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German Pages 354 [355] Year 2021
Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 538
Der betreute Unternehmer Von
Arne Behnke
Duncker & Humblot · Berlin
ARNE BEHNKE
Der betreute Unternehmer
Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 538
Der betreute Unternehmer
Von
Arne Behnke
Duncker & Humblot · Berlin
Die Juristische Fakultät der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg hat diese Arbeit im Jahre 2021 als Dissertation angenommen und zum Druck freigeben.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
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© 2021 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: 3w+p GmbH, Rimpar Druck: CPI buchbücher.de GmbH, Birkach Printed in Germany ISSN 0720-7387 ISBN 978-3-428-18418-7 (Print) ISBN 978-3-428-58418-5 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706
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Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2021 von der Juristischen Fakultät der Universität Heidelberg als Dissertation angenommen und zum Druck freigegeben. Das Manuskript wurde im August 2018 abgeschlossen. Später erschienene Literatur und Rechtsprechung wurden, soweit möglich, berücksichtigt. Auf die umfassende Reform des Betreuungsrechts mit den ab Januar 2023 in Kraft tretenden Regelungen konnte im Wege eines Ausblicks eingegangen werden. Danken möchte ich zunächst meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Stefan J. Geibel, Maître en droit (Université Aix-Marseille III), der die Arbeit betreut und die Erstellung des Manuskripts mit fachlichen und persönlichen Gesprächen gefördert hat. An die Zeit an seinem Lehrstuhl am Institut für deutsches und europäisches Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht denke ich gerne zurück. Herrn Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Peter Hommelhoff gebührt Dank für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Herrn Prof. Dr. Christoph A. Kern, LL.M. (Harvard) gilt mein Dank für die Übernahme des Vorsitzes der Prüfungskommission. Bei der Stiftung Vorsorge, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Andreas Keßler, bedanke ich mich für den großzügigen Druckkostenzuschuss. Ein großes Dankeschön geht an meine ehemaligen (Zimmer-)Kollegen und Freunde Sebastian Oliver Dietz und Moritz Georg Koch für die gegenseitige Motivation und die anregenden Diskussionen bei Erstellung der Dissertation. Für hilfreiche Anmerkungen zu dieser Arbeit und kritisches Korrekturlesen bin ich neben dem Erstgenannten auch Jan Andres, Jonathan Blaschke, Florian Fedrau, Hauke Hell, Tobias Lohse, Sebastian Kaiser, Paul Rothe, Dr. Tobias Sohr, Dr. Jens Ritter, Laura Mursteiner und meiner Ehefrau Julia dankbar. Von ganzem Herzen danke ich meinen Eltern und Geschwistern, die mich bei all meinen Vorhaben unterstützt haben. Mein größter Dank gebührt meiner wunderbaren Ehefrau Julia für ihre Unterstützung. Ohne sie hätte ich die Dissertation so nicht anfertigen können. Ihr widme ich dieses Buch. Hamburg, im Sommer 2021
Arne Behnke
Inhaltsübersicht Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 A. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 B. Kurzüberblick über den Ablauf des Betreuungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 C. Terminologische Vorfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 D. Ausgangsfrage und Darstellung der wesentlichen Kritikpunkte an der Betreuung . . . 29 E. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 Kapitel 1 Die Grundrechtsintensität der Betreuung
35
A. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 B. Anordnung der Betreuung (mit Einwilligungsvorbehalt) als Eingriff in die Selbstbestimmungsfreiheit des Betreuten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 C. Eingriff in Grundrechte des Betreuten durch Einzelmaßnahmen des Betreuers am Beispiel der Anlage von Geldern des Betreuten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 D. Ergebnis zu der Grundrechtsintensität der Betreuung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 Kapitel 2 Vermögensverwaltung durch den Betreuer eines Unternehmers
53
A. Das betreuungsrechtliche Innenverhältnis zwischen dem Betreuer und dem Betreuten 55 B. Das betreuungsrechtliche Außenverhältnis: Befugnisse und Handlungsmöglichkeiten des Betreuers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 C. Begrenzung der Vertretungsmacht des Betreuers durch Genehmigungstatbestände . . . 126 D. Dokumentationspflichten des Betreuers gegenüber dem Betreuungsgericht – Einblicke des Staates in Unternehmensinterna? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 E. Ergebnis: Praktikabilität der Betreuung im Hinblick auf die Vermögensverwaltung . . 188
8
Inhaltsübersicht Kapitel 3 Auftreten des Betreuers im gesellschaftsrechtlichen Innenverhältnis
190
A. Der betreute Komplementär einer Kommanditgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 B. Der betreute Kommanditist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 C. Der betreute GmbH-Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 D. Ergebnis zum gesellschaftsrechtlichen Innenverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 Kapitel 4 Auftreten des Betreuers für die Gesellschaft – Vertretungsmacht und Publizität 248 A. Vertretungsmacht des Betreuers für die Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 B. Registereintragungsfähigkeit der Betreuung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 C. Ergebnis im Hinblick auf die Praktikabilität der Betreuung im gesellschaftsrechtlichen Außenverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 Kapitel 5 Anforderungen an die Person des Betreuers
271
A. Die fehlende Möglichkeit der Bestellung mehrerer Betreuer gemäß § 1899 Abs. 1 Satz 3 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 B. Zumutbarkeit der Übernahme der Betreuung eines Unternehmers . . . . . . . . . . . . . . . . 272 C. Auswahl des Betreuers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 D. Ergebnis zu der Person des Betreuers und der Zumutbarkeit der Übernahme der Betreuung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 Kapitel 6 Die Vorsorgevollmacht als Alternative zur Betreuung
290
A. Grundsätzliches zur Vorsorgevollmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 B. Anforderungen an die „unternehmensbezogene Vorsorgevollmacht“ . . . . . . . . . . . . . . 292 C. Notwendigkeit der Kontrollbetreuung, § 1896 Abs. 3 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 D. Mögliche Probleme im Zusammenhang mit einer Vorsorgevollmacht . . . . . . . . . . . . . 304 E. Zwischenergebnis zur (unternehmensbezogenen) Vorsorgevollmacht und kursorischer Vergleich mit der Betreuung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 Schlussbetrachtung und Ausblick auf die Reform des Betreuungsrechts . . . . . . . . . . 311 A. Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse in Thesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311
Inhaltsübersicht
9
B. Bewertung der Praktikabilität der Betreuung eines Unternehmers . . . . . . . . . . . . . . . . 315 C. Ausblick auf die Reform des Betreuungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353
Inhaltsverzeichnis Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 A. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 B. Kurzüberblick über den Ablauf des Betreuungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 C. Terminologische Vorfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 I. Die „Betreuungsverfügung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 II. Der „betreute Unternehmer“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 D. Ausgangsfrage und Darstellung der wesentlichen Kritikpunkte an der Betreuung . . . 29 E. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
Kapitel 1 Die Grundrechtsintensität der Betreuung
35
A. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 B. Anordnung der Betreuung (mit Einwilligungsvorbehalt) als Eingriff in die Selbstbestimmungsfreiheit des Betreuten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 C. Eingriff in Grundrechte des Betreuten durch Einzelmaßnahmen des Betreuers am Beispiel der Anlage von Geldern des Betreuten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 I. Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG bei Entscheidung des Betreuers über Vermögensanlage eröffnet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 II. Eingriff in den Schutzbereich durch Entscheidung des Betreuers als Fremdbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 1. Kein Grundrechtseingriff bei Einzelhandlungen des Betreuers nach dem Aufbaumodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 2. Grundrechtseingriffe durch Einzelhandlungen des Betreuers nach dem Eingriffsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 3. Stellungnahme: Die Einzelhandlung eines Betreuers greift in die Grundrechte des Betroffenen ein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 III. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 1. Legitimer Zweck: Schutzpflicht des Staates für den Hilfsbedürftigen . . . . . . 49 2. Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit der Betreuung . . . . . . . . 51
12
Inhaltsverzeichnis
D. Ergebnis zu der Grundrechtsintensität der Betreuung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
Kapitel 2 Vermögensverwaltung durch den Betreuer eines Unternehmers
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A. Das betreuungsrechtliche Innenverhältnis zwischen dem Betreuer und dem Betreuten 55 I. Dogmatische Einordnung der rechtlichen Stellung des Betreuers . . . . . . . . . . . . 55 1. Die rechtliche Betreuung als Treuhandverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 a) Definition einer Treuhand anhand von Spezialgesetzen . . . . . . . . . . . . . . . 56 b) Aktuelle Behandlung einer Treuhand in der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . 59 aa) Einzelzwangsvollstreckung gegen den Betreuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 bb) Insolvenz des Betreuers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 cc) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 c) Moderne Definitionsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 2. Zusammenfassung: Rechtliche Betreuung als gesetzlich ausgeformtes Treuhandverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 II. Mögliche Probleme bei der Anwendung von Normen aus dem Auftragsrecht auf das Betreuungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 1. Weisungsrecht des Betreuten gegenüber dem Betreuer im betreuungsrechtlichen Innenverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 a) Möglichkeiten der Weisungserteilung durch einen geschäftsfähigen Betreuten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 b) Der „weisungsähnliche“ Charakter von Wünschen gemäß § 1901 Abs. 2, 3 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 c) Das „Wohl“ des Betreuten – Korrektiv und Schutz vor Selbstschädigungen 69 d) Zwischenergebnis: Weisungsbefugnis des Betreuten . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 2. Vergleichbarkeit des Informationsanspruchs des Auftraggebers nach § 666 BGB mit den Regelungen des Betreuungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 3. Friktion mit § 672 BGB? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 III. Vergleich mit dem Testamentsvollstrecker – Handlungen aufgrund eines anderen Vorsorgeinstrumentariums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 1. Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 2. Stellung des Testamentsvollstreckers als Treuhänder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 a) Vertretertheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 b) Amtstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 aa) Prozessuale Stellung des Testamentsvollstreckers: Partei kraft Amtes
