen Wünschen
für
die
erhabene Prinzessin und den neuen
Zweig des Königlichen Hauses, unter dessen Scepter wir glücklich sind." Und wie die Königin Luise im Jahre 1806 über ihre Kinder schrieb: „Ich wünsche, daß die Welt von mir sagen möge: sie gab Kindern das Dasein, welche besserer Zeiten würdig waren, sie herbei¬ zuführen gestrebt und endlich sie errungen haben" — so auch richtet der Blick unwillkürlich nach dem stillen Schlößchen auf der Pfauen¬ insel, wo die Thränen der Verewigten in den Jahren des Mißgeschicks sich
so
oft mögen
gestossen sein,
— wo
auch
ihr Sohn in jenen sturm¬ im Kreise
bewegte» Märztagen des Jahres 1848 seinen Geburtstag der engeren Familie mit wechselnden Gefühlen beging.
Noch aber lebt die Erinnerung frisch in Aller Gemüther, wie der erste
Geburtstag des deutschen Gauen begangen wurde!
Kaisers, 1871, in
den deutschen
Stiftung
des
denburg bestätigte,
selbe an seinem
beging Friedrich Wilhelm III. seinen Geburtstag meist im Kreise der Königlichen Familie auf der Pfaneninsel in schlichter Einfachheit. Und schlicht, wie seine Lebensweise überhaupt, war auch sein Palast —
die
Domkapitels auf der Burg zu Bran¬
Nachdem der Gesundheitszustand des Monarchen den Gebrauch einer Brunnen- und Badekur erforderlich gemacht hatte, verweilte der¬
Geburtstage entweder in Karlsbad oder Teplitz. An dem letzteren Orte feierte Friedrich Wilhelm III. im Jahre 1839 seinen letzten Geburtstag. Zehn Jahre später wurde dann an diesem Tage in Stettin das Denkmal des Verewigten enthüllt, und im Thier¬ garten der Grundstein zu seinem Marmorstandbilde gelegt. Sonst
im
Brandenburg Jahre 1166
ward in der darüber ansgestellten Urkunde zum ersten Male der Name des Berges erwähnt,
auf welchem der letzte Wendische Fürst in Bran¬ denburg, Pribislav-Heinrich, nach seiner Bekehrung die der heiligen Jungftau Maria geweihte Kirche (von deren einstiger Gestalt vor¬ stehende Initiale eine Anschauung giebt) erbaut haben soll: ecciesia beatac Mariae in montc qui dicitur Harlungberg, und seit der Zeit findet man denselben mit geringen orthographischen Varianten (1217: Mens Harlungorum, 1234: Harlungeberch) häufig wieder (dieHeffterfche Karte vom Jahre 1850 nennt ihn Marienberg). Unwillkürlich denkt man bei seiner Nennung an das berühmte Breisacher Brüderpaar der Hartungen, von dem uns die Sage freilich kaum mehr als sein Ver¬ wandtschaftsverhältniß zum Gothenkönig Ermenrich und zu Dietrich von
Bern
(dem geschichtlichen
Theodorich
den
Gr.),
sowie
sei»
Nicht einmal über die Zahl der Brüder — bald werden zwei, bald drei, mit wechselnden Namen, genannt — und über Namen und Persönlichkeit ihres Vaters ist man im Klaren. Letzterer müßte Harilo heißen, wovon Harlunge Die Vorrede zum alten Heldenbuch patronymische Ableitung ist. tragisches Ende am Galgen überliefert hat.
nennt ihn fälschlich selbst Härtung, der Pegauer Annalist Hcrlibo, das mhd. Gedicht von Dietrichs Flucht Diethe» den rieben, die
Aki Arlungatrausti. Sie selbst heißen nach Quedlinburger Annalen Embrica und Fritla (Annal. Pegav.: Emelricus, Vridelo, Herlibo. Thidreksaga: Aki und Egard; in letzterer heißt ihr berühmter Pfleger nicht Eckart (Aki) wie in der deutschen Sage; sie giebt diesen Namen einem der Harlungen und ihrem Vater, wie in den Annal. Pegav. Vater und ein Sohn auch gleiche Namen führen, und überträgt einen der Harlungennamen, Fritila, auf jenen. Man sieht, daß die Verwirrung in den Name» nordische Thidreksage gar
den
Sie werden, gleich Dietrich v. Bern, Brudersöhne heillos ist. Kaiser Ermenrichs genannt, der sie auf den Rath des ungetreuen Sibich hängen ließ; warum, weiß die deutsche Sage nicht, wohl Sibichs Gattin, der einst Ermenrich Gewalt angethan, verleumdet sie, der Gattin Ermenrichs, Odila, in Unehren begehrt zu haben. Ihre reichen Schätze riß ihr Oheim nach ihrem Tode an sich. (Unrichtig scheint die Angabe bei Saxo Grammaticus: llawnerieus-Ermenrich habe ihnen ihr väterliches Erbe vorenthalten; sie hätten deswegen die Waffen ergriffen, und auf die angegebene aber die Thidreksaga:
Weise ihren Tod gefunden.) Schon früh leitete man von ihnen den Namen des Branden¬
burger Berges her.
Merian,
in
seiner
topograpbia electoratus
Brandenburgici Quelle»
sich
(1652.
p. 32),
sagt,
wahrscheinlich
stützend, bei der Beschreibung der
auf
ältere
Stadt Brandenburg:
Vou Mitternacht ist ein Berg mit Reben besetzt (Weinberge am Riedel, cod. diplom. Harluugerberg wurden bereits 1209 erwähnt. Brandeub. I 8, p. 127), so vor Zeiten Harlungus oder Harlungerberg, von den Harlungis, einem edlen Geschlecht aus dem Elsaß oder Breisgau, ist genannt worden, welche Carolus M., nachdem er diese Stadt den Wenden entzogen, hierher gesetzt, die auch die Stadt 109 Jahre besessen haben sollen, bis ihnen die Wenden solche wieder abgedrungen. Dagegen bemerkt Abel, daß Karl der Große nie so weit vorgedrungen sei; er hält aber doch an der Ableitung von den Hartungen fest, indem er zwischen solchen in Breisach und in Bran¬ Den Namen deutet er kühn: junge Herren, denburg unterscheidet. Herrlein, und meint, der Berg heiße Herren- oder Herrleinberg, weil etwa Fürsten (Emelricus, Vridelo und Herlibo, wie er sie nach den Pegauer Annalen nennt), ihn aufgebaut und bewohnt hätten. Jacob Grimm will in den Harlungen, ags. Herelingas, die Heruler wieder finden (in der eaedes Herulorum durch Ermenrich, von der Jornandes weiß, wäre dann vielleicht der historische Kern unserer Sage gefunden); doch auch dann, wenn dies richtig wäre (im 16. Jahrh, wußte man im Breisgau anscheinend nichts mehr von den Harlungenbrüdern und dachte sich unter den Harelungi ein ganzes Volk, welchem die Brisgoi in der Herrschaft gefolgt wären), würde der Schluß, daß nach etwa einst hier wohnhaften Herulern unser Berg seinen Namen führe, vor¬ eilig sein. Auch daran, daß der Name vielleicht ostfriesischen Coloniste» aus dem Lande der Herlinger seinen Ursprung verdanke, ist nicht zu denken; es bleibt nur das Einzige übrig, eine Beziehung zu den Breisacher Harlungen zu finden, und nicht eine Verpflanzung der Sage hierher, die Heffter mit Recht eine unbegreifliche nennt, sondern die selbständige Existenz der Sage bei uns nachzuweisen. Ein solches Unternehmen erscheint um so gerechtfertigter, als mit Hartung zusammengesetzte Namen (vornehmlich Bergnamen) weit verbreitet sind in Germanischen Landen, von den Niederlanden durch Thüringen, Baiern und Oesterreich, und unmöglich angenommen werden kann, daß überall dorthin die Breisacher Sage übertragen worden sei (wie es W. Grimm von dem Brandenburger Harlungenweil das
Sage zu fern gelegen habe), zumal auch an Breisach selbst die Sage nur mit vcrhältnißmäßig schwachen Fäden hastet. Von den Lebensschicksalen der sagenhaften Harlungen ist, wie gesagt, wenig bekannt. Eins aber ist bemerkenswerth: sie sind be¬ rühmt wegen ihres Schatzes. Nach dem Beowulfsliede erwarb ihn Heime für Ermenrich, von dem es im mhd. Gedicht von „Dietrichs Flucht" heißt: er Imt daz Harlunge golt; berg behauptet,
und
ans
süddeutsche Breisach der norddeutschen
unzugänglichem Felsenschloß
Von der Persönlichkeit des Vaters der Harlungen wißen wir Nichts; vielleicht war es einer jener mächtigen kunstreichen Zwerge, die in den sagenhaften Stammbäumen eine so große Rolle spielen, und aus seiner Werkstatt stammte alsdann der sagenberühmte Reich¬ thum seiner Söhne. Oder er hatte ihn, gleich Siegfried, seinen elbischen Hütern entrissen, und nun knüpfte sich ein Fluch daran, wie an den Nibelungenhort: Die Harlungen mußten um seinet¬ willen in den Tod (das scheint mir der Kern der deutschen Sage); Heime, nach angelsächsischer Sage das Werkzeug Ermenrichs bei dem Schatzraube, zog sich dadurch den Haß seines Herrn zu und starb (so hat man wenigstens die dunkle Stelle des Beowulfliedes gedeutet), und Ermenrich selbst ward des Besitzes nicht froh; um des Schatzes willen fand auch er ein gewaltsames Ende; die alte Vorrede zum Heldenbuche berichtet, daß Eckart, seine Pfleglinge rächend, ihn erschlagen habe (nach anderen Quellen tödtete er den treulosen Rathgeber Sibich), wodurch er sich den ehrenden Beinamen des Treuen in der Sage erwarb. Es eröffnet sich so eine weite Perspektive in nebelgraue, mythische Ferne. Wie das Volk es überhaupt liebt, Schätze, um deren Besitz einst Streit und blutiger Kampf getobt, den Händen der Menschen entrückt, in Bcrgestiefe zu versetzen, bis die Erlösungsstunde schlägt, so mochte mau sich auch dort, wo die Sage von den Harlungen heimisch war, ihr Gold in irgend einem nahen Berge ruhend denken. Und da die Harlungensage ursprünglich nicht in Breisach lokalisirt war, wie wir gleich sehen werden, sondern mit der Göttermythe zu¬ sammenhängend Gemeingut aller Germanen bildete, würde sich auf diese Weise die stattliche Reihe von Harlungenbergeu durch ganz Deutschland erklären, indem man annimmt, daß überall dort die Sage eine eigene heimische Stätte gehabt habe. Berge von aus¬ fallender Form, oder Berge überhaupt in flachen Gegenden gaben der Phantasie des Volkes stets viel zu schaffen; in Bergen schlummern Könige und Helden, bis die Noth ihres Volkes sie weckt, in Bergen thront die Götterkönigin als Frau Venus, welche den edlen Tann¬ häuser an sich lockte, in Bergen schläft der Drache aus schimmerndem Golde; nach nordischer Sage muß Etzel auf Siegfrieds Gold, das ein Berg verschließt,
erhöhung angewiesen wurde, wie
So
erscheint es nicht wunderlich,
sie
der Harluugerberg bei Brandenburg
darstellt, von welchem Bellamintes singt:
Dort, wo die Burg der Brennen, (Ich meine Brandenburg), des Alters Krone trägt. Scheint der Marienberg die Wolken zu zertrennen, Wenn sich derselben Schwall um seinen Gipfel legt.
barg Jarmericus-Ermenrich
dem Bericht des Saxo Grammaticus seine überall durch List Gewalt erworbenen unermeßlichen Schätze. An diese Schätze, an das Harlungengold, werden sich, wie an den Nibelungenhort, Schatzsagen geknüpft haben, die Karl Simrock in seinem Amelungenliede neu zu beleben versucht hat. Nachdem die Harlungen gefallen und Breisach den Flammen überliefert, erinnert sich Heime, welcher
verhungern.
in einem Landstrich, in welchem die Harlungensage so bekannt war, wie wir es von den Havclgegenden annehmen müssen, dem Harlungenschatze eine Ruhestätte in einer so auffallenden Terrain¬ daß
Daß die Harlungensage bei uns wohl im Schwange gewesen muß, deutet schon der Umstand an, daß der Annalist des Klosters
nach
sein
oder
Pegau (bei Merseburg) unsere sagenhaften Helden an den Ansang des Stammbaums der Grafen von Groitsch setzt, und ihrem Vater Brandenburg als Herrschersitz anweist; merkwürdig stimmt dazu die vorhin mitgetheilte , anscheinend nicht auf den Annales Pegavienses
im Heere Ermenrichs gefochten, dunkler Kunde vom Harlungengolde, welches im Burlenberge (so schreibt der Marner, ein gelehrter Dichter des XIII. Jahrhunderts, und man hat dabei an den Bürglenberg
in
der Nähe von Breisach gedacht; andere lesen Lurlenberg,
Lurlei?
und statt Jmelungen- Amelungenhort: Nibelungenhort), liegt. Mit gewaltiger Armkraft hebt er die riesige Deckplatte der Höhle und findet
Des aitgemünzten Goldes, des rothen, einen Berg, Wie Elberich ihn hatte mit Goldemar dem Zwerg, DeS Silbers große Haufen, Kleinode mancherlei Fand Heime iin Burlenberge, viel edler Steine dabei.
beruhende
lang in
Notiz
des
17. Jahrhunderts, daß die Harlungen eine Zeit
Brandenburg geherrscht hätten
(mit
dem
rexHarlungorum,
der
nach einer Havelberger Chronik Havelberg gegründet haben soll, Riedel
nov. cod. diplom. Brandenb. IV. 1 p. 289, weiß ich Nichts anzufangen). Damit in Einklang steht, daß der treue Eckart, ihr Pfleger, vornehmlich im nördlichen Deutschland, besonders in Thüringen, als Herold des wilden Heeres, und Warner vor dem Venusberge genannt wird (ich erinnere dabei an die schöne Göthe'sche Ballade vom getreuen Eckart). Die Meißenschen Markgrafen liebten den Namen Eckart, und hießen darnach im 11. Jahrhundert die Eckardinge; einer von ihnen wird in einer Urkunde Kaiser Heinrichs HI. fidelissimus fidelis noster Eccardns
genannt), wozu noch die interessante Bemerkung Conrings über Eike von Repgow, den Verfasser des Sachsenspiegels, gehört: nonnullis
etiam Eccardus audit, crediturque is esse fidus Eccardus, qui in proverbium apud Germanos abiit. Auch darf nicht übersehen werden, daß die nordische Thidreksage, welche uns verhältnißmäßig am ausführlichsten über die Harlunge berichtet, durch skandinavische Männer aus Liedern, die in Sachsen¬ land gesungen wurden, zusammengestellt ist. Erwägen wir ferner, daß dem Ostgothenkönig Ermanarich (Ammian. Marcell. nennt ihn: rex bellieosissimus et per multa variaque kortiter kaeta vieinis nationibus kormidatus), die Völker des nordöstlichen Germanien mit den Wenden unterworfen waren, und daß de» Sagen, welche sich um ihn gruppiren, die Kämpfe zu Grunde liegen müssen, welche er zu bestehen gehabt, bevor sein Reich so gewaltige, historisch-beglaubigte Dimensionen annahm, daß Jornandes ihn mit Alerander d. Gr. vergleichen konnte, und daß Dietrich v. Bern, der Härtungen Vetter, nach der eben erwähnten Thidreksage die wendischen Witzen bei Bran¬ denburg besiegte, allerdings im Dienste Attilas, der, nach Ermenrichs sagenhafter Versetzung auf den römischen Thron, dessen Stelle in Norden und Osten einnimmt, wie er ja auch faktisch seinem Reiche ein Ende machte. (Merkwürdig ist es dabei, daß die Sage auch Beider moralische Eigenschaften austauscht. Ermenrich, nobilissimus Amalorum, der Beherrscher eines großen, glücklichen, blühenden Reiches, wird zum bösen Geist der deutschen Sage, während Attila, den Charakter der Gottesgeißel völlig verleugnend, zum Hort und Schirm
wird,
kränkt oder verfolgt.) Vergessen wir Ermenrich, obwohl er in Romabnrg wohnt, dennoch in lebhaftester Beziehung zum Norden steht, indem er seinen Sohn Friedrich um Schatzung zu heischen nach Wilkinaburg schickte — eine Erinnerung an den historischen Ermenrich, welchem die Wenden tributpflichtig waren — so wird man die Behauptung natürlich finden, derer
die
schließlich nicht,
Ermenrich
daß
welche recht eigentlich in den Kreis der Ernur künstlich mit der jüngeren Dietrichsage menrichsage gehört und in Verbindung gesetzt wurde, in Norddeutschland vornehmlich bekannt
daß die Harlungensage,
gewesen sei,
ja wohl dort ihre Entstehung gefunden
59
Im 11. Jahrhundert wurde in den Havelgegenden Frigg, Wuotans Gemahlin, trotz wendischer Herrschaft, vor allem verehrt, wie sie noch heutzutage in denselben Gegenden als Frau Frick, Frü Freke, Frü Freen, in allerlei Sagen fortlebt. Deßwegen müssen wir auch annehmen, daß die Kunde von ihrem Goldgeschmeide hier be¬ sonders im Schwange gewesen sei. In welchem Verhältniß zu ihr wir uns die Harlunge zu denken haben, so daß ihr Gold auch diesen Namen führen konnte, ist nicht mehr erkennbar. Bestanden hat aber ein solcher Zusammenhang, das lehrt schon der Umstand, daß der Harlungen-Pfleger Eckart als Warner vor dem wilden Heer, dem Umzug der Göttcrkönigin, erscheint. Man mag sich die Harlungen etwa als ihre Diener oder Priester denken, denen als Hütern des Tempelschatzes auch göttliche Verehrung zu Theil wurde. Waren sic etwa jene kamiliares, denen nach Saxo's Bericht sich Frigg hingab, damit sie ihr den Schmuck gewännen, und die Odhin hängen ließ? Ermenrich wäre dann an Odhins Stelle getreten; nach der Thidrcksaga werden die Harlunge eines erotischen Verhältnisses mit Ermen¬ Gattin beschuldigt. Auf die Aehnlichkeit der Harlungensage Biloisus und Bolvisus, Hagbart und Sygne, hat WilHelm Hertz in „Deutsche Sage im Elsaß" hingewiesen; Hagbart wird um seiner Liebe willen von Sygnes Vater Sigar auf den Rath des Bolvisus (wörtlich: übeler Berather, der ungetreue Sibiä) richs
mit
der von
Sage) gehängt, und der Berg, wo der Galgen stand, 9tuf dem Harlungerberg könnte Galgen gestanden haben, an dem die jungen daher auch vielleicht der Harlungenhelden ihr Leben endeten. Es ist ein schönes Beispiel für die Poesie im Recht unserer Vorväter, daß sie es liebten, die Richtstatten dort anzulegen, wo dem armen Sünder der Abschied vom Leben ganz besonders schwer werden, wo ihm das Bewußtsein seines Verbrechens ganz besonders drückend auf die Seele fallen mußte. Eine Reihe schöner Volkslieder hat dies in ergreifender Weise zu Eines derselben legt dem Peter Unverdorben, benutzen verstanden. als er die Todesleiter betreten sollte, die Worte in den Mund: der deutschen
empfing von ihm seinen Namen.
gesegen dich, löb; got gesegen dich, gras, got gesegen alles, was da was! ich muoß mich von hinnen schaiden.
Got
habe.
allein in Breisach, lokalisirt erscheint ob nicht der Name bei
Wenn dem nun entgegenzustehen scheint, daß
sie
und zwar urkundlich seit dem 12. Jahrhundert,
Lieber engel, gang mir bi, biß sel und lib bi einander si, daß mir min herz nit breche. Got gesegen dich, sunn, got gesegen dich, mon!
(wobei immer noch zu erwägen bliebe, Brandenburg in die Zeit hinaufteicht, wo Wenden noch nicht an der Havel saßen), so wird dieser Einwand durch die jetzt feststehende Thatsache beseitigt, daß die Lokalisirung in Breisach (Brisaca,
Got gesegen dich, schönes lieb, wa ich dich ich muoß mich von dir schaiden.
Pri-
allein auf Namengleichklang beruhendem Mißverständniß seinen Ursprung verdankt.
sach)
Das Gold
Harlunge ist nämlich nichts anderes als jener berühmte Schatz der Freyja, das berühmte Brisinga Mene, jener köstliche Goldschmuck, der, wie der Gürtel der Aphrodite, durch seinen Zauber aller Götter und Menschen Herzen bezwang, und der in Oberdeutschland, wo das nördlichem Dialect angehörige Wort fremd klingen mochte, leicht zum „Breisacher" Schatz wurde, ein interessan¬ tes Beispiel ältester sogen. Volksetymologie, sodaß die Harlunge, die Herren des Brisinga Mene, des Breisacher Schatzes, naturgemäß in „Brlsach" wohnen mußten. (Sagenhafte und historische Schätze ältester Zeit bestehen regelmäßig weniger aus gemünztem Golde als aus Ringen und Spangen und ähnlichem Geschmeide.) Brisinga Mene ist das Werk von vier kunstreichen Zwergen, die unter der Erde hausten, und vielleicht die Brisinge hießen. Wie Freyja es gewann, gehört nicht hierher; sie bewahrte es in einem unzugänglichen Gemach, bis Loki es ihr durch Lift entwendete, Heim¬ dall aber wieder erkämpfte. Aehnliches, nur sehr entstellt, erzählt Saxo Grammaticus mit der wichtigen Variante, daß der Schmuck der Frigg gehört habe, eine Behauptung, die uns bei der ursprüng¬ lichen Identität beider Göttinnen nicht wunder nimmt. der
hon!
Die eben berührte erotische Seite des HarlungenmythuS gestattet übrigens den Schluß, daß wir es bei den unglücklichen Brüdern — mögen es nun ihrer zwei oder drei gewesen sein — mit ursprünglichen Gottheiten zu thun haben, die später aus irgend einem Grunde zu menschlichen Helden umgewandelt wurden, eine Er¬ scheinung, die aus der griechischen Göttersage bekannt ist. Sie er¬
klärt uns auch, warum der treue Eckart, der Harlungentrost, vor dem Venusberge sitzt, und die vorwitzigen Menschen vor Venus, der „edlen Minne" und ihren schönen Frauen mit lachendem rothem Munde, funkelnden braunen Augen und lockendem Gesänge warnt. Drei Harlunge sollen eS, dem Pegauer Annalisten und dem
Dichter von Dietrichs Flucht zufolge, gewesen sein — also wiederum eine von jenen
Brüdertrilogien,
die
in
der deutschen Göttersage eine
Rolle spielen (nach dem Gedicht vom „hürnen Slfrit" sind es drei Zwergenbrüder, denen von ihrem Vater Nibling der Nibelingshort hinterlassen wird), — und merkwürdiger Weise verehrten die Wenden aus dem Harlungerberg bei Brandenburg, wie aus dem gleichnamigen Berge bei Stettin, den dreiköpfigen Triglaf (nimmt man die von Simrock, Handbuch der deutschen Mythologie p. 305, gegebene Deutung der Brifinga-men-MythuS an, so werden eS auch so große
drei, nicht vier Zwerge gewesen sein, welche das köstliche Kleinod die Jahreszeiten bedeuten, und deren kannten unsere Vorsahren nur drei). Im unzugänglichen Berggemach hüteten die mythischen Harlunge den Schatz der Frigg-Freyja. Diese
:
schmiedeten; sie würden dann
ist es, die
in
so zahlreichen deutschen
Jungfrau iu
Ruinen
Sagen als weiße
gespenstische
zeigt, und ihreni Erlöser unermeßliche Schätze, welche zu erblicken einem Sonn¬ tagskinde bisweilen vergönnt ist, verheißt. Sollte nicht auch auf unserem Harlungerberge ab und an eine solche weiße Jungfrau erscheinen, sollte nicht auch dort die schatz¬ kündende Wunderblume geblüht, das blaue Flämmchen geleuchtet haben? Daß Schätze dort liegen, erzählt man im Volke, und die Sucht nach Schätzen war es, welche die gründliche Zerstörung der ehrwürdigen Marienkirche aus unserm Berge durch den Oberstlieutenant v. Picny im Jahre 3 722 herbeiführte. An die Stelle der heidnischen Göttin trat häufig die Jungfrau
Maria;
den
zerstörter
Bergschlösser
sich
mit Bedacht zur Patronin der neuen Kirche gewählt worden sein? Man müßte dann annehmen, daß neben der Verehrung Triglafs auch Frigg ihre Bedeutung nicht ver¬ loren gehabt hätte, und daß neben ihr die mythischen Harlunge (etwa als Gottheiten der Jahreszeiten) »och nicht in Vergessenheit sollte diese deßwegen
gerathen waren, was bei der unzweifelhaften
Sprache,
Sitte und Religion in
Fortdauer germanischer
unseren Gegenden unter wendischer
Herrschaft sehr wohl denkbar ist. In einer gewisien, wenn auch ziemlich äußerlichen Beziehung
That Frau Frigg, wenn sie, als Stöllenschen Bergen thronend, mit einem Stein¬
gewählt; er behandelt eine lange Reihe Perleberg'fcher Denkwürdig, in schlichten Versen, ohne poetischen und künstlerischen Aufwand, ja nüchtern. Darunter verliert die Poesie, aber die historische Treue gewinnt. Uebrigens soll lobend hervorgehoben werden, daß es dem Verfasser an einer gewissen Gewandtheit durchaus nicht fehlt. Doch auch für den Mann der Wissenschaft ist das Büchlein nicht ohne Werth; jedes Gedicht ist von historischen Notizen begleitet. Für eine künftige Auflage möchten wir dem Verfasser rathen, eine keilen
!
weiter
kurze oder
gefaßte Geschichte Perlebergs zu
geben
und die
Gedichte einzuschalten, oder wenigstens den historischen Zusammenhang
genauer zu vermitteln.
Auf
jeden
Fall ist das Buch werthvoll, und wir
wünschen ihm
weite Verbreitung, namentlich unter Denen, die es zunächst angeht,
unter den Einwohnern von Perleberg.
i
L. F.
Der große Kurfürst. Von Käehler, Major im Großen General¬ stabe. Berlin. F. Schneidern. Co. (Goldschmidt u. Wilhelm!.) 1875. gr. 8. 224 S. Unter den zahlreichen Festesschristen, welche die Feier des TageS von Fehrbellin im vergangenen Jahre hervorgerufen hat, sind nur wenige von bleibendem Werthe gewesen. Zu ihnen zählt in erster Linie das vorliegende Werk. Durch das fleißigste Studium dazu besähigt, hat Major Kaehler in lichtvoller Weise die politische, mili¬ tärische und administrative Bedeutung des großen Kurfürsten dargestellt.
Besonders interessant erscheint der kriegswissenschaftliche Theil
Der Kenner der brandenburgischen Geschichte trifft hier zu einem anschaulichen Bilde all' die zerstreuten Notizen vereinigt,
zum Harlungcrberg erscheint i» der
des Buches.
Frau Harke auf den wurf die Marienkirche zu zerstören sucht. Der christliche Tempel war iu ihren Augen, oder vielmehr in den Augen des Volkes, bei welchem die Sage entstand, eine Entweihung ihrer uraltheiligen Cultusstätte, und i» dem ohnmächtigen Beginnen der zu einer ungeschlachten Riesin
stellen mußte; der Laie findet von sachkundiger Hand hier eine Be¬
herabgewürdigten hehrsten Göttin spricht nachhallende
Groll
sich recht deutlich der lang
der besiegten Wendisch-Semnonischen Bevölkerung
gegen die christlichen Sieger und ihre mit Feuer und Schwert auf¬ gedrungene Religion aus, welche die Liebe stets im Munde führten, und doch für die Unterworfenen keinen andern Platz in ihrer Gemein¬
schaft hatten, als den steuerzahlender Sclaven.
Literatur. Perleberger Reimchronik. dichte
die
mit
Perleberg von 1200—1700.
historischen Anmerkungen von A.
Höpfner,
Ge¬
Lehrer
in Perleberg. Berlin, Verlag von Alfred Weile. IV. 90, gr. 8°. Daß ein wohlgesinnter, gebildeter Städter es unternimmt, Chronik seiner Vaterstadt seinen Mitbürgern und weiteren Kreisen
zugänglich zu machen, ist nicht eben etwas Neues: cs ist für den Historiker und Culturhistorikcr von unschätzbarem Werth, wenn städtische Chroniken dieser Art im Druck erscheinen. Etwas ganz Neues aber ist es, wenn es Jemand unternimmt, Stoffe dieser Art in Versen herauszugeben; er wendet sich damit von vornherein weniger an das wiffenschaftlichc, als an ein weiteres Publikum. Ein solches Wagnis; ist
in einer Zeit, die für die Vergangenheit selten pietätvoll ist, kühn, Werth; schon um Dessen willen kann man dem Ver-
aber nicht ohne
fasicr des vorliegenden Büchleins, der auch die Berliner Reimchronik verfaßte und demnächst eine Potsdamer im gleichen Verlage heraus¬
nur bestens Erfolg wünschen. Eine poetische Bearbeitung alter Chroniken kann eine doppelte sein: entweder sie greift einzelne Momente in rein poetischem Interesse
geben wird,
heraus und sucht
sic zu einem Kunstwerk zu gestalten, oder sie be¬ das Reale i» einfachen Versen, nach dem Vorbild alter Reimchronikcn, zu behandeln. Der Verfasser hat den letzteren Weg
müht
sich,
Verlag von
Alfred Weile in Berlin.
die er sich sonst mühsam
aus einer Menge von Werken zusammen¬
lehrung, über hochwichtige Verhältnisse, die in den landläufigen schichtscompendien kaum erwähnt sind. Trefflich gelungen ist die schreibung des Zuges nach dem Havellande und der Schlacht Fehrbellin, die durch eine gute Karte illustrirt ist. Die Sprache Werkes ist schlicht und sachlich, ohne
Wärme eingebüßt zu haben.
Wir
GeBe¬ bei des
dabei ihre herzliche patriotische
rechnen das Buch zu den werth-
vollsten Gaben der neuere» historischen Literatur, soweit sie Mono¬ graphien brandenburgischer Geschichte umfaßt. O. Schwebet.
Briefkasten. W. E. hier. Der Name der sogenannten .Jungfern¬ brücke', welche die Alte Leipziger mit der Spree-Straße verbindet, soll im Munde des Volkes entstanden sein, indeß kann die Veranlassung dazu histo¬ risch nicht verbürgt werden. Dort soll zur Zeit, als die französischen Refugies sich in Berlin niederließen, ein gewisser Blanchet eine Bude besessen haben, in welcher seine Töchter feine Stickereien und andere Modeartikel feil hielten. Wegen ihrer Geschicklichkeit eben so berühmt, wie ihrer scharfen Zunge halber in Berlin allgemein bekannt geworden, hatten die Jungfern Blanchet an der .Spreegaffen-Brücke', wenn es sich um die Anfertigung von Damenartikeln handelte oder Etwas zu klatschen gab, sich eines großen Zu¬ spruches zu erfreuen. So soll denn nach ihnen der Name.Jungfernbrücke' im Volksmunde entstanden sein. 8. v. Die Schriften der Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Eth¬ nologie und Urgeschichte erscheinen in der hiesigen Buchhandlung von Wiegandt, Hemp'el u. Parey. — Ueber das mittlere der drei Geschütze im hiesigen Kastanienwäldchen eristiren verschiedene Versionen. Hiernach galt dasselbe allerdings bei Vielen für die .faule Grethe", jenes Geschütz, mit dem Kurfürst Friedrich I. gegen Dann wieder die Raudschlösier des widerspenstigen märkischen Adels zog. soll die „Feldschlange" bei der Belagerung und Einnahme von Ofen, 1686, an der brandenburgische Hülfstruppen Theil nahmen, eine Rolle gespielt der That aber stammt die Kanone, eine 48pfündige, deren Rohr haben. 78 Centner wiegt, aus Lübeck. Und zwar lautet die auf dem Bodenfriese befindliche ' Inschrift: „Albert Benningk me fecit, Lubeccae. Anno 1669.“ Auf dem Rohr ist in erhaben gravirter Arbeit Merkur mit seinen Attributen:c. dargestellt, während das Zapfenstück eine Seeschlacht enthält, das Bodenstück und die Schildzapfen aber mit dem holländischen Löwen geschmückt sind. Napoleon I. nahm die Kanone, nebst einer ähnlichen zweiten, den Lübeckern fort, und stellte beide vor dem Jnvalidenhause in Paris auf. Anno 1815 wurde das in Rede stehende Geschütz von den Preußen, das andere von den Oesterreichern nach Berlin resp. nach Wien mitgenommen.
In
Die Fortsetzungen von .Eckenberg, der starke Mann", sowie der Erzählung D. Red. .Kleement" folgen in nächster Nummer.
— Verantwortlich für Redactton: Ferd. Meyer in Berlin. — Druck: Bahlkc u.
Hindcrsin in Berlin.
Unter Mitwirkung von Dr. Brecht, Prof. Dr. Baulus Kassel, Stadt-Archivar Jidicin, Theod. Aontanc, Geh. Regier.-Rath Freiherr Dr. von Kedekur Geh. Hofrath A. Schneider, Archidiaconus Schwebet in Cüstrin :c. :c.
George Das
Blatt
Mtl
herausgegeben von
und
Jerdinand Weyer.
ist durch alle Buchhandlungen und Postämter, sowie durch die Expedition (Puttkamerstr. 8) zu beziehen. — Literarische Beiträge sind an die Verlagshandlung von Alfred Weile welche sie der Redaction übermitteln wird. — Inserate, pro 3gesp. Petitzeile 25 Pfg., werden von den Herren Haas enstein u. Vogler, Rud. Mosse, Bernh. Arndt, sowie von der Verlagsyandlung (Puttkamerstr. 8) entgegengenommen.
in Berlin zu senden,
Inhalt.
Die Tempelhofer Fehde vom Jahre 1435, von Dr. Brecht. — Johann Earl von Eckcnberg, der starke Mann, von L. Schneider (Schluß).— Das Königliche Zeughaus zu Berlin, von George Hiltl. III. — Die Wappen und Farben der Stadt Berlin, vom Stadtarchivar Fidiein VIII. (Schluß). — Kleement , Erzählung von L. Hesekiel. (Forts.). — „Gold gab ich für Eisen!" — Originelle Grabschrift.
Ute Tempelhoser Fehde vom Zähre 1435. Von Dr. ürdit.
Hon
Alters saßen vor Berlin die Johanniterritter ; Nun trübten sie die Nachbarschaft, das war dem Rathe bitter. Um ihre Grenzen stritten sie. Wie stark der Hauptstadt Mauern, So führten doch die frommen Herrn zum Kampfe ihre Bauern. Und als mit blut'gen Köpfen sie die Bürger heimgesendet, Da hat ein großes Kaufgeschäft den argen Streit geendet. So singt der Lehrer A. Hopfner in den ersten Zeilen seines
Reim-Chronik abgedruckten Liedes „Berlin und die Johanniter", und schildert damit in wenigen Worten ein Ereigniß, welches für die Städte Berlin und Cöln von hoher Bedeutung war und, allerdings mit einer kleinen, aber recht wesentlichen Ausnahme, durch Urkunden des Staats- und des Städtischen Archives als evidente
in
der Berlinischen
Thatsache hingestellt wird.
Die vierte Strophe nämlich:
„So führten
doch die
frommen Herrn zum Kampfe ihre Bauern",
läßt dem Abschluß des Kaufgeschäfts, auf welches weiter unten zurück¬ gekommen wird, einen Kampf der Johanniterritter mit den Städten Berlin und Cöln vorangehen. Wenn nun auch eines derartigen kriegerischen Ereigniffes in den meisten Chroniken, welche seit dem vorigen Jahrhundert über Berlin gedacht wird, so ist es doch auffällig, daß ein so wichtiger Vorgang, in welchem zwei Städte mit dem hochangesehenen, mächtigen Orden kämpfen und obenein als Sieger hervorgegangen sein sollen, in keiner der älteren Chroniken sich verzeichnet findet. erschienen sind,
Man
möchte deshalb versucht sein, zu glauben, daß jener Vorgang auf einer Uebertreibung oder einer unrichtigen Auffassung derjenigen Quelle beruhe, welche einzig und allein eines kriegerischen Conflictes der Städte mit dem Orden gedenkt. Diese Quelle ist die Aussage einiger Cölner Bürger, welche ini Jahre 1513, bei Gelegenheit eines Rechtsstreites der Tempelhofer
Bauern mit der Cöln'schen Bürgerschaft über das Nutzungsrecht der Urlake (der späteren Schlächterwiese), ad memoriam vernommen wurden. Von diesen Zeugen erwähnen die über 70 Jahr alten Bürger W erb ich und Palm mit keinem Worte eines kriegerischen Conflicts mit den Johannitern, dagegen sagt der gleichfalls über 70 Jahr alte Bürger Jacob Kone „bey gethanem eide" Folgendes aus:
„Er
Vater gehört, daß die Grenze schon zur Zeit des Comthurs mit Cöln streitig gewesen: Also, das der Comptor sich vnterstanden, di Colniscben deswegen mit 300 pferden vnd vier Dorfschaft, Bauern gewaltsam zu ober¬ fallen. Alss aber beide Stete, Colin vnd Berlin, aus trcwer nachbarscbafft Ihm den Kopf wider gebotten, das der Comptor wieder abgewichen vnd seinem wegk nach Coepnick ge¬ habe von seinem
nommen etc."
80 Jahr alte Zeuge Valentin Bechlin „zu Coln im bospital" und der 70jährige Zeuge AndreasMitte lstr aß an, welcher letztere noch hinzufügte: wie er von seinem Vater wisse, daß der Comthur die Grenze angefochten, „als aber die Cöln'schen sieb der defension ge¬ Diesen Angaben schloß
braucht“, davon
sich
der
abgestanden.
Bekunden die letzgenannten Zeugen auch nur Thatsachen, welche
auf Hörensagen beruhen, da zur Zeit des Conflicts Kone und Mittel¬ straß noch nicht geboren waren, und Bechlin erst im Alter von zwei Jahren gestanden haben kann, so verdient es doch ganz besondere Beachtung, daß ihnen die Mittheilungen von ihren Vätern überliefert worden sind, welche aus eigener Erfahrung im Stande waren, darüber zu berichten.
Man wird
daher nicht umhin können, solchen Berichten
volle Glaubwürdigkeit beizumessen, zumal gängen Unterstützung finden.
sie
in geschichtlichen Vor¬
62
Städte niit dem Orden wird dem¬ als Kampf und Abzug der Gegend logisch im Johanniter aus hiesiger unmittelbaren Zusammen¬ hange stehen. Es drängt sich indeß hierbei unwillkürlich die Frage auf: ob die Städter im offenen Felde gekämpft, oder ob sie nur einen Sturm der Ritter abgeschlagen haben. Für die erstere Annahme liegen gar keine Momente vor, und man wird deshalb veranlaßt sein, die letztere Alternative als die richtige zu erachten, denn es lag in der damals in Norddeutschland allgemein üblichen Art der Kriegführung der Städte, die Ringmauer als hauptsächlichstes Vertheidigungs-Object zu benutzen, sich mithin angreifen zu lassen. Die citirten Zeugenaussagen reden jener Alter¬ native gleichfalls das Wort. Kone sagt allerdings nur: „beide Städte hätten dem Comthur den Kopf geboten", Mittel¬ straß drückt sich indeß präciser dahin aus: „die Cölnschen hätten die Defeilsioil gebraucht". Hiernach kann also nur ein Sturm des Comthurs mit seinen Mannschaften gegen Cöln stattgefunden haben, welcher mit Hülfe der Berliner Bürger abgeschlagen worden ist, und für die Ritter mit
Ein
kriegerischer Conflict der
der
Pferdes entdeckte, jedoch gleich darauf verschüttete, unterirdische Gang gewichtig dafür, daß das jetzige Herrschaftsgebäude theilweis aus dem Fundament des alten Schloffes erbaut wurde. Soviel beobachtet ist, soll der entdeckte unterirdische Raum
Die zu jedem Templer-
rationsgebäudes bis zur
angezeigt
erscheinen,
be¬
be¬
daß die Schlösser der Templer- resp.
halber,
Zahl
eine
Schilderung des Kampfes selbst zu versuchen, wie er nach Lage der damaligen Verhältnisse stattgefunden haben kann. Dabei möge es gestattet
sein,
Meisterwerke
des
berühmten
forschers von Kloeden in ihrem System
für
liegenden Gegenstandes zum Anhalt dienen zu lassen.
Tempelhof mit den Dörfern Mariendorf, Marienfelde und Rixdorf, feit ungefähr 1198 im Besitze der Tempelritter, war nach der Vernichtung dieses Ordens im Jahre 1316, dem ritterlichen Orden vom Hospital zu Jerusalem zugefallen. Die Ver¬ waltung dieser vier Dörfer führte ein Comthur des Ordens, welcher
die
Natur gebildet worden, Seite einen Zu¬
gang ließen.
In
der
Mitte
dieses so
umwährten Terrains muß westlich der
Schwierigkeit der Verpflegung
der Schlösser beim Auftreten des Ordens
während die größere
in seiner Gesammtzahl
allerdings ermöglichte, ein beträchtliches Heer zusammenzubringen. Die Ursache des kriegerischen Conflictes zwischen dem Comthur
Ein
diesem
schon durch
der
lustigen Bürgern und teil kriegerischen Rittern Veranlassung gegeben und es bedurfte daher nur noch des leisesten Anstoßes, um das glimmende Feuer der langjährigen Zwietracht zu hellen Flammen auflodern zu lassen.
St. Johannis
südlich vorhandenen Teiche,
weil sie,
auf Tempelhof und den Städten Cöln und Berlin lassen sich, nach vorhandenen Material, auf folgende thatsächliche Momente zurückführen: Die Grenzen der Orte Tempelhof und Rixdorf stießen mit den¬ jenigen der cölnischen Bürgeräcker und Wiesen und mit der sich bis Treptow erstreckenden Stadthaide zusammen. Diese Grenznachbarschaft hatte schon häufig zu verschiedenen Mißhelligkeiten zwischen den streit¬
Märkischen Geschichts¬
welche obenein nur auf der östlichen und westlichen
waren,
stets nur kleine Besatzungen hielten,
dem
die Behandlung des vor¬
auf dem festen Schlosse, dem „Tempelhof", an der Südseite des nach genannten Dorfes gelegen, seinen Sitz hatte. Wenn nun auch eines festen Schlosses zu Tempelhof in keiner Urkunde gedacht wird, so liegt es doch außerhalb jedes Zweifels, daß der Orden den Sitz eines seiner Comthure nicht ohne die damals übliche Befestigung gelaffeu hat. Man wird nicht fehlgreifen, das Ordenshaus in der Nähe der noch stehenden uralten Kirche zu suchen, und das Terrain, auf dem diese utjb das jetzige Herrschaftsgebäude stehen, als den „Tempelhof", oder wie er später nach dem Ordensbeamten genannt wird, als den „Comthurhof" anzusehen, da dies die einzige Gegend war, welche fortificatvrische Anlagen des 13. und 14. Jahrhunderts zuließ. Hier war es auch möglich, die von den Tempelrittern allgemein angewandte Befestigungsnorm auszuführen, und ein durch eine steinerne, 10 —12' dicke Mauer gebildetes Viereck, deffen Seiten 50 — 70 Schritt lang waren, zu errichten und mit einem Graben zu umgeben. Für die Größe der Befestigung war der nöthige Raum gerade vorhanden, und der Graben um die Vertheidigungsmauer, wegen der nördlich und
der Chaussee, ebenfalls
Johanniterritter nie
merkt,
es
es
Mitte
Wenn hiermit eine Schilderung der muthmaßlichen Lage des
an jeder urkundlichen Ueberlieferung
dürfte
Johanniter-Schloß gehörige Vor¬
Schlosses und seiner Vertheidigungswerke gegeben ist, so sei noch
ist jedoch festzuhalten,
daß es
resp.
schont gebliebene Fenster, welche noch heut die Schießschartenform zeigen.
sonders groß
diesem Grunde
der
in der Richtung verfolgt werden kann, und von mir bis zu der Stelle, wo eine in der Neuzeit gemachte Vermauerung ein weiteres Vorgehen hindert, besichtigt worden ist. Dieser Gang, aus rohen Feldsteinen gemauert, ungefähr 5 Fuß hoch und 4 Fuß breit, sicherte den Vertheidigern der Vorburg den Rückzug nach der Kirche, und muß diese, da auch das Schloß mit ihr durch einen Gang in Verbindung gestanden hat, als das Reduit der Befestigung angesehen werden. Daß die Kirche zur Vertheidigung eingerichtet war, dafür sprechen noch einige, von der Veränderung ver¬
läßt sich aber keineswegs schließen, daß derselbe überhaupt niemals stattgefunden, und daß die zum Theil eidlichen Aussagen der Zeugen in das Reich der Fabeln und Märchen zu bringen sind. Immerhin
fehlt, und aus
nach
nach der Kirche zu, gegenwärtig noch
Silbe erwähnt wird. Aus dieser stillschweigenden Uebergehung für die damalige Zeit allerdings nicht unerheblichen Ereignisses
eines
der Richtung
s. g. Hahnehof (das jetzige Kreideweiß'sche Grundstück) gewesen sein, von dem ein noch theilweis vorhandener unterirdischer Gang, von dem Keller des jetzigen Restau¬
gelten, daß keine der alten Chroniken des Kampfes gedenkt, und daß desselben auch in den bald darauf abgeschlossenen Kaufverträgen mit keiner
in
burg muß, nach Lage des Terrains, der
wie schon oben bemerkt,
es,
sich
Kirche hinziehen.
einer Niederlage, endete.
Als auffällige Erscheinung darf
Stein erbaute Schloß gestanden haben, und es spricht vor Kurzem in einem Stallgebäude durch das Einbrechen eines
Kirche das aus
nach um so weniger zu bezweifeln sein,
solcher Anstoß blieb denn auch nicht aus.
Nach uralt-deutscher l
in. jedem Jahre
Sitte
fanden nämlich nach Schluß der Ernte
sogenannte Grenzbesichtigungen
statt.
Die junge
Bürgerschaft zog,. Musik voraus und mit Armbrust und Hellebarde bewaffnet, in Begleitung der in dem betreffenden Jahre gefirmelten Knaben nach den Grenzen der Stadt, wo sie von den Bürgermeistern und Rathmännern empfangen und von diesen die Grenzen entlang
geführt wurde.
Die Knaben erhielten bei
den
Grenzsteinen
zur
Schärfung ihres Gedächtnisses Ruthen- und Backenstreiche, wurden
mit Kuchen und Leckereien Als nun bei der Grenzbesichtigung zu Bartholomäi (24. August) 1435, zu welcher der Comthur aus TempelHof mit einigen Rittern ebenfalls erschienen war, die Wahrnehmung an den Haaren gerauft, gleich darauf aber
beschenkt und
|
bewirthet.
gemacht wurde, daß die Ordensleute in der Gegend des Johannistisches
heutigen Variete-Theaters) die Grenzsteine eigen¬ mächtig verrückt hatten, gab sich über diesen Frevel an Ort und Stelle heftige Entrüstung bei den auf ihre Rechte stolzen Bürgern kund. Wie stark das Selbstgefühl der Berliner und Cölner zu jener Zeit (das Terrain des
war und wie hoch die Rechte und Freiheiten ihres Gemeinwesens ge¬ halten wurden, ist auch dadurch bewiesen, daß sie selbst dem Landes¬ herrn, dem Kurfürsten, das Oeffnungsrecht, d. h. Truppen in die Städte zu legen, versagten; um so viel weniger werden sie geneigt
,
gewesen sein,
von ihren vermeintlichen oder wirklichen Rechten, die Grenzen ihres Eigenthums respektirt zu sehen, auch nur das Mindeste zu opfern. Der Comthur Nickel von Colditz, welcher kurz zuvor erst dieses Amt übernommen haben muß, da im Juni 1432 noch
Heinrich Ratzenberger als Comthur in Tempelhof fungirte,
er¬
schien indeß nicht minder und
auf's Tiefste verletzt und beschloß so¬ gleich, mit Gewalt der Waffen seine geschädigte Ehre und die ihn: bestrittenen Rechte wiederherzustellen. Diesem Entschlüsse folgte bald die That, denn der Conithur säumte nicht, seine streitbare Mannschaft durch Heranziehung von Mannschaften anderer Comthureien zu complctiren und die Bauern der Ordensdörfer zum Ueberfall auf die Stadt Cöln aufzubieten.
Da
der Statthalter der Mark, Markgraf Johann, gerade zu Zeit eine Reise nach Palästina angetreten hatte, und dessen Vertreter, der Landeshauptmann von Bredow, nicht im Geringsten i» die Angelegenheit eingriff, so drängt sich unwillkürlich die Frage auf, ob die Reise blos zufällig mit jenem blutigen Ereignisse zu¬ sammenfiel, oder ob nicht vielmehr der Markgraf, welcher selbst nicht die Macht hatte, die Städte der landesherrlichen Botmäßigkeit zu unterwerfen, mit dem Unternehmen des Comthurs im Geheimen einverstanden war und nur deshalb keine Hindernisse in den Weg legte. Denn gelang es dem Comthur, die Städte Cöln und Berlin zn er¬ obern, so mußten diese doch dem Markgrafen übergeben werden, der dann allerdings mit wenig Mühe und ohne daß ihm der Vorwurf einer gewaltsamen Maßregelung gemacht werden konnte, den Ruhm dieser
für
sich
in Anspruch nehmen durfte, das Ansehen
!
Da die Vorbereitungen zu dem Unternehmen nicht verschwiegen blieben, so waren die Bürger Cöln's und Berlin's hinreichend veran¬ laßt, ihre Wachsamkeit zu verdoppeln und die Hülfe verbundener
des Landesherr» zn
höherer Geltung gebracht zu haben.
Sei
Städte heranzuziehen. Kaum hatte der Wächter auf der städtischen Warte, in der Gegend des Johannistisches, das Signal von dem An¬ rücken des Feindes gegeben, als die Glocken von St. Marien, Nikolai und Petri die Bürger gn den Waffen riefen und der Rath der Städte
dem nun wie
ihm wolle, faktisch war Nickel von Colditz in seinem Vorhaben in keiner Weise behindert und glaubte sich in der ersten Hälfte des September stark genug, zur Ausführung der beabsichtigten Unternehmung schreiten zu können. Unter dein Wehen des Ordensbanners mit dem achtseitigen Kreuze
auf dem Rathhause sich in Permanenz erklärte. Unterdeß die Viertels¬ meister ihre Abtheilungen ordneten und demnächst die bedrohte Seite
in der Nacht mit 300 Rittern, angeworbenen Söldnern und den aufgebotene» Bauern der Dörfer Mariendorf, Marienfelde, Tempelhof und Rixdorf gegen Cöln auf, uur im Morgen¬ brach er von Tempelhof
grauen die
Stadt
besetzten, sammelte sich die schwer geharnischte berittene Bürgerschaft und nahm Aufstellung in der Nähe des Teltow'sche» Thores.
Inzwischen war der Ordenscomthur bis auf Bogcnschußwcite vor das Cöpnicker Thor gerückt und hatte hier, also in der Gegend der jetzigen Alten Jakobs- und Roß-Straßen-Ecke, seine Schaaren zum
zu überrumpeln.
Die Vertheidigurigswerke
der
Stadt Cöln
bestanden damals
in
mit
einer
Sturnie geordnet. In der vorderen Reihe standen die Bauern der Qrdensdörfer mit Faschinen, Wollsäcken, Schippen, Hacken und Aerten, zwischen ihnen die Träger mit den Sturmleitern, darauf kamen die
Weichhäusern und Thürmen versehenen steinernen Mauer, welche von dein'jetzigen Grundstücke Jnselftraße 1 mit einem großen
Thurm anfangend,
sich die Spree entlang bis zur heutigen Schleuse und von dieser ab in einem Bogen bis zur jetzigen Friedrichs-Brücke zog und auch hier mit einem Bogen endete. Die Mauer selbst war bis zur Scharrn-Straße theils durch die Spree, theils durch einen
mit
derselben parallel gezogenen Graben, dann aber bis zu ihrem Endpunkte nur durch den hier sehr breiten Fluß und dessen verschiedene Nebenarme, welche morastige Wiesen umschlossen, gesichert. Der letz¬
Theil war mithin für die damalige Kriegführung, während des Sommers, fast unangreifbar. In dem ersten Theile der Mauer, d. h. von der Insel- bis zur Scharrnstraße, befanden sich zwei Thore, und tere
zwar an der heutigen Roßstraßen-Brücke das CLpnicker, und an der heutigen Gertraudten-Brücke das Teltow'sche Thor.
Als der Thurm
keinem
schwächste
Punkt dieser Befestigung durfte das von
geschützte Cöpnicker-Thor erachtet werden und
tiger Erkenntniß
in
rich¬
dieses thatsächlichen Umstandes
wählte deshalb auch Nickel von Colditz dies letztere zu seiner Angriffsftont, wobei er freilich die Rückzugslinie nach Tempelhof preisgab und die Anlehnung an die Spree ihn auch der Gefahr aussetzte, bei etwaigen Ausfällen der Belagerten, gegen den Fluß gedrängt zu werden. Andererseits hatte
Vortheil, feine rechte Flanke durch den Hauptarm der Spree und seine linke dnrch die große Wasferschlenke gedeckt zu sehen, welche sich seitwärts der heutigen Grüustraßen-Brücke bis zur jetzigen er jedoch den
Kuirasfier-Straße ausdehnte.
I
!
j
Söldner mit Lanzen, Morgensternen, Hellebarden und Schwertern, hinter diesen standen die Armbrustschützen und die Reiterei, deren größter Theil als Fußvolk focht. Colditz gab den Befehl zum Vor¬ marsch, und unter dem Schlachtruf des Ordens „St. Johann!" setzte sich die feindliche Sturm-Colonne gegen das Thor in Bewegung. Der Bürgermeister von Cöln, Sigmund von Rathenow, welcher auf gegnerischer Seite den Befehl führte, ermunterte die Seinen zur Tapferkeit und diese überschütteten die erste Reihe der feindlichen Colonne derart mit Pfeilen und Steinkugeln, daß sie ins Wanken gcrieth und die Bauern die Flucht ergriffen. Nnterdeß war die Reiterei der Städte dnrch das Teltow'sche Thor getrabt, hatte die Wasferschlenke, welche die linke Flanke der Johanniter deckte, umgangen und war im Rücken des Feindes erschienen. Da man ihr Anrücken von den Thürmen aus deutlich sehen konnten, so sielen im geeigneten Momente die Zugbrücken des Cöpnicker Thores und heraus stürzte unter Leitung ihrer Gewerksmeister das Fußvolk der Innungen. Die Söldner, welche dem ersten Angriff ausgesetzt waren, wehrten sich tapfer, die Ritter eilten zu ihren Rossen, saßen auf und warfen sich der Reiterei entgegen. Längere Zeit schwankte der so entbrannte Kampf, von beiden Seiten wurde mit gleicher Erbitterung gefochten, endlich aber blieb dem Comthur nichts Anderes übrig, als den Befehl zu geben, sich
durchzuschlagen und den Rückzug anzutreten, wobei, da die Rich-
64
hing nach Teinpelhof
sich
Rittern bereits verlegt fand,
den
diese
sehr
oft
den
Eigenthümer wechselte.
die Ringmauer abgebrochen hat, ist nicht bekannt, doch scheint es sehr-
Noch während von dem Fußvolke der Bürgerschaft dieser letzte
möglich, daß beide schon im Jahre 1448 in der Fehde des Berliner-
B oytin
Abschluß des Kampfes erzielt und ausgefochten wurde, trabte deren
Bürgers
Reiterei nach Tempelhof und bemächtigte sich mit leichter Mühe des dortigen Schlosses, in welchem die Ritter, um zu der beabsichtigten Ueberrumpelung alle ihre Kräfte zusammenzufassen, nur einige kriegs¬ untüchtige Knechte zurückgelassen hatten. Einer Besatzung, welche demnächst dort zurückblieb, wurden, wie urkundlich feststeht, am fol¬
fürsten Friedrich
genden Tage von
So
Berlin und Cöln reichlicher Proviant und
mehrere
Bier zugeführt.
Wagenkasten
gewesen sein mochte, so war Städten doch sehr theuer zu stehen gekommen. Außer einer beträchtlichen Anzahl Kleinbürger und Gewerksgenossen, zählten auch viele Angehörige der in beiden Städten ansäßigen Ge¬
der
Sieg
groß die Siegesfreude auch selbst den
schlechter und
Großbürger zu
den
Todten und Verwundeten.
Der Ehre war Genüge geschehen, indem beide Theile ihre Kräfte gemessen hatten, aus jeder Seite waren schwere Verluste entstanden und
so
erklärt cs
sich denn auch,
daß nunmehr die Parteien zu Friedens-
Die Städte aber wünschten die gefährliche Nachbarschaft für immer los zu werden.
Verhandlungen sehr geneigt erschienen.
dringend, Hierzu bot
als die Besitzungen des Ordens anzukaufen. Die Johanniter erklärten sich auch zur Ver¬ äußerung bereit und schon ain Freitag, den 25. September 1435, sich
iikdeß kein anderer Answeg,
wurde der betreffende Kaufcontract abgeschlossen,
nach
welchem der
Städte Berlin und Cöln Dorf Tempelhof mit dem Rittcrsitze und allein Zubehör, das Dorf Rirdorf mit der Haide, dem Bruche, den dabei belegenen
Rath
der
das
Wiesen, das
Dorf Marienfelde mit Dorf Mariendorf mit
der Windmühle und
bei Teltow Zahlung einer Summe von 2439 Schock 40 Groschen (nach heutigem Gelde rund 40,260 Mark) mit der Verpflichtung erwarb, die genannten Güter vom Orden als Lehen zu empfangen. Drei Tage später, am 26. September, quittirte Balthasar von Schlieben, Meister des Ordens St. Johannis vom Hospital zu Jerusalem, in der Mark, in Sachsen, Wendland und in Pommern, mit dem Kapitel über den Empfang des Geldes und ertheilte gleichzeitig die Belehnung. In dieser Urkunde wird Nickel von Colditz als „Comthur zu Lagow" ausgeführt. Aus der Fassung des Schriftstücks ergiebt es
das
dem „Hegesee"
gegen
sich
Wer von diesen das Schloß und
gezwungen wurden.
schließlich den Weg »ach Coepenick einzuschlagen
indeß, daß der Genannte mit dem Nickel von Colditz identisch
noch in Tempelhof seinen Sitz hatte. Es Comthur von Lagow im Kampfe gegen die Städte gefallen ist, so daß von Colditz, dessen Comthurei mit ver¬ kauft wurde, diejenige in Lagow als Nachfolger des Gefallenen er¬ halten hat. So kamen die Ordensdörfer Tempelhof, Rirdorf, Mariendorf und Marienfelde in den Besitz der Städte. Der glückliche Ausgang der Fehde mit den Johannitern kann nicht verfehlt haben, das Selbstgefühl der Berliner und Cölner wiederum bedeutend zu steigern. Nicht unmöglich ist es, daß derselbe mit zu den iutellcctuellen Ursachen des auch dem zweiten Kurfürsten trotzig entgegengesetzten Widerstandes beider Städte zu rechnen ist. Die Geschichte lehrt uns, daß Friedrich II. nur in Folge des im ersten Jahre seiner Regierung ausgcbrochcnen Streits zwischen Bürgerschaft und Rath, die von seinem Vater ausgestellte Forderung des Oeffnungsrechts durchsetzen konnte, daß sich erst nach mehrjährigem, selbst be¬ waffneten Widerstände und in Folge eines Urtheilspruches, im Jahre 1448 Berlin und Cöln dem Landesherr» unterwarfen. Das Schloß in Tempelhof mit dem dazu gehörigen Areal erkaufte, gleich nach Abschluß des Kaufvertrages mit dem Orden, der Berliner Bürgermeister Jacob Heydecke, nach dessem Tode die Besitzung
war, welcher kurz zuvor
scheint daher, als ob der
wider Berlin und Cöln durch die Truppen des Kur¬
II.,
welche
die Boytin'sche Sache
unterstützten und
Da
notorisch Teinpelhof besetzt hatten, zerstört worden sind.
daraus der Schloßbau in Cöln mächtig gefördert wurde,
in
so
kurz
liegt
es
Kurfürst die Baumaterialien des Schlosses und der Vertheidigungswerke in Tempelhof zu seinem eigenen Bau verwandte und so erklärt es sich, daß die Zerstörung mit großer Sorgsalt und Gewissenhaftigkeit vor sich gegangen ist. Mit Aus¬ nahme der nicht sichtbaren unterirdischen Gänge, erinnert kein Wall, kein Stein mehr an das frühere Vorhandensein eines alten, festen Schlosses. Nur der Kirche, einer der ältesten der Mark, war es vor¬ behalten geblieben, bis zu ihrem vor etwa 10 oder 15 Jahren er¬ folgten, leider ziemlich unschön ausgeführten Umbau, namentlich in dem vierblätterigen Kleeblatt ihrer Spitzbogenfenster, äußere Zeichen der Erinnerung an ihre einstigen Erbauer, die Tempelritter, den der Möglichkeit, daß der
späteren Generationen zu überliefern.
Außer der. kleinen Kirchen-Glocke mit dem Johanniter-Ordens¬ erinnert in Teinpelhof Nichts mehr an die Männer mit dem
zeichen,
.
rothen Kreuz, welche vor jetzt 441 Jahren die Städte Cöln und Berlin mit einer sehr ernsten Gefahr bedroht hatten. Nichts aber ruft in
Berlin die Erinnerung an die Großthaten der Bürger wach, welche mit ihrem Blute für das Wohl ihrer Stadt einstanden. Noch hat sich keine Stimme erhoben, den Kamps von 1435, diesen Glanzpunkt in der Stadtgeschichte, dieses Zeichen einer kräftigen und gesunden Bürgerschaft, im Rathhause bildlich zu verherrlichen. Möge diese Andeutung bei der Commission zur Ausschmückung des Rathhauses nicht ohne Nachhall bleiben, und würdig befunden werden, zu weiteren Betrachtungen und Entschließungen erwünschten
Anlaß zu geben.
Johann Carl von Eckenberg, der starke Mann. Eine Studie zur Theater-Geschichte Berlin's. Vorgetragen im Verein für die Geschichte der Mark Brandenburg von £. Sdmoidcr.
(Schluß.)
Es ist, wie gesagt, nicht zu ermitteln gewesen, ob diese starke Zurechtweisung in Folge der Klagen unseres Eckenberg oder eines Jedenfalls stehen die Vorgänge in anderen Prinzipals erfolgt ist. freilich nicht mehr vollständig zu über¬ die jetzt einiger Verbindung, Universität Halle steht indessen nicht Die Weigerung der sehen ist. Eckenberg im dlpril 1742 allein, auch Frankfurt a. d. O., wohin wollte, nachdem er den Winter von 1741 zu 1742 abermals in Berlin und zwar im Wettstreit mit der Hilserding'schen Truppe gespielt hatte, wandte sich an das General-Direktorium, und dieses berichtete unterm 24. April an den König: Es hat der Magistrat zu Frankfurt unterm 21sten dieses be¬ richtet, wasgestalt der Principal derer Königl. Hoff-6omoediauten
Eckenberg an Ihn geschrieben, daß er mit seiner Bande 4 Wochen vor künfftige Margaret!) Messe nach Maaßgebung seines von Ew. Königl. Majestät erhaltenen Privilegio dahin kommen, das dortige sogenandte Ballhauß beziehen und seine Theatralische Actiones oder Modeste Comedien darin presentiren wollen, und dieserwegen von Ihnen Antwort zu haben verlangt. Gleichwie er aber ein for allemal dahin instruiret, daß er der¬ gleichen Theatralische Actus nicht verstatten sollte ohne Königl. Verordnung, so muß er dahin gestellet seyn lassen, ob sothanes Privilegium demselben die Freyheit daselbst zu agiren ertheile? — Gesetzt aber, daß Ihm solches ftey stehen sollte, müßte ihn wegen des Ballhauses erinnern, daß Solches dem nunmehro ver¬ storben Kauf Mann Wölben gehörig uud ad instantiam besten v.
berg
Erben nunmehro zum 5ten Male sixljhastirt sey, also vor dieses Hauß in keinem Wege disponirt werden kann, zumahl der 30ste hujus terminus adjudicationis pro omni erst gesetzet, mithin es von der Willkühr des Käuffers dependiret, wie und welchergestalt er sich wegen dieses Hauses mit gedachtem v. Eckenberg So sey auch das Geld daselbst unter den Leuten setzen könne.
Mai
welches aber wegen seiner Abreise aus keiner Malice geschehen, Wann nun aber mein sondern dieser Tagen hier sey» wird. Bruder ex Privilegio gratiosissimo Regio ein Jus quaesitum erlanget, Se. Königl. Majestät auch selbsten allergnädigst ver¬ ordnet, daß nur ein Comoediant sein solle, und der Hamburger kein 8pecial-Privüegium erlanget noch erlangen kann, daß mein Bruder excludiret sein sollte, welches ohne dem nicht geschehen möge, weilen mein Bruder, da nur ein Comoediant sein soll, ex antiquitate temporis aus vielen besondern Umständen ein Jus potius hat, und weilen ich mich erbiethe, nomine meines Bruders die restirenden 22 Thaler nebst denjenigen, so ein
durch
Magistrat von Frankfurt a. O. aus dem Wege, befohlen wird, daß das Privilegium in allen Fällen zu
respektiren sei.
Während der diesjährigen Abwesenheit Eckenberg's trat aber als beide Universitäten gegen ihn auf. Es war
ein gefährlicherer Feind
Schauspiel-Prinzipal Johann Friedrich Schönemann, Berlin eigentlich die bessere Zeit für das deutsche Theater erst beginnt. Plümicke giebt zwar an, daß Schönemann schon im Jahre 1740, gleich nach dem Regierungsantritt Fyj^richs des Großen, ans Lüneburg nach Berlin berufen worden fest tmd daß er nur deswegen damals nicht schon gekommen sei, weil ein Anderweitiger Kontrakt ihn gebunden. Die nachfolgend mitgetheilte Nngabe Schöne mann 's an den König erwähnt dieser Einladung aber mit keinem Worte, was doch gewiß geschehen wäre, stellt also unseres Bedünkens die Angabe Plümicke's in Zweifel. dies der
von dessen Eintreffen in
(Titel.) Ich erkühne mich, Ew. K. Maj. mit der tiefsten Unterthänigkeit um die Erlaubniß zu bitten, mich einige Zeit mit denen regelmässigen Schau-Spielen, welche unter meiner Aufsicht aufgeführet werden, in Deroselben Residenzstadt Berlin zeigen zu dürfen. Da ich so glücklich bin, in Ew. Königl. Majestät gesegneten Landen gebohren zu sein, und mich folglich unter der glücklichen Zahl von Ew. Königl. Majestät gehorsamste Unterthanen zu befinden, so hoffe ich um so viel mehr eine aller¬ gnädigste Erhörung meiner demüthigsten Bitte zu erhalten. Nach¬ dem die starke Feuersbrunst zu Crossen mich veranlaßt, nach Berlin zu gehen, so habe ich den Vorzug genossen, in dieser berühmten Stadt erzogen zu werden. Meine Neigung zu den schönen Wissenschaften trieb mich au, seit einigen Jahren die eifrigste Mühe anzuwenden, eine deutsche Schaubühne zu Stande zu bringen, welche der französischen in allen Stücken ähnlich wäre. Vor allen Dingen suche ich durch meine und meiner Gesellschaft Aufführung das Vorurtheil aus dem Wege zu räumen, nach welchem man sich bisher in Deutschland von den Comoedianten sehr schlechte Begriffe gemacht hat. Nichts würde mir angenehmer sein, als wenn ich in meinem Vaterlande erfahren könnte, ob meine redlichen Bemühungen den Beyfall der Ver¬ nünftigen verdienen. Ich ersterbe
HochEdler Magistrat den Sommer über pro Theatro festsetze» wird, binnen 24 Stunden zu erlegen; Also bitte ich Ew. — demüthigst, sie wollen hochgeneigt geruhen, meinen Bruder nach dem Königl. Privilegio in Schutz zu nehmen und ihm vor an¬ dern in Possessorio zu consecriren, bey dem Theatro zu Rathhause zu schützen, und daß er hiernächst seinen theatralischen Actus ferner ohngehindert exerciren möge, auch dieserhalb allen¬ falls nacher Hoffe zu berichten. Ich getroste Gebrüder v. Eckenbergen. Berlin, den 3. Sept. 1742. Diese Eingabe des Bruders schickte der Magistrat von Berlin
sofort mit folgendem Promemoria an den König, welches in der That ganz eigenthümliche Rechtsansichten entwickelt. ;
(Titel.) Es hat der v. Eckenberg im vorigen Jahre auf dem Rathhause eine große Bude mit Unserer Bewilligung auf¬ gerichtet und darin den Winter über Comoedie gespielet, auch vor jeden Tag, wann sich anheischig gemachet, der Cämmerey Schauspiele gehalten werden, 16 Gr. zu bezahlen. Er ist aber bis Ostern ante cujus nicht nur 37 Thaler schuldig verblieben, sondern hat auch die Bude stehen lassen und bey seiner Abreise vorgegeben, daß er solche Schuld in wenigen Wochen abführen wolle, wir wegen des residui auch an selbiger genugsam gesichert waren, indem er dem Zimmer Meister Adam sein Arbeit und die zur Bude gehörigen Materialien bezahlet, weshalb er auch von selbigem einen Schein produziret hat. Jnmittelst haben wir von ihm weder den vorgedachten Rückstand, noch den Sommer über, da die Bude nicht gebrauchet worden, das Geringste er¬
|
!
!
halten. Dahingegen hat
den 7.
Juli
1742.
Der König dekretirt auf
diese
Supplik ad marginem: „ Gut, aber
muß nur einer das Privilegium bekommen, überall in den König¬ lichen Landen zu spielen." Und am 25. Juli, an demselben Tage, wo
es
er den
Frieden mit Oesterreich unterzeichnete, erging auch das Reskript
S ch ö n e m a n n, welches ihm die Concession für die Residenzstadt Berlin ertheilt. Dieser kam nun im September 1742 hier an, und trat sofort in Unterhandlungen mit dem Magistrat wegen des im Rathhause vorhandenen Theaters. Der Magistrat, der dem Ecken-
an
ein Comoediant aus Hamburg, Namens eingefunden, welcher von Ew. Königl. Majestät ebenfalls die Erlaubniß, Theatralische Aufführungen Hierselbst zu produziren, erlanget, und dieser hat bei Uns angesuchet, ihm desfallß aus dem Rathhause eine Bude aufzuschlagen Wie nun der Schöne in a n n täglich, wann ge¬ zu vergönnen. spielet wird, 20 Gr., und also ein Mehreres, als der v. Eckeuberg zu geben sich offeriret, mit diesen auch sowenig jemahls ein Vergleich eingegangen worden, daß er beständig auf dem Rathhause Comoedien spielen lassen sollte, als wenig er seine gesammte Schuld bis dato bezahlet hat, dem Publikum auch nicht weniger daran gelegen, daß wann den Winter über wohlausgearbeitete Comoedien in hiesigen Residentzien produziret werden sollen, solches auf einen Platz geschehen möge, wo die Spectateurs vor Frost und Kälte gesichert seyn. Alß sind wir sich
Schönemann, allhier
Johann Friedrich Schönemann. Berlin,
zu vermiethen.
Ich habe diesen Augenblick durch den Quartel, als einen Com¬ pagnon von der Gesellschaft der Theatralischen Actum, so mein Bruder der von Eckenberg bishero allhier ex Privilegio Regio excerciret, dergestalt vernommen, daß ein gewisser Hamburger Comoediant von Sr. Königl. Majestät die allergnädigste Er¬ laubniß erhalten, anff einige Zeit allhier Comoedien zu tractiren, desfalls auch an Einen HochEdlen Magistrat ein Notilicatorium ergangen, sich danach cum instructione wegen der Accise allergehorsamst zu achten: welcher auch practcndiren wolle, daß meines Bruders sein Theatrum auf dem hiesigen Rathhause weggebrochen und nach dem Oalands-Hoff gebracht werden solle, weilen mein gedachter Bruder v. Eckenberg etwa 22 Thaler an Einen HochEdlen Magistrat schuldig geblieben,
ein Reskript an den
in welchem
Schönemann
Kaum erfährt dies ein in Berlin wohnender Bruder Eckenberg's, als er in der folgenden Eingabe Einspruch dagegen thut.
wegen des vielfältigen Durchmarsches so knapp geworden, daß die Einwohuer ihre onora publica abzuführen fast nicht mehr vermögend, also bedenklich dem Publico eine Solche zu Geldtsplitternde Gelegenheit zu suppeditiren, dem gedachten v. Ecken¬ berg auch dieses Wenig eintragen würde, da zu mahl der Numerus derer Studiosorum darselbst vor jetzo sehr schwach, und stellete Er dahero anheim, ob bemeldeten v. Eckenberg vor kommenden Umständen nach, die Herkunft nicht könne verboten, wenigstens denselben so lange Anstand gegeben werden, biß das Ballhauß wieder einen Possesorem bekomme», und daselbst bessere Zeyt sein wird. Wie nun bey Uns kein Acte von dem Ecken¬ der g'sche» Privilegio vorhanden, so stellen Wir Allerunte» thänigst anheim, welchergestalt dem Magistrat dieserhalb Be¬ scheid werden solle?
Auch dies Hinderniß räumt der König unterm 9.
wegen seiner vielen Schulden nicht besonders grün war, erklärte
sich auch gleich bereit, dies Theater dem
,
der Meynung, daß des v. Eckenberg's Bude abgebrochen nnd die Materiales davon insgesamt, so lange, bis Wir des Rückstands wegen von ihm
befriedigt worden, in gerichtlichtlichen Verwahrsam gebracht werden, und daß dagegen der Schöne¬ mann eine Bude aptire und darin die Comoedien spielen lassen könne. Hierwieder hat sich des v. Eckenberg Bruder mit beygefügtem Supplicato moviret und vermeinet, daß sein Bruder . Hierselbst allein Comoedien aufzuführen berech¬ tigt sey, und könnte ihm Schöne mann darin keinen Einhalt thun, es müsse auch die Bude nicht abgebrochen werden, weil er seines Bruders Schuld sofort zu bezahlen bereit wäre. Auch hat sich der Zimmer Mann Adain gleichfalls angegeben und machet an des v. Eckenberg's Bude annoch einen Anspruch von 190 Thaler mit Bitte, solche dieserhalb stehen zu lassen. So viel das Eckenberg'sche Vorgeben, daß er allein Hier¬ selbst Comoedien spielen könnte, betrifft, so gehet Uns solches gar nichts an, weilen Ew. König!. Majestät dem Schönemann gleichfalls eine Permission dieserhalb ertheilet, zu cognosciren nicht befugt. Jnmittelst da solcher ebeufallß die Freyheit erlanget und derselbe ein Mehreres als der v. Eckenberg pro locario gebe» will, zudem mit diesem Niemals auf eine gewisse Zeit und auf etliche Jahre contrahiret worden. Ucberdieß des Zimmer Meisters Adams anjetzo vorgebrachte Obmotanz eine offenbahre Collision marquiret bevorab noch vor mentionirtem Protokoll der v. Eckenberg deffen Schein, daß er an der Bude kein Recht mehr habe, sondern deshalb bezahlet sey, produziret und wenn gleich sothaner Revers sich nicht mehr ad aeta befindet, sondern zurückgenommen seyn mag, das Protokoll sein fidem behalten oder der o. Eckenberg eine Falschheit committiret haben muß, der Zimmer Meister Adam auch keinen Regreß an den Platz, sondern nur an denen Brettern haben kann, Ueberdieses Uns wohl nicht verwehret werden kann, eintzig nnd allein zum Nutz der Cämmerey einen Platz auf dem Rath¬ hause zur Haltung einiger Schauspiele an wen wir wollen, ohne daß jemand sich desfalß eine Possession anmaßen kann, zu
fiat! .dem Schönemann au remittiren.
In
Bürger Meister und Rath allhier. Coch. den 6.
Reichhelm.
Kircheysen.
Thiele.
Sept. 1742.
Das anliegende Protokoll besagt: Es erscheint der Herr v. Eckenberg auf Erfordern in Person und saget: daß er in der Bude auf dem Spittel-Kirchhof von Ostern bis Michaeli 1741 in allem nur 25 mahl gespielet habe, täglich ä 12 Gr., macht 12 Thlr. 12 Gr. Von Michael;' 1741 bis Ostern 1742 Habe er auf Hiesigem RatHHaufe 54 Tage ge¬ — spielet, täglich ä 16 Von Ostern bis den 13. April habe er nur 14 Tage vorgestellet, ä 16 Gr. 9 8
...... Gr.36 ...
Summa 57 Thlr. 20 Gr. Eckenberg sogleich 20 Wann Hr. v. Thaler bezahltet, nächstdem dociret, daß au der auf dem Rathhause stehenden Boutique
Niemand etwas zu fordern, so kann zur Bezahlung 14 Tage nachgesehen werden.
Berlin,
den 16.
(Titel.) Unsern u. s. w. Demnach Uns vorgetragen worden, daß wegen der von dem v. Eckenberg zu Aufführung seiner Comoedien auf dem Rathhause im vorigen Jahre auf¬ gerichteten großen Bude, und wegen des von ihm der Cämmerey dafür annoch restirenden locarii den 6ten hujus allerunterthänigst
Ihr
■
vermiethen. So haben bey Ew. Königl. Majestät Wir hierdurch zur Ver¬ meidung Aller Weitläufigkeit allerunterthänigst ansragen sollen. Ob nicht bewandten Umständen nach des v. Eckenberg's Bude abgebrochen und die Ma¬ terialien davon so lange, bis die Cämmerey des fiat! wie oben Rückstandes halber von ihm befriedigt, in ge¬ schon gesagt. richtlichen Gewahrsam gebracht, dahingegen aber dem Schöne mann eine neue Bude zur Haltung der Theatralischen Schauspiele auf dem Rathhause aufzuschlagen permittiret sein solle! tiefster Devotion verharren
Berlin,
allein an demselben Tage, den 6. Sept., erfolgte, sondern auch aus. gefertigt und Schönem ann zugestellt wurde.
April 1742.
Kircheysen.
Ein Beweis, wie sehr dem Könige daran lag, mann beffere Schauspiele in Berlin eingeführt zu daß die Resolution auf diese Eingabe des
des Restes
durch
Schöne-
sehen, ist wohl,
Berliner Magistrats nicht
vorgestellet und angefraget habt. Alß ertheilen Wir Euch danach hierdurch zur Allergnädigsten Resolution, daß der von Euch angeführten Umbftände halber, des v. Ecken berg Bude abgebrochen und die Materialien davon insgesammt, so lange bis die Cämmerey des Rückstandes wegen von ihm befriedigt fein wird, in gerichtlichen Gewahrsam ge' bracht werden, dahingegen aber dem Comoedianten Schöne¬ mann eine neue Bude auf dem Rathhause aufzuschlagen und darin seine theatralische Schauspiele zu halten permittirt sein solle. Und da Wir Allerhöchstselbst diese Erlaubniß dem Schönemann und zwar ohne Nachtheil des dem v. Eckenberg er¬ theilten Privilegii allergnädigst accordiret haben, so ist dieser letztere um so weniger befugt, dawider sich zu moviren, als ihm solches durchgehends conservirt bleibt, dem Schöne in a u n accordirte Freyheit , zu spielen und sich sehen zu lasse», aber nur auf einige Zeit ist. Berlin, den 6. Sept. 1742.
Nun begann Schöne mann sofort seine Vorstellungen. Unter feinen Schauspielern befand sich Eckhos, welcher damals erst 2 Jahre beim Theater war, Elers, Stein, Heyderich, Uhlich und Starke, so
wie die
und die
Rainerinn
Er gab regelmäßige Schauspiele,
nerinn). sched,
Spiegelberginn
den
(später
Cato
Zayre, Alzire, Mahomet, Moliere'sche
von
GantGott¬
Lustspiele und
auch einige Posten von durchgängig besserem Geschmack als die Ecken-
Schönemann's
berg'schen. ersten
Bestrebungen erfreuten
Jahre seines Wirkens eines
berg, als mußte,
so
er Ende September nach
seine
Zeit
sei
gekommmen.
sich
in
diesem
allgemeinen Beifalls, daß Ecken¬
Berlin
zurückkam, wohl erkennen
Diese Ueberzeugung
wenigstens leicht aus der de- und wehmüthigen
liest
sich
Supplik heraus,
die
König richtete: Ew. Königl. Majestät Höchstseeliger Herrn Vaters (Titel.) Majestät haben mich zum Hoff-Cornoedianten in Dero Landen bereits vor 13 Jahren allergnädigst bestellet unter der Condition, daß mich in hiesigen Residentzien possessionirt machen sollte, zu dem Ende habe ich ein Hauß auf der Friedrichs Stadt erbauen müssen, welches Mir an die 18000 Thaler zu stehen gekomrnen. Ew. Königl. Majestät haben bei Antritt Dero Glorwürdigsten Regierung dieses erhaltene Privilegium, allein Comoedien im Lande aufzuführen, Allergnädigst confirmiret. Ich kann aber auf keinen grünen Zweig kommen, denn nicht zu gedenken, daß die auf meinem Hause hafftenden Schulden mich sehr drücken, so finden sich auch andere Comoedianten, welche mir das Brodt wegnehmen. Im verwichenen Jahre war der erdin g oder sogenannte Pantalon. Dieser erhielte unter dem Versprechen, sich gleichfalls possessionirt zu machen, ein ebenmäßiges Privi¬ legium, er hat aber sein Versprechen nicht gehalten, dennoch
er sofort an den
Hilf
gespielet und durch seine Comoedien mir vielen Schaden zuge¬ füget. Dieses Jahr kömbt sogar ein Fremder, Nahmens Schönemann, erhält Erlaubniß, seine theatralischen Actiones aufzu¬ führen, und thut solches sogar auf hiesigem Rathhause auf dem Mir vom Magistrat angewiesenen Platze, und Magistrat reißet zu meinem Schaden mein Theatrum und Auditorium nieder, und hat keine andere Uhrsache, als daß ich noch einige 30 Thaler der Cämmerey schuldig wäre, welche ich doch gern sogleich bey meiner Ankunfft zahlen wollte und noch zu thun erbötig bi». Komme ich mit meiner kostbahren Rande hier an, muß solche müßig liegen, im Kalten Winter läßet sich nicht aus der Straße Comoedias aufführen, der Platz im Rathhause ist mir benommen, die hiesigen Zuschauer werden der Spiele satt, weil sie dergleichen noch vor meiner Ankunfft gesehen, und ist bekannt, daß die erste Comoedien dasjenige eintragen müffen, was die übrigen den gantzen Winter hindurch kosten. Es hilfst mir auch nichts, wann es gleich nur heißet, der Schönemann soll nur eine Kurtze Zeit fpiehlen. Und Ew. Königl. Majestätt schadet es,
67 dergleichen frembder Mensch eine Summe Geldes in den Landen zusammen bringet, und wiederumb damit außerhalb Landes gehet, ich aber muß als ein Bettler das Thor suchen. Bey diese Umbstände bitte Ew. Königl. Majestät ich allerunterthänigst, dem Sch ö n e m a n n die Schau Spiehle sofort zu untersagen, dem Magistrat hiesiger Residentzien aber aufzugeben, mein Theatrum mir wiederumb im vorigen Stand zu setzen. Dahingegen ich an demselben die gehörige praestanda zu ent¬ richten nicht ermangeln werde, und übrigens in tiefster Er¬ niedrigung lebenslang beharre daß
Ew. Königl. Majestät Joh. Carlo. Eckenberg. Berlin, den 28. Setzt. 1742. Es half aber nichts; der König wollte Schöne mann schützen und befahl dem Minister Happe, folgende Resolution zu ertheilen: Dem tzrivilegirten Hoff-Cornoedianten Joh. C. v. Eckenberg wird aus sein unterthänigstes Memorial vom 28sten pass., worin er gebeten, daß dem srembden Comoedianten Schönemann die Schau Spiehle sofort untersagt werden möchten, hierdurch zur Resolution ertheilet, daß des Supplieanten Privilegium bishero in völliger Kraft geblieben sey und bleiben werde — da aber dasselbe niemahls exdusiv gewesen, und Se. Königl. Ma¬ jestät sich auch durch eine gantz neue Ordre allergnädigst vor¬ behalten haben, daß keine Bande Comoedianten in dem König¬ reich und Landen geduldet werden solle, welche nicht mit spezieller von Sr. Königl. Majestät Höchst Selbst unterschriebener Con¬ cession versehen sey, so wird der Supplieant auch dadurch bey ,
Privilegio geschützt, wann auch gleich der srembde Comoediant Schönemann dergleichen Concession erhalten, sich hier in Berlin mit seinen theatralischen Schau-Spielen sehen zu seinem
Supplieanten ist inzwischen unverwehrt, hier auch zu spielen, und wenn seine theatralische Stükke beim Puhlico mehr Beyfall als des Schönemanns seine finden, wird letzterer ihm keinen Schaden zufügen, sich auch noch ein Platz in der Stadt finden, wo Supplieant seine Spiele ungehindert aufführen könne.
lassen.
Berlin,
Dabei beruhigt sich nun unser Eckenberg keinesweges, sondern petitionirt am 17. Okt. weiter, wird aber wiederholt am 24. Okt. Mit diesem Bescheide mußte er sich ab- und zur Ruhe verwiesen. begnügen,
und
so
endet eigentlich der starke
Wirksamkeit und Bedeutung.
Daß
er
gegen
Mann für Berlin
Schönemann
ausrichten würde, sah er wohl ein; er verließ daher
seine
nichts
Berlin und ging
Rhein, wo er 1748 im Lager bei Luxemburg starb. Im Februar dieses Jahres war er wieder in Halle gewesen, von wo er abermals an den König schreibt und um Erlaubniß bittet, während der Fasten spielen zu dürfen. Diesen Brief unterzeichnet er Eggen¬ berg, nicht Eckenberg. Wahrscheinlich ist es ihm abgeschlagen worden, weshalb er nach Luxemburg ging, wo der Tod ihn in einem Alter von 63 Jahren überraschte. Das letzte Aktenstück, welches seiner erwähnt, ist die Supplik seiner Tochter Sophie um Uebertragung des Hofkomödianten-Titels und Privilegiums auf ihren Ehe¬ au den
mann
Ra dem in.
Sie lautet:
(Titel.) Ew. Königl. Majestät höchst seeligst verstorbener Herr Vater haben meinen Vater Johan E. v. Eckenberg in Anno 1732 zum Hoff-Cornoedianten allergnädigst benennet und ihme dieserhalben die gehörige Bestallung ausfertigen lasten. Dieses Privilegium haben Ew. Königl. Majestät unterm 22. Fe¬ bruar 1741 allergnädigst zu confirmiren geruhet und ist er auch dabey in Ew. Königl. Majestät Landen geschähet worden. Dieser mein Vater ist nun vor einigen Wochen in Luremburg, allwo er
agiret, verstorben, und mich also alß eintzige Tochter hinterlassen. Wann ich nun von meinem
mit
seine
die Freyheit haben mögen, honnette Schauspiele aufzuführen, und also meines Vaters Privilegium auf Uns zu extendiren, auch Uns dieserhalb die gehörige Bestallung ertheilen zu lasten. Für diese Mir erzeigende Gnade ersterbe ich allerdehmüthigst Sophia v. Eckenbergiun,
Berlin, den 24. April 1748. verehelichte Rademin. Das Gesuch wurde abgeschlagen, und so erlosch das Eckenbergsche Privilegium für immer. Werfen wir einen Blick auf das Mitgetheilte, so läßt sich nicht leugnen, daß Eckenberg eine jener interessanten Persönlichkeiten ist, deren Schicksale, verschuldete und unverschuldete, sie zu einem dankbaren
Stoffe für die Novelle und den Roman machen. Geschicklichkeit, Schlauheit und Unternehmungsgeist ersetzte bei ihm Bildung und Fähigkeit. Vom Zufall gehoben, von unsittlicher Neigung wieder herabgedrückt — unmäßig im Glück — regsam im Unglück, hätte er in anderer Sphäre vielleicht Bedeutendes geleistet — so endete er wie die Meisten seiner Art: in Elend und Vergessenheit. Das von ihm erbaute Haus steht noch und wurde dadurch merkwürdig, daß die ersten öffentlichen Gerichtssitzungen in ihm gehalten wurden; sein Name aber ist bis auf wenige Notizen in Theatergeschichten ver¬ schollen, und unbenutzt lag bis jetzt das in dieser Studie mitgetheilte Material unter alten Akten! — Solcher interessanter und hervorragender Persönlichkeiten giebt
der Gesellschaft
Vater nichts zu
erben habe, indem er alle sein Vermögen besonders in Erbauung seines Hauses aus der Friedrichstadt an¬ gewendet, so würde dieses annoch ein Trost für mich seyn, wenn Ew. Königl. Majestät geruhen wollten, dieses meinem Vater
allergnädigst ertheilte Privilegium auf mich und meinen Ehe Mann zu extendiren. Und deshalb gelanget an Ew. Königl. Majestät meine Allerdehmüthigste Bitte, Sie wollen Allergnädigst gernhen, mir und meinen Ehe Mann als Hoff-Cornoedianten dergestalt anzunehmen, daß in Ew. Königl. Majestät Landen
es
übrigens in der Geschichte des Berliner Theaters, für deren vollstän¬ dige und
mit
Aktenstücken belegte Darstellung ich früher viel
Material
gesammelt, noch viel Andere, und werden einem künftigen Bearbeiter der Theatergeschichte unserer Vaterstadt wenigstens unendlich reichhaltigere Materialien zur Benutzung vorliegen, als der so fleißige und achtungs-
Plümicke
werthe
Happe.
4. Oet. 1742.
den
wir privative
sie
gekannt.
Das Königliche Zeughaus ;u Gerlin. Von
Gcorstc L>iltl.
III. Der König, dem trotz seiner Vorliebe und Pietät für
den Aus¬
bau des Zeughauses stets darum zu thun war, die möglichsten Er¬ sparnisse zu machen, hatte an den Rand einer Vorstellung des Obersten von Linger eigenhändig die Worte geschrieben: „Von Kreutz soll ein Dessin machen lassen von 1200 Thaler nur zum Unterhalte, daß das Gewölbe, das geritzet ist, nit
einfällt, soll mein Tage keiner davon sprechen, das zu bauen als 1200 Thaler." Die Kirche St. Anna zu Stendal hatte man eingehen lassen; sie war ebenso wie das daselbst befindliche alte Schulhaus eingerissen worden.
Beide Baulichkeiten hatten Kupferbedachungen und das also wurde im August 1717 an Linger überwiesen.
gewonnene Kupfer,
Es waren etwa 10—12 Eentner. Linger machte unterm 2. Mai 1718 dem Könige folgende Vorstellung:
„Zu Ausbauung und Perfeetionirung der nothwendigen Stücke an dem großen Arsenal, als die beiden Treppen und die Hälfte der oberen Etage, als worauf das Gewehr plaziret und verwahret werden solle, ingleichen, wo das Schanzzeug und andre nothwendige Dinge können in guter Ordnung und Verwahrung behalten werden, wie dann auch die Thüren und Steinmetzer-Gesims-Arbeit anzu¬ streichen, damit es nicht ferner verderben könne, ist ein ganz genauer Ueberschlag gemachet worden, und beläuft sich die Summe aufs Genaueste, weil die Steinmetzer alleine noch an 1800 Thaler zu fordern haben, 4000 Thaler. Bitte allerunterthänigft um allergnädigsteOrdre zu dieser Summe, damit der Bau bei guter Saison vollführet und also Alles gut und
dauerhaft gemacht werden könne. Berlin, d. 2. Mai 1718. Randbemerkung des
Geld.
so
viel
F. W." war noch eine Restforderung von 754 Thalern zu Die Minister von Grumbkow, von Ereutz und von Kraut,
Außerdem
tilgen.
von Linger."
Königs: „Dieses Jahr habe nit
68
König, jenen Rest, welchen die Berliner Steinmetzmeister
ersuchten den
Geyer und Anger noch aus dem Jahre 1717 zu fordern hatten,
be¬
hufs der Auszahlung bewilligen zu wollen.
Hierauf entschied der König: „Sollen 150 Thaler ein vor Alle Mal haben. Wollen sie damit nit zufrieden fein, sollen nichts haben. F. W." Gegen solche Befehle des Königs war kein Einwand zu machen.
Die Verlegenheit der betreffenden Behörden mag daher ihnen durch
Sie mußten sich ein kurzes Marginal
„Oportet"
befohlen ward.
gewesen sein.
Wie der König
sich
zu helfen wissen, des
keine geringe
bei solchen Gelegenheiten Geld machte, geht
aus der nachfolgenden Ordre vom 6. August 1720 hervor.
„Demnach Se. k. Majestät in Preußen :c. :c., unser Aller¬ gnädigster Herr, in Gnaden resolviret, daß so wie Dero rc. von Anger bereits bekannt ist, das hiesige große Arsenal mit Schiefer gcdecket und die Kosten dazu zum Theil, von denen alten Bomben
uud Kugeln,
die Se. Majestät zu verkaufen geordert, genommen werden sotten. Als befehlen Sie Dero :c. von Linger hierdurch allergnädigst, dazu alle behörige Anstalten zu machen, den Verkauf besagter Bomben und Kugeln möglichstermaßen zu besor¬ gen, dann auch die Anschaffung besagter Bomben und Kugeln möglichstermaße» zu besorgen, dann auch die Anschaffung des
Mit
dem Schieferdecker
König einen Kontrakt das Zeughaus
uud über Alles
mit
George Wilhelm Leydeck hatte
der
(Januar 1721), nach welchem Leydeck mit Schiefer von Goslar und Elbingerode decken mußte; geschlossen
Es scheint also, daß Kupfer nicht recht vorwärts innerhalb eines Zeitraumes von drei
der projektirten Bedachung aus
Die Kosten beliefe» sich Jahren auf 10,160 Thaler. Linger hatte einen Anschlag für den weiteren Ausbau gemacht; diesem zufolge bewilligte der König im Februar 1723 die Summe von 4564 Thlr. 23 Gr., um die Hälfte der 2. Etage auszubauen. Die Gelder wurden aus der Artilleriekasse entnommen. Es verging nun einige Zeit, während welcher, wie es scheint, allerlei kleinere Reparaturen vorgenommen wurden, ehe wieder nam¬ hafte Arbeiten gemacht werden konnten. Im Jahre 1728 reichte Linger einen Anschlag über 4805 Thaler ein, um den Fußboden im ging.
Königl. Zeughause in dem gegen das Gießhaus gelegenen Flügel und für Schalung der Decke und Fertigung des oberen Fußbodens die Bewilligung zu erhalten. Der König resolvirte: „Gut; soll in Gottes Namen anfangen zu 4000 Thaler, daß es gegen den Winter fertig werde. Fr. W." Die an Linger, der inzwischen General geworden war, gegebene Ordre des Königs lautete: „ Seine Majestät in Preußen, unser allergnädigster König und Herr, taffen Dero General-Major von Linger hierdurch in Gnaden bekannt machen, daß die Churmärkische Kriegs- und DomainenKammer befehligt sei, zu völliger Ausbauung der letzten Face am herzustellen,
hiesigen großen Zeughause, die specificirten Bau-Materialien und zwar den Kalk nebst Gips, Steine, gegen Bezahlung, Brenn» und Brecherlohus, die Bretter, Bauholz :c. aber gegen die gewöhnlichen Transportkosten, und hat er, der von Linger, darunter das Nöthige zu besorgen.
Signatum Berlin, den 24. Juni 1728. Fr. Wilhelm." Im März 1729 wurde der königliche Befehl gegeben, die noch fehlenden Gewehr-Stettagen im Preise von 1213 Thlrn. zu erbauen. Höchst wichtig aber war ein im Februar 1731 erlaffener Befehl des
Königs:
„Seine Königliche Majestät in Preußen :c., unser allergnädig¬ Herr, laßen Dero General-Major von Linger hierdurch in Gnaden bekannt machen, daß wegen der ip der Beilage specificirten, ster
Dieser Ordre war beigelegt eine:
„Specificati on folgender Kriegs-Sachen, worüber Ordres an die Gouverneurs und Kommandanten geboten wird.
Friedrichsbnrg,
an den Kommandanten: 25 Fahnen und 8 Estandarten. Memel, an den Kommandanten: 7 Fahnen und 1 Paar Pauken. Pillau, an den Kommandanten: 22 Schlachtschwerter, 16Fahnen, 11 Estandarten. Magdeburg, an den Kommandanten: 10 Estandarten, 41 Fahnen. Wesel, an den Gouverneur: 75 Fahnen. Stettin, an den Gouverneur: 87 Fahnen, 13 Estandarten, 40alte Kurzgewehre und 44 Espontons. Peitz, an den Kommandanten: 44 Paar Pistolen."
Eine sehr interessante Ordre des Königs an den Gouverneur von
Stettin, General-Major von Anhalt-Zerbst, lautet: „Aus der Schlo߬ kapelle zu Stettin die dort vorhandenen 16 blanken Harnische" dem Zeughause einzusenden.
die bisherige Schindelbedachung wurde beseitigt. es
■
was gewöhnlich
Königs, bestehend in dem Worte
Schiefers und was ferner nöthig, zu befördern, richtige Rechnung führen zu lassen. Berlin, d. 6. August 1720."
in den Arsenalen noch befindenden Sachen, als Fahnen, Estandarten :c. aus denen Festungen Friedrichsburg, Memel, Pillau, Wesel, Magdeburg, Stettin und Peitz anhero gesandt und zum hiesigen Zeughause abgeliefert werden sollen, (lato die nöthigen Ordres an die Gouverneurs und Kommandanten ergehen und solche Sachen theils zu Wasser, zum Theil zu Lande, bei erster Gelegenheit anhero schicke» und zum hiesigen Zeughause abliefern zu lassen. Signatum. Berlin, d. 15. Februar 1731. Fr. Wilhelm." sich
Daß der König durchaus nicht einer effektvollen und künstlerischen Dekorirung abgeneigt war, beweist die Bewilligung von 600 Thlrn. für die Ausschmückung der inneren Räume. Mit dem Jahre 1728 ist das Zeughaus in all seinen einzelnen Theilen als fertig anzusehen. Die Gesammtkoften von 1723—1731 betrugen ungefähr 279,342 Thaler. Eine für jene Zeiten sehr be¬ deutende Summe. Schöning hat »ach dem von dem trefflichen Generalv.Peucker ihm übergebenen Aktenstücke ein Verzeichniß derjenigen Geschütze auf¬ geführt, welche zur Zeit Friedrich Wilhelms I. in dem Berliner Zeughause vorhanden waren. Jenes Verzeichniß thut zur Genüge dar, daß von Kunstgeschützen der schönsten
führung
Art der
meisterhaftesten Aus¬
in dem Berliner Zeughause zu einer Sammlung vereinigt gewesen ist, wie sie glänzender wohl kaum ein zweites Arsenal aufweisen konnte. Da wir beabsichtigen, eine Dar¬ stellung der in neuester Zeit noch vorhandenen und neu hinzugekom¬ menen Schätze zu geben, so dürfte dem Waffen- und Kunstfreunde eine Wiedergabe dieser Specification nicht unwillkommen sein. Man wird allerdings nicht ohne Bedauern die Wahrnehmung machen, daß viel — sehr viel abhanden gekommen und wahrscheinlich vernichtet worden oder zum großen Theil in freuide Hände gelangt ist. eine
große Anzahl
„Specification aller metallnen Kanonen, Mortiers und Haubitzen, nebst deren Jnscription und Devisen, welche sich in dem großen Arsenal zu Berlin September 1713. befinden. Ein 100pfündiges Kanon, genannt „Asia", gegoffen zu Berlin, wiegt 370 Centner. Zwei 64pfündige Kanons, vom Markgraf Hans zu Brandenburg, gegoffen in
Stuttgardt 1583.
Lübeck wieder umgegossen, werden
Eine von diesen ist 1681 in genannt: „die scharfen Metzen", post, funera virtus!“
auf dem Langfelde steht: „Vivit Zwei 64pfündige Kanons, vom Herzog schenkt; die eine
Julius
von Braunschweig
ge¬
1570, die andere 1573 in Stuttgardt gegoffen,
darauf steht:
Die scharfe Metze bin ich genannt, Vom Herzog Julius hierhergesandt. Zwei 48pfündige Kanons, von George Wilhelm, Kurfürst zu Bran¬ denburg, gegoffen in Cüstrin, eins 1624, das andere 1625, ä 88 Centner.
69
Vier 40pfündige Kanons, voui Markgrafen Hans, darauf ein dop¬ Eins von diesen ist 1681 neupelter Adler; gegossen 1553. gegosfen.
in Berlin
Zwei 40pfündige Kanons, von Friedrich Wilhelm, 1652. Eins ca. 76 Centner, das andere 75 Centner 40 Pfd. Ein 40pfündiges Kanon, von Friedrich Wilhelm, gegossen 1652; wiegt gegossen
74y2
III. Das
aber
eigenthümliche und von
einander abweichende Ver¬ damals der König Friedrich I. zu einer einzigen Stadtgemeinde unter nur einem Magistrate und unter dem fassungen hatten,
Vom Stadtarchivar filicin.
VIII. drich
I.)
eines neuen Stadtsiegels vorbehalten blieb.
(Schluß.)
Jahre 1688 wurde von Friedrich die Anlage der
III.
(nachh. König Frie¬
des Friedrichswerders übertragen, jedoch
dem
erhielt die Friedrichs¬
stadt eigenes Bürgerrecht, eigene Gewerbeverfassung und Gerichtsver-
waltnng,
so
No. 15),
reichen,
welche
der
„Nachdem
ein
Wir
von
(S.
denen von Euch aller-
nämlich den halb
unterthänigst einge¬
Wappen
eigenes
halb
wie
in colorirten Abbildungen ein¬ König unterm 6. Dezember 1709 dem OberHeroldsamte zur Prüfung übergab und das genehmigte Projekt dem Magistrate mit folgendem Rescripte zurückgab: das Projekt zu einem Gesammtsiegel
Die Gemeindeverwaltung wurde zwar anfänglich
Magistrate
Der vereinigte Magistrat mußte hierauf sämmtliche bis dahin im Gebrauch gewesene Siegel und Wappen von Berlin, Cöln, Friedrichswcrder, Dorotheenstadt, Königsstadt und Friedrichsstadt, sowie
Friedrichsstadt begonnen.
beschloß
Gesammtname» Berlin zu verschmelzen. Dies erfolgte durch das Patent vom 17. Januar 1709, in welcher zugleich die Ertheilnng
Die Wappen und Farben der Stadt Berlin.
Im
Derlin.
Alle die obengenannten Städte, Stadtheile und Vorstädte, welche im Jahre 1709 bei 49855 Civil-Einwohnern fünf verschiedene Magisträte (mit Einschluß des Magistrats für die französische Colonie) mit mehr als 60 Rathsgliedern und über 200 Beamten und Dienern, außerdem
Centner."
gesammte
sandten
schwarzen,
Projekten
rothen Adler im silber¬
beikommcnde
nen Schilde.
nung eines Siegels
Die Luisenstadt, früher
auch
Zeich¬
Allergnädigst appro-
birt, als habt
kölnische
Ihr
und Cöpeniker Vorstadt
Euch dessen hinfürder
benannt, ist,
zu gebrauchen.
obgleich
Cvln,
im 17. Jahrhun¬
schon
d. 6. Febr.
dert daselbst Ansiedelun¬
gez. von
gen stattfanden, welche
Dieses Siegel (No.
im Jahre 1694 die Er¬ bauung
einer
1710. Prinz."
eigenen
18) erhält ein in drei
Kirche
(zuerst
Seba¬
Felder getheiltes Schild,
stians-
später Luisen¬
deren erstes den branden -
kirche)
burgischen Adler,
nöthig machten,
zweite den preußischen
nur langsam angewach¬ sen, und hat erst in neuester Zeit mit über¬
Adler und das dritte den schwarzen, aufrecht
raschender Schnelligkeit
stehenden
ihre jetzige bauliche Aus¬
diese
Ein
Bären,
alle
Figuren in weißen Feldern enthält. Ge¬
dehnung undVollendung
erhalten.
das
schmückt ist dieses Wap¬
beson¬
mit Laubwerk und oben mit dem Kurhute. Unten steht das Jahr
Wappen ist der¬ selben früher nicht bei¬ gelegt worden, weshalb
pen
ebenfalls zu den oben
der
deres
berührten Zwecken das
Vereinigung aller Magistrate, 1709, und
Wappen No. 16 erhielt,
zwischen diesen Zahlen
sie
das sich dem von Neu-Cöln anschließt, und zur Unterscheidung von demselben auf der Brust des Adlers ein I- führt, zuni Andenken an die
Hochselige Königin Luise, von welcher dieser
Stadtheil
de» Namen
führt.
Auch den
Friedrichs-Vorstädten, welche
gewonnen und sogar die Grenzen des alten Cölner Weichbildes gegen
Schöueberg und Tempelhof überschritten haben,
gleichem Zwecke das Wappen sich
No. 17
beigelegt.
folgerecht dem Wappen der Friedrichsstadt an,
der halb
wurde zu
Dasielbe
in
der
schließt
Art,
Stadt im Jahre 1839 ertheilt.
III.
verlieh damals dem Oberbürger¬ meister und dem Stadtverordneten-Vorsteher goldene Ketten und Me¬
Der König Friedrich Wilhelm
nachgeahmtes sich ein dem Siegel No. 18 Wappen befindet, welches sich im Wesentlichen von diesem nur darin unterscheidet, daß es statt des Kurhutes die Königskrone, und zwischen den beiden oberen und deni unteren Felde des Schildes die Mauer¬ krone
führt. Nach dieseui Wappen ist das neueste Stadtsiegel angefertigt und
daß
rothe halb schwarze Adler wachsend über der Stadt dar¬
gestellt ist.
neues Wappen wurde der
daillen, auf welchen letzteren
in neuerer Zeit eine bedeutende Ausdehnung und Aufnahme
Lützow,
Ein
mit
der Umschrift:
Berlin"
„Siegel
versehen worden.
der
Haupt- und Residenzstadt
70
„Anhalt,
Die Farben der Stadt Berlin. Ueber die Frage: welche Farben die
Stadt Berlin
habe, ist erst in neuerer Zeit verhandelt worden.
zn führen
Aus dem vorhandenen
Material ergab sich nur, daß im l5. und 16. Jahr¬ hundert die Bürger Berlins im Felde und bei Aufzügen „Fähnlein und Feldbinden von weißem und schwarzem Zindel", also die Hausfarben der Hohenzollern, als Landesfarbe geführt hatten; daß Berlin historischen
aber jemals eigene Farben gehabt hätte,
davon ergab
sich
nirgend
erinitteln, mußte nach derselben Regel verfahren werden, welche die Städte befolgten, die schon seit Jahr¬ hunderten eigene Farben führen und solche aus ihren Wappenbildern entlehnt hatten. Hiernach stellten sich für Berlin aus den verschiedenen Wappen eine
Spur.
solche aber zu
Um
desselben: dem rothen Adler dem schwarzen
im weißen Felde,
Bär im
weißen Felde, und
im weißen Felde, weiß uud schwarz als die Berliner Stadtdie drei Farben roth, farben fest, womit die Komniunalbehörden sich unterm 19. Dezember 1861 einverstanden erklärt haben. dem schwarzen Adler
das treue
Blut!"
sprach die tiefe
Stimme
des Fürsten,
und zugleich flog der Degen desselben, den er aus der Scheide gezogen hatte, weit hinein in das Zimmer. „ Waffenlos stehe ich vor meinem König, aber ich gehe auch nicht eher von der Stelle, als bis ich weiß, waruin Friedrich Wilhelm mit seinen Getreuen zürnt. Kenne manchen märkischen Dickkopf, hab' heut wieder ein Beispiel erlebt, aber gegen einen anhaltischen Dickkopf kommt selbst ein märkischer nicht
Wäre
auf."
es nicht so dunkel gewesen, so hätte der Fürst sehen können,
Königs sich zu einem schwachen Lächeln verzogen. „Laßt nur wenigstens erst Licht bringen, Ihr — anhaltischer Dickkopf", sagte er in einem Ton, wie ihn seine Umgebung seit daß die Lippen des
Wochen nicht vernommen.
Der Fürst gehorchte, denn Friedrich Wilhelms Sparsamkeit litt daß eher Licht angesteckt wurde, als bis er wirklich da war. Der Lakai, der die Lichter brachte, erzählte sofort im ganzen Schlosse, der Fürst von Dessau sei beim Könige und dieser habe ihm, dem Lakaien, zum ersten Mal wieder freundlich zugewinkt, so daß Alles voller Hoffnung aufathmete. „Und nun, was wollt Ihr von mir, Durchlaucht?" fragte Friedrich Wilhelm den Fürsten kalt. „ Bei Malplaquet, als wir zusammen fochten und siegten, sprachen Euer Majestät in einem anderen Ton mit mir", erwiderte Leopold nicht,
ehrerbietig aber entschieden.
üleement. Eine abenteuerliche Geschichte ans den Tagen Friedrich Wilhelms I. Erzählt von £udopico Jkfcliicf. (Fortsetzung.)
und erzählte dem Fürsten die Erlebnisie jenes Abends, da er mit den beiden Pagen vor dem ReußLeopold wollte nun auch die beiden Junker schen Garten gehalten. ausfragen, stieß aber aus einen hartnäckigen Widerstand, denn Beide erklärten, der König habe ihnen Stillschweigen befohlen, und das würden sie auch dem Fürsten gegenüber nicht brechen. Dieser schwankte
For^ade
nahm ebenfalls Platz
zwischen dem Aergcr über den Eigensinn der Beiden und der Freude
über ihren tapferen Gehorsam, aus dem er Nichts weiter herauslockte als das Zugeständniß, daß die sonderbare Laune des Königs aller¬
dings mit jenem Tage begonnen, den sie sich auf die Mahnung des Nicht einmal das er¬ Generals For^ade besonders gemerkt hatten. fuhr der Fürst, daß die beiden Pagen den König am andern Tage „Mär¬ ohne For^ade wieder nach demselben Garten begleitet hatten. kische
Dickköpfe!" murmelte For^ade.
„Bei mir, in Anhalt, giebt's
deren auch", bemerkte der Fürst. wirbelten Da unten die Trommeln, alle Bier fuhren auf und stellten sich in Positur. Polternd und scheltend hörte man gleich darauf den König die Treppe heraufkommen, die Lakaien riflen die
Thür auf; finster
„Er
blickte er die Anwesenden an.
kann gehen, For^ade!
Mal empfangen!"
Euer Liebden will
ich ein anderes
herrschte er die beiden Herren an.
For^ade verneigte sich, Leopold von Deffau winkte den Lakaien, den Pagen, kehrte sich auf den Hacken um und schritt ruhig hinter dem Könige her, der hastig durch die Zimmer stürmte. Wohl sah er sich
mehrere
Male um, aber
es
Regen und Wind, die Tritte; auch mochte er den für den dienstthuenden Lakaien
war dunkel,
an die Scheiben schlugen, dämpften die
ihm Folgenden, wenn er ihn bemerkte, halten.
Endlich in feinem eigenen Gemach angelangt, warf er
in
Stuhl
einen
sich
und schrie nach Licht.
„Gestatten Euer Majestät" — trat Leopold von Anhalt auf ihn zu. „Wer ist da?" fuhr der König auf und griff nach dem Degen. „Will man mich ermorden? Wer ist da?"
„Malplaquet!" rief der König und seine Augen leuchteten, es war feine stolzeste Erinnerung; dann fetzte er fast wehmüthig hinzu: „Ja, damals glaubte ich noch an Liebe und Treue." „Majestät", fuhr der Dessauer auf, „der große Kaiser Mar nannte meinen Ahnherrn, Rudolf den Tapferen, nie anders als das „treue Blut von Anhalt"; ich habe mir vom Prenßenkönige keinen besseren Titel verdienen wollen! Wer hat es gewagt, meine Treue zu verdächtigen? Da liegt mein Degen noch — aber dem Schuft, der mir solchen Schimpf angethan, renne ich ihn durch den Leib!"
„Ich sprach nicht von Euch, nicht von Euch allein", entgegnete König immer in demselben finster grollenden Ton; „ich glaube überhaupt nicht mehr an Treue." „Dann lassen sich Euer Majestät im Dom zu Berlin neben Höchstdero Herrn. Vater beisetzen, denn dann können Majestät nicht mehr König fein!" erwiderte der Fürst barsch. „Zeigt mir Treue, gebt mir Beweise!" rief Friedrich Wilhelm. „Zeigen, beweisen?" schüttelte der Fürst den Kopf. „Die Treue steht eben nicht an jeder Straßenecke, daß man sie nur so heraufholen könnte, die sitzt tief innen; aber halt, eben, ehe Euer Majestät das Schloß betraten, gaben mir zwei kleine Junker, von Bredow und von Stechow geheißen, ein Erempel von Treue gegen Eure Majestät." der
Der König hob das Haupt und horchte hoch auf; Leopold von Dessau aber war auf diese Weise dahin gelangt, wohin er wollte, zu der geheimnißvollen Fahrt nach dem Reuß'fchen Garten.
König, sichtbar erfteut, vor sich „Aber was hilft mir hin, als der Fürst feine Erzählung beendet. reinen Herzens sind, die das, wenn die Kinder treu sind, die noch Hat nicht For^ade zu Euch geredet, der Erwachsenen sind's nicht! auch schweigen sollte?" „Die Liebe zu Euer Majestät trieb ihn und er hatte mehr Vertrauen zu der Treue Leopolds von Dessau als Euer Majestät." Ja, er war wirklich ein Dickkopf, dieser kluge Anhaltiner, er redete auf den König hinein unermüdlich; fteilich wußte er ihn zu behandeln, kannte seine schwachen Seiten und hielt immer den spa¬
„Brave Jungens!"
sprach der
in der Reserve. Und endlich gelang es ihm, König in eine weichere Stimmung zu bringen, in welcher dieser ihm den Namen Kleement nannte und ihm mittheilte, welche Entdeckung ihm derselbe gemacht habe. Entsetzt fuhr der Fürst zusammen über nischen Erbfolgekrieg
den
diesen
Wust ungeheuerlicher Verleumdungen, dennoch hütete er
sich, dag
71 krankhafte Mißtrauen des Königs noch mehr dadurch zn reizen, daß er sofort Alles
für
„Der Teufel
Lüge erklärte.
lauer Straße,
lag ein Wirthshaus, der Stelzenstug genannt, der, wie der größte Theil der Grundstücke dieser Gegend, zum Vorwerk der
Diplomaten!" entgegnete er; „weiß nicht,
Königin Sophie Charlotte gehört hatte, dann aber von Friedrich I. dem Jnvalidenhause geschenkt worden war, nebst dem Rechte des aber Prinz Eugenius, der edle Ritter, der hat mit solcher Teufelei . Grundzinses jener Grundstücke, die daher den Namen „Jnvalidensteiheit" nichts zu thun. Wollen mir Euer Majestät diesen Monsieur Clement bekamen. Der Stelzenkrug aber hatte noch seine besonderen Rechte: einmal aufführen?" die Freiheit von bürgerlichen Lasten, das Recht, Weine, stemde und „Er ist abgereist", bekannte der König. einheimische Biere ohne Magistrats-Einlage zu verzapfen; er erhob Der Dessauer unterdrückte mit Mühe einen Fluch, Friedrich den Grundzins von allen ans der „Jnvalidensteiheit" stehenden Häusern, Wilhelm aber sprach weiter: „Er schrieb mir aus Cleve, daß er auf von den dazu gehörigen Fleischscharren den sogenannten Erbkanon; er Befehl des Prinzen Eugen dort sei; der Prinz habe gefährliche äesdnrste Reisende und besonders Viehhändler mit Vieh aufnehmen, seins, in allen Städten des preußischen Landes bestimmte Correspon¬ welches dort das ganze Jahr verkauft wurde. Es war ein immer¬ denten; das Project eines Generalanfruhrs sei ihm bekannt. Das währender Viehmarkt im Stelzenkruge, der entstanden war, als der ist's, Leopold", schloß der König, „was mich lähmt; ein König von Kurfürst das Mästen der Schweine in der Stadt verboten hatte; daher Preußen erträgt Alles, nur keinen Aufruhr." wurden nur die zum Schlachten bestimmten Thiere in die Thore hin¬ „Nein, Majestät!" rief Anhalt mit dunkelrothem Gesicht, „weil eingelassen und hier draußen der Viehmarkt angelegt. Linker Hand er eine Armee hat, die ihn zu Boden schlägt; und ich glaube es vom Kruge lag die Königliche Schäferei; die Häuser auf der „Jnnicht, in alle Ewigkeit nicht! Wo ist dieser Monsieur Clement jetzt?" validenfreiheit" waren von Leuten erbaut worden, denen Sophie „In Amsterdam." Charlotte die Grundstücke geschenkt hatte. „Er muß wieder her; Majestät sind das sich und dem Lande, Hier in einem Zimmer des Stelzenkruges, in dem immer viel hole die
was der Flemming und das Wiener Cabinet miteinander aushecken,
den
fremden Cabinettcn schuldig."
„Wer aber soll ihn holen?"
„Die Beiden,
die das
ganze Unheil angefangen
blonski und Bieberstein. Teufel, die werden doch nicht
haben,
Ja-
mit ihm unter
einer Decke stecken?"
Der König lachte bitter. „Packt es Dich auch, das Mißtrauen, Du mich heilen willst? Aber vielleicht ist es wahr, es kommt auf zwei Betrüger mehr nicht an." Leopold biß sich auf die Lippen, er hatte einen Fehler gemacht bei aller Klugheit. „Wir werden ja sehen", lenkte er ein, „jedenfalls von dem
muß die Sache genau untersucht werden."
Das versprach sich
denn auch der
König, dem
es
offenbar recht war,
endlich einmal aussprechen zu können; lag doch Verstecktheit und
Geheimthuerei am allerwenigsten
in
seiner
Natur.
