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German Pages 239 [252] Year 1986
Der Boden als Reaktor Modelle für Prozesse im Boden Jörg Richter
124 Abbildungen, 10 Tabellen
Der Boden als Reaktor
Jörg Richter
Der Boden als Reaktor Modelle für Prozesse im Boden
124 Abbildungen, 10 Tabellen
—
Ferdinand Enke Verlag Stuttgart 1986
Prof. Dr. Jöörg Richter Institut für Bodenkunde der Universität Herrenhäuser Straße 2 D-3000
Hannover
21
CIP-Kurztitelaufnahme Richter,
der
Werk,
Bibliothek
Jörg:
Der Boden als Reaktor : Boden / Jörg Richter. ISBN 3-432-95731+-9
Das
Deutschen
einschließlich
Modelle für Stuttgart :
aller
seiner
Prozesse im Enke, 1986,
Teile,
ist
urheberrechtlich
geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. © 1986 Ferdinand Enke Verlag, P.0.Box 1304, D-7000 Stuttgart Printed in Germany Druck: Johannes Illig, Buch- und Offsetdruckerei, Göppingen
1
Vorwort
Der vorliegende Text ist Inhalt der gleichnamigen Vorlesung des Autors, Er legt
den Akzent in Aufbau und Darstellung auf die deterministische Beschreibung des
einzelnen Prozesses, ist also primär methodisch orientiert. Darin folgt er den Lehrtexten der modernen Bodenphysik, die vom Autor aber am Ort des Entstehens nicht gelesen wird. Vielmehr ist also in diesem Text auch eine Bodenphysik insofern enthalten, als die Beschreibung der Prozesse u.a. auf der Basis des PotentialKonzepts - eine der wichtigsten Grundlagen aus dem Grenzbereich zwischen Physik und Chemie - erfolgt. Die für die Darstellung des Ionen-Haushaltes notwendige
Erweiterung
um
die Umwandlungsprozesse
Reaktionsdynamik unerläßlich.
macht eine Einführung
in die
Der Text will aber über diese Darstellung der Grundlagen hinaus auch dazu anregen - und das ist seine wichtigste Aufgabe -, sich mit den Prozessen "operational” zu beschäftigen, d.h. sie durch Berechnung, durch "Simulation", quantitativ nachzuvollziehen, um so schließlich durch Übertragung auf Freilandverhältnisse praktischen Nutzen stiften zu können. Dabei spielt der Microcomputer, der sich in diesen Jahren zu einem außerordentlich leistungsfähigen und vielseitigen Werkzeug mausert, eine entscheidende Rolle: nicht nur bei der Erstellung dieses Textes hat er wesentlichen Anteil, sondern er ist als heute jedermann zugänglicher Hoch-
leistungsrechner, der kaum hinter schnellen "Minicomputern" zurücksteht, die not-
wendige Voraussetzung für das Arbeiten mit numerischen Lösungen.
Unter Bodenstruktur wird dem Konzept des Textes entsprechend die Gesamtheit aller örtlich und zeitlich variierenden Parameterfunktionen verstanden, die die Einzelprozesse steuern. Das ist letztlich eine Auffassung von der "Struktur" eines Systems, die auch der holistisch orientierten Betrachtungsweise der Ökologie entgegenkommt, deren andere Grundlage Bilanzen sind, die oft in Fluß- oder Kreislaufvorstellungen eingebettet werden. - Einheitlich ist auch die Definition eines Diffusionskoeffizienten bei allen Komponenten als Quotient aus Leitfähigkeit und spezifischer Speicherfähigkeit. Ebenso wird das Tortuositäts-KontinuitätsKonzept als generelle semi-makroskopische Charakterisierungsmöglichkeit bei den Transportprozessen eingeführt., Jeder gezielte Eingriff in das komplexe System Atmosphäre-Hydrosphäre-BodenPflanze
erfordert das Verständnis
nicht nur des Einzelprozesses,
sondern
auch
seiner Kopplung mit anderen Prozessen. Simulationsmodelle sind, kaum entwickelt, gelegentlich in Verruf geraten, weil sie im Hinblick auf das zu modellierende System zu einfach oder zu komplex waren oder der Heterogenität desselben nicht genügend Rechnung trugen, so daß sie letztlich nicht kalibrierbar waren. Der Autor ist jedoch überzeugt, daß die Bewältigung vieler Umweltprobleme ohne die Hilfe
VI dynamischer Modelle gar nicht möglich ist. Die Modelle sollten dabei stets so einfach wie möglich und so komplex wie nötig für die anstehende Fragestellung sein. In einem einführenden Text können ohnehin nur einfache Modelle vorgestellt werden, die hier außerdem dem Kriterium der Anwendbarkeit unterworfen wurden.
Letztlich
handelt
es
sich
ja
darum,
ein
Werkzeug,
das
die
Verfahrenschemie seit Jahrzehnten erfolgreich benutzt, endlich auch im sinnvollen und schonenden Umgang mit dem heterogenen Reaktor Boden einzusetzen, Der Text stellt insofern auch eine Adaptation des Systemkonzeptes für das offene System Boden dar. Nach Ansicht des Autors gibt es wenige so nützliche Konzepte wie das der Systemdynamik, das durch die Studie von Meadows über die Grenzen wirtschaftlichen Wachstums einem größeren Kreis bekannt gemacht wurde, oder das Energie- und Entropiekonzept der Thermodynamik, ebenfalls ein Systemansatz, welcher etwa durch das Buch von Rifkin seine wichtige Popularisierung fand. Beide Betrachtungsweisen vermitteln nicht nur Einsicht in Globalgeschehen, sondern verlangen, sollen sie praktisch wirksam werden, nach Regionalisierung, örtlicher und zeitlicher Auflösung. Umgekehrt erfordern auch die in der Bodenphysik üblichen mehr oder weniger deterministischen Punktmodelle eine Regionalisierung, sollen sie praktischen Gegebenheiten und Aufgaben Rechnung tragen. Die räumliche Variabilität der Parameter-Funktionen und der Randbedingungen ist die Ursache dafür, daß die deterministischen Konzepte, die für die Darstellung der Prozess-Dynamik an Labor-Monolithen meistens ausreichen, bei der Übertragung auf Feldsituationen um stochastische Modelle ergänzt werden müssen. Diese so unbedingt notwendige Ergänzung der deterministischen Modellierung steckt zwar noch in den Anfängen, soll aber hier in ihren Ansätzen erwähnt werden. Meinen jungen Mitarbeitern am Institut für Bodenkunde der Universität Hannover, vor allem den Herren Dipl.-Ing. agr. Rüdiger Anlauf und Jens Utermann, schulde ich Dank für mancherlei Unterstützung, Anregung und Detailberatung. Die numerische Behandlung der parabolischen Differentialgleichungen im Anhang folgt einem Seminarvortrag von Herrn Anlauf aus dem Jahre 1983, der seinerseits die Vorlage des Textes von Herrn Dr. Duynisveld nicht verleugnet. - Herrn Kollegen Benecke, Universität Göttingen, danke ich für die kritische Durchsicht des ersten Entwurfs und viele wichtige Diskussionen. Ob seine Ermahnungen hinsichtlich der didaktischen Qualitäten des Textes gefruchtet haben, möge die Zukunft zeigen. Dank schulde ich auch der Fa. Frings & Kuschnerus, Hannover, ohne deren ständige Hilfsbereitschaft es kaum möglich gewesen wäre, die Widerstände des Textsystems gegen diesen etwas anspruchsvolleren Text beim Laser-Ausdruck zu meistern. Dem Enke-Verlag sei für sein Entgegenkommen bei der Behandlung der unkonventionellen Form des Textes gedankt, Hannover, im Mai 1986
J. Richter
Inhalt
1 Einleitung und Problemstellung 1.1
1.1.1
BetrachtungSWeiSS..es..eerre
ernr
N E EEEEEKEREE KD
SKU EEKEKEUDNG
Statik und Kinefik...............0..n nnnn
1.1.2 Dynamische BetrachtungSWeiSC........u rrr 1.1.3 Bilanzierende BetrachtungSWeiSS......0.0.nn n 1.1.4 Das System in der ThermodynamiK..esssrrrr en LLS Grundlagen des Potentialkonzepf®S...........0..00..00000000n nnrn 1.1.6 Makroskopische BetrachtungsWeiS©.....0...e.ne rrrn 1.1.7 Aggregation und PufferuNS.aussssssrrees ernr RE HEK 1.1.8 Ein Wort zum Begriff des ModelleS...... r 1.2 Klassifizierung von Prozessen im BOdCD....e.eeeeneeee er
1.3
Inhalt und Aufbau des TeXfeS v.....errrr err err E E EK
14 2
Literatlfosmsssennnnner
Wärmeleitung
2.1 2.2 2.2.1 2.2.2 2.3 2.4 2.4.1 2.4.2
2.43
rrrnnn
RE RE EEEEREEEEEEEREEEEEEKEREEREEKRUEKESEEN NRO
in Böden
Bedeutung der Wärmeausbreitung im BOdeN aur PhänomMeNeasesaseereren rrr ELEF E LEEEKEESEKREKKCKEKEKE NR B ER NR KKERKEEER Beispiele für Tagesgänge der Temperatur vu Beispiel für einen Jahresgang der Temperatüf.................0. Wärmeleit- und Speicherfähigkeit in Abhängigkeit von Bodenzusammensetzung und -Sfrukfür vrr Gewinnung der Transportgleichung mit Hilfe von lokaler Bilanz und KausalprinZip ...r rrnr RE ELE ELE RE Lokale Mengenbilanz für Materie bzw. Energie bei fehlendem UMSAfZ veeeieerr errnnn en ELE K EK ROR Eindimensionale Transportgleichung für Materie bzw. EnerBiE eeseerrereee er EEEKEEKERKEEKLKERREKKEKERERREKKERREKKEEEKERERKENURETURGS
Gleichung für die Wärmeausbreitung assserrr
r
2.5
Analytische Lösungen der Wärmeleitungsgleichung mit konstantem OT eseserrr nnnn RE RE EEEENEEEREKRERRRER ED UE eerenan0
2.5.1 2.5.2 253 2.6
Stationärer Fall vurnnn E RE EK E NR UE ELKEEN Temperatursprung als Randbedingung arrrerr Periodisch veränderliche Temperatur als Randbedingung ....... Numerische Lösung der Wärmeleitungsgleichung mit konstantem Ofe. . 0 0 0 0 0000000000 0E0REEERKEENEELEEEFEKEHERIEKEEREEKENKELKULRGKEGG Boden-Wärmehaushalt; Wärmeumwandlung ............0eerere rr
2.7
VE 2.7.1 2.7.2 2.8 3
Abschätzung der vom Boden aufgenommenen Energie ........... Verdunstungswärme für 1 mm Wasser LÄiterafUf sseseseeeeeer ernr REEEERERRRRRRRRRREEKRRBSEREEREEEFREEEEEREREKEEEEEGGS
Bodenlufthaushalt
..
3.1 3.2
Bedeutung des BodenlufthaushalteS .........0000000000 rrr rrrr errnnn Phänomene eeesrereee rrn EEEEEEEEKEEEEREEEEEKKEKERE EDKK LKEEEEEEEEERKEKEEKEES
3.2.2 3.3
CO-„-Produktionsprofile und -Zyklen aur Parameter des BodengashaushaltesS ............0000000000rrr errn
3.2.1
3.3.1
3.3.2
3.4
3.4.1 3.4.2 3.5 3.5.1 3.5.2 3.6 3.6.1
3.6.2 3.6.3 3.7
CO>‚- und O,-Konzentrationsprofile im BOden ..............00000000 Scheinbarer Gasdiffusionskoeffizient Dg ao.u.. Speicherung
4.2 4.2.1 4.2.2 4.3 4.3.1 4.3.2 4.4 4.4.1 4.4.2 4.4.3 4.4.4
Gasen
im
Boden
49444000rnnn
nnnnnn
Erweiterung der Transportgleichung ..rnnn Partialdruck und diffusiver GastranspOTt ... Lösungen der Gashaushaltsgleichung arrrn Analytische Lösung für den stationären Fall ...nnn Numerische Lösung für stationäres Beispiel u00 Anwendungen der Gastransport- und Gashaushaltsgleichung ......... Zur Messung des Diffusionskoeffizienten Da
Die "tortuose" Makropore als Strukturmodell
4444440004000
Mikro-Anaerobie als Belüftungsproblem; das Redoxpotential AEH seeeereeneere e R BEK LÄiteratuf eeeerereernne nnn EEEEREEEERRENEEERRLERRERNEERERE EK EB KDEEEEEEOEGS
4 Bodenwasserhaushalt 4.1
von
Quantitative Beschreibung des Bodengashaushaltes ................0.00000
000000000000000LELELELEBKNGADEENDEBEEHLNGNGHNUNENESKGEIDUNDUN
Bedeutung des Wassers im Boden; Jahresbilanzen
...........000..00000
Phänomene vereeerrrrr errnnn E RE ELE KKKRERKRKRREKEKLEERKEEKREKELEEEKEEERERENERKEEEG Wasserspannungs- und Wassergehaltsprofile im Boden.......... Flüsse an der Grenzfläche und im BOoden vn Hydraulische Leitfähigkeit und die sog. Wasserspannungskurve.... Die hydraulische Leitfähigkeit K(Ym) ...00.00000000n.0 0nnn Die sog. Wasserspannungskurve Yın(O) aseiieree Die Wasserhaushaltsgleichung ...rn E EG HEG AA EE EK EENEG Die lokale WasserbilanZ ernr E K HEG RT E EG Die Gleichung für den Wasserfluß Qw oee00nn enr Das hydraulische Potential Yır 0rrnnn Verschiedene Formulierungen der Wassertransport-
gIeEICHUNG seseeerererere nnrn EEEE E RRI ADKEKEBEKEEEKEK RET SS EREKEDKEE OEG
4.5
Charakteristische Fließzustände des Wassers im vegetationsfreien
4.5.1 4.5.2 4.5.3 4.6
BOden esereererern rrrn E E RE EEREKER EB EEEELEEEEREERELEEREELEEGEELEEELGES Gleichgewicht und Quasi-GleichgewiCht ...n Stationärer bzw. quasistationärer Zustand . ... Nicht-stationäres Fließen uuurnnn K OEa E EK KEIEG Anwendungsbeispiele und numerische Lösungsverfahren zur
4.6.1 4.6.2 4.6.3 4.6.4
Wasser-Gleichgewicht im BOden arrrnnn K Fließgleichgewicht im Boden bei sommerliche Austrocknung Lösungsverfahren für nicht-stationäres Fließen ............00..000 Einfache Wasserhaushaltsmodelle für den ebenen, homogenen,
4.6.5 4.6.6 4.7 5
Wasserhaushaltsgleichung .annnr EK EB
starren und bewachsenen Boden; die Wurzelentzugs-
funktion P(Zyl) vesereeernre en E TE RERR ELE R RET Berechnung der Evapotranspiration E arrrn Der Wasserhaushalt eines Weizenschlages auf Löß-ParabraunEId® aeeessereerree nnnn E RET ERRRDRRERRREEEREEEREERDEEKERLERDELRKEREEEEEENEEREG Literatur eseeeeserennnn n ELE EEKEREEREEREERREREE TE ERE RE EEEEEKKE E EEREDER
Stoffhaushalt
533 5.4 5.4.1 5.4:2 5.4.3 5.5.1 5.5.2
des Bodens
EinleituNß ve...0.4.000000000004 440000 0EEEEERERRRREREKKKRKEKKKKKREEEERERKKEBRUEEEOES Bedeutung der Stoffe im BOdeN aurn E G Erweiterung der Transportmodelle .usun rrr Phänomene eseeeerer ELE EEERREEEEE RETLB EESEEEEEEN RE Verlagerung nicht-wechselwirkender Ionen im Winter........... Verlagerung wechselwirkender Ionen über Winter................ Parameter des StofftranspOrfeS a..serrrrr ern E EG RE RE Transportparameter: effektiver Dispersionskoeffizient Dg ..... Quantitäts-Intensitäts-Beziehungen für Komponenten, die mit der Bodenmatrix in physikalischer Wechselwirkung stehen und spezifische Speicherfähigkeit B .............. Spezifische Speicherfähigkeiten C und Diffusionskoef-
fizienten. D earnnn nnnrnnn E E EAREERDERENAUDRREEREEREERREEEEKKEEREG
Kopplung der Transportflüsse für nicht mit der Bodenmatrix wechselwirkende Komponenten aessrerrer errn Allgemeine Beschreibung der KoOpplung aarnnn Transport gelöster, nicht-wechselwirkender Komponenten durch den BOdeN aeseeseerer errnnn EB OR RE RE EE EDUK EEEELEREERK UE Berücksichtigung der Teilchenladung arr Einführung in die Reaktionsdynamik ....srrer ennn Grundvorstellungen zum Reaktionsablauf ...r Reaktionsordnungen bei Elementarreaktionen
105 111 113 118 121
123 123 123 123 124 124 125 127 128 129 136 138 138 140 142 143 143
in homogenen SystemeN eesrrerr ern E RET Ein besonderer Fall: Reaktionen 2. Ordnung mit sigmoidalem Verlauf arrrn EEE RN NS DE Komplexreaktionen in homogenen Systemen au Heterogene Reaktionen (Wechselwirkungen mit Oberflächen der FestphasS®) errn RE EK E EG Modelle für das Verhalten reaktiver Stoffe und Ionen im Boden ....
145
Stoffen mit der festen PhaSe aunnnr en KK RE Beschreibung der Wechselwirkungen von Ionen mit geladenen Oberflächen der festen Phase (Ionenaustausch) ....... Einfache Modelle zum Boden-Stoffhaushalt ... Modelle für die Nitrifikation bei gleichzeitiger Verlagerung.... Simulation des Stickstoffhaushaltes von Löß-Ackerböden über Winfer aes..0.00.nn0 ELEF EEEEEEREETLEREEKEERS K UE Punktmodell für die Verlagerung physikalisch wechselwirkender Ionen am Beispiel der Kaliumdüngung .................. Simulation des Abbaus von Herbiziden im Boden ................... Ansätze für das Verhalten von Schwermetallen im Boden......... "Vollständige" Stoffhaushaltsmodelle ‚uu Literatuür ernnnr E NR EEEKEEEEKEEEKREEEEEERERERKEEELEEKKEKRKRRUKRENEEN
162
SCHUB essssrrrnnne nnn 0.00nn0NGLEEELNSDDNNENGNTESTHGHLKNRNNEEHGEHHSINITHDEUREEDUNGG
191
5.53 5.5.4 5.5.5 5.6
5.6.1 5.6.2 5.7 5.7.1 572 5.7.3 5.7.4 5.7.5 5.7.6 5.8 6.
6.1 6.2 6.2.1 6.2.2 6.2.3 6.3 6.4 6.4.1 6.4.2 6.4.3 6.4.4 6.5
66
Dynamische Beschreibung der Wechselwirkungen von
Jenseits der AnnahmenN errnnn E RE E OTEEDE EREAU GGE Der Boden als nicht-starrer FeStKÖTper asu..errer rr Mechanische Deformation und Anderung des SpannungsZUSLaNdES ererrerre nnnrn E EK R TE KEREEREKKEERE KD KERRRRREKEEKEETEEEERENEEKEGG Mechanische Ursache-Wirkungs-Beziehungen ... Veränderungen der Parameter bei mechanischen DeformationeN asereerr rrr E ELE EKEEERER NN EEEER E RR NR K KEGEKREEKEEL Die explizite Modellierung der Stoffaufnahme der Pflanzen .......... Großräumige Modelle: Flächen- und Gebietsmodelle.................... Simulation der Stoffverlagerung in heterogenen PorensysStemeN eseeeseer ELE EKERENKEEEE KK KB ELTG Geostatistische Darstellung der räumlichen Variabilität .......... Verknüpfung deterministischer und stochastischer Modellansätze: Monte-Carlo-Simulation der Salzverlagerung ............ Ein völlig anderer Weg: Platten- und KompartimentmOdell® arrrnnn e En E EK EERR GE EEEREEERENEERREREREEDGERKEERUNCKKEUEGGG Modellierung der Bodenentwicklung vues.er rrr
LiterafUür
eeeeeeeennnne 0000000 EEEEEEENFEEEKKEREERRREKKKREERRKERRREEURKRREEUEKEUKRES
147 151 156 161
165 169 169 173 176 179 182 186 187
191 193 193 198 205 206 211 211 213 214 216 224
224
N 7.1 7.2 7.3 7.4
enn....... Numerische Lösungen für den nicht-stationären Wassertransport und den Stofftransport bei stationären Fließbedingungen .............. Gaslöslichkeiten in WaSSer anr WUmrechnungstabelle Maßeinheiten ‚arrEK Liste der Symbole und IndiZeS veererrreer rrr GE EK
228 228 236 237 238
1 Einleitung und Problemstellung
1.1 _ Betrachtungsweise 1.1.1 _ Statik und Kinetik
Die Bodenkunde ist eine "angewandte” Naturwissenschaft. Mit Hilfe der Prinzipien
und Methoden der Physik, Chemie und Biologie widmet sie sich einerseits der
Zusammensetzung
und Struktur der Böden, andererseits ihrer - strukturbedingten -
Funktion vornehmlich als Pflanzenstandort. Damit wird der Boden nicht nur hinsichtlich der notwendigen mechanischen Verankerung der Pflanzen angesprochen, sondern vor allem im Hinblick auf die in ihm ablaufenden Prozesse. Für das Wachstum sind die Transport- und Umwandlungsvorgänge der energetischen und vieler stofflicher Komponenten von Bedeutung.
Während sich Zusammensetzung und Struktur der festen Phase der Böden - von Eingriffen wie der Bodenbearbeitung einmal abgesehen - i.a. nur sehr langsam verändern, zeigen die Böden hinsichtlich Wärme, Luft und Luftkomponenten, Wasser und Ionen in der Lösung starke, z.T. periodisch dem Tages- oder annuellen Rhythmus folgende Veränderungen, die oft von strukturellen Veränderungen hervorgerufen oder begleitet werden. Sie folgen damit einerseits mehr oder weniger rasch den Austauschen mit der Umgebung über die Ober- oder Untergrenze der Böden (z.B. Wasser-Infiltration und kapillarer Aufstieg) bzw. den in ihnen ablaufenden, tiefen- und zeitabhängigen physikalischen, chemischen und biochemischen Umwandlungen
(z.B. Ionenaustausch, Mineralisation). Andererseits
setzen die Böden auch bei den vorgenannten "schnellen” Komponenten Wärme, Gase, Wasser und Ionen allzu schnellen Veränderungen durch Speicherung (z. B. aufgrund mehr oder weniger spezifischer Adsorption an aktiven Oberflächen) oder andersartige Pufferung (z. B. durch verzögerte Freisetzung) Grenzen. Das Verhalten dieser schnell veränderlichen Komponenten wird entscheidend durch Kulturmaßnahmen modifiziert.
Abgesehen von diesen momentanen oder jahreszeitlichen Veränderungen - zum
Sommer hin nehmen z.B. Grobporenvolumen und Wasserleitfähigkeit geackerter Böden immer ab - erscheinen Struktur und Funktion von Böden nur in historischen Zeiträumen veränderlich. An Zeiträumen von Monaten und Jahren gemessen scheinen sie eher statische Begriffe zu sein: die entsprechenden Charakteristika verändern sich nur außerordentlich langsam und zwar so, daß sie schließlich einem "Quasi-Gleichgewichts”-Zustand bei den jeweiligen klimatischen und
2
Boden als Reaktor
Bewirtschaftungs-Bedingungen entsprechen (Klimax-Theorie von Clements, 1916). Gleichgewichts-Zustände zu beschreiben ist Aufgabe der Statik; Bewegungen beschreibt die Kinetik. Ein wenig verwirrend ist, daß die wichtige, die energetische Seite der Gleichgewichts-Zustände beschreibende Wissenschaft Thermodynamik heißt: sie sollte besser Thermostatik genannt werden (siehe hierzu auch Abschnitt
1.1.4).
Verständnis und Beschreibung der meist langsamen Veränderungen der Nicht- und Quasi-Gleichgewichts-Zustände ist Aufgabe der Bodengenetik. In dieser, wegen des großen Zeitmaßstabes eher statisch orientierten, auf die stoffliche Zusammensetzung der Festphase abzielenden Betrachtungsweise werden die Funktionen der Böden als Eigenschaften formuliert. Da sich die pflanzenbaulich orientierte Bodenkunde den relativ schnell ablaufenden Prozessen dieser Komponenten im System BodenPflanze-Atmosphäre zu widmen hat, sollten die Prozesse als solche in den Mittelpunkt gestellt werden. Alle Bewirtschaftungsmaßnahmen, ob Bodenbearbeitung oder Düngung, Beregnung oder Dränung, beeinflussen dann die Prozesse, und es ist wichtig zu wissen, in welcher Weise das geschieht. Der Unterschied in der methodischen Behandlungsweise der Probleme ist in der Bodenkunde derselbe wie in der Chemie: einem Verfahrenschemiker nutzt die Kenntnis der reinen Stoffchemie auf der Grundlage der Gleichgewichte wenig, wenn er das Ausmaß und die Wirtschaftlichkeit eines chemischen Produktionsprozesses im Auge hat: dazu bedarf es der Kenntnis der Prozessdynamik.
1.1.2
Dynamische Betrachtungsweise
Die kinetische (von kinein (gr.) = bewegen) Betrachtungsweise im engeren Sinn stellt den Prozeß, den Fluß, die Veränderung in den Mittelpunkt ohne die Frage zu stellen: warum geschieht etwas? Die Verknüpfung von Ursache (= verallgemeinerte Kraft im thermodynamischen Sinn) mit der dadurch bewirkten Bewegung oder Veränderung, dieses als Kausalität bezeichnete Prinzip charakterisiert die dynamische Betrachtungsweise (von dynamike (gr.) = Lehre von den Kräften und den durch sie erzeugten Bewegungen). Ein Beispiel für solche Fließgleichungen ist das Ohmsche Gesetz für den elektrischen Strom: aufgrund einer Gleichspannungsdifferenz AU fließt durch einen Widerstand R mit der Leitfähigkeit L=1/R ein Gleichstrom I, (siehe Abb.1.1) L
=
L'AU
=
VR-AU
(1.1)
AU ist als die antreibende Kraft zu betrachten, I, als die bewirkte Bewegung, hier ein konstanter Fluß von Elektronen durch den Leiter bzw. Widerstand. Die Leitfähigkeit
Einleitung
3
L ist ein von Material und Form des Leiters abhängiger, Charakteristischer Parameter, der den Strom begrenzt.
also
struktur-
Ein anderes Beispiel für eine Fließgleichung ist das aus der Bodenphysik bekannte Darcy-Gesetz. Hierbei ist der Wasserfluß I, proportional dem erzeugenden Potentialgefälle Jw/0z: 1, = -Kı
9w/0z
(1.2)
w steht für das hydraulische Potential, z für die Tiefe. 9w/dz ist der sog. PotentialGradient oder das Potential-Gefälle. K, ist stark abhängig vom Wassergehalt und darüberhinaus von der Bodenstruktur. Das negative Vorzeichen bei K, besagt, daß
1
AU
“\ü
R
.1
09
“
U .2
1 .3
schluffiger
1 6
7
—-
Lehnm —
1 5
1 4
} 3
pF
Abb. 2.6 Die Abhängigkeit der Wärmeleitfähigkeit 4 vom Wassergehalt @ und Matrixpotential Yın (bzw. pF)
für verschiedene Bodenarten (nach Nakshabandi & Kohnke, 1965).
Wärmeleitung
23
Kurven für die verschiedenen extremen Bodenarten weit auseinanderklaffen, fallen sie bei Auftragung über der wesentlichen Determinanten, dem Matrixpotential Yın praktisch zusammen. Bei pF = 3.8 ist die Wärmeleitfähigkeit der mineralischen Böden etwa so groß wie die von Wasser. Bei höheren Wassergehalten führt die Beteiligung der gut leitenden mineralischen Komponenten zu einer entsprechend starken Zunahme. Die spezifische Wärmekapazität des Bodens c (bezogen auf Masse) bzw. c, (bezogen auf Volumen) setzt sich - anders als X - additiv aus den Anteilen verschiedener Komponenten zusammen , =
EpPıCmı + 9 Pw mw
+(1-0-8)P Cnmft
(2.1)
die in der folgenden Tabelle 2.2 aufgelistet sind (Scheffer/Schachtschabel, 1982): Tabelle 2.2
Material Ton, Quarz
Org. Substanz Wasser Eis Luft
Spezifische Wärme c und c, verschiedener Bodenkomponenten.
Cn
p
cal / (g °C)____g/cm} .18
.45
1.00 .45 .23
2.65
1.30
1.00 1.00 ‚0013
Cy = PCm
cal / (°C_cm3) 0.48
0.60
1.00 0.45 0.0003
Wegen der geringen Wärmespeicherung der Luft können die Luftanteile bei der Berechnung der spezifischen Wärmekapazität des Bodens vernachlässigt werden. Da in der Bodenphysik die Boden-Zusammensetzung meist in Volumenanteilen angegeben wird (in Gleichung 2.1 ist eingeführt worden e, @ und 1-0- e für die Anteile der Gas-, der wässrigen und der festen Phase des Bodens), ist es sinnvoll, auch die Wärmekapazität der verschiedenen Komponenten auf das Volumen zu beziehen, Deshalb sind in die vorstehende Tabelle auch die Dichte der Komponenten sowie das Produkt c, = p Cm, die spezifische, auf die Volumeneinheit bezogene
Wärmekapazität aufgenommen worden. - Auf das Problem des Bezuges auf das -
veränderliche - Bodenvolumen anstelle der - unveränderlichen - Bodenmasse wird beim Bodenwasser zurückzukommen sein.