78
bb) Materielles Handeln als Treuhänder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 c) Zusammenfassung: Testamentsvollstrecker als Treuhänder im materiellen Sinne und Partei kraft Amtes im prozessualen Sinne . . . . . . . . . . . . . . . . . 80
Inhaltsverzeichnis
13
3. Zulässigkeit der Testamentsvollstreckung an Unternehmensbeteiligungen . . . 80 a) Erbrechtliche Zulässigkeit der (Dauer-)Testamentsvollstreckung an Unternehmen oder Gesellschaftsanteilen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 b) Gesellschaftsrechtliche Zulässigkeit der Dauertestamentsvollstreckung an einem GmbH-Anteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 c) Gesellschaftsrechtliche Zulässigkeit der Dauertestamentsvollstreckung an einem kaufmännischen Betrieb: Schaffung eines Einzelkaufmannes mit beschränkter Haftung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 d) Gesellschaftsrechtliche Zulässigkeit der Dauertestamentsvollstreckung an einer Beteiligung eines persönlich haftenden Gesellschafters: Beschränkbarkeit der Haftung und Verstoß gegen die Höchstpersönlichkeit der Mitgliedschaft? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 e) Gesellschaftsrechtliche Zulässigkeit der Dauertestamentsvollstreckung an einer Kommanditbeteiligung: Keine unbeschränkte Haftung bei geleisteter Einlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 4. Zwischenergebnis: Vergleichbarkeit von Betreuung und Testamentsvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 IV. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 B. Das betreuungsrechtliche Außenverhältnis: Befugnisse und Handlungsmöglichkeiten des Betreuers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 I. Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 II. Grundlagen der Vermögensverwaltung im Betreuungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . 93 1. Terminologische Vorfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 2. Befugnisse des Betreuers innerhalb des Aufgabenkreises der Vermögenssorge 94 a) Zum Umfang der Vermögenssorge bezogen auf unternehmerische Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 b) Zur Anordnung des Aufgabenkreises „Kommunikationskontrolle“ gemäß § 1896 Abs. 4 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 3. Vermögensverwaltung durch einen Betreuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 a) Die mündelsichere Anlegung nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1806 f. BGB
97
aa) Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 bb) Sinngemäße Anwendung der §§ 1806, 1807 BGB im Betreuungsrecht 98 cc) Auswirkungen der Niedrigzinsperiode auf die Vorschriften über die mündelsichere Anlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 b) Die andere Anlegung nach §§ 1908i Abs. 1, Satz 1, 1811 BGB . . . . . . . . . 102 aa) Hinführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 bb) Verfahrensrechtliche Betrachtung: Innengenehmigung des Betreuungsgerichtes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 cc) Materiellrechtliche Betrachtung: Grundsätze der wirtschaftlichen Vermögensverwaltung, §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1811 Satz 2 BGB . . . 104 dd) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107
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Inhaltsverzeichnis III. Pflicht des Betreuers zur Auflösung oder Veräußerung des Unternehmens . . . . 108 1. Anwendbarkeit der §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1806 ff. BGB auf bereits angelegtes Geld des Betreuten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 2. Möglichkeit der genehmigungsfreien Fortführung des Unternehmens . . . . . . 109 3. Pflicht zur Auflösung oder Veräußerung des Unternehmens bei drohender Verlustgefahr entsprechend dem Wohl des Betreuten nach § 1901 Abs. 2 BGB 110 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 IV. Sonderkonstellation: Handlungsmöglichkeit des Betreuers in Form der Ausstattung bei Familienunternehmen nach §§ 1908, 1624 BGB . . . . . . . . . . . . . . . 113 V. Haftung des Betreuers nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1833 Abs. 1 Satz 1 BGB 115 1. Voraussetzungen einer Haftung des Betreuers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 2. Geltung der Business Judgment Rule im Rahmen der Haftung des Betreuers nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1833 Abs. 1 Satz 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 a) Grundzüge der in § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG kodifizierten Business Judgment Rule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 b) Analoge Anwendbarkeit der in § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG kodifizierten Business Judgment Rule auf den Betreuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 aa) Keine Anwendung im Bereich der mündelsicheren Anlegung §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1806, 1807 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 bb) Analoge Anwendbarkeit des § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG bei der anderen Anlegung nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1811 BGB und anderen unternehmerischen Entscheidungen des Betreuers . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 cc) Zwischenergebnis: Analoge Anwendbarkeit von § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG auf Entscheidungen für eine andere Anlage nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1811 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 c) Auswirkungen auf die Praktikabilität der Betreuung eines Unternehmers 124 VI. Zusammenfassung und Zwischenergebnis: Anordnung der Vermögenssorge ermöglicht die Fortführung eines Unternehmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124
C. Begrenzung der Vertretungsmacht des Betreuers durch Genehmigungstatbestände . . . 126 I. Zur Funktion der Außengenehmigung im Betreuungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 II. Das betreuungsgerichtliche Genehmigungsverfahren als Überwachungsinstrument . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 1. Überwachung durch das Betreuungsgericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 a) Materiell-rechtliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 b) Zum Verfahrensrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 c) Auswirkungen des Genehmigungsverfahrens auf die Praktikabilität der Betreuung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 2. Mitwirkung eines Gegenbetreuers gemäß §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1792 BGB 133 3. Zwischenergebnis zum Genehmigungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 III. Keine betreuungsgerichtliche Genehmigungspflicht bei Willenserklärungen von Organen juristischer Personen oder Vertretern von Personenhandelsgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134
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IV. Der Erwerbsgeschäfte betreffende Genehmigungsvorbehalt des § 1822 Nr. 3 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 1. Hinführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 2. Vorliegen eines Erwerbsgeschäfts im Sinne des § 1822 Nr. 3 BGB . . . . . . . . 136 3. §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 3 Alt. 1 BGB: Vertrag, der auf entgeltlichen Erwerb oder Veräußerung eines Erwerbsgeschäfts gerichtet ist . . . . . . . . . . . 137 4. §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 3 Alt. 2 BGB: Gesellschaftsvertrag, der zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts eingegangen wird . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 a) Die Genehmigungspflichtigkeit einer nachträglichen Änderung des Gesellschaftsvertrages gemäß § 1822 Nr. 3 Alt. 2 BGB in Rechtsprechung und Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 aa) Keine Genehmigungspflichtigkeit der nachträglichen Änderung eines Gesellschaftsvertrages nach § 1822 Nr. 3 Alt. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . 142 bb) Genehmigungspflichtigkeit gemäß § 1822 Nr. 3 Alt. 2 BGB nur bei wesentlichen Änderungen des Gesellschaftsvertrages . . . . . . . . . . . . . 145 cc) Genehmigungspflichtigkeit gemäß § 1822 Nr. 3 Alt. 2 BGB bei jeder Änderung des Gesellschaftsvertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 5. Analoge Anwendung des § 1822 Nr. 3 Alt. 2 BGB auf nachträgliche Änderungen eines Gesellschaftsvertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 a) Voraussetzungen einer analogen Anwendung des § 1822 Nr. 3 Alt. 2 BGB 149 b) Rechtsfolge einer fehlenden Genehmigung im Falle der Genehmigungspflichtigkeit nachträglicher Änderungen des Gesellschaftsvertrages: Der Betreute als „hinkender Gesellschafter“? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 6. Zwischenergebnis: Umfassende Genehmigungspflichtigkeit . . . . . . . . . . . . . 155 7. Sonderfall des §§ 1903 Abs. 1 Satz 2, 112 BGB: Genehmigungsvorbehalt der Ermächtigungserklärung des Betreuers, den Betreuten ein Erwerbsgeschäft führen zu lassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 V. §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1812 Abs. 1 BGB: Genehmigungspflicht bei Verfügung über eine Forderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 1. Probleme bei einer wortlautgetreuen Anwendung der Norm . . . . . . . . . . . . . 156 2. Der betreute Kommanditist: Genehmigungsbedürftigkeit der Entgegennahme des Gewinnanteils bei einer Kommanditgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 a) Einschränkende Auslegungen des § 1812 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 3. Der betreute GmbH-Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 a) Genehmigungsbedürftigkeit der Entlastung eines GmbH-Geschäftsführers nach § 46 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 b) Genehmigungsbedürftigkeit einer Kapitalerhöhung bei einer GmbH . . . . . 163 aa) Keine Genehmigungspflichtigkeit der Zustimmung zu einem Kapitalerhöhungsbeschluss nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1812 Abs. 1 BGB 163 bb) Genehmigungspflichtigkeit der Durchführung des Kapitalerhöhungsbeschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164
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Inhaltsverzeichnis 4. Keine Möglichkeit der Handlungsfreiheit bei fehlender Ermächtigung nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1825 BGB durch Bestellung mehrerer Betreuer im Sinne der §§ 1899 Abs. 1, 1908i Abs. 1 Satz 1, 1812 Abs. 3 BGB . . . . . . . . . 165 5. Zwischenergebnis: Geringer Anwendungsbereich des § 1812 BGB und hilfsweise Wahrung der Handlungsfreiheit des Betreuers durch eine allgemeine Ermächtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 VI. §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 10 BGB: Genehmigungspflichtigkeit der Übernahme einer fremden Verbindlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 VII. §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 11 BGB: Erteilung der Prokura bei einem einzelkaufmännischen Unternehmen genehmigungspflichtig . . . . . . . . . . . . . . . 168 VIII. Zur Begrenzung der Vertretungsmacht des Betreuers bei Interessenkollisionen und zur Bestellung eines Ergänzungsbetreuers nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1795 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 IX. Zwischenergebnis zu den Genehmigungsvorbehalten: Störung der Praktikabilität der Betreuung eines Unternehmers durch das Genehmigungsverfahren? . . . 171