Lange, lange saßen die beiden Fürsten beisammen; endlich kamen
Arm in Arni aus
in das Vorzimmer, wo aui Kamin stören. Der König legte Jedem eine Hand auf die Schulter und sagte mit der hinreißenden Freundlichkeit, die er haben konnte: „Brave Jungens, gehorsam und treu ist Preußenschmuck, bleibt so!" sie
den inneren Gemächern
Lärm und Bewegung herrschte, finden wir den Wirth desselben im Gespräch mit Kleement, der offenbar in großer Unruhe schwebte. „Seid doch ruhig", mahnte der Wirth, „es fällt Keinem auf, wenn eine Dame hierherkommt, es ist das schon öfter dagewesen; meine Viehhändler kümmern sich um Keinen, der nicht mit ihnen handeln
Ihr
Den beiden Funkern, die wohl ahnten, worauf der König an¬ in die Augen, sie bückten sich, die Hand des Herrschers zu küssen; der aber sagte: „Märkische Dickköpfe, meine Besten!" Dann drehte er sich zu dem Fürsten um: „Ich gehe jetzt zur Königin"; zum Lakaien gewendet, befahl er: „For^ade, Grumbkow, Kreutz, Knyphausen, Natzmer, Finckenstein gleich einladen; auch Ihr kommt, mein treues Blut von Anhalt! Und -fast lustig schloß er: „Heut Abend ist Tabackscollegium!"
Fünftes Kapitel.
Im
Stelzenkruge.
aber cs sucht auch Keiner hier eine Dame, darum seid
Wirth mit der Hand, ihn allein zulassen; Der Abenteurer durchmaß das Zimmer mit großen angegriffen und aufgeregt aus; mehrmals blieb er
Kleement winkte dem dieser gehorchte.
Schritten, er sah tief seufzend stehen und sprach nach seiner Gewohnheit leise vor sich hin: „Schwere, schwere Arbeit; dieses Berlin ist mein Verderben,
aber ich muß immer wieder hierher, ich muß sie wieder sehen!" Er hatte die Thür nicht gehen hören, aber zwei weiche Arme legten sich um seinen Hals, süße ungarische Worte klangen an sein
Ohr, und: „Jela, Jela!" jubelte
„Du
von Bredow und von Stechow noch immer
spielte, schoß das Wasser
will;
ganz sicher."
„O,
bist ohne meinen
Ring ist blau geblieben!" Sie hielt ihm die Hand mit
„Ich mit
dem
komme
Du
Dann
ja wieder",
dem
funkelnden
Stein
entgegen,
tröstete er;
„Du
hast ja den Ring,
saßen sie nebeneinander und plauderten sorglos heiter wie
glücklich Liebende; nur einmal zeigte
sich Kleement ernster, als er die nicht auf etwaige Anklagen zu hören, die sich wahrscheinlich in nächster Zeit wider ihn erheben würden. „Ich habe Feinde", bemerkte er, „aber keine ärgeren als den Geheimrath von Bieberstein, merke das wohl."
Geliebte ermahnte,
Drunten in der Gaststube zechten Viehhändler und Fuhrleute; ein Fuhrmann hatte die Arme auf den Tisch gelegt, den Kopf darauf, und schien zu schlafen. Neben ihm saß ein Viehhändler, der sich tief
wüsten Raume beiden
Draußen in der Vorstadt, zwischen der Bernauer und der Prenz¬
sagte sie.
mich rufen kannst."
warum.
konnte
Dir!"
„Aber ich bleibe nicht lange bei Dir", seufzte Kleement; „der König von Preußen schickt mich nach Holland." „Gehe nicht", flehte die schöne Magyarin.
namentlich waren
Alles vergessend.
die er leidenschaftlich küßte.
seines eben beendeten
^aune
er,
gekommen, ich danke
der
Alle Höfe und Cabinette Europas waren in heilloser Verwirrung, Spionage und Mißtrauen waren an der Tagesordnung, es fanden Verhaftungen statt, für die sich kein Grund angeben ließ; es wurde
in Berlin immer unheimlicher, und doch wußte Niemand Der Bischof Jablonski und der Geheimrath Bieberstein in einer geheimen Mission nach Holland geschickt; des Königs war selten einmal heiter, nicht einmal fein Tabackscollegium ihn feinen finsteren Gedanken entreißen.
Ruf
zu einem niächtigen Hunde hinabgebeugt hatte, den er
Männer
„Er
Mahles fütterte.
Niemand
mit den Knochen in dem weiten,
voll Tabacksqualm und Bicrdunst merkte, sich
daß
die
unausgesetzt leise unterhielten.
ist also bei seinen Behauptungen geblieben?" in französischer Sprache.
fragte der
anscheinend Schlafende
„ Er hat mir in Jablonski's Gegenwart die Namen Aller dictirt, die an der angeblichen Verschwörung theilnehmen und kaiserliche Pen-
fronen bekommen sollen; Ehrenmänner wie Danckelmaun, Alvensleben,
sogar der Fürst von Dessau sind dabei."
König glaubt ihm?" er sieht einen Beweis seiner Aufrichtigkeit darin, Nun beruft er sich auf daß er ui^s ruhig nach Berlin begleitet hat. Briefe des Prinzen Eugen, die er aber selber aus dem Haag holen müffe, wo er sie einem Freunde anvertraut habe, der sie nur ihm ausliefern werde." „Und der König läßt ihn gehen?" „Ich habe es wenigstens erreicht, daß man ihm den Major Dumoulin als Begleiter mitgiebt; wenn ich an Dergleichen glaubte, so müßte ich denken, er habe dem König einen Zaubertrank gegeben, denn ihm, dem Abenteurer, dessen Laufbahn ich ihm klar dargelegt
„Und
der
„Immer wieder;
er."
habe, glaubt er und uns mißtraut
Knyphausen und Bieberstein, denn einer Weile
Nach
waren es, seufzten.
sie
„Wenigstens habe ich ihn
begann Bieberstein wieder:
und glücklich herausgebracht, daß er hier zu Berlin eine amour hat, die ihn auch wohl hierher gezogen haben mag.
scharf beobachten lassen
Der Stelzenkrugwirth hat mir das Rendezvous verrathen; ich will mir das Weibsbild merken, ihm folgen, vielleicht kann man später dadurch einmal an
sich
Knyphausen ließ den Kopf
immer mehr,
sie
blieben die Einzigen.
schwer aus die Arme sinken,
im Stuhl zurück und
sich
zu Berlin, jedoch ohne nähere 'Angaben). k) eristirt eine Monographie über diese Objecte des Knnstgewerbes? (Die ausgezeichnete Schrift des Herrn Geheimen Regierungs¬ raths Cramer in Halle verbreitet sich über diese Gegenstände nicht.)
ihn."
Die Gaststube leerte legte
und silbenie Ringe (Trauringe, Siegelringe, Schmuckringe u. s. w.) gegen eiserne eingetauscht wurden, welche die patriotischen Geber fortan Viele, wenn nicht alle dergleichen Ringe, sind in am Finger trugen. der Königlichen Eisengießerei Hierselbst angefertigt worden. Manche trugen Inschriften, unter welchen die sinnige „Gold gab ich für Eisen" namentlich gewöhnlich gewesen sein soll. Obwohl diese mit Inschrift versehenen Ringe gewiß zu Tausenden eristirt haben, ist es uns bis¬ her noch nicht gelungen, einen zu erhalten. An unsere Freunde und Gönner richten wir deshalb die ergebenste Bitte, uns zur Erwerbung solcher Ringe zu verhelfen. Aus den Acten der ehemaligen Kgl. Eisengießerei scheint über die Anfertigung der Ringe nichts hervorzugehen; wir gestatten uns deshalb die fernere Bitte, uns über folgende Fragen möglichst ein¬ gehend zu belehren: a) von wann bis wann sind diese Ringe verfertigt? d) welches sind die verschiedenen Formen derselben? c) welche Inschriften sind bekannt? ck) wo sind überhaupt solche Ringe angefertigt worden? e) sind für gleiche Zwecke auch andere eiserne Schmucksachen (Arm¬ bänder, Halsringe, Spangen, Busennadeln u. dgl.) verfertigt worden? (Das Märkische Museum besitzt eine größere Anzahl älterer eiserner Brochen und Medaillons der Kgl. Eisengießerei
ebenfalls
schien
Berlin,
Bieberstein
zu schlafen;
den
15. März 1876.
Direction
der
des
meldete es den Beiden oben, welche diese günstige Gelegenheit
Wirth
benutzen wollten, um bis zu
Jela's Sänfte
Sie war
zu gelangen.
vorher über eine Hintertreppe gekommen, jetzt schritt sie an Kleeinent's Arm durch die Gaststube und hatte es nicht einmal für nöthig gehalten, sich zu verschleiern, da die beiden einzigen Gäste nach des
Originelle Grabfchrift. (Gräbendorf, Kreis Teltow.)
Wirthes Versicherung fest schliefen.
Als fuhren
sich die
die
Thür
Grabschrift auf einem eisernen Grabkreuz des Kirchhofes zu Gräbendorf b. Königs-Wusterhausen. Das Grabkreuz ist im Jahre 1844 von einem Bauer seiner verstorbenen Frau errichtet worden. „Was besprochen, ist gehalten; Ja, es fanden sich noch Spalten, die das Besprochene wollten spalten; Gott gab mir einen kräftigen Sinn, Es ist ein köstlich Ding, geduldig sind, Und auf die Güte Des Herrn hoffen." (Ed. Krause.) Zu Gräbendorf im Jahre 1872 aufgezeichnet.
hinter ihnen geschlossen hatte, wie vom Donner gerührt, von ihren
der Gaststube
beiden Schläfer,
Stühlen empor.
„Jela!" war das
einzige
„Gold
Wort, das Beide sagten.
(Forts, folgt.)
für Eisen!"
gab ich
In de» Jahren 1813, 1814, 1815 wurden in Berlin und in Provinz die Werthsachen auf dein Altar des Vaterlandes zum Opfer dargebracht. Vielfach geschah dies in' der Form, daß goldene der.
Brandenburgisch - Preußische Münzen.
Heraldische Tafeln
..6
in Gold- und Farbendruck. Im Yerlag von Wilhelm furt a. NI. ist erschienen:
Warnten
Rommel
in Frank¬
der souveränen Staaten der Mk. Erde Erklärender Text hierzu . . 3 „ — der vormals souverän. Staaten 5 „ in — der Städte (232) des Deut¬
Europa.
schen
Reichs.6
„
— der Deutschen Kaiser . . . 41 „ Sämmtlich neu oder in neuen Auslagen. Vorräthig in der Polytechnischen Bachhandlung in Berlin, Leipziger Str. No. 72, b. Dönhofsplatz.
Münzhändler sowie sonstige Besitzer oben be¬ zeichneter Münzen werden ersucht, Verkaufs-Offer¬ ten mit Preisangabe unter der Bezeichnung „MünzOffeite" an die Expedition der „Berliner Börse-Zeitung", Berlin. Kronenstr. 37, gelangen zu laffen. Der hinter dieser Aufforderung stehende Sammler zahlt für alle Stücke, die er brauchen kann, gute Preise, und es findet jede Offerte innerhalb 24 Stunden ihre Erledigung. Es sind Münzen aller Zeis Perioden erwünscht.
Verlag von
Alfred Weil« in Berlin.
Perleberger Ueimchronilr. Perleberg von 1200—1700.
A.
Pribll,
131. Leipzigerstr.,
kauft und
verkauft:
Alte Kupferstiche, besond. Jagd- und Thierstücke (liidinger), Blätter, die auf das alte Berlin und das Theater Bezug haben; IMilltair - Kostüme, Karrikaturen, Curlosa, ade¬ lige Famlllen-Portralts, preuss.liiator. Blätter ete. Verlag von
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Md
Der in
Imitier
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Ogear 8cürvebek.
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Eleg. geh.
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Diese Schrift enthält in aninuthiger Form alle deutschen Sagen und Dichtungen, welche sich mit dem Tode beschäftigen, und bildet eine den Geist wie das Gemüth gleich anregende Lectüre.
Berlin.
Alfred Weile.
Ergebenst« Bitte. Der Endesunterzeichnete beabsichtigt,
eine Gezu schreiben und ersucht daher ganz ergebenst alle Diejenigen, welche auf denselben bezügliche Mit¬ schichte des
Zl Köpfner. gr. 8.
Märkischen Provinzial-Museums. Friedet.
Aerliner Ilonlags-Klubbs
theilungen in Händen haben oder solche persönlich zu geben im Stande sind, ihnr diese baldgefälligst zugehen laffen zu wollen. Berlin, 19. Februar 1876.
Stadt von verbreitet.
Verantwortlich für Redaction: Ferd. Meyer in Berlin. — Druck:
Max von Oesfeld, Hl., W.
117. Leipziger Straße,
Vormittags
Bahlke
u.
zwischen 11 und 2 Uhr.
Hindersin in Berlin.
Unter Mitwirkung von Dr. Vrecht, Prof. Dr. Paulus Kassel, Stadt-Archivar Mdicin, Khcod. Z-ontane, Geh. Negier.-Rath Freiherr Dr. von ScdkLur Geh. Hofrath S. Schneider, Archidiaconus Schwebe! in Cüstrin rc. w. herausgegeben von
George DaS
KM
und
Jerdinand Weyer.
Blatt ist durch alle Buchhandlungen und Postämter, sowie durch die Expedition (Puttkamerstr. 8> zu beziehen. — Literarische Beiträge sind an die Berlagßhandlung von Alfred Weile in Berlin zu senden, welche sie der Redaction übermitteln wird. — Inserate, pro Sgeip. Petltzeile Li Psg., werden von den Herren Haascnstein u. Vogler, Rud. Moisc,
Bernb. Arndt,
Inhalt.
sowie von der Verlagshandlung (Puttkamerstr. 8) entgegengenommen.
Der Dom zu Fürstenwalde, von Oscar Schwebe!. (Mit Abbildung.) — Das Königliche Zeughaus zu Berlin, von George Hiltl. IV. — Thurneisser's Flucht aus Berlin im Jahre 1582, von vr. L. Frhrn. v. Ledebur. — Kleement, Erzählung von L. Hesckiel. (Forts.). — Literatur. — Miscellen. — Briefkasten.
Der Dom M Fürstenwaldc. Bon Hgcar (Mit Abbildung
Es
ist ein schöner Theil der Mark Brandenburg, diese südliche Hälfte Lebus mit ihren grünbewaldeten Höhenzügen, welche die
8cl>ek.
aus
S.
77.)
Stephan II.
und Littauer in das Land.
Grenze gegen die Herrschaft Beeskow-Storkow bilden; es ist ein an¬
in langer,
Bild, das sich dein Wanderer darbietet, wenn er von Norden der Stadt Fürstenwalde, der Residenz der alten Lebuser Bischöfe, nähert — ein Bild, um so anziehender, je schärfer der Gegensatz
ziehendes
her sich
ist zu der sandigen, baumlosen Fläche, die man so eben durchstreift hat. In weitem Bogen fließt die Spree durch grünes Wiesenland, dann und wann sich zwischen Elsen und Kiefern versteckend; von drüben her grüßen in schöner, sanftgeschwungener Linie die Rauener
dort ziemlich auf der höchsten Spitze unter der prächtigen Waldung ruhen die fagenumraukteu Markgrafensteine, gewaltige, be¬ Aus dem Thal aber, das ein bläulicher Duft mooste Granitblöcke.
Höhen;
zart verschleiert, blickt die Stadt herauf mit ihren fteundlichen, von Busch und Baum halb verborgenen Landhäusern, ihrer alten Ring¬ mauer und dem hohen Kirchthurme. Wenn dann in der Sonntagsftühe die alten Glocken ihr feierlich dumpfes Geläut weit ins blühende 's ist auch ein Augenblick, in dem sich das Herz Land hinausfenden, des Märkers ftoh und freudig zur Heimath bekennt.
Fürstenwalde
ist eine der wenigen Märkischen Landstädte, die sie verdankt dieselbe ihren alten Herren, den Bis jetzt ist es der Geschichtsschreibung noch Lebus. Bischöfen von Anfänge dieses Bisthums ein klares Licht die nicht gelungen, über eine Geschichte haben;
Aus Rußland wegen ihres Römischen Bekenntnisses zu verbreiten. vertrieben, wanderten die Bischöfe nach Breslau und tauchen inr 14. Jahrhundert in der Mark aus. Es war das gerade der schreck¬
voll unendlicher Wirren und schwerer Irrung; die Bischöfe nahmen naturgemäß Partei gegen die Baierischen Herrscher; liche Zeitabschnitt
XXII. Befehl die Polen Arbeit zumeist der Kirche
von Lebus rief auf Johanns
des Landes
Was
die treue
langer Zeit ans Märkischem Boden geschaffen, schwand durch die Schuld der Kirche in dem einen Sommer des Jahres 1326 unter dem entsetzlichen Wüthen der heidnischen Horden. Aber die
Märker nahmen
schwere
Rache an dem Vaterlandsvcrräther.
Der
Bogt des Landes Lebus, Erich v. Wulkow, bot die Mannen und die Bürger von Frankfurt und Müncheberg auf, und zerstörte mit ihnen des Bischofs Residenz zu Göritz an der Oder. Der Päpstliche Bannfluch lag dafür 27 Jahre auf den Theilnehmern des Zuges; fast all' die Märkischen Männer, welche die kühne That gewagt hatten, waren dahingestorben ohne die Segnungen der Kirche, ohne ein Begräbniß in geweihter Erde zu erhalten; da erfolgte endlich 1354 der Vergleich zwischen dem Markgrafen und dem Bischof, durch den auch Fürstenwalde ein bischöfliche Stadt wurde.
Die
erste Regcntenhand-
lung, welche der geistliche Herr in seinem neuen Besitzthum hier vor¬ nahm, war eine Handlung des Friedens; unter den Linden auf dem Marienkirchhof zu Fürstenwaldc erfolgte am 5. Juli 1354 die Los¬ sprechung aller Schuldigen vom Jnterdict. Vom Jahre 1385 ab wurde Fürstenwalde bischöfliche Residenz, die Marienkirche daselbst des Bisthums Stifts- und Domkirche. Nach der Plünderung Fürstenwaldes durch die Hussiten in der Marter¬ woche des Jahres 1431, wurde 1446 der Grundstein zum heutigen Fürstenwalder Dom gelegt. Obgleich die Kirche also eins der jüngeren Märkischen Bauwerke sie ein hohes Interesse, sowohl als ehemalige bischöfliche Kathedralkirche, als auch wegen der vielen Denkniale alter Kunst, die
ist, erregt
ihr
geblieben sind.
Sechs Säulenpaare bilden eine drcischiffige Halle,
74 der sich ein siebenseitiger Chorschluß mit hohen, graziösen Fenstern anschließt. Leider ist das frühere Kreuzgewölbe in der Kirche selbst
zerstört und nur noch in der Bibliothek erhalten; die flache Decke
be¬
einträchtigt natürlich die Wirkung der Kirche bedeutend. Dazu kommt eine überreiche Menge von Licht, die durch die vielen Fenster herein¬ dringt und jeden Winkel grell erhellt. Ehemals sah das Gotteshaus anders aus. Da stiegen aus
Pfeilern schlank und stet- die Gurten der Gewölbe auf, und auf die Steinfliesen fiel der farbige Wiederschein von all den Heiligenbildern, die in den Fenstern prangten. Der Hoch¬ altar strahlte in bischöflicher Pracht, und nimmer erlosch der Glanz Die alten Steine mit der Kerzen an den Seiten-Altären ringsum. dort hohen Chor, wissen im von der alten Pracht den Bischofsgestalten, zu erzählen; sie sahen's, wenn sich die Platten des Estrichs über der diesen mächtigen, achteckigen
Bischofslciche schlossen,
mit Stab und Insul Stimme der Glocken,
sie
sahen's, wenn der neu geweihte Nachfolger
ertheilte, sie vernahmen die die unberührt von Freud' und Leid damals so den ersten Segen
Die Steine
ertönte, wie heut uns zu Haupt.
wissen auch von den
Bilderstürmern zu berichten, die unter Fackelschein in die Kathedrale einbrachen und die Heiligen von ihren Postamenten warfen, den Schweden, die ihre Pferde
Nun denn,
lassen
wir
— von
in die Kirche führten. sprechen
sie
von den Lebuser Bischöfen
und den alten Geschichten der Mark.
Die Bischöfe von Lebus waren tüchtige, regsame Kirchenfürsten; Herzog Wenzlaw v. Liegnitz, dieser Johann v. Borsch¬
so dieser
bedeutende Rolle
auf den Concilen von Pisa und Bischofs-Brüderpaar aus dem Geschlechte von W a l d o w, o h a n n V. und o h a n n VI. — Namen, wohlbekannt und von gutem Klang in der Brandenburgischen Geschichte. All' ihre
witz,
der eine
Costnitz spielte,
I
so
dieses
I
Monumente sind zerstört. Johann VI. erlebte den weltgeschichtlichen Actus fidei von Costnitz; er gehörte zu den Männern, welche die Kirchenversammlung am 1. Juli 1415 an Johann Huß entsandte, um ihn zum Abschwören seiner Behauptungen zu vermögen. Dort liegt ein Grabstein vom Jahre 1426. Das Wappen unter der Prälatenfigur mit dem feinen Kopfe, der mit den gesenkten Augenlidern uns wunderbar ruhig und ernst entgegentritt und das Requiescat in pace der Inschrift schön und ergreifend darstellt, ge¬ hört einer alten, reichsritterlichcn Familie des fernen Franken an; dieser Bischof ist Christoph v. Rotenhan. Mit dem ersten Hohenzollcrn inö Land gekommen, war er ihm ein treuer Rath und Helfer, gleich feinem hochgelehrten Landsmann und Nachfolger im Bisthum, Friedrich Sesselmann, ft 1483, dem jener Grabstein mit der Wenn wir nun schon schönen, gothischen Architectur dort angehört. seit Jahrhunderten die Früchte ernten von jener Aussaatszeit,
in der
wir
Mark auch jene Männer nicht ganz vergeffen, die mit den Hohenzollern der Arbeit Mühe theilten. Unter ihnen steht Friedrich Sefselmann in erster Reihe; er bekleidete das Kanzleramt bei Friedrich II. und Albrecht; der letztere hat ihm bei seinem Scheiden aus der Mark die Regent¬ schaft für Johann (Cicero) übertragen, „bewogen, wie der Fürst in der Urkunde sagt, durch die treMche Regierung des Bischofs in seinem Sprengel." Zwei andere Monumente der Kirche erhalten Bildniß und Andenken des Bischofs Johann VII. aus der Schlesischen Familie gewonnen,
die Hohenzollern die
dann sollen
oder Dyherr ft 1455; von ihnen ist besonders die große, Tafel merkwürdig, auf der sich zu Füßen des geistlichen Herrn ein Drache krümmt und neben ihm ein Oelbaum aufwächst.
von
Dehr
messingene
Ebenfalls
zwei Denkmale
Lebuser Bischöfe, selben ist
von
den
der Kirche
großen
feiern
Dietrich
v.
den
berühmtesten
Bülow,
der
das eine der»
hohem Kunstwerth und stellt ihn vor dem
Crucifir
kniecnd dar, das andere ist seine Grabesplatte. Mit Unrecht hat man gemeint, daß die Gelehrsamkeit des Mittel¬
alters wenig in der Mark heimisch
gewesen;
viele Mitglieder der
Familien Alvensleben,
Königsmark, Schlabrendof, Rohr
Schulenburg
haben den Doctorhut über die Alpen mit auf die heimischen Bischofssitze und in die märkischen Collegiatstifter ge¬
und
bracht.
All' ihren Ruhm übertrifft Dietrich
v.
Bülow,
den der
im Briefwechsel „die Rüstkammer aller Gelehrsamkeit" zu nennen pflegte. In die Hand Dietrich's v. Bülow gelehrte Abt von Spanheim
war die Erziehung des Kurprinzen gelegt; es ist ein hochehrendes Zeugniß für den Bischof, daß ein Joachim I. aus seiner Schule hervorging, ein Charakter, der
es
wagte,
sich
der Zeitströmung ent¬
that aus redlicher, religiöser Ueberzeugung und der trotz seines gewaltigen Willens kein Ketzerrichter seiner Unterthanen geworden ist. Als Erzieher und Berather dieses Fürsten hat Dietrich v. Bülow entscheidenden Einfluß auf zwei Stiftungen gehabt, die heut noch in Segen fortbestehen, das Kammergericht und die gegenzustellen, der das
Frankfurter Universität. übergab dem ersten Rector und weihte der
höheren
Er selbst, als Kanzler derHochschule, Conrad v. Buchen die goldenen Scepter geistigen Bildung die erste Stätte in der
Mark Brandenburg. Bischof Dietrich ist 1523 gestorben; vielleicht sind's Verse von ihm didactisch kühlen Worte seines Grabsteins: Mortem vivit homo ut debilis oppetat, Ut vivat moritur perpetuusque homo. Mundus, divitie, Stemmata transeunt, At virtus, vicium, factaque pristina Sectantur gelide mortis Imaginem. Sis nostro volumus dogmate caucior, Lector, disce mori et vive perenniter. Dietrich v. Bülow hatte den Anbruch der neuen Zeit .erlebt,
selbst, diese sonderbar verschlungenen,
Wittenberger Schloßkirche her er¬ In seiner Residenz selbst hatte das Evangelium Wurzel gefaßt; der Bürgermeister von Fürstenwalde, Claus Tischer, erregte einen Auftuhr zu Gunsten der neuen Lehre, fiel in des Bischofs Ge¬ walt und entging nur aus Fürbitte der Kurfürstin Elisabeth und welche die Hammerschläge von der
weckt hatten.
des unglücklichen
Christian
Dänemark,
der sich damals am Vorzüglich schwierig zeigten sich die adeligen Vasallen des Hochstifts, und unter Dietrichs Nach¬ folger, George v. Blumenthal, entlud sich der langgehegte Haß der lutherischen Nachkam gegen den Bischof und seine Residenz. In der Nacht des 8. Juli 1528 bewegte sich von der nahen Sächsischen Grenze her ein seltsamer Reiterzug gegen Fürstenwalde; vermummte, kriegerische Gestalten auf starkknochigen Gäulen, voran zwei Ritter in blankem Harnisch, und neben ihnen ein Greis, dem das Feuer des Haffes und der Rachedurst aus den Augen blitzt. Es ist ein ritterlicher Vasall des Bischofs, Heinrich Queiß zu Plössin, dem George von Blumenthal Recht versagt hat gegen einen mordbrennerischen Unterthanen. Da hat sich nach langem Warten und langen Verhandlungen der gekränkte Edelmann an zwei Freunde drüben in der Lausitz gewandt, den Nicolaus v. Minkwitz auf Sonnen¬ walde, und den Otto v. Schlicken auf Baruth; sie wollen dem Standesgenossen Recht schaffen und freuen sich als gute Lutheraner, dem geistlichen Herrn, der so eifrig für die alte Lehre eintritt, an's Zeug zu gehen. Mit 60 Reitern ritten sie Morgens von Sonnen¬ walde ab; der ganze Adel der Nachbarschaft hat sich unterwegs zu ihnen gesellt, und wo ein Weg ihren Ritt kreuzt, immer warten ihrer noch neue Gefährten. Jetzt sind sie in der dichten Haide, die Kiefern streifen die Helme der Reiter, da — blitzen dort am Waldessaum nicht Waffen im Mondlicht? — auch die Krachte von Lindcnberg,
von
Berliner Hofe aufhielt, strenger Strafe.
Lehwaldts
und Löschebrands stoßen zu dem Zuge. 400 Pferde stark, ist die Reiterschaar bis auf die Höhe vor Fürstenwalde gelangt. Ruhig liegt die Stadt zu ihren Füßen, Alles im Schlaf; nur aus den Fenstem des bischöflichen Schlosses glänzt hin und wieder ein Licht und spiegelt sich in den Wellen der Spree. Ein Reisiger Schliebens reitet voran. Vor der Zugbrücke, die die
75
Stadt führt, warten grade Kaufleute aus Leipzig, die noch in's Nachtquartier wollen. Die Brücke fällt nieder, ein Dolchstoß fährt Eilig dem Wächter in die Kehle, die Reiter sprengen in die Stadt. zur
zu den Waffen gerufen, versuchen die Bürger Widerstand; Minkwitzens Erklärung, daß es nur auf den Bischof beabsichtigt sei, beruhigt sie, Nun doch Bischof George war bereits in Frauenkleidung entflohen.
richtet
sich der
Groll
der Lutheraner
gegen
nachdem die Bürgerhäuser geplündert sind,
und zerstören des
Bilder und Altäre;
Kirchthurms
Rückzug, den
die
unglückliche
dringen
sie
in
Stadt;
die Kirche
die Flammen des Rathhauses und
leuchten ihnen weit
hinaus in die Nacht auf
den
reich beladen antreten.
sie
Es ist bekannt, wie sich die Minkwitz'sche Fehde sechs Jahr lang Sie war nicht die einzige Angelegenheit, die dem Bischof Georg sein Leben verbitterte. Das ganze Land Lebus war lutherisch hingezogen.
geworden; die
Stadt Fürstenwalde
stellte einmal das naive Ansinnen
an den Prälaten, doch auch die evangelischen Prädicanten bezahlen zu
wollen! Zeitlebens hatte der Bischof eine treue Stütze au dem ge¬ lehrten Domherrn Dr. Wolfgang Rehdorsfer, der wider Luther ein
„Erzney-Püchlein"
Stinimen
nach Georgs Tode auch die
geschrieben,
der Capitulare zum Bischof erhielt,
aber abdankte, da die
Churfürstliche Bestätigung ausblieb. Von da ab war das Lebuser Bisthum nur noch ein Name; l554 kam das Land Lebus selbst
unter die Regierung Markgraf Johann Georges, welcher der Vater des postulirten 9jährigen Bischofs Joachim Friedrich war. Außer ihren Grabsteinen drei Kunstdenkmale,
besitzt
die Fürstenwalder Kirche
die an die Bischöfe
gothischer Architektur gehaltene Taufstein,
noch
erinnern; das ist der in der Bischof Sessel¬
den
mann
schenkte, ferner ein 9 Fuß hoher siebenarmiger Leuchter den Bischof Georg v. Blumenthal 1538 für die Kirche gießen ließ, — fein einzig Denkmal, denn sein Grabstein ist zerstört; endlich
ein Sacramentshäuschen von schöner, spätgothischer Arbeit, das unter
Bischof
Dietrich
ein kunstfertiger Steinmetz aufführte.
Das
Letztere
bildet den Hauptschatz der Kirche: zwischen zwei Pfeilern des Chors erhebt sich, 40 Fuß hoch, die schlanke Pyramide mit ihren Säulchen, Tabernakeln und Heiligen. Ein Schädel, vielleicht der Kopf einer hochgeschätzten Reliquie, liegt drinnen; auf dem Sockel hat Bischof Dietrich den Spruch: „Herr, ich habe lieb die Stätte Deines Hauses" einmeißeln lassen.
einst
Das sind die Monumente, die der Fürstenwalder Dom aus dem Sturm der Zeiten sich von den alten Bischöfen zu Lebus gerettet hat. In der Geschichte der Mark hat das Lebuser Bisthum die hohe Stellung nicht einnehmen können, welche den Bischofssitzen zu Brandenburg und
Havelberg gebührt, weil es erst dann in die Mark verpflanzt ward, als das von den beiden letzteren geistlichen Stiftungen so glorreich
mit durchgeführte Werk ziemlich beendet war.
der
Colonisation und Civilisation
bereits
Aber noch ist sein Name nicht vergessen im
Munde des Volkes, eben so wenig wie die Minkwitz'sche Fehde. Möge der historische Sinn recht sorgsam über den Fürstenwalder Monumenten wachen, als den letzten Zeugen eines einst bedeutsamen
Instituts
der
Mark;
möge er besonders das schöne
Dietrichs
v.
Bülow
vor fernerem Verfalle schützen,
kirchlich-politischen
Sacramentshaus
ist ja die Stiftung eines Mannes, der mit Anselm v. Havel berg und Matthias v. Brandenburg die erste Stelle einnimmt unter den Prälaten der Mark. Verweilen wir zum Abschied noch einmal vor dem Denkmal, das ihn am Kreuz des Heilandes zeigt, es
tritt der milde Matthias v. Jagow unwillkürlich als sein Gegen¬ bild uns vor Augen und unsere Gedanken wenden sich einer anderen Kirche der Mark zu, vor deren Hochaltar der Fürst den Abendmahls¬ kelch sich reichen ließ. Aber Achtung fordert dieser altgläubige Bischof auch; er fordert sie als consequenter kirchlicher Charakter, er fordert sie als Freund der Wissenschaften und Erzieher eines unserer trefflich¬ so
sten Regenten.
_
Das Königliche Zeughaus ;u Gerlin. Von
George
£i[lt.
IV. Ein 24pfünd. Kanon, Brandenburgisch,
gegossen 1563 von Joachim II. Zwei 24pfündige Kanons, Sächsische, von Johann George II., Kur¬ fürst zu Sachsen. Vier 24pfündige Kanons, Brandenburgische, gegossen 1660—61. Drei 24pfündige Kanons, Brandenburgischc, gegossen 1671, genannt:
„Europa", „Asia", „Afrika". Zwei 24pfündige Kanons, aus dem Bodenstück das kurfürstliche, auf dem langen Felde das Magdeburger Wappen; gegossen 1669, ü 44 Ctr. 54 Pfd.,
„Als
mit folgender Jnscription:
Dir Dein Magdeburg thät schwören, darauff uns Beide Dir verehren; Wir waren Beide zwar zum Streite nur gemacht, Doch hat uns Lieb und Treu in dieses Haus gebracht." Friedrich Wilhelm,
Da thät
es auch
Es folgen nun in dem Verzeichnisse eine Anzahl minder hervor¬ ragender Erzeugnisse der Gießerkunst, ehe wieder interessantere Eremplare erscheinen; von diesen sind besonders hervorzuheben die — leider nicht mehr in unserm Besitze befindliche» 12 Apostel, von denen nur
ein Stück
noch
im Geschützrauin
des Zeughauses sich
vorfindet.
Wir
kommen an geeigneter Stelle noch auf diesen großen Verlust zurück.
Die Notiz in
Specification lautet: die „Kurfürsten" genannt, wiegen zu¬ sammen 784 Ctr. 24 Pfd., welche Ihre Höchstseel. Majestät Friedericus haben gießen lassen, und folgen solche in der Ord¬ nung vom 1. Kurfürsten zn Brandenburg bis auf den 12. Kur¬ fürsten und I. König in Preußen, als: der
„Zwölf 24pfündige Kanons:
natus
Nr.1. Friedericus I. „ 2. Friedericus II. „ 3. Albertus „ 4. Johannes
1373, wiegt 65 Ctr. 85 Pfd. 1418, II 64 II 85 II 1414, „ 63 „ (Magdeburg). 1455, „ 66 II 85 ii 1484, II 66 II 61 it „ 5. Jacobinus Joachimus 6. 1505, II 65 II 95 ii II.. „ 1525, „ 64 II 91 ii „ 7. Johann George „ 8. Johann Friedericus 1572, „ 65 II 51 ii 75 II 72 „ 9. Johann Sigismundus 1572, „ „10. George Wilhelm 1595,. II 67 II 25 „ „11. Friedrich Wilhelm 1620, II 63 II 95 „ 1657, II 65 II 44 „ (Magdeburg). „ 12. Friedericus III. Ein 24pfündiges Kanon, genannt „der erste König von Preußen", gegossen 1708, wiegt 65 Ctr. 44 Pfd." hat dieses Geschütz zu der Sage Veranlassung I. 13 Prunkgeschütze habe gießen lassen, unter denen zwei auf feinen Namen — eins mit dem Namen Friedrich III., das andere mit der Königlichen Krone und dem Namenszuge Friedrichl.— gefertigt worden seien. Es folgt nun: Wahrscheinlich
gegeben, daß Friedrich
„Ein 24pfündiges Kanon,
welches Seine Königliche Hoheit Jhro K. Majestät au Jhro in Gott ruhenden Herrn Vater, Höchstseel. Königs Majestät, auf Dero hohen Geburtstag geschenket. Darauf
stehet:
Anno 1708 hat
Sr. Kgl. Majestät in
Preußen Friedrich
I.
bei Dero glücklich erlebtem Geburtstage Se. Königliche Hoheit der Kronprinz Friedrich Wilhelm mich mit Herz und Hand und Mund, zu Bezeugung nnterthänigster Devotion und ewiger Liebe, in gehorsamstem Respect offeriret. Wiegt 74 Ctr. 9 Pfd.
Gott
segne und erhalte den
König.
(Magdeburg.)
Ein interessantes Stück ist im Verzeichniß: „Ein 24pfündiges Kanon, welches Se. Hochfürstliche
Durchlaucht
**)
Sr. Königlichen Majestät geDarauf stehet: Anno MDCCXI hat mich Fürst Leopold ;u Anhalt-Dessau,
Fürst Leopold von Anhalt-Dessau schenket.
.
Herzog zu Sachsen, Engern, Westphalen, Gras zu Ascanien, Herr zu Zerbst und Bernburg, Seiner Königlichen Majestät in Preußen General der Infanterie, Gouverneur zu Magdeburg und Oberster über ein Regiment zu Fuß in Berlin, gießen und dieser Gesellschaft (!) einverleiben lassen mit dem Wunsch: Wiegt 65 Ctr. Lange lebe und immerdar siege der König.
40 Pfd. (Magdeburg.) Drei 12pfündige Kanons, brandenburgische Schlangen, von Johann George, gegossen 1580 (Magdeburg); auf einer ist die Schrift: Die Schlang' hat gar ein scharf Gesicht, Dafür hilft Panzer und Harnisch nicht. Es folgt nun im Verzeichniß ein höchst originell verziertes Eremplar auS der Mitte des 16. Jahrhunderts (1546 gegossen), dessen Bildwerke und Inschriften die, auch in Schriften und Predigten Auf dem ausgedrückte Feindschaft gegen den Papismus bezeugen. Rohre ist der Papst in Gestalt eines wilden Mannes oder Wald¬ teufels (!) dargestellt. Aus dem Munde speit er aus: Feuer, Kröten und Schlangen, welches (sagt das Verzeichniß) seine schädliche Lehre hält er das dreifache Kreuz, in der
bedeuten soll; in der einen Hand
Petri; aus dem Kopf die dreifache Krone, zu Ablaßbrief mit vielen Siegeln und diesen Worten: Habt Gott und Menschen Euch fern, Ich und der Teufel sind die Herrn.
andern den Schlüssel seinen Füßen ein
Ueber dem
Zwei 8pfündige Kanons, auf einem hinter dem Schildzapfen stehet: Eine halbe Schlange heiß ick), Eiserne Kugeln und Feuer scheuß ich, Was ich trif, das zerbrich ich. — Anno 1534. Auf dem andern, auf dem langen Felde, stehet: Y. D. M. I. E. (verbum domini manet in aeternum.) Hinter dem Schildzapfen: Eine halbe Schlange bin ich genannt, Meinen Bruder nehm ich bei der Handt Und beschütze das Tecklenburger Landt. 1539.
Ein 4pfündiges Kanon, auf
All Unglück
hat gerichtet an,
Was Gott und Mensch nicht leiden kann.
Es folgen verschiedene Stücke, meist 12-Pfünder. Dann: Kanon, lüneburgisch, „Marcus" geheißen, gegossen 8pfündiges Ein darauf steht: 1563; In Godtes Gewalt hab ichs gestalt, Was Godt will, das will ich och.
Daumt (?)
zu
Kanons, von
den Schweden erobert. Ein 36pfü»diges, fürstlich pommersches Kanon, aus Stettin von Philipp primo, darauf ein Hund mit 3 Köpfen, mit dieser Schrift: Ich bin genannt der Höllenhund, Wenn ich mit Zorn ward entzundt, So bin ich Gottes Instrument Und straf die Bösen ganz behendt, Besriedge die fromm und gehorsam sein, Wenn mich gebrauet (brauchet) der herre mein. 1546. Zwei 36pfündige Kanons aus Stralsund, darauf ein Rhinozeros mit diesen
Wolfenbüttel Anno LX1II.
nannt, stehet: Heinrich, der jüngere Herzog zu Braunschweig und Lünebürg, hat mich lassen gießen, Daß mich Markgraff Hans kann genießen. Im Jahre 1563 in Wolffenbüttel. Aus der zweiten, „Matheus" genannt, stehet: Matheus doit me Mich nennen, Minen treen Bruder helf ich behend, Marggraff Hans findt do Wenden 1563."
Es folgen wiederum einfachere Geschütze; dann: Siebzehn 2pfündige Schlangen, von Markgraf Hans, gegossen 1566, genannt „die Raphühner", darauf: Das Raphun mit feinen Schnabel pickt, Daß Mancher drob zu todt erschrickt.
Kanons aus der Grafschaft Tecklenburg. Ein I2pfündiges Kanon, 55'/2 Kugel lang, auf lenburgische Wappen; über demselben stehet:
Gott
sog
(!)
es
zum besten.
demselben das Tcck-
Worten:
Ich heiß und bin Rhinozeros, Zu schützen Land, Leut, Mark, Städt und Schloß, Dem Elephant, Wolf, Löwen und Bären* ) Ihren Stolz und Muthwillen stet helf währen,
Zwanzig 8pfü»dige Kanons, holländische, welche von den Herrn Gene¬ ralstaaten jährlich eines dem hochseligen Carolo Aemilio (der zu
Straßburg verstorbene Kurprinz) zum Pathen-Geschenk verehret worden und ist das erste von 1654, das letzte aber von 1674. Donatus (Magdeburg). Zwei 4pfüudige Lüneburgische Schlangen, auf einer, „Lucas" ge¬
Conrad Graf und Herr to Y. D. I. E.
Raum bat Feld, so heit ich Scharffe Schütte schött ich, Wann ick sprecke, so höte die, Rack ick die, dat verwis mi. 1544.
ander Herrschaft ist von Godt,
Zu hüls dem Menschen in der Noth; Der Satan und sein päpstlich Rott Sind Herrn, zu stiften Sünd und Todt. Der Papst heißt recht der wilde Mann, Der durch seinen falschen Schalkesbann
welchem:
Tecklenborch, Linche und Rhede.
Bildniß steht:
All
(Magdeburg.)
Unter dem Wappen: Conrad Graf unde Herr zu Tecklenborch, Linge und Rehde. Auf dem Stoßfelde stehet: Gades Wort blei in ewicks. Das Stoßfeld zeiget einen Reim: Brekke Muer bin ick gehetten, Conrad Grave unde herr to Tecklenborch Linge unde Eehde haet mich lassen geten. Darum me haet fredde of Tickvil Commen unde bringen mine Gesellen megde dann. Wille: wi um me einen Friede spreckeu Dar schollen Toerme unde Muerren van brekken. Anno Domini 1546.
Wenn sie dem Greift") widerstreben, Den rechten Lohn ich ihn will geben.
Ein 24pfündiges Kanon aus Stettin, von Philipp Julio, darauf ein Greif mit diesen Worten:
1662,
Der Pommersche Greif bin ich genannt, Zu streiten vor das Vaterland; Herzog Julius hat mich verehret, Herzog Adolf feinem Freunde wehret. — 42 Ctr.
Ein 24pfündiges Kanon, fürstlich
Pommersches
aus
Stettin, von
Elisabeth, geb. Herzogin von Schleswig-Holstein, 1662. die Pallas mit dieser Jnscription: Wo Gott nicht baut das Haus, So wird vergebliche Arbeit draus.
Darauf
Zwei 18pfündige Kanons, fürstlich Pommersche aus Stettin, von Philipp I., 1552. Darauf ein Löwe mit den Worten: Dem Stolz und Trotz gib Straff zu Lohn, Demuth und Gehorsam ich verschon.
*)
Wahrscheinlich Namen anderer, feindlicher Geschütze.
**) Der
pommersche
Greif. (Fortsetzung folgt.)
77
Thurneisser's Flucht aus Serlin im Jahre 1582. Mitgetheilt von dem Geh. Reg.-Rath vr. L. Frhr. v. L-ä-bur.
Das „Leben Leonhard Thurneisser's
zumThurn",
welches
Moehsen als einen Beitrag zur Geschichte der Alchymie, und als einen Nachtrag zu seiner 1781 erschienenen Geschichte der Wissenschaften in
Mark Brandenburg 1783 herausgab, darf mit Recht als die erste fachkundige Würdigung einer für allgemeine Cultur- wie für die Berliner Special-Geschichte bedeutenden Persönlichkeit gelten. Eine der
bisher unbenutzt gebliebene, dem Schlüsse des 16. Jahrhunderts un¬ gehörige, freilich entschieden von einem der vielen Gegner Thurneisser's herrührende Aufzeichnung, verdient ihrem wörtlichen Inhalte nach in
Blättern veröffentlicht zu werden. „Geschichte, so sich mit Gerhard (Leonhard) Thurnhäuser Anno 1582 begeben. Damals hat Gerhard Thurnhäufcr zum Thurn der Mark
diesen
Brandenburg gute Nacht gegeben, aber wenig Leute Habens gehöret. DieserMann ist der Landarth ein Schweitzer, und sei¬ nes Handwerks ein
nicht in continenti auf bestimmte Zeit eingelöset, es verstanden seyn müflen. Auf welche Art er ein sehr großes Gut zusammen gebracht, daß er auch einen großen Rüst-Wagen mit 4 starken
Pferden und 4 Trabanten voll Silber-Geschirr gegen Basel in sein Hauß, das er mitlerweile dort erkauft, gesandt hat; daß auch ein hochw. Rath daselbst (wie er das muß, und wegen seines heraus¬ gegebenen famösen Buchs seinen Kopf ins Baselfche Thor .nicht stecken dürfen) kündbar gemacht, daß sie 9 Centner gut gemacht
Silber in
seinem Hause dort gefunden und
in des Administratoris zu Magdeburg große Gnade war, hat er angefangen, Gold zu machen, wiewohl er selbst zuvor be¬ kannt hatte, daß es damit lauter Betrug wäre. Dahero viel Leute auch
es
dafür gehalten, daß er die gnädigste Herrschaft also bezaubert ihm so großen Glauben beygemessen. Welches daher praesumiret; dann er einen Hundt ge¬ habt, der stets in
habe, daß sie
der
Thür feines
Ge¬
maches gelegen, wel¬
erste
allemahl das Stück Fleisch
aus
der
chem er
Schüssel ,
wo er nur gegessen,
vorgeworffen hat.
Mark zu Fuß
Daraus Biele die Meinung geschöpft, es müsse der Hundt ein malns Spiritus seyn. Wie man dann
Gedächtniß, ableben die
Dck
und nach seinen Gefallen ins Chur-Fürsten zu Brandenburg, wie
Gold - Schmidt ge¬ wesen. Wie er kurtz vor Sr. Churfürstl. Durchl. zu Branden¬ burg, lloaebimi secundi, Höchstseelig.
in
inventiret hätten.
er nun gemerkt, daß er die längs zuvor gesuchte Schlüssel gefunden
kommen,
dergleichen auch liefet,
hat er sich vor einen Artzt ausgegeben, der in desperatis casibus, da andere medici nichts praestiren kön-
daß der Bube Cor¬
ten, helfen wolte und
Geist in Gestalt eines
Es hat ihm
Hundes umb und bey
gelausten
könte.
nelius Agrippa, der
„De Yanitate sententiarum“ geschrie¬ ben hat, einen solchen
auch das Glück zu¬
sich
weilen
damahlen glaubwür¬
beygestanden
gehabt.
Es ist
rnibfavorisiret. Weil
dig ein Gerüchte
er nun ein beschwatz¬
gangen,
ter, verschmitzter und
seiner Flucht derselbe Hund sich auf deui Mühleudamm vor
unverschämter
Man
D-r D°m zu war, hat er sich zu Hoffe beym Chur-Fürsten Johann Georgen, da er zur Regierung kommen, eingeflickt, etliche Ertracte von Stärke-Master und Oehle gemacht; und ob er wohl gar ungelehrt, daß er nicht ein lateinisch Wort verstanden, so hat er doch zu Leipzig, Würtenberg (Wittenberg?) und Berlin gelehrte Leute und Schreiber gehalten, die ihm Calender, Prognostica und andere Dinge vorgearbeitet, die er nachgehends in seinen Nahmen im Druck hat lassen aus¬ gehen und sich dadurch ein groß Ansehen und Nahnien bey männiglich gemacht, daß auch von weiten Orten zu ihm geschickt und Rath bey ihm gesucht worden, wodurch dann der Chur-Fürst bewogen, ihn zu seinem Leib-Artzt anzunehmen und ihm eine statliche Besoldung zu inachen, 4 Pferde auf der Streu zu halten und ihm das Grawe Kloster zu Berlin einzuräumen. Wie er nun also sich eingenistelt und Veste gebauet, hat er hin und wieder auf silberne Kleynodien Geld geliehen, und vieler Leute Becher und ander Silber-Geschirr an sich gebracht, solcher gestalt, daß, wer's
Fürstemvalde.
daß
ge¬
nach
ins Wasser gestürtzt haben. Ob nun wohl gedachter Thurnhäuser etliche Gold-Proben ge¬ macht, die vom Chur-Fürsten zu Sachsen Auguste und in vielen berühmten Städten sind probiret und recht befunden, so hat er's doch wohl thun können, und zur Bestätigung seiner Kunst solch Gold geringe geachtet, sinthemal er der Chur-Brandenburg wohl genossen und darinnen ein groß Geld und Guth zusammengeschlagen hat. Dann er nicht allein Leute gehalten, die hin und wieder in der Mark umhergezogen, umb geringes Geld Bärtlein und andere Narrendinge, das beste und feinste Silber von Stirn-Kräntzen denen Mägden abvexiret, abgehandelt und ihm gebracht haben,
denen dortigen Flucht-Stecken solle
sondern auch die Kelche
und Patenen
aus denen aufgebrochenen
Kirchen sind ihm zugestochen; daß, seit er im Lande gewesen, wenig Kirchen auf den Dörfern gefunden, die ungebrochen und unbestohlen
Wie er nun dieses Stücklein auch verrichtet, hat er auf allen großen Jahr-Märkten alles Geld lassen auswechseln, geblieben.
78 damit
zur Flucht sein möchte.
er desto leichter und bequemer
Soll
auch der Landschaft alhier, wie die Rede gangen, angemuthet haben,
ihm 20,000 Thlr. von Ostern bis Pfingsten zu leihen, mit Ver¬ pflichtung, alsdann 30,000 Thlr. dafür wiederzugeben. Allein die Landschaft hat den Braten gerochen und ihm solches abgeschlagen.
Indessen hat er die Kloster-Kirche renoviren lassen, viel darin gebanet, einen
Taus-Stein darin
gesetzt, die Fenster ausgebessert, die
Kirche abweissen. die Gemählde ausputzen lassen, einen besonderen Prediger dabey angenommen und sich überall angestellt, als woll
Zeit seines Lebens daselbst Hausen, alles zu dem Ende, daß man destoweniger Vermuthung von seiner vorhabenden Flucht haben er
mögte.
Endlich, als der Chur-Fürst zu Brandenburg nach Dresden Fräulein Sophia Beylager, und Thurnhäuser
gezogen aus seiner auch
dahin beschieden worden, hat er
sich
entschuldiget, daß er
mit
der Probe, die er dem Chur-Fürsten von Sachsen
mitbringen sollte, allerdings noch nicht fertig und ein paar Tage noch Verzug haben müßte; da hat er umb weniger Verdacht willen seine 4 KutschenPferde bis gen Hahn (Großenhayn) vorangesandt; er selbst aber ist hernach am Dingstag mit einer andern gediengten Kutschen heimlich
davougewischet,
und
mit
also
frischen
dazu
bestellten
Pferden schläunigst fortgegangen, bis er gegen Coblenz gekommen, da er
in ein Schiff getreten und
dabey gesagt haben soll:
„A dio
Germania und das Römische Reich!" Obb nun wohl nicht ohne, das ein Geistlicher Vater, sein vertrauter Bruder, damals vermcsscntlich gesprochen: er woltc seine Seele für ihn zum Pfande setzen, daß er gewißlich wiederkommen würde, so ist er doch aus¬ geblieben und sehr zu besorgen, daß der Teuffel indessen werde sich an das Unterpfand so lange halten, biß er sich an den Principal und selbstschuldigen Bürgen seines Schadens genugsam erholet. Alsobald nun Thurnhäuser zu Rom angekommen, hat er sich bey denen Papisten insinuiret, zwei güldene Dienst offeriret, hat auch bei ihnen ziemliche Beförderungen gehabt, biß endlich anno 1596 zu Cölln am Rhein in großer Armuth gestorben."
Lleement. Eine abenteuerliche Geschichte aus den Tagen Friedrich Wilhelms I. Erzählt von Luckooica Lesckick. (Fortsetzung.)
.Das ist ja
ein Satansstreich,
Kerl uns da gespielt nur angefangen; aber der Henker traue diesen Magyarinnen, Polinnen und was es mehr für schwarzhaariges Weibsvolk giebt." .Vielleicht ist es doch nicht so unrecht", unterbrach Bieberstein sinnend. .Was gilt's, die schöne Tököly ist eine große Patriotin; wer weiß, wozu sie zu gebrauchen ist. Hätte der König ihn nur
hat", begann Knyphausen.
„Und
den der
das Mädchen, wie hat sie es
nicht reisen lassen." sellen,
Aber der König hatte ihn reisen lassen, den abenteuerlichen Ge¬ von dessen Zauber er sich nicht losmachen konnte, und kaum
war er fort,
so
wurde
es
ärger, als es vorhin gewesen.
Was halfen
Bluts von Anhalt —
der
König war mißtrauischer denn je; Briefe wurden aus der Post
ge¬
Reden, Versicherungen,
Bitten
des treuen
öffnet, alle Personen, die Kleement dem Könige genannt hatte, wurden auf's Schärfste bewacht, ja der treue Knyphausen wurde unter falschem Namen nach Wien geschickt, um den Prinzen Eugen und Flemming zu beobachten.
steins
Auf
alle Vorstellungen des Dessauers und Bieber¬
nur eine Antwort: „Ich habe ihre Briefe Kleement wird andere bringen." Bieberstein war in Verzweiflung; hatte der Ungar den König hatte der König
gesehen und
Briefe getäuscht, dann mußte er ein unglaublich ge¬ Männern, wie Prinz Eugen, Flemming, Manteuffel, Grumbkow war ja dem König so gut bekannt, fast wie seine eigenen Schriftzüge. Es gab nur ein Mittel, Licht in all' diese Dunkelheit zu bringen: man mußte sich Kleement's versichern. Aber wie war seiner habhaft zu werden; er saß mit seiner Beute in Holland, wer konnte ihn hindern, von da aus das Weite zu suchen? Als eine Woche nach der andern verstrich, durch gefälschte
schickter Fälscher sein, denn die Handschrift von
ohne daß der Abenteurer zurückkam,
machte Leopold von Dessau den
König darauf aufmerksam. „Wäre er ein ehrlicher Mann, so käme er, denn was hätte er zu fürchte», wenn er die Wahrheit gesprochen?" „Dich und Deinesgleichen!" antwortete der König rauh. „Denn wenn er die Wahrheit gesprochen, müßt Ihr ihn fürchten und Ihr könntet versuchen, ihn stumm zu machen, ehe er die Beweise Eurer Verrätherei beigebracht hätte." Der grimmige Askanische Bär tobte und wetterte, was half es ihm? Bieberstein seufzte und das hals eben so wenig.
Vier Wochen schon weilte Kleement unter dem Namen eines Herrn von Zorek in Holland; so viel hatte man erfahren, Dumoulin beobachtete ihn scharf, hatte auch auf einen Wink Biebersteins ver¬ sucht, ihn zur Rückkehr zu bewegen, war aber bis jetzt auf Wider¬ stand gestoßen.
Es war Winter geworden, als Herr von Bieberstein eines Morgens der Gemahlin seines Freundes Knyphausen eine Visite machte, um anzufragen, wann sie die Rückkehr desselben erwarte. Steif und stattlich saß die würdige Dame auf einem steifen, mit rother Wolle überzogenen Divan, ihr grünes Kleid mit den drei großen Frisuren war von Seide, darüber trug sie eine Robe von rothem Damast mit weiten Aermcln, die mit breiten Spitzen aus¬ gefüllt waren, um den Hals hatte sie eine Pelzboa geschlungen, über derselben zeigte sich eine enganliegende Perlenkette. Eine weiße, netz¬ artige Haube hüllte den Hinterkopf ein, sprang dachartig über der Stirn empor, ein grünes Band mit einer Zitternadel befestigt, war darum geschlungen und fiel in langen Enden über den Rücken hinab. Das Haar war gepudert, lange Handschuhe verdeckten den Arm bis zum Ellenbogen. Frau von Knyphausen war bei Hofe gewesen und eben von der Königin zurückgekehrt, daher die reiche Toilette. Herr von Bieberstein, der in einem dunkelblauen, mit Pelz besetzten Rock, weißem Spitzenjabot, Schuhen und Strümpfen, den dreieckigen Hut in der Hand, der Frau Ministerin sehr ehrerbietig Conversation machte und allerlei kleine Elogen sagte, hatte auch Fräulein Jela im Zinimer gefunden, was ihm nicht unlieb zu fein schien. Die schöne Ungarin trug nicht die kleidsame Tracht ihres Vaterlandes, sondern schloß sich der Mode des Tages an, die König Friedrich Wilhelm so
mit der er doch vergeblich kämpfte. Das eng anliegende Kleid Jela's war gelb, die Robe grau mit weißen Spitzen besetzt, den Hals schmückte eine Perlenkette, wie die ihrer Verwandtin, aber ihr köstliches blauschwarzes Haar war nicht gepudert, sie hatte einen schwarzen Schleier darum gelegt, dessen Enden auf der Brust in einen großen Knoten geschlungen waren, in dem ein Brillant von seltener Größe und Schönheit funkelte. Jela vermied fast alle Ge¬ haßte und
sellschaft,
auch Bieberstein hatte sie bis dahin vermieden; jetzt blieb
denn sie wollte den Mann kennen lernen, den ihr der Geliebte als seinen schlimmsten Feind bezeichnet hatte.
sie,
Der vornehme Diplomat schien wenig Notiz zu nehmen von der Ungarin, aber mit einer Geschicklichkeit, wie sie eben nur alten Diplomaten eigen, wußte er das Gespräch auf Kleement zu lenken in einer Weise, die selbst der schlauen Tököly absichtslos scheinen mußte. „Monsieur Clement war Ihr Hausgenosse, meine gnädige Frau", plauderte der Geheimerath, „man machte damals ein großes Geheimniß daraus, mon Dien, wozu, war doch Monsieur Clement ein alter schönen
Bekannter von
mir!"
-
79
~
Ihr
„Von Ihnen, mein Herr Geheimerath?" fragte die Ministerin erstaunt und streichelte ihren Mops, der neben ihr auf dem Divan lag. „Gewiß, ich lernte den Herrn zu Utrecht kennen, wo er unter
„Warum fahrt nicht ein, Risbeck?" herrschte er den neben dem Kutscher sitzenden Diener an, sich über den Schlag des Wagens beugend.
dem Namen eines
„Halten zu Gnaden, Herr Baron", rief der Diener — „das Thor ist gesperrt!" — „Was soll das heißen?" rief der Reisende und blickte verwundert auf das Bild, das sich ihm darbot. Draußen vor dem Thore, neben seinem Wagen, hielt eine Reihe von Getreidewagen, deren Eigenthümer nicht in die Stadt durften; drinnen, innerhalb des Thores, sah man Bauern mißmuthig auf ihren leeren Wagen sitze», die nicht hinaus durften. Eine Staffette, welcher ebenfalls der Eintritt verweigert wurde, fluchte das Blaue vom Hinunel herunter, während eine starke Patrouille durch die Straßen niarschirte.
Barons von Rosenau die Interessen
des Fürsten
Racoczy vertrat."
Bieberstein sah nicht nach Jela hin, als er diese Worte aus¬ sprach, aber er hörte, daß sie einen leichten Schrei ausstieß.
„Was fehlt Dir,
meine Charmante?"
wandte
sich
Frau von
Knyphausen an Jela.
„Nichts, Liiere Lou8me, in den Finger", sie erhob
schnitt mich mit dem Messerchen
ich
That Blutstropfen herabrieselten. Die Ministerin erhob sich rasch. „Bleibe sitzen, man eukant, wickele Deine Hand in Dein Taschentuch, mon Dieu, bei einem Andern wäre es gar nichts, aber Du gehörst zu den Blutern, Deine Mutter starb an einem Nadelstich. Ich will selbst ein Pflaster holen. Bleiben Sie, Geheimerath, sie könnte ohnmächtig werden. Ja, vor zwanzig Jahren hätte mich meine gnädigste Frau Mutter nicht mit Ihnen allein gelassen" — damit trippelte die gute Dame auf ihren Stöckchenschuhen von grüner Seide davon. Sowie sich aber die Thür hinter ihr geschlossen, sprang Jela auf und rief mit zornfunkelnden Augen: „Wie können Sie behaupten, daß Clement und Rosenau eine Person sind, wissen Sie, wer Rosenau war?" „ Seit wenigen Tagen bin ich durch ein Schreiben des Wiener Cabinets davon unterrichtet, daß Rosenau seinen Herrn in Utrecht verrieth, seine Papiere an Oesterreich verkaufte", lautete die ruhige Antwort. „Wußten Sie das schon lange?" „Jeder Ungar wußte es und fluchte ihm; und Janos — Kleement", verbesserte sie sich, „soll dieser Rosenau sein, o, nicht umsonst nannte er Sie seinen Feind!" In ihrem Zorn vergaß das leidenschaftliche Weib jede Vorsicht, hier
die zarte Hand, von der in der
die
fand es nicht einmal auffallend, daß Bieberstein sich gar nicht über ihre Theilnahme an einem politischen Abenteurer wunderte, sondem nur kalt entgegnete: „Wenu Ihnen das Wort eines Edelmannes nicht genügt, will ich Ihnen noch andere Beweise geben." sie
ihr ganzer Stolz als Ungarin, als Trägerin eines der berühmtesten Namen bäumte sich auf gegen den Gedanken, betrogen worden zu sein; und doch sagte ihr eine innere Stimme: Der Mann da hat Recht! Sie glaubte nicht blind an den Todesbleich fuhr sie zurück;
Geliebten und hätte
sich
hassen können, daß sie es nicht
werden
finden", flüsterte er, als fürchte er einen Lauscher. Bei dem Wort „Stelzenkrug" taumelte sie, wurde aber von der eintretenden Ministerin aufgefangen, die jammemd die Wunde verband. Als Bieberstein sich verabschiedete, benutzte Jela einen Moment, in dem sich ihre Cousine abgewendet hatte, um ihm zuzuflüstern: „Morgen
Sie im Stelzenkruge; wer von
Euch Beiden gelogen,
zittere vor der Rache einer Tököly!"
Sechstes
Kapitel.
Der Fuchs in der Falle. Am Morgen
des neunten Dezembers
rollte ein schwer bepackter
Stadt Berlin zu. darin, und blickte mit klugen
Reisewagen, langsam von Tempelhof kommend, der
Ein alter Herr in dunkler Kleidung saß Augen in die frostige klare Winterlandschaft hinein.
Seine Gedanken mußten aber weit ab sein von der Königlichen Residenz, vor deren Thor sein Wagen jetzt anhielt, denn er fuhr wie aus einem Traume auf, als das Gefährt
sich
nicht mehr bewegte.
nicht vom gnädigen Herrn! Ach
Gott, hätte
ich
nur seinen Namen
nicht gesagt!"
„Steig' ein!" befahl Dankelmami,
welcher sich ruhig
in das
Unvermeidliche fügte, und nur noch die Frage an den Gensdarmen
als zu den Anderen: „Ich bin unschuldig." „Da hab' ich drinnen beim Thorwächter einen Mann aus Teltow getroffen", begann Risbeck, „der hat mir gesagt, daß er vorige Woche Jemand von zwanzig Mann Gensdarmen und dem Gouverneur von Spandau, dem General von Schwendy selbst, hat nach Spandau escortiren sehen; ein ganz Vornehmer ist's auch gewesen, ein dicker schwarzbrauner Herr in einem ungarischen Pelz mit einem Stern darauf, aber Niemand hat gewußt, wer er war. Es geht jetzt alle Tage so." Der Präsident achtete kaum auf das Geschwätz des Dieners. „Spandau", murmelte er vor sich hin — „mein Bruder Eberhard lernte dich auch kennen, und er war ein besserer Mann als ich." .. Da wurden Haus¬ Heillos sah es allerdings in Berlin aus. suchungen gehalten, Briefe weggenommen, und dem Präsidenten kam es vor, als sei die Residenz nur von Gensdarmen und Verhafteten bewohnt. Er war beinahe froh, als er die Stadt hinter sich hatte nun geradewegs auf Spandau losging. und es So lang und ein¬ durch den Thiergarten bis förmig war dem Präsidenten der Weg Charlottenburg, und von da bis nach Spandau noch nie geworden; er seufzte tief auf, als sie endlich vor der alten Veste hielten. Der Gouverneur, Generallieutenant von Schwendy, kam selbst
sprach mehr zu sich,
mich dort
erwarte ich
Maßregel zu erfahren; endlich winkte ihn sein Herr an den Schlag. „Was giebts, Risbeck?" fragte er den Diener. „Das mag der Teufel wisien, gnädiger Herr, der heut' in Berlin sein Spiel zu treiben scheint", antwortete der Diener; „aber heut ftüh sind plötzlich alle Thore gesperrt worden, alle Posten und Rei¬ senden werden angehalten, eine Menge Menschen sind verhaftet, Niemand darf hinaus noch herein. „Mau wird mit mir eine Ausnahme machen", rief der Reisende, „melde dem Thorwächter meinen Namen." Risbeck ging, aber an seiner Stelle traten nach einige Minuten zwei Gensdarmen an den Schlag. Der Eine salutirte und ftagte dann kurz, aber nicht unhöflich: „Präsident v. Daiikelmann aus Halle?" „Der bin ich!" entgegnete der Herr erstaunt. „Ich habe Befehl, den Herrn Präsidenten zu verhaften, und nach Spandan zu escortiren." Der Präsident — er war der sechste der sieben berühmten Brüder — stieß einen Ruf des Erstaunens und Unwillens aus, der Gensdarm zuckte die Achseln und stieg in den Wagen, während der Andere auf dem Bock Platz nahm. Schon wollte sich das Gefährt in Bewegung setzen, als Risbeck athemlos herbeistürzte. „Ich muß mit, ich gehe
richtete: „Weiß Er, weshalb ich verhaftet werde?" „Wegen Hochverrath", sagte der Mann leise, als fürchte er schon Der Präsident erblaßte, dann athmete er tief aus und das Wort.
that.
„Es kann nicht,, es darf nicht sein!" keuchte sie. „Wollen Sie Beweise?" ftagte Bieberstein. „Wo sind sie?" „Begeben Sie sich morgen ftüh in den Stelzenkrug, Sie
Risbeck war vom Bock gesprungen und begann ein lebhaftes Gespräch mit den Bauern, um etwas Näheres über diese sonderbare
an den Wagen und sprach sein Bedauern aus,
daß er den Herrn als Gefangenen empfangen müsse; es könne nur ein Mißverständniß sein, denn der Herr Präsident habe doch unmöglich Etwas mit der Gesellschaft zu thun gehabt, die seit einigen Tagen bei ihm eingekehrt sei. Auch ließ er dem in ganz Preußen hochverehrten Beamten die beste Zelle anweisen und gestattete ihm, seinen Diener bei sich zu behalten, worüber Risbeck ganz närrisch vor Freude wurde. Als Herr von Schwendy seinen Gefangenen verlassen hatte, kam ihm auf dem Gange ein Soldat entgegen mit der Meldung, es halte draußen am Thor eine Dame, welche vorgäbe, Erlaubniß zu haben, Einen der Gefangenen zu sehen und zu sprechen. Schwendy nickte und ging wieder selbst an das Thor; er half der tiefverschleierten, ganz schwarz gekleideten Dame aus dem Wagen, bot ihr den Arm, und führte sie durch alle Gänge und Treppen der Festung; aber er sprach kein Wort mit ihr. „Wißt Ihr, wer ich bin?" fragte niitten in ihrer Wanderung die Dame. „Ein Weib, dem der Preuße in mir dankbar ist, weil es meinem Könige vielleicht einen Dienst geleistet", sprach Schwendy rauh. „Ein Weib, das der Mann verachtet, weil es seinen Geliebten verrieth. Delila wird bezahlt, aber wir verachten sie!" „Herr!" fuhr die Verschleierte auf; „wo habe ich Bezahlung
Präsidenten, statt als hochgeehrten Gast,
verlangt?"
„Ihr nehmt sie jetzt in Empfang", lautete die scharfe — „Eure Bezahlung heißt Rache! Oeffne Er dieser Dame die Thür", herrschte er den Schließer an; „sie verweilt, so lange sie will, wir wollen nicht geizig sein mit unserer Bezahlung." Der finstere Gang dröhnte unter dem schweren Tritt des Generals; die Dame lehnte, einer Ohnmacht nahe, an einem Pfeiler, während der Schließer langsam mit dem Oeffnen der Thür begann. Endlich trat sie über die Schwelle; durch die vergitterten Fenster fiel Licht genug, uni ihre Gestalt, ihr Gesicht völlig erkennen zu lasse». Es war Jela, aber nicht mehr die schöne Jela, sondern nur ein bleicher Schatten dessen, was sie einst gewesen; ein Gesicht mit beinahe verzerrten Zügen. sic
Kleement an;
Mit
unheimlich glühenden, dunklen Augen
Dieser, ebenso bleich, erhob
bedeckte die Augen mit der Hand; Jela aber, ruhig mit angehört hatte, sagte trotzig: „Ich mußte mich an Dir rächen, — mich und ganz Ungarn!" Kleement ließ die Hand von den Augen sinken. „Ich wußte es immer, daß ich an jenem ersten schwersten Verbrechen zu Grunde gehen würde, aber daß es durch Dich geschieht, thut mir weh."
sich
Sie thaten einander
keinen Schritt entgegen, als die Thür hinter Schloß gefallen war — sie blickten sich nur an. Das Jela ins Mädchen zitterte wie Espenlaub, und in den Augen des Mannes
schimmerte es wie Thränen.
(Fortsetzung folgt.)
Literatur. Bonifaeius,
der Apostel der Deutschen, und die Romanisirung von Mitteleuropa. Von August Werner, ev. prot. Pfarrer. Leipzig. T. O. Weigel. 1875. 8° YI. u. 466 S. Es ist kein gewöhnliches Verdienst, das sich Pfarrer Werner durch die vorliegende, höchst fleißig gearbeitete Biographie des großen Missionärs und Staatsiuannes erworben hat. Indessen dürfen wir nicht zu erwähnen vergesien, daß der polemische Charakter der Dar¬ stellung dem hohen Werthe des vorliegenden Buches stellenweise Ein¬
trag thut.
Wir
haben hier weniger die Polemik gegen ftühere Bio¬
graphen des Bonifaeius im Auge,
als vielmehr die Beurtheilung, Der Eifer, der wohlberechtigte Groll gegen
welche dieser selbst erfährt.
Römlinge unserer Tage, verleitet den Verfasser mehr als billig zu bitteren Urtheilen über den Mann, der die deutsche Kirche mit Rom verband.
begann er endlich mit weicher, milder Stimme, „warum
Du mir
das gethan, warum mußtest
Du
mich verrathen?"
leglichen Beweise Deiner Schuld brachte,
da habe ich einen Schlag aufs Herz bekommen, der Alles in mir gemordet hat, was weich und mild an mir war; — da habe ich von Stunde an nur nach Rache gelechzt — ich, die ihr Leben für Racoczy hingeben wollte, und die in den Armen seines Verräthers gelegen!"
Du
jenen
Brief
an mich,
dürfen nicht vergessen, daß die römische Kirche des
In dieser stark subjectiven Färbung der Darstellung, in dieser Beurtheilung einer fernen Vergangenheit, vom Standpunkte des 19. Jahrhunderts aus, scheint uns die einzige Schwäche scheinlich nie erreicht hätte.
im Uebrigen vortrefflichen Schrift zu liegen. Als sehr gelungen, treten einzelne Schilderungen aus dem Buche hervor, in denen der Verfasser das spröde und spärliche kulturhistorische Material jener der
entlegenen Zeit geschickt und wirkungsvoll verwendet hat.
Oskar Schwebet.
Kießling's Topographische Karte der Umgegend von Berlin. Entworfen und gez. von Th. DeliuS. 8. Auflage. Verlag von Al. Kießling. Preis 1 Mark. — Diese in sehr sauberem Farbendruck ausgeführte Karte zeichnet durch treffliche Genauigkeit aus, und reicht bis Freienwalde,
Müncheberg, Königs-Wusterhausen und Werder.
deffen Sprache so süß
Die
concentrischen
Kreise (nach halben Meilen) lassen leicht die Entfernungen finden.
Einen wilden Weheschrei stieß das Mädchen aus. „Wer begann mit dem Verrath, wer verkaufte Racoczy's Briefe an Oesterreich? O, als Marschall von Bieberstein mir im Stelzenkrug die unwider¬
schriebst
Wir
Mittelalters einen wesentlich pädagogischen Beruf für die germanischen Völker hatte, und daß sie diesen ohne jene Institutionen, die Bonifaeius auch auf deutschem Boden heimisch machte, wahr¬ ftühesten
sich
„Jela",
„Da
schwieg und
die seine ganze Rede
verwundert
von seinem Sessel.
hast
Bieberstein's höhnische Miene sagte mir
verrathen,
mich
die
Antwort.
starrte
Du Alles!" Er daß
Miscellen. Als König Friedrich I. mit
den
den ftanzösischen Kolonisten gleiche Rechte Einwohnern seines Landes verlieh, glaubten sich namentlich
so hoch begnadigten Franzosen in ihren Erwerbs¬ Nach mancherlei vergeblichen Petitionen wußten beeinträchtigt. quellen sie es zu bewerkstelligen, daß dem Monarchen ein alter Storch vor¬ geführt wurde, der auf dem Schloßhof einige Jahre hindurch von den Küchenjungen unterhalten worden war. Das Thier trug im
die
Berliner durch die
_
Du wolltest
Schnabel eine Bittschrift, worin die Klage ausgesprochen war, daß
mit dem ungeliebten Manne vermählen; ich sollte kommen, Dich entführen nach Holland; Du hättest schon Pläne gemacht, wie wir heimlich dahin gelangen könnten! Ich war seelig bei dem Ge¬ danken an das Glück, das meiner wartete; ich schrieb Dir, und ich
die Franzosen ihm die Frösche aus der Spree beim Schlosse vor dem
und lockend klang: man wolle Dich verheirathen, und
Dich nicht
entfernte mich wirklich von meinem Aufenthaltsort. Es war nicht schwer für meine Aufpasier, mir zu folgen — Du unterrichtetest sie
ja von meinen Schritten. O, wie ein Schulknabe war der Fuchs in die Falle gegangen! Als sie zu Cleve mich verhafteten, wußte ich, Verlag von
Alfred Weile
Schnabel wegfingen, die ihm doch bisher allein zugehört hätten. Der Einfall wurde belacht, ohne indessen den beabsichtigten Erfolg herbeizuführen.
Zu Nr. 6. Briefkasten. Der
Name der Jungfernbiücke in Guben nach einer von dort erhaltenen Nachricht dadurch erklärt, daß diese schmale Brücke von jeher nicht mit Fuhrwerk befahren werden durste (tntoxer).
wird
Zrucksehlcr-Derichtigung.
In Nr. 7, S. 64, Sp. 2, Z. 22
statt „rothen Kreuz" heißen: „weißen
Kreuz".
in Berlin. — Verantwortlich für Redaction: Ferd. Meyer in Berlin. — Druck: Bahlke u.
v. o. muß
Hindersin in Berlin.
es
II
Mai 876
Das Matt erscheint monatlich
Nr
Jahrgang
T'rcis vierteljährlich
zweimal
I
Nk. 50 3»fo.
CRpKLi^.qez Dr.
Dr echt,
Unter Mitwirkung von Prof. Dr. Daulus Kassel, Stadt-Archivar Jidicin, Uhevd. Fontane, Geh. Regier.-Rath Freiherr Dr. von Scdcbur Geh. Hofrath L. Schneider, Archidiaconus Schwebet in Cüstrin rc. rc. herausgegeben von
George DasBlatt
KM
und
Jerdinand Meyer.
ist durch alle Buchhandlungen und Postämter, sowie durch die Expedition (Puttkamerstr. 8) zu beziehen. — Literarische Beiträge find an die Verlagshandlung von Alfred Weile zu senden, welche sie der Redaction übermitteln wird. — Inserate, pro 3gesp. Petitzelle 25 Pfg., werden von den Herren Haas enstein u. Vogler, Nud. Mosse, Bernb. Arndt, sowie von der Verlagshandlung (Puttkamerstr. 8) entgegengenommen.
in Berlin
Inhalt.
Hiltl.
V. —Zwölf Briefe Zfflands an W. H. v. Dalberg, von vr. Hermann Uhdc. — Das Königliche Zeughaus zu Berlin, von George Ueber den Harlungerberg. — Zur Geschichte der Sckweizer-Colonien im Ruppinschen unter Friedrich III., von vr. W. Schwartz. — Ueber (Mit Abbildung.) — Kleement. den Namen der Stadt Spandau, von vr. Beck. — Die Mohren aus der Bchrcnstraße, von George Erzählung von 8. Hefe kiel. (Forts.). — Literatur.
Hiltl.
Das Königliche Zeughaus zu Berlin. Bon Ocorgc Hills.
V. 2 Stück
1
Spfüubtge Kanons aus
Stettin, darauf
ein Löwe und die
Worte: Gieb Friede Herr zu aller Zeit, Du vor uns den Streit. — 46 '/2 Ctr.
Führe
Ein 18pfündiges Kanon aus Stettin von Philipp I., darauf ich genennt,
Ganz ungesäumt, schnell und behend Etsetzen will den Herren mein, Alle die ihm treu und gehorsam sein. Und strafe Ungehorsam und Unrecht, Verschone nicht Herrn oder Knecht.
Ein
zweites Eremplar, welches den Papst als Waldteufel darstellt
und die schon oben angeführten Verse trägt, ist ebenfalls vor¬ handen.
Es folgen dann verschiedene' einfache Stücke; reicher verziert ein lOpfündiges Kanon aus Stettin, von Philipp I., 1544, darauf:
Der
In
edle
ganz
Greiff bin Ich genannt,
Stettin
und Pommerland.
Beschütze meinen Herrn Adel und
Städt',
Wo Jemand sich vergewaltigen thät; Handhaben thu den Frieden und Recht Meinen Herrn und alle sein Geschlecht. Interessant sind im Verzeichnisse die Notizen: 3 Stück 6pfündige Kanons, königlich schwedische, aus der Schlacht bei Fehrbellin, darauf: Car. E. 8. und wiegt 19 Ctr. 84 Psd., gegossen
1660—61 in
Gl atz.
2 Stück 4pfündige Kanons aus
Stettin, auf
Wappen: Hans Markgrafen Brandenburg, 1555, auf dem andern: „Die Stadt alte» Stettin hat mich lassen gießen 1552. — 17 Ctr. Noch 3 Stück Zpsündige Kanons ans der Schlacht bei Fehrbellin,
1660—65 ein
fliegender Drache, gegossen 1545, und die Worte:
Der fliegende Trach bin
|
gegossen.
Eine 2pfündige Schlange
aus
Stettin,
gegossen
1564, mit der
Schrift: Die alten Leut des Kaufmanns haben mich Das Manchen hat thun (!) verdrießen. —
lassen gießen,
Eine 2pfündige Schlange ans Stettin, darauf ein Strauß und die
Worte:
Ick het Wat ick
Strus, nnde lege en racke, dat gct entzwei.
de
Ei MDLXY.
2 Stück Ipfündige Schlangen aus Greifswalde, gegossen 1554, auf der einen:
„De van dem Grypswald heb nii laten geten." Der größte Theil der bisher aufgeführten Geschütze besteht aus solchen, die entweder auf Bestellung gefertigt, aus den Zeughäusern anderer Städte genommen oder den brandenburgischen Fürsten als Geschenke verehrt worden sind. Es befand sich aber in den Räumen des Zeughauses auch eine
ziemliche Anzahl eroberter Stücke,
welche
an ruhmvolle Tage der braudenburgisch-preußischen Armee erinnerten. So z. B. Kanons von den Polen erobert, aus der Warschauer Schlacht. 2 Stück 12pfündige Kanons, fürstlich Radziwillsche, aus der War¬ schauer Schlacht, gegossen
1636—37. Einige sogenannte Drachen
und Schlangen, den Polen abgenommen. 2 Stück 6pfündige Kanons aus der Warschauer Schlacht, von Job.
dem einen nebst dem
Casimir; Seven (issimi) Princips Toa. Casimir Pol. et Suci.
82
Begie Potentissim. Accord. Av. v. Fceri Grodzikcarbt Eegis Profectus.; gegossen in Warschau 1652. Ein 3pfündigcs Kanon, genannt der Bauerntanz, 1526, u. s. w. An bairischen Kanonen finden sich ebenfalls verschiedene in dem Verzeichniß, so wie 6Pfünder ans der Bataille von Blenheini. Ein merkwürdiges Stück bewahrte das Zeughaus als Erinnerung an die Theilnahme der Brandenburger an den Türkenkriegen. Es hieß: „die Sängerin" und war unter Joaä)im I., 1522, gegossen; welches lange Jahre in türkischen Händen gewesen, aber bei Eroberung der Festung Ösen 1686 wieder an das Haus Brandenburg gekom¬ men, darauf stehet: „Zu Singen ist mein Nam erdacht, Hat Manchen in groß Schaden bracht." Sehr zahlreich vorhanden waren französische Kanonen. Aus dem Treffen von Turin, aus Aire, Nancy, Bonchain rc. hatte man sehr schöne Eremplarc gewonnen und ihnen in dem Geschützraume des Zeughauses ihre Plätze angewiesen.
Desgleichen fanden fich spanische und holländische Geschütze, mnthmaßlich den Franzosen (z. B. in Huy)
abgenommen.
Ein 4pfü»diges Kanon
anS Rheinbergen,
1591
1703 ab-
gegossen,
gcnomnien, trug die Aufschrift:
An Mortiers und Haubitzen war eine große Zahl vorhanden, Kanonen von dem Prinzen von Oranien und aus Meurs stam¬ mend, werden ebenfalls in der Specification angeführt,
auch
einige
—
Sanunlung im Laufe der Zeiten bedeu¬ tend vermindert hat, so wird auf die Frage: Wohin kamen so viele der zum Theil berühmten Prachtexemplare? — die Antwort leicht zu sein:
geben
die kostbare
Viele der herrlichen
Stücke
erlagen
dem
Umgusse.
Namentlich wurden während der großen und bewegten Regiernngszeit Friedrichs des Einzigen die Zierdegcschütze nid)t geschont.
So
ließ
König unter andern and) die von Schlüter modellirte und von Jakobi, am 31. Ociober 1704, gegossene „Asia“ im Jahre 1743 Friedrich I. hatte die Absid)t, 4 solcher Geschütze — umgießen. lOOPfünder — gießen und ihnen die Namen der vier Wclttheile: Asia, Europa, Afrika und Amerika geben zu lassen. Jakobi hatte die Asia gegossen, er verbrauchte dafür 664 Ctr. Gußstahl; es wur¬ der
den dazu
wahrscheinlich auch von den
keine
welche
besondere künstlerische
oben
angeführten Kanonen,
Ausführung zeigten, einige
ver¬
wendet.
Man trieb mit 50 Pfund Ladung das Geschoß 5400 Schritt Das Geschütz soll 150 Ctr. gewogen haben, und kostete in¬ clusive der Ciselirarbeit und Herstellung der Lafette 13,617 Thaler. Alle Verzierungen waren vergoldet, das Wappen und der Titel des
weit.
Generalfeldzengmeifters befanden
sich
auf dem Langfelde, und am angebracht. Die Henkel
Bodenstück erschien das königliche Wappen
bildeten zwei knieende Kameele.
I. hatte das Prachtstück noch vor dem Um¬ bewahrt, und das nicht ganz vollendete Gegenstück: die Afrika, zerschneiden lassen, aber Friedrich der Große ließ die Asia umgießen. Friedricb Wilhelm
gusse
Der große König hat in
der Folge
verschiedene
andere der
Kunft-
und Prunkgeschütze in die Schmelzöfen wandern lassen, um das Me¬
tall für
neue und
seiner Armee
nutzenbringende
Feuerschlünde
zu
Der König hatte hier entschieden das Rechte getroffen, wenn auch der Kunstfreund das Verschwinden dieser Meisterstücke be¬ dauern muß; allein die Lage, in welcher sich Friedrich befand, recht¬
verwerthen.
der
winnen —
Auch um Geld zu
ge¬
allerdings ebenso nothwendig bedurfte — veräußerte er manchen historisch werthvollcn Gegenstand, den die Räume des Zeughauses bargen, und so ist denn das Verschwinden vieler Waffen¬ dessen er
ebenfalls zu erklären. Eine große Anzahl derselben soll schon damals nach England gewandert sein. Wir werden au geeigneter stücke
Stelle von
den
Schicksalen einzelner Gegenstände berichten,
welche
theilweis in fremde Hände geriethen, oder in obscure Orte verbannt, erst in der Folge wieder zum Vorschein kamen. Eine andere Ursache der Verringerung der Geschützsammlung des Zeughauses war die im Jahre 1760 von den Russen unter Tottleben und den Ocsterreichern unter Lascy bewirkte Invasion Berlins. Die Russen benahmen sich hier bei Weitem anständiger und civilisirter
als die Oesterreicher, welche sich sowohl in der Friedrichs- als Doro¬ theenstadt die gröbsten Ausschweifungen erlaubten, Möbel, Spiegel, Tische zerschlugen, Betten aufschnitten, Frauen und Kinder mißhan¬ delten und ihre Rohheit namentlich an allen Bildnissen des großen Königs bethätigten, die sie auffinden konnten. Sie wütheten außerdem
in den Schlösiern von Charlottenburg und Schönhausen, man in Berlin auf das Aergste gefaßt sein mußte. Die Russen hielten entschieden bessere Mannszucht, allein
so
es
Tottleben mußte doch auch von ihrer Seite und Czernitscheff die möglichste Nachsicht mit Berlin hatten — sie wurden jedoch durch Fermor gedrängt, auch machte sich der schlimme Einfluß des französischen Gesandten, Marquis von Montalambcrt, geltend. Tottleben ließ also ein Fourage - Magazin ausplündern, etwas geschehen, obgleich
darunter 60 Stück mit conischen, 4 mit cylindrischen Kanonen.
sich
hergestellten, aber äußerst schwerfälligen Stücke.
daß
Dar mit wi guten Freden macken. Leber Broder holde fast!
Wenn
Er bedurfte weit dringender
entsetzlich
De Lerke het Ick; De Lerke bin ick genanndt, Der Nachtigall bin ick bekanndt; Den ofer mit Sturen und Straffen,
russische Gesd)üpe nachgewiesen.
fertigt sein Verfahren vollkommen.
praktischen Kriegswerkzenge als jener, zwar in künstlerischer Vollendung
Stein mit Vorräthen für die Armee ge¬ daß Stein hier 57,583 Thaler bemerkt, sei Beiläufig füllt da alle Vorräthe noch nidst vergütet wurden, verlor, die ihm niemals Privateigenthum, welches als daher den Militairbehörden übergeben, weld)es der Oberkonimiss ar
hatte.
erst abgeliefert werden sollte,
angesehen wurden.
Letzteres ist jedoch
Durch den patriotischen den Zufällen deS Krieges unterworfen. Gotskowsky kam, wie bekannt, eine Einigung mit dem Feinde zu
Stande. Berlin mußte tüchtig bezahlen. Tottleben wollte indessen auch Trophäen aus diesem Zuge mit¬ bringen und es war ihm darum zu thun, einige für die Kriegs¬ bedürfnisse wichtige Etablissements zu zerstören, weil der Führer eines Corps nun einmal den Auftrag nnd die Verpflichtung hat, dem Feinde so viel Abbruch und Schaden als nur möglich zu thun. Tottleben machte sich, was die erstere Absicht betraf, an das Er scheint dabei einem vorhandenen Verzeichnisse gefolgt Nach seinen Angaben zu fein und begann ausräumen zu lassen. hat er fortgeführt: Metall gegossen (später 1) die Statue König Friedrichs I. aus in Königsberg aufgestellt, dem Schlöffe gegenüber), Zeughaus.
2) 3) 4) 5) 6)
16 Stück Kanonen ohne Laffetten,
4 Mörser ohne Laffetten,
800 Gewehre, 300 Kreuzgewehre, 50 Offizierspenters, 7) 2500 Säbel, 8) 300 Küraffe, 9)
Eine große Menge alter Rüstungen!!
10) 900 Soldatenröcke, 11) 4000 Hüte, 12) 12,000 Ranzen oder Brodsäcke, 13) 1500 Grenadier-Mützen, 14) 48 alte und neue Fahnen.
Die
Letzteren werden noch heutigen Tages
im kaiserlichen Arsenale
zu Petersburg aufbewahrt und tragen die Jahreszahl der Eroberung.
Was nun die angeführten Entwendungen an Geschützen betrifft, so scheint die Zahl derselben zu gering angegeben, außerdem aber darf mau annehmen, daß alle entführten Stücke besonders schöne und
| i
heit nicht zuläßt , auch für mich selbst, den die letzte kleine Unruhe, nach der Entscheidung in den wichtigen Folgen gleichfalls betrifft, einige Worte zu schreiben.
werthvolle gewesen seien, denn ein Mal lagen diese, längst außer Gebrauch gesetzten, überhaupt nur des Kunstwerthes wegen erhaltenen Röhren nicht ans Laffetten, was bei Prunkgeschützen häufig und noch jetzt der Fall ist, dann aber waren jedenfalls die kriegstüchtigen und
die Sache erlaubt es
brauchbaren Kanonen nicht im Zeughause, sondern bei den betreffenden
beschützen und
Die ganz großen und fast unmöglich zu transportirende» Röhre mag Tottleben zurückgelassen haben. Daß an werthvollen Harnischen ungeheuer viel geraubt wurde,
zu dürfen.
Armee-Corps, die vor
dem Feinde standen.
bedarf keiner besonderen Erwähnung, sicherlich ist durch die russische Invasion das Werthvollste entführt worden und die oft ausgeworfene Frage: Wohin sind die Harnische, Waffen rc. unserer ritterlichen Mark¬
grafen und Kurfürsten hingekommen? dürfte damit beantwortet sein.
Da Tottleben auch Pulvervorräthe entführen wollte, sandte er mit 25 Mann in das vor dem Unterbanm gelegene
einen Offizier
Vorrathshaus der Pulvcrmühle. Es scheint, als hätten die Russen, um mit dem Zerstören der Gebäude schneller fertig zu werden, das
Magazin in Brand
Plötzlich ward Berlin durch eine furcht¬ die Lust und zer¬
gesteckt.
Das Magazin flog in
bare Erplosion erschreckt. schmetterte die 25 Mann.
X
Abstandes,
des
von Ew.
solte das nicht ohne Einkleidung
seyen können,
sagen; in
ich
Ercellenz zu mir herunter,
geschehe».
Diese aber entkräftet;
Sie das Theater erhalten, erlauben Sie mir mit Freimüthigkeit reden
also bitte ich Ew. Excellenz, bey dem Eifer, womit
Jhro Ercellenz sagten
bei
Bestätigung Herrn Meiers'):
der Ausschuß die Geschäfte gemeinschaftlich behandeln solle;
die
daß
Jn-
Gewiße Geschäffte, die sich die Bestätigung vor. Ordnung betreffend, blieben dem ersten Ausschuß allein,
teudance behielte mechanische
andere sollte er mit dem zweiten Ausschuß gemeinschaftlich besorgen. Jhro Ercellenz erklärten, Herr Meier sey nicht mit Seylers") ehe¬ maliger Gewalt bekleidet, nicht Regisseur. Ein weises Verhältniß, wornnter noch Niemand Unbilligkeit erfuhr. Und nur unter diesen Bedingungen konnten wir einen Mittschanspieler, wegen seiner GeschäfstsOrdnung, ein gewißes prae in Außenseiten wohl ge¬ statten , da wir in reellen Dingen unmittelbar unter Ihre Ercellenz standen. So war es Anfangs, Herr Meier gebrauchte sich seiner Stelle mit Eifer und Bescheidenheit, er nahm die getheilten Geschäffte
allein auf sich, ohne davon zu sprechen, oder über Arbeit zu klagen. Es war ein Fehler daß, der zuerst 2te Aus¬ schuß war, daß er diese Geschäffte, sich vergab. Nim waren sie ein¬ mal weg, nun betrachtete sie Herr Meier, als ihm gehörig, das schlich sich ein, dann klagte Herr Meier über Arbeit, endlich über Geschäffte, und wenn man ihn aus die Unterstützung des 2ten Aus¬ schußes vcrwieß, beantwortete er es nicht, oder so, als ob es sich ver¬ stände, daß Jener hierzu nicht angewiesen, oder nicht tauglich seyc. der beiden Ausschüße
(Fortsetzung folgt.)
Zwölf Briefe
Gefühl
dem
Ich werde nicht ganz kurz Einige Warheiten muß
nicht.
W. Ifflands an W. H. von Dalberg.
Mitgetheilt von Dr. fiermann liiulc.
I. Jhro Excellenz Haben die Gnade gehabt, mich mit einem Schreiben zu beehren.
Mit
den
meinen unterthänigen Dank abzustatten
des
2ten Ausschußes, die anscheinende Gewalt des Regißeurs ver¬
in
sich der völlige Ton des reisen¬ Prinzipals, wenn er keine Gage schuldig ist, gesellte. Der zweite Ausschuß, ist also jetzt eine Figur, die bey allen Proben, ans der linken Seite des Souffleurs, ohne zu reden 2 Stun¬ den stehen und nach Sechs Monaten sich 50 fl. dafür auszalen laßen darf. Es ist also ein notwendiger Vorschlag, daß Jhro Ercellenz
Verzeihen Jhro Excellenz
meine Ungeduld,
vor Dero
Zurückkunft
für die Güte womit meiner Ich würde mir ein Verbrechen daraus gemacht haben, langer als einen Augenblick mit der Idee der Hamburger Reise mich zu unterhalten. Ich weiß wie viele Ver¬ bindlichkeiten ich gegen Jhro Excellenz habe, und es beschämt mich diesem Schreiben
gedacht
wird.
äußerst, daß ich hier nichts anders thun konnte als nur meine Pflicht.
Jhro Ercellenz haben auch die Gnade gehabt, mir eine Einname zu bewilligen — Wie ich daß erkenne, wie ich mich vorzüglich jetzt bei dieser zuvorkommenden Belonung fühle? — Davon mögen mein Fleiß und mein Betragen bey Ew. Ercellenz für mich reden. Sollte nicht mein Lustspiel diesen Karneval neben den Bataille Pfer¬ den,
Julius Cäesar, Agnes, Faust
und
Sturm von Boxberg
sich
allein an
gewitzenen Geschäffte», war das NichtAnsehen
sich
bunden, wozu in den letzten Monaten
den
den zweiten Ausschuß wieder herzustellen geruhen
Instruktion
desselben,
hat er mit dem
gemeinschaftlich zu besorgen.
Geben
9 Punkte, nach Dero Ermcßen
sehen,
so
kaun er nützen.
Jhro Ercellenz
allein
ihn dafür hält, hat er bewiesen, indem
ihn alsdann auch dazu ankündigen wollen? Zudem ist mein Lust¬ spiel nicht unter die feinere Gattung zu zehlen. Das Gemälde hat starke Züge. Was im Karneval unter der annonce von „Poße" mit durchglitscht, amüsirt — könnte jetzt leicht als Lustspiel betrachtet, verdammt werden — die ersten Fehlschritte aber — thut man nie
Probe aufhob.
Doch erwarte ich hierüber die Befehle Ew. Ercellenz.
Ich freue mich sehr, daß nun die Zeit herannahet, wo Ew. Excellenz unseren Schauspielen mehr beiwohnen können. mich vorzüglich das Unglück, daß ich einen glücklichen
Ihre Ercellenz
Immer trift
abwesend sind, wenn
Tag habe.
Ich bin in tiefster Ehrerbietung Jhro Ercellenz den
gehorsamst verbundener Diener
Mannheim, 22. August 1781.
Wilhelm August Jffland.
II. Jhro Ercellenz Erlauben mir gnädigst, im Namen Herrn
Nach
demselben lieber
hat er An¬ Daß Herr Meier
er
in
deßen
Gegenwart eine
Ueberhaupt, Herr Meier ist nicht Regisseur, für uns kaun es
nie werden;
ich befehle,
warum
gebraucht er
sich
deß
icli will
gegen Leute die nachdenken können.
er¬
es so —
Er hat, um ihm
das nachzusehen, weder Jahre, Erfahrung, Wissenschafft, noch Karaktcr genug. Erempel von diesem Ton würden redender seyn, als dieser
Brief, wenn ich mich zum Delator herabwürdigen könnte. Ich komme nun auf Herrn Meiers Betragen bey dem lezten Vorgang. Einem Manne in seiner Stelle gebührte es, zum Nachdruck einer Notwen¬ digen Forderung (das war diese nicht) aus Befehlen der Jntendance, ohne Prätension für sich, mit Festigkeit zu beharren. Daß ich aber, Szenen die ich mit der Rennschöb schon 6mal gespielt hatte, Szenen von 2 Personen, verbotenus probire» mußte, daß war persönliche Neckerei;
so
wie nachher, um widerrechtliche Herausnahme des Tons die Fahne des Eifers für die Gesetzlichkeit, aufge-
zu entschuldige»,
*) Er war, als
s. g.
„erster Ausschuß', faktisch, wenn auch nicht uomi-
nev Regisseur.
Becks, dem es Krank-
der
25 Punkte
zu besorgen, so
Jetzt ist er Nichts.
beßer ausnehmen, als Schenk, wovon man glauben mögte, ich habe
wieder zurück.
mögen,
ersten Ausschuß
**) Vormals dirigircnder
Regisseur der Mannhciincr Bühne.
fteft werden mußte. Auch mag die Fackel schon lauge hinter dem Mantel gebrannt haben, die Herr Meier, so rasch , so leimend auf...') das Dach warf. Warum sonst gleich die höchste Instanz im Lande I und Ihre Excellenz zugleich um Rettung anschreien? Es war ein Wortwechsel unter gesitteten Leuten, und die Ordnung würde bis zur Ankunft Ihrer Ercellenz nicht gelitten haben. Amt-Niederlegen —
und Herrn Meiers allein gemachten Anordnungen
!
Jhro Excellenz
was soll das Spicgelsechten ?
Wozu soll das?
wenn man cs annähme.
Herz oder Kopf muß sehr
gering seyn, wenn inan alles zum Extremum schraubt!
Es sollte wohl nur die Sache, also auch die Entscheidung wichtiger machen, und wenn das Glück gut genug, seine Gewalt vergrößern. Es ist uns ehrbringender, neulich iu Herrn Meiers schlimmen Handel, un¬ aufgefordert, edler und weiser gehandelt zu habe», als es Herr Meier hier warlich nicht that. Die Herren Beil und Beck') haben Ihrer Excellenz eine Erzählung des Vorfalls bey der Lästerschule ge¬
Jhro Ercellenz uns
Intenckanee heüehlt, zu verweisen."
wir gegen Herrn Meier ohne alle Erbitterung. Sey er, was er im Anfang war, und wir erkennen, was wir durch unsere Wahl erkannten, Herrn Meier am fähigsten, die Stelle des l. Ausschußes zu bekleiden: Aber alles — alles an ihm ist nicht
dieser Sache ist
wirft
sie
wichtig.
die
ehemalige vortreffliche Behandlung verlieren;
die
sind
für
die
wir in
auf welche Freude
Blüthe unserer Jahre an einem einsamen unge¬ sunden Orte rechnen? Wir leben in der gewissen Hoffnung, Jhro Ercellenz werden diesen Brief nicht als eine unnütze, auf Unruhe ab¬ zielende Klage ansehen; da er unleugbare Realitäten enthält, die
sollen
geradezu
sich
Ihrer Wir
So wie Ew. Er¬
den
der
Ercellenz von selbst beweisen.
Jhro Ercellenz
verharren
Mannheim, 22. August 1782.
unterthänigste
A. W.
(für
unser bisheriges Verhältniß
Jfflaud
mich selbst und Herrn Beck).
III.
Ihrer
über den Hausen, zeigt uns den Unwillen, das Mißtrauen
Wir
Gewalt eines Regisseurs.
Art privilegiren könnte. Es sind überlegte, billige Dinge, welche wir Jhro Ercellenz vorstellen, Dinge die auf der Grundverfaßnng, welche Jhro Ercellenz der Truppe gaben, be¬ ruhen. Wenn wir nicht mehr von Jhro Ercellenz abhängen, und
vergrößern!
Die Entscheidung
für
nichts zu thun was die
die keiner
cellenz sie da gegeben haben,
Ferner
Meier an die Rede, Die
Sache, aber wider die Art, und bitten Jhro Ercellenz unterthänigft,
Ordnung sich unterwerfen wollen, machen unsere häuslichen Umstände uns zum Vorwurf, und wollen Herrn Meier Vollmacht geben, so fort zu handeln, wo nicht gar seine Vollmacht
für Leute,
so haben, Herrn
Uebrigens sind
hinreichend
macht; allein Jhro Ercellenz habe» auf eine Art geantwortet, die uns alle Faßung benimmt! Uns — denn die Entscheidung drückt Ohne den wichtige» Punkt von Herrn MeierS eigen¬ mich auch. mächtigen Tone zu berühren, erklären
lob wills
werden
Hintansetzung der Ausschußversammlung,
und die wachsende Eigenmächtigkeit gesehen haben.
statt
|
Herr Meier wäre warlich verlegen,
diese
Jhro Ercellenz
Ercellenz, eine gewönliche Theater-Behandlung, einen Mann, der ohne
Systemen, unser Direkteur ist. Jhro Ercellenz versprachen uns, wir würden allezeit unmittelbar unter Urnen stehen; diesen Vorzug der
Der Gegenstand worüber ich schreibe, ist Hochdemselben nun be¬ reits bekannt, durch Freunde und Nichtfreunde bekannt — meine schnelle Reise nach Hannover. Wenn Gesundheit alles übertrifft,
Mannheimer Bühne vor andern, können wir nie abschwinden,
wenn es wahr ist, daß ein siecher Körper, die Wirkung der Seele
den
Namen
zu
führen,
bey
Schöneinannschen
altkomödiantischen
kleinern oder vertheilen laßen, am wenigsten durch Chikanen,
ver¬
hemmt;
die so
so
ist das was ich nach dem Zeugniß
zweier
Aerzte thun
offen liegen, daß man sie leider zu deutlich sieht.
mußte,
Jhro Ercellenz erlauben mir zu sagen, Sie können Sich von Kleinigkeiten nicht unterrichten, also urtheilen Sie nach Wahrschein¬
entschuldigen, wenn ich nun bald die Gnade haben werde,
lichkeit, wer hat
Ordnung
sie
dem Anschein nach mehr
für
sich,
beständig gegen uns zu Felde ziehe» laßen?
die ökonomischen
noch von
Verlegenheit nothgedrungeu sind, wie jener.
wir, also finden Sic
können das nicht so sehen wie
Jhro Ercellenz
auch, leicht mög¬
liegt; daß Jhro Ercellenz mir
lich, die Wahrheit nicht, die iu dem was ich gesagt habe ich sie aber sagte, und
wie ich
sie
sagte, werden
Jhro Ercellenz sehen ans wie mau Ihre Befehle empfängt; aber nicht wie man sie ausführt. Wir bitten Jhro Ercellenz, hören Sie jene Parthey nicht, hören Sie uns nicht. Habe» Sie die Gnade nach Ihrem eigenen Ermeßen das Gleich¬ gewicht ferner zu erhalten. Wir wollen, (wie wir schon mit dem
verzeihen, die Sache entscheidet zu
allen
Seiten
Dienstwuth,
Sie
viel.
sehen
Esser aus eigner Bewegung anfiengen) alle Stücke wörtlich probiren. Aber wir stehen unmittelbar unter Ihrer Ercellenz, und Herrn Meiers
Instruktion werden Jhro Ercellenz nicht vergrößern, nach Dero Ver¬ Für jeden Befehl einer hohen Jutendance als solcher vom 1. Ausschuß angekündigt: versteht sich die gehorsamste Folgeleistung. Doch werden Jhro Ercellenz die Gnade haben, „dem ersten Ausschuß das Willkührliche, ohne Zuziehung des ganzen- oder bey schnellen Vorfällen des 2. Ausschußes
sprechen.
zu benehmen.
Aus den sparsamen Berichten
Die Art, wie
ich diese
|
der Mannheimer Bühne.
Ihnen
Niemand litt empfindlicher bei dem Gedanken, Jhro Ercellenz, Die bis daher die beßtcn Nachrichten empfangen konnten, zu beunruhigen, als ich, Niemand hatte zwischen Gesundheit und KunstEifer mehr zu kämpfen, als ich. Wie stolz erwartete ich die Rückkunft
Ihrer Ercellenz, da,
daß darf ich sagen, der beßere Fortgang des Ganzen, vorzüglich das Werk meiner Thätigkeit, meines Eifers, und des gründlichen Fleißes Herrn Becks ist. Ich weiß nichts, was über die Trennung von einer schäzbaren Familie mich beruhigen kann, als die Freude unter den Augen Ihrer Excellenz, mit erneuten Kräften, mit verstärkter Anhänglichkeit an die
Kunst (wenn die stärker möglich wäre) alles das zu leisten, was so angenehme Pflichten, als die der Dankbarkeit, der Hochachtung und — erlauben Sie mir Jhro Ercellenz zu sagen, was jeder von uns fühlt — der herzlichen Ergebenheit an Den, der die Sache der Kunst, mit großmüthigem Eifer führt — was diese heiligen Pflichten fordern.
Ich bin gewiß, ganz gewiß, Jhro Ercellenz können keine schiefe Meinung von mir in Ansehung der Sittlichkeit dieses Schrittes haben. Diese Gewißheit, entsteht aus dem Bewußtseyn meines Betragens, und aus der Neberzellgung, daß Jhro Ercellenz den Menschen zu gut kennen, als daß Achselzucken und kleinliche Besorgniße, der Menschen
die mich nicht
lieben können,
Einfluß wider mich
bey dem haben
könnten, bey dem ich Alles zu gewinne» habe.
Ich bin mit tiefer Hochachtung Jhro Ercellenz
des Ausschußes
Hannover,
*) Schauspieler
Erlaubniß nahm, werden Jhro Ercellenz
aufzuwarten.
als die welche
Allein Verhältniße stehen hier, wo vom Theater die Rede ist, nicht gegen einander. Ueberhaupt verfährt man, um uns zu schaden, gerade wie gegen Seyler, außer daß man de» Wein nicht gegen uns anführen kann; nur vergißt man, daß wir weder 56 Jahr, ihre
nicht zu viel erlaubt gewünscht.
den
6. Julius 1783.
unterthänigster Diener
August Wilhelm Jffland.
IV. Gestern schon, wünschte ich Jhro Ercellenz etwas, daß mich be¬
Grabesstille — das Haus zum Brechen voll und Enthusiasmus für das Stück, daß man am Ende uns rief. Großmann verschmerzt es uicht als Direktor, Dichter und Mensch!
unruhigt, vorzutragen; allein ich fand den Augenblick dazu nicht. Es betrifft die Medaille von der Kürfürstl. deutschen Gesellschaft.
Die Truppe bekam moralische Gichter. Von Mainz weiß ich 24 Personen aus den beßten Häusern hier. Heut ist die „väter¬
Jhro Ercellenz
Daß alles, was ich außer meinem Dank, hierüber zu sagen mich eben jezt, gegen Jhro Ercellenz in Verlegen¬
liche Rache".
Sie die Gnade habe», von mir vorauszusetzen. Meiner Ehre liegt daran, daß ich die Anerkennung dieser Me¬
Eile.
genöthigt bin, heit sezt, werden daille
jezt
bekannt gemacht sehe; oder daß ich die Medaille verbitte.
Erlauben Sie mir fteimüthig zu reden, damit nicht der Ver¬ dacht der Uebertreibung leiser Skrupel auf mir ruhe. Die lange Pause, welche die deutsche Gesellschaft zwischen dem Antrage Jhro Excellenz und ihrer Antwort, (warum? weiß ich uicht —) hat gehen laßen, veranlaßt zu meinem empfindlichen Schaden-, fol¬ gende
Gerüchte:
Einestheils, „ich wolle diese Ehrenbezeugung erschleichen, er¬ betteln". — Dann — „die deutsche Gesellschaft habe das
Stück') geprüft und nicht
des Preises wehrt gefunden, da¬
her die lange Dauer der Entscheidung'.
Diese sind mir die widrigste»; anderer, gedenke ich nicht. sind allgemeine Gerüchte, Gerüchte, von einzelnen
Es Mitgliedern, durch
Verzeihen Jhro Ercellenz die Kürze dieses Briefes, wegen der
Ich bin
Jhro Ercellenz Frankfurt, den 1. May 1784.
unterthänigstcr
A. W. Jffland.
VI. Jhro Ercellenz Es ist geschehen. Sie ist von uns genommen.') Wer eine Gemalinn hat wie Sie, weiß den Verlust des armen Becks zu ermeßeu. Ich wende mich in diesem Unglück, an Ihre Excellenz — an Ihr Herz! Beck verdient, und wird Sie Michaelis erhalten, 1200 fl. Ich glaube zwar, daß nur 1100 bestimmt waren. Aber Jhro Er¬ cellenz werden als Mensch, als Kenner der Kunst, als Theilnchmer an dem höchsten Schmerz, nicht zugeben, daß um 100 fl, die Kaße den Kredit der Billigkeit verliere. Beck, hat 600 fl. Abzug, 100 fl. jährl. Jntereße — soll häuslicher Jammer das größte Seelenelend
Schweigen, Lächeln und Achselzucken bestätigt.
begleiten?
Formalitäten, die einem Kollegio eigen sogar notwendig sind, aber ich gestehe auch, daß ich mein Stück lieber verbrannt; als durch den jungen von Stengel rezensirt gesehen hätte. Es ist geschehen — ich habe es verschmerzt! Aber diese
Nein, nimmer, Jhro Ercellenz, daß werden Sie uicht, daß werden Sie wahrhaftig nicht wollen. Sollte man Jhro Ercellenz eines andern bereden wollen — so beschwöre ich Jhro Ercellenz, handeln Sie nach Ihrem Gefühl! Würdigen Sie mich einer gütigen Antwort. Ich sehe mit Zuversicht, (mitten in gränzenlosen Elend,) auf Ihr Herz! einer günstigen Entscheidung, entgegen. Jezt will man den Engel begraben. O die Kunst leidet, wie die Liebe! So ein Weib, und sie ist hin. Jhro Ercellenz
Ich
unterscheide und ehre die
Gerüchte kann ich nicht verschmerzen.
Haben Jhro Ercellenz die Gnade und rathen mir, und be¬ stimmen mich über das, was ich jezt Ihnen so vortrage, als wären Sie uicht Präsident dieser Gesellschaft.
Ist
die Medaille anerkannt,
Anerkennung
gleich bekannt
so
bitte ich um die Gnade, diese (denn die Stunde der Ge¬
zu machen,
unterthänigstcr
währung, nicht die des Empfangs, entscheidet hier). Ist sie es uicht, oder ist sie es nur mit einem Schatten von Widerwillen — nur mit dein schwächsten Schatten! — Dann Jhro Ercellenz, bey allein
Sie hierüber Selbst fühlen, haben Sie
was
bezeugung von
mir zu entfernen,
A. W. Jffland.
(Schluß folgt.)
die Gnade, eine Ehren¬
welche durch die
Art
„Der Harlungerberg
der Gebenden,
ganz erkältet. Mein Stück — ich bescheide mich seines kritischen Unwehrts — ließ Volcks - Stimmung entstehen —: hat die deutsche Gesellschaft oder ein Theil derselben, der Theil derselben, der mir jezt schadet, — haben diese die Herzlichkeit, gewißen Rücksichten untergeordnet; ie nun — so bin nicht ich der verlierende Theil. den
e
(Zu Nr.
Danck des Empfängers
Glauben mir Jhro Ercellenz, von Ihnen vorgeschlagen zu seyn, mit Ihrer fürtrefflichen Art, mit so viel warmen Antheil behandelt zu seyn — ist mir unendlich wchrter, als alles was von anderer Seite
geschehen kann.
Daß sagt mein Herz — ohne Bi-egung, ungedrnngen von irgend einer Rücksicht. Der ich mit der vollkommensten Hochachtung bin
Jhro Ercellenz
V. H.
den 27. Apr. 1784.
bei örandenburg". 6)
Der Harlungerberg, wie der jetzige Marienbcrg bei Brandenbürg im Mittelalter genannt wurde, wird zuerst im Jahre 1166 erwähnt. Auf ihm stand einst der Tempel Triglaff's, bis an deffen Stelle Pribislaw, nach seinem Uebertritt zum Christenthum, die Marienkirche erbaute. Der deutsche Name „Harlungerberg" erscheint aber allein in einer Zeit, wo noch das Wendische fast allgemeine Landessprache war, und kein wendischer Name ist uns dafür bekannt Es leidet keinen Zweifel, daß wir es mit einem Nanieu geworden. zu thun haben, der sich aus der germanischen Vorzeit die Wendenzeit hindurch erhalten und den Wechsel der Landessprache überdauert hat.
Er bietet
einen schwachen Lichtstreifen in das Dunkel, welches auf
der Vorgeschichte unserer Marken liegt, denn wem sollte es nicht bei
gehorsamster
A. W. Jffland. V.
Jhro Ercellenz Größeren Triumph kann die gute Schauspielkunst nicht erleben.")
*) Berbrechen aus Ehrsucht, Fainiliengemälde in 5 Akten, von Jffland. Dieser erhielt übrigens die seiner Ungeduld zu lange ausbleibende Denkmünze wirklich. Sic hatte einen Werth von 25 Dukaten. **) Jffland und Beil waren (mit Schiller) nach Frankfurt a. M. gereist, um dort bei der Großmann'schen Gesellschaft zu gastiren.
diesem Namen an jenes Heldenvolk gemahnen,
welches einst an der
Donau herrschte. Wir meinen die Heruler, welche mit mundartlicher Wortbiegung „Harlungec" genannt wurden. Der Ort, wo ihre Königsburg an der Donau gestanden, war als „ane Harlungorum“ In Oberösterreich liegt der Ort den: deutschen Mittelalter bekannt. — Urkunden Herlinnga, dann mittelalterlichen in er hieß Herolfing des Volkes der Heruler Reste daß Herlwingen, und ist ein Zeugniß, oder
Harlunger in Oesterreich
auch zurückblieben.
•) Caroline Beck, geb. Ziegler. Deutschen Museum, 1785, Februar, Nekrolog der Künstlerin.
So ist
denn auch
Sie starb am 29. Juli 1784. In, veröffentlichte Jffland einen
S. 172,
86
„Harlungerberg" an der Havel ein Denkmal des früheren Aufent¬ halts der Heruler. Sie hatten jedenfalls Wohnsitze an der Havel und auch von dieser wahrscheinlich den Namen, und gehörten zu dem hundertgauigen Gcsammtvolke der Semnonen, welches in der Völkerwanderung sich in seine Theile auflöste und daher den Gesammtder
namen so schnell verlor.
Schon Helmold nennt in seinem Chronicon Slavorum die Be¬ wohner des Havellandes Hevelder oder Heruler, und deutet damit die
Ueberlieferung an, welche
sich
über letztere erhalten.
Heveller oder
Hevelder war der deutsche Name des Slavenstammes, welcher das Havelland oder Heveld bewohnte; der wendische Name war Stodorani, und das Land hieß Stodor. da
Daß der Name der Havel mundartlich sehr wechselt, sehen wir, in Urkunden oft wohl mit der slavischen Form „Obole"
er
„Obula" genannt wird, noch jetzt ist die plattdeutsche Aussprache Hüagel, was besonders in zusammengesetzten Worten hervortritt; so konnte die Havel sehr wohl in der Vorzeit auch den Namen Hart führen, welches ein deutschet Flußname ist. den
Wir
verweisen hierbei ans
der Fluß „die Harle" der Landschaft Harlingen Namen gegeben hat. Als ei» Theil der Heruler nach dem Jahre 510 wieder nach
Ostfriesland,
wo
Norden zog, um seine alten Wohnsitze aufzusuchen, fand er unsere Gegenden bereits von slavischen Stämmen besetzt, und soll erst in
Scandinavien neue Sitze gesunden haben. Berlin, den 15. März 1876. Noch
x.
einmal „der Harlungerberg". Entgegnung von Dr.
.
die auch sonst aus schwachen Füßen steht,
Beglaubigte Nachrichten über die ursprünglichen Wohnsitze der Heruler fehlen; ob Herolfingen in Oberösterreich von ihnen den Namen führt, ist in diesem Falle gleichgiltig; daß sie eine Zeit lang ein Reich in den Donaugegenden gehabt, ist ja bekannt; die Identität der österreichischen Harilungoburg (des Sitzes Rüdegers v. Bechelaren) mit der Königsburg der Heruler soll noch bewiesen werden; man nimmt an, daß die Letzteren damals nicht an der Donau selbst, sondern an der Theiß gesessen haben, die Geschichte kennt sie als ein flüchtiges, unstätes Volk, das sich bald hier, bald dort, zur See oder zu Lande, aus Raubzügen furchtbar macht, weniger ein Heldenvolk als ein Volk von Landsknechten. Daß sie alle Gegenden in Deutschland durchzogen haben, ist möglich; erklärt werden aber dadurch die zahlreichen Harlnngerberge nicht. Stätten, die damals noch dem Götterkultns angehörten, nannte man nicht nach Räuber¬ banden, und überall dort laugandauernde Wohnsitze der Heruler an¬ zunehmen, wo sich Harlnngerberge finden, erscheint ebenso unthunlich. Nach seinem eigenen Namen nennt ein Volk auch keine Oertlichkeiten; es überläßt dies späteren Geschlechtern, und in unserm Falle müßten dann wenigstens
germaniens durch die Wenden stamme, mag sein;
ich
habe auch die
Vermuthung ausgesprochen; Beweise für seine Behauptung giebt der Herr Verfasser nicht. Woher weiß er, daß im 1166 das Wen¬
I.
fast allgemeine Landessprache im Havellande war? Die Be¬ völkerung wird stets eine gens permixta Slavonica et Saxonica ge¬
von Heruler sein; möglich wäre allein, sowohl Harlung als Heruler'
auf denselben Ursprung zurückzuführen und den Vater der mythischen Harlunge zugleich als Heros eponjmios der Heruler anzunehmen. So lange aber die Etymologie von .Hernlus" noch so sehr schwankt, und bei der großen Zahl von Varianten noch nicht einmal über¬ zeugend nachgewiesen ist, wie der Name authentisch zu lauten hat, kaun darüber nichts Bestimmtes geäußert werden. Die Vermuthungen Jacob Grinim's und Rieger's mögen trotzdem richtig sein; der Zu¬ sammenhang des Harlungerberges mit den Herulern ist sprachlich aber nur durch das mythische Brüderpaar möglich. Den Beweis dafür, daß Heruler an der Havel gewohnt haben, findet v. Raumer in der Sage von der Verpflanzung der Harlunge nach Brandenburg durch Karl d. Gr. Dies Argument kann, so lange die Identität beider Namen nicht überzeugend nachgewiesen ist, von keiner Bedeutung sein. Helmold sagt allerdings, daß an der Havel die Heruler oder Hevelder wohnten; er mag eine Notiz Adam's von Bremen mi߬ verstanden haben: Slavonia a Winulis incolitur qui olim dicti sunt Wandali, Heveldi vel Heruli — verdächtig ist jedenfalls, daß er die Heruler Slaven nennt. Bei den unsicheren Nachrichten über die alte Topographie der Slavenländer ist es bedenklich, einer Idee zu Liebe,
Wenden
Namenspender
gewesen
sein,
will.