24
Boden als Reaktor
In der nachfolgenden Darstellung (Abb. 2.7) ist die Veränderung der spezifischen Wärme c, sowie des Quotienten A/c,, der in Abschnitt 2.4.3 als TemperaturLeitfähigkeit wr angesprochen wird, mit dem Wassergehalt des Bodens schematisch wiedergegeben (nach van Duin, 1956). or erreicht unter günstigsten Bedingungen im Sandboden (volumetrischer Feststoffgehalt &=0.5) etwa 18% des Wertes für die mineralische Komponente (vergleiche hierzu Überlegungen im Abschnitt 3.6.2 zum "tortuosen” Transportmodell!).
cal cm3°C
= cv“gcm
9
IN
cm?/s A 71073
.&
Cr
-
6
.7
45
.6
A
.5 £
43 { ,
-
.3
A
.2
.0
L
1
L
1
L
L
.1
.2
3
.4
5
.6
—— „ 9
4 )_\_
cv
1 o
Adb. 2.7 Abhängigkeit der spezifischen Wärme c sowie des Quotienten Mpcım vom Wassergehalt 0.
2.4
Gewinnung der Transport-Gleichung mit Hilfe von lokaler Bilanz und Kausalprinzip
Die hier zu behandelnden Modelle sollen u.a. dazu dienen, die täglichen und annuellen Temperaturzyklen im Boden zu berechnen, oder besser: auf einer quantitativen Grundlage zu verstehen. So kann z.B. die Wirkung einer isolierenden Schicht, etwa einer Mulchdecke, berechnet werden. Zunächst gilt es, die beiden Prinzipien etwas genauer zu betrachten, derer man zur Simulation von eindimensionalen Transportvorgängen allgemein bedarf: 1. Die lokale Bilanz der Stoff- bzw. Wärmemengen bei zunächst fehlenden Umwandlungen im als starr angenommenen Boden.
Wärmeleitung
25
2. Die phänomenologischen Ursache-Wirkungs-Beziehungen (Kausalprinzip) oder die Fließgleichungen.
2.4.1 Lokale
enbilanz für
rie
bzw. Energie bei
fehlendem
Vorbemerkung: Dieser Abschnitt ist so abgefaßt, daß er ohne Vorkenntnisse in höherer Mathematik verständlich sein sollte. Im Zweifelsfall sollte wiederholtes Durcharbeiten hilfreich sein.
Für die Darstellung der 1-dimensionalen Bilanz wählt man gewöhnlich ein Schichtelement als Bilanzierungseinheit. Dabei soll die Schichtdicke Az so klein sein, daß die Konzentrationen durch einen geeigneten Mittelwert angegeben werden können, jedoch auch wieder groß genug, daß mit sinnvollen Auflösungsvermögen
zu arbeiten ist. Meist wählt man für Az einige cm.
Die Mengenänderung AQ im Schichtelement j - als Ausschnitt aus einer für ein beliebiges Feld repräsentativen Bodensäule (sog. Monolith) - 1äßt sich als Produkt
aus Schichtelement-Volumen ausdrücken:
AV = FAz und Konzentrationsänderungen Ac
AQ; = F-.Az-Ac;
G-D=azj
Abb, 2,8
*Az-
Kompartimentmodell einer Bodensäule.
(2.2)
26
Boden als Reaktor
Bezogen auf die Zeitdifferenz ergibt sich daraus:
AQ
=
F-Az.Ac/At
(2.3)
Diese Mengenänderung pro Zeitintervall für das j. Schichtelement muß andererseits gleich sein der Differenz der Flußdichten AI, also der Differenz zwischen "Input” I;.1 und "Output" Ij, multipliziert mit der Querschnitts-Fläche F der Säule:
AQ/At = -F-AL= -F(l -L4)
(2.4)
Durch Gleichsetzten der beiden Ausdrücke für AQ/At (2.3) und (2.4) und anschließendes Kürzen erhält man die lokale Bilanzgleichung für den starren Boden: Ac/At
= - AVUAz
(2.5)
In Worten: Die Konzentrationsänderung im Schichtelement mit der Zeit ist gleich
dem "Flußdichtegradienten” 2),
Diese Gleichung wird auch (eindimensionale) Kontinuitätsgleichung genannt, in Anlehnung an die für die stationäre Strömung inkompressibler Flüssigkeiten formulierte Bedingung der Massenerhaltung.
2.4.2 Eindimensionale Transportgleichung für Materie bzw. starren, kontinuierlich-porösen System
Energie in einem
Bei fast allen Problemen der Bodenphysik gelingt es, den Fluß, genauer die Flußdichte I, als linear in den antreibenden Potential- bzw. KonzentrationsGradienten anzusetzen, also beispielsweise:
I =-KAcAz
‘
(2.6)
Eigentlich müßten alle Potential- bzw. Konzentrationsgradienten als antreibende Kräfte angesehen werden. So wird eine Komponente wie die Wärme nicht nur von dem Temperaturgradienten, sondern auch von dem Wasserpotentialgefälle im Boden getrieben. Man spricht diese Erscheinung, die besonders für Komponenten
wichtig ist, die auch durch Konvektion (= Mitführung, häufig unglücklich als 2) Die Bezeichnung ist inkorrekt: Gradienten werden stets von skalaren Größen gebildet, - I hat die Dimension g/(cmzs) für materielle und cal/(cm2s) bzw. J/ (cm2s) für energetische Komponenten, Inkompressible Flüssigkeiten wie Wasser mißt man besser über die volumetrische Flußdichte q (cm3l(cmzs) = Cm/$).
Wärmeleitung
27
Massenfluß bezeichnet) transportiert werden, als Transportkopplung an. Wir werden in Kapitel 5 darauf zurückkommen müssen. Das Minuszeichen in der Formel 2.6 besagt, daß der Fluß stets dem KonzentrationsGradienten entgegengerichtet ist. K (oft auch durch L _ausgedrückt) ist die
verallgemeinerte
Leitfähigkeit. Den Fluß begrenzend charakterisiert sie die
Struktur (im engeren
Sinne die Geometrie)
sowie
die Wechselwirkung
der
Komponenten mit der Matrix des durchflossenen Systems. Sie ist wegen dieser Wechselwirkung meistens keine konstante Größe, sondern von den sog. intensiven Zustandsgrößen des Systems abhängig, also seiner Zusammensetzung, besonders vom Wassergehalt. Damit wird: I
=
- K(0©) Ac/Az
(2.6.1)
Setzt man diese Kausalbeziehung für den Fluß in die lokale Bilanzgleichung ein, so erhält man eine Differenzengleichung, welche, physikalisch gesehen, kurz Transport-Gleichung genannt wird: Ac/At = - A{-K(c)
Ac/Az}/Az
(2.7)
Für die Zwecke dieses Textes genügt es im allgemeinen, mit den A auszukommen, die Differenzen A also als Näherungen für partielle (0) oder totale Differentiale d (bzw. Differenzen-Quotienten anstelle von Differential-Quotienten) zu verwenden. Entsprechend hat die vorstehende Gleichung die Bedeutung einer DifferenzenGleichung, wie sie zur näherungsweisen, rein numerischen Lösung der analogen partiellen (parabolischen) Differentialgleichung Verwendung findet. Nur mit Lösungen solcher Gleichungen, die weitgehend ohne Kenntnisse in höherer Mathematik auskommen, wird sich dieser Text befassen. Einfache analytische Lösungsmöglichkeiten werden jedoch in Fällen von praktischer Bedeutung erwähnt, da sie sehr schnelle Lösungen erlauben, - Kennt man also die Leitfähigkeitsfunktion K(c) einerseits und die Anfangs- und Randbedingungen andererseits, so läßt sich die Transportgleichung lösen. Das soll an einem einfachen Beispiel für die WärmeAusbreitung in Abschnitt 2.6.2 demonstriert werden.
2.4.3
Gleichung für die Wärmeausbreitung
Die vorstehenden Gleichungen sollen für die eindimensionale Wärmeausbreitung modifiziert werden. Dazu muß zunächst erinnert werden, was unter Wärme bzw. Wärmemenge im physikalischen Sinne zu verstehen ist. Man sagt, ein Körper sei umso wärmer bzw. enthalte eine umso größere Menge Wärme
28
Boden als Reaktor
-je größer seine Temperatur T ist und -je größer seine Masse m ist. Deshalb ist die Wärmemengen-Differenz AQ
AQ
»
mAT
(2.8)
oder, als Gleichung mit dem Proportionalitätsfaktor c geschrieben AQ
=
Cm m AT
(2,8.1)
(Dimensionsbetrachtung zu Cm: Cm = AQ/m/AT = cal/g/K) Cm ist die auf die Masse bezogene spezifische Wärmemenge oder Wärmekapazität des untersuchten Körpers oder Stoffes. Da es nicht sinnvoll ist, von einem Absolutwert des Wärmeinhaltes eines Körpers auszugehen, sind alle Wärmemengen Differenzen- (A-)Größen. - Drückt man die Masse m eines (homogenen) Körpers durch das Produkt aus der Dichte p und Volumen V aus: m=p
V
so wird damit die Wärmemenge AQ:
AQ
= CmpVAT
(2.8.2)
Darin ist c„p die Volumen-bezogene spezifische Wärme (siehe Abschnitt 2.3). Unsere Säulen sollen (flächenmäßig) homogene Böden repräsentieren., Trotzdem varliert die Zusammensetzung - und besonders der Wassergehalt - mit der Tiefe und der Zeit, und dementsprechend natürlich cm und p. Darum wäre es angebracht, für AQ zu schreiben: AQ
=
V
A(cmp
Normalerweise wird jedoch stillschweigend verzichtet,
T) auf
(2.8.3) die
Berücksichtigung
dieser
Variabilität
Wie für die materielle Konzentration c läßt sich auch für die Wärmekonzentration
Q/V bzw. AQ/AV = AQ/(FAz)
schreiben:
Ac/At = AQ/(FAzAt)=
Cmp FAzAT/(FAzAt)
Wärmeleitung
29
Ac/At
=
CmPAT/At
(2.9)
Setzt man für den Wärmefluß Iq:
H=-24 AT/Az
5
(2.10)
mit der (effektiven) Wärmeleitfähigkeit A, so ergibt sich - analog dem Vorgehen in den vorhergehenden Abschnitten - aus der Kombination der letzten beiden Gleichungen 2.9 und 2.10 mit der lokalen Bilanz: CmPAT/At = - A(-A AT/Az)/Az und schließlich:
AT/At = 1/(cmp) - AC AT/Az)/Az
(2.11)
Darin bedeuten cm und 2 die für die Wärmeausbreitung spezifischen Parameter. Nur 2 jedoch wird in der vorstehenden Formel als von der Tiefe z (wegen A = A(8,T) = A(0(z), T(z)) abhängig angenommen. Kann man auch A = konstant dann vereinfacht sich die Gleichung zu: AT/At
=
M(cmp) - A2T/Az2
(2.11.1)
wobei mit A/(cmp) = @r, der Temperaturleitfähigkeit, die Gleichung geschrieben werden kann:
schließlich
AT/At = ar + A2T/Az?
(2.11.2)
Nur in trocknerem Boden wird die Temperaturausbreitung durch diese Gleichung annähernd richtig beschrieben, denn nur dann sind C,„p und A annähernd konstant (d.h. unabhängig von Wassergehalt und Tiefe). Kennt man die Parameter (bzw. Parameter-Funktionen) A, Cm und p bzw. @T, So kann man die entsprechende Differential- bzw. Differenzen-Gleichung lösen. In den nächsten beiden Abschnitten werden Lösungen solcher Probleme vorgestellt.
3 Gelegentlich wird folgender Ansatz verwendet: Iq = - A* AT/Az + y Iy= diffusiven,
der 2. den konvektiven
darstellt, mit I, als Wasserdampffluß,
- A AT/Az, worin der 1, Term den
A* als Wärmediffusivität
und
Cy als
Umwandlungswärme. Nur wenn I, allein vom Temperaturgradienten angetrieben würde, wäre der Ausdruck 2.10 wirklich korrekt (siehe Abschnitt 5.4.1 !),
30
Boden als Reaktor
2.5 Analytische Lösungen der Wärmeleitungs-Gleichung mit konstantemor Bevor die hauptsächlich interessierende Technik numerischer Lösungen dargestellt werden soll, werden zunächst einfache Beispiele für analytische Lösungen der Wärmeleitungs-Differentialgleichung mit konstantem ar demonstriert.
2.5.1
Stationärer Fall
Eine sehr einfache Lösung ergibt sich für den stationären Fall, der durch eine zeitlich unveränderliche Temperatur-Verteilung im Boden gekennzeichnet ist:
AT/At = 0
(2.12)
Daraus folgt nach Integration: ar-AT/At=
Iq = const
(2.13)
bzw., mit @Tr = M(CmP)
A-AT/Az = Iq = Cmp - const
(2.14)
und schließlich als Lösung für T(z) durch erneute Integration unmittelbar: T = const/ar- z +
B
worin const und B Integrationskonstanten Randbedingungen sofort berechnen lassen.
2.5.2
(2.15) darstellen, die sich bei gegebenen
Temperatursprung als Randbedingung
Eine einfache Lösung ergibt sich auch für den Fall, daß an einem Ende einer homogenen Bodensäule konstanter Temperatur die Temperatur plötzlich geändert und dann beibehalten wird. Einfach ist die Lösung insofern, als sich mit der sog. Fehlerfunktion (=Errorfunction erfc) für die relative Temperaturerhöhung ein geschlossener Ausdruck ergibt. Mit T;, der ursprünglichen Temperatur der Bodensäule, die dann an der Oberfläche plötzlich auf T, verändert wird, ergibt sich
Wärmeleitung
31
(T-T) / (T,-T) = erfe {z/(2 Var-U}
(2.16)
wobei erfc erklärt ist durch
c 2 erfcx = 2/vz . Je-z
(2.17)
z=0
und zwischen 0 und 1 variiert. Für die Gewinnung dieser Lösung muß auf die einschlägige Literatur verwiesen werden (siehe z.B. Bolt, Janse & Koenigs, 1966). Die Lösungsfunktion ist exemplarisch in Abb. 2.9 dargestellt.
— O
T-L/T,-T,
.0 .2 4 6 .8& IUTUTUTUTUTTT
L0
l5" z 10
Fr
15 cm
Abb. 2.9
2.5.3
Lösungsbeispiel für die Fehlerfunktion,
Periodisch veränderliche Temperatur als Randbedingung
Eine solche Randbedingung entspricht näherungsweise dem Zyklus täglicher (bzw. annueller) Erwärmung der Erdoberfläche. In diesem Fall ergibt sich als Lösung eine sog. thermische, gedämpfte Welle: T(z,t) = T,_o(t) - e/zo - sin(@t - z/z.) Darin ist:
+
T‘o(z)
(2.18)
32
Boden als Reaktor
T,.0()
-
die Amplitude der sinusförmigen Temperaturveränderung an der Oberfläche
Zo
-
die Eindringtiefe der Temperatur-Welle, d.i. die Tiefe, bei der die Amplitude auf 1/e ihres Wertes an der Oberfläche (= T„.o(t) ) abgesunken ist.
®=2x/P -
die Kreisfrequenz der Temperaturschwingungen an der Oberfläche (in s-1), mit
P
Periodendauer (in $).
-
Für die Eindringtiefe z, ergibt sich
z,= V(2o7/@) = V(ar P/x).
i
(2.19)
Die Eindringtiefe nimmt also in einem homogenen Boden mit der Quadratwurzel
der Periodendauer P zu. Wie wir in Abschnitt 2.2 gesehen haben, dringen tatsächlich die jährlichen Temperaturschwankungen wesentlich tiefer als die täglichen in den Boden ein - allerdings nur etwa 10 mal tiefer, statt der im homogenen Boden zu erwartenden 20 mal. Die Eindringgeschwindigkeit der Welle v 1äßt sich durch
v=\Q aro) = V(4x arP) ausdrücken. v nimmt Periodendauer P zu.
2.6 Numerische
Lösung
also
umgekehrt
(2.20) proportional
zur Quadratwurzel
der Wärmeleitungsgleichung
mit konstantem
der
ar
Obwohl die Stärke der numerischen Lösung da liegt, wo analytische Lösungen versagen, nämlich bei nicht speziellen Randbedingungen und variablem @r, soll hier die Technik demonstriert werden für einen trockenen Boden mit ar = const. Dabei sollen zwei recht grobe Zeitschritte mit At = 1h verfolgt werden; Az betrage 1 cm.
Wärmeleitung
33
Ferner soll @r so gewählt werden, daß die Rechnungen möglichst einfach werden. Gemäß Abschnitt 2.3 kann man für einen sehr trockenen Sand ar = 0,0003 cm?/s
ansetzen. Die zu lösende Differenzengleichung AT/At = ar
+ A?T/Az?
(2.11.2)
Jäßt sich umformen zu
AT
=
{a7
+ At/Az?}
AZT,
(2.21)
wobei die Differenzen-Ausdrücke im einzelnen folgende Bedeutung haben: Die Temperaturdifferenz nach der Zeit t (in der Tiefe z)
AT = Ta
Ti
(2.22)
und die zweifache örtliche Temperaturdifferenz (zur Zeit t):
4A,?T = A,„(A,T),
(2.23)
wobei entweder
AT = Tz,47 - T,
(2.24)
als sog. Vorwärtsdifferenz, oder
A,T = T, - Tz.4z
(2.25)
als Rückwärtsdifferenz, oder schließlich
AT=T z.y2Az7 * T z.1/2 Az
(2.26)
als symmetrische Differenz gebildet werden kann. Wendet man diese letztere zweimal an, so erhält man: AZ(AZT)
=
Taaz
* 2T,
Bevor die Differenzengleichung
+ Tz47-
weiterverfolgt wird, soll der Ausdruck in der
d
Klammaer {...} von (2.21) berechnet werden: Qr * At/Az2
0.0003 cm?/s - 3600 s/cm?
Y
wr -At/Az? = 1
(2.27)
34
Boden als Reaktor
Wie man sieht, kann man unter den gewählten Vereinfachungen als sehr grobe Näherung diesen Ausdruck gleich 1 setzen. Damit wird die Differenzengleichung zu AT
= A2T,
(2.21.1)
die aufgelöst sich schließlich wie folgt schreiben läßt: Tt+At,z - Tt‚z = Tt‚z+Az -2 Tt,z + Tt‚z-Az
.
(2.21.2)
Links steht die zeitliche Differenz an der Stelle z, rechts die zweifache örtliche Differenz zur Zeit t. Daraus ergibt sich schließlich als algorithmische® Formel für die Temperatur an der Stelle z zum Zeitpunkt t+At: (2.21.3)
Tt‚z+Az - Tt,z + Tt‚z-Az
=
Tt+At,z
kurz Tar
=
Traz
T+
T,
In der folgenden Aufstellung sind die Anfangs- (oberste Reihe für t=0) und Randbedingungen (erste Kolonne für z=0) für die Temperatur in einem trockenen Sandboden (z.B. am Vormittag eines Frühlingstages) gegeben: z=
t= O.At 1.A4t 2At 3.At
_
O.Az
20 35 638 10.4
I1.Az
2.Az
35
48
3.Az
S9
4.Az
68
S-Az
6-Az
76
83
Jetzt soll die Temperaturveränderung nach den ersten beiden Zeitschritten mit Hilfe des oben gewonnenen Algorithmus berechnet werden: Berechnung des 1, Zeitschrittes: T(n-Az,t+At)
T(1-Az,t+At) T(2-Az,t+At) T(3-Az,t+AU) T(4°Az,t+AD) T(5-Az,t+At) T(6-Az,t+A0)
=
T(z-Az,t)
= = = = = =
20 35 48 59 68 76
-
-
T(z,t)
+
T(z+Az,t)
35 48 59 68 76 83
+ + + + + +
48 59 68 76 83 89
= = = = = =
33 46 57 67 75 82
4) Algorithmus = Rechenschema, Benannt nach dem usbekischen Mathematiker Abu Dshaafar Mohamad Ibn Mussa elChwarismi (lat. Alschwiriznius), der im 11, Jh. am Hofe des Kalifen von Bagdad wirkte.
Wärmeleitung
35
Nun wird der 2. Zeitschritt analog berechnet: T(n-Az,t+At)
=
T(1*Azt+At) T(2-Az,t+At) T(3°Az,t+At) T(4°Az,t+At) T(S°Azt+4At)
= = = =
T(z-Azt)
=
35 33 46 57 67
-
T(zt)
+
T(z+Az,t)
-
33 46 57 67 175
+ + + + +
46 57 67 75 82
= = = = =
48 44 56 65 74
UuSW.,
In Abb. 2.10 ist das Ergebnis für die ersten drei Zeitschritte (nach 1, 2 resp. 3h) dargestellt.
LT
z
—
0
T
2
1F
2 |- Ausgangszustand 3} 4
ban
5
jn
6
b
4
6
8
10°C
D 3.Zeitschritt
7
B
6
aft
Abb. 2.10
Berechnete Temperaturverläufe zu verschiedenen Zeitpunkten (siehe Text!),
Auf Genauigkeitsfragen soll bei diesem Beispiel einer groben NäherungsBerechnung nicht eingegangen werden. Wegen Fehlens einer unteren Randbedingung können überhaupt nur wenige Zeitschritte berechnet werden.
2.7
Boden-Wärmehaushalt, Wärmeumwandlung
Nur ein Teil der z.B. an einem Frühlingstage absorbierten Strahlungsenergie dient tatsächlich der Erwärmung des Bodens. Der überwiegende Teil der Wärme wird nachts wieder abgestrahlt oder umgewandelt, d.h. für die Verdunstung "verbraucht”.
36
Boden als Reaktor
Die Bedeutung der Wärmeumwandlung für die Evaporation im Verhältnis zur Erwärmung des Bodens soll anhand eines einfachen Zahlenbeispiels demonstriert werden. Dazu wird näherungsweise einerseits die im Verlauf eines Tages im Frühjahr aufgenommene Wärmeenergie berechnet, sowie andererseits die Verdunstungswärme für 1 mm Wasser, welche ungefähr der durchschnittlichen Evaporationsleistung zu dieser Zeit entspricht.
2.7.1 Abschätzung der vom Boden aufgenommenen Energie
Für die Abschätzung der durch den Bodenwärmefluß am Tage bewerkstelligten
Aufwärmung des Boden soll der in Abb. 2.2 skizzierte Temperaturverlauf im
Boden verwendet werden. Dazu sind die Temperaturprofile (Tautochronen) um 6 und 14 Uhr noch einmal herausgezeichnet worden:
o
1
Abb.
2.11
0
10
20
30°
C
Temperaturprofile eines Bodens um 6 und 14 Uhr und die aus der Differenz resultierende aufgenommene Wärmemenge c,mp AT (schraffiert).
In der Zeichnung ist die Erwärmung zwischen 6 und 14 Uhr durch die entsprechende Temperaturdifferenz AT gekennzeichnet. Der Boden erwärmt sich bis 14 Uhr nicht tiefer als etwa bis 25 cm. Die mittlere Temperaturzunahme in dieser 25 cm dicken Bodenschicht läßt sich mit = 8°C angeben. Nimmt man pcm mit
Wärmeleitung
37
= 0,7 cal/(cm3} K) = 700 kcal/(m3 K) an, so ergibt sich die bis zum Mittag (vondiesem 25 cm dicken Bodenpaket) aufgenommene Wärmeenergie pro m? zu: = FAZ pCm At
AQz
= 1m?.0.25
N
AQz
(2.28) m-
700 kcal/(m3 K) - 8 K/m?
AQg » 1400 kcal/m? In dieser meß- und fühlbaren Wärme ist nicht jene Energie enthalten, die sofort zur Verdunstung verbraucht wird und die im nächsten Abschitt abgeschätzt werden soll. Nach 14 Uhr beginnt die Abkühlung infolge Überwiegens der Wärmeausstrahlung über die Einstrahlung. Dabei wird der größte Teil der aufgenommenen Energie ca. 90 % - wieder abgegeben (d.h., daß sich ein ca. 25 cm dickes Bodenpaket im Frühjahr im Mittel maximal um etwa 1 °C/Tag erwärmen kann).
2.7.2
Verdunstungswärme für
1 mm
Wasser
1mm Wasserverdunstung entspricht einer Wassermenge von 1 Il/m?2, Für Verdunstung von 1kg Wasser benötigt man bei 10°C 592 kcal, bei 20°C 586 (bei 100°C nur noch 540 kcal). Da die oberflächennahe Bodenschicht als Ort Evaporation zu dieser Zeit (April) mit Mittel eine Temperatur von ca. 10°C beträgt also die Umwandlungswärme AQy AQU
=
pCUAV
AQy
= 1kg/l-592kcal/kg-11
AQu
= 592Kkcal.
die kcal der hat,
(229)
Man sieht also, daß an einem Frühlingstage die zur vorübergehenden (bis ca. 14 Uhr) Erwärmung und die zur Evaporation benötigten Wärmemengen von gleicher Größenordnung sind. Zur besseren Einschätzung dieser Energiemengen seien noch Energiemengen angegeben, die aufgrund der Sonneneinstrahlung 1. außerhalb der Erdatmosphäre auf den Erdquerschnitt fallen: AQsoı/(FAt)
= 28 800 (+ 2%) kcal/(m? Tag).
die täglichen
38
Boden als Reaktor
Diese Größe ist die sog. Solarkonstante, berechnet aufgrund eines mittleren Abstandes Sonne-Erde von 150 -106° km, Nur ein kleiner Teil davon gelangt auf die Erdoberfläche. 2. als Summe aus diffuser und direkter Strahlung im Winter (Minimum) bzw. im Sommer (Maximum) in unseren Breiten auf den m?2 entfallen:
Winter : AQmin/(FAt) = 600 kcal/(m? Tag) = 0.7 kWh/(m?Tag) Sommer: AQmax/(FAt) = 4000 kcal/(m? Tag)
= 4.6kWh/(m?Tag) ©
Man sieht so z.B., daß die Einstrahlungsenergie(-Flußdichte) an sehr warmen Sommertagen zur Verdunstung von etwa 7 mm Wasser ausreichen würde.
2.8 Literatur Bolt, G.M., A.R.D. Janse & F. F.R. Koenigs, 1966: Soil Physics.
- Wageningen
Duin, R. H. A.van , 1956: On the Influence of Tillage on Conduction of Heat, Diffu-
sion of Air, and Infiltration of Water in Soil. - Versl. Landbouwk. Onderz.
Nakshabandi, G. Al. & H.Kohnke,
1965: Thermal Conductivity and Diffusivity
of
Soils as Related to Moisture tension and other Physical Properties. - Agric. Meteorol. 2, 271-279
Richter, J., 1972: Zur Abhängigkeit des Bodenwasser-Potentials Temperatur. - Z. Pflanzenern, Bodenkde, 131, 254 - 261
von
der
Scheffer/Schachtschabel, 1982: Lehrbuch der Bodenkunde. -Enke-Verlag, Stuttgart Wijk, W.R.van , 1966: General Temperature Variations in a Homogeneous Soil, in: van Wijk (ed.): Physics of Plant Environment, North-Holland Publ. Co., 144-170
5) Für die Hausbeheizung im Winter rechnet man bei uns mit Wärmeflußdichten von 80-100 W pro Stunde und m2 beheizter Wohnfläche.,
3
Bodenlufthaushalt
Bei der Behandlung der Bodenluft bzw. ihrer Komponenten
werden wir neben
Transportvorgängen stärker als beim Betrachten des Bodenwärmehaushaltes auf Umwandlungen zu achten haben. Wir wollen dabei, wo es möglich ist, auf die den
Fließgleichungen analogen Kausalbeziehungen, d.h. auf die Reaktionsdynamik für
diese Umwandlungsprozesse hinweisen. Damit stellt dieses Kapitel eine Vorwegnahme des Boden-Stoffhaushaltes dar. Die große Bedeutung der Gasphase an sich sowie zweier ihrer wichtigsten Komponenten, Sauerstoff und Kohlendioxid, rechtfertigen eine separate Behandlung. Die biologische Aktivität von Wurzeln und Mikroorganismen ist der Hauptgrund
dafür, daß Sauerstoff im Boden verbraucht (konsumiert) und Kohlendioxid, Wasser
und Energie (für das Zellwachstum) freigesetzt (produziert) wird. Unter aeroben
Bedingungen dient molekularer Sauerstoff der Bodenluft als Oxidationsmittel.
Unter solchen Bedingungen wird, über einen nicht zu langen Zeitraum hinweg betrachtet, gleich viel O, verbraucht wie CO,„, produziert (auf Mol- bzw. Volumenbasis). Der sog. Atmungskoeffizient (= Volumen CO, produziert/Volumen O, konsumiert) ist dann = 1, Wegen dieser Umwandlung von O, in CO, einerseits und
wegen
des
im
Boden
gehemmten,
nahezu
ausschließlich
über
Diffusion
erfolgenden Luftaustausches andererseits, unterscheidet sich die Zusammensetzung der Bodenluft deutlich von der atmosphärischen bezüglich folgender Komponenten: Tabelle 3.1
Zusammensetzung der Bodenluft,
är, Lufi Sauerstoff Kohlendioxid
H; O (Gas) Edelgase Toxische Gase
=20,9 % = 0,03 %
stark schwankend =1% vernachlässigbar
in Tiefen
>1
0,3%
= 100 % RH =1% Spuren
(PH4, CH4, NH3, HoS...)