D. Dokumentationspflichten des Betreuers gegenüber dem Betreuungsgericht – Einblicke des Staates in Unternehmensinterna? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 I. Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 II. Unterschiedliche unternehmerische Tätigkeiten und ihre Abbildung im Vermögensverzeichnis gemäß §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1802 Abs. 1 Satz 1 BGB . . . . . 176 1. Betreuter Einzelkaufmann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 a) Umfang der notwendigen Angaben im Vermögensverzeichnis . . . . . . . . . 176 aa) Formale Angaben ausreichend . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 bb) Eigenständige Inventarisierung notwendig? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 cc) Formale Angaben und Einreichung der Bilanz notwendig? . . . . . . . . . 177 dd) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 b) Möglichkeit der Einsichtnahme in die Unterlagen und Bücher des Betreuten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 2. Beteiligung des Betreuten an einer Personenhandelsgesellschaft . . . . . . . . . . 179 a) Meinungsbild bezogen auf den Umfang der Angaben im Vermögensverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 3. Betreuter GmbH-Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 III. Einblick in Unternehmensinterna durch die Rechnungslegung des Betreuers, §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1840, 1841 Abs. 2 BGB? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 IV. Nichteinhaltung der Berichts- und Rechnungslegungspflichten . . . . . . . . . . . . . 187 V. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 E. Ergebnis: Praktikabilität der Betreuung im Hinblick auf die Vermögensverwaltung
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Kapitel 3 Auftreten des Betreuers im gesellschaftsrechtlichen Innenverhältnis
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A. Der betreute Komplementär einer Kommanditgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 I. Kein Ausschluss des Gesellschafters aufgrund der Anordnung der Betreuung
192
II. Möglichkeit der Ausübung der Verwaltungsrechte des Gesellschafters durch den Betreuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 1. Vertretung des Betreuten in der Gesellschafterversammlung und Ausübung des Stimmrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 a) Verstoß gegen das Gebot der höchstpersönlichen Ausübung der Gesellschafterrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 b) Verstoß gegen das Abspaltungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 c) Zwischenergebnis: Ausübung der Gesellschafterrechte durch den Betreuer zulässig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 2. Präventive Gestaltungsmöglichkeit: Ausschluss der Vertretungsmacht des Betreuers durch Gesellschaftsvertrag? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 a) Grundsatzurteil zum Gebrechlichkeitspflegschaftsrecht: BGHZ 44, 98 . . . 199 aa) Historische Entwicklung der Fürsorge für Erwachsene im BGB . . . . . 199 bb) Übertragbarkeit der Rechtsprechung zum Gebrechlichkeitspflegschaftsrecht auf die Betreuung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 b) Darstellung des Diskurses zu der Entscheidung und der Übertragbarkeit von BGHZ 44, 98 auf das Betreuungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 c) Stellungnahme: Keine Einschränkung der Vertretungsmacht des Betreuers möglich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 3. Präventive Gestaltungsmöglichkeit im Gesellschaftsvertrag: Ruhensanordnung betreffend die Stimmrechte für den Fall der Bestellung eines Betreuers oder des Eintritts der Geschäftsunfähigkeit unwirksam . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 4. Präventive Gestaltungsmöglichkeit im Gesellschaftsvertrag: Ausscheidensklausel für den Fall der Bestellung eines Betreuers oder des Eintritts der Geschäftsunfähigkeit unwirksam . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 5. Zwischenergebnis: Vertretung des Betreuten und Ausübung des Stimmrechts in Gesellschafterversammlung durch Betreuer möglich . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 6. Geltendmachung des Informationsrechts gemäß § 118 HGB durch den Betreuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 7. Zwischenergebnis: „Ob“ der Ausübung von Gesellschafterrechten durch den Betreuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 III. Art und Weise der Ausübung der Verwaltungsrechte durch den Betreuer . . . . . . 215 1. Geltung der mitgliedschaftlichen Treuepflicht für den Betreuer . . . . . . . . . . . 216 a) Dogmatische Grundzüge der gesellschafterlichen Treuepflicht . . . . . . . . . 216 b) Geltung der gesellschafterlichen Treuepflicht für den Betreuer als Nichtgesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 aa) Lösungsansätze betreffend eine Bindung des Betreuers an die gesellschafterliche Treuepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219
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Inhaltsverzeichnis bb) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 c) Zwischenergebnis: Mittelbare Bindung des Betreuers an die gesellschafterliche Treuepflicht des Betreuten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 2. Geheimhaltungspflicht des Betreuers im Hinblick auf durch den Informationsanspruch erlangte Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 a) Pflicht zur Geheimhaltung aufgrund der mittelbar geltenden Treuepflicht 225 b) Keine Kollision mit den Dokumentationspflichten des Betreuers nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1839 ff. BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 IV. Handlungsmöglichkeiten der Gesellschaft im Falle eines Verstoßes des Betreuers gegen die ihn mittelbar bindende gesellschafterliche Treuepflicht . . . . . . . . 229 1. Hinführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 2. Stimmrechtsausübung entgegen der Treuepflicht – Fiktion einer treuepflichtentsprechenden Erklärung als Idee einer gesellschaftszweckkonsistenten Ausübung der Gesellschafterrechte durch den Betreuer . . . . . . . . . . . . . . 229 3. Schadensersatzanspruch der Gesellschaft gegen den Betreuer infolge einer gegen die gesellschafterliche Treuepflicht verstoßenden Ausübung von Gesellschafterrechten? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 a) Kein Anspruch der Gesellschaft aus § 280 Abs. 1 BGB gegen den Betreuer 232 b) Kein Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter mangels Schutzwürdigkeit der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 c) Keine Drittschadensliquidation wegen des Anspruchs aus § 280 Abs. 1 BGB gegen den Betreuten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 d) Kein Schadensersatzanspruch aufgrund einer Sachwalterhaftung des Betreuers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 e) Kein Schadensersatzanspruch aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 Nr. 3 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 f) Deliktischer Anspruch der Gesellschaft gegen den Betreuer . . . . . . . . . . . 236 g) Zwischenergebnis: Kein Direktanspruch der Gesellschaft gegen den Betreuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 4. Verstoß des Betreuers gegen die Geheimhaltungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 a) Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 b) Anspruch der Gesellschaft auf Schadensersatz und Unterlassung gegen den Betreuten aus § 280 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 c) Ansprüche der Gesellschaft gegen den Betreuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 aa) Unterlassungsanspruch der Gesellschaft gegen den Betreuer aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 bb) Anspruch der Gesellschaft gegen den Betreuer aus § 823 Abs. 1 BGB 239 cc) Deliktische Haftung des anwaltlichen Betreuers aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 dd) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 d) Die Behandlung von Betreuten im Rahmen des § 890 ZPO in der Zwangsvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241
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V. Ergebnis zum betreuten Komplementär . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 B. Der betreute Kommanditist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 C. Der betreute GmbH-Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 D. Ergebnis zum gesellschaftsrechtlichen Innenverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247
Kapitel 4 Auftreten des Betreuers für die Gesellschaft – Vertretungsmacht und Publizität
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A. Vertretungsmacht des Betreuers für die Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 I. Der betreute GmbH-Geschäftsführer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 1. Erlöschen des Geschäftsführungsamtes ipso iure gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 GmbHG bei Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts . . . . . . . . . . . . 248 2. Rechtsfolgen der Anordnung einer Betreuung ohne Einwilligungsvorbehalt 249 a) Ausübung des Geschäftsführeramtes als eigene Angelegenheit im Sinne des § 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 b) Stellungnahme: Keine Ausübung des Geschäftsführeramtes durch den Betreuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 3. Sonderfall des betreuten GmbH-Alleingesellschafters: Möglichkeit der Abberufung des Gesellschafter-Geschäftsführers durch den Betreuer nach § 38 Abs. 2 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 II. Der betreute Komplementär . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 1. Keine analoge Anwendbarkeit von § 6 Abs. 2 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 2. Ausübung der Geschäftsführungsbefugnisse durch den Betreuer . . . . . . . . . . 256 a) Handeln als Geschäftsführer als eigene Angelegenheiten im Sinne des § 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 b) Grundzüge der Selbstorganschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 c) Grenzen der Selbstorganschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 d) Schlussfolgerung: Auftreten des Betreuers im Außenverhältnis der Kommanditgesellschaft möglich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 3. Überblick über die Handlungsmöglichkeiten der Gesellschaft bei Missbrauch der Rechtsmacht durch den Betreuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 a) Gesellschaftsinternes Widerspruchsrecht nach §§ 161 Abs. 2, 115 Abs. 1 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 b) Einigung mit dem Betreuer über ein Ruhen der Geschäftsführungsbefugnis und des Vertretungsrechtes im gesellschaftsrechtlichen Außenverhältnis 261 c) Klage auf Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis oder des Vertretungsrechts nach §§ 161 Abs. 2, 117, 127 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262
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Inhaltsverzeichnis d) Keine Entlassung des Betreuers nach § 1908b Abs. 1 Satz 1 BGB bei Entziehungsklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 e) Sonderkonstellation: Ausschluss des Betreuten nach §§ 161 Abs. 2, 140 Abs. 1 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 III. Zwischenergebnis betreffend die Praktikabilität der Betreuung gemessen am gesellschaftsrechtlichen Außenverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264