Möglich wäre vielleicht, daß die Heruler selbst ihren Stammheroen, den Härtungen, auf Bergen Heiligthümer errichtet hätten, wogegen nur wieder die weite Verbreitung derselben durch ganz Deutschland streitet. Die Ableitung des Namens der Heruler, von der Havel, ist die vierte mir bekannt gewordene Etymologie; ob sie Aussicht hat, all¬ acceptirt
werden,
zu
Sprachkundigere
mögen
entscheiden.
Obula, Obola sind sicher nicht slavische Formen des Wortes Havella, sondern nur von unwissenden Chronikanten beliebte Varianten; Hügel (oder Haogel) für Havel erklärt sich spraä)lich völlig ungezwungen, weil Labiale und Gutturale sehr leicht ineinander übergehen, auch in modernen
Hart
hat unser blauer Heimathsstrom nie ge¬ heißen; ich wüßte wenigstens nicht, wie dies zum Aeseldan Alfreds d. Gr. geworden sein sollte. Ob die ostsriesischen Harlinger von ihrer Harle germanischen Dialekten.
den
dische
nannt. Härtung ist unzweifelhaft patronymische Ableitung von einem uomen proprium und kann daher nicht „mundartliche Wortbiegung"
die
wozu wieder der Name nicht passen
gemein
Der ungenannte Verfasser der obigen Zeilen sucht den Nachweis zu führen, daß der Name dieses Berges ein Denkmal des früheren Aufenthalts der Heruler an der Havel bilde. Der Gedanke ist nicht neu; seine Begründung aber giebt mir Veranlassung zu einigen Be¬ merkungen. Daß der Name aus der Zeit vor der Occupatio» Nord-
einer durch nichts weiter
bestätigten Angabe unbesehens Glauben zu schenken.
Namen erhalten haben, ist dabei völlig irrelevant. Daß der Harlungerberg seinen Namen nicht direkt den Herulern
verdankt, scheint mir aus sprachlichen Gründen unzweifelhaft; ob sie mittelbar von Einfluß daraus gewesen sind, kann bei der Mangel¬ haftigkeit unserer Quellen nicht festgestellt werden, am allerwenigsten durch das „wenn und aber" des Herrn Anonymus; es würde das aber immer eine cura posterior sein, welche der meines Erachtens allein zulässigen sagenmäßigen Deutung des Namens nicht präjudi-
cirlich sein kann.
In
meinem Aufsatz habe
ich
gesagt, die Weinberge am Har¬
lungerberg seien .bereits 1209" erwähnt.
Es
geschieht dies aber schon
St.
Brandenburg rc. p. 196 früher, wie Schillmann, Gesch. d. auch mitgetheilt hat, nämlich im Jahre 1173; ek. Riedel, eod.
Diplom.
Zur
I 8,
p. 109.
Geschichte der Schrvcher-Colonien
unter Friedrich Mitgetheilt von Dr.
im Kuppinschen
III.
19. Sdmmclj.
Nachfolgendes interessante Actenstück findet
sich
im Archiv
der
alten reformirten Superintendentur zu Neu-Ruppin. „Wir Friederich der Dritte von Gottes Gnaden Marggraff zu Brandenburg des heyl. Rom: Reichs Ertz Eämmerer unnd Churfürst, in Preußen, zu Magdeburg, Cleve. Jülig, Berge Stettin Pommern der Caßuben und Wende, auch Schlesien zu Croßen und Schwiebus,
Hertzog,
Camin,
zu Nürenberg, Fürst zu Halberstadt, Minden und Grast zu hohen Zollern der Mark und Ravensberg, Herr zu
Bnrggraff
>
Ravenstein und der Lande Lauenburg und Bntow. p. Uhrkunden und bekennen hiermit, daß, ob Wier zwar unser im Ambt alten Ruppin telegenes
Schultendorfs mit
Vorwerk
gnädigst resolviret, Wier
Schweitzern
doch hernach befunden,
zu
besetzen
daß die Wenigsten
unter ihnen Bauern gewesen, und dahero die Wirtschafft und Haus¬
haltung auff dein Lande nicht verstehe», dahero entstanden, daß Sie vor alters woll angeleget gewesen, gantz verkeret, keine
die Aecker so
Ordnung in den Feldern halten, sandern Oonkuss in allen Feldern pflügen und säen, feer wenig Mist auff die Aecker gebracht, sondern den in den Vorwerks-Schaff und andern Ställen noch gefundenen
und Gärten, sambt der hälffte der von den Bauern und sonsten in Dorffe fallenden Straffen, gantz frey von Oontribution, Schoß, Einqoartirung, Jagtlauffen und reiten auch allen andern praestatioueii, wie die immer Nahmen haben und erdacht werden mögen, Wier unser» Erben und Nachkommen Marggraffen zu Brandenburg p. wollen meecgemeldten unsern lieben getreuen Gottfried Laugen Bürgermeistern zu Neuen Ruppin und seinen Erben bey diesen Schultzen Gericht und deffen Zubehörungen,
wieder jedermänniglich jederzeit schützen und Uhrkundlich haben Wier dieses eigenhändig unterschrieben und mit unsern Churfürstlichen Gnaden Siegel bedrücken lassen.
handhaben.
Theils von zwey Jahren hero darin gelegenen Mist unausgeführet liegen und großen Theils darin vergehen lassen, und den wenigen so Sie noch ausgeführet, nicht auff dieselbe Aecker, wohin
So
und
Er eigentlich gehöret, gebracht,
den Acker
geschen
Cöln an der Spree
d.
18. Jan. Ao. 1693.
(L. S.)
Friederich
E. Danckelman.
gar schlecht bestellet und
theils gar unbestellet liegen lassen, das Ihnen übergebene gute Rind
Schaff-Vieh, theils eoirsnmirot, theils verkanffet und theils ver¬ tauschet, das Getreidig nicht selbst ansgedroschen sondern solches durch andere Leuthe umb Tagelohn, da Sie es doch fettsten verrichten können und sollen, mit großen Kosten thun laßen, und solches ver¬ kanffet, so daß fast Keiner weder Brodt- noch Sommer Saath-Korn mehr hatt, den unter sich selbst gemachten Schnitzen, welcher ihres Gleichen ist, und so wenig als Sie von dieser Landes Arth weis,
Ueber den Namen -er Stadt Spandau.
und
besorgen, daß
Der Name Spandau ist bis jetzt in allen Chroniken, auch neuerdings wieder nach Annahme älterer Etymologien in der Geschichte der Stadt und Festung Spandau (abgedruckt in der in Spandau bei Carl Jürgens erscheinenden Havelzeitung) von meinem Freunde vr. H. Jahn von einem wendischen Worte spanja abgeleitet. Derselbe verwirft zunächst die Erklärung aus dem plattdeutsche» Worte „span ut"; diese Ableitung kann überhaupt nur als Spielerei angesehen werden, und verdiente höchstens als Curiosum Ausnahme in eine Ge¬
die
schichte der
und dahero nichts nützliches anordnen kann, nicht respectiren, und zu
Wan hier unter keine andere Anstalt gemachet wurde, Haushaltung bey so beschaffenen Zustande unmöglich werde be¬
und dahero gnädigst bewogen worden, einen Schnitzen, welcher Atiroritüt hatt, zusetzen, dergestalt, daß Er die VorwerksGebäude, soviel Er davon benothiget ist und gebrauchen kann, zum stehen können,
Schultzen Gericht ümb eine billige taxa käufflich an vor das
Kanff pretium
bäuden, so abwerths
sich
nehmen und
die andere außer seinen noch bleibenden Ge¬
stehen,
entweder zu Bauerhöffe oder Scheunen,
wie es sich am füglichsten und solle, damit ein ordentliches Dorff,
bequemsten schicken
wird, employren
nach der zumachenden richtigen
Stadt.
Soviel
steht fest, daß der Name, wie alle Eigen¬
namen auf ow, woraus jetzt bei vielen die moderne Endung au
ge¬
ist, aus dem Slavischen stammt. In der eben angeführten Geschichte von Spandau heißt es: „Weit mehr Nebcrzeugungskraft worden
(als die plattdeutsche Erklärung) hat eine andere Annahme, welche „Spandow" aus dem wendischen Worte „spanja", zu
de» Namen
„ruhen, schlafen" ableitet, denn hier brauchte an den Namen „span" nur die wendische Endung „dow" zu treten, um den Namen in ganz ungezwungener Weise entstehen zu lassen. In diesem Falle deutsch
„Spandow" etwa „Schlasquartier" bedeuten. Jahn bernft für die Richtigkeit seiner Deutung aus einen Fähr-
Abtheilung angeleget, ein jeder sein Wohnhaus, Ställung und Mist¬ hoff allein habe und also nicht nur aller fernere Streit unter Sie
sich
vermeidet werden, sondern auch wegen besorgender Feuers Gefahr (da
krug oder eine Gastwirthschaft auf dem ehemaligen Benz, dem heutigen
Sie allesainbt in
Behnitz, wo Fremde zu übernachten pflegte»; dieser Fährkrng solle Spandow geheißen und später dem ganzen Orte denselben Namen
den
Vorwerksgebäuden so seerr
enge
zusammen
wohnen und schon an zwey Orten Feuer, welches das Dach ergriffen, entstanden) die Vorwerks Gebäude sambt aller habseeligkeit nicht auff einmahl in Rauch auffgehen mochten, dan soll Er auch die Schweitzer in hiesiger Landes Wirtschafft mit Nachdruck anweisen laßen, und
würde
zum Beweise
verliehen haben.
wollen, zur Gnädigsten Verordnung mit den förderlichsten referiren,
Gegen diese Deutung läßt sich zunächst einwenden, daß nicht „dow", sondern „ow" die wendische Endung für Ortsnamen ist, z. B. Rathenow, Pankow, Stralow, Teltow, Lützow, Prenzlow u. s. w.; findet sich „dow", wie in Spandow, Bredow, so gehört das d zum
gute Ordnung im Dorffe und Ackerbau halten, die justitz
Namen des Wortes.
die vermögende Schweitzer, daß
nur diesem Theile der Stadt den Namen geben können; das ist aber nicht der Fall, sondern der Name Benz oder Behnitz besteht heute noch neben dem Namen Spandau. Bei dem Interesse, welches ich für meine Heimatstadt habe, ließ ich es mir angelegen sein, nach einer Erklärung für den Namen
von deuenjenigen, welche Nicht capable seyn, noch sich hiezu anschicken
administrireii, Sie aus ihren Mitteln bauen müßen, anhalten. Und weiln die Schweitzer, allen Ansehen nach, wen Sie nicht märkische Bauern unter sich habe», werden schwerlich fortkommen möchten, den 4tcn Theil, nemlich 3 gute tüchtige Märkische Bauern, die gegen gewiße trey Jahre aus ihren eigenen Mitteln bauen können, wohingegen die von Schultzendorff abgehende 3 Schweitzer auff Wüste Dauerhoffe in den Ruppinischen >md
Liudowischen Ambts Dörffern wieder unter gebracht werden müffen,
anschaffen und dieses
Dorff
nach Möglichkeit vollbesetzen und conser-
vireit und in allen des Dorffs bestes
suchen
und hier unter nichts
»erabseumen.
Und weiln Wier hierzu unsern lieben getreuen Gottfried Langen, Bürgermeistern unserer Stadt Neuen Ruppin, eapable befinden; Als
Wier denselben zum Schultzen zu obgedachten Schultzendorff, Er vorgedachtermaffen alles in guter Ordnung bringen: Conseriren demnach unsern lieben Getreuen Gottfried Langen p. und seinen Erben, aus sonderbaaren Gnaden das Schultzengericht zu schultzendorff, mit fünff Huben und den dazu gehörigen Wiesewachs
lcheu daß
oder
Behnitz;
Ferner aber stand der Fährkrug auf dem Benz
er hätte also
Spandau zu suchen, die sprachlich und sachlich zu rechtfertigen ist. Die Formen, in denen der Name in alten Urkunden vorkonimt, weichen wenig von einander ab: es ist meistens die Form „Spandow", einige¬ mal „Zpandow" (so 1264, 1271). Sehr viele Städte, und ganz besonders slavische, haben ihre Namen von dem Terrain erhalten, auf dem sie angelegt sind. Meine Bemühungen indeß, den Namen Spandau in Verbindung zu bringen mit den slawischen Ausdrücken für Sumpf oder Wald, woran die Umgebung Spandaus sehr reich war, erwiesen sich als ver¬ Endlich fiel mir ein, ob nicht etwa der Name im Zusammen¬ geblich. hange stände mit der Vereinigung von Spree und Havel. Zu meiner großen Freude fand sich deirn auch eine Erklärung des Namens Span¬ dau so passend, als ich sie mir nicht besser wünschen konnte, und
zwar ist die Deutung aus der lausihischen Sprache, die mit dem Wendischen der Havelgegend nahe verwandt ist.
geht aber in das Haus der
Bären
Es heißt nämlich
spsjtati (spr. spontati) heften, vereinigen, spatnica (spjatnica) Ver¬ einigung. Hiervon ist abgeleitet sp%tawa (spr. spontawa) Stauung des Wassers, Widerwoge. Es erleidet keinen Zweifel, daß spontmva und Spandowe zu¬ sammengehören, und die Bedeutung des Namens Spandau fällt so¬ mit zusammen mit der Bedeutung des römischen OontluentkL, des
welchem die beiden
nun nicht
kann
mehr
Anwendung
G. H.
finden.
Meement. Eine abenteuerliche Geschichte aus den Tagen Friedrich Wilhelms I. Erzählt von Luilovicll Kekckuck.
Daß die ersten Ansiedler an dem Zusammenfluß von Spree und Havel dem neuen Orte den Namen Spandow, das ist Zusammenfluß, gegeben haben, war sehr natürlich; denn gewiß war dieser Zusammenfluß zweier für die Schifffahrt und den Fischfang so wichtiger Ströme die Hauptveranlassung für die Anlage eines Ortes. heutige» Koblenz,
Mohrenstraße, vor
— zu suchen,
stehen
am Zusaiunienfluß von Rhein und Mosel.
(Fortsetzung.)
Die Thränen, die ihr wider Willen in die Augen stiegen, dämpften den
Trotz, und milder entgegnete sie: „Die Liebe zu Dir hat mächtig dem glühenden Verlangen nach Rache, darum
in mir gekämpft mit wollte ich er mußte
Dr. Beck.
Dir noch einen Ausweg lassen; ich sandte Dir den Ring, Dir ja durch seinen Farbenwechscl meinen Verrath anzeigen
und Dich warnen."
Kleement schüttelte den Kopf.
Die Mohren aus der Lehrenllrake. (Mit Abbildung auf S.
Wir
geben
heut als
„Das Alchymisten-Kleinod versagt dem Verräth« feinen Dienst." Ein Zweifel an der Kraft des Ringes stieg nicht auf in der feurigen Südländerin; der Glaube an geheime Naturkräfte, die durch Zauber zu bannen seien, war damals noch mächtig in den Geistern. „Hast Du Deine Rache nun befriedigt?" fragte Kleement nach einer langen Pause; „dann laß uns Abschied nehmen für's Leben!" Jela lachte spöttisch: „Lässest Du die Flügel hängen? Ist es zu Ende mit Deiner Gewalt über den König?" und fast höhnisch sagte sie:
die Abbildung der
beiden, dem geschäftlich durch die Straßen Berlins Eilenden, so wie deitf Flaneur hinlänglich bekannten Mohrenfiguren.
Der heutigen Generation sind dieselben wohl nur von ihrem Standorte vor dem Hause Behrenstraße Nr. 62 her in der Erinne¬ rung, wo sie lange, lange Jahre hindurch paradirten, ein Gegenstand der Bewunderung aller Handwerksburschen, Dienstmädchen, Schulitnb Straßenjngcnd, welche Letzteren in der Dämmerstunde die schwarzen Menschenbrüder-Statuen zur Zielscheibe für nasse Lehmkugeln — im Winter für Schneebälle — zu wählen pflegten. Der Mangel an Raum in dieser Nummer unseres Blattes
„Nein",
bens,
welche
ver¬
in der That Stücke unseres alten Berlins sind, eine
seren
Lesern
Wir
werden
nicht für immer schuldig bleiben.
bereits vorhanden.
Die Mohren haben, wie
so
sie indessen
Material
un¬
Große», wurde.
als Laternenträger für den Fuß au der freiliegenden Treppe, welche zu dem Vorsprunge des Mitteleingangs führte. In der Folge wurden sie beim Umbau des Palais mit manchen anderen Werk- und Baustücken verkauft und — durch ihre stattliche Erscheinung wohl vor der Zerstörung bewahrt — dem Eigen¬ thümer des Hauses in der Behrenstraße, einem Schmiedemeister, über¬ liefert, der sie zu beiden Seiten der Hausthür postirte.
Sie dienten damals
schon
Bekanntlich wurde das Palais des Prinzen Ferdinand Sr. kgl. Hoheit dem Prinzen Karl von Preußen übergeben, welcher noch heut der Besitzer deffelben ist und es in seiner jetzigen Gestalt aus- und
umbaut.
Da
die Mohren
zum alten Palaste gehörte»,
hat der Herr
Geh. Commerzien-Rath v. Bleichröder, als Eigenthümer des Hauses in der Behrenstraße, beide Figuren Sr. kgl. Hoheit dem Prinzen
Karl zum
Geschenk
gemacht und sie sind nunmehr wiederum, wenn
auf ihrer alten Stelle,
auf alten Grund und Boden angekommen und befinden sich jetzt — ihrer alten Bestimuiung getreu — als Laternenträger vor dem Eingänge zum HofmarschallAmte Sr. kgl. Hoheit im Hofe des Palastes. Der alte wohlfeile Straßenwitz: Ein Mann wird in das Haus der Behrenstraße bestellt, vor welchem die beiden Mohren stehen — auch nicht
so
doch
weil ich es Daß meine
Sind
Dir,
nicht
ich gehe
nur wenn ich will!" Jela trat dicht an ihn heran. „Und wenn sie Dich — foltern?" Er fuhr zurück. . . „Dann gestehe ich Alles!" rang es sich von
zu Grunde,
eben¬
falls ihre Geschichte. Für heut sei nur bemerkt, daß die Afrikaner aus Stein, bei Beginn ihrer Laufbahn vor dem Palaste des Johaunitermeisters Markgrafen Karl standen und daselbst verblieben, als der Palast die Wohnung des Prinzen Ferdinand von Preußen, Bruders Friedrichs des
Verhaftungen genug vorgenommen worden? Ich sage
dazu ist
Vieles Andere,
entgegnete der Abenteurer, sich hoch aufrichtend, „denke die Mauern
überhaupt nicht, daß es mit mir zu Ende ist, weil mich von Spandau einschließen. Es ist zu Ende mit mir, will! Dein Verrath hat mich gebrochen, nichts Anderes! Macht die alte ist, haben die letzten Tage bewiesen.
bietet es, den berühmten stummen Beobachtern unseres Straßentrei¬
ausführlichere Besprechung zu widmen.
er ist
blau geblieben!" Er hielt ihr das Kleinod hin, das im alten Feuer schimmerte,
89.)
Jlluftrations - Beilage
„Es war Nichts damit,
|
seinen bebenden Lippen.
ihren Augen blitzte es aus. „Ich will gehen", sagte sie mit dumpfer Stimme, „uns Beiden taugt kein Beisammensein mehr! Das Eine will ich Dir indessen sagen: ich hab' Dich viel mehr ge¬
In
liebt, als ich selbst ahnte; in der Stunde, da ich Deinen Untergang beschloß, habe ich es gefühlt, aber die Liebe geht der Magyarin nicht über das Vaterland!"
Sie
reichte
ihm die Hand nicht mehr,
sie sah
ihn kaum an,
er
machte aber auch nicht die leiseste Bewegung, sie zurückzuhalten. . . An demselben Tage, da Jela den ehemals Geliebten in der ein¬
samen Gefängnißzclle zu Spandau besuchte, kam Herr von Knyphauscn von seiner Mission aus Wien zurück, und nun begann ein Kampf
auf Leben und Tod zwischen sämmtlichen Kabinetten, Engen und deni Monsieur Clement. So ganz überdrüssig mußte er indeß seines über¬ Lebens doch nicht sein, denn er wehrte sich gewaltig, und hatte dies an dem
König immer einen heimlichen Bundesgenossen.
Die Dresdener sielen aus den Wolken über die ungeheuerliche Tiefste Geschichte; Prinz Eugen, der „edle Ritter", zeigte sich aufs zu¬ habe gekränkt, daß ihm Friedrich Wilhelm eine solche Schurkerei trauen können; Couriere, Depeschen und Berichte flogen wieder hi» erwartet und her, und es kam Manches zu Tage, was uian nicht lassen. hatte: — aber nur eine Verschwörung wollte sich nicht entdecken verlangte An allen Höfen sprach man von dem Lügner Kleement und hauptsächlich welcher Lehmann, Der Resident strenge Untersuchung. dieser mit Kleement verhandelt hatte, war nach Sachsen geflüchtet, als
89 verhaftet wurde, aber Sachsen lieferte ihn wieder aus. Licht in die Sache war nur zu bringen, wenn Kleement ein offenes Geständniß ablegte; aber dies war nur zu erlangen, wenn der General von Bieberstein wieder eine Zusammenkunft mit Jela Tököly gehabt hatte. Wenige Tage darauf ging es wie ein Lauffeuer durch die diplo¬ matische Welt: „Kleement hat gestanden!" Man hatte ihm mit der
Folter gedroht, und darauf hin legte er das Bekenntniß ab, alle vor¬ gezeigten Briefe selbst geschrieben, alle seine Erzählungen erdichtet zu haben. Mau jubelte, da er gezwungen worden, vor des Königs Augen dessen Handschrift nachzuschreiben, und er hatte es so geschickt aus¬ geführt, daß sie der König kaum von seiner eigenen unterscheiden konnte. Das Leben des Abenteurers war verwirkt — die Angeschul¬
die
auf
ihn verrieth — aber
daß ich
Betrug habe
ich genug gespielt,
es
ich
will nicht! Verrath und gegen wen, ich will
ist gleich,
Strafe leiden." Der König ließ Hut, Stock und Dokument fallen und trat dicht den Abenteurer zu.
„Er
bereut?"
„ Aufrichtig,
Majestät."
„Dann mag Gott Ihm gnädig sein — ich muß der Gerechtigkeit freien Lauf lasten! . . Hat Er mir noch Etwas zu sagen?" „Ja, Majestät! Die Menschen, die ich Ihnen genannt, sind meist unschuldig; aber eine Verschwörung zwischen Wien und Dresden, gegen Berlin, bestand doch und wird stets bestehen."
Die Augen der beiden Männer
digten standen rein da.
Aber Friedrich Wilhelm beruhigte
nicht; sein Mißtrauen gegen Wien und Dresden war eben so tief gewurzelt, wie sein Glaube an Kleement. Noch im letzten Augenblick fand er eine Entschuldigung: „Jetzt will er die beiden Höfe rein waschen, damit sie sich seiner sich noch
annehmen."
Die Mohren in
senkten sich ineinander, dann König ihm die Hand hin und sagte weich: „Er hätte fein Glück bei mir finden können, wenn Er ein ehrlicher Kerl ge¬ streckte der
wesen wäre.
Als Kleement diese Aeußerung des Königs vernommen, zuckte „Das verdiene ich nicht!" murmelteer. Nein, er soll nicht länger betrogen werden — er soll Alles wissen!" Es kam eine weiche, milde Stimmung über ihn; und fast un¬ muthig hörte er den Schließer die Thür seines Gefängnisses öffnen. Wie erschrak er jedoch, als er den König mit geballter Faust, glühend¬ rothem Gesicht und wuthsunkelnden Augen, in der Linken den Stock und einen Brief schwingend, eintreten sah. das Schandstück geschrieben?" schrie ihn der Monarch
.
.
Ich
verzeihe
Ihm!"
Der Abenteurer beugte sich über die Königliche Hand. Als Friedrich Wilhelm den Kerker verließ, standen Thränen in seinen Augen.
der Behrenstraße zu
er zusammen.
„Hat Er
zeigen,
Er hatte
Berlin. den
letzten
treue, ehrliche Seele
Glauben an die Menschen verloren, und seine schwer darunter.
litt
Siebentes Kapitel.
In
der Hausvogtei.
Anno 1720 stand die Hausvogtei noch in der Unterwasserstraße neben der Münze, die Anno des
1704 aus
Münzthurm Bei ihrer Erweiterung
dem sogenannten
Schlosses hierher verlegt worden war.
läumdungen starrte, die gegen feine Person gerichtet waren. „Ja", entgegnete Kleement ruhig; und vor dieser Ruhe wich
wurden die Gebäude der Hausvogtei mit ihr verschmolzen und diese wurde zwischen Ober- und Niederwallstraße an der Stelle, wo bis dahin die Stallungen des Jägerhofes sich befunden hatten, eingerichtet.
der zornige Herrscher zurück.
In
an, und hielt ihm ein Erpose hin, das von Schmähungen und Ver-
„Hat Er Nichts
zu Seiner Vertheidigung zu sagen?"
Friedrich Wilhelm schon milder. „Nein", erwiederte Kleement.
„Ich
mir nur als Maske gedient, um
dem
fragte
könnte zwar sagen, es habe
Grafen Flemming nicht zu
jener alten Hausvogtei nun auf der Unterwafferstraße finden wir April des genannten Jahres den Abenteurer Kleement wieder.
am 17.
Es ist ein volles Jahr verflossen, seitdem König Friedrich Wil¬ helm Abschied von ihm genommen; sein Prozeß hat sich in die Länge gezogen, aber je länger er gedauert, desto mehr Freunde hat sich der
Seine ruhige, vornehme Art, die Offen¬
Mann gewonnen.
seltsame
der er bekannte und gestand, erschütterte selbst manchen seiner
heit, mit Richter und
es
gab manchen
Tag, an
welchem Friedrich
Wilhelm
geneigt war, aus's Neue des Abenteurers Partei zu nehmen. Eine jammervolle Rolle spielte der unglückselige Lehmann, der immer nur bat, ihm. sein Leben zu lassen, da er aus Unwissenheit gehandelt.
Kleement selbst bat für ihn, aber er war ein geborner Preuße und hatte deshalb das strengste Gericht zu erwarten. Ebensowenig konnte Kleement das Schicksal der Andern wenden, die ihm
zugetragen
richten
hatten
und
in Berlin Nach¬
mit ihm verhaftet worden waren:
Heydekam, Wernicke und Bube; nur die völlige falls verhafteten Secretairs Runkel konnte er beweisen,
Unschuld des eben¬ so daß dieser
nicht nur frei gelassen, sondern sogar Entschädigung erhielt. Uebrigens war es nicht Kleement, sonder» Lehmann, der die Verhaftung der
Andern veranlaßte; Jener wälzte keine Anschuldigung mehr auf An¬ Der Präsident dere, er suchte nur den Verdacht hinwegzunehmen.
Dankelmann wurde bald in Freiheit gesetzt und erhielt jährlich 300 Thaler Gehaltszulage als Entschädigung; auch der Bischof Jablonski, deu Einige bereits für einen Mitschuldigen Kleements gehalten hatten, stand völlig rein in den Augen Aller da. In einem letzten Verhör hatte Kleement den unseligen Lehmann, mit dem man ihn confrontirt hatte, um Verzeihung gebeten, daß er ihn in's Unglück gebracht habe, dann fällte das Preußische CriminalCollegium zu Berlin sein Urtheil. Es lautete für Kleeiuent und Lehmann auf Tod, für Letzteren unter härteren Martern; für Heydekam auf Staupbesen und Festung, für Wernicke und Bube ebenfalls auf Festung.
Der Wiener und Dresdener Hof, die ja gleichfalls bei dem Prozeß betheiligt waren, bestätigten das Urtheil, und die Execution wurde auf den 18.
April
festgesetzt;
schon acht
Tage vorher waren
Hausvogtci gebracht worden. Kleement nahm fein Urtheil ruhig rmd würdig hin; er empfing täglich den Besuch des Geistlichen, der ihn völlig vorbereitet auf seinen Tod fand. Es war am 17. April, dem letzten Abend, den Kleement auf Erden verleben sollte. Der Prediger Schmidt, den er am liebsten von allen Geistlichen Berlins, die ihn auf Königlichen Befehl be¬ suchen mußten, um sich sah, hatte sich entfernt; der zum Tode Verdie Delinquenten nach der
saß bei einem flackernden Lichte an seinem Tischchen und Eben legte er die Feder hin, als der Schließer ihm meldete, der Geheimerath Marschall von Bieberstein stehe draußen und begehre ihn zu sprechen. Kleenient nickte Gewährung. Der gewandte Diplomat war so erschüttert, daß er erst einige
urtheilte schrieb.
Grün und volle Blüthenbüsche", die Pforten jener dunklen Höhle ver¬ hüllen, vor denen Jeder gern vorüberschleicht, dem Leser vorzuführen, Absolute und er hat diese Aufgabe in dankenswerther Weise gelöst. angestrebt; freilich nicht Vollständigkeit hat er, wie er selbst sagt, nur „den vernehmlichsten Accorden hat er lauschen wollen, welche der Gedanke an die Ewigkeit im menschlichen Herzen ertönen läßt;" aber er
hat
es
verstanden, aus dem überreichen und zugleich verworrenen
Material das Wesentliche herauszugreifen, ren und,
das
es ansprechend zu
gruppi-
scheinbar Widersprechende geschickt aneinanderreihend,
unter Benutzung der skandinavischen Mythologie eine anschauliche Thanatologie unserer Vorväter, die zum Theil heut noch fortlebt, zu entwerfen, welche zwar an einzelnen Stellen der Ergänzung bedarf, auch wohl hier und da zum Widerspruch reizt, aber doch nicht blos jedem
Gebildeten, sondern auch dem Sagenforscher
von Fach eine
willkommene Gabe sein wird. Dabei zeichnet sich das kleine Schriftchen durch edle Einfachheit der Sprache und Wärme der Empfindung
Vortheilhaft aus.
Zu bedauern ist nur,
daß der Herr
Verf., der in
unsern märkischen Sagen besonders heimisch ist, auf diese nicht mehr Rücksicht genonrmen und so mit dem allgemeinen weiteren das näher
„wie die Märker den Tod ge¬ bildet haben". Auch würde ein genaueres Eingehen auf die Dichtun¬ gen des Mittelalters dem Ganzen nicht zum Schaden gereicht haben. Die Schrift zerfällt in fünf Abschnitte, von denen der erste die Vorzeichen des. Todes behandelt. Von dem Gedanken ausgehend, daß unsern Vorvätern die ganze Welt beseelt gewesen (wofür sich noch
liegende
Ziel verbunden hat,
zu zeigen
prägnantere Beispiele jüngerer Zeit hätten finden lassen, als das aus einem Minnelied Heinrichs v. Breslau entnommene, so z. B. das schöne Lied in „des Knaben Wunderhorn", in welchem Laub und Gras
Tod Christi beklagen), bespricht der Herr Verf. die todkündenden Blumen, Rose und Lilie. M. E. hat der Ersteren nicht bloß ihre äußere Erscheinung diese Rolle erworben; die Beziehung zwischen Tod
den
wir einen Einblick gewinnen werden, G. E. Meyer in Bremen seine Arbeit über die Rosengärten im Mittelalter wird veröffentlicht haben. Soviel steht wohl jetzt und Rosen ist eine tiefere, in die wenn
vr.
schon fest, daß die Rosengärten, auch jener der
und des
Königs Laurin,
Chriemhilde bei Worms,
irdischer Abglanz des Todtenreiches sind.
Führen doch auch jetzt noch häufig Kirchhöfe den poetischen Namen: Rosengarten, wie.der kleine in einsamer Waldespracht versteckte Fried¬ hof im Brunnenthal bei Freienwalde a./O. Auch das ftevle „in Rosen baden", dessen der stolze Burkhart Münch sich rühmte, als er über das Schlachtfeld von
Daran reihen sich taube, Eule, Schwan.
St.
Jakob
ritt,
würde hierher gehören.
die todkündenden Thiere: Nachtigall, Turtel¬
Bei
Letzterem hätte der weiße Schwan
in
In
Minuten brauchte, ehe er im Stande war, den Gefangenen anzureden: „Ich komme um Ihre Vergebung zu holen, Monsieur Clement, denn
dieser ihrer Kemnitz bei Potsdam passende Erwähnung gefunden. Eigenschaft sind die Schwäne nichts als die altgermanischen Walküren,
gestürzt und obenein durch das Weib,
die freilich nun nicht nrehr blos die auf dem Schlachtfeld Gestorbenen
ich habe
das
Sie in's Verderben
Sie liebten." „Ich habe Ihnen
zu Wuotans Freuden führen, sondenr zu ganz ordinären Leichenbittern
mir hierher halfen", Sie sogar dafür."
vergeben und Allen, die
entgcgnete Kleement; „ich segne
herabgesunken sind.
Auch das Pferd als Todesbote, und die damit
verbundene Potsdamer Sage hätte erwähnt werden können.
Dafür,
(72 Seiten.)
Boten des Todes sind, sprechen m. E. deut¬ lich genug eine Lehniner Sage und die Vorrede zum alten Heldenbuch. Es folgen die todweissagenden Träume (bei denen der berühmten Träume in den gernranischen Epen, Kostberas und Glaumwörs im eddischen Atlamal, Chriemhildens im Nibelungenlied und Gotelindens im Lied von der Klage hätte gedacht werden können); im Zusammen¬ hang mit dem, den Waffergöttern geweihten Johannistag die Vor¬ zeichen, welche anzudeuten pflegen, daß ein Mensch ertrinken soll (in Haoelberg singen und lachen alsdann vorher die Niren, was nicht
Preis 1 Mk. 60 Pf. Der Herr Lerfaffer hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Bilder und Symbole, unter welchen der Tod in dem Gemüth unseres Vol¬ kes, in Sage und Dichtung lebt, und die „wie auf Friedhöfen üppiges
erwähnt worden ist), der Klabautermann, das Todtenschiff nach ColeridgeS Beschreibung (es zeigt sich auch auf dem Bierwaldftädtersee), die Sagen vom Glück der Alvenslebens, Malzahns und Ranzaus, vom luck of Edenhall, und schließlich in ausführlicherer Besprechung,
„Wie ist das möglich?" fragte der Geheimerath überrascht. „Leser: Sie dies", erwiderte der Gefangene und reichte ihm das
Blatt,
das er beschrieben.
(Fortsetzung folgt.)
Literatur. Der Tod in deutscher Sage und Dichtung, Schwebet.
Berlin 1876.
Alfred Weile.
von
Oskar
daß Hirsch und Zwerg
91
wir bereits im Feuilleton der Berliner Nationalzeitung vom 5. Februar 1876 begegnet sind, die weißen Frauen in den fürst¬ lichen, vornehmlich hohenzollernfchen Schlössern.
der
Der zweite Abschnitt ist
de» verschiedenen Erscheinungsformen, objectiv gedachten welche man dem Tode gab, gewidmet. Ursprüng¬ liche Todesgöttin der Germanen ist die große Göttermutter selbst, als Hel (woher unsere Hölle) und in einer Nebenform als Meeresgöttin
Ran. Daneben Wuotan, Loki, Ziu. Sie alle erscheinen aber nur als Herrscher des Todtenreichs; die Personification des Todes selbst gehört einer späteren Zeit an. Bald erscheint er als Bote, von Gott gesandt, um den müden Wanderer zur Ruhe zu leiten, bald als Jäger, Fischer, Gärtner, Förster oder als Ankläger vor Gericht. Wenn er sich als Bote im Schlapphut und Mantel, oder als Reiter zeigt, (hierbei wird der Leuorensage und der eddischen nnd germanischen Ana¬ logien dazu gedacht), ist wiederum an Wuotan zu denken. Die vom Herrn Verfasser gegebenen Erklärungen des angeblich erst seit Matthias Claudius gebräuchlichen „Freund Hein" scheinen mir nicht zutreffend; ich möchte an Jacob Grimms Deutung festhalten: der Tod erscheint auch in märkischen Sagen als Riese; und Henne, Hüne ist Riese (daher die vielen Heineberge in märkischer Topographie, die vielleicht auf uraltheilige Grabstätten deuten). Auch als Ritter, der den Gegner im Touruier erlegt, dachte man sich den Tod (Dürer und Holbein beispielsweise haben ihn so bildlich dargestellt), besonders häufig aber als Führer einer großen Armee, mit eigenen Farben und Wappen, ja sogar als Gevatter, als Pathen des Menschen. Sein Auftreten als Spielmann im Reinardus Yulpes gibt dem Herrn Verfasser Ge¬
Inschriften an Häusern und Kirchen sprechen noch heut von der „Reise" ins Jenseits. Andreas Gryphius singt: Verreist, doch nur voran, sind diese, die der Welt Nu» gute Nacht gesagt, und in einem Soldatenlied auf deu Tod Friedrichs d. Gr. heißt es: Wir wünschen dir bald nachzureisen. Dem Verreisen geht in der Regel ein Abschiednehmen voraus, und so reden denn dieselben Dichter auch vom Sterben, als von eineiu „Urlaub begehren". Namentlich in de» Volksliedern finden wir häufig dieses Bild wirkungsvoll benutzt. Am Ende der Reise winkte die ewige Heimath, wie Walther v. d. Vogelweide in seinem Abschieds¬
„Frau Welt" spricht: Cot gebe in, krourve, guote naht und wil ich ze herberge varn. liede an die
Zum Schluß dieser Abtheilung werden allerlei an die Bestattung sich
knüpfende Gebräuche und Aberglauben,
darunter der entsetzliche
Vampyrismus, und zuletzt die namentlich in Süddeutschland (aber auch in Westfalen) heimische Sitte des Todaustreibens erwähnt. Der fünfte und letzte Abschnitt schildert den Aufenthalt und den Zustand der Seele nach dem Tode, die skandinavischen Himmelsburgeu, die Verschmelzung der christlichen Hölle mit dem germanischen Mus-
pilli.
Den Nobiskrug, in welchem die an ihren Bestimmungsort wandernden Seelen Einkehr halten, und der aus märkischen Sagen anschaulicher hätte geschildert werden können, einfach mit Nachbars¬ krug (wie auch Kuhn es gethan hat) zu erklären, geht ohne Weiteres m. E. nicht an; schon die märkische
legenheit, die Todtentänze des Mittelalters zu besprechen, und einzelne
Form „^.berskrug" steht ent¬ Freilich sind die sonstigen Erklärungsversuche ebenfalls wenig befriedigend. Auch glaube ich nicht, daß bei der Sage von der Rich-
Strophen aus den Unterschriften des in der Berliner Marienkirche be¬ findlichen mitzutheilen. Als Gerippe, wie wir ihn heutzutage bilden,
Wiederkehrende",
erscheint der personificirte Tod erst seit dem 16. Jahrhundert.
gegen.
modis v. d. Aducht und ähnlichen an „eine aus den Fesseln des Todes also, um es deutlicher zu sagen, „Auferstandene" Allein um eine Scheintodte handelt es sich, was um zu denken ist.
Der dritte Abschnitt handelt vom Tod im subjectiven Sinne, vom Sterben. Den in der Schlacht rühmlich Gefallenen führten die Walküren nach Walhall, und darum ritzte sich der skandinavische Greis (was mittheilen swerth gewesen wäre), dem Schlachttod nicht gegönnt war, mit dem Speer blutig, um Wuotans Ehren theilhaftig zu werden, eine Idee, die noch im 17. Jahrhundert nicht verwischt ge¬
so
wesen sein kann, wenn der kühne Freischaarenführer des dreißigjährigen Krieges, Ernst von Mansfeld, dem herannahenden Tod gewappnet,
und, im Gegensatze dazu, die „dankbaren Todten", woran die schöne Sage von unserm auch nach dem Tode für sein Volk arbeitenden großen König und der Bittschriftenlinde geknüpft wird, die der Herr Verfasser leider wiederum nach dem Schloß Sanssouci hinaus versetzt. Ich schließe hiermit die Besprechung des übrigens auch typo¬
stehend und von seinen Freunden unterstützt, mit dem Schwert in der Hand, entgegensah. Die aus dem Körper entwichene Seele zeigte sich wohl als Vogel, Maus oder Schlange, oder sie wuchs als Blume aus dem Grabe hervor, wobei die sinnige Sage (bei Ulrich v. Turheim und Heinrich v. Freiberg) von Rosenstock und Rebe, die aus Tristan nnd Isoldens Grab hervorwuchsen und über dem Kirchendache sich umschlangen, er¬ wähnt werden konnte. Die Sage von Tannhäusers wieder ergrünendem dürren Stabe gehört m. E. nicht hierher; sie stellt eine im Mittelalter häufige Art von Gottesgericht dar. Anläßlich der Leichenbestattung im vierten Abschnitt, deren ver¬ schiedene Arten: Aussetzung im Schiff, Verbrennen, Begraben, be¬ sprochen werden, erwähnt der Herr Verfaffer die Sitte, dem Todten Schuhe anzulegen, weil mau glaubte, daß ihm eine weite, mühselige Reise bevorstehe. Dieser Gedanke ist von den Dichtern des Mittel¬ alters mit Vorliebe behandelt worden, leider aber hat sich der Herr Verfaffer auf dieses lohnende Thema nicht eingelaffen. Sehr häufig bezeichnen dieselben das Sterben als ein „vam, hinvarn“, wie heut das Volk in gleichem Sinne noch von „abfahren" spricht. In seinem Poetischen Testament sagt Walther von der Vogelweide mit einem hübschen Wortspiel: lob wil nu teilen, e ich var Min varnde guot und eigens vil. Andere Beispiele mitzutheilen, würde zu weit führen. Allerlei
zweifelloser wird, wenn man Petersens mythische Erklärung dieses Sagencyclus acceptirt. Mit einem verdienten Seitenhieb auf Richard Wagners Verarbeitung wird die Lohengrinsage analysirt; de» Schluß
bilden die Gespenster, d. h. die, welche um irgend einer Frevelthat willen die ewige Ruhe verscherzt haben und aus Erden umgehen müssen (hierüber existirt bereits eine treffliche Monographie von Pabst),
graphisch hübsch ausgestatteten und mit einer, den gefallenen Krieger gen Himmel tragenden Walküre nach einen bekannten Bilde als Titelvignette geschmückten Büchleins. Jeder, der Sinn und Ver¬ ständniß für die Sagenwelt unseres Volkes hat, wirdeine Fülle von Belehrung und Anregung ans demselben ziehen.
Wenn hier und da Ausstellungen gemacht wurden,
so
beweist das nur,
daß der Gegenstand des allgemeineren Interesses werth
dürfen uns freuen, daß ihn eine unterworfen hat.
so
berufene Hand
ist, nud wir
der Bearbeitung
vr.
G. S.
Riesel's Ausflüge in die Märkische Heimath. I. Buckow. II. Neuftadt-Eberswalde; Chorin. III. Freienwalde. IV. Oder¬ V. Potsdam, Lehnin, Brandenburg. VI. Spreewald. (Immens Verlag. Berlin) Die historische Bedeutung der sind allen Touristen zu empfehlen. Als einzelnen Orte ist in erfreulicher Weise berücksichtigt worden. Fremdenführer erscheinen jedoch nur III u. V als sehr zuverlässig. bruch.
—e.
'
In
Im Verlage von Wilhelm Violet in Leipzig erschien soeben:
Verlag von Alfred Weile in Berlin:
Frederle le Grand,
diesen Tagen erscheint:
Oeuvres historiques Memoires pour servir ä Tome l’histoire de Brandebourg. Nouvelle edition, revue et corrig6e. 3 Mark. Tome II.: Histoire de mon temps, 1. partie
Potsdamer
I:
choisies.
Mark.
2
Diese Ausgabe der historiseben Werke Friedrichs des Grossen hat den Zweck, dieselben möglichst populär zu machen, der Text ist von deu anstössigen Stellen gereinigt., so dass jede Familie, jede Schule diese Ausgabe be¬ nutzen kann; etwaige Altertüümlichkeiten und Fehler der Sprache sind von Herrn Prof. Semmig mit gewissen¬
A.
Von Oüpjner, Ehrenmitglied des Vereins für die Geschichte Pctsdams. — 8°. — (Sieg. geh. — Mit einem Kupferstich der Garnison-Kirche. Preis 1 Mk 50 Pfg.
hafter Sorgfalt beseitigt und historische Irrthümer be¬ richtigt worden. — Das Buch empfiehlt sich daher ebenso¬ wohl für das Stadium der französischen Sprache als unserer vaterländischen Geschichte. ZZ Jeder Band der Oeuvres historiques wird anch ein* zeln abgegeben. ZZ
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varnhagen von Ense. Tagebücher.
Erster bis vierter Band. Zweite Jeder Band (statt 9 M.) 3 M. Blätter aus der preußischen Geschichte. Fünf Bände. Jeder Band (statt 9 M.) 3 M. Auflage.
Diese von dem bekannten Reimchronisten Berlins und PerlebergS herausgegebenen historischen Gedichte sind auf Veranlassung des Vereins für die Geschichte Potsdams entstanden und wird bei den anmuthigen Versen und der Fülle des historischen Stoffs diese Sammlung den vielen Freunden der allbekannten Stadt eine willkommene Gabe sein. Zu den ersten 40 Gedichten, bis zum Anfang des 18. Jahrhunderts reichend, hat der Verfasser kurze erklärende Anmerkungen gegeben, die bei den weiteren, interessantesten und oft humorvollsten Gedichten durch das Bekanntsein der Thatsachen unnöthig erscheinen.
Diese beiden berühmten Werke haben als reiche Fundgruben für die politisä)e und Culturgeschichte der neuern Zeit anerkannt dauernden Werth; zu den oben angegebenen, um zwei Drittel er¬ mäßigten Preisen werden sie in noch viele Privatbibliotheken Eingang finden. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen.
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Herausgegeben
„Dr.Alry’n Raturheilmethode", Marl. Der in diesem berühmten \ illustr., ca. 600 Seiten starten Buche angegezu beziehen:
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;
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j 1
ilii
Romane.
[ denen Heilmethode verdauten Tausende ihre Ge- 1 sundhcit. Die zahlreichen darin abgedruckten I Dankichrelben beweisen, daß selbst solche Kranke I noch Hilfe gesunden, die, der Verzweistung I
lnahe, rettungslos verloren schienen; es sollte! 5 daher dies vorzügliche Serk in keiner Sa» s Man verlange und nehme «Ille fehlen.
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Zweiter Jahrgang. — Auflage 10,000 Exemplare. Inhalt des soeben ausgegebenen achten Lestes: Julius von der Traun, Die Aebtisstn von 8. Siegfried Küpper, Montenegro. I. Buchau.
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Novelle. I.
I. von Hartmann, Krieg 1870 1871, u.
Abtheilung 3. 4. 5.
des
Der deutsch-französische
redig. von der kriegsgesch. Gencralstabes.
Franz Dingelstedt, Eine Faust-Trilogie. I.
****
Die Lage im Orient.
L. Friedländer,
III
Reisen in
(Schluß.)
Italien in
10.
11. 12.
SS. Roßmann, Ueber Schliemann's Troja. Briefe von Schiller an Herzog Friedrich Chri¬ stian von Schleswig - Holstein - Augustenburg über aesthetische Erziehung. ihrem ungcdruckten Urtext herausg. v. A. L. Michelsen II.
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A.
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Carl Laudert, Karl Frenzel, Louis Ehlert,
Alfred Weile in Berlin. —
XII. Jahrhund.
Neuere französische Literatur. Die Theater. Richard Wagner's Tristan
Wilhelm Ducken, Juli 1870.
Napoleon
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Mittheilung der Kaiser!. Königl. Akademie der
Künste zu Wien. 15. Literarische Neuigkeiten.
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Scherer's Geschichte der
Dichtung im XI. u.
und Isolde in Berlin.
13.
In
Erich Schmidt» deutschen
den
letzten drei Jahrhunderten.
6. 7.
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Kunftgegenst linde, feine Porzellan-Vasen, Figuren, Tassen, Waffen, Möbel, Dosen, Uhren re., werden zu kaufen ge¬ wünscht von Friedrich Meyer, am ZeugHause
Nr.
1.
dem 1.
April
1876 begann die
Deutsche Heeres-Zeitung, Organ für Offiziere aller Waffen des deutschen Heeres und der Marine, das zweite Quartal, und laden wir zum Abonne¬
v9
werden
ment hierdurch ein, nachdem der außerordent¬ liche Erfolg, welchen das Blatt zu Folge seiner Vielseitigkeit und Gediegenheit in der kurzen Zeit seines Bestehens zu verzeichnen hat, sicher zu dem Ausspruche berechtigt, daß die Deutsche
Heeres «Zeitung heute schon eine deutsche Militair-Zeitschrift allerersten Ranges ist. Die Deutsche Heeres-Zeitung erscheint jeden Freitag und ist zum Preise von 6 Mark vierteljährlich durch jede Buchhandlung und Postanstalt zu beziehen. Die Deutsche Heeres-Zeitung verbreitet Anzeigen in allen Theilen des deutschen Heeres und berechnet dafür für die dreigcspaltene Zeile 50 Pfennige. Die Deutsche Heeres-Zeitung liefert Probenummern an Jedermann gratis und franco. Haupt-Inhalt jeder Nummer: Leitar¬ tikel. — Mittheilungen ans der Presse. — Umschau ans deu Kriegsschauplätzen der Erde. — Berichte aus dem Auslande. — Abhandlungen. — Eingesandtes. —
Wichtige Allerh. KabiuetS-Ordreö und kriegsmiuisterielle Derfüguugeu. — Lite¬ ratur. — Feuilleton. — Kleine Nach¬ richten. — Briefwechsel der Redaktion. — Anzeigen. Luckhardt’sche Verlags-Buchhandlung in Berlin SW.
Verantwortlich für Redaction: Ferd. Meyer in Berlin. — Druck: Bahlke u.
Hindersin in Berlin.
**)
15.
II.
Mai 1876.
Jahrgang.
Nr.
10.
Unter Mitwirkung von Dr. Irecht, Prof. Dr. Banlus Kassel, Stadt-Archivar Ziidicin, Kheod. Iontane, Geh. Regier.-Rath Freiherr Dr. von KedeLm Geh. Hofrath L. Schneider, Archidiaconus Schwebe! in Cüstrin rc. re. herausgegeben von
George
KM
Jerdinand Weyer.
und
Das Blatt ist durch alle Buchhandlungen und Postämter, sowie durch die Expedition (Puttkamerstr. 8) zu beziehen. — Literarische Beiträge sind an die Aerlagshandlung von Alfred Weile in Berlin zu senden, welche sie der Redaction übermitteln wird. — Inserate, pro 3gesp. Petitzeile 25 Pfg., werden von den Herren Haasenstein u. Vogler, Rud. Mosse,
Bernh. Arndt,
Inhalt.
sowie von der Verlagsyandlung (Puttkamerstr. 8) entgegengenommen.
Mark Brandenburg, von vr. W. Schwartz. — Die Mohren in der Behrcnstraße, Er¬ — Der Abendmahlskelch Joachims II. (Mit Abbildung.) — Zwölf Briefe Jfflands an W. H. v. Dalberg, von Uhde. (Schluß.) — Kleement, Erzählung von L. Hcsekiel. (Forts.).
Nachlese zu den Sagen und alten Geschichten der
gänzung von
vr. Ferd. Plug.
Dr. Hermann
Nachlese
M den Zagen nnd alten Bon
vr.
Geschichten der
A. Sagen. 1.
Mark
Krandenbnrg.
3B. 8 Anmerkung 2.
**)
es
für
Otto,
sich
ge¬
Gemahlin,
daran die Sage
welche den abziehenden
1250; I p. 258. p. 5; die Mark :c.
I,
p. 264,
**)
I.
Klosterbrüdern zurief: redeatis, nihil vobis deerit; , und sie dadurch * zur Umkehr bewog — eine wiederholte Gründungssage. ) Wichtiger aber, als diese historischen Sagen und Legenden, sind
nannt werden.
eine Reihe mythischer Sagen, wichtiger und interessanter darum, weil
verstohlenen Auftreten in den Jahren 1683 oder 1684 bis auf unsere
uns mit seltener Deutlichkeit die Continuität germanischen Volks¬
Tage herab, unzählige Gläubige gesunden, es ist immer wieder und wieder gedruckt worden, Berufene und Unberufene, Gelehrte und Laien aller Confessionen und politischen Parteiungen haben ihren Witz an
sie
glaubens, seit den Zeiten,
ehe die slavische
Sinfluth über Nordgermanien
hereinbrach, bis auf unsere Tage herab zeigt, und damit uns einen
Blick in die Urgeschichte unserer Mark gönnt, von der die sonstigen Quellen nichts zu melden wissen. Noä) lebt in und um Lehnin die Kunde von der wilden Jagd und dem wilden Jäger, der dem crfiudnngsreichen Menschenkinde reich mit Gold lohnt; noch ist die Erinnerung an die große Göttermutter, die Ahnfrau aller berühmten deutschen Fürstengeschlechter, lebendig, wenn auch verwischt und entstellt. Sie, die sonst als Frau Holle im Teiche hausend, die Kinderseelen hütet, wird hier als schöne Seejungfrau ge¬ dacht, welche den Menschen als Wehemutter hülfreiche Hand leistet, oder, um Mitternacht in den Klosterruincn umhenvandelnd, als wei߬ gekleidete Frau, deren Erscheinen stets allerlei Unglück verkündet. Es ist gewiß kein Zufall, sondern ein höchst bemerkenswerthes Zusammentreffen, daß an den Grabstätten der askanischen Markgrafen, hierin Lehnin und in Chorin, dieselbe weiße Frau erscheint, oder wenigstens erschien (denn jetzt soll sie erlöst sein), welche als Todesbotin so oft Schrecken und Bestürzung in den Schlossern hohenzollernscher Fürsten erregte, und die Herzen treuer Unterthanen in banger Erwartung höher hat schlagen lassen. Mit der weißen Frau von Lehnin aber wandelte bisweilen ein finster blickender, gespenstiger Mönch über den Gräbern der Askanier,") und auch der weißen Frau der Hohenzollern können wir einen mönchi¬ Während sie einzelnen Fürsten de» Tod schen Gefährten zugesellen. anzuzeigen Pflegte, und als populäre Erscheinung dem gemeinen Manne wohlbekannt war, spukte der Schatten eines Mönchs, eines Le hn in er Mönchs, seit dem Ende des 17. Jahrhunderts an unserm Fürsten¬ hofe und in den Kreisen literarisch Gebildeter, und verkündete Unglück über Unglück für den Staat, und in nicht allzu ferner Zeit den rühm¬ losen Untergang der ganzen Hohenzollern-Dynastie - auf dem preußi¬ schen Throne. Ich meine den Bruder Hermann von Lehnin, den sagenhaften Verfasser der vielbesprochenen Lehninischen Weissagung. das
Jahr 1300
dicht in 100
soll um ein lateinisches Ge-
gelebt haben; und sein Werk, g.
s.
leoninischen Herametern,
Er
wurde, der Sage nach,
in gleichzeitiger Handschrift im Kloster Lehnin, in einer Mauerhöhlung, bei
Gelegenheit
der
Anwesenheit
des
großen
Kurfürsten daselbst,
gefunden.
In
Wahrheit hat aber unser Prophet zu Ende
des 17. Jahr¬ und wahrscheinlich hunderts gelebt, ist Niemand anders gewesen, als der in späterem Lebensalter zum Katholicismus übergetretene Propst
an
St. Petri in Berlin,
schrift
sich
Andreas Fromm, der durch diese Schmäh¬
an seinem Gegner, dem großen Kurfürsten, zu rächen, und
seinen neuen Glaubensgenossen
sich
angenehm zu erweisen meinte.
Daß von einer früheren Abfassung
des Gedichts
nicht die Rede
sein kann, ergiebt sich, abgesehen von andern Beweismomenten, daraus, daß es bis zu dem gedachten Zeitpunkt genau mit den geschichtlichen
in etwas, sibyllinivorträgt, dann aber in schrankenlose Phantasien ausartet, deren Thema der Haß gegen die Hohenzollern, und die Verherrlichung der katholischen Kirche des Tridentiner Concils ist. Diesen richtigen Sachverhalt hat man bereits in der Mitte des vergangenen Jahrhunderts erkannt, wenn man auch über die Person des Verfaffers und seine Tendenz viel und eifrig debattirt hat, ohne zu einem bestimmten Resultat zu gelangen; als Vater der einschlägigen Thatsachen übereinstimmt, wenn es dieselben auch schcm
Stil
*) Kuhn, mark. Sagen und Märchen No. 74. 7ö.
**)
Kuhn, l.
c.
No. 72. 77. 83.
•
Kritik muß
der wackere Lehninische
Trotzdem hat das
Vaticinium
Pfarrer
C. Weise rühmend
ge¬
zu allen Zeiten, seit feinem ersten
hat sich eine stattliche Literatur von Commentaren und Erläuterungsschriften, von Angriffs- und Ver¬
seinen Räthseln verschwendet, und es
theidigungsschriften gebildet, die reiches Material zu den interessantesten kulturhistorischen Studien bietet. Zuerst in wenigen handschriftlichen Exemplaren vorsichtig ver¬ breitet, erregte die Weissagung Aufsehen und Bestürzung am kurfürst¬ lichen Hofe; dann drang sie, anfänglich bruchstückweise, ins Publikum, welches derartig
in Angst und Schrecken dadurch versetzt wurde, daß
man versuchte, die böse Wirkung von Hermanns Worten durch eine
pia frans zu paralysiern : man verbreitete andere, den Hohenzollern günstige vaticinia Lehninensia. Aber die Aufregung legte sich nicht, mit Bangen sah man der Zukunft entgegen. Das Leben des großen Kurfürsten neigte sich seinem Ende zu, und von seinem Erben wurde allerlei Böses verkündet: Sein Nachfolger wandelt nicht die Wege des Vaters; betet, ihr Brüder, weint, ihr Mütter;
sein Namen, sonst ein Friedenszeichen, ist eitel
Trug,
alle Tugend verschwindet.') So gut wie es ging, paßte man die dunkeln Worte den Zeit¬ läuften an, und grübelte und deutete weiter. Wie sehr auch starke Geister in dem allgemeinen Wahn befangen waren, zeigt der Um¬ stand, daß Friedrich der Große, als Kronprinz, sich die Weissagung erklären ließ, und von der auf ihn zu deutenden Stelle tief erschüttert wurde: Der nun folgt, ist der verruchteste seines Geschlechts! (gut sequitur, pravos imitatur pessimus avos.) Bis zum elften Fürsten, von Joachim II. an gerechnet, soll das Gift des Protestantismus andauern, welches eine Frau, befleckt von dem Pesthauch der neuen Schlange, in die Mark gebracht hat (so geschmackvoll äußert sich der Verfasser über die Einführung der Re¬ formation in der Mark);") endlich, hebt der Prophet im 95. Verse mit
an,, endlich führt das Scepter der Stammes! Dieser Letzte konnte, nach ungezwungener Be¬ rechnung, nur Friedrich Wilhelm III. sein; und als daher der preußische Staat unter den Schlägen von Jena und Auerstädt znsammenbrach, jubelten die Feinde Preußens und des Protestantismus aus: jetzt mußte die Prophezeihung ganz erfüllt werden, Preußen mußte ver¬ schwinden, ganz Deutschland in den Schooß der allein seligmachenden einem Seufzer die Erleichterung Letzte seines
Kirche zurückkehren.
Daß
es anders
kam, ist bekannt; die Wundergläubigen waren legten sie nicht
aber nicht geschlagen; dem Rathe Göthe's folgend,
mehr
aus; sie legten unter. Als dem IV. die deutsche Kaiserkrone angeboten
kinderlosen Friedrich Wil¬
wurde, sollte er nun, auf Grund eines kühnen Rechen-Exempels, der Elfte sein, und mit Hülse des Vaticiniums wollte man ihn bewegen, zum Katholicismus überzutreten. Freilich wiederum ohne Erfolg. Trotz alledem behauptete noch im Jahre 1874 die Germania: „Da in den beiden letzten Jahrhunderten alle Vorhersagungen des Vati¬ ciniums notorisch eingetroffen, könne dasselbe nicht das Werk eines Schalks oder Narren sein; es müsse ihm vielmehr ein höheres als blos menschliches Wissen zu Grunde liegen."
helm
*) V. 76—79. Qui successor erit, patris band vestigia terit. Orate fratres, lacrimis non parcite, matres! Fallit in boc nomen, laeti regiminis omen; Nil superest boni. **) V. 47—49. Inferet at tristem patriae tune femina postem, Femina, serpentis tabe contacta recentis. Hoc et ad underum durabit stemma venenum.
103 um dieses „notorische Eintreffen aller Vorher¬
Das einst verwaiste Vaterland hat seinen Hirten, seinen Kaiser
sagungen" bestellt ist, habe ich bereits einige Beispiele gegeben; auf das Einzelne einzugehen, ist hier nicht der Ort, und dürfte auch überflüssig sein.') Ueber die Möglichkeit einer Offenbarung der Zukunft will ich mit der Germania nicht streiten; sagt doch schon Hamlet, daß es mehr Dinge gebe zwischen Himmel und Erde, wovon sich Meiner Ansicht nach unsere Schul-Weisheit nichts träumen läßt. hat aber der Verfasser des Vaticiniums selbst gar nicht prophezeihen wollen. Dafür sprechen die berühmten Schlußverse in Beckmann's Ueber-
wieder, vorbei und vergessen sind die Tage der Schmach und der Ab¬
Dafür, wie
es
hängigkeit von fremdem Machtgebot, der Wolf der Ardennen darf nicht mehr ungestraft in Deutschlands Gaue einbrechen, und die prisca
tecta Lehnini erheben sich wieder; am Tage der Proklamation des Kaiserthums in Versailles befahl unser Kaiser den Ausbau
neuen
Lehnins.
Wir dürfen auf eine solche Erfüllung des Vaticiniums stolz sein — et pastor gregem, recipit Germania regem. Möchte nur noch der Theil der Weissagung bald in Erfüllung
setzung:
gehen, daß die teeta
Und der hierauf das Scepter führet diesem
Haus.
8.
In
der
jetzt
Zukunft
die Klöster neu erbaut, der
eingesetzt, und kein Feind
kann diesem Gottesreich mehr schaden.
Und daß in diesem utopischen Reich das einzige Heil zu finden, sucht er dadurch zu motiviren, daß er alles Unglück, welches Deutsch¬
land und seine engere Heiniath, die Mark betroffen hat, aus der Das Unheil hat, nach des Protestantismus herleitet. seiner Anschauung, immer mehr überhand genommen, und darum
Einführung
darf er über seine Zeit hinaus immer ärger werden müsse. Diese Schilderungen der Zukunft sind ganz allgemein gehalten und enthalten nur die allein richtige positive Behauptung, daß sein geträumtes Gottesreich nicht verwirklicht werden schließen,
daß
es
Daß er den so lange ein Hohenzoller das Scepter führt. elften Hohenzoller den Letzten fein läßt, erklärt sich leicht: er schrieb unter dem großen Kurfürsten, von dem er anerkennt, daß derselbe durch feine persönlichen Tugenden das Elend der Zeit etwas gemildert könne,
Nach seinem Tode aber mußte
gehen; über Friedrich
HL
es
seiner Ansicht nach bergab
hegte man allgemein keine großen Erwar¬
Der fünfte Fürst, rückwärts gerechnet, ohne den großen Kur¬ fürsten mitzuzählen, hatte die Pest des Protestantismus eingeführt; so erscheint es nur als ein luckus ingenii, mit seinem fünften Nach¬ tungen.
folger diese Pest wieder verschwinden zu lassen. Dies ist der Grundgedanke des ganzen Gedichts, dem der Ver¬ fasser, einem Zuge seiner Zeit folgend, die nicht ungeschickt durch¬ geführte Form einer Vision gab. Es ist ein wunderbares Walten der Vorsehung, daß der Kern seiner sogen. Prophezeihung, sein Traunr vom Deutschen Zukunftsreiche, dennoch
Wahrheit geworden ist, freilich in ganz anderer Weise, als
er es gemeint hat.
feld,
Hilgen¬ *) Ich verweise hier auf das vortreffliche Buch von Prof. Dr. A. „die Lehnmische Weissagung über die Mark Brandenburg nebst der
Weissagung von Benedictbeuern über
Bayern'. Leipzig 1875.
Sagen ans der Gegend von Belzig.')
der Nähe
im Munde
des
des
Volkes den Namen
„Wühl-Mühle". In
„alte MohlMühle „zum Böseweil". In den Kirchenbüchern der Parochie Lüsse kommt sie als Mühle zum „bösen Wielb" oder „Wiel", oder kurzweg als „Wiehlinühle" vor. In einer Erd-Vertiefung unweit der Mühle soll vor Zeiten ein Teich gewesen sein und davon die Mühle ihren Namen tragen. Von dem Teich und von der Mühle znm Bösewiel gehen im Volke allerlei Sagen um. So erzählen sich die Leute Folgendes. Ein Bauer aus Lüsse pflügte mit seinen Ochsen aus seinem Acker nicht weit von dem Teich. Weil die Thiere müde sind und der Pflug die schweren Schollen nicht mehr recht durchschneiden kann, fährt ihm der Gedanke durch den Kopf: hättest du doch ein Paar tüchtige
stedt" erwähnt.
lichen Hirten, d. h. den Papst, der zugleich sein König ist, ähnlich wie der Schwabenspiegel dem Papst das Schwert weltlicher und geist¬ licher Gewalt in die Hand giebt, und ihn ersteres nur dem Kaiser
habe.
30. 8nrl).
einer Urkunde vom Jahre 1558 wird sie bereits als eine
nach seinem Herzen schildern: ganz Deutschland hat wieder einen geist¬
consequenteriveise
Mark
Dorfes Lüssow (Lüsse) bei Belzig, rechts ab vom Wege nach Neschholz, liegt, ganz versteckt im Erlengebüsch, eine Wassermühle, die von der Plane getrieben wird. Diese Mühle führt
Lehnin kömmt wiederum empor, Chorin wächst aus dem Staub hervor, Die Pfaffheit kommt aus ihren Nöthen, Der Wolf will auch kein Schaf mehr tobten.
läßt; die Juden werden vertrieben, Clerus in alle seine alten Ehren wieder
wie die ihrer
a. Gespenstige Ochsen helfen pflügen.
Nur für die Landeskinder sein, Das eh' von Fremden war besessen.
leihen
auch wieder erheben,
Lrandenbnrg. Von Dr.
Dann wird die Mark ihr Leid vergessen; Das ganze Land wird insgemein
■
sich
tlachlese ;u den Sagen und alten Geschichten der
Wenn ab.er dieses ist gescheh'n, So wird, eh' man sichs hat verseh'n, Die Heerde sich zum Hirten fügen, Und Deutschland einen König kriegen.
Der Dichter will unzweifelhaft ein ideales Reich
Gliorini
Schwester Lehnin.
Wird in Die Juden richten etwas aus, Dafür mehr als der Tod gebühret. sein der Letzt'
Sie heißt damals
die
Ochsen, dann könntest du den Acker heut vor Abend »och
Kaum
umpflügen!
hat er's gedacht, da sieht er an dem Rande des Teiches zwei
grasen, von denen er vorhin nichts erblickt. Er geht sogleich auf sie zu, spannt sein mattes Vieh aus und die neuen Nun geht das wie der Wind; die Ochsen hinein in das Geschirr. starke Ochsen
Schollen fliegen nur so zur Seite, und im Nu ist das ganze Stück gepflügt. Jetzt will er das fremde Vieh wieder ausspannen; aber da ist an ein Halten nicht zu denken: die Ochsen laufen mit dem Pflug von dannen. Um sie besser halten zu können, bindet er sich Da stürzen sich die Thiere auf den Teich zu, die Leine um den Leib. und er hat gerade noch soviel Zeit, sich die Leine wieder loszubinden, als die Ochsen mit dem Pfluge in den Teich springen und spurlos Noch ganz verblüfft am Ufer stehend, hört er eine verschwinden. Stimme aus der Tiefe rufen: „Das war Dein Glück, Bauer!"") — b. Der
Müller von Bösewiel.
Die Müller auf der Mühle zum Bösewiel waren oft arge Menschen, die den Bauern allerlei Schabernack zufügten, und mit *) Obige
beiden Belziger Sagen verdankte ich im
1.1871, aus welcher
schon stammt, der freundlichen Mit¬ theilung des damaligen Herrn Kandidaten Mühlmann in Belzig. **) Diese Sage stellt sich offenbar zu den von dem gespenstigen Bullen, der aus dem See kommt, wovon u. A. Kuhn, Westph. Sagen I. 292 ff. handelt. Denn wenn auch die vorliegende Version der Sage dies nicht aus¬ drücklich ausspricht, so deutet doch die ganze Scenerie, und besonders der Schluß darauf hin, daß die Thiere, alö aus dem Wasser herstammend, ge¬ dacht wurden. Ueber die Bedeutung des Pflügens übrigens cf. Schwartz, Ursprung d. Myth. p. 188. 211. 240. 245.
Zeit überhaupt diese Nachlese
immer ganz
denen es nicht
So kommt einmal-ein
geheuer war.
will in
Mühle übernachten. Die Magd, an die er sich wendet, räth ihm aber dringend ab; er solle lieber weiter wandem, hier könne ihm leicht etwas Schlimmes passiren. Der Bursche ist jedoch nicht furchtsam und beharrt auf seinem Wunsch. Es wird ihm ein Nachtlager in der großen Stnbe zurecht Handwerksbursche gegen Abend an und
der
gemacht, und nachdem er ein wenig gegessen und getrunken, geht Alles
Bett. Der Bursche legt sich aber, eingedenk der Warnung der Magd, nicht auf seine Streu nieder, sondern bleibt auf der Ofen¬
zu
So wartet
ganze Weile und merkt
auf jedes Endlich schlägt's zwölf. Da geht plötzlich die Thür nach dem Hausflur auf, und herein tritt der Geselle, geht durch die Stube durch und zur andern Thür hinaus, die in die bank sitzen.
er eine
Geräusch; aber es kommt nichts.
„Wenn das Alles ist" — denkt
Mühle führt. ausstehen,
eben
nach dem
in
um
sich
niederzulegen — da öffnet sich die
Flur auf's Nene,
derselben.
der Bursch und
hat
es
Thür
und ein furchtbares Ungethüm erscheint
ein Paar
krumme Bockshörner;
sie
vermeiden,
10.
Dem Burschen wird es sich an ihm in die Höhe. wohl zu Muthe, aber er beschließt, ruhig sitzen zu bleiben. DaS Gespenst richtet sich immer höher auf, befühlt mit seinen Tatzen von unten auf den ganzen Leib und haucht ihm dabei in's Gesicht. und grunzend richtet
— er merkt, daß
der Bursche kann kaum
ihm die Kehle zusammendrücken will. Da fällt ihm ein, daß er ja sein Beil unter dem Rock im Gürtel Er hat noch soviel Kraft, es heraus zu ziehen, holt ans, und habe. giebt dem Ungeheuer einen Hieb mit aller Macht. Der muß wohl gut gesessen haben, denn das Thier läßt von ihm ab und wankt lang¬ sam zur Thür hinaus, von wo es gekommen. „So", denkt der Bursch, „du bist kein Gespenst, du hast genug." — Er legt sich nun ruhig Nachdem er sein Früh¬ nieder und schläft bis in den Morgen hinein. stück verzehrt, will er weitergehen und sagt zu dem Gesellen, er wolle den Meister sprechen und sich bei ihm bedanken. Der erwiederte, das würde sich nicht thun lassen, denn der Meister sei in der Nacht krank geworden. Er besteht aber darauf, den Meister zu sehen und setzt es wirklich durch, daß er in die Kammer gelassen wird. Der Müller auch sieht sehr krank aus und hat einen verbundenen Arm, den er nicht rühren kann. „Aha", denkt der Bursch, „nun weiß ich Bescheid!" Er nimmt Abschied, bedankt sich für's Nachtquartier und Imbiß, und noch athmen,
es
Bei Oderberg
9.
In
gewagt.
In
Die Berge bei Oderberg. sind
dem Berge liegt
wenn er Glück bringen soll.
11.
man ihn, so bringt er Unglück über das Haus, und der von seinem Kothe Getroffene ist ein Kind des Todes?")
*)
In
dieser Form der Sage ist ein Beispiel des Uebergangs einer denn von einer Hexe wird die Sage ge-
Hexen- zu einer Räubergeschichte,
wohnlich (und ursprünglich) erzäblt. ok. Kuhn und Schwartz, Nordd. Sagen No. 225. **) Der Kobold erscheint auch sonst als Vogel (Märk. Sagen No. 187); als Rebhuhn, soviel ich weiß, hier zuerst. ***) Erinnert an ähnliche Züge, die beim Drachen, wie beim wilden Jäger auftreten und ursprünglich auf das Gcwitterwesen gehen, welches unter
dem Kloster nach
Junker Hansens Kehle.
Pritzhagen bei Buckow, in der sogen, märkischen Schweiz').
Das Dorf Pritzhagen war ftüher im Besitz derer von Nutze"). Es waren gewaltige Jäger und ließen nicht davon ab, obwohl eine alte Sage ihnen prophezeit hatte, das edle Waidwerk würde der Untergang des Geschlechts sein. So war denn auch Junker Hannes von Nutze, welcher der letzte des Stammes sein sollte, ein leidenschaftlicher Jäger. Einmal jagte er nun auch hoch zu Boß, die Peitsche in der Hand, hinter einem mächtigen Hirsch her, welchen die Hunde aufgetrieben hatten. Zuletzt stürzte sich das verfolgte Thier in eine der tiefen Kehlen (Schluchten), an denen die Landschaft so reich ist, — der Jäger in die grauenvolle Tiefe ihm nach. Obgleich das Pferd unter ihm zerschmettert zusammenbrach, setzt er doch die Verfolgung zu Fuß fort.
Da kehrt
geängstigte Hirsch,
sich der
wie er keinen Ausweg weiter
sieht, um, und spießt den kühnen Verfolger
So starb
der letzte Nutze, denn,
da er noch
mit seinem Geweihe aus. jung war, hinterließ er
keine Erben.
Des Nachts geht er noch um,
durchtobt die Schlucht, welche ihm „Junker Hansens Kehle" bis auf den heutigen Tag heißt, mit lautem Halloh und versinkt zuletzt, wenn die Thurmuhr Eins schlägt, mit dem wimmernden Rufe: „Helpt, helpt!""') nach
12.
Das Hufeisen in der Oberkirche zu Frankfurt
In Teufel
der Oberkirche
zu
fliehen.
aufgehalten und dort sein Wesen getrieben haben.
sich
Er
sprang daher
mit
Plötz¬
sich sehr beeilen, zu ent¬
seinem Pferde zu einem Fenster hinaus.
Unglücklicher Weise blieb aber ein
Mauer
a. O.
Frankfurt a. d. O. soll einstmals der
lich aber wurde er vertrieben, und er mußte
Hufeisen
von seinem Pferde in
sitzen, welches heutzutage noch zu sehen ist.
13.
Verfolgt
Steig von
Kirchplatz ist verbaut.
Das Rittergut Tobelhofff), bei Berlinchen.
In
lich aufnehmen und füttern,
Etwas verborgen.
der Kirche heißt der Mariensteig, und ist heute noch vorhanden; der
(Mitgetheilt von Herrn Gymnasiallehrer Grubel.)
Straußberg erzählt man sich von einem Drachen, der sich in der Gestalt eines Rebhuhns") zu zeigen pflegt, und meist hoch auf den Dächern und Böden der Häuser aufhält. Man muß ihn freund¬
noch
Oderberg ist auf dem Kietz auch ein Kloster gewesen, mit
einer Kirche etwas entfernt davon; der
der
Sagen aus Straußberg.
zu dem sie
Berge, der Pimpinellenberg, die Schlo߬ Der Zwergberg liegt dicht bei Oderberg, da haben Zwerge drauf gewohnt. Unten im Grunde bei den Schlo߬ bergen liegen drei Prinzessinnen begraben. An dem einen Schlo߬ berge ist ein unterirdischer Gang mit einem Gitter davor — ob es jetzt noch ist, kann ich nicht sagen, — da hat sich Niemand hinunter¬
Vorfall Anzeige.
Es wird Haussuchung gehalten; — da findet man tief unten im Keller einen Das waren die Ueberbleibsel der ganzen Haufen Menschenknochen. Leute, denen der Müller Nachtlager gegeben und den Garaus gemacht hatte. Er mußte seine Verbrechen mit dem Tode büßen?) macht sofort bei den Gerichten von dem
Man muß tritt, muß im Verlauf des
berge, der Zwergberg.
Augen glotzen unter dem Pelz hervor. So kommt es auf seinen vier Tatzen langsam angegangen und gerade auf den Mann zu. Schnobernd
Jetzt sind die Tatzen schon an der Brust;
denn der,
schreckliche
doch nicht
sich
Jungfrau
am Ufer niedersetzen sehen.
Jahres sterben.
will
Lange, zottige Haare hängen ihm am Leibe hernieder;
aus dem Kopfe
Die Spaziergänger am See wollen mitunter eine aus dem See steigen und
Dicht bei Berlinchen, an
Tobelhof,
gut Entstehung
des
dessen
der südöstlichen
Seite, liegt das Ritter¬
Die erzählt:
Gebäude grenzen an den großen See.
Gutes und seines Namens „Tobelhof" wird
so
Schwefelgestank im Blitz zu todten schien. S. der heutige Volksglaube und das alte Heidenthum. II. Aust. p. 20. 33 f. 38. 120. 122. *) Nach Mittheilung vom Herrn Oberprediger Slevogt in Buckow. **) Nach Ledebur waren die Nützen (sie) Besitzer von Pritzhagen nach¬ weislich von 1537—1708. ***) Wenn der letzte Zug an den Schluß der Sagen von der weißen Frau, die erlöst sein will, erinnert, so scheint das ganze eine (nur eigenthümlich lokalisirte) Version der Sage vom wilden Jäger. t) Die folgenden Neumärkischen Sagen und Volksgeschichten verdanke ich der stcundlichen Mittheilung des Herrn Lehrers Tangermann in Zehden.
Ein Kurfürst von Brandenburg, es soll Kurfürst Sigismund hatte eine Geliebte in jener Gegend, die er öfters be¬ suchte. Sie bekam von ihm ein Kind, einen Knaben. Da er nun
eine
Jungfrau
ans dem See, die
gewesen sein,
und dann hört man
Kind gern zu etwas gemacht hätte, ohne sich gerade öffentlich als Water desselben zu bekennen, so hieß er der Mutter, an einem be-
stein
das
stimmten Tage das Kind an dem Wege, wo er mit seinem Gefolge vorüberreiten würde, auszusetzen. Dies geschah, und zwar in der Ge¬ gend, wo noch heut die Gebäude
Kind in einen Kober (Täbel) gelegt, und der in der TLbel sei; man brachte ihm den¬ selben, da rief er aus: „Das ist der Junker vom Tobel, und die Gegend, wo wir ihn gefunden, soll sein Wohnsitz sein." So schenkte Kinde daS
Gut,
welches
nach
stürzte
Gott
das feste Schloß
genannt.
Auf
dieser
hat
Da
Aber in einem schrecklichen Unwetter mit allen Bewohnern in den Hopfensee.
— An jedem Johannistage, Mittags 12 Uhr, erscheint eineNire, die sitzt aus einem
heißt
Stein an dem See und kämuit ihr Haar, der Stein Die Nire soll eine Kammerfrau bei Herrn
der Nirenstein.
von Woß gewesen sein,
und großen Antheil an seinen Gräueln
ge¬
j
habt haben.')
Clausdorf bei Berlinchen, .zur Gerichtsbarkeit des Tobelhofes und waren ihm zinspfiichtig.
15. Zehden.
In 14.
„Berg"
das ein Herr von Woß bewohnt haben
ihn zur Rechenschaft ziehen.
seinem Namen Tobelhof ge-
nannt wurde, und in früherer Zeit eine bedeutende Gerechtsame und Ausdehnung besaß, denn es gehörten mehrere Dörfer, worunter auch
der Seite, wo die Chaussee nach Bern¬ der
sein Schloß sehr hoch war, so bot er Jeden: Trotz, und Niemand konnte
bemerkend, fragte, was da
er dem
ein dreimaliges Wehe aus,
Dieser war als Wegelagerer in der Umgegend bekannt.
soll.
Sie hatte Kurfürst, diesen
Las
Dicht am Hopfensee, auf hinläuft, ist eine Höhe,
einst ein Schloß gestanden,
des Tobelhoses stehen.
ruft
in der Tiefe läuten.
der
Stadt
Zehden stand sonst noch (vor etwa 30 Jahren)
Zwei Sagen vom Hopfensee.
Die Stadt Berlinchen liegt zwischen zwei Seen, dem großen See und dem Hopsensee. Der Hopsensee ist nur klein aber tief. Wo dieser See jetzt ist, stand früher ein Mönchskloster. Das ist unter¬ gegangen wegen der Sünden der Mönche. An einem Johannistage nämlich erhob sich ein furchtbarer Sturm und ein gewaltiges Regen¬ wetter, daß die Umwohner glaubten, es käme das Ende der Welt.. Das dauerte bis zum Abend. Als darauf die Sonne wieder hervor¬ brach aus den Wolken und es still wurde, war das Kloster verschwunden und an seiner Stelle der See. An jedem Johannistage aber kommt
•) Die obigen Sagen sind bekannte mythische Scenerien von dem „im Unwetter untergegangenen und im See versunkenen Schloß (oder Kloster)' und „der Jungfrau, die am See zur Sommersonnenwende erscheint und ihr Haar kämmt.' Was der alte Mythus von der im Gewitter sich „aufthürmenden Wolkenstadt» und der „himmlischen Sonnenjungfrau, die an den Wolkenmassen erscheint und ihr goldenes Haar (die Sonnenstrahlen) kämmt', erzählte, erscheint hier, wie anderweitig in Bildern, die aus dem Mittelalter entnommen sind, irdisch lokalisirt, gerade wie oben Nr. 8 eine, gewöhnlich sonst von Hexen erzählte Sage, unter der Form einer Räubergeschichte auf¬ tritt. Bergl. Schwartz, Ursprung d. Mythol. 1860 p. 263. 266; die poetischen Naturanschauungen, 1864 x. 26, 34 u. s. w.
106
Rolandsstatue auf
eine
dem Markte, die war von Holz und liegt Solcher Rolande soll es sieben geben. An
jetzt im Spritzenhause.
Roland war ein großer Stein, der Kaakstein, auf dem mußten Diejenigen stehen, welche gestohlen hatten. diesem
Posthof Zehden.
16.
Der Posthof Zehden liegt dicht bei Zehden und war früher ein Das Amtsgebäude war aber ursprünglich ein Kloster, und zwar ein Nonnenkloster. Die letzte Nonne ist vom Gewitter erschlagen worden. Das Gewitter hat drei Tage über dem Kloster ge¬ standen, und die Nonne hat gesagt: „Dasselbe stehe ihretwegen da, und müßte sie todtschlagen." Die Schüler haben sie dann hinausgesungen. Zu dem Kloster hat auch eine Kirche gehört, die Peterskirche, die hat gestanden aus dem Petsberg (Petersberg) bei Zehden; beide, Kloster und Kirche, sind durch einen unterirdischen Gang mit einander Auch in den» Dorfe Grüneberg, eine halbe verbunden gewesen. Stunde von Zehden, hat ein Kloster gestanden, von da sollen auch
Amt.
unterirdische Gänge nach der Peterskirche gegangen sein.
17.
Carlstein.
Eine gute Viertelstunde von Zehden liegt das Rittergut Carl¬ dessen Feldmark befindet sich ein kleiner See, der schwarze See genannt, dort hat früher eine Kirche gestanden, die ist versunken. — In der Johannis-Mittagsstunde läutet's dort unten stein; auf
im See. 18.
Markenduhu.
Markenduhn (Einige sagen Markenzaun, Markgrafenzauu, Marienduhn) ist eine Thalschlucht in den Bergen von Hohen-Lübbichow, die
in das Zehdener Bruch mündet, dort ist
eine Fischerhütte.
Man sagt,
von Markenduhn bis nach Wutzen oder Saatheu sei ein Zaun
ge¬
wesen, der habe die Neumark von der Uckermark geschieden.
(Schluß folgt.)
Von
stecke
werden, denn als
hervor.
Die Sprengung des GießhauseS wurde verhindert durch das Flehen des Magistates, der den General Tottleben bat, in der Stadt selbst keine Sprengungen vorzunehmen, weil dadurch ganze Theile Berlins vernichtet werden würden, und Tottleben erhörte denn Er begnügte sich damit, alle vorhandenen Werk¬ auch die Bitten. zeuge und die Utensilien in den Arbeitslokalen zu vernichten. Wenn die Russen sich aus dem Zeughause Beutestücke angeeignet hatten, so blieben die Oesterreicher auch nicht zurück. Waren ihre Transportanstalten besser, oder hatten ihre, mit dem Aussuchen der Exemplare beauftragten Offiziere mehr Geschmack — genug, sie wählten sich von den besten, vielmehr interessantesten Geschützen einige aus, und zwar nahmen sie von den 12 Kurfürsten — 4 Stück mit hinweg,
nur noch 7 dieser Rohre im Besitz des Zeughauses blieben. Von den 12 Kurfürsten fehlte jedoch im Zeughause Einer: „Albrecht Achill", welcher heut noch unter den vorhandenen Geschützen paradirt. Wahrscheinlich befand er sich überhaupt nicht in Berlin, so daß
in einer Festung zum Gebrauch.
Ziergeschütze
wurden nicht
selten für den Festungsdienst verwendet, wie z. B. die prachtvoll gearbeitete, mit den schönsten Ornamenten bedeckte „Pallas". Sie war von Benning
in
George Iliktk.
für ihn unheilvoll
die Russen in Berlin einrückten, forschten sie eifrig nach dem Artillelisten, welcher die Geschütze in beiden Thorschanzen so gut bedient habe. — Es ward ihnen bald bekannt, daß Fuchs jener Schütze gewesen sei, und dieser, der sich auf harte Behandlung durch die Feinde gefaßt machen mußte, suchte sich so gut und sicher als möglich zu verbergen. Er wählte zum Versteck einen der im Gießhause befindlichen Oefen. Hier verborgen, stand er wahre Höllenqualen der Angst aus, denn er vermochte Alles zu hören, was um und neben ihm vorging. Die Russen schleppten Fässer voll Pulver herbei, bohrten Löcher für Sprengpatronen in die Mauer und bereiteten Alles zur Vernichtung des Gießhauses vor. Auch die Explosion der Pulver¬ mühle vernahm der eingesperrte Fuchs, der bereits einige Tage ohne Nahrung in dem Ofen gesteckt hatte. Er hörte ferner, wie die Ma¬ schinen unter den wuchtigen Schlägen der Zerstörer vernichtet wurden. Erst nach dem Abmarsche der Russen wagte er sich aus dem Ver¬
sondern
Das Königliche Zeughaus ;u Berlin.
Diese Fähigkeiten sollten
stützen.
Lübeck
auf Befehl
des
Großen Kurfürsten gegossen und wahrschein¬
transportirt. Von dort schaffte man sie Danzig, woselbst sie bis in die neueste Zeit stand und benutzt ward, um endlich in dem jetzigen, im Erdgeschosse des Zeughauses lich später nach Magdeburg
VI.
nach
Dieses unglückliche Ereigniß schien nur ein Vorläufer von noch
nur Berlin im All¬ Es wurde Generals die Sprengung des Gie߬
größerem Unheil werden zu sollen, welches nicht
befindlichen Geschützmuseum als eins der hervorragendsten Kunstwerke
gemeinen, sondern besonders noch dem Zeughaus drohte.
der Gießerei zu glänzen.
nämlich von Seiten des russischen hauses befohlen.
Da daffelbe hinter der
schönsten
anheimfallen. störung der
dem Zeughause lag, so mußte letzteres, eine
baulichen Zierden
Berlins, offenbar
der Vernichtung
Die Russen hatten bereits Alles gethan, um die Zer¬ Bohrmaschinen und der Oefen zu bewirken. Da dies
Ein
anderes, ebenfalls von Bennig gegossenes Geschütz
„Pluto",
ward von Magdeburg nach Berlin geschafft und daselbst, uiit einer Gribauval'schen Wall-Laffette versehen, aufgestellt. Die „Pallas" kann
für das
älteste active Geschütz der preußischen Armee angesehen
werden.
Was die Wegführung der obengenannten 4 Kurfürsten betrifft, hatten die Oesterreicher in der Folge davon keinen Nutzen, keine Freude an der Beute, denn als die Franzosen unter Napoleon I. nach
aber ziemlich schwierig und zeitraubend war, meinte man viel schneller zum Ziel gelangen zu können, wenn die Sprengung durch Pulver
so
stattfand.
Wien kamen, und bekanntlich nicht blöde im Aussuchen und Fort¬ schaffen von Beutestücken waren, nahmen sie die im Jahre 1760 aus Berlin von den Oesterreichern entführten 4 Geschütze ebenfalls unter ihre Obhut, um sie nach Frankreich zu transportiren. Sie hatten auch selbst in Berlin trefflich eingepackt, und die dort befindlichen 7 Kurfürsten, endlich auch das 13. Stück in der Serie, den „Ersten König von Preußen", abgeführt. Bis auf den uns erhalten gebliebenen Albrecht Achill, befinden sich also diese Ge¬ schütze sämmtlich in ftanzösischen Händen. Sie wurden zunächst nach Straßburg gebracht, aber in der Folge nach Paris gesendet, um vor dem Jnvalidenhause Aufstellung zu finden. Wahrscheinlich entführten die Franzosen auch jenes merkwürdige,
Hier ist
es
am Orte, eines Mannes zu gedenken, den bei dieser
Es war im Gießhause angestellte Kanonengießer Fuchs. Er hatte seine artilleristischen Kenntniffe verwerthet, indem er am 3. Oktober in der, am Cottbuser Thore befindlichen Flesche sich freiwillig zum Dienste gemeldet, um die Geschütze bediene» zu helfen. Es war Mangel an Artilleristen vorhanden, und so nahm das Kom¬ Gelegenheit ein schreckliches Schicksal zu erreichen drohte. der
mando sein Anerbieten gern an.
Fuchs rechtfertigte das Vertrauen
auch in bester Weise. Seine Geschütze thaten außerordentliche Wir¬ kung, und im Verlaufe der Begebenheiten wurde er auch nach dem Halleschen Thore gesendet, um dort ebenfalls die Vertheidigung zu unter¬
107 von Neuwert
(1646), „der Brandenburgische Das Rohr war in Form einer gewundenen Säule gearbeitet; das Langfeld zeigte die Gestalt eines Lindwurms, der einen sägeförmigen Rücken trug, sein Schweif wand sich um das Rohr und endete am Stoße in einer Pfeilspitze; aus seinem Rachen ragte die Mündung des Geschützes hervor. Nach Beendigung der Befreiungskriege blieb nicht Zeit, an
(?)
gegossene Geschütz
Drache" genannt.
die innere Ausschmückung des Zeughauses oder Ergänzung der Lücken
vidiren,
sie
in
eine
Art von Catalog bringen und etwaige
Defekte
ausbessern lassen sollte.
Die Commission bestand, nach Wahl des Prinzen August, aus Majoren v. Safft und Sasse und dem Hauptmann Rosenberg. Später trat noch Major Tiedecke hinzu. Die vorhandenen Gegenstände wurden nun einer besonderen Prüfung unterzogen und das Wcrthvollste zur Aufbewahrung bestimmt, den
Waffenstücken, verschiedene Geschütze
die minder werthvollen Stücke zur Verwendung für Dekoration der Pfeiler, Fensterbogen rc. ausgesucht. Der Prinz erließ darüber feine Verfügungen, und die Ausbesserung der lädirten Eremplare begann. Es ist zu bedauern, daß bei dieser sicher verdienstlichen Arbeit nicht größere Vorsicht auf die Erhaltung der an den einzelnen Stücken befindlichen Etikettes verwendet wurde. Diese enthielten in aller Kürze oft höchst schätzenswerthe Notizen, welche fast sämmtlich ver-
fürsten — und Modelle von militärischen Bauten rc. ausgesucht, um
loren gingen.
unter die alliirten Mächte zu vertheilen. Es war freilich noch lange nicht so viel, als die Franzosen aus Deutschland entführt hatten, indeß fand sich doch manch werthvollcs Stück dabei und der Major der Artillerie v. Grevenitz wurde beordert, dergleichen Dinge
Für Aufstellung des Werthvollsten hatte die Commission den Platz in der Mitte des Waffensaales auf der Nordfront bestimmt, hier sollte eine Art von Museum errichtet werden, in welchem die
zu denken.
Man hatte Nothwendigeres
Allein das Zenghaus erhielt
zu thun und
dennoch außer seinen
anzuschaffen.
von früherer Zeit
herstammenden Schätzen und Beständen an Waffen aller
Art,
einen
ziemlich bedeutenden Zuwachs.
Man hatte im Jahre 1815 in Paris eine große Anzahl von — leider nur nicht die 12 Kur¬
solche
zu sammeln und ihre Absendung nach
Berlin
zu leiten.
Grevenitz hatte auch eine Anzahl mittelalterlicher Waffen, welche durch
Alter,
schöne
Arbeit
zeichneten, dem musee
oder merkwürdige Construction
d’artillerie
entnommen.
sich
aus¬
Diese Sendung von
Anfang zu der eigentlichen Waffensammlung des dem, was bereits vorhanden war, konnte immerhin Nennenswerthes erreicht, eine wirkliche Sammlung errichtet werden, deren Lücken allmählig auszufüllen waren. Die Trophäen, welche nur sparsam vorhanden und aus den von 'Schlachtfeldern den des siebenjährigen Krieges aufgelesenen, theils
Paris bildet
den
Zeughauses.
Mit
aus den daselbst erbeuteten Stücken bestanden, erhielten ebenfalls Zu¬ wachs von Waffen und Fahnen aus den Kämpfen der
1814 und 1815. Allein, wie
Jahre 1813,
schon oben
Erbeuteten und Vorhandenen Aufmerksamkeit geschenkt werden konnte. Alles, was Grevenitz von Paris entsendet, gerieth bald in Unordnung. Es ward nicht zu dem Nothwendigen gezählt, hatte also auch in den Augen Vieler keinen reellen Werth und lief bereits Gefahr,
für „Gerümpel" angesehen zu werden. Im Jahre 1820 sollte jedoch glücklicherweise der werthvolle Bestand seinen Retter finden. Der Prinz August von Preußen, ein ebenso intelligenter Soldat, als Mann von Geschmack und Sinn für Kunst, besuchte das Zeughaus und sah mit Erstaunen daß nicht nur die daselbst in Verwahrsam befind¬ lichen Gewehre, Geschütze und Modelle, sondern auch die von Grevenitz dem musee d’artillerie entnommenen Waffen aus dem Mittelalter, sowie sonstige Merkwürdigkeiten, in einer totalen Unordnung, in
die Werke der
Mißbilligung,
wüstem Durcheinander lagen.
Das Chaos muß ganz erstaunlich
ge¬
Menge, aus einzelnen Theilen sich bestehende Gegenstände/ z. B. Rüstungen, kaum noch zusammensetzen. Der Prinz war über diesen Zustand äußerst ungehalten und stellte sofort bei dem Kriegs-Ministerium den Antrag: eine dem Werthe wesen sein,
des
denn es ließen
eine
Vorhandenen würdige Aufstellung
aller
dieser
Gegenstände
zu
veranlassen.
Das Kriegsministerium ging sofort darauf ein.
Es
schien zu¬
Sonderung der mittelalterlichen Waffen, Harnische rc. von den modernen geboten. Hierzu sollte ein bestimmmter Raum des Zeughauses verwendet und der Geheime Ober-Baurath Schinkel er¬ sucht werden: sich mit den speziellen Anordnungen, der Aufstellung nächst eine
der
Waffen in
Gitter abzuschließen. Die Verhandlungen über all' schaffung
der
Glasspinden rc.
Gruppen rc. zu beschäftigen.
sion von Offizieren ernannt,
Es ward
eine Commis¬
welche die vorhandenen Gegenstände re-
diese
zogen
sich
Einrichtungen, über Be¬ gewaltig in die Länge.
Außerdem konnte man den Kostenanschlag der Commission nicht billigen. die Schränke, zu hoch, das
Er erschien, iramentlich in Bezug auf Gitter ward ebenfalls nicht genehmigt. erließ König Friedrich Wilhelm
Anschaffung
der
III.
Allein am 4.
eine Cabinetsordre,
Juli
1826
welche
die
von der Commission vorgeschriebenen Glasschränke
befahl.
Die Arbeiten zur Reinigung und Rcparirnng der Waffen und Modelle gingen unterdessen ihren regelmäßigen Gang. Die Kosten dafür betrugen 2821 Thlr. 14
angeführt, war man zu sehr mit der Wiederherstellung des Nothwendigen beschäftigt, als daß einem be¬ sonderen Zweige der Waffenkunde, einer systematischen Ordnung des
und
zum großen Theil sehr kostbaren Waffenstücke in Glasspinden ihre Aufbewahrung fanden, auch beabsichtigte man, den Raum durch ein
Sgr.,
was zu jener Zeit als
be¬
deutend genug angesehen werden mochte.
In
der Commission traten
Veränderungen ein, da an Stelle Hauptmanns Rosenberg der Lieutenant v. Reichwitz trat. Auch Hanptmann Gehrmann und Lieutenant v. Prittwitz waren für das Museum thätig. Letztgenannten ersetzte später Prem.-Lieutenant Kehl, und für den Major Sasse trat der Zeugkapitain Jost ein. Ein Antrag des Prinzen August: „es möge ein nicht mehr felddienstfähiger, aber sonst geeigneter Artillerie-Offizier zum Aufseher für das Museum ernannt werden" ward höheren Ortes nicht genehmigt. des abgegangenen
(Fortsetzung folgt.)
Die Urnenfundstiitten bei Dölkendorf und auf den Inseln des parstein-Zee's. Bericht
des Lehrers
Bölkendorf,
Herrn Leinrick Lange in Oderberg i. M.
ungefähr 2 Meilen nördlich von Oderberg im
Kreise Angermünde gelegen, ist ein ziemlich wohlhabender
Ort
und
wird von drei Seiten, West, Süd und Ost, von Höhenzügen, aller¬ dings nicht sehr bedeutenden, umgeben, während es auf der Nordseite ein mehr länglicher als breiter See begrenzt. Der Boden, obwohl hügelig, ist durchgängig gut, meist Weizenäcker, und daher findet man auch bei den Bewohnern eine gewisse Wohlhabenheit und Behäbigkeit, die man in manchen andern Orten des Kreises leider sehr vermißt. Außerdem muß ich den Bewohnern, einfach leben und von der beleckt zu sein scheinen,
die übrigens sehr schlicht und
Cultur, wie man
zu sagen
pflegt, wenig in
die schöne Tugend der Gastfreundschaft
sehr hohem Grade rühmend zuerkennen, welche Tugend sie nicht blos gegen Bekannte, sondern auch gegen Fremde
zuvorkommendsten Weise üben.
Da
ich
Dörfchen und seinen Bewohnern erzähle, so
in
der freundlichsten und
doch
nun einmal von dem
will
ich gleich, ehe ich meine
108
schulze Eichstedt, ein recht biederer und
über 8000 Morgen, nicht erreichen. Ueber seine Entstehung geht folgende Sage. Das Dorf Parsdin oder Barsdin stand ftüher in
kommender lieber Herr,
Der Lehn¬ in jeder Beziehung sehr zuvor¬ Aussage ich in keiner Weise zu
der Gegend des heutigen See's.
zweifeln Ursache habe, erzählte mir Folgendes: Früher, d. h. vor 30 bis 40 Jahren, wurde hier viel Taback gebaut, aber es gab dessen¬
einen Brunnen graben, und als sie nach langer Zeit und vieler Mühe
ungeachtet hier keinen Raucher im Orte, weder Wirth noch Knecht rauchte, und kam ja ein Knecht, der von außerhalb hier zuziehen wollte,
Brunnen vorläufig 24 Stunden mit Brettern zudecken, und dabei ja aufpassen, daß während dieser Zeit Niemand in den Brunnen sehe; dann würden sie iuimerdar einen unversiegbaren, mit dem besten Wasser angefüllten Brunnen haben; erfüllten sie aber diese Bedingung nicht, dann würden sie schrecklich gestraft werden. Die allzu große Neugierde veranlaßte jedoch einige Bewohner, vor Ablauf der 24 Stunden in Derselbe hatte Wasser, viel Wasser, und den Brunnen zu sehen. dasselbe quoll immer höher und höher, erreichte den Brunnenrand,
eigentliche Aufgabe beginne, noch Folgendes mittheilen. an dessen
der aber als Raucher bekannt war, so wurde er lieber nicht geniiethet.
Sitte hat sich nun zwar in letzter Zeit nicht mehr so streng durchführen lassen, jedoch giebt es immer noch mehr Nichtraucher als Raucher im Dorfe, und letztere sind in der Regel Fremde. Diese
Femer: Die männliche Bevölkerung ist ein kräftiger, derber Menschenschlag, und hat ihre Militairzeit meistens bei den Garde¬ regimentern abgeleistet; ja mein Gewährsmann konnte mit Bestimmt¬ heit angeben, daß die kleineren Männer nicht geborne Bölkendorfer, sondern Zugezogene seien.
S.
—
Südlich vom Dorfe liegen, in der Richtung von N. O. nach W., drei See'n: der tiefe See, der Schulzen- und der Apfel-See.
Sage: Der HünenUeber den Ursprung fürft sei auf die Bewohner des Dorfes Brodowin, jenseits des Parsteiner See's gelegen, erzürnt gewesen, weil sie einen Thurm und Glockengeläute hatten, und auch Sonntags, statt in den Krug, in die Kirche gingen; er habe sie deshalb strafen und dazu einen Damm geht
derselben
durch den Sec schütten wollen.
folgende
Hierzu machte er den Anfang, indem
Bei der dritten Schürze er drei Schürzen voll Erde in den See warf. Vernichtungsplan nun unter¬ voll sei er aber verunglückt und sein blieben. Dort, wo er die Erde hergeholt, sind jene drei See'n, (jede Schürze voll ein See), wo er sie hingeworfen aber der Sturz- oder
Die Bewohner
des
Dorfes wollten
endlich auf Wasser kommen, da erscheint ein Mönchlein und heißt sie den
Dorf mit allen Bewohnern elendiglich zu Grunde ging. So ist der heutige ParsteinSee der Sage nach entstanden. (Es ist merkwürdig, daß nach dieser Sage die Bewohner des jetzigen Parstein den Ortsnamen von jenem
und überfluthete die ganze Gegend, so daß auch das
Dorfe ableiten und denselben mit einem a schreiben, während in Ver¬ fügungen von Behörden zwei a geschrieben stehen.) Südlich wird der Parstein-See von dein Königlich Lieper Forst begrenzt, während er im Osten, Westen und Norden von den Feld¬ marken fünf verschiedener Ortschaften eingeschlossen wird. Er ist Eigen¬ thum des Staates und sehr reich an Fischen; man hat Welse über 100 Pfund schwer in ihm gefangen, und öfter schon Bleizüge gethan, deren Werth aus mehrere hundert Thaler geschätzt worden. Bei heran¬ nahendem Sturme ist er seines hohen Wellenschlages wegen sehr ge¬
fürchtet, und die Bewohner Parstein's meinen: Gewitter, die über den See kommen, was zwar seltener geschieht, sind immer sehr schwer,
mit Hagel begleitet.
Schürzenwerder, jetzt eine Halbinsel, entstanden. Die drei See'n werden von Höhenzügen umgrenzt, und aus einem derselben, vielleicht 2000
meist
Schritt südlich von: Apselsee, wurde in diesem Frühjahr ein Urnengrab bloßgelegt. Dasselbe hat die Form eines Rechtsecks, ist 9 Dezm.
die ihrer Größe nach heißen: Pehlitz -Werder, 60 Morgen groß;
lang, 7 Dezm. tief und 5 Dezm. breit. Die vier Seiten werden durch Granitplatten gebildet, die ungefähr 6—'8 Centm. breit und mit der Erdoberfläche gleich sind, welcher Umstand auch wohl das Finden desselben erleichtert hat. Der Fund im Innern hat aus
Werder
5 Urnen bestanden,
die so ansgestellt waren, daß
in jeder
Ecke eine
Die vier ziemlich große und in werden während erhalten können, nicht größeren Urnen haben leider Reuter in Bölkendorf er¬ Lehrers ich die kleinere durch die Güte des der
Mitte
eine kleine gestanden hat.
halten und an das Märkische Provinzial -Museum abgegeben habe. Der Inhalt sämmtlicher Urnen bestand aus Asche und Knochcnpartikelchen, Stein- oder Metallgeräthe wurden nicht gefunden. Die noch vorgefundenen Scherben, von dunkler Färbung, waren alle grob gearbeitet und ohne jede Verzierung.
Von hieraus untersuchte
ich noch zwei Gräberstätten
in
der Rich¬
tung westlich nach dem Parsteiner-See zu. An beiden Stellen fand ich Urnenscherben, und an einer außerdem den Vordertheil eines Schädels
M. Pr.» Mus. schon eingesandt). Gleichzeitig will ich hier constatiren, daß die Feldmark Bölkendorf reich an Urnenstätten ist; nur ist das Bloßlegen derselben mit ungeheurer Schwierigkeit ver¬ bunden, weil solche Hügel mit vielen Schachtruthen Feldsteinen be¬ (dem
in
auf der Feld¬ mark Parstein aus, wo die Besitzer die Steine, eben weil sie in der Beackerung hinderten, aus dem guten Boden entfernt und auf jene Eine wirthschastliche Verwendung dieser Hügel geworfen haben. Steine hat sich des schwierigen Transports wegen noch nicht ermög¬ lichen lassen, dürfte jedoch, da die Eisenbahn Angermünde-Frankfurt
packt sind.
Ebenso sieht es auch
diese Gegend kreuzt,
dieser Beziehung
bald in Aussicht stehen und einen regen Verkehr
hierherziehen.
Der Parstein-See. Derselbe ist wohl der größte des Angermünder Kreises, indem der Grimnitz» und Werbellin-See seine Größe,
Im
Parstein-See befinden
5 Morgen groß; Fischer-Werder,
sich
4 Inseln, hier Werder genannt,
l'/
2
Wuning, Morgen groß und der Kiebitz.
Morgen groß. Den Pehlitz-Werder zu beschreiben, kann nicht meine Aufgabe sein, indem derselbe bereits von kundigeren (Am 16. August 1874 waren dort: die Forschern durchsucht ist. Herren Stadtrath Friedet, DOr. Bartels, Thorner, Liebe, O. Rein¬ hardt, Albert Voß und Alfred Tuckermann aus Berlin.)
'/2
I. Ich wende mich zunächst „Wuning" Wohnung, wohnlich
zu dem
Wuning. Ob
die Benennung
oder wonnig bedeutet, wage ich nicht
zu entscheiden und muß das zu bestimmen den Sprachforschern über¬ lassen; ich kann nur feststellen, daß diese
Insel, wenn in grauer Vor¬
zeit nicht bewohnt, so doch als Begräbnißort benutzt worden ist, was aus den daselbst gefundenen Urnenscherben deutlich hervorgeht. Die
Insel liegt ungefähr 300 Schritt von
dem Ufer der Bölkendorfer Feldmark, also aus der Ostseite des See's, und ist im ganzen Umfange gegen 5 Morgen groß, wovon auf das Plateau, das ftüher geackert wurde, 2 Morgen zu rechnen sein dürften; sie ragt bei jetzigem niedrigen Wasserstand gegen 5' über die Wasserfläche hervor. Es ist ein schönes Eiland, umsäumt von niedrigem Baumwuchs, Birken, Linden, Pappeln, Weiden, Schwarzdorn re., während zwei wilde Birnbäume (Knödeln), der eine am West-, der andere am Ostrande, in Höhe von 40h als Beherrscher des Ganzen, Wache zu halten scheinen. Auch der bunte
I.
Blumenteppich war, als ich die Insel im Juni v. zuerst betrat, kaum, denselben durch das prächtig, und ich wagte Aufwühlen der Erde zu zerstören, umsomehr, da ich schon auf den Maulwurfshügeln fand, was ich suchte, namentlich Ueberreste von Urnen. Bei näherer
Nachgrabung an den verschiedensten Stellen förderte ich Urnenscherben in einer Tiefe von 1—2' zu Tage; Geräthe rc. habe ich aber nicht gefunden. Unzweifelhaft steht nunmehr fest, daß die Insel als Begräbnißstätte benutzt worden ist. Am westlichen Ende, nicht auf dem Plateau, fondern am Fuße desselben, zum Theil auch im Wasser, lagen recht viele und große Steine ungeordnet neben- und übereinander,
109
Insel
und ich vermuthe, Laß dieselben bei der Urbarmachung der
Seit
hin geschafft sein müssen. erzählte
und
mir
der Fischer,
dort¬
Lleement. Eine abenteuerliche Geschichte aus den Tagen Friedrich Wilhelms I.
vielen Jahren liegt dieselbe aber wüste,
vor 40 und
daß
mehr Jahren hier
und er noch sehr gut wisse, daß die Jungen aus dem Dorfe sich die Eier geholt und daraus Eierpiemen (Eierkuchen) gebacken hätten.
viele Möwen genistet,
H. Der Fischwerder. See's gelegen,
ist bei
trocknen Fußes
zu
Insel, am
Diese
dem jetzigen,
ungemein kleinen Wafferstandc
Sie ist ungefähr
erreichen.
Ende des
südlichen
l'/
2
Morgen groß,
Erzählt von Luckovica Kcsellick.
(Schluß.) flüsterte der Eine seinem Kameraden zu; „das ist heut das Ende von unserm Abenteuer im Reuß'schen Garten."
„Du, Hans",
Hütte,
„Weiß wohl, Lippold", entgegnete Hans Stechow und nickte mit .General von Forcade Excellenz hat mir's schon gesagt." Es wurde still in der Menschenmenge, der Tritt der Soldaten
und hier erwachte die Neugierde, zu untersuchen und nachzusehen, ob aus dieser Insel nicht auch Spuren von menschlichen: Dasein aus früheren
nach dem Schloße; dort angelangt, begannen die Schulkinder zu singen,
und in stüherer Zeit von einem Fischer, als
Hütte steht,
eine
beackert worden.
Ein
dessen
Obdach hier noch
Regenschauer trieb mich auf
meinem Gange nach Bölkendorf in den Michaelisferieu
in
diese
Zufällig war ein Spaten dort, und Die Arbeit begann, und was ich vermuthete, bestätigte sich. Ich fand gleichfalls Urnenscherben in einer Tiefe von 2—2 l /2 ', Stein- und Metallgeräthe leider nicht. HI. Der Kiebitzwerder. Derselbe liegt ungefähr 200 Schritt westlich von dem Fischwerder. Als ich dem Fischer, den ich nachher traf, und der niich anfänglich für einen närrischen Kerl hielt, weil er Zeiten zu finden sein dürften.
ein Visitireisen hatte ich mitgebracht.
gar nicht begreifen konnte, wie ich nrich über die Topfscherben so freuen konnte, einigermaßen befriedigende Auskunft gegeben, wurde der sonst etwas schweigsame Mann recht gesprächig und erbot dem Kiebitzwerder zu fahren und
mir den
Stuhl im
sich,
mich nach
Stein
großen
dem Kopfe,
hallte wieder auf dem unebenen Pflaster, der ganze Zug bewegte aus der Menge ließ sich ein leises Schluchzen vernehmen. öffnete sein Gesangbuch und sang mit den Schulkindern:
„Schwing Dich auf
Du
zu Deinem
sich
Kleement
Gott,
hoch betrübte Seele,
Warurn liegst du, Gott zum Spott, In der Schwermuthshöhle?"
. Nur als sie unmittelbar vor dein Schloß vorbeischritten, hob er Augen; da stand Er droben, der gewaltige Friedrich Wilhelm, wie aus Stein gehauen; die Blicke Beider trafen sich, es war kein Zorn mehr in des Königs Auge, seine Hände waren gefaltet, er betete für die
Verurtheilten.
Gnade war, nach
zu zeigen; auch solche Scherben wie hier, meinte er, würden
den Anschauungen jener Zeit, nicht möglich für Kleement, die Könige betrachteten die Majestäts¬ beleidigungen, deren er sich durch Lug und Trug schuldig gemacht hatte,
betrieb, sowie überhaupt über die Krebse, ihre Lebensweise, Begattung,
viel weniger als gegen ihre Person, sondern als gegen die ganze ge¬ heiligte Institution des Königthums gerichtet, die zu schützen ihre Pflicht war. Als Stellvertreter Gottes war in: König aber auch
wir dort finden. Wir fuhren ab, trotz des heftigen Regens, und gab mir der Fischer hierbei über seinen Krebsfang, den er mit Hollunderbeeren Unterschied der Geschlechter, dem Kiebitzwerder,
der
bereitwilligst belehrende Auskunft. Auf '/2 Morgen groß ist, trifft man
ungefähr
auf
Inseln, sowie auch große Steine. Was den Stuhl im Stein betrifft, von dem der Fischer gesprochen, so fand ich in einem Stein von ungefähr sechs Kubikfuß Inhalt eine Vertiefung, groß genug, um bequem darin sitzen zu können. Die Seiten standen so hoch vor, daß die Unterarme darauf ausruhen konnten. Ob dieses Gesäß auf natürlichem oder künstlichem Wege entstanden, wage ich direkt nicht zu entscheiden; nur denselben Pflanzenwuchs wie
den beiden vorigen
bemerke ich, daß die noch recht scharfen Kanten und Ecken den
Schluß bleibt mir dann aber der Zweck deffelbeu wieder unverständlich. Der Stein liegt am Fuße der Insel, und hat mau von ihm aus keine große Fernsicht; nur einen Theil des See's, des Pehlitz- und Fischerwerders vermag
auf eine künstliche Entstehung recht wohl zulassen;
es
man zu übersehen. Urnenfunde habe ich hier nicht gemacht, und dürfte dies darin
Grund haben, daß diese Insel viel niedriger liegt, als die vorhin genannten, denn sie ragt kaun: 2‘/2 Fuß aus dem Wasser hervor. Wie :nir nachträglich von Herrn Stadtrath Friedet mitgetheilt
seinen
worden, sind ^dergleichen
Stuhl-
oder Gesäßsteine
in
der
Mark
mehr¬
Churund Mark Brandenburg, 1. Band, Berlin, 1752) berichtet. Einer lag in der Nähe des Teufelssee's, am Abhange der Müggelsberge, ohnweit Cöpenick, bis er etwa in den vierziger Jahren von Stein¬ Man hält sie theils schlägern in vandalischer Weise gespalten wurde. für Opfersteine, theils für Sitzplätze der Häuptlinge oder Oberpriester. Gewöhnlich knüpfen sich Teufels- oder ähnliche unheimliche Sagen an fach beobachtet, was schon der alte Bekmann (Beschreibung der
diese
Findlings blöcke.
daß alle noch
Im
Interesse der Nachwelt wäre es zu wünschen,
vorhandenen derartigen Steine
zeichnet würden,
da sie zu
mit ihren Sagen
den merkwürdigsten Denknialen
grauesten Vorzeit unseres Vaterlandes gehören.
ver¬
aus der
den
Gott
war Gotteslästerung das schwerste Ver¬ Alle diese Umstände muß man mit in Erwägung ziehen, ehe man voreilig den Stab über Friedrich Wilhelm's Grausamkeit bricht; noch weniger fallen die mit der Vollstreckung des Urtheils ver¬ bundenen barbarischen Nebenumstände ihm zur Last; sie waren voll¬ selbst beleidigt, und noch
brechen.
ständig gesetzmäßig.
Endlich war der Zug auf den: Neuen Markt angelangt; die Soldaten bildeten Spalier, die Schulkinder ordneten sich; langsam, aber festen Schrittes stieg Kleement auf das Gerüst, zitternd folgte Lehmann, und Heydekam wurde in seinem Sessel hinauf getragen. Droben stand der Hofrichter und las mit lauter Stimme das Urtheil vor, das die Menge athemlos und schweigend anhörte. Nach der Verlesung des Urtheils trat Kleenrent an den Rand des Gerüstes vor; er hatte Erlaubniß erbeten und erhalten, vor seinen: Ende noch zum Volke sprechen zu dürfen. Ein Murnieln ging durch die Versammlung, die stattliche, vornehine Erscheinung :nit den: ernsten Gesicht voll Ergebung und Ruhe, verfehlte ihren Eindruck nicht. Als er mit der feinen, schmalen Hand winkte, lagerte sich die vorige du:::pfe Stille über die Menge, mit weithin tönender Stimme aber sprach Kleement: „Wir stehen hier als ein Schauspiel der Welt, ich als ein Fremder und dieser hier" — er deutete auf Lehman:: —
„als ein
Landeskind,
und sollen nun aus dem Lande der Lebendigen
ausgerottet und in die Ewigkeit geschickt werden.
Daher siehet uns Keiner anders an, als verloren. Aber durch die Barmherzigkeit des höchsten Gottes sind wir auch Kinder Gottes geworden. Ich detestire hier öffentlich alle n:eine Sünden, damit ich meinen Gott beleidiget und sein heilig Wort verlassen, auch mich aller seiner Gnade verlustig Dieses ist der Ursprung
meines ganzen Falles, daher Sünde in die andere gefallen, und den Hochmuth oder Ehrgeiz über Alles geliebet und in meinem Eigensinn in:n:er weiter fortgegangen, so daß nach meinem ambitiösen Gedanken ich mich unterstanden, was eine fleischliche Weltklugheit nur immer thun kann. gemachet.
ich aus einer
preise die unendliche Barmherzigkeit Gottes, welcher mich durch seine heiligen, gerechten Wege dahin geführet, daß ich nunmehr zur Er¬ kenntniß meiner Sünden gekommen und, um Christi willen, Gnade und Vergebung derselben verlanget. Ich detestire aber auch zugleich alles Dasjenige, womit ich meinen angeborenen Landesherrn, den römischen Kaiser, den König in Preußen, wie auch den König von Polen und Churfürsten zu Sachsen, desgleichen auch etliche andere hohe Personen,
„Um
Ich
durch meine falschen Ränke oder politische Gaukeleien zu hintergehen
„Der
schlimmer," fuhr der Arnim auf.
so
ist der Kleement,
Beste
der
die Rede
hielt,"
bemerkte
Stechow.