Ist die Umwandlung anaerob, steht also kein molekularer Sauerstoff mehr zur Verfügung, wird der Atmungskoeffizient ”1. Für Unterkrume und Unterboden
40
Boden als Reaktor
ackerbaulich genutzter Flächen ist der Atmungskoeffizient meistens >1. Parallel dazu steigt der Anteil an flüchtigen, häufig pflanzentoxischen Verbindungen in reduzierter Form.
3.1 Bedeutung des Bodenlufthaushaltes Während unter den cher extensiven Bedingungen der landwirtschaftlichen Bodennutzung der Bodenlufthaushalt nur indirekt regulierfähig (durch Bodenbearbeitung) ist, trifft diese Feststellung für den intensiven Gartenbau kaum zu: Hier wird den Pflanzen das Wasser mit möglichst geringer Energie, also möglichst nahe Sättigungsbedingungen angeboten und damit automatisch der Gasaustausch eingeschränkt. Auch der Bodenlufthaushalt beeinflußt das Pflanzenwachstum sowohl direkt wie indirekt. Hohe O,-Konzentrationen im durchwurzelten Boden sind eine notwendige Voraussetzung für ungehemmtes Wachstum. Die Wurzeln verbrauchen bei der Atmung Sauerstoff und geben CO, ab. Anaerobie wird durch die um Sauerstoff konkurrierenden Wurzeln verstärkt. Unterhalb der Oberkrume ist der Gasaustausch wegen höherer Lagerungsdichte und Wassersättigung, aber auch wegen geringerer Porenkontinuität nur in unmittelbarer Nähe der luftführenden Poren (< ca. 1mm) von ausreichender Geschwindigkeit. Die Pflanzenwurzeln bevorzugen deshalb Makroporen wie Wurzel- oder Wurmgänge und Schrumpfrisse zum Eindringen in den Unterboden, von denen aus sie die Umgebung durch Feinwurzeln und Wurzelhaare für den Wasser- und Nährstoffhaushalt der Pflanze erschließen. Makroskopisch anaerobe Bedingungen sind zumindest in der Oberkrume, während der Vegetationsperiode, unter extensiven Bewirtschaftungsformen selten von längerer Dauer (Tage), so daß es infolge toxischer Wirkungen hoher CO,-Konzentrationen oder anderer sich unter anaeroben Bedingungen bildender Gase, wie etwa H,S, NH3, CH4, PH3, Mercaptane etc., kaum zu Beeinträchtigungen des Pflanzenwachstums kommt. Als wichtigste indirekte Auswirkung des Bodenlufthaushaltes auf das Pflanzenwachstum ist die Abhängigkeit des mikrobiellen Stoffumsatzes (in erster Linie also der Mineralisation) vom Luftaustausch zwischen Boden und Atmosphäre einerseits und zwischen Aggregatinnern und Makroporen andererseits zu nennen. Tatsächlich dringt in erster Linie wegen der Begrenzung dieser Luftaustausche die biologische Aktivität der Mikroorganismen selten wesentlich mehr als 10 cm tief in den Boden ein. Werden größere Mengen organischer Substanz in den Oberboden eingearbeitet, so kann es leicht zu makroskopisch anaeroben, reduzierenden Bedingungen über
Bodenlufthaushalt
41
längere Zeit kommen, und zwar besonders dann, wenn die Einarbeitung wegen ungünstiger Witterung in den nassen Boden erfolgt. Der Bodenlufthaushalt ist, wie auch der Wärmehaushalt, aufs engste mit dem Bodenwasserhaushalt verbunden: Der Bodenlufthaushalt läßt sich, soweit überhaupt, nur über Wasserhaushalt- bzw. Bodenstruktur verändernde Bewirtschaftungs-Maßnahmen steuern. Deshalb geht es im folgenden in erster Linie um Gasaustausch-Vorgänge, wobei aber schnelle Luftverdrängungen, etwa infolge infiltrierenden Starkregens oder aufgrund von Luftdruckschwankungen, aber auch solche infolge periodischer Bodenerwärmungen und -abkühlungen, der Einfachheit halber außer Betracht gelassen werden. Abgesehen von diesen konvektiven Flüssen findet der Austausch von Gasen innerhalb des Bodens und mit der Atmosphäre über Diffusion und gelegentlich wohl auch über sog. Thermodiffusion statt. Aus dem oben Gesagten mag hervorgehen, daß das Problem der "Bodenbelüftung” - als Problem der Sauerstoff-Versorgung sowie der CO,-Entsorgung von Pflanzenwurzeln und Mikroorganismen verstanden - kaum durch die BodenluftZusammensetzung oder etwa einen bestimmten minimalen Luftgehalt (in welcher
Tiefe?) im Boden adäquat beschrieben werden kann. Das ist vielmehr eine Frage des
Zusammenspiels der verschiedenen beteiligten Prozesse auf der einen Seite, und des Transportes im Semi-Mikrobereich auf der anderen. Entscheidend sind offenbar die Diffusionsflüsse durch die die Pflanzenwurzeln (und auch die MikroorganismenAggregate) umhüllenden Wasserfilme. Die Gasdiffusion im Wasser ist aber um Größenordnungen kleiner als in Luft. - Auf diese Frage wird in Abschnitt 3.6.3 zurückzukommen sein.
3.2 Phänomene
Im folgenden Abschnitt sollen die meßbaren Phänomene des Bodenlufthaushaltes an typischen Beispielen vor Augen geführt werden. Es geht dabei einerseits um die Tiefenverteilungen (Profile) der beiden wichtigen Komponenten O, und CO, sowie um deren Veränderungen hauptsächlich mit der Jahreszeit infolge veränderter Boden-Temperatur und -Feuchte. Für die analytische Bestimmung der GasKonzentrationen gibt es verschiedene Möglichkeiten (z.B. Gaschromatographie). Die Gasprobengewinnung erfolgt meistens mit speziellen Nadelsonden (siehe z.B. Richter, 1972). Andererseits lassen sich mithilfe sog. Respirometer (Currie, 1975) oder Glocken-Gasflußmesser
(Richter,
1972) die Gaskomponentenflüsse
an der
Grenzfläche Boden-Atmosphäre bestimmen. Tiefenprofile der CO,-Produktion bzw. O,-Konsumtion lassen sich jedoch nur durch Berechnung gewinnen (siehe Abschnitt 3.5).
42
3.2.1
Boden als Reaktor
CO, und O, - Konzentrationsprofile im Boden
Alle nachfolgenden Konzentrationsangaben beziehen sich auf das Bodenluftvolumen (Symbol c). Durch Multiplikation mit dem volumetrischen Bodenluftgehalt (Symbol e) ergeben sich für wenig in Wasser lösliche Gase die Konzentrationen in
Bezug auf das Bodenvolumen selbst (Symbol cg). Für lösliche Gase wie CO, muß prinzipiell der Anteil in der wässrigen Phase mitberücksichtigt Abschnitt 3.4.1).
werden
(siehe
Zunächst sind typische CO‚- und O„-Profile angegeben, wie sie auf Ackerböden unserer Breiten im Frühjahr - bei gleichzeitig ablaufenden biologischen Umwandlungen - anzutreffen sind. Abb. 3.1 zeigt, was man grundsätzlich zu erwarten hat: vor allem in Oberflächennähe stark streuende Meßwerte als Ausdruck der Heterogenität der Flächen.
1
(OE
0
cC02 d
0.5
——
10 T
. %
19.5 T
c°z
20.0 T
205
21.0 .
Z 20
40 cm
Abb. 3.1
Gemessene mittlere 0,- bzw. CO2-Profile in Böden, mit Angabe des Streubereichs,
‚Wie man ferner sieht (Abb. 3.1), sind im Frühjahr die O,- und CO-‚-Profile weitgehend symmetrisch. Dieses Verhalten charakterisiert überwiegend (makroskopisch) aerobe Belüftungszustände im Boden. Solche Zustände vorausgesetzt, kann man sich für ihre Charakterisierung mit einer der beiden Komponenten begnügen. Meist wählt man dazu CO-,, da sich geringfügige
Bodenlufthaushalt
Anreicherungen
43
durch
Messung
leichter
darstellen
lassen
Abreicherungen bei einem Ausgangsniveau von 20% beim O,.
als
geringere
In den folgenden Skizzen soll ein Überblick über die CO‚-Profil-Änderungen in einem Boden im Laufe eines Jahres aufgrund der Veränderungen der - im wesentlichen temperaturabhängigen - biologischen Aktivität einerseits und der - im wesentlichen feuchteabhängigen - Veränderungen des Diffusionskoeffizienten andererseits vermittelt werden:
Abb. 3.2
Gemessene typische CO„2-Profile, ausgedrückt durch c und cp zu unterschiedlichen Jahreszeiten.
Im Frühling entleert der Boden - trotz einsetzender biologischer Aktivität - das im Winter wegen des gehemmten Diffusions-Austrages im Boden angesammelte CO,. Trotz Zunahme der biologischen Aktivität im Sommer entleeren sich die Böden weiter, weil wegen der zunehmenden oberflächennahen Austrocknung das CO, schneller abfliessen als nachproduziert werden kann. Offenbar sind die CO„-Profile deshalb relativ stabil (gut gepuffert), weil bei Erhöhung der CO,„-Produktion sich auch gleichzeitig die Diffusion erhöht. Selbst
Tagesgänge, wie sie aufgrund der im Tagesrhythmus variierenden CO„,-Produktion
zu erwarten wären, sind kaum zu beobachten, Prozesse also nicht anhand von CO»Profilveränderungen zu erkennen. Dies offenbar deshalb, weil Veränderungen sich
44
Boden als Reaktor
—>+>Cco„ L 0
0
0.5
1.0
T
| z}
T
0
F
60
_-
T
-
Z
40
0.5
vor
Mnach
Regen
1.0% T
/
Pfilugzsohle
-
so k
E
cm Abb. 3.3
CO9-Profile vor und nach einem Niederschlag sowie im Bereich einer Pflugsohle.
nur in den obersten 10 cm bemerkbar machen würden, innerhalb derer es aber schwierig ist, repräsentative Gasproben zu entnehmen und Unterschiede statistisch zu sichern. - Strukturveränderungen im Profil aufgrund von Bodenbearbeitungen oder die Wirkungen von Niederschlägen lassen sich jedoch leicht anhand von CO„Profilen demonstrieren (Abb. 3.3).Eine Pflanzendecke wirkt nicht nur stimulierend
—+Cco„ L 0
0
0.5
1.0
'
ohne
40
>
80 cm
}
1
mit
0
\&
0.5
1.0®%
Pflanzen
Abb, 3.4, links: CO„-Profil in einem Boden mit und ohne Bewuchs;
rechts; Meßpunkte zu einer Tiefenverteilung der CO„‚-Konzentration,
Bodenlufthaushalt
45
stimulierend auf die biologische Aktivität der Boden-Mikroorganismen sondern gleichzeitig verändern die Wurzeln die Gasumsätze und die Gasdiffusivität im Boden (Abb. 3.4). Außerdem sind in Abb., 3.4, rechts, typische Messwerte zu einer Tiefenverteilung eingezeichnet. - Will man die c in die cg umrechnen, so muß man den volumetrischen Luftgehalt £ kennen. Auch für Bilanzierungszwecke wird diese Größe gebraucht. In Abb. 3.5 sind einige typische e(= Luftgehalt)-Profile skizziert,
N —mm
0
0.1
0.2
0.3
0.4
10 } 20
}
Pflugsohlenverdichtung
cm
Abb. 3.5 Typische Luftgehalt-Profile bei unterschiedlichen Bodenarten im Frühsommer.
Neben der in Abb. 3.5 gezeigten "Normalsituation” im Sommer können aber auch Extrema durch Niederschläge, Trockenheit und Bodenverdichtungen auftreten,
3.2.2
CO»-Produktionsprofile und -Zyklen
Als Beispiel für einen Tagesgang des CO,-Flusses I, durch die Bodenoberfläche soll die Messung an einem Sandboden - jeweils mit und ohne Vegetation - an einem Junitage gewählt werden (Abb. 3.6; nach Richter, 1972). Wie man sieht, dämpft in diesem Fall die Pflanzendecke die CO,-Produktionsamplitude, weil Erwärmung und Abkühlung des Bodens abgeschwächt werden. Normalerweise ist jedoch für den bewachsenen Boden wegen der erhöhten Umsetzungen im Wurzelbereich mit erhöh-ter CO„,-Produktion zu rechnen. Solche relativ regelmäßigen Produktionskurven lassen sich nur an einem ungestörten Tage aufnehmen. Tritt z. B. über Mittag
46
Boden als Reaktor
mgc02
Abb. 3.6 Tagesgang des CO„-Oberflächenflusses eines Sandbodens mit (-) und ohne (-) Vegetation
und mit mittäglicher Störung (-o-) durch Bewölkung.
eine Abkühlung infolge Bewölkung ein, so zeigt die entsprechende Kurve dieses an
(Abb. 3.6).
Bei den Jahresgängen der CO,-Produktion, die wieder als Fluß durch die Bodenoberfläche zu messen sind, sind störungsfreie Jahresverläufe ebenfalls Idealisierun-
mgC02 m2n
600
400 Io‚CO2
I
200
Jan
Feb
—-
Abb. 3.7 Mittlerer
Mär
Apr
Hai
Jun
Jul
Aug
Sep
Okt
Mov
Dex
, f
Jahresgang des CO„-Oberflächenflusses in verschiedenen Böden unter Bewuchs.
Bodenlufthaushalt
47
gen. Sie entsprechen den annuellen Bodenwärmestrom-Zyklen. In Abb. 3.7 sind solche idealisierten Kurven für verschiedene Böden angegeben, um die Unterschiede zwischen ihnen deutlich zu machen.
Wie man sieht (Abb. 3.7), kommt beim sich schnell erwärmenden Sand die biologische Aktivität am schnellsten in Gang und sinkt, wegen der raschen sommerlichen
Austrocknung,
auch
relativ
früh
wieder
ab.
Der
Lehmboden
erwärmt und kühlt sich sehr langsam ab, weshalb die CO,- Bildung spät im Jahr etwa im Mai - einsetzt und weniger extreme Tageswerte zeigt. Der Schluffboden liegt mit seiner Produktionskurve dazwischen. Nachfolgend nun ein Beispiel (Abb. 3.8), dem Messungen an einem Sandboden in wöchentlichen Abständen zugrunde liegen (die obigen Ideal-Kurven gehen aus Mittelungen mehrerer solcher gemessener Jahreskurven hervor):
mgC02 m2n
600
400 0,.CO 2
I
200
Jan
Feb
ß Abb. 3.8
Mär
Apr
Mai
Jun
Jul
Aug
Sep
Okt
Moyv
Dex
t Gemessene CO„-Produktionstagesmittel in einem Sandboden.
In der nachfolgenden Tabelle 3.2 sind Abschätzungen zur Größenordnung der CO„Jahresproduktion für die hier angegebenen Böden enthalten. Diese Mengen lassen sich in Beziehung setzen zu der in den obersten 10 cm gut durchlüfteten Bodens enthaltenen Menge organischer Substanz, und zwar unter der Annahme eines organischen C-Gehaltes von 2 Gewichts-%. (Würde man auf eine ca. 30 cm dicke Krume beziehen, so würden die entsprechenden Relativ-Zahlen ca. 3 mal niedriger ausfallen). Für baumschulisch genutzte Böden ergab die Integration der Produktion eines bestimmten Jahres (Ackerböden ergäben etwa gleich große Zahlen):
48
Boden als Reaktor
Tabelle 3.2 CO2-Produktion und -Umsatz von Baumschulböden,
Bodenart
CO„-Jahres-Prod.
C-Umsatz
kg/m2
Sand Schluff Lehm
(C-Umsatz/C-Menge
kg/m?
1.68 1.98 1.66
in 10 cm Krume
.46 .54 45
16.5 % 19.3 % 16.1 %
Diese Umsatzwerte (= 5 t C/ha) entsprechen auch etwa der unterirdischer Ernterückstände ackerbaulicher Kulturen. Bodenoberfläche gemessenen CO„-Produktionszyklen Jahresgänge der Produktions-Tiefenverteilungen zugrunde. Beispiel für einen Tagesgang in einem Sand im Juni:
1
0
Z
10
0
|3C0z
20
Dnr
40 m
T
60
TU
TU
30 mU
Tt U
100
C-Menge oberDen als Fluß an liegen TagesAbb. 3.9 enthält
mgCO2
mmn
20 30
40 cm
Abb. 3,9
CO2-Produktionsprofile in einem Sandboden im Juni in Abhängigkeit von der Tageszeit,
und der und ein
Bodenlufthaushalt
3.3 3.3.1
49
Parameter des Bodengashaushaltes Scheinbarer Gasdiffusionskoeffizient D,
In Abschnitt 3.4 wird neben dem sog. "effektiven" Diffusionskoeffizienten Dg der
scheinbare Diffusionskoeffizient D, verwendet werden. Hier soll (Abb. 3.10) die typische Abhängigkeit des D, (für CO,) vom Luftgehalt e für verschiedene Oberböden angegeben werden (siehe z.B. Richter & Großgebauer, 1978). Der im unteren e-Bereich zur e-Axe fast parallele Verlauf von D,;(e) rührt daher, daß im natürlich gelagerten Boden meistens wenige kontinuierliche Makroporen auch bei
sehr hoher Wassersättigung noch Luft führen können. - Um den Boden unabhängig
vom jeweiligen Gas durch ein dimensionsloses Strukturmaß beschreiben zu können, bezieht man die gemessenen Diffusionskoeffizienten D, häufig auf den
2
1073-3 cm S —
20
*Sand
15
I
s,CO ,
F
—>
Schluff —>
10 s}
+—
0
L1
0
——-‚€
0.1
1
0.2
Lehm
1
0.3
Abb, 3.10 Abhängigkeit des scheinbaren Diffusionskoeffizienten D; vom relativen Luftgehalt € bei verschiedenen Oberböden,
den Diffusionskoeffizienten des entsprechenden Gases in freier Atmosphäre D,; man gewinnt so den sog. relativen scheinbaren Diffusions-Koeffizienten D;/D,. -
Nachstehend (Abb. 3.11) ist ein für einen Sandboden im Juni typisches D,/D,-Profil zusammen mit dem Luftgehalt € und dem Wassergehalt 0 (zu £ addiert) angegeben:
50
Boden als Reaktor
A
0
1
0
z
lo
-
20
r
30
-
2
02 T
T
3
‚04 T
T
4
‚06 T
5
‚08 T T D„/1)il
T
.10 T
Mnl
dann der Reihe nach: Felli — Fell, SO4 H;S, CO, — CH4 und schließlich N»
> NHz3
(AEy pF
3
}
z
20
-
40
F
60
F
30
*+
100 cm
k
2.Voc/ / 4.Woche 3 8.Woche maximale
o
/
°/°/
0“
o——
o
1.Woche
1.Woche
1
4
A
/
-
D
/
8Voche
Austrocknung—»
077
- 7
o
/
9
Abb. 4.5 Langfristiger Austrocknungsvorgang bei einem unbewachsenen Lößboden,
Würden Pflanzen auf dem Boden wachsen, so würde der Vorgang beschleunigt und vor allem schneller auf größere Tiefen übergreifen. Der Ausgangszustand in Abb. 4.5 kennzeichnet etwa den Zustand maximaler Bodenfeuchte (Quasigleichgewicht in der Nähe der Feldkapazität, bei einem Abstand Bodenoberfläche zur GWO von = 2 m). Die Punkte dagegen beschreiben etwa den Zustand maximaler Austrocknung
80
Boden
als Reaktor
(durch Pflanzenentzug) im Sommer mit pF-Werten nahe der Oberfläche = 5 (= 95 % ıH der Luft). In größerer Tiefe wird die Wasserspannung durch den Wert bestimmt, bis zu dem Pflanzen dem Boden Wasser entziehen können (permanenter Welkepunkt bei pF = 4,2). Die herbsfliche Auffüllung der Böden liefert ein ähnliches Muster wie ein "Dauerregen": in Abb. 4.6 ist schematisch die Auffüllung
—y
D
— —> 0
lzo 60 80 100 cm Abb. 4.6
eines Schluffbodens
Auffüllung eines Schluffbodens im Herbst mit Wasser.
dargestellt.
- Schon
während
des Auffüllens werden
im
Oberboden Quasi-Gleichgewichtszustände erreicht, die relativ stabil sind, d.h. sich
nur relativ langsam ändern und dabei auf zunehmend größere Tiefen übergreifen. Auch hierin zeigt sich die Fähigkeit der Böden zu einer Selbstregulation des Wasserhaushaltes im Sinne einer verallgemeinerten "Pufferung" (siehe Abschnitt
1.1.7 D,
4.2.2
Flüsse an der Grenzfläche und im Boden
Während die Grenzflüsse (Niederschlags-Infiltration, Evapotranspiration, Dränabfluß) noch relativ leicht - zumindest als lokale Größen - gemessen oder berechnet werden können, gibt es bei der Bestimmung der Flüsse im Boden (Phasenumwandlung flüssig - gasförmig, Wasseraufnahme durch die Wurzeln) z.T.
Wasserhaushalt
81
erhebliche Schwierigkeiten. Im folgenden sei daher Überblick über die Vielfalt der Phänomene gegeben.
nur
ein
schematischer
Grenzflüsse (als Randbedingungen): Die Infiltration hängt von der NiederschlagsVerteilung noch wesentlich stärker ab als der entgegengesetzt gerichtete Vorgang, die Evapotranspiration (auch in diesem Sachverhalt drückt sich die Pufferfähigkeit der Böden aus). Wegen der Kompensation von Ungenauigkeiten bei der Bestimmung der Einzelereignisse ist es daher günstiger, hier nur die über die Zeit kumulierten Flüsse anzugeben. In der folgenden Abbildung sind neben dem Niederschlags-Fluß N und der Evaporation ET schematisch auch der Tiefen- oder Dränabfluß D an der Untergrenze des Bodens dargestellt (Abb.4,7):
mm
600
}
500
-
400
_
300
_”
Miederschläge
*—
Evapotranspiration
200 100
o
Dränabfluß
_ Jan
I_ Feb
Mär
Apr
Mai
Jun
LU
U
Juil
Aug
UL Sep
LL Okt
Noyr
Dex
Abb. 4.7 Kumulative Niederschläge, Evapotranspiration und Tiefenabfluß in einem Ackerlößboden in Niedersachsen.
Ein negativer Dränabfluß im Sommer bedeutet kapillarer Aufstieg. - Nach einem stärkeren Niederschlag (> 20 mm) sieht im Sommer, bei einem gut speichernden Boden wie z.B. einem Schluff, die zeitliche Verteilung der Evaporation (oder auch der Evapotranspiration) unter dafür günstigen Bedingungen wie in Abb. 4,8 aus. Flüsse im Boden; Volumenflüsse: Für die Transportflüsse im Boden - als Vektoren die Flüsse i,e.S. - sei als Beispiel nur ein Schema angegeben, das die mittleren Flüsse während des herbstlich-winterlichen Auffüllens relativ zueinander charakterisiert (man überlege sich die Größenordnung der Flüsse!): oberhalb der Befeuchtungsfront befindet sich der Boden mehr oder weniger in einem hydraulischen Gleichgewicht. Eine im Herbst sich in der Krume befindliche Menge eines löslichen Nährstoffes
82
Boden
als Reaktor
mm /h
ET !° 05
f
0.0
1. Tag
2. Tag
3. Tag
4. Tag
Abb, 4.8 Tägliche Evapotranspirationszyklen nach einem Niederschlagsereignis.
(Beispiel: Chlorid) bewegt sich daher unter nahezu Bedingungen durch das Profil.
unveränderlichen
Fließ-
Die Evaporation, als Umwandlung von flüssigem in gasförmiges Wasser, weist ähnliche Zeit-Tiefen-Profile auf wie die CO,-Entwicklung: Im späten Frühjahr, wo
0
20 Z 40 o0 30
100
SC OD Z DEADDT DD DG Z Z VLLE
Z Z ff
AAA E AT AA AAA
SA AAA
M
V ED VED SEA VE NO VL VE OE Z
ZZ Z Z VDE VEZKESTZE VE DD Z EDU Z Z
Z
Z Z
LD
ELE
Z Z
ELE
Z Z
Z Z ZrÜ AZ
cm
Abb. 4.9 Wassertransportflüsse während des herbstlichen Wieder-Auffüllens eines Bodens.
Wasserhaushalt
83
die Evaporation eine größere Bedeutung erlangen kann, trocknen die obersten 1 ...
3 cm schnell aus, sodaß das restliche Wasser fest an den Boden gebunden ist. Andererseits erwärmen sich die Böden in Oberflächennähe am stärksten. Deshalb steht hier am meisten Umwandlungswärme zur Verfügung. Also müssen die zur
Evaporation gehörenden Volumenfluß-Profile etwa wie die in Abb.4.10 aussehen. —— 0.0
H20,Dampf
0.1
0
0.2
F
0.3
1
l
mm /cm/h
T
1.'l'ag_'//)
Z
10
-
+—2.Tag
——
3.Tag
20 cm Abb. 4.10
Veränderung des Evaporationsprofiles mit der Zeit nach einem Niederschlag,
—, 0
001
| * z
40
60 80 100
P(z) „002
„003
.004
mm/cm/h
—> 7/'_
)[‚__
\\1;8g+———4‚'rag
7 "/
cm Abb. 4.11
Veränderung der Wurzel-Wasserentnahmeprofile mit der Zeit (schematisch).
84
Boden
als Reaktor
Die Profile kennzeichnen schematisch die Situation am Mittag des 1., 2. und 3, Tages nach einem Regen. Am schwierigsten ist ein korrektes und zugleich allgemeines Muster für den Wasserentzug der Wurzeln anzugeben. Das in Abb. 4.11 skizzierte setzt fortschreitende Austrocknung des Bodens durch Wurzelentnahme ohne zwischenzeitliche Niederschläge voraus, sowie einen mit der Austrocknung zunehmenden Wasserbedarf der Pflanze. Die weiteren Annahmen gehen unmittelbar aus der Skizze selbst hervor (nach Feddes et al., 1978, verändert).
4.3 Hydraulische Leitfähigkeit und sog. Wasserspannungskurve 4.3.1
Die hydraulische Leitfähigkeit K(y)
In diesem Abschnitt werden die für den Wasserhaushalt eines Bodens oder Bodenhorizontes charakteristischen Parameterfunktionen vorgestellt: Die Leitfähigkeit ist - für einen bestimmten Boden - in erster Linie abhängig vom Wassergehalt 9 bzw. vom Matrixpotential des Wassers w In der nachfolgenden Abbildung 4.12 sind typische Leitfähigkeiten (als Funktion von logy. = pF für je einen Sand-, Schluff- und Tonboden wiedergegeben:
2400
—
texturelie Leitfähigkeit
240
24
2.4 E
cm/Tag 0.24
—’N
0.024 0.002
4
0.000
24
0.000
024
—> pF Abb. 4.12
9
1
2
3
4
Hyraulische Leitfähigkeit in Abhängigkeit von der Wasserspannung für unterschiedlich texturierte Böden (KpF=O = "gesättigte” Leitfähigkeit).
Wasserhaushalt
85
Bei sandigen Böden kann sich im Bereich hohen Matrixpotentials (= niedrigem pFWert) die Wassererfüllung noch erheblich ändern (siehe Abb.1.14 !) ohne daß gleichzeitig sich die hydraulische Leitfähigkeit nennenswert ändert. Dieses Verhalten ist auf dem Hintergrund des allgemeinen Modells tortuoser Poren nicht
zu verstehen: Da die Kontinuität © -1 mit der Wassererfüllung 9 zunimmt, müßte KD
als Produkt 8 - x -1 ebenfalls mit @ zunehmen. Bei niedrigen Wasserspannungen eingeschlossene Luftbläschen wirken jedoch dann offenbar wie Sandkörner. Aufgrund des hohen Wertes der "gesättigten” Leitfähigkeit erscheinen tonreiche Böden nicht dränbar. Umgekehrt ist die Leitfähigkeit im Bereich des pflanzenverfügbar gespeicherten Wassers (zwischen Feldkpazität und permanentem Welkepunkt pF=4.2) für Tonböden am größten und bei Sandböden am kleinsten, Deshalb reagieren Kulturen auf Sandböden am empfindlichsten auf Trockenphasen, - Die hydraulische Leitfähigkeit ist - besonders im gesättigten und nahezu gesättigten Zustand - stark abhängig von der Struktur des jeweiligen Bodens bzw. Bodenhorizontes, also von seiner Aggregation und damit natürlich auch von der Lagerungsdichte ppg. Durch grobe, kontinuierliche Poren wie Wurzel- und Wurmgänge, aber auch durch Schrumpfrisse tonreicher Böden kann Niederschlagswasser sehr schnell in den Boden eindringen. Im unten aufgeführten Beispiel ist die Leitfähigkeit in Abhängigkeit von der Wasserspannung für den obersten Horizont eines Schluffbodens (10 - 20 cm-Schicht einer Parabraunerde) angegeben, und zwar einmal für einen "konventionell” bearbeiteten Boden, zum anderen für einen "minimal" bearbeiteten Boden (nach Ehlers & van der Ploeg, 1976).