B. Registereintragungsfähigkeit der Betreuung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 II. Anzeige des Endes der Vertretungsbefugnis nach § 39 Abs. 1 GmbHG . . . . . . . 266 III. Registereintragungsfähigkeit der Anordnung der Betreuung . . . . . . . . . . . . . . . . 266 C. Ergebnis im Hinblick auf die Praktikabilität der Betreuung im gesellschaftsrechtlichen Außenverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269
Kapitel 5 Anforderungen an die Person des Betreuers
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A. Die fehlende Möglichkeit der Bestellung mehrerer Betreuer gemäß § 1899 Abs. 1 Satz 3 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 B. Zumutbarkeit der Übernahme der Betreuung eines Unternehmers . . . . . . . . . . . . . . . . 272 I. Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 II. Die gesetzliche Vergütung eines Betreuers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 1. Grundlagen der gesetzlichen Vergütung in §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1836 BGB 273 2. Bestimmung der Berufsmäßigkeit nach § 1 Abs. 1 Satz 2 VBVG . . . . . . . . . 274 a) Bestimmung der Berufsmäßigkeit anhand von § 1 Abs. 1 Satz 2 VBVG
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b) Auswirkungen von § 4 Abs. 4 Satz 2 VBVG auf die Berufsmäßigkeit . . . 275 c) Schlussfolgerung: Angemessene Vergütung nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1836 Abs. 2 BGB möglich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 3. Keine Erhöhung der Vergütung wegen besonderer Schwierigkeiten mittels einer analogen Anwendung des § 3 Abs. 3 VBVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 4. Möglichkeiten zur Erhöhung des Verdienstes des Betreuers bei der Betreuung eines Unternehmers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 a) Grundsätzliche Gestaltungsmöglichkeit: Übertragung von Aufgaben mit frei vereinbarer Vergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 b) Gesetzliche Gestaltungsmöglichkeit bei Rechtsanwälten oder Steuerberatern: Kein unentgeltlicher Einsatz von Sonderwissen gemäß §§ 1835 Abs. 3 BGB, 5 Abs. 5 Satz 2 VBVG, 1 Abs. 2 Satz 3 RVG . . . . . . . . . . . . 280 5. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283
Inhaltsverzeichnis
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III. Zur Zulässigkeit einer privatautonomen Vergütungsvereinbarung . . . . . . . . . . . . 283 1. Vorteile einer Vergütungsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 2. Keine Vergütungsvereinbarung bei angeordneter Betreuung und geschäftsfähigem Betreuten möglich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 3. Zulässigkeit einer privatautonomen Vergütungsvereinbarung bei einem geschäftsunfähigem Betreuten unter Zuhilfenahme eines Ergänzungsbetreuers 284 IV. Zwischenergebnis zur Zumutbarkeit der Betreuung eines Unternehmers . . . . . . 287 C. Auswahl des Betreuers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 D. Ergebnis zu der Person des Betreuers und der Zumutbarkeit der Übernahme der Betreuung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289
Kapitel 6 Die Vorsorgevollmacht als Alternative zur Betreuung
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A. Grundsätzliches zur Vorsorgevollmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 B. Anforderungen an die „unternehmensbezogene Vorsorgevollmacht“ . . . . . . . . . . . . . . 292 C. Notwendigkeit der Kontrollbetreuung, § 1896 Abs. 3 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 I. Problemstellung: Fehlende Überwachungsfähigkeit des Vollmachtgebers . . . . . 294 II. Voraussetzungen der Bestellung eines Kontrollbetreuers – Beachtung des Erforderlichkeitsgrundsatzes bei der Festlegung des Überwachungsbedarfes . . . . . 295 III. Handlungsmöglichkeiten eines Kontrollbetreuers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 1. Überwachung des Bevollmächtigten und Weisungsbefugnis des Kontrollbetreuers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 2. Möglichkeit des Widerrufs der Vollmacht durch den Kontrollbetreuer . . . . . . 299 a) Grundrechtliche Vorgaben zum Widerruf der Vorsorgevollmacht durch den Kontrollbetreuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 b) Bestehen eines wichtigen Grundes als Voraussetzung für den Widerruf . . 301 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 IV. Verhinderung der Anordnung der Kontrollbetreuung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 1. Gestaltungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 2. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 V. Exkurs und Gestaltungshinweis: Betreuungsverfügung, § 1897 Abs. 4 Satz 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 VI. Zwischenergebnis zu der Kontrollbetreuung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 D. Mögliche Probleme im Zusammenhang mit einer Vorsorgevollmacht . . . . . . . . . . . . . 304 I. Missbrauchsgefahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304
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Inhaltsverzeichnis II. Erforderlichkeit der Anordnung einer Betreuung trotz errichteter Vorsorgevollmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 1. Erforderlichkeit der Betreuung bei Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 2. Erforderlichkeit der Betreuung bei einer unvollständigen Vorsorgevollmacht 306 3. Erforderlichkeit der Betreuung wegen nicht geeigneter Form der Vollmacht 307 4. Erforderlichkeit der Betreuung wegen fehlender Zustimmung der Mitgesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 5. Erforderlichkeit der Betreuung wegen Akzeptanzproblemen . . . . . . . . . . . . . 308 a) Akzeptanzprobleme wegen Zweifeln an der Wirksamkeit der Vollmacht 308 b) Akzeptanzprobleme gründend auf einem Fehlverhalten des Vorsorgebevollmächtigtem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309
E. Zwischenergebnis zur (unternehmensbezogenen) Vorsorgevollmacht und kursorischer Vergleich mit der Betreuung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 Schlussbetrachtung und Ausblick auf die Reform des Betreuungsrechts . . . . . . . . . . 311 A. Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse in Thesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 B. Bewertung der Praktikabilität der Betreuung eines Unternehmers . . . . . . . . . . . . . . . . 315 C. Ausblick auf die Reform des Betreuungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319 I. Zur Neuregelung des betreuungsrechtlichen Außen- und Innenverhältnisses . . . 320 II. Zur Vermögenssorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 III. Zur Haftung des Betreuers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322 IV. Zu den Genehmigungstatbeständen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323 V. Zu den Dokumentationspflichten des Betreuers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324 VI. Zur Vergütung des Betreuers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324 VII. Zur Vorsorgevollmacht und dem neuen Ehegattennotvertretungsrecht . . . . . . . . 324 VIII. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353
Einführung A. Problemstellung Zahlreiche Selbstständige verbinden mit ihrem Lebenswerk unzählige Stunden Arbeit, Ideen, Fleiß, Muße, Enttäuschungen, Leid und Erfolg. Die Faszination, die Einzelunternehmer, Personenhandelsgesellschafter oder GmbH-Gesellschafter verspüren, mag gerade in Zeiten des medizinischen Fortschritts dazu führen, dass sie „ihrer Firma“ sehr lange, bis ins hohe Alter treu bleiben. Dabei liegt es in der Natur des Menschen, sich nicht damit auseinandersetzen zu wollen, dass die eigenen Kräfte und Fähigkeit mit dem Alter oder durch einen Unglücksfall nachlassen können. Verstärkt wird die Aversion zur Auseinandersetzung mit einer möglicherweise eintretenden eigenen Schwäche durch den Irrglauben, dass im Fall eines Unfalls und darauffolgenden Komas der Ehegatte automatisch dazu befugt sei, sämtliche Entscheidungen für den Betroffenen stellvertretend zu treffen.1 Auch wegen dieser (rechtlichen) Fehleinschätzung werden in Deutschland nur wenige Vorsorgevollmachten errichtet. Insbesondere bei Kleinunternehmen und Mittelständlern wird häufig allenfalls Vorsorge für den eigenen Todesfall getroffen. Regelungen für die eigene Unfähigkeit, Entscheidungen zu treffen, fehlen.2 In der Literatur mehren sich die Stimmen, welche bei unternehmerisch tätigen Personen das Errichten einer Vorsorgevollmacht für unabdingbar halten, um eine staatliche Einsicht- und Einflussnahme zu verhindern.3 Insgesamt hat sich die Anzahl der in Deutschland registrierten Betreuungsverfahren auf knapp unter 1,3 Millionen verringert, während mittlerweile über 4 Millionen Vorsorgevollmachten registriert sind.4 Im Jahr 2011 wurde eine der reichsten Frauen der Welt, die mittlerweile verstorbene L’Oréal-Erbin Liliane Bettencourt von einem Vormundschaftsgericht in der
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BR-Drs 505/16, S. 5. Heckschen, NZG 2012, 10 (14) mit der Einschätzung, dass etwa 6 % der Gesellschaftergeschäftsführer eine Vorsorgevollmacht errichtet hätten. 3 Baumann/Selzener, RNotZ 2015, 605 (606 f.); Heckschen, NZG 2012, 10 (13); Proff, DStR 2020, 1380 (ebd.); Raub, Vorsorgevollmachten im Personengesellschaftsrecht, 2013, S. 52; Schäfer, ZHR 175 (2011), 557 (559); Stückemann, FS Leinemann, 109 (124); Wedemann, Personen- und Kapitalgesellschaftsrecht an den Schnittstellen zum Familien- und Erbrecht, 2015, 95 (96); Werner, GmbHR 2013, 964 (964); Westermann, FS Blaurock, 527 (542). 4 Betreuungszahlen 2015, S. 3, 6; Drucksache 564/20, S. 323. 2
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Einführung
Nähe von Paris wegen einer Demenzerkrankung entmündigt.5 Ihr Enkel fungierte im Anschluss als ihr Vormund und ihre Tochter kümmerte sich um die Verwaltung der Finanzen.6 Am 29. Dezember 2013 verunglückte der siebenfache Formel-1-Weltmeister Michael Schumacher beim Skifahren und lag danach im künstlichen Koma.7 Die Demenz von Frau Bettencourt und der Unfall von Herrn Schumacher sind zwei Beispiele für die Unfähigkeit, eigene Angelegenheiten zu besorgen. Sowohl der plötzliche Eintritt der Betreuungsbedürftigkeit als auch der altersbedingte geistige Abbau stellen ein Risiko für ein Unternehmen dar. Während der im Koma liegende Mensch gar keine Entscheidungen mehr treffen kann, riskiert derjenige, dessen geistige Fähigkeiten im Alter abnehmen, dass sein „Lebenswerk“ durch ungeschickte Entscheidungen Schaden erleidet. Wenn keine Vorsorgevollmacht errichtet worden ist, bestellt das Betreuungsgericht einen Betreuer, welcher als Stellvertreter für den Betroffenen auftreten kann. In dieser Arbeit soll untersucht werden, ob das Rechtsinstitut der Betreuung Antworten auf die rechtlichen Fragen bereithält, die sich mit der Betreuung eines unternehmerisch tätigen Menschen stellen. Auf den Regelfall des Betreuten, den „dementen, pensionierten Verbraucher“8 mitsamt den sich bei jedem Betreuten stellenden Problemen,9 wird nur eingegangen, sofern die sich stellenden Fragen Rückschlüsse auf den betreuten Unternehmer zulassen. Die Untersuchung zeigt, ob und wie das Rechtsinstitut der rechtlichen Betreuung in Anbetracht einer unternehmerisch tätigen Person insbesondere im Hinblick auf die Vermögenssorge funktioniert und ob und inwieweit es zu Friktionen zwischen den (gesellschaftsrechtlichen) Interessen des betreuten Unternehmers und den von der öffentlichen Fürsorge geprägten Vorgaben des Betreuungsrechts kommt.