„Drum wird
er auch
nur hingerichtet," sagte Arnim und die
beiden Andern nickten.
Das wackere Kleeblatt erblickte in der Entehrung die härtere Strafe, und Kleement theilte vielleicht diese Ansicht, denn nur während der Bestrafung Hevdekam's sah man ihn zittern.
getrachtet, daß ich Unruhe und Feindseligkeiten unter Puissancen an¬
Unterdessen hatten Kleement und Lehmann die Oberkleiber ab¬
richten möchte, worüber ich hier öffentlich meine ernste und herzliche
gelegt; ein Musketier, ein Landsmann Kleement's, half ihm und die Augen des Verurtheilten schimmerten iui feuchten Glanz, als noch
Reue bezeuge. Sie aber, meine Freunde, ermahne ich um Gottes¬ willen, daß Sie alles boshafte und treulose Wesen mit mir wollen zu¬ gleich an den Galgen henken lasten; wie auch, daß Sie Ihrem König und dem Vaterland wollen getreu sein. Denn wenn ja das Gute von einem Könige nicht allemal seinen Ausfluß hat, so haben es wohl die Unterthanen selber verdient mit ihren lieblosen und schädlichen Ur¬ theilen. Daher bedenken Sie selbst, wie viel daran gelegen, daß Treue und Unterthänigkeit gegen die Obern beobachtet werde, und nehmen an meinem Falle allezeit einen Spiegel, wie es Denen ergeht, so sich in fremde Händel mischen wollen. Insonderheit aber fürchten Sie Gott und ehren den König, damit Alles wohl und glücklich zu¬ gehe, und das Land in Frieden von seinem König möge regieret werden. Die, so ich durch mein Beginnen beleidigt, und durch mein Exempel geärgert, bitte ich, daß sie mir Alles vergeben wollen um Christi willen, und vor mich ein andächtiges Vaterunser beten, wie auch vor dieses verführte Lamm, den hier neben mir Stehenden meinend, daß uns Gott, ob wir gleich eines schmählichen Todes sterben müßen, zu Gnaden annehmen und uns Kraft verleihen wolle, ritterlich zu kämpfen, um unserer Schmach getrost entgegen zn gehen, weil dieser Zeit Leiden nicht werth ist der Herrlichkeit, die an uns soll geostenbaret werden. Amen!" „Amen, Amen!" scholl es von unten herauf, wie von den Dächern herab; von Bredow beugte sich auf den Hals seines Pferdes hinab, als habe er da etwas ganz Besonderes zu suchen, von Stechow hatte wirklich die hellen Thränen in den hellen Augen. Da zeterte ein Schrei durch die Menge — hinter dem unglückseligen Hcvdekam war der Scharftichter erschienen und ohrfeigte ihn, nach dem Urtheil, rechts und links. Bredow schnellte empor aus seiner gebückten Haltung und starrte mit verglasten Augen aus die Scene; Stechow biß die Zähne aufeinander und sein Gesicht nahm eine noch dunklere Röthe an, als ihm von Natur schon eigen. „Gott bewahre den rothen Schild mit der Sturmleiter vor solchem Makel, wie das Jagdhorn und die blaue Blume dort trifft!" stammelte Bredow mit zitternden Lippen. „Eher müßten die blanken Kleeblätter auf den schwarzen Balken für alle Zeiten blutroth werden, ehe ich das überlebte!" flüsterte Hans Stechow. Der Scharftichter hatte den unglücklichen Menschen geohrfeigt, wegen „von Ihrer Majestät von Preußen geführter ohnziemlicher und höchst unverantwortlicher Rede", wie es im Urtheil hieß; der ihm eben¬ falls zuerkannte Staupbesen aber war aus „mildester Gnade Seiner Königlichen Majestät von Preußen" erlasten, doch erhielt er drei Streiche mit demselben über den Rücken, dann zerbrach ihm der Henker den Degen und warf ihm die Stücke vor die Füße, und endlich wurde er auf einem Schinderkarren nach der Festung Spandau, später nach
Peitz gebracht.
„Reitet Sie der Teufel, Lieutenant von Bredow?" herrschte der Rittmeister von den Dragonern, ein alter Haudegen mit zerfetztem Gesicht — c§ war ein Arnim — den jungen Mann an. „Packt Sie das Mitleid mit der Canaille?"
„Es ist immer
ein Edelmann, wenn auch neuesten
gab Bredow zur Antwort.
Datums,"
einmal in der Todesstunde die Laute der Heimath, die Sprache der Geliebten in sein Ohr klang. Er schenkte dem Manne, der ihm, dem Brauche gemäß, nun die Arme entblößte und eine Mütze von weißer Leinwand aufsetzte, seine Kleider, während er dem tief ergriffenen Geist¬ lichen seine Uhr zum Andenken gab.
Nun kam
der schwerste Augenblick: die beiden Unglücklichen wurden
mit glühenden Zangen gebrannt, dann in Bewegung, die Geistlichen beteten laut. Am Spandauer Thor wurden die glühenden Zangen noch ein¬ mal angewendet; Lehmann schrie und jammerte laut, Kleement ver¬ auf
den
Karren
setzte sich der
gesetzt
und
Zug wieder
zog keine Miene.
Draußen vor dem Thor, auf der Richtstätte, fiel Alles auf die Knieen zum Gebet. Lehmann, als Preußisches Landeskind, erhielt die härtere Strafe, er ward enthauptet und dann geviertheilt; Kleement wurde
gehängt.
Seine letzten Worte waren: „Ich habe einen guten Kampf gekämpfet, Glauben gehalten, hinfort ist mir beigeleget die Krone der
ich habe
Gerechtigkeit."
Der Geistliche neigte wie bejahend das Haupt, sein Gefährte Im Munde eines Verbrechers dünkte ihm dieser Kleement und sein Beichtiger aber hatten nur an seltsam. Spruch
schüttelte den Kopf.
Kamps der letzten Tage gedacht und an den Schächer, dem auch das Paradies verheißen wurde. Von Bredow und von Stechow sammt ihrem Rittmeister waren den
unzufrieden mit der Vertheilung der Strafe.
„Hätte dem Kleement lieber den Tod durch's Schwert gegönnt, als durch den elenden Strick", murrte Arnim. „Schade um den Kerl, warum kam er nicht in meine Schwadron, aus dem hätte ich einen tüchtigen Dragoner gedrillt." Rittmeister von Arnim war der Ueberzeugung,
Individuum, aber
es
könnte kein
als einen Dragoner seiner Schwadron; war's doch schon eine Ehre, die weiße Montur tragen zu dürfen. Friedrich Wilhelm's Reiterei war bekannt¬ lich, mit Ausnahme des Königlichen Corps des Gensd'armes, alle nützlicheres
auch kein glückseligeres geben,
weiß niontirt.
So war aus deffen Eindruck
dem
ein
Jntriguenspiel ein schauerliches Drama geworden, geblieben ist für König Friedrich
nachhaltiger
Wilhelms ganzes Leben. An die Treue feiner Umgebung glaubte er wieder, aber das Mißtrauen blieb doch. Ohne Kleement wäre das Haupt des unglück¬ lichen Katte vielleicht nicht gefallen, das ganze furchtbare häusliche Trauer¬
und Sohn anders ausgefallen; Kleement hat König Friedrich Wilhelm's arglose Seele vergiftet, und das ist vielleicht
spiel zwischen Vater
sein schwerstes Verbrechen gewesen.
Was das Uebrige anbetrifft, so ist es gekommen, wie Marschall Bieberstein ahnte: es ist bis auf den heutigen Tag nicht Alles von klar geworden in dem Bilde des Abenteurers. Ganz hat sich auch die
Intrigue
zwischen Dresden und Wien nie fortleugnen lasten; wer weiß,
König Dienst geleistet. Dieser angeregte Zweifel hat den gewaltigen Herrscher nie verlasten; der Gedanke, ob er nicht doch einen wozu
sie
ohne Kleement geführt hätte, und dann hätte er dem
doch einen
111
ihm ergebenen Diener habe ungerechterweise hinrichten lassen, quälte ihn so, daß er jede Erwähnung Kleement's vermied. Für die Fabeln, die sich bald an die Person des Abenteurers
Gott tröst' die betrübten Aeltern mein, Erhalt' mein' liebe Schwesterlein, Beschütz' mit Deiner starken Hand Die elend Kirch und Vaterland."
hängten, und die ihn heut zum Sohn des Königs von Dänemark, morgen zu deui des Herzog-Regenten von Frankreich machten, hatte
König kein Ohr. Bieberstein hatte ihm seine letzten Gespräche mit Kleement mitgetheilt, dann war der Todte todt für ihn. Friedrich Wilhelm hat nie wieder, auch nur annähemd, für einen Menschen solche Zuneigung empfunden, wie für Kleement; es hat ihm nie wieder in ähnlicher Weise Jemand imponirt, wie der kühne Magyar. Sonst ist es geschehen wie der Geheimerath von Bieber¬ stein sagte: Oesterreich, Sachsen und mancher andere Hof haben zuweilen noch gegen Preußen intriguirt — aber Gott war mit uns, und
4.
In
der
Preußen blieb oben!
der Pfarrkirche
zu Tangermünde verewigt eine Grabschrift
nur kurze kriegerische Laufbahn des am 18. August 1713 ge¬ Königl. Preuß. Fahnenjunkers Georg Ernst von Röhl. Sie lautet: „Zur geistlichen Ritterschaft wohl angeführt, erlangt zu Kriegs¬ diensten sonderbare Geschicklichkeit. Aber der König aller Könige nahm in der Marterwoche 1728 eine selige Revue mit ihm vor, da er nicht in 3 Monaten exerzirt, sondern in 3 Tagen schwerer Krankheit seine Erercition der Buße, des Glaubens und der Hoffnung wohlgemacht." die
borenen
5.
Sonderbare Grabschrifteu. Gesammelt von Ferdinand iWcycr.
1.
In
trug das Epitaphium
der hiesigen Nikolaikirche
und Lehrers am Gymnasium zum grauen Kloster, gende
Inschrift: „Allhier hat
seine irdische
des
Kantors
Dithmar,
Hütte abgelegt und indeß
den
fol¬
Geist
in die ewige Hütte vorangeschickt der wohledle und wohlgelehrte Herr Jacob Dithmar. Poltzin in Pommern gab ihm das Leben 1665, Berlin nahm ihm dasselbe 1728. Dieser Kirche und dem Klostergymnasio diente er zugleich, diesem im Singen, jener im Lehren, beiden fast in die 33 Jahre. Hier sang er vor der hiesigen Gemeinde, dort singet er noch mit den Engeln. Hier sang er aus der Tiefe, nun singet er: Ehre sey Gott in der Höhe. Leser, singe hier dem Herrn in Deinem Herzen, so wirst Du dort das neue Lied mitsingen. Text: Ps. 13, 6." 2.
Zu Salzwedel, in
der Altstädter Marienkirche,
liest man auf
dem Grabstein eines Postmeisters:
„Eile nicht, -Wandersmann! als mit schwindeste Post erfordert Verzug
der Post.
Auch die ge¬
im Posthause. Hier ruhen die Ge¬ Königl. Preuß. 25jährigen
Mathias Schulzen,
beine des Herrn
unterthänigst treu gewesenen Postmeisters zu Salzwedel. Er kam allhier 1655 als ein Fremdling an. Durch die heilige Taufe ward
in die Postkarte zum himmlischen Kanaan eingeschrieben. Darauf reifete er in der Lebenswallfahrt durch Schulen und Academien mit er
löblichem Verzug.
Hernach, bei eingetretenem Postamte und andern
Berufs-Sorgen, bewies
er sorgfältig sein Christenthum;
bey vor¬
kommenden Unglückspoften richtete er sich nach dem göttlichen Trost¬ briefe. Endlich bey seiner Leibesschwachheit, dem gegebenen Zeichen der ankommenden Todespost, machte er sich fertig. Die Seele reiste den 2ten Junii 1711 hinauf in's Paradies; der Leib Hernachmals
in
dies Grab.
Gedenke, Leser! bey Deiner
die prophetische Todespost.
Jesaia
XXXYIII. I.
diesem Ruhebettelein
Schlaf ich, des Pfarrers Hänselein. Die Zeit, so ich lebt' überall Auf Erd' in diesem Jammerthal, War das ganze sechs und sechzigste Jahr, Dazu das siebend' halb, nimm wahr; Groß Unfall mich mein Eltern nahm kam. Durch Christi Darf nicht mehr fürchten Unfallsnoth, Den Teufel, noch gefährlich Tod;
....
Aehre,
erfüllt mit Früchten
des Geistes.
Nebenähre,
und nahm zur Ehe
dieser Ehe
wuchsen 6
Er
neigte
sich
zu einer
Anna Sophia Nädlerin.
Aus Kinder als Sprößlinge, wovon bald 3 ver¬ welkten; 3 wachsen noch im Segen Gottes. Aber es folgte eine trübe Aerndte, da der knöchrichte Mäher diese Aehre abhieb. Doch waren bald die Engel Gottes da, und führten sie in Gottes Scheune."
Literatur. Potsdamer Lieder-Chronik von A. Höpsner. von Alfred Weile. Preis 1 Mk. 50 Pf.
Berlin, Verlag
Der vorgenannte Liedercyklus ist kein Erstlingswerk des Herrn Verfassers, sondern bereits 1871 machte sich derselbe im 5. Hefte der Schriften des „Vereins für die Geschichte der Stadt Berlin" durch eine „Kleine Berlinische Reim-Chronik" bekannt, die auch in einer besonderen zweiten Ausgabe erschienen
ist; und ein Jahr früher, 1870, Reim-Chronik. Vom
erschien von demselben Verfasser eine Perleberger
erstgenannten unterscheiden
sich die
frühern Werke des Herrn Verfassers
fast lediglich durch den historischen Stoff der einzelnen bezüglichen Städte, sonst zieht durch alle drei Sammlungen das patriarchalische
Wirken und Schaffen der Hohenzollern in betreff der drei Städte in besonders treffender Sprache und mit liebenswürdig anhänglichem
Sinne hindurch; im obengenannten Merkchen ist auch vieler Ereignisse in gleicher Weise von 993 bis 1412 gedacht. Dem patriarchalischen Schaffen unserer Hohenzollern, ist in der Potsdamer Lieder-Chronik gerade zu ein Ehrendenkmal gesetzt.
Der Dichter spricht
es
selbst
im Schlußliede: „An Potsdam" aus: „Potsdam, du wandertest lange von Einem zum Andern als Pfandstück,
Wallfahrt beständig an
3. Die Marienkirche zu Königsberg in der Neumark enthält den Leichenstein eines schon frühzeitig verstorbenen Sohnes des dortigen Predigers Fuchs, mit den Versen:
„In
Sonderbar auch ist eine Grabschrist in der Marienkirche zu Stendal: „O Leser! bei dem Grabe des seel'gen Jacob Ahrenberg siehe drey Aehren. Dabey gedenke dessen dreyfache Aerndte. Er ging auf zur Erndte-Zeit zu Berendt bey Werben, und wuchs zur vollen
Aber
Wir
es machte dich
möchten behaupten,
frei Friedrichs erhabenes Geschlecht." daß der
Marmor zu
solchem Ehren¬
denkmale nicht schöner gewählt werden konnte, als durch Gedichte im
Volkstone dem Reim-Chronisten es gelungen ist, daß es auch kein gewandterer Meister es so schön vollenden konnte, als Herr Höpfner, der, selber in Potsdam geboren und erzogen, in der von den Hohen¬ zollern so begünstigten Stadt mit der Lust auch die Liebe zu den Fürsten einathmete, die ihn zum beredten, die Verdienste verherrlichen¬ den Dichter macht. — Mit Recht ist die Liedersammlung eine Pots¬ damer Chronik, da
sie die Geschichte der
Entstehung dieser
Stadt
und
ihrer Merkwürdigkeiten bringt mit einem so warmen, als wahren Gefühle für Kunst und Natur, gleich einem gebildeten Cicerone, der mit edlem Humor seine Erzählung spickt. Der Huuior Herrn Höpfners ist naturmäßig und eigenartig, aber
man oft ein Stück Fritz Reuters darin, und das gereicht ihn: nicht zum Schaden. Wenn Julian Schmidt in seinen „neuen Bildern" bezüglich Fritz Reuter behauptet, wir könnten in unsrer hochdeutschen Sprache den Humor nur künstlich hervorbringen, der plattdeutsche Humor aber liege eben im abwechselnden Hervortreten der bilder- und empfindungsreichen hochdeutschen Sprache neben der mundartig platten Sprache mit ihrem unmittelbar sinnlichen Bewußt¬ sein, so kann man dies nur theilweis zugestehen, sonst wäre Fritz doch sieht
Reuters Humor ein leichtes Kunststück. Wir suchen den wahren Humor in den kontrastirenden Gedanken und dem zur Darstellung derderselben treffenden, kurzen Ausdrucke, der bald von naturtreuer Frische,
im Handeln mit
denen der Fürsten vor
100 und vor 200 Jahren.
Außerdem unterstützen Herrn Höpfner der Meistersänger-Reim und eine
in
glückliche, treffende Abwechselung
der
Strophenbildung neben solchen
Liedern, in denen der Dichter niehr nach Legendenart erzählt, wie ein
wahrer Chronist.
Durch den
Studium vertieft reichen
Stoff
der Lieder und die beigegebenen historischen
ein langjähriges,
bezeugt Herr Höpfner auch
merkungen,
der Chroniken einzelner Orte der
Be-
fleißiges
Mark. Der Geschichtsfteund
sich gern in die Einzelzüge im Leben der Fürsten, und aus den: Borne solcher Studien schöpfend, weiß der Reim-Chronist uns
anzuziehen und uns selber über den werthvollen Schatz, den
wir in
bald von einnehmender Zartheit ist. diesen: Sinne ist oft Aehnlichkeit in Hopfners Humor mit
den Thaten unsrer Fürsten haben, die wenig bekannt sind, aufzuklären.
den: Fritz Reuter's zu finden, wenigstens hat der Herr Verfaffer Fritz
fürsten der Mark in einem Zusammenhange^, niit ihren Unterthanen, wie wir's von manchen kleinen deutschen Fürsten sehn, nur daß diese
In
Reuters Werke studirt, denn er versteht oft, wie dieser, auch einen unübertrefflich schönen elegischen Ton anzuschlagen. So z. B. im
im Schluß von No. 115:
„In
Paretz am 20.
Mai 1810":
Wir
In Summa,
sie geht die Höh' hinab leiser Thräne — an dem Arm des Gatten. Wer weiß, wie bald! — Zu bald schon nahm das Grab
edle
Dulderin auf in
seine
wir empfehlen
„Potsdamer Lieder-Chronik" an¬ Julian Schmidt
die
des Wilibald Alexis wünscht, es sollte in der Mark Brandenburg kein Haus zu finden sein, in dem man sie nicht besäße! C. Hartung.
den Werken
Der Humor liegt in Herrn Höpfners Liedern theils in der Ab¬ naiv kindlicher Sprache und Anschauung, mit ange¬ messener Breite der Erzählung, theils in unserer eignen Vorstellung, wenn wir von unsern heutigen Anschauungen her unwillkürlich Ver¬
wechselung von
In
Dergleichen aber übt auch einen besondern
gelegentlichst und möchten ihr dasselbe.wünschen, was
Schatten."
gleiche anstellen zwischen der heutigen Ausdrucksweise
hier unsre historisch berühmten Heldenfürsten als Klein¬
darin ihr Genüge hatten. Zauber auS. —
„Der König mahnt;
Mit
Die
sehen
und der Weise
Briefkasten. Geschichtsfteund. Das Palais des Kaisers Wilhelm wurde 1834—36 von Langhaus erbaut. Meldungen zur inneren Besich¬ tigung beim Haushofmeister. — Das Nähere über die Bedingungen zur Besichtigung des Zeughauses findet sich angeschlagen am Portale deffelben, nach der hinteren Straße gelegen.
Verlag von Alfred Weile in Berlin:
!
Verlag der Mciäinannsclien Bmlilinnäkung in Berlin.
Die
diesen Tagen erscheint:
Potsdamer
Mark
Brandenburg unter
Hailer .Stars
Von
IV. bis zu ihren ersten Sdohenzollernsthen Aegenlen,
U. Höpfner,
oder:
Ehrenmitglied des Vereins für die Geschichte Potsdams. — 8°. — (Sieg. geh. — Mit einen: Kupferstich der Garnison-Kirche. Preis 1 Mk 50 Pfg.
Die Guihows unä ihre Zeit. Von
K. F. von Kloeden. Zweite Auflage.
gr. 8.
Preis der 4 Bände: 12 Mark.
Im Verlage von Wilhelm Violet in Leipzig erschien
soeben:
Frederle le Brand, choisies.
Tome
Oeuvres historiques
I.: Memoires pour servir
ä
l’histoire de JBrandebourg. Nouvelle edition, revue et corrigee. 3 Mark. Tome II.: Histoire de mon temps, 1. partie 2 Mark. Diese Ausgabe der historischen Werke Friedrichs des Grossen hat den Zweck, dieselben möglichst populär zu machen, der Text ist von deu anstössigen Stellen gereinigt, so dass jede Familie, jede Schule diese Ausgabe be¬ nutzen kann; etwaige Alterthümlichkeiten und Fehler der Sprache sind von Herrn Prof. Semmig mit gewissen¬
Diese von dem bekannten Reimchronisten Berlins und Perlebergs herausgegebenen historischen Gedichte sind auf Veranlaffung des Vereins für die Geschichte Potsdams entstanden und wird bei den anmuthigen Versen und der Fülle des historischen Stoffs diese Sammlung den vielen Freunden der allbekannten Stadt eine willkommene Gabe sein. Zu den ersten 40 Gedichten, bis zum Anfang des 18. Jahrhunderts reichend, hat der Verfaffer kurze erklärende Anmerkungen gegeben, die bei den weiteren, intereffantestcn und oft humorvollsten Gedichten durch das Bekanntsein der Thatsachen unnöthig erscheinen.
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Verantwortlich für Redaction: Ferd. Meyer in Berlin. — Druck: Bahlke u.
Hinderfin in Berlin.
15.
II.
Juni 1876.
Jahrgang.
Nr.
12.
Unter Mitwirkung von Dr. Drecht, Prof. Dr. Paulus Kassel, Stadt-Archivar Ziidicill, Wcod. Iantane, Geh. Regier.-Nath Freiherr Dr. von Scdcbm Geh. Hofrath A. Schneider, Archidiaconus Schwcbel in Cüstrin re. re. herausgegeben von
George Daß
Blatt
KM
und
Ierdinand Weyer.
ist durch alle Buchhandlungen und Postämter, sowie durch die Expedition (Puttkamerstr. 8) zu beziehen. — Literarische Beiträge sind an die Verlagßhandlung von Alfred Weile welche sie der Redaction übermitteln wird. — Inserate, pro 3gesp. Petitzerle 25 Pfg., werden von den Herren Haasenstein u. Vogler, Rud. Mosse, Bernh. Arndt, sowie von der Verlagshandlung (Puttkamerstr. 8) entgegengenommen.
in Berlin zu senden,
Inhalt.
Die Glends-Gilden und Kalands-Brüderschaften, von Oscar Schwebe!. (Mit 3 Abbildungen.) — Ueberlieferungen aus dem Heidenthum, von A. Lieber. — Nachlese zu den Sagen und alten Geschichten der Mark Brandenburg, von Dr. W. Schwartz. (Schluß.) — Die JnselActiengesellschaft zu Berlin, von Richard Beringuier, 8tud. jur, — Miscellen. — Literatur. — Briefkasten.
Die Elends-Gilden und Kalands-Kriiderfchasten. Ein
kirchliches
Bild
aus der
Mark Brandenburg.
(Mit
Aer
Aufschwung, welchen die Wohlthätigkeitspflege heut zu Tage
j
genommen hat, läßt es wohl gerechtfertig erscheinen, einen Blick rück¬
wärts auf die ersten Gestaltungen des christlich-mildthätigen Sinnes bei uns zu werfen. Vom 14. bis 16. Jahrhundert begegnen wir einer Menge von gleichlautenden kirchlichen Urkunden in der Mark. Vor den Bürgermeistern und Rathmannen, welche gewöhnlich die Collatoren der Altäre in den Pfarrkirchen waren, erscheinen ritterliche oder bürgerliche Ehepaare, um einer frommen
Sie
schenken, Angesichts des
Gilde
oder
den
Stiftung
eine Zuwendung zu machen.
Rathes, den Gildemeistern einer Elenden-
Vorstehern
einer
Kalands-Gesellschaft
gewisse Geldsumme, verpflichten sich, das
eine
Geld nimmer wieder zu hei¬
alljährlich von den Zinsen dieser Summe eine Tonne Bier und eine Anzahl von Scheffeln Korn an dje Armen vertheilt werden soll. Dafür aber soll, gewöhnlich in einem Abend¬ gottesdienst, für sie gebetet, und nach ihrem Tode ihrer mit einer
schen, und bestimmen, daß
Oft
Seelenmesse gedacht werden.
außerdem noch eine
Stiftung
ein Hymnus aus die heilige
anch
erscheint
zu Gunsten des
Bon Hscar
8
August ausgeführten Streifereien Belling's, Kleist's u. A., abgesehen
144 Heinrich blieb noch 14 Tage unangerührt, und hätte
von dem in Böhmen gestifteten Schaden, nur der Zweck erreicht, eine Berbindung des Reichsheeres mit den Oesterreichern zu hindern. Da
Arbeitskräften, in dieser Zeit gut verschanzen können. Das ließ sich nun freilich nicht thun, und als endlich am 14. und 15. Oktober bei Freiberg ernstliche Gefechte vorsielen, mußten diese, so wie das Mißverhältniß der Kräfte war, für den Prinzen ungünstig ausgefallen. Er ging nun nordwestwärts bis in eine Position zwischen Reichenbach und Groß-Voigtsberg zurück, und blieb hier, nur 1 % Meile von Frei¬
sich eine solche direkt und baldigst nicht ermöglichen ließ, sie aber doch das Ziel seiner Wünsche blieb, so mußte er sie auf
nun für Stolberg
mit Zeitverlust suchen. Er begab sich also über Eger Karlsbad, und schwenkte dann, nach einem langwierigen Marsche »ach durch das nördliche Böhmen, links ein, um wieder nach Sachsen zu
Umwege» und
gelangen, und
sich
am 6. September südlich von Dresden mit dem
berg, seines Momentes harrend, stehen.
Prinz Heinrich wußte zu
Kaiserlichen Heere zu verbinden.
Die Preußische Offensive hatte seit
dem
Juli,
wo
sie
gnügt darüber sein,
Serbelloni, welchem man, nicht ganz irrthümlich, die Schuld solcher Mißerfolge beimaß, verlor im September den Oberbefehl, und General Haddik wurde an seine Stelle gesetzt. Derselbe besaß wirklich mehr Umsicht und Energie, und da er das in ihn gesetzte Vertrauen rechtfertigen wollte, und nun
ihm
theilte einerseits die Aufmerksamkeit der Oesterreicher und forderte immer einen Bruchtheil ihrer Streitkräste heraus, andererseits wurde dadurch
über den Besitz von Sachsen
aus dem Hauptkriegsschauplatze die Be-
forderten jetzt einen Hauptschlag, und es lag Alles daran, dem Gegner zuvorzukommen. Er begann sonach schon in der Nacht vom 28. zum
gestoßen
war,
welcher
so schien jetzt die
der
Katastrophe
entscheiden würde, nahe zu liegen. sich
gebnisse wunderbar widersprechend, aber schließlich doch
immer
!
29. Oktober gegen die Spittelwälder und Michelsberge bei Freiberg
noch zu
Gunsten Friedrichs, entwickelt. Friedrich wollte, nachdem sich ihm der Russe in einen Freund verwandelt hatte, Colberg in seinen Besitz zurückgekehrt und er den Schweden los geworden war, zunächst Schweid¬
!
Als, für
III. entthront und gestorben, auf den Thron gestiegen sei, und hiermit sich Rußland neuerdings von uns abwende. Czernitschef verheimlichte, aus Achtung für Friedrich, diese Nachricht drei Tage lang, und blieb, während der am 21. Juli stattgefundeneu Schlacht von Burkersdorf, als Zuschauer die Nachricht ein, daß Peter
auf dem Platze; Friedrich siegte und Daun wurde von Schweidnitz abgedrängt. Die Kaiserin Katharina bestätigte den Petersburger Frieden, entzog sich aber dem Bündnisse mit Preußen, und rief ihre Truppen vom Kriegsschauplätze zurück; Friedrich stand jetzt in Schlesien ziemlich frei und günstig, aber das Oesterreichische Hauptheer forderte immer noch seine Aufmerksamkeit und die Belagerung von Schweidnitz, welche
'
1400 Verwundete und Todte. Unmittelbar nach der Schlacht von Freiberg schrieb Prinz Heinrich über dieselbe an den König; diesen Brief, welcher durch seine Kürze und Präcision charakteristisch war, überbrachte des Prinzen General¬ adjutant, der damalige Oberstlieutenant Gras Kalkreuth. Es heißt
bis zum 9. Oktober dauerte, nahm so viel Kraft und Mühe in An¬ spruch, daß Friedrich den Prinzen Heinrich in dieser Zeit noch nicht unterstützen konnte.
Haddik versammelte nun, um sein neues Amt rüstig zu beginnen, im letzten Drittheile des September, bei Dresden 68 Bataillone und 126 Schwadronen; außerdem hatte er noch bei Altenburg und Teplitz
mit unternehmen. Ein am 27. September begonnener allgemeiner
ansehnliche Reserven, und deutendes
einer solchen Streitmacht ließ sich Be¬
sich am 29. Oktober bei Groß-Schirma an Mulde, sein rechter stieß an Hennersdorf, und der Feind Der stand gegenüber zwischen der Mulde und dem Spittelwalde. Flügel linken an; Prinz griff bei letzterem zumeist den feindlichen hier und am Fuße der Michelsberge, also auf der West- und Süd¬ Die feindlichen westseite von Freiberg, fand der Hauptkampf statt. Linien wurden überall durchbrochen, und Seydlitz leuchtete dabei ganz Freiberg lag offen, das Reichsheer wurde, als der besonders hervor. Spittelwald genommen war, auch im Rücken gefaßt, die ganze feindliche Armee, von der ein großer Theil gar nicht zum Schlagen ge¬ kommen war, retirirte, nach ansehnlichem Verluste, westwärts auf Frankenstcin. Die ganze Schlacht dauerte nur drei Stunden, und dieser schöne Sieg, welchen eine nur kleine Preußische der viel größeren feind¬ lichen Streitmacht abgerungen hatte, kostete dem Prinzen Heinrich nur
Sein linker Flügel lehnte
der Freiberger
Behuf,
Juli Katharina II.
vorzumarschiren, und ging jetzt an ein ähnliches Entweder-Oder, wie von Dessau vor 17 Jahren bei Kesselsdorf gehabt hatte.
es Leopold
nitz gewinnen, und hierzu mußte das Daun'sche Heer aus seiner Position bei Burkersdorf, durch die jene Festung geschützt war, vertrieben werden. Czernitschef mit seinem Hülsscorps eintraf, -ging diesen
am 19.
schon, daß Schweidnitz am
Prinz zu erueuetem Vorgehen impulsirt. Prinz Heinrich verfügte gegenwärtig, bei Reichenbach, nur über 29 Bataillone und 60 Schwadronen, aber der Entscheibungspunkt war da; Staatsklugheit und Waffenehre, sogar der Selbsterhaltungstrieb
eines großen Zusammenstoßes,
Inzwischen hatten
Zeit
GrafWied zu Neuwied mit einem Preußischen Corps von 10,000 Mann auf Bautzen und strebte sodann der Elbe zu, um diese überschreiten und sich mit Heinrich vereinigen zn können; diese Operation aber
großen Streitkräste so fruchtlos gegen ein
kleines Preußisches Corps opcriren zu sehen.
auch das Reichsheer zu
dieser
9. Oktober genommen sei und Friedrich einen nach Sachsen bestimmten Succurs abgesandt habe. Wirklich marschirte jetzt der Generallieutenant-
geplant
wurde, keine besonderen Fortschritte gemacht; aber die Preußischen Waffen waren dennoch im Vortheil, und der Wiener Hof mußte sehr mißver¬ seine
sich, bei genügenden
in j
diesem Schreiben:
„Ich
marschirte gestern Nacht auf Wegefurth und ließ den
Spittelwald links, um von
dem Michelsberge Besitz zu nehmen,
als ich das feindliche Heer traf.
Ich
machte zwei wirkliche
die Preußischen Positionen, nöthigte doch den Prinzen Heinrich, sein Pretschendorfer Lager zu verlassen, und sich am 31. September bei Teplitz und am linken Muldeufer aufzustellen. Dabei schob er nord- und südwärts Detachements vor, und namentlich hatten Hülsen und Forcade mit 14 Bataillonen bei Meißen Stellung genommen, um hier die Linie des Flüßchens Trübitsch zu vertheidigen. Im Ganzen
und zwei Scheinangriffe; der Feind widerstand hartnäckig, mußte Die Zahl aber nach dreistündigem Kanpffe überall weichen. der Gefangenen, welche wir machten, beläuft sich etwa auf
war das zu, vertheidigende Terrain für Heinrichs Streitkräste zu ausgedehnt, und doch gestattete ihm die ganze Sachlage nicht, irgend einen Punkt, welchen er besetzt hielt, zu versäumen; das Uebel lag eben nur in seinen zu geringen und des Gegners zu bedeutenden Streitkräften. Der Prinz hatte bei Freiberg kaum 20,000 Mann, und sein Gegner verfügte dort über mehr als das Doppelte; eine schnelle Vorwärts¬ bewegung des Letzteren würde ihn in Verlegenheit gesetzt haben. Aber dergleichen lag nicht im Charakter der Oesterreichischen Kriegführung;
Spitze des Fußvolkes und zeichnete sich glänzend aus. Belling und Kleist thaten ihr Bestes; die ganze Infanterie kämpfte bewunderungswürdig, und kein Bataillon wurde zurückgetrieben. Mein Adjutant Kalkreuth erhielt den Auftrag, an Leitung des
Angriff auf
4000; die Reichsarmee hat wenig Verluste, der Hauptstoß traf die Oesterreicher. Seydlitz leistete den höchsten Dienst; an einer für Kavallerie unzugänglichen Stelle trat er an die
-Angriffs auf den Spittelwald Theil zu nehmen, und benähn, sich gut; sein Avancement wird befürwortet/ Aehnliche Gesuche werden in Betreff vieler anderer Offiziere, die sich auszeichneten, vorgelegt werden rc."
145 Friedrich erwiderte hierauf am 2. November von Löwenberg aus:
Das Königliche Zeughaus zu Berlin.
„Die Ankunft Kalkreuth's mit Ihrem Briefe, hat mich um 20 Jahre jünger gemacht. Ich danke Gott, daß Alles fo gut abgelaufen ist. Sie befolgten die gute Marinier die¬
Von George Kiltk.
VIII.
jenigen anzugreifen, welche einen Angriff gegen Sie beabsich¬
tigten, und haben durch Ihre guten Anordnungen alle Schwie¬ rigkeiten einer starken Stellung und eines tapferen Widerstandes überwunden. ist
so
Der Dienst, welchen Sie dem Staate geleistet,
wichtig, daß
ich
meine Dankbarkeit nicht hinlänglich
will, bis
in Person thun kann. Wenn das Glück unsere Absichten auf Dresden begünstigt, werden wir diesen Winter oder nächstes Frühjahr unzweifelhaft Frieden haben, und ehrenvoll hervorgehen aus einer gefährliche» Lage, die uns oftmals au de» Rand des auszudrücken vermag, und warten
ich es
Burg
Verderbens brachte.
wird Ihnen
Lenzen.
Durch das, was Sie jetzt gethan haben, der Oesterreichischen
allein die Ehre gebühren,
Hartnäckigkeit den letzten Stoß versetzt, und den Grund des öffentlichen Glückes gelegt zu haben, welches die Folge des Friedens sein wird." Das war wieder eine hervorragende Anerkennung Heinrichs, und der große König wußte genau, daß ersterer hierdurch in seinem eigenen Bewußtsein und in seinem Ruhm und Rufe voll belohnt werden konnte. Womit hätte der König ihn äußerlich zu belohnen vermocht? — Durch die Erhebung zum Feldmarschall? —
es
war gegen Friedrichs
Principien, einen Prinzen seines Hauses zu diesem Range zu erheben, und wenn dies nicht gewesen wäre, Heinrich würde dadurch zu keiner höheren Geltung gelangt sein. Sein historisches Ansehen beruhte auf seinen Thaten, sein äußeres Ansehen vor der Welt gründete sich auf den hohen Geburtsrang, — beide waren von der Charge, die «r bekleidete, unabhängig.
(Fortsetzung folgt.)
Das
nächste Geschäft
war nun eine Untersuchung der vorhandenen
Gewehre und Pistolen: ob solche nicht etwa noch geladen seien; sodann sollte die Aufstellung der Waffenstücke vorgenommen
werden,
was
in Folge vielfacher anderer Geschäfte der Commission noch Da indessen nicht allzulange gezögert werden unterbleiben niußte. durfte, begann man mit den Vorbereitungen. Es wurden zunächst die Geschützrohre zusammengebracht, welche im unteren Raum des Zeughauses ihren Platz finden sollten. Hierauf schied man diejenigen Eremplare, welche für die Nordfront bestimmt waren, von den für die Südfront auserlesenen. Für Aufbewahrung jedoch
Text S. 140.
der
zur
sogenannten Mustersammlung
gehörenden
Eremplare ward
Südfront ausersehen. Sie waren bis zur Zeit ihrer Verwendung in einem besonderen Lokale untergebracht gewesen. So umfangreich dieses Geschäft auch war, wurde es doch am 14. Juni ebensalls die
beendet.
König Friedrich Wilhelm 111. die nunmehrige Waffen- und Modellsammlung, und äußerte sich sehr anerkennend über das bereits Hergestellte, obwohl die Zahl der Gegen¬ stände großen Theils erst zur Aufstellung vorbereitet worden. Wahrscheinlich in Folge dieses hohen Besuches und der damit verbundenen anerkennenden Worte des Königs, wurde von Seiten des Kriegs-De¬ partements die Anschaffung vergoldeter Gitter zur Einrichtung der Stände bewilligt; diese Gitter, sofort in Arbeit gegeben, konnten
Etwa zwölf Tage später
besuchte
Theil am 1. Dezember eingesetzt werden. Man scheint sich mit dieser Arbeit sehr beeilt
schon zum
die Vergoldung
zu haben, denn war noch nicht ganz „trocken", als die Girier ein¬
geliefert wurden.
Der
erste
Schrank sollte Pistolen enthalten.
Es wurde zur
146 am 15. Januar 1829 Januar eine Besichtigung deS ersten Schrankes vornehmen konnte. Der Prinz musterte denselben Er sand jedoch nichts Tadelnswerthes an der Auf¬ äußerst genau. das Zeughaus, zufrieden mit dem bisher Ge¬ verließ stellung, und
Ordnung derselben
geschritten und dieselbe
!
Vollendet, so daß der Prinz August am 26.
haben mochte.
Es fand sich nämlich, daß eine Scheibe des Eckfensters auf der Seite eingebrochen war, um die Riegel desselben zu öffnen. Spuren von Fußtritten in dem, auf dem breiten Gesimse lagernden Schnee zeugten, daß der wahrscheinlich in diebischer Absicht Eingedrun¬
rechten
Theilen der Waffen, und gewiß Die Waffe soll entweder — wenn
geschehen können, indem man die ganze Waffe, ohne deren Zer¬ legung in einzelne Theile, zur Anwendung bringt. Alle andere VerWendung zeugt von schlechtem Geschmacke und wird nie eine große
nur
gene aus dem Fenster des Treppenflures heraus gestiegen und so nach Ob irgend ein dem Fenster der Waffensammlung gekommen war. sich
Namentlich
Cabinetstück, also zur künstlerischen Belehrung sowohl, als zur militairischen dienen soll — in einem Schranke oder frei, doch der¬ gestalt aufgestellt werden, daß der Beschauer sie vollkommen betrachten kann. Hat sie minderen Werth, soll sie daher zur Dekoration verwendet werden, so muß sie durch sich selbst in ihrer Totalität wirken. Die Herstellung von Figuren, wie die oben angeführten, aus Gewehrhähnen, Pfannen, Säbelklingen, Gefäßen, Abzugsbügeln und dergl., ist entschieden zu verwerfen. Wenn z. B. ein Stern, eine Sonne, ein Fächer :c. aus Waffenstücken gebildet werden soll, wird es immer
Kurz vor seinem Erscheinen war eine sonderbare Entdeckung gemacht worden, welche jedoch trotz aller Untersuchung zu keinem Re¬ sultate über die etwaige Absicht führte, die hier zum Grunde gelegen
ließ
durchgeführt wissen.
von Figuren, wie: Adler, Zahlen,
sie
leisteten.
Gegenstand entwendet worden,
Er wollte das Ganze großartiger war er gegen die Zusammensetzung Arabesken u. s. w. aus einzelnen hatte er darin vollkommen Recht.
Wirkung erzielen.
ohne sehr weitläufige und
In
der umständliche Vergleichung der Verzeichnisse nicht ermitteln. Folge stellte sich jedoch heraus, daß in der Nordfront das Paar Ter-
hatte durch den Baucondukteur Hampel eine Zeichnung erhalten, welche die Waffendecoration darstellte, die der Deco-
Nr. 212 fehlte. 27. Januar stattete Se. Königliche Hoheit Prinz Carl Preußen der Sammlung einen Besuch ab, und Tags darauf von
rateur
wurden drei Stück 6pfü»dige Kanonen an das Depot zurückgegeben. Es war übrigens nothwendig geworden, eine neue Aufnahme der ganzen Sammlung zu veranstalten, um etwaige fehlende Stücke er¬ mitteln zu können, und in Folge dieser Aufnahme gab man eine Anzahl russischer Waffen an das Departement ab. Der sehr verdienstvolle Mojor Plümicke trat am 31. März 1829 aus der Commission, da er zum Kommandeur der 4. Artillerie-
im Zeughause aufzustellen. Derselbe erklärte sich hierzu bereit, und ordnete hinter dem Standbilde Blüchers zunächst eine Fahnengruppe, auch drei Pfeiler decorirte er probeweise mit Gewehren, Säbeln :c. Das ganze Arrangement wurde von Schinkel gut geheißen den Auftrag erhielt: und sand überhaupt so viel Beifall, daß übernehmen, was er im Fronten zu aller vier die Ausschmückung die später bewerkstelligte. Auch Verlaufe von 2 Jahre» denn auch erfolgte Aufstellung der Harnische wurde durch ihn ausgeführt. Das Jahr 1830 führte eine wesentliche Vervollständigung der Durch das Wohlwollen und Interesse, Waffensammlung herbei. welches der Kriegsminister, General der Infanterie, Herr von Hake für die Sammlung hegte, gelang es, die Allerhöchste Bestimmung auszuwirken, daß wiederum ein großer Theil der Waffen der Königl. Kunstkammer an die Waffensammlung des Zeughauses abgegeben
Schinkel
zerole
in
!
neuen Cataloges.
Plümicke's fleißige Arbeit, die Feststellung des materiellen Be¬ Sammlung, gestatteten nunmehr, zur genaueren Classifi-
standes der
kation und Aufstellung der Collection selbst schreiten zu können. Es fanden sich jedoch bei näherer Besichtigung so vielfache Lücken vor, noch
!
[
Artillerie-Depot zu Berlin sich befindenden, verschiedenartige», theils aus dem Zeughause stam¬ die
in
so hohen
zur Feier des Festes der freiwilligen Jäger auf Die Art dieser Decorirung fand Schinkel's
Grade, daß er
Hiltl
Tivoli Beifall
aufforderte, eine Probedecoration
Hiltl
Brigade ernannt worden war. Es verblieben demnach noch der Major von Gelbcke und der Premier-Lieutenant von Staff als Corumifsions-Mitglieder. Der Capitain Jost übernahm die Geld- und Rechnungsangelcgenheiten, Staff die spezielle Einrichtung, Instand¬ setzung und Aufstellung der Sammlung, sowie die Anfertigung eines
daß es rathsam erschien,
Hiltl
gemacht hatte.
Am
dem
*
alten Bestände einer nochmaligen Revision zu unterwerfen. Die hierauf verwendete Mühe belohnte sich reichlich und ergab
menden
wurde, wogegen letztere ebenfalls einige Gegenstände an jene aus¬ liefern mußte. Der Kriegsminister verfügte außerdem, daß der Premier-Lieutenant von sich auf einige Zeit nach Dresden begeben durste, um sich von der Einrichtung der dortigen Rüstkammer zu unterrichten, historische Nachrichten über ältere Waffen einzuziehen, und schließlich den Versuch zu machen, einen Austausch der Doubletten beider Samm¬
Staff
200 Gegenständen, theils aus Geschützröhren, kleinen Feuer- und blanken Gewehren, als auch verschiedenem Kriegs geräth bestehend. Die Reparaturen und die Instandsetzung sämmt¬ licher Waffen wurde hierauf ungesäumt betrieben, zugleich auch die
lungen zu Stande zu bringen. Das Letztere gelang vollkommen, und sowohl hierdurch, als durch die aus der Kunstkammer abgegebenen Waffen, erhielt die Sammlung
Aufstellung von drei Gcwehrschränken bewerkstelligt.
sowohl durch Alter als künstlerische Arbeit auszeichneten, und wodurch
einen Zuwachs von
Mit
der äußeren Ausschmückung des Lokales der Nordfront war ebenfalls vorgeschritten und dieselbe ward vollendet. Schinkel man war indessen der ganzen Sache, auf Wunsch des Prinzen August, näher getreten. Von ihm stammt die Angabe der schönen, aus blanken
Gewehrläufen zusammengesetzten, mit goldenen Lorbeerzweigen umwnndenen Säulen. Der Baukonducteur Hanf war ebenfalls dabei thätig gewesen. Im September 1829 nahm der König die Samm¬ lungen in Augenschein, und es zeugt von dem lebhaften Jutereffe, welches der hohe Herr für die Sache an den Tag legte, daß er
befahl:
es
solle außer
der
bereits
eine Vermehrung
,
!
!
| :
|
|
der
Nordftont fand nicht
den
Beifall Schinkel's.
:
welche
sich
Samuilung wesentlich gefördert ward.
Eine zweite Bereicherung wurde ihr dadurch zu Theil, daß mit Genehniigung des Kriegs-Departements die im Zeughause befindliche, auf königlichen Befehl veranstaltete Collection der reglementsmäßigen Militairwaffen europäischer Mächte, vom Jahre 1827, (180 Stück) derselben einverleibt wurde.
Ankäufe seltener Waffen wurden höheren Orts genehmigt. Nach Abzug verschiedener, ausgelieferter Exemplare, zählte daher die Waffenfammlung am Schluffe des Jahres 1830 446 Gegenstände mehr, sie
beim Abschluß der Bestandesliste und bei dem Ausscheiden
Plümicke's Die in
Festungen befindlichen Materialien angelegt werden.
Die Dekorirung
die Vervollständigung der
als
vorhandenen Geschützsammlung
auch eine solche laffettirter, regleinentsmäßiger Geschütze der verschiedenen europäischen Staaten und den, in den sämmtlichen preußischen
von 150 verschiedenen Gegenständen,
besessen
hatte.
den unteren Räumen des Zeughauses
vorläufig deponirte
Geschützsammlung, und die aus den verschiedenen Festungen eingetrof» senen laffettirten Geschütze europäischer Staaten wurde vom Haupt-
147
Jost
mann sehen
geordnet,
die Geschützrohre wieder
und das Ganze übersichtlich aufgestellt.
mit Unterlagen
Mit
und schrecklich an zu lawen und zu mawen, gleich als wolle sie den Boten ausschelten, springt flugs zum Fenster hinnaus, dass man nicht gewust, wo sie gestoben oder geflogen, und hat sich nicht mehr sehen lassen. Der Name Churt ist bezeichnend; als Abkürzung von Konrad,
ver¬
Ende des Jahres
1830 war die Instandsetzung und Aufstellung der Waffen auf der Nordfront beendet. Der Kriegsminister befahl die Legung großer Teppiche und die Anfertigung schrankartiger Blenden für das Lokal der Südfront. Die Sammlung vermehrte sich im Laufe der Jahre bald um größere
oder
kleinere
Quantitäten, um
gehört er zu den Namen, welche Hexenprozeßakten dem Buhlteufel bei¬ legen. Die Katze ist ein ausbündiges Teufels- und Herenthier (ur¬ sprünglich war sie der Freyja heilig), und spielt als solches eine große
mehr oder weniger seltene
Rolle in vielen Sagen; unter ihrer Gestalt erscheinen auch Kobolde und Hausgeister, die deßwegen häufig Polterkater, Katermann, Stiefel¬ kater, Hinzelmann (Heinzelmann) heißen; ein Hausgeist letzteren Namens blieb stets unsichtbar, in seinem Bett fand sich aber jeden Morgen ein kleines Grüblein, wie von einer Katze (Grimm, deutsche Sagen
Einen erheblichen Zuwachs erhielt sie nicht, denn es fehlte wohl die Gelegenheit zu größeren Einkäufen. Bekannt genug ist leider die gefahrdrohende Attacke, welche im Jahre 1848 auf das Stücke.
ehrwürdige und prachtvolle Gebäude des Zeughauses gemacht wurde.
Jndeffen wurde noch rechtzeitig genug Hülfe gebracht, um größeres
No. 76), und ganz dasselbe berichtet die Sage von dem an eisernen Ketten in den Kasematten von Küstrin aufgehängten Bett des fagenberühmten Markgrafen Hans von Küstrin (Kuhn u. Schwartz, nord¬
Unheil zu verhüten. Wesentlicher Vortheil entstand für die Sammlung dadurch, daß die historischen und
Luruswaffen, welche
sich
in den Schränken
be¬
in neuerer Zeit einer genauen und deshalb nutzbringenderen Betrachtung unterzogen werden können, da man sie in den Vorder¬
Sagen re. p. 36). Scenen, wie die vom Chronisten mit¬ getheilte: nächtliche Zusammenkünfte gespenstiger Wesen, Frage nach
fanden,
grund gestellt hat, wo
sie
das treffliche,
voll eindringende Licht erhalten,
während
deutsche
dem Treiben eines Ausgebliebenen, und dessen plötzliches Verschwinden,
durch die mächtigen Fenster
früher
so
Manches
wenn ihm später diese Frage zn Ohren kommt, wiederholen
dem
falls in
Märkische Sagen und Gebräuche. Eine Nachlese von Dr. D. 8ello. (Fortsetzung.)
7.
Auch Joachims Bruder, Erzbischof Albrecht, stand mit den Mächten des schnellen
Wie er das Magdeburger Beierlein gewann, haben wir eben
Hafftitz berichtet aber noch mehr von ihm. Er erzählt: Vieser Bischoff hat eine Katze gehabt, die hat Churt ge¬ heissen, und ist stets nebenst dem Bischofs auf einem Sammeten Polster am Tische gesessen, das beste müssen fressen, des nachts für seinem bette auf den antrit liegen und ist ein böser geist gewesen, welchs Niemand am hose, auch der Herr selbst nicht, gewust, bis es endlich also offenbar worden. Es hat der Bischofs auf eine Zeit einen reitenden boten abgefertigt, welcher nach ver¬ richten geschefften sich verspät, dass er die nacht über im felde hat bleiben müssen. Hellt derwegen sein pferdt an einen bäum, legt sich nidder zur rüge und befhielt sich unserm Herrn Gott. Was geschieht? Ehe er sich kaum niddergelegt, kumpt ein gross geschwurm böser Geister auf den bäum, die stellen eine Inquisition und umbfrage an, was ein Jeder den tag ausgerückt, Und do dis geschehen, hat einer gefragt, wie es doch körnen muste, dass sich der Mentzische Churt absentirt bette? Darauf! ein anderer geindwort: Er müsse was sonderliche und wichtiges fürhaben, sonsten Ktirde er nicht aussen blieben sein. In was grossen engsten und sorgen dieser man muss gewesen sein, hat ein Jeder leichtlich verachten, und wen Ihn der almechtige Gott durch den schütz «iner Heil. Engel nicht sonderlich bewart hätte, würde seiner ibel sein gewart worden. Als sie aber nun mit einem grossen [etümmel und ungestüme Widder hingefahren, dessen der Bote so worden, und Gott gedanckt, dass er Ihn so gnädig behüt »eite, säumt er sich nicht lange, sitzt auf sein pferdt und reit eine wege. Als baldt er nun auf den Mittag zu haus kumpt, -ost Ihn der Bischofs für sich fordern für den Tisch, fragt Ihm, sie es komme, dass er nicht zeitlich ankommen were. Do Ihm lu der Bote alle Sachen bericht, wie es Ihme die nacht ergangen, ras er gehört, und wie die andern sonderlich nach dem Mentzischen !hurt gefragt betten, Do erhebt sich die Katze vom Polster gar ■Ogestümlich in alle Höhe auf den hintersüssen, sengt grewlich
den
Grausamste bei langsamem Kohlenfeuer geröstet wurde, gehört nicht hierher, und ist auch von Grässe I, 301 mitgetheilt worden. Da
(i). 107.)
rer Unterwelt auf freundschaftlichem Fuße.
Erzbisthum mit Hülfe
sich eben¬
Sagen; namentlich gehört hierher die Sage bei Eifel, Sagenb. d. Voigtlandes No. 392. Auch sonst hatte Albrecht allerlei teuflische Anfechtungen; so durch den Juden Pfefferkorn, der, mit dem Teufel im Bunde und von ihm durch die Luft in das Schloß zu Halle geführt, ihn vergiften wollte. Wie der Erzbischof durch feinen Narren gerettet, die Schuld Pfefferkorns ermittelt, und dieser dann auf das
Betrachtenden verloren ging, da die Schränke sich in unvortheilhafter Stellung befanden. (Forts, folgt.)
gerade vom >
Teufel die Rede war,
so mögen sich
einige Teufels- und
Hexensagen anschließen.
gesehen;
8.
(p. 153.)
die höllische Majestät im Jahre 1594 in Spandau trieb, und ein so gewaltiges Aufsehen machte, daß es noch heut sprüchwörtlich im Volksmunde lebt (Kuhn, märk. Sagen No. 124. Diese Zeitschrift I, p. 38) — eine darauf bezügliche intereffante gleichzeitige Flugschrift ist in diesen Blättern I, p. 30 mitgetheilt worden, — äußert sich Hafftitz wie folgt: Kurtz für der Zeit hat sieh die Daemonomania und das Teufelische abergleubische wesen in Spandow angefangen, welchs ein Herrischer Hutmachergeselle, Gabriel Kummer genant, der doch hiebevor zu Berlin geschwemmt mit seiner Fantaseie, und was Ihm des nachts getrenmet, und seinem Narrenkopfe eingefallen, vermehrt und befestigt, dass also dem Teufel Thore und Fenster sind auffgesperret, seine werck in den Kindern des Unglaubens deste besser zuvorrichten, bis endlich mit Gottes gnaden wegen sehnlichs und hertzlichs seuffzen zu Gott fromer Christen und der Herrn Theologen rasch dis wesen ein ende genomen und dem Teufel nicht mehr hoffirt worden. Grässe (I, 87) giebt aus Angelus noch mehr Details; auch Kuhn, märkische Sagen No. 124, hat den Vorfall besprochen. Wie
Ueber das Unwesen,
welches
großes Aufsehen er bei den Theologen erregte, erweist die bei Grässe
mitgetheilte ältere Literatur. 9.
(p. 157.)
In
diesem Jahre (1595) hat der Teufel im Stedtlein Lyndow gleicher gestalt wie zu Spandowr die Leute zu plagen angefangen.
10. p. 143.)
In diesem Jahre (1586) ist im Dorffe Hopfgarten,
1
Meile
von Moncheberg gelegen, der Teufel in der gestalt eines kurtz zuvor verstorbenen Weibes umbhergangen, mit freunden und Frembden geredt und grosse hermschar getrieben, ohne Zweifel eine Newe abgottereie und aberglauben dadurch anzustiften, wel-
-
148
eher sich doch letzlich verloren als Ihm die Predikanten mit Gottes wort hart zugesetzt haben. Tod und Teufel sind häufig iu den Sagen identisch (Kuhn, inärk. Sagen No. 129). Um Männer zu verführen, nimmt der Teufel bis¬ weilen Franengestalt an (Kuhn n. Schwartz, nordd. Sagen No. 23, Temme, pomm. Sagen p. 304. Wolf, niederl. Sagen No. 183.
Sagen No. 93, 215, 316, 359. Grässe, Sagend, Anch Luther ist davon überzeugt, daß der d. preuß. St. No. 701). Teufel nach Belieben als Mann oder Frau erscheinen könne (Tisch¬ reden, 1566 fol. 300 a.).
Wolf,
ihm, daß sein Geschlecht in dortiger Gegend iinmer blühen solle. Die Kohlen verwandelten sich sofort in Gold, und die Bier's leben noch
i
j
heut dort zahlreich und wohlhabend.
Die Sage zeigt
richtet, sind jenem eigen.
Teufel, dankte seinem Fährmann, Verlag von
Alfred
schenkte
ihm die Kohlen und verhieß
von diesem
be-
begleitet, oder an der Spitze des wilden Heeres pflegt Wuotan durch
viator.
|
(Ueber diese Wanderungen vergleiche man Hertz, deutsche
im Elsaß p. 38
ff.;
S.
zum Kinderschreck und Kinderspott ist der wandernde
Gott in unserm weihnachtlichen Knecht Ruprecht geworden).
I
Er war
ihm wurden Pferdeopfer gebracht; be¬ rühmte Sagenrosse stammten von seinem Schimmel Sleipnir ab. Er steht an der Spitze ganzer Heldengenealogien, er wählte sich aber auch
den Germanen ein Rossegott;
einzelne Schützlinge aus, und schuf ihnen, als Wunschgott, Glück und
Er ist Herr des Meeres und-der Winde und damit Gott der Schiffahrt. Glühende, sich nachher in Gold ver¬ wandelnde Kohlen sind ein beliebtes Geschenk des Teufels, wenn der (Forts, f.) alte Segensgott Wuotan unter seiner Maske auftritt. irdisches Wohlergehen.
12. (p. 150.) diesem Jahre (1593) sind zu Friedeherg in der New-Marcke viel personen heiderley geschlechts vom Teufel mit schweren ge-
Bier aus Phöben, und dieser, ein muthiger Mann, willigte in sein Begehren. Als sie mitten auf dem Wasser waren, leuchtete mit einem Mal der Kahn von lauter glühenden Kohlen. Bier erschrak, der Teufel sprach ihm aber Muth ein. Am andern Ufer verabschiedete sich der
sie
die Lande zu ziehen; den Skandinaviern hieß er deßwegen Gangleri,
Miscellen.
In
dancken und grossen anfechtungen hart geplagt worden, dass man auf alle Cantzlen in der Chur-Brandenburg lange für sie hat bitten müssen, welchs alles durch Zeubereie ist angestifft worden. Es ist auffällig, daß gerade die Neumark, und besonders Königs¬ berg in derselben, vom Teufel und anderm Spuk heimgesucht erscheint. Ich erinnere an die schon anderwärts mitgetheilten Feuererscheinungen, den Dohlen- und Rabenkrieg, das gespenstige Pferd in Königsberg, die von einer. Wettermacheri» zu allerlei Mißhandlungen angestifteten unsaubern Geister zu Hansberg bei Königsberg, die verherte Magd in Frankfurt a. O.; Küstrin stellt auch ein großes Contingent. 13. (p. 105.) Im Jahre 1542 wurden in der Mark wiederholt Mordbrenner ergriffe», welche sich jedesmal, doch stets ungerechtfertigter Weise, auf Befehle des Herzogs Heinrich von Braunschweig beriefen, «verwegen hahens viel die leute dafür gehalten, dass der Teufel diese Eben•thewr dem reinen Worte Gottes zuwidder, allerley Uneinigkeit und Zweyspalt dadurch anzurichten, fürgenomen bette. 14. (p. 112.) In den Heiligen Ptingstfeiertagen (1551), als das Volk in einem Dorffe bey Wittstock zum liiere gesessen und ein weih an¬ gefangen greulich zu fluchen und den Teufel offtmals zu nennen, Ist sie Zusehens von der Erde zur Thüre hinaus gefürt, und her¬ nach widder todt auf die Erde nidder geworfen, allen gotslesterern und fluchenden zum abscheulichen exempel. In Spandau wurde ein Wirth, welcher den Teufel anrief, von demselben entführt (Grässe I, 218). Ich schließe hier zwei Teufelssagen aus der Nähe von Potsdam an, von denen die erstere eine hübsche Variante der von Kuhn, märk. Sagen No. 129, mitgetheilten Sage ist. 15. (Mündlich.) Der Teufel pflegte oft in Phöben einzukehren, weil es dort viel böse Leute gab; man zeigt noch den Weidenbaum, an welchen er sein Pferd zu binden pflegte, wenn er seinen Geschäften im Dorf nachging. Er wollte anch geni nach der gegenüberliegenden Insel Töplitz hinüber, um die Göttiner Fischer zu besuchen, Niemand aber wagte es, ihn über die Havel zu setzen. Endlich traf er eines Abends den Fischer
Alle Züge, die
Bald einsam, bald von geringem Gefolge
j
deutsche
11. (p. 150.) Hafftitz erwähnt die Vermittelungsversuche Kurfürst Johann Georgs in den kryptokalvinistischen Streitigkeiten in Sachsen, und theilt mit einer gewissen Befriedigung mit, daß Dr. Krell und seine Anhänger verhaftet worden seien. Dann fährt er fort: Miller weile (1592) ward ein Schuldiener an einem furnemen ort, der ein fleissiger Jünger des Calvini war (jedoch heimlich aus furcht) vom Teufel übel geschlagen, dass er weder hende noch süsse hat regen können.
recht deutlich, wie der alte Götterkönig Wuotan
zum Teufel verbösert worden ist.
Die Sterndentung Von
bürg viele Verehrer. auch die Geistlichen
fand ehemals auch in der Mark Branden,
den Landesherren selbst begünstigt, bezeugte»
in Predigten und Schriften ihren Eifer dafür.
So
Kurfürftin Elisabeth Charlotte, betitelt: „Der erste Cypressenbaum von des Todes Tyranney, gesetzt und gepflanzt auf das Grab der Durch¬ kommen in
einer Denkschrift auf den Tod der
lauchtigsten Fürstin Elisabethe Charlotte,' Georgs Wil¬ helms Gemahlin, von Georg Bruchmann, Pfarrern zu Göritz", folgende Stellen vor:
„Wenn wir
die Astrologos, so
consuliren, so schreiben
sie solche
in
des
Himmelslauf erfahren
Glückseligkeit der
sey»,
Nativität und
burtsstunde zu, daß ein Mensch zur glückseligen Stunde
sey
Ge-
zur Welt
j
Welche himmlische Kunst denn keineswegs zu verachten, ob wohl wegen eingeschlichenen Mißbrauchs von vielen gelehrten Leute» geistlichen und weltlichen Standes ist getadelt worden; sintemal hin¬ gegen tausendmal mehr gelehrte Leute, wie Wilhelmus Avianus in seiner Geburtsstunde redet, aus allen Facultäten gesunden werden, so diese, wenn sie in ihren Schranken bleibet, stattlich defendiret habe», und mit wichtigen documentis dargethan, daß sie in der Natur mit geboren.
sie
Erfahrung genugsam gegründet, wie unter andern Klerus gethan, so einen deutschen Tractat und Warnung geschrieben wider etliche Theo¬ logos, Medicos und Philosophen, so die Sternkunst verwerfen. Nu» giebt uns auch einigermaßen die Astrologin und Sternkunst aus ihm Geburtsstunde und thernate natatitio Nachricht, daß sie werde zu große», Ehren erhoben werden, weil der Mond, ein Regent des Horosooxi und ersten Himmelshauses, nämlich des Krebses, hat mitten im Himmel
im Jovialischen Zeichen der Fische, wie auch zugleich der Drachenkopf der naturam Jovis und Yeneris in sich begreift, wie dir Astrolog! davon wissen. Und hiervon hat David Origanus, ei» weiland vornehmer Mathematicus und Professor zu Frankfurt, ii Ephemeridihus parte HI. pag. 397 gesagt: domina prima in deciml “ domo et decima in prima confert magnas dignitates. gestanden
Literatur. Im
I.
Meidinger
hier, ist aus Anlaß de! bevorstehenden 80jährigen Dienst-Jubiläum des Feldmarschall Gr»! Wrangel ein Reiterportrait des greisen und populären Ma»m-
Verlage von H.
auszeichnet erschienen, das sich durch guten Farbendruck und Aehnlichkeit Die Richtigkeit des Portrait ist durch seinen persönlichen Adjudantc»,
Herrn Rittmeister von Rabe, approbirt. ein angemessener.
Weile in Berlin. — Verantwortlich für Redaction: Ferd. Meyer in Berlin. — Druck von
_,
Der Preis von 5 Mark
Julius Bahlke
in Berlin.
ii
II.
15. August 1876.
Jahrgang.
Nr. 16.
Unter Mitwirkung von Dr. Vrecht, Prof. Dr. Paulus Kassel, Stadt-Archivar Jidicin, Khcod. Aontanc, Geh. Negier.-Rath Freiherr Dr. von Ledebur Geh. Hofrath L. Schneider, Archidiaconus Schwebe! in Cüstrin :c. :c. herausgegeben von
George Das
Blatt ist
KM
und
Aerdwand Weyer.
durch alle Buchhandlungen und Postämter, sowie durch die Expedition (Puttkamerstr. 8) zu beziehen. — Literarische Beiträge sind an die Verlagshandlung von Alfred Weile zu senden, welche sie der Redaction übermitteln wird. — Inserate, pro 3gesp. Petitzelle 25 Pfg., werden von den Herren Ha äsen stein u. Vogler, Rud. Mosse, Bernh. Arndt, sowie von der Verlagsyandlung (Puttkamerstr. 8) entgegengenommen.
in Berlin
Inhalt.
Der Bär als Stadtwappcn von Berlin, von Dr. Paulus Cassel. — Prinz Heinrich, der Bruder Friedrichs des Großen, von A. v. Crousaz. — Der Bischof der Berliner Schmiedegesellen. Mündlichen Ueberlieferungen nacherzählt von Eduard Krause. (Mit (Fortsetzung.) — Stadt und Burg Lenzen an der Elbe, von Ferdinand Meyer. II. — Märkische Sagen und Gebräuche. Eine Nachlese von Dr. Abbildung.) G. Sello. (Fortsetzung.)
Der Diir als Äadtwappen von Serlin Von Dr. J)aufus fiulfcf.
Berlin Einwanderer aus
in seinem Briese vom 11. Januar 1549 Er meint Berlin, die Bärenstadt (von arctos, den Namen verdient sie nicht etwa durch ihre Etymologie, aber Bär), sondern durch ihr Wappen. Seit dem 13. Jahrhundert, in welchem der Name Berlin's in den bisher bekannt gewordenen Urkunden zuerst erscheint, kommt auch der Bär auf den Siegeln der Stadt vor. Auf einem derselben, aus dem Jahre 1280, sind zwei Bären die Schild¬ halter des rothen Adlers. ^) Es ist ein Gewerksprivilegium der Kürschner, an dem es mit der Inschrift „Sigillum Burgensium Berlin sum“ erscheint und dadurch bezeugt, daß es nicht etwa diesem Jahre, sondern dem stehenden Gebrauche des städtischen Lebens an¬ gehört. Riedels hatte Recht, wenn er bemerkte, es müsse Berlin schon länger nicht unbedeutend gewesen sein, wenn es schon in der Mitte des 12. Jahrhunderts mit städtischen Rechten belehnt erscheint. Seine Entwickelung datirt offenbar aus dem 12. Jahrhundert, und gerade dieses ist der Schauplatz der Erneuerung der Mark durch Albrecht den Bären. Es kann nicht urkundlich erwiesen werden, daß
auch
') Corpus Reformatorum 7. 328. 2 ) Ich berufe mich dabei zumal auf den Vortrag Fidicin s, den er am 11. März 1865 im Berlinischen Geschichteverein gehalten hat, und der in der Spenerschen Zeitung erschienen ist. Er bespricht das Siegel von 1253, 1280, 1338, wo der Bär das Schild an einem Bande hinter sich herzieht, und 1448, wo der Bär den Adler trägt, was bis 1709 im Gebrauch war. Im Jahre 1710 trat das neue Wappen ein, in deffen oberen Schildern der Preußische und brandenburgische Adler, in dem unteren aber der aufgerichtete Bär war, der ein silbernes Halsband trägt. Auch das Wappen von 1839 behielt den Bären mit dem Halsband — ein Symbol, das von besonderer
und Abhängigkeit ausdrücken.
'Älelanchton')
redet
von der urbs arctoa.
»ach
kommen sind,
Deutschlands
daß der Name
ge¬
Köln's
sich herleitet, zumal auch der Name Brühl, von Berlin's unzweifelhaft gebildet ist, zumal im Westen Deutschlands vorkommt?) Man würde im 13. und 14. Jahr¬ hundert das Wort Colonia nicht gebraucht haben, wenn die Meinung von einer Colonie aus der Ferne nicht noch vorhanden war; denn das heimische Wort, von dem man den Namen Köln ableitet, muß noch im Munde des Volkes gewesen sein. Es ist gewaltsam, die Bedeutung Albrecht's auch für die beiden Städte an der Spree zurück¬
Colonia
dennoch von
dem derjenige
zuweisen : das Wappen des Bären kann aus Niemand anders zurück¬
geführt werden. Es ist nicht denkbar, daß man für Berlin — einen Bären als redendes Wappen gewählt hätte; inan würde dann eine Perle gewählt haben, welche im Mittelhochdeutschen berle, berlin
„ein netz von kleinen berlin“ (nach Tristan) heißt, und Perlen im Wappen sind nicht selten. Ein französischer Hofmann, Collier, legte um den Hahn eine Perlenschnur (Collier) als Wappen. Nicht selten auch kommt es
Bedeutung, und daher in Folgendem besonders besprochen ist. 2 ) Mark Brandenburg 1. 400.
dem Westen
aber unmöglich ist es nicht,
Stellung böhmischen
vor, daß
die Wappen die
geschichtliche Dankbarkeit
So trug Erfurt
sein Rad von seiner Mainz; Leobschütz und Löwenberg seine Löwen vom König; Stolp in Meißen sein Bischofsantlitz von
zu
seinem geistliche»
Wohlthäter^);
so
begleitet der
Bär
auf dem ältesten
st Wenigstens ist die sprachliche Herleitung von Cöln noch sehr un¬ Das Rheinische Cöln wird ebenso im Volksauedruck genannt. Ob
gewiß.
!
es eine Colonie gewesen oder nach Cöln benannt ist, läßt sich einstweilen nicht entscheiden. Ich hoffe ausführlich darauf zurückzukommen. Ueber die Rheinischen Brühl vgl. mein „Berlin und sein Name' p. 19. st Vgl. Gercken': Historie der Stadt Stolpen (Leipzig 1764) p. 331.
Siegel den rothen Brandenburgischen Adler. Was nun der Adler in Bezug auf das Markgrafenthum bedeutete, das stellte der Bär in Beziehung zu der Person Albrecht's dar: er erinnerte an die Dank¬ Wenn Albrecht der diesen heldenmüthigen Fürsten. — und Berlin, das in seiner Zeit vorwärts kam, einen „Bär" hieß Bären im Wappen mit dem Adler verbindet, so wird dies Wappen auf Niemand sonst zurückgeführt werden können, zumal der Name Bär für Albrecht nicht blos ein gleichgiltiger Zuname, sondern das barkeit gegen
für
Abbild seiner ganzen Bedeutung
charakteristische
das nördliche
macht
Berlin
wenn
einen
tiefgehenden interessanten Charakterzug aus,
das Wappen des Bären
mit Berufung
aus den Ge¬
danken annahm, in welchem er Albrecht beigelegt und von
ihm
ge¬
tragen wurde.'')
Mir weshalb
scheint,
es
Albrecht
sei
nicht
noch
diesen
ganz
Beinamen trage.
klar dargelegt worden,
In
Urkunden
kommt
ihn erst in seiner letzten Wirksamkeit Bernburg kann er nicht entlehnt sein, da Von zu haben. erhalten Sein sein Vater und er selbst in jüngeren Jahren nicht so hieß. Wappen ist der Bär nicht gewesen, dessen Zuname nur ihm allein und keinem Andern aus seinem Geschlecht eigen gewesen. Wenn Helmold ihn dem Fürste» beilegt, so ersieht man, daß er im Munde des zeit¬ Man wird ihn eben auch in Chroniken genössischen Volkes war.') nicht nachweisen, ehe sein Kampf mit den Welfen begann. Ohne er nicht
vor,
scheint er
auch
Heinrich den Löwen hätte
es
nie einen Zunamen des
Bären
ge¬
Heinrich, und ein geben, mit tieferliegender, historischer Gedanke ausgedrückt ist. Es sollte darin dem der ganze politische Gegensatz zu
der Gegensatz des
Nordens
zum
das Fremde ausgedrückt sein.
Tante Heinrichs
des
Stolzen,
Süden,
War so
des Einheimischen gegen
auch seine
contrastirte er
Mutter Eilika
die
doch sein Geschlecht
zu dem des Welfischen Hauses,
als eines nordisch-sächsischen zu dem der deutschen Vorstellung dem — gegenüberstand. ausländischen Thiere, Löwen, dem er selbst pflegte und Aber auch der stolze Name Heinrichs, den südlich-fremden — wie der
feierte, hat seine politische,
Bär in
so
zu
sagen
staatsrechtliche Bedeutung.
Gewiß war er zumeist dem Norden zu und Albrecht entgegen ge¬ richtet. Heinrich war ein Knabe von drei Jahren, als sein Vater, der stolze Herzog von Baiern und Sachsen, mitten im Kampfe mit Gegen das Erbe des Knaben richtete sich dem Kaiser Conrad starb.
nun auch der Angriff Markgraf Albrecht's; aber grade das erwarb 8 dem Kinde die Sympathie der Fürsten. Aus Liebe, „filii parvuli“ ) Heinrich war aus dem. Geschlechte der erhoben sie sich für ihn. Welfen; Welf aber bedeutet im Allgemeinen ein Junges, zumeist °) Auf andere Ortsnamen, wie Bern, Bernburg, Bernstadt einzugehen, war hier keine Bcranlaffung. Sie leiten sich nicht vom .Bären" ab, und ihr Wappen ist offenbar ein anderes. Auch muffen wir für jetzt auf alle die Wappenbildcr, die einen Bären haben, einzugehen, verzichten. Zeit und Mittel sind im Augenblick nicht parat. Ueber einen eigenthümlichen Fall, daß die Familie von Behr aus dem Hause von Gützkow nicht blos den Bären, sondern, wie man meinte, Schwanhälse im Wappen haben, ist von mir 1863 im .Berliner Wochenblatt" gehandelt worden. ES waren keine Schwanenhälse und hatte nichts mit Swantibor zu thun. sondern Gänsehälse, da gus, guzka, guska wendisch, russisch, slovenisch die Gans heißt, und die Familie Behr ans dem Hause Gutzkow war. Die Umschrift de des Siegels von 1283, welche verstüninielt war Borens . . . ene“, konnte daher nicht in Berenswene ausgelöst werden, sondern in Berenstein, da sic Herren von Bernstein waren. (Vgl. Ledebur im Archiv für AdelSwiffensch. p. 107, und Lisch: die Familie Behr, 2. p. 23.) Meine Auslegung ist von den betreffenden Schriftstellern freundlich acceptirt
„Lippoldi.
worden.
') Ich glaube 1. 88. zuerst, was G. W. von Raumer Reg. Hist. Br. „Orientalem LIavium tenebat Adelbeitus Marchio, cui cognomento Ursus, qui etiam propitio sibi Deo amplissime fortunatus est etc.“ Spätere Chroniken haben es häufig. zu 1163 stellt:
) Anonym. Weingartens, bei Hess. monn. 1. 35.
8
was in der Sage noch immer deutlich durchschimmert, war gegen Albrecht gerichtet, in
dessen
Angriff
der Welflewe erwuchs.
Deutschland kannte keinen Löwen, sein stärkstes Thier war der
Bär,
der Repräsentant des Nordens
in weiten Sagen
der Völker,
wie wir noch sehen werden.
Deutschland geworden ist.
Es
Wie ein junger Leu erhob er sich, um seine Die Welfen leiteten sich aus südlicher Heimath ab; Heinrich nahm das Omen an, und richtete stolz und drohend sein Welfenbild, den Löwen, in Braunschweig (1166) auf. Er hat — seinen Löwenmuth bewahrt bis an das Ende, aber sein Name,
einen jungen Löwen?) Rechte zu vertheidigen.
Wie der Löwe König der Thiere war, und durch den Einfluß Literatur diese Würde auch da be¬ hauptete, wo es keine Löwen gab, so stand ihm im Norden der Bärgegenüber. Treffend nennt sich Wildifer (Waldbär), der als Mann und Bär erscheint, Weißlöwe.'°) Der Held Asprian, den man, wie in der Sage erzählt wird, durch einen Löwen in Constantinopel erschrecken will, scheint ihn für einen gelben Bäre» zu halten, indem er verächtlich den Verweis, den jungen Bären, an die Wand wirft.") Eine Fabel mit historischem Hintergrund läßt statt des Löwen den Bären als König erscheinen, dem alle Thiere gehorchen.' 3) Sie stammt merkwürdiger Weise aus Baiern. Eine tapfere Schaar kommt dahin zurück, in ihr uraltes Heimathland, aus dem sie früher ver¬ trieben; sie läßt sich frei und stark nieder und will dem Römischen Kaiser den Zins nicht geben. In der Parabel werden die Heim¬ der Römischen und Griechischen
gekehrten zum freien starken Hirsch, der Unterhändler zum Fuchs, der
Kaiser aber wird mit dem
Bären
verglichen.
ganz deutlich an die Sage der Welfen, wie
garten erzählt. seien
„auf ihre
Mönch von Wein¬
in ihr Land gekommen, Kräfte vertrauend" (proprüs viribus confisi,
Deren Vorfahren, als eigenen
Die Fabel erinnert
sie der
sie
wie vom Hirsch gesagt wird „fidens“), mächtig geworden und hätten dem Kaiser den Zins versagt. 13) Was dort vom Römischen Kaiser sagen¬
haft erzählt wird, geht hier ohne Zweifel auf den Sächsischen Kaiser, der dann mit Recht mit dem Bären verglichen wird. Es mögen die Kämpfe gegen die Sächsische Herrschaft unter Otto dem Großen den Hintergrund gewähren. Wunderbar genug stellen sich auch in Baiern ähnliche Stimmungen dar, wie sie späterhin Albreä)t gegen Heinrich Hier erscheint der „Bär" als Tyrann und den Welfen gehegt hat. Römischer Kaiser. Der Nanie Brun, den der Bär in der Thiersage trägt, erinnert an den altsächsischen Namen Bruno (Brun), den zumal In den der „große Bischof", der Bruder Otto des Ersten, trug. Versionen der Dichtung von Reinecke Fuchs ist zwar der Schauplatz ein anderer, als auf dem Heinrich der Löwe und Albrecht sich be¬ kämpften, allein es wird doch auf historische Verhältnisse angespielt, wenn Reinecke von Verschwörungen spricht, in denen der Bär als Haupt gegen den Löwen stand. Sein Vater wäre zum Bären in das wilde Ardennenland gegangen; er solle lieber, sprach er zu ihm, Froh war Brun, denn das nach Flandern, wolle er König sein. war von jeher sein Verlangen. Es war ein Bund des Nordens, der geplant ward, denn „die (Hessen) Katze» und die Bären Braun's
Sold insgesammt begehren; und
die Füchse
mit
den Dachsen
von
Ich kann nichts Bcfferes thun, als auf Müller im Mhd. Wörter¬ Stellen in Fülle hat. Vgl. Sck)meller 4. 66.: „Dar weif des Lewen“, „Der Leon weif grimm ent“, „Die weiser des Leon“. Ebenso bedeutet scymnus im Griech., wenn auch ®)
buch 3. 563. zu verweisen, der die betreffenden
jedes Junge, doch zumal das Junge des Löwen. ,0
) Wilkinasage cap. 142. Vizleo. Grimm: Reinhart Fuchs p. XLYH. ,2 der Parabel von Cervus und Ursus, wie sie aus Der tbesaurus ) Grimm im Reinhart Fuchs p. L. mitgetheilt hat. Vcrgl. mein Büchlein vom Frieden. Berlin 1871. p. 15. ,3 Anonymus Weingart, bei Hess. Monn. Guelf. 1. ) p. 3. §. III.:
")
I.
In
„linde in tantmn ditati sunt, ut divitiis et honeribus regibus prcstantiores, ipsi quoque Romano imperatori hominium facere recusabant. Et proprüs viribus confisi.“
*
Thüringen und Sachsen durch einen Eid sie sich verpflichten, würde ihnen nian vorher entrichten den Sold von zwanzig Tagen, dann werden sie gleich zieh» heran und Alles thun dann Braun zu Lieb."") Auch die Scherze, welche erzählt werden, wie Reinecke den Braun betrog, haben ihre Beziehung auf den Trug, dem die groben und starken Norddeutschen
Heinrich mit jener an den Sieg von Freiberg geknüpften literarischen Aeußerung seines Königlichen Bruders, die anfänglich mitgetheilt wurde.
Es war !
durch die Tücke des Fuchses unterlegen sind,
insbesondere damals, als er
Braun in
die Klemme brachte,
in
Dis
der er
beinah erschlagen ward.
traf :
I
Bär einen Stumpfschwanz hat, erzählt desgleichen Fabel: weil er im Wasser eingefroren war und nun
sich
Bär
Z,i
Der Friedcnscongreß trat
Cassel zurück; durch die 1
:
|
schon
sich
ohnmächtig und
im Dezember 1761
mit Ansang November
eintretenden Friedens-
Präliminarien zwischen Frankreich und England wurden auch die Feindseligkeiten des Englisch-Hannoversche» gegen das in Deutschland befindDer am 10. Februar 1762 ratificirte liche Französische Heer sistirt. Friedensschluß von Paris endigte den siebenjährigen Krieg auch »ach der Westseite hin.
In Betreff jener fünfzehnjährigen Friedenszeit, welche zwischen Hubertsburg und dem Bayerischen Erbfolgekriege liegt, kann Heinrich's militärische Arbeit hier nicht in Betrachtung kommen. Ein Feldherr seines Standpunktes steht nur da, wo die eisernen Würfel fallen, im
des Großen.
vollen Lichte.
von K. v. Erou8üz.
Die wirkliche Lebensbeschreibung mag auch in das Detail nur den Brennpunkten
seiner Friedenspraris eingeh», hier aber, wo es
(Fortsetzung.)
und Hauptsachen gilt, würden die Eindrücke dieser dadurch geschädigt werden. Dagegen springen einige politische Facten dieser Zeit so in's
Am 4. November traf Friedlich in Meißen, am 9. in Freiberg ein und hielt, vom Prinzen geführt, hier seine Umschau auf dem Schlachtfelde. Zollte schon obiger Brief dem Sieger von Freiberg
Auge, daß
sie
zur allseitigen Kennzeichnung unseres Helden auch hier
erwähnt werden müssen.
eine große Anerkennung, so geschah dies jetzt um so mehr durch das
Sehr originell war es vorerst, daß im September 1764 eine Partei Polnischer Patrioten den Prinzen Heinrich für den Königsthron zu Warschau erbat. Das Sächsische Kurhaus sah sich von diesem,
seine bedeutendste Ehrenkrone aber empfing
M cf. Gayder, Reinhart Fuchs, Breslau 1844. No. 2255, 2468 rc. ) p. 60—66. 1S ) cf. Reineke Voß in der Ausgabe von Hoffman» von Fallersleben, Breslau 1852 v. 725. p. 17. Weder Soltau und auch nicht Goethe geben den naiven Reiz des Originals wieder. Uebrigens ist er hier als gericht¬ licher Büttel wider den Fuchs gebraucht, wie er in der Ecbasis gegen den
nach dem Tode August's
III.,
verdrängt; Polen war zerfahren und
anarchisch, und von Rußland wurde ihm der von
Katharina begünstigte
Graf Stanislaus August Poniatowsky als König zugedacht. Während dies in der Schwebung war, erschien im Sommer 1764 eine Polnische Deputation zu Potsdam, und stellte dem großen Könige die Petition: „Donnez-nous le prince Henri pour roi“, wurde aber von Friedrich,
Wolf verwandt wird. ’ 6 Aus Asbiörnsen, auch aus Scheible Kloster 9. 955. ) Aus der Ecbasis in Grimm und Schwellers Lat. Gedichten des Mittelalters, Gott. 1838, p. 299. — In einer litth. Sage wird die Ueberlegenheit des Bären über den Wolf drastisch dargestellt. Schleicher, Litth. Sagen p. 6. 7. einem Bolksliede kommt er mit einem Faß von Alus angefahren, um dem Wolf Hochzeit zu machen, es. Rhesa: Dainos, p. 69.
unter Forderung eines gänzlichen Stillschweigens über
diese
Sache,
kurz abgewiesen.
Die Berechtigung und Zweckdienlichkeit eines
In
Abendland, p. 141.)
redncirt war,
Was die Franzosen betrifft, so hatte der Herzog Ferdinand auch 1762 Westphalen und Niedersachsen gegen sie gut vertheidigt, und sie waren nur in den Besitz Hessens gelangt. Schließlich eroberte Ferdinand
für das Wappen Berlin's.
,8 Vom Bären wird im Mittelalter gesagt: brimmen, erbrimmen ) (Wackemagel voce, ani malium p. 60). In der Ecbasis v. 508 wird von ihm gesagt, native murmure natus, wie etwa von Otto dem Großen gesagt wird, daß er in der Abtei von Emmeram „ore Secunde saxonizans“, cf. Hirsch, Heinrich II. p. 6. Im zweiten Targum zu Esther wird, wie im lateinischen, der Ausdruck saeviunt von ihnen gebraucht, und es müßen doch wohl Bären verstanden werden. (Vgl. mein Morgen- und
so
ein, die Friedensurkunde zwischen Preußen und Oesterreich wurde am 15. Februar 1763 auf Schloß Hnbertsburg unterzeichnet.
Ein vaterlandshistorisches Gedenkblatt
Wort Friedrich's;
es dem Letzteren,
am 24. November einen Waffenstillstand mit Friedrich; das
preisgegeben.
(Schluß folgt.)
Prinz Heinrich, der Sruder Friedrichs
Wied beim Prinzen Heinrich ein, und wird
Reich riß sich von Oesterreich los, und war an
angewendet.
Albrechts — und wurde zu einer Ehre
auch
schloß
der lateinischen Fabel der
Jean Paul redet von der Bärensprache'^) der Deutschen, wie er die Residenz die Bären grübe für die Provinzialen nennt, weil sie darin gefangen und dann gezähmt werden. Nicht blos Lessing, wie Grimm meint, läßt die Daja den Tempelherren einen deutschen Bären nennen, das thut auch Calcagno in Schillers „Bären, die Deutschen, pflanzten sich vor den Alten wie Fiesko: die Felsen!" Aus solchen Vorstellungen und Gedanken erwuchs der Name
mündliche
Reichs-
da er allerdings ehrgeizig war, erwünscht gewesen sein, den Sieg, auch ohne jene Verstärkung, so vollständig errungen zu haben. Jetzt, wo
Heinrich verstärkt und Haddik in seinen Streitkräften
tragen,") als Waldbär, und den Büttel gegen den Wolf machen, obschon er doch diesem näher wie dem Fuchs steht. Ueberall, wo man den Norden, das Nord¬ deutsche und zuletzt Deutschland selbst bildlich bezeichnen wollte, wurde der
sich die
konnte Letzterer auch selbst eine belangreiche Defensive kaum mehr in Aussicht nehmen. Oesterreiä) wurde seiner Niederlagen müde, und
der
losreißen muß. ,(i) Ecbasis muß er aus Gehorsam Holz
mit Gewalt
Sieges war, daß
Erstere ging nach Böhmen zurück, Haddik aber concentrirte sich, um Verstärkungen von Daun abzuwarten, bei Dresden. Zwei Tage nach der Freiberger Schlacht
de stunden al na Brunen lyve. 15)
Warum
nächste Folge des Freiberger
armee von den Oesterreichern trennte.
Geholt mit de krummen Vingern linde syn swager kuckelrei aldermest siegen dessen zwei. Abel Quak und dartö vrun Jutte Unde Talke Lewen Quaks, de siech mit der butte nicht dessen allene, men al de vywe
die norwegische
die stets wirksamste Würdigung des Genie's durch das Genie; Feldherr des vorigen Jahrhunderts ist von einem größten Meister kein der Kriegskunst so verständnißvoll und von Herzen gerühmt worden, wie hier der Prinz Heinrich.
solchen
Verhaltens
liegt zu nahe, als daß
sich darüber eine falsche Meinung bilden könnte. Friedrich würde seinem erleuchteten und vielgeliebten Bruder einen
glücklichen Thron nicht blos gegönnt, sondern ihm, i
;
|
'
!
ständen,
in geeigneten UmHier aber
auch den Weg zu einem solchen geebnet haben.
handelte es
sich
um ein Objekt, welches nur auf halsbrechendem Pfade
zu erreichen, und dann schließlich doch nur ein Scheingut und eine Dornenkrone war. Das Polnische Königsthum konnte, seitdem Polen
ein Wahlreich geworden, nur für ein Martyrium gelten; die Parteiungen und Leidenschaften zerrten es hin und her, und es stand auf der Pulver-
152 Heinrich's cortectc Natur und der Polnische Wirrwarr standen Widerspruch; Preußen würde an solchem Regime dieses grellem in Prinzen nur einen Kummerpunkt gehabt, und eine widersinnige Com¬ mitte.
bination dieser Art
sich
schnell und unter Convulsionen wieder gelöst
Und wenn dies Alles nicht gewesen, wenn Heinrich nicht,
haben.
so
Fall war, blos von einer Polnischen Partei, sondern von der ganzen und einmüthigen Nation Polens gewählt worden wäre, — die augenblicklichen Verhältnisse waren von solcher Art, daß dieser Weg sich nur bei äußerster Gefährdung unseres Preußischen Vaterlandes betreten ließ. Wenn Friedrich jetzt seinen Bruder zur Polnischen wie
es
der
Thron Schwedens besteigen, 'und auf ihm den von seiner Mutter ererbten thatkräftigen Geist geltend machen sollte, lag zu dieser Zeit Heinrich blieb, wohl unter gemischten Eindrücken, schon ganz nahe. in Schweden bis gegen Mitte Oktober, und ging dann nach Peters¬ burg, wohin ihn die Czarin Katharina eingeladen hatte. Daß sein Besuch in Schweden mit, und derjenige in Rußland »nr durch politische Gründe bestimmt war, ist unverkennbar. Man recognoscirte eben den ganzen Horizont unserer vorherigen Gegnerschaft direct, während es durch den diploinatischen Verkehr immer nur inden
direct geschehen konnte.
Mit
dem jetzigen Oberhaupte Oesterreichs ver¬
Friedrich unmittelbar; nach Schweden und Rußland sandte
Thronkandidatnr gelangen ließ, so widersprach dies den Absichten Ru߬ lands in solcher Weise, daß dies sofort seinen Bruch mit Preußen herbeiführen mußte. Dann öffnete sich der kaum geschlossene Jannstempel wieder. Oesterreich stand noch grollend bei Seite, und würde
ständigte
vielleicht die Gelegenheit benutzt haben, neuerdings gegen uns aufzu¬ treten; von England ließ sich jetzt keine Hülfe erwarten, — dann
allgemeinen, nur noch das speziellere Motiv zu Grunde gelegen, in Be¬ treff des schwebenden Krieges zwischen Rußland und der Türkei eine Mediation auszuüben; — aber eben so deutlich ist es, daß dort von der Czarin die ersten Anregungen zu einem auf Polen bezüglichen Projekte ausgingen. Eine Frage dieser Art wurde zwischen ihr und dem Prinzen Heinrich ventilirt, der Letztere berichtete an den König und dieser nahm die Sache in weitere Erwägung. Die 1773 statt¬ gefundene erste Theilung Polens entwickelte sich allerdings, wie es bei so großen Katastrophen stets der Fall ist, aus Verhältnißstellungen und Combinationen des Völkerlebens, denen auch die Lenker der Staaten untergeordnet sind; — so weit aber die Antriebe zu dergleichen über¬ haupt einzelnen Personen und Momenten zugeschrieben werden können, muß für jenes tief eingreifende Ereigniß das Grundmotiv in den zwischen Heinrich und der Czarin gepflogenen Erörterungen gesucht werden. Fünf Jahre später, nämlich im April 1776, erschien Prinz Heinrich neuerdings, und zwar gerade zu der Zeit, wo der Czarewitsch Paul seine erste Gemahlin verloren hatte, in Petersburg. Die Czarin und Prinz Heinrich stimmten darin überein, daß eine zweite Verheirathung des Russischen Thronfolgers wünschenswerth sei; die Wahl des Letzteren wurde, durch Heinrich's Einfluß, auf die Prinzessin Sophie Dorothea von Württemberg gelenkt, und der Großfürst verheirathete sich dann mit dieser im October 1777. Da die in Rede stehende Prinzessin Friedrich's zweitgradige Nichte war, und der Prinz Heinrich bei dieser Gelegenheit die Wünsche der Czarin erfüllt, auch gleichzeitig eine zwischen ihr und dem Thronfolger gewesene Ver¬ stimmung geschlichtet hatte, so gab dies Alles für ein ferneres freund¬ schaftliches Zusammengehen Preußens mit Rußland neue Hülfen und
Die Finanzen waren erschöpft, Land und Volk dürsteten nach Erholung, ein neuer Krieg aber würde sie ruinirt haben; man hätte für jenes Phantom eine factische goldene Krone auf's Spiel gesetzt — das ging absolut nicht. Prinz Heinrich soll, als er erst später von dieser Sache erfuhr, es bitter empfunden haben, daß diese ihn angehende Schicksalsfrage ohne sein Mitwissen abgewiesen war. Die Nothwendigkeit ihrer Verneinung an sich einzusehen, war er scharfsinnig genug, und diese seine Verstimmung darf also nicht mißverstanden werden. Poniatowsky wurde am 7. Sep¬ tember 1764, durch Rußlands und Preußens einmüthige Mediation, zum König von Pole» erwählt, und als solcher von allen Europäischen Mächten anerkannt; Preußen conservirte sich den Frieden, und der Prinz Heinrich war aus der größten Gefahr, die ihn in dieser Zeit bedrohen stand man wieder auf dem alte» Fleck.
konnte, errettet.
Im
August 1769 war Prinz Heinrich bei der immerhin belang¬ reichen Zusammenkunft Fricdrich's mit Kaiser Joseph II., welche in Neiße stattfand, gegenwärtig, und hier befand er sich in der Mitte zwischen einer schon über ihren Zenith hinausgekommenen und einer erst
emporblühenden Größe des Erdkreises.
Friedrich war zu dieser
Zeit 57, Joseph 28, Heinrich 43 Jahre alt;
der Kaiser stand vor
einem majestätischen Brüderpaare, welches allen Völkern imponirt, den
alten Reichsboden erschüttert, das Kaiserhaus in Schrecken gesetzt und es doch zur Bewunderung hingerissen hatte. Der Kaiser war während des ersten Schlesischen Krieges geboren, und hatte sein bisheriges Leben theils inwährend der Oesterreichisch- Preußischen Kriegsdonner, theils doch unter den Eindrücken politischer Spannung zwischen Habs¬ burg und Hohenzollcrn, hingebracht; — um so schöner, daß er jetzt einen Schritt vorwärts that, um den alten Groll auszulöschen. Das Genie gravitirte zum Genie; — es waren drei außerordentliche Männer,
sich
Vertrauensmann, um die dortigen Getriebe und Stiinmungen erkunden und seine Politik danach modeln zu können.
er seinen eigensten
Gewiß hat auch der Reise Heinrich's nach Petersburg, außer diesem
Haltpunkte.
Heinrich's betreffende Mediation stellt
sich demnach
als
eine weitgreifende politische Handlung dar, durch welche der Preußische
Besitz Schlesiens und die neue Preußische Großmachtstellung gewisser-
maßen
garantirt wurden; wenn Preußen und Rußland einträchtig
welche hier, scharf beleuchtet, zusammenstanden, und durch deren Be¬
blieben,
so
der jetzige äußere auch zu einem inneren und festen Frieden
werden.
gegnung
sich
Deutschlands zu gestalten schien.'
Im September 1770 begab sich Prinz Heinrich, während sein Königlicher Bruder den vorjährigen Besuch des Kaisers in MährischNenstadt erwiederte, nach Schweden, um seine Schwester Louise Ulrike, die an den König Adolph Friedrich von Schweden verheirathet war, Er hatte sie seit seiner Knabenzeit nicht wiedergesehen, zu besuchen. und was lag Alles zwischen jetzt und damals! Die Ereignisse von 26 Jahren thürmten sich bergehoch, Zeiten und Menschen waren ver¬
wandelt; Ulrike hatte es nicht verhindern können, daß ihr neues gegen ihr altes Vaterland, ihr Gatte gegen ihre Brüder Krieg führte. Prinz Heinrich fand seine Schwester früh gealtert; sie war, von den Schwierigkeiten jener damaligen inneren Politik Schwedens und an der Seite eines ihnen nicht gewachsenen Monarchen, niedergebeugt, besaß aber stolze kräftige Söhne und eine blühende Tochter. Ein Wendepunkt ihres Lebens, in welchem ihr ältester Sohn (Gustav III.)
konnte Oesterreich allein unserem Vaterlande nie bedrohlich
Zwanzig Jahre nach ihrer Verheirathung bestiegen Paul und Sophie Dorothea den Russischen Kaiserthron, und aus dieser Verbindung entsprangen die Czare des bisherigen neunzehnten Jahr¬ hunderts. Die unter Katharina II. i»’§ Werk gesetzte Harmonie zwischen
Rußland und Preußen ist in dem seither vergangenen Jahr¬
hunderte wirklich und eigentlich nicht wieder gestört worden, denn das
Intermezzo von 1812 war nur von Außen erzwungen, von kurzer Dauer, und ein zu festerer Vereinigung führender Durchgang. Die Geschichte zeigt nur selten eine so dauernde und solide Staaten¬ freundschaft wie diejenige, welche, seit Friedrich's letztem Decennium, zwischen Preußen und Rußland besteht, und wenn man sich der daraus hervorgegangenen allgemeinen und speciellen Vortheile bewußt wird, so
muß dabei auf den Prinzen Heinrich, der
für
die ursprüngliche
Gestaltung solcher Verhältnisse erfolgreich mitgewirkt
mit Pietät zurückgeblickt werden. Der Bayerische Erbfolgekrieg (1778—79)
hat,
auch
in
diesem Punkte
versetzte den
Prinzen
153 Heinrich aus seiner politischen in die kriegerische Action zurück; er
rungen
fünfte Lebensdecennium begonnen war, doch Seinem Feldherrnthuine schon seinen letzten Kursus der Waffen. haben sich also überhaupt keinerlei Schwierigkeiten des Alters, wie sie späterhin einen Braunschweig und Möllendorf k. behelligten, in
Elbufer, bis zur Sächsischen Prinz Heinrich Gabel genommen hatte, ging Laudon südwärts bis in die Gegend von Jung-Bunzlau zurück, während auch andererseits das linke Elbufer geräumt wurde. Der General-Lieutenant v. Möllendorf, welcher an der Elbe den äußersten rechten Flügel von Heinrich's Operationslinie bildete, nahm am 8. August Leitmeritz, wo ihm bedeutende Kriegsvorräthe in die Hände fielen; der Prinz Heinrich selbst rückte am 9. in die von den Oesterreichern verlassene Position von Niemes. Seine ganze Stellung stützte sich jetzt auf Reichenberg, Niemes und Leitmeritz, und der Feld¬ zug war von ihm glänzend eröffnet worden. Was geschah unterdessen bei dem Hauptheere, wo dem König der Kaiser Joseph persönlich gegenüberstand? Das Heer des Letzteren nahm, vour rechten Ufer der oberen Elbe, etwa zwischen Jarrmirz und Königgrätz, eine sehr feste Stellung ein, während auch die nord¬
machte jetzt, wo erst das
den
Mau
Weg gestellt.
sah jetzt, daß der
Politik
Oesterreichs noch
nicht zu trauen, der Kaiser Joseph, gerade vermöge seines Genies und Thatendranges,
war.
Als
sich,
auch
zu politischen Ausschreitungen
hinneigend
bezüglich des Bayerischen Erbrechtes, welches Oester¬
wollte, deffen Verständigung mit Preußen nicht ließ, fand schon im April 1778 die Mobilisirung unserer Streitkräfte statt, und Friedrich bildete zwei Armeen, von denen er die Schlesische selbst übernahm, und diejenige in Sachsen wiederum reich an sich reißen
erreichen
Die alten Feldherrn standen, dem alten Feinde gegenüber, wieder in ihren früheren Territorien, aber
dem Prinzen Heinrich anvertraute.
man verfügte jetzt über größere Streitkräste und hatte nur den Oester-
Front; man hegte größere Projekte und vollbrachte viel kleinere Kriegshandlungen, als zur Zeit des siebenjährigen Krieges. „Friedrich soll aus Schlesien und Prinz Heinrich aus Sachsen in das Land der oberen Elbe und Moldau rücken; diejenige Armee, welche auf des Feindes Hauptmacht trifft, wird sich defensiv, die andere desto offensiver verhalten; man findet den Vereinigungspunkt, siegt in einer Hauptschlacht, erobert Prag, gewinnt Brünn und dann die Donau rc." Dieses Programm Friedrich's blieb danials eine Theorie, und ist erst 88 Jahre später, dann aber sehr präcise und schnell, ausgeführt worden. reicher vor der
die Preußischen
Regimenter;
Juli
sie
belief
sich
auf 73,000 Mann und
mit 85000 Mann schon am 5. Juli, zunächst auf Nachod dirigirt, in Böhmen eingerückt war. Was die Oesterreicher betrifft, so wurde ihr auf 116,000 Mann veranschlagtes Hauptheer, welches der Kaiser stand am 8.
bei Dresden concentrirt, nachdem der König
Joseph selbst befehligte, im nordöstlichen Böhmen Friedrichs directer
Widerpart; der jetzt schon betagte Laudon stand mit 59,000 Mann n cheval der Elbe und bedrohte die Oberlausitz; ein nur 12,000 Mann zählendes Beobachtungscorps endlich war nach Mähren detachirt. Im Ganzen beliefen sich sonach die jetzt im Felde stehenden Oesterreichischen Streitkräfte auf 187,000 Mann, und ihnen standen nur 158,000 Preußen gegenüber, die durch ein Sächsisches Hülfscorps von 18,000 Mann bis auf 176,000 verstärkt wurden. Bestand hiemach ein ziemliches Gleichgewicht der äußeren Kräfte, so fielen für Oesterreich die HaltPunkte, welche in Böhmen sein eigenes Land und Volk darbot, sammt den dort vorbereiteten festen Positionen ziemlich schwer in die Wag¬ schale; noch viel mehr aber galt Friedrich's Geist und Kraft, die überlegene Preußische Führung, Schule und Disciplin. Prinz Heinrich brach ani 19. Juli von Dresden auf, und wendete sich südostwärts
ihm, vom 28.
Juli
ab,
gegen
das Lausitzer Gebirge,
welches von
in mehreren Kolonnen und unter Ueberwin¬
dung der äußersten Schwierigkeiten, überschritten wurde.
Er umging
und vertrieb die nach Rumburg und Gabel vorgeschobenen feindlichen
Posten, ließ bei Gabel,
welches befestigt wurde, die Sachsen zurück,
und erschien, wie ein „deus ex
machina“ vor
der Front Laudon's.
Dieser Uebergang Heinrich's über ein ganz unwegsames und von vperirenden Truppen vorher noch nie beschrittenes Gebirge, war ein
und kann, in seinem allerdings viel immer einigermaßen mit den vielbewunderten Alpenübergängen Hannibal's und Bonaparte's verglichen werden; selbst der umsichtige Laudon hätte eher alles andere, als solch' ein Experiment seines Gegners erwartet. Meisterstück der Kriegskunst,
engeren Rahmen,
doch
Laudon stand, in der Mitte Juli, mit seiner Hauptmacht bei Niemes, und breitete sich, west- und südwestwärts, mit seinen Detachi-
aus, daß auch Leitmeritz, Aussig und Peterswalde von
Grenze hin, beherrschte.
Als
indessen
westlicheren Elbübergänge von seinen Detachirnngen besetzt waren.
Seine ganze Front wendete
doch
Zu der zweiten Preußischen Armee, welche Prinz Heinrich be¬ fehligte, gehörten die Westphälischen, Magdeburgischen und theilweise
so
diesen besetzt waren, und er also beide
Jung-Bunzlau
die seinige
nach
sich
ostwärts, während Laudon bei
Nordwest
kehrte,
und
die
beiden
Für den König, der bei Welsdorf lagerte, war ein direkter Angriff auf das Oester¬ reichische Hauptheer, bei dessen fester Stellung, kaum rathsam; da aber die Subsistenzmittel seiner Truppen, in der engen Region, welche
Oesterreichischen Heere so eigentlich dos-ä-dos stauben.
er
einnahm,
täglich
knapper wurden,
auch einer Vereinigung
beiden Oesterreichischen Heere eigentlich Nichts
mußte
dem
gegenüber
durchaus
der
im Wege stand,
etwas Ernstliches
geschehen.
so
In
Sinne beabsichtigte Friedrich vorerst die Elbübergänge bei Arnau und Hohenelbe zu gewinnen; über letzteren Punkt hin konnte ihm dann Prinz Heinrich, wie es in seiner Absicht lag, die Hand diesem
reichen,
und wenn dann die beiden Preußischen Heere früher als die
beiden Oesterreichischen vereinigt waren, so ließ sich für diesen Fall eine überwältigende Offensive in Aussicht nehmen. Die Ausführung dieses Projektes verzögerte sich indessen durch neue und doch wieder unannehmbare Friedensvorschläge, welche der Kaiser that. bis zum 15. August; zu dieser Zeit aber hatte sich das Heer Joseph's in
solcher Weise nach seinem linken
Flügel hin concentrirt, daß
die beab-
sichtigten Vorstöße gegen Aman und Hohenelbe nickst mehr ausführ¬
(Schluß folgt.)
bar erschienen.
Der Bischof der Berliner Schmiedegesellen. Mündlichen Ueberlieferungen nacherzählt von Es. jirausc.
(Mit Abbildung.) Der Bischof ist eine in Holz geschnitzte, sitzende Figur, 39 Ctm. hoch, in Hemdsärmeln, schwarzer Weste mit goldenen Knöpfen, schwarzen Kniehosen, weißen Strümpfen und Holzschuhen, mit einem Schurz¬ leder und Pelzmütze angethan.
In
der Rechten schwingt er einen
Hammer an langem Stiele, die Linke hält ein gewaltiges Hufeisen, auf welches er mit dem Hammer zu schlagen im Begriff ist. Im Munde hält er eine kurze Holzpfeife. Er trug ftüher auf der Pelz¬ Um de» mütze noch eine Krone, die aber abhanden gekommen ist.
Hals hängt
eine Kette von Messingperlen, an der 9
zugsorden, ein Tempelhofer Ordenskreuz von
Stralauer
Fisch¬
Blei mit Inschrift —
Erinnerung an Tempelhof — und eine länglich runde Messingmedaille angebracht sind. Letztere hat auf jeder Seite das Kniestück eines Heiligen, auf der einen Seite die Umschrift: 8. FRAN. XAVER IN. A. auf der andern: 8. IGNAT. LOS. I. Der „Bischof" hat schon weite Reisen gemacht, und es sind seinetwegen sogar auch Prozesse geführt worden., Er befand sich früher
154
in
der Schmiedeherberge zu Breslau, aus welcher er eines Tages ver¬
Mehrere Jahre später wurde er beim Fischen
mit
Germanicus, künstlich angelegt worden sei.
Für
den
römischen Ur.
dem Netze
sprung spreche der Umstand, daß dieser Erdhügcl, selbst in der größten
aus der Oder gezogen.
Der Fischer hatte oft von dem hochgerühmten Bischof der Schmiedegesellen gehört, erkannte ihn sofort nach der ihm
Tiefe, von vielen Baumstämmen durchschnitten und durch dieselben be. festigt sei.')
gewordenen Beschreibung wieder und übergab ihn seinen rechtmäßigen
Auf folchen Erhöhungen wurden römische Siegeszeichen an hohen, dazu eingegrabenen Bäumen errichtet — sie gaben, als Ehrendenkmäler,
schwand.
Darüber herrschte nun unter Letzteren so große Freude, daß drei Tage lang in ganz Breslau kein Schmiedegeselle arbeitete, son¬ dern alle in Festkleidern zur Herberge eilten und ihren Bischof in feierlichen Umzügen durch die Stadt trugen. Doch Nichts ist beständig in der Welt, nicht einmal der Besitz eines Bischofs, denn dieser wurde später — der Attentäter, ein Schmiedegesell, soll noch leben — von Breslau nach Berlin gebracht. Daraus hätten sich dann Prozesse entsponnen, jedoch mit ungünstigem Erfolge für die Breslauer. Der Bischof blieb in Berlin, mit Herren.
kleinen
einer
Kunde von dem siegreichen Vordringen der Römer in Deutschland.
Als DrusuS Germanicus in jenem Jahre
Malen,
zu wiederholten
von Gallien aus, über den Rhein in Germanien eindrang, nahm er seinen Marsch
Vor ihm flohen
das Land der Katten (Hessen) bis zur Elbe. die Longobarden von dem linken auf das rechte Ufer
durch
dieses Flusses, und ihnen nach sandte
Drusus seinen Feldherrn Aheno¬
barbus, um Nachrichten über die wilden, waldreichen Gegenden einzuziehen, in w eiche vorzu-
Unterbrechung,
dringen Kaiser Augustus streng
Auf
wo er auf dieselbe Weise, wie
verboten hatte.
Breslau nach Berlin, Hamburg nach verreiste. Doch nur aus kurze Zeit; dann kam er ans ebendieselbe Weise in Begleitung eines Berliner Schmiedegesellen, der in Ham¬
gewordenen Berichte mag Dru¬
von
Ufer
von
Lenzen
burg und Gartow aufgeschla¬ gen haben.
Berlin sofort erkannte, nach Berlin zurück. Doch ist der „Bischof"
denn
Zank und
Streit
Hiernach
in
Löknitz,
auf dem
mischen Siegesdenkmals, wie Drusus geschichtlich deren meh-
habenden Leuten haben mache»
mit
Abzüge
am
mußte
den sein,
auf
während man
den
Die Burg, an welcher
liche Geschenk empfangen hatte,
Bischof treten; darauf
wurde ein Hoch
seinem
Hügel stehen ließ.
nämlich, nachdem er das üb¬ den
Main,
Nach
Drusus stürzte bei Würzburg,
jene Trophäen vernichtet wor¬
Jeder neu
Geselle
—
dem Pferde und starb bald darauf — werden dann
ihnen zu Haus
und Hof verholfen.
vor
Burg
gewesen, er
rere errichtete.
zugewanderte
die
steht, den Uebcrrest eines rö-
So soll er Gute gestiftet. unter Anderm, wie man sagt, die Herbergsväter zu wohl¬ und
wir
erblickten
dem Erdhügel an der
zu
hat im Gegentheil auch vieles
helfen,
gekommen
und sein Lager in den Umgegenden von Schnaken¬ sein,
kannten aus
nur Veranlassung
ihm
sus auch bis zum jenseitigen
burg seinen lieben, alten Be¬
nicht
die
die Löknitz als
ausgebracht
Gewässer
dicht
ein
schmales
vorüberfließt,
löbl. Herbergsvater, dann auf die in Arbeit stehen¬
lag ftüher hart an der Elbe,
und
bis auf 3500 Fuß zurück¬ gedrängt worden sind. Schon unter den Askanischen Fürsten entstanden Deich-Ordnungen,
den
den
fremden
schließlich
Gesellen,
auf die
neu
deren Ufer
zu¬
gereisten.
Jeder von diesen Letzte¬ ren mußte dem Bischof einen
Kuß geben und darauf, nachdem ein Spruch hergesagt war, ein ZwölftelThalerstück deponiren.
Diese wurden
in einer offenen Büchse gesammelt
und später dem Gambrinus geopfert, vorläufig aber vom Herbergsvater
in Verwahrung genommen. Daher Haus und Hof! Der Bischof hat jetzt seine hoffentlich bleibende Stätte im Märkischen ProvinzialMuseum gefunden.
Stadt und öurg Lenzen an der Elbe. Von jcräiaanä Meyer.
II.
Ulrici, in
seiner historisch.topographischen :c. Darstellung der
Pricgnitz und der Stadt Lenzen, hält es für wahrscheinlich, daß die Anhöhe, auf der die Burg Lenzen erbaut ist, im Jahre 10 v. Chr. Geburt durch Lucius Domitius Ahenobarbus, dem Feldherrn des Dmsus
im Laufe
der Zeiten
und die 1467 zu Tangermünde König Friedrich I. im Jahre 1695, und unter Friedrich Wilhelm I., 1736, erneuert. Eine alte Schauregel aus dem 17. Jahrhundert lautet: „Merkt dis Ir Schauer gar eben, Dieweil Ir sult achtung geben Uf die Elb- un Ackterdeiche, Damit nich die tiet verstreiche; Halt ja Schau, wie sichs gebühret, Dass nich schaden wird verspüret. Um Johanns, Herbst und Martin Alle Schau soll gehalten sien.“ gegebene wurde noch unter
So bildete
die Löknitz, welche ehedem schon jenseits Wustrow die
*) Bei Anwesenheit des Direktors des Mark. Provinzial-Museums, Herrn Stadtrath Friedet, ließ Herr Rentier Jahn vor einigen Wochen Nach¬ grabungen anstellen, durch die obige Angabe bestätigt, auch außerdem einige intereffante Gegenstände aus heidnischer Zeit zu Tage gefördert wurden.
155 Elbe erreichte, erst später bei Lenzen, dicht neben der Stadt vorbei¬
ihr jetziges Bett.
fließend,
Gegen die Annahme Ulrici's, daß die
Burg,
und größere Befestigung durch die Sachsen schon
deren Ausbesserung
im Jahre 987
er¬
folgte (I. Abschnitt), ans einem römischen Siegesdenkmalhügel erbaut sei, hegen wir einen bescheidenen Zweifel. Denn es ist nicht wohl anzunehmen, daß man den 70 Fuß hohen, von mächtigen Baumstämmen zu größerer Befestigung durchschnittenen Erdhügel von oben herab ausgegraben habe, um so den runden, noch einige Fuß sichtbaren
Unterbau von Feldsteinen zu errichten, auf dem die obere,
10 Fuß
in einer Höhe von 70 Fuß, unweit der Burg, ein gleiches
starke Umfasiungsmauer aus Ziegelsteinen, sich
erhebt.
Im
klebrigen befindet
sich,
Mauerwerk von schwindelnder Tiefe, das bis zur Oberfläche des Hügels reicht, dessen Zweck jedoch nicht bekannt ist. Es darf daher wohl an¬ genommen werden, daß der Erdhügel erst nach erfolgtem Fundamentbau der Burg, zu deren größerer Befestigung, nach römischer
Art mit
eingelegten Baumstämmen errichtet und, wie aus einem Gemälde vom umgeben worden ist.
mit Mauern aus Feld- und Ziegelsteinen Bei der Auffahrt zur Burg befand sich eine
mit
einer Thurmhaube, während eine Zugbrücke über
Jahre 1640 ersichtlich, gewölbte Pforte
einen tiefen Wassergraben führte.
Nicht unwahrscheinlich, daß
Karl
der Große als
der eigent¬
licke Gründer von Lenzen angesehen werden kann.
Denn während des 33 jährigen Kampfes gegen die Sachsen ging er 789 den Wenden
mit einzelnen sächsischen Horden den ftänkischen in mehreren Kämpfen widerstanden hatten, drang bis zur Elbe
selbst entgegen, welche
Heeren
vor, schlug zwei Brücken über dieselbe und legte bei ihnen, zu größerer Sicherheit und Vertheidigung, zwei Kastelle an. Diese können — nach dem Zuge Karls gegen diese Völker zu schließen — nur Lenzen und Dömitz oder Werben gewesen sein.
Daß allerlei Gethier sich im wilden Heere, welches bisweilen vom Nachtraben oder der Eule Tut-Ursel geführt wird, befindet, ist bekannt; der richtige Spruch wird in andern Sagen dem einsamen Wanderer vom wilden Jäger selbst zugerufen; er lautet: den
„Mitten in
Weg!" 18. (Mündlich; am angeführten Ort p. 345 mitgetheilt.)
Zuweilen sieht man über einem Hause eine feurige Harke stehen; in diesem Hause ist etwas Böses. Die feurige Harke ist nichts anderes, als die auch sonst in der Grafschaft Ruppin nachgewiesene Frau Harke, die anderwärts unter den Namen Frau Holle, Fru Gauden, Frau Frick bekannte Gemahlin Wuotans, Frigg oder Fria; im Uebrigen liegt eine Verwechselung mit der
„Drük"
genannten feurigen Lufterscheinung vor; wo dieselbe
sich
niederläßt, ist eine Hexe im Hause (Kuhn und Schwartz, norddeutsche
Sagen p. 422). 19. (Mündlich aus Potsdam.) Am Tage nach der Hochzeit muß das junge Ehepaar Milchreis essen, dann hat es zeitlebens viel Geld. Anderwärts müssen Bräutigam oder Braut um desselben Zweckes willen bei der Trauung Getreidckörner im Schuh tragen oder sie werden beini Eintritt in die Kirche mit Getreide überschüttet. (Kuhn. märk. S. p. 357. Nork, Sitten u. Gebr. d. Deutschen p. 162. 759 Anm.) Frigg, die Götterkönigin, und Freyja, die Göttin der Liebe und Ehe, beide ursprünglich eines Wesens, sind Göttinnen des Reichthums, der Fruchtbarkeit. An ihnen geweihten Tagen pflegte man daher Speisen zu essen, welche diese Eigenschaften der Göttinnen symbolisch andeuten — Körnerspeisen (in Potsdam am Weihnachtsabend sog. Mohnpielen) und rogcnreiche Fische.