2400
}
240
]
24
cm/Tag
+
unbearbeitet
2.4
0.24
K I
0.024
bearbeitet
0.0024
[
9.000
24
0.000
024E.1
—
pF
[
©
]
1
}
2
3
1
4
1
Abb. 4.13 Veränderung der hydraulischen Leitfähigkeit einer Krume mit der Bearbeitung. 1) K ist hier die sog. intrinsische Leitfähigkeit, die mit der hydraulischen Leitfähigkeit
k durch k = K/n (n ist die
Viskosität, als Ausdruck der Wechselwirkung innerhalb des Fließmediums) verbunden und ein Ausdruck für die vom
Fließmedium unabhängige Leitfähigkeit ist, analog zu D;/D „ bei Gasen (siehe Abschnitt 3.6,2 !)
86
Boden
als Reaktor
Dieses schematische Beispiel soll an dieser Stelle genügen. Auf die Frage der Veränderlichkeit der Bodenstruktur wird in Abschnitt 6.2.3 noch einmal eingegangen.
4.3.2 Die sog. Wasserspannungskurve w..(9) Die Wasserspannungskurve stellt die Abhängigkeit des Matrix- oder TensiometerPotentials vm bzw. des pF-Wertes vom Wassergehalt ® unter definierten Bedingungen dar. Sie kann als das wichtigste physikalische Charakteristikum für einen Boden bzw. Bodenhorizont überhaupt gelten. Man beachte, daß in vielen Texten der Bodenphysik die Untersuchung der Körnung als die "prima res" angesprochen wird; demgegenüber wird hier möglichst konsequent ein makroskopisch begründeter Ansatz verfolgt, der nicht in erster Linie nach der Zusammensetzung des Bodens fragt. Dementsprechend soll hier auf die Interpretation der w (9) mit Hilfe von mikroskopischen Vorstellungen wie Porenvolumen-Verteilungen verzichtet werden. - In Abb.4.14 sind typische Wasserspannungskurven, hier in der häufig verwendeten Form 6(y) und leicht schematisiert, für je einen Sand-, einen Schluff- und einen Tonboden aufgezeichnet. .............
\m;':_el}g SFF
.4
GWO-abhängig
Fpflanzenverfügbar
—
|..
unabhängig
:
pflanzenverfügbä
35
O2} Ar .0
1
0
1
—> Abb. 4.14
2
3
4
>
pF Wasserspannungskurven für unterschiedlich texturierte Böden.
Wasserhaushalt
87
Wie man sieht, zerfallen alle Wasserspannungskurven in mindestens zwei deutlich durch die Neigung zu unterscheidende Aste: die Neigung der Kurven ändert sich etwa bei pF = 2.5, dem oberen Grenzwert für Grobporen-Äquivalentdurchmesser. Der Ast mit pF-Werten < = 2.5 ist "struktur"-bedingt (d.h. also abhängig von der Aggregation des Bodens oder Bodenmaterials), jener zu pF > 2.5 "textur"(Körnungs-) bedingt. Außerdem ist die übliche Charakterisierung hinsichtlich der Pflanzenverfügbarkeit des gespeicherten Wassers durch Schraffuren angegeben. Dazu sind die Linien für pF = 4.2 eingezeichnet, sodaß die pflanzenverfügbar speicherbare Wassermenge für jeden Boden direkt abgelesen werden kann, wenn man den Abstand Bodenoberfläche - Grundwasseroberfläche kennt. Im Gleichgewicht entspricht pF = 2.5 (in Oberflächennähe) einem Abstand von 3 m; in fluß-, see- oder Grundwasserstände
meernaher an, weshalb
Gegenden trifft man wesentlich höhere die oberflächennahen Gleichgewichts-Werte zu
Ende des Winters zwischen 1.8 > pF > 2.5 varlieren. - In der nachstehenden Tabelle sind die Speicherleistungen von homogenen Bodenpaketen von 1 m Mächtigkeit angegeben, wie sie aufgrund der pF-Kurven der Abbildung 4.14 etwa zu erwarten wären. Die tatsächlichen Speicherungen zu Beginn des Frühjahres hängen
selbstverständlich außer von der Heterogenität der Böden und den mittleren
Grundwasserabständen h von den Niederschlags- und Kultur- (Austrocknungs-) Verhältnissen des vergangenen Sommers und Winters ab (siehe hierzu auch Auffüllmuster in Abschnitt 4.2.1!): Tabelle 4.2 Wasserspeichervermögen (nFK) eines Bodens bezogen auf ein 1 m mächtiges Paket (in mm).
Bodenart
Sand U(Pb; Ap) U(Pb;Bi) Ton
texturbedingt
60 210 240 120
Grundwasserstand-bedingt: Tiefe h=06 10 _ 20 30m
90 70 40 30
60 50 30 20
30 30 10 10
0 0 0 0
Wie man sieht, spielt bei Sandböden der Grundwasserstand eine entscheidende Rolle
für die Speicherleistung.
In Abbildung 4.14 ist zwischen Textur- und Struktureinfluß unterschieden worden. Tatsächlich ändert sich eine pF-Kurve - so wird die logarithmische Wasserspannungskurve auch kurzerhand genannt - in charakteristischer Weise, wenn die Struktur eines Bodens verändert wird (Abb. 4,15).
88
Boden
4E
aggregiert, Pg =1.24g cm” 3
3L
erdich\et‚ Pa =1.59 g cm ”3
„L
Z
b
.0
— Abb, 4.15
.1
„2
.3
.4
als Reaktor
.5
©O Einfluß einer Strukturveränderung auf die Wasserspannungskurve eines Schluffbodens; a) 9 auf die Bodenmasse bezogen, b) 8 volumetrisch.
Aus Abb. 4.15 geht hervor, daß der texturbedingte Verlauf, wie nicht anders zu erwarten, in der üblichen Darstellung mit dem volumetrischen Wassergehalt nahezu, bei derjenigen mit dem Bodentrockenmasse-Bezug völlig identisch ist. Lediglich der Anteil der langsam dränenden "engen" Grobporen verändert sich neben der allerdings drastischen Änderung der Grobporenanteile selbst. Diese erklärt auch den starken Einfluß der Struktur auf die Leitfähigkeit im gesättigten Zustand bzw. nahezu gesättigten Bereich (Abb. 4.13). Hysterese der Wasserspannung: Alle bisher angegebenen pF-Kurven beruhen auf Entwässerungsexperimenten. Führt man die Messung so durch, daß man mit dem trockenen Boden beginnt, der Boden nach jeder Messung - in einem Gleichgewichtszustand ? - also feuchter wird, so ergeben sich erfahrungsgemäß andere Kurven, Der Unterschied zwischen Ent- und Bewässerungskurven ist dabei umso größer, je schneller nach Änderung des Wassergehaltes die Messung durchgeführt wird. Offenbar ist also diese Hysterese genannte Erscheinung umso stärker, je weiter das Quasi-Gleichgewicht, in dem man die v (0)-Beziehung ermittelt, vom tatsächlichen Gleichgewicht entfernt ist. Dem entspricht, daß im Freiland in größeren Bodentiefen ermittelte y.(0)-Kurven i.a. eine wesentlich geringere Hysterese zeigen als Labor-pF-Kurven. (Die offenbar sehr langsame Einstellung des wirklichen Gleichgewichtes hängt dabei im wesentlichen von im Boden stets vorhandenen relativ "trockenen” Partien innerhalb von Aggregaten ab, in denen der Ausgleich aufgrund der geringen Leitfähigkeit in diesem Zustand sehr langsam erfolgt. Lufteinschlüsse können
Wasserhaushalt
89
ebenfalls die Einstellung des Gleichgewichtes hemmen. Unter solchen Annahmen repräsentiert die Entwässerungskurve - zumindest im feuchteren Bereich - den tatsächlichen Gleichgewichtszustand eher als die Bewässerungskurve.)
In Abb. 4.16 sind Beispiele für die Hysterese eines Schluffbodens - bei dem i.a. geringere Effekte beobachtet werden als bei Sand- oder Tonböden - sowie für einen Sand angegeben.
-5 4
Entwässerung langsame Bewässerung
3F
schnelle Bewässerung
e 37
!
0
1
0
1
1
—+ Abb. 4.16
2
i
ı
3
4
5
pF
Hystereseschleifen für einen Schluff- und einen Sandboden.
Die spezifische Wasserspeicherfähigkeit C(y.)* Im Zusammenhang mit Fragen der
Wasserspeicherung mathematisch Kehrwert
eines
gesehen
Bodens
- Ableitung
C(ym) = dO(Ym)/dYım
bzw.
Bodenhorizontes
interessiert die -
der Wasserspannungskurve,
\
bzw.
deren
(4.2)
Die Kurve C(ym) gibt die pro Wasserspannungsintervall dwYm bZW. AVYm speicherbare Menge Wasser in Abhängigkeit von der Wasserspannung wı, an. Für die in Abb. 4.14 skizzierten pF-Kurven für einen Sand-, Schluff-(Pb, Ap) und TonBoden sehen die entsprechenden spezifischen Wasserspeicherungskurven C(ym) so aus (Abb. 4.17):
90
Boden
1/cm
als Reaktor
WS 10-1
1072 1073
C I
Schluff
1074 -
10-5} 1076
0
1
—— Abb. 4.17
2
3
4
5
pF
Spezifische Speicherfähigkeiten C(wym) bzw. C(pF) für unterschiedliche Bodenarten,
Im Bereich der nutzbaren Feldkapazität (= 2 < pF < 4.2) zeigen die Schluffböden erwartungsgemäß die höchsten C-Werte als Ausdruck ihres überlegenen Wasserspeicherungsvermögens. - Die Leitfähigkeiten K und die Speicherfähigkeiten € sind, als die wichtigen, charakteristischen Parameter-funktionen des Bodenwasserhaushaltes, zeitlich und mit der Tiefe so stark veränderlich, daß es keinen Sinn hat, hier beispielhaft Tiefenverteilungen dieser Größen anzugeben. Das berührt jedoch keineswegs die Notwendigkeit, für genauere Simulationen für jeden Horizont eine eigene K(y) und C(ym) (bzw. 0(wym)) zu ermitteln.
4.4 Die Wasserhaushaltsgleichung Für die quantitative Beschreibung des Bodenwasserhaushaltes wird zugrundegelegt: - eine ebene Oberfläche (Oberflächenabfluß VSrnachlässigbar) - ein starrer Boden (keine Quellung und Schrumpfung) - nur vertikale, eindimensionale Transportflüsse durch einen homogenen Boden. Da zunächst nur Transporte
interessieren, sollen darüberhinaus auf dem Boden
Wasserhaushalt
91
- keine Pflanzen wachsen.
In der weiteren Betrachtung wird diese letzte Einengung
fallen gelassen. Die
übrigen Annahmen bleiben jedoch auch für alle weiteren Überlegungen bestehen. 4.4.1
Die Jokale Wasserbilanz
Die lokale Wasser-Bilanzgleichung ohne Quellterme ist völlig analog zu derjenigen beim Wärme- oder Gastransport (Gleichung 2.4 bzw. 3.1 und 3.2):
de/dt = - dqw/0z.
(4.3)
Hier ist anstelle der Massenflußdichte I (Dimension g/cn?/s) die bei Wasser gebräuchlichere Volumenflußdichte q = I/p (Dimension cm/s) verwendet worden, Man überlege sich in den folgenden Fällen das Vorzeichen von d8/dt (Vereinbarung: z wird positiv nach unten gerechnet)!
f -al jr1
Abb. 4.18
Zum Vorzeichen von d0/dt.
4.4.2 Die Gleichung für den Wasserfluß qw In jeder Tiefe im Boden gilt zu jeder Zeit eine lineare Beziehung zwischen Wasserfluß (hier: Volumenflußdichte) qwund verursachendem Gradienten des
hydraulischen Potentials dw./0z , die als Darcy-Gesetz bekannt ist:
92
Boden
Qw= -K - dyp/0z
als Reaktor
(4.4)
Darin ist wv. das Wasserpotential des Bodens - genauer wäre: das totale Potential Wiotar 1.a. jedoch vernachlässigt man alle anderen Teilpotentiale außer dem Matrixoder Tensiometer-Potential y., und dem Gravitationspotential w„, die zusammengefaßt das sog. hydraulische Potential vı ergeben:
Ya = Yın + V
(4.5)
Im folgenden sei kurz auf Bedeutung und Definition des Boden-Wasserpotentials yı sowie speziell der erwähnten Teilpotentiale eingegangen.
4.4.3_Das hydraulische Potential wı Während der Begriff der Konzentration als Mengeninhalt für Stoffe oder auch für Wärme, ausgedrückt als Stoffmasse, Stoffvolumen oder eben Wärmemenge pro Volumeneinheit, i.a. kaum Schwierigkeiten bereitet, ist der Begriff des Potentials als "Arbeitsinhalt” einer bestimmten Stoffmenge - also bezogen auf Stoffmasse oder Stoffvolumen - weit weniger geläufig. Dabei sind Wärmeinhalt und das entsprechend formulierte Potential völlig analoge Größen: beide müssen auf einen Standard und ein bestimmtes Niveau bezogen werden, stellen also keine absoluten Größen dar. Während Wärme eine Energieform ist, die nur teilweise in "nutzbare”" Arbeit umgewandelt werden kann, wird im Potentialbegriff speziell diese nutzbare Arbeit als freie Energie angesprochen. Das Gravitationspotential w, ist der Arbeitsinhalt einer bestimmten Wassermenge ausgedrückt als Masse oder Volumen - im Erdschwerefeld in Bezug auf ein bestimmtes Niveau. Man wählt sinnvollerweise die GWO als Bezugsniveau, deren Abstand h von der Bodenoberfläche meist bekannt ist. Dann ist das Gravitationspotential des Wassers yr,, wenn es auf das Volumen bezogen wird:
vı =m-g-(h-2)/V = p-g-(h-7)
(4.6)
W„ ist stets positiv für z < h, - In dem vorstehenden Ausdruck steht m für die Wassermasse, g für die Gravitationskonstante (Erdbeschleunigung), (G =) m g für das Gewicht der Wassermasse m, h für den Abstand der GWO yvon der Bodenoberfläche, y,, für die Dichte von Wasser und z als Tiefenkoordinate, Ersetzt man G/V = Y * mit
dem
spezifischen
Gewicht
von
Gravitationspotential des Bodenwassers v
Wasser
yw Yw = 1
p/cm3 = 0,102
N/cm3), so kann
für
das
Wasserhaushalt
Y
93
= YWw-z)
(4.6.1)
= h-z
(4.6.2)
schreiben, oder auch: Y
(incm Wassersäule),
Der Zusatz "in cm Wassersäule" beinhaltet die Multiplikation mit y, ! Man beachte, daß w durch Kürzung die Dimension eines Druckes annimmt: [WV,]
= [Energie/Volumen]
= p cem/em3
= p/cm2 ‚2
Das Matrix- oder Tensiometerpotential w„.,3 gibt den entsprechenden energetischen Ausdruck für die Stärke der Bindung der Bezugsmenge Wasser an den Boden an. Da man Energie aufwenden muß, um das Wasser vom Boden freizubekommen, ist der Arbeitsinhalt negativ. Die Definition für das Matrixpotential - in Anlehnung an die Definition der Internationalen Bodenkundlichen Gesellschaft - lautet dann: Das Matrixpotential w ist der Betrag nutzbarer Arbeit pro Volumeneinheit (in J/cm3), der aufgewendet werden muß, um eine (infinitesimal) kleine Wassermenge reversibel und isotherm von einer freien Wasserfläche in die wässrige Phase des untersuchten Bodens zu überführen, wenn die freie Wasseroberfläche die gleiche "geodätische” Höhe hat wie der Beobachtungsort. Natürlich ergibt sich auch für das Matrixpotential als Dimension die eines Druckes. Tatsächlich wurde - und wird auch heute noch - das Matrixpotential häufig durch die sog. Wasserspannung ersetzt; die Spannung als negativer Druck impliziert damit das negative Vorzeichen des Matrixpotentials, Potentiale als Inhalte "freier Energie" addieren sich. Das ist eine Folge des Prinzips von der Erhaltung der Energie. - Im Boden ist das Wasser so lange in Bewegung, wie das "totale“ Potential sich von Ort zu Ort unterscheidet. Man erkennt unmittelbar, daß der Potentialgradient eine Kraft (hier bezogen auf das Volumen) ist, wenn man z.B. den Gradienten des Gravitationspotentials bildet:
y /Oz = « GIV.
(4.7)
Hierin wird die Bedeutung der verursachenden, antreibenden Kraft unmittelbar anschaulich.
2) oder, in den heute üblichen Maßeinheiten: Nm/m* = Nm“2; die Dimension cm jedoch aus einer Definition Energie/Gewicht herzuleiten, wie es gelegentlich gemacht wird, scheint verfehlt. 3) Matrix- und Tensiometerpotential sind gemäß Definition der ISSS nicht völlig identisch, da mit der Tensiometermessung auch Luftdruck-Effekte und Effekte aufgrund der Bodenauflast miterfaßt werden,
94
4.4.4
Boden
als Reaktor
Verschiedene Formulierungen der Wassertransportgleichung
Faßt man die Bilanz- und die Fließgleichung für Wasser zusammen, so ergibt sich für den eindimensionalen Transport:
im
starren Boden
dO/dt = - dq/dz = - H-K - dw/O2)/Oz. Für horizontale Wasserbewegung dym/Ox:
durch homogene Böden ergibt sich mit dyp/0x =
d0/dt = Kl(wm) + 92wn/022 . Für den verfikalen Transport = Owm/dz - 1: 08/dt =
i
(4.8.1)
durch den homogenen Boden jedoch, wegen dwy/dz
0{K(wm)-(0wm/9z
Für nicht homogene starre Horizont separat ansetzen.
(4.8)
Böden
-DVOz .
(4.8.2)
muß man K(ym)
= K(Ym>Z)
für jeden
In allen bisher vorgestellten Wassertransportgleichungen steht im Ausdruck auf der linken Seite @, der volumetrische Wassergehalt, und auf der rechten Seite Yın, das Matrixpotential. Beide Größen sind über die sog. Wasserspannungskurve mit C(Ym)
=
99/9Ym
(4.2)
verknüpft (siehe Abschnitt 4.3.2). Diese Beziehung, die die Ableitung der Wasserspannungskurve darstellt, wird benötigt, um mit den obigen WasserTransportgleichungen effektiv arbeiten zu können, d.h. sie nach eine der beiden Größen 0 bzw. wın auflösen zu können (nach welcher - das entscheidet letztlich die angewandte Meßmethode). - Erweitert man den ersten Term der letzten
Wassertransportgleichung mit 09, so erhält man: bzw.:
J08/dt
=
0{K(0,z)
- (dwm/dz - 00/00
- 1)V/dz
J0/dt
= 0{K(0,z) - (dwym/d0 - d0/0z - 1)V/Oz
(4.8.3)
=
(4.8.4)
und schließlich: J0/dt
J{K(,z)
- (l/C(0,z) - d8/dz
- D}VOIz
Wasserhaushalt
Mit
95
K(0,z)/C(0,z)
=
D(0,z)
der sog. Wasserdiffusivität,
erhält
man
eine
Transportgleichung, die außer Tiefen- und Zeitinkrementen (dz bzw. dt) nur noch
differentielle Größen hinsichtlich des Wassergehaltes 0 enthält: d@/dt =
J{D(@,z) - (00/0z - K(0,z)}/0z .
(4.9)
Da der vorstehende Ausdruck im wesentlichen eine lokale Bilanz darstellt, ist er insofern wichtiger als die Form, die man gewinnt, wenn man 00 auf der linken Seite der Formel 4.8.2 mit Hilfe von C(6) in einen Ausdruck mit dwm umformen würde: 00/0Wm * OWm/dt =
0{K(waz) - (dwm/Oz -1)VOz
C(WmZ) + ym/dt = 9{K(mZ) + (Owm/0z -1)}/Oz.
(4.8.5)
Tatsächlich wird häufig gerade diese Gleichung als Ausgangspunkt für TransportSimulationen benutzt. - Für den horizontalen Fall ergibt sich anstelle von 4.9 formal eine reine Diffusions-Gleichung mit dem Diffusionskoeffizienten D(0):
d0/dt =
d{D(6) - d0/0z}/dz .
(4.9.1)
Die vorgestellten Formeln für reinen Wassertransport durch den Boden lassen sich durch Hinzufügen eines Quell- oder Senkterms P(z,t) auf den Fall erweitern, bei dem - in Abhängigkeit von Tiefe und Zeit - Umwandlungen (z.B. in die Gasphase) oder Entzüge (z.B. durch Pflanzenwurzeln) eine Rolle spielen: J8/dt
=
d{D(0,z) + (0 6/dz - K(z)/dz
In den nächsten beiden Abschnitten werden charakteristischen Fließzustände im Boden
+ P(z,t)
(4.10)
zunächst die verschiedenen behandelt und anschließend
Lösungswege für die Endlichen-Differenzen-Gleichungen, die besonders für den allgemeinen Fall nicht-stationären Fließens von Bedeutung sind.
4.5 Charakteristische Fließzustände des Wassers im vegetationsfreien Boden
Drei charakteristische Fließzustände des Wassers im Boden, der zur Vereinfachung als wurzel- (d.h. senken-)frei angenommen werde, lassen sich unterscheiden:
1.Gleichgewicht: Das Wasser ist in Ruhe; der Fluß qw=q„(z,t)an jeder Boden und zu jeder Zeit t£ verschwindet:
Stelle z im
96
Boden
qw@z;t) = 0.
als Reaktor
(4.11)
2. Stationärer Zustand oder Fließgleichgewicht: Wie der Name sagt, ist der Wasserfluß in diesem Falle an jeder Stelle im Boden während des Gültigkeitszeitraumes gleich, also quz,t) = const. 3. Nicht-stationäres Fließen
(4.12) stellt den allgemeinen Fall dar mit
qu(z+4Az,t) * Qqw(z,t) £ qwz,t+AL) .
(4.13)
Obwohl die Zustände 1 und 2 - zumal unter natürlichen Bedingungen - nie exakt erfüllt sind, haben doch jene Fälle praktische Bedeutung, bei denen diese Bedingungen näherungsweise erfüllt sind. Man spricht dann von "QuasiGleichgewicht"” bzw. von "quasistationärem Zustand". - Die entsprechenden Näherungslösungen der reinen Transportgleichung sollen nun für homogenen Böden betrachtet und auch die Bedingungen angegeben werden, unter denen man nicht-stationäre Zustände als Quasi-Gleichgewichte bzw. als quasi-stationäre Zustände ansprechen darf,
4.5.1
Gleichgewicht und Quasi-Gleichgewicht
Mit qu(z,t) = 0 wird beim homogenen Boden:
qwiz,t) = - K(ym) - (Oym/0z-1) = 0
(4.11)
und damit sofort auch:
dym/dz-1= bzw.:
AAyn = Az
0
(4.11.1) (4.11.2)
Gleichgewicht herrscht im Boden überall dort, wo das Matrix-Potential sich um den gleichen Betrag ändert wie die Tiefenkoordinate (siehe Abb. 4.19 und 4.20).
Wasserhaushalt
97
Yr —m -200
—
-100
U,
0
Yr
100 +—
z
200 T AAyn _
h-Z
——
« 0
|
0
V
z
/
>
Yp= Vnt* 9,=0 Ym
100
200
cm
WS
T
1
GWwO
2../
6wO
Abb. 4.20 Gleichgewicht im ganzen Profil bei unterschiedlichen GWO-Abständen.
Von Quasi-Gleichgewicht kann man sprechen, wenn
qwz,t) = 0
(4.11.3)
98
Boden
als Reaktor
bzw. wenn
Jqwiz,t)!
« 1 mm/Tag
(4.11.4)
ist. Wie groß die Flüsse sein dürfen, die man hierbei zuläßt, hängt letztlich von der
gewünschten Genauigkeit der Näherung ab. So wird man bei Schluffböden Flüsse von = 0,2 mm/Tag (= 10% der hiesigen durchschnittlichen Niederschläge) zulassen
dürfen. Die Abweichungen
im Matrixpotential-Gradienten bleiben dann bei
Feldkapazitäts-nahen Werten gemäß
Oym/0z - 1 « |qw/Kpr-2! AAyn
= 0,02 cm + Tag-1/0,2 cm - Tag-!
« (1+0,1)-Az
deutlich innerhalb von 10% Abweichung. Würde diese Abweichung im Fluß annähernd gleich und entsprechend der jeweiligen Leitfähigkeit über die Tiefe verteilt sein, dann herrscht in diesem Bereich ein nahezu stationärer Zustand.
4.5.2
Stationärer bzw. quasi-stationärer Zustand
Für den stationären bzw. quasi-stationären Zustand gilt: qw(z,t) = const
(4.12)
qu(z,t) = const .
(4.12.1)
bzw.
Stationäre bzw. quasi-stationäre Zustände können sich - wie das Gleichgewicht über Teilbereiche des Bodenprofils oder über das gesamte Bodenprofil erstrecken.
Entsprechend gilt also:
Qwiz;t) = - K(yım) * (Oym/0z -1) = const
(4.12.2)
de/dt = -dqw/0z = 0.
(4.12.3)
und:
Die Gleichung 4.12.3 besagt, daß die Bodenfeuchte-Profile 6(z,t) sich mit der Zeit nicht ändern, Der erste Ausdruck gibt die Beziehung zwischen dem konstanten
Wasserhaushalt
99
stationären (bzw. quasi-stationären) Wasserfluß qu, der Leitfähigkeitsfunktion K(ym) und dem Matrixpotential-Profil y (z) an. Für diese Beziehung wird im Abschnitt 4.6.2 ein Beispiel gerechnet. Ein (quasi-)stationärer Fließzustand in einem Teilbereich eines Bodenprofils ist entweder im "Abbau"” begriffen - d.h. er wird infolge einer Störung stärker instationär - oder dehnt sich über zunehmend größere Tiefenbereiche aus: der stationäre Zustand stabilisiert sich. Aber selbst wenn im Oberboden (Krume) instationäre Verhältnisse - z.B. infolge eines Niederschlags - eintreten, können die
darunterliegenden Bodenbereiche oft noch durchaus mithilfe quasi-stationärer
Bedingungen angenähert beschrieben werden: Der Oberboden "dämpft ” (puffert) die von der Störung ausgehende Welle. 4.5.3.
Nicht-stationäres Fließen
Dieser allgemeine Fall des Fließens von Wasser durch den starren Boden wird für den vertikalen, eindimensionalen Fluß mit Hilfe einer der drei Ausdrücke in Abschnitt 4.4.4 beschrieben:
d8/dt
= 0{K(wWm>:Z) - (dwm/dz - 1)}VOz
(4.8.2)
bzw. J0/dt = {D(
0,z) -00/0z - K(
0,z)}/dz
(4.9)
bzw. C(YmzZ) + dym/dt =
0{K(wm;z) - (dwm/0z -1)}V/Oz.
(4.8.5)
Für den homogenen Boden vereinfachen sich die entsprechenden Ausdrücke nur insofern, als statt K(wy(z),z)nur K(ym(z)) und anstelle D@(z),z)nur DO@(z))zu schreiben bleibt. Da das Matrixpotential v bzw. der Wassergehalt 0 selbst beide natürlich von der Tiefe z abhängen, ändert sich an den Ausdrücken sonst nichts. Tatsächlich ist aber die Veränderung der K(ym)- bzw. K(0)- oder D(0)Beziehungen mit der Tiefe - selbst in nicht-schrumpfenden Böden - oft so erheblich, daß man das reale Fließverhalten nur sehr grob durch die Annahme homogener Böden annähern kann. Im folgenden sollen Beispiele für Quasigleichgewicht und stationäres Fließen betrachtet werden. Ferner sollen für den allgemeinen Fall instationären Fließens Rechenverfahren besprochen werden.
100
Boden
als Reaktor
4.6 Anwendungsbeispiele und numerische Lösungsverfahrenzur Wasserhaushaltsgleichung 4.6.1
Wasser-Gleichgewicht im Boden
Die Bedingung für Gleichgewicht läßt sich so formulieren:
Aynm= Az.
(4.11.2)
Nimmt man die Wasserspannungskurve Yzn =Vm(9) zu Hilfe, für deren Ableitung man
dWm/dO
=
UCm)
(4.2.1)
bzw. AO = +C(Yın)
* Aln
schreiben kann, dann läßt sich für die GleichgewichtsBereiche im homogen gedachten Boden die wmberechnen, wenn man das Matrix-Potential v bzw. Rand dieses Bereiches kennt, und zwar numerisch mit
(4.2.2) (bzw. Quasi-Gleichgewichts) bzw. O-Tiefen-Verteilung den Wassergehalt 0 an einem Hilfe:
AO = + C(WVm) * Az
(4.2.3)
0(z+4z)
(4.2.4)
bzw. = 0(z) + C(Wm) - Az
Natürlich läßt sich anstelle von 4.2.3 bzw. 4.2.4 auch die integrierte Form
0(z) = SC(wm) - dz
(4.2.5)
schreiben. Auf diese Weise läßt sich z.B. auch die sog. Feldkapazität, d.h. die Wassergehaltsverteilung im zeitigen Frühjahr bei Quasi-Gleichgewicht berechnen, wenn man die Lage der GWO und die Wasserspannungskurve des homogenen Bodens bzw. seiner einzelnen Horizonte kennt, solange der GrundwasserFlurabstand < = 3m ist. Bei noch größeren Entfernungen der GWO von der Bodenoberfläche macht sich der Einfluß des Grundwasserstandes nur noch geringfügig bemerkbar.