B. Kurzüberblick über den Ablauf des Betreuungsverfahrens Nach § 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB kann das Betreuungsgericht für einen Volljährigen, der auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten nicht besorgen kann, einen
5 „L’Oréal-Erbin wird entmündigt“, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17. 10. 2011, http: //www.faz.net/aktuell/liliane-bettencourt-l-oreal-erbin-wird-entmuendigt-11496224.html, zuletzt aufgerufen am 13. 02. 2021. 6 „Gericht entmündigt Frankreichs reichste Frau“, Spiegel Online, 17. 10. 2011, http://www. spiegel.de/panorama/gesellschaft/l-oreal-erbin-bettencourt-gericht-entmuendigt-frankreichsreichste-frau-a-792174.html, zuletzt aufgerufen am 13. 02. 2021. 7 „Michael Schuhmacher nach Skiunfall im Koma“, Süddeutsche Zeitung, 30. 12. 2013, https://www.sueddeutsche.de/sport/unglueck-in-den-franzoesischen-alpen-michael-schuma chers-nach-skiunfall-im-koma-1.1852907, zuletzt aufgerufen am 13. 02. 2021. 8 Reymann, ZEV 2005, 457 (ebd.). 9 Vgl. exemplarisch für Aufenthaltsbestimmungen: Coeppicus, FamRZ 1992, 741 (742 ff.).
B. Kurzüberblick über den Ablauf des Betreuungsverfahrens
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Betreuer bestellen.10 Die Anordnung der Betreuung muss gemäß § 1896 Abs. 2 BGB erforderlich sein. Erforderlich ist die Bestellung eines Betreuers, wenn es keine anderen Hilfen gibt, welche die Angelegenheiten des Betroffenen ebenso gut erledigen könnten. Das Verfahren richtet sich nach §§ 271 ff. FamFG, wobei über den medizinischen Befund grundsätzlich ein Sachverständigengutachten nach § 280 Abs. 1 Satz 1 FamFG im Rahmen einer förmlichen Beweisaufnahme gemäß § 30 FamFG einzuholen ist.11 Sofern der Betroffene nicht dazu in der Lage ist, seine Interessen in dem Verfahren der Betreuerbestellung wahrzunehmen, ist nach § 276 Abs. 1 Satz 1 FamFG ein Verfahrenspfleger zu bestellen.12 Aus § 1896 Abs. 1 Satz 1, 2 BGB folgt, dass ausschließlich der Betroffene, unabhängig von seiner Geschäftsfähigkeit, antragsberechtigt ist.13 Kommt das Betreuungsgericht, bei dem nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RPflG für die Einheitsentscheidung funktionell der Richter zuständig ist, zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen des § 1896 Abs. 1, 2 BGB erfüllt sind, wird ein Betreuer durch einen Beschluss, dessen Anforderungen § 286 FamFG aufzeigt, ernannt. Die Bestellung eines Betreuers geschieht grundsätzlich im Interesse des Betreuten. Nur ausnahmsweise kann die Bestellung eines Betreuers auch aufgrund von Drittinteressen erforderlich sein, wenn beispielsweise der Dritte anderenfalls nicht dazu in der Lage wäre, seine Rechte gegen den Betroffenen geltend zu machen.14 Ergänzend dazu, dass eine Betreuung nur ausnahmsweise im Interesse eines Dritten angeordnet werden kann, können Dritte auch keinen Antrag auf Anordnung einer Betreuung stellen. Dritte haben lediglich die Möglichkeit, eine Betreuung nach § 24 FamFG anzuregen,15 weil die Bestellung eines Betreuers nach § 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB von Amts wegen erfolgen kann. Nach einer solchen Anregung hat das Betreuungsgericht im Rahmen des Amtser10 Zu den Voraussetzungen an den medizinischen Befund siehe vertiefend: Münchener Kommentar BGB/Schwab, § 1896 BGB, Rn. 9 ff.; BeckOGK/Schmidt-Recla, § 1896 BGB, Rn. 70 ff.; Voigt, Die Pflichten des Betreuers, 1994, S. 21 ff. Siehe zu Einzelheiten zur Demenz aus medizinischer und juristischer Sicht: Losch, ZErb 2017, 188 (189 ff.). 11 Jürgens BtR/Kretz, § 280 FamFG, Rn. 2 f. Abweichend von dem Sachverständigengutachten reicht bei der Bestellung eines Kontrollbetreuers als Dokumentation ein ärztliches Zeugnis ausweislich § 281 Abs. 1 Nr. 2 FamFG aus. 12 Zimmermann, FamFG, S. 172. 13 Meier, FPR 2004, 659 (ebd.). 14 Vgl. noch zum Gebrechlichkeitspflegschaftsrecht: BGH, Beschluss vom 07. 11. 1984 – IV b ZB 830/81, BGHZ 93, 1 (6). Die Anordnung einer Betreuung im Drittinteresse wird aber auch heute noch ganz einhellig als Ausnahme anerkannt, vgl. nur: BeckOGK/Schmidt-Recla, § 1896 BGB, Rn. 107 ff.; Münchener Kommentar BGB/Schwab, § 1896 BGB, Rn. 22. Siehe ebenfalls Staudinger/Bienwald (2017), § 1896 BGB, Rn. 151 ff., der zum selben Ergebnis kommt, dies jedoch abweichend begründet: Seiner Ansicht nach dient die Bestellung eines Betreuers zum Zweck der Durchsetzung von Rechten eines Dritten direkt dem Betroffenen, da durch die Bestellung eines Betreuers die Partizipation am Rechtsverkehr ermöglicht wird. Weitergehend zu diesem Interpretationsmodell des Betreuungsrechts, dem sogenannten „Aufbaumodell“: Kapitel 1 C. II. 1. 15 BeckOGK/Schmidt-Recla, § 1896 BGB, Rn. 118; BeckOK BGB/Müller, § 1896 BGB, Rn. 35. Abweichend zu § 23 FamFG hat die Anregung gemäß § 24 FamFG keine verfahrensbegründende Wirkung, vgl.: Münchener Kommentar ZPO/Ulrici, § 24 FamFG, Rn. 3.
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Einführung
mittlungsgrundsatzes des § 26 FamFG die Betreuungsbedürftigkeit des Betroffenen zu ermitteln und zu überprüfen. Bei der Anordnung einer Betreuung wird für den Betreuer im Bestellungsbeschluss nach §§ 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB, 38 Abs. 1 Satz 1, 286 Abs. 1 Nr. 1 FamFG der Aufgabenkreis bezeichnet. Innerhalb des zugewiesenen Aufgabenkreises soll der Betreuer gemäß § 1902 BGB als Vertreter für den Betreuten handeln. Die Bestellung eines Betreuers hat keine Auswirkungen auf die Geschäftsfähigkeit des Betroffenen. Sofern kein Einwilligungsvorbehalt im Sinne des § 1903 Abs. 1 Satz 1 BGB angeordnet worden ist, entsteht eine Doppelzuständigkeit zwischen dem Betreuer und dem Betreuten. Innerhalb des Aufgabenkreises der Betreuung können Betreuer und Betreuter jeweils Willenserklärung mit Wirkung für den Betreuten abgeben.16 Sofern eine erhebliche Gefahr für die Person oder das Vermögen des Volljährigen besteht, kann der Beschluss um die Anordnung des Einwilligungsvorbehaltes nach §§ 1903 Abs. 1 Satz 1 BGB, 286 Abs. 2 FamFG ergänzt werden. Im Falle eines Einwilligungsvorbehaltes wird die Rechtsstellung des Betreuten derjenigen eines beschränkt Geschäftsfähigen nach § 1903 Abs. 1 Satz 2 BGB angenähert.17 Wie bei beschränkt Geschäftsfähigen nach §§ 2, 106 ff. BGB wird die Willenserklärung des Betreuten sofort wirksam, wenn sie dem Betreuten gemäß § 1903 Abs. 3 Satz 1 BGB lediglich einen rechtlichen Vorteil bringt.18 Weitergehend als bei beschränkt Geschäftsfähigen und insoweit auf die Volljährigkeit des Betreuten achtend ist eine Einwilligung des Betreuers nach § 1903 Abs. 3 Satz 2 BGB auch dann nicht erforderlich, wenn es sich um Geschäfte handelt, welche eine geringfügige Angelegenheit des täglichen Lebens betreffen.
16 Sachsen Gessaphe, Der Betreuer als gesetzlicher Vertreter für eingeschränkt Selbstbestimmungsfähige, 1999, S. 173; Schellhammer, Familienrecht, Rn. 1833; BeckOK BGB/ Müller, § 1902 BGB, Rn. 15; Bienwald/Sonnenfeld/Harm/Bienwald, § 1902 BGB, Rn. 5 f. 17 Allerdings enthält § 1903 Abs. 3 Satz 2 BGB eine Ausnahme für geringfügige Angelegenheiten des täglichen Lebens. Eine andere Möglichkeit ist, dass es einen nach § 104 Nr. 2 BGB komplett geschäftsunfähigen Betreuten gibt, für den § 105a Satz 1 BGB Geschäfte des täglichen Lebens für wirksam erklärt; vgl. zum Grundgedanken hinter beiden Normen: BTDrs 14/9266, S. 43; und zur Kritik an § 105a BGB: Casper, NJW 2002, 3425 (3429); Pawlowski, JZ 2003, 66 (67); sowie zum Verhältnis der beiden Ausnahmevorschriften einerseits: Löhnig/Schärtl, AcP 204 (2004), 25 (30 ff.), die für eine Integration des § 105a BGB in die §§ 104 ff. BGB und für die §§ 1896 ff. BGB eine von § 110 BGB abweichende Definition des „Bewirkens“ erarbeiten und andererseits Lipp, FamRZ 2003, 721 (725, 729), der § 105a BGB als „Gegenstück“ zu § 1903 Abs. 3 Satz 2 BGB betrachtet, welches mithilfe einer teleologischen Reduktion auf die Fälle beschränkt sein soll, in denen der Betreuer an einem Geschäft nicht beteiligt sei. 18 Sachsen Gessaphe, Der Betreuer als gesetzlicher Vertreter für eingeschränkt Selbstbestimmungsfähige, 1999, S. 438; BeckOGK/Schmidt-Recla, § 1903 BGB, Rn. 3.
C. Terminologische Vorfragen
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C. Terminologische Vorfragen I. Die „Betreuungsverfügung“ Sofern in dieser Arbeit von einer „Betreuungsverfügung“ gesprochen wird, ist damit ein geäußerter Wunsch des Volljährigen im Sinne des § 1897 Abs. 4 Satz 1, 3, 1901c BGB gemeint, nach welchem ein bestimmter Dritter zum Betreuer ernannt werden soll.19 Sofern dies dem Wohl des Betroffenen nicht widerspricht, hat das Betreuungsgericht diese Ausübung der Selbstbestimmungsfreiheit zu achten und dem Wunsch daher zu folgen. Ist der Wunsch in Schriftform verfasst, ist das Schriftstück gemäß § 1901c Satz 1 BGB unverzüglich nach Kenntniserlangung vom eingeleiteten Betreuungsverfahren bei dem Betreuungsgericht abzugeben.