20.
Ob in
(Forts, folgt.)
(p. 112.)
Hafftitz erzählten Sage im Schimmelreiter Wuotan zu denken ist, taffe ich
der folgenden, wiederum vom
Grunde auch an den dahingestellt.
Märkische Lagen und Gebräuche. Eine Nachlese von vr. ®. Sctto. (Fortsetzung.)
16.
Daß
der
(Mündlich.) Teufel einen Pferdefuß hat (hinkt), findet seinen Grund
in folgender Sage: Eines Tages kehrte er bei einem Müller ein, und bat, sich aus¬ ruhen zu dürfen. Dieser wies ihn auf den Mühlstein; kaum aber hatte er
sich gesetzt, so ließ der
Müller
die
Mühle an, und
der Teufel,
in Angst, seinen Sitz zu verlieren, steckte einen Fuß zwischen die sich drehenden Steine, der ihm natürlich arg gequetscht wurde. Man könnte meinen, hier wieder eines jener Reiseabenteuer Wuotans zu hören, bei denen es ihm nicht immer gut erging (es. Hertz, l. c. p. 41). Teufel und Müller werden häufig in sagenhaften Zusammen¬ hang gebracht (weil Letzteren der Volkswitz allerlei Böses nachredet, vergl. diese Zeitschrift H, p. 19); gespenstige Mühlen, auf denen der Teufel sich einen Mahlgang reservirt hat, kommen häufig vor; auch von übernatürlich begabten Mühlknappen weiß die Sage vielfach zu melden; in der Ucker- und Neumark ist besonders des Müller Pump¬ fuß (der Name hat einen teuflischen Beigeschmack) bekannt (Schwartz, Sagen und alte Geschichten p. 42).
Da Wuotan
und das wilde Heer genannt worden sind, mögen
entstellte Berichte über Letzteres und die Götterkönigin folgen. 17. (Mündlich; von mir in den Mittheilungen des Vereins für die gleich zwei ziemlich
Geschichte Potsdams, Neue Folge
In
Wusterhausen bei Neustadt a.
In werender belagerung der Stadt Magdeburg (1551) hat alle Zeit wen man scharmützelt, ein weisser Reuter für den Magde¬ burgischen Reutern sich sehen lassen, und im abzuge alle Zeit der Letzte gewesen, dass es viel dafür gehalten haben, dass es ein Engel gewesen sey. Bei Wolf (deutsche
erzählt man sich: Nachts im Walde geschieht es bisweilen, daß eine Menge greu¬ licher Thiere über einem dahin durch die Luft jagen; wenn man dann den richtigen Spruch nicht weiß, so ist man verloren.
No. 387)
stehen
einem ungenannten
Herzog gegen seine Feinde eine große Menge weißer Ritter auf weißen
Pferden bei, die
sich
als Seelen zu erkennen gaben,
denen er durch
Gebete und Almosen geholfen.
Auf
den Teufel lasse ich die Schaar seiner Anhänger männlichen
und weiblichen Geschlechts folgen,
von denen
es
in
der
Mark
eine
große Anzahl gegeben zu haben scheint, und deren man bisweilen
in
den ernstesten Angelegenheiten nicht entrathen zu können meinte, wie z.
B.
bei dem Berliner Domdiebstahl in der Weihnachtsnacht 1590.
(es. hierüber Leutingers Bericht, diese Zeitschr.
II.
29.)
21.
(p. 146.) Ehe man aber hinter den Thäter kommen, sind von allen orten, wo man nur gewusst, Schwartzkünstler und Teufelsbanner versamlet, die den Thäter selten offenbaren, und were umb ein wenig zuthun, dass auf Ihre falsche aussage und bezichtigung un¬
schuldige Leute weren angenommen, toi’quirt und auf die Fleisch¬ bank geopfert worden. Und war damals zu hose kein Prophet, der gesagt bette: Lieben Herrn, was habt Ihr für? Womit geht Ihr umb? Kann man auch dis ding für Gott verandworten? Sed de hoc verbum nullum et altissimum silentiuml
22. (p. 103.)
I, p. 343, mitgetheilt.)
D.
S.
Als
das Treiben des Kohlhase dem Kurfürsten zu arg wurde
„hat er alsofort Meister Hansen, dem Scharfixichter, welcher ein ausbündiger Schwartzkünstler war (an anderer Stelle — p. 93 — erzählt der Chronist von ihm einen hübschen Schwank, wie er simu-
156 27.
lirende Krüppel gehen lehrte), befohlen, dass er ihm die Gäste solle
in die Stadt Berlin schaffen. — Darumb hat Meister Hanss, der Scharff Richter, durch seine Kunst so viel zu wege gebracht, dass Kohlhase mit seiner Gesellschaft hat müssen gen Berlin kommen. Scharfrichter standen und stehen noch heut in dein Rufe, magische Kenntnisse zu besitzen (cs. Eisel, Sagend, d. Voigtl. No. 112, 149,
Im
220, 222, 225.).
vergangenen Sommer
wendeten
sich
zwei
Potsdamer Wäscherinnen, denen wiederholt die Wäsche ans dem Trocken¬ platz beschmutzt worden war, an einen alten Scharfrichter, damit er ihnen den unbekannten Thäter mit Hülfe seiner Kunst ermittele.
Kuriosität wegen
sei
mitgetheilt, daß 1718 in Halle
eine
Der
Frau mit
3 Tagen Gefängniß bestraft wurde, weil sie, um einen Dieb zu er¬
mitteln, zu einer Wahrsagerin gegangen war. (Märk. Forsch.
I. p. 263.)
23. (p. 103.) Einer von Kohlhases Gesellen war aber dem Scharfrichter ge¬ wachsen, Hanss Grassmus, der auch ein Aushündiger Schwarz¬ künstler gewesen, ist hin und wieder auf den Dächern als eine
Kattze laufend gesehen, bis er endlich entkommen. Auch der weibliche Hofstaat, den sich der Teufel in der Mark hielt, war nicht gering,
doch
scheint derselbe wenig mehr als das Wetter¬ eine Kunst, deren Geheimnisse die Ver¬ malleus maleficarum ansgeplaudert habe».
machen betrieben zu haben, fasser des bluttriefenden
24. (p. 115.) Eben umb diese Zeit (Mai 1552) ist auch eine alte Wettermacheriu von Blumberg für Berlin gebrandt, und da das fewr an¬ gegangen, ist eine Weihe, so zuvor umbs fewr geflogen, hinein¬ gefallen und so lange, dass man ein Vaterunser indes helle beten mögen, darin geblieben, und nachmals ein stück von Ihrem Belize, einer Ellen lang, mit sich hinweg gefürt, dass alle, so dabei und über gewesen, es dafürgehalten, dass sie der Teufel hinwegge¬
führt habe. Als die Klosterhexe Sidonia v. Borke enthauptet und danach ver¬ brannt wurde, entflog ihre Seele in Gestalt einer Elster (Temme, pomi». S. p. 291. Der Prozeß Sidouias ist ausführlich mitgetheilt bei Förster, Handb. :c. des preuß. Staates II. p. 389 ff. Geäste, 1. c.
II.
p. 433 ff.).
In
andern Fällen erscheint ein Rabe (Temme,
1.
c.
p. 293) oder eine Krähe. (Grimm, Myth. p. 1052.) 25. (p. 121.) Anno Christi 1562, den 19. Augusti, als Herr Wentzel Kiel¬ mann, Pfarher zu Cüstrin, in Gott verstorben, hat sich folgenden Tages umb
1
Uhr, als mau ihm hat wollen zu Erden bestätigen,
ein solch ungewitter mit Donner, blitzen und regen erhoben, dass man vermeint, die Stadt würde untergehen. Es haben aber etliche Zauberinnen, auf welche er zuvor hefftig gepredigt, solches zu¬ wege» gebracht (wie Sie hernach selbst bekandt), das man mainen sollte, des Pfarhers seele were vom Teufel im Wetter hingeführt.
26. (p. 141.) Im October (1583) ist in der New-Marke ein starcker Windt gewesen 3. gantzer tage lang, in welchem man zu Königsberg in der New-Marke 2 Weiber, so wegen der Zauberei berüchtigt gewesen, beide in einem Hause todt liegen funden, und hat Nie¬ mand gewusst, wie sie zu tode körnen. Der die Seelen im Sturmwind entführende Teufel ist kein anderer, als der im Sturm einherbrausende Todesgott Wuotan. Als er unter der Herrschaft des Christenthnms zum ruhelosen wilden Jäger degradirt wurde, kamen in seine Schaar nur noch Verbrecher oder Selbstmörder. Darum sagt man noch heut in Fahrland bei Potsdam, wenn ein plötzlicher Wirbelwind entsteht, es habe
sich
einer erhängt
(Engelien und Lahn, Volksmund in der Mark Brandenburg p. 280). Auch in Schwaben ist dieser Glaube verbreitet (Birlinger, aus
In
D. lebte vor gar nicht langer Zeit Frau, die allgemein für eine Here gehalten wurde. Der Gutsjäger sah einmal auf dem Felde einen Hasen aufspringen, schoß nach ihm und traf auch, denn der Hase überschlug Der Jäger folgte, fand zwar die sich und stürzte in einen Graben. aber verschwunden, der Hase war und an seiner Stelle saß Blutspur, die besagte alte Frau mit einem Schrotschuß im Bein; sie war der Hase gewesen, und durch den Schuß in ihre menschliche Gestalt zurück¬ gerufen worden. — Als sie im Sterben lag, wollte Niemand bei ihr wachen, denn zu Fußenden ihres Bettes saß eine große Eule, die klappte mit den Flügeln und nickte mit den Augen. Es gehört hierher Eisel, l. e. No. 375, 377, namentlich aber 376, wo ebenfalls ein Hase angeschossen wird, der sich nachher als eine alte Frau entpuppt. Die Eule ist überall ein gespenstiges Thier; verwünschte Menschen erscheinen in ihrer Gestalt, ebenso in der Schweiz Frau Holle (Lütolf, Sagen der fünf Orte re. p. 355, 125). eine alte einzelnstehende
28. (Mündlich.) Als Hase, und zwar als dreibeiniger, spukt zum Schrecken des Nachtwächters ans dem Rittergut Satzkorn bei Potsdam ein Herr von Hünicke (die Familie war seit Mitte des 15. Jahrhunderts im Besitz des Gutes) aus Aerger darüber, daß er das Gut auf Befehl König Friedrich Wilhelms I. an einen Vorfahren des jetzigen Besitzers hatte verkaufen müssen.
Namentlich bei Lebzeiten unbestraft gebliebene Verbrecher spuken
oft als dreibeinige Hasen (Eisel, l.
No. 379, 380).
c.
29. (p. 132.) Dis Jahr (1576) am 11 Sontag nach Trinitatis, hat der Pfarherr zu Königsberg in der New-Marcke eine lebendige Heydechs nicht weit vom Kelche unter dem Altar tuche gefunden, welche er sampt dem Altartuche gefast und hinweg getragen hat, ist davon kranck worden, sehre geschwollen und im Folgenden Jahre gestorben. Man hats dafür gehalten, sie sei von Zauberinnen dahin gelegt. Daß die Eidechsen einem buhlerischen Verkehr zwischen Teufel und Heren ihre Entstehung verdanken, erzählt Wolf, deutsche Sagen No. 453. Mit aus solchem Verkehr geborenen Eidechsen hat im Jahre 1687 ein Mädchen aus Arendsee Menschen und Vieh geschädigt. (Märk. Forsch. I, 260). Luther erzählt in den Tischreden, eine Frau habe ihren Mann verzaubert, daß er fortwährend Eidechsen ausgebrochen habe. Dazu ist das von Grimm, Mythol. p. 113 mitgetheilte finnische Lied zu vergleichen.
Auch sei darauf aufmerksam gemacht, daß holländ.
hagedisse sowohl Eidechse als Here bedeutet (Grimm, D.
W.-B.
HI, 83. Mythol. 992). (Fortsetzung folgt.)
S
oeben erschien in meinem Verlage:
Fürst Friedrich Karl zu Hoheniohe-Waldenburg.
Das heraldische 2t« ganz umgearbeitete
md iekoratiTe Pelzwerk.
mit
100 Holzschnitten versehene Auflage. Preis 4 Mark 25 Pf. Der Name des auf dem Gebiete der Heraldik rühmlichst be¬ kannten Herrn Verfassers bürgt zur Genüge für dies ausgezeich¬ nete Werk. — Jedem Alterthumsforscher unentbehrlich! Ferner von demselben Herrn Verfasser: Oer heraldische Rautenkraoz. 4 Mark. Der Doppeladler. 2 Mark. „ Oie Helmzierden. 3 Mark. „ Stuttgart, August 1876.
Julius Weise’s Königs. Wnrttemb. Hofbuchhandlung
I, p. 100). Verlag von Alfred Weile in Berlin. — Verantwortlich für Redaction: Ferd. Meyer in Berlin. —
Schwaben
(Mündlich.)
Segelest bei Neustadt a.
(Adolf Schmidt). Druck von
Julius Bahlke
in Berlin.
Di*.
Unter Mitwirkung von Drecht, Pros. Dr. Paulus Kassel, Stadt-Archivar Aidicin, Whcod. Fontane, Geh. Regier.-Rath Freiherr Dr. von Kedebur Geh. Hofrath L. Schneider, Archidiaconus Schwebet in Cüstrin :c. rc. herausgegeben von
George
Kiltl
und
Ferdinand Weyer.
Das Blatt ist durch alle Buchhandlungen und Postämter, sowie durch die Expedition (Puttkamerstr. 8) zu beziehen. — Literarische Beiträge sind an die Verlagshandlung von Alfred Weile in Berlin zu senden, welche sie der Redaction übermitteln wird. — Inserate, pro 3 gesp. Petitzelle 25 Pfg., werden von den Herren Haasen st ein u. Vogler, Rud. Mosse, Bernh. Arndt, sowie von der Aerlagshandlung (Puttkamerstr. 6) entgegengenommen.
Inhalt.
Stralauer Fischzug in Berlin, von Richard Böringuier. — Der Bär als Stadtwappen von Berlin, von vr. Paulus Cassel. (Schluß.) — Prinz Heinrich, der Bruder Friedrichs des Großen, von A. v. Crousaz. (Schluß.) — Märkische Sagen und Gebräuche. Eine Nachlese von vr. G. Sello. (Schluß.) — Berliner Theaterplaudereien aus den zwanziger Jahren. (Fortsetzung.)
Ztralauer Fischzug in Lerlm. Vortrag, gehalten in der Wanderversaminlung
des
Vereins
ür die Geschichte Berlin's in Grünau am 24. August 1876.
Von lü-tiarcl Keringllicr.
Der 24. August
ist
für
die beiden Hauptstädte
Berlin und Paris ein
historischer Tag ; allerdings hatte er für Berlin, bis vor wenigen Jah¬ ren, eine viel angenehmere Bedeutung, als für Paris, wo er als Tag
Bluthochzeit in trauriger Erinnerung steht: für Berlin war es der Tag , wo ein großer Theil der Bürger mit Weib und Kind, zu Roß und zu Fuß, hinauszog nach den Strohdächern Stralau's mit feinen uralten 11 Höfen, die älter sind, als das jetzt so mächtige
man bei jeder historischen Forschung erfahren. haben die
Bis vor
einigen Jahren war es so, allerdings nicht in dem
Maaße, wie am Ende des vorigen und am Anfang dieses Jahrhun¬
— Gehört das Fest nun auch der Vergangenheit an, so wollen wir doch, gemäß der Aufgabe des Vereins, es vor der unverdienten Vergessenheit schützen, indem wir die gewiß interessante und viel be¬ derts.
sprochene Frage über seinen
Ursprung aufzuhellen versuchen werden, und
so
Fast nirgends aber
üppig gewuchert, als bei der Untersuchung
über den Ursprung unseres Festes.
Fast in jedem sogenannten Wegweiser und Führer durch Berlin wir die stereotype Behauptung sich immer wiederholen, und zwar
der
Berlin.
Irrthümer
finden
in apodictischer Form,
daß das Fest wendischen Ursprungs sei,
daß man den geringsten historischen Beweis
für
diese
ohne
Behauptung
er¬
hält. Um nur ein Beispiel anzuführen, so steht in einem dieser Weg¬ weiser der Satz: „Daß der Fischzug sich aus den Zeiten der Wenden herschreibt, ist eine geschichtliche Wahrheit, welches aber seine eigent¬ liche Bedeutung sei, läßt sich nicht ganz genau bestimmen." Wir wollen dieses „sich nicht genau bestimmen lassens" dennoch versuchen, zur Aufhellung der Frage beizutragen.
trotz
Letzterer hat zuerst das Verdienst gehabt, das alte Märchen zu widerlegen, daß der stralauer Fischzug nnt einer alten
Daß das Dorf Stralau allerdings ein altwendisches Dorf ist, unterliegt keinem Zweifel. Haben doch wendische Sitten und Ge¬ bräuche, nach dem so sorgfältigen und gewisienhaften Nicolai, sich lange darin erhalten, liegt doch die Andeutung schon im Namen. Es ist gewiß nicht erst 1159 gegründet worden, was sich auch in keiner Urkunde findet, sondern hat schon lange vorher bestanden; gewiß hat auch Albrecht der Bär hier Wenden vorgefunden, allein es ist nichts darüber bekannt, daß er einem Astralowe das Recht, dort zu
Pflichtleistung der stralauer Fischer gegenüber dem berliner Magistrat Nach seinem- Ausweis hat der Magistrat niemals zusammenhinge. etwas von diesem Fischzuge erhalten, wobei er sich auf die eigene
bleiben, überließ, wofür er den Ertrag seines ersten Fischzuges dem jungen Berlin abgeben sollte, sondern es ist diese Nachricht nichts als eine in den „Bildem aus Berlins Nächten"') allerdings unmuthig er¬
Einsicht in die Magistrats-Akten und protokollarische Aussagen stützt. Dies hat nicht verhindert, das alte Märchen immer wieder auszutsschen, wie überhaupt eine Wahrheit Mühe hat, sich Bahn zu brechen, der Irrthum aber unzerstörbar wie Unkraut fortwuchert. Dies kann
zählte poetische Erdichtung, die weit entfernt ist, Anspruch auf histo¬ rische Wahrheit zu machen. Aus jenen Zeiten klingt weder der Name
von dem
Verlauf des Festes selber so viel geben, als es unserem Zwecke, Sitten und Gebräuche Berlins der Nachwelt zu erhalten, entspricht. Die erwähnte Frage ist, wie gesagt, vielfach besprochen wor¬ den. Wir nennen hier nur zwei Autoritäten der Berliner Geschichts¬ schreibung: Fidicin und Klöden, die sich mit ihr befaßt haben, und die in der Untersuchung derselben zu einem sehr verschiedenen Resultate die
gekommen sind.
Berlin *)
noch
Stralow
L. Schneider,
zu uns herüber,
wenngleich die Gegend ohne
Bilder aus Berlin's Nächten. Berlin 1835, pag.
13.
158 Zweifel längst bewohnt war, und um die Zeit von 1150 gehörte sie unbedenklich zur Herrschaft des wendischen Fürsten Jaczo, der zu Cöpenick restdirte und dessen Besitzungen bis an die Oder reichten. Erst lange nach Albrechts des Bären Tode nennt die Geschichte den Namen Stralau zum ersten Male, aber nicht den des Dorfes, sondern den seines wahrscheinlichen Besitzers.
Im
Zahre 1240 nämlich wird ein Dietrich von Stralau in einer Ohne Zweifel führte er den Namen nach seiner Besitzung. Zum zweiten Male erscheint der Name im Jahre 1261, wo ein Ritter Rudolf von Astralowe an die Stadt Cölln die Haide Myrica abtrat. Es muß allerdings befremden, daß ein Ritter seinen Namen von einem so geringen Fischerdorfe abgeleitet hat. Dieser Umstand führt zu der Vermuthung, daß neben diesem Dorfe ein guts¬ herrlicher Hof gleichen Namens bestanden habe. Zum ersten Male wird das Dorf selbst erwähnt in einer Grenzberichtigungs - Urkunde des Dorfes Rosenfelde, jetzt Friedrichsfelde, vom Jahre 1288, wo der stralowsche Damm angeführt wird. Im Jahre 1358 sehen wir Stralow im Besitz eines Rathes von Crastino und der Gebrüder von Barolsdorp, und von ihnen kaufte am Sonntag nach Kreuz-Erfindung, wie es in der Chronik, des Posthius heißt,') der Rath von Berlin und Cölln Las Dörflein oder Curiam Stralow. So war denn nun das Dorf ein berlinisches Rathsdorf geworden. Zum Ausgang des 14. Jahrhun¬ derts bestand es, nach dem alten berlinischen Stadtbuche, aus 11 Höfen. Wenn das Dorf also auch wendischen Ursprungs ist, so läßt sich doch zeigen, daß dem Fischzug dieser Ursprung nicht zukommt, son¬ 'Wäre dern daß er erst nach Erbauung der Kirche stattgefunden hat. der Fischzug schon vor dieser Erbauung abgehalten worden, so würde seiner ohne Zweifel in irgend einer Urkunde, namentlich solcher, welche Urkunde als Zeuge genannt.
die Fischereien auf jenen Gewässern betreffen,
Erwähnung
geschehen
sein. Das ist jedoch nirgends der Fall, und zum Beweis möge Folgendes dienen. Im Jahre 1400 wurde den Kalandsherren, welche vom Rath zu
Berlin
den
Stralauer-, jetzige» Rummelsburger See gekauft hatten,
erlaubt, den See, so oft sie wollten, befischen zu können, die Lanken sollten nur an vier Tagen befischt werden. Diese vier Tage waren, wie sich aus dem alten Stadtbuch von Berlin ergiebt, der Tag vor
Tag vor St. Michael, der Tag vor St. Martin und Es ergiebt sich hieraus, daß die da¬ malige Zeit der Fischerei voni 24. Juli bis Ostern währte. Hier wird also kein Fischzug am St. Bartolomäustage (24. August) erwähnt. Nachdem der See von den Kalandsherren dem Rath von Berlin wieder verkauft worden war, schloß der letztere im Jahre 1423 einen Vertrag init den Fischern von Stralow, daß letztere den See vom Maria-Magdalenen-Tage (22. Juli) bis Ostern befischen könnten. Auf den Lanken sollten sie nur fünf Würfe thun dürfen, nämlich um Jacobi, Michaeli, Martini, gegen Weihnachten und gegen Jnvocavit. Auch hier ist von einem Fischzug am 24. August nicht die Rede. Im Jahre 1424 überließ der Rath von Berlin den wieder erkauften See der Gemeinde von Stralow mit allen Gerechtigkeiten gegen eine jährliche Abgabe von 6 Schock böhmischer Groschen (ungefähr 100 Mark); außerdem erhielt sie die Aufgabe, ihren Herren, den Rathsleuten von Berlin, jährlich drei Mal zu überreichen „redliche und gute Geschenke von Fischen", nämlich einmal am Aschermittwoch, die anderen Male nach dem Gefallen der Rathsleute. Auch hier keine Spur von einem Fischzuge am 24. August, noch weniger von einem, der für den Ma¬ gistrat abgehalten wurde. Allerdings ist hier nur von dem stralowVielleicht haben für schen See die Rede und nicht von der Spree.
St. Jacob,
der
ein Tag in der Marterwoche.
diese ähnliche
Bestimmungen bestanden, leider sind sie aber nicht be¬ Hätte indessen auf der Spree ein solcher solenner
kannt geworden.
Fischzug stattgefunden, so würde ohne Zweifel
in jener Zeit
der
Rath
von Berlin seinen Theil daran gehabt haben, so gut wie er bei Ver¬ leihung des stralowschen See's seine jährlichen Abgaben und Geschenke
*) Schriften
des Vereins
für
die Geschichte der
Stadt Berlin Heft 4, p.
8.
sich
bedungen hat.
Bekannt ist ja, daß der Besitzer oder Oberherr
der Gewässer sich dergleichen Naturalleistungen vorbehielt. Wir sehen So heißt es in einer Urkunde des Kur¬ dies überall wiederkehren.
I., von 1420, worin festgestellt wurde, was die Wen¬ auf dem Kieze bei Wrietzen jährlich zu entrichten haben, neben den Geldleistungen: „wir sollen auch unser Theil an den Fischen, die Wenn sie sahen, wenn sie mit dem großen Garne fischen, haben".') also ein Fischzug dieser Art stattgefunden hätte, so hätte jedenfalls der Rath von Berlin seine Gebühren erhaltene Das alte berliner Stadtbuch aber, welches sehr genau sämmtliche Einkünfte aus dem Dorfe Stralau um das Jahr 1397 enthält, zeigt uns zwar die Ab¬
fürsten Friedrich den
gaben, die jeder von den 11 Höfen zahlen mußte, aber keine Ein¬ nahme von Fischen, wie überhaupt keine Einnahme von der Spree,
und wahrscheinlich besaßen die Fischer zu
Stralow
die Spree-Fischerei
innerhalb gewisser Grenzen, als ein altes, verjährtes Recht, wofür sie nichts zu zahlen hatten. Man kann daher mit einiger Gewißheit be¬ haupten, daß bis in den Anfang des 15. Jahrhundert, weder auf dem stralowschen See, noch auf der Spree ein solcher Fischzug abgehalten
für den Rath von Berlin. Er kann also nicht aus altwendischer Zeit stammen, sondern datirt von später. Man könnte nun wohl annehmen, daß er vielleicht nur darum so solenn gefeiert wurde, weil mit ihm überhaupt der Fischfang eröffnet worden ist, am wenigsten aber
sei; aber dies ist nicht gut anzunehmen, weil sonst dies Fest nach und nach auf andere Tage verlegt worden wäre, denn es ergiebt sich
aus den obigen Mittheilungen, daß der Fischfang im 14. und 15. Jahrhundert bereits am Maria-Magdalenen- und Jacobi-Tage, also im Juli, eröffnet wurde, und man also den Fischzug an diesen Tagen hätte begehen müssen. Wir sehen sogar noch im 16. Jahrhundert aus einer Fischer-Ordnung des Kurfürsten Joachim, vom Jahre 1551,") daß alle Gewässer bis Jacobi von jeder Fischerei durchaus verschont bleiben sollten. Erst sein Nachfolger Johann Georg bestimmte am 23. Februar 1574,'") daß auf allen märkischen Flüssen zwischen Grün¬ donnerstag bis Bartholomäi mit großen Garnzügen nicht gefischt wer¬ Wir sehen hier zum ersten Male den 24. August als den dürfe. Anfang der Fischerei erwähnt. Den 3. März 1690 wird diese FischereiOrdnung bestätigt durch eine neue des Kurfürsten Friedrich III. ff) Man sieht also, daß der Fischzug, als Beginn der Fischzeit, erst seit 1574 am 24. August abgehalten werden konnte, und daß er vorher theils am 22., theils am 24. Juli gefeiert worden wäre, was nicht recht wahrscheinlich ist.
Wahrscheinlicher ist, daß der Fischzug von Anfang an eine an¬ Bestimmung hat. Wir sehen nämlich aus der Kirchenmatrikel von dere 1574, daß der Pfarrer des Orts von den 5 Zügen, die am Fischzugs¬ Es tage gethan wurden, ehemals den. Ertrag der 4 ersten erhielt. Geist¬ war also der Fischzug dazu bestimmt, die geringe Besoldung des lichen zu verbessern,
ohne daß es der Gemeinde
in
den geldarmen
Hatte nun von Anfang an der Tag diese kann er nicht früher gefeiert worden sein, als von
Zeiten baares Geld kostete.
Bestimmung,
so
der Stadt Wrietzen. cap. IV. pag. 184: Erstlich, das alle vnd jtzliche waffer, die leichzeit ober, bis auff Jacobi mit allerley garnezogen, flakerey vnd vischerey durch aus sollen verschonet werden, domit die leych
*) Urkunde in Ulrichs Beschreibung
**) Mylius corp.
const.
IV. II.
vngeirret zu gcdey kommen möge. ***) Mylias corp. const IV. II. pag. 192. pr. Vnd anfenglich wollen, setzen vnd Ordnen wir, das alle vnd jetzliche waffer, mit großen Garntzögen vom Grünen Donnerstag an, bis auf Bartholomäi, mit den Flaken von gemelten Grünen Donnerstag, bis auff Johannis durchaus sollen verschone: werden, damit die Fischerey zu schäde des Leichs, vnd jungen Fisches nicht zu vnzeiten gebraucht werde.
ordnen ff) Mylius eodem pag. 248. Anfangs und zum Ersten, setzen, und wollen Wir, daß alle und jede Waffer mit grossen Garn-Zügen von Ostern bis auf Bartholomäi, mit den Flacken aber nach der Ordnung von Ostern bis Pfingsten durchaus sollen verschonet werden, damit die Fischere? zu Schade des Leichs und jungen Fisches nicht zur Unzeit gebrauchet werde.
159
Zeit cmf wo Stralow einen Geistlichen, hatte und es käme nur darauf an, diesen Zeitpunkt zu ermitteln. Nach Nicolai eristirt die Kirche seit dem Jahre 1464, und es ist dies die einzige glaubwürdige Notiz. Nach Allem, was wir darüber wissen, ist es nicht wahr¬
Es trat nämlich
der
Dorf vorher
einmal eine Kirche und einen eigenen Pfarrer gehabt habe, sondern, daß die Einwohner die Küche von Rosenfelde, jetzt Friedrichsfelde, benutzten, deren Filiale Stralow war. scheinlich, daß das
Nachdem nun das
Dorf
schon
eine eigene Kirche erhalten hatte, mußten
natürlich für die von nun an größere Mühewaltung die Einkünfte des Pfarrers erhöht werden, und es niag der armen Gemeinde wohl schwer geworden sein, denn das Dorf blieb gering und bestand noch im Jahre
1769 aus
den früheren 11
Höfen'), wie im Jahre 1397.
wodurch dies der Gemeinde erlaubt wurde, ist verloren gegangen,
sie
würde Alles erklären, aber in Ermangelung ihrer wird die Muthmaßung Fischzug werden.
für
sie
habe die Bestimmung
den Geistlichen solle
Für
enthalten, jener alljährlich am Kirchweihfest abgehalten
eine Fischergemeinde mußte das Fest dadurch, und wegen
der Bestinimung des Fanges, um so bedeutender erscheinen. es
Nun war
nicht ungewöhnlich, das Kirchweihfest am Tage des Schutzheiligen
war für Stralow kein anderer, als heilige Bartholomäus, der neben Petrus immer als Schutzheiliger Fischergemeinden erscheint, weil er, wie dieser, nach der Legende Somit würde denn seit dem Jahre 1464 Fischer gewesen war. 24. August oder St. Bartholomäustage zu Stralow das Kirch¬
der Kirche zu begehen, und dieser der der
ein
am
weihfest begangen und ein großer Fischzug, wahrscheinlich nicht ohne feierliche Ceremonien, abgehalten worden sein.
Allerdings steht
es
nicht
fest, daß der Fischzug schon von dieser Zeit an die Bedeutung hatte, der Gemeinde die Erhaltung des Pfarrers zu erleichtern. Denn erst
seit dem Jahre 1574 erhält der Pfarrer,
matrikel
dieses
Jahres
sehen,
wie wir aus der Kirchen¬
sein Gehalt aus dem Ertrage der vier
während er bis dahin nur Geldabgaben der Fischer er¬ halten zu haben scheint. Daß aber der Fischzug schon früher, ohne diese Bestimmung zu haben, doch ein Bestandtheil des Kirchweihfestes ersten Züge,
war, können wir annehmen.
Allerdings hörten mit der Reformation
die Heiligenfeste und die Kirchweihen auf, dafür erhielt aber der Tag seine Bedeutung, als Anfangstag der Fischzeit, durch die obenerwähnte
Fischereiordnung Johann Georgs; und wie früher der Tag als Bestand-
theil des katholischen Heiligensestes seine Bedeutung hatte, so erhielt Dies gab er jetzt diese durch die Bestimmung der Fischereiordnung. allen Denen, welche heimlich das Aufhören der lustigen Kirchweihen
in Stralow mit allen ihren begleitenden Nebenumständen bedauert hatten, die willkommene Veranlassung, die alte liebgewonnene Ge¬ wohnheit beizubehalten und unter anderem Vorwände nach Stralow zu pilgern. Man ging nicht zur Kirchweih, man beging nicht das Fest der Schutzheiligen, — denn wer hätte in der Zeit des heftigsten Glaubenshasses gewagt, solche katholische Feste zu feiern? — man ging
von nun an zum Fischzuge, um den mit anzusehen, um ebenso fröhlich Man kannte keine andere Ver¬ zu sein, als in katholischen Zeiten. anlassung des Festes, als den Fischzug; so ging
sie
natürlich den Nach¬
und der Fremde erhielt auf seine Frage nach dem Ursprünge desselben, keine andere, als jene unbefriedigende Antwort. kommen verloren,
Und als die Gemeinde endlich den Ertrag des Fischzuges dem Geist¬ lichen
in
eine Geldvergütigung verwandelte, ging jede Bedeutung desselben
verloren, da zufällig auch alle darauf Bezug habende Papiere abhanden gekommen sind.
Die Forschung über die ganze Frage ist überhaupt deshalb eine so schwierige, weil wir erst Näheres über das Fest aus Aktenstücken vom Ende des vorigen Jahrhunderts wissen, also aus einer Zeit, wo das Fest schon seinen ursprünglichen Charakter längst verloren hatte.
*) Küster .Alt
und neu
Berlin' Th. IV. pag. 51.
die Oeffentlichkeit
seitdem
Mit¬
Im Jahre Prinz Ferdinand, der
an ihm zu betheiligen. schrieb der
-
damals in dem nicht fern von Stralau gelegenen Friedrichsfelde den Magistrat, er und seine Gemahlin nebst vielen hohen Personen vom Hofe wollten dem Stralauer Fischzuge beiwohnen, wes¬ sich
aufhielt, an
halb er wünsche, Anordnungen zu treffen, daß das Fest etwas später Der Magistrat suchte dies zu bewerkstelligen, traf aber zugleich Vorkehrungen, daß durch das Reinigen der Dorsstraße und dgl.
beginne.
Der Prinz wohnte hier¬ Familie niehrere Jahre dem Fischzuge bei.
die Sache ein festlicheres Ansehen erhielt. nach
mit
seiner
Wahr¬
ihr freigegeben, seiner kärglichen, Besoldung durch einen für ihn bestinimten Fischzug zu Hülse zu kommen. Die Urkunde,
sich
in
1780, kurz vor dem Fischzugstage,
Der
scheinlich wurde
nicht gewagt erscheinen,
erst mehr
glieder des Hofes anfingen,
öiir
(Schluß folgt.)
als Lta-tivappen von Berlin.
Von Dr. jtauku» Easfck. (Schluß.) Albrecht, der Fürst der Nordmark, war der nordische Streiter der Heimath, welcher mit dem fremden Löwen des Südens rang; im
Namen des „Bären" betonte Albrecht seinen unaufhörlichen Widerstand gegen die Welfen. Heinrich bekundete in seinein Namen die Macht
Das Mittelalter redete als in Diplomen. Gedanken, die in
und den Anspruch, sein Erbe zu behaupten.
in Symbolen oft deutlicher, Zahlen und Daten, Aktenstücken fehlen, treten in Zunamen heraus. auch in Annalen und Urkunden, sind zuweilen falsch, während Namen und Sagen ein helles Licht verbreiten.
Nicht ganz vergeblich dürfte daher auch folgende Erläuterung werden. Der Bär auf den Siegeln der Stadt Berlin trägt einen Ring um den Hals. Fidicin meint, es sei dies eine Selbstironie mit Bezug auf den Ausruhr im Jahre 1448. Ich glaube nicht, daß jemals Wappen aus Selbstironie angenoninien sind, und hier um so weniger, als das Zeichen immer geblieben ist. Aber dem fleißigen Patrioten ist entgangen, welch' sinnige Bedeutung der Ring um den Hals des Bären, und dieser selbst in mythologischer und ethischer Beziehung überhaupt hat. Die Wappenbilder aus der Thierwelt staminen nicht nur aus den poetischen, sondern auch sittlichen Gedanken der Völker, und der nor dischen zumal. Sie lebten in der Natur mit den Thieren des Waldes; kannten besser, als der moderne Naturforscher, Charakter und Art der Thiere, mit denen sie täglich Umgang pflogen; sie fanden in den Sitten und Gelüsten der Thiere ihr eigenes Abbild. Die Natur von
sie
Fuchs, Ochs und
Bär
fanden
wieder; cs war für
sie
und an dem
sie
schied,
sie
in ihren
eigenen Brüdern und Söhnen
kein Charakterzug vorhanden, der sie treffender
erkannt sein wollten, als das Thier, dem
sie
zu
gleichen schienen, und das sie gern hatte». Aus dieser Beziehung zur Thier¬
welt, die nicht genug erforscht werden kann, gingen nicht blos die Eigen¬ namen hervor, welche sie sich beilegten, sondern auch das Wappen. Es war Letzteres im Grunde nichts anderes, als der gemalte Name.'°) Aber noch tiefer ging die Lehre von den Thieren. Ich will hier nicht aus¬ Thier- und Menschen Verhältniß der greifen in Betrachtungen über das Völkern überhaupt, wie in den religiösen Vor¬ stellungen der Indisch-Buddhistischen Welt, sondern nur auf die eigen¬ thümliche Lehre deuten, welche auch die nordischen Völker hatten, von den Fylgien, d. i. den Schutzengeln oder Begleitgeistern der Menschen, welche man sich, je nach dem Charakter der Menschen, als Thiergestalt dachte. Njäl, wie es in der Niassaga e. 41 heißt, sieht einen blutigen seele bei den heidnischen
Bock und spricht zu Thord: „ Sieh dich vor, du bist dem Tode nahe, “ Ein Ochse stürzt auf den Thron Gudmunds Einarr erkannte ihn als eines Menschen und bricht dort zusammen. das ist deine Fylgie.
Fylgie. Denselben Tag kam Gudmund, sein Bruder, nach Haus und sank
auf seinem Hochsitz entseelt zusaim»en?0)
") Ich erlaube mir dabei auf die Einleitung zu meinen Erfurter Bil¬ dern und Bräuchen zu verweisen p. 2 re., die vielleicht dort übersehen wird. Vgl. Mannhardt, Germanische Mythen, p. 306.
*1 2 —
160 kleid an und verstellt sich als Bär, um einen andern Helden aus der Gefangenschaft des Osantrix (offenbar eines slavischen Königs) zu
Es hat offenbar auf seinen Namen Bezug, wenn von einem Thorstein erzählt wird, daß er als Knabe einmal hastig in die Stube kam und hinfiel. Der alte Geitin fing an zu lachen. „Ich sah", sprach er, „was Du nichtsahst: Dir lief voran ein Bärenwelf, ein weißes; es blieb stehn, als cs mich sah, und Du fielst darüber." Es war seine Fylgie, und hat offenbar auf Thür, der den Stein im Haupt trägt, selbst Bezug. Er heißt selbst Biörn Bär?') Dieses nach seiner Kraft und Größe gewaltigste nordische Thier bildete die Fylgie des Gottes gleichsam ab, und wird dadurch auch das Abbild der von Thür abstammenden nordischen Welt, denn von einem Bären leitet OIau8 magnus die Gothen ab. Das Märchen hat später, komisch und
Art Als Peter Bär und Hans Bär33 )
satyrisch, die riesenhafte und gewaltige
wiedergegeben.
Thores
retten, und thut dabei ebenso große Thaten — wie er vorher gut zu
Ueberlieferungen,
so stellte er
Bär, bald als ein Der Bär mit Kraft, Berlin
und seines Volkes
sich
seine maßlose, tölpische Stärke, wie das in Utgardloki's Hause thut. Er hat einen unbändigen Appetit, wie er gleichfalls am Thor geschildert mrfc? 3) Dabei ist er treuherzig, nicht ohne Klugheit, und macht mit Heren und bösen
dem
darin aus.
Bären.
der zahm und menschlich sein kann.
Bär
bei Strackerjan. 2. 326. aus Schwaden
Birlinger. I. 315. Ich verweise auf meine Abhandlung über Thor im Sunem, 1875.
p. 26 je. 21 ) Genaueres werde ich mir gestatten können bei der Publikatton mei¬ ner Abhandlung über „den Ring in Dichtung und Sage." ”) Vgl. meine Schrift: der Schwan in Sage und Leben nott. p. XXV. >
von Trier hat dieselbe
Bär
den
Wort des Geistes gezähmt und gebildet ist. Die größte Weisheit, welche sie bezwang, war die Liebe. Wäre diese immer vorhanden gewesen, hätte es mehr christliche Bären gegeben. Eine reizende Sage ist die von Schambach und Müller 33) mitgetheilte Erzählung von dem Vater, der eine Rose seiner Tochter mitbringen will, sie einem Rosengarten heimlich entnimmt, aber dadurch einem Bären in die Hände fällt, der ihn nur dann lebendig entläßt, wenn er ihn> die Hand der jüngsten Tochter verspricht, die ihn um die Rose gebeten. Der Vater thut's, der Bär holt sie. Alles weint; das Mädchen ist ruhig. Sie wird des Bären Gemahlin. Obschon ein Bär, hegt er sie sanft. Sic leben in Frieden — sie verliert Furcht und Scheu. Da wird er krank. Sie pflegt ihn sanft. Er stirbt; da rollen die Thränen der getreuen Gattin auf das Haupt des Bären und er er¬ wacht. Der Zauber ist aus, der Baun ist gelöst, er wird ein herr¬ licher Mensch. Das kann eben die Liebe. Sie wandelt Bären in Menschen, hoffentlich auch in Berlin zu aller Zeit. Diesen Gedanken, wenn auch in andrer, seiner Form, drücken eine Reihe von Sagen von älterer Herkunft aus. 8axo Grammaticus 29) erzählt von einem Schweden Ulvo, daß seine Großmutter, als ein reizendes Mädchen, von einem Bären geraubt war, der aus Liebe seine Wildheit zu mildern verstand. Dieser Ulvo wird von Adam v. Bremen Wolf genannt und sei der Urvater des Königs Harald von England geworden, dem Bruder des Tostig und Sohnes Goodwin's; Browpton berichtet von einem Bären¬ Andere sohn, der Bcrnus geheißen und ein Vater Siwards war.
I
Ein Pcler Bär
dem Oldenburgischen ein Hans
J6
Marimin
Dasselbe that Humbert, als ihm der
durch das
j
sind menschlich, wenn sie den
bei
den
Florentius (Bischof von Straßburg) hütete ein Bär die Schafe, wie er auch abgebildet wird. Ein Bild stellt dar, wie ein Bär dem Cerbonius die Füße leckt. Als Columba» eine Höhle brauchte, trieb er den Bären heraus, der ihm Platz machte. Ein Bär hütete das ab¬ geschlagene Haupt des Königs und Märtyrers Eadmund in Ost-England, der 870 getödtct ward. Ein Bär zieht Jacobus von Tarent den Pflug auf dem Felde; den GeriuS und Remcdius begleiten Bären auf ihren Pilgerreise» als Begleiter. Alle diese Bären sind Abbilder des wilden, starken Volkes, das
aus.
Grimm, Mytholog., p. 633. aus dem Odenwald in Wolf Myth. 2. 67., aus
Bären
Maulesel nahm, und der heilige Frinnius mit einem Bären, der ihm Der treue Genosse und Gefährte des heil. Gallus war der Bär, dem er den Dorn aus dein Fuße zog. Dem heiligen
Notker unterscheidet den wilden Eber von dem, der den Schwan¬
”)
sagen von einem bösen
von Bären werden. Corbinian zwang einen Bären, der ihm seinen Esel zer¬ rissen, selber das Gepäck zu tragen.
darf
Die Schwanjungfrauen Ring tragen. Die Männer, welche jeden zehnten Tag von der Wolfsnatur frei sein können, tragen an diesem Tage Ringe. Im Hyudlulied wird eine Königstochter in eine Hündin verwünscht. Als sie befreit ward, geschieht dies dadurch, daß man einen Ring um die Schnauze legt. Zuweilen wird dies auch umgewendet, und Gürtel und Ring machen zu Thieren, allein die Erzähler der Sage haben sie dann mißverstanden. Das Sprüchwort: Jemand Ring und Larve abziehen, ist daher zu deuten. Nimmt man Beides weg, findet man das richtige Thier. Als man einmal einen alten Bären fing, fand man einen Gürtel bei ihm. Man hatte längst vermuthet, daß es einer war, der auch ein Mensch sein konnte?") Die älteste und schönste Darstellung findet sich in der Wilkina- oder Wiltinasagc, die im Norden Deutschlands unter Deutschen und Slaven bekannt worden ist. Dort wird ein Held genannt, Wildifer, eigentlich wie Grimm fest¬ stellt, Wildpero Waldbär — die frühere Uebersetzung Hagen's „Wildeber" ist ungenau, — da nur von einem Bären schon darum, weil er tanzen kann, die Rede ist. Dieser trägt einen dicken Ring, zieht ein Bären-
Halsring bedeutet die gesittigte und gezähmte Natur des Thieres aus. Daß
Die nordischen Völker
seinen Ochsen zerrissen.
ring hat,
dar, welcher bald als seine Thaten thut.
führt und
durch Albrecht christianisirt und germanisirt worden ist, spricht
Aber die Völker haben nicht blos die Aehnlichkeit mit den Thieren, sondern auch die Verschiedenheit ihrer Menschen von den Bären erkannt; ganz ein Bär kann der alte Held nicht sein. Nicht immer
)
Jsung
drückt die menschlich gewordene
Geistern nicht viel Umstände.
ring
den Bärensohn
Mensch sein Leben
Macht über
33
Bären im Wappen.
„es sei kein
edler
sich Wüthen, Streiten, Fressen und Faulheit offenbaren; eine Sättigung muß eintreten , das Thier im Menschen muß gebändigt Es waren zwar Nachkommen des Bären, die cs auch selbst werden. sein konnten, aber nicht immer können sie als Bären wandeln: das Mittel der Zähmung ist der Ring oder Gürtel. Als Prometheus überwunden wird und, von Herakles befreit, Es fesselt sich Zeus unterwirft, muß er einen eisernen Ring tragen. Mit dieser den dämonische» Schlangenwidcrstand in dem Titanen?^) seinem Siegelring bändigt Salomo, der König in der orientalischen Sage, die bösen Geister zum Gehorsam. Dasselbe drückt der Schwan -
auch einen
christlicher Bär." Der Berliner Bär bezeugt sich durch den Ring als solcher. Auch die Legenden werden erst in solchem Sinn recht verstanden, in denen Heilige die Herren und Bändiger
beweist er bei Bauern,
denen er zu dienen kommt,
Thür
Er hat
tanzen gelernt hatte.
hatte ihm das Halsband angelegt??) Er ist das wahre Abbild des Berliner Wappens. Vergleicht man seine Sage mit den nordischen
Grimm, Mythol., p. 1051.
In
2 der Uebersetzung von der Hagen cap. 117 re. Vgl. Raßmann, ’) Deutsche Heldensage 2, 280, wo keine Erklärung versucht ist. Eine eigen¬ thümliche, aber mit anderen Elementen gemischte Nachbildung findet sich bei
Halttich, Deutsche Volksmärchen in Siebenbürgen n. 40. p. 217. “) Nicdeisächsische Sagen, p. 263. Vgl. meine Rose und Nachttgall, p. 1. Dieselbe Sage, aber mit anderen Elementen vermischt, Toppen, Aberglauben aus Masuren, p. 143. (Danzig 1867.) Histor. Dan, lib. 10. ed. P. E. Müller, p. 72.
“)
*34 1 161 nennen den Großvater Ulvo's
Styrbiörn,
was ans den Namen
Bär führt?") Ebenso naiv ist des Bären Verehrung und-Dichtung
bei den
Kou, für den Donnergott, geht auf einen Namen des Bären zurück"'), wie Thor den Namen Biörn trug. Der weiße Bär ist das Abbild Thor's (vergl. den wei¬ ßen Berwels Thorstein), und dieser vertreibt, nach Norwegischen Mär¬ chen, in Finnmarken, wie dies auch anderwärts ihm zugeschrieben ist, böse Trollen und Geister."") Er genießt eine ungemeine Vereh¬ rung bei den Finnen. Seine Herkunft wird ans den Wohnsitzen der finnischen Völkern.
Der
esthnische Name
Sonne, des Mondes und des großen Bären (Otava, Otso, Ohto, Breit¬ stirn ist einer seiner Namen) abgeleitet. Eine Tochter der Luft wanderte
auf einer Wolke in blauen Strümpfen und bunten Schuhen, wäh¬ rend sie in der Hand einen Korb mit Wolle trug. Sie ließ Wolle Wasser und fallen, der Wind wiegte diese zu einem honigreichen in's Waldufer hin. Mielikki, des Waldes Herrin, hob die Wolle aus dem Wasser, legte sie in Wickelbänder, that sie in eine Ahornwiege, und befestigte sie mit einem goldenen Band an dem Zweig einer blühenden Fichte. Hier wiegte sie das Kind, bis es zum schönen Ohto heranwuchs. Mielikki wollte ihm keine Zähne geben, aber Ohto schwor, er wolle nichts Böses damit thun; sie schenkte ihm nun solche aus den goldenen Zweigen der Föhre, doch hielt Ohto feinen Eid nicht; deswegen erlauben sich die Finnen, ihn zuweilen zu tobten, aber doch nie, ohne feinen Tod und seinen Geist durch ein Fest
für gottlos gehalten, das Die Ostjakeu trauen ihm zu, daß er feinen Feind kenne und suche. Sie nennen ihn mit dem Ehrentitel „alter Mann"" 4) und schwören, indem sie auf eine Bärenhaut knieen. Es ist daher kaum Beleidigung für die Lappen, wenn man ihnen nach¬ sagt, sie könnten sich alle in Bären verwandeln, denn es bedeutet nur, daß sie von Bären abstammen. Bei allen sibirischen Völkern, sagt Falck,"") ist der Bär „ehrwürdig." Sie erlegen ihn nicht ohne besondere Ceremonien, haben Fabeln von ihm und seinen Verwand¬ lungen, und glauben, daß er nach dem Tode wieder lebe und opfere. Bei den Kirgisen, die ihn auch den Alten nennen, war er ehedem ein zu ehren.
tanzten." Auf der Insel Tarakai, am Amurstrom, fand Krusenstern"') allerdings auch unter den Ainos eigenthümliche Zustände. In jedem Hause waren junge Bären, die sorgfältig aufgezogen wurden. Nie¬ mand war zu bewegen, einen zu verkaufen. Es ging die Erzählung, daß die Weiber sie säugten.
Kaukasus werden
sie
zu Wächtern,
Ein Reisender fand den Hof der russi¬
schen Poststation am Engpaß des Terek, der über Darielan nach Tistis führt, von einem Bären an langer Kette bewacht. Schlimm für sie ist es, wenn sie gebraucht werden, den Weingarten, den sie selbst lieben, zu bewachen. Derselbe, der verstorbene Dr. Bickiug, erzählte mir, daß man auch in der Walachei im Volke mit ihm, wie mit einem Menschen, verkehre. Ein Mädchen eilt mit ihrem Rechen, um Heu zu machen, vor ihr aber trollt auf dem schmalen Weg ein gro¬ Sie gab ihm einen derben Schlag auf ßer Bär langsam einher. den Rücken, schalt ihn ordentlich ans, und der Bär folgte ganz ge¬ horsam, indem er rascher ging, bis er Platz gemacht hatte. Als Herr von Kirchmann in Italien war, fragte man ihn einmal naiver Weise, ob denn in Preußen die Leute so aussehen und angezogen gingen, wie die wilden Männer auf dem preußischen Wappen. Es würde keine mehr glückliche Vermuthung sein, wenn sich Fremde aus dem Bärenwappen Berlins eine Vorstellung von den Bürgern Berlin's
machen wollten.
Die Eigenschaften,
Bären zuschreibt,
die man dem
passen doch
nicht ganz mehr auf unser Volk.
Noch heute, sagt Castrsn, wird es
Thier anzugreifen!"")
Im
statt der Haushunde, benutzt.
Aber men; an
es
hat auch den Bäre» vom Namen Albrechts angenom¬ organisirende und chriftianisirende Macht mag auch
dessen
Bild
erinnern. Den Ring des Geistes, welcher Wildheit und Rohheit bändigt, zu tragen, wird immer Ehre machen. — Vom Bären sagt Konrad v. Megenberg, wie sehr er die Bienenkörbe liebte, wegen des Honigs, „wan er izt nihts so gern“. 38) Daß mau in Berlin das Süße
das
liebt, darf man sagen. Möge man nicht vergessen, daß da, wo gab, auch der Honig vom Hymettns floß.
Die Arbeit
es das Attische
des Gedankens giebt Frieden und
Salz
Süßigkeit.
Chan, der seiner Tochter nachstellte, deren Gebet die Verwandlung ihres
Vaters veranlaßte. Er schlich sich in Wilduiffe, nnd schämte sich feines Fehlers und seiner Verwandlung immer. Freilich ist das immer noch poetischer, als was Seltner aus Sagen und Fabeln der Dardu"") in Indien mittheilt, worin die Bären ursprüng¬ lich die Nachkommen eines Mannes seien, besten Unfähigkeit, seine Schulden zu bezahlen, ihn wahnsinnig gemacht, und der tief in die
Hügel ging, um feinen Gläubigern zu entfliehen. Ich gestehe, daß dies sehr europäisch und beinahe berlinisch klingt, weil doch auch das Sprüchwort „Bären anbinden" und Schulden machen wahrscheinlich nicht in Indien entstanden ist. Jnterestant ist, was ein Mullah von einer Bärenhochzeit erzählte, „wo einige auf den
Hinterpfoten standen,
"") Vgl. 31
)
Vgl.
P. E. Müller
den
zu
Stock in den Vordertatzen hielten und
Saxo p. 313.
die Anmerkung von F. Löwe zu Kreuzwalds Esthnischen Mär¬
Halle 1869. p. 123.
chen.
Kuhn & Schwarz, ) Vgl. aus Asbiöruseu Scheible Kloster 9, 314. Norddeutsche Sagen p. 303. Panzer, Myth., 2, 161. Grimm, Myth., 447. 3S
"") Castren's Vorlesungen über finnische Mythologie. St. Petersburg 1853. p. 201. 34 ) Daher erklärt sich auch, wenn die Zigeuner den Bären „Alten" oder „Großvater" nennen, ck Grimm, Myth., 633, uott. 3 °) Beiträge zur Topographischen Kenntniß des Russischen Reichs. 3.287. Gmelin in. der Sibirischen Reise fand bei den Katschinzen (3. 279—283) eine Steinsculptur, die er einen Bärengötzen nennt. Ein Bär ist in Stein gehauen, auf den Hinterschenkeln sitzend, 1 Elle hoch, und in eine Felshöhle gestelll. 3
°)
ck Ritter, Geographie 2, 1092. Ausland 1875. n. 32.
priiy
Heinrich, der Lruder Friedrichs des Großen. Ein vaterlandshistorisches Gedenkblatt von K. ». Crousaz.
(Schluß.)
Prinz Heinrich war kaum
besser
situirt, als
stand einem stark verschanzten Feinde, welchem
der sich
König;
auch er
nicht beikommen
ließ, gegenüber, und auch sein Heer konnte, da es mehrwöchentlich auf dieselben Territorien beschränkt blieb, von denselben kaum mehr
ernährt werden. Allerdings regte sich der Prinz, wie es in diesen Umständen möglich war, aber eben nur mit Detachiruugen. Die Fühlung nach Osten hin wurde gesucht; Belling streifte über die Jser und es gab hübsche Reitergesechte; von Möllendorf's rechter Flügelkolonne gelangten einzelne Abtheilungen, am linken Elbufer entlang, bis in die Nähe von Prag :c., aber die geschickten Contremineu Laudon's einer-, die starken Oesterreichischen Positionen bei Arnau und HohenIm elbe re. andererseits, vereitelten doch durchgreifende Erfolge.
Großen und Ganzen ließ sich, so lange das Preußische Hauptheer nicht vorwärts kam, hier nichts unternehmen; eS war eine für Heinrich sehr peinliche Kriegslage, und seine Verstimmung mußte
täglich größer werden.
Die Verpflegung beider Preußischen Heere wurde endlich so schwer, König »ach Schlesien zurückzugehen beschloß. Der Rückmarsch
daß der
"') Krusenstern, 4.
Reise um die
Welt.
II.
97—108.
477-78. ) Buch der Natur, p. 163. ed. Pfeiffer.
M
ck.
Ritter, Geographie
162 Hauptheeres begann am 6. September über die Aupa hin,
unseres
und da das Terrain schwierig war und Seitens der Oesterreicher eine lebhafte Verfolgung stattfand, fo brauchte es hier großer Energie und
Beide zeigten
Geschicklichkeit.
Disciplin trat
sich
in vollem Maße; die Altpreußische
gerade bei dieser Rückwärtsbewegung sehr glänzend her¬
vor, und viele Truppentheile haben sich mehr als je ausgezeichnet. Der zu dieser Zeit erst 34 Jahre alte Generalmajor, Prinz von Preußen, führte seine allseitig von Oesterreichern umschwärmte Abtheilung so heldenmüthig und meisterhaft nach der Höhe von Pilnikau hindurch, raß der König ihn außerordentlich belobte; der Feind wurde überall
mit blutigen Köpfen
zurückgewiesen, und Friedrich räumte den Böh¬
Mitte October gänzlich.
mischen Kriegsschauplatz erst gegen
Die Armee des Prinzen Heinrich konnte, da das Hauptheer zurück¬ ging, nicht in ihrer Stellung bleiben. Sie trat am 10. September den Rückmarsch an, und dirigirte sich nordwestwärts, aus Lowositz, wäh¬ rend die Oesterreicher wieder in ihre Position von Niemes einrückten und den Rückzug Heinrich's, namentlich auch nach dessen rechter Flanke
hin, zu gefährden suchten. Der Prinz schob Detachements gegen die Eger vor. Man scharmützelte viel und die Preußischen Waffen waren Am 17. September concentrirte sich das dabei stets im Vortheil. Heer bei Tschieschkowitz, südlich von Lowositz, blieb hier bis zum 24. und erreichte dann, unter steten Arrieregarden-Gefechten, die Sächsische
Prinz Heinrich nahm nun
Grenze am 28. September.
seine
Kanto-
nirungen in Sachsen, und es trat in dieser Region des Kriegstheaters, nachdem Laudon den Oberbefehl an Haddick abgegeben hatte, eine fast vollständige Waffenruhe ein. Auch dieser Rückzug Heinrich's ist, wie derjenige seines König¬
Streng genommen stand Prinz Heinrich, nach dreißigjährigem Vorcursns, nur 22 Jahre aus der öffentlichen Bühne, und dieser re¬ lativ kurzen Werkzeit folgte, bis zu seinein Lebensende, noch ein vierundzwanzigjähriger Feierabend. Wenn diese Vertheilung von Unterricht, Arbeit und Ruhe im gewöhnlichen Dasein nicht richtig wäre, so braucht es doch für den hier in Betrachtung stehenden Ausnahmemenschen und seine Zeit eines anderen Maßstabes. Jene dreißigjährige Periode, welche für Heinrich's Vorschule gelten muß, da sie zumeist durch Dasjenige, was er in sich aufnahm, bestimmt wurde, enthielt,
wenn man Einzelnes in's Auge nehmen
äußeren Anstrengung, und das politische schloß sich ebenbürtig an das Vollbringen. Diese 22 Jahre unseres Helden sind voll
kriegerische
Stoff und Geist, Arbeit und Erfolg, Kummer und Genugthuung; in ihnen wurden große Fruchtbäume gepflanzt, die Werke eines halben Jahrhunderts gethan. Alles war Tiefe und Quintessenz; der Prinz verdiente diesen frühen Feierabend, und hat
die
Man hat
dem großen Könige nachgesagt,
diesem Feldzuge an Geist und
sei, wie
Kraft nicht mehr
früher; aber das kann aus
daß er
derselbe gewesen
dem hier Geschehenen nicht recht¬
mäßig gefolgert werden; seine Böhmische Operation von 1744 hatte
viel mehr gegen
sich,
als die jetzige, und
tag von Hohenfriedberg auf dem Fuß,
doch
doch
folgte ihr der Ehren¬ trat Friedrich's Genie
damals in seine Blüthe. Prinz Heinrich begann diesen Feld¬ zug von 1778 mit jener Meisterthat seines Gebirgsüberganges, und endete ihn mit einem nicht minder berühmten Rückzüge; daß über¬ schon
haupt ein Rückzug nöthig war, ging aus der ganzen und unabänder¬ lichen Sachlage hervor.
Bei
dem Preußischen Hauptheere gab es noch viel lebhafte
Sowohl
Hin-
als die gegnerischen Truppen in Oberschlesien wurden verstärkt, und es fielen, dort und im Oesterreichi¬ und Herbewegung.
schen Schlesien,
seine,
mancherlei Gefechte vor.
Der König ging nach Bres¬
lau und rüstete sich für den nächsten Feldzug; seine von der Lausitz ab bis zur Oppa gegen Oesterreich vorgeschobenen Detachements scharmützelten auch während des Winters, und in der Grafschaft Glatz wurde
mit
abwechselndem Glücke gekämpft.
Prinz Heinrich nahm
schon
im November 1778 seinen Winter¬
aufenthalt zu Dresden, und wenn hier beim Westheere die Waffen lange ruhten, so ist ihre Thätigkeit doch erst im Februar 1779, durch einen gelungenen Vorstoß, welchen Möllendorf von Freiberg aus gegen
Brüx
machte, absolut beendet worden.
Nachdem endlich die Friedensunterhandlung ernstlich begonnen war,
trat mit Anfang März 1779 auf allen Punkten volle Waffenruhe ein; der definitive Friedensabschluß fand erst am 13. Mai zu Teschen statt.
erste Kennzeichnung
des
am Lebensabend lieber
Revolutionsstnrmes zurückdrängte,
ver¬
So lange der große König lebte, blieb Prinz Heinrich noch immer in einiger Wechselwirkung mit dem Hose und den Staatsgeschäften; er liebte diesen Bruder nicht eigentlich, beugte sich aber vor seiner Außerordentlichkeit und respektirte ihn allseitig. Als Friedrich 1786 gestorben war, änderten sich Heinrich's Beziehungen mit dem Staatsober¬ haupte, dem Heere und der
Politik, von
denen er sich jetzt
absolut
Theils ist dies sein freier Wunsch und Wille ge¬ wesen, theils wurde er von Oben her in diese Position genöthigt. König Friedrich Wilhelm II., Heinrich's Brudersohn, hatte vor seinem Regierungsantritt diesen Oheim stets für eine Autorität an¬ sehen müssen; er konnte sich jetzt, wo er den Thron bestieg, nicht von der Besorgniß losmachen, daß ein an Alter, Erfahrung, Geist und Ruhm so überlegener Held, wie der Prinz Heinrich war, ihn ver¬ dunkeln und seinen hohen Autoritätsstandpunkt gefährden würde. Daß dies so war, ging schon aus der von Friedrich Wilhelm an den Ge¬ neral v. Möllendors gestellten Frage hervor: „Spricht man viel zurückzog, gänzlich.
von meinem Oheim?" Durch
dieselbe sollte offenbar nichts Neues
erkundet, sondern nur ein Gefühl ausgedrückt, und ein bezüglicher
nnngsausdruck herausgefordert werden.
Mei-
Der König wußte, daß man
vom Prinzen Heinrich viel sprach, und er von der öffentlichen Mei¬
nung an die Spitze des vaterländischen Kriegswesens gestellt war; sein hierdurch verletztes Selbstgefühl strebte nach Ausdruck,
und die
Frage, welche er that,
war eigentlich nur das Haschen nach irgend einem Troste. Daß Friedrich Wilhelm II. seinen Autoritätsftandpunkt zu wahren suchte, war an sich richtig; daß er aber, aus Furcht sich das Mindeste zu vergeben, seinen hochverdienten Oheim ganz fern hielt und auch dessen gerechteste Wünsche unerfüllt ließ, kann nur tief be¬ dauert werden. Am Neujahrstage von 1787 wurde der Herzog von Braunschweig, und 1793 auch der General v. Möllendorf Feldmarschall; der Heros des siebenjährigen Krieges
Der Friede von Teschen bildet den Schlußstein von Heinrich's Kriegslaufbahn; ja man kann noch mehr sagen: der ganze Zeitraum seines öffentlichen Wirkens ging hier im Wesentlichen schon zu Ende.
sich
mit seinen großen Erinnerungen, als mit dem öffentlichen Leben einer ihm ftemd werdenden Zeit und Menschheit beschäftigt. Wenn Prinz Heinrich sich, seiner Natur nach, zu der Französischen Bildung und Gesellschaft neigte, so ist wohl zunächst hierdurch eine von ihm im Sommer 1784 unternommene Reise nach Frankreich, welche ihn mehrmonatlich an den Hof Ludwigs XVI. fesselte, — weiter¬ hin sogar sein Wunsch, ganz nach Paris überzusiedeln, den aber schon ursacht worden.
in
bereits mehr Action,
That; in ihr wurden Herknlesarbeiten verrichtet und in manchem Stundenschlage Jahre ausgewogen; — die geistige wetteiferte mit der
wo der Laie nur leere Blätter der Kriegsgeschichte zu haben glaubt, da findet der Kenner die Verzeichnungen hoher Beispiele und goldener Regeln.
doch
aus
lichen Bruders, selbst vom Feinde sehr gerühmt und bewundert wor¬
den;
will,
als in der Gesammtheit manches gewöhnlichen Lebenslaufes zu finden ist. In Heinrich's zweiundzwanzigjähriger Arbeitszeit drängte sich That
aber blieb ohne
Beförderung.
Ueberdies waren Oheim und Neffe
zwei ganz heterogene Naturen.
Letzterem fehlte die geniale Anlage,
welche Ersterer besaß, gänzlich;
seine
in
der sinnlichen Liebe, der minderen Selbstständigkeit und dem
Hange zum Geheimnißvollen beruhenden Schwächen standen dem Pla¬ tonismus. der inneren Unabhängigkeit und der liberalen Begriffsweise Heinrich's diametral entgegen; der Eine konnte im Frieden und Kriege nur ein Künstler, und der Andere nur ein Genußmensch und ein Hau¬
Zwei
degen sein.
Antipoden stießen
solche
sich
Der
natürlich ab.
Neffe mied den Oheim, aus Scheu vor seiner Ueberlegenheit und nicht begriffenen Complication; der Oheim den Neffen, aus gekränktem Selbst-
gefühl, aus Abneigung gegen seine Lebensweise und aus Mißbilligung der Rcgierungsmarimen desselben. Aber der Neffe war König, und der Oheim jetzt nur ein Privatmann; es blieb dem Letzteren nichts
übrig, als
in
sich
seine innere
samkeit zurückzuziehen.
Man
ging 1792 zu Felde, ohne
Welt und in
Ein-
seine Rheinsberger
begehrte seine Dienste nicht mehr und
den einzigen großen Feldherrn, welchen
man
in Betrachtung zu ziehen. Auch würde Prinz Hein¬ rich den Oberbefehl im Rheinseldzuge, wenn ihm selbiger offerirt wor¬ den wäre, schwerlich angenommen haben, denn er billigte diesen Krieg nicht, und wollte das einmal in die Scheide gesteckte Schwert nicht zur Abendzeit und für neue und unsichere Unternehmungen nochmals besaß, irgendwie
Auch hätte er sich dem jetzigen Kriegsherrn, den er so mit Braunschweig und Möllen¬
herausziehen.
sehr überragte, kaum unterzuordnen, und
dorf, die noch unlängst tief unter ihm und jetzt Feldmarschälle waren, Verhältniß zu finden gewußt.
kein richtiges
Auf
Insel, zu Rheinsberg, führte Prinz Heinrich, noch 16 Jahre lang (1786— 1802) ein nur verfeinertes und illustrirtes Eremitenleben. Seine Vormittage waren der Arbeit, nämlich seiner Beschäftigung mit den Kriegswissenschaften und der schönen Literatur gewidmet. Die Werke der Französischen Philosophen und Dichter beschäftigten ihn lebhaft; er schrieb selbst Verse und führte eine ausgedehnte Correspondenz. Seine militairischen Aufzeichnungen sind nicht in die Oeffentiichkeit gelangt. Von den Helden der Französischen Revolutionskriege interessirte ihn nur Moreau. Bonaparte's große Siegeslaufbahn er¬ seiner grünen
während ringsum ungeheure Stürme tobten,
lebte Heinrich nicht mehr; wenn dies aber gewesen wäre,
so
würde
Glück mehr bewundert haben, als seine Verdienste. Nachmittag Den und Abend füllten zn Rheinsberg Tafel und
er gewiß
dessen
Conversation, Concerte und Theatervorstellungen aus. Heinrich liebte weder die Frauen noch den Wein; die Unterhaltung seines Cirkels be¬
Die Hauptpersonen, welche unseren Helden zu Rheinsberg um¬ in der ersteren Zeit: Baron Franz Carl von dem Knese¬ beck, Graf Ludwig von Wreech und Bogislav von Tauentzien, der spätere Graf Tauentzien von Wittenberg, Sohn des Vertheidigers von Breslau, Letzterer als Adjutant. Von 1769 an that Knesebeck, obgleich er gegenwärtig blieb, keinen Dienst mehr, und außer ihm gehörten nur der Hofmarschall Graf Reeder und der Adjutant Graf La Roche-Aymon gaben, waren
i
j
j
zum engsten Cirkel.
-
Letzterer, ein emigrirter Franzose von bedeutenden Eigenschaften, war Heinrich's letzter Adjutant und genoß seiner An¬ erkennung in solchem Grade, daß noch des Prinzen „dernieres
dispositicms“ ihn hervorhoben. Nachmals schrieb dieser Offizier, unter dem Titel: „ Vie privee, politique et militaire du Prince Henri de Prasse, Frere de Frederic II. (Paris 1809)“, die einzige in Betracht kommende Biographie Heinrich's. Er brachte es im Preußischen Kriegs¬ dienste bis zum Generalmajor, glänzte als Reiterführer und Militairschriftsteller, und starb 1849 in Frankreich. Prinz Heinrich trat nach dem Baseler Frieden (1795) in ein glimpflicheres Verhältniß mit dem Könige und erschien wieder in Berlin, aber doch nur selten, kurz vorübergehend und ohne Vorliebe. Daß er auch den Nachfolger Friedrich's noch überleben und über die Grenze eines neuen Jahrhunderts schreiten würde, hätte man nicht geglaubt. Er war, als Friedrich Wilhelm II. 1797 starb, schon 71 und beim ersten Stundenschlag des neunzehnten Jahrhunderts schon 74 Jahre alt; über seine Beziehungen mit König Friedrich Wilhelm III. kann hier nichts mehr gesagt werden.
Dieser berühmte Prinz, der letzte Träger des Fridericianischen Zeitalters, starb am 3. August 1802, und wurde in der Grabmals¬ pyramide des Rhcinsberger Parkes, welche er sich erbaut hatte, be¬ stattet. Die von ihm selbst verfaßte Grabschrift lautet, in's Deutsche übertragen: „Durch seine Geburt in die Wirbel dieses leeren Dunstes gezogen, welchen der Gewöhnliche Herrlichkeit und Größe nennt, dessen
Nichtigkeit aber der Weise zu erkennen versteht; in der
Prosa aller menschlichen Uebel gequält durch die Leidenschaften Anderer, und aufgeregt durch seine eigenen; oft der Verläumdung und Ungerechtigkeit ausgesetzt; luste theurer Verwandten,
gebeugt durch die Ver¬
zuverlässiger und treuer Freunde,
mit der Kunst, WisienSeinen eigenen Thaten die Conversation zuzu¬ lenken, war Heinrich zu stolz; er sah es jedoch nicht ungern, wenn dies in feiner Manier durch Andere geschah. Der regelmäßige Lebensturnus wurde ab und zu durch Besuche, welche man empfing, oder durch Ausflüge und Festlichkeiten variirt. Die Prinzessin Amalie und der Prinz Ferdinand erschienen oft im Rheinsberger Schlosse, und mit ganz besonderer Liebe empfing Heinrich
aber auch oft getröstet von der Freundschaft; glücklich in der Sammlung seiner Gedanken, glücklicher noch, wenn seine Dienste
auch stets seinen Neffen, den blanken und schneidigen Louis Ferdinand,
heit giebt.
welcher schon 4 Jahre nach seinem großen Oheim so tragisch endigen
so habe
schäftigte sich, bei innerer Freiheit, zumeist
schuft und
sollte.
Politik.
Nach
Berlin kam Prinz Heinrich fast gar nicht mehr;
seine
Ausflüge beschränkten
Jede sich meist auf den nächsten Umkreis. Festlichkeit, welche zu Rheinsberg stattfand, hatte ein inneres und geistiges Motiv. Der Jahrestag der Schlacht von Freiberg wurde
alljährlich gefeiert, und am 6. Mai 1787 gab Prinz Heinrich, zum Gedächtniß der Schlacht von Prag, allen Offizieren und Mannschaften des Infanterie-Regiments von Jtzenplitz, welches sich dort unter seiner Führung ausgezeichnet hatte, ein glänzendes Fest. Am 4. Juli 1791 wurde der große Obelisk, welchen Heinrich, gegenüber dem Rheins¬ berger Schlöffe und am jenseitigen Seeufer,
zum Andenken seines
Bruders August Wilhelm errichten ließ, festlich eingeweiht. Der große König hatte jenen Prinzen von sich gestoßen, und Heinrich feierte ihn monumental; Friedrich Wilhelm II., der Sohn Desjenigen, welcher hier gefeiert wurde, ließ damit von dem zurückgesetzten Oheim einige glühende Kohlen auf sein Haupt sammeln.
dem Vaterlande, oder der leidenden Menschheit nützen konnten:
so
ist der Lebensabriß Friedrich Heinrich Lud-
wig's, Sohnes König Friedrich Wilhelms von Preußen, und der Sophie Dorothea, Tochter Georg's I. von Großbritannien. Vorübergehender! gedenke, daß es auf Erden keine Vollkommen¬ ich
Wenn ich nicht der Beste der Menschen sein konnte, auch nicht zu den Schlechten
gehört.
Lob und
Tadel berühren Denjenigen nicht mehr, welcher in der Ewig¬ keit ruht; aber süße Hoffnung verschönt die letzten Augenblicke Dessen, der seine Pflicht gethan hat. Sie ist auch bei mir
in meiner Todesstunde."
Sie enthält viel Weisheit und hohe Gesinnung, viel Bitterkeit und viel Selbst¬ erkenntniß; sie sagt mit wenig Worten mehr, als ganze Bücher sagen könnten und giebt Außerordentliches zu denken. Wenn sich darin kein eigentlich religiöses Wort findet, so darf dies nicht mißverstanden werden. Prinz Heinrich war, wie der große König, der pietistischen Kirchgläubigkeit und dem religiösen Formenwesen abgeneigt, an dem innersten Wesen der Religion haben Beide festgehalten. Wenn Friedrich kurz vor seinem Tode, der untergehenden Sonne gegenüber, auf der Terrasse von Sanssouci aussprach: „Bald werd' ich dir näher sein", so gedachte hier Heinrich seines Ruhmes in der Ewigkeit und seiner Diese Grabschrift vertritt eine Selbstbiographie.
164
Hoffnung in der Todesstunde. Auf wen konnte er in dieser hoffen, als auf Gott den Herrn, und auf was, als auf den jenseitigen Lohn der Pflichttreue?! Literarisch ist Prinz Heinrich, nächst jener Lebensbeschreibung des Grafen La Roche-Aymon, noch durch Heinrich v. Bülow's „Kritische Geschichte seiner Feldzüge" (Berlin 1805, 2 Theile) gefeiert und in allgemeinen Werken, generell oder nach dieser oder jener Richtung hin,
den Leuten schaden zu können.
auf dem Hof behalten.
Gerade auf den Viehstand ihrer Nachbarn hatten es Zauberer
Graf
eine
paralleli— — An dem Denkmal! ein kleines, aber immerhin originales sirt, Fußgestell des Berliner Friedrichs-Denkmales tritt die Reitcrstatue Prinz Heinrich's heraus, und im Garten von Bellevue bei Berlin, welcher früher dem Prinzen Ferdinand gehörte, befand sich ein Bronze-Brustbild
Inschrift kurz
33. (p. 139.) Von Thurneisser („seiner Landart ein Schweitzer, und seines handwercks ein Goldtschmidt, ein durchtriebener, unverschampter, verschmitzter geselle“) erzählt der Chronist: Fs haben viele leute davor gehalten, dass Er die Herrschafft also bezaubert bette, dass sie Ihm so grossen Glauben geben betten, wie es auch wohl vermuthlich, denn Er hat einen Hund gehabt, der stets in der Thür seines gemaches gelegen, den Er allezeit das erste stücke Fleisch auss der Schüssel, wo er gewesen, fürgeworffen, und sind viel der Meinung, dass es malus Spiritus sey gewesen, wie auch der Bube Cornelius Agrippa, welcher de vanitate Scientiarum geschrieben, einen solchen Geist in der Ge¬ stalt! eines Hundes stets bey und umb sich gehabt; und ist glaub¬ würdig , dass nach seiner Flucht derselbe Hund sich auff den Mühlentam solle ins wasser gestürtzet haben. Ein schwarzer Hund mit glühenden Augen war Kunkels Gefährte auf der Pfaueninsel bei Potsdam (von Reinhard, Potsdams Sagen und Märchen p. 137). Der durch Göthe berühmt gewordene Pudel des Br. Faust, welchen das Volksbuch Prästigiar nennt, ist bekannt.
|
angegeben und
|
Friedrich's Lieblingsbruder, sondern auch sein kriegerischer und geistiger
Zwilling war, dem Prinzen Heinrich, welcher die Großmachtsstellung Preußens mit erringen und befestigen half, in Schrift und Erz und Tradition bald derjenige Nachruhm, welchen er verdient hat, in ganzer Fülle zu Theil werden.
Märkische Sagen und Gebräuche.
Schwarze gespenstige, feuerspeiende, an glühenden Ketten liegende Hunde sehr häufig in Sagen aus allen Theilen Deutschlands. Der
Eine Nachlese von Br. ®. Sclto.
sind
(Schluß.)
gelehrte Henricus Cornelius Agrippa von Nettesheim, ein Schützling der
p. 120.)
In diesem Jahre (1559) hat man auf dem
grossen Leuche
künftigen grossen Sterbens gehalten, wie
es
auch der aus-
Statthalterin
der Niederlande,
Margaretha's von Parma, gerietst
wegen seiner tiefen Gelehrsamkeit und seiner staunenerregenden Beredsam¬
bey Bellin an der Fehre viel manspersonen, die keine heupter gehabt, grass mehen sehen, welchs viel gelerten für ein fürspiel eines
Mittelalters vornehmlich abgesehen (Grimm, Myth. Allerlei Lähmung schrieb man den Heren zu; der Hcrenschuß
wurde eben erwähnt.
Heinrich's, ist aber entwendet und nicht wieder herbeigeschafft worden. Möge dem Sieger von Freiberg, dem Fabius des siebenjährigen Krieges, dem hochstrebenden Denker und Staatsmann, der nicht blos
30.
Vieh Der Schmidt in Kl. Beuthen, welcher ihm
und Heren des
Großen Kurfürsten und des Prinzen Heinrich errichten, und dabei
Französische und eine Lateinische
wenn ihn
wie ein Stock werden.
Ludwig von Wreech auf Tamsel, Heinrich's Kammerherr und treuer Anhänger, ließ im Tamsler Schloßparke einen Altar mit den Büsten werden die Verdienste dieser beiden Fürsten durch eine Deutsche,
selbst verschwor sich:
an seinen Bienen geschadet habe, solle verdorren und an seinen Beinen
1025).
Auch seine monumentale Feier läßt zu wünschen übrig.
Er
der Teufel erst geholt habe, solle sein Schwiegervater keine Klaue
besprochen worden.
des
—
keit in den
Ruf
eines Zauberers.
Die Sage erzählt,
j
zu nennen pflegte, zugerufen:
„Packe dich weg, du arges Thier, du
gang erwiesen.
bist an meiner Verdammung schuld!"
Angelus (cf. Grässe I, 35, Kuhn, märk. Sagen p. 130) berichtet ausführlicher darüber, verlegt den Vorfall aber in die Nähe Berlins. Ich denke dabei an die Bilsen- Binsenschnitter, die Pilwizen, ursprünglich
nekromantisches Halsband
die allmählich zu Unholden geworden sind, und den
er habe kurz
vor seinem Tode seinem schwarzen Hunde Paredrius, den er „dominus“
Wasser gestürzt.
Nachdem er ihm
abgenommen, habe
dann ein
sich der Hund
in das
(Lerchheimer, christl. Bedenken und Erinnerungen von
Zauberei, in Scheibles Kloster
II, p. 214.)
und Hcrenschuß werden ihnen zugeschrieben (Grimm,
34. (p. 126.) Jahre 1567 wurde Hans Frölichs Ehefrau, genannt die „schremige Kathrine", weil sie einen Juden ermordet hatte, in Berlin
W. Müller,
hingerichtet.
gute Geister, Getreidefeldern schaden, auch sonst allerlei Unheil stiften; Weichfelzopf
Myth. 441 ff., Syst. d. altdeutsch. Relig. p. 307). Nach Voigtländischer Sage trägt der Binsenschnitter ein eigenthümliches dreieckiges Hütchen; wird er von Jemand angeredet, so muß er noch in demselben Jahre sterben, oder auch umgekehrt sterben Diejenigen, die zuerst von ihm angeredet, resp. erblickt werden. (Eifel 1. c. No. 550). Nach märkischem Aberglauben verzaubern die Bihlweisen auch das Vieh. (Kuhn, märk. Sagen p. 375, cf. Eisel 1. c.) Gesch. und
In Potsdamer Crimiualaktcn des
vorigen Jahrhunderts ist mehr¬
fach von allerlei Gaukelei und Zauberei die Rede.
31. Eine des Kindesmordes angeklagte Person ließ
Und ist damals eine starcke sage gewesen, dass man Sie etliche tage bette sehen umb den Eabenstein gehn und das haupt in henden tragen, zuvoraus in der Mittagsstunde. Daß Hingerichtete am hellen Tage erscheinen, ist mir sonst un¬ bekannt; wohl aber zeigen sich bisweilen die weißen schatzhütenden Jungftauen am Mittag (Grimm, Myth. 916, 918, 1114). Nach mittelalterlichem Volksaberglauben müssen die, welche ein gewaltsames Ende gefunden, fo lange spukend umgehen, als ihnen ursprünglich zu leben bestimmt war (Hertz, deutsche Sagen im Elsaß p. 33).
35.
sich
im Jahre 1766
von einer klugen Frau „eine Tafle Coffee gießen", um zu erfahren,
im wievielten Monat sie Das Weissagen ans
Im
schwanger sei. dem Kaffeesatz ist auch heut noch
in Uebung.
32.
Der Müller Bäthe in Gr. Beuthen, der im Jahre 1729 wegen Blasphemie und Mißhandlung seiner Frau bestraft wurde, stand nach den Zeugenaussagen allgemein in dem Rufe, durch magische Künste
(p. 114.) Jahre 1552 wurde ein Schneidergeselle in Berlin fälschlich des Diebstahls beschuldigt: Barumb er gehengt worden und zum Zeichen seiner unschuldt lange am Gericht geblut hette. Ebenso berichtet Hafftitz von Kohlhase (p. 104), daß derselbe nach der Hinrichtung lange frisch geblutet habe, daß man das Blut habe auf Papier auffangen können. Wie das Bluten des Körpers nach dem Tode, fo zeigte auch das Ergrünen eines trockenen Reises,
Im
165
in die Erde gesetzten Baumes Das Fortbluten des unschuldig Justi.
das fröhliche Gedeihen eines verkehrt
die Unschuld der Gerichteten an.
ficirten ist analog der fest im Volksglauben eingewurzelten Anschauung, auf's Neue an zu bluten sangen, wenn der Mörder sie berührt. Es ist auch eine Art Bahrrecht, welches
daß die Wunden eines Erschlagenen
darthat, daß kein gerechtes, Gott gefälliges Urtheil gefällt, sondern Auf einer andern Vorstellung beruht ein Justizmord begangen sei. es, wenn aus dem Halse des unschuldig Geköpften, statt Blut, Milch fließt (Grimm, deutsche Sagen No. 479). 36. (Mündlich; von mir bereits in den Mittheilungen des Vereins für die Geschichte Potsdams l. c. p. 364 mitgetheilt.) In einer Pfingstnacht zog ein Potsdamer Fischer in der Nähe der Nedlitzer Brücke mit dem Netz ein prächtiges Schwert aus dem Wasser. Erfteut über den seltenen Fang, wollte er es bergen, seine Kameraden aber warnten ihn, da es ihm Unglück bringen könne, und so warf er es wieder in's Wasser zurück. Angeblich wäre es das Schwert mit räthselhaster Goldinschrift gewesen, welches bei den Baggerarbeiten an der Nedlitzer Brücke am 16. October 1874 gesunden wurde, und sich jetzt, soviel ich weiß, im Märkischen Provinzialmuseum in Berlin befindet. Gaben der Waflergeifter erscheinen stets verhängnißvoll; noch nicht genügend auf¬ geklärt ist die auch sonst sich findende Beziehung zwischen Wasser¬ geistern und Schwertern (Temme, pomm. Sagen No. 252). Pfingsten war in Süddeutschland, aber auch bei den Slaven, den Wassergöttern heilig, die in dieser Zeit ihre Opfer verlangten (Grimm, Myth. 460, 562, 745); sonst spielt im heidnisch-germanischen Festkalender der Johannistag diese Rolle. 37.
Auf
die,
dem Menschen Verderben drohenden dämonischen Be¬
wohner der feuchten Tiefe deutet auch der märkische Name jener Zierde
stiller Seebuchten, der Nymphäe — geister werden häufig,
um
sie
Mummelitzke.
Die
Wasser¬
zu versöhnen und milde zu stimmen,
mit allerlei vertraulichen Namen wie Mummel, Mümmelchen, Mühmchen bedacht; ja die Blume heißt anderwärts geradezu Wasser¬ männlein und wird für eine verwandelte Seejungfrau erklärt (von Perger, deutsche Pflanzensagen p. 160). Man warnt die Kinder, Nymphäen zu pflücken, sonst ziehe sie der Nix in's Wasser; und in That, wenn man die glatten, biegsamen, fest am Boden wurzelnden Stiele ergreift, hat man die Empfindung, als werde man von un¬ widerstehlicher Gewalt in die Tiefe gezogen.
der
38.
(p. 92.)
In diessem Jahre (1528) hat eine Erbare Frawe zu Collen
40. (p. 77.) Dieser Bischofs (Dietrich v. Bülow, Bischof von Leims) hat zu Hoffe einen Ritter gehabt, mit nahmen Sigmund Nieverschrocken, welcher zu Mittenwalde wohl bekandt, daselbst gestorben und hänget sein Schilt noch in der Kirchen. Derselbe, oh Er gleich klein von Person gewesen, so ist er doch eines grossen kecken Muths gewesen, dass er auf keinem gegeben, Er sey so gross gewesen als er gewollt, deshalben ihn die andern am Hoffe alle¬ zeit geneidet, und als der Bischof einmal vorm Gamin gesessen, haben sie ihn gebeten, Er möchte doch den Nieverschrocken zu sich ruffen, als wollten ihn I. F. G. etwas heimliches sagen und alsdann anschnarchen, und wenn er. sich entsetzen würde, hatten sie Ursach, ihn verzagt zu schelten. Der fromme Bischof lässt sich bereden, rufst ihn zu sich, und als er ihn das Ohr hinan hält und der Bischofs ihn grewlich anschnarcht, schlägt er den Bischofs mit der Faust ins Gesicht, dass er mit dem Sessel umhfällt, und sagt; ich meinte, du wärest ein Mensch, so hist du ein Hund worden! und gehet davon. Da nun die andern Diener zulauffen, und den Herrn wieder zum Beinen bringen und mein¬ ten, er würde eine grosse Ungnade auf ihn werffen, lässt Er ihn wieder fordern und sagt: du solt hinfort mein vertrauter Diener sein, auf welchen ich mich kühnlich darf verlassen, denn weil du meiner nicht schonest, wirstu meiner Feinde viel weniger schonen! hat ihn lieber als zuvor gehabt und ist ihme mit allen Gnaden gewogen gewesen. dessen
Name
verwandt anklingt (cs. des Knaben Wunderhorn, Hrsg. v. Wendt,
1873.
AeHnliches wird von Thedel Unversehrt berichtet,
II,
p. 132). Wegen seiner Kleinheit und seines gewaltigen Helden¬ muthes war Graf Conrad von Niederlahngau, der kühne Kurzebold,
in Sagen berühmt (Grimm, deutsche Sagen No. 471. Hertz, 1. c. p. 127, 300. Grässe II, No. 809). Auch das Märd)en von dem, der das Gruseln erlernen wollte, spielt in dieses Gebiet hinein (Grimm, Kinder- und Hausmärchen No. 4). Durch ganz Deutschland ist der Glaube verbreitet, daß in gewiffen heiligen Nächten (St. Andreasabend, Weihnachtsabend, Sylvester¬ abend) dem Menschen eine Frage an das Schicksal freistehe, und vor¬ züglich werden diese Zeiten von jungem heirathslnstigem Volk zu Ehe-
orakeln benutzt, die oft in der wunderlichsten Weise ausgeführt werden,
Wolf, deutsche Sagen No. 356, 357, niederländ. Sagen No. 272. Grimm, deutsche Sagen No. 115 — 118. P. Cassel, Weihnachten p. 273, 275. Nork, der Festkalender p. 704). In Wusterhausen (cs.
a.
D. kennt man
folgendes Eheorakel:
41. (Mündlich.) nimmt man irgend ein hölzernes Gefäß
an der Sprewe einer armen lüsterigen Schwanger frawen ein stück
In
vom Kalbernbradten versagt, welches zum Zeichen Ihrer unbarm-
hertzigkeit ist zum steine worden. Darumb sie denselben aus Papistischer poenitentz hat ins Leichhaus der Cölnischen Kirchen an einer eisern Ketten lassen aufhengen, bis entlieh nach offen¬ barten hellen licht des gütlichen worts, als man auf das Papistische Narrwerck nicht so gross gepast, ein bürger zum Berlin, mit namen Heinrich Spalt, denselbigen herraus genomen und lange Zeit in seiner stuhen hat hengen gehabt, und heutiges tages in Daniel Hubers, weiland Stadtrichter zum Berlin, behaussung noch zu sehen. AeHnliches findet sich bei Grimm (Deutsche Sagen No. 241: zu Stein) und Wolf (Deutsche Sagen No. 196: Fleisch
Brot wird und Brot
werden zu
Stein).
Auch das Folgende als Beispiel
be¬
straften Geizes gehört hierher:
39. (p. 118.) Eben damals hat sich auch die geschichte mit der Edlen frawen in der Marcke zugetragen, die einer armen frawen 1 schfl. rogken zu leihen abgeschlagen und darüber von Gott grewlich ist gestrafft, dass die würme all Ihr Korn aufgefressen haben.
(Eimer
der Neujahrsnacht
oder bergt.), scheuert dasselbe stillschweigend mit einem Strohsich heran und denkt dabei recht lebhaft an die Person,
wiepen an
welche einen interessirt.
Ist
dieselbe einem vom Schicksal bestimmt,
Sie entfernt sich nur, wenn man stillschweigend von Gefäß ebenso das sich weg scheuert. Einem Mädchen bei den Soldaten stand, erschienen; Liebster, der ist einmal so ihr vor Freude hat sie laut seinen Namen gerufen, da ist er trotz alles so
wird
sie
unfehlbar erscheinen.
Scheuerns nicht wieder von ihr gewichen; als ein Schatten „in blauem Rock" ist er stets um sie gewesen, und sie ist bald gestorben. Der Reinigungsprozeß scheint wesentlich für die Beschwörung zu sein; in Luzern kehrt die männersüchtige Maid Nachts um 12 am Andreasabend rückwärtsgehend die Stube aus, um ihren Bräutigam Häufig wird verlangt, daß man zu erkunden (Lütolf 1. c. p. 103). die Beschwörung im
bloßen Hemd
oder ganz
nackt vornehme,
dies auch bei vielen andern Zaubererperimenten gefordert wird.
wie
Dem
Ansichheran- und dann Wiederwegscheuern entspricht das Rückwärtslesen der
Bannformel, *) um eitirte Geister wieder verschwinden zu
*)
(cs.
Mark. Forsch.
VIII
p. 184.)
lassen.
166
42. (Mündlich.)
In
in
derselben Gegend denkt man sich Len Alp als einen Kobold Gestalt eines nicht näher bezeichneten schwarzen Thieres. Man kann
sich gegen ihn schützen, wenn man eine Flachshechel auf die Brust legt mit den Spitzen nach oben. Einem Mädchen, welches dies Mittel anwenden wollte, hat aber der Alp die Hechel umgekehrt, und ihr die
Spitzen in die Brust gedrückt. Der Alp heißt auch Nachtmar, ein Wort, das noch keine ge-
Erklärung gefunden hat (Grimm, Myth. 433), in Nord¬ in der Regel Wahrt (Kuhn u. Schwartz p. 418), woraus in der Altmark ein Marder geworden ist (Kuhn, märk. Sagen p. 374). Anderwärts in der Mark ist es eine Katze, die langsam von den Füßen nach der Brust zu kriecht (mündlich). Zu weit geht meines Erachtens Kuhn (märk. Sagen 1. c.), wenn er unter Alp nur den männlichen incubns, unter Mahre den weiblichen succubus versteht; richtig ist allerdings, daß die Mahre sich häufig als ein schönes weibDazu würde die Katze stimmen, welche eine liches Wesen entpuppt. Das an¬ beliebte Heren-Metamorphose ist (Grimm, Myth. 1051). gegebene Schutzmittel kennt man auch in der Urschweiz (Lütolf 1. c. nügende
deutschland
p. 117).
43. (Mündlich.) Ebenfalls in Wusterhausen erzählt man den s. g. Vorkiekern: Es giebt Leute, welche stets eine gewisse Zeit vorher wissen, wann Jemand im Orte sterben soll; sic sehen nämlich vorher aus dem be¬ treffenden Hause einen Leichenzug herauskommen.
Hierzu ist zu vergleichen Wolf, nieder!. Sagen No. 320, Sagen No. 341, 379, 382. 44.
Im
ganzen späteren
Mittelalter, und
auch jetzt noch,
deutsche
war der
Glaube verbreitet, daß man durch gewisse Mittel sich hieb- stich- und schußfest machen könne; man nannte dies die Passauer Kunst, weil der Scharfrichter Kaspar Neidhart zu Pasiau im Jahre 1611 dieselbe in größerem Maßstabe betrieben haben soll (Birlinger, 1. c. Ip. 484). Inter¬
Laden 2 junge hänlein, so aller erst für 2 oder 3 tagen aus¬ geheckt, den gantzen tag und folgende nacht (welchs doch ein ungewöhnlich ding ist) gekrähet, derhalben es auch von Jeder¬ mann für ein gut und gar glücklich Zeichen des zukünftigen siegs ist gehalten worden. Leutinger erwähnt im Vorübergehen dieses Vorfalls (es. diese Zeitschrift II p. 15), mit der unsagenmäßigen Variante, daß junge Hühner gegackert hätten. Klassische Vorbilder können ihn kaum inducitt haben, da den Römern bereits der cantus galiinae ein un¬ günstiges Vorzeichen war. Nach deutschem Aberglauben bedeutet das Krähen des Hahnes Glück, das Schreien der Henne Unglück (Grimm,
Myth. 1087). 46. (Mündlich.) Den Schluß möge eine aus der Altniark stammende Thiersage machen.
Hamster und Igel waren gute Freunde. Ersterer hatte sich zur Winterszeit eine warme Höhle bereitet, während der Igel es leicht¬ sinnig versäumt hatte. Er suchte daher Zuflucht bei seinem Freunde, der ihm auch bereitwillig ein Plätzchen an seiner Seite einräumte. Während der Hamster in sanftem Winterschlaf lag, begann der Igel sich auszudehnen und mit seinem Stachelkleide dem Hausherrn lästig zu fallen. Anfangs ahnte dieser nichts Böses, kratzte sich, wenn es ihn stach, und sprach zwischen Wachen und Träumen: Das werden doch keine Flöhe sein? Schließlich trieb es der Igel so arg, daß der gutmüthige Wirth dem frechen Eindringling die Höhle räumen mußte. Abrahanr a Santa Clara (auserlesene Werke, Wien und Leipzig 1846. I, p. 52) erzählt dasselbe vom Hasen und Igel. Dem gesammten Alterthum war der Igel in feiner Fürsorge für reichlichen Wintervorrath das Vorbild eines guten Hausvaters; ebenso erscheint er im Deutschen Thierepos; die s. g. Ecbasis schildert ihn als reichen Burgenbesitzer aus altköniglichem Geschlecht. Zugleich war er aber unsern Vorvätern (auch Älian nennt ihn einen Schelm) Symbol bos¬ hafter Schlauheit: per ericium malitiosi siguificantur, womit zu¬
Kurfürsten, v. Buch, in seinem Tagebuche anläßlich der Einnahme von Rathenow darüber zu berichten weiß, (ok. Kähler, der große Kurfürst. 1875. p. 175, Ave-Lallemand, das Festmachen gegen Hieb und Schuß, im „Haus¬ freund" Bd. XVIII. p. 188 ff.): Die Unfrigen hatten viel Mühe mit Einigen, ja selbst der größte
sammenhängt, daß Reinmar v. Zweier ihn von
Theil davon war, wie man sagt,
der lange
essant ist, was der kluge Kammerherr des großen
glauben wollen, daß
fest, was ich bis jetzt niemals habe
es solche Leute
gäbe; ich habe es aber
mit meinen
Augen gesehen; sie hatten 10 oder 12 faustgroße Wunden auf dem Rücken und Bauch, und wurden endlich nur mit Kolben getödtet oder mit Knüppeln. Lehrreiche Beispiele von solchen „festen" Leuten geben Birlinger (I. c. I p. 110) und Grimm (Deutsche Sagen No. 256). Auch die Sage vom Nothhemd gehört hierher. eigenen
Von wunderbaren
rühmen läßt:
min hüt ist linde; seit ich ez bi dem eide sagen, sie möchte ein kaiserinne tragen ze nächste an
ir.
Ja, Abraham a Santa Clara vergleicht ihn, unter Benutzung in
den Naturgeschichtsbüchern spukenden Fabel, daß er seine
Stacheln wie Pfeile schleudern könne, mit dem Verleumder. Diese beiden Charaktereigenschaften: Häuslichkeit (auf Kosten Anderer) und Schlauheit, legt ihm auch unsere altmärkische Sage bei, die um so interessanter ist, als des mhd.
sie
erwünschtes Licht auf eine bisher dunkele
Dichters Spervogel
Stelle
wirft:
Weistu wie der igel sprach? „vü guot ist eigen gemach!“
Zeichen und vordeutenden Erscheinungen, Ko¬
meten, geharnischten Männern, Schwertern und Fahnen am Himmel
weiß unser Chronist viel zu berichten; ich habe das Alles als Aus¬
geburten einer erhitzten Phantasie oder als ungenau beobachtete Thatsachen übergangen.
sich selbst
Nur zwei auguria seien mitgetheilt wegen ihrer unleug¬ mit den germanischen Thierorakeln.
baren Verwandtschaft
44. (p. 90.) Anno Christi 1525 hat man öffentlich in lüfften die krähen mit einander kriegen und kempfen gesehen und gehört, dass auch etliche davon sind todt auf die Erde herunter gefallen, welches sonder Zweifel des aufiauffs und tumults der auffrhürischen Pauren, so dis Jahr darauf erfolgt, ein Fürspiel ist gewesen. 45. (p. 99.) Als Kurprinz Joachim im Jahre 1532 zum Türkenfeldzug aus Berlin auszog:
Mit
Adalbert Kuhn's Worten habe ich diese „Nachlese" ein¬ sie mit den Motten Kuhn's, die, wie eine Pro¬ phetie in einer politisch-erregten Zeit geschtteben, in welcher die Morgen¬ röthe deutscher Einigkeit dämmette, ohne daß damals die hochgespannten Ermattungen der Zeitgenossen erfüllt worden wären, erst jetzt ihre volle Verwirklichung erreicht haben: „So mögen denn diese Blätter hingehen und von der alten ver¬ geleitet, ich schließe
gangenen Zeit zeugen, aber indem sie das Leben derselben als in der Gegenwatt noch nicht ganz erstorben nachweisen, mögen sie zugleich eine Mahnmig sein, recht bald alle noch übrigen, die an den noch hie und da grünenden Aeften des einst gewaltigen Baumes sitzen, zu
sammeln,
ehe sie
der
Sturm unwiederbringlich dahinrafft
Ist
das
dann mag die Windsbraut der neuen Zeit den morschen Stamm zerschmettern, ein neuer Baum erhebt sich, herrlicher und
geschehen,
kräftiger, der seine Zweige über das ganze, einige Vaterland aus¬ breitet; möge es denn unter seinem schützenden Dache einer glücklichen Zukunft entgegengehen. “
stets zur vollen Geltung kam, weil ihm damals viele, nicht zu unter-
Seite standen!"
schätzende Nebenbuhler zur
„Ein Einwand,
den wir auch gegen Madame Wolff äußerten, ihr streng zurückgewiesen wurde. Schiller sei von Allen, behauptete sie, mit wahrer Liebe getragen worden, wie dies durch sein
der aber von
Berliner Theaterplaudereien aus
den zwanziger
Jahren.
liebenswürdiges, anspruchsloses Wesen auch gar nicht anders möglich Besonders sei Göthe darin Allen vorangegangen, denn, selbst
gewesen.
(Fortsetzung.)
Baron M. hatte seinen Hausarzt durch den Tod verloren und, in Folge unserer gleichen Verehrung für das Theater ihm näher getreten war, mich zum Nachfolger deffelben ausersehen, — ein Amt, da ich
das, wie sehr es mich auch ehrte, doch meine Zeit vielfältig
in Anspruch
nahm; indem der Baron bei meinen Besuchen weniger von seinem Gesundheitszustände, als von Theaterangelegenheiten sprach. Heute erwartete er mich gewiß
mit Ungeduld, um
sich
nach der gestrigen
Aufführung von „Isidor und Olga" auszusprechen. „Nun Doktor, gut, daß Sie kommen! Haben Sie heut' die schöne
den armen
legte ich
Hut und Stock
„Ja
gegenüber und sagte gleichmüthig:
Seite, wohl!" bei
setzte
Auch war Göthe nicht so unnahbar, fuhr sie fort, wie man ihm oft
schon
und
„Wie haben die Darsteller aber auch gespielt!" fiel der Baron «in. „Wie glänzten in feuchtem Schimmer die Augen der Damen, wie ernst und sinnend folgte das männliche Auditorium dem Gange des Stückes; ja selbst die scharfe linke Sperrsitzecke, wo, wie wir sie nennen wollen, die Dilettanten-Kritiker sitzen, selbst sie waren schweigsam
unter ihnen, ließ es sich jedoch auch gefallen, wenn diese, zuweilen mit Ostentation behauptete Ruhe aus die natürlichste Weise unter¬
begann er nach einer
„Am Arme des Baron Litwitz, auf dem Wege zu Lutter." „Litwitz, mit dem Regenschirm", lächelte der Baron, „gehört Lutterclub? Nun, wie nahm Devrient Ihre Bewunderung
entgegen?"
„Ich
lieh derselben keine Worte, sondern suchte nur durch eine
tiefe Verbeugung meine Verehrung auszudrücken. Er erwiederte sie zerstreut, schien mit der heutigen Rolle schon beschäftigt zu sein, denn
in
seinen Augen lag jene scheue,
sie
heut Abend wiederfinden werden."
furchtsame Freundlichkeit, wie
wir
„Ja,
wer würde in dem armen Pantoffelhelden heut' Abend, den von gestern wiederkemien! Und die Wolfs! Wie vortrefflich versteht sie es, das Unangenehme, ich möchte sagen das Widerwärtige der Rolle zu mildern, und die Wirkung mehr in's Komische hinüber zu spielen. Man merkt es ihr jetzt an, daß sie mit Freuden die
Ossip
unsere ist.
Das war nicht immer so;
sie
soll
sich
anfänglich nicht
heimisch bei uns gefühlt haben."
„Wenn Madame Wolff
hatte aussprechen lassen.
sich
wir Alle andächtig diesen lebhaft vorgetragenen Erinnerungen. Sic nur, Herr Baron: Schiller in frohem Jugendmuthe ge-
so lauschen
kannt, mit ihm vertraulich verkehrt zu haben, unter seiner Leitung die erste „Jungftau von Orleans", wie bei vielen ersten Aufführungen seiner Dramen betheiligt gewesen zu sein, muß das nicht für ein ganzes langes Leben ausreichender Genuß sein?"
„Freilich wohl! Aber
vergessen
Als nun ini Jahre 1806
Sic
der Kanonendonner
beliebte es Göthe, wenigstens äußerlich, keine Notiz davon zu nehmen. Wie gewöhnlich waren wir, wenige Bevorzugte, um ihn versammelt,
Nur mit Widerstreben war ich — damals eine sehr junge, lebhafte Frau — an jenem Tage zu ihm gegangen; aber Göthe hatte befohlen, und so mußte ich gehorchen.
ein Stück oder Gedichte vorzulesen.
Ich hörte und sah nichts! Als ich aber nun lesen sollte, und der Donner der Geschütze das Haus, ja den Stuhl, auf dem ich saß, erbeben ließ, war es mit meiner mühsam erkämpften Ruhe vorbei. Aufspringend und das Buch zur Erde werfend, rief ich vor Erregung zitternd: „Nein, Herr von Göthe, das dürfen Sie mir nicht übel nehmen! Während draußen bei Jena die Menschen zu Tausenden erschoffen werden,
kann ich nicht Gedichte lesen!"
nicht, daß Schiller wohl nicht
Damit war
ich zur
Thür hinaus. „Und Göthe?" fragten wir einstimmig. herzliches Lachen
verhinderte ihre augenblickliche Antwort,
— mir war, als
sähe ich die lebhafte junge Frau vor mir, so launig blitzten die braunen Augen uns an, — Göthe zuckte die Schultern und äußerte zu meinen mir erstarrt nachblickenden College»: „Amalie ist eben eine Schauspielerin und — Schauspielern muß man Vieles nachsehen." Damit stand die Erzählerin auf, musterte vor dem Spiegel ihr Kostüm und fuhr seufzend fort: „Ja, es war eine schöne, eine große Zeit, damals in Weimar! Könnte ich es Ihnen nur so recht anschaulich machen, welch' ein humaner, ich möchte sagen naiv-kindlicher Sinn oft jene hohen Geister beseelte und uns leider verleitete, das Gewohnte nicht nach seinem vollen Werth zu schätzen. Ich hatte Briefe von Schiller, Göthe, Herder, Wieland und Anderen erhalten — wo sind sie geblieben? Was machte Amalie Maleolmi sich damals aus all' den Perrücken und Zöpfen? Freilich, Amalie
dann sagte
Wolff
sie
würde
„Und
sie
Umgang an, den
Zeit
heut' anders zu würdigen wissen!"
doch merkt
man ihrer Iphigenie, ihrer Sappho wohl den und wenn sie, bescheiden genug, ihrer
sie genossen;
auch nicht genug gethan zu haben
meint,
Schöne und Edle davon ihr doch geblieben.
hier fremd fühlte, so möchte ich dies durch die große Vergangenheit, die hinter ihr liegt, gerechtfertigt finden. Wenn sie gut gelaunt ist, und von dem Leben in Weimar erzählt, Denken
den
mehr, als dieser ihm achtungsvoll und schmeichelnd seine Anerkennung
Ein
Pause.
auch zum
Es ist bekannt, daß Göthe in Napoleon mehr
brochen wurde.
und ernst geworden."
Devrient?"
versanunelte um sich die verschiedensten in seiner vornehmen Ruhe als König
Menschen, und thronte allerdings
der Schlacht bei Jena zu uns herüber drang und uns erzittern machte,
mich ihm
„Und wo, Doktor, wo?" „Madame Stich und Herrn Wolff im Schauspielhause, wo ich den Garderobe-Inspektor Gasparini sprechen wollte, und die Anderen auf der Probe sah. Beide fühlte» sich sehr beftiedigt von der gestrigen Ausnahme des Stückes, und um so mehr, als dies Gefühl noch gehoben wurde durch das Wohlwollen Sr. Majestät des Königs, welches er allen Betheiligten aussprechen ließ."
„Und wo trafen Sie unsern
Er
zum Vorwurf machte.
hervorragenden Geist, als den Unterdrücker Deutschlands sah; um so
Olga-Stich, den rachsüchtigen Ossip-Devrient Isidor-Wolfs gesehen?"
Lächelnd
wenn er Schiller weniger geneigt, sei er doch viel zu stolz, zu selbst¬ bewußt gewesen, um auf irgend ein Menschenkind neidisch zu sein.
so
ist das wahrhaft
Nun, was
sehen Sie Doktor, wir haben noch Zeit bis zur Theaterstunde; oder wollen Sie noch zu Stehely?" „Nein, nein", fiel ich eifrig ein, „der Besuch bei Stehely, ist mir für's Erste gründlich verleidet worden." „Ei, der Tausend, wodurch Doktor, wodurch? Stehely, die „neutrale Schweiz", wie ich die kleine, einladende Conditorei nenne,
nach der Uhr,
«eil
die heterogensten Geister sich dort ftiedlich und freundlich zu¬ sammenfinden —
„Eine Neutralität, die Herr von bringt!" fiel ich verstimmt ein.
Maltitz
täglich mehr in Gefahr
168 „ Nun, was hat es denn gegeben? Reden
„Ich trat
schon
Sie!"
Lemm einer ist, muß man nur gastiren lassen, wenn man
Daß der
Inhalt
eigene
begleitet,
Ihnen Ich verließ also verstimmt
deutsche Zustände
wohl nicht zu sagen, denn
brauche ich
Sie
kennen den
war,
Mann.
„Der Intendant mag in seinen, Verhältniß nicht Unrecht haben. Es ist mir aber doch lieb, daß wir in Berlin weniger begrenzten Ansichten huldigen dürfen. Unsere Künstler können sich niit den be¬ rühmtesten des Auslandes meffen; es hat ihnen nicht geschadet, wenn wir einem Eßlair, einer Sophie Schröder zugejubelt; die reiz¬ lose Lindner durfte der schönen Neumann so zu sagen auf dem Fuße folgen, ohne das Urtheil eines kunstsinnigen Publikums zu scheuen;
denn wohin soll es führen,
den Laden,
wenn dergleichen bei öfterer Wiederholung die Maske des Scherzhaften
abstreift?"
„Sie
haben Recht, Doktor!
Ich
sehe den
kleinen
Maltitz
sonst
gern; er ist ein Ehrenmann, der es nur zuweilen beklagt, daß feine oft irrthümlichen Ansichten und Meinungen, die er natürlich für die allein richtigen hält, nicht zur Geltung kommen. So hat er sich oft
und wenn wir entzückt den Tönen eines
beklagt, daß man sein Stück „Hans Kohlhaas" von der Aufführung
gelauscht,
Endlich ist
ausgeschlossen.
Leistung
der kranke
Eduard Devrient's,
und die Hauptscene des Stückes, als
so
Verlegen wandte ich niich dem Fenster zu, um ein Lächeln zu des Barons naives Abschweifen von dem Thema
sie
denke, was wohl weniger Enthusiasmirte sagen möchten,
uns hörten." lieber
Gott, Doktor, Sie meinen, man würde uns
Kein Licht ohne Schatten! Warum aber sollen wir, wenn wir im Sonnenschein wandeln, des Schattens gedenken? Glauben Sie mir, mit zunehmendem Alter und richtiger Einkehr in uns selbst werden wir milde Richter. Doch nun lassen Sie uns gehen!"
Auf der
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die schöne
solche
aber man hat es ihm abgeschlagen." !
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Als wir uns trennten,
(Fortsetzung folgt.)
Kaupt-Depot
das
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Stadt und Land auf
zu sprechen; wie die
Gedeihen nothwendig sind.
ja nicht möglich!" „Herr von Lüttichau äußerte: Vorzügliche Künstler, wie Herr
Hakender für
es
vermochte ich den Wunsch nicht zurückzudrängen, daß dem Theater nie
„Doch nicht! Allerdings beabsichtigte er, dort Gastrollen zu geben,
o
Baron
dem Wege nach dem Schauspielhause konnte der
nicht unterlassen, mit Entzücken von der gestrigen Balletvorstellung
„Er ist seit einigen Tagen zurück", erwiederte ich. „Er war ja wohl in Dresden? mich dünkt, davon gehört zu haben."
1>
der
Uebertreibung zeihen, uns Vergötterung vorwerfen?
in mir hervorgerufen hatte. „Nun, Doktor", fuhr er fort, „was starren Sie so zum Fenster hinaus, haben Sie auch Roffe unten stehen?" „Nein, Herr Baron, ich bin nicht so glücklich; ich grüßte um Herrn Le mm, der eben vorüberging." „Ist Le mm nicht auf Urlaub? ftagte eifrig der Baron, sichtlich ftoh, Maltitz und Kohlhaas hinter sich zu haben.
Deutschen D e i ch s
Haizinger
eine
„Du
unterdrücken, das
„Abgeschlagen? Mann, das ist
eines
ironisch?"
wenn
Baron auf.
wir
„Ich
mehr? frage ich."
der
Wild,
waren wir uns doch vollkommen der Verdienste unseres
Stümer, Bader
wenn
Kohlhaas vom Fenster in den Hof hinabsieht und jubelnd in die Worte ausbricht: „Junker von Zaschwitz, füttert meine Rosse!" wurden vom Publikum mit donnerndem Applaus begrüßt. Was will er denn
„Was!" fuhr
so
und Mantius bewußt. Denken Sie nur, Doktor, Schachner nicht gehört haben sollten, weil die Milder unser eigen ist! Wenn Sophie Müller uns ftemd geblieben wäre, weil Auguste Stich daffelbe Fach spielt! Doch, was lächeln Sie
worden; Rebenstein war Kurfürst eine hervorragende
es doch gegeben
ein vortrefflicher Kohlhaas;
die
am Hoftheater zu
seiner Rede, von grotesken Bewegungen
auf Deutschland und
kein Loblied
für
Bühne gewinnen kann. Berlin engagirt ist, und ich für sein Fach im Augen¬ blick keinen ihm würdigen Gegner besitze, so muß ich es vermeiden, im Dresdener Publikum Wünsche zu erregen, die zu erfüllen ich nicht im Stande bin."
unter wüstem Stimmengewirr in den Laden, und
gewahrte gar bald, daß Herr von Maltitz der Hauptredner war. Endlich hob man ihn auf einen Stuhl, um ihn deutlicher sehen und hören zu können.
sie
Da nun Herr Lemm, lebenslänglich
ß'rnnff>tt i ei5ct oVlllltlril zeugung tanscndfach bewährten,
kann aus voller Ucberdie Anwendung des
in vr. Airy’s Natar-
beschriebenen Heilverfahrens em¬ Auflage pfohlen werden. Dieses jetzt in Seiten starke Buch kostet nur erschienene 1 M. und ist durch jede Buchhandlung oder
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Kassel, Stadt-Archivar
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L.
George
Mtl
vr.
von Ledebur
herausgegeben von
und
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Ta8 Blatt ist durch alle Buchhandlungen und Postämter, sowie durch-die Expedition (Puttkamerstr. 8) zu beziehen. — Literarische Beiträge sind an die Verlagshandlung von Alfred Weile in Berlin zu senden, welche sie der Redaction übermitteln wird. — Inserate, pro 8gesp. Petitzelle 25 Pfg., werden von den Herren Haasenstein u. Vogler, Rud. Mosse,
Beruh. Arndt,
sowie von der Verlagsyandlung (Puttkamerstr. 8) entgegengenommen.
Ueber Berlinische und Märkische Hinrichtungswerkzenge im Märkischen Provinzial-Museum au Berlin, von Ferdinand Meyer. Mit Abbil¬ dungen von Ed. Krause. — Der Stralauer Fischzug, von Richard Böringuier. lSchluß.) — Das goldene Civil-Ehrenzeichen der Gemeinde Lunow und Stützkow. — Stadt und Burg Lenzen an der Elbe, von Ferdinand Meyer. III. — Miscellen.
Inhalt.
Ueber Lerlimsche und Märkische Hinrichtungswerkzeuge im Märkischen Provinzial- Museum zu Berlin. Bon Feräinaml
Mit Gine für
die
Kulturgeschichte hochinteressante
Wand
-
Abbildungen von Ed. Krause.)
Wenn Du in Tugend Dienste übest wohl, Spandovia MCCCXXXIY.
Dekoration,
wie solche durch unsere Abbildung in Vis der natürlichen Größe ver¬ gegenwärtigt wird, fesselt die Aufmerksamkeit des Beschauers in ganz besonderem Grade. Jahrhunderte mit den Bildern einer oft grausamen Rechtspflege ziehen beim Anblick dieser Richtwerkzeuge an unserm Geist
vorüber, und gewähren das Material zu einer Statistik von Verbrechen und Strafgerichten, dessen erschreckende Reichhaltigkeit — im Hinblick
auf die damaligen Bevölkerungsverhältniffe — die sogenannte „gute alte" Zeit keineswegs wieder herbeisehnen läßt. Selbstverständlich können wir nur bei den Todesstrafen verweilen, wie solche durch die in Betracht kommenden Hinrichtungswerkzeuge vollzogen wurden. Der Feuertod, das Braten in der eisernen Küpe, die Strafen des Einmauerns, des Lebendigbegrabens, des Säckens oder Ersäufens und des Hängens — zuerst „mit der Weide strafen" be¬ zeichnet, weil man die Zweige derselben, zu Stricken geflochten, ur¬ sprünglich in Anwendung brachte, — so wie die verschiedenen Arten
Folter oder Tortur müssen unerörtert bleiben, da von den Peinigungs¬ mitteln derselben bis jetzt leider keines hier vorhanden ist. Von einem, schon in der frühesten Zeit zur Anwendung gekommenen, der sogenannten der
„eisernen
Jungfrau",
ersehen
wir
aus einem Inventar, daß dieselbe
im Jahre 1718 in dem Gefängniß des Stadthofes, dessen Terrain von dem heutigen Großen Friedrichs-Waisenhause in der Stralauer-
noch
straße eingenommen wird, sich befand. Das älteste unserer Hinrichtungswerkzeuge ist das
Spandauer
Es ist ein Geschenk des dortigen Magistrats, und trägt auf der vorderen Seite die Inschrift:
Richtschwert (Fig. g.),
aus dem Jahre 1334.