Wasserhaushalt
4.6.2
101
Fließgleichgewicht im Boden bei sommerlicher Austrocknung
Fließgleichgewichte (stationäre Zustände) im Boden sind häufiger anzutreffen als Gleichgewichte bzw. Pseudo-Gleichgewichte. Sie treten bei uns besonders im Sommer bei längeren Trockenperioden sowie beim herbstlichen Auffüllen stärker entleerter Böden auf. Hier soll ein Beispiel für die sommerliche Austrocknung berechnet werden. Die Fließgleichgewichts-Bedingung für einen homogenen Boden qw(z;t) = - K(y) - Oym/0z -1) = const
(4.12.2)
Jäßt sich nach Ayı auflösen:
Avn = {-qwK(ym) +1}+4z.
(4.12.4)
Mit Hilfe dieses Differenzen-Ausdruckes läßt sich nun, beginnend mit einem bekannten Randwert von wm, das zu einem qw= constgehörende wyın-Profil berechnen. Für die Rechnung benötigt man also: - K(ym) - die hydraulische Leitfähigkeit in Abhängigkeit vom Matrixpotential Yın
- qw= const,
und - Ym(z;i)
den (hier im ganzen Profil) konstant angenommenen Wasserfluß,
an einer Stelle, z.B. bei z = 0.
Folgende Parameter und Randbedingungen
werden gewählt:
1) K(ym) bzw. die logarithmierte hydraulische Leitfähigkeit pK(pF) für einen homogenen Sandboden (Abb.4.21). 2) Für qw wird zunächst -2 cm -Tag-! gewählt.
102
Boden
pK
+4
(cm/Tag)
1
0
—— Abb. 4.21
als Reaktor
PF
Hydraulische Leitfähigkeit pK(pF) für einen homogenen Sandboden,
3) m an der Oberfläche z=0 sei -1000 cm WS. Das stationäre y-Profil wird nun schrittweise berechnet, indem mit Hilfe des Ausdrucks für A Yn = Wm(z+Az) - wm(z) Wm(z+AZ)
=
Wm(z)
+
(4.12.5)
{1 "qw/ K(wym)}Az
bestimmt wird. Nachstehend ist der Rechengang
dargestellt:
Tabelle 4.3 Rechengang zur Berechnung des stationären Y,-Profils,
z
(cm)
Ö 1 2 3 4 5
QwKOpm) — - 2102 -23-10 -2(4.102) -2(5-105) -2(7:10)
1 - qwWKGym) =-200 =- 70 = - 50 = - 40 =- 30
+201 + 71 + 51 + 41 + 31
Wm(z-+Az)
(cm WS)
—1000 - 799 - 728 - 677 - 636 - 605
Wasserhaushalt
103
Entsprechende Profile kann man nun für qw= - 0,2 cm/Tagınd für q,= - 0,02 cm/Tag gewinnen. Die Ergebnisse sind (näherungsweise) in der nachfolgenden Grafik (Abb. 4.22) angegeben:
d 0
-200
N —
0
T
20
‘I'‚'„
cmWS
-400
-600
T
I
-300
-1000
F
I=-0.2cm/Tag
40 *— I=-0.02cm/Tag
60 80 100 cm Abb. 4.22
Stationäre Profile des Matrix-Potentials in einem Sandboden,
Kennt man den Grundwasser-Flurabstand, so läßt sich für jeden konstanten Fluß q - bei bekanntem K(wm) - für den homogenen Boden das entsprechende stationäre Ym-Profil berechnen. Auch für nicht homogene Böden ist das mit entsprechend höherem Aufwand möglich. Man muß dann die K(wy)-Beziehungen der einzelnen Horizonte kennen. In der folgenden Darstellung (Abb. 4.23) werden mehrere Bodenarten bezüglich ihrer Fähigkeiten verglichen, in Trockenzeiten Wasser aus dem Grundwasser mittels kapillaren Aufstieges in den Wurzelbereich zu transportieren. Dazu wird der Fluß qw, über der sog. Steighöhe h - d.i. der Abstand von GWO zu der Tiefe, in der z.B. hier Yn =-1000 cm WS beträgt - aufgetragen:
104
Boden
20
1
-
*—
10 £
gchluff. Ton
\ — — Sand +——
2
—__
als Reaktor
+—toniger
Schluff
F
q w,stationär 1
0.4 0.2
1
0
—.
100 kKapillare Steighöhe
200
cm
h
Abb, 4.23 Abhängigkeit des stationären Wasserflusses q von der kapillaren Steighöhe h bei unterschiedlichen
Bodenarten (nach Renger
et al,, 1974).
Für die während der Vegetationszeit von den Kulturpflanzen benötigten 2-5 mm/Tag dürften unter diesen Bedingungen, sollten sie voll durch Kapillaraufstieg gedeckt werden, die mittleren Grundwasserabstände von der aktiven Wurzelmasse beim Schluff nicht mehr als etwa 80 cm und bei Sand- und Tonböden nicht mehr als = 40 cm betragen. Das entspricht mittleren Grundwasser-Flurabständen von etwa 100 - 120 cm (bei Schluffböden) bzw. 60 - 80 cm (bei Sandböden). Solche niedrigen Grundwasserabstände sind nur in relativ selten anzutreffen, z.B. in Küstennähe. Die Gunst der Küstennähe für den Pflanzenbau liegt jedoch weniger in geringen Grundwasserflurabständen begründet als vielmehr in der höheren mittleren Luftfeuchtigkeit der Atmosphäre: in Abschnitt 4.6.4 wird gezeigt, daß der Transpirationskoeffizient stark vom mittleren Sättigungsdefizit der Luft während der Vegetationszeit abhängt. Zum Schluß sei noch einmal festgehalten, welche instationären Fließ-Bedingungen
als quasistationär bzw. als Quasi-Gleichgewicht (siehe Abschnitte 4.5.1 und 4.5.2!) gelten können (Abb. 4.24):
Wasserhaushalt
105
qv
l
0
0.01
0.1 T
q9,«
z 50
1.0 T
10. T
mm Tag
1 mm/Tag
Quasi-Gleichgewicht Q
100 -
* const
quasistationäres Fließen
cm
Abb. 4.24 Fließbedingungen für Quasi-Gleichgewicht und quasi-stationäre Zustände im Boden,
4.6.3
Lösungsverfahren für nicht-stationäres Fließen
Der allgemeine Fall nicht-stationären Fließens, z.B. durch eine WassertransportGleichung in der Form
d8/dt = 0{D(0,z) - d0/dt - K(0,z)/0z
(4.9)
beschreibbar, läßt sich nicht analytisch lösen, d.h. es existieren keine geschlossenen Ausdrücke als Lösungen, von Spezialfällen abgesehen.
Solche Speziallösungen sind z.B. für den Fall horizontalen Fließens bekannt (Boltzmann -Ansatz oder Verfahren nach Gardner & Mayhugh, 1958 ), der aber in diesem Zusammenhang nicht interessieren soll (Reduktion auf reine DiffusionsGleichung). Für
den
allgemeinen
Fall
vertikalen
instationären
Fließens
muß
man
sich
numerischer Verfahren bedienen, Im allgemeinen verwendet man dafür sog. Endliche-Differenzen-Verfahren. Die Lösung der Wasser-Transport-Gleichung ist dabei der Kem nicht nur aller Boden-Wasserhaushalts-Probleme, sondern auch der
damit verbundenen Verlagerung löslicher Komponenten. Schwierig ist die Lösung der Wasser-Transport-Gleichung, ganz gleich in welcher Form, vor allem wegen der starken Abhängigkeit K(0) bzw. K(ym)-
106
Boden
als Reaktor
Bei den Endlichen-Differenzen-Lösungen unterscheidet man im wesentlichen zwischen zwei Verfahren: den expliziten und den impliziten. Ein Beispiel für explizite Lösungen ist in Abschnitt 2.6 behandelt worden. Im Anhang 7.1 sind die
einfachsten expliziten und impliziten Lösungsverfahren für die Wasser- und Salz-
Transportgleichung einander gegenübergestellt. - Bei einer expliziten Lösung berechnet man jeden neuen Wert der Zeit-Tiefen-Verteilung der fraglichen Variable anhand einer expliziten Gleichung, in der außer diesem Wert selbst nur schon berechnete Zeit-Tiefen-Werte vorkommen. Explizite Lösungen sind i.a. recht einfach zu handhaben (zu programmieren), erfordern aber viel Rechenzeit, da die Wahl der Inkremente At und Aznicht frei, sondern unter Berücksichtigung von bestimmten Stabilitätskriterien zu erfolgen hat. Wesentlich günstiger hinsichtlich der Rechenzeiten verhalten sich die impliziten Lösungsverfahren, die jedoch rechnerisch weniger leicht zu handhaben sind, d.h. mehr Programmieraufwand erfordern, weil praktisch für die Berechnung eines bestimmten Zeit-Tiefen-Wertes einer Variablen die Lösung eines simultanen Gleichungssystems erforderlich ist. Ein solches Gleichungssystem 1läßt sich unter anderem durch Eliminations- oder iterative Verfahren lösen, was im allgemeinen mehr Programmieraufwand bedeutet als die Lösung expliziter Verfahren. Trotzdem sind diese Verfahren sehr günstig, weil sich bei ihnen z.B. die
Zeitschrittweite
wesentlich
stärker variieren
läßt. Das
kann besonders
in
Kombination mit sog. Mehrschritt-Verfahren zu sehr schnellen Lösungen führen. Es hat sich neuerdings auch gezeigt, daß bei den numerischen Verfahren die Standard-Methoden noch keineswegs genügend bekannt sind. So liefert z. B. der langbekannte Newton-(Raphson-)Algorithmus (Remson et al., 1971) eine überaus effiziente iterarive Lösungsvariante für implizite Lösungen nicht-linearer Gleichungen. Zum anderen sind bei der Suche nach effizienteren Verfahren die auf der Saul’yev-Approximation fußenden Gruppen-expliziten Verfahren, die sich für lineare Differentialgleichungen bewährt haben, auf das nicht-lineare TransportProblem beim Wasser übertragen worden, wobei sie in der Übertragung implizite Form annehmen (Kronjäger, 1986). Dabei hat sich besonders das SAGI-Modell (von Single Alternating Group Implicit) insofern als den impliziten Verfahren überlegen herausgestellt, als es einen zwar deutlich erniedrigten Stabilitätsbereich bei extremen Randbedingungen und eine größere Empfindlichkeit gegenüber Zeitschrittweiten-Veränderungen aufweist, aber bei gleicher Zeitschrittweite fast doppelt so schnell ist. Eine Kopplung des SAGI-Modells mit impliziten Verfahren in Boden-Randbereichen mit starken Feuchte-Wechseln könnte die Vorteile beider Verfahren zur Geltung bringen. Hier soll jedoch ein anderes einfaches Endliche-Differenzen-Verfahren dargestellt werden, welches bis zu einem gewissen Grad ebenfalls die Vorteile der beiden oben genannten Verfahren vereinigt, d.h. einfach zu handhaben (programmieren) ist und zumindest für bestimmte Anwendungen sehr schnelle Lösungen gestattet,
Wasserhaushalt
107
Lösungsverfahren nach Wind & van Doorne: Zusätzlich zur Fließgleichung für das Wasser
w = -K-(Oyp/0z-1)
(4.14)
und der lokalen Wasserbilanz
d8/dt = - dqw/0z benötigt
man
bei diesem
(4.5) Verfahren einen Ansatz für die Leitfähigkeit in
Abhängigkeit vom Matrix-Potential y... Der Trick liegt nur darin, dafür den sog. Rijtema -Ansatz zu wählen:
K(Wm) = K, - e“Wm,
(4.15)
worin K, die Leitfähigkeit bei Sättigung (ym = 0) und « eine strukturspezifische Konstante des Bodens ist. Ableitung nach der Tiefe z liefert nämlich:
aK/dz = a.K-.dy./dz
(4.15.1)
In die Gleichung für den Fluß q eingesetzt, Differential-Gleichung für K und qw dK/dz
+
a-(K
+
qw)
=
ergibt
%,
sich
eine
gewöhnliche
(4.14.1)
deren allgemeine Lösungsinvariante (bei q = const, d.h. unabhängig von z)
(QJw - K)/e«z
=
- const
(4.14.2)
durch Wahl bestimmter einfacher Randbedingungen für K(z) (mit K{j - dz} K;, K{G+1) -dz} = K;,1; Az = Z;.1-Zj) zu folgender spezieller Lösung führt:
Qw
= - (Kısı- K)/(ev4z.1)
+
K,
=
(4.14.3)
worin K; die Leitfähigkeit an der Stelle z = j + Az bedeutet. Diese Gleichung für q ist also eine (spezielle) intergrierte Form der Flußgleichung, die man nun leicht verwenden kann, um die Veränderungen von q mit der Tiefe bzw. dqu/dt zu berechnen und damit die Wassergehaltsänderungen mit der Zeit zu ermitteln. Die Wassergehaltsänderungen sind mit Matrixpotential-Änderungen verbunden (hier als hysteresefrei angenommen). Im nächsten Zeitschritt werden die veränderten
108
Boden
als Reaktor
Potentiale dem neuen Flußprofil zugrundegelegt usf. - Da die RijtemaApproximation nur für einen begrenzten Ausschnitt der Leitfähigkeits-Funktion K(Wm) gilt, muß man für praktische Zwecke die gemessene Kiy)-Kurve durch mehrere Exponential-Äste annähern. - Für das folgende Lösungsbeispiel (für das Wind & van Doorne-Verfahren) sollen zunächst die benötigten, durch Messung zu bestimmenden Parameterfunktionen angegeben werden: die Wasserspannungskurve 6(pF) in Abb. 4.25 und die Abhängigkeit der hydraulischen Leitfähigkeit K von w einschließlich der verwendeten Rijtema-Approximations-Äste der Leitfähigkeits-Funktion (Abb. 4.26) für einen Schluffboden.
L 0
—Abb. 4.25
1
2
3
pF
Wasserspannungskurven für eine Löß-Parabraunerde (Entnahmetiefe 30-36cm).
In die Darstellung für die Leitfähigkeitsfunktion sind die anstelle der experimentell ermittelten Werte verwendeten Rijtema -Approximationen Kı und K, (Kı=7.1-
e“0.134vm, K, = 0.021 - e70.011 vm) eingezeichnet. Die nachstehende Abbildung 4.27 zeigt für die Parabraunerde,
für welche
die
Parameter
bestimmt
wurden,
Vergleich von Messung und Rechnung zwei Tage nach einem Niederschlag.
den
....—...}N
Wasserhaushalt
109
.001 .000
1
|
o
%”
K, (F 1
1
100
200
1
1
300
400 cm WS
—-—-)'ll{fl
Abb. 4.26 Hydraulische Leitfähigkeit für eine Löß-Parabraunerde (einschließlich der Rijtema-Äste).
1
(
Z
20
—— 4
0
100 T77
200 T
Fa
|-
40 }
300 cm WS LE
°/
= \ +— gemessen
simmliert —+
N
Aa
—m
.,/
60 }
100
-
cm
Abb. 4.27 Vergleich von gemessenen und simulierten Wasserspannungsprofilen in einer LößParabraunerde zwei Tage nach einem Niederschlag (nach Richter, unveröff.).
110
Boden
als Reaktor
Die nächste Abbildung bringt den Vergleich der gemessenen und berechneten Ganglinien der Wasserspannung yın in zwei verschiedenen Tiefen für den gleichen unbepflanzten Boden über einen größeren Zeitraum.
300
+
—15
cm Tiefe
200
—.55
cm Tiefe
ol 1.5. Abb. 4.28 Vergleich von g
15.5und
simulierten Wassersp
31.5.1977 gen
in einem Lößboden über mehrere
Wochen (dünne Linien: Messungen, schematisiert; dicke Linien: Simulationen; nach Richter, 1980).
Obwohl also für die Wasserbewegung in dem horizontierten und flächenhaft heterogenen Boden nur die Parameter einer einzigen Tiefe (30 ... 36 cm) den Rechnungen zugrundegelegt wurden, geben die Simulationen die tatsächlichen, durch Messungen bestimmten Mittelwerte befriedigend wieder. Die Heterogenität spielt in diesem Falle offenbar keine sehr große Rolle. Für die Simulation der Feldverhältnisse (Abb. 4.28) wurde die lysimetrisch ermittelte Evaporation als Rand-Fluß verwendet. Erweiterungen des Modells Im Folgenden wird festgehalten, wie solche
weiterentwickelt werden Erfordernissen kann
können
rein deterministischen
und auch entwickelt worden
Modelle
sind. Je nach den
Wasserhaushalt
1. 2.
3.
111
die Horizontierung der Böden durch eine entsprechende Anzahl von Parameterfunktionen berücksichtigt werden. Weiter kann die Evapo(transpij)ration selber modelliert werden (siehe Abschnitt 5.6.5 und Abschnitt 6.4). In ein solches Modell gehen außer Boden- und Pflanzenparametern natürlich die wichtigsten meteorologischen Parameter und Daten ein, welche die Evapo(transpi)ration bestimmen. Die aktuelle Evapo(transpi)ration wird dabei meistens in Abhängigkeit vom Matrixpotential der obersten Bodenschicht berechnet. - Schließlich ist es aber in diesem Zusammenhang besonders wichtig, den Pflanzenentzug /P(z,t) dz = P(t) durch die Wurzel zu modellieren, der über die Tiefe z integriert der momentanen Transpiration entspricht.
Einfache Ansätze für Transpiration und Wasserentzug durch die Wurzeln
sind
Gegenstand des folgenden Abschnittes 4.6.4. - Im Schlußkapitel in Abschnitt 6.4 wird dann schließlich auf die durch die Heterogenität der Flächen bedingten äußerst wichtigen statistischen Aspekte sowie im Zusammenhang damit auf mögliche Vereinfachungen bei der deterministischen Modellierung hingewiesen. 4.6.4
Einfache
Wasserhaushalts-Modelle
für den ebenen,
homogenen
starren und bewachsenen Boden:; die Wurzelentzugsfunktion P(z,t)
Mit den
zuvor besprochenen
Bodenwasser-Modelle
Lösungsverfahren
lassen
konstruieren, die erweiterungs- bzw.
sich
eindimensionale
verallgemeinerungs-
fähig sind. Besonders wichtig ist dabei die Berücksichtigung des Wasserentzuges durch die Wurzeln. Sie kompliziert die Modellierung des Bodenwasser-Haushaltes erheblich. Der Wasserentzug durch die Pflanzenwurzeln kann nun z.B. - sowohl für
grobe
Jahreszeiten-Modelle als auch für zeitlich differenziertere Modelle - über die
Entwicklung der Trockensubstanz berechnet werden, wenn man die zur Bildung der Trockensubstanz benötigte Wassermenge (=Transpirationskoeffizient ETt/P) hinreichend genau kennt. Die Trockensubstanz-Entwicklung ihrerseits kann man z.B. über die sog. Temperatursummenkurven (} Tage -Tagesmitteltemperatur) und einen von Kulturart und Entwicklungsstadium abhängigen Wachstumsfaktor gewinnen. Auch die Transpirationskoeffizienten ET1/P hängen von der Kultur (ob C4Pflanzen - Beispiel: Mais - oder C3-Pflanzen - Beispiel: Weizen - angebaut werden) einerseits, von Witterung und Bewirtschaftung (genauer: von dem so bedingten mittleren Sättigungsdefizit der Luft Ae, das in feuchten Jahren bis < 5 mm Hg, in trockenen Jahren Werte bis > 8 mm Hg annehmen kann; siehe Abb. 4.29 !) andererseits ab.
112
.
Boden
als Reaktor
600
mm _ha 100 dt.
Weizen
400
-
200
&+
Mais
ET’/P
0
—
Ae
2
4
Abb. 4.29 Transpirationskoeffizienten ETUP
6
8
mm
10
Hg
12
in Abhängigkeit von der Pflanzenart und dem
mittleren Sättigungsdefiziet Ae der Luft (nach
Bierhuizen & Slatyer, 1965).
Hat man auf diese Weise Kenntnis der momentanen Entzüge P(t) = /P(z,t)dz über die gesamte Tiefe erlangt, so muß man noch Annahmen oder Modelle für die Tiefenverteilung des Entzuges machen. Die wiederum einfachste Möglichkeit ergibt sich durch Zerlegung in ein Produkt aus der Wurzelaktivitätsverteilung mit der
Tiefe w(z) und einer wurzel-unabhängigen Funktion q{wy.(z)}, die die Menge des in
der fraglichen Tiefe noch verfügbaren Wassers beschreibt:
P(z)
=
w(z) - q{vn@2)} -
(4.16)
Die einfachste Annahme für die Verteilung der Wurzelaktivität, die näherungsweise
der Wurzellängenverteilung folgt%), stellt eine lineare Abnahme mit der Tiefe dar, und zwar so, daß bei einer Durchwurzelungstiefe von z.B. 1m w(z=1 m) = 0 wird. Die Bodenextraktionsfunktion q{w.(z)} muß proportional Ay oder A(logy\) sein, wobei Aypn = Yı- 15 bar zu setzen ist. - Mit solchen oder ähnlichen EntzugsFunktionen konnten Entzüge unter Feldbedingungen befriedigend wiedergegeben werden (Feddes et al.‚1976; van der Ploeg et al., 1978).
4) Meistens ist in unseren Ackerböden die Wurzelaktivität im Unterboden wegen fehlender "Wurzelkonkurrenz“ und höheren Wurzelumsatzes gegenüber der Krume erhöht, Die im Mittel nur rund 20% Wurzelanteile im Unterboden (bei Getreide) erreichen Beteiligungen an der Wasser- und Nährstoffaufnahme zwischen 20 und 60%.
Wasserhaushalt
113
Andere Möglichkeiten zur Bestimmung der Pflanzenaufnahme, d.h. der EvapoTranspiration, schließen Messung (z.B. mit Lysimetern) oder ihre Bestimmung mit Hilfe meteorologischer Verfahren ein (z.B. Penman, 1948; van Bavel, 1966).
4.6.5
Berechnung der Evapo(transpi)ration E
Obwohl die Messung und Berechnung der Evapotranspiration - oft auch schlicht "Verdunstung" E genannt - ein eigentliches Thema der Meteorologie ist, interessieren sich in zunehmendem Maße Bodenphysiker dafür (siehe z.B. Marshall & Holmes,
1979; Hillel, 1982 ). Der Grund dafür ist ein doppelter: einmal bedarf
jedes Boden-(Pflanze-) Wassermodell ihrer als obere Fluß-Randbedingung. Zum zweiten hängt die (aktuelle) Evapotranspiration von der oberflächennahen Feuchte im Bestand bzw. im Boden ab. Schließlich werden ja auch die Modelle für die Evapotranspiration auf der Grundlage derselben Prinzipien erstellt, die wir für die Modelle für Prozesse im Boden verwenden. Dazu gehören einerseits die Transportgleichungen für die Flüsse "latenter" Wärme LE (d. i. die zur Evapotranspiration verbrauchte Umwandlungswärme) und "fühlbarer" Wärme H (d. h. des Wärmeflusses in der Luft über dem Erdboden) als dynamische Beziehungen, sowie andererseits die Energiebilanz an der Bodenoberfläche, in der
normalerweise auch der Bodenwärmefluß G enthalten ist.
Die Transportgleichungen für die beiden wichtigsten Wärmeflüsse lassen sich über die Mittelwerte der Lufttemperaturen T und der absoluten Luftfeuchten p (bzw. der Wasserdampfdrücke e) wie folgt angeben: Fluß "fühlbarer” Wärme (siehe auch Kap.2 Wärmeleitung):
H
=-1/r, + Alpıcp * T)/Az
(4.17)
Da die Dichte der Luft py, sowie deren Wärmekapazität bei konstantem Druck c, praktisch unveränderlich mit der Höhe sind, vereinfacht sich (4.17) zu:
H = - Urp + pLcp* AT/AZ
(4.17.1)
Evaporationsfluß (als Massenfluß E bzw. Energiefluß LE):
E
= -1r,+Apy/Az = - 1Ur, - Apy/Ae + Ae/Az
(4.18)
114
Boden
LE =-L/r,-Apy/Az = - L/r, + Apy/Ae - Ae/Az
als Reaktor
(4.18.1)
Die r, und r, sind die ärodynamischen Widerstände für die Transportflüsse, L ist die latente Verdunstungsenthalpie des Wassers. Dabei stehen die Beziehungen hier nur für die turbulenten Anteile der Transporte (engl. eddies). Die Energiebilanz an der verdunstenden Boden- bzw. Blattoberfläche lautet unter Vernachlässigung advektiver Anteile: R.+G-(H+LE)=0
(4.19)
wobei R, die "Strahlungsbilanz” oder, genauer, die Netto-Strahlungsenergie ist, die mittels eines Radiometers gemessen werden kann, das im ganzen langwelligen Spektrum empfindlich ist. Zur Berechnung der Evaporation wird nun unterschiedlich vorgegangen, je nachdem ob man eine Fläche (”Punkt"-Verdunstung) oder ein größeres Gebiet im Auge hat: für die Punktverdunstung bieten sich die sog. ärodynamische EnergieBilanzmethode und die Bowen-Verhältnis-Methode an, für Gebiete rechnet man mit modifizierten Penman-Ansätzen. - Die anschließenden Darlegungen folgen im wesentlichen einem Bericht von Braden & v. Hoyningen-Huene (1983).
Ärodynamische Energie-Bilanz-Methode Bei der ärodynamischen Energie-Bilanz-Methode wird die Transportgleichung für den Fluß fühlbarer Wärme (4.17) mit der Energie-Bilanz (4.19) in folgender Weise kombiniert:
LE = -(Rı+G) + pL (To-Ti)/Az/r,
(4.20)
Die Evapotranspiration E wird so aus Nettostrahlung Rı und Bodenwärmestrom G (der seinerseits modelliert oder vernachlässigt werden kann) einerseits sowie der gemessenen vertikalen Lufttemperatur-Differenz andererseits bestimmt. Der ärodynamische Widerstand r,, kann entweder aus der Messung der vertikalen Windgeschwindigkeits-Differenz oder aber aus der Messung einer Windgeschwindigkeit unter zusätzlicher Verwendung der Oberflächenrauhigkeit und der NullpunktVerschiebung des Windprofils berechnet werden. Da die problematische FeuchtTemperatur-Messung entfällt, liefert diese Methode vor allem im Winter zuverlässigere Werte als die Bowen-Verhältnis-Methode, Zeitweise ist eine Begrenzung des Bowen-Verhältnisses nötig.
Wasserhaushalt
115
Bowen-Verhältnis-Methode
Unter Verwendung des Bowen-Verhältnisses B bei Eliminierung dynamischen Widerstände r und r, (Annahme: sie seien gleich !)
B = H/LE = prcp/L-+AT/Apy
= 6$+AT/Ae
der
äro-
(4.21)
]äßt sich die Energiebilanzgleichung für LE wie folgt auflösen:
LE = (R, +G)/(+B)
(4.21.1)
$ = Cp/L- pp - Ae/Apy = 0.66 mbar/K ist die sog. Psychrometer-Konstante. So 1äßt
sich aus Nettostrahlung R., Bodenwärmestrom G und dem aus gemessenen vertikalen Lufttemperatur- und Feuchtedifferenzen berechneten Bowen-Verhältnis B die Evapotranspiration E bzw. LE ermitteln. Allerdings gibt die Methode nicht für alle Temperatur- und Feuchtedifferenzen richtige Werte. Probleme bei der Messung der Differenzen können zu einer zeitweisen Begrenzung des BowenVerhältnisses führen. Methode nach Penman-Monteith
Für die Ermittlung der Gebietsverdunstung nach Penman-Monteith wird die verdunstende Fläche selbst als unteres Niveau gewählt (siehe Abb. 4.30). Deshalb treten in ihrer Bedeutung veränderte Widerstände auf. Insbesondere tritt beim Feuchtetransport ein zusätzlicher Stomata-(oder auch Bestands-) Widerstand r, in Erscheinung, weil der Wasserdampftransport innerhalb der Pflanzen (oder auch innerhalb des Bodens) beginnt. Die Feuchte innerhalb der Blätter 1äßt sich aus deren Oberflächentemperatur T, ermitteln, solange man von Wasserdampfsättigung der Interzellularräume ausgehen kann. Mit dem Sättigungsdampfdruck e,(T,) läßt sich die Wasserdampf-Transportgleichung wie folgt schreiben:
LE =
—L,
T, +F,
Ahw , Cor® Az
Ae
(4.22)
Für den Wärmefluß H gilt entsprechend:
H-
A Th
. LT Az
(4.23)
116
Boden
——
2
Referenzhöhe: ©,, Tz = 'I'1 Sattiggungsdampfdruck e,
1
Niveau der verdunstenden
AZ
n
Oberfläche: ©
e
o
‚T
als Reaktor
o
LLL Abb, 4.30
Zur Indizierung der Dampfdrücke e; bzw. Temperaturen Tj .