II. Der „betreute Unternehmer“ Der Begriff des „Unternehmens“ wird in der Rechtsordnung unterschiedlich verstanden; eine vereinheitlichende Betrachtung ist nicht möglich.20 Ein Unternehmen ist kein gesellschaftsrechtlicher oder handelsrechtlicher Begriff, sondern wird allgemein als sozialer Verband verstanden.21 Wird in dieser Arbeit von einem „Unternehmen“ gesprochen, ist damit die Teilnahme eines Mittelständlers am Wirtschaftsleben unter Einsatz personeller, finanzieller oder sachlicher Ressourcen gemeint.22 Unternehmen im Sinne dieser Arbeit sind einige der vom deutschen Mittelstand gewählten Formen der Partizipation am Wirtschaftsleben. Konkret kann ein Unternehmen im Sinne dieser Arbeit eine Kommanditgesellschaft, ein Einzelkaufmann oder eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung sein. Gemeinsam haben die genannten Partizipationsarten, dass sie „personalistisch strukturiert“23 sind und am Wirtschaftsleben teilnehmen. „Unternehmer“ im Sinne dieser Arbeit ist derjenige, der als natürliche Person Bestandteil der personalistischen Struktur des Unternehmens ist. Konkret umgrenzt der Begriff des Unternehmers in der vorliegenden Untersuchung rechtsformübergreifend die Beteiligung eines Gesellschafters an einer
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Vgl.: BGH, Beschluss vom 03. 08. 2016 – XII ZB 616/16, NJW-RR 2016, 1156 (ebd.); Epple, BWNotZ 1992, 27 (28 ff.); Müller/Renner, Betreuungsrecht, 2015, Rn. 413 ff.; Perau, MittRhNotK 1996, 285 (288 f.); Kurze/Kurze, § 1901c BGB, Rn. 5, 7. 20 Vgl. nur: BGH, Urteil vom 26. 10. 1959 – KZR 2/59, BGHZ 31, 105 (108 f.); BGH, Urteil vom 13. 10. 1977 – II ZR 123/76, BGHZ 69, 334 (335 f.); BGH, Beschluss vom 08. 05. 1979 – KVR 1/78, BGHZ 74, 359 (364); Ulmer, FS Goerdeler, 623 (626 f.); Koch, Gesellschaftsrecht, § 38, Rn. 10. 21 Schmidt, Handelsrecht, § 1 II, § 4 I 2; ähnlich bezogen auf ein Unternehmen im Sinne des Handelsrechts: Raisch, Geschichtliche Voraussetzungen, dogmatische Grundlagen und Sinnwandlung des Handelsrechts, 1965, S. 193. 22 Angelehnt an Fezer/Fezer, § 3 MarkenG, Rn. 206. 23 Heckschen, NZG 2012, 10 (11).
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KG oder einer GmbH und umfasst auch die Stellung als Einzelkaufmann.24 Ähnlich einem Kaufmann haftet der Komplementär einer Kommanditgesellschaft nach §§ 161 Abs. 2, 124, 128 Satz 1 HGB akzessorisch mit seinem Privatvermögen. Die unbegrenzte, persönliche Haftung von Einzelkaufmann und Komplementär ist neben der personalistischen Struktur ein weiteres Kennzeichen eines Unternehmens in dieser Arbeit. Die Ausführungen zu einem betreuten Komplementär einer KG können auch für einen betreuten persönlich haftenden Gesellschafter einer OHG Geltung beanspruchen, soweit sich nicht aus den Besonderheiten der KG anderes ergeben sollte. Um die jedenfalls bei Familienunternehmen nach wie vor beliebte Konstellation einer GmbH & Co. KG abzubilden,25 die einen festen Bestandteil des deutschen Mittelstandes ausmacht, wird kurz auch die Betreuung eines Kommanditisten angesprochen. Gleiches gilt für einen Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH, welcher zwar aufgrund des Trennungsgrundsatzes nicht direkt mit seinem Privatvermögen haftet, aber jedenfalls bei einer Ein-Personen-GmbH einen Durchgriff fürchten kann. Darüber hinaus sind sowohl der GmbH-Gesellschafter als auch der Kommanditist häufig an den für grundlegende Ausrichtung einer Gesellschaft maßgeblichen Entscheidungen beteiligt und aus diesem Grunde Stützen einer personalistischen Struktur und damit Unternehmer im Sinne dieser Arbeit. Sofern im Folgenden von einer Beteiligung an einem Unternehmen gesprochen wird, soll dies nicht in einem ertragsteuerlichen Sinn verstanden und damit die Voraussetzungen der Mitunternehmerschaft im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG voraussetzen.26 Kein im Rahmen dieser Arbeit zu untersuchendes Unternehmen ist eine Aktiengesellschaft. Die ausbleibende Untersuchung einer Aktiengesellschaft gründet auf der Prämisse, dass es für den Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit ab einer gewissen Größe und Struktur kaum denkbare Anwendungsfälle geben kann. Denn die rechtliche Beratung von Vorstands-/Aufsichtsratsmitgliedern wird regelmäßig zur Errichtung von Vorsorgevollmachten geführt haben,27 sodass eine rechtliche Betreuung grundsätzlich nicht angeordnet werden kann. Ferner erlischt das Amt eines Vorstandsmitgliedes nach § 76 Abs. 3 Satz 1, 2 Nr. 1 AktG und das Amt eines Aufsichtsratsmitgliedes nach § 100 Abs. 1 Satz 1, 2 AktG bei Bestellung eines Betreuers unter Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes nach
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Ausschließlich der besseren Lesbarkeit soll es dabei dienen, wenn von der zusätzlichen Verwendung des Wortes „Unternehmerinnen“, „Gesellschafterinnen“ oder „Einzelkauffrauen“ abgesehen wird, die denselben Unwägbarkeiten ausgesetzt sind. Gleiches gilt hinsichtlich der in dieser Arbeit erwähnten Berufsbezeichnungen im weiteren Sinne. 25 Vgl. nur: Binz/Mayer, NZG 2012, 201 (203). 26 Vgl. zu den Begriffen des „Mitarbeiterunternehmers“ und des „Mitarbeitergesellschafters“: Rupp, EStB 2006, 192 (193 ff.). 27 Dagegen fehlt es insbesondere bei Einzelkaufleuten in der Praxis häufig an Vorsorgeregelungen, vgl. bereits an dieser Stelle: Langenfeld, ZEV 2005, 52 (ebd.); vgl. ferner: Stückemann, FS Leinemann, 109 (ebd.); Wedemann, Gesellschafterkonflikte in geschlossenen Kapitalgesellschaften, 2013, S. 148.
D. Ausgangsfrage und Darstellung der wesentlichen Kritikpunkte
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§ 1903 BGB.28 Weiter fehlt einer Aktiengesellschaft regelmäßig die personalistische Struktur.
D. Ausgangsfrage und Darstellung der wesentlichen Kritikpunkte an der Betreuung Die Betreuung könnte ein praktikables Fürsorgeinstrument für einen Unternehmer darstellen. Mithilfe einer Betreuungsverfügung nach § 1897 Abs. 4 Satz 1 BGB kann sichergestellt werden, dass eine Vertrauensperson des Betreuten zum Betreuer bestimmt wird. Insbesondere dann könnte die Betreuung das bessere Vorsorgeinstitut als die Vorsorgevollmacht sein. Der mit dem Betreuten vertraute Dritte könnte eine an die Bedürfnisse angepasste Fürsorge sicherstellen. Gleichzeitig garantierte das Betreuungsgericht eine unabhängige Aufsicht über das Betreuerhandeln. Infolgedessen wird das Missbrauchsrisiko der Vorsorgevollmacht, welcher der privatautonomen Alternative der Betreuung immanent ist, minimiert. Die Ausgangsfrage, ob die Betreuung eines Unternehmers praktikabel sein könnte, widerspricht der weitgehend einhelligen Meinung der jüngeren Literatur.29 Gegen die Geeignetheit der Betreuung für einen Unternehmer könnten a priori die Regelungen des Betreuungs- und des über § 1908i Abs. 1 Satz 1 BGB entsprechend anwendbaren Vormundschaftsrechts streiten. Zahlreiche Normen scheinen nicht auf ein unternehmerisch aktives Handeln, sondern auf die Fürsorge für den „dementen, pensionierten Verbraucher“30 ausgerichtet zu sein. So zielen Regelungen wie die Vorschriften über die mündelsichere Anlage von Betreutengeld gemäß §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1806 f. BGB darauf ab, das Vermögen des Betreuten möglichst risikoavers zu verwalten. Vom Betreuungsgericht zu erteilende Genehmigungen nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1821 f. BGB schränken die Vertretungsmacht des Betreuers ein. Auch die Bevorzugung naher Angehöriger bei der Ernennung zum Betreuer nach § 1897 Abs. 5 BGB scheint eher auf die rechtliche Sorge für im Heim wohnende Großeltern abzuzielen als darauf, wirtschaftliche Entscheidungen treffen zu müssen. Auch fehlen auf den ersten Blick Regelungen, welche Mitgesellschaftern ein Mit28 Vgl. zum sofortigen Amtsverlust: Münchener Kommentar AktG/Spindler, § 76 AktG, Rn. 413; Münchener Kommentar AktG/Habersack, § 100 AktG, Rn. 10. 29 Vgl. ohne Anspruch auf Vollständigkeit: Baumann/Selzener, RNotZ 2015, 605 (606 f.); Heckschen, NZG 2012, 10 (13); Raub, Vorsorgevollmachten im Personengesellschaftsrecht, 2013, S. 52; Schäfer, ZHR 175 (2011), 557 (559); Stückemann, FS Leinemann, 109 (124); Uphoff, Die Vorsorgevollmacht des Personengesellschafters, 2016, S. 39 ff.; Wedemann, Personen- und Kapitalgesellschaftsrecht an den Schnittstellen zum Familien- und Erbrecht, 2015, 95 (96); Werner, GmbHR 2013, 964 (964); Westermann, FS Blaurock, 527 (542). Differenzierend dagegen: Adams, Geschäftsunfähigkeit und Betreuung in Personengesellschaften, 2016, S. 35, welche auch auf die Unsicherheiten im Umgang mit der Vorsorgevollmacht rekurriert. 30 Reymann, ZEV 2005, 457 (ebd.).