Dies Richtschwert
Auf
Dir
nicht treffen soll.
der Rückseite:
könovatum Spandow 1833. Seine Länge, einschließlich des Griffes, beträgt 1,20 in., die Breite der Klinge 6 cm. Enthauptungen mit dem Schwert wurden in jener Zeit, und auch später noch, an Mördern, Brandstiftern, Räubern, Friedensbrechern und allen Denen vollzogen, welche
sich der
des Ehebruchs schuldig gemacht hatten.
die
Saat zum vierten Male mit
Freiheitsberaubung
so
wie
Auch sollte jeder Hirte, welcher
den Schafen
zur Unzeit behüten
würde, ohne Gnade hingerichtet werden.
Mit
welcher furchtbaren Strenge die „wisen und creftigen" Rath¬
mannen zu
Berlin
die
Kriminal-Justiz vom Jahre 1391 bis
zu
1448, handhabten, geht aus den stattgefundenen 114 Erecutionen hervor, unter denen sich 22 Enthauptungen durch Für jede dieser Letzteren erhielt der Scharf¬ das Schwert befanden. richter 5 Schillinge. Die Annahme und Vereidigung desselben erfolgte übrigens erst nach abgelegter „Blutprobe" oder dem Meisterstück im Kopfabschlagen. Deshalb begab sich der „Jungmeister" — wenn er
deren Entziehung,
in
jenen abergläubischen Zeiten nicht zu anderen vermeintlichen Hülfs¬
mitteln griff, um seine Zaghaftigkeit zu überwinden — mit den: Schwert unterm Mantel in die Kirche, um durch ein Gebet sich zu stärken.
Gleichwohl wirkten zuweilen mancherlei äußere Umstände aus
das Mißlingen der Hinrichtung ein, so daß der Scharfrichter von den.
**)
megten Volke das Schlimmste zu gewärtigen hatte. Ein Beispiel läßt sich aus dem Jahre l 655 anführen, als ein Schmied, Namens Sprenger, in Berlin wegen Diebstahls gehängt werden sollte, kurz vor der Execution aber zum Tode durch das Schwert begnadigt wurde. Der hierauf nicht vorbereitete Scharfrichter Gottfried hieb zweimal, und schnitt erst beim dritten Male mit dem Schwerte den Kopf her¬ unter. Noch in einem Berliner Lehnsbriefe vom 28. August 1728 heißt es: der Pöbel solle den Scharfrichter wegen derartiger Fehler nicht mißhandeln — die Obrigkeit bestrafe ihn. Noch im 16. Jahr¬ hundert mußte er, um vor Andern erkannt zu werden, einen wei߬ grauen Hut mit rother Binde, nach später erfolgter Ablegung desselben aber sein Schwert, als Erkennungszeichen, im Arme tragen. Alles was er, neben dem Körper eines Selbstmörders stehend, mit diesen! seinem Schwerte ringsum erreichen konnte, war in älterer Zeit sein Eigenthum. Das Berlinische Richtschwert (Fig. a), 1,05 in. lang, 6 cm. in der Klinge breit, trägt auf beiden Seiten die gleiche (incorrecte)
ohne der
Jahreszahl. früheren
Rüstkammer
(dem
heutigen
bis 1701, in welchen Jahren die Berliner Bevölkerung von 6000 bis auf 29,000 Köpfe stieg, 134 Todesvollstreckungen statt; unter ihnen 66 Enthauptungen durch das Schwert, und nur eine mittelst des Rades.
Als Beigabe zu
alten Gebrauche nicht mehr als deren
sich
einhundert mit
die Abnutzung
gefundene Fessel.
in
Zeitraume
der
wurde nach
jeder Erekution ein Thaler gezahlt.
Das Richtschwert aus Schwedt (Fig. h), 1,13 m. lang, 5,5 cm. breit, trägt ebenfalls eine gleiche Inschrift auf beiden Seiten:
Yive la Justice,
Möglicherweise haben wir es hier
!
wir aus
9 Frauen
Vilter.
unteren Ringen befestigt,
während zwei Gehülfen des Scharfrichters Körper, im Augenblick des Todesstreiches, mit an den Füße« befestigten Stricken nach sich zogen. Die Todesart des Rädern s stand in frühester Zeit auf Brand¬ den
stiftung mit Mord, auf Raub, Kirchen- und Kirchhofsdiebstahl, so Diese Strafe wurde überhaupt nur an Männern vollzogen, und der Leichnam im Verfchärfungsfalle auf das Rad
wie auf Verrath. geflochten.
Fig. c giebt uns die Abbildung eines solchen — 0,98 m. im Durchmesser, — das in Berlin zur Anwendung gekommen. An einem Theil der oberen Fläche (1. 1.) mit einem scharfen (Holz-) Kamm versehen, griff der Scharfrichter in die Speichen und schlug damit auf die Gliedmaßen des Delinquenten; zuerst, wenn die Hin¬ richtung „von unten herauf" erfolgte, auf das linke Bein und den rechten Oberarm, dann auf den linken Oberarur und das rechte Bein. Drei Schläge zermalmten hierauf die Brust. Bei dem Rädern „von
Jahre 1391
dem vom
in diesem wegen Diebstahls lebendig begraben daß
Der Ztralauer Fischig?) Vortrag, gehalten in der Wanderversammlung des Vereins für Geschichte Berlin's in Grünau, am 24. August 1876, von Ri-liarä Löriaguier, 8tuä. für.
Bis
Die Hinrichtungen mit dem Schwerte erreichten in Berlin zu Anfang dieses Jahrhunderts ihr Ende. In einer Concession vom Jahre 1815 wird dem Scharfrichter nach jeder Hinrichtung mit dem Beile 1 Thlr. 15 Gr. für die Abnutzung desselben zugesichert, während er für die Vollziehung selbst 5 Thlr. erhielt. Die letzte öffentliche Hinrichtung mit dem Beil fand in Berlin 1839 an dem Mörder Gurlt statt, und zwar auf dem heutigen Garten¬ platz, von wo am 5. Juli 1842 das Hochgericht entfernt wurde. Fig. b zeigt uns das (Reindel'sche) Berlinische Richtbeil; Fig. i dasjenige aus Schwedt, nebst Futteral (Fig. Ir) — letzteres ebenfalls ein Geschenk des Herrn Vilter. Der Berlinische Richtblock (Fig. d) mit der Spur eines Beil¬ hiebes (2. 2.), 0,64 m. hoch, enthält oben die Vertiefung für das festgeschnallte Haupt des hinter dem Block knieenden Delinquenten. Die Arme desselben wurden bei den Handgelenken an den beiden
in einem
wurden.
1720.
und ist ein Geschenk des Herrn Kommissionsraths
6, eine Ber¬
mit einer „Ein¬
bis 1448 geführten Verzeichnisse bestrafter Personen,
jedem Schwerte
desselben
wir, Fig.
am Tegeler See
mauerung" zu thun, aus welche Strafe schon eine Berlinische Nach¬ richt vom Jahre 1433 hindeutet, nach welcher ein Lorenz Biberstorp im Thurme starb. Hiermit wäre auch das Auffinden menschlicher Gerippe in den vermauerten Kellerräumen, die man 1720 beim Ab¬ bruch des alten Gefängnißthurmes (jetzt Spandauerstraße Nr. 21) vorfand, in Verbindung zu bringen. Welche Verbrechen durch einen solchen Hungertod gesühnt wurden, läßt sich wohl schwer¬
j
Für
k eine
unterirdischen Gewölbe, und zwar bei einem menschlichen Gerippe vor¬
Breiten Straße). Vom Scharfrichter Coblentz bis aus den Enkel vererbt, diente dasselbe zu 196 Hinrichtungen, obgleich nach einem vollzogen werden sollten.
diesen Werkzeugen finden
liner Hand- und Fußschelle; Fig.
lich noch feststellen; dagegen ersehen
Marstallgebäude in
Nach Wendlandt's Auf¬
17 Personen die Todesstrafe des Räderns.
j
Ein älteres, mit silbernem Griff, befand
—
zerstoßen,
zeichnungen fanden dann von 1648
Inschrift: SOLE DEO GLORIA
Brust zuerst
doch ging in beiden Fällen gewöhnlich eine unvermerkte Erdrosselung vorauf. In dem vorerwähnten Zeitraum, von 1391 bis 1448, erlitten
oben herab" wurde die
die
(Schluß.) dahin hatte am Feste gar keine polizeiliche Beaufsichtigung
stattgefunden.
Man sieht hieraus,
daß die
nicht sehr bedeutend gewesen sein konnte.
Betheiligung der Berliner
Bald wurde dies anders.
Alle Thatsachen weisen bestimmt darauf hin, daß erst seit dem Jahre 1780 sich eine allgemeinere Theilnahme an dem Stralaucr Feste ent¬ wickelt und von der
Hof
Jahr
zu
Jahr vergrößert hat.
Erst dadurch, daß
diesem Feste seine Aufmerksamkeit schenkte, und die städtischen
Behörden demselben einen feierlichen Anstrich zu geben
sich
bemühten,
fing es an, in den Augen der Menge eine Bedeutung zu gewinnen. Zuerst mochte nur Neugierde zum Besuche des Festes gereizt haben,
bis das Anziehende eines bunten Gewühls in einer anmuthigen, ftischen
Im Jahre nöthig, mit polizeilicher Beaufsichtigung nicht zurückzubleiben, und nian sandte einen Kreislandreiter mit mehreren Gehilfen dahin. Dieses Jahr führte einen neuen hohen Besuch dem Feste zu. Es weilte damals in Berlin Herzog von Port"), zweiter Sohn Georgs HI. von England, der Bräutigam der Prinzessin Friederike, ältesten Tochter Friedrich Wilhelms II.'") Es war damals eine glänzende Zeit am berliner Hose, — es war, als ob der Glanz der alten, absoluten Monarchien, bevor die Folgen der französischen Revolution über sie herstürmten, noch einmal in ihrer vollsten Glorie strahlen sollte. Da¬ mals fing sich an die erste Coalition gegen Frankreich zu bilden, und die Verbindung"") des Herzogs von Jork mit der Prinzessin war ein Mittel zum Bündniß zwischen dem englischen und preußischen Hofe. Man suchte dem Herzog alle möglichen Aufmerksamkeiten zu erweisen. Welch' größeres Vergnügen konnte man ihm, dem geborenen Insulaner bereiten, als durch eine Wafferfahrt. Er fuhr mit seiner Gegend die Menge der Besuchenden schnell vergrößerte.
1791 war
es
schon
*) Durch ein Versehen des Setzers hat der erste Theil dieses Aussatzes in der vorigen Nummer einen etwas widersinnigen Titel erhalten: Stralauer Fischzug in Berlin. Er muß natürlich obigen Titel haben. **) Geb. 16. August 1763, 5. Januar 1827.
*"* )
***»)
t
f
Geb. 1767, 6. August 1820. 29, Dezember 1791.
Braut auf
So
einer stattlichen, geschmückten und von einem Dutzend Matrosen in Uniform geruderten Gondel nach Stralau. In seiner Begleitung befand sich ein damals sehr bekannter Held, der Sieger über die russische Flotte bei Swenskasund') und späterer Sieger Napoleons"), Sir William Sidney Smith. Erzog die Blicke aller Berliner auf sich, wie er in schwarzgelocktem Haar und seiner glän¬ zender Uniform am Steuerruder stand, den ernsten Blick aus den Strom gerichtet, der von einer Menge Gondeln und Kähne, die sich dem Zuge anschlosien, bedeckt war. Von dieser Zeit an machte das Fest
historischen Höfen kann die Besucher nicht saffen.
immer mehr Aufsehen, und da jüngere Mitglieder des Königlichen Hauses fortfuhren, am 24. August Stralau zu besuchen, wurde der
keine Nase, die sich nicht
Zudrang immer größer.
Tausende ist es ein schönes, unvergleichliches Fest.
Diese Betheiligung des Königlichen Hauses dauerte bis in die vierziger Jahre dieses Jahrhunderts. Wie lebhaft sich auch Friedrich Wilhelm III. für das Fest intercssirte, ergicbt sich daraus, daß er von
keit des Festes; er stammt aus einer Zeit, wo die Berliner in ihren Ver¬
dem
talentvollen Dichter Julius von Voß das Fest in einem zweiDieser jetzt fast ganz vergesiene, roman¬
aktigen Stücke schildern ließ.
in diesem Stück'") zwei beliebte un¬ sterbliche Volksfiguren: den dünnen philisterhaften, gutmüthigen Onkel aus der Pfeisenbude, und die dicke, redselige Tante aus dem Fleischer¬
tische, räthselhafte Dichter schuf
in allen Bild von seiner Zeit giebt, Wie
scharren.
er
seinen Lustspielen so
entrollt er
ein sehr charaktervolles
es auch
in
diesem von dem
Fischzuge.
Noch im Jahre 1842 besuchte unser jetziger Kaiser mit seinen Brüdern, den Prinzen Carl und Albrecht, das Fest, iui folgenden Jahre dieselben Herrschaften mit dem Prinzen Waldemar, der Prinzessin Carl und dem Prinzen von Württemberg. Seine größte Betheiligung scheint das Fest 1841
gehabt zu haben, denn es waren nach Angabe der
Polizeiakten 50,000 Menschen anwesend, und wer das Terrain kennt, der wird nicht zweifeln können, daß bei dieser Menge
gedrängt stehen mußte, daß
so dicht
Bei
sie sich
Mann an Mann
kaum zu regen vermochten.
einem solchen Zudrange scheint es erklärlich, daß seit 1839
tairischer Schutz nöthig war.
Bei
mili-
dem bekannten Charakter der un¬
auf der Wiese
eine eigene
erhebt
sich denn
Zeltstadt von Würfelbuden, Gauklern, Bier¬
mit sauren Gurken spielen, wie auf dem Schützenplatze, die Hauptrollen. Die Musik, der Lärm der Ausrufer sind ohrenzerreißend, das Gedränge lebensgefährlich; zelten und Wursttischen, Knoblauchwürste
mancher Kahn, mit Angeheiterten überfüllt, schlägt bei der Rückkehr um und Unglücksfälle bleiben nicht aus. Ueberall sind Hausirer, die bleierne Fischzugsmedaillen und stralauer Brillen ausbieten, sie machen
daist kein Knopfloch, das nicht den Orden trägt, mit der glaslosen Brille schmückt. Viele, sehr Viele erzielen an diesem Tage eine glänzende Einnahme, für glänzende Geschäfte;
Dieser Bericht zeugt noch von einer verhältnißmäßigen Harmlosig¬
gnügungen noch anspruchsloser und deshalb gesitteter waren. sahen die Meisten diesen Tag nur noch
für
einen
Bald aber
Tag der Ausgelassenheit ,
an, und so trat denn besonders bei der unteren Klasse eine Zügellosigkeit hervor, deren Endresultat verrenkte Glieder, blutige Köpfe und sonstige
Handarbeiter aller Art, Gesellen, Lehrjungen, Straßenjungen, Dienstmädchen, lüderliche Frauenzimmer, mit einem Worte die Hefe des Volkes bildete in den letzten Jahren das Haupt¬ publikum, deffen einzige Lust in unmäßigem Essen und Trinken und Singen obscöner Lieder, in höchst frivolen Spielen und Neckereien, im gegenseitigen Ausschimpfen und endlich in Ransereieu bestand. Wie¬ wohl die eigentliche Art des Fischens schon mit Ausgang der Sonne begann, so nahm der Volksjubel erst Nachmittag seinen Anfang, die Wer den gemeinen Wiese glich dann einem großen Volks-Bivouak. Berliner in seinem Element sehen wollte, inußte ihn an diesen: Tage beobachten. Vorzugsweise nahm man den Kirchhof in Beschlag. Hier stolzirte das schöne Geschlecht in seinen Galaanzügen, lagerte sich ungeuirt auf irgend einem Grabhügel, verzehrte ruhig und niit Selbst¬ bewußtsein die mitgebrachten Vorräthe, so daß am nächsten Morgen Verletzungen waren.
der Küster keinen
angenehmen Anblick vom Kirchhofe gewann;
wo
teren berliner Stände bei Begehung solcher Feste, fehlte es auch bald
liebende Hand den Todten Blumen gepflanzt hatte, da lagen Papier
nicht an der gewöhnlichen Ausgelassenheit und Wildheit, sogar trotz
und andere Ueberreste der gefeierten Orgien. Man sah neben diesem wilden Treiben auch friedlichere Bilder, sogar von idyllischer Art, die deshalb aber nicht gesitteter waren. Es
der zeitweiligen Anwesenheit der hohen Persönlichkeiten.
So
kamen
auch manche Unglücksfälle vor, besonders bei Gelegenheit der Wasser¬
Polizei genöthigt sah, hiergegen Maßregeln zu treffen. So wurde schon seit 1841 für diesen Fall ein Rettungs¬ apparat construirt, der von Berlin aus jährlich hingeschickt wurde, ebenso wie mehrere Chirurgen zu diesem Zwecke beordert wurden. Um
waren dies die, bei solchen Gelegenheiten nie fehlenden zahlreichen Pärchen von Liebenden, die, soviel wie möglich, die Menge mieden, um
Ungehörigkeiten zu steuern, wurde den Fischern verboten, wie man
Die Gasthäuser des Dorfes waren mit Gästen aller Art gefüllt. Man drängte sich Stunden lang nach einem Glas Bier und wog es durch Geld auf, ja man mußte sogar oft den Stuhl bezahlen, aus
fahrt,
so daß sich die
ebenfalls aus den Akten ersieht, die Gäste zum Ueberfahreu durch
„ungestümes Geschrei zu nöthigen und zu zwingen", widrigenfalls sie mit Geld- oder verhältnißmäßiger Leibesstrase belegt wurden, so nach der Verordnung vom 22. August
1822. Diese Ungehörigkeiten,
ebenso
wie mehrere andere, z. B. das Abbrennen von Feuerwerken und das ungenirte Baden im Freien, erscheinen noch gering im Vergleich zu
ungestört zu kosen und sie sich
sich
eine goldene
Zukunft auszumalen, in der
jeden Tag so, wie den heutigen, wünschten.
dem man sich
nur einige Augenblicke ausruhte. Wenn man
Massen beobachtete, so konnte es einem kaum entgehen,
die wogenden
daß
weder
des
wahrhafte Fröhlichkeit noch innere, frische Lebenslust diese Maffe be¬ wegte, daß jeder bei der größten Heiterkeit abgeschlossen für sich dastand und nur deshalb Theilnehmer des Festes war, weil ein altes Herkommen diesen Tag zu einem Festtage gemacht hatte. Darin liegt eben das Oberflächliche der berliner Fröhlichkeit, daß unter Hunderten
vergleicht.
kaum einer weiß, warun: er vergnügt ist, und während alle äußeren Geberden für einen inneren Frohsinn sprechen, ist das Herz doch kalt und bleibt kalt und wird nie warm werden. Dies sah mau nirgends
denen, die sich später
allmälig entwickelten.
Volksfeste, so fand auch dieses seinen Verfall
Denn wie viele berliner
in
der Ausgelaffenheit
Pöbels, besonders seitdem sich die hohen Gäste und überhaupt Ein Bild dieses die gebildeteren Stände vom Feste zurückzogen. Berichte wenn man die von Augenzeugen wilden Treibens erhält man,
Sobald
der
Tag angebrochen,
so
heißt es in einem Bericht,
be¬
ginnt eine Wallfahrt nach Stralau zu Kahn, zu Wagen, zu Roß Spree und Wege find schwarz von Menschen und die
und zu Fuß.
Schulen müssen den Unterricht aussetzen; das kleine Dorf mit seinen
*)
7.
Juli
1790.
**) Bei Der Belagerung von St. Jean d'Arc 1798. ***) Zuerst aufgeführt Mittwoch, den 7. November 1821, im Opernhause zu Berlin.
Königlichen
Stralauer Fischzuge. Tausende ver¬ brachten an diesem Tage ihr letztes Geld, Tausende bereicherten die Pfandleihen, um nur für diesen Tag alle Vergnügungen mitmachen zu können. Unzählige hatten den Vormittag hindurch aus allen Kräften gearbeitet, sich abgemüht und ihre Arbeit abgeliefert, damit der Nach¬ mittag so recht unt Lust genoffen werden konnte. Alles dies wäre zu entschuldigen, wenn in dem Feste Einheit und eine durchgreifende Tendenz herrschte, aber so war das Ganze ein lange zurückgehaltener beffer und deutlicher, als auf dem
172 Ausbruch individueller Leidenschaften, und nur in dem Namen des Festes lag das volksthümliche und originelle desselben.
Unten Tod und oben Leben, Leben, wie im Tollhaus fast,
Welchen Ruses sich übrigens das Fest in der ganzen berliner Be¬ völkerung erfreute, ersieht man aus dem Umstand, daß es alljährlich
Fressen,
sogar zu poetischen Beschreibungen Veranlassung gab.
Wir
Macht
Er ist im Zweifel, wo ihm
finden
im „Beobachter an der Spree", einem jetzt verschollenen, aber jedem älteren Berliner wohlbekannten und wohlbefteundeten Blatte. Wenn auch die Machwerke nicht viel poetisches Gehalt in sich bergen, diese Poesien
so geben sie
Es
Tage.
ein desto treueres sei
uns erlaubt,
Epen anzuführen. die den
Bild
von dem berühmten und berüchtigten
des bedeutungsvollen Tages beseelen:
Sey willkommen hier auf Erden Vierundzwanzigster August! Heute muß gejubelt werden, Heut' regieret Freud' und Lust! Ja, wir taumeln kümmeltrunken, Kreuzfidel zum Thor hinaus; die Sonne ist gesunken,
Leben
als Poet vergißt er nicht, daß das Geld die Grund¬ bedingung zu jeder Fröhlichkeit ist, und so singt er denn: Glücklich, dem eS heut' gelungen, Daß nicht leer die Tasche ist, Und wer soviel hat errungen, Daß er voll sich trinkt und ißt, Ja, wenn auch nur in der Tasche Ein Viergroschenstück erklingt. Aber weh! wem leer die Flasche, Und wer bloßes Wasser trinkt.
Hinfahrt
auf der die Kümmelbeschreibt bei der Ankunft aus spielt, er flasche eine bedeutende Rolle Nachdem er die
beschrieben hat,
der Wiese die verschiedenen Elemente, die sich hier zusammengefunden
die meiste Freude
winft;
etwa da,
Leider findet er die gesuchte Freude auf keiner dieser Stellen. Doch lassen
wir hier
den Dichter und wenden
wir uns wieder
dem letzten Historischen zu, was nns noch zu erwähnen bleibt.
wir in Saus und Braus.
Auch
Contrast.
Bei modernden Gebeinen Die Branntweinflasche blinkt. Vielleicht, wo auf der Wiese Die Köchin Liebe fühlt, Und wie im Paradiese Die Unschuld Spiele spielt?
Zuerst schildert der Dichter gewöhnlich die Gefühle,
Bis
doch dies eben
Wo auf der Gräber Grün Bei Gurken, Wurst und Schinken Die Nasen kupfem glühn; Wo auf Leichensteinen Mau tüchtig schmaust und trinkt,
hier einige charakteristische Proben der
Berliner beim Erscheinen
Saufen,
den herrlichsten
Es war am 23.
Juli 1873,
wo der Ortsvorstand von
Stralau
dem Polizeipräsidium anzeigte, daß das Wiesenterrain um die Kirche
Stralau,
bisher zur Abhaltung des Volksfestes benutzt wurde, eine andere Bestimmung erhalten habe, und deshalb beschlossen zu
sei,
welches
die Feier des gedachten Festes nicht mehr zu gestatten.
So
ver¬
spur- und klanglos, ohne viel betrauert zu werden, dieser an Berlins alte Zeit erinnernde Gebrauch.
losch
Wie fortträgt,
Zeit ein Stück nach dem andern von dem alten Berlin wird auch der Stralauer Fischzug bald nur noch in dunkler
die so
Erinnerung leben. Um so mehr hat der Forscher für Berlins Ge¬ Pflicht, dergleichen in Berlins altem Leben und Geschichte wurzelnde Institutionen in den Annalen fortleben zu lassen, nachdem sie auf ein reales Leben haben verzichten müssen. — schichte die
haben:
Bürstenbinder, Schornsteinfeger, Schlächter, Brauer und Barbier, Rattenfänger, Schneider, Jäger, Musikant und Tapezier, Schuster, Weber, Kaufmannsdiener, Schleifer, Bäcker und Friseur, Bruder Leipziger und Wiener, Maler, Tabagist, Marqueur, Kümmeltürken, Vagabunden, Schweinetreiber, Straßenbrut, Alles divertirt sich gut In des Fischzugs schönen Stunden.
Dann wendet er seine Aufmerksamkeit den materiellen Genüssen Knoblauch und Bier preist er in folgendem Vers: Branntwein, zu, Branntwein trinken alle Wesen Höchstfidel auf Stralau's Flur, Alle Guten, alle Bösen Folgen hier der Knoblauchs-Spur, Sauer Bier, statt Saft der Reben, Prügel, statt der Haruionie, Das, das ist das Fischzugs Leben, Anders feiert man ihn nie. Statt der Freude Götterfunken
Giebt
es
höllischen Rumor,
Und der frechen Säufer Chor Von dem edeln Kümniel trunken.
Sehr
Das goldene Civil-Ehrenzeichen der Gemeinde Lunow und Stützkow. No. 8 Seite 82
Amtsblattes der Königlichen Kurmärkischen „Aus¬ zeichnung der Gemeinden Lunow und Stützkow. Des Königs Majestät haben den Gemeinden in Lunow und Stützkow an der Oder, welche ausgezeichnete Beweise ihres Patriotismus und treuer Anhänglichkeit an den Staat gegeben haben, zwei goldene Civilehrenzeichen als Aus¬ zeichnung zu bewilligen geruht, welche in Stützkow am 9. August, in Lunow am 8. November v. (1812) von den Herrn Ortspredigern daselbst mittelst einer angemessenen religiösen Feierlichkeit, an welcher in Lunow auch der Herr Superintendent Richter Theil nahm, nachdem zuvor in letzterem Orte die Medaille, der Allerhöchsten Bestimmung gemäß, in den Becher des Abendmahlskelches, den die Gemeinde zu diesem Behufe neu angeschafft hatte, eingefaßt worden war, übergeben worden." des
Regierung, vom Jahre 1813, bringt die amtliche Nachricht:
I.
Inzwischen ist das damalige Civil-Ehrenzeichen
Rothen Adlerorden
IV.
die Gemeinden Lunow und Stützkow
treten; als
solche
führt
I.
Klasse in den
Klasse umgewandelt worden, und sind somit
in
die Reihe der Ordensritter ge¬
Ordensliste, und zwar als die Unter dem 29. August 1812 verfügte
sie die neueste
nunmehr fast ältesten, auf.
die Geistliche- und Schul-Deputation der Kurmärkischen Regierung zu
wird der Contrast beschrieben, der zwischen dem Treiben hier oben und der Ruhe der Todten auf dem Kirchhof unten poetisch
herrscht:
Vor des Kirchhofs heil'ger Stätte Heget Niemand heut' Respekt, Und es ist mit Kochgeräthe Jedes Grab ganz dicht bedeckt.
Potsdam an den Superintendenten, Probst Richter zu Angermünde, wie folgt: „Des Königs Majestät haben den Gemeinden zu Lunow und Stützkow, welche sich im letzten Kriege durch oft wiederholtes, gefahrvolles Uebersetzen von ranzionirten Truppen über die Oder ver¬ dient gemacht haben, eine Auszeichnung mittelst der hierbeikommenden beiden goldenen Civil-Ehrenzeichen erster Klaffe
bewilligt und bestimmt,
daß solche
in
den Becher der Abendmahlskelche eingefaßt werden sollen.
Wir tragen Ihnen auf,
nachdem
Sie für
die geschickte Einfassung
gesorgt haben werden, bei einer zweckdienlichen Feierlichkeit,
mit Hinzu¬
Es ist am heutigen, von
dem
Probst und Superintendenten Herrn
Richter Angermünde zur Uebergabe des von des Königs Majestät der hiesigen Gemeinde allergnädigst geschenkten Civil-Ehrenzcichens
I. Klaffe
ziehung der Ortsprediger, die Gemeinden nicht nur mit dieser Aeußerung
bestimmten Tage diese vaterländische Feierlichkeit unter folgenden Um¬
Königlicher Huld bekannt zu machen, sondern auch auf eine erbauliche
ständen vollzogen werden.
Berlinische und Märkische Hinrichtungswerkzeuge im Märkischen Provinzial-Museum zu Berlin.
Weise zu belehren und zu ermahnen,
für
sich
selbst und ihre Nach,
Sinn zu bewahren, welcher die Pflichten christlicher Gottes¬ furcht und Religiosität mit den Pflichten der Vaterlandsliebe und Ehr¬ furcht gegen den Monarchen in unzertrennliche Verbindung setzt." kommen den
Die Urkunde über diese Feier lautet: „Actum Lunow, den 8. November 1812.
Es hatte die Gemeinde auf ihre Kosten das derselben
geschenkte
Ehrenzeichen in einen geschmackvollen silbernen Kelch also einfaffen
laffen, daß in dem Becher des Kelches die Medaille von beiden Seiten zu sehen, mit der Ueberschrift aus mattem Grunde: „Zum Gedächtniß Königlicher Huld." Unter der Medaille stehen die Worte, gleichfalls aus mattem Grunde:
„Der
Kirche verehrt von den Familien-Vätem
174 der hiesigen Gemeinde.
Lunow, den 1. November 1812."
In
der
Stadt und öurg Lenzen an der Elbe.
Schulzenwohnnng waren daher alle Diejenigen versammelt, welche un¬
Von fccdimmil iHcycr.
mittelbaren Antheil an diesem huldreichen Königlichen Gnadengeschenke hatten, als: die sämmtlichen Familien-Väter des Ortes, von Seiten des
m.
Amtes Neuendors der Sohn des verstorbenen Ober-Amtmannes
Karbe und der unterzeichnete Prediger des Orts. Nachdem der Letztere eine kurze Anrede an die Versammlung
ge¬
halten hatte, worin er die Mitglieder derselben zur Bewahrung fernerer patriotischer Gesinnung, sowie zu deren Fortpflanzung auf Kinder und Enkel ermahnt hatte, deren Wirkung
sich
in
der natürlichen, von dem
Kirchenvorsteher Schmidt zuerst hervorgebrachten und von der Gemeinde
„Es lebe der König!" aussprach, ging der Zug zur Kirche, zu desien Empfang vor der Kirchthür der Prediger des Orts sich zum Voraus schon dahin begeben hatte. Wäh¬ rend des Ganges dahin sang die vorangehende Schuljugend, von ihrem wiederholten Aeußerung ganze
Lehrer geführt, den letzten Vers aus dem Liede:
O heil'ger Geist
kehr'
„Gieb, daß in reiner Heiligkeit :c." Den Zug führte im ersten Gliede der Herr Karbe aus Neuendorf, welcher Namens der Gemeinde der von ihr der Kirche geschenkten Kelch trug, und ihm zur Seite der Schulze des Dorfes und der bei dieser Feierlichkeit anwesende Herr Amtmann Scholze aus Wittstock. Hierauf folgten die sämmt¬ lichen Familien-Väter und dann alle Einwohner des Dorfes. An der Kirchthür übergab Herr Karbe den schönen Kelch in die Hände des Predigers, welcher ihn zum heiligen Gebrauch mit wenigen Worten weihte. Der Herr Probst und Superintendent Richter hielt darauf vor dem Altare eine für die Feier des Tages zweckmäßige Rede, nach bei uns ein :c.
deren Beendigung den Genuß des
der Prediger die Gemeindeglieder ermahnte,
heiligen Abendmahls
in
sich
den schon
durch
öfter bewiesenen
christlichen Gesinnungen der Königs- und Vaterlandsliebe zn bestärken
und das Band noch mehr zu befestigen,
wodurch die Religion den
treuen Unterthanen an seinen Monarchen und an sein Vaterland knüpft. Nachdem dies geschehen,
beschloß
sich die
Nach der Ermordung des christlichen Slavenkönigs Gottschalk
Ortes Lenzen oder Lenzin erst um die Mitte des 13. Jahr¬ hunderts in glaubhaften Geschichtsquellen wieder Erwähnung. Mit geschieht des
Feier durch ein frei¬
williges Opfer für unsere im Felde erkrankten Krieger, welches in 1 Friedrichsd'or und 5 Thlr. 10 Gr. Courant bestand, und Jeder suchte dann im stillen Kreise der Seinigen diesen Tag als einen Ge¬ dächtnißtag Königlicher Gnade zu verherrlichen und das Andenken des¬ selben auf seine Nachkommen zu bringen. Gez. Pehlemann, Schulze; Joachim Matthes, Gerichtsmann; Niethe, Kirchcnvorstehr; Christian Werdermann, Dermützel, Schmidt, Gerichtsmann." Gleichzeitig wurde auch dem Prediger Kopp dasselbe goldene Civil-Ehrenzeichen verliehen. Eine andere patriotische That aus diesem Dorfe dürfte von Jnteresie sein. Der Invalide Pehlemann, Bruder des Schulzen, hatte ein meist
Kapital von 400 Thlrn. dem Könige in 1806 geliehen, das treue Preußenherz hatte weder auf Zinsen noch auf Rückzahlung des Kapitals gerechnet. In dem¬ selben Jahre 1812 wurde Kapital nebst Zinsen zurückgezahlt, und eine goldene Medaille als besonderes Königliches Gnadengeschenk bei¬ gefügt. War es Zufall oder Absicht — auf der Medaille befand sich ein Bienenstock mit lustig vorspielendem Volke — es ist die Huldigungs¬ durch Bienenzucht erworbenes der Bedrängniß nach
1798. Auf der Hauptseite derselben das Brustbild Königs mit der Umschrift: Friedrich Wilhelm HL, König von Preußen; auf der Rückseite ein schwebender Adler, einen Lorbeerkranz im Schnabel über eincui Tische, auf welchem der Bienenstock mit aus-
Prignitz, durch Albrecht den Bären, soll Lenzen an Putlitz pfandweise ausgethan, dann aber wieder
dem Erwerb der
die edlen Herren zu
eingelöst und von Albrecht
II.
den
Grafen von Schwerin zu Lehen
Die Grafen Günzel und Bernhard von Schwerin traten die Stadt an Albrechts Söhne, Johann I. und Otto III., wieder ab, und nunmehr wurden durch die vom Markgrafen Otto unterm 11. Juli 1252 zu Salzwedel ausgestellte Urkunde „seinen geliebten Bürgern zu Lenzen alle Rechte, die sie bis jetzt genoffen, auch für die Zukunft zugesichert, zugleich auch denselben die Zollfrei¬ heit in seinem ganzen Herrschaftsgebiete beigelegt, und ihnen insonder¬ heit diejenigen Rechte und Freiheiten in der Elbe und Elde für die Zukunft bestätigt, welche sie zur Zeit der beiden vorerwähnten Grafen gegeben worden sein.
von Schwerin, da diese die
Stadt
Lenzen zu Lehen gehabt, durch deren
Gnade genossen".
Hinzugefügt war dieser Verordnung, daß der Magistrat zu Lenzen Stadt Salz wedel sich Rath holen sollte, wenn er ungewiß
aus der
und zweifelhaft über sein Recht wäre.
Hieraus erhellt, daß der alte slavische Ort Lenzen unter jenen Grafen das deutsche Stadtrecht, und zwar von Salzwedel her, über¬
in den Rang einer Stadt getreten war. Als ein Graf Heinrich von Schwerin zum heiligen Grabe eine Pilgerfahrt angetreten hatte, erhob König Woldemar, der Sieger von
kommen hatte, und damit
Dänemark, Ansprüche auf die halbe Grafschaft Schwerin und brachte dieselben sofort zur Geltung. Deshalb von der Gräfin Margarethe mit Vorwürfen überhäuft, auch wegen anderer ungeziemender Forderungen zurückgewiesen,
beschimpfte sie der König auf eine entehrende Weife.
Heinrich von Schwerin eilte auf die Kunde hiervon aus dem heiligen Lande zurück,
nahm den König auf deffen eigenem Lustschloffe durch
List gefangen und brachte ihn in Fesseln nach Schwerin, dann aber, zu größerer Sicherheit, nach der Burg Lenzen, wo er fast ein halbes
Jahr hindurch in Verwahrsam
sich
befand.
Von hier aus
nach
Dannenberg übergeführt, gewann er endlich durch ein schweres Lösegeld
Freiheit wieder. Schon im 13. Jahrhundert stand auch Lenzen mit der Hansa in Verbindung, wenngleich es selbst nicht zu jenem Bunde gehörte, der 85 deutsche Städte umfaßte. Es führte damals Eichenholz aus der Kuhblank, Hopfen aus Lanz, rohe und gegerbte Felle, so wie rohe Wolle auf der Elbe aus. seine
Im
Jahre 1298 hatten die Markgrafen Otto und Herrmann
dem Bischof von Havelberg Schloß und
für
den
würde;
Fall diese
Stadt
Lenzen nebst Zubehör
verschrieben, daß die markgräfliche Familie aussterben
Verschreibung wiederholte dann Markgraf Woldemar am
Eintritt
medaille von
12. August 1319, also kurz vor dem
des
Bisthum. Gleichwohl trat die Schenkung nicht in Kraft, denn schon im folgenden September jenes Jahres befanden sich ein Ritter und ein Knappe Gumpert von Alsleben, Vater und Sohn, im Besitze von Stadt und Burg Lenzen, die sie nebst den dazu gehörigen Landen und Gütern dem Schutze des Fürsten Heinrich von Mecklenburg und Stargard, so wie des Herzogs Rudolph von Sachsen übergaben, denen sie sich gleichzeitig zu treuen Diensten verpflichteten. In jener Zeit hatte die Stadt viel unter den Schrecknissen des Krieges zu erdulden, als die Russen und Polen 1322 in die Mark eindrangen und ihren Weg
mit Adler und Baumzweigen; Die Umschrift lautet: „Den Treuen Schutz und Liebe. Huldigung 1798." Die
fliegendem Volke zwischen der Fahne
ein aufgeschlagenes Buch lehnt an dem Bienenstock.
Medaille, ein Heiligthum der Familie, hat die Größe eines Guldens.
Oderberg.
Lange,
Lehrer.
dieses
Falles, an das
durch Verheerung und Plünderung bezeichneten.
Nach einer Urkunde vom 13. November 1354 bekennt dann Lud¬ wig der Römer, bei seiner Anwesenheit zu Pritzwalk, daß er dem
175
1503; Georg
Herzog Albrecht von Mecklenburg Haus, Stadt, Land und Mannschaft
wiederum als Hauptleute auf: die von Alvensleben,
Lenzen „nach deren alten Grenzen, wie die von Alsleben diesen Besitz
von Platen (Plato), 1520; Hans und Paul Schenk, 1528 und 1538. Zwei Jahre später befinden die Quitzow's sich abermals im Besitze Unter ihnen zerstörte eine furchtbare FeuerSder Hauptmannschaft.
für 3000 Mark verpfändet
Die Verpfändung währte zwar nicht lange, doch gerieth der Ort noch oftmals in den Besitz von Gläubigern des Markgrafen. So im Jahre 1363 an den Ritter Kerstian Bösel; dann unter Markgraf Otto, 1368, an die Ge¬ gehabt hätten",
habe.
brüder Gebhard und Albrecht von Alvenslebcn, deren Lehnsherr der Herzog von Braunschweig-Lüneburg war, infolge
dessen Lenzen demselben
Nunmehr erhielt die Stadt, 1367, den ersten
huldigte.
Haupt¬
mann, Martin diesen
von Wenkstern, welchen Kaiser Karl IV. einsetzte. Unter Hauptleuten nahmen indeß die Raubzüge nach den benachbarten
brunst am 8. September 1558 die ganze Stadt, mit Ausnahme der Kirche und Schule. Im Jahre 1570 erhielt dann die Wittwe eines Dietrichs von Quitzow 4000 Gulden Pfandschilling und 1100 Gulden Meliorationsgelder als Ablösung, welche Summe der demnächstige Hauptmann von Lenzen, Karl von Bardeleben, vorgeschossen hatte. Doch auch in seinen Händen blieb der Besitz nicht lange, denn es werden bald darauf die von Karstädt's als Hauptleute von Lenzen genannt.
Mecklenburgischen Landen dermaßen überhand, daß König Albrecht von
Schrecklich waren die Drangsale, welche die
Stadt während des im Oktober 1635
Schweden, aus dem Hause Mecklenburg, gegen die Raubritter zu Felde
dreißigjährigen Krieges zu erdulden hatte.
zog, eiuer Sage nach deren dreizehn rund um den
Thurm der Lenzener Burg aufhängen und, wie Cranz (Yandalia lib. IX. 38) wenigstens
gegen
berichtet, dieselbe 1396 zerstören ließ.
lichen Truppen bei Dömitz wurde das Unternehmen vereitelt,
Zu Anfang
15. Jahrhunderts wurde Lenzen von dem Mark¬
des
grafen Jobst an den Edlen Jaspar zu Putlitz, welcher zugleich Haupt¬
mann der Prignitz war, für etwa 10,000 Thlr. verpfändet. In die Gefangenschaft des Kurfürsten Friedrich I. von Hohenzollern gerathen,
Putlitz durch
löste sich
die Uebergabe der
Stadt, 1421.
Bedeutende
Forderungen an die Markgrafschast brachten indeß bald darauf Burg und
Stadt mit
dem
Elbzoll :c. an Hans von Quitzow, unter der
Bedingung, daß Lenzen dem Kurfürsten stets ein offenes Schloß sei, daß die Quitzow's das Land daraus nicht schädigen sollten — gleich¬
wohl aber, als mächtige Dynasten, durch Räuberei und Wegelagerei ihren Untergang herbeiführten, — und daß sie Lenzen, nach halb¬ jähriger Aufkündigung, dem Kurfürsten für 3000 Schock wieder aus¬ antworten sollten.
Ein Bruder jenes Hans von Quitzow war Dietrich, der mächtigste Widersacher Berlins, welcher am Tage Mariä - Geburt, 1410, die städtischen Viehheerden von der sogenannten Bullenwiese, die sich vom
heutigen Monbijou bis zur Karlsstraße hin erstreckte, wegtreiben ließ.
Von
der
Berliner streitbaren Mannschaft verfolgt und bei
der Tegeler
Wassermühle eingeholt, kam es zu einem Scharmützel, bei dem die
Berliner zum Weichen gezwungen wurden. Sechszehn Gefangene, unter ihnen der Rathmann Nikolas Wins, blieben in den Händen des Feindes
zurück;
sie
wurden gefesselt nach Quitzow's Schloß zu
Oranienburg mitgeschleppt, wo
Bis
sie
lange Zeit im Kerker schmachteten.
15. Jahrhunderts blieben die Quitzow's im Pfandbesitz von Lenzen. Wie diese Dynasten gehaust haben mögen, davon spricht eine Sage, die sich noch jetzt in der Umgegend erhalten hat. Zwar ist dieselbe nur eine mündliche Ueberlieferung, aber die zu Ende
des
Fesseln befinden sich gegenwärtig noch
eingemauert.
Die
in
dem
Thurm
des Verbrechens
Geschichte ist folgende:
Nachdem
200 Sachsen daselbst verweilt, um eine Brücke über die Elbe zu schlagen — durch den Sieg der Schweden über die sächsisch-kaiser¬
—
plün¬
im folgenden Jahre die Letzteren acht Tage lang in der Stadt. Am 5. Oktober 1638 trieb eine schwedische Patrouille das Vieh der Bürger von der großen Wiese. Eine Anzahl beherzter Männer, ge¬ führt von dem Kantor Lamprecht, setzte ihnen nach, mußte aber, unter derten
Darauf sprengten in größerer Anzahl das See¬
Zurücklassung von 7 Todten, der Uebermacht weichen. die Schweden am folgenden Tage und
thor, drangen in die Stadt und richteten eine an.
Ihnen folgte, am 25.
desselben
schreckliche
Monats,
Verwüstung
die kaiserlich-sächsische
Armee, um ihre Quartiere in Lenzen und den umliegenden Ortschaften aufzuschlagen.
Qual
Ueberall brandschatzend und „schändliche Kurzweil"
mit
Einwohner treibend, zogen die Un¬ holde endlich am 21. November in die Altmark, nachdem sie in Lenzen der
der armen, unglücklichen
56 Häuser und eine Menge Ställe und Scheunen niedergebrannt hatten. Dann folgten, am 25. Dezember, die nicht minder bar¬ barischen Schweden, und hauseten in der unglücklichen Stadt auf eine so entsetzliche Weise, daß die Mehrzahl ihrer Bewohner theils nach Salzwedel zog, theils sich auf die damals ausgedehnteren Elbwerder und in den großen Eichenwald inmitten der „Kuhblank" flüchtete. Hier fristeten die Aermsten ihr Dasein in Erdhöhlen — Eichelbrod war ihre einzige Nahrung.
1639, kam ein
Abermals dann, am Tage der heiligen drei Könige, Streifcorps nach Lenzen, plünderte, marterte
schwedisches
warf die Kinder lebendig in's Feuer. Dann Vieh nach Parchim fort, während die größere Truppenzahl in Lenzen verblieb. Diese wurde plötzlich, am 7. Juni 1640, von den Brandenburgern überrascht, welche zwei Geschütze mit sich führten und die Schanze jenseits der Seebrücke nahmen. Nunmehr kapitulirten die Schweden und wurden als Gefangene mit fortgeführt. Zum letzten Male in jenem Kriege zog dann, 1643, eine schwedische Soldateska durch
die Leute zu Tode und
auf's neue zurückkehrend, trieben sie am 15. November das
überfällt denselben mit seinen Leuten bei Nacht, läßt ihn binden und in den Eldenburger Thurnl werfen, wo er mit eisernen Fesseln angeschmiedet wurde. — Durch
Lenzen, um den Kaiserlichen die Veste Dömitz zu nehmen. —
Pforte in den altersgrauen Thurm gelangend, erblickt man, etwa zwölf Fuß über der Erde, ein Halseisen in der Wand; darunter ist ein rundes Eisen zum Sitzen angebracht, während rechts und links
wie mit Zauberkraft einen blühenden
Hier nun der Unglückliche Jahre lang bei Wasser und Brod, bis der un¬ natürliche Bruder ihm auch dies entzog, um seinen Tod schneller her¬ beizuführen. Doch von Gewissensbissen gefoltert, schreckte der Mörder von seinem nächtlichen Lager auf, verfolgt von dem ruhelosen Geiste seines Bruders. Da beschloß er, eine Pfarre auf dem Eldenburger Grund zu erbauen, und so wurde Seedorf, das als eine Filiale zu
wendend, berief er auch den Niederländischen
Lenzen gehörte, eine besondere Pfarrgemeinde.
Von allen Hauptleuten dieses Amtes war van der Lyr unbe¬ stritten der hervorragendste. Ihm, dem eigentlichen Urheber des Planes
Ein Quitzow, eifersüchtig auf
seinen Bruder,
eine
noch zwei Eisen zuin Befestigen der Arme sichtbar sind.
schmachtete
Nach den Quitzow's kam Hans von der Schulenburg, welcher
1300 Thaler zur Ablösung jener Pfandinhaber hergegeben hatte, 1484 in den Besitz von Land, Stadt und Mannschaft Lenzen. Dann treten
Der wilde Kampf in Deutschland hatte ausgetobt; aus seinem wüsten, verödeten Lande begann Friedrich Wilhelm, der große Kurfürst, preußische Monarchie
Unermüdet seine
auf's
Staat —
die brandenburgisch-
neue zu schaffen.
Sorgfalt
und Aufmerksamkeit dem Lande zu¬
Admiral und Geheimen in seine Dienste, und setzte ihn 1651 zum Hauptmann des Amtes Lenzen ein. Er sollte dasselbe, an Stelle der Besoldung und unter dem Beding, große Verbesserungen daran vorzunehmen, 6 Jahre hindurch als erbliches Eigenthum frei besitzen, dann aber jährlich 800 Thaler davon
Rath Arnold Gisel van der Lyr mit
gleichem Range
entrichten.
zur Aufrichtung der brandenburgischen Marine, verdankte Lenzen große Verbesserungen und manch' wohlthätige Einrichtung.
So
bewirkte
176
Erlaß,
in jedem
der dortigen
Amtsdörfer Schulunterricht ertheilt werden, und aus jedem Hause ein Kind daran Theil nehmen sollte. Es geschah dies zu einer Zeit, in der weder Schulzen noch Schöffen, ja oft Niemand in ganzen Dörfern des Lesens und Schreibens kundig waren. Dann wirkte er aus eine größere er den kurfürstlichen
daß
Heilighaltung der Sonntagsfeier hin, veranlaßte einen weiteren Anbau der Stadt, und ergriff kräftige Maßregeln zur Reinigung der Straßen so
wie zur Wiederherstellung der schadhaft gewordenen Elbteiche.
Aus
Magistrat die Bürger und Landbewohner mit Erfolg zur Vertilgung der damals in der Umgegend zahlreich hausenden Wölfe aus. Er war es endlich, welcher» als ein Vorläufer des Christian Thomasius, den Greueln der Herenproceffe nach Kräften entgegentrat, die auch in der Priegnitz noch sehr ver¬ breitet waren, — bis König Friedrich Wilhelm I. unterm 13. De¬ zember 1713 jenes Mandat gegen die Mißbräuche in der KriminalJustiz erließ, in Folge dessen aller Orten die Brandpfähle verschwan¬ sein Betreiben auch bot der Lenzener
Projecten abtrünnig zu machen — bis er, zu früh für die Ausführung derselben, im Jahre 1676 durch den Tod feinem Wirkungskreise entrissen wurde.
In der Kirche zu Mödlich, bei Lenzen, befinden sich sein Helm, Schwert und Panzerhandschuhe, während der Leichnam in einem stei¬ nen Anbau beigesetzt wurde, wo er noch, mumienartig erhalten, neben
So in
seinem Wirkungskreise sich hoch verdient machend,
er als ein milder Richter
mit Land und Leuten in Frieden.
lebte Auch
am Hofe des Kurfürsten war v. d. Lyr eine beliebte Persönlichkeit, besonders wegen seiner Liebe zur
Als
Malerei.
Lenzen aber fiel nach feinem Tode
(Schluß folgt.)
an den Kurfürsten zurück.
Miscellen. Kurfürst Joachim
II.
fragte einst den Jesuiten Lamzert Clop Dieser antwortete:
nach seinem Glauben.
„ Meine Konfession kommt
mit
dem Concilio zu Trident überein."
„Wollt Ihr denn dabei verbleiben?" „Ja, mein gnädigster Kurfürst! Ich will
lieber mit dem Con¬
cilio dumm, als mit der Augsburgischen Konfession klug sein." „Und Ihr wollt dabei bleiben?" wiederholte Joachim. „Ja, gnädigster Kurfürst und Herr!" „So möget Ihr", entgegnete dieser, „mit Eurem Concilio zum Teufel fahren — ich will bei meinem Herrn Christo bleiben!"
Beschützer und Förderer der Künste und Wiffenschaften hatte
Kurfürst, neben einem Kunst-, Münzen- und AntiquitätenDie auch eine Gemäldesammlung im Schloß angelegt. Meisterwerke eines Titian, van Dyk, Guido Reni, Paul Veronese u. A. waren für dieselbe erworben — ja selbst ein angeblich von der
Georg Strube, Diakonus
der große
Kabinet,
Hand des
ruht.
dem seiner einzigen Tochter
den, an denen die vermeintlichen Hexen und Zauberer den Feuertod
erlitten.
Gleichwohl hatte er das hohe Alter von 97 Jahren
erreicht.
Evangelisten Lucas
Sollt Ihr mir
herrührendes Gemälde wurde als
Ich
Merkwürdig dagegen ist die Entstehung eines Gemäldes — unzweifelhaft dasjenige Nr. 978 im
Bei Gelegenheit feiner Vermählung mir der Schwester des Fürsten Friedrich Heinrich von Oranien — so erzählt der
Jesuit Daniel Pazcnbroch — inachten die Jesuiten dem Kurfürsten zwei Gemälde des vortrefflichen Blumenmalers, Fraters Daniel Sephers, zum Geschenk. Friedrich Wilhelm gab dabei zu verstehen, daß ein ähnliches Geschenk ihm sehr lieb und für die Jesuiten selbst nicht ohne Nutzen sein würde.
Städte Jesuiten, denen
Zudem habe er in einigen seiner Clevischen er die freie
Ausübung ihrer Religion gestatte.
Darauf hin erhielt er innerhalb Jahresftist ein von demselben Künstler und E. Quellinus gefertigtes Gemälde: die Jungfrau Maria mit Dem dem Christuskinde und Johannes, von Blumen umgeben.
andäch¬
nicht zum Dezem schicken;
predige Euch das
Wort Gottes lauter und rein,
Und so soll auch mein Dezem sein!"
die Perle dieser Kunstschätze betrachtet.
Berliner Museum.
rief seinen
zu Havelberg,
tigen Zuhörern einst von der Kanzel zu: „Drespen, Raden und Dogelwicken
Tilemann Heinrich Siegel, im Jahre 1718 Prediger zu Küstrin, war einer der sonderbarsten Geistlichen in der Mark. Dort predigte er wohl ein halbes Jahr hindurch über das Zeichen, welches Gott
dem
Kain
gesetzt,
gelangte
und
suchungen zu dem Schluß, daß es ein
endlich
Hund
vielen Unter¬
nach
gewesen sei.
fessor und Prediger zu Frankfurt a. d. Oder wählte
Als Pro¬
Zeit lang das Thema über den Pfahl, der Paulo in's Fleisch gegeben war. Von feiner bilderreichen Sprache zeugt das „Blümlein Praris, welches er aus der Zwiebel des Glaubens" erwachsen ließ. Dann er eine
wieder äußerte er in einer Predigt: die Leute seien so commode, dächten
mit
der Portechaise
in
den
sie
Himmel getragen zu werden.
Dankschreiben des Kurfürsten war ein ungewöhnliches Geschenk bei-
gefügt: zwei Finger des heiligen Märtyrers Laurentius in vergoldeter Silbereinfaffung, und ein Pilgerhalsband, ebenfalls aus vergoldetem Silber, mit kostbaren Steinen und Partikeln heiliger Gebeine daran. Diese Reliquien befanden sich, nebst anderen Kleinodien aller Art, in der alten Dom (ehemaligen Dominikaner-) Kirche auf dem Schloßplatz. Als Friedrich Wilhelm diese seine Galerie durch Städteansichten zu vermehren beschlossen hatte, erwarb van der Lyr für ihn eine große Anzahl derartiger Gemälde, und der
auf
seine Veranlassung wurde
Maler Pinnacker an den Hof berufen, nachdem Stadt Lenzen gemalt hatte. Noch mehr aber befestigte der Admiral sich in
er als Probestück
eine Ansicht der
der Gunst seines
Gebieters dadurch, daß er die glänzenden Anerbietungen Schwedens, Frankreichs und Hamburgs zurückwies, die ihn für ihre Dienste zu gewinnen suchten.
Damals trug
der
Kurfürst
sich
mit
dem großartigen Plan, einen
Handel in's Leben zu rufen, der dann später die aftikanische Koloniebesitzung zur Folge hatte. Einen gleichen Zweck verfolgte Dänemark, und suchte den Admiral schon 1653 dafür überseeischen brandenburgischen
zu gewinnen; doch vermochte Nichts, ihn dem Kurfürsten und dessen
Verlag von
Alfred Weile in Berlin.
Die Redaction
des
„Bär"
richtet an alle Freunde
der vaterlän¬
Bitte, das im Entstehen begriffene märkische Provinzial-Museum mit Einsendung von Gegenständen, welche zu der Geschichte der Mark in kulturhistorischer Beziehung stehen, bedenken zu wollen. Grabfunde, wie: Urnen, Stein- und Bronze-Werkzeuge, dischen Geschichte die
Waffen re. sind besonders erwünscht. Desgleichen: Münzen, Wirth, fchaftliche Geräthe, Waffen, Glas und Oelgemälde, Bücher re., auch wenn solche bereits dem Mittelalter angehören. Ferner: Urkunden auf Pergament und Papier, Siegel, kirchliche Geräthschaften. Gegenstände, welche nicht der Mark angehören, sind der Vergleichung wegen ebenfalls willkommen. vielen Familien- und amtlichen Wohn- und Geschäftsräumen finden Gegenstände vor, welche dort fast unbeachtet unter Staub und in noch sich dem Dunkel der Corridore, der Böden rc. begraben liegen, für eine Samm¬
In
lung aber immerhin werthvoll sind.
Ein Hervorziehen solcher Gegenstände lohnt sich fast immer und die dem Museum überlassenen Objecte werden, mit dem Namen der Geber versehen, einen würdigen Platz in dm Reihen der Sammlung erhaltm. Die Redaction des „Bär" nimmt dergleichen Zusendungen bereitwilligst entgegen.
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in Berlin, S.W., Die Redaction des „Bär."
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Di*. Brecht, Pros.
Unter Mitwirkung von Dr. Baulus Kassel, Stadt-Archivar Jidicin, Kheod. Fontane, Geh. Regier.-Rath Freiherr Dr. von Ledcbm Geh. Hofrath L. Schneider, Archidiaconus Schwebe! in Cüstrin :c. rc. herausgegeben von
George DaS
Blatt ist in Berlin
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KM
und
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Der Gesundbrunnen bei Berlin, von Or. C. Brecht. Mit Abbildung. — Die Knokenhouwer Berlins, von Ferdinand Meyer. — Die v. Katte'sche Familiengruft in Wust bei Jerichow, von Th. Fontane. — Eine Sommer-Residenz Joachim Friedrichs von Brandenburg, von P. Quandt. — Ein Berliner Literat aus dem 17. und 18. Jahrhundert, Skizze von G. Hiltl. — Berliner Theater - Plaudereien aus den dreißiger Jahren. (Fortsetzung der „Plaudereien aus den zwanziger Jahren.") —
Der Gesundbrunnen bei Berlin. Von Dr. L. iircAl.
„Luise!"
Professor Gubitz,
der
zu
Entstehungsgeschichte dieses
einer
Jubelfeier
des
die
Stadttheils in Versen einer Cantate gab,
klagt darüber, daß dieser „Friedrichs-Gesundbrunnen" , der als ein anmuthig Fleckchen mitten im reichlichsten Sande der Mark eine um¬ ständliche Geschichte haben müsse, dem Forscher nur dürftiges Material bietet. Da lohnt
Material zusammenzustellen und vielbesuchten, zukunftsreichen Stadttheil zu
es sich also, dieses
die Arbeiter über diesen
vermehren.
Die Vorzeit zeigt uns hier eine einsame Wasiermühle an der Panke, und daneben ein mächtiges Jagdrevier. Das ist das erste Bild. Diese Pankmühle ist für die Geschichte der Stadt Berlin gar nicht unwichtig, sondern hat ihre historische Bedeutung. Später waren Die eine lag auf dem linken es zwei Mühlen, nachbarlich gesellt. Ufer der Panke, da, wo jetzt das Wohnhaus (Restauration) neben dem neuen Brunnenhause steht; die andere war auf der kleinen Insel der Panke, die, etwa 15 Morgen groß, damals mit vielen Elsen be¬ wachsen war.
In
der Nähe der ersten
Mühle lag das fürstliche Jagd-
revier, 60 Morgen groß, ringsum eingehegt; hier wurden damals wilde Kaninchen, Fasanen, Hasen und Hühner gehalten. Da Kaninchen den Hauptbestandtheil bildeten, so hieß dieser
Wildpark der Kaninchen¬
garten. König Friedrich I. liebte es, hierzu jagen. So auch 1701. Ermüdet von der Jagd, hielt er bei der Mühle an und forderte ein
Glas Wasser zur Erfrischung.
Müllergarten sprudelte ein Quell, wild, uneingefaßt, der dem Brunnen ersparte, indem er aus dem Quell seinen Wasser¬ bedarf für Küche und Haus schöpfte. Aus diesem Quell erhielt der König den begehrten Trunk. Friedrich I. fand das Waffer trefflich an Geschmack und bemerkte seinen Eisengehalt. Im Auftrage des Fürsten wurde daffelbe chemisch untersucht, dann der Quell gereinigt,
Müller
Gubitz.
Luisenbades
(Mit Abbildung.)
Im
Es hauchen die Stimmen vom Paradiese: „Luise?" Und es flüstert die Quelle der Wiese:
den
eingefaßt und bald ab und zu von Kranken mit Nutzen gebraucht.
Selbst die Akademie der Wissenschaften forderte 1752 einen Bericht über die Quelle von dem berühmten Chemiker Marggraf — ein Name, der noch heut von tüchtigen Bürgern dieses Berufes getragen wird (Rothe Apotheke). Von den Analysen des Waffers sei hier von dem vielgenannten Apotheker Rose, aus dem Jahre 1796, mitgetheilt:
In
30 Pfd. Wasser sind enthalten: Kochsalz 4 Gran, salzsanre Kalkerde 2 Gr., schwefelsaure „ 3V2 Gr.,
28 Gr., luftsaure „ luftsaures Eisen 3 15/] 6 Gr.,
Kieselerde „ 11 Gr., Thonerde 2 Gr. und „ harziger Extraktivstoff 2 Gr.
l‘/
V/
Da das Gedicht von Gubitz bei der Jubelfeier Rolle gespielt hat, so schließen wir dies Kapitel mit Versen jener Cantate:
Weit vor dem jagenden Trosse Sprenget, auf schäumendem Roffe, Der Preußen erster König daher.
seine historische den betreffenden
178
In
das Dickicht stürzt er verwegen, will die Beute erlegen:
sof ende vvel gheraect.
In
in Bezug auf Form und Schmuck der Glocke irgend welche Vorschriften gemacht hat. Es wird nichts weiter ausbedungen, als daß die neue Glocke „möglichst in gleicher Größe und Sd)were wie die alte" und außerdem „helltönend, dauerhaft und, soweit dies möglich ist, i» Harmonie mit den übrigen Glocken der Kirche" hergestellt werden müsse. So ist es noch im Jahre 1840 geschehen. Hoffentlich verfährt man in solchen Fällen heutzutage anders. Ueber diese drei Glocken müssen nun noch ein paar zusammen¬
in
den Lieferungs-Kontrakten
fassende Bemerkungen gemacht werden.
Beispiele von
benannten
Zunächst haben
wir hier
drei
Glocken; die alte Jnsd)rift des Salvator
bezieht sick) sogar ansdrückliä) auf die mit ihm vorgenommene Taufe. Dergleichen sind, wie von Ledebur in dem oben angeführten Aufsatze
Mark sehr selten. Man erkennt auch Grund dafür. Glocken, die noch aus dem Mittelalter stammen, sind in der Mark verhältnißmäßig selten gegenüber der Fülle aus Die Mehrzahl der letzteren sind aber dem 17. und 18. Jahrhundert. sicherlich nur Umgüsse älterer Glocken, und bei solcher Gelegenheit auch nur die alten Inschriften aufzubewahren, wie es bei unserm Salvator geschehen ist, fehlte es ohne Zweifel bei den Gießern wie bemerkt und nachweist, in der den
bei den Kirchenvorständen an dem erforderlichen archäologischen Interesse
Form und Ansstattung diesem Johannes sehr verwandt, ist die etwas größere Maria von 1515, deren Höhe 1,12 in., der Durch¬ messer unten 1,48 in., oben 0,86 m. beträgt. Die Inschrift steht
und Verständniß.
gleichfalls zwischen gothischen Kreuzblumenfriesen, aber etwas größeren
B. eine aus dem Dorfe Tarmow bei Fehrbellin von 1529, deren Inschrift sagt: Lantus onorius is min name, und den schönen Spruch hinzufügt: min gelut si gode bequemt. Sodann tritt das Magische und Abergläubische in Bezug auf Unwetter, Pest und böse Geister, sowie der Heiligenkultus bei diesen Glocken fast ganz zurück. Nur der Salvator deutet auf Ersteres hin. Johannes begnügt sich mit einem einfachen Lobe Gottes, und die
Formats. Hier findet sich hinter jedem Worte eine kleine Rose, die beiden Haupttheile der Inschrift sind dann noch durch größere Rosetten Sie enthält zunächst das Distichon: abgeschloffen.
Inferior imto resufi svnr lavde marin
jllivs
et
nostrum
sic
sonvs exvperat.
der Hyheit des Sohnes in Demuth sich beuget Maria Also geht auch sein Klang weit über meinen hinaus.)
(Etwa: Wie vor Darauf folgt
die chronologische
Notiz:
Mlhekmvs et jospor utoer fres me tecervt anno domini Accccc xv.
Früher ist daher das Verhältniß der benannten And) gegenwärtig werden
Glocken ohne Zweifel ein anderes gewesen.
zu den von Ledebur'schen Aufzeichnungen gewiß noch mand)e nachzu¬
tragen sein, z.
Maria spricht in einer, gegenüber der ausgebildeten Mariolatrie jener Zeiten sehr auffälligen Weise ihre Subordination unter den göttliche» Sohn aus. Endlich sind
diese drei Glocken
nicht ursprünglich für den Thurm
200 sämmtlich sehr fraglich;
Derselbe hatte früher vier Glocken,
der Katharinenkirchc gegossen.
gloriac Christe veni cum pace, (deutsch: O König Christ, komm mit deinem Frieden); eine von 14 und Gewicht. lich
Diese sind
zertrüinmert
der Ehren, Jesu
eine von 5
bei dem Einsturz des Thurmes
worden,
mußten neue Glocken angeschafft werden. der alten Bcumichen'schcn
1582
Ctrn.
sämmt¬
Die Zahl
1585 in Thurmes
nach
Schrift über jenen Einsturz des in Gottschling's Beschreibung
Stadt Alt-Brandenburg nicht
sammen
2750 fl. 27 gr.
7
Pf.
angegeben, sondern nur, daß sie zu¬ gekostet haben.
Einführung
der
licher Erscheinung und
derselben ist
und in dem daraus entnommenen Abschnitt der
mir nicht bekannt geworden.
Reformation, freilich dann auch in sehr statt¬ mit tüchtigen, charakteristischen Werken. Es sind das die beiden Moldenhewer oder Muldcnhewer, Andreas und Merten, wahrscheinlich Brüder, die in den Jahren 1557 — 1571 theils einzeln, theils zusammen auf Glocken sowohl in Brandenburg, Andreas ist als sonst in der Mark als Gießer genannt werden.
beim Neubau des Thurmes
und
sind
andere
Daß es indessen an einheimischen Gießern nicht gefehlt hat, ist z. B. daraus zu ersehen, daß in der bei Riedel cod. dipl. A. IY. S. 297 sqq. abgedruckten Heberolle des Ruthenzinses zu Neu-Ruppin, von 1365, die easa Henningi Klocken gitcr mit 1 solidus, und Michahel fusor campanarum mit 10 Denaren angesetzt ist. In Brandenburg aber be¬ gegnen uns einheimische Gießer urkundlich und mit ihren Werken erst
nämlich eine 50 Ctr. schwere von 1287, mit der Inschrift: Sanctae Catharinae laus sit sine fine, (etwa: Der heiligen Katharinen will ich zu Ehren dienen); eine 35 Ctr. schwere mit der Umschrift: 0 rex
Es unterliegt aber
in der Neustadt 332 berichtet aus hand¬ S. bei dem 1567 auf kurfürst¬
gar keinem Zweifel, daß es eben die drei Glocken sind, die uns hier
als Kämmerer,
beschäftigen. Der Preis für diese drei etwa ein Gewicht von 105 Ctrn. rcpräseutirenden ist denn angesichts der sonstigen gleichzeitigen Preise grade
ansässig gewesen.
Nach Otte, Glockenkunde S. 47 hat z. B. die 420 Ctr. schwere Maricnglocke zu Straßburg (1519) nur 10,000 fl., die 29 Ctr. schwere zu Regensburg (1595) nur 662 fl. gekostet. Wo aber diese theils 70, theils über 100 Jahre älteren Glocken damals erworben find, ist in den genannten Quellen völlig mit Stillschweigen übergangen. Adler, Backsteinbauten 1, S. 18 giebt an, sie seien in
lichen Befehl abgehaltenen Manöver der städtischen Bürgerwehren sich beim Laden eines Geschützes, das von selbst losgegangen, die rechte
Hand verwundet habe, so daß ihm dieselbe davon lahm geblieben sei. Nach dem Taufregister der Katharinenkirche hat er noch 1572 zu Anfang des Jahres einen Sohn taufen lassen, wobei er ausdrücklich als Mitglied des senatus bezeichnet wird und, wie auch bei seinen anderen Kindern, oder wo er selbst als Pathe auftritt, als mit den
Mastricht gekauft, seine Quelle ist aber offenbar einzig die Bemerkung Hefftcr's in der Geschichte von Brandenburg S. 341: „Die neuen Glocken sollen von Mastricht in Holland — dort sollen sie im Thurme des Doms gehängt haben — erkauft und über Hamburg zu Wasser
Es handelt
sich
da also nur um ein
Soll, von
Familien der Stadt und dem umwohnenden Adel eng Nach diesem Jahre kommt er im Taufregister nicht mehr vor, sein Todesjahr läßt sich aber nicht feststellen, da die Leichen¬ Ueber Merten fehlt es bücher aus jener Zeit nicht mehr exiftiren. an allen näheren Nachrichten. Ledebur bemerkt, daß die Familie aus Süddeutschland nach Brandenburg verzogen sei, ohne anzugeben, ob dies nur Vermuthung oder urkundlich nachgewiesen ist. Ein Kaplan Konrad Mildenhower (was doch wohl derselbe Name ist) kommt bereite 1359 in einer hiesigen Urkunde vor. Die Glocken der Moldenhauer sind tüchtige, solide Arbeiten, von untadlig reinem und sorgfältigem Gusse, machen aber einen etwas prosaischen Eindruck, ganz der Weise des tüchtigen Bürgerthums der Reformationszeit entsprechend. Das etwas nüchterne Profil ist durch zahlreiche Reifen sowohl um den Kranz, als um die Haube und oben auf der Platte belebt. Als Ornament wird hauptsächlich, sowohl
angesehensten
liirt
dem
nicht zu ermitteln ist, ob es auf einer Lokaltradition beruht hat, oder
nur, wie so manches Andere, eigene Hypothese Hefftcr's gewesen, das aber jedenfalls im höchsten Grade unwahrscheinlich ist. Wenn man auch die Möglichkeit zugeben wollte, daß unter den Wirren und Greueln des niederländischen Befreiungskampfes ein so schwerfälliges Kirchengut, wie diese Glocken, in Mastricht hätte zum Berkauf stehen und auf dem weiten Wasserwege
!
tief aus dem Binnenlande heraus ungefährdet
bis nach Brandenburg kommen können,
so
würde es doch eine
in jenen
Zeiten ganz singuläre Erscheinung sein, daß man sich wegen Erwer¬ bung so schwerfälliger Objekte in so weite und gefährliche Ferne ge¬
wandt hätte, noch dazu um verhältnißmäßig theuren Preis, während man doch damals in Brandenburg selbst und in der Nähe Glockengießer genug hatte, bei denen man bequemer und billiger hätte zum Zwecke kommen können.
Man wird vielmehr annehmen
müssen, daß
damals in einer durch die Reformation aufgehobenen geistlichen Stiftung der Nachbarschaft, für welche sie ursprünglich von niederländischen, nach damaliger Sitte ihr Handwerk im Umherziehen
Sinn
|
Brandenburg sind die Meister mit vier Glocken vertreten. Zwei kleine hängen als Uhrglocken auf dem Thurme des Neustädtischen Rathhauses. Von ihnen ist die kleinere (überhaupt die kleinste von
Und da wendet
Blick unwillkürlich wieder zu dem in der allernächsten Nähe gelegenen Marienberge hinauf mit der Frage, ob nicht in den Thürmen seiner Kirche, die eben um jene Zeit ihrer letzten Schätze beraubt wurde, wie die 1575 nach Berlin geschaffte größte Glocke, so auch diese drei
sämmtlichen hiesigen Glocken;
sich der
■
vorkommen.
15. Jahrhunderts auf Glocken wohl überhaupt nicht Die wenigen von Ledebur angeführten Beispiele sind
B.
noch zwei ausgezeichnet« Glocken
hoch bei
0,38 m.
bei einem Durchmeffer von
oben.
Da
sie
keine Henkel, sie
auch
—
sie ist nämlich nur 0,87 m. unten und von
keine Ochse zum
Auf¬
offenbar von vornherein nicht als
Läut-, sondern als Uhrglocke bestimmt gewesen, und scheint ihre Form ;
für
die letzteren
in jener Zeit
die übliche gewesen zu sein.
Die von
Joachim Genderich 1590 gegoffene Stundenglocke des Altstädter Rath¬ hauses hat ganz dieselbe Gestalt und Einrichtung, auch, bei etwas größeren Maßen, dieselben Proportionen: Höhe 0,65 m., Durchmesser
sind nachweislich in jener Zeit auch in die Mark gekommen, der berühmte Gerhard Wou van Campen, von dem außer den sonst
bekannten zu Neu-Ruppin und Kruscmark in der Marienkirche zu Stendal hängen.
hoch
hängen des Klöppels hat, ist
*) Solche z.
ist nur 0,29 m.
dagegen durch ihre breite und niedrige Gestalt
0,52 m. 0,47 m.
3. Jedenfalls sind diese Glocken, wie die Namen und bei dem Johannes auch die Sprache beweisen, nicht von in der Mark heimi¬ schen Meistern gegossen worden. Solche dürften mit ihren Namen des
sie
unterem Durchmesser), von Merten 1569 gegossen, dadurch auffällig, daß sie noch gothische Minuskeln zur Inschrift verwendet, die größere
gehangen haben sollten?
bis zu Ende
einer neuen Zeit aus.
In
finden konnte, die fertigen alten Glocken zu kaufen, statt auf das
zweifelhafte Gelingen deö Gusses neuer zu warten.
erscheint.
einzeln (auch als Interpunktionszeichen), als auch zu ganzen Friesen vereinigt, eine sehr gefällige lilienartige Figur verwandt; daneben, wie dies nun allgemein Mode wird, zahlreiche Abgüsse von großen und kleinen gleichzeitigen Geld- und Schaumünzen. Die Buchstaben der Inschriften sind nicht mehr gothische Minuskeln, sondern latei¬ nische Uncialen; auch in ihrem Inhalt spricht sich vielfach Geist und
|
diese Glocken
treibenden Gießern') an Ort und Stelle gegoffen waren, zum Ver¬ kaufe standen, wo man denn wegen der Nähe es bequemer
Hefftcr, Geschichte re.
schriftlicher Nachricht über ihn, daß er
kein billiger gewesen.
hergebracht sein."
Büchsenschäfter und Glockengießer
|
unten 0,97 m., oben 0,55 m. Kirchenglocken sind von denselben Gießern gleichfalls zwei
vor-
201 Handen:
die sogenannte Apostelglocke der Gotthardtskirche von 1557
(Höhe 1,26 m., Durchmesser unten 1,52 m.) und die etwas kleinere Stundenglocke der Pauli-Kirche von 1564 (Höhe 0,76 m., Durch¬ messer unten 1,03 m.). Beide sind einander außerordentlich ähnlich. dem erwähnten Lilienfriese unter den Inschriften haben sie auf der Vorderseite die Crucifirusgruppe (Maria und Johannes ohne Nimbus) in Relieffiguren von ansehnlicher Größe (der Crucifirus ist 0,183 w. lang). Die Umschrift ist bei beiden zweizeilig. Auf der Apostelglocke gehört je die Hälfte der oberen und der unteren Zeile zusammen; die eine Hälfte enthält die Herameter: En . ego campana . nvnquam . denvncio . vana . Lavdo . devm . vervm . plebem . voco . congrego . clervm . (Etwa: Nimmer dem Wahn will ich dienen; nur Gotte dem wahren
Außer
zu Lobe,
Notiz:
Anno . dom. 1.5.57 . iare . v. d. m. i. M: Andreas .30. Mvldenhewer, worauf der übrige Raum
mit
diese Glocken
nebst so manchen anderen zur
Ausstattung der Kirchen
mit Kelchen, Taufsteinen, Kanzeln, Altargemälden u. s. w. damals in löblichem Wetteifer aller Stände gestifteten Stücken Zeugniß davon, daß die Reformation in unsern Gegenden in Bezug aus kirchliche Kunst und Kirchenschmuck keineswegs nur negativ und das Vorhan¬ dene beraubend und zerstörend ausgetreten ist, vielmehr nicht nur den alten Bestand, soweit er für die veränderten Bedürsiiiffe brauchbar blieb, pietätvoll konservirt, sondern auch ein eigenthümliches neuschas-
Es hat
feudes Regen und Streben wachgerufen hat.
sich
allerdings
dabei meistentheils nur um mehr oder minder beschränkte Handwerkssich Mancherlei darunter, das als Zeugniß von dem eigenthümlichen Leben der deutschen Re¬
leistnngen gehandelt, doch findet schönes
Rufend dem Volk und sammelnd die Priester erklinget die Glocke); die zweite die chronologische
Christenthums in unsere Gegenden — in einer selbständig aktiven Weise in die kirchliche Bewegung mit eingriff. Ueberhaupt geben
naissance auch in unsern Gegenden beachtet und bekannt gemacht zu
Erst die Fluthen
dreißigjährigen Krieges haben Es ist daher auch kein Wunder, daß nach den Moldenhauer'schen Glocken mehr als ein Jahrhundert vergeht, ehe werden verdiente.
des
das Alles in Elend und Verwüstung begraben.
e.
von
uns neue Glockengüsse in
6 Münzen verschiedener
Brandenburg begegnen. Bedarf durch Zerspringen alter Glocken ist wohl
einer
Größe
Reihe
ausgefüllt
zwischen denen noch
ist,
ein
Reliefbild einer Glocke mit Helm und Klöppel steht. Was die 30 bedeuten soll, erhellt
kleines
eingetreten,
nicht
auch
war die Noth der Zeiten so
groß, daß man kaum
das
des Konservirung Alten, geschweige denn
Lebensalter des Meisters.
an Neubeschaffnngen den¬
Aus der Rückseite steht
ken
Andreas Sch vier Bvrgerm. Die Umschrift
jenen wilden Zeiten auch
nicht
— vielleicht
au
noch
der Glocke von
tu
St. Pauli
aber
prangt, den Titel
Scholl.
Simon dessen
dem
der
Ende
Stadt
sich kein
Pfarrer
auch
Eine Hohenzollcrn'sche Siegelschnle.
nur das niagistratualische und später das
domkapitularische Patronat,
zum Theil sehr anspruchsvoll, verewigt. Das V. D. M. J. E. — verbum domini manet in aeternum, das alte lutherische Stichwort, kommt auch auf der Moldenhauer'schen Glocke zu Linum von 1558 vor. Auch die Auswahl des ersten Herameters gegenüber der auf mittelalterlichen Glocken gewöhnlicheren Form: consona campana debellat singula vana erscheint fast
wie
ein absichtlicher Ausdruck protestantischer Gesinnung, und die etwas renommiftische Bemerkung über die Betheiligung der Bürger bei der Stiftung der Glocke von St. Pauli ist ganz charakteristisch für
Stimmung, in welcher gerade das Bürgerthum der märkischen Städte damals — eigentlich zum ersten Male seit Einführung des
die
gelebt,
des
Krieges
Umgegend vorkommt.
und Kirchenvorsteher, die anderwärts, namentlich auf den ländlichen Glocken jener Zeit und später nicht zu fehlen pstegen, kommen auf den Brandenburger Glocken sich
Kolle
Name gleich nach
aus einigen Glocken der
voranstel¬
nicht vor; hier hat
In
Brandenburg hat um jene Zeit ein Gießer
lend: Der Bvrgerrneister
Lvcas
cinge-
Davon
Kirchenchroniken.
der Rückseite
nachdrücklich
Kanonengut
erzählen hie und da alte
richtigung: Die.Bvrger. haben . avch . viel. zv . dieser . klocken . gege¬
Auf
manche
schmolzen worden.
Benach¬
ben.
Marken
den
zu
Notiz:
Andreas. Moldenhewer. Merten . M. Anno. Dom. 1564, in der unteren die anspruchsvolle
Es ist in
Kirchenglocke geraubt und
hat in der oberen Zeile die chronologische
konnte.
selbst
In
findet
Werk von ihm,
sind weitere Nach¬
richten über ihn nicht zu
ermitteln gewesen.
wir
neue
Erst gegen Ende
und sehr interessante Güsse,
des
17. Jahrhunderts finden
die von der Besserung
der
allgemeinen Lage Zeugniß geben, übrigens in jeder Hinncht als Kinder einer völlig anders gewordenen Zeit und Kunst auftreten. Ueber einige der merkwürdigsten unter diesen vielleicht ein anderes
Mal.
Eine Hohenzollcrn'sche Ziegelschale. ('Nit Abbildung.)
laut, aus den Schon vor schönsten Hohenzollern-Siegeln eine Zusammenstellung für eine Siegel¬ längerer Zeit wurde der Wunsch
schale vorzunehmen, um ein künstlerisch dekoratives Schmuckstück dar¬
aus fertigen zu lassen. Zu diesem Behuf wurden 35 Siegel von Hohenzollern-Urkunden ausgewählt, und der Gießerei in Jlsenburg zur Anfertigung einer Schale übergeben. Genanntes Institut hat sich
202 der Aufgabe zendste gelöst.
mit allem Eifer unterzogen und dieselbe auf das Glän¬ Die Schale, für deren Herstellung Se. Kais. Hoheit
lebhaft interessirte, ist vom feinsten Gußeisen, und hat einen Durchmesser von 66 nz.; sie zeigt die unten genannten 35, durch Rankenverzierungen miteinander verbundenen Siegel in kaum
der
Kronprinz
Der
vertieft
dieselbe,
sich
größere und demnächst
8
äußere Rand der Schale enthält deren
16;
und trägt im zweiten Siegelkran;
10
kleinere Siegel,
welche
das
in
der
befindliche prächtige Reitersiegel des Burggrafen Friedrich
VI.
Mitte
19)
bergen. Friedrich, Markgraf zu Brandenburg (später Kurfürst 1471. Friedrich II.), geb. 1413 dei. gra. marchionis brade1418—1440. 8. Friderici.
f
burgen et burgvi. nurberg. Friedrich I., Kurfürst zu Brandenburg, geb. 1372
20 )
1447.
mit ihren Umschriften
haben hierbei Verwen¬
1)
1226.
Sigillurn. Friedrich
-j-
21 )
1450.
22 )
1491.
17)
1246.
j
23)
1504.
24)
1515.
S-
Friedrichs I. zu Brandenburg), -h 1442. Fridric dei gia marchis: brandenburgensis: sacri 1437.
romaui
imperii
archicamerarius
burggravius
nuerenb’rgens’. Friedrich
I., Kurfürst zu Brandenburg,
geb.
1372
f 1440.
1486.
8igillu. Friderici dei gra marchionis bradburgesi et burgrauii nurebergensi. Friedrich II., Kurfürst zu Brandenburg, gb. 1413 -f-1471. 8. elsabet vo. gots. gnad. geborn, marggrafin zu bradeborch. grefin. un. frau. zo. henebg. Elisabeth, Gräfin zu Henneberg, geb. Markgräfin zu
mitis de Zolre. Frideric. . . . Burggraf von Nürn¬ Zollern, II., Graf von
berg 1255. Cunradi Burgravii. D. rindere, e.t. comit. de. Z. n. Conrad III., Burggraf von Nürnberg ch 1261. 1296. Fide.xi. Burgravii. de. nu. berg. 3) Friedrich III., Burggraf von Nürnberg, geb. 1218 ch 1297. 4) 1296. 8. Job'is Burgravii. de. nurnbec. Johann I., Burggraf von Nürnberg (Sohn des Burg¬ grafen Friedrich III.), geb. 1280. 5) 1302—1326. 8. Frideric . . rggravii. de nuerenberg. Friedrich IV., Burggraf von Nürnberg, gb. 1287 -j- 1332. 6) 1340. 8. Katherine. comitis. d. Werth. Katharina, Gräfin Werthheim, Tochter des Burggrafen -j- 1373. Friedrid) IV. von Nürnberg 7) 1342. 8. 8eeret. Job'. Burgravii de nurenb’g. Johann II., Burggraf von Nürnberg 1357. 8) 1348. 8. Johannis. Burcgravii. de nurenberch. Johann II., Burggraf von Nürnberg -j- 1357. 9) 1366. 8. Friderici. dei. gracia. comitis. et. Burgrafii. in. nurenberg. Friedrich V., Burggraf von Nürnberg, gb. 1332 -j- 1398. 10) 1378. Sigill. Friderici dei gracia Bnrggrafii nurinbergencis. Friedrich VI., Burggraf von Nürnberg (später Kurfürst -j- 1440. Friedrid) I. zu Brandenburg), geb. 1372 11) 1374. 8. Anne. Ducisse. Stetinensis. etc. Anna, Herzogin in Pommern, Tochter des Burggrafen Albrecht des Schönen von Nürnberg -j- 1413. 12) 1388. 8. secretu Joh’is. burgravii nurinberg. n. Johann HL, Burggraf von Nürnberg -j- 1420. 13) 1397. 8. secr. frid. borgravi. de norenbeg. -j- 1398. Friedrid) V., Burggraf vonNürnberg, geb. 1332 14) 1404. sec: friderici. burggravii. de nuremberg. Friedrich VI., Burggraf von Nürnberg, gb. 1372 -j-1440. 15) 1417. 8. Friderich graef ze zolr. Friedrich der Aeltere, gen. der Oettinger, Graf zu Zolre ch 1443. 16) 1418. 8. elisabet dei gracia marchonisse brandburg. en. et. burggrafie nuerenbergen. Elisabeth, Herzogin zu Bayern (Gemahlin Kurfürst
2)
1440.
8. albert d. g. marchio. brande, bürgn, et bgravi
nurenburg.
Siegeln zu, polirt.
dung gesunden:
-ß
Albrecht (Achilles), Kurfürst zu Brandenburg, geb. 1414
schließen
Folgende Siegel
8.
um¬
— wie solches auf unserer Abbildung in der, aus der Siegel¬ schale dargestellten Größe wiedergegeben ist. Das Ganze ist matt gehalten, und nur die Jnuenbeugung, vom Rande nach den inneren
ac burggii nueren¬
1437.
sich
glaublicher Schärfe. dann
Fridrici di marchio brandeb.
18)
Brandenburg, geb. 1474 -h 1507. 8. Fridrici d. g. march. brandbur. stetti.pomer. dux. bürg, nurberg. i. pruss. Friedrich der Aeltere, Markgraf zu Anspach und Bay¬ reuth, geb. 1460
ch
1536.
8. Johans. dei. gracia. marchio brandenburgen.
Johannes, Markgraf zu Brandenburg, Bieekönig von
25)
1518.
Valencia, geb. 1493 ch 1526. 8. Casimiri et Georg} dei. gra. marchionu. Bndn. 7
Gemeinschaftlich
Casimir, Markgraf von Bayreuth, geb. 1481
1527,
und Georg (der Fromme), Markgraf zu Anspach,
f
26)
1523.
27)
1528.
28)
1530.
29)
1530.
30)
1541.
geb. 1484 1543. 8. Johan. Alberti. marchionis. Brandenburgensis. Johann Albrecht, Markgraf zu Brandenburg (1545), 1550. Erzbischof zu Magdeburg, geb. 1499 8. Georgi. dei. gra. marchiois. brandenburgen. etc.
ratbaresis. in. silesia. Ducis. et. ut. tutoris. infantis. Alberti. marchionis. fris. nostri. fili. Georg (der Fromme), Markgraf zu Anspach, geb. 1484 -j- 1543. Joachim marchion. bradeburgen. sacri. romaui. 8. imperii archicaerarii principis eloctor ducis. stetinen, pomeranie. cassubie. slavie. burgravii nureburgen’. p. rugie. Joachim I. (Nestor), Kurfürst zu Brandenburg, geb. 1484 -j- 1535. 8. Joachim, d. g. marchiois. brandeburgn. sacri. rom. impii. archiaerarii pncip. elctor. stetin. poeranie. Joachim I. (Nestor), Kurfürst zu Brandenburg, geb. 1484 ch
B.
1535.
G. Georgius marchio Brandenb. Stetin. Ferner.
Sclavor. ac. in. Silesiis. Carnov. dux ducat. opol. et. dnus. burgrav. norenb. rugiae. cassu.
princ. Georg (der Fromme), Markgraf zu Anspach, geb. 1484 -j-
31)
1550.
1543.
Georg Fridricks. margk. zu Brandenburgk herezog
in slesis. Georg Friedrich, Markgraf zu Anspach und Bayreuth, geb. 1539 -j-
32)
1562.
1603. mar. Brand. 8. ro. imp. Arch. p. 8. Joachimus. dec. Stet. Pom. et. dux . . bürg, Joachim II. (Hektor), Kurfürst zu Brandenburg, geb. 1505 1571.
II.
i
nor.
203
33)
1568.
V. G. G. Albrecht. Friderich. marggrave. zu. Brandenburgk. in. Preussen. Herczog. C. Albrecht Friedrich, Herzog in Preußen, geb. 1553 -j-
34)
1573.
1618.
etcet. Herzog.
35)
1579.
i
Eine urkundlich Antwort kann auf diese Frage nicht gegeben werden. Sie dürfte jedoch in den eigenthümlichen Verpflichtungen gesucht werden, die das Gewerk in anderen deutschen Städten der Gemeinde gegenüber hatte, und die auch dieselben in Berlin gewesen sein mögen. In jenen Zeiten nämlich, die noch keine stehenden Heere kannten, war die Bürgerschaft einer Stadt in Kriegs- und Belagernngszeiten auf die Selbstvertheidigung ihrer Mauern angewiesen — auf die Bewachung der Thore, die Vertheidigung von den Thürmen und die Ausfälle auf die Bei Letzteren galt es persönlichen Muth mit Schwert Belagerer. und Hellebarde, und solche Ausfälle waren von einer Art schwerer Bürger-Kavallerie unterstützt, welche nur diejenigen Bürger bilden konnten, deren Erwerbszweig das Halten von Pferden erforderlich machte. besondere bei den Einholungsfeierlichkeiten, zu erscheinen? sichere
Albrecht Friderich. margre. zu. Brand, in. Preussen. Friedrich,
Albrecht
Woher nun wiederum die alte Bevorzugung des Schlächtergewerks: an der Spitze der übrigen Gewerke, bei festlichen Aufzügen und ins¬
Herzog
in Preußen,
geb.
1553
1618.
y. G. G. Georg Friedrich, marggraff zu Branden¬ burg, in Preussen und Schlesien zu Jegernd: Hertzog etc. Georg Friedrich, Markgraf zu Anspach und Bayreuth, geb. 1539 -j- 1603.
Ein Exemplar dieser Hohenzollern - Siegelschale, dem GeheimSekretair Brose gehörig, ist in dem Lokal des Vereins für die Ge¬ schichte Berlins (im Deutschen Dom) zur Besichtigung aufgestellt
So waren
die Schlächter nicht allein zum städtischen Kavalleriedienste
verpflichtet, sondern in mehreren Städten sogar verbunden, ein besonderes
worden.
Die LnoKenhouwer Serlins. Von «fcriliiumil .fllci|cr.
Ceremonie schließen, die von den Schlächtern
(Fortsetzung.)
Bildeten die Gewerke im 14. Jahrhundert die Grundpfeiler, auf in denen die bürgerliche Gesell¬
denen das ganze städtische Wesen ruhte,
schaft den Ausgangspunkt
für
rative Ordnung fand, so läßt für die sociale Entwickelung hatten die sogenannten
Pferd zu diesem Zweck zu halten. Aus dem Umstande ferner, daß unsere Handwerksvorfahren kräftige und muthige Streiter im Kampfe gewesen, läßt siä) mit ziemlicher Sicherheit auf die Entstehung einer
jeden geselligen Verkehr und jede corpo-
hieraus auch auf ihre hohe Bedeutung Namentlich der alten Städte schließen. (Bäcker, Schlächter, Schuh¬
der
Die Königüberger und die Berliner Schlächter führen dagegen Bevorzugung auf eine specielle Heldenthat zurück.
wurde. diese
Im
sich
Vier-Gewerke
in allen Städten
alten Monarchie stets als eine Bevorzugung in Anspruch genommen
schwedischen
Kriege, unter dem großen Kurfürsten, sollen die
Ersteren thätigen Antheil genommen und in einem Kavalleriegefecht ein schwedisches Reitergeschwadcr niedergemacht habe».
Der Kurfürst hätte
macher und Tuchmacher) auf Berlin einen großen politischen Einfluß, der ihnen in allen Gemeinde-Angelegenheiten eine bedeutende Stimme
ihnen, als Anerkennung dieser Heldenthat, die Gerechtsame verliehen,
einräumte. Wann die Theilnahme dieser Gewerke an den Verhand¬ lungen des Rathes mit der Gemeinde ihren Anfang genommen, läßt In der frühesten Zeit fanden sich mit Gewißheit nicht nachweisen. dieselben bei voller Gemeindeversammlung statt, bis nach und nach,
Gelegenheiten in die
um den Gang der sich mehrenden Berathungen zu vereinfachen und die gesummte Bürgerschaft nicht ihrem Berufe zu entziehen, die ge¬ schworenen Altmeister der Hauptgewerke zu den Berathungen hinzu¬
und Standarte
Aus dem sogenannten „ruhenden" Rathe, d. h. den¬ jenigen Rathmännern, welche ans dem Magistrat geschieden waren, bildete sich dann nach und nach, in Gemeinschaft mit den Deputirten der Vier-Gewerke und denen der übrigen gemeinen Bürgerschaft, ein Mittelglied zwischen dem Magistrat und der Einwohnerschaft, — eine gezogen wurden.
controlirende Corporation, ohne deren Zustimmung kein gemeinverbindlicher
Schritt
geschehen
durfte.
Hauptsächlich wachte die Corporation
darüber, daß die Kräfte der Steuerpflichtigen zum Gemeinwohl nicht übermäßig angestrengt wurden.
Die corporativen Mitglieder waren erfahrene und besonders würdige Aus der Wahl des ganzen Gewerks mit Bestätigung des Magistrats hervorgegangen, hatten sie auch die Geschäfte der Gewerks¬ Personen.
lade
zu führen, und eine fast unbeschränkte Macht bei allen Entscheidungen
innerhalb der Gilde. Sie mußten Grundstücke in der Stadt besitzen und wurden, nach erfolgter Wahl als Altmeister und Verordnete, in feierlichem Umzuge um die Stadt geführt, damit sie die Grenzen der¬ selben genau ihrem Gedächtniß einprägen und deren Recht zu jeder
Zeit bezeugen könnten. In der ältesten Zeit betrug die Zahl der Verordneten 24, und zwar 16 für Berlin, 8 für Kölln. Bei Ergänzung derselben hielten die Vier-Gewerke sehr eifrig darauf, daß solche aus ihrer Mitte er¬ folgte; und da die Verordneten, als Repräsentanten der gesammten Bürgerschaft, zu den
Huldigungen
gezogen wurden, die jedem neuen
Landesherrn zu leisten waren, so erscheinen auch in dieser Beziehung die Vier-Gewerke mit den in ihrer Mitte zahlreich vertretenen Reprä¬ sentanten bevorrechtet.
beritten und bewaffnet die Monarchen für ewige Zeiten bei feierlichen
Armatur
Stadt
zu geleiten,
auch
schenkte er
der Besiegten, sowie die eroberte Pauke und
ihnen die
Standarte.')
Dieser Annahme entsprechend, erschien das Königsberger Gewerk bei
der Krönung König Friedrid)s
I. in
Brustharnischen, eine Pauke
in ihrem Zuge führend.
Einholung dieses ihrerKönigsberger Kollegen nach. Auf prächtigen Pferden erschienen sie, in glänzenden Brust¬ In dem Musikcorps harnischen und neuen elennsledernen Kollers. Auch die hiesigen Schlächter ahmten bei der
Monarchen, am 6.
Mai 1701,
dem Beispiele
paradirten zum ersten Male zwei mit prächtigen Decken ausgestattete Pauken, deren Einführung dem Gewerk durch ein besonderes Privile¬
gium des Königs gestattet worden war. Die Compagnie hielt mit der Bürgerschaft und den übrigen Gewerken vor dem Georgen (späteren Königs-) Thor im Felde, und schloß sich bei dem Herannahen des Königs unmittelbar dem Gefolge desselben an. Bei dem Siegeseinzuge Friedrichs des Großen, nach Beendigung 30. März 1763, erschien das Schlächter¬ auf grünen mit Bändern geschmückten Chabraquen. Es bildete zwei Corps; dem älteren, auS sechs Zügen und je fünfzehn Meistern bestehend, ritt ein Trompetercorps vorauf, dem die rothe, goldgestickte Standarte in Begleitung der Altmeister
des siebenjährigen Krieges, am
gewerk ebenfalls
zu Rosse,
Das jüngere Corps formirtc vier Züge, jeder aus zwölf Gesellen bestehend, von den Altgesellen angeführt. Ihnen voran eben¬ falls ein Trompetercorps, die neue gold- und silbergestickte Standarte
folgte.
Sie trugen von rothem Atlas inmitten des Zuges aufgepflanzt. sämmtlich braune Röcke mit silbernen Knöpfen und rothseidene Band¬ schleifen an den
Hüten;
besetzt, ebenso die Röcke.
mittelbar page des
die der
Anführer waren mit silbernen Tressen
Auch hier folgte das Schlächtergewerk un¬
Hof- und Staatsbeamten, und zwar hinter der Equi¬ Kriegs mini stets Grafen von Reuß. Der Held des Tages, den
*) König Friedrich II. soll ihnen später die Küraffe mit dem Bemerken abgefordert haben, daß er sie beffer brauchen könne.
204 der bescheidene Sieger, schloß den Zug
Mannschaft.
Am Vormittage
deß
mit einer Deputation
der
Der Altmeister
Kauf.
folgenden Tages empfing der König
Bevollmächtigten des Gewerks, die Altmeister Glöckner und Heb eisen, in besonderer Audienz. Von den beiden Standarten, welche das Gewerk gegenwärtig besitzt, scheint die der Meisterschaft, einen schwarzen Adler führend, aus der Zeit des Regierungsantritts
quardt,
Die Standarte
der Gesellschaft
führt
einen silbergestickten Ochsen.
Bei der Einholung Friedrich Wilhelms II., am 26. September 1786, hatte sich die Berlinische Stadtkavallerie, nämlich das aus mehreren Innungen bestehende Schlächtergewerk, die Schützengilde und Kaufmannschaft, nach Hohen-Schönhausen begeben; die Schlächter in einer Stärke von 110 Mann, auf stattlichen Pferden mit rothen Schabracken. Ihre Kleidung bestand aus braunen Röcken und schwarzen
eines Schirrmeisters
mit
sich
zu Pferde,
und unter dem
zu dürfen."
Noch aus von den Campagnen, ich zur Hilf mußt' eilen
Dem tapferen Vetter von Oranien.
Sie rauben und sie brennen, Allwo sie kamen hin, Sie werden bald berennen Auch meine Stadt Berlin. Es nah'n die wüsten Schaaren Heran auf allen Seiten; Wer soll aus den Gefahren Meine Prinzeß hinaus geleiten? Schnell zogen da die Schlächter
Die Pferde aus den Ställ'u:
„Wir
Und Trutz dem Feinde bieten — Wir Schlächter sind gewohnt an Schlachten!
Sind wir
König und
der
Stadtrath Krug,
Königin durch den Leiter der be¬ die Führer derselben vorgestellt
werden dürften.
Nach der Allerhöchst ertheilten Genehmigung erfolgte die Vor¬ stellung des Obermeisters der Schlächter-Innung, Rengert :c., und
alsdann
Genehmigung, daß die Spitze des Zuges stellen durften. die
berittenen Corps
sich
an die
mit
dem Messer,
Sie dankt für ihre Dienste Und sprach gedankenvoll: „Die edlen Ritterkünste, Fürwahr, versteht ihr wohl! Wacker zu reiten wißt ihr, Zu stechen und zu schlagen; Eins fehlt euch nur: nun müßt ihr Ein schmuckes Banner tragen."
Kleidung, dreieckige Hüte und Säbel.
dem
auch
Dem Spieße nur bewehrt, Ein braves Herz ist besser, Als wie das schärfste Schwert. So dachten sie und ritten Und stiegen nicht vom Rosse, Bis daß in ihrer Mitten Die Holde kam zum sichern Schlöffe.
Bei der Einholung des jetzt regierenden Herrscherpaares, am 22. Oktober 1861, waren die Deputirtcn des Gewerks in einer Stärke von 120 Mann — die Meister unter Führung des ersten Altmeisters Reugert, die Gesellenschaft unter der des Meisters Fischer — mit ihren Trompetercorps und den beiden Standarten gegenüber der Em¬ pfangshalle an der Frankfurter Chaussee aufgestellt. Sie trugen schwarze
M. M.
sind die besten Fechter,
Von Meister und Gesell'n; Wir wollen die Fürstin hüten Bei Tage und bei Nachten,
Und kommt der Tag — Gott mög ihn abwärts leiten! — Wo Eurem Throne Unbill feindlich naht, Das ganze Volk im Sturme wilder Zeiten Wird aufstehn, wie ein Mann, auf Dein Gebot! Das alte Recht, Euch freudig zu geleiten, Wird zwiefach theuer uns im Drang' der Noth. Zum Festtag kamen wir in vollen Schaaren — Doch Keiner fehlt am Tage der Gefahren!
rittenen Corps,
I.
Da
ordnung :
I. Z.
der Redner
„Der Kurfürst spricht mit Grämen: Rings kommt der Feind daher, Und will das Land mir nehmen, Das daliegt ohne Wehr. Mein Heer ruht viele Meilen
Am 21. September 1840, dem Einholnngstage des verewigten Königs, hatten sich die berittenen Gewerke und die Kaufmannschaft an der Festrotunde vor dem Frankfurter Thore (am Weichbilde der Stadt) aufgestellt; das Schlächtergewerk, durch eine Deputation von 70 Meistern und einer gleichen Anzahl Gesellen vertreten — in braunen, goldgestickten Uniformen, mit weißen Federn auf den Hüten, — nahm Nachdem der Stadtsundicus Moewes, dem den rechten Flügel ein. seitens des Gewerks der Schlächtermeister Wagner beigeordnet, dem Königspaare nach Friedrichsfelde entgegen geritten war und um die Genehmigung gebeten hatte, daß die berittenen Corps sich an die Spitze setzen und Ihre Königliche Majestäten nach dem Schlosse führen dürften, überreichte in der Rotunde selbst der Schlächtermeister Fickert auf seidenem Kissen ein auf weißem Atlas gedrucktes, mit einer Guir¬ lande von goldenem Eichenlaub und Kornblumen verziertes Gedicht. Die letzten Strophen desselben lauteten, mit Bezugnahme auf das königliche Wort Friedrich Wilhelms III. in seiner letztwilligen Ver¬
eingenommenem Dejeuner, und nachdem Se. Majestät Generals-Uniform angelegt hatte, überreichte der Bürger¬ meister Hedemann Se. Majestät dem Könige den Rapport über die aufgestellten berittenen Corps und bat um die Erlaubniß, daß
daß
weißen Seidenkiffen ein Gedicht
6 Postillonen folgte das Schlächtergewerk,
Nach
Mar»
mit folgenden Worten:
wir Aller-
M. der Königin auf einem in einem prachtvollen rothen Sammet¬ einbande mit reicher Goldverzierung, deren Mitte in Gold die beiden Seiten der Krönungs-Medaille enthielt. Das auf Pergament gedruckte Gedicht, dessen auf einem besonderen Blatte befindliche Widmungs¬ schrift in buntein Prachtdruck ausgeführt war, lautet: Damit präsentirte
Vorritt
große
Schlächtermeister
I. M. der Königin
Berliner Schlächtergewerks unterthänigst zu Füßen legen. Zugleich wollen Ew. Majestät aus diesem Buche ersehen, aus welchem Grunde wir um die Gnade bitten, Allerhöchstderselben Krönungswagen geleiten
dem sich die Schützengilde und demnächst die Kaufmannschaft anschlossen.
die
des Schlächtergewerks,
hierauf
höchstderselben ein kleines Zeichen von der Treue und Verehrung des
Westen; rothe Kokarden, gleichfarbige und schwarze Federn zierten die Nach Entgegennahme eines auf weißem Atlas gedruckten Hüte. Gedichtes, setzte der König
sich
„Ew. Majestät wollen Allergnädigst gestatten,
auch die
Friedrichs des Großen herzustammen.
näherte
'
Von bunter Seide stickt sie's Wohl mit der eignen Hand, Den braven Wächtern schickt sie's, Als Dankes Unterpfand. Die haben's aller Zeiten Festlich vorangetragen, Wenn's galt, herzugeleiten Einer geliebten Fürstin Wagen. Laß uns, gleich unsern Ahnen,
Erhab'ne Königin, Auch Dir den Weg heut bahnen Nach Deinem Schlöffe hin.
205 Heut gilt's nur Lust und Scherzen, Doch nahen einst Gefahren,
„Wer ausgiebt,
Den historischen Nachweis für diese verherrlichte That zu führen, wir dem Gewerk überlassen.
müssen
Die Spitze des Königlichen Zuges bildete von hier aus die Deputation der Schlächter, geführt von dem Stadtrath Krug und dem ihm
Oppen.
(Forts, folgt.)
Berliner Theaterplaudereien aus (Fortsetzung der „Plaudereien aus den
„Willkommen, Doktor!
den dreißiger Jahren. zwanziger Jahren".)
Sie wohl zu sehen, denn einmal auf Ihre Hülse an¬ gewiesen, da Sie sich nicht blicken ließen." „Ich muß deshalb um Ihre Verzeihung bitten, Herr Baron. Mancherlei außergewöhnliche Geschäfte nahmen meine Zeit in An¬ fürchtete
schon
ich,
Sie
spruch; ich hoffe jedoch, daß
Sie
Freue mich,
seien
auch
Sie
sich
inzwischen wohl befanden,
„Richtig! Ich klage nicht gern über Kleinigkeiten. das Alter anfängt, sich fühlbar zu machen, so will ich
„Das ist allerdings
da
Wiewohl doch schon
wird Sie dort das Alter nicht empfinden
laffen", entgegnete ich.
„Nun, das möge dahingestellt bleiben. Aber wir haben viel nachzuholen; ich konnte Ihnen nicht einmal meine innerste Zufriedenheit, ja niein Entzücken über Charlotte von Hagn aussprechen. Das Künstlerin!" „Und die beiden Stich's?" „Ja wohl, Alle ganz vortrefflich! Man sucht auf's Beste die Lücken auszufüllen, und es wird auch an Stücken nicht fehlen, damit die neu Engagirten richtig placirt werden. Vor allen Dingen aber sagen Sie mir, Doktor, was ist kürzlich in „Jurist und Bauer" nenne ich eine
vorgegangen?
Ich hörte davon sprechen, mochte aber nicht stagen, und das Ganze blieb mir unklar." „O, einmal wieder ein Scherz, wodurch die alten Kollegen sich ihrer Jugend erinnerten; denn sie sind älter, ernster geworden, und viel stemde Elemente haben sich ihnen beigesellt. Unser Gern liebt es jedoch noch,
wenn
sich die
Gelegenheit darbietet, seiner Laune den
wir uns „Stumme
So hatte er sich angewöhnt, als Schreiber im „Jurist und Bauer" seinen Freund Krüger mit Citaten aus „Hamlet" zu unterbrechen und, da Krüger den Hamlet spielt, natürlich die Lacher für sich gewonnen. Da Krüger dies einige Mal ohne Rüge hingehen ließ, so nahmen diese Ertempora immer größere Dimensionen an. An einem Abend nun, als Fräulein von Hagn die Rosine in besagtem Stück spielte — das Haus war erdrückend voll, — schien Gern sich einen Hauptschlag vorbehalten zu haben. tänzelte von seinem Tisch zu demjenigen Krüger's hinüber, nahm
deffen
Dintenfaß, um daraus das seinige zu füllen, und als Krüger
fragte: „Was soll das heißen, was untersteht Er sich?" erwiederte Gern: „Hamlet sagt „Dein Maaß ist voll!" Diese Worte erregten natürlich Lachen. Nachdem daffelbe jedoch verstummt war, begann Krüger von neuem: „Weiß Er auch, was Hamlet noch sagt?"
deffen
Aber da wir dies Glück besitzen, sollen Habe neulich „Oberon" und die
freuen.
auch
Portici" angehört, nur um
von
von Bader
und
mädchen,
die
die Schätzet als Meer-
Schlummer-Arie singen zu hören.
Gras Redern war gleichfalls anwesend, und ich glaube wohl, daß, da diese Oper sein erstes Debüt als Intendant war, er sich gern des Beifallssturmes erinnert, den sie errang. — Sie lächeln über alten Enthusiasten?
den
daß ich
auch
Nun, ich leugne
der Fehler und des
es
ja keinen Augenblick,
Nichtgelingens denke;
aber,
wie
warum bei so viel Schönem und Gelungenem die Rüge laut werden laffen? Ihnen freilich, der Sie Allem näher stehen, mag sich das Urtheil schärfen." „Doch weniger, als Sie vielleicht glauben, Herr Baron. Denn bei allen künstlerischen Schwächen erkenne ich gleichwohl so viel Wahrheit und allgemeines Kunstintcrcffe, daß ich leicht versöhnt bin. gesagt,
schon
Und wie wißen
sie es
zu schätzen,
in einem
neuen Stück eine Rolle
zu schaffen, gleichsam zu sagen: das ist Heinrich
mir
VIII.,
wie ich ihn
nach des Dichters Zeichnung gedacht!"
„Ja,
liegt aber auch ein bedeutender Vortheil für den Schauspieler darin, der erste Darsteller einer hervortretenden Rolle es
zu sein; keine Erinnerung steht hindernd daneben, ihm den
Sieg zu
entreißen oder doch zu schmälern."
Zügel schießen zu lassen.
Er
und Gern
ein seltener Glücksfall."
„Zugegeben, Doktor!
zufrieden sein, wenn ich nicht an dem Besuche des Theaters verhin¬ dert bin." reger Geist
einzunehmen verstehn,
Wie ist dasselbe ausgefallen, Herr Baron?" „Daß er vortreffliche Mittel besitzt, und daß eine Erscheinung, wie die seinige, sich auf jeder Bühne die Theilnahme und Aufmerk, samkeit des Publikums erringen muß. Sein Heinrich VIII. in „Die kluge Königin", sein Carl Anjou in „König Conradin" sind Schöpfungen, die ihn zum Künstler stempeln. Die Vorstellung des ersteren Stücks zeigt überhaupt den Reichthum unserer Bühne in allen Rollenfächern. Denken Sie nur des mustergültigen Wolff und Beschort! Und „König Conradin!" — Nicht leicht dürften Sie eine andere Bühne finden, die Ihnen zwei gleich schöne, jugendlich, imposante Gestalten, wie Madame Crelinger und Unzelmann, als Conradin von Schwaben und Friedrich von Baden, als SemiramiS und Alilat in der „Tochter der Luft", als Chriemhild und Brunhild im „Nibelungenhort" auszuweisen vermöchte."
mich sonst hätten rufen laffen."
„Ihr
auch
aber der Citate aus Hamlet wird er sich künftig wohl enthalten. — Doch nun zu Herrn Rott, den Sie inzwischen ge¬ nugsam gesehen haben, um sich ein Urtheil über ihn zu bilden.
Dann woll'n mit treuen Herzen Die Schlächter ihre Kön'gin wahren.'
beigeordneten Schlächtermeister
muß
verstand cs;
„Nun, Herr Baron, so gar schlimm ist es auch nicht! Wer außer Ihnen, noch täglich das Theater? Wer erinnert so lebhaft der Dahingegangenen, als Sie? Die Welt hat
besucht, sich
andere Sorgen,
und die herankommende Zeit andere Interessen, als
das Theater oder die Kunst überhaupt."
„Wahr, wahr!" sagte seufzend der Baron. „Die neue Zeit wird auch ein anderes Publikum niitbringen. — Doch was geht das mich an! Gleichwohl bleibt es wahr, daß eine neue Rolle für den Schauspieler kein
zu unterschätzendes Geschenk ist,
und ohne dem
Talent unserer jungen Schauspielerinnen zu nahe treten zu wollen, so
haben
sie
doch Ursache,
Karl Blum für
sagen zugeschriebenen Rollen dankbar zu sein.
die ihnen,
man kann
„Goldschmieds Töchter-
brummte betroffen „nein", und Krüger fuhr fort: „Er sagt „Und die bei Euch die Narren spielen, laßt sie nicht mehr sagen, als in ihrer Rolle steht!" Jetzt war er der Sieger, denn einer Sturmfluth gleich durchbrauste ein Lachen und Bravorufen daS Haus, so daß selbst das Auftreten der Hagn die Ruhe nur mühsam wieder
der „Ball zu Ellerbrunn", „Capriciosa", die „Herrin von der Else", „Vicomte Letoriöres", sind diese Stücke nicht alle für das Talent zugeschnitten?" „Und für Clara Stich „Ich bleibe ledig!" „Ja, Doktor, da muß ich mit Schneider sagen: Ausgezeichnet! Wie wird sie aber auch von Weiß, Stawinsky, Crüsemann und Grua unterstützt! Traurig nur, daß der junge Lombard so früh
herzustellen vermochte."
sterben mußte, er wäre wohl ein würdiger Vertreter Reben stein's und
Gern
„Doch später?" fragte der Baron.
lein",
Grua's geworden."
206
„Man ich
fahndet
nach einer
anderen,
ebenbürtigen Kraft,
wie
höre."
„Und wer ist das, Doktor?" „Ein junger Frankfurter, mit Namen HendrichS." „Hm! Wäre mir lieber, wenn er ein Berliner wäre! Die verschiedenen Dialekte fangen an, sich fühlbar zu machen." „Wenn der Norden uns im Stich läßt, müssen wir froh sein, uns aus dem Süden versorgen zu können. Auch hatten Sie ja früher der Fremden — wenn Sie Deutsche überhaupt so nennen wollen — viele unter dem alten Personal: Jffland, die Gern's, die Eunicke's und Andere, waren
sie
bezweifeln,
daß
sie
ist eine zu kluge Frau, um das Richteramt hierin nicht dem einzig glaubwürdigen Richter, dem Publikum, zu überlassen."
„Und daran thut
sie sehr
nicht Nacheiferung
wohl.
Daß Jugend und Schönheit wir nur zu oft erlebt,
anstrebte?
Geist
Ja,
offenbaren!
sich
Recht der Beurtheilung,
Die Nachkommenden sollen nur Studium auch schon der eigene
es kommen andere
gleich uns,
Generationen, die
beanspruchen;
für
ihr
diese mögen
sie die großen Vorbilder nach eigenen Kräften nutzen, und wenn dann unter ihnen wieder ein Meister von Gottes Gnaden hervortritt, ihn lieben und verehren, wie wir es gethan."
„Nun,
wirklich deren Schülerinnen sind. Gewiß haben sie, so zu sagen, die Anfangsgründe durch dieselbe erhalten, aber mehr und mehr stellt sich doch das selbstständige Fühlen und Denken heraus. Besonders scheint mir die Jüngere ein Charakter, der nur der eigenen Ueberzeugung folgt, und die Mutter möchte
sie
treue Jünger sein, dann wird beim
nicht alle Süddeutsche?"
„Hatten sich aber schon dermaßen akklimatisirt, daß man es ihnen nicht anhörte", erwiederte mißlaunig der Baron. „Möglich, daß unser Ohr sich daran gewöhnt, und ein gegenfettiger Ausgleich stattgefunden. Dem Fräulein von Hagn scheinen Sie die süddeutsche Abkunft schon verziehen zu haben." „Eine so außerordentliche Künstlerin —" „Nun, die beiden Stich's sind echte Berlinerinnen, die wahr¬ scheinlich bei fortgeschrittener Bildung weniger als angehende Schul¬ kinder mit Mir und Mich, Sie und Ihnen zu kämpfen gehabt, als Sie und ich." „Vaterlandsverräther!" drohte lächelnd der Baron und ließ sich behaglich in seinen Sesiel nieder. „Doch Karl Blum ist es nicht allein, der für das reizende Schwesternpaar sorgt; wir wollen doch Eduard Devrient's „Treue Liebe" nicht vergessen, worin Beide so wahr, so lebenstreu spielen. Die Aelteste erinnert mich immer leb¬ haft an ihren Vater; die Aehnlichkeit ist nicht nur äußerlich, derselbe seine Geist, der Stich's Gestaltungen belebte, scheint auch ihr inne zu wohnen — stets das richtige Maßhalten, ohne kalt zu sein. Jedenfalls würdige Schülerinnen ihrer Mutter!"
„Ich
Allen fehlte? Sie hat übrigens diesen Muth nicht nöthig; wer sich als Künstlerin so bewährt hat, wie Madame Crelinger, darf keine Vergleiche scheuen. Wozu schafft die Natur die großen Meister, wenn
dazu dürfte schon der nächsten Generation Hoffnung zu
machen sein."
„Hoho, Doktor, wo wollten Sie ein solch' Meteor entdeckt haben?" noch nicht, sonst würden Sie wohl schon von ihm gehört haben; aber ich müßte mich sehr irren, wenn er nicht einst am Kunsthimmel als heller Stern glänzen würde."
„Ein Meteor ist's
„Nun?" „Als ich vor Kurzem in Hamburg war, Schauspieler, Namens
Döring,
der
sah ich einen jungen
mir ein eiftiger Jünger Ludwig
Devrient's zu sein schien. Und wo er etwa noch sehlgehen möchte, da wird ihn Schmidt schon zurechtführen. Jedenfalls dürfte er eine längere Zukunft vor sich haben, als sein berühmter Meister, denn er scheint frisch, gesund an Leib und Seele zu sein."
„Möge
er
in
seinem
Streben nie erlahmen, und seines großen
Meisters würdiger Schüler sein!"
„Nun, Herr Baron, wollen Sie gar nichts von Herrn Seydelmann hören?" „Seydelmann, ist er denn schon hier?" habe ihn heut' auf der ersten Probe gesehen." „Und damit kommen Sie erst so spät zum Vorschein?
„Ich Sie
Setzen
Sie nicht fort. Wie gefällt er Ihnen?" „Das Wort „gefallen" scheint mir bei Seydelmann nicht zulässig. Er ist ein Schauspieler, von deffen geistiger Kraft man erst sich,
denn jetzt dürfen
nach öfterem Sehen überzeugt sein muß, um die sich uns aufdrängende Frage: wie kam der Mann dazu, Schauspieler zu sein? zurückweisen
Man war sehr gespannt, ihn zu sehen, nachdem er öfteren Einladungen ausgewichen, und erst auf vieles Zureden der Stuben¬ rauch, die ebenfalls hier gaftirt, sich dazu entschloffen. Sein erstes zu können.
nicht allein ein Publikum beherrschen, haben
Erscheinen hatte, seinen Kollegen gegenüber, etwas gehaltenes, reser-
um irgend Etwas zu befürchten. Denken Sie der nichts weniger als schönen Lindner! Freilich hatte sie ein paar Augen und ein Organ, daß wir zuletzt doch meinten, eine Schönheit ersten Ranges vor uns zu sehen, so mächtig verstand sie in Herz und Seele zu
virtes.