Nun läßt sich die Temperatur T, der verdunstenden Oberfläche, deren Messung problematisch ist, ausdrücken mit Hilfe der Ableitung s des Sättigungsdampfdruckes e, nach der Temperatur T:
s
A _ Lr AT -T,
(4.24)
so daß man für den Wärmefluß H erhält:
HE
9L
£Ä;_ss
(4.25)
TpS
Damit ergibt sich das Bowen-Verhältnis
B
H EL
B=
Hon
EL
B _zu
= Ivt.s PLGp.de , e,-6; LS
Tn
Apy
IvtIs,9, Co7E Ih
S
6&
67&
(4.26)
(4.26.1)
117
Wasserhaushalt
B=
H2
D4n 0,q. CorV(eo-e2)}
EL
Tn
(4.26.2)
S
Mit E„, der "isothermen” Evapotranspiration (bei Blatt- = Umgebungstemperatur T, = T) ergibt sich für das Bowen-Verhältnis schließlich:
B =
Mv4L .9.41. EJ/E} T
(4.26.3)
s
bzw.:
B=
D4n .0 .1 E.Es} Th
B
=
s
(4.26.4)
E
F n +r SE $ l [ E'oL P Cp
1 7T
(e,- e2)]
az
(4.26.5)
Eingesetzt in die Energie-Bilanz in der folgenden Form
LE(1+B)
= Rı+G
(4.21.1)
ergibt sich schließlich:
LE{1+
LE=
+r
$
n
s{R
—
Mitr,= r x (r Arn
1
PCp_
°S-E[E-°L 1
1
_n
(e,-e,)1_
az
+G)+—+—pß(&‘ß‘)
+
s
= 1 +
mAHs
a
u
n 5
*
]}—R„+G (4.27)
(4.27.1)
/ 5 erhält man schließlich die von Penman (1948)
entwickelte Formel für die potentielle Evapotranspiration in der Variante von Monteith (1981):
LE=
SBpt© + p Cplee)/(rn.Az) s
+
(L+rJri)6
(4.27.2)
118
Boden
als Reaktor
Es sollte betont werden, daß die Herleitung der obigen Beziehung auf rein physikalischer Basis und unter Verwendung nur weniger Vereinfachungen (keine Advektion, r, = r1) geschah. Als nicht direkt meßbare Größe erscheint lediglich der Bulk-Stomata-Widerstand r,, der von der Morphologie und dem Entwicklungszustand des Pflanzenbestandes abhängt und der die aktuelle Verdunstung zwischen Null und Werten variieren läßt, welche die aus der Energiebilanz zur Verfügung stehende Strahlungsenergie übersteigen kann. Eines der Hauptanliegen neuerer einschlägiger Untersuchungen ist es daher, diese Regelgröße r, zu bestimmen. Hier soll jedoch dieser Gedanke nicht weiter verfolgt sondern vielmehr gezeigt werden, wie man mit relativ geringem Aufwand und einfachen Mitteln schon zu relativ guten Simulationen des Wasserhaushaltes eines bewachsenen Bodens kommen kann. 4.6.6 Der Wasserhaushalt eines Weizenschlages auf Löß-Parabraunerde
Im gewählten Beispiel (Beese et al.,1978) wurde der Boden in 6 unterschiedliche Horizonte - und damit wird das bisherige Konzept homogener Böden durchbrochen - unterteilt. Folgende Annahmen und Vereinfachungen wurden gemacht, die es u.a. erlauben sollten, im Modell mit Randbedingungen auszukommen, die aus Routinemessungen der Wetterämter abzuleiten sind: 1. Anstelle des in Gleichung 4.27.2 verwendeten Ausdruckes für LE bzw. E wurde
hier ein einfacherer Ausdruck,
E
=
f(u)
der auf der Dalton-Gleichung
»
(e s-e2)
E = 0.35- (0.5 + w/161) - (eg - e97)
fußt, verwendet:
(4.28)
(4.28.1)
wobei u die Windgeschwindigkeit bedeutet. 2. Es wurde eine Auftrennung der Wasserhaushaltskomponenten in Evaporation, Transpiration und zusätzlich Interceptionsverdunstung vorgenommen. Die Interceptionsverdunstung wurde aufgrund der Interception der Niederschläge ermittelt und zwar, da sie schwer meßbar ist, aus der maximal möglichen Interception multipliziert mit dem sog. Blattflächenindex BFI. Sowohl die maximale Interception (in Abhängigkeit von der Niederschlagshöhe) als auch der Blattflächenindex (im Verlauf der Vegetationsperiode: beide dargestellt in Abb, 4.31) wurden der Literatur entnommen. 3. Es wurde angenommen, daß keine Evaporation von der Bodenoberfläche stattfand. So wie für den vegetationsfreien Boden die potentielle Evaporation nach Penman sich auf die aktuelle Evaporation durch Multiplikation mit einem empirischen, vom Matrixpotential der obersten Krumenschicht abhängigen Faktor
Wasserhaushalt
reduzieren
119
läßt,
läßt
sich
auch
die
Wasseraufnahme
der
Pflanzen
aus
unterschiedlichen Tiefen und damit die Evapotranspiration reduzieren. Die verwendete Abhängigkeit ist in Abb. 4.32 dargestellt. Diese Funktion wurde für die Zeit des stärksten Wachstums ermittelt. Um der mit der Reife abnehmenden Wasseraufnahme Rechnung zu tragen, wurde im Modell für die letzten 30 Tage vor der Ernte die Transpiration linear auf Null zurückgenommen.
4
I
(mm) 2 -
0
{
Abb. 4.31
4. Der
1
1
30 20 10 0 Niederschlag (mm)
T7
JFMAMJJAS O Monate
Interception als Funktion des Niederschlags und des Blattflächen-Index BFI in Abhängigkeit von der Vegetationsentwicklung, schematisch; nach Beese et al., 1978.
Senkenterm
P(z,t) für den Entzug
durch
die Wurzeln
wurde
dabei
der
relativen Wurzelmassen-Verteiung in Abhängigkeit von der Zeit nachgebildet (siehe Abb. 4.32!). Diese Funktion wurde als Idealisierung verschiedener Verteilungen aus Literaturangaben ermittelt.
Für die Lösung der Wasserhaushaltsgleichung wurde ein explizites finites Differenzen-Verfahren verwendet. Die hydraulischen Parameter wurden anhand von tabellierten Funktionen - w (9) wurde hysteresefrei angenommen - bei der Simulation eingebracht. - Abb. 4.33 zeigt als Ergebnis Vergleiche der mit Tensiometern (max. 800 cm WS) gemessenen und der simulierten Matrix-PotentialProfile (hier als pF-Werte aufgetragen) zu verschiedenen Zeitpunkten während der
120
Boden als Reaktor
1.0 -
0
akt.
Märg-
;:{_
Mei
Entzug
30
05-
April
“
Tiefe
Juni-August
60
0.0
{
0
'
1
12
3 pF
90
1
4
5
cm
'
]
}
0
.2
.4
1
6
1
.8
1.0
relative Durchwurzelung
Abb.4,32 Relativer Wasserentzug der Wurzeln in Abhängigkeit vom Matrixpotential und relative Durchwurzelung in Abhängigkeit von Tiefe und Zeit für einen Weizenschlag auf Löß-Parabraunerde (nach Beese et al., 1978),
Vegetationsperiode. Wie man sieht, zeigen die simulierten Verläufe eine zumindest
für viele praktische Belange ausreichende Übereinstimmung mit den Messungen. Verbesserungen sind nur durch meist beträchtliche Erhöhung des Aufwandes zu er-
reichen. Ob ein solcher wirklich lohnt, kann nur aufgrund sorgfältiger Abschätzung
0
20
_-
40
—
60
}
Z(cm) 80
100 Abb.4.33
2.0 14 Mai
F
Lo
Vergleich simulierter (Linien) mit gemessenen Werten (Punkten) zu drei verschiedenen Terminen während
der Vegetationsperiode eines Weizenbestandes auf einer Löß-Parabraunerde (nach Beese et al., 1978),
Wasserhaushalt
121
der für ein Problem erforderlichen Genauigkeit sowie unter Berücksichtigung der
flächenmäßigen Heterogenität entschieden werden.
Es müßte eigentlich überraschen, wie relativ gut sich der Wasserhaushalt unserer
Ackerböden durch rein deterministische Modelle darstellen 1äßt. Bewirtschaftung
und Niederschlagsverteilung lassen die Böden als hinreichend homogen erscheinen. Doch das ist nicht allgemein der Fall. Auf die Berücksichtigung der Heterogenität wird in Abschnitt 6.4 eingegangen.
4.7 Literatur
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Experimental Verification. - Water Resour. Res. 2, 455-467
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Bierhuizen, J.
F. & R. O. Slatyer, 1965:; Effect of Atmospheric Concentration of
Water Vapor and CO, in Determining Transpiration-Photosynthesis Leaves. - Agric. Meteorol. 2, 259-270
in Cotton
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S. Mayhugh,
1958:
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Diffusion
Equation for the Movement of Water in Soil. - Soil Sci. Soc. Am, Proc. 22, 197-202 Hillel, Daniel, 1982: Introduction to Soil Physics.
- Academic Press, New York
Kronjäger, W., 1986: Verfahren zur numerischen Behandlung eines nicht-linearen parabolischen Differentialgleichungproblems aus der Bodenkunde, - Diplomarbeit im Fach Mathematik, Universität Hannover
122
Boden als Reaktor
Marshall, T.J., and J.W. Holmes, Press, London
1979: Soil Physics.
- Cambridge Universisty
Monteith, J. L., 1981: Evaporation and Surface Temperature. Soc.107, 1-27
- Quart. J. R. Met.
Penman, H. L., 1948: Natural Evaporation from Open Water, Bare Soil and Grass, Proc. Roy. Soc., London, A193, 120-146 Ploeg, R. R.van der , F. Beese, O. Strebel & M. Renger ‚ 1978: The Water Balance of a Sugar Beet Crop: a Model and some Experimental Evidence., - Z. Pflanzenern. Bodenkde. 141, 313-328 Remson, I., G. M. Hornberger & F. J. Molz, 1971: Numerical Subsurface Hydrology. - Wiley, N. Y., London, Sydney & Toronto Renger, M., H. Voigt, O, Strebel & W. Giesel,
Methods
in
1974: Beurteilung bodenkundlicher,
kulturtechnischer und hydrologischer Fragen mit Hilfe von klimatischer Wasserbilanz und bodenkundlichen Kennwerten: 2. Einfluß des Grundwassers auf die Wasserversorgung der Pflanzen. - Z. Kulturtechnik & Flurber. 15, 206-221
Richter, J., 1980: A Simple Numerical Solution for the Vertical Flow Equation of Water Through Unsaturated Soils. - Soil Sci. 129, 138-144 Wind, G. P.,
& W. van Doorne,
1975: A Numerical Model
for the Simulation of
Unsaturated Vertical Flow of Moisture in Soils. - J. Hydrol. 24, 1-20
5 Stoffhaushalt des Bodens
5.1 Einleitung 5.1.1
Bedeutung der "Stoffe”" im Boden
Während Wasser und Sauerstoff als Pflanzennährstoffe im weiteren Sinne des Wortes gelten mögen, stellen Ionen wie NO3-, HPO42- und K+ die eigentlichen Pflanzen-Nährstoffe dar. Leichtlösliche Stoffe und Salze werden zwar dementsprechend direkt von den Pflanzenwurzeln aus der Lösungsphase aufgenommen, aber auch mit den Niederschlägen während des Winters und zeitigen Frühjahrs in größere Bodentiefen verlagert oder gar ausgewaschen. Sie gelangen damit in Tiefen, die den Pflanzenwurzeln unerreichbar sind und schließlich bis ins Grundwasser. Schwerlösliche Salze oder Ionen, die in physikalischer Wechselwirkung mit der Bodenmatrix stehen, zeigen zwar ein vermindertes Auswaschungsrisiko, gelten dafür aber auch wegen der damit verbundenen geringen Lösungskonzentrationen als weniger pflanzenaufnehmbar, weniger "pflanzenverfügbar”. Die unterschiedlichen Nährstoffe bzw. -Ionen unterliegen außer dem Pflanzenentzug im Boden noch vielen weiteren Prozessen. So können sie neu gebildet werden, z.B. durch "Mineralisierung” aufgrund der Verwitterung des Mineralkörpers oder des Abbaus der organischen Substanz. Die mikrobielle Mineralisierung ist stets mit einer mehr oder minder starken Immobilisierung (Einbau in Mikroben-Masse) verbunden, Ein Teil der Nährstoffe wird bei der Mineralisierung in gasförmige Endprodukte überführt, die in die Atmosphäre entweichen, der Pflanze als Nährstoff verlorengehen können. Aber nicht nur Nährionen gilt es zu berücksichtigen: Pflanzenbehandlungsstoffe wie Pestizide und Wachstumsförderer sowie organische und anorganische Schadstoffe bei letzteren vor allem Schwermetall-Ionen - gelangen im Zuge der Industriealisierung und Intensivierung der Landwirtschaft in zunehmendem Maße in den Boden. Ihr Verhalten läßt sich grundsätzlich mit dem gleichen methodischen Rüstzeug behandeln wie das der Nährstoffe und soll hier beispielhaft ebenfalls vorgestellt werden. 5.1.2_Erweiterung der Transportmodelle
Alle unter 5.1.1 erwähnten, mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten ablaufenden Prozesse müssen bei der Modellierung der Stoffhaushalte in geeigneter Weise Berücksichtigung finden. Dadurch kann die modellmäßige Beschreibung sehr
aufwendig werden. Aber abgesehen davon, daß es quantitativ betrachtet, meist nur
124
Boden als Reaktor
auf einige wenige wesentliche Prozesse ankommt, wird der rein rechnerische Aufwand solcher Modelle hauptsächlich durch das Wassertransport-Modell bestimmt, mit dem die Stoffmodelle zu koppeln sind. Gegenüber den Kapiteln 2 bis 4, die sich im wesentlichen auf Transport-Modelle beschränkten, kommt zunächst bei der Modellierung der Stoff-TransportPhänomene selbst die Kopplung der Flüsse in sog. Überlagerungs-Ansätzen hinzu: Wasser oder Salze fließen nicht nur aufgrund des eigenen Potential-Gradienten, sondern werden zusätzlich angetrieben (durch Temperatur- und) durch die Potentialgradienten der jeweils anderen Komponente (also das Wassser auch durch Salz-Potentialgradienten). Hierzu werden in Abschnitt 5.4.1 zwei unterschiedliche Arten von Ansätzen zur Beschreibung der Flußkopplung vorgestellt. - Neu sind außerdem die Ansätze für die verschiedenen physikalischen und chemischen Reaktionen. Entsprechend ihrer Bedeutung wird ebenfalls in speziellen Abschnitten auf sie eingegangen.
5.2 Phänomene
Die vielfältigen Prozesse wie Mineralisation, Immobilisierung, Austausch, Lösung und Fällung und nicht zuletzt Düngung und Pflanzenentzug schlagen sich alle in der Ausformung der Zeit- bzw. Tiefenverteilungen der fraglichen Komponenten nieder. Wegen dieser Vielfalt ist es nur noch bedingt möglich, "typische" Profile
zur Charakterisierung bestimmter Prozesse unter Feldbedingungen heranzuziehen,
Trotzdem soll das hier für einige Ionen hinsichtlich einfacher, überschaubarer Verhältnisse versucht werden. 5.2.1
Verlagerung nicht-wechselwirkender Ionen im Winter
Als erstes Beispiel betrachten wir die Verlagerung von Chlorid über Winter in einer Parabraunerde aus Löß. Da Cl- praktisch keine Wechselwirkung mit dem Boden eingeht, bleibt die Größe der Peakfläche während der Verlagerung in die Tiefe konstant. Das Chlorid möge aus einer Herbstdüngungs-Maßnahme stammen. Als Abszisse ist, wie oft in solchen Darstellungen, die Chloridkonzentration in der Bodenlösung aufgetragen. Günstiger wären jedoch Konzentrationsangaben bezogen auf das Bodenvolumen, weil dann die Anderung der Lagerungsdichte mit der Tiefe ohne Einfluß auf die Flächen unter den Profilen bliebe: diese müssen bei nichtwechselwirkenden Ionen als Ausdruck für die Bilanz konstant bleiben.
Stoffhaushalt
125
0
10
CCI‘
0
30 ppm
T
40
T
[-
z
Dezember
ban
80
Februar
120
*
cm
|°
Abb. 5.1
5.2.2
20
April p
Verlagerung von Chlorid über Winter in einem "homogenen” Lößboden.
Verlagerung wechselwirkender Ionen über Winter
Im Gegensatz zu Chlorid verringern sich beim Kalium die von den Tiefenverteilungen eingeschlossenen Flächen bei der Verlagerung über Winter als Zeichen der starken Wechselwirkung mit dem Boden. C K+ 0
10
20
30
}
T
I
($) 40
FA
ppm
Dezember
"\ / Februar 80 April 120 cm
Abb. 5.2
_ Verlagerung von Kalium über Winter in einem homogenen Lößboden,
126
Boden als Reaktor
Nitrat-N weist bei seiner Verlagerung über Winter keine nennenswerte physikalische Wechselwirkung mit dem Boden auf, würde deshalb also ein ähnliches Verlagerungsmuster erwarten lassen wie Chlorid, wenn im Herbst gedüngt würde. Im Herbst und im zeitigen Frühjahr trägt jedoch die Mineralisation aus organischer Substanz zu einer Anreicherung von Nitrat-N bei. Entzug durch Pflanzen (z.B. Wintergerste) würde die Verhältnisse weiter komplizieren. Dementsprechend kann die zeitliche Entwicklung der Nitrat-N-Profile über Winter schon unter relativ einfachen Fruchtfolge-Dünge-Verhältnissen unübersichtlich werden (Beispiel siehe
Abb. 5.3).
Gegen Sommer kommt die Tiefenverlagerung mit dem Wasser mehr oder weniger zur Ruhe und die Nährstoff-Peaks flachen aufgrund des Entzuges durch die Pflanzen ab. Nach der Getreideernte kommt es im Oberboden zu einer erneuten Peak-Ausbildung aufgrund der Mineralisation.
Crn 0
10
0
40 VÄ
-
NO 3 -N
T
20
30
T
T
ppm
| a
Dezember
50
März
120 cm
Abb. 5.3
-
Mai
Zeitliche Veränderung der Nitrat-N-Profile über Winter in einem homogenen Lößboden,
Diese wenigen Beispiele mögen genügen, die mögliche Vielfalt der Zeit-TiefenVerteilungen von Ionen-Konzentrationen im Boden vor Augen zu führen. Wie bei der Betrachtung einzelner Luftkomponenten hängen die tatsächlichen, auf das Bodenvolumen bezogenen Konzentrationen cg natürlich vom Wassergehalt 0 des
Stoffhaushalt
127
Bodens ab, d.h. es gilt allgemein, unter Einschluß möglicher Wechselwirkungen mit der Festphase: cCB:
9:C
+
Pp'S
(5.1)
wobei € die auf das Lösungsvolumen und s die auf die Matrix bezogene Konzentration des betrachteten Nährstoffes bedeutet, p ist die Lagerungsdichte des Bodens.
Da die Transportflüsse der löslichen Ionen im wesentlichen durch die Kopplung an
den Wasserfluß bestimmt werden, hängt die Auswaschung stark davon ab, wieviel Nährstoffe das in Tiefen über 1 m transportierte - und damit den Pflanzen i.a. nicht mehr zugängliche - Wasser enthält. Neben der Körnung beeinflussen Höhe und Termin der Düngung die Auswaschungsrate entscheidend. Grundsätzlich können natürlich auch im Spätsommer und Herbst mineralisierte Nährstoffe, speziell Stickstoff, der Auswaschung anheimfallen. Mineralisationsprofile, d.h. die Tiefenabhängigkeiten der Mineralisation, entsprechen als Ausdruck der biologischen Aktivität nahezu den CO„-Produktions- bzw. O;-Konsumtionsprofilen. Austausch-, Adsorptions- und Desorptionsprofile hängen von der Tiefenverteilung der Austauscher-Eigenschaften der Bodenmatrix einerseits und von der Verteilung von Düngung, Niederschlag und Pflanzenentzug andererseits ab.
Nährstoffaufnahmeprofile variieren stark mit der Wurzelentwicklung und daher bei einjährigen Kulturen stark mit der Jahreszeit, Für leichtlösliche Salze wie für Nitrat entsprechen sie weitgehend den Wasserentzugsprofilen. Für mit der
Bodenmatrix wechselwirkende Ionen wie Kalium und schwerlösliche wie Phosphate
beeinflußt neben der möglichen Nährstoffanreicherung im Oberboden aufgrund der Düngung die Bodenfeuchte stark die Pflanzenaufnahme. Das ist besonders dann von Bedeutung, wenn der Transport zur Wurzel überwiegend über Diffusion erfolgt.
5.3
Parameter des Stofftransportes
In unserem humiden Klimabereich verlagert sich eine Nährstoff-Anreicherung (Nährstoff-Peak) über das Winterhalbjahr konvektiv mit dem Niederschlagswasser in größere Bodentiefen. Dabei verbreitert sich der Peak aufgrund der dispersiven Eigenschaften des Fließmediums in der Bodenmatrix. Die Wechselwirkung der gelösten Komponente mit der Bodenmatrix bzw. die Beteiligung an im Boden ablaufenden chemischen Prozessen bringt es mit sich, daß bestimmte Anteile der Komponenten zumindest zeitweilig in eine andere Phase oder eine andere Verbindung übergehen. Anders gesagt: unterliegt die Komponente im Boden
128
Boden als Reaktor
physikalisch-chemischen Umsetzungen, muß die lokale Bilanz diese Umsetzungen einschließen. Die Kopplungsparameter für die Transporte und die Wechselwirkungs- bzw. Reaktionsparameter für die Umsetzungen werden wegen ihrer Bedeutung in den separaten Abschnitten 5.4 und 5.5 eingeführt und erläutert. Zunächst soll jedoch kurz auf den sog. Dispersionskoeffizienten Dg einerseits und die bekannten physikalischen Wechselwirkungs-Parameterfunktionen, die sog. Quantitäts-Intensitäts-Beziehungen, andererseits sowie den daraus abzuleitenden spezifischen Speicherfähigkeiten C eingegangen werden.
Am einfachsten läßt sich die physikalische Bedeutung des Dispersions-Koeffizienten für den Fall einer nicht mit der Bodenmatrix wechselwirkenden Komponente darstellen. Dabei hat die Dispersion zwei Ursachen: die eine beruht darauf, daß die Lösung ein kompliziertes poröses Medium durchströmt. Die dadurch bedingte Geschwindigkeitsverteilung des durchströmenden Wassers führt zu einer von der mittleren Porenfließgeschwindigkeit vp abhängigen Peak-Verbreiterung, der eigentlichen hydrodynamischen Dispersion. Außerdem trägt die Eigenbewegung der gelösten Teilchen zur Dispersion bei: die Diffusion allein würde den Peak auch bei ruhendem Trägermedium Wasser zersteuen, verbreitern. - Dementsprechend läßt sich der sog. scheinbare Dispersions-Koeffizient Dg aufspalten in einen Fließgeschwindigkeits-abhängigen Anteil und einen geschwindigkeitsunabhängigen Anteil, im einfachsten Fall also in einer linearen Kombination (Bear, 1972; siehe auch analoge Definition 3.44 !):
D; = = Darin ist:
0(1/t-Dy 0:171.D,
+
v +
D w
(5.2) D,
1/ %
- die sog, Kontinuität (dimensionslos)
D
- der scheinbare Diffusionskoeffizient in freier Lösung (abhängig von den
D, Ya
Umgebungsbedingungen wie Temperatur, Bodenfeuchte, etc.; cm2fl‘ag) der sog, Dispersionsfaktor (cm) und die mittlere Porenwassergeschwindigkeit (= q,/9: siehe folgenden Abschnitt 5,4.1; cm/Tag)
Entsprechend gilt für den sog. effektiven Dispersionskoeffizienten Dg für den Fall, daß © unabhängig von der Tiefe ist (wie bei der Herleitung von (3.7)):
Dp = DJ/O = Vt-Dy
+ vp D,
(5.2.1)
Stoffhaushalt
129
Für vernachlässigbare Porenfließgeschwindigkeiten v, ergibt sich dann ein Ausdruck für Dg, der wieder analog zu den entsprechenden Ausdrücken beim Gastransport 3.8 bzw. 3.44.1 ist. - D,, der Dispersionsfaktor (nach Scheidegger, 1957, die geometrische Dispersivität) ist annähernd dem mittleren Durchmesser der Aggregate anzusetzen (Bear, 1972), bei aggregierten Lößböden also in der Größenordnung einiger cm. Für südniedersächsische Lößböden mit Werten für die
Feldkapazität von = 0.35 Volumenanteil ergibt sich bei mittleren winterlichen
Niederschlägen von = 2 mm/Tag (v, = 0.6 cm/Tag), mittleren D, = 2 cm, !/t = 0.2, D = 2 cm2Y/Tag: Dg = (0.2:2
+
0.6-2)cm?Tag
= 2 cmYTag
Wie beim Gastransport im Boden !/zx vom Luftgehalt des Bodens abhängt, so hängt hier 1/z vom Wassergehalt ab. Im Bereich der Feldkapazität ändert sich die
Kontinuität nicht sehr stark und ihr Einfluß ist, wie man dem vorstehenden Beispiel entnehmen dominiert.
kann,
nicht sehr groß,
solange
die hydrodynamische
Dispersion
trix_in physnkahscher Wechselwirkung stehen; spezifische Speicherfähigkeit B
Bei Komponenten, die wie Wasser mit der Bodenmatrix in physikalische Wechselwirkung treten, d.h. mehr oder weniger stark an der Oberfläche der festen Phasen gebunden werden können, spielen die sog. Quantitäts-Intensitäts-
Beziehungen - kurz Q-I-Relationen genannt - als Austausch- oder Ad- bzw.
Desorptions-Isothermen die gleiche Rolle wie die Wasserspannungskurve beim Bodenwasser. Hier sollen beispielhaft einige typische Q-I-Beziehungen in der Form erwähnt werden, wie sie in der Literatur beschrieben sind. In Abschnitt 5.5.5 und 5.6 wird darauf noch einmal eingegangen. Das erste Beispiel stellt das Boden-Charakteristikum für Kalium dar, welches in tonhaltigen Böden in erster Linie gegen Calcium ausgetauscht werden kann. Die KCa-Austausch-Isotherme
ist hier in der bekannten Form
(nach Beckett, 1964) für
einen "Lower Greensand" angegeben (Abb. 5.4). Die Abszisse zeigt das AktivitätenVerhältnis (AR = activity ratio nach Schofield, 1947) als das die Austauschenergien bezeichnende Intensitätsmaß, die Ordinate enthält die sorbierten Quantitäten: positive AK bedeuten Adsorption, negative Desorption. Bei AR, herrscht Gleichgewicht: es wird weder Kalium ad- noch desorbiert.
130
Boden als Reaktor
*1
-
.01
1L
Abb. 5.4
Für
Ammonium
‚02
AR,
‚03
AR Tm
K-Ca-Austausch-Isotherme nach Beckett, 1964,
sähe,
wegen
seiner
Ähnlichkeit
für einen "Lower Greensand”.
mit
dem
Kalium,
die
Aus-
tauschisotherme praktisch identisch aus. - In der folgenden Darstellung (Abb. 5.5) wird auf die inhaltliche wie formale Anologie der Ka-Ca-Austausch-Isotherme mit der sog. Wasserspannungskurve (siehe Abb. 4.14 !) abgehoben: auf der Abszisse sind jeweils die Potentiale (für die Ad- bzw. Desorption beim Wasser, für den Austausch K —— Ca beim Kalium), auf der Ordinate die Veränderungen der sorbierten Mengen pro Massen- bzw. Volumeneinheit Boden aufgetragen. Dabei 1äßt sich für Kalium ähnlich wie für Wasser eine nutzbare Kalium-"Kapazität" nK in Analogie zur nutzbaren Feldkapazität nFK des Wassers definieren als die pro Bodenmengeneinheit speicherbare Kaliummenge zwischen Gleichgewichts-AR (= AR,, entsprechend dem pF-Wert bei Feldkapazität) und einem Grenzwert ARg, bei dessen Unterschreitung die Pflanzen der Bodenlösung kein Kalium mehr entziehen können. - Auch die Interpretation der Wasserspannungskurve zur Charakterisierung der Porenvolumen-Verteilung hat ihr Gegenstück in der Verwendung der K-Ca-Austauschkurve zur Charakterisierung der KAustauschpositionen.
Stoffhaushalt
131 —
DF = — I9 Ym
—1
0
1
myat_10 ——
1
1
2
{
1
8
N
\
6
K
4
R
2
5 1
1
PWP
-5 .4
\
\
.3
nFK —
N
D
EsP
dA/dt
= -k.Ar
(5.49)
In der folgenden Abbildung 5.14 sind für Reaktionen 0. bis 3, Ordnung die differentiellen Veränderungen dA/dt über der Konzentration A des Ausgangssub-
—> l 0
[A ]
$3\ °
diA] ala dt
1
\\ N [A,] «
V—>
—.