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spracherecht bei der Ernennung eines Betreuers, der unter anderem an die Gesellschafterstellung geknüpfte Entscheidungen stellvertretend treffen soll, einräumen. Die an dieser Stelle nur angedeuteten Schwierigkeiten, welche die Betreuung eines Unternehmers für ein Unternehmen bringen kann, werden in der rechtswissenschaftlichen Literatur dadurch zu umgehen versucht, dass Gestaltungen zur Vermeidung einer Betreuung diskutiert werden.31 Insbesondere wird die Errichtung einer auf die Besonderheiten des Unternehmens abgestimmten „unternehmensbezogenen Vorsorgevollmacht“ vorgeschlagen.32 Bevor die rechtliche Betreuung zum juristischen „Super-Gau“33 für ein Wirtschaftsunternehmen stilisiert werden kann, ist konkret zu untersuchen, welche Folgen die Anordnung einer Betreuung für einen Unternehmer auslöst. Erst eine betreuungs- und gesellschaftsrechtliche Untersuchung kann zeigen, inwieweit die rechtliche Betreuung zur Fürsorge für einen Unternehmer geeignet ist. Normen wie §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 3, 1823, 1841 Abs. 2 Satz 1 BGB stellen besondere Anforderungen an den Umgang des Betreuers mit einem Erwerbsgeschäft des Betreuten. Die kursorische Erwähnung eines Erwerbsgeschäfts des Betreuten deutet darauf hin, dass die Betreuung eines Unternehmers dem Gesetzgeber zumindest denkbar erschienen ist. In die gleiche Richtung weisen die Gesetzesbegründungen, welche als Beispiel zu § 1899 Abs. 1 BGB anführen, dass „die Sorge für ein Wirtschaftsunternehmen des Betroffenen einer in wirtschaftlichen Dingen erfahrenen Person“34 übertragen werden könnte. Das Handeln eines jeden 31 Siehe an dieser Stelle nur: Baumann/Selzener, RNotZ 2015, 605 (608 ff.); Raub, Vorsorgevollmacht, S. 44 ff.; Wedemann, ZIP 2013, 1508 (1509 ff.). 32 Siehe hierzu ausführlich: Kapitel 6 B. 33 Werner, GmbHR 2013, 963 (ebd.). Sehr anschaulich ist auch das Schreckensszenario bei Hennerkes/Kirchdörfer, Die Familie und ihr Unternehmen, 2015, S. 233: Es wird geschildert, wie ein Mehrheitsgesellschafter eines Automobilzulieferers nach einem Autounfall im Koma liegt. Mangels Vorsorge wird ein Rechtsanwalt zum Betreuer bestellt und infolgedessen erstens dem Betreuten in körperlicher Hinsicht eine neuartige Behandlungsmethode verweigert, dessen Bezahlung die Krankenkasse verneint, zweitens keine Unterstützungen für die in der Ausbildung befindlichen Kinder des Betreuten gewährt und drittens ein Steuerberater gegen den Widerstand der anderen Gesellschafter zum Geschäftsführer bestellt, woraufhin ein Jahr später das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft eröffnet wird. 34 BT-Drs 11/4528, S. 130. Wird in dieser Arbeit von dem Willen des Gesetzgebers gesprochen, so wird des Öfteren auf die Begründungen und Gesetzesmaterialien verwiesen. Dies basiert darauf, dass eine objektiv teleologische Auslegung, die den Gesetzestext für klüger erachtet als den Normsetzenden ein Einfallstor für den jeweiligen Zeitgeist enthält, was gerade in Anbetracht der deutschen Geschichte nicht mit dem Demokratieverständnis übereinstimmen kann. Ausweislich Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG geht die Rechtsmacht vom Volke aus. Dieses entscheidet durch Wahlen, wer ihre Interessen wahren und stellvertretend Entscheidungen treffen soll. Während Art. 20 Abs. 3 GG dem Gesetzgeber die Normsetzungsprärogative einräumt, obliegt die Letztentscheidungskompetenz in der Normanwendung dem Richter, der im Wege eines „denkenden Gehorsams“ feststellen soll, welche Erwägungen den historischen Gesetzgeber dazu veranlassten, eine bestimmte Regelung zu treffen. Aus diesen Erkenntnissen heraus hat er die Norm unter Umständen an die geänderten Gegebenheiten anzupassen. Aufgrund dieses Verständnisses als Axiom der Auslegung werden die Gesetzgebungsmaterialien
D. Ausgangsfrage und Darstellung der wesentlichen Kritikpunkte
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Betreuers wird vom Betreuungsgericht kontrolliert. Teilweise bedürfen die von dem Betreuer stellvertretend für den Betreuten abgegebenen Willenserklärungen zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung des Betreuungsgerichts. Auch treffen jeden Betreuer die Rechnungslegungspflichten nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1840, 1841 BGB. Bei einem betreuten Unternehmer können derartige den Betreuten schützende Procedere aufgrund ihrer „Sperrigkeit“ und „Umständlichkeit“ das Verhalten des Betreuers in besonderer Weise behindern.35 Denn bei einem für einen Unternehmer handelnden Betreuer kann es auf Entscheidungsfreiheit und Handlungsgeschwindigkeit ankommen. Allerdings könnte derartigen Bedenken mit dem Hinweis auf die weitgehenden Unkontrollierbarkeit der Handlungen des Vorsorgebevollmächtigten und der damit einhergehenden Gefahr eines Missbrauchs der Rechtsmacht entgegengetreten werden, solange der Bevollmächtigte nicht offensichtlich die Vollmacht zulasten des Bevollmächtigten missbraucht.36 Insbesondere ein mehr oder weniger diskreter Missbrauch einer Vollmacht stellt ein erhebliches Risiko dar, weil insbesondere im Falle der abnehmenden geistigen Fähigkeiten des Vollmachtgebers ein Eingreifen Dritter häufig erst stattfinden wird, wenn der (ehemals vermögende) Vollmachtgeber faktisch enteignet worden ist.37 Eine eventuelle Kontrollbetreuung nach § 1896 Abs. 3 BGB wird erst angeordnet, wenn objektive Anzeichen darauf hindeuten, dass der Bevollmächtigte mit der Komplexität und dem Umfang der vorzunehmenden Tätigkeit überfordert ist.38 Sofern zur Prävention gegen einen Missbrauch der Vorsorgevollmacht vorgeschlagen wird, einen oder mehrere Kontrollbevollmächtigte zu bestellen, birgt auch dies einige Probleme. So kann eine wirksame Kontrolle nur durch Kontrolleure sichergestellt werden, welche den Vollmachtgeber gut kennen und einschätzen können und deren Sachverstand dem Bevollmächtigten gleicht. Weiter könnte der mit der Bestellung des Betreuers nach § 290 FamFG auszuhändigende Betreuerausweis zu einer Akzeptanz des Auftretens des Betreuers gegenüber Dritten führen. Insbesondere bei einem rapiden Abbau der geistigen Fähigkeiten des Vollmachtgebers über einen längeren Zeitraum bestünde die Gefahr, dass Dritte, denen gegenüber eine erst vor kurzer Zeit errichtete Vorsorgevollmacht verwendet werden soll, Vorbehalte gegen die Wirksamkeit der Vollmacht aufgrund des geistigen Zustandes des Vollmachterteilenden im Zeitpunkt der Erteilung der Vollmacht haben für den Willen des Gesetzgebers herangezogen. Vgl. methodisch und zu dem Zitat des „denkenden Gehorsams“: Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, Rn. 706 ff., 720 ff., 806 ff. 35 Vgl. nur: Wedemann, Personen- und Kapitalgesellschaftsrecht an den Schnittstellen zum Familien- und Erbrecht, 2015, 95 (96); Wilde, GmbHR 2010, 123 (ebd.). 36 Landenberg, Die Vollmacht vor und nach dem Erbfall, 2017, S. 118. 37 Vgl.: Landenberg, Die Vollmacht vor und nach dem Erbfall, 2017, S. 112; Lehmann/ Hahn, ZEV 2016, 570 (ebd.): „Zu Lebzeiten eines geschäftsunfähigen Betroffenen bleibt der Vorsorgebevollmächtigte […] grds. weitgehend unkontrolliert“. 38 BGH, Beschluss vom 06. 07. 2016 – XII ZB 61/16, BGHZ 211, 67 (78); BGH, Beschluss vom 23. 09. 2015 – XII ZB 624/14, NJW 2015, 3657 (ebd.); BGH, Beschluss vom 16. 07. 2014 – XII ZB 142/14, NJW 2014, 3237 (3238); BGH, Beschluss vom 21. 03. 2012 – XII ZB 666/11, NJW-RR 2012, 834 (ebd.).
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könnten.39 Im äußersten Fall könnte dann eine Betreuung trotz Bestehens einer Vorsorgevollmacht erforderlich sein, wenn die Zweifel an der Geschäftsfähigkeit des Vollmachtgebers im Zeitpunkt der Vollmachterteilung derart gravierend sind, dass die erteilte Vollmacht im Rechtverkehr nicht vollumfänglich akzeptiert wird.40 Darüber hinaus könnte bei der privatautonomen Gestaltung in Form einer Vorsorgevollmacht problematisch sein, (ab) wann der Vorsorgefall eintreten und wer dies bestimmen soll. Die gemäß § 26 FamFG vom Amtsermittlungsgrundsatz getragene Entscheidung des Betreuungsgerichts könnte dagegen eine objektive, unbeeinflussbare Alternative darstellen. Sofern dem oft vorgebrachten Kritikpunkt des Tätigwerdens eines „Betriebsfremden“41 mithilfe einer Betreuungsverfügung nach § 1897 Abs. 4 BGB zuvorgekommen würde, bietet eine erste Bestandsaufnahme genug argumentativen Spielraum, das Spezifikum des betreuten Unternehmers näher zu untersuchen. Außerdem ist die Vertretungsmacht des Betreuers für den Betreuten gesetzlicher Natur. Gegenüber der gewillkürten Stellvertretung im Rahmen der Vorsorgevollmacht könnte die gesetzliche Vertretungsmacht den konstruktiven Vorteil aufweisen, dass eine Ausübung von Gesellschafterrechten nicht von der Zustimmung der Mitgesellschafter abhängig wäre, weil die gesetzliche Vertretungsmacht nicht mit der Höchstpersönlichkeit der Ausübung von Gesellschafterrechten kollidiert.42 Für die Wirksamkeit einer unternehmensbezogenen Vorsorgevollmacht wird hingegen die Zustimmung der Mitgesellschafter für notwendig befunden.43 Sollten Gesellschafter untereinander derart zerstritten sein, dass sie den Vorsorgevollmachten anderer Gesellschafter nicht zustimmen, können die jeweiligen Bevollmächtigungen eines Dritten nicht wirksam werden.44 Wenn eine unternehmensbezogene Vorsorgevollmacht nicht erteilt werden kann, und ein Gesellschafter betreuungsbedürftig wird, muss ein Betreuer bestellt werden. Dies vorangestellt ist die Ausgangsfrage, ob es sich bei der Betreuung um ein praktikables Fürsorgeinstrument für einen betreuten Unternehmer handelt, einer Untersuchung wert.
39 OLG München, Beschluss vom 05. 06. 2009 – 33 Wx 278, 279/03, NJW-RR 2009, 1599 (1602 f.). 40 Vgl.: BGH, Beschluss vom 19. 10. 2016 – XII ZB 289/16, FamRZ 2017, 141 (142); BGH, Beschluss vom 17. 02. 2016 – XII ZB 498/15, FamRZ 2016, 704 (705); BGH, Beschluss vom 03. 02. 2016 – XII ZB 425/14, FamRZ 2016, 701 (704). 41 Jocher, notar 2014, 3 (ebd.). 42 Vgl. bereits: RG, Urteil vom 12. 02. 1929 – II 295/28, RGZ 123, 289 (299). 43 Vgl. grds. für die gewillkürte Stellvertretung: Richardi, Das Verwaltungsrecht des Testamentsvollstreckers an der Mitgliedschaft in einer Personenhandelsgesellschaft, 1961, S. 18; für die unternehmensbezogene Vorsorgevollmacht: Raub, Vorsorgevollmachten im Personengesellschaftsrecht, 2013, S. 143 ff. 44 Siehe zu Erforderlichkeit der Anordnung der Betreuung trotz errichteter Vorsorgevollmacht: Kapitel 6 D. II.
E. Gang der Untersuchung
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E. Gang der Untersuchung Die Betreuung wird von der Politik als Institut der sozialen Fürsorge betrachtet und nicht als originäre Einrichtung der Vermögensverwaltung.45 Dieses Verständnis erklärt beispielsweise, warum die Personensorge in den §§ 1896 ff. BGB ausführlich geregelt ist, während die Vermögenssorge aus einer Verweisung auf die Regelungen des Vormundschaftsrechts gemäß § 1908i Abs. 1 Satz 1 BGB besteht. Vorab werden die rechtlichen Grundlagen der Betreuung untersucht. Die grundrechtlichen Grundlagen des Handelns eines Betreuers müssen vorab kurz skizziert werden (Kapitel 1). Erkenntnisse betreffend die grundrechtlichen Folgen des Handelns des Betreuers sind notwendige Grundlage, um die Regelungen der Vermögenssorge und eventuelle Problemfelder beim Aufeinandertreffen von Familien- und Gesellschaftsrecht zutreffend einordnen zu können. Da den meisten Unternehmern viel daran gelegen sein wird, dass im Fall der Anordnung der Betreuung in dem Unternehmen enthaltenes Vermögen nicht direkt aufgelöst und in eine mündelsichere Anlageform überführt wird, wird im zweiten Kapitel allgemein untersucht, ob und inwieweit die Regelungen der Vermögenssorge eine Betreuung ermöglichen, die mit den Bedürfnissen und Interessen eines betreuten Unternehmers übereinstimmt (Kapitel 2). Es wird das dogmatische Fundament der Betreuung erarbeitet und ein Vergleich mit dem Testamentsvollstrecker vorgenommen (Kapitel 2 A.). Anschließend wird auf das betreuungsrechtliche Außenverhältnis und die Vermögenssorge im Speziellen eingegangen (Kapitel 2 B.). Für die Praktikabilität der Betreuung eines Unternehmers ist relevant, ob der Betreuer bei einem Misserfolg in der Vermögensverwaltung persönlich haftet (Kapitel 2 B. V. 2.). Einen Schwerpunkt der Untersuchung stellen auch die, die Rechtsmacht des Betreuers begrenzenden, Genehmigungstatbestände dar (Kapitel 2 C.). Jedem Unternehmer ist daran gelegen, dass das Knowhow und sonstige Betriebsinterna Dritten nicht bekannt gemacht werden. Ob und inwieweit die Dokumentationspflichten des Betreuers gegenüber dem aufsichtsführenden Betreuungsgericht Betriebsgeheimnisse veröffentlichen, ist anhand des Umfangs der Dokumentationspflichten herauszuarbeiten (Kapitel 2 D.). Im dritten Kapitel verschiebt sich der Schwerpunkt der Bearbeitung auf das Gesellschaftsrecht und die Frage, wie das Betreuungsrecht mit gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen in Einklang zu bringen ist. Zunächst wird betrachtet, „ob“ der Betreuer als Nichtgesellschafter gesellschafterliche Rechte stellvertretend für den Betreuten geltend machen kann (Kapitel 3 A. II.). Sodann wird untersucht, „wie“ der Betreuer diese Rechte geltend machen kann. Dabei wird unter anderem darauf einzugehen sein, ob und inwieweit der Betreuer die gesellschafterliche Treuepflicht 45 Beispielhaft die Protokolle des deutschen Bundestages, 18. Wahlperiode, 218. Sitzung, Berlin, Donnerstag, 16. Februar 2017, Launert, 21931 (21932), welche als Vergleichsgruppe für Berufsbetreuer auf Sozialpädagogen hinweist, http://dipbt.bundestag.de/extrakt/ba/WP18/765/ 76527.html, zuletzt aufgerufen am 11. 08. 2018.
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zu beachten hat (Kapitel 3 A. III.). Anschließend wird die Möglichkeit einer direkten Inanspruchnahme des Betreuers durch die Gesellschaft überprüft (Kapitel 3 A. IV.). Im Rahmen des vierten Kapitels wird erörtert, ob und inwieweit der Betreuer auch im gesellschaftsrechtlichen Außenverhältnis für die Gesellschaft auftreten kann (Kapitel 4 A.). Ebenfalls wird untersucht, ob die Betreuung der Publizität des Handelsregisters unterliegt (Kapitel 4 B.). Im fünften Kapitel widmet sich die Arbeit der Person des Betreuers. Wer ein umfangreiches Vermögen zu verwalten und sich mit Mitgesellschaftern abzustimmen hat, sieht sich mit einer Vielzahl komplexer Fragestellungen konfrontiert. Konkret könnten die sehr geringen Fallpauschalen nach §§ 1, 4 ff. VBVG dazu führen, dass die Übernahme der Betreuung unzumutbar gemäß § 1898 Abs. 1 BGB sein könnte (Kapitel 5 B.). Im sechsten Kapitel wird skizziert, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Kontrollbetreuer nach § 1896 Abs. 3 BGB zum Widerruf einer einmal errichteten Vorsorgevollmacht in der Lage ist (Kapitel 6 C.) und wann trotz bestehender Vorsorgevollmacht die Bestellung eines Betreuers notwendig ist (Kapitel 6 D.).
Kapitel 1
Die Grundrechtsintensität der Betreuung A. Einführung Die grundrechtlichen Grundlagen der Betreuung könnten sich auf zahlreiche mit der Betreuung eines Unternehmers einhergehende Einzelfragen auswirken. Das Betreuungsrecht ist ein Instrument der sozialen Fürsorge. Als solches zielt es darauf ab, dem einzelnen, unterstützungsbedürftigen Menschen als Privatperson ein dem eigenen Wohl entsprechendes Leben zu ermöglichen. Dass die Grundrechte einen nicht zu verachtenden Faktor bei der Beantwortung von Einzelfragen darstellen, zeigt der einfache Gesetzestext, in welchem mehrfach die dem Verhältnismäßigkeitsprinzip im weiteren Sinne entstammende „Erforderlichkeit“ zu finden ist.1 Wenn die Einzelhandlungen eines Betreuers in die Selbstbestimmungsfreiheit des Betreuten eingriffen, müsste der Betreuer bei jeder seiner Handlungen die Interessen des Betreuten als leitenden Maßstab beachten. Eine derartige, grundrechtlich vorgegebene Pflicht zur Beachtung des Willens des Betreuten hätte bei einem betreuten Unternehmer beispielsweise direkte Auswirkung auf den Umgang mit einmal getroffenen Vermögensanlageentscheidungen des Betreuten. Der betreute Unternehmer wird einen Großteil seines Vermögens vor der Anordnung der Betreuung regelmäßig in eine Unternehmensbeteiligung investiert haben. Wenn diese Investition Ausdruck einer für den Betreuer zu beachtenden Willensentscheidung gewesen ist, dann dürfte der Betreuer die Anlage nicht ohne weiteres, sondern nur bei akuter Verlustgefahr veräußern. Die grundrechtlichen Grundlagen strahlen auch auf die in § 1896 Abs. 2 Satz 1, 2 BGB vorgeschlagene Alternative zur Betreuung eines Unternehmers, die unternehmensbezogene Vorsorgevollmacht, aus. Wenn die Anordnung der Betreuung bereits einen Grundrechtseingriff darstellte, dürfte eine Kontrollbetreuung nach § 1896 Abs. 3 BGB bei einer errichteten Vorsorgevollmacht nicht nur wegen der abstrakten Schwierigkeit oder des Umfangs der von dem Bevollmächtigten vorzunehmenden Geschäfte angeordnet werden. Von dem möglichen Einfluss der Grundrechte hängt ab, ob gesellschaftsvertragliche Regelungen die Wirksamkeit der Stellvertretung beeinflussen können. Beispielhaft sei in diesem Kontext eine