Das Organ ist's auch, wodurch Rott zumeist unsere Gunst erwarb; er geht nur noch, sich seiner Kraft voll bewußt, zu ver¬ schwenderisch damit um. Eiu so glücklich begabter Schauspieler muß zu Jahren kommen, um einzusehen, daß eine weise Eintheilung seiner Kräfte der Wirkung durchaus keinen Eintrag thut. Hierin könnte die Wolfs eines Jeden Lehrmeisterin sein, und dies hat Rott schon Als Heinrich VUL, neben der Wolfs, welche selbst herausgefühlt. mit ihrem schwachen Organ die Katharina Parr so sein und unver¬ gleichlich spielt, tritt er nicht mehr, wie Sie einst richtig bemerkten, aus dem Rahmen heraus; er fügt sich — fühlt er doch den Sieg dringen.
des
„Wie sie
verschieden
die Künstler
beweist ein Ausspruch
ftagte, ob
Er trug einen enganschließenden, langen dunkelgrünen OberHut in der Hand, sich leicht gegen die ihm vorgestellten
den
Künstler verneigend, konnte man nicht umhin, sein Auftreten imponirend genug zu finden. Die Probe von „Clavigo", worin er den Carlos spielt, begann — er fing an zu sprechen, doch schien ein Zungenfehler ihm dies zu erschweren, bis seine Rede wie ein leichter
Strom dahinfloß. Sie
verstehen jedes
Wort und haben das Gefühl,
vom Dichter so empfunden und gedacht worden sein muß. Das war der vornehme, geistig überwältigende Verführer des armen, daß es
schwachen
welke
Clavigo, deffen glänzende Rede die kargen Einwürfe wie
Blätter mit hinwegnimmt. Herr Baron,
ich habe solch' einen
Carlos nie zuvor gesehen! Herr Heinrich Beer — Sie kennen diesen treuesten aller Mäcene — *
„Ja
wohl, den Bruder Michael und Meyer Beers." er hat Seydelmann schon in Stuttgart gesehen und kennen gelernt, ist so entzückt von ihm, daß er bereits die ganze
„Nun wohl,
Geistes!"
urtheilen,
rock;
sie
ihr Talent
und ihre Kräfte
der Madame Crelinger.
be¬
Als man
nicht auch die Medea spielen wolle, lautete ihre
Antwort: „Die Medea, wie sie von Sophie Schröder dem Publikum dargestellt ist, steht in der Meinung desielbeu, und mit Recht, unum¬ Um den Muth zu haben, nach ihr dieselbe zu spielen, stößlich da. muß mau eine andere Generation abwarten können."
„Was aber sollte
werden, wenn der
Muth zur Nacheiferung
Berliner Theaterwelt dermaßen alarmirt, daß die gehegten Erwar¬ tungen mich beinahe für den Erfolg fürchten lassen." „Warum nicht gar! Wenn der Mann, trotz seines Sprach¬ fehlers, bei einem geübten Theatergänger den von Ihnen geschilderten Eindruck hervorgebracht hat, dann ist Nichts zu fürchten."
„Ja,
aber die weniger Geübten?
Ich
sagte
haben es hier einzig und allein mit einer geistigen
Ihnen Kraft
wir thun."
schon,
zu
207
„Mag
sein!
Unser Publikum ist
mit
seinem
Urtheil nicht vor¬
schnell, und auch die weniger Geübten müssen den Eindruck des Un¬
gewöhnlichen doch empfangen.
glaube von dem Vater unseres Verfassers,' erschienen, welches, sogar zur zweiten Auflage gediehen, nunmehr veraltet und vergriffen ist. Diese Lücken auszufüllen, ist das Bestreben unseres Verfassers gewesen;
Nun, und das zweite Stück?"
weil er, in Lehnin geboren und in Lehnin wirkend, mit warmer Liebe an seinem ehr¬ würdigen Geburtsort hängt, und die Geschichte desselben nach Kräften
„Ahnenstolz in der Küche", worin er den Vütel spielt. Ja, das ist Ahnenstolz, wozu allerdings nur ein Franzose in der Küche gelangen kann! Doch Sie werden ihn selbst morgen sehen und mich
seit Jahren
berichtigen, wenn ich geirrt haben sollte."
sich
„Sie
blicken nach der Uhr, es treibt
Sie
er erscheint dazu besonders berufen,
anzueignen gesucht hat.
Publikums giebt uns das Recht,
lungszimmer, wo Sie steilich eine bessere Unterhaltung finden, als bei einem alten Podagristen." „Nein, Herr Baron, das Versammlungszimmer hat die meisten
sprechung zu unterziehen.
seiner belebenden Gäste beinahe verloren,
mit
haben den Jugendmuth eingebüßt. zeiten seiner
und die Uebriggebliebenen
Ja, wenn Holtet,
der bei Leb¬
Frau ein permanenter Gast war, nicht auch fehlte!" oder was treibt er jetzt?"
daß
in
wir
es
der histo¬
Literatur beansprucht; von historischer Kritik darf darum nicht die Rede sein, und manche Behauptung, welche sonst zum Widerspruch rischen
schränkung zur Erklärung des Bestehenden nothwendig mitzutheilenden historischen Thatsachen, und absolute Zuverlässigkeit und Vollständig¬ keit in der Beschreibung der noch vorhandenen Baulichkeiten und Alter¬ thümer erwarten und verlangen.
hören; denn selbst, wenn
seines anerkannten Fehlers gedacht wurde,
man sogleich hinzu: „Ja, das kann man auch von Holtei nicht verlangen", oder: „Holtei ist nun einmal nicht anders!" Genug, er besaß einen Freibrief für diese Vergeßlichkeitssünden, und machte eistig Gebrauch davon. Als Schauspieler hatte er nie viel Glück, und „Lorbeerbaum und Bettelstab" nie die Rolle
Die Scene, wo besser spielen, als von ihm. Frau zurückkehrt, war tief Begräbniß seiner erschütternd. er vom eigentlicher Charakter. Holtei fühlt Und das ist auch sein sich nie wohler, als wenn er tief im Elend sitzt und sein Leid ergreifend mit¬ theilen kann; wahrscheinlich weil er fühlt, daß er dann, wie selten ein Mensch, die Herzen im Sturm mit sich davonführt. Wie wäre es sonst möglich, daß ein Mann von seinem vielfältigen Talent, seinem Wissen, seiner Liebenswürdigkeit so auf den Wogen des Lebens stürmisch umhergeworfen worden! Wie lächelnd sich ihm das Glück auch genaht, er war nicht der Mann, es an sich fesseln zu wollen — des
sein,
welches einen Platz
Nie habe ich einen Tadel über ihn aussprechen
vermag Niemand zu sagen.
setzte
seinem
wir uns klar darüber
Holte!
ist einer der liebenswürdigsten,
in
müssen
keinem Buch zu thun haben,
unzuverlässigsten und darum merk¬
er gegenwärtig Dichter, Vorleser, Schau¬
spieler oder Schauspieldirektor,
doch sah ich
Von vornherein
seine
mit Stillschweigen übergangen werden. Bei des Verfaffers lediglich praktischen Zwecken müssen wir aber von ihm Uebersichtlichkeit der Darstellung, Richtigkeit der mit Vorsicht und Be-
„Holtet! Wo ist er, „Wer weiß es! Ob
würdigsten Menschen.
allgemeine Theilnahme des Arbeit einer eingehenderen Be¬
Dieses redliche Bemühen und die
nach dem Versamm¬
jungen Dichters
reizen würde, kann
Diesen Ansprüchen ist indessen nicht durchweg genügt. Die An¬ ordnung des Büchleins, welches mit einem wohlgemeinten, aber nicht
„Markgraf Otto von Brandenburg" vom Seminardirektor Fr. W. Kritzinger beginnt, ist keine glückliche. Bunt besonders gelungenen Gedicht
durcheinander werden äußere und innere Klostergeschichte, Beschreibung
Alterthümer, Sagen, Baugeschichte der Kirche mitgetheilt, sodaß Bild von den Schicksalen des Klosters nicht zu ge¬ winnen ist. In der Auswahl des historischen Materials ist der Ver¬
der
ein übersichtliches
mit weiser Mäßigung zu Werke gegangen; ganz überflüssig für Seiten füllende Abdruck aus des Abtes Stich Gedenkbuch, betreffend die Streitigkeiten des Klosters mit Dietrich und Hans von Quitzow. Was der Schreiber des 15. Jahrhunderts in umständlicher, ermüdender Breite erzählt, ließ sich in wenige Sätze fasser
seinen Zweck ist der 9
zusammenfassen.
an Nichts gebunden sein, heute vollauf, morgen darben, so ist's ihm gerade recht. Doch wo er auch war, und was er getrieben, sein
Von thatsächliche» Unrichtigkeiten und Irrthümern erwähne ich hier folgende, mir ihre eingehendere Besprechung für einen besonderen Artikel vorbehaltend. Nicht eine Gcrichtsdeputation kommt allmonatlich
Weggehen wird stets austichtig beklagt."
von Brandenburg nach Lehnin, sondern
die Ruhe,
bas Behagen, der Ueberfluß sind ihm bald lästig.
Frei,
„Er
hätte in eine frühere Zeit gepaßt", sagte lächelnd der Baron. „Holtei hatte das Talent, sich seine Zeit zu machen, wie er sie wünschte.
Möchte,
wenn
die Last
der
Jahre den Humor herab¬
gestimmt, ihm, trotz aller Flüchtigkeit, sein nie erlahmender Fleiß ein warmes Nestchen bereiten, wo er der Erinnerung leben kann! Aus Wiedersehen, Herr Baron, morgen
— im „Clavigo"!"
(Schluß folgt.)
Literatur. Kloster Lehnin und seine Sagen.
Im
Selbstverläge des Herausgebers.
Lehnin 1876.
68 Seiten.
dem allmählichen Fortschreiten der Restaurirungsarbeiten an
der Klosterkirche zu Lehnin hat das Jntereffe auch des größeren Publi¬
für die Geschichte unserer Mark in erfreulicher Weise zugenommen.
kums an diesem werk
werden dort von einem
Im
Jahre 1262 wurde
die Kirche nicht um den im s. g. Uebergangsstil gebauten westlichen Theil verlängert; die damals stattgehabte Einweihung bezog sich viel-
in ihren jetzigen Dimensionen. Ob 1707 Seboldus noch vorhanden gewesen, ist nach der Grabstein des Abtes den vorhandene» Dokumenten mindestens zweifelhaft; sicher ist aber, daß die den Abtmord darstellenden Gemälde 1707 nicht im Refectorium des Klosters, sondern in diesem Jahre und spätestens bis 1709 in mehr auf die ganze Kirche
Stelle belegenen großen Speisesaal des kurfürst¬ Der verstümmelte Name auf dem Abtgrabstein von 1509, welcher nicht blos kunsthistorisches Jntereffe hat, kann nicht Erasmus bedeuten, weil er deutlich auf — stinns endigt. Nicht Otto IV. (mit dem Pfeil), sondern Otto V., der Lange, liegt in Lehnin begraben; dessen ebenfalls dort bestatteter Sohn Albrecht führt nicht die Bezeichnung des Dritten; Albrecht III., Bruder Otto's V., wurde allerdings auch in Lehnin beigesetzt, später aber dem an ganz anderer
Herausgegeben von Ludwig
Kritzinger, Cantor und erster Lehrer zu Lehnin.
Mit
es
Gerichtskommissar Gerichtstage abgehalten.
so
wichtigen Bau¬
Unter diesen Umständen kann ein Buch, welches knapp und kurz den Besucher auf die geschichtliche Entwickelung und Bedeutung des
Ortes aufmerksam macht, nur willkommen sein; denn nicht Jeder ist im Stande oder in der Laune, sich mit den Arbeiten Riedels, Heffters, Winters, Dohmes vertraut zu machen, und auch die vielgelesenen Schilderungen Fontane's machen einen Specialführer nicht überflüssig. Diesem Bedürfniß abzuhelfen, war früher ein Büchlein, wie ich
lichen Schlosses gehangen haben.
nach
Himnielpsort gebracht (beide Irrthümer stammen aus Heffter,
was kaum unserm Verfasser zur Entschuldigung gereichen dürfte). Friedrich's I. von Hohenzollern Leiche hat sich nie in Lehnin befunden. König Friedrich I. ließ für seine Gemahlin neben dem Jagdschloß zu
Wortes „Kuh¬ bier" von excubare ist sehr gewaltsam und sicher unzutreffend; der Schluß aus den Nahmitzer Kirchenglocken, auf ihre Herkunft, ist ge¬
Lehnin kein besonderes Haus bauen.
Die Ableitung
des
-
208
wagt. Unglücklich ist der Ausdruck, daß die Gebeine in den geöffneten Gräbern „nicht mehr in der sonst üblichen Ordnung" gelegen hatten; der Verfasser wollte sagen: in ihrer ursprünglichen, natür-
Die Wiedergabe der Inschriften auf
den beiden alten
Bildern,
welche eine diplomatisch getreue hätte sein niüffen, ist nicht zuverlässig. Die Inschrift auf den der Marienerscheinung beigegebenen Spruch¬ bändern lautet beide Male: redeatis, nichil (nicht niMI) deerit vobis. In dem längeren leoninischen Gedicht muß es Zeile 4 statt quando antecessisti heißen: quando Mt cristi; es steht Zeile 5 8iboldo, nicht Seboldo; Zeile 9 muß das et hinter iacet ausfallen.
Wünschenswert!) wäre es gewesen, wenn der Verfasser der Be¬ schreibung der noch vorhandenen Klosterbaulichkeiten und Ruinen, die
wie die Thorkapelle im Conventsgarten, und die Reste
der alten Deckenmalerei, ihrem baldigen Untergang entgegensehen, den
an vielen Orten noch leicht festzustellenden, weitreichenden alten Funda¬ menten größere Aufmerksamkeit gewidmet, wenn er aus dem in seinen
Händen befindlichen alten Plan eine Darstellung der zahlreichen Ge¬ bäude und der Gartcnanlagen,
wie
sie
noch
hundert eristirten, gegeben hätte.
Eine
welcher der Verfasser vermöge seiner
Stellung
im vergangenen Jahr¬ Jnventarisirung, zu
solche
besonders berufen war,
hätte ihm mehr Dank erworben, als beispielsweise seine Erörterungen über die
Schriften
Stellung
der Wenden zum Christenthum,
die
durchaus der
Berichtigung bedürfen. Nach allen diesen zum Theil nicht unerheblichen Ausstellungen, nebst einer Reihe häßlicher Druckfehler, eine zweite Auflage hoffentlich beseitigen wird, soll zum Schluß rühmend erwähnt werden,
welche,
1876. Verlag der Kgl. Geh. Ober-Hof¬ (R. v. Decker). Das soeben erschienene XIV. Heft, Preis 1.50 M., dieser Schriften enthält unter dem Kollektivtitel: „Berlinische Nachrichten' von Louis Schneider, eine Serie höchst interessanter Aufsätze und Schilderungen, welche lokalhistorische Begebenheiten aus der Zeit von 1661 —1698 behandeln und nicht nur einen werthvollen Beitrag für die Geschichte der Stadt Berlin, sondern auch für die Kultur¬ geschichte des deutschen Volkes bilden. Die Angabe der Ueberschriften dürfte genügen, um den Inhalt zu charakterisiren. Sie lauten: „Der brennende Marienthurm mit Kettenkugeln eingeschossen" (1661); „Berlin eine Universal-Universität" (1667); „Der große Kurfürst befährt zuerst den Mühlroser Kanal" (1668); „Brandenburg-Venetianisches Ceremoniel" (1671); „Abermals Schweden vor Berlin"
(1675); „Von Fehrbellin nach Berlin" (1675); „Ein offizielles Feuerwerk" (1676); „Raule's Hos" (1678); „Sieghafter Einzug des Kurfürsten in Dero Residenz und Festung Berlin am 2. December 1677"; „Ein tartarischer Gesandter in Berlin" (1679); „Feuers¬ brunst und Geister-Erscheinung" (1680); „Berliner Schweinezucht' (1681); „Zwei Berliner Schützenkönigs-Prätendenten" (1682); „Ehemalige Sittlichkeits-Verordnungen (1688); „Eine heimliche Prinzessinnen-Heirath" (1688); „Das alte Leipziger Thor vom Blitz getroffen" (1688); „Barfuß und Schöning" (1689); „Unruhige Schuster" (1690); „Eine Pulverthurm-Erplosion" (1691); „Eine unhöfliche polnische Prinzessin" (1694); „Eine abgebrochene SchloßOper" (1695); „Die Gräfin Salmour" (1695); „Die sich in die Elbe stürzende Spree" (1695); „Eine militärische Hinrichtung' (1698). — Noch sei bemerkt, daß diese Aussätze re. bereits in der
„Spener'schen Zeitung" erschienen sind und sich ihrer Zeit einer sehr günstigen Ausnahme und Beurtheilung von Seiten der Leser zu ersteuen hatten. chem.
Es sind dies seine, theils in wichtigen Varianten, theils in neuen Sagen bestehenden danken swerthen Beiträge zum märkischen Sagenschatz. Aus diesem Grunde, und weil es immerhin, trotz seiner Irr¬ thümer, manchen Besucher Lehnins Aufklärung und Belehrung bieten unserem Verlage ist soeben erschienen:
Die MedlalUen
—
Mit
Kurfürsten Joachim I. von Brandenburg
einem Titelbilde.
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_(R.
Berlin._
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2
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Unter Mitwirkung von Z-idicin, Thcod. I-outanc, Geh. Regier.-Rath Freiherr Dr. von Ledebur, Geh. Hofrath L. Schneider, Archidiaconus Schwebe! in Cüstrin :c. k.
'Paulus
Kassel, Stadt-Archivar
herausgegeben von
Keorge
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und
Jerdmand Weyer.
Das Blatt ist durch alle Buchhandlungen und Postämter, sowie durch die Expedition (Bahnhofftr. 1) zu beziehen. — Literarische Beiträge sind an die Verlagkhandlung von Alfred Weile in Berlin zu senden, welche sie der Redaction übermitteln wird. — Inserate, pro 3gesp. Petttzeile 25 Pfg. werden von den Herren Haasenftein u. Vogler, Rud. Mosse, Bernh. Arndt, sowie von der Verlagshandlung (Bahnhofftr. 1) entgegengenommen.
Inhalt.
Johann von Buch. Vortrag gehalten in der Sitzung des Vereins für die Geschichte Berlins, am 28. Oktober 1876, von F. Budczies. — Merian's Brandcnburgische Topographie, von vr. G. Sello. — Die Knokenhouwer Berlins, von Ferdinand Atevcr. (Fortsetzung). — Eine verlaufene Bombe (1767). — Zum Artikel von A. Hoffers in Nr. 21.
Johann von Luch. Vortrag, gehalten in der Sitzung
des
Vereins für die Geschichte Berlins, am 28. Oktober 1876, von
Wachdem früher, zum Zweck der Erläuterung einer Urkunde Ludwig's des Römers, vom 29. Oktober 1355, die allgemeinen Ver¬ hältnisse der Mark Brandenburg nach dem Absterben der anhaltinischen
Markgrafen und während
der Regierungszeit der ersten beiden Mark¬
grafen aus dem bayerischen Hause in einigen Vorträgen darzulegen
Sie mit dem Manne etwas näher bekannt zu machen, zu dessen Gunsten Markgraf Ludwig die genannte Urkunde ausstellt.*) Er wird hier einfach „der ehrbare Mann Johann von Buch" genannt, und es mangelt jede nähere Bezeichnung, die ihn von den etwa sechs gleichzeitig lebenden und den gleichen Vornamen tragenden Bnch's unterscheiden ließe. versucht wurden, ist es nun zunächst meine Aufgabe,
ausführliche Darstellung des Lebens dieses Mannes gegeben hat.
des gedruckt vorliegenden urkundlichen
stand, daß Klöden's
sachen erkennen
leisteten Dienste
sich
in
Gunst und Dank seines Landesherrn derart
er¬
warb, daß er ihn mit fast fürstlichem Besitz ausstattete. Das Andenken an diesen Namen ist schon mehrfach ansgeftischt
worden; Eichhorn, Homeyer, Kühns u. A. beschäftigen sich mehr oder ihm; vor Allem aber ist hier der um die
weniger eingehend mit
Direktor v. Klöden zu nennen, welcher als vor nun mehr 30 Jahren, im 2. Bande der vom Verein für die Geschichte der Mark Brandenburg herausgegebenen Forschungen eine märkische Geschichte hochverdiente
Arbeit in Folge früherer, falscher Datirung mancher
läßt,
schien
mir ein
genügender.
Selbstverständlich
abweichende sich geltend machen.
Johann v. Buch entstammt einem Geschlechte, das seit der Mitte
ist.
den höchsten Aemtern ge¬
einmal in kurzen
wird meine Arbeit im Großen und Ganzen sich an Klöden's Darstellung anlehnen müssen; nur hin und wieder wird eine, von dessen Auffassung
hin berühmtesten Träger dieses Namens zu thun der als Verfasser der „Gloffe „Richtsteigs" bei seinen Zeitgenossen in und des Sachsenspiegel" zum hohem Ansehn stand, und der durch die
»och
Schon allein der Um¬
Urkunde verschiedene Unrichtigkeiten in der Aufeinanderfolge der That¬
des
mit jenem Johann von Buch,
Materials,
Zügen ein Lebensbild Johann's zu entwerfen.
aus dem Zusammenhange, in dem unsere Urkunde mit einigen andern steht, ergiebt es sich auf das Unzweifelhafteste, daß wir cs hier mit haben,
Wenn
nun auch seitdem nur wenig neues Material bekannt geworden ist, so habe ich es dennoch für keine überflüssige Arbeit gehalten, ans Grund
Dennoch ist es nicht schwer, seine Persönlichkeit genau festzustellen:
dem aus lange Zeit
/iuilqics.
13. Jahrhunderts in der Altmark bekannt, und in dem in der Nähe von Tangermünde gelegenen Flecken Buch angesessen gewesen
Bisher war man allgemein der Meinung, daß
dieser
Ort
auch
die Stammheimath des Geschlechts sei; doch hat neuerdings der Archiv-
rath v. Mülverstedt in Magdeburg nachgewiesen, daß die Urheimath der Herren v. Buch nicht in der Altmark, sondern weiter südlich, in dem in der Nähe vom Eckartsberge gelegenen Orte Bucha zu suchen sei. Die hier in Thüringen noch bis zum Ende des 15. Jahrhunderts vorkommenden Buch's führen dasselbe Schildzeichen, wie die gegen Ende des 14. Jahrhunderts ausgestorbenen altmärkischen Bnch's, und Beides, die Uebereinstimmung nicht bloß des Namens, sondern vornehmlich die Wappens stellt die Zusammengehörigkeit beider Familien außer Zweifel. Dagegen ist der früher viel behauptete genealogische Zusammen¬
des
hang der altmärkischen mit der noch heute blühenden uckermärkischen
Familie von Buch, welcher letzteren der berühmte Leopold von Buch
In
derselben verpfändet der Markgraf gewisse Hebungen aus den *) Wassern bei Spandau und aus den Mühlen zu Berlin an Johann v. Buch.
entstammt, entschieden zu bestreiten, da jene einen Querbalken, einen Löwen
im Wappen führen.
diese
210
mit Gewißheit als Besitzer von Buch in der Altiuark in den Jahren 1261 — 1275 häufig genannte Johann v. Buch, — derselbe, welchen unzweifelhaft die Magdeburger Chroniken meinen, wenn sie in der Erzählung von der Auslösung des in Magdeburgifche Gefangenschaft gerathenen Mark¬ grafen Otto IV., durch den in der Kirche zu Tangermüde veruiauerten Schatz, einen „Alten v. Buch" als denjenigen nennen, der allein Kunde Bon den Söhnen dieses Johann von diesem Schatz gehabt habe. hatte der ältere, Nikolaus, der gleich seinem Vater in hochangesehener Stellung am Markgräflichen Hofe lebte, ein tragisches Geschick. Nach Das
zeichnet wird, was er, wie gesagt, erst
erste,
der
1335 wurde, macht
es
wahr¬
scheinlich, daß die Urkunde erst nach diesem Jahre ausgestellt worden
anzusehende Glied des Geschlechts, ist der
ist. — Auffallend aber bleibt es, daß nicht eine einzige Urkunde aus diesem zehnjährigen Zeitraum uns Kunde von irgend welcher Theil¬ nahme Johann s am öffentlichen Leben giebt.
Keineswegs wird er
sich eine so lange Zeit von aller öffentlichen Thätigkeit enthalten und Werk sich in die Stille und Einsamkeit zurückgezogen haben, um das
ihm hohen Ruhm und Ehre bringen sollte. Denn wenn es auch nicht blos wahrscheinlich, sondern mit einiger Sicher¬ heit zu erweisen ist, daß dasselbe in dieser Zeit seine Entstehung ge-
zu bearbeiten, das
Erzählung einiger Chronisten, namentlich des Heinr. v. Herford, Wahl König Ludwigs von Baiern
funden habe,
so sind es doch
nicht leere Worte, wenn er am Schluß
seiner Arbeit wegen der Mängel derselben um Entschuldigung bittet,
soll er durch sein Verhalten bei der
Landesherr»,
weil mancherlei Geschäfte, Kriegsfahrten, Vormundschaften, Rechtseut-
des Markgrafen Waldemar, zugezogen haben. Derselbe ließ ihn in's Gefängniß werfen und verbot bei Todesstrafe, ihm etwas Anderes, als einen Apfel, zur Speise vorzusetzen. Nikolaus soll schließlich des Hungertodes gestorben sein (Heinr. v. Herford, Ausgabe v. Potthast,
fcheidungen, Gerichtsverhandlungen und andere öffentliche Angelegen¬
und Friedrichs von Oesterreich
sich
die Ungnade seines
heiten ihn schwer belastet haben.
Das Werk selbst ist, wie schon angedeutet wurde, unter der Bezeichnung „Glosse", d. i. Erläuterung zu dem von Ecke v. Repgau im ersten Viertel des 13. Jahrhunderts verfaßten Rechtsbuche, das den Namen „Sachsenspiegel" führt, bekannt. Es steht mir nicht zu, über die Bedeutung dieses Werkes und über den Einfluß, den dasselbe seiner Zeit auf die Entwickelung des Rechts im nördlichen Deutsch¬
p. 231 u. 232). Dieser Nikolaus nun war wahrscheinlich der Vater unseres Johann und eines zweiten Sohnes, Beringar, dessen übrigens nur einmal, in einer Urkunde vom Jahre 1334 (Riedel God.
dipl. I, 7, 124), nicht ermitteln,
ge-
Wann Johann geboren ist, läßt sick) muß er bei dem Tode des Vaters schon ziemlich erwachsen gewesen sein, denn schon sechs Jahre nachher sehen wir ihn in öffentlichen An¬ gelegenheiten thätig. Er unterzeichnet jene drei Verträge mit, durch welche während der (schon früher geschilderten) Unruhen, die nach dem Tode des Markgrafen Waldemar in der Mark eingetreten waren, die Städte Stendal, Tangermünde und Werben, so wie die rittermäßigen Einsassen in der Nachbarschaft am 21. Dezember 1321 (Riedel I, 15, 74 u. I, 16, 6) eine Einigung zur Sicherheit des Landes schlossen. Freilid) steht dort Henning, nicht Johann v. Buch, aber jenes ist nur Unter derselben Namensform eine andere Form für diesen Namen. und mit derselben Bezeichung als Knappe, finden wir ihn als Zeugen in einer von der Herzogin Agnes, der Wittwe Waldemar's und nun¬ mehrigen Gemahlin Otto's von Braunsd)weig, zu Tangermünde zu Gunsten der Stadt Sandow ausgestellten Urkunde vom 23. Juni 1322 (Riedel II, 6, 55). Auck) am 27. Januar 1324 bezeugt er wiederum eine zu Tangermünde von derselben Fürstin ausgestellte Urkunde, in welcher sie Albrecht von Alvensleben mit der Bede aus einigen Dörfern dacht wird.
belehnt (I, 17, 58). Das sind auf lange hin die einzigen Spuren eines öffentlichen
Auftretens unseres Johann; während eines Zeitraums von 10 Jahren hören wir nichts mehr von ihm. Zwar findet sich im Riedelschen God. dipl. (I, 17, 479) noch eine Urkunde vom 8. Februar 1324, in welcher Kaiser Ludwig dem Johann, dem treuen Hauptmann der Mark Branden¬ burg, und seinen drei Töchtern, der willigen Dienste halber, die er dem Reiche und ihm geleistet habe und noch leisten werbe, und
feiner
Bitte
das halbe
Dorf Buch vercignet. Aber
in Erfüllung
diese Urkunde
ist
Vereignung stattgefunden, nur 14 Jahre später, am 25. Februar 1337 (I, 17, 489). Auch erhielt Johann die Würde eines Hauptmanns frühestens am 16. Oktober 1335, als er sich im Gefolge des Markgrafen Ludwig am Kaiserlichen Hofe offenbar gefälscht.
Allerdings hat
land gehabt hat, miä) irgendwie zu äußern; ich begnüge mich damit, das in der Kürze wiederzugeben, was der Verfasser selber, sowohl über die Entstehung, wie über den Zweck seines Werkes und über die Grund¬
doch
diese
ihn bei Abfassung derselben geleitet haben, in der poetischen Vorrede ausgesprochen hat. Herzog Otto von Braunschweig, sagt er,
sätze, die
habe ihn zur Abfassung des Werkes aufgefordert,
ebenso die
Rittter
Konrad und Siegfried von Buch, die er späterhin die Brüder seines Vaters nennt; sein Bestreben fei gewesen, die Rechtslehren mit dem j
;
Herkommen in Uebereinstimmung zu bringen und zu einem richtigen Verständniß des Sachsenspiegels anzuleiten. — Daß auch der mit der
„Glosse" in Verbindung stehende „Richtsteig" \
!
des Landrechts,
„Scheve-
klod" genannt, unsern Johann zum Verfasser habe, ergiebt sich nicht blos aus den Schlußworten der eben erwähnten Vorrede, sondern auch aus dem Prolog zum „Richtsteig", in welchem er sagt, daß seine Vettern, Herr Kurd und Herr Siewert v. Buch, ihn gebeten hätten, ihnen eine schlichte Lehre für ihr Verhalten als Richter zu geben; sie wollten keine Beweise, keine Begründung der Rechtsgrundsätze, das
im Sachsenspiegel und in dem Apparat der Glossen, den er, Johann, darüber gemacht habe. Mit dem Jahre 1334 beginnt nun in dem Lebeusgange Johann's ein neuer Abschnitt; er ist, aus welck)er Veranlassung bleibt uner¬ sichtlich, in den Dienst des Markgrafen Ludwig von Brandenburg ein¬ getreten, als dessen „lieber getreuer Heimlicher". Er nahm damit eine Stellung ein, die in den lateinischen Urkunden jener Zeit mit dem Worte Zoorstarius bezeichnet wirb, nach unserer jetzigen Beamtenscala aber mit der eines Wirklichen Geheimen Raths oder eines Ministers zu vergleichen sein dürfte. Die erste Urkunde, die ihn uns in seiner neuen Stellung und zugleich auch in der inzwischen erworbenen Ritter¬ würde zeigt, ist aus Prenzlau, vom 3. März 1334, datirt (Riedel II, 2, 85). Sie giebt uns Nachricht von einer zwischen dem Markgrafen hätten
|
sie
Alles
schon
zu Nürnberg befand.
und Johann stattgehabten und für den letzteren äußerst wichtigen Ver¬ handlung. Wir erinnern uns, daß Kaiser Ludwig, mittelst Urkunde
der Urkunde
vom 4.
Uebrigcus macht schon Riedel bei Mittheilung darauf aufmerksam, daß hier eine Fälschung vorliege: das dem Pergamente angehängte Siegel fei allem Anschein nach zwar echt, der Coutext der Urkunde verrathe aber durch Form und Inhalt, ebenso wie die Schrift, daß sie in einer spätere» Zeit, etwa in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts angefertigt sein müffe. Eine andere von Riedel (II, 2, 73) mitgetheilte und dem Leipziger Copialbuche der Vogtei Havelberg entnommene Urkunde, ohne Ort und Datum,
ist von ihm irrthümlich mit der Jahreszahl 1332 versehen worden.
Schon allein der Umstand, daß Johann darin als Hauptmann
be¬
Mai 1323,
abgedruckt
in unserm
Urkundenbuche, dem Herzog
Otto von Braunschweig und dessen Gemahlin Agnes, für die Summe von 2000 Mark, einen diesem.Werthe entsprechenden, beliebig auszuwählenden Landestheil — Berlin ausgenommen — als Pfandbesitz versprochen hatte. Es fehlt der directe urkundliche Nachweis, welche Gegend Otto gewählt habe; indessen ist anzunehmen, daß er eine solche vorgezogen haben werde, die dem Leibgedinge seiner Gemahlin, Stendal, Tanger¬ münde :c. nahe lag. Aus der citirten Urkunde erfahren wir nun, daß Herzog Otto seiner Zeit das Land Jerichow als Pfandobjekt ausgewählt
211
-
habe; zugleich hören wir, daß Johann v. Buch dasselbe aus eigenen
aufeinander folgenden Jahren an fast denselben Tagen in Kyritz an¬
Mitteln um 2000 Mark Silber
wesend gewesen sein sollen.
Bemerkenswerth ist übrigens dieser Revers Johann hier in einer neuen Würde erscheint: er nennt sich Hoferichter des Markgrafen, während er in der Belehnungöurkunde vom 3. März blos „Heimlicher, Secretarius", genannt wird. (Schluß folgt.)
wieder eingelöst, und Markgraf Ludwig
verpfändet ihm nun Haus, Weichbild und das Land Jerichow; doch
noch dadurch,
be¬
hält er sich vor, dasfelbe für eine geringere Summe, nämlich für 1700 Mk. wieder zurückzukaufen, ja sogar für nur 1200 Mk., falls Johann ohne Lehnserben absterben sollte. Johann erhält übrigens das- Recht, den ritterlichen Mannen ihre Lehen zu ertheilen und in dem Falle sie auszukaufen, wenn sie von ihm, dem ihnen Gleich¬ stehenden, die Belehnung nicht in Empfang nehmen wollten. Das Amt, das Johann übernommen, machte es nothwendig, daß er stets sich in der Nähe des Fürsten befand; und so sehen wir ihn im Gefolge feines Herrn, der nach damaliger Sitte Regiernngs- oder Verwaltungsgeschäfte fast immer an Ort und Stelle abmachte, das
Merian's Srandenburgische Topographie. Von Dr.
die Entwickelung der gesammten europäischen Geistes- und Lebensver¬
hältnisse. Abgesehen von den großen Errungenschaften auf politischem und religiösem Gebiet, von den ftaunenerregendcn, neue Bahnen weisenden Leistungen in Kunst und Wissenschaft, von den großartigen Erfindungen in
von seiner Theilnahme an den Regierungsgeschäften.
ihn allerdings nur unter den Zeugen einer Ver¬ handlung, obgleich er, zufolge feiner Stellung, den bedeutendsten An¬ theil daran gehabt haben mochte. Hier sollen nun, um den Rahmen dieser Skizze nicht zu weit zu spannen, alle diejenigen Urkunden, in denen er nur als Zeuge erscheint, unerwähnt bleiben. Gegen das Ende des Jahres finden wir ihn wieder in der Ucker¬ mark, in Templin; am 9. November nimmt hier Markgraf Ludwig, auf Johanu's Empfehlung und Fürsprache, den Johann v. Wanzleben mit feinen Vesten in feinen Dienst und Schutz (Riedel II, 2, 91 u. I, 6, 455). Klöden führt irrthümlich diese Urkunde erst später, unterm 28. September 1335, auf. Vier Wochen darauf ist Johann in Brandenburg, woselbst der Markgraf ihm und seinem Bruder Beringar sowie dem Dietrich von Kerkow, mittelst Urkunde vom 10. Dezember (Riedel I, 7, 124), das Dorf Garditz, frei von allem Dienst, als Lehen übergiebt. Auch eine Tochter Johann's, Elisabeth, empfängt eine Gnadenbezeigung, indem der Markgraf ihr, durch Urkunde vom
Häufig nennen
den Besitz einiger Hebungen
von Braunschweig zur gesammten Hand zu Lehen
(Riedel zember,
I, 17, 483). An in Bezug auf
dung des
allen Zweigen der Industrie, von den für Handel und Gewerbe folgen¬ schweren geographischen Entdeckungen, zeigte sich in allen Kreisen der
sie
in der Nähe der Elbe, im Betrage von 30 Stücken, die ihr von dem Ritter Rudolf v. Wedel überlassen worden waren, bestätigt (Riedel I, 17, 483). Am 22. De¬ zember ist Johann im Gefolge des Markgrafen in Kyritz. Er erhält hier, und mit ihm Gerhard v. Kerkow, vom Markgrafen ein Bestäti¬ gung über den Besitz derjenigen Güter, welche sie vom Herzog Otto gleichen Tage,
demselben
Ort
erhalten
haben
stellte Johann am 26. De¬
März an ihn erfolgte Verpfän¬ Landes Jerichow, einen Revers aus, in welchem die Be¬ die unterm 3.
Gesellschaft eine Rührigkeit und Thätigkeit, eine Freude am Leben, ein ernstes Interesse
für alle Erscheinungsformen
hundert vorher geherrscht hatte. ist eine
Was uns besonders in's Auge fällt,
lebhafte Theilnahme an der Natur,
!
landschaftliche Skizzen getreu nach der
zu fertigen, anspruchslose
eines Löwen oder Rhinozeros, in Holzschnitt unter dem Volke zu verbreiten. Ueberall zugleich ein reger Eifer für das Sammeln von Natur¬ merkwürdigkeiten, und in Folge dessen ein großer Aufschwung der be¬ Au liebevollem Vertiefen in das Leben schreibenden Naturgeschichte. der
Natur in ihren
kleinsten und unscheinbarsten Erscheinungen,
an
sorgsamer, wenn auch bisweilen noch ungeschickter, aber deswegen nicht
weniger anheimelnder Wiedergabe des Beobachteten in kann
mit
sich keiner der
dem
messen,
Bild
und
Schrift,
alten und kaum einer der neueren Naturkundigeu
was einfache Männer, wie Fuchs und Bock, im
16. Jahrhundert auf diesem Gebiet geleistet haben.
In
eigenen Vaterlande umzusehen.
Folge dieser Freude an der Natur, unterstützt durch den
die nicht bloß
sich
sich
überall eine seltene Reiselust,
in fremde Länder strebte, sondern
auch
trieb,
sich
im
Kaufleute durchzogen Deutschland, um auf den Messen der großen Handelsstädte ihre Geschäfte zu betreiben, und zugleich anderer Gegen¬ den Sitten kennen zu lernen; Künstler und Gelehrte wanderten bald hier- bald dorthin, dem Ruf einer Universität oder eines fürstlichen Gönners folgend; fahrende Schüler und Studenten pilgerten jauchzend und singend von einer Stadt, von einer Schule zur andern; auf allen
beginnende Jahresrechnung angewendet worden sei; wäre dies nicht der
Straßen
Fall, dann wäre die natürliche Folge der Thatsachen verkehrt und der Revers drei Monate früher ausgestellt worden, ehe die Verpfändung erfolgt war. Zuerst geschah die Verpfändung, darauf folgte die Aus¬
herrschte das regste Leben.
sich auch aus dem Wortlaut des — dat ik gelost hebbe — unde dat letztem: Dant tu Jerichowe — ik tu lehne hebbe von deme Margreuer Ludowicb etc. Auch ist nicht zu übersehen, daß der Markgraf und sein Diener schon am 22. Dezember in Kyritz anwesend waren, und es ist auch die Annahme, daß beide dort in demselben Jahre einen mehrtägigem Aufenthalt hintereinander genommen, viel wahrscheinlicher, als die, daß sie in zwei
Natur
Ungeheuers,
1333. Er geht davon aus, daß in jener Zeit in der Mark der Jahresanfang am Weihnachtsfeste stattgefunden habe, so daß also eine
stellung des Reverses, das ergiebt
sowohl dem
sie
Repräsentanten der heimischen Fauna, ein Rebhuhn, ein Kaninchen sorgfältig nachzubilden, oder das Abbild irgend eines ausländischen
mächtig hebenden Wohlstand, regte
Jahr beginnenden Zeit¬ rechnung, noch in das vorhergehende, 1333. Jahr gesetzt werden müsse. Dem ist indeß zu entgegnen, daß die mit dem Weihnachtsfeste be¬ ginnende Jahresrechnung nicht allgemein Anwendung fand; in dem vorliegenden Falle ist der Beweis leicht, daß die mit dem I. Januar
wie
Alterthum, als dem Mittelalter völlig fremd gewesen war. Die Landschaftsmalcrei nimmt ihren Anfang. Große Meister auf dem Gebiet der Historien- und Portraitmalerei (die man bisher für die einzig berechtigten selbständigen Zweige der ars Apellea gehalten hatte), wie Dürer, verschmähten es nicht, auf ihren Wanderungen allerlei klassischen
dingungen, unter denen dieselbe stattgefunden, noch einmal aufgefrischt II, 2, 95). Klöden setzt diese Urkunde in das Jahr
unserer, erst mit dem 1. Januar das neue
desselben, welches wohl¬
absticht gegen den mystischen Quietismus auf der einen, die schrankenlose Liederlichkeit auf der andern Seite, wie sie in dem Jahr¬
thuend
werden (Riedel
Urkunde, welche das Datum vom 26. Dezember 1334 trage, nach
(ß. Seite.
Das 16. Jahrhundert war von einer seltenen Fruchtbarkeit für
Land von einem Ende zum andern durchziehen, und hunderte von 11rkünden zeugen
daß
des
deutschen Reiches,
so
schlecht
sie
auch sein
mochten,
Eine natürliche Folge davon, im Verein mit der durch Gutenberg's Erfindung geweckten allgemeinen Schreib- und Leselust, war, daß Künstler und Schriftsteller sich zusammenthaten, um denen, welche von weiter, mühseliger Reise heimgekehrt waren,
Bild
eine
Erinnerung an das
eben
denen, welche zu reisen beabsichtigten,
in Wort und
Durchlebte zu gewähren,
und
eine Anleitung und eine Vor¬
bereitung auf das zu Schauende zu gewähren. Zu den ersten Unter¬ Art gehört in gewissem Sinne die berühmte, in
nehmungen dieser
Nürnberg
erschienene
Weltchronik Dr. Hartmann Schedel's,
deren
212
Bilder, unter welchen die Städteansichten eine besondere Erwähnung verdienen, in der Werkstatt von Dürer's Lehrer, Wolgemuth, entstan¬ Den größten Ruhm aber hat sich der in das Ende der eben den. Basel
Sprüchwort) nach Pommern, Schweden, Preußen und Liefland aus¬ geführt, weswegen man sang: de Lteudaler trinken gerne win,
Kupferstecher
wobei freilich dahingestellt bleiben muß, ob darunter Landwein oder
(geb. 1593, gest. 1651) durch seine, alle Gaue Deutschlands umfassenden, reich mit Städteansichten geschmückten
würdigkeiten mittheilt, kulturhistorische und gewerbsstatistische Notizen
importirter gemeint sei. Ans dem 16. und 17. Jahrhundert haben wir ausführliche Weinmeister-Ordnungen unserer Kurfürsten, und noch aus dem vorigen Jahrhundert wird berichtet, daß um Potsdam ein „zimblicher" Wein wachse, der oft und namentlich, wie Beckmann angiebt, der rothe, »ach Hamburg verschickt werde. Ja, ein glaub¬ würdiger älterer Mann hat mir versichert, daß in seiner Jugend die Werderschen Weinbauern den von ihnen gekelterten Wein regelmäßig in großen Quantitäten an Berliner Weinhändler verkauft hätten. Ob übrigens das, was eine hübsche Anekdote von der Vortrefflichkeit
giebt, hier und da auch wohl nachweist, wo man Unterkommen findet und wie man von einem Ort zum andern gelangt.
des Potsdamer Landweins erzählt, welcher seit den Zeiten des großen Kurfürsten in den Kellern unter der Heil. Geistkirche zu Potsdam
geschilderten
Periode
ans
fallende,
gebürtige
Matthias Merlan sen.
Topographien erworben. Der Tert zu denselben ist noch ein recht dürftiger, selten auf eigener Beobachtung, meistens aus Mittheilungen
dritter Personen oder lokalhistorischen Werken beruhend; der Schwer¬ punkt liegt eben in den Bildern. Und doch kann der fleißige Heraus¬ geber insofern ein Vorgänger Bädecker's genannt
jedem einigermaßen bedeutenden
Ort
werden, als er von
Geschichte
die
und die Merk¬
Uns interessirt hier vornehmlich seine
„Topograpliia electoratus Brandenburgici et ducatus Pomeraniae,
d.
nembsten und bekantisten
i. Beschreibung der vorund Plätz in dem
Stätte
hochlöblichsten Churfürstenthnm und Mark Bran¬ denburg und dem Herzogtum Pommern." Das Buch (der 13. Band in der ganzen Reihenfolge der To¬ pographien; der Tert ist, Beckmann' s Angabe zufolge, von dem Ulmer Gymnasiallehrer Martin Zeller verfaßt), nach dem Tode des älteren Merlan erschienen und Friedrich Wilhelm dem großen Kurfürsten ge¬ widmet, welcher, der Vorrede zufolge, den Herausgebern des Buches mancherlei Hülfe und
Vorschub
hatte angedeihen lassen, ist datirt
vom Jahre 1652, und behandelt die Ortschaften Brandenburgs und
Pommerns promiseue nach dem Alphabet,
sowie
in zwei getrennten
Anhängen Preußen und Pomerellen und Liefland. Die beigefügten Karten sind sehr mangelhaft — so liegt nach der von Brandenburg,
Pommern und Mecklenburg beispielsweise Potsdam (Potstain) auf dem linken Havelufer, und bei Welmsdorff (Wilmersdorf) ist ein großes Dorf Grünewald verzeichnet. Die häufig blattgroßen Kupferstiche
dagegen
—
zum Theil
Maler Matthias Merlan jun. und (so,
nicht Georg,
schreibt er
sich
von
dem
dem
nicht unberühmten
Ingenieur Johann Gregor
selbst) Memmhardt
— sind von
Werth. Was mir in diesen Beschreibungen märkischer Städte des allge¬ meinen Interesses werth schien, theile ich im Folgenden mit, und füge Notizen und Erläuterungen hinzu, wie sie sich aus der Natur des
dem größten künstlerischen
Gegenstandes ergeben.
Zuerst einige allgemeine Bemerkungen über das Land und seine Bewohner, für welche als Quelle Welch. Nehel, ebrouograpb. decennalis, angegeben ist:
„Die Alte-Marck ist noch zimblich fruchtbar, ingemein aber hat die Marck, und was derselben anhängig, leichten Acker¬ bau, jedoch ist er mehrentheils sogut, daß er den Haußwirt nickst verderben last.
ohne
was
von
Die Nutzung
Schäffercyen
der Viehzucht ist schlecht,
kompt.
Der Weinwachs
bei
Frankfurt, umb Berlin und Brandenburg gehet wol hin; von dem Alt-Märkischen aber hat man das Sprichwort: Vimtm auß der Alten-Mark calefacit ut Quarck. " An einer anderen Stelle des Buches wird der Weinbau bei Werder rühmend erwähnt, doch meint Beckmann, daß der Potsdamer bester gewesen sei; im Allgemeinen galt aber das Sprüchwort: virmm de Älarelriea terra transit guttur tamquam serra. Daß der
Weinbau in der Mark seit Albrecht d. B. und vornehmlich durch die Bemühungen der Lehniner Mönche, welche zweifelsohne zuerst die Werderschen Wein- und Obstgärten in Cultur nahmen, und überhaupt in Norddeutschland früher eine große Rolle gespielt hat, ist bekannt; der Stendaler Wein wurde sogar (entgegen dem oben mitgetheilten
lagerte, und von Friedriä) Wilhelm I. an seine Grenadiere verschenkt wurde, nur damit man nicht sagen könne, er finge an aus Geiz
Landwein zu trinken, in Wahrheit beruht, bin ich nicht im Stande
Qualität des in früheren Zeiten berich¬
zu entscheiden; was sonst zuverlässige Quellen über die
meisten in Deutschland gewonnenen Weines
ten,
tautet
eben
nicht
verlockend,
wenn
auch
meint,
Beckmann
namentlich der weiße Potsdamer Wein komme, wenn er lange liege,
Sorten gleich. Sonst standen die Marken in keinem besonderen Ansehen, wie die alten Leoninischen Hexameter bekunden, welche u. A. Gräße in seinem Sagenbuche des preußischen Staates mittheilt: Pisces, languores, Schorst, febres atque dolores, Strohdach, Knappeasei sunt hic in Marchia multi; Et si videres nostras glaucas mulieres, Kobiscum fleres, si quid pietatis haberes, Neque venires ad nos, quia sumus in insula Patbmos, Et caveas tibi, quia Grützwurst est etiam ibi. dem Frankenweine und anderen ausländischen
Als modernes Seitenstück dazu, setze ich einige Zeilen aus Göthe's „Musen und Grazien in der Mark" hierher: Liebes Mädchen! laß uns waten, Waten noch durch diesen Quark.
Dann im Sand uns zu verlieren, Der uns keinen Weg versperrt! Dich den Anger hinzuführen, Wo der Dorn das Röckchen zerrt! Zu dem Dörfchen laß uns schleichen Mit dem spitzen Thurme hier; Welch ein Wirthshaus sondergleichen! Trocknes Brod und saures Bier!
Selbst die Wissenschaft verlieret Nichts an ihrem raschen Laus, Denn bei uns, was vegetiret, Alles keimt getrocknet auf.
„Die Märcker,
so
fährt unser Gewährsmann fort,
seynd
gemeiniglich gutthätig und diensthasttig, sonst aber thumbkühn."
Daran anschließend citirt er aber das Urtheil eines Reisenden aus der Zeit vor dem 30jährigen Kriege, in welchem unsere Lands¬ leute übel wegkommen:
„Die
Lenthe,
sonderlich
in
unanrichtiz, daß sie ihnen Fisch- und Wildpretreichthum wissen.
Es
daß sie den
Flecken und diese
Dörffern,
seyen
herrliche Gelegenheit
so
(den
des Landes) nit nutz zu machen in etlichen Dörffern so freygebige Wirth, Gästen die Suppen mit Wasser schmelzten, und
gebe
wenn sie Eyer sötten,
wer ein frisches
die Brühe um Gotteswillen
Stroh zu
geben;
seinem Nachtläger haben könne, der
mög sich glückseelig schätzen und für einen großen Herren halten." Dazu paßt vorzüglich die humoristische Beschreibung, welche Luther in seinen Tischgesprächen von der Gastfreundschaft der Nord¬ deutschen giebt:
„ Sachsen ist gar unfreundlich und unhöfflich, da man weder
gute Wort noch zu
nicht,
wat
ick
gibt; sagen: Ave Gast, Ick weit geven soll, dat Wis ist nicht
essen
ju to
eten
Laheime. Ick kan jhu nicht Herbergen." Zur Erläuterung der den Märkern vorgeworfenen „Thumbkühnheit" gebe ich die Worte eines Recesses Joachims II., vom Jahre 1536: „was belanget die muthwilligen mord- und Totschläge, so in vielen Ortern, (welches wohl zu erbarmen) der Mark zu
Brandenburg durch
Adel unterlängst
den
sich
Bei Bernau (mit Stich von Caspar Merian) wird das „über¬ aus herrliche" Bier erwähnt, welches, nach einer Lokalsage, bereits Albrecht d. B. so vortrefflich gemundet haben soll, daß er den Bau der Stadt beschloß, und über das Beckmann ein langes Lobgedicht mittheilt, in welchem es u. A. heißt: , Dich muß billig jeder loben, O du edler Nektarsaft, Denn durch deine Wunderproben Wird verdoppelt Geist und Kraft. Mancher wär vor 20 Jahren Schon in Nobis Krug gefahren, Wenn er dich nicht brav gelecket Und den Tod so abgeschrecket. (Schluß folgt.)
begeben und
geschehen."
Wenig Rühmens weiß auch Abt Tritheim von den Märkern zu machen:
„sie seien zwar gute unb des Gottesdienstes geflissene, iedoch dem
Müßigang und Trunk
ergebene, auch großentheils rohe und
Die Lnokenhomver Berlins.
ungelehrte Leute."
Zu den einzelnen „Stätten und Plätzen" übergehend, billig mit Berlin den Ansang, von dem es heißt:
„Es seynd da die Häuser aus die Art mit den Bänken vor den Thüren gebaut."
wie zu Spandau,
Spandau folgen:
„Die Stadt ist
schlecht (d. h. einfach), hat ist umbs Jahr 1605 fast kein Haus
von Gebäuen
grosse lange Gassen und
allhie gewesen, da nicht vor der Thür zwo Bänke mit Lehnen, die Länge heraußgebauet, gestanden daß auch vier und sünff Personen auff jeder haben sitzen können."
Eine andere Sitte aus alter Zeit ist die des Umzuges von vor¬ züglichem, mit Kränzen und Bändern geschmückten Rindvieh durch die Stadt. Entweder ist es der Jungmeister, welcher sein Meisterstück daran ablegen will, oder es geschieht hin und wieder, um dem kaufenden
Publikum
zu zeigen, welch' auserlesenes
schlachtet.
Diese
wird dann fortgefahren: seynd alle mit Gibeln vornen herauß und die Gassen daran breit und sauber. Es ist diese Stadt nicht sonderlich groß, und ist von schlechten Gebäuen." Das Schloß in Cöln wird ausführlich, als „zimlich regalisch und weitläufftig, mit viel inventionen und Schlitten, mit welchen man biß für die Losamenter hinauf¬ fahren kann", beschrieben; der große Saal im Schloß wird verglichen mit dem Saal in Padua und dem berühmten, nunmehr leider verschwundenen Lusthaus in Stuttgart: „Alles am Dachstuhl hangend." Die große Anzahl der dort befindlichen Lucas Cranach'schen Gemälde wird rühmend erwähnt, und der daselbst erscheinenden weißen Frau gedacht. Dieselbe sei auch im December 1626 in einem weiblichem Frauen-Habit erschienen (ich habe dieses Jahr sonst nicht
„Die Häuser
angemerkt gefunden; sollte eine Verwechselung mit dem 1. December
1619 vorliegen, da die nächste Erscheinung erst in das Jahr 1667
„Yeni, werden
Prcuß. folgen¬
„es sind drey grosse Linden, welche vor einer Kirchen nach einander stehen, die den ganzen Platz, so 90
breit,
Vieh
der betreffende
Meister
an die großartigen Feste des Mittel¬
nachdem man zuvor die Thiere
mit Pauken- und Trompetenschall
durch
die Straßen geführt.
Eine Vergleichung fahren mit dem
dea
des
Fleischconsums unserer damaligen Vor¬
Jetztzeit, führt zu ganz abnormen Resultaten.
Im
Jahre 1397 waren in Berlin 46 Schlächter und drei Wurst¬ in Kölln deren acht. Die Ersteren zahlten jeder 24 Schillinge oder, nach heutigem Gelde, 86 Mk. 40 Ps. Gewerks¬ zins; die köllnischen dagegen 92 Mk. 80 Ps. und die Wurstmacher je 108 Mk. Dies läßt, nach Klöden, aus einen Reingewinn von jährlich 167,770 Thlr. und, nur zu 10 Procent des Kapitals an¬ geschlagen, auf den enormen Umsatz von 1,677,600 Thlr. bei einer Bevölkerung von etwa nur 8000 Köpfen schließen. Während der macher vorhanden,
jetzige Fleisch-Consum,
nach einer Durchschnittsberechnung der letzten
Jahre, sich täglich pro Kops aus */* Pfd. herausgestellt, betrug derselbe damals drei Pfund pro Tag und Kopf. Noch im Jahre 1515 verordnete der Rath in Frankfurt, daß acht
wenn ein Bäckermeister seinen Gesellen zur Mühle schickte, um dort zu mahlen, er demselben pro Tag 4 Psd. Fleisch, 8 Quart Bier und für 4 Pfennige Brot mitgeben sollte. Bei diesem enormen Verbrauch sind allerdings auch die billigen Fleischpreise in Anschlag zu bringen, welche um die Mitte des 14. Jahr¬ hunderts in Nürnberg für 1 Pfund Rind-, Schaf- und Kalbfleisch zwei Heller, für Schweinefleisch 2'/z Heller betrugen; in Bremen galt zwischen 1405 bis 1410 ein ganzes Lamm 3 und ein Schinken
Um den Werth dieser Preise im Verhältniß der Arbeit zum Lohn kennen zu lernen, sei nur angeführt, daß ein Maurergeselle in der letzteren Stadt 2 Grot Tagelohn erhielt, der Verdienst desselben 2 Grot.
dermaßen beschrieben:
und 20
Sitte erinnert
alters, bei denen auf offenem Markte ganze Ochsen gebraten wurden,
Mit Berlin
fällt?) und habe, während sie sonst stumm gewesen, gesprochen: indica vivos et mortuos." Als Wahrzeichen beider Städte die drei Brüderlinden auf dem Heil. Geistkirchhofe (es. Grüße, Sagenh. I. Nr. 24, Kuhn, Märk. S. Nr. 116) erwähnt und
Meiner,
(Fortsetzung.)
Um dies zu erklären, möge gleich die entsprechende Stelle aus dem Bericht über
Von Fcräinllnä
mache ich
bedecken,
welche
an
Schritt lang
vielen Orthen,
Alters
halber, mit Ketten gebunden seyn, auf einem hultzern Gerüste
ruhen und unter solchen an die Kirchen ein Predigstul und
viel Bäncke herumb." Der zugehörige, von Memmhardt gezeichnete Plan zeigt bei der Heil. Geistkirche 8 große Bäume. Als Abbildungen sind außerdem beigegeben eine vortreffliche Ansicht von Cöln, von den Linden aus (die Abbildung des Doms in dieser Zeitschrift I. x. 5. ist eine Copie danach) und Vorder- und Hinterstont des Lusthauses im Lustgarten; letzteres Blatt ist ebenfalls von der Hand Memhard's, der zugleich Erbauer dieses Lusthauses war.
also einen Schinken pro Tag repräsentirtc.
Nach der Fleischerordnung vom Jahre 1656 galt ein Pfund Rind¬
Qualität, 7 bis 10 gute Pfennige, das Pfund Hammelund Schweinefleisch einen Groschen, Kalbfleisch Pf., gute 9 Pfennige. Wer sechs Pfund Rindfleisch kaufte, sollte einen halben Fuß, gewogen, dazu nehmen. fleisch, je nach der Leber 5
Die Taxnormen wurden durch obrigkeitliches Probeschlachten fest¬ So am 6. Juli 1772, auf Vorstellung des Schlächtergewerks. Von den auf dem Breslauer Johannismarkt für das hiesige Gewerk eingekauften 411 Stück Ochsen wurden von Seiten des Königlichen Polizei-Directoriums vier der schwersten und besten, vom Gewerk da¬ gestellt.
gegen vier der geringsten Ochsen ausgezeichnet, gesiegelt und nach dem
Berliner Rathhause gebracht, wo dieselben im Beisein
des
Königl.
I
Spree, geben hiermit allen und jeden Scharn- und zugelaffeneu FreySchlächtern, auch denen sonsten solches zuwissen von Nöthen, zu ver¬
Geh. Kriegsraths Philipp: und eines vom Gouvernement kommandirten Majors geschlachtet und gewogen wurden. Es ergab sich ein Durch-
nehmen:
schnittsquantuin von 525% Pfd. pro Ochsen, und nach Abzug der Haut mit 2% Thlr., der Steuern und des Schlachtgroschens, kostete
größerer Taxa,
dem Schlächter das
Pfund Fleisch 20 Pfennige.
Hinzu wurden
ge¬
Nach
welcher gestalt
in
Klagten vorgegangen, beyden Städten nicht allein das Fleisch in
zeithero
dem diesen
als wie
allerhand
es wöchentlich
von den verordueten Schatz-
Herren gewürdiget, und auff der Tafel angehänget worden, verkaufft, sondern auch
den Leuten
allerhand Zulagen, welche
sie
dem Fleische
Kalb- und
rechnet: sein und der Seinigen Unterhalt, Gesindelohn und Kost, zur
gleich bezahlen müssen, auff gedrungen, und wann sie das
Abtragung der bürgerlichen Lasten, au Futter und Hüterlohn auf jedes
Hammelfleisch an Pfunden kauffen wollen, ihnen solches versaget würde:
Pfund 3 Pfennige, festsetzte.
2
Sgr.,
Im Güte
so daß die
Taxe
für
ein Pfund Rindfleisch 23
Pf.
Nach denselben Verhältniffen wurde das Hammelfleisch auf Schweinefleisch auf
Jahre 1835
2% Sgr.
kostete
pro Pfund berechnet.
das Pfund Rindfleisch von besonderer
2% Sgr.
Bei keiner anderen Profession fanden wohl so viel Streitigkeiten und Reibungen mit der Obrigkeit statt, als bei den Schlächtern. Und dies aus naheliegenden, natürlichen Gründen. Die fortwährende Be¬ rührung zwischen Producenten und Consumenten, zwischen Verkäufern und Käufern bei deni in unseren nordischen Gegenden wichtigsten Nahrungsmittel machte es nothwendig, daß die Behörde bald beauf¬ sichtigend, bald prüfend und strafend einschritt. Groß ist die Zahl der hieraus bezüglichen Gesetze und Verordnungen; sie speciell bis zu der Altväter Zeiten auszubeuten, kann nicht unsere Aufgabe sein; nur
Uns aber, als der ordentlichen Obrigkeit dieser beyden Städte, zu Er¬ haltung guter Policey und Ordnung obligen wil, solchen allen bei
So haben wir vor nötig, erachtet, die in anno 1623 gemachte Fleischer-Ordnung zu revidiren, und dieselbe durch öffent¬ lichen Druck absonderlich Krafft dieses zu publiciren.
zeiten zu remediren:
Wollen demnach daß diejenige, so sich des kauff und verkauffen in diesen Städten gebrauchen, alle demselben was in folgender Ordnung gesetzet schuldigst nachleben, und sich darnach in Verkauff und Kauffung des Fleisches achten, oder in Verbleibung dessen ernster animaäversion und Abstraffung gewärtig sein sollen. Dann do einer oder der ander, unter diesen Vorwandt, sampt
des Fleisches
ihme ja frey stände,
ob er das Fleisch wegen
lasten,
vor das Fleisch bieten und geben, auch wir jedesmal nach
einige der wichtigsten und Bruchstücke von besonderem Interesse mögen
als in dieser Ordnung
hier folgen.
also den Fleischern wieder diese Ordnung (welche
Des Eides der Kuochenhauer, wenn sie das Werk gewonnen, ist bereits Erwähnung geschehen. Dann folgt das Fleisch-Statut für die Juden, vom 7. April 1343, nach welchem die Schlächter von jenen nicht beeinträchtigt werden sollen. Dasselbe beginnt, weit ausholend: „Aristoteles schrivet in dem irsten Bote von der stederegirunge (äe republica), also dat niensche
gelegenheit zu verbessern, zu mindern,
ist aller Dyrren (Thiere) dat beste, dat sick dem Gesetz gebrüket (bedient); so is dat aller ergste mensche, dat von der Gerechtigkeit is geschieden :c." Nach diesem Statut sollten die Juden den Viehhänd¬ lern nicht entgegen gehen, sondern das Schlachtvieh auf offenem Markte kaufen; weder übelriechendes, noch Fleisch von zu altem, zu jungem — bei den rituellen oder zu mageren: Vieh verkaufen. Die Hinterviertel — durften von ihnen nur im ausgeschlossen Israeliten vom Genuß Ganzen veräußert werden, ebenso
war den Käufern derselben verboten,
oder über das
Gewichte dem Verkäuffer ein mehres dafür geben wolte, dieser Ord¬ nung zu wieder, das Fleisch ungewogen nehmen, oder ein mehrers, gesetzet,
und zu mehren uns hiermit
vorbehalten haben wollen) zu handeln Anlaß geben würde, sol dem¬ selben ohne Ansehen der Person das Fleisch von den Dienern ge¬ nommen, im Hospital gesand, und der Verkäuffer und Käuffer exem-
plariter abgestrafet werden. Wird sich dannenhero ein jeder hiernach zu achten, und vor Schaden zu hüten wissen.
Sollen die Fleischer in beyden Städten darauff bedacht sein, daß sie die Bürger und Einwohner mit gutem Fleisch versorgen, und kein Mangel erfunden werde. §. 2. Sollen alle Fleischer, ob sie gleich Hoffraum genung hätten, denoch ihre Viehe auf dem Schlachthause, und zum wenigsten ein §. 1.
jeder alle 14 Tage einen Ochsen schlachten.
Sollen die Fleischer gut srisch und gesund Viehe, keines §. 3. weges aber Bezogen und Trächtig: Item: Pockende Viehe: Weniger
das Fleisch mit Andern zu theilen. — Um die Güte des Fleisches überhaupt controliren zu können, durfte daffelbe nur in den Scharren ausgelegt werden; that dies ein Anderer, so verfiel er in 21 Schillinge Strafe, von denen die Stadt Eine Ausnahme fand nur zur dem Gewerke ein Drittel überließ.
Kälber, so tolle Kühe gesogen, schlachten, noch in die Scharnen bringen bei Verlust des Meister-Rechts: Und weil den Winter über das Zucht Viehe meisteutheils Trächtig: Als soll von Nicolai bis Ostern, keinem zugelaffen sein, Kühe oder Schafe zu schlachten, bei
Osterzeit und auf den Jahrmärkten statt, wo Jedermann Fleisch ver¬ kaufen durfte. Wer über den Hausbedarf eingeschlachtet hatte, durste
Vermeidung eines E. E. Raths Straffe. (Schluß folgt.)
ebenfalls davon veräußern; dagegen war selbst den Garköchen, bei Strafe von 5 bis 7% Schillinge untersagt, weder rohes Fleisch zu verkaufen, noch auch an Thüren oder Fenstern aufzuhängen, selbst wenn der Verkauf desselben nicht in ihrer Absicht lag. Da der Bedarf an Fleisch sich aus der Praxis ergab, so schrieb
Rath vor, wie viel geschlachtet werden sollte. Nur unter besonderen Umständen — wenn fürstliche Personen oder sonstiger angesehener Be¬ der
war —
durfte über diese Bestimmung such in der Stadt anwesend hinausgegangen werden. Der Jahreszeit angemeffen, mußte stets zweierlei Fleisch vorhanden sein, auch dasjenige, welches keinen Absatz fand, in Salz gelegt werden, um anderen Tages frisch zum Verkauf zu gelangen.
Belautet modificirt, wörtlich: theils von Neuem einschärft, stimmungen theils „Wir Bürgermeistere und Rathmannen der Churfürstlichen Brandenburgischen Resitzdentz und Haupt-Städte Berlin und Cölln an der
Die Fleischer-Ordnung vom 6. März 1656,
welche ftühere
solche
Eine verlaufene Lombe (1767). Der „ordinaire" Exerzierplatz der Berliner Artillerie befand sich in der Mitte des vorigen Jahrhunderts auf dem Wedding vor dem Die Erreichung dieses Platzes hat, späteren Oranienburger Thore. bei den grundlosen Wegen, „jederzeit viele Schwierigkeiten gehabt", deshalb wählte man zu Ende des Jahres 1767 zum Proben eines Diese Mortiers einen „Orth vor der Rosenthaler Landwehr".
Probe sollte der Berliner Cämmerey-Kasse theuer zu stehen kommen, wie die Rechnungen besagen.
Es hatte sich nämlich eine Bombe aus diesem Mortier verlaufen und war nolens volens in das Hochgericht, welches seit 1752 auf dem Wedding befindlich, eingeschlagen, hatte darin natürlich arg gewüthet, und sogar „die Gebeine von 4 auf den Rädern gelegenen Delinquenten" nicht verschont.
Da ein
solches
Institut,
wie ein Hoch-
215 gericht,
nicht
in einem desolaten Zustande
lange
belassen
werden
konnte,
„wegen der an einigen zum Tode verurtheilten Dieben zu vollführenden Erecution", die schon wieder vorräthig waren, so mußte
Bürger-Meister und Rath allhier, daran und Schaden machen den ausbessern lassen, zumal der stch General-Major von Dieskau, welcher die Angelegenheit von militäri¬ scher Seite vertrat, einen Ersatz aus dem Grunde, „daß Wind und Wetter den unrichtigen Flug der Bombe, und dadurch erfolgte Be¬ schädigung des Hochgerichts veruhrsachet habe", ablehnte.
Die Rechnungen
sprechen
Bit. A.
für
.1 Rthl. .
1
2
Rthl. 12 Gr. — Pf.
Waßer-Fäßer.1 8
1
Musicanten.8 Fahnen-Schwenksr.2 3
10
Revision der Arbeit
2
Berlin,
.
.
.
Summa dem Maurer-Gewerck den 15ten Decbr. 1767.
-
—
-
-
—
-
8
-
—
-
-
8
-
—
-
Johann George Brause Jung-Gesell beym hochlöbl. Mauer-Gesellschaft. Berlin, d. 14. Decbr. 1767. Bit. B. Auf Befehl Eines HochEdlen Nagistrat habe ich die mir auf¬ getragene Schloßer-Arbeit au Reparatur am Hochgerichte verfertigt.
-
—
-
—
-
wißen können die Unkosten indem mehr zerbrochen
Weil
-
—
-
-
-
-
— —
-
—
-
-
— — —
-
—
-
-
als ich angesetzet habe.
-
Denn
—
-
—
-
habe das Schloß müßen abbrechen von
Thüre und 2 große Schlitze! darzu
der
8 Gr. — Pf. Alt-Meister.
bey der Zusammenkunff der Meister 2 mahl
Rthl. 16 Gr. — Pf. — - — 5 — - — 2 -
zusammen kommen, habe ausgeben im
Rausgehn in
allen.3
Vor Fuhrlohn und
.2 vor die Nnsicanten
4
Boutellien Wein, die Boutellie 8 Gr. und 8 Gr. Auf den hin- und her Nasch 6 Boutellien Wein vor die Thüre, weil sie sind mit die Fahne zurück gekommen 3 Boutellien Wein .
Semmel.
vor die Alt-Gesellen, Zung-Gesellen
1
1
-
16
-
—
-
—
-
— -
-
.
—
-
—
-
—
-
-
18
-
—
-
Summa
-
-
10
-
—
•
Rthl.
in Anschlag stehet, und die Nnsicanten auch so viel haben wollen 5 Rthl. weil es in der Stülle nicht wollen angehen also bitte das Ein hochEdler Nagistrat noch was accordiren wolte hierzu denen Gesellen und Nnsicant en
.
13
-
—
-
—
-
Summa Summarum 42 Rthl. 22 Gr. — Pf. Johann Michael Döltz den 19ten Decbr. 1767. dercornpenirten Schloßer-Gewerks Alt-Meister.
Berlin,
Rechnung Vor Vor die
-
6
-
— -
Vor meine
2
—
29 Rthl. 22 Gr. — Pf.
die
Nnsicanten.15 Rthl. verzehret.15 Fahnen-Spieler.5
Maß die Gesellen
Von 10 Uhr bis 4 Uhr ist Licht ver-
Mühewaltung die Stuben wieder zu fchauren und renoviren . .
-
derer Schloßer- Gesellen.
und
vor.—
Oassen-Schreiber das Mittag-Eßen
— Pf.
12
nichts
Kutschen habe
Summa
— Gr.
-
gebraucht.
73 Rthl. — Gr. — Pf.
Tonnen.18 Rthl.
1
ist verzehret worden, und den Tag in meinem Hauße sein die Meister auch
2 Gr. Spundt-Geld, macht vor die Tonne
zum Früh-Stück
Bley
ein Dach gemacht vor das Regen-Wetter
Und da vor unfern Gesellen nur 8
die 6
ge¬
den Knopf ist verlohren gangen, und von der einen Stangen 4 Fuß gefehlet, so kann von Anschlag wohl nichts abgehen 25 Rthl. — Gr. — Pf.
machen, und über das Schloß von -
und entzwey
halbe Eiserne Pfeiller
der
mit
an frey Bier ist aufgeleget worden, 6 Tonnen, die Tonne 2 Rthl. 22 Gr. und
brandt,
ich aber mein Anschlag so genau eingerichtet, und vorher nicht
gangen,
Was vor das hochlöbliche Maurer-Gewerck
Rthl.,
im Nahmen der Alt-Gesellen
Gewerck der Gesellen zum Aufzug erbothen
16
1.
3
Rthl. — Gr.
12. Decbr. 1767.
den
-
1.25 ... .
-
-
40 Rthl. Johann Gallischer. Hierzu die Auslagen der Alt-Gesellen
den Jnng-Gesellen suh 3
8
Summa 2 Rthl.
Summa
.
5
-
Specification Was ich als Jung-Gesell bei der Mauer, im Nahmen des gantzen Magistrats, und im Nahmen des gantzen MauerGewercks des Herrn Alt-Meisters und im Nahmen des ganzen Mauer-
So
Zusammenkunft, und Ergötzlichkeit . . Zweymahliges Fuhrlohn zu Besichtigung
laut Rechnung suh für ihre Bemühung suh 2
4 Rthl. 16 Gr.
—
-
Denen sämmtlichen Meisters vor 3 mahlige
des Schadens, und
....
Gr. beträgt
—
zur
Hebe-Meister
Besichtigung des Schadens mit Fuhrloh»
Die Der
8
Tag
-
8 Kutschen Las Gewerck heraus zu fahren und
1
12 —
-
Die Klinker und Kalck heraus gefahren, wie auch den Gips Vor Staken, Mollen Kalck-Kasten und
Meister
J'^Tage LTag
3.
Gr. Kalck.2 Gr.1
Alt
jeder
Summa
2 Scheffel Gips ä 20
2
Vier Alt-Gesellen
Berlin,
welche
300 Klinker ä 20
1
Was Wir sämmtliche Alt-Gesellen vor Mühe Waltung und Versäumniß zu fordern wie folget.
selbst:
sich
gefertiget worden, als: 3 Handlanger jeder 2 Tage ü 6 Gr.
ä
1767.
2.
und an den Gassen-Schreiber
per ordre Eines HochEdlen Magistrats, an dem hiesigen Hochgerichte vor der Oranienburger Landt-Wehre an¬
Vor
den 12. Decbr.
Rechnung
Maurer-Arbeith
Wir sämmtliche Alt-Gesellen Friedrich Schempp. Jacob Hanholdt. George Wagner,
der Praesideut Kircheisen,
schon
der
George Baspe.
die
Alt-Gesellen.
—
-
—
-
25 Rthl. 16 Gr. — Pf.
■
2
-
-
Summa 37 Rthl.
Berlin -
.
-
den 12.
Decbr. 1767. George Heinrich Wesemann Alt-Geselle.
Johann Caspar Langkirch Alt-Jünger.
Lit.
lung abdrucken lassen, welche von jedem Freunde der märkischen Ge¬
C.
Auf
ergangene Verordnung Eines hochEdlen
Magistrats hiesiger
allerunthänigst hiermit anzeigen wollen, wie groß sich der Schade an der Justiz durch die geworfene Bombe an S-tein-Metz-Arbeit verursachet wie folget:
Residenzien habe
1 .
ich
Wird an Werck-Steinen dazu erfordert in der Länge 15 Fuß in der Breite 4 Fuß, thut ä 60 Quadrat Fuß, pro Fuß incl. Stein- und Arbeits - Lohn
Gr.35
14
Rthl. — Gr. — Pf.
pro Fuß 14 Gr. . . . 3. An Bley 45 entgegengenommen.
Inhalt.
Die Berlinische Zuckersiederei-Compagnie. Von Ernst Rühl. — Johann von Buch. Von F. Budczics. (Fortsetzung.) — Merian's Bran¬ denburgische Topographie, von Dr. G. Sello. (Schluß.) — Die Knokenhonwer Berlins, von Ferdinand Meyer. (Fortsetzung.) — Berliner Theaterplaudereien aus den dreißiger Jahren. (Mit Abbildung.) (Schluß.) — Literatur. — Briefkasten.
Die Lerlinische Zuckersiederei-Compagnie. Von Külik *).
3m Jahre 1745 las der berühmte Marggraf, geboren zu Berlin 1709,
Chemiker Andreas Sigismund
in
Schluffe
des
18. Jahrhunderts höchst ungünstigen Zeitverhältniffe, den
der Hauptsitzung der Akademie
Versuch beschloß, in Schlesien eine fabrikmäßige Erzeugung des Rüben¬
der Wissenschaften in Berlin einen Aufsatz vor, in welchem er darthat, daß in dem Safte vieler einheimischen Pflanzen, namentlich aber in der Runkelrübe ein Stoff sich vorfinde, der mit dem indischen Rohr¬
in Gang zu bringen. Der König von Preußen hatte die neue Erfindung und deren Weltbedeutung erkannt, er hatte die Mittel ge¬ währt, daß Achard's Ideen praktisch verwirklicht werden konnten, er
eins und dasselbe sei; er bewies durch vorgelegte
begünstigte den Versuch, den Zucker in seinen Staaten aus dem eigenen Bodenerzeugniß herzustellen, weil er den günstigen Einfluß dieser
zucker vollkommen
Proben und umständliche Auseinandersetzung seiner Methode, daß die
fabrikmäßige Darstellung eines Zuckers aus einheimischen Stoffen nicht allein möglich, sondern auch gewinnbringend sei. Wenn Marggraf's hochwichtige Entdeckung nicht schon damals ungeheueres Aufsehen unter dem gewerbetreibenden Publikum rnachte, so trug hauptsächlich der Umstand dazu bei, daß alle Verhandlungen der gelehrten Anstalten,
zuckers
Fabrikation auf die Bodenkultur voraussah, und eS war weder die Schuld der preußischen Regierung noch des Erfinders, daß das neue Gewerbe sich nicht erhalten konnte. Das Schicksal desselben in Mähren und Böhmen, wohin es von Schlesien aus übergesiedelt, war dasselbe
unmöglich, also lächerlich wären.
wie in Preußen: wegen niedriger Zuckerausbeute und sehr schwieriger Arbeit mit unvollkommenen Apparaten, ferner wegen des mangelnden Beiraths und Beistandes der Wissenschaft und Kunst, namentlich der Chemie und Mechanik, mußte diese Fabrikation überall wieder ein¬ gestellt oder konnte nur kläglich fortgesetzt werden. Um diese Zeit kain der Zuckersiedermeister Johann Burchard R ö n nenkamp um die Concession zur Anlegung einer neuen Zuckerfabrik in Berlin ein, und erhielt auch dieselbe unterm 2. September 1792 be¬ stätigt. Da er aber nicht die nöthigen Mittel besaß, um dieselbe in größerem Umfang zu betreiben, so entschloß er sich, seine Concession einer Anzahl Mitgliedern aus der „Berliner Kaufmanns-Gilde der
Als Marggraf 1783 gestorben war, schien seine segensreiche Entdecküng mit ihm zu Grabe gegangen zu sein, und Niemand sprach mehr davon; bis endlich Achard, ein Schüler Marggraf's und nach
Nachdem sich diese bereit erklärt hatten, eine Zuckerfabrik in Berlin anzulegen und auf gemeinschaftlichen Gewinn und Verlust fort¬
ihm Direktor der Akademie, die oben erwähnte Abhandlung zu glücklicher Stunde wieder in die Hände bekam und, trotz der damals am
Ueberlassung seiner Concession und seines in der Neuen Münz-Straße
der Arbeitsfitzung des Vereins für die Geschichte Ber¬ lins am 25. November 1876 von Herrn 8luck. zur. Berinzuier.
der Kaufmannschaft
Berliner Akademie, in lateinischer Sprache geführt wurden, wodurch es eben denjenigen Personen, für welche Marggraf's Erfindung von Wichtigkeit sein mußte, unmöglich gemacht
mithin
auch
der
wurde, dieselbe kennen zu lernen.
Ja,
die gelehrten Collegen
Marg-
graf's, eifersüchtig auf seinen immer wachsenden Ruhm, suchten sogar die Meinung zu verbreiten, daß der vorgelegte Zucker nicht wirklich aus Runkelrüben u. s. w. erzeugt sei, und daß, wenn auch dies in der That der Fall wäre, die Idee, den Colonial-Zucker durch einheimischen ersetzen zu wollen, zu denjenigen gehöre, welche in der Ausführung
*) Vorgetragen in
Spezerei- und Material-Handlung hiesiger Residenzien" abzutreten.
zusetzen,
so
schlossen
belegenen Hauses.
sie
mit Rönnenkamp einen Vertrag
wegen
Es existirten nämlich zu jener Zeit zwei Gilden in Berlin. Die eine nannte sich „die teutsch und
In
französische combinirte Tuch- und Seidenhandlung hiesiger Residenzien",
Summe von Thlr. 11,412. 15 Sgr.
Jahren
des
und die andere „die Spezerei- und Material-Handlung hiesiger Resi-
Bestehens hatte die Gesellschaft, trotz des Aufblühens der neuen
In¬
Beide Gilden hatten ihren besonderen Vorstand; die Vor¬ standsmitglieder hießen bei der ersteren „Aeltermänner" und bei der anderen „Aeltesten". Beide Gilden wurden bekanntlich im Jahre 1820
dustrie,
Lenzicn".
Berliner Kaufmannschaft, vereinigt. Die Gesellschaft constituirte sich, unter der Firma „Berlinische Zuckersiederei-Compagnie", am 1. Oktober 1793. Das Aktien-Kapital wurde vorläufig auf 60,000 Thaler festgesetzt und konnte bei größerer Entwickelung des Geschäfts auf 80,000 Thaler erhöht werden. Zuerst wurden 240 Stück Aktien ä 250 Thaler, auf den Namen des ersten Die Bestimmungen der Statuten in Zeichners lautend, ausgegeben. Betreff der Mitgliedschaft lauten ziemlich streng: „Nur christliche Kauf¬ leute, welche allhicr oder anderswo wohnen und das Gilderecht bei der hiesigen Materialhandlung gewonnen haben, können in der Regel und so lange sie Mitglieder der Kaufmannsgilde bleiben, sich bei der Zuckersiebcrei - Compagnie als Aktionaire interessiren und Aktionaire werden. Wer aufhört, Mitglied der Gilde zn sein, hört dadurch eo ipso auf, Aktionair zu sein, und muß bei Cassation feiner Aktie und Ver¬ lust aller ihm daraus zustehenden Rechte binnen 3 Monat, von dem Tage an gerechnet, an welchem er seiner Rechte als Kaufmann sich begeben hat, seine Aktie einem andern qualificirten Besitzer selbst über¬ lassen, oder solche durch das Comite an einen andern qualificirten Be¬
Aeltestcn
der
Kaufmannschaft
sein,
wenn
wären, und zwar ohne weitere Wahl.
Aktionaire
zur
Seite
gesetzt.
Dies
sie
zugleich
Ihnen wurden Comite
hatte
Entgegengesetzt unseren heutigen Bestimmungen des Handelsge¬
Reingewinn, nach Abschreibung aus Im¬ mobilien und Waarcnbeständc, und nach Dotirung des Reservefonds
setzbuches, nach welchem der
unverkürzt an die Aktionäre vertheilt wird, beschloß man in dieser Generalversammlung, nicht den Reingewinn zu vertheilen, sondern den
Buchwerth der Aktien nach Aufnahme der Inventur festzustellen, und ermittelten Capitalwerthe ein bestimmtes Zinserträgniß zu ge¬
diesem
jeweiligen Diskonto richten solle. Der Vortheil dieser Einrichtung bestand nämlich darin, daß auch in schlechten währen, welches
I
und stieg im Jahre 1812 auf den Werth von 1225
in Folge
der
Thlr., haupt¬
Continental-Sperre, welche die inländische
Zucker¬
fabrikation bedeutend begünstigte.
In
Statuten,
Die ersten Direktoren wurden von Generalversammlung der Aktionaire gewählt, und zwar als erster Direktor Carl Le Coc, als zweiter Jean Touffaint, und als dritter oder Fabrikdirektor, Rönnenkamp. Festgesetzt wurde aber, daß künftig¬
sich nach dem
Jahren, in denen die Gesellschaft mit Verlust gearbeitet hatte, Zinsen an die Aktionäre vertheilt werden konnten. Der Bücherwerth der Aktien war im Jahre 1801 circa 381 Thlr. für 250 Thlr. nominal, sächlich
nach
Beziehung eine größere Befugniß.
in der Holzmarktstraße 12, 13, 14 darbot. den Preis von 14,000 Thlr., und begann neuen Fabrik, da die räumlichen Verhält-
niffe in der alten Rönnenkamp'schen eine Vergrößerung und Ausdeh¬
Aktionaire
der
mit mancherlei
nung nicht gestatteten.
acht andere sich,
der politischen Unruhen und Kriege
kämpfen.
Sie erwarb dasselbe für sofort mit dem Bau der
um die Angelegenheiten der Compagnie zu be¬ treiben, wenigstens einmal, und zwar Len ersten Donnerstag jeden Monats zu versammeln. Es vertrat daffelbe demnach die Stelle unseres heutigen Verwaltuugs-Rathes, besaß jedoch in geschäftlicher §. 8 der
zu
des großen Grundstückes
statutenmäßig verkaufen lassen."
Zunächst wurde ein Comite gebildet, um die Geschäfte der Ge¬ sellschaft zu leiten. Mitglieder desselben sollten die jedesmaligen
ersten
Daher beschloß man, vorläufig nur 5 Procent Zinsen auf die Aktien zu vertheilen, und den über¬ schießenden Reingewinn zur Consolidirung des Unternehmens zu ver¬ wenden. In der Generalversammlung vom 14. Mai 1800 wurde die Erhöhung des Grund-Capitals von 60,000 Thlr. auf 80,000 Thlr. beschloffen, weil sich ein für die Gesellschaft vortheilhaster Kauf, der Mißgeschick
zu einer Corporation, der
sitzer
in Folge
den
der Generalversammlung vom
Statuten
der Gesellschaft,
25. März 1831 wurden die
den Zeitverhältnissen Rechnung
tragend, modisicirt, und erlangte die Gesellschaft auf Grund dieser verbesserten Statuten unterm 13. Mai 1836 die Rechte einer juristischen Person, j
Erwerbung des Eigenthums von Grundauf den Collektivnamen der Gesellschaft. In dem Nachtrag Statuten wurde die Zahl der Direktoren auf fünf festgesetzt,
jedoch lediglich zum Zweck der
'
stücken
zn den
und außerdein zur Leitung der Zuckerfabrikation ein Fabrikdirektor in
hin die Direktoren direkt vom Comitö gewählt werden sollten. Die Bescheidenheit der damaligen Direktoren, in Bezug auf ihr Gehalt
der Person des Herrn Körber ernannt, welcher bis zur Auflösung der
ist nach unseren Begriffen sehr bemerkenswerth;
schaft machte sich während dieser Zeit der verstorbene Commerzien-
so
erhielt der erste
Direktor 500 Thlr., der zweite 200 Thlr., und der Fabrikdirektor war auf Tantieme angestellt. Ihre Leistungen waren dagegen sehr be¬ Der §. 6 der Statuten läßt sich darüber folgender Maßen deutende. aus: „Der erste und zweite Direktor, welche der Buchhalterei und der Correspondenz,
sowie überhaupt der Aufsicht über die Fabrik ge¬
Gesellschaft seine Stelle verwaltete.
Sehr verdient um
Rath Kupfer.
Im
Jahre 1842 wurde der Betrieb mit Dampfmaschinen in
der Fabrik eingeführt, und der mächtige Auftchwung, den die Zucker¬
industrie jetzt nahm, ist außer wesentlichen Verbesserungen in der Darstellung des Zuckers, hauptsächlich in den Zollverhältnissen zu
führen die Correspondenz, die Bücher in dop¬ pelten Partien (doppelte Buchführung), und insbesondere haben sie die Kaffe unter ihren gemeinschaftlichen Verschluß; sie müsien sich freund-
suchen,
in ihre Geschäfte theilen und sich wechselseitig assistiren, auch soll ihnen künftig, wen» die Entreprise Segen bringt, ein Buch¬ halter zur Hülfe gegeben werden." Als Curiosum will ich noch den §. 28 erwähnen: „Wer durch Dazwischenreden oder durch ein anderes nicht anständiges Betragen die Ruhe in der Generalversammlung stört oder die eingeführte Ordnung unterbricht, bezahlt 16 Groschen zur Strafkasse" — eine Bestimmung, die auch bei unseren heutigen
ber 1859 die Auflösung der Gesellschaft.
wachsen sein müssen,
schaftlich
Generalversammlungen zuweilen angebracht wäre. Dies sind im Allgeineinen die wesentlichsten Punkte in der inneren Verwaltung der Gesellschaft, nach den alten Statuten derselben. Die Gesellschaft übernahm, wie schon oben angedeutet, die in
Münz-Straße belegene Fabrik des Zuckerfiedermeisters Rönnenkamp. Sie zahlte für vorhandene Waaren und Geräthschaften in der Siederei, laut der Inventur vom 18. December 1793, die der
Neuen
die Gesell¬
durch welche die
Einfuhr
des
Colonial-Zuckers ziemlich hoch
besteuert wurde.
Die Generalversammlung der Aktionäre beschloß aai 12. Novem¬ Die Gründe, die hierfür maßgebend waren, bestanden vornehmlich darin, daß im letzten Jahre mit einem Verluste von 16,000 Thlr. gearbeitet worden war, und größere Neuanschaffungen von Dampfmaschinen,
Vakuumpfannen rc.
nothwendig wurden, um der immer mehr auftretenden Concurrenz gegnen zu können.
be¬
Andrerseits war der Vortheil, welcher den Aktio¬
nären bei der Auflösung der Gesellschaft erwuchs, sehr bedeutend, da
mittlerweile auf circa 1260 Thlr. gestiegen Zu Liquidatoren wurde die Direktion unter Vorsitz des Herrn
der Buchwcrth der Aktien
war.
Commerzien-Rathes Gustav Keibel gewählt.
In
den 67 Jahren des Bestehens der Gesellschaft sind im Ganzen verkauft worden 121,799,062 15/i 6 Pfund Zucker. Der Geldbetrag hierfür war Thlr. 23,807,605. 6. —. Mit Gewinn hat die Ge-
sellschaft
in 44 Jahren gearbeitet:
derselbe beträgt
.Thlr.
989,172. 20. 5. Verlust dagegen in 22 Jah ren „ 523,6 05. 10. —. so daß ein Netto-Gewinn von . Thlr. 465,567. 10. 5. übrig bleibt, wozu aber bei der Vertheilung noch die Zinsen von 5 Procent von dem jedesmaligen Buchwerth der Aktien hinzukamen. In Folge dessen wurde an Dividende und Aktien-Zinsen im Ganzen gezahlt: Thlr. 1,014,387. 2. 10, so daß jede der 320 Aktien ä 250 Thlr. an Dividende erhielt Thlr. 3169. 28. 9., was für daS Anlage-Capital eine durchschnittliche Verzinsung von 18 62/e 7 Procent p. annum ergiebt. Die Aktie selbst wurde mit Thlr. 1200 einge¬ löst. Hierbei kommt allerdings in Betracht, daß die Grundstücke der
Hoferichter ihn in richterlicher Beziehung vertrat. Uebrigens wurde Johann ja auch erst später, nachdem er schon längst Hoferichter ge¬
war, zu jener andern Würde berufen; das würde überflüssig Titel ein und dasselbe Amt bezeichnet hätten. Im ersten Viertel des Jahres 1335 finden wir Johann ab¬ wechselnd in Spandau und Berlin. An letzterem Orte belehnte ihn Ludwig mit den Dörfern Steckelsdorf und Buckow bei Rathenow auf so lange, bis der Markgraf oder seine Erben die 60 Mk., die Johann für ihn an Dietrich v. Zickow bezahlt hatte, ihm ersetzt haben würde (Riedel I, 17, 484). Am 18. April war Johann in Begleitung deS Markgrafen in Torgelow. Auch hier fanden wiederum zwei Ver¬ pfändungen an ihn statt. Die eine betraf das Haus zu Stoltzenhain. Wie die betreffende Urkunde vom 18. April (nicht 15. wie bei Klödcn) sagt, hatte Johann v. Buch dem Markgrafen 200 Mk. vorgeschossen, damit derselbe das im Pfandbesitz Heinrichs von Kröcher und seines Bruders befindliche Haus Fretzdors einlösen könne (Riedel I, 2, 306). Die andere, am gleichen Tage ausgestellte Urkunde, betraf die Ver¬ wesen
gewesen fei», wenn beide
und Utensilien höher verwerthet wurden, als zuletzt in den Büchern angegeben worden war. Es würde demnach der erste Zeichner (und es giebt ja mehrere Familien, in deren Besitz die Aktien von der
Gründung bis zur Auflösung der Gesellschaft verblieben sind) für die 250 Thlr., welche er bei der Gründung gezeichnet hatte, jetzt bei der Auflösung im Ganzen Thlr. 4369. 28. 9. an Capital und Zinsen Eine in unseren Tagen gewiß seltene Erscheinung, zurückerhalten. indem die meisten heutigen Aktionäre sehr zufrieden wären, wenn sie überhaupt nur einen Theil ihres eingezahlten Capitals bei der Liqui¬ dation zurück erhielten. Die Fabrik ging für den niedrigen Preis von
pfändung eines Hofes zu Pitzenburg mit dem Glitz an Johann von Buch und Albert v. Woldenhagen, für eine Summe von 300 Mark brandenb. Silbers (Riedel I, 13, 322). Es ist bis jetzt noch nicht ge¬ lungen, die Lage der beiden Pfandobjekte mit Sicherheit nachzuweisen.
90,000 Thlr. in den Besitz der Herren Schulze & Kahlbaum über. Möge es mir an dieser Stelle gestattet sein, ein gewiß seltenes Beispiel anzuführen, wie eine ganze Generation einer Familie, von der Gründung bis zur Auflösung der Gesellschaft, mit diesem Unter¬ nehmen innig verknüpft war. Der erste Mitbegründer und ComiteMitglied war Pierre Louis Böringuier; der Gemahl seiner Enkelin Herr Stadtrath Will). Keibel, bekleidete bis zu seinem Tode die Stelle eines Direktors, und fein Sohn, der Herr Commerzien-Rath Gustav Keibel, war einer der Liquidatoren der Gesellschaft. Der Güte des letztgenannten Herrn verdanke ich vielfach Mittheilungen über die Ge¬ sellschaft, und ist mir namentlich die Benutzung der Bücher mit großer Bereitwilligkeit zugestanden worden. So hat diese Gesellschaft, die erste, welche in Berlin auf Aktien
Von
ein auf streng solider Grundlage
welche Resultate
Unternehmen zu erzielen
im Staude ist, und
es
,
>
dustrie
in Berlin
des
Vereins für die Geschichte Berlins,
(Fortsetzung.)
Das Amt eines Hoferichters war ein sehr hochstehendes. Das Hofgericht hatte die Jurisdirektion über alle Ritterbürtigen in der Mark; den Vorsitz in demselben führte anfänglich der Markgraf selber, später indeß, an seiner Stelle, der Hoferichter. Es find uns noch einige andere Urkunden erhalten, die von der Wirksamkeit Johann's in diesem Amte Zeugniß geben. Er nennt sich oder wird genannt, entweder wie hier: „Hoferichter", eurie nostre judex, meyner (i. e. allgemeiner) ricliter des hoves tu Brandenburg, oder judex generalis curiae illustris principis. Daß Johann aber auch, wie Kühns in seiner Geschichte der Gerichtsverfassung in der Mark Brandenburg Th. I, 204 annimmt, statt des Titels „Hoferichter" den eines eapitaneus marchiae brandenburgensis generalis geführt, daß also Hoferichter und Hauptmann die gleiche Würde bezeichnet habe, ist ein Irrthum, der sich nur daraus vielleicht erklären läßt, daß in Johann v. Buch zeitweise beide Würden vereint waren, und daß er einmal mit der einen, ei» andermal mit der andern bezeichnet wird. Der Landeshauptmann hatte eine ganz andere Amtssphäre, als der Hoferichter: er war Stellvertreter des Fürsten in Verwaltungsangelegenheiten und in der Kriegführung, während der
leiten, p. 3 9, noch eines Schlosses Stolzenhagen im Jerichow'schen, das um die Mitte des 14. Jahrhunderts vom Erzbischof Otto von
Durchaus
das unserem Johann verliehene Schloß gewesen nicht nachzuweisen ist die Lage von Pitzenburg mit
Gliez; letzterer Name kommt in verschiedenen Gegenden der Mark vor. Auf der, durch die im vorigen Jahrhundert erfolgte Oderregulirung entstandenen größeren Insel bei Wrietzen liegt Alt-Glietzen, und an der Elbe im Jerichow'schen findet sich der Ort Klytz, aber weder au dem einen, noch an dem andern Orte sind Spuren von Pitzenburg zu entdecken. Ich möchte letztere» Namen für eine Corrumpirung von dem
In¬
am 28. Oktober 1876, von S. Kuckczics.
war ebenfalls im klösterlichen Besitz und gehörte nach Chorin. Ein drittes Stolzenhagen, auf das Pastor Winter auf¬ merksam macht, kaun, als außerhalb der damaligen Grenzen der Mark, an der schwarzen Elster gelegen, ebenfalls hier nicht in Betracht kommen. Doch gedenkt Walther im 4. Theile seiner Magdeburgischen Merkwürdig-
sein.
gewesen zu sein.
Vortrag, gehalten in der Sitzung
Mark vorhandenen Stolzenhagens
Magdeburg zerstört worden, und dies allein kann, wie auch Herr von
errichtetes
Johann von Luch.
der
Ledebur vermuthet,
muß ihr das Ver¬
dienst zugeschrieben werden, die Trägerin einer neuen, bedeutenden
in
Uckermark belegen,
gegründet wurde, nach einem 67 jährigen Bestehen den Beweis gelie¬
fert,
den beiden noch heute
kann keines hier in Betracht gezogen werden; denn das im Barnim gelegene gehörte zu jener Zeit dem Kloster Lehuin, das andere, in der
j
Boitzcnburg halten, um so eher, als Johann v. Buch, späterhin als Mitbesitzer des uckermärkischen, jetzt den Arnim's gehörigen Boitzcnburg erscheint; doch fehlt hier wieder der Glietz. v. Buch's
in Frankfurt
a.
O.
gedenke ich
Einer Anwesenheit Johann nur deshalb hier, weil der
Umstand, daß er in einer hier am 19. Mai (nicht, wie bei Klöden, am 25.) ausgestellten Urkunde (Riedel I, 23, 28,) statt Johann, wie auch sonst wohl Henning genannt wird, Kühns in seinem angeführten Werke (Bd. II, 263) zu der Annahme verleitet hat, daß es sich hier um eine, von unserm Johann verschiedene Person handle; selbst die ausdrückliche Bezeichnung als eurie nostre judex überzeugt ihn nicht von der Identität beider Namen; er leitet Henning nicht von Johann ab, sondern von Hahn, und hält es für gleichbedeutend mit Hähnlein. Es ist aber in der That ein und derselbe Name, was leicht durch eine Menge urkundlicher Belege bewiesen werden könnte. —
Im folgenden Monat befindet sich Johann wieder in Berlin. Hier bestätigt Markgraf Ludwig am 29. Juni (Riedel I, 17, 485), eine Schenkung Johann's au das Kloster Jerichow, die derselbe zu seinem eigenen, wie zum Seelenheil seiner Vorfahren und Nachkommen gemacht hatte, und die in 8 Hufen (nicht Höfen, wie bei Klödcn ge¬
sagt wird) zu Stenitz, 2 Stücken in Maiensdorf und einer Wein¬ lieferung von 3 Eimern aus einem Weinberge zu Garditz bei Branden¬
burg bestand.
„Trium amarum vini
e vinea
ville Garditz“,
heißt
in einer in unserm Urkundenbuch zur Berliner Chronik p. 26 (Riedel I, 12, 490) abgedruckten Urkunde vom 8. Deebr. 1335, durch welche Markgraf Ludwig einem Altar in der Marienkirche einige Hebungen vereignet, mit denen Rath und Bürgerschaft von Berlin
Das sind nun nicht, wie Klöden nur 3 Eimer Wein aus einem Weinberge. meint, 3 Weinberge, sondern Vom 1. Juli ist eine Urkunde datirt (Berl. Urkunden-Buch p. 67, Riedel I, 12, 489), welche uns Johann in seiner Stellung als Hoft¬ richter, und zwar in einer für Berlin und Köln höchst wichtigen An¬ Es handelt sich hier um die Herbeiführung und gelegenheit zeigt.
genannt
Wiederherstellung eines guten Einvernehmens zwischen dem Bischof von
wird das capitaneus generalis durch Feldhauptmann wiedergegeben. — Uebergehen wir nur eine Reihe von Dokumenten, in denen Jo¬ hann v. Buch nur als Zeuge genannt wird, so tritt uns zunächst
es
in
der betreffenden
Urkunde.
und Köln die Gedächtnißfeier des ermordeten Probstes Nikolaus von
Tm den Kaiserlichen
selben Tage, am 16. Oktober,
Hier fanden an ein und
Hof.
eine Urkunde vom 13.
dem¬
In
der einen, am genannten Tage ausgestellten Urkunde (Riedel I, 17, 485) überantwortet Ludwig, und zwar, wie er ausdrücklich sagt, aus Geheiß seines Vaters, „dem festen Ritter, Johann v. Buch, seinem Hauptmann und besondern Heimlichen" das Schloß zu Aelosen mit allem Zubehör, wiederkäuflich, für die beträchtliche Summe von 1000 Mk. Silber. In einer zweiten Urkunde (a. a. O. 486), erklärt Herzog
zerstört sei,
ersteuten,
dieser
erscheint, an die Schöppen der
sich
Stadt
wir
des verstorbenen
„Wir e. Sachsenspiegel) entgegen, für ungültig erklärt". wollen auch und befehlen", sagt der Markgraf weiter, daß die ganze Gerichtsbarkeit des Landes, sowohl die Edelleute als die Bauern
be¬
treffend, nach unserm Markgräflichen Rechte und nach dem Rechte des Sächsischen Privilegii von Allen und in allen Zeiten gehandhabt werde.
Wenn aber die gedachten Schöppen, wegen Irrthums oder Unwissen¬ heit, den Einwohnern dieses Landes zur Appellation Veranlassung geben, so sollen diese nirgend anderswo appelliren, als bei den Burgmannen des Schlosses zu Jerichow, die unter Vorsitz des Schloßherren oder
einer Urkunde
seines Beamten die Sentenz zu fällen haben.
Dafür
sind 8
Schill,
Eine weitere Appellation kann dann noch an den Mark¬ grafen selbst oder an feinen Hostichter stattfinden. Wird alsdann das Urtheil der Schöppen ungerecht befunden, so haben sie eine Strafe von 14 Schill., ist aber das Urtheil der Burgmannen ein irrthümliches, so haben diese 28 Schillinge zu zahlen. Wer aber Schöppen oder Burgmannen ungerecht beschuldigt, hat dieselbe Strafe zu entrichten, die jene im Fall der gerechten Beschuldigung hätten zahlen müssen". Endlich bestätigt der Markgraf den Bürgern die Zollfreiheit, die sie in einigen Städten von Alters her gehabt hatten. — Klöden zu zahlen.
macht bei dieser Urkunde die Bemerkung, daß sie das einzige Beispiel einer ausdrücklichen Legalisirung des Sachsenspiegels
Daß
dieses Rechtsbuch
andern Theilen der
in
der
Mark
sei.
übrigens, außer im Lande Jettchow, auch in
Mark,
insbesondere hier
in Berlin Anwendung
gefunden habe, beweist unter Anderm auch das durch Fidiein editte alte Berliner Stadtbuch aus dem Ende des 14. Jahrhunderts, das
Schon oben ist darauf hinge¬
Kühns, judex generalis
irrthümliche
Letztere Bezeichnung Buch's ist, seit der Nürnberger sei. auf längere Zeit die vorherrschende; er wird z. B. gleich so
Jerichow aber sollen
saxoniae i.
und capitaneus generalis bezeichnen ein und dieselbe Würde, eine
Reise,
oder wenn wegen eines Urtheilsspruches
Bruder oder Schwester noch leben, das wird, als dem kaiserlichen Rechte und dem Sächsischen Privilegio (Privilegio
I, 17, 487) den überzeugendsten Be¬ Markgraf Ludwig bezeugt in derselben, daß er dem Johann weis. v. Buch von dem Tage, an, an welchem derselbe von seinem Vater zum Hauptmann ernannt worden sei, bis zum Ausstellungstage der Urkunde 1500 M. Brand. Silber schuldig geworden. Es ist ein Irrthum Klödens, wenn er behauptet, daß Johann bei Erlangung dieser neuen Würde das Hofrichter-Amt habe niederlegen müssen; wir finden ihn vielmehr noch öfter in diesem Amte wirksam und nach demselben benannt; so beispielsweise am 7. März 1336 (Riedel I, 20, 208), wo er zu Frankfurt a. O. als Markgräflicher Hofrichter die 4 Mühlen zu Tzschetzschnow, namentlich den Ansprüchen der v. Lossow gegenüber, für frei erklärt. „Wi her jan van buck, eyn ridder unde eyn meyne richten des hoves to brandenborch des edclen vorsten marcgreven Lodewighes“ nennt er sich hier selbst. Ebenso später noch in einer Urkunde vom 8. Nov. 1339 (Riedel I, 10, 244), die von Klöden selber citirt wird, ihm allerdings aber nur in schlechter Uebersetzung vorlag, in welcher das Judex generalis curie des lateinischen Textes mit „Landrichter" wiedergegeben ist, was Klöden freilich stutzig machen mußte.
in
des Landes
zweifelhaften Rechtsfällen,
sind, wenn des Vaters
vom folgenden Jahre (Riedel,
wiesen worden, daß die Behauptung von
sondern von der Neustadt Brandenburg holen.
Vatergeschwisterkindes von der Erbschaft des Großvaters ausgeschlossen
und es ist sehr wahrscheinlich,
wir in
Burg,
hiermit auf, und ganz insbesondere, daß die Kinder
—
darüber finden
Indeß
werden.
und nach alter und erprobter Gewohnheit des Landes ist, heben
Aufenthalts in Nürnberg, vom Kaiser Würde erhoben worden sei. Daß Letzterer selbst die Er¬
nennung vorgenommen habe,
w.,
Stadt übertragen
Jerichow wenden und dafür 2 Schillinge brandenb. Pfennige zahlen. „Alles", fährt dann der Markgraf sott, „was nicht nach alter Weise
daß er, eben während seines zu
s.
Stadt
deren sie sich bisher
Die Edelleute und Bauern eine Appellation nothwendig
wird Johann v. Buch zum ersten
bezeichnet,
Alle Freiheiten, Rechte u.
weil
gänzlich
an einem beliebigen anderen Orte eine neue
sollen auf diese neue
lehrungen von
w. mit seinem guten Willen, auf seinen Rath
Haupt mann
der Elbe
durch eine Ueberfluthung
sollen die Einwohner fortan nicht mehr, wie früher, ihre Rechtsbe¬
Güter, wie sie heißen und wo sie liegen mögen, für sich einzulösen, mit der Bedingung allerdings, daß die fürstliche Familie die Freiheit behalten solle, seder Zeit die Güter wieder von ihm einzulösen. In einer fünften Urkunde endlich (a. a. O. 487) erklärt Kaiser Ludwig ausdrücklich und ganz förmlich für sich und feine Söhne, daß alle vom Markgrafen Ludwig an Johann v. Buch geschehenen Verleihungen,
Male als
sich
erbauen dürsen.
deten
den angeführten Urkunden
2, 104), die derselben
In
ihr bisheriger Wohnort
und seiner Brüder, dem Johann das Recht, alle anderweitig verpfän¬
In
II,
die landesherrliche Genehmigung dazu gebe, daß die Einwohner,
Stephan von Bayern, für sich und seine Brüder, seine Einwilligung zu der genannten Uebertragung; in einer dritten Urkunde verpfändet Markgraf Ludwig dem Johann das Gericht der Dörfer Görne und Palsdorf für eine Summe von 100 Mk. In einer vietten Urkunde von demselben Tage ertheilt Ludwig, mit Zustimmuug seines Vaters
und auf sein Geheiß geschehen seien.
entgegen (Riedel
unser Interesse
theils unmittelbar vom Kaiser selbst, theils auf sein Geheiß durch seinen Sohn, den Markgrafen Ludwig.
s.
Mai 1336
in größerem Maße in Anspruch nimmt. erklärt Markgraf Ludwig, daß er auf inständiges Bitten des Ritters, Herrn Johann v. Buch, seines geliebten Capitaneus nnd Secretarius, sowie auf Bitten der Bürger der demselben gehörigen Stadt Jerichow
mehrfache Verleihungen und Gnaden-
bezeugungcn an Johann statt,
Verpfändungen u.
der, dem Abdruck dieser Urkunde beige¬
gebenen neueren Uebersetzung
Brandenburg und den Städten Berlin und Köln, das durch die Er¬ mordung des Propstes Nikolaus von Bernau getrübt worden war. Im Herbst dieses Jahres begleitete Johann seinen Herrn nach
Nürnberg
In
Bernau gestiftet haben.
|
in fast allen Pattien mit dem Sachsenspiegel wöttlich übereinstimmt. Ich kann mir nicht versagen, noch eine weitere Bemerkung Klöden'S zu dieser Urkunde hier anzufügen: „Die Verfügung des Markgrafen, welche, wie ausdrücklich gesagt wird, auf Johann's Bitten erlassen wurde, zeigt, mit welcher Vorliebe er den Rechtszuftand seines Besitzes be-
221 achtet und behandelt.
Sein ganzes Verfahren ist
Glosse und des Richtsteiges
angemessen
des Verfassers der
und würdig,
und übersehen
Albrecht Achilles im Jahre 1488 aus, 1513 betrug die Bierziese 12 Pf. — ca. 2,7 Mk. pro Tonne), stets große Aufmerksamkeit;
wollen wir es nicht, daß hier wirklich ein Fortschritt zum Bessern durch Rückkehr zum Alten, nämlich durch Beseitigung einer unzweck¬
namentlich suchten
sie
verwendet werde.
Zahlreiche Brauordnungen und Brauconstitutionen
mäßigen Gewohnheit und Feststellung eines sicheren, geregelten Rechts¬
seit
ganges sichtbar wird, was in jenen Zeiten
diesem Bemühen; sogar Friedrich der Große kümmerte sich um Bier¬ angelegenheiten: im Jahre 1743 verbot er den Ruppinschen Knechten,
schritt konnte damals
sich
sich selten
Ein Fort¬
zeigt.
nie anders zeigen, ohne allgemeinen Wider¬
stand zu finden, als wenn er sich in die Form einer Rückkehr zum Alten kleidete. Damals sah man nur rückwärts und beachtete die
Zukunft wenig, weil man
sie
nicht anders, als in der Form einer un-
veränderten Fortsetzung der Vergangenheit denken konnte.
Jetzt blicken
dafür zu sorgen,
daß nur guter Hopfen dazu
16. bis in das vorige Jahrhundert hinein
dem
Berlin
das nach
zu transportirende
Bier mit Wasser zu
zeugen
von
versetzen.
Bernauer Biers ist bereits mitgetheilt; von dem Gardelegener Garley (der von besonderem Einfluß auf den Ehesegen
Das Lob
des
Topographie: wird Gardelegen „Es um viel Hopfen gebaut (Gardelegen führt fünf Hopfenranken im Wappen) und ein Bier daraus gekocht, welches herlich gut und gesund ist, auch von ver¬ ständigen Medicis dem Wein vorgezogen wird, weil es den ealorem nativura in humide radicali vermehrt und den
sein sollte) berichtet unsere
Viele nur vorwärts und beachten die Vergangenheit wenig, weil sie sich dieselbe nur als ein Abgethanes, von der Zukunft gänzlich Ver¬ schiedenes denken können. Das Eine ist so einseitig als das Andere, und der klare Blick in die Gegenwart, die Vermittlerin zwischen Ver¬ gangenheit und Zukunft, geht dabei verloren."
Lebensbalsam fomentirt."
Merian's Srandenburgische Topographie.
Vor
Von Dr. G. 8-llo. (Schluß.)
Im
Mittelalter und bis auf
späteren
das vergangene Jahr¬ hundert herab waren die Marken, vornehmlich die Altmark, durch ihre Biere berühmt, die zuni Theil so wunderliche Namen führten, daß
ein Schriftsteller des 16. Jahrhunderts indignirt ausruft: nomina per deum muscarum, quamvis plane ridicula, tarnen bibonibus et
birolatronibus istis adeo amabilia, adeo auditu iucunda, ut, quoties talium quippiam nominetur, meras Sirenas sese audire putent, et iam tum ad ipsas voces sitiant. (Namen, die, beim Fliegen¬ gott ! vollkommen lächerlich sind, aber doch so angenehm
klingen, daß
sie
dem dreißigjährigen Kriege
wurde
in Gardelegen
so
viel
Bier gebraut, daß täglich etliche hundert Wagen ausgeführt wurden, und in Folge des dadurch in die Stadt gekommenen Reichthums be¬
den Schlemmern und
Demmern
bei Nennung derselben die Sirenen
zu hören vermeinen und anfangen zu dürften.) Eines besonderen Rufes genossen das Ruppiner
hauptet wurde:
„de Kardeleger veilen Junker sin.“ Wie das Bernauer, so hat auch das Gardeleger Bier seinen Dichter gefunden: Vivere quis tecum nollet totaliter? audin? Urbs bene sic dulci tota liquore scates. Dum tua uectareum spirat cerevisia potum. Caetera, quae victus postulat, hinc sät habes. (Sag, wer möchte nicht stets in dir leben, o Stadt, die du überströmst von so lieblichem Getränk? Alles, was man zum Leben gebraucht, stießt reichlich dir zu ob deines Bieres nektarischer
Bier
Kraft.)
(dasselbe
Auch der gelehrte Heinrich Meibom verfaßte ein Lobgedicht in
hatte aber nach Beckmann „mehrentheils braunstigen Geschmack" und war „durch das Mischen heruntergebracht"), das Berliner Kufenbier, der Frankfurter Büffel, der Gardelegener Garley, der Salzwedelsche Soltmann, Tangermünder Kuhschwanz, Kyritzer Mord und Todtschlag (so genannt wegen seiner Stärke, er wurde besonders gern am kur¬ fürstlichen Hofe getrunken, im letzten Viertel des 17. Jahrhunderts wurden jährlich 5—6000 Tonnen ausgeführt, vornehmlich nach Lübeck
lateinischen Hexametern auf das Gardelegische Bier, welches Beckmann
und Hamburg),
Kyritzer Fried
und
Einigkeit,
Nauener Zitzenille,
Brandenburger alter und neuer Klaus, s. g. nach den ersten Brauern. Später, im 18. Jahrhundert, braute man in dem von Friedrich
Wilhelm I. an haus
ein
Wilhelm
als
II.
dem
„Brauhausberge" bei Potsdam angelegten Brau¬
„Königsbier"
sehr
berühmtes
Getränk.
hob aber die Brauerei wieder auf, weil
sich
Friedrich die
Stadt-
brauer über die gefährliche Concurrenz beschwerten. Auch Breihahn, schwedisches und englisches Bier, wurde damals in Potsdam gebraut. Als von besonders lieblichem Geschmack rühmt Beckmann das Bornstädter Bier, von welchem jährlich 3500 Tonnen in der setzt
Stadt
abge¬
im Tert, hochdeutscher und altmärkischer Uebersetzung mittheilt, in welch letzterer es u. A. heißt: Neck leket borg er, buer, gelehrte mit den dummen, Hellt se meck up der fust, sau supt se braff herummen; Se segget, wenn de wien so schelle nich geraen, Sau könn eck ohne spott in seiner städde staen.
Der Analogie halber mögen hier des Pasewalker
Von Salzwedel heißt es: „Das Bier allhie gesotten, so
wegen seiner
wird, gar nicht
führlich von
burger Land
und
schmacks und
den damals schon geübten
Verfälschungsmethoden, welche dazu dienen sollten, das Getränk
be¬
zu machen, „weil der gemeine Mann dafür hält, daß dasjenige ein gutes Bier sei, so wohl zu Kopf liege und gute Räusche mache." Ein in seinem Manuscript befindliches Verzeichniß märkischer rauschender
Biernamen enthält der ehrsame Verfasser seinen Lesern vor, „weil viel Benennungen zum Scherz und groben Scherz, einige gar zur Beschimpfung gemeinet sein und einen pöbelhaften Erfinder verrathen." Unsere Fürsten zollten der Bereitung des Bieres, von dem sie eine nicht unbedeutende Steuer bezogen (das erste Biergeld schreibt
Preise
Ipsa Ceres coquere et pingues distendere cellas Nectare, quo nullum Pomerano rure coloni Suavius Hyblaei sorbent de more liquores. (Fruchtbares Pasewalk, welches Ceres selbst Brauen lehrte und die strotzenden Keller mit dem Nektar zu füllen, welcher den Leuten des Pommerlandes süßer dünkt als Hybläischer Honig.)
Der im Vorhergehenden wiederholt citirte Beckmann handelt im ersten Bande seiner Geschichte der Chur und Mark Brandenburg aus¬ Bieren,
die Verse zum
Fertile Paswalcum, succos cui tradidit igni
wurden.
den märkischen
noch
Bieres, Pasenelle genannt, stehen:
Krafft
ob es
ein Königin
wol dem Gardelebischen, alles andern gehalten
zu vergleichen, so ist es doch so guten Ge¬
nahrhafft, daß vorgezogen
es
und
allen andern gegen dem Lüne¬ deßwegen
stetigS
dahin mit
Burger Vertrieb gebracht wird." (Daher der Spruch: de Seltwedler hebben dat goth). Straußberg dagegen findet in den Augen der Bierverstän¬ digen keine Gnade: male per iecum audit ob cerevisiam mendacem sive mendaces efficientem. (Scherzweise steht es in schlechtem Rufe wegen seines lügnerischen, oder vielmehr verlogen machenden grossem der
Bieres).