Abb. 5.14
Vergleich von Reaktionen unterschiedlicher Ordnung anhand von dA/dt und A(t)/Ao (die Ziffern bezeichnen die Reaktionsordnung, t die Halbwertzeit bei Reaktionen
1.0.),
Stoffhaushalt
149
strates sowie
die Konzentrationsänderungen
A mit der Zeit t dargestellt. Für
weitergehende Studien, insbesondere auch zur Analyse der Reaktionsordnung, sei
auf Lehrbücher zur physikalischen Chemie bzw. zur Reaktionsdynamik (z.B. Laidler, 1981) verwiesen. - Wie schon eingangs erwähnt, laufen alle wirklichen Reaktionen nicht etwa als einfache einstufige Elementarreaktionen ab. Die nächsten beiden Abschnitte sind daher der Beschreibung von Komplexreaktionen gewidmet.,
5.5.3
Ein besonderer Fall: Reaktionen 2, Ordnung mit sigmoidalem _ Verlauf
Von großer Bedeutung im Bereich biochemischer Umwandlungen und aller Wachstumsprozesse sind solche einfachen Reaktionskinetiken, die auch relativ komplexe Vorgänge hinreichend genau beschreiben. Dabei spielt der sigmoidale Verlauf des Umsatzes - erst langsames Ansteigen des Umsatzes, dann zunehmend schnellerer und schließlich wieder abflachender Umsatz - eine entscheidende Rolle, Der einfachste, häufig für auto-katalytische Reaktionen verwendete Ansatz geht davon aus, daß die Umsatzrate proportional zur Substratkonzentration A und zur momentanen Produktkonzentration P.ax-A ist, wenn Puax die maximal erreichbare Produktkonzentration ist. Also kann man für den Umsatz A—>P den folgenden Ansatz verwenden:
-dA/dt = dP/dt = K-A-(Ppnax-A).
(5.50)
Die Lösung dieser Differentialgleichung ist auf analytischem Wege möglich:
A = Panax* {1 + e Pmax k(t-0)}-1,
(5.51)
worin z die Zeit ist, bei der dei Hälfte von A zu P umgesetzt ist. Analog ergibt sich für die Konzentration P:
P = Pyax* € Pmax k(t) . {1 + e Pmax k(t-9)}-1,
(5.51.1)
Der prinzipielle Verlauf von A(t) und P(t)ist in Abb, 5.15 dargestellt. - Zum Vergleich ist der analoge Ansatz aus der Populationsdynamik in den folgenden Formeln und im Verlauf (Abb. 5.16) als Beispiel für ein begrenztes Wachstum dem unbegrenzten exponentiellen Wachstum gegenübergestellt. Mit der Individuenzahl N 1äßt sich das exponentielle Wachstum wie eine Reaktion 1. Ordnung formulieren:
150
Boden als Reaktor Pmax
A
P/2=A/2
P 0
T Abb. 5.15
—————
}
Verlauf autokatalysierter Reaktionen (Erläuterung im Text).
dN/dt = r-N
(5.52)
——4 z
wobei r Wachstumsrate genannt wird. Die sog. logistische Wachstumskurve für begrenztes Wachstum (nach Verhulst-Pearl ) folgt folgender Differentialgleichung:
Abb. 5.16 Exponentielle und "logistische” Wachstumskurve (Erläuterung im Text)
Stoffhaushalt
151
aN/dt = r-(K-N/K-N,
(5.53)
wobei K die Aufnahmekapazität des Ökosystems für die betreffende Spezies darstellt. - Zum Verständnis dieser Gleichung sei folgendes hinzugefügt: exponentielles Wachstum mit konstantem Wachstums-Koeffizienten r ist nur über relativ beschränkte Zeit möglich. Realistischer ist ein Ansatz, bei dem der WachstumsKoeffizient r von der momentanen Individuenzahl N abhängt. Mit dem WachstumsKoeffizient als Differenz aus Geburten-Koeffizient b und Sterbe-Koeffizient d r=b-d
N
(5.54)
ergibt sich nun im einfachsten Fall die Abhängigkeit von der Individuenzahl N in folgender Weise: b=
b
-kbN
d=
d + KkdN,
(5.55.1)
und
(5.55.2)
d.h., b nimmt mit zunehmender Populationsdichte linear ab und d entsprechend zu, aN/dt = 0 liefert dann durch b = d die Aufnahmekapazität K des Okosystems unter den gegebenen Bedingungen mit
K = (by-d)/(kb +Kd).
(5.56)
Unter Verwendung dieses K und vonr = bh, - d, ergibt sich dann die logistische Wachstumsgleichung 5.53. - Die Gleichungen 5.50 und 5.53 gehen ineinander über,
wenn Pax = K,
5.5.4
A=Nund k = r/K gesetzt wird.
Komplexreaktionen in homogenen Systemen
Zunächst sei als Vorbemerkung das sog. Prinzip des detaillierten Gleichgewichtes erwähnt: ist in einem System gleichzeitig Hin- und Rückreaktion gemäß A«sP möglich, so bedeutet das Prinzip die Gleichheit der mikroskopischen Wege für die Hin- und die Rückreaktion, d.h. also auch den gleichen aktivierten Komplex. Nur so kann bei Erreichen des makroskopischen chemischen Gleichgewichts das System
152
Boden als Reaktor
Reversible Reaktionen: Elementarreaktionen sind irreversibel. Zu möglicherweise reversiblen Reaktionen in der Nähe des thermodynamischen Gleichgewichtes gelangt man, indem man die jeweils gegenläufige Reaktion mitberücksichtigt. Tatsächlich laufen viele natürliche oder experimentell gesteuerte, aber auch großtechnisch genutzte chemische Produktionsprozesse gleichgewichtsnah ab. Hin- und Rückreaktion brauchen dabei nicht die gleiche Reaktionsordnung zu haben. Als Beispiele seien folgende einfache Fälle genannt: 1)
AsP
dA/dt = -dP/dt = -k,-A + k,-P,
(5.57)
worin k, die Geschwindigkeitskonstante der Hin-, k, die der Rückreaktion ist. Ist die Summe der molaren Konzentrationen wiederum konstant, gilt also A+P=
A,
dann läßt sich die Produktbildung auch durch
dP/dt = k,-(A,-P)
- k,-P
(5.58)
beschreiben. Im Gleichgewicht verschwindet der Umsatz. Daraus ergibt sich eine Beziehung zwischen der Gleichgewichtskonzentration P.., (bei t— °0) und den beiden Geschwindigkeits- bzw. Reaktionskoeffizienten k, und k,:
dP/dt = 0 = kı-(A, -P.) Pa = kılkı+k)-A,
- kı
P (5.58.1)
oder, nach k, aufgelöst:
kı = Kı (Ag - Poo)/Poo.
(5.58.2)
Setzt man diesen Ausdruck in die Gleichung 5.58 anstelle von k, ein, so erhält man:
dP/dt = kı - AyP-(P..-P)
(5.59)
Stoffhaushalt
153
Die Analogie zur Gleichung dP/dt = k(A,-P)
(5.41)
liefert sofort die Lösung
P = Pa
2
(1-e-A0Po + kzt)
(5.60)
A+A—>P dA/dt = -kı-A? + k,-(A,-A)
(5.61)
Hierin ist wieder P durch A,-Aersetzt worden, Diese Differentialgleichung 1äßt sich nur auf numerischem Wege lösen. Ist das System offen, dann entfällt natürlich die Bedingung für die Massenerhaltung.
Simultanreaktionen:
Bei Simultanreaktionen setzt sich eine Komponente auf mehreren verschiedenen Wegen gleichzeitig um: A
—
A —
P1
P, etc,;
was sich in der Reaktionsdynamik wie folgt niederschlägt: dA/dt
=
'k1‘A
- k2‘A
-(kı+K))-A
(5.62)
Reaktionsfolgen (Kettenreaktionen): Eine andere Komplikation in der Reaktionsdynamik stellen ein oder mehrere Zwischenprodukte zwischen Reaktanden und Produkten dar. Für den einfachsten Fall zweier aufeinanderfolgender irreversibler Reaktionen 1. Ordnung
154
Boden als Reaktor
AB
P
lassen sich die Reaktionsgleichungen wie folgt angeben:
1) 2) 3)
dA/dt = -k,-A dB/dt = +kı-A - k,+B dP/dt = +k,-B
Die Konzentration des Zwischenproduktes B läßt sich wieder bestimmen, wenn Ay=
A+B+P
ist. Kombination der Lösung für die Gleichung 1) mit der Gleichung 2) gibt:
dB/dt + k,-B = kı-A,-e-kt
(5.63)
Die Lösung für diese lineare Differentialgleichung gewinnt denjenigen, die bislang in diesem Abschnitt behandelt wurden:
man
analog
B = ky/(Ko-ky)- A, -(e-kıt-e-kt)
(5.64)
Für diese Reaktionsfolge sind offenbar zwei extreme Fälle interessant (Abb., 5.17):
LA 7
7
[P]
[P] c
T
[A]
0
B]
—> Abb, 5.17
[A]
I
[B]
—
[
Verlauf von einfachen Kettenreaktionen für zwei Extremfälle (Erläuterung im Text),
zu
Stoffhaushalt
155
k,»Kkj:
Das Zwischenprodukt hat praktisch keine Bedeutung, das System verhält sich so, als ob A —> P direkt umgesetzt würde.
kı «&
B akkumuliert sich im System, das Produkt zeigt einen betonten Induktionsverlauf: die Bildung von P hinkt deutlich hinter dem
schwinden von A hinterher.
Ver-
Stationäre Kettenreaktionen:
Eine mögliche Vereinfachung für Kettenreaktionen ergibt sich bei Annahme von stationärer bzw. quasistationärer Konzentration des Zwischenproduktes B. Tatsächlich verlaufen viele komplexe Reaktionen über instabile Zwischenprodukte,
die in verschwindend kleinen Konzentrationen vorliegen, Nehmen wir als Beispiel wieder:
A
+ B>P.
Für das Zwischenprodukt B sei nun Fließgleichgewicht bzw. ein stationärer Zustand angenommen (Fließgleichgewicht unterscheidet sich insofern vom Gleichgewicht, als sowohl irreversible Transportvorgänge als auch reversible UmwandlungsVorgänge im System ablaufen können): dB/dt = ki-A-k-B=0
(5.65)
was sofort zu Bz=
k1/kz‘
Az
k1/k2*
Ao°
e-kjt
(5.66)
führt. Um die allgemeine Lösung 5.64 für das Zwischenprodukt B auf diese Lösung zurückzuführen, sind offenbar folgende Bedingungen zu erfüllen: k,
»ik
diese Bedingung ermöglicht, im Nenner k, gegenüber k,y zu vernachlässigen. Wie schon früher festgestellt bedeutet dies, daß die Konzentration B _verschwindend klein im Vergleich zu den Konzentrationen der stabilen Reaktionsteilnehmern bleibt.
t»1/k;:
diese Bedingung führt die beiden Gleichungen vollends ineinander über, Diese Bedingung bedeutet, daß genügend Zeit verstreichen muß, bis das Zwischenprodukt B in ein Fließgleichgewicht bzw. in ein Quasigleichgewicht mit den stabilen Reaktionsteilnehmern übergegangen ist,
156
Boden als Reaktor
Quasistationarität mit dB/dt
=
heißt nicht, daß
0
die Konzentration
B
während
der Gesamtdauer
tatsächlich konstant bleibt, sondern heißt vielmehr, daß bei
kı-B
der
Reaktion
»® kı-A - dB/dt
dB/dt vernachlässigbar gegenüber k, - A bleibt, B sich also nur langsam ändert.
5.5.5
Heterogene Reaktionen
(Wechselwirkungen mit Oberflächen der Festphase)
Während bei allen chemischen Umsetzungen,
die alle stark irreversibel ablaufen,
der zeitliche Verlauf eine wichtige Rolle spielt, verlaufen die vorwiegend physikalischen Wechselwirkungen an den Oberflächen fester Phasen im allgemeinen so schnell, daß fast ausschließlich die gleichgewichtsnahen Zustände zu beschreiben sind. Von allen diesen in heterogenen Systemen anzutreffenden Wechselwirkungen haben jene die größte Bedeutung, welche durch die sog. Langmuir-AdsorptionsIsotherme dargestellt werden. Dabei handelt es sich um eine sog. unspezifische Sorption von Molekülen oder Ionen an Oberflächen. Unspezifisch bedeutet hier, daß alle Sorptionsplätze gleich sind. Eingeschränkt wird diese Gleichheit allerdings dadurch, daß die Anzahl der zu besetzenden Plätze durch die verfügbare Oberfläche begrenzt wird. Deshalb zeigen Langmuir-Adsorptions-Isothermen charakteristische Sättigungsphänomene. Langmuir-Adsorption Bezeichnet man mit S das reagierende Substrat (Moleküle bzw. Ionen; Konzentration in Lösung c) und mit A die reaktiven Orte an der Oberfläche des
Adsorbers (z.B. auch eines Enzyms, eines Austauschers; Konzentration bezogen auf
Festsubstanzmasse s), so gilt für reversiblen Umsatz A
+
S>
AS
für die Hinreaktion Adsorption:
ds/dt =
k,- c-{(1-8)-n-a},
(5.67)
Stoffhaushalt
157
wenn a die Konzentration Adsorber in Masseeinheit Boden pro Volumeneinheit Lösung (= p./9), S& den Anteil besetzter, 1-5 den Anteil nichtbesetzter Plätze an der
Gesamtplatzzahl auf der Adsorberoberfläche und n die Adsorptionskapazität (z.B.
in mäq/100g Adsorber bzw. Boden) bedeutet; entsprechend ist ön = s die Konzentration der adsorbierten Komponente in derselben Dimension wie n.
Formal beschreibt (5.67) eine Reaktion 2. Ordnung, da (1-8) na die Konzentration der nicht adsorbierten Plätze (mäq) pro Volumeneinheit Lösung bedeutet. Entsprechend kann man die Rückreaktion als spontane, unimolekulare Zerfallsreaktion 1. Ordnung auffassen:
Desorption:
ds/dt = -k, -{ö-n-a}
= -k,-s-a
(5.68)
Der reversible Umsatz
ds/dt
=
{kj-
c-(1-5)
- k,- 8})-n-a
(5.69) .
verschwindet nun bei Gleichgewicht, das im allgemeinen schnell erreicht wird:
ds/dt = 0:
8/(1-5)
= kılkz-c
= K-.c=
d
(5.70)
K ist das Verhältnis der Reaktionskoeffizienten für Hin- und Rückreaktion. c,, der Kehrwert
von
K,
wird
als
Affinitätskonstante
nachfolgenden Interpretation klar werden mag. vielbenutzte Auflösung nach 8 angegeben werden: $
=
(1-5)-K.c= K.c
5
=
Ke/(1+Kce)
8
=
el
+ dV/c,)
=
bezeichnet,
was
aus
der
- Zuvor soll jedoch noch die
-8-K-.c
c/(c, + €)
(5.70.1)
(5.70.2)
Diese Gleichgewichtsbeziehung für 8/(1-8) bzw. für 8, den Anteil der Besetzung der Adsorberplätze, wird Langmuir-Isotherme genannt; Isotherme deshalb, weil sie für isothermale Verhältnisse gilt, sich also mit der Temperatur verändert. In der folgenden Darstellung (Abb.5.18) wird ihr Verlauf deutlich.
158
Boden als Reaktor
LO 4
1 ö
0.0
0
Abb. 5.18
co=l/K
Langmuir-Isotherme mit charakteristischen Parametern cg bzw. K,
Für die unterschiedlichen c-Bereiche gilt: Kc«1:
8=Kc
Sorbens wird analog wie Gas zwischen Gas und Lösung
Ke»1:
8S=1
Sättigung:
Kc=1:
8=1/2
"verteilt"; K heißt dann Verteilungskoeffizient.
&>1 für c —>0
Beic, = V/K ist der Adsorber zur Hälfte mit dem Sorbenten belegt.
Es ist wichtig, sich die der Langmuir-Adsorption zugrundeliegenden Annahmen vor Augen zu führen: 1) Alle reaktiven Plätze sind gleichwertig. 2) Es gibt keine Wechselwirkungen zwischen den adsorbierten Atomen, Molekülen oder Ionen. ; 3) Bei gemischter Adsorption von mehreren Spezies konkurrieren diese um
dieselben Plätze, jedoch mit unterschiedlichen Energien für die Konkurrenten
bei identischen Plätzen.
Stoffhaushalt
159
Langmuir-Isotherme für 2 Komponenten: Werden 2 Substrate gleichzeitig adsorbiert, wobei ö1 bzw &, das jeweilige Ausmaß besetzter Plätze sei, dann gilt, wie unmittelbar einzusehen ist: 81
=
(1
- 52) k1C1/(1
+ k1C1)
(5681)
82
=
(1
- 81)
+ k2C2)
(5682)
k2C2/(1
Michaelis-Menten-Reaktion: Ist ein Substrat S in Lösung im Gleichgewicht mit den aktiven Plätzen eines Enzyms E in dieser Lösung gemäß E+S E+P, so ist die Reaktionsgeschwindigkeit proportional der Konzentration des EnzymSubstrat-Komplexes ES: dP/dt
= k-s
= k-(ö-.n-e)
(5.71)
(siehe analoge Beschreibung bei Langmuir Desorption 5.68!). - Einsetzen für 5 liefert für die Umsetzungsgeschwindigkeit unmittelbar:
AP/dt = k-Kc/(1+Ko)-n-e.
(5.71.1)
Dieser Ausdruck zeigt das typische Verhalten von Enzym-gesteuerten Reaktionen: die Geschwindigkeit ist proportional der Enzym-Konzentration e über deren ganzen Bereich, proportional der Substratkonzentration c aber nur bei kleinen Substratgehalten. Bei höheren Substrat-Konzentrationen macht sich die Sättigung des Enzyms mit dem Substrat bemerkbar.
160
Boden als Reaktor
Freundlich-Isotherme
Ist die erste Bedingung für die Langmuir-Adsorption nicht erfüllt, soll also die Adsorption an heterogene Oberflächen beschrieben werden, bei denen Plätze mit unterschiedlicher Adsorptionsenergie vorliegen, dann bedient man sich womöglich der sog. Freundlich-Isotherme zur Beschreibung der Gleichgewichtssituation.
Geht man davon aus, daß jeder Platz bzw. jede Gruppe von Plätzen i durch einen
bestimmten, charakteristischen Wert c,; gekennzeichnet entsprechende Fraktion der Plätze, dann wird ötotal
= Z
fi . öi = 2
fi .
{C/C„i . (1
+
C/Coi)-l}.
ist, und
ist f; die
(572)
Auf diese Weise ist es möglich, für jede definierte Verteilung der Adsorptionsplätze, gegeben jeweils durch f; und Cop Ögotaı als Funktion der Konzentration c der Komponenten S in Lösung auszudrücken. Wählt man nun eine exponentielle Verteilung der Plätze in Abhängigkeit von der Adsorptionsmenge, so erhält man die sog. Freundlich-Isotherme:
Srotat =
(5.73)
(/Cm) KT/Em
mit den Konstanten Cm und &m. Cm ist offenbar die Konzentration c, bei der Sgotarı = 1 wird. Im Prinzip kann S« > 1 werden, wenn c unbegrenzt wächst. e stellt ein Maß dar für die Verteilung der Adsorptionsenergien. Während bei der LangmuirAdsorption die Energie konstant ist, liegt der Freundlich-Isotherme eine Verteilung der Form
f(e) = € Yem
(5.74)
zugrunde. Sie beinhaltet, daß der Anteil von Plätzen mit der speziellen AdsorptionsEnergie £ exponentiell mit dieser Energie abfällt. Je größer e ist, desto steiler ist die Verteilungsfunktion. Tonenaustausch
Für den nicht-spezifischen Austausch z.B. divalenter gegen monovalente Kationen an einem entsprechenden Kationen-Austauscher (Ton, Harz, etc.)
1/2AS+#
+
St &
1/2A(285)*
+
1/2 S++
Jäßt sich folgende reversible Reaktionsgleichung mit Reaktionen unterschiedlicher Ordnung angeben:
Stoffhaushalt
161
ds,/dt = kı-S,,C, - kı-s, Vc,,
(5.75)
Tatsächlich geht, wie Experimente zeigen, die Komponente 1/2 AS++ über relativ weite Bereiche der Lösungszusammensetzung linear in die Reaktionsgleichung ein. Bei Gleichgewicht (ds,/dt= 0) gilt dann:
S,/8,,
=
Kılkz-c,/Ve,,
(5.76)
Allgemein gilt für das Gleichgewicht zwischen n- und m-valenten Ionen beim Austausch: Sp/Smy
= Kılkz + Ca
B
+ Cmym
(5.77)
In Abschnitt 5.6.2 wird noch einmal auf die Beschreibung des Ionenaustausches eingegangen.
5.6 Modelle für das Verhalten reaktiver Stoffe und Ionen im Boden
Neben Stoffen oder Ionen wie z.B. Cl-, die im Boden weder mit der Matrix noch mit den übrigen Phasen in irgendeiner Wechselwirkung nennenswerten Umfangs stehen, gibt es natürlich sowohl solche, die entweder vorwiegend mit der Oberfläche der festen Phase reagieren (Adsorption, Ionenaustausch) oder nur Reaktionen in der wässrigen oder Gasphase eingehen, als auch solche, die in mehreren Phasen gleichzeitig reagieren. Während für die nicht bzw. kaum sich im Boden umsetzenden Stoffe oder Ionen die quantitative Beschreibung in Abschnitt 5.4 vollständig umrissen ist, müssen für die reaktiven Stoffe entsprechende Erweiterungen vorgenommen werden, die im wesentlichen im Abschnitt 5.5 beschrieben worden sind. Für die Praxis bedeutsame Beispiele werden im letzten Abschnitt 5.7 dieses Kapitels dargestellt. Für die im
Boden
physikalisch
mit
der
Matrix
wechselwirkenden,
adsorbierbaren bzw. austauschbaren Stoffe bzw. Ionen muß Bilanz für nicht-wechselwirkende Stoffe aus Abschnitt 5.4
MecVdt = - Il/dz
also
zunächst die lokale
(5.18)
erweitert werden um einen Term, der die Konzentration in der Festphase gemäß 5.1
berücksichtigt:
162
Boden als Reaktor
d8c + psV/dt = - OL/Oz.
(5.78)
Für alle Stoffe bzw. Ionen, die Ad- und Desorptions-, Lösungs- und Fällungs- oder Austauschprozesse im Boden eingehen, hat man nun Beziehungen zwischen den Konzentrationen in der Lösungsphase c und in der Festphase s herzustellen. Diese sind hauptsächlich von der Art der in Abschnitt 5.5,5 hergeleiteten GleichgewichtsBeziehungen. Man geht dabei davon aus, daß die Umwandlungen im Mikrobereich im Vergleich zum Transport so schnell vonstatten gehen, daß man lokales Gleichgewicht annehmen kann. - Bei chemischen Reaktionen im Boden muß man gewöhnlich diese Annahme fallen lassen. Sie werden durch dynamische Beziehungen analog den Flußgleichungen für die Transportprozesse zu formulieren und als zusätzliche Quellterme Q;(z,t) in die lokale Bilanzgleichung 5.78 einzuführen sein (die wichtigsten Ansätze sind in den Abschnitten 5.5.1 bis 5,5.5 besprochen worden): o(0c + ps)/dt
=
- O1,/d0z
+
Qi;(z,t).
(5.79)
Im folgenden Abschnitt 5.6.1 sind noch einmal die wichtigsten Ansätze zur Beschreibung der Wechselwirkung mit Oberflächen der festen Phase, also der Beziehung zwischen c und s zusammengefaßt, und zwar sowohl Gleichgewichts- als auch Nicht-Gleichgewichts-Ansätze.
5.6.1
Dynamische Beschreibung der Wechselwirkungen von Stoffen mit der festen Phase
Gleichgewichts-Ansätze: 1. Linearer Ansatz:
Dieser Ansatz ist der einfachste überhaupt und geht in seiner Verwendung in der Bodenkunde auf Lapidus & Amundson, 1952, zurück:
S“c
bzw.
S=k.c
k wird dann (linearer) Verteilungskoeffizient genannt. 2. Langmuir-Ansatz für Adsorption mit Sättigungsphänomenen:
(5.80)
182
Boden als Reaktor
Proben bei Feldkapazität) in Abb. 5.28 enthalten. Wesentlich besser wird der Abbau-Verlauf durch eine Kinetik wiedergegeben, die eine Adsorptions-Reaktion nach Michaelis-Menten parallel zum Abbau voraussetzt, welche den weiteren Abbau verhindert. - Aber selbst wenn der Abbau eines Pestizides unter definierten Bedingungen im Labor korrekt mit einer Reaktion 1. Ordnung beschrieben wird, kann deren Übertragung auf Freiland-Verhältnisse schon deshalb zu Fehlern führen, weil manche biologischen Bedingungen dort nicht mit denen eines LaborMonolithen vergleichbar sind und ein Boden sich über den Zeitraum von Jahren in diesen Zustandsvariablen deutlich verändern kann. Noch ist der Wissensstand in diesem Bereich allerdings so gering, daß in der Literatur Arbeiten anzutreffen sind, die mit scheinbar gleichwertiger Technik bei "gleichen” Böden zu völlig unterschiedlichen Resultaten kommen. So finden z. B. Thirunarayanan et al. (1985) einen sehr viel langsameren Abbau für das oben behandelte Chlorsulfuron, der sich auch nicht durch eine Kinetik 1. Ordnung approximieren läßt. Aber nicht nur Abbau bestimmt das "Verschwinden" eines Pestizides, auch Adsorption, Auswaschung und Verdunstung können dafür verantwortlich sein. Alle diese Prozesse sind modellierbar. Die große Bedeutung des Werkzeuges Modell zur
Voraussage des Verhaltens einer Chemikalie
unter verschiedenen Umwelt-
Verhältnissen haben neuerdings Jury et al. (1983, 1984) in einer Serie von Arbeiten vor Augen geführt. Die Vorteile eines solchen Umwelt-"screening", das in der Entwicklung eines Pestizides parallel zum Toxizitäts-screening zu erfolgen hat, liegen auf der Hand: die Aufwendungskosten für Freilandversuche lassen sich drastisch reduzieren, die Sicherheit und der Anwendungsbereich gleichzeitig erheblich besser abschätzen.
5.7.5
dellansätze für das Verhalten
von
Schwermetallen in Bö
Ähnlich gering wie bei den organischen Pflanzenbehandlungsmitteln ist das gesicherte methodische Wissen bei den Schwermetallen. Die Gefahr der Schwermetall-Kontamination der Böden und Ackerfrüchte vor allem im Zusammenhang mit der Ausbringung von Klärschlamm und Handelsdüngern, aber auch durch ungezielte Immissionen aus der Atmosphäre ist erst im Laufe des letzten Jahrzehnts erkannt worden. Die meisten der neueren einschlägigen Arbeiten stellen daher Bestandserhebungen dar oder beschäftigen sich eher mit den physikalischchemischen Grundlagen für das Verhalten der Schwermetall-Verbindungen im Boden als mit systematischen Untersuchungen oder Modellen, die sich zu Voraussagen über das Verhalten der Schwermetallverbindungen in Böden eignen. Auf diesem Hintergrund verdient eine Arbeit von Mayer zur Modellierung des Schwermetalltransportes in wenig belasteten Böden aus dem Jahre 1978 Beachtung, in der prinzipiell auch physikalisch-chemische Wechselwirkungen berücksichtigt
Stoffhaushalt
181
simulierten Abbaus von Chlorsulfuron in der Krume eines Bodens in Wellesbourne (England) zwischen Ende April und Mitte September 1981 mit gemessenen Werten (Walker & Brown, 1983). In der zweiten Hälfte der Simulationsperiode liegen die simulierten Werte deutlich über den gemessenen, am Ende sind sie rund doppelt so groß. Da die gemessenen Feuchte- und Temperaturwerte mit den berechneten sehr gut übereinstimmten (Walker & Barnes, 1981), ist eine andere Erklärung für die beobachteten Abweichungen nötig. Da auch die Beschreibung mit 1.OrdnungKinetik in diesem Falle recht gut zutrifft (siehe Abb. 5.26), ist die Abweichung wahrscheinlich auf andere Prozesse, möglicherweise auf Verlagerung in den Unterboden zurückzuführen. Oft ist die Langzeitsimulation des Abbauverhaltens mit Hilfe einfacher 1.OrdnungsKinetiken nur als grobe Näherung zu betrachten. Es zeigt sich nämlich, daß solche Kinetiken selten den späteren Verlauf korrekt wiedergeben. Bei der Behandlung der Langzeit-Akkumulation mit solchen Modellen kann es daher zu großen Fehlern kommen. Eine Verbesserung dieser Modelle durch korrektere Kinetiken, die vor allem die Wechselwirkung (Adsorption: Problem der "bounded residues") der Herbizide mit der Bodenmatrix berücksichtigen und/oder die für mikrobielle Prozesse adequate Michaelis-Menten-Kinetik verwenden, ist Ziel neuerer Arbeiten.
Ein Beispiel für die Abweichung des tatsächlichen Verlaufs von 1.OrdnungKinetik ist für den Abbau von Alachlor in einem umbrischen Boden (gesiebte
20 pPpm
8
d
4
*
2
:
c,=
20ppm
.8 .47
c,= 0
10
20
30
2ppm 40
50
60 Tage
Abb, 5.28: Abbau von Alachlor in einem umbrischen Boden bei 28°C und zwei unterschiedlichen Ausgangskonzentrationen; dünne Linien: Reaktion 1.O; dicke Linien: parallel zum Abbau verläuft eine "Schutz“-Reaktion nach Michaelis-Menten (nach Richter
et al,, 1986)
180
Boden als Reaktor
5000 -W5=7 2000
7 M
1000
{ u
500 200 100
°
+ +
50 Avn
Mg/kg
""-’——-—_°
\
20
_wo\g
ı10
+
\°
5
'5
a
°
D
*—20°C
\ z0°C
— 8:'.“'\‘“220__\_5_____
\
Ka s
°""""—o-—_‘z___:o«c
M
I 7
SO
——
1
0
O
o 6_
1
20
{
40
30°C
.
10°C—
20°c—„_°
L
60
80
100
Tage
Abb, 5.26 Abbau von Chlorsulfuron in einem Boden bei 75 % Wasserkapazität und unterschiedlichen Temperaturen (nach Walker & Brown, 1983); obere Darstellung Messung mit HPLC, untere mit Biotest; die Linien zeigen jeweils den berechneten Verlauf,
Anpassungsfaktoren ermittelt und später, in der modifizierten Version, mittels einer Kombination von Messung und einfacher Simulation anhand eines statistischen Verfahrens. - Die folgende Abb. 5.27 zeigt den Vergleich des auf diese Weise 100 £ 807 60407
207 0
+ Ö
T
20
T
40
T
60
$ T
80
T
100
+
T
120
Tage
1
140
Abb. 5.27 Abbau von Chlorsulfuron in einem Boden in Wellesbourne/England nach dem 23. April 1981; die ausgezogene Linie zeigt den simulierten Verlauf (nach Walker & Brown, 1983).
Stoffhaushalt
179
Lösungskonzentration gegenüber. Dieser zweite Peak entspricht dem "RetardationsPeak" wechsel-wirkender Ionen, wie er sich mit einfacheren Modellansätzen errechnet (vergleiche Abschnitt 5.7.1). Die Differenzierung in einen RetardationsPeak und einen an die Anionenverlagerung gekoppelten K+-Peak ist dabei umso ausgeprägter, je stärker die K+-Selektivität des Austauschers gegenüber den konkurrierenden Kationen ist. Persaud & Wierenga (1982) haben den Na+-Ca++Austausch mit einem vergleichbaren Modellansatz beschrieben. Obwohl ihre Kalibrierung nur an gestörten Kurzsäulen erfolgte, weisen ihre Ergebnisse in die gleiche Richtung wie die hier dargestellten. - Für die Beschreibung einer vollständigen Kaliumdynamik einschließlich der Fixierung und Defixierung bedarf es jedoch noch der Einfügung entsprechender kinetisch begründeter Quell- und Senkterme, wie sie z.B. von Selim et al. (1976) vorgeschlagen werden.
5.7.4
Simulation des Abbaus von Herbiziden in Böden
Nicht nur für das Verhalten von Makro-Nährstoffen im Boden sind Simulationsmodelle erfolgreich in der Praxis angewendet worden, sondern auch zur Beschreibung
des Verhaltens
anderer
Stoffe
wie
Mikro-Nährstoffe,
Pestizide,
Schwermetalle und Schadstoffe im Boden. Als Beispiel sei hier die vereinfachte Simulation des Langzeitverhaltens von persistenten Herbiziden nach Walker (1974; Walker & Barnes, 1981; Walker & Brown, 1983) vorgestellt, deren Abbauverhalten zunächst im Labor in Abhängigkeit von Temperatur und Feuchte
untersucht wurde. Dann läßt sich der Abbau
im Felde berechnen,
wenn
man
die
Temperatur und die Feuchte in Abhängigkeit von Tiefe und Zeit durch Messung oder Rechnung ermitteln kann,
Zur Beschreibung der Abbaukurven im Labor hat Walker vereinfachend Reaktionen 1. Ordnung verwendet (siehe Beispiel Abb. 5.26). Sowohl die Feuchte als auch die Temperatur in der oberflächennahen Bodenschicht im Felde wurde durch Berechnung ermittelt. Dabei wurde die Feuchte in Anlehnung an das Verfahren nach Burns (1974) bestimmt, indem der Wassergehalt der oberflächennahen Bodenschicht unabhängig von dem darunterliegenden Boden behandelt wurde: Niederschläge oder Bewässerung füllen den Boden bis maximal Feldkapazität auf, überschüssiges Wasser wird ignoriert. Die Evaporation bei Feldkapazität wurde gleich der einer offenen Wasseroberfläche gesetzt, bei Austrocknung mit einem von der Feuchte abhängigen Reduktionsfaktor multipliziert. In der modifizierten Version (Walker & Barnes, 1981) wurde eine realitätsnähere Niederschlagsverteilung angenommen sowie die Berechnung der Verdunstung einer freien Wasseroberfläche nach Linacre (1977) mit Hilfe der täglichen Lufttemperatur-Extrema und der Höhe sowie der geographischen Breite des Ortes durchgeführt. Die Temperaturgänge im oberflächennahen Boden wurden zunächst mit Hilfe der gemessenen Temperaturen in 10cm Tiefe über zeitabhängige
178
Boden als Reaktor
Das in den Boden infiltrierte K+ wurde zum größten Teil im Austausch gegen Ca++ in den obersten Zentimetern sorbiert sowie zu einem erheblichen Anteil fixiert.
myal/100g
S
13 0
11
mmm
m
2
0
{
mmo1/1 1
2
—
l 10 — Z
20 + 30
+
„
'
i-
'
1
: 1 :
40 + 50
Düngung mit 750 kg K/ha
ı
'
.
125 Tage nach
= '
1
..
1
b
%
'
ia
+
cm
Abb. 5.25
Vergleich von Messung (geglättete ausgezogene Linien) und Simulation (gestrichelte Linien)
der K-Verteilung in einem Lößboden-Monolithen 54 und 125 Tage nach Aufgabe einer Düngung unter stationären Fließbedi . Für den zweiten Meßtermin sind auch die Verteilungen am Austauscher eingezeichnet (nach Utermann & Richter, 1985; verändert),
Die Fixierungsreaktion, in Gleichung 5.101 durch den Term wurde durch einen einfachen Ansatz
P(z,t) = - Kfix (a - Qfıx)
P(z,t) angedeutet,
(5.106)
dargestellt, in der kg die Fixierungsrate und as, die Gleichgewichtsaktivität in Lösung bedeutet, bei der keine Fixierung mehr stattfindet.
Die Bedingung der zeitlich und räumlich ausgeglichenen Ionenbilanz verursacht
eine an den Anionen-Peak gekoppelte Verlagerung des Ca++ und sowie eines Teils
des düngerbürtigen K+. Hierbei wird das Verhältnis von K+ zu Ca*+ durch den Gapon-Koeffizienten der jeweiligen Tiefenschicht bestimmt.,
Der Gleichgewichts-Bedingung zufolge steht der erhöhten K+-AustauscherBelegung in den oberen Zentimetern eine entsprechend erhöhte K+-
Stoffhaushalt
177
mußte für die untersuchte Löß-Parabraunerde der Gapon-Koeffizient Kg ermittelt werden. Dazu wurde eine Austausch-Isotherme nach Beckett erstellt (Abb.5.24, siehe Beyme & Richter, 1984). Die effektive KAK wurde durch die Summe der quantitativ bedeutsamen mit 0.2 n BaCl, extrahierbaren Kationen (Ca++, Mg++, K+) angenähert. Unter Berücksichtigung der Kationensumme läßt sich die GaponGleichung in die Langmuir-Form überführen. Wenn zudem Kg-AR « 1 ist, kann der Gapon-Koeffizient Kg direkt aus der Steigung der Beckett-Isotherme (0s/dAR) abgeleitet werden (siehe hierzu auch Formel 5.76.3 !).
Kg = KAK-1.0s/0AR
(5.105)
myal
0
2
40
50
—— > AR (10°° /m)
Abb. 5.24
Die K-Ca-Austausch-Isothermen für den Versuchsboden 130 Tage nach der Düngung; man erkennt die starke K-Anreicherung in der Oberkrume,
Die folgende Abb. 5.25 zeigt den Vergleich von Messung und Simulation der KVerlagerung unter stationären Fließbedingungen in einem ungestörten LößParabraunerde-Monolithen nach einer Düngung von 750 kg K+/ha zu 2 verschiedenen Terminen einschließlich der am Austauscher verursachten Veränderungen am zweiten Termin. Der Übersichtlichkeit halber sind die Ca++-
und Clh-Profile, die die Kopplung der verschiedenen Ionen-Transporte deutlich machen würden, nicht in der Abbildung enthalten (siehe dazu Utermann
& Richter,
1985). Die Übereinstimmung ist bei allen Ionenarten von etwa gleicher Qualität. Die vorhandenen Abweichungen beruhen auf Meßunsicherheiten einerseits sowie auf den vereinfachenden
Annahmen
(homogener
Austausch-Gleichgewicht) andererseits.
Boden,
sofort
sich
einstellendes
176
5.7.3
Boden als Reaktor
Punktmodelle für die Verlagerung physikalisch wechselwirkender Ionen
In Abschnitt 5.2.2 ist als Beispiel für die Verlagerung physikalisch wechselwirkender Ionen die Verlagerung von Kalium über Winter in einem Lößboden sehr vereinfacht dargestellt. Die Schwierigkeit bei Kalium liegt nicht nur darin, daß man die Ladungsbilanz zu berücksichtigen hat, sondern darüber hinaus alle beteiligten Kationen in ihrem Austauschverhalten in Betracht ziehen muß. Im folgenden wird ein Modell zur Beschreibung der vertikalen Verlagerung wechselwirkender Ionen durch einen homogenen Boden beschrieben, in welchem neben dem Gleichgewichts-
Austausch zweier Kationensorten (K+, Ca++; Mg+*+ wird wie Ca++ behandelt) die
Bedingung der zeitlich und räumlich ausgeglichen
Ladungs-
und
Ionenbilanz
Berücksichtigung findet (Utermann & Richter, 1985). Ein solches Modell soll z.B. die durch KCl-Applikation induzierte Verlagerung von K+ bzw. der Gegenionen
(Ca++ + Mg++) sowie der begleitenden Anionen darstellen können, wie sie u.a. von Swarup et al. (1983) in Säulenversuchen untersucht worden ist. Das Modell wird durch das folgende Gleichungssystem dargestellt, wobei Transport durch die Konvektions-Dispersions-Gleichung beschrieben wird: Ö(0c + ps)/dt = /dz{Dy - (0c)/dz}
- d(qw-cC)/0z + P(z,t)
der
(5.101)
Die Wechselwirkung der beiden Kationen mit der Matrix wird mit Hilfe der Gapon-Gleichung dargestellt:
z; m}/(zi mj) = Kg - a; M4 Ka; V%j),
(5.102)
worin a; die Aktivität der Ionen in Lösung, m; die am Austauscher bedeutet. - Für den Austauscher gilt die Bedingung, daß die Austauscherbelegung und damit die KAK ausschließlich die beiden betrachteten Kationensorten umfaßt und zeitlich konstant bleibt:
z m; + zı m; = KAK
(5.103)
Kationen und Anionen verbindet quantitativ die Bedingung der an jeder Stelle im Boden zu jeder Zeit ausgeglichenen Ladungs- und Ionenbilanz: 3z,6,=
ZzC
(5.104)
Eine Veränderung der Cl--Konzentration hat stets eine gleichsinnige Änderung der K+-Lösungskonzentration zu Folge. - Zur Beschreibung des K+-Ca++-Austausches
Stoffhaushalt
175
einfachen Fällen recht gut sein. Es versteht sich von selbst, daß sich auch die NitratAuswaschung auf diese Weise schlagweise berechnen läßt, Ziel dieser Modelle sollte es aber weniger sein, die Verluste zu berechnen, als sie dazu zu benützen, dieselben zu minimieren und gleichzeitig die Bestände optimal mit Stickstoff zu versorgen. Dazu bedarf es der Erweiterung dieser Modelle. Vor allem müssen befriedigende Ansätze eingearbeitet werden, die beschreiben, wie das Wachstum in den einzelnen Stadien von der Nährstoffversorgung abhängt. Weiterreichende Modelle, die den ganzen Jahres-Zeitraum umfassen, müssen nicht nur den Pflanzen-Entzug, sondern vor allem den Wasserhaushalt explizit berücksichtigen. Darüberhinaus müssen auch die schwer zu erfassenden Prozesse der N-Immobilisierung sowie der Denitrifikation berücksichtigt werden. Ziemlich vollständige Modelle des Stickstoffhaushaltes von Böden sind u. a. von Hagin etal. (1976) sowie von Frissel & van Veen (1981) entwickelt worden. - Hier soll aber nicht auf diese recht komplexen und aufwendigen und deshalb schwierig zu validierenden Modelle eingegangen werden, sondern mit einer Bemerkung zur Heterogenität der Böden und ihres erwarteten Einflusses auf die Meßwerte
die Simulationen eingehen, geschlossen werden.
im Felde, die als Mittelwerte in
Eigentlich sollte die gute Übereinstimmung zwischen gemessenen und simulierten Werten der Nitrat-Tiefenverteilung angesichts der zu erwartenden Heterogenität der Böden,
auf die in Abschnitt
6.4
zurückzukommen
sein wird,
überraschen.
Ähnliche Qualität weisen auch Wasserhaushalts-Simulationen in Acker-Lößböden auf (siehe Abschnitt 4.6.6). Solche Qualität der Übereinstimmung ist eher von Experimenten mit künstlich hergestellten Bodensäulen oder Bodenmonolithen aus relativ homogenen Böden bekannt, obwohl in letzteren das eigentliche Phänomen der Heterogenität, nämlich grobe hochkontinuierliche Poren, in seinen Auswirkungen auf Verlagerungsprozesse unmittelbar zu studieren ist. Mit den normalerweise erwarteten logarithmischen Verteilungen der Transport-Parameter im Freiland scheint die Übereinstimmung also kaum vereinbar. Bedenkt man aber folgendes: die Tiefenverteilung ist im wesentlichen von der Höhe der Niederschläge abhängig. Nur bei extrem hohen Niederschlägen - die bei uns höchstens im Sommer fallen - kann sich eine logarithmische Verteilung der Leitfähigkeiten mit ihrem relativ geringfügigen Anteil an sehr hohen Werten bei niedrigen Wasserspannungen (entsprechend dem Anteil an groben kontinuierlichen Poren) überhaupt nennenswert auf die Tiefenverlagerung auswirken. Zudem dringt infolge der Herbstbearbeitung das Wasser "ungesättigt" nur wenig tief in die Krume ein. Bereits im Bereich der Unterkrume sind die Grobporen unterbrochen, das Wasser kann nicht mehr "ungespannt" in größere Tiefen gelangen. Letztlich läßt sich also der Erfolg der Simulation von Prozessen mit Hilfe rein deterministischer Modelle bei unseren gut bearbeiteten Ackerböden und den hiesigen Niederschlags-Verteilungen, die selten extreme Werte aufweisen, doch verstehen. Es gibt jedoch genügend Beispiele, die zeigen, daß unter anderen Bedingungen der Einfluß der Flächenhetorogenität auf die Tiefenverlagerung und damit die Abweichung von der rein deterministischen Simulation erheblich sein kann (siehe Abschnitt 6.4 !).
174
Boden als Reaktor
konstant. Dabei ist cn = N;i,o- Ni,no3 zu setzen, worin N;, die potentiell mineralisierbaren N-Mengen (durch Konzentrationen ausgedrückt) der einzelnen
N-Fraktionen und
N;ynoz3 die Konzentration der schon zu Nitrat umgesetzten
Anteile der einzelnen Fraktionen bedeuten.
Die eine Fraktion beinhaltet offenbar die sog. bodeneigene organische Substanz mit
langsamem Abbau und relativ großen abbaubaren N-Mengen (ca. 12-14% vom Niotal), Während die zweite Fraktion neben den leicht abbaubaren N-Verbindungen
der Ernterückstände auch mikrobielle Abbauprodukte umfassen und daher stark der Jahreszeit variieren kann. Mit den aus Brutversuchen bzw, aufgrund Bewirtschaftungsdaten zu gewinnenden Parametern k;(T) und den sog. Mineralisationspotentialen, N;, 1äßt sich dann die Mineralisation simulieren. Gleichung, die Transport und Bildung von Nitrat-N (cg = Cyo3.n) beschreibt, sich aus der Zusammenziehung von (5.28) und (5.99) gewinnen:
dcp/ot = DyDie Lösung
cp/dz? - v OCa/dz + KırCy +Kkı-C,.
dieser Gleichung
läßt sich nun verwenden,
um
mit der NDie 1äßt
(5.100) die Prozesse der
Nitratverlagerung und der Stickstoff-Mineralisation unter Feldbedingungen
gleichzeitig zu simulieren, Ein Beispiel dafür ist in Abb., 5.23 enthalten zusammen mit den Vergleichsmessungen. Wie man sieht, kann die Übereinstimmung in solch
0
10
9
| Z
[N]
20
30
°N—L—°“_—“*o—l_.._____
30
[
60
_
90
|
CM
Abb.
—>
5.23
—
kg N/ha/30cm
*
\°\o
; ‚c gemessen
—— >
Simuliert
—
(79 kg/ha)
(70 kg/ha)
L
}
D
-”
Vergleich von simulierten und gemessenen Nyp;n-Werten in einer Löß-Parabraunerde im Frühjahr (nach Richter et al., 1985).
Stoffhaushalt 5.7.2
173
Simulation des Stickstoffhaushalts von Löß-Ackerböden über Winter
Der wichtigste über Winter ablaufende Prozeß des Stickstoffhaushaltes ist neben der NO3-Verlagerung die Mineralisation. Da in dieser Zeit praktisch keine NImmobilisation, weder in Pflanzen- (Ausnahme: frühbestelltes Wintergetreide oder Zwischenfrucht)
noch
in mikrobielle
Biomasse,
stattfindet,
entspricht
die N-
Mineralisation der "Netto-N-Mineralisation”. Hier wird daher auf die Modellierung der beiden wichtigsten Prozesse abgestellt, der Nitrat-Verlagerung und der Stickstoff-Mineralisation. Wieder sollen die bestuntersuchten und relativ homogenen Acker-Löß-Standorte (Südostniedersachsens) die "Modell"-Böden sein. Eine sehr einfache Möglichkeit der Modellierung ergibt sich für die winterliche Nitrat-Verlagerung dadurch, daß für diesen Zeitraum wegen der vernachlässigbaren Evapotranspiration die Wasserbewegung stets nach unten
gerichtet ist.
Nimmt man weiter vereinfachend an, daß sich durch die Niederschläge
der Boden von oben her je Tiefeninkrement vor einer weiteren Infiltration bis zur Feldkapazität Opg auffüllt, wobei der Fluß jeweils durch die Niederschlagsintensität gegeben ist, dann bewegt sich eine herbstliche Nitratanreicherung aufgrund von Mineralisation oder Düngergabe praktisch wie unter stationären Fließbedingungen (auch sog. "piston flow") mit qw(Z < Z pg) = q w(z=0) und vw=GQ./9rg. Dann läßt sich die Nitratbewegung im homogenen Lößboden beschreiben durch:
Ocg/dt = Dp- cy/dz? - v dCH/dz.
(5.28)
Bei Kenntnis der Parameter Dg und der Feldkapazität Opg sowie der zeitlichen Verteilung der Niederschläge über Winter lassen sich so die Verlagerungsprofile simulieren. Der Vergleich mit gemessenen Profile zeigt, wie gut die oben gemachten Annahmen zutreffen (Richter et al., 1978). Hier soll in den Vergleich auch die Mineralisation einbezogen werden. Über Winter kann, je nach gewähltem Zeitraum und den tatsächlichen Witterungsbedingungen mehr oder weniger, die Mineralisation nie ganz vernachlässigt werden. Sie kann aber auch durchaus beträchtliche Ausmaße annehmen. Die einfachsten reaktionsdynamischen Ansätze für die Mineralisation sind wieder linear, d.h. gehen von Reaktionen 1. Ordnung aus. Ergebnisse von Brutversuchen zeigen, daß sich der Abbau organischer Substanz und die Stickstoff-Mineralisation gut durch folgende Überlagerungs-Dynamik darstellen läßt: dCN03_N/dt
=
k1(T)
°CIN
+
kz(T)
. C2,N.
(599)
Darin bedeuten die k;(T) die temperaturabhängigen Reaktions- bzw. AbbauKoeffizienten. Die eigentlich ebenfalls zu berücksichtigende Abhängigkeit vom Wassergehalt @ ist in weiten 0-Bereichen gering, der pH der Böden meist recht
172
Boden als Reaktor
mit X = (Sı-S,co). - Die Gleichungen besagen, daß sich die Enzymaktivitäten der Populationen einerseits in Abhängigkeit von schon vorhandener Aktivität verändern sowie andererseits proportional den Wachstumsraten minus einer natürlichen, konstanten Verlustrate b,. Die maximalen Wachstumsraten a; hängen allgemein von den Umgebungsbedingungen, speziell aber vom pH des Bodens ab., Nach der Festlegung der schwierig oder gar nicht meßbaren Parameter lieferte dieses Modell u.a. die in Abb. 5.22 dargestellten Ergebnisse (Beispiel-Lauf mit optimal angepaßten Parametern).
mmo1/1
P
5F 4
®
°
®
O
6 NO
jn
C
®
3
C]
2r
ı
NH a adsorbiert
}
o /
0
0
NO,
1
100
200
NH4‚frei
1
300h
t Abb. 5.22
Vergleich von Messung und Simulation der Nitrifikation, alle Werte N-Konzentrationen (Linien simuliert, Punkte gemessen, nach Paul & Domsch,
1972).
Im Hinblick auf die Entwicklung ökotoxikologischer Methoden spielt die Untersuchung der Dynamik der Nitrifikation wegen der relativ hohen Empfindlichkeit der chemoautotrophen Nitrifizierer gegenüber Umwelteinflüssen
eine beträchtliche Rolle. So haben Paul & Domsch
ihr Modell auch erfolgreich bei
der Untersuchung des Einflusses verschiedener Herbizide auf die Nitrifikation eingesetzt (Domsch & Paul, 1974).
Stoffhaushalt
171
No-N'5 50[N03"N
257°
.00
Abb, 5.21
/
1
%.
1
L
Vergleich von gemessenen und simulierten NO3-N-Durchbruchskurven an Bodenmonolithen (nach Kirda et al., 1974).
Gleichung 1) besagt, daß einerseits sorbierte NH4-Ionen durch Austausch in die Lösung abgegeben werden, und zwar proportional sowohl der Konzentration cı in der Lösung als auch der im Moment vorhandenen Menge Austauscherplätze (Sımax“ Sı), andererseits aber durch enzymatische Oxidation aus der Lösung verschwinden. Entsprechend bedeutet in der Gleichung 2) E‚c, die enzymatische Oxidation des Nitrites, k, im ersten Term dieser Gleichung steht dafür, daß bei der Oxidation nicht alle NH4-Ionen oxidiert werden, sondern teilweise zum Einbau in die Zellmasse von b. nitrosomonas gelangen. In Gleichung 3) schließlich soll Nitrat-N gemäß k3cz verschwinden. Alle N-Konzentrationen sind wieder auf das Bodenvolumen zu beziehen.
Die Veränderungen der biologischen (d.h. der enzymatischen) Aktivitäten E,in (5.97.1 ... .3) werden in dem Modell von Paul & Domsch (1972) durch einen erweiterten Michaelis-Menten -Ansatz berücksichtigt:
dE‚/Ot = {a, x/(k3-x) - bı} + Er
(5.98.1)
3E2/8t
(598.2)
=
{3z Cz/(k;r(!2) - b2} . E2
170
Boden als Reaktor
Bodenvolumen bezogenen Konzentrationen, so läßt sich für die einzelnen Komponenten schreiben (Gleichungen 5.96.1 bis .3): NI’I4!
ö(c1+ kC1)/8t =
D1
82c1/622 -Vr 8C1/8Z + k01 Ntotal -Kı2Cıi
(5961)
NO,:
dcJ/odt
= D,
e /dz?- v OC /dz+Kkır cı - kızcz
(5.96.2)
NOs:
dcydt
= Dz&cydz2- v dCyOz+Kız C - KzqCz
(5.96.3)
k in Gleichung 5.96.1 ist der sog. Verteilungskoeffizient (linearer GleichgewichtsAnsatz). 1 + k = R wird als Retardationsfaktor bezeichnet: er gibt ein Maß für die Verzögerung der Verlagerung. Je größer k ist, desto kleiner wird Dy und Vw. ‚mutzt man anstelle der auf das Bodenvolumen bezogenen Konzentrationen jedoch ‚je Lösungskonzentrationen. Dann wird entsprechend R =1 + p/0 - k‘ zu setzen
sein.
Dieses Modell ist, allerdings unter Verwendung sehr spezieller Randbedingungen für analytische Lösungen, zuerst von Cho (1971) behandelt worden. Parallele Experimente zur Verifikation gab es dazu nicht. - Später haben dann Kirda et al. (1974) dieses Modell ebenfalls analytisch behandelt, und zwar unter der Annahme, daß die Oxidation des Nitrits sehr schnell verläuft, so daß die NO„-Konzentrationen vernachlässigbar gering und damit nur die Reaktionen > NH4 —> NO3 — zu berücksichtigen sind. Allerdings haben diese Autoren auch entsprechende Nitrifikationsexperimente zur Validierung des Modells durchgeführt. Sie haben jedoch nicht die Veränderungen in der Bodensäule selbst, sondern im Effluenten verfolgt. Ihr Vergleich zwischen Simulation und Messung ist in Abb. 5,21 dargestellt. - Sehr gründlich sind schließlich die Umsetzungen bei der Nitrifikation - ohne Berücksichtigung der Transporte allerdings - von Paul & Domsch (1972) behandelt worden, und zwar numerisch unter Verwendung des Programmpaketes CSMP. Dabei wurde u.a. der Austauschvorgang des NH, dynamisch berücksichtigt. Ferner wurden in die Reaktionskoeffizienten die enzymatische Aktivitäten der beteiligten Mikroben-Populationen eingearbeitet, so daß anstelle der obigen Reaktionsgleichungen folgendes System von Differentialgleichungen (5.97.1 ...3) verwendet wurde: 1) NH42
831/6t
=
k1 C1 (Slmax - 81)
- E1 (S; - Sl°°)
(5.97.1)
2) N022
6C2/6t
=
kz E] (Sl - Sl°°)
- E2 C2
(5.97.2)
3) NO4I
3C3/8t
=E,G
-
k3 C3
(5.97.3)
Stoffhaushalt 5.7
169
Einfache Modelle zum Boden-Stoffhaushalt
Als Beispiele für Modelle zum Stoffhaushalt sollen zunächst einige für die Nitrifikation bei gleichzeitiger Verlagerung des Nitrat in Bodensäulen behandelt werden. Um die Situation im Felde geht es dann bei der Simulation des Stickstoffhaushaltes
von
Lößackerböden
im
Winterhalbjahr,
wobei
auf
die
Berücksichtigung der Heterogenität hingewiesen werden muß. Diese Modelle können praktischen Zwecken dienen, vor allem Düngungsprognosen. Der Bereich der Nährstoffe wird abgerundet mit der Behandlung eines Punktmodelles für die Verlagerung physikalisch wechselwirkender Ionen am Beispiel des Kaliums., Ebenfalls von erheblicher praktischer Bedeutung kann die Modellierung des Verhaltens von Pestiziden und Schadstoffen sein. Deshalb wird hier beispielhaft das Abbau-Verhalten von Herbiziden im Boden modellmäßig behandelt und Ansätze zur Behandlung des Verhaltens von Schwermetallen im Boden erwähnt. Abgeschlossen wird dieser Abschnitt dann mit Bemerkungen zu "vollständigen” Modellen. 5.7.1
Modelle für die Nitrifikation bei gleichzeitiger Verlagerung
Bei der Behandlung der Netto-N-Mineralisierung kann man annehmen, daß weder Ammonium noch Nitrit in nennenswertem Ausmaß gebildet werden. Der geschwindigkeitsbestimmende Schritt, die langsamste Reaktion also, ist die Ammonifizierung. Ammonium und auch Nitrit setzen sich in gut belüfteten Böden demgegenüber meist sehr schnell um. Wir wollen uns im folgenden diesen Umsetzungen, der sog. Nitrifikation, widmen. Abb. 5.20 stellt die verschiedenen N-
Umsetzungen
vereinfacht dar. Bezeichnet man mit c; die entsprechenden, auf das >
>
R$
8S
3 ä
S T
N
P
5
|
DÜnSANL
k
01
> NH_
mna
—
Geschwindigkeitsgradient
a
y
_/‘/ /
AY
Dn D=
=
D = Av/Ay
In f
-
-
SSr
U V
®
(=1-E)
Kreisfrequenz (s-1)
Um die gegenwärtigen Probleme der Landwirtschaft sowie die des Umweltund Bodenschutzes lösen zu können, ist die Kenntnis der im Boden ablaufenden Prozesse notwendig. Der methodisch orientierte Text schildert die einzelnen Vorgänge; es werden mathematische Modelle vorgestellt, die Stoffumsetzungen und Transportprozesse quantıtativ beschreiben. Der Autor will den Leser anregen, sich mit den Prozessen »operational« zu beschäftigen, d.h. sie durch Berechnung, durch »Simulation« quantitativ nachzuvollziehen. Die einführende Darstellung umfaßt die Wärmeleitung in Böden, den Bodenluft-, Bodenwasser- und Bodenstoffhaushalt. Ein Abschnitt über die Simulation des Abbaus von Herbiziden sowie Modellansätze für das Verhalten von Schwermetallen im Boden zeigen, wiıe durch Modellierung ein Beitrag zur Bewaltigung der vieldiskutierten Schadstoffproblematik geleistet werden kann. Im Schlußkapitel wird u.a. die Behandlung von Transportproblemen In heterogenen Böden aufgegriffen. /