Die Ansichten über die Zuträglichkeit des Bieres überhaupt, wir gesehen haben, in dem Verfasser unserer Topographie
welche, wie
-
222
— befehlen wir ernstlich und in Gnaden der Obrigkeit genannter Stadt, daß sie sich fürderhin solch ungerechten und unbilligen Beginnens enthalte; wir gestatten und erlauben
einen eifrigen Vertheidiger gefunden hat, da er nichts als Lobsprüche
die Neige zu trinken
übrigens in Deutschland selbst getheilt. Erfinder des Bieres eine pestis Germauiae, (während dagegen der gelehrte Nürnberger Arzt und Geschichtschreiber Hartmann Schedel behauptet, Bachus selbst habe die Deutschen den zu berichten weiß,
waren
Martin Luther nannte
Gerstentrank
bereiten
den
gelehrt),
und
der
unbekannte
dissertatio de generibus ebriosorum äußert
ferner allen Einwohnern gedachter Stadt, und allen ihren Gästen
Trinkfreiheit,-und zwar dem, welcher
sich noch stärker:
in
Norddeutschland wachse kein Wein — der Landwein scheint ihm nicht der Rede werth zu sein — indessen werde sehr guter importirter ge¬
die Neige getrunken hat, den
ersten Schluck aus dem frisch gefüllten Humpen.
Verfasser der
unserer
Satzung
zuwider
handelt,
der
Wer aber dieser
Strafe von zur Hälfte dem Ma¬
soll
eine
trefflichen französischen Rothwein berühmt ist); sed praedominatur cerevisia, crassus ille et bumano corpori noxius humor, quem
100 Solidi, zur Hälfte an unsere Kasse, gistrat zahlen.) Wer dieser Waldemar dei gratia princeps Neomarcbicus ge¬ wesen. ist unklar; ein Kointhur des deutschen Ordens? 1455 wurde bereits die Neumark seitens des Ordens an Kurfürst Friedrich II. von
(ut credere par est) daemon aliquis malus excogitavit in hominum perniciem, ut eo non secus ac veneno quodam pestifero
trotzdem zu behaupten.
pleraque clarissima Ingenia extinguerentur. (Doch es überwiegt der Verbrauch des Bieres, jener dicken und dem menschlichen Orga¬
zahl falsch abgeschrieben sein, jedenfalls brauchen wir das Ganze nicht, wie Mylius will, für eine scherzhafte Verordnung anzusehen.
nismus schädlichen Flüssigkeit, welche zweifelsohne zum Verderben der Menschen ein böser Dämon erfunden hat, um in ihrer giftigen Fluth
Eine große Anzahl deutscher Weisthümer schildert ausführlich, wie der Gerichtsherr und seine Leute, wie die Gerichtsschöppen mit Speise und Trank bewirthet werden mußten, wie eingezogene Gerichtsbußen
ja
trunken (wie
noch jetzt die gesammte Ostseeküste durch ihren vor¬
die strahlendsten Geister zu ersäufen).
Rolle spielte das Bier im Leben der Märker Wunderblut zu Zehdenick, wie unser Brauexperiment seine Entstehung ebenfalls weiß, einem Topograph — verdankt), eine so wichtige, feierliche Handlung waren die Trinkgelage ich erinnere dabei an die von Luther aufbewahrten Worte eines sächsischen Edelmannes, als Spalatin ihm erzählte, daß schon Tacitus vom vielen Trinken der Deutschen berichtet hätte: „O lieber Herr, weil Volsauffen also ein alt ehrlich herkommen ist, so laffets uns itzunder nicht abbringen!" — daß in einer neumärkischen Stadt eine Art Zecheomment unter Brief und Siegel der Obrigkeit aufgestellt Eine
so
große
(es sei dabei erwähnt, daß das
Lippenische Recht: „daß, wer die Neige von Bier ausgetrunken, von
wurde, das
s.
g.
Kunden wieder zu trincken ansähe."
der vollen
Es ging daher das
Sprüchwort: qui bibit ex negis, ex friscbibus incipit ille. Die Urkunde, welche dieses ins bibaculis late famosum, wie Leutinger es nennt, anordnete, und welche im Original anscheinend nicht mehr eristirt, ist so interessant, daß ich bei
sie nach dem
Wortlaut
Mylius mittheile: Nos Waldemar dei gratia princeps Neo-Marcbicus etc. notum facimus universis et singulis mandatum hoc nostrum Postquam percepimus querelas, quas fidelis lecturis. uoster civis ex oppido Lippenum dicto in Neo-Marchia sito, Petrus Wadepbul, attulit, et iniurias a consulibus et senatoribus dicti oppidi sibi illatas, quod inter potandum ultimum semper baustum sive negam ebibere coegerint; idcirco mandamus serio et simul dementer praefectis istis Lippenensibus, ut ab iniusto et iniquo hoc conatu imposterum abstineant; concedimus et permittimus omuibus incolis nominal! oppidi nec non alienigenis libertatem potandi et quidem eo, qui negam ebibit, primum baustum e cantbaro rursus impleto. Qui vero mandato buic nostro non obedierit, mulctam centum solidorum, quorum dimidia nostro aerario, altera vero magistratui oppidano attribuenda persolvere teneatur. Datum in arme nostra Calisiensi feria tertia Pascbatos. Anno 1479. (Wir Waldemar pp. eröffnen allen und jedem der diese Ur¬ kunde liest: Alldieweil vor uns gekommen sind die Klagen, welche
Bürger der Stadt Lippehne in die Unbill, welche ihm Bürger¬ meister und Rath gedachter Stadt zugefügt haben, indem sie ihn vergewaltigt haben, au der Kneiptafel stets den letzten Schluck oder unser getreuer Peter Wadephul,
der Neumark,
erhoben
hat, und
Brandenburg
Mylius
verkauft.
Mag
die Zulässigkeit des
sucht
Titels
er Recht haben, oder mag die Jahres¬
von den Gerichtspersonen vertrunken wurden,
wobei der Vorsitzende Richter den Antrunk hatte, und die Reihenfolge des Weitertrunks
jedenfalls nach der Aneiennetät bestimmt wurde; ja in Norddeutsch¬ land pflegte man die Bußen gleich in Bier anzusetzen. So mußte
B.
der Richter Klaus Schulte zu Klofterfelde, welcher sich LehninKlostergut angeeignet hatte, „dem erwerdigen berrn, berrn Arnoldus abte und den gemeynen herren des closters to Lenyn“ z.
sches
Tonnen Bernauer Bier
sechs
zu
einer
„fruntbliken süne"
geben
(Urk. v. 27. Apr. 1458. Riedel, cod. diplom. Brandenb.1.10. p. 291). Die Regelung einer solchen juristischen Kneiperei, nicht die Consti-
tuirung eines allgemeinen Zechcomments ist der Zweck der merkwür¬ digen Urkunde, und darum dürfen wir sie, ihre Echtheit vorausge¬ setzt, auch für vollkommen ernst gemeint halten. Was unser Gewährsmann von dem Harlungerberg bei Bran¬ denburg und der daran sich knüpfenden Sage weiß, ist bereits in einem früheren Aussatz mitgetheilt worden (diese Zeitschr. II., 58) Von dem Rolande in der Neustadt Brandenburg berichtet er nach Gareäus, aber mit einer willkommenen Zeitangabe: „er ist gar groß von Stein, und noch vor dem nächsten (dreißigjährigen) Krieg übersilbert ge¬ wesen." Von andern Rolandsbildern in der Mark erwähnt er noch zwei, die beide jetzt verschwunden sind.
„Es
berichtet einer, daß eine Rolandssäule zu
berg i./NM. seyn lassen.
gesehen werde,
Königs¬
wir aber dahin gestellt
welches
Zöpsl in seinem ausführlichen Buche über die
Rulandsäule kennt den Königsberger Roland nur aus Beckmann's
Notiz.
Dasselbe ist der
dem Umstand,
daß
(der Topograph
wirft
die
Fall mit dem Roland von Preuzlau; aus Stadt 1138 vom Wendenkönig Pribislav
den
Brandenburger Fürsten und den Obotriten-
könig gleichen Namens zusammen) erbaut sei, schließt der Verfasser „daß solche statuae nit vom Carol. M. dem Kaiser, ihren
Ursprung haben." Am Rathhause zu Treuenbriezen soll
sich
folgende
Inschrift
befinden:
Haee urbs hoc meruit, quod Brezia dicta fidelis; Principibus belli tempore fida fuit. (Diese
Stadt hat
es
verdient, das treue Briezen zu heißen,
denn Treue erwies sie ihren Fürsten
in Kriegszeiten).
Sie
bezieht sich auf die bekannten Begebenheiten unter der Re¬ gierung Ludwigs des Baiern (ck. Kuhn, märk. S. Nr. 85).
Bei Erwähnung Ealbes a./S. wird
die Geschichte von dem
wunderbaren Ringe in der Familie v. Alvensleben mitgetheilt (ck. Gräffe,
I. Nr. 538).
Von dem in dieser Zeitschrift I. p. 103 erwähnten „Bärenkasten" bei Oderberg berichtet unser Topograph, Markgraf
II.
der Oder während der Pom¬
begehret, ein Pfund vor sechs gute Pfennige gelassen, die Zunge aber
von Frieden hat man solches biß auff dte gevierdte Mauer lasten untergehen, ja etliche Bären drein versperret,
umb 3 Groschen verkaufft werden. §. 8. Und damit unter dem guten und geringen Rindfleisch kein Unterschleiff möge gebrauchet werden: Sollen die Fleischer, wann
Albrecht
habe auf dem Werder
in
mernkriege ein festes Schloß erbaut;
„in Zeit auch
eine
Bärenkasten dran gebauet, dahero man
einen
Zeit laug
Die Schönheit
den
sie
auch
es
Oranienburgs wird mit
priesen, und dabei ein merkwürdiges Verständniß
ein jeder bei seiner Scharn eine Taffel halten, worauf der Marckt-
beredten Worten ge¬
für das, was wir
„Der
Prospect
Schloß ist von allen Seiten gar
vom
anmutig; von
der einen
Seite
stehet man gleich
Garten und das dabey ligcnde Städtlein; von der andern Seite siehet man in der Rivier, auf welcher sich allzeit viel Schwanen auffhalten, und dann weiters auff schöne Wäiden und rundherumligendes Ackerfeld, welches Feld wide-
in
etwas mißglückten Vogelperspective
ein
getreues
Bild
des
Schlo߬
gartens mit seinen kunstvollen Beeten, Laubengängen und Colonaden
gewährt.
Ich
Streifzug mit
der
„Matthäi Meriani
deß
schließe diesen litterarischen
die Herausgeber unseres Buchs
Bitte,
welche
Aeltern
seel.
Hinterbliebene samptliche Erben" am Schluß der Dedication ausge¬ sprochen haben:
„Diese unsere zwar geringe, jedoch aber gehorsamst wolgcmeynte Arbeit als ein Pfand unserer unterthänigsten Devo¬ tion gnädigst auff- und anzunehmen."
Von Ferdinand 4.
Es sollen auch Schatz Herren verordnet, und die beyden
Alt-Meister darzu vereydet werden,
ohne derer beysein,
kein Viehe,
soll auffgehawen werden: Massen denn, wenn ein Viehe am Eingeweide oder sonsten ungesund, daß es zu effen nicht dienet,
befunden wird,
sie dasselbe, bei Vermeydung höchster Straffe, verwerffen, das gesunde
und untadelhaffte Viehe aber, so, wie in folgenden Punkten verordnet, schätzen sollen.
§. 5. das gantze
Ein Pfund Fleisch von einem gut gemesteten Rinde, sol Jahr durch vor zehen gute' Pfennige gegeben, und keiner
mit Zunehmung
der Kaldaunen, wieder seinen
Willen,
[
gute Pfennige gegeben, auch die Nieren und Talch dabey gelassen: nebest den Füßen, Geschlinge, und der Kaldaunen,
Die Köpfe aber
wer es begehret, absonderlich nach
Billigkeit verkauffet
werden.
Das Seugersleisch sol halb, oder nach Viertheilen wie
§. 11.
Käuffers Gelegenheit gibt, nach dem Gesichte, doch auf vor¬ hergehende Schätzung, damit keiner überschätzet werden möge, verkauffet: Das Bock und Schaf-Fleisch aber, ein Pfund vor acht Pfennige ge¬ es des
lassen werden.
Das Kalb-Fleisch sol das gantze Jahr auch gewogen, §. 12. und jedes Pfund mit neun guten Pfennigen bezahlet: Der Kopff aber mit den Füssen, Geschlinge und Gekröse absonderlich verkauffet, und die Nieren nicht ausgestopffet, dem Käuffer
noch
auf eine andere Art und Weise
ein falscher Schein gegeben werden.
So sollen auch alle Kälber in den Thoren, und in der §. 13. Wagenbnden gewogen, und keines, so nicht mit Haut und Haaren und dreißig Pfund hält, es gehöre wem es wolle, herein ver¬ stattet oder geschlachtet, sondern dieselben genommen, und im Spittal,
sechs
die Fleischer einem jeden, der es nach dieser Ordnung zahlen
dRejjcr.
(Fortsetzung statt Schluß.)
beschweret, son¬
dern allein das Pfund Kaldaunen um acht gute Pfennige, Leber und
Lunge aber das Pfund vor sünff gute Pfennige verkaufft werden: Das
Maul,
>
wie vor Alters gebräuchlich, gegeben werden. Wann in den Bäncken Fleisch außgehangen wird, sollen §. 14.
Die Knokenhouwer Berlins.
§■
!
den
rumb auf allen Seiten von schönen Wäldern umbschloffen ist, also daß nichts da mangelt, so einen Prospect lieblich machen könnte." Der beigegebene von Meinhard gezeichnete Kupferstich ist von besonderem Interesse dadurch daß er uns, Dank der bei ihm beliebten
gesetzte Tax seines Fleisches geschrieben habe. Das 9. Pfund gemestet Schweinefleisch, wenn es rein be§. funden, sol vor einen Silbergroschen gczahlet, und weder von den Fleischern, Jahr-Köchen, noch anderen, höher gesteigert werden. §. 10. Das Hammel »Fleisch sol das gantze Jahr durch, es werde an gantzen oder halben Viertheilen geholet, nach dem Gewichte verkauffet, und das gemeste Fleisch, von Weyhnachten bis aus Pfingsten umb einen Groschen, und von Psyngsten bis Weynachten, umb zehen
Meister ihmc die
heut noch als das Malerisch-Schöne unserer Havelgegenden erkennen, und als solches von Fontane in seinem Einleitungsgedicht zum „Ost-Havelland" so trefflich geschildert worden ist, dokumentirt: schön und
einen feisten und geringen Ochsen zugleich schlachten, den geringen
erst auffhawen, und nach der gesetzten Taxa besonders verkauffen, auch
Bären-Kasten genandt."
Hertz und Nieren sollen zu den besten Stücken geleget,
ge¬
wil,
bey
des Raths wilkürlicher Strafe, solches zu kommen lassen, und sol der Behelff, als wann cs von anderen albcreit bestället wäre, oder das der Käuffer sonsten von dem Fleischer nichts nehmen pflegte, hierin
Im
übrigen sol ein jeder sich eines redlichen und auffrichtigen Gewichts gebrauchen: Denn sollte Jemand mit falschen Gewichte betroffen werden: Wird er schwere Straffe zu erwarten haben. Sollten die Fleischer die Fleisch Tage richtig halten, 15.
gar nicht gelten.
§. und Winters Zeit umb 6 Uhr, des Sommers aber umb 5 Uhr in den Schärnen auffwarten: Damit ein jeder Fleisch bekommen, und
Zeit zum Fewer bringen und gaar machen lassen übrigen sind sie ihren Jnnungs- und Articuls Briefe
solches zu rechter
könne.
Im
nach zu leben verbunden.
Urkundlich haben wir der Rath beyder Städte hierunter Unsere
Llajor Siegel
wogen, und gleich dem Fleische vor zehen gute Pfennige verkaufft werden: Welcher sechs Pfund Rind-Fleisch niiumet, sol einen halben
Geschehen
Fuß gewogen darzu nehmen, und gleich dem Fleische bezahlen. Die Zunge von solchem Ochsen sol gegeben werden umb 4'/2 oder 5 Schillinge.
Auf
drücken lasten.
Cölln an der Spree, den 6. Martii Anno 1656.
die Vorstellung des Rathes zu
Kölln, daß die Fleischer
stch
§. 6. Das Pfund Rindfleisch nechst dem besten sol umb neun gute Pfennige und das etwas geringer, wie auch das Fleisch von einer
an keine Ordnung binden wollten, und sogar die Freischlächter, welche den übrigen entgegengesetzt worden, gleichen Ungehorsam bezeigten, gestattete der so daß die armen Einwohner sehr bevortheilt wurden,
Kuh umb acht gute Pfennige, und ein Pfund Kaldaunen vor sieben gute Pfennige verkaufft, mit Lunge und Leber sol es, wie vor angedeutet, gehalten werden. Die Zunge sol gelten 3 Groschen
Kurfürst unterm 17. Oktober 1660, daß in Kölln zwei Fleischbuden erbaut werden konnten, um darin allerhand Fleisch wohlfeil und nach Auch sollte dem Rath beim Einkauf rechter Ordnung zu verkaufen.
6 Pfennige oder 4 Groschen.
des Viehes durch die Schlächter der
gemesten
Demnächst wurde,
Vorkaus zustehen.
durch Verordnung vom 1.
§. 7. Das Fleisch von einem geringen Ochsen und ungemesten Kühe, sol das Pfund thewrer nicht, als vor sieben gute Pfennige ge-
Schlächtern bei schwerer Strafe verboten, im
geben, die Kaldaunen nach dem Gewichte verkauffet, und dem, der es
weder Kälber, Hammel noch Lämmer
April 1722,
den
Umkreise von 4 Meilen
aufzukaufen, damit
solche
224 von den Landleuten selbst zum Verkauf in die Auch sollte
könnten.
finniges
Stadt
„Damit aber",
gebracht werden
Schweinefleisch nur dann zum Ver¬
Grasung
in
die
verfiel noch außerdem in Geldstrafe. ist jetzt, nach einer Bekanntmachung des Königlichen Polizei-Präsidii, aufgehoben und das Feilhalten von finnigem Fleisch, neben Confiscation
als die obrigkeitlich festgesetzten. Außer¬ dem heißt es in der Fleischer-Ordnung vom Jahre 1591: Rindvieh, Schweine, Schöpse, welche allhier gemästet oder auf des Raths oder Bürger-Acker und Wiesen getrieben, sollen nicht an fremde Orte, son¬
Das
in
der
Stadt
geschlachtet und verkauft werden.
köllnische Gewerk behüthete seit alter
Zeit
den
vor dem
ehemaligen Halle'schen- und Kottbuser Thore gelegenen „Plan" oder „Urban"; das berliner Gewerk die „Stadtfreiheit", von dem alten
Stadtgraben westlich über die Panke, nördlich bis Pankow (das Territoriuin, von dem Quitzow die Viehheerden hatte wegtreiben lassen), Weißensee und Lichtenbcrg,
und östlich bis Boxhagcn.
Nach einer
Bestimmung aus dem Jahre 1624 durften jedoch die Berliner Schlächter, bei 3 Thlr. Strafe, die Stoppeln nicht eher behüthen noch betreten lassen, bevor nicht das Gemeinde - Bürgervieh dieselben zuvor acht Tage belaufen und darauf gehüthet hatte. Diese Behüthung mußte natürlich im Laufe der Jahre, als die Grenzen der Stadt sich mehr und mehr erweiterten, an Boden ver¬ lieren. Dazu kam noch die Zersplitterung der beiden Gewerke, als die Friedrichs- und die Dorotheenstadt eigene Innungen erhielten. Denn als 1745 die Fleischprcise so hoch gestiegen waren, daß sie von der ärmeren Klaffe der Einwohner nicht mehr bestritten werden konnten, ließ Friedrich der Große, auf die Erklärung der Schlächter, daß dem Uebelstande nur durch Gewährung einer umfangreichen fteien Weide
für das vorräthig zu haltende Schlachtvieh abzuhelfen fei, durch KabinetsOrdre vom 22. Juni 1747, u. dem Köllnischen Gewerk (das noch den Urban besaß) in der köllnischen Stadthaide
300 Morgen,
l). dem Berlinischen in der Köpenicker Forst 1105 Morgen, o. dem Friedrichsstädtischen ebendaselbst 1104 Morgen, und ä. dem Dorotheenstädtischen Gewerk im sogenannten „kleinen Thiergarten" 269 Morgen 127 Hi Ruthen Weide, auf den Gesanmitbedarf von 220 Ochsen und 4050 Hammeln unentgeldlich anweisen.
Außerdem wurde durch Kabinets-Ordre vom
25. Oktober 1746 die Abgabe von 10 Thlru. für jedes von außer¬ halb hier einkommende Stück Rindvieh aufgehoben, zugleich aber auch der Preis des Fleisches durch eine vorgeschriebene Taxe niedriger gestellt. dem General-Privilegium und Gildebriefe vom 9. Juni 1784, Artikel 15, wird dann noch die ftühere Verordnung bezüglich der Weidegerechtsame recapitulirt.
In
wir ferner,
genoffen, das Beste
der allgemeinen Gewerbefteiheit kam auch die
so
wurde die letztere denn den Schlächtern gekündigt.
In
Folge der von denselben geltend gemachten Eigenthumsrechte auf jene
den kommunalen Rechten, welche die Schlächter vorzugsweise
dern allhier
Einführung
Weideplätze sahen die Behörden
keine höheren Preise zu fordern,
verordnen
Stadt.
hatte, und
sechs
in Anspruch nahmen, gehörte die Weidegerechtsame oder das Hütungsrecht. Es hing dafielbe mit der stüheren Gewerbeverfassung und insbesondere mit der Verpflichtung zusammen, die Einwohner der Stadt mit gutem Fleisch zu versorgen und bei dem Verkaufe defielben
Fleische
ungewiffenhafter
Fleischertaxe in Wegfall, welche wiederum die Weidegerechtigkeit bedingt
Wochen Gefängniß bedroht.
Zu
so
auf der Stadt Grund und Boden
Mit
Diese Erlaubniß des Verkaufs
50 Thlr. event, bis zu
und
auswärts verkaufen, das Schlimmste aber zum Debit in der Stadt behalten soll. Würde sich ein Schlächter deffen unterstehen, soll er nach befundenen Umständen bestraft werden". Die Kämmerei erhielt die Hälfte, die Gewerkslade und der Denunziant je ein Viertel von Zur Ausübung der Controle wurde die der Contraventionsstrafe. Stückzahl des Viehes, beim Austreiben nach der. Weide, von einem Steuerbeamten am Thore registrirt, und eben so beim Zurücktreiben
Eigenschaft desselben, vor Abschluß des Handels, bekannt gemacht hatte. War dies unterblieben, so mußte Jener das Fleisch zurücknehnien und
zu
Stadt mit gutem
gewinnsüchtiger
daß kein Schlächter von seinem zusammengekauften Vieh, welches die
Tafel, auf der eine Sau abgebildet, für Jedermann leicht erkennbar gemacht werden. Wer derartiges Fleisch zu Wurst, besonders Bratnnd Rauchwurst verwendete, verfiel in Geldstrafe und in den Verlust der Waare. — Noch bis in die jüngste Zeit ist der Verkauf derartigen Fleisches erlaubt gewesen, sobald der Verkäufer den Käufer mit der
mit einer Geldbuße bis
heißt es wörtlich, „die
Betrügereien
Schlächter desto mehr vorgebeugt werden möge,
kauf ausgelegt werden, wenn es von den verordneten Markthcrren und Altmeistern vorher besichtigt und als „bankwürdig" erkannt worden. Die Auslegung desselben mußte aber auf einem besonderen Tisch er¬ folgen, und zum Zeichen, daß es finnig sei, durch eine aufgehängte
der Waare,
und
versorget
|
;
f
sich
zur Beschreitung des Rechtsweges
genöthigt, und so kam die Angelegenheit, bezüglich des Urbans im Jahre 1752, in betreff der übrigen Weideplätze aber erst im vorigen Jahrzehnt, mit einer theilweisen Entschädigung des Gewerks, zum (Schluß folgt.) Abschluß.
Berliner Theaterplaudereien aus den dreißiger Jahren. (Schluß.)
Baron längere Zeit nicht gesehen; Familienverhält¬ nisse, geschäftliche Vortheile, welche sogar mein gänzliches Verlaffen Berlins in Aussicht stellten, hatten mich fern gehalten. So eilte ich
Ich hatte
den
denn, nach den wenigen Tagen seit meiner Rückkehr die erste Frei¬ stunde benutzend, meinen alten liebenswürdigen Enthusiasten wieder zu begrüßen.
„Ach, Doktor, sind Sie endlich zurück?" empfing er mich freund„Wie viele Ihrer Patienten sind denn inzwischen ohne Ihre Hülse in die Ewigkeit spedirt worden? Kommen Sie, setzen Sie sich lich.
mir, Sie wiffen ja, wie ich es meine. Ich habe Sie, Gott Dank, als Arzt nicht entbehrt, denn ich — doch zuerst: wie steht zu
werden
wir Sie verlieren,
oder bleiben
Sie
sei
es,
der Unsere?"
„Darüber, Herr Baron, vermag ich noch nichts zu bestimmen. Die Vortheile müßten doch nach allen Seiten hin sehr verlockend sein, ehe ich mich entschließen könnte, Berlin für immer zu verlassen." „Recht! Es ist ein eigen Ding um solch' einen Wechsel; Berlin, immer sagen möge, und wie unfteundlich man uns Berman was liner auch oft beurtheilt: Berlin bleibt Berlin, und wir selbst doch bester, als unser Ruf. Wie wollten Sie auch, der Sie ja mit Leib und Seele daran hängen, das Theater entbehren? Unsere Bühne, trotz der herben Verluste, die wir erlitten, steht doch immer noch oben an." „Gewiß! Aus alle dem höre ich zu meiner Freude heraus, daß Sie, Herr Baron, bereits ein Anhänger Seydelmann's geworden sind." „Ob ich es bin! Und zwar ein so großer, daß ich Herrn Heinrich Doch vergeffe ich darum die
Beer wenig darin nachzugeben glaube. Dahingegangenen nicht!
Will Ihnen
ganz im Vertrauen meine Ge¬
danken darüber mittheilen, Doktor, ohne
mir deshalb
eine kunstgerechte
Kritik anmaßen zu wollen. Unsere unvergeßlichen Todten gaben aus ihrem Herzen, aus ihrer tiefsten Seele alle ihre Schätze heraus, ohne vielleicht genug den Verstand zu hören, der ihnen zurief: Wie weit willst Du reichen? Damit aber begeisterten und mußten sie uns begeistern! Seydelmann ist in erster Reihe der Verstandesmensch: da ist alles scharf durchdacht und wohl überlegt; dazu sein tonreiches Organ, wo¬ wenn nicht zu vergeffen,
durch er uns zwingt sein Sprachgebrechen, doch zu verzeihen
und uns daran zu gewöhnen."
„Sie haben zuerst seinen Mephisto im Auge?" „Bitte um Entschuldigung, Doktor, ich werde nie
einen Schau-
225 spielet nach seiner Auffassung des Mephisto beurtheilen; das über¬ den
lasse ich
Philosophen, die mögen sehen, wie sie damit zurecht doch einmal von Seydelmann's Mephisto
Da wir aber
kommen.
sprechen, so gestehe ich, daß ich wissen möchte, was er
pfeifenden Ton sagen
Sie
schickt.
sind
will,
mit
ja befreundet uiit ihm, Doktor,
dem zischend-
Auftreten voraus
den er seinem jedesmaligen
können
Sie
mich
darüber belehren?" wäre wohl zu viel gesagt;
„Besteuudet,
wenn er mich auch
öfterer Unterhaltung würdigt, und ich mich derselben freue, weil nicht nur stets belehrend, sondern auch nicht selten humoristisch ist,
sie
wage ich deshalb doch nicht, mich seiner Freundschaft zu rühme».
Er
auch durch seine scharf
Auf
und angenehm ist.
das ist hier, wo der Dichter schon die Grenze des Erlaubten streift, zu
viel."
„Ich
so
ist ein feiner, schmiegsamer Geist, der scharf beobachtet, sich das Kleinste nicht entgehen läßt und es zu benutzen weiß. Seinen Kollegen steht er etwas reservirt gegenüber, während er für die Damen der stets aufmerksame Cavalier ist, und ihnen nicht nur durch sein Wissen im-
ponirt, sondern
„Kinder pflegen vom Kuchen das Beste immer zuletzt zu essen. Ich bin solch' ein altes Kind, Doktor; ich wollte nur zuerst mit diesen monströsen Gestalten fertig sein. Also: Seydelmann's KlingSberg ist mir doch etwas zu sehr Don Juan; er ist nicht der alte liebenswürdige Rous, dem wir gern die eingefleischten Thorheiten verzeihen, wenn sie uns nur in feinkomischer Art vorgeführt werden., Seydelmann wirkt weniger komisch, er meint die Liebeleien etwas zu ernst, und
pointirte Aufmerksamkeit gefällig
fürchte,
Sie
können sich der Vergleiche nicht erwehren."
„Und wenn ich es nicht kann, wer trägt die meiste Schuld? Darum bleibt er doch einer der größten Künstler seiner Zeit. Sein Cromwell in Raupach's „Royalisten" läßt uns den vom Dichter, ge¬ schichtlichen Ueberlieferungen treu wiedergegebenen, Charakter durchweg
Hier stellt
bewundern.
er uns, sowohl
Erscheinung den Usurpator vor, der
sich
das
die von
gewünschte Auskunft aber
Ihnen
im Ton, wie in seiner mäßigen wohl bewußt ist, wodurch er Volk niederhält und be¬
Hier trifft sein Studium
herrscht.
vermag ich nicht zu antworten,
über
denn ich gestehe, daß ich nie wagte,
schichtlichen
will
Ansicht nach
mit
Meiner
ihn darum zu fragen.
er das Dämo¬
Charakter
den
Größe
dieser so
Intentionen
den
fassers zusammen, daß
ge¬
glücklich des
Ver¬
Sie
diese
nische, das Nahen des Bösen, Un¬
Gestalt in vollendetem Guß vor
gewöhnlichen damit markiren."
sich
„Ja, aber
wir
das denken wissen es
wir uns,
eben
zu sehen glauben.
nicht!
ein
Nun, wo selbst die Kritik nicht einig ist, müssen auch wir uns
eben
so
Als
Ge¬
Michel Perrin:
gensatz dann sein
wahrheitsgetreues,
als ergreifendes Spiegelbild jener entarteten großen französischen Re¬
Naivität,
bescheiden; jedenfalls macht er Len
volution!
Eindruck eines geistreichen,
bewußtlose kindliche Unschuld des
vor¬
Diese
diese
nehmen Teufels, der das verkör¬
einfach frommen Mannes, der
perte Böse mit Geschick und Humor
so
in
Verhältnisse
außerordentliche
als Mephisto darzustellen weiß.
hineingeschleudert wird, ist rüh¬
Er ist
rend und muß uns zu ihm hin¬
deten
der Mephisto der
Welt,
Devrient,
während
gebil¬
Ludwig
Was mir aber von allen
ziehen.
im Klingemann'scheu
seinen Gebilden am höchsten steht,
Faust, den des Volkes repräsen-
ist der alte Advokat Wellenberger
tirte. Ich war damals ein Bursch' von vierzehn oder sechszehn Jah¬
in Jffland'S „Advokaten". „Eine Schöpfung, die
ren, aber der Eindruck ist mir bis auf die heutige Stunde ge¬ blieben. Das Gesicht eingerahmt
von ihm noch nicht kenne."
„ Sie werden sie kennen ler¬ mir Recht geben! Hier
üarl SryLtlmmi», geboren am 24.
Aprtt
1795, gestorben am 17.
März 1643.
nen und
fühlt
von einer feuerrothen Kappe, die zugleich den
Hals umschloß,
der
den
Hut mit der rothen Hahnenfeder, Wamms und Beinkleid mit schwarzen Puffen, darüber der kurze, schwarze spanische Mantel. Devrient war damals noch ein ganz junger Mann und in voller Kraft; da hätten Sie die gewaltigen Augen sehen sollen! Er war, mit einem Wort, der Teufel, an deffen Persönlichkeit man glaubte,
ich
er, ehe er
auch
denft; das wer¬ Der
Sie empfinden.
schwarze
alte Wellenberger, die personificirte Ehre, von seinen Kollegen geachtet
roth
und hochgestellt, sieht sich mit einem Male derZumuthung zur Theilnahme an einem Verbrechen gegenüber gestellt. Hier ist sein Ton, sein Spiel
der aus der Hölle direct
gekommen zu sein schien.
Ich war ein
muthiges Blut, konnte aber lange Zeit den Eindruck nicht los werden, und wich der rothen Farbe aus, wo ich sie nur immer von weitem auftauchen sah."
„Und worin haben Sie
Seydelmann
während meiner Ab¬
wesenheit außerdem noch gesehen?"
„In
verschiedenen Rollen.
Sein Hassan, in „Fiesko", läßt an
thierischer Ueberwucherung dieser Menschengestalt nichts zu wünschen
unvergleichlich.
Wie er die armen kranken, vom Hiragra geplagten
Hände vor jeder Berührung ängstlich zu schützen sucht, so liest man
in
seinen Augen, seinen Zügen, wie er die Seele vor so verbrecherischer
Nähe zu retten bemüht ist."
„Und wie nahm das Publikum das Stück, sein Spiel auf?" können Sie fragen! Das Publikum möchte ich sehen, das darüber nicht einig und entzückt wäre!" „Und doch hört man zuweilen bei alten Stücken den Ruf:
„Nun, Doktor, wie
„Veraltet!" „Das
verstehe ich nicht,
Doktor.
Historische Stücke sind von
übrig; in „Eugen Aram" spielt er den verkommenen Menschen, welchen sie den „Bunten" nennen, ganz vortrefflich, und hier nimmt er das
vornherein von diesem Vorwurf ausgeschlossen.
allein in Anspruch." „Und sein Klingsberg, sein Michel Perrin? Wiffen Sie mir darüber Nichts zu sagen?"
durch menschliche Leidenschaften;
Vorrecht des Schaffens für
sich
schildern das Leben der es zu
Jffland's Schauspiele Familien in ihren Conflicte», hervorgerufen menschliche Leidenschaften aber wird
allen Zeiten geben, die werden nie veralten.
eine andere Gewandung
geben, sie höher stellen,
Sie sie
können ihnen
gebildeter sein
226 lassen, das Verbreche» aber
wird
Es wäre also nur
dasselbe bleiben.
die Sprache, die der Neuzeit nicht mehr mundet; diesem Uebel aber,
sollte ich meinen, müßte abzuhelfen sein.
Schauspieler erzieht,
Gerade diese
die sie
ist es,
die
Venn die
Situation zwingt und ermuthigt
sie,
Art von Stücken
fühlen und denken lehrt;
schneidend,
mit,ihrem Gefühl heraus¬
müssen
Längen
in
ja nur gehört und nicht geurtheilt.
habe
zugeben,
doch
den
daß
außer
älteren Stücken
sich
Das aber
der Sprache auch
herausstellen.
zuweilen
Beispielsweise
find in den „Hagestolzen" die ersten drei Akte doch zu viel Vor¬
Dorf-Idylle genießen zu lassen." „Warum nennen Sie gerade dies Stück? Sie
bezeichnen die
ausgeprägte» Charakterbilder in den drei ersten Akten als ein Vor¬
Gut;
aber dieses Vorspiel giebt
mir
erst ein klares
Bild
von
nur die Schwach¬ zu beurtheilen, und der darum den
dem elenden Leben eines guten, edlen Menschen, der
heit hat, alle Menschen nach
sich
plumpen Machinationen gemeiner Seelen in feiner Umgebung
ver»
Hofraths mit Mademoiselle Sternberg, ferner die Hauptsccne Reinholds machten es mir glaublich, daß der feinge¬ bildete, zartfühlende Manu, nur um seinem bisherigen Sein zu ent¬ fliehen, das schlichte, einfache, zur Arbeit erzogene Mädchen heirathet.
fällt.
Die Scene
des
Ich glaube es, denn
ich
habe
den
Mann und
sein Elend
bei der
Steruberg erst richtig würdigen lernen, habe ihn, verarmt an jeder Lebenshoffuung, sagen hören: „Scheint Ihnen Rache — Sieg, so leben
Sie
heute einen vollendeten
„Ich
werde
mit all' dem gelehrten Kram plagen, ich Schauspieler!" Sie meinen, nur auswendiglernen und dann
mich
nicht langer
hinaustreten zu dürfen. Wie viele aber sind nicht an diesem Aus¬ wendiglernen und Hinaustreten, ohne der anderen Schwierigkeiten zu gedenken, gescheitert?!"
„Kommen Sie, kommen Sie, Doktor, laffen Sic uuS in's und Seydelmann als Richelieu im „Kardinal und Jesuit" bewundern; erst wenn ich ihn lebend wieder vor mir sehe, werde ich den mir von Ihnen eingejagten Schrecken wieder los! Welch' ein Geist weht durch diese Schöpfung! Wie steht er, schein¬ bar dienend, doch als eigentlicher Herrscher dem schwachen Ludwig zur Seite! Wie ergeben macht er den König auf die von ihm an¬ geknüpften Bündnisse zu Gunsten Frankreichs aufmerksam und fügt, da er sein Werk als entlassener Minister doch nicht vollenden kann, Theater eilen
ihn als Richelieu."
kenne
„Was, Sie wollen nicht mitgehen?" „Gewiß, wer weiß, wie lange wir ihn
In
noch
haben!"
kürzerer Zeit, als ich geglaubt, war es entschieden, daß ich
Berlin verließ — mit
schwerem Herzen,
Ich
gendsten Gründe dazu genöthigt. abschiedet,
sogar heute
ftüh
und nur durch
die zwin¬
hatte mich bereits überall ver¬
den letzten Liebesgruß dem verstorbenen
in sein Grab nachgerufen; jetzt wollte ich zu dem mir theuersten alten Freund — zu dem Baron. Lange Zeit standen wir uuS wortlos gegenüber, daun begann er: „Bin auch draußen gewesen, unbemerkt, habe ihn in die Gruft senken sehen, und ihm meinen Dank tiefinnig nachgerufen für die vielen heiteren und erhebenden Stunden, die er mir und lausend An¬ deren geschaffen. Habe sie Alle auf ihrem letzten Weg begleitet, denn Seydelmann
Kunst und die Künstler stets hochgehalten, die uns auf Stunden die Misere des Lebens vergessen machen, oder uns durch die Worte der Dichter zu ich habe die darstellende
weil
sie doch
die Tröster sind,
wir vermeiden, veredeln und wie ertragen können. Darum bleiben auch Sie ihr ein treuer Freund, wie bisher; und wenn Sie auch keine Berliner Bühne finden, so werden Sie doch mahnen wissen, wie
überall genug
des Schätzeuswerthen antreffen,
um
sich
dafür zu inter-
Und nun, was wissen Sie Neues von Ihrem Freunde Döring ?" „Daß er eifrig, und zwar mit glücklichem Erfolg, unserm De-
essiren.
Tag, denn Sie haben mich zu
— Sie haben mich zu gar nichts gemacht!" Und ich sollte diese Scene mit der Sternberg fortwünschen? Wodurch soll denn der Schauspieler wirken, wenn Sie ihm die Charakter- und Gefühlsscenen nehmen? Nein, Doktor, ich wünsche unseren Künst¬ lern viel derartige Stücke. Doch lassen Sie uns auf Seydelmann zurückkommen; mir scheint, daß er nicht mehr so kräftig, so geistesfrisch ist, als da er herkam." „Ich fürchte, Herr Baron, Sie haben recht gesehen! Bin ich doch selbst vor der Veränderung erschreckt, die seit Kurzem mit ihm vorgegangen ist; er scheint geistig und körperlich mehr als herab¬ gestimmt." „Um Gotteswilleu, Doktor, woran liegt es denn, daß alle unsere großen Künstler hier so früh zu Grunde gehen? Da möchte man ja wahrlich auch für Rott fürchten!" „Nun, der geht wohl noch einen längeren Weg; da ist noch Leib und Seele gleich kräftig; Seydelmann aber scheint mir jetzt seelisch zarter besaitet, als ich Anfangs glaubte. Ich muß immer lächeln, wenn ich von jungen Leuten leicht hinwerfen höre: „Ich Boden geschlagen
mag
ihm aufgeladen werden, ihn zu bleiben bittet uud dann
letzten und
spiel, um uns die
spiel.
so scharf ein¬
erschöpft zusammenbricht."
klar zu legen. Lassen Sie auch einen Künstler einmal zu viel oder zu wenig thun, das schadet nichts, beim zweiten Mal findet er sich schon zurecht. Das feine Conversationsstück eignet sich weniger dazu, eS erfordert schon mehr den fertigen Künstler, oder ist mehr die Schule des Gehens, Stehens und Sichbewegens. „ Veraltet!" „Aber, Herr Baron, warum auf mich die Schale Ihres Zornes
Ich Sie
tief,
ergeben und doch so
daß der arme schwache König vor diesem Wust von Ge¬
schäften, die
zugehen, ihre Gedanken
leeren?
Rath hinzu — ruhig,
seinen
vrient nacheifert." „Das freut mich herzlich!
Sagen Sie ihm,
er soll dabei
bleiben;
er soll hierher kommen, und wenn ich noch lebe, werde ich einer der Ersten sein, die ihn freudig anerkennen, denn meine Erkenntniß für Er das Gute und Schöne ist, Gott fei Dank, noch jugendfrisch.
für sich, und wenn man eine Bühne, die noch die Namen Stawinsky, Rott, Weiß, Rüthling, Gern, Crüsemanu, Schneider, Wauer, Grua und Krüger Sohn, die Wolff, Schreck, Crelinger, Unzelmann, Wrochem, Charlotte Hagn, die beiden Stich's und an¬ findet freies Feld
aufführen kann, auch nicht verarmt nennen darf, so sind doch viele unserer tragbaren Säulen gefallen. Er komme und fange an, sie wieder aufzurichten, dann werden Andere seinem Beispiel folgen. „Ich möchte Sie, Herr Baron, um Ihre stets junge Hoffnung dere mehr
Mir
ist das gerade heut' nicht möglich." Sie daran?" hindert „Was „Das frische Grab! Noch vor Kurzem als Advokat Wellenberger
beneiden!
bewundert, ahnte er wohl kaum, daß er zum letzten Male den des
Publikums empfing.
Diese seine letzte Rolle lag denn auch, auf
auf seinem Sarg. vielbedeutend — was ist er heut?"
Wunsch des Grafen von Redern, kurzer Zeit
so
Beifall
Noch vor so
Unterschätzen Sie diese nicht! Sie ist nicht mehr aber ihre milden Strahlen werden Sie er¬ Sonne, die Leben weckende wärmen für die Lebenszeit. Ich hoffe für die Kunst und die Künstler Berlins, und was ich noch nicht sehe, das will ich muthig glauben." Tief ergriffen reichte ich ihm zum Abschied die Hand, und, der
„Erinnerung!
Worte nicht mächtig, eilte
ich nach der
sich dem Fenster zu, und indem er
mit
Thür.
Der Baron wandte
der Hand noch einmal Adieu
winkte, tönte es mir nach:
„Kurz ist
der Abschied
für
die lange Freundschaft!
Valet!"
227
Literatur.
er freut sich, in dem vorliegendem Pracht-Werke
thologie zu kennen;
Kulturhistorische Bilder aus der alten Mark Branden¬ burg. Von Oskar Schwebet. VI, 374. Preis 7 Mk. Berlin 1877. Verlag von Alfred Weile.
Hohenlohe-Waldenburg „das heraldische und dekorative Pelzwerk im Mittelalter" (Stuttgart. Julius Weise's Hofbuchhandlung), eine ganz vortrefflich gearbeite Mono¬
In demselben Geist, in dem Theodor Fontane seine „Wändernngen durch die Mark Brandenburg" schrieb, hat Oskar Schwebe! seine „Kulturhistorischen Bilder" entworfen. Gründliche gelehrte Bil¬
graphie über einen ebenso wichtigen Gegenstand der heraldischen Wissen¬ schaft kennen gelernt zu haben. Mit einer Sachkenntniß, welche sich
des
über die mittelalterliche
auch
Kultur
anderer Länder erstreckt,
der Herr Verfasser nach, daß die bis jetzt sogenannten
sind ihm eigenthümlich, und herzliche
dung und tiefes Verständniß
Fürsten
weist
„Eisenhütlein"
Liebe zu seiner märkischen Heimat hat ihm bei seiner mühevollen
und „Wolken" zum größten Theil nichts anderes sind als geometrisch
Arbeit die Hand geführt. Ist so der Geist in Fontane's wie in Schwebel's Werken
Herrn Verfasser darin völlig Recht; wir wiffen, daß die Schilde des Mittelalters sehr häufig mit Pelz belegt waren; da mußte doch ein decorativcs Muster für Die herkömmliche Heraldik wird zum dieselben gefunden werden.
selbe, sinden
wir
der¬
bei Beiden neben tüchtigem Wissen auch denselben
warmen poetischen Zug wieder,
so
sind
doch
ihre Arbeiten stofflich
Schloß zu Schloß, und namentlich das biographische und landwirthschaftliche Element skizzirt er glänzend; Schwebe! hält sich vornehm¬ lich an das Geschichtliche und Kulturhistorische. getreuen Bildern
führt
er uns die
In farbenreichen und
Kämpfe
'der
Slaven und
die
Zeit
des
Titel
allgemein interessirenden Studie über das Pelzwerk, welches einst auch
den Werth des trefflichen Buches noch erhöht, ist Schwebel's würdige Objektivität. Diese ist darum nicht in gesuchter Farb¬ losigkeit gehalten; man merkt auf jeder Seite, daß der patriotische
Briefkasten. ans der
Sammlung in Stahlstich
hundert Jungfrauen" gehuldigt
Tom.
M. ermäßigte Preis
erscheint als
mit
Pag. 76).
durch den Kaiser.
heiten des antiken Lebens vertieft haben, zeigen uns Germanisten da Recensent hat anderen Ortes (s. Johanniterden rechten Weg vor.
Blatt, Jahrgang 1876) darauf
hingewiesen, wie nothwendig
eS
zum
Verständniß heraldischer Figuren ist, die Symbolik der deutschen My¬
historisch nicht
aus
M.
s.
der
das
Bild
einer Belehnung, welches Riedel's
Geschichte
ist, während das Gefolge des Fürsten das Hohenzollernsche, quadra¬ tisch schwarz und weiß in vier Felder getheilte Banner trägt.
Märkisches Museum.
Beitrag zum Verständniß mittelalterlichen Lebens.
in die unbedeutendsten Einzel¬
Art geführt hätten, ist
der Ahnherren des Preußischen Königshauses", Berlin 1851, enthält. Nach demselben hält der Kur¬ fürst eine Fahne, aus der im weißen Felde der rothe Adler abgebildet
„Zehn Jahre
der geschichtlichen' Hülfswisfenschaften ist mehr gesündigt
deutscher Gründlichkeit
dipl. Brandenb.
silbernen Schilde führen, die drei Farben: weiß, schwarz und roth an¬ genommen worden. Die Lehnsfahne trug der Kurfürst bei Belehnungen
möge nicht geringschätzig über den verhältnißmäßig minutiösen
welche sich
v. Raumer's Cod.
Daß beide Schwesterstädte schon damals eine
ja selbst zweifelhaft, da die Bürger später noch, bei Aufzügen und im Felde, die Hohenzollernschen Haussarben an Schärpen und Binden getragen haben. Erst in neuerer Zeit ist der Mangel der Stadtfarben zur Sprache gekommen, und es sind, mit Rücksicht auf das Wappen beider Städte, die den rothen Brandenburgischen Adler und den schwarzen Bär (später and) den schwarzen Adler) im
ein
Gegenstand denken; ich meine, die Kenner der klassischen Archäologie,
das zweite
zu beweisen,
dieses, wenn auch vor einer längeren Reihe
worden, als in der edlen Heroldskunst. Da begrüßen wir jeden Versuch wiffenschaftlicher Forschung und Deutung ächter, alter Wappen als einen
Man
I.
(S.
Fahne der im Bilde dargestellten
überaus billiger.
schätzbaren
die Lehnsfahne, welche der
weiß), heraldisch genau sei? Die Städte Berlin und Cöln haben nicht dem Kurprinzen Johann, sondern dem Kurfürsten Friedrich I. am Dienstag nach den „elf¬
L. F.
lich für die Freunde unserer märkischen Heimath. Von den 60 Blät¬ tern bringen 11 Ansichten Berliner Bauten und gehören diese zu den besten Stichen, die wir kennen; von Potsdam sind 9 Ansichten ausgenommen und geben die übrigen 40, Bilder märkischer Städte oder einzelner Bauten in denselben, wie Domkirche in Brandenburg, Rathhaus in Frankfurt, Schloß in Schwedt u. A. Der von der
sehr
hier. Ob
das erste den rothen Brandenburgischen Adler enthaltend,
von Jahren erschienen, behält wegen der vortrefflichen künstlerischen Ausführung in Zeichnung und Stich seinen bleibenden Werth, nament¬
In keiner
iß.
schwarz, das dritte unter dem Adler ebenfalls schwarz, und das vierte
ausgeführter Ansichten der Städte, Architecturcn und Denk¬ mäler. Herausgegeben und verlegt von B. S. Verend söhn
Verlagshandlung auf 18
Kurprinz Johann „Huldigung National-Galerie dem Schrader'schcn Bilde in der Städte Berlin und Kölln, im Jahre 1415", trägt (vier Felder:
entgegengenommen.
Joachim Friedrich's Kost- und Kleiderordnung für die Städte Berlin und Cölln vom Jahre 1604. Von Paul Quandt. — Die St. Nicolai¬ kirche in Berlin, bau- und kunstgeschichtlich. Von Th. Prüfer. — Die Knokenhouwer Berlins, von Ferdinand Meyer. — Das Berliner Theater unter K. Th. Döbbelin. In Briefen des Kriegsraths Bertram an F. L. 23. Meyer. Mitgetheilt von vr.(Schluß.) Hermann Uh de. — Literatur.
Joachim Friedrich's Lost- und Lleiderordnung für die Städte Berlin und Cölln vom Jahre 1604. Don Pauk Dullnät.
Nicht erst in den letzten Jahrzehnten, sondern wohl so lange schon, wie Berlin überhaupt als Haupt- und Residenzstadt der brandenburgischen Lande besteht, ist es auch als das Babel des Luxus, als Vorbild in allem, was Leichtsinn und Verschwendung für des Leibes Nahrung und Nothdurft zu erfinden vermag, gehalten worden. Nicht nur heutzutage, wo dies bei der drückenden und arbeitslosen Lage eines großen Theiles der Bevölkerung gerade am wenigsten zu erwarten wäre, hört man wieder und wieder tadelnde Stimmen über die Verschwen¬ dung und den Lurus, besonders der Frauen: nein, bis in den Ansang des
siebenzehnten Jahrhunderts hinein lassen
verfolgen; nur daß
sie
in damaliger Zeit
sich
solche
eine bei
Stoßseufzer
weitem andere
Wirkung äußerten, als jetzt. Denn haben sich heute die Tadler eine Zeit lang heiser gepredigt, haben sich die öffentlichen Blätter todt¬ geschwiegen, dann — ist die Sache wieder beim Alten, oder »och schlimmer.
Damals wurde ganz einfach
eine Verordnung von Oben
herab gegen den zu großen Luxus erlaffen, und wer dann nicht hören
wollte, der mußte eben fühlen. — Eine solche, höchst originelle und interessante Verordnung ist die „Policey vnd Ordnung, wie es mit Kost, Kleidungen vnd etzlichen andern Sachen hinsürd in Vnsern beyden Städten Berlin vnd Cölln an der Spree soll gehalten werden", von Joachim Friedrich, d. d. 1. Januar 1604, oder auch kürzer ausgedrückt „Joachim Friedrich's
Kost- und Kleiderordnung vom Jahre 1604". — Die Gründe zu dieser Verordnung, die nach dem soeben Gesagten sehr nahe liegen und auch dieselben sind, die Joachim Friedrich hierzu
mehr und mehr befunden, in welche Armuth , „Vngedey vnd Vor¬ ringerung Bürgerlicher Nahrung" die Einwohner von Berlin und Cöln gerathen seien. Die Erfahrung habe ergeben, daß dies nicht allein aus Mißbrauch und Ueberfluß an Kost, Esten und Getränken, sondern wegen der übermäßigen Pracht an „allerhand frembder köstlicher Tracht, Geschmuck, Geschmeide vnd Kleidungen" herrühre, die dem größeren Theile, ihrer Herkunft nach, zu tragen nicht gezieme. Diesen wohlüberlegten Gründen verdankt die Kost- und Kleider¬ ordnung ihre Entstehung, und zwar vorläufig nur für die beiden Haupt-
Berlin und Cöln, „als in welchen etwa vor andern die größte Hoffart, Verschwendungen vnd Vppigkeiten in schwang gehen". Wie es wohl überall der Fall sein mag, daß die reichere Klasse
städte
einer Bevölkerung auch in ihrem Aeußeren einen größeren Wohlstand
zur Schau zu tragen pflegt, und Cöln der
Fall; je
so
war dies auch zu jener Zeit in Berlin
reicher der
Mann,
desto kostbarer das
Kleid.
Aber nicht minder suchten die weniger Bemittelten, da Keiner gern dem Anderen etwas nachgeben mochte, diesem Lurus nachzueifern, wenn¬ gleich ihre
Mittel
hierzu oft genug nicht ausreichten; —
ja
die Dienstmägde suchten ihren Herrschaften nicht nachzustehen
selbst
— ein
Umstand, der ganz besonderes Aergerniß erregt haben muß, da Joachim Friedrich in seiner Verordnung gerade auf sie wiederholt und mit be¬ sonderer Strenge zurückkommt.
Daß
es gerade
in
diesem
Punkt heute
nicht besser, wohl eher noch ärger ist, bedarf keiner näheren Begründung. Um diese Nachahmungssucht im Lurus zu hintertreiben, und
bewogen haben, giebt er selber
Jede» in seinen Ausgaben auf die Schranken seines Standes hinzu¬ weisen, theilte Joachim Friedrich die großstädtische Bevölkerung in
Nicht ohne
drei Klassen.
in der Einleitung kurz, wie folgt, an: Mißfallen und Betrübniß seines Gemüthes habe er täglich
230
Zur ersten Klasse gehörten der Probst, Dechand und Lenior, die Prädikanten und Canonici des inarkgräslichen Stiftes und am Hofe, die Pröbste und Kapläne in den Psarrkirchen, die Doctores und die markgräflichen Beamten. Ferner die Secretarien, die Beamten der
die Ausgaben bei Verlobungen, Hochzeiten und Kindtansen, und so¬
festlichkeiten, wie die eben gedachten, sind
Derartige Familien¬
ja vor Allem geeignet,
größtmöglichsten Aufwand zu entfalten, und
sie sind es
wie er
sich
Es sollte von nun ab bei Verlöbnissen nur eine Abendmahl¬ zeit gegeben werden, und waren dem ersten Stande hierbei nicht mehr denn vier Essen — was wir heute „Gänge" nennen — gestattet ; außer¬ heiten.
Butter und Käse, Obst, einerlei Wein und Bernawisch oder Zerbster Bier. Die Städte Bernau und Zerbst waren bekanntlich dem
!
bei Hochzeiten des zweiten Standes sollte nur aus „Trummeln und Pfeiffen" und, wenn es hoch herging, auch aus „Trummeten" ge¬
stattet werden.
Zu Kiudtaufen sollten höchstens fünf Gevattern geladen werden, — was übrigens auf die Anzahl, die man vor dieser Verordnung zu laden pflegte, schließen läßt; auch durften als Kindtaufsgäste nur acht Frauen, die Gevattern und die verwandten Freunde gebeten werden, die aber immerhin eine recht erkleckliche Anzahl ausmachen konnten.
zu jener Zeit wegen ihres vorzüglichen Bieres berühmt.
Dem zweiten Stande waren drei, und der dritten Klaffe nur nebst Butter und Käse und Berlinisch oder Eöllnisch Bier dazu. — Man ersieht hieraus, daß schon damals die
zwei Essen gestattet,
Tages die dritte zu geben.
derte, fo sollte dies wichtige Ereigniß erst dem regierenden Bürger¬ meister gemeldet und dessen Bescheid erwartet werden. Die Musik
ausdrückt, oft soviel aufgewendet und
verzehrt würde, daß man die halbe Hochzeit davon ausrichten könnte. Insonderheit widmet er seine Aufmerksamkeit dem unmäßigen oder viel¬ mehr verschwenderischen Essen und Trinken bei dergleichen Gelegen¬
Auch bei
den Begräbnissen
„den Todten damit nichts gedienet"; insbesondere wurde das Tragen der sogenannten Trauerschleier sehr beschränkt,
heißt,
trinken gestattet war, während für die übrigen Stände die „einhei¬ mischen" als gut genug befunden wurden.
rechtes Leid tragen sollen".
Eine Uebertretung dieser Eß- und Trinkordnung zog eine Strafe
Verlobungen blieben streng verboten, was sich gottlob Tag erhalten hat! Nur dem Bräutigam durfte eine Gabe, i» Gestalt eines mit einer Goldschnur verzierten Kranzes, dargereicht werden; doch durfte auch diese güldene Schnur, selbst bei Geschenke bei
bis ans
den heutigen
den Vornehmsten, nicht über eine Unze
Gold enthalten.
in bescheidenere Grenzen Beide Theile, also Braut und Bräutigam oder auch deren Eltern, sollten als sogenannte „llmbitter" nicht mehr als zwei Auch die Hochzeitsfeier wurde von nun ab
zurückgewiesen.
nur mit einfachen Blumen¬ durften; die Jungfern aber konnten am Donnerstag vor der Hochzeit durch eine Frau gebeten werden. Die Umbitter sollten sich genau an den einzelnen Stellen erkundigen, ob die Geladenen auch kämen, damit an ihrer Stelle noch rechtzeitig Andere geladen werden könnten, was man heutzutage bei den schrift¬ lichen Einladungen mit den vier Buchstaben U. A. w. g. abzumachen pflegt. Für de» Kirchgang selber wurde nur bestimmt, daß die Braut¬ leute des Montags, um Punkt zwei Uhr, in der Kirche sein sollten, widrigenfalls sie dieselbe geschlossen fanden oder eine Strafe von zwei Thalern zu entrichten hatten. Die Hochzeitsgeschenke mußten des Dienstags vor der Mittagsmahlzeit mit gebührlichen Glückwünschen
Männer und
kränzen
zween Gesellen benutzen, die
geschmückt werden
dargereicht werden, ohne daß jedoch
Qualität
in Bezug auf ihre Quantität und
Beschränkungen auferlegt wurden.
Bei der Anzahl der Hochzeitsgäste und
dem Hochzeitsschmaus
sollte hinfürder nicht solcher Luxus
getrieben werden wie vordem, „sintemal", wie Joachim Friedrich sagt,
„hiesigen" Biere in keiner besonderen Achtung standen, vielmehr den „fremden" der Vorzug gegeben wurde, da letztere der ersten Klaffe zu
von drei Thalern nach sich, was im Anfang des siebenzehnten Jahr¬ hunderts immerhin ein ziemlich bedeutendes Stück Geld ausmachte.
Der war gestattet, am Montag
von Fremden, sondern nur von den „Stadtpfeifern" ausgeführt werden, und wenn einmal Jemand vom Oberstande „alle Instrumenta" for¬
einen
deshalb auch
zunächst, auf die Joachim Friedrich sein Augenmerk richtete; zumal bei Verlöbnissen,
acht Tische laden; ihm
maligen Zeitverhältniffe enormen Strafe von zwanzig Thalern geahndet. Der zweiten Klaffe waren ebenfalls drei Mahlzeiten erlaubt, aber nur fünf Tische und höchstens drei Essen mit Butter, Käse und Stadt¬ bier, während der dritte Stand nur eine Mahlzeit am Montag Abend mit drei Tischen, drei Essen und Stadtbier geben durfte. Diesem Stande auch blieb es untersagt, sich bei der Trauung vom Eantor vorsingen zu lassen. Getanzt sollte bei Hochzeiten nur im Hause werden und, nach altgewohnter Sitte, des Dienstags nach der Hoch¬ zeit auf dem Rathhause; der Tanzboden dagegen wurde streng ver¬ boten. Die Musik bei der Hochzeit, besonders beim Tanz, sollte nicht
hin: einmal in Bezug auf
dann in Betreff der Kleidung im Allgemeinen.
Stand durfte
Mittag die zweite und am Abend Bei jeder Mahlzeit waren ihm vier Essen, Butter und Käse, Bernawisch und Zerbster Bier und auch Wein gestattet, doch wurde eine Ueberschreitunz mit der für die da¬
Ausgaben der Einzelnen
sich die
erste
desselben
Die zweite Klasse wurde aus den Schöffen, Gemeinde- Verordneten, den vier Werken, den Bierbrauern, Handelsleuten und gemeinen be¬ sessenen Bürgern, d. h. den Herren Hauseigenthümern, gebildet. Zur dritte» und letzten Klaffe endlich gehörten die Vorstädter, Miethsleute, Tagelöhner und das Gesinde. Nach diesen Rangklassen sollten
dann wieder der Unterschied der drei Rangklaffen zu Tage.
Abend eine Mahlzeit, am Dienstag
Kanzlei, Bürgermeister und Rathsherren, geschworene KammergerichtsAdvokaten, die Stadt-Einnehmer, Rectores, Conrectores, promoti Magistri an beiden Schulen, und vornehme Handelsleute.
richten, und zwar nach zwei Richtungen
tritt
womit in jener Zeit ein
großer Aufwand getrieben fei» muß, indem die
„oft
ein gantzes Lacken das
Jahr
was mehr eine Hoffart scheinet, denn daß
„Wittwen", wie
ober vmb den sie des
es
Hals tragen,
Verstorbenen halben
Es wurde deshalb den Frauen verboten, länger als ei» Vierteljahr nach dem Begräbniß verschleiert zu gehen, außer, wenn der Ehemann, die Eltern oder Kinder gestorben waren. Wurden hierbei die Frauen schon etwas hart mitgenommen, so geschah dies noch mehr i» dem Kapitel, welches über die Kleidung im Allgemeinen handelt. Hören wir, wie drastisch Joachim Friedrich „Wer die jetzige newe Manier und Pracht sich hierüber ausdrückt. mit Kleidungen vnter Mannen, Gesellen, Weibern, Jungfern vnd sonderlich vnter den Dienstmägden in diesen beyden Städten allent¬ halben ansihet vnd kegen die vorige trachten, so ehermals allhier brauchlichen gewesen, helt und aostimirot, muß billich mit Vorwunderung bekennen vnd sagen, daß die Hoffarth schier vber alles der Leute Ver¬ mögen gestiegen vnd zugenommen habe, auch also, daß noch teglichen damit kein Aushörens ist, bevoraus bey den Weibes-Personen, die fast
alle Monat gleich newe Trachten annemen oder selber auffbringen, vnd
in deine etwas zuvor geben will." Wenn auch die Beschränkungen in der Tracht für die einzelnen Klaffen ziemlich bedeutend waren, so gewährten sie den Einzelnen doch viel freien Spielraum, um ihnen auf geschickte Weise aus dem Wege keine der andern, wie oben erwehnt,
Es sollte von nun an der erste Stand keinen Sammet, Seiden-Atlaß, Zobel- und Marderfelle zu ganzen Röcken, Mänteln (d. i. eine Art langer Gewänder für Männer und Frauen), Pelzen, Hosen und Kleidern benutzen, sondern er sollte sich begnügen mit zu gehen.
Damaschken (Damast), Tobin (eine Art gewelltes Seidenzeug), Tafft und mit gutem Lündischen oder feinem Tuch; feiner sollten keine seidenen
Strümpfe, Perlenschnüre oder Schnüre von goldenen Rosen um die Hüte und Mützen getragen werden.
Allzugroß ist
diese Beschränkung
für
den ersten
Stand nicht, denn
dies mag in den ersten Jahren des 13. Jahrhunderts geschehen sein;
1244 wird eines Probstes Simeon von Berlin Erwähnung
wenn auch die ganzen Röcke und Kleider nicht aus den gedachten
denn schon
Stoffen getragen werden durften,
gute Geschmack
gethan, deffelben Simeon, der bereits 1237 urkundlich als Pfarrer uou
hinreichend freies Feld, um dies durch einen breiten Besatz von eben
Köln genannt wird. Daß Berlin vornehmlich ein Handelsplatz war, erkennt man auch darin, daß diese älteste Kirche zuni Hanptpatron den heiligen Nicolaus, den Schutzheiligen der Kaufleute, erhielt; doch war sie neben diesem noch dem heil. Martinus und der heil. Katharina geweiht. Dann erfahren wir erst im Jahre 1292, daß unter Papst Nico¬ laus IV. elf Bischöfe den Pfarrkirchen zu St. Nicolai und St. Marien einen 40 tägigen Ablaß für alle Diejenigen ertheilen, welche an den
so
hatte
doch der
Stoffen re. zu umgehen. Mehr beschränkt war schon der zweite Stand, dem zu seiner Tracht nur Zindeldort (ein halbseidenes, durchsichtiges Zeug), Schamlot
diesen
(Camlot) mit eineni Füchsen- oder Schmaschen-Futter (Felle von
un¬
geborenen Lämmern und Ziegen) gestattet war. Die Dienstmägde aber sollten gar keine seidenen Kleider oder
mit Sammet verbrämt tragen,
solche
auch keine goldenen
Borten und
hohen Festen und an den Heiligen-Tagen die Kirche besuchen würden.
VIII.,
Schnüre, woraus zu ersehen ist, daß es diese Klaffe auch damals schon ziemlich weit gebracht hatte, und ihrer Herrschaft eben so wenig nach¬
sechs
zustehen suchte, wie heutigen Tages.
wenn es aus diesen Kirchen zu den Kranken getragen würde, nach¬
Und im Jahre 1294, unter Papst Bonifacius
folgen und dabei das pater noster sammt dem „Englischen Gruße"
Um eine Uebertretung dieser Verbote möglichst zu erschweren, wurde auch den Schneidern bei hoher Strafe untersagt, irgend wem
beten würden.
gegen diese Ordnung Kleider zu machen — ein entschieden wirksames Mittel! Falsche Haartouren scheinen zu jener Zeit noch nicht in der Mode gewesen zu sein, denn sonst wäre wohl Joachim Friedrich nicht
und 1332 ertheilt; jedenfalls doch
so
Jedenfalls wäre
stillschweigend darüber hinweggegangen.
Bau und Zu diesem
Ständen geregelt, da solches doch wohl nach der „Quantität" einzig und allein hätte bemessen werden können. sich
ein Jeder
in
einem
Staate, in
dem
er nach seiner Fa^on selig werden kann, auch nach seiner Faqon kleiden mag, macht Joachim Friedrich's „Kost- und Kleiderordnung" wohl nur einen komischen Eindruck. Der damaligen Zeit aber war sie angemessen, und eine gewisse Beschränkung hierin möchte sich auch heute noch empfehlen, wenngleich der betreffende Gesetzgeber, unseren Damen gegenüber, einen minder leichten Standpunkt haben dürfte, wie Joachim Friedrich.
Aehnliche Ablaffe wurden auch in den Jahren 1300
der Einrichtung
nur, um
den Kirchen resp. dem
derselben eine Unterstützung zu gewähren.
Zweck ertheilte auch Bischof Cono, anno 1335, einen 40tägigen Ablaß Allen, welche die Kirche mit Andacht besuchen, ihm hülfreiche Hand leisten und zu den neu geweihten Altären Etwas bei¬ steuern, auch der consecrirten Hostie und dem heiligen Oele, wenn es zu den Kranken getragen würde, nachfolgen, um die Kirchhöfe drei Mal herumgehen und für die Seelen der gläubig Verstorbenen beten würden; und Bischof Heinrich zu Brandenburg ertheilte 1345, am 18. April, einen Ablaß Allen, die zur Erbauung der Nicolaikirchc
es sehr
interessant, zu wissen, in welcher Weise er diese nach den verschiedenen
Heutigen Tages, wo
ertheilen wiederum
Bischöfe einen gleichen Ablaß allen denen, so dem Venerabile,
!
i
eine mildreiche Leistung thun würden. der Kirche,
zu den Fenstern,
Dann wird, 1348,
den zum
Bau
Büchern, Kelchen, Meßgewändern oder
anderen nothwendigen Zierrathen
Beitragenden wiederum ein Ablaß
gewährt, und in einem Ablaßbriefe des Erzbischofs Petrus
de
von Magdeburg, vom Jahre 1379, heißt es: es ist sicher,
Bruma daß die
Parochialkirche des heiligen Nicolaus in Berlin in ihren Bantheilcn
Die St. Nicolaikirche in öerlin, bau- und kunftgeschichtlich.*)
und verschiedenen Schmnckwerken noch großen Mangel leidet, und daß der Chor, den die
Bürger gegründet und errichtet haben, wegen seiner Mildthätigkeit der Gläubigen, durch-
VvN Tli. Prüfer.
zu großen Armseligkeit, ohne die
Es ist bekannt, daß die Nicolaikirche einer umfassenden baulichen Veränderung und Restauration in allernächster Zeit entgegengeht. Wenn es auch in der Absicht der Kirchenbehörden liegt, überall dies Gottes¬
aus nicht vollendet werden könne.
haus wieder in seiner ursprünglichen Gestalt herzustellen, und es aller
arg.
der neuen
hat
und neueren Zuthaten und Entstellungen zu besteien,
doch die
so
Erfahrung stets gezeigt, daß ein gut' Theil historischen
Charakters bei solcher Gelegenheit verloren geht und Vieles von dem, was uns trotz seiner Mißgestalt und Unnatur, eben weil wir es zu sehen gewohnt waren, anheimelte, nachher ans das Schmerzlichste ver¬
So Berlins,
mißt wird. schichte
schien es denn eine seine
Pflicht
des
Vereins für die Ge¬
Mitglieder und Freunde hier
versammeln, um ihnen ein anschauliches
Bild
noch
von dem heutigen Zu¬
stande des Gebäudes und seiner Kunstwerke zu geben, weil
wissen,
wie
es nachher aussehen
wird, und
einmal zu
wir nicht für
welche Gegenstände
würdig und werth befunden werden können, das neugestaltete Gottes¬ haus auch ferner noch zu schmücken. — Schwierig ist die Aufgabe: das Bauwerk in seinem allmähligen Werden und Wachsen historisch vor¬ zuführen; schwierig deshalb, weil einmal wenig oder gar keine sicher beglaubigten historischen Daten über den Bau auf uns gekommen sind, dann aber auch — und dies ganz besonders, — weil wenige Kirchen so unendlich viel Bauepochen in buntestem Gemisch aufzu¬ weisen haben, wie gerade unsere
St.
Nicolaikirche.
Nachdem die heidnisch-wendische Bevölkerung der christlich-ger¬ manischen hatte weichen müffen, war es natürlich, daß sofort zur Be¬
festigung des neuen Christenglaubens eine Kirche gegründet wurde, und
Vortrag, in dem Verein für die in der Nicolaikirche gehalten.
Geschichte
Berlins, am 18. Septbr. d.
I.,
Im verwüstete
In
Jahre 1380, am Tage Laurentii und Hubertii (10. August), der große Brand auch die beiden Pfarrkirchen in Berlin Folge
dessen
ertheilte Papst Urban
VI. in
dein
darauf
folgenden Jahre einen Ablaßbrief, welchen Cardinal Milens zu Prag,
im November
Jahres ausgehen ließ, und zwar zum Besten — reedificationem et reformationem — der
desselben
der Wiedererbauung
Nicolaikirche.
Eine Zeit der Blüthe und des Wohlstandes muß diesen Drang¬ salen der Kirche gefolgt sein, denn sie konnte dem Markgrafen Friedrich
zwanzig Schock märkische Groschen darleihen —
für
II.
Zeit immerhin eine ansehnliche Summe. Doch scheint dieser Wohlstand von nicht langer Dauer gewesen und die Kirche bald wieder in Verfall gerathen zu fein, denn die Proconsule, der Bürgermeister und die Kirchenvorsteher wenden sich, weil sie in der Kirche wegen ihrer Bau¬ die damalige
fälligkeit sich nicht mehr sicher fühlten, an den Bischof Dietrich von Brandenburg um Beihülfe. Bemerkt ist in diesem Schreiben, daß sie die Kirche einreißen und eine neue an ihrer Stelle setzen wollten. Der Bischof ertheilte denn auch im Jahre 1460 einen Ablaßbrief für solche, welche sich willig finden würden, selber Hand anzulegen oder Materialien zuzuführen; und zwar für eines Werkeltages Arbeit und für die Arbeit, so einer am Sonntage nach der Mahlzeit selber ver¬ richtete oder verrichten ließe, einen 40 tägigen, denen aber, so nur vier Stunden arbeiteten, einen zehntägigen Ablaß. Es wäre ja besser, so setzt der Bischof sehr charakteristisch hinzu, solchergestalt dem Herrn zu dienen, als am Sonntag in den Schenken große Humpen einander zuzutrinken (quam in taberna ad aequales haustus polare).
Unter dem Papste Jnnocens VIII., der von 1484—1492 regierte, erließen dann noch acht Cardinäle einen Ablaßbrief, damit die Kirche in allen ihren Theilen, wie es sich zieme, reparirt und im baulichen Zustande erhalten werden könne, und die gläubigen Christen um so lieber zu dieser Kirche zur Andacht zusammenströmen möchten.
Das
sind fast alle histo¬
bis zur Zeit der Reformation aus uns gekommen. Im Jahre 1539 war es, wo hier, am 2. November, der gesummte Rath von Berlin und viele Bürger zuerst das Abendmahl unter beiderlei Gestalt aus den Händen des ehrwürdigen Probstes Georg Buchholzer, rischen Nachrichten, die
Lnther's und Melanchton's Freund, empfingen. Von Neubauten und Erweiterungen des Kirchengebäudes konnte natürlich nicht mehr die Rede sein, um so mehr aber vernehmen wir nun von Beschädigungen s. w. durch Blitz, Sturm und nagendes Alter. Auch im Innern mußte sich das Gebäude manche Veränderung So wurde z. B. 1613 die ganze und Entstellung gefallen lassen. Kirche, die bis Dato, in den Haupttheilen wenigstens, das schöne Ziegelmaterial unverdeckt gezeigt hatte, aus dem sie errichtet, gründlich ausgeweißet, und diese Tünche im März des Jahres 1677, als die
am Thurm, an den Dächern u.
Kirche, wie es heißt, sehr schwarz geworden und einige Liebhaber daran
Im
Jahre 1770 wurde die Abtragung
des
sehr schadhaft ge¬
wordenen kleinen Thürmchens aus dem Dache der Kirche beschlossen,
Knopf und die Wetterfahne, welche die Jahres¬ zahlen 1538, 1600, 1674 und 1750 trug, wieder auf, und im Jahre 1791 bekam die Kirche zuerst einen sogenannten Gewitter-Ableiter. Der letzte große Umbau des Innern unserer Kirche wurde im Jahre 1817, unter Leitung des Stadtbaurathes Langerhans und dem Beirathe Schinkel's, vollzogen und erhielt im Wesentlichen die Gestalt, in der wir sie heute noch erblicken; nnr wurde im Jahre 1825 der kleine Altar zwischen dem Chor und Schiff ausgestellt, und später eine neue Orgel von Buchholz erbaut. Jener größere Ausbau hatte über 12,000 Thalern erfordert, von denen 9973 Thaler durch König Friedrich Wilhelm III. gedeckt wurden. Dies wären in Kürze die historischen Daten, deren noch mehr zu geben, in den Rahmen dieser kurzen Schilderung nicht wohl passen würde. Deshalb lasse ich sogleich die Beschreibung des Gebäudes jedoch stellte man den
selber folgen. Unsere Kirche ist eine sogenannte Hallenkirche, d. h. ein Gebäude, dessen Schiffe sämmtlich gleiche Höhe haben, im Gegensatz zu der
Anstoß genommen,
Basilikalen-Anlage, bei
ein Faß
Seitenschiffe hervorragt, und über diesen noch eine Reihe von Fenstern,
vom Maurermeister Braun um 160 Thaler und „gutt Berlinisch Bier" erneuert; bei dem Contraete aber machte man es ihm zur Pflicht, die Arbeit bis zu Johanni zu vollenden, widrigenfalls ihm für jede Woche, die er länger arbeiten würde, zwei
Thaler abgezogen werden sollten. Die noch vorhandene Kanzel ist die Stiftung eines Studiosus Beer, welcher zu diesem Zweck ein Legat von 800 Thalern hinter¬ lassen hatte. Die Schreiner- und Schnitzarbeit wurde im Jahre 1677 an einen gewissen Augustinus Plöß, der in den Akten „Baumeister" titulirt wird, um 380 Thaler verdungen. Interessant ist es, aus diesem Contraete zu ersehen, daß das Eichenholz sowohl wie das Linden¬
holz, aus dem die feineren Schnitzereien verfertigt wurden, mindestens 5 Jahre getrocknet haben sollte.
Die vier Bilder
der Evangelisten
sollten von Alabaster auf das Künstlichste ausgearbeitet und gezieret sein. Zum Schluß des Contractes heißt es: „Vor diese vorbenannte
Er
Ruhm und ehren, besser als speciticiret, ehrlich und künstlich mit Fleiß machen will", sind ihm dreihundert Thaler verpflichtet. Man vertraute damals also noch auf das Selbstgefühl und den Stolz des Handwerkers, mehr, als es leider heut zu Tage bei uns sein kann! Die Malerarbeit ver¬ fertigte Christof Boye, 1679, um 300 Thaler, und wurden ihm die Farben Gold, Mattgold, Weiß und Blau zur Verwendung vorgeschrieben. Im Oetober des Jahres 1713 begannen die Verhandlungen zwischen der Kirchenbehörde, dem Magistrat und Consistorium in Betreff der Ausstellung eines neuen Altares, den ein gewisser Döbel projectirt hatte. Der Contract kam erst nach Dvbel's Tode mit dessen Wittwe 1715 zu Stande, und zwar sollte sie das Werk für 1200 Thaler liefern. Die Malereien, mit Ausnahme der architektonischen Bemalung, die von einem Maler Grosmann geliefert wurden, rühren bekanntlich von dem Hofmaler Samuel Theodor Gerike, und einige kleinere, 1795 erst angebrachte, von dem bekannten Hofmaler Bernhard Rhode her. Der alte Schnitzaltar, auf dem die Jungfrau Maria zwischen der heil. Katharina und der heil. Anna, und rechts und links der heil. und beschriebene Arbeit, so
sich
selbst zum
Stanislaus und einer der Erzengel dargestellt waren, wurde leider 1715 an die Kirche in Teltow geschenkt. Anno 1715 wurden auch auf beiden Seiten der Kirche Emporen angebracht, und zwar auf der nördlichen, der Kanzel gegenüber, zwei übereinander; dieselben reichten
nicht, wie die jetzigen, bis an die Pfeiler, sondern ein bedeutendes Stück darüber hinaus, so daß die schlanken Pfeiler fast ganz ihrer schönen Wirkung beraubt wurden. Schon im Jahre 1707 hatte mau im Westen eine Orgelempore angelegt, während es von der damaligen
Orgel heißt, sie hätte Cymbel-Stern und schöne Claviere gehabt.
verschiedene Register, Pfeifenwerk,
Vogel-Gesang,
der das mittlere
Ein Beispiel
den sogenannten Lichtgaden, hat.
haben
wir hier in Berlin in
Schiff bedeutend über
die
der letzteren Anlage
der alten Klosterkirche,
während die
Marienkirche gleichfalls die Hallenform ausweist. Die älteste größere Hallenkirche in Deutschland ist die schöne, im Jahre 1235 begonnene
St.
Elisabethkirche in
Marburg;
diese
Form ist dann ungemein oft,
namentlich bei städtischen Pfarrkirchen in Deutschland, zur Anwendung gekommen, während die bischöflichen Dome und die Klosterkirchen fast
immer das basilikale Schema beibehielten, zumeist verbunden mit einem Querschiff von der Höhe des Mittelschiffs, und einem vielseitigen Chor mit niederem Umgänge und Kapellenkranze. Diesen Kranz von Kapellen hat in einfachster Weise auch unsere Kirche, indem zwischen den Strebe¬ pfeilern, die die Mauern
des Chores gegen den
Schub der Gewölbe
stützen sollen, außen eine niedrige Mauer gezogen worden, und dieser Raum, mit einem kleinen oblongen Kreuzgewölbe bedeckt, sich nun nach Innen öffnet. Eine ähnliche Reihe von kleinen Kapellen haben später auch die Seitenschiffe erhalten. Das Innere der Kirche, oder vielmehr die Gewölbe, ruhen auf schlanken, achtseitigen Pfeilern, an die sich halbkreisförmige Dienste, je eines an jeder Seite gleichsam anlehnen, um oben die Gurte und Rippen des Gewölbes aufzunehmen; je acht Pfeiler stehen in einer Reihe, und zwei kleinere im Chor schließen diesen im Achteck ab; der Umgang aber um den Chor ist aus 9 Seiten des Sechszehnecks gebildet. Die Breite des Mittel¬ schiffes beträgt ca. 26 ’/2 Fuß, die der Seitenschiffe ca. 17 Fuß, während die Länge der ganzen Kirche 171 Fuß, und die Höhe bis
zum Schlußstein des Gewölbes 48 V* Fuß mißt. Im Westen legt sich ein rechteckiger, aus behauenen Granitfteinen in vier Etagen auf¬
Thurm vor, der nur auf der Südseite in späterer Zeit höher geführt und dann mit einem steilen Helm versehen ist, während der übrige Theil mit einem einfachen Satteldache, mit dem Giebel nach der Front zu, bedeckt ist. Ein spitzbogiges, sehr einfach dreimal aus¬ geecktes Portal führt in eine gewölbte Vorhalle, die nach beiden Seiten durch eingebaute Erbbegräbnisse verengt worden ist. Das Innere des Thurmes wird nur durch einige rundbogige Fenster unten, und durch einige kreisrunde Fenster darüber erhellt. Zu einer besonderen Zierde gereicht unserer Kirche die südwestliche, im Jahre 1452 von dem Küchenmeister steigender
des
Kurfürsten Friedrich
II.,- Ulrich
Zeuschel, erbaute Marienkapelle,
Vorhalle zur Kirche bildet, aber dem Eintretenden, zur Linken, eine kleine zierlich gewölbte Kapelle, die heutige Registratur,
die gleichsam eine
und darüber einen ehemals nach Innen zu durch zwei Bogenstellungen geöffneten hohen Raum hat, neben dem
kapelle" befindet,
so
sich
dann noch die kleine „Wachs¬
genannt, weil der Küster im vorigen Jahrhundert
233 dort die für die Kirche nöthigen Wachslichter gegossen, wovon das Heute ist dieser ganze schwarze Aussehen derselben Zeugniß ablegt. Vorbau in einen unteren und oberen Raum getheilt, durch ein Kreuz¬ gewölbe mit Stuckrippen besetzt, das wahrscheinlich erst damals ein¬ gespannt wurde, als man unten zwei Erbbegräbnisse einrichtete, d. i. am Ende des 16. Jahrhunderts. Wie dann allerdings früher der Zu¬ gang zu der oberen Seitenkapelle bewerkstelligt worden ist, bleibt un¬
aufgeklärt. An diese Kapelle war im vorigen Jahrhundert die Küsterwohnung westlich angebaut, und wurden zu dem Zwecke die Fenster an dieser Seite der Kapelle sämmtlich vermauert.
Als man das
Küsterhaus aber abtrug, blieb hier der Haupteingang in die Registratur, und wurde auch der Treppenaufgang nach dem Thurm dahin verlegt,
Selbst wer gewohnt ist,
ein Gebäude stets als ein Ganzes
zu betrachten, ohne sich um das Geschichtliche desselben zu bekümmern,
wird sofort zwei ganz und gar verschiedene Bautheile hier erkennen: den Thurmbau in seinem rechteckigen Aufbau, und das Schiff sowie den Chor der Kirche; ersterer aus felsenfestem Granitstein, mühsam zu kleinen Quadern behauen, letzterer aus dem, einer mannigfaltigeren Formen-Behandlung zugänglichen, in unserer norddeutschen Tiefebene mit besonderem Glück kultivirten Backstein errichtet. Schauen wir aber näher zu, vergleichen und prüfen wir genaueren Blickes die Einzel¬
wir auf die Verschiedenheit der Profile, auf die Kraft und Zartheit der Behandlung der Gliederungen, Console, Gesimse u. s. w., so werden sich auch hier einzelne Theile heiten unseres Backsteinbaues, achten
während man sonst auf einer kleinen Wendeltreppe, die jetzt verfallen,
merklich voneinander sondern: die Pfeiler des Schiffes in ihrer massigen
in
und kräftigen Gliederung, die Mauern der Seitenschiffe mit ihren auf
der Südmauer des Thurmes emporstieg.
Au
der Nordseite, mehr dem Chore zu, befindet sich die sogenannte oben
Consolen aufsetzenden Wanddiensten, zur Aufnahme der Gewölbe, die
Der Zugang
sasiuugen, meist nur aus Rundstab und Kehle bestehend; Alles dies
Kreuzkapelle angebaut, in deren unterem Raume die Sakristei, aber die Bibliothek seit dem Jahre 1589 angelegt ist. zu der Letzteren ist von dem cessions-
einfache
Profiliruug und Gliederung
der Fenster-
und Nischen-Ein-
„Pro-
unterscheidet sich wohl von den zier¬
aus,
licheren Gliederungen, den dünneren
oder Mönchsgange"
der sich um den ganzen Chor über
Gewölbediensten, den schraubenartig
den kleinen Kapellen herumzieht und
als Einfassung dienenden, sich em¬ porwindenden Stäben im Chor.
dem Ganzen zu einer noch größeren
Zierde gereichen würde, wenn er
mit
Charakteristisch
einer kunstvollen Brustwehr, die er
wohl niemals würde.
in den
südlichen
hat, versehen Man steigt zu ihm empor besessen
nur
mit
beiden kleinen, das Kirchenschiff
denen sich jetzt
ältere,
dünner
massive Helmbedachung
Wand¬
die
Gliederung
massigere
Stab
aufsetzt,
oder
wo,
wie an einigen Fenstern der Seiten¬
In
schiffe,
plötzlich
das
Einfassungs¬
profil
sich oben oder an einer Seite merklich ändert. So hätten wir
den kleinen Kapellen um den Chor,
in
Chorscheide,
zeigen und plötzlich dann ein ganz
noch an dem südlichen erhalten
resp. bereits restaurirt worden ist.
wie an der
dienste unten die schwerere und da¬
flankirenden Treppenthürmchen, deren malerische,
wird
insbesondere
der Unterschied da, wo,
nur Erbbegräbniffe,
man möchte sagen, eingenistet haben,
schon zwei
ursprünglich in katholischer Zeit Altäre aufgerichtet. Mehrere derselben sind uns dem Namen nach noch bekannt; so der Altar Mariae
dieses
waren
Theile, Schiff und Chor,
aber nur in seinen Hinteren
und oberen Theilen;
dazu kommt
als dritter die Gewölbe, deren dünne und vielgegliederten Rippen auch nicht mit den Pfeilern harnoch
Yirginis, Andreae, Yalentini, Camoniren. Wenn wir dann noch tharinae und Gertrudis, den die die Kapellen der Seitenschiffe, die Schuster und Lohgerber im Jahre fast alle im Rundbogen nach 1451 gestiftet hatten; der Altar sich dem Innern öffnen, betrachten und Beatae Yirginis, St. Barbarae, St. 1793. Berliner im Jahre Scene vom Veihnachlsmarkl den nördlichen Anbau mit Sakristei Dorotheae, St. Laurentii und Conund Bibliothek damit vergleichen, dessen Thüren und Fenster unten fessoris Bembardi, von der Bäckergilde 1461 gestiftet; der Altar Jacobi, Georgii, Barbarae und Christinae, von der Schneidergilde 1467 gestiftet; der Altar 8t. Orueis vom Markgraf Otto 1367, der Altar Mariae Yir¬ ginis und der heil, drei Könige, von dem Bürger und Kaufmann Peter um 1350 gestiftet; der Altar Unserer lieben Frauen 1326, der Altar Jacobi 1327 und der Altar Johannis des Täufers, gestiftet 1336, u. s. s. Das Aeußere der Kirche ist ungemein einfach und schlicht ge¬ halten, fast ohne jeden Zierrath, und das breite und hohe Satteldach, das durch die Hallen-Anlage bedingt ist, wirkt etwas schwer und drückend,
namentlich da das Mauerwerk jetzt bedeutend niedriger
er¬
scheint als ehemals; denn nach und nach hat sich das Erdreich durch die Gräber und durch Aufschüttungen um mehr wie zwei Fuß erhöht,
weshalb auch namentlich das Westportal
so
gleichfalls bereits den, immer die späteste Periode der Gothik verkünden¬ den Rundbogen zeigen, und auch als Einfassung derselben das schwäch¬ liche Lindenblattprofil haben, so werden wir ohne irgend welche Skrupel
in eine Zeit verlegen können. Die nordwestlich an¬ gebaute Marienkapelle endlich mit ihren zierlichen Giebeln, sie könnten wir diese
Bautheile
auch
Zeit nach, zwischen die Chor- und die KreuzkapellenBauperiodc setzen; der quadratische Thurmbau aber, mit seiner wenig subtilen und charakteristischen Gliederung, ist jedenfalls das späteste
wohl am
besten, der
Machwerk des ganzen Baues.
— Wenn wir nun auf diese
sich
uns
erge¬
benden Resultate die wenigen, oben mitgetheilten historischen Nachrichten
anwenden,
so möchte
Wir glaubten
unverhältnißmäßig breit
das Ergebniß ungefähr folgendes sein.
die
Gründung unserer Kirche in die ersten Jahre
gut sein, zunächst
13. Jahrhunderts verlegen zu können, und wenn wir voraus¬ setzen, daß der Bau der Kirche bei dem Chor — wie natürlich — begonnen und beim Thurme geendigt, auch andere ähnliche Granit-
diejenigen Theile zu trennen, die ein wesentlich selbstständiges Gepräge
bauten der Mark, etwa das Kloster Zinna, zum Vergleiche heran¬
an sich tragen.
ziehen, so irren
und schwer erscheint.
des
Fragen wir nun nach dem Alter und der Entstehungszeit der einzelnen Bautheile von
St. Nikolai,
so
wird
es
wir jedenfalls nicht
bedeutend, wenn
wir
den
Thurm-
lichen Restaurationsplan für die Kirche zu entwerfen. Diese Pläne fertigte Stühler auch im Jahre 1863, und sind dieselben im Wesent¬ lichen dem bevorstehenden Umbau, mit geringen Modifikationen, zu Grunde gelegt worden. Darnach soll sich über dem granitnen Thurm¬ unterban, der glücklicher Weise als Denkmal der ältesten Baukunst in Berlin erhalten bleibt, ein Thurmpaar erheben, von hohen schlanken Maaßwerkfenstern unterbrochen und durch mannigfach gruppirte Nischen
bau in die Zeit um 1240 setzen. Wie die Kirche, diesem Thurmbau entsprechend, ausgesehen hat, können wir nur nach Analogie ähnlicher Kirchenbauwerke dieser Zeit vermuthen; es mag eine schlichte Basilika
mit
gewesen sein
einem einfachen quadratischen Chor,
an den sich
Den Thurm haben
vielleicht noch eine Apsis als Chorschluß anlehnte.
mir uns aber mit einem einfachen Satteldache bedeckt zu denken, dessen Giebel an der Nord- und Südseite aufstiegen. Die alte Kirche kann
fahren wir aus dem oben mitgetheilten Ablaßbriefe des Bischofs Cono,
in ziemlich steilen, massiven Helmen endigend. Eine durch¬ Galerie bekrönt das quadratische Mauerwerk, da wo die achtseitige Spitze aufsitzt, und die Ecken werden durch schlanke Fialen ausgefüllt; die ganze Höhe der Thürme soll bis zur Spitze der Kreuze Abgesehen von vielen Schönheiten dieses ca. 210 Fuß betragen. neuen Aufbaues, scheint es aber doch sehr bedenklich zu sein, auf den schweren Unterbau plötzlich einen so ungemein leichten und luftigen Aufbau zu setzen, der in seinen Formen und Details nicht den For¬
vom Jahre 1335, und aus dem des Bischofs Heinrich von Branden¬
derungen des Backsteinbaustiles entspricht, sondern mehr die Sandstein-
burg, vom Jahre 1345, Laß zur Hilfeleistung am Kirchenbau auf¬
Architektur nachzuahmen sucht.
nicht groß gewesen sein, denn die ganze Breite des Thurmes beträgt
belebt und
nur 64 Fuß 10'/r 3oK, und dieser pflegte noch über die Seitenschiffsmauern um etwa 1 Fuß vorzustehen. Daher mag sie denn bald der
brochene
schnell anwachsenden Gemeinde zu enge geworden sein, und man sah sich
genöthigt, zu einem Neubau zu schreiten.
licherweise nicht
Altardienst
mit
dem
Chor,
sondern
mit
Dieser begann natür¬ der Westseite, um den
lange wie möglich noch abhalten zu können.
so
gefordert wird,
und
wir
werden unter diesem Kirchenbau,
obigen Erläuterungen, nur das Schiff der Kirche
und Seitenschiffsmauern verstehen können.
In
mit
Auch er¬
nach den
seinen
Pfeilern
dem Ablaßbriefe vom
Jahre 1379 ist nun von dem Neubau eines Chores die Rede, den Bürger begonnen, aber aus Mangel an Geld nicht haben vollenden können. Es wird dieser Chor im Wesentlichen noch der heutige sein, die
wir
Erbauungszeit um und nach 1379 setzen können. Allerdings heißt es, daß der Brand des Jahres 1380 die St. Nicolaikirche eingeäschert habe, doch werden wohl nur das Dach und das Gewölbe damals gelitten haben, vielleicht auch eingestürzt sein. Sie wurden, wie es scheint, nur flüchtig und schlecht ergänzt, und erst in der Zeit »ach 1460, wo wir aus einem Ablaßbriefe sahen, daß zur werkthätigen Unterstützung des Baues aufgefordert wurde, in der heute »och erhaltenen Form in solider Weise aufgeführt. Von der Marienkapelle wissen wir, daß sie Zeuschel im Jahre 1452 gegründet hat, und die heil. Kreuzkapelle sowie die meisten Seitenkapellen werden wahrscheinlich um 1490 errichtet sein, wo in dem Ablaßbriefe der so
daß
seine
!
I
I
!
j !
Die kleinen Fialen zur Bekrönung
viel zu schwächlich, und machen unvermittelt, den Eindruck des nur zeitweise Hingesetzten und Zufälligen; auch fürchte ich, wird die bedeutende Höhe der Thürme die Kirche selbst in ihrem Ansehen noch mehr herabdrücken, sie noch niedriger und winziger erscheinen lassen wie bisher. Dem Stil des Alten aber durchaus entsprechend wird die Restauration des übrigen Bauwerkes vor sich gehen; vor Allem soll das Innere der Kirche von der Tünche und dem die Gliederungen fast vollständig verdeckenden Putze befreit werden und wieder, wie ehemals, den Backstein in seiner natürlichen Form und Farbe zeigen. Die Emporen, die nur Licht wegnehmen und die Plätze darunter unbrauchbar machen, werben ebenfalls verschwinden, und über¬ haupt alle barocke Zuthaten einer, jedes Verständnisses für die mittel, alterliche Kunst baarer Zeit, soweit die Pietät es gestattet, sorgfältig entfernt werden, wofür wir der Einsicht der Kirchenbehörde nicht genug erscheinen gar zu
auch
|
!
dankbar sein können.
Es ist unsere Nicolaikirche allerdings kein Bauwerk, das auf eine hohe Bedeutung in der Kunstgeschichte Anspruch machen kann, j
8 Cardinäle von Reparatur und würdiger Ausstattung der Kirche die
denn es |
erhebt sich schlicht und einfach, ohne jeglichen besonderen sie umgebenden Profanbauten, ja wird
mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit, kurz zusammengefaßt, folgende Daten in der Baugeschichte unserer Kirche zu verzeichnen: Um 1240 der Thurm in seinen granitnen Untergeschoffen, 1340 Neubau des Schiffes, 1379 Neubau des Chores, 1452 die Liebfrauenkapelle; nach 1460 die Gewölbe der Kirche, und um 1490
Schmuck, nur wenig aus den
die heil. Kreuzkapelle und die Seitenkapelle des Schiffes.
Pracht, wie
Im Jahre 1514 endlich wurde die Thurmspitze vom Meister Peter Ottner aufgesetzt, die freilich oft Umgestaltungen und Repara¬ turen, wie schon inst Jahre 1551, erfahren hat. — Noch möchte ich
Bauwerk zeugt ehrlich von der Armuth, aber auch von der tüchtigen und soliden Arbeit und schlichten Frömmigkeit unserer Bürger von damals; sie will nicht mehr sein, sie will nicht reicher erscheinen, als sie wirklich ist — eben sie ist aber ein treuer Ausdruck damaligen Könnens
So hätten wir
Rede ist.
also
vielfach noch von diesen an Höhe überragt.
gegangenes Streben, das Bauwerk in Giebeln,
Thürmen hinauf in
|
nachträglich des aus Zinn gegoffenen Taufgefäßes erwähnen, das der
Meister Stephan Lichtenhagen und sein Geselle Paul Herrmann verfertigt, und mit vielen biblischen, auf die Taufe bezüglichen Dar¬ stellungen verziert haben. Nach diesen geschichtlichen Erhebungen .wollen
wir
noch
einige
Augenblicke der Neuzeit widmen, denn auch diese hat an der Kirche
gearbeitet, und
will
jetzt wiederum ein großes Werk unternehmen.
Da ist
kein kühnes, aus
schwärmerischer Begeisterung der Erbauer und der Baumeister hervor¬
;
sie
den
Zacken, Fialen und
Himmel zu erheben; kein Glanz,
keine falsche
ein Bischof oder hoher Kirchenfürst liebt, nein, unser
Hätten wir nur in der Weise fortgearbeitet, wie die Steinmetzen an dem alten Thurm, die so mühsam, so solide und tüchtig Stein auf Stein setzten und mit dem einmal gegebenen Material das Beste zu leisten sich bestrebten, — sie keine andere Wirkung — erzielen wollten, als ihr Material in richtiger Verwendung, es zuließ ! Sehen wir also nicht achselzuckend auf diesen einfachen und so schlichten Bau herab, sondern arbeiten wir wieder wie unsere Vorfahren, die nicht mehr fcheinen wollten, als sie wirklich waren, und nicht mehr zeigten, als sie wirklich hatten — dann werden auch wir wieder einer Blüthe und Vermögens.
wir zuerst der schönen Gabe Sr. Majestät des Kaisers und des Magistrats unserer Stadt gedenken, die jene in Farbenprachr schimmernden und das ganze Innere der Kirche in ein geweihtes, andachtenegendes Dunkel versetzenden gemalten Fenster im Chore ge¬
der Kunst und des
stiftet haben. Freilich wäre wohl zu wünschen gewesen, daß sie etwas klarer und lichter, die Figuren leuchtender und weniger abschattirt, wie es
Pfund, das uns Norddeutschen in Kunst und Reichthum von der Natur übergeben worden, wird uns sicherlich reiche Zinsen tragen!
Da
der
müssen
Stil
der Glasmalerei erfordert, gehalten wären;
hiervon werden
Kunstgewerbes entgegengehen, und das geringe
aber abgesehen
Die Knokerchouiver Berlins.
immer eine schöne Zierde unseres Gotteshauses bleiben. Der unvollkommene und unsymmetrische Thurmbau, der schon sie
längere Zeit viele schadhafte Stellen und Riffe aufwies, veranlaßte die Kirchenbehörde, den Oberbaurath Stühler aufzufordern, einen gründ¬
Von Fcrckinanä Meyer.
Die Privilegirung auch
die Errichtung
der
Innungen in
von Scharren
(Schluß.) den neuen
daselbst
Stadttheilen machte
erforderlich.
Auf
dem
235
Friedrichs werder etablirten
sich die Schlächter in zerstreut an den Straßen umherstehenden Buden; bis auf die Vorstellung des Rathes: daß es etwas Unanständiges sei, wenn die Straßen mit derartigen Buden angefüllt wären, daß ferner Tumult und Ungclegenheiten durch
die Fleischerhunde entstanden seien, welche öfters Menschen angefallen
hätten, durch Kabinets-Ordre vom 18. Schlächtern anbefohlen wurde, die
Mai 1718
sechs
den widerstrebenden
neuen Scharren neben dem
«
Innungen des Schlächtergewerks, nachdem dieselben schon 1690 gleich¬ lautende Privilegien für sämmtliche Stadttheile erhalten hatten, durch das General-Privilegium vom 7. Juni 1634 zu einem Gewerk vereinigt, welches sich nunmehr das „combinirte" nannte. — Hatten wir zu Anfang gesehen, wie die Abgeordneten der VierGewerke, mehr als die Deputirten der gesammten Bürgerschaft, die Kraft einer vollkommen gegliederten Organisation fühlten und zeigten,
Rathhaufe') zu beziehen. Das Dorotheen städtische Gewerk hatte feine Scharren in dem 1699 erbauten Rathhause, wo heute das Haus No. 54 in der Dorotheen¬
so muß auch hervorgehoben werden, daß sie ein
straße sich erhebt.
darüber haben
Aus dem damaligen Friedrichsstädtischen Neuen (dem heutigen Gensdarmen-) Markte standen 1734, längs der Gensdarmerie-Ställe, 36 Magistrats-Scharren. Nachdem dieselben 1765 baufällig ge¬ worden, sahen die Pächter sich zu einer Eingabe an den Magistrat
veranlaßt, worin
es
heißt, daß
sie
von Fleisch aufhängen konnten,
in
den Scharren nicht das Mindeste
ohne daß selbiges nicht vom Regen
verdorben oder vom Ungeziefer aufgefressen würde.
Bei starkem Winde
ständen sie Lebensgefahr aus und müßten, wenn drinnen Fleisch auf¬
gehängt wäre, in steter Furcht leben, daß ihnen die Scharren über dem Kopf zusammenbrechen. Nachdem zwei derselben wirklich eingestürzt,
unterm 17. März 1766 drei Meistern die Genehmigung zur Errichtung von fünf massiven Scharren.
ertheilte der Magistrat
In
„Bullenwinkel," am Ende der Taubenstraße, Jahr 1758 28 Erbzins-Scharren, welche den In¬ habern durch Schenkungsbrief vom 12. Mai 1790, gegen einen jähr¬ lichen Zins von 6 Thlrn., überlasten wurden. dem sogenannten
entstanden um das
GildehauS
besaßen,
Verhältnisse der Stadt
von wo aus
gemeinschaftliches
ihr politischer Einfluß auf
die
sich
Wo das GildehauS gestanden, keine Nachrichten erhalten. Mit Errichtung der
„Zwingburg," wie
die Bürgerschaft das von Friedrich dem Eisernen
sich
gestaltete.
endigte auch die politische Macht der Zwar blieben sie noch ein Collegium, das aber jede entscheidende Einwirkung auf den Magistrat verlor. Ihre Benennung überdauerte auf lange hin den Verlust ihres Einflusses auf die Stadt¬ verwaltung, und erinnerte nur noch an die einst besessene corporative Macht. Von den späteren Gildehäusern knüpften sich nur au dasjenige auf dem früheren „Rondeel" (dem heutigen Bellealliance Platz) histo¬ angelegte feste Schloß nannte,
Vier-Gewerke.
Erinnerungen. König Friedrich Wilhelm I. hatte, neben andern gemeinnützigen und wohlthätigen Schenkungen, auch zur Errichtung und Unterhaltung eines Findelhauses unterm 7.. März 1740 ein Kapital von 107,220 Thlrn. bestimmt, und dem Königl. Armen-Directorium, unter Androhung des
rische
zeitlichen und ewige» göttlichen Fluches anbefohlen, dies keinem andern Zwecke zu verwenden,
auch
Stiftung
die
Kapital
zu
stets heilig
auf königlichen Kosten massiv erbaut und 20/25. März 1790, gegen einen Zins von jährlich 6 Thlrn., als Grundeigenthum überlassen wurden. Beim Köll irischen Rat Hause standen 26 Mieths- und 2 Pri¬
Das Bedürfniß und die Nothwendigkeit eines solchen Hauses war aber damals für Berlin weniger fühlbar, weil das Große Friedrichs-Waisenhaus bereits Abhülfe gewährte. Dagegen hatte das Un¬ wesen der Bettelei nach und nach in beunruhigender Weise überhand ge¬ nommen, und es entstand der Plan zur Errichtung eines Arbeitshauses, um leichtsinnige Bettler in demselben zur Arbeit und Ordnung anzuhalten. Dieser Plan wurde von Friedrich dem Großen genehmigt und der Findelhausfonds dazu bestimmt. Zuvörderst sollte jedoch nur ein passendes Haus gemiethet werden, und als ein solches fand die Kommission das am Bellealliance Platz Nr. gelegene Gildehans des Schlächtergewerks geeignet, welches vom 30. April 1742 ab, für einen jährlichen Betrag von 180 Thlrn., gemiethet wurde. Ueber den
Erstere waren in gleicher Weise, wie die des Berlinischen
Ursprung dieses Hauses, das nach seinem Schilde der „Ochsenkopf"
Rathhauses, an die Inhaber gegen einen Gesammtzins von 302 Thlrn. jährlich verpachtet. Im Jahre 1839 fielen auch diese Scharren, und
hieß, meldet das alte Hypothekenbnch: „Diesen Platz haben die Fleisch¬
Aus dem Hofe des
Berlinischen Rathhauses
befanden sich
Jahre 1769, gegen einen Zins von theils aus unbestimmte, theils aus jährlich, die Pächter 16 Thlr. 1839 wurden die Scharren gänzlich Lebenszeit überkommen hatten. beseitigt und der Raum zu einem Spritzenhause umgewandelt. Inzwischen waren seit dem Jahre 1761 in der Poststraße (längs des Platzes vor der Nikolaikirche) 11 hölzerne Privat-Scharren 7 Miethsscharren,
die seit dem
entstanden, welche 1789
den Besitzern durch Schenkungsurkunde vom
vatscharren.
Terrain fand theils zur Errichtung des Waagegebäudes, theils für das Köllnische Gymnasium Verwendung. Die Scharren auf dem Neuen Markt stammten aus dem Jahre 1771 her, zu welcher Zeit ihre Anzahl sich auf 43 belief, die einen jährlichen Zins von 227 Thlr. 16 Sgr. gewährten. Der Substanz nach waren sie Eigenthum der Inhaber, jedoch nicht rück¬
das
zum Hofraum
sichtlich des Grund und Bodens.
Beides war jedoch der Fall mit den 8 Scharren auf dem Haakeschen Markte, welche um 1799 ungetheiltes Eigenthum ihrer Erbauer wurden, die 1 Thlr. jährlichen Zins zu entrichten hatten.
Außer den vorgenannten Scharren entstanden beiderJerufalemer Kirche im Jahre 1768 11 Miethsscharren, die 38 Thlr. Zins gewährten, im Jahre 1836 aber wieder beseitigt wurden.
In
zu halten.
II
Juni 1733 zu bebauen angewiesen bekommen, und ist hierauf ein Haus erbauet." Die stetige Zunahme der Bettler und Obdachlosen machte dann die Erbauung des jetzigen Arbeitshauses erforderlich, welches nach jener hauer am 1.
früheren Bezeichnung im Volksmunde noch heutigen Tages der „Ochsen¬
kopf" genannt wird. Nachdem 1758 die Uebersiedelung dorthin stattgefun¬ den, ging das ehemalige Gewerkshaus 1775 an die Servis-Commission für 4,200 Thlr., und 1806 zur Jurisdircction des Kammergerichts über. Soviel im Allgemeinen, bis zur neueren Zeit, über das Ent¬ stehen und den
Entwickelungsgang, die Sitten, Gebräuche und Zustände
einer Beschäftigung, die, wie keine andere, einen gleich systematisch geregelten und fortwährenden Vertilgungskampf
Natur führt —
sich
mit
der schöpferischen
und Anderen zum Nutzen.
Das Lerliner Theater unter ü. Th. Döbbetin. Briefen des KricgSraths Bertram an F. L. W. Meyer.
„Stelzenkrug" oder Jnvaliden-Gasthof (Ecke der Alexander- und Neuen Königsstraße) befanden sich 1746 neun, von der König!. Invaliden Kasse in Erbpacht gegebene Scharren. Im Ganzen waren 1796 in Berlin 170 Scharren vorhanden, welche sich 1839 bis auf 57 vermindert hatten. Bald nach Verschmelzung der städtischen Verwaltung in den fünf
In
Stadttheilen zu einer Behörde (1709) wurden
Töchterlein') bei sich im Hause, und producirt es Jedem, der es sehen
dem sogen.
auch
die einzelnen
*) Das Friedrichwerdersche Rathhaus nahm bekanntlich die Stelle des heutigen alten Münzgebäudes ein.
Mitgetheilt von Or. Kcrmann Illulc.
Lertram, Herausgeber der Literatur- und TheaterZeitung u. s. w. an Megcr (von Bramstedt),
„— — Mlle. Döbbelin *) Man kennt uneheliche Kinder.
Berlin, 23. Angust 1783. geht ihren alten Gang. Sie hat
die Schwäche der Tochter des
Als
sie
ihr
ihr
Berliner Prinz-paks für
zweites geboren hatte, glaubte
Karl Theophi!,
-
«
Mit
236
hinkt es seit Jahr und Tag sehr; die Liebhaberei daran nimmt monatlich ab, mithin auch die Döbbelinschc Kasse. Im Monat Juni dieses Jahrs, da es anfing, will, gar
gern.
unserm Theater
gar zu schlecht zu werden, gerieth Hr. Döbbclin daher auf den Ein¬ fall, ein Sommertheater in dem Grast. Reußischen Garten, welches jetzt ein öffentlicher Ort ist, der stark besucht wird, zu errichten. Bei
hat er mehr Schaden, als Vortheil, da ihn die Erbauung der Bude an 6 bis 700 Thaler kostet und das schlimme Wetter manchmal Querstriche macht; denn Sie müssen wiffen, daß dieser Unternehmung
das Sommertheater nur ein Dach von Leinewand hat, und die Seiten¬
Die Illusion wird auch dabei auf die grausamste Art gestört, da ohne Licht, bei hellem Tage gespielt wird. Seit 8 Tagen hat er wegen eingefallenen Regens und kalten Wetters wieder in der Stadt gespielt, und ich glaube fast, daß er gar nicht mehr ini Sommertheater wird spielen können. Die Abende
wände aus grünen Hecken bestehen.
nehmen schon zu sehr ab, und die Witterung fängt an, rauh zu werden.
vorhin: die Theaterliebhaberei nehme hier ab, und ich habe Selbst die bezaubernde Kehle einer Nie las vermag selten mehr ein volles Haus herbeizulocken. Fleck, den Sie, glaube ich, aus Hamburg kennen werden, ist jetzt einigermaßen der Zugvogel. Des Mannes Aehnlichkeit im Spiel mit Schröder machte, daß man Scholzen über ihn bald vergaß. Er hat all die Scholzeschcn Rollen mit solchem Beifall gespielt, daß man nicht wüßte, ob man ihm oder seinem Vorgänger den Preis zuerkennen sollte. Unzelmann scheint
Ich
sagte
nicht unrecht.
uns noch der alte Unzelmann zu sein, und ist nicht mehr angesehen, als ehedem." Derselke an Denselben. Berlin, d. 23. October 1783.
— Ich zittere allemal, wenn der sich unser Theater ansetzt befindet.
ich die Lage überdenke,
Seit
in
einem halben Jahre schon
so daß Viele in Rest ge¬ Abzahlung auch jetzt, da doch die Einnahmen geworden, noch nicht gedacht wird. Es kann endlich
wurden die Gagen nicht ordentlich gezahlt, blieben sind, an wieder besser
dessen
keinen guten Ausgang
mit
sieht jeder Kluge jetzt ein,
unserer Theatcrwirthschaft nehmen,
nur
das
sei der unglückliche Augenblick, meiner
Freundewegen, noch weit entfernt. Döbbelinen sind vor Kurzem für die Ab¬ tretung seines Werks 15,000 Thl. und eine jährliche Pension von 1000 Thl. geboten worden, und ungeachtet seiner Übeln Lage hat er diese sehr
vortheilhaste Offerte nicht angenommen? Was sagen Sie dazu?" Derselbe an Denselben.
Berlin,
— Ich glaube, Ihnen Madame
Mecour
schon
d. 13. December 1783.
geschrieben zu haben,
daß
bereits seit sieben Monaten hart danieder liegt, und
zwar ohne Hoffnung, je die Bühne wieder betreten zu können. Demihr Döbbelin nach wie vor ihre Gage und bestimmte
uugeachtct reicht
ihr vor einigen Tagen
den dritten Theil einer Einnahme, wodurch sie Thaler auf Einem Brette erhielt. Solche Handlungen können Einen mit unserm Theophilus wieder aussöhnen. Sagen Sie mir einen Direkteur, der das Vermögen, oder auch nur den Willen hat, 10 Thaler wöchentlich um nichts und wieder nichts wegzugeben? Ueberdem hat Madame Mecour nicht den Sommer ihrer Tage bei Hrn. Döbbelin zugebracht."
denn noch 65
Derselbe an Denselben. Berlin, d. 5.
„
— —
Mit
Juli
unserm Theater ist es noch beim Alten.
1784.
Die
rück¬
ständigen Gagen werden nicht ausgezahlt, und die laufenden fallen als Großvater wider Willen, den abermaligen Fehltritt und das Erscheinen dieses zweiten unnöthigen Kindes vordem Publikum entschuldigen zu sollen, trat vor die Rampe und begann: „Vcrehrungewürdige Versammlung! Tugend — „Aber nicht zwei Mal!" kann straucheln; Tugend kann fallen rief eine Stimme aus dem Parterre, und Großvater Döbbelins Entschuldigungsredc batte ein Ende.
..."
Verlag von
Alfred Weile in Berlin.
auch
nicht
ordentlich,
so
daß der Rückstand
immer höher steigt.
Lanzens haben jetzt bereits über 200 Thaler zu fordern.
meiner Freunde
mir
macht
Wegen dieser
unsrer Schaubühne
die Lage
manchen
Kummer, und oft eine schlaflose Nacht." Derselbe an Denselben.
Berlin, d. 5. November 1785. , — Die Lage der hiesigen Bühne ist seit Jahr und Tag immer schlechter, und Döbbelin immer mehr schuldig geworden. Die besten Leute, wie Sie wissen werden, sind fortgegangen. Auch Lille. Döbbelin verläßt das Theater ihres Vaters in drei Monaten wieder.
Was
sie
zum zweitenmal aus Berlin zu gehen genöthigt,
noch nicht so ganz
klar,
doch
sagt man
ist zwar
sich die Ursache schon ziemlich
laut in's Ohr. Die Götter mögen es wissen, ob man ihr zu viel thut! An ihrer Stelle ist bereits Mad. Gensike engagirt, die eben wie gerufen vor 14 Tagen aus Mannheim nach Berlin kam. Was soll ich Ihnen sagen von den Umständen der guten Lanzischen Familie, was Ihnen eine Beschreibung machen, wie sorgenvoll ihr Leben zeither gewesen ist? Lanz hat anjetzt 500 Thaler Gage bei Döbbelin stehen. Dies wird Ihnen eine Vorstellung von der Lage dieser Leute geben können."
Leider brechen die intereffanten Briefe hier ab, zu deren voll¬
ständiger Aufklärung nur noch zu bemerken wäre, daß
Scholz,
Maximilian
einst berühmter Heldenspieler der Berliner Bühne,
I. I.
Engel (in der „Mimik") gesessen hat, wie Engel Fr. L. Schmidt erzählte. (Vergl. deffen „Denk¬ würdigkeiten" I, 100.) Bei dem Schauspieler Lanz wohnte Ehr. Brandes während seines Aufenthaltes in Berlin um jene Zeit; später erschoß sich in dem Zimmer der Brandes'schen Tochter Minna ein un¬ glücklicher Liebhaber derselben. (Vergl. Chr. Brandes II, 335 flg.) zu dessen Gemälde des
„Otto von Wittelsbach"
I.
I.
Literatur. Friedrich der Erste, König in Preußen
von Werner Hahn. 3. Auflage. Mit einem Titelbilde. Berlin 1876, Verlag der König!. Geheimen Ober-Hofbuchdruckerei R. v. Decker. ES ist keine neue Erscheinung in der Literatur, auf die wir die Leser des „Bär" aufmerksam machen möchten, sondern ein alter, lieber Freund, der zum Weihnachtsfeste sich mit einem neuen Kleide in den Häusern des Preußischen Vaterlandes zeigen möchte. Einer Empfehlung bedarf ein Buch von Werner Hahn kaum noch; seine populäre, ge¬ wissenhafte und anziehende Darstellungsweise, die namentlich auch auf Unser erster, viel verkannter die Jugend wirkt, ist bekannt genug. König steht manchem sonst reibt patriotischen Hause noch immer ferner als sein Nachfolger; Werner Hahn hat nicht etwa blinde Bewunderung für, aber er wird ihm gerecht nach jeder Seite hin. Die Leser des „Bär" wird namentlich auch der dritte Abschnitt: „Von den Zuständen, Sitten und Gesetzen der damaligen Zeit" interessiren, in dem ganz Ueberhaupt dürfte für Berlin besonders von Berlin die Rede ist. Friedrich der Erste besonders anziehend sein, verdankt es ihm doch mehr als einen künstlerischen Schmuck. Was Hiltl in seinen Romanen, die unseren Lesern gewiß Allen bekannt und lieb sind, an der Hand der Dichtung gethan, die Gestalt Friedrich's I. lebensvoller zu machen, das thut Hahn an der Hand der Geschichte.
Berichtigung. In dem Aufsatz „Merian's Brandenburg. Topographie" p. 213, Zeile 21 von unten muß es heißen: Trauerhabit statt Frauenhabit. Als werthvolles und interessantes Weihnachtsgeschenk empfiehlt die Verlagshandlung allen Abonnenten des „Bär": schwebet Kulturkistor. Kilder au8 äer alten Mark iknndcnfmrg. Elegant gebundene Eremplare sind zum Preise von 8,50 Mk. durch alle Buchhandlungen sowie auch direct von der Verlagshandlung von Alsted Weile in Berlin S.W. Bahnhofstr. 1 zu beziehen. Keim schlaffe des 2. Zakrgangs spricht äie Kerkagssianäkung allen Denen ihren Dank aus, äie das Unternekrnen dieser Seitschrist unterstützt und gefördert Kaken und kittet um weitere fictkätigung des dankeaswertken Interesses. — Um ganz das Siel zu erreichen, das Redaction und Verlagskandlung sich uorgezeichnet Kake», kedars es auch der Unterstützung sortgesetzter Abonnements und kittet die Uerlagskandlung um eine Fortsükrung derselken.
— Verantwortlich für Redaction: Ferd. Meyer in Berlin. — Druck von
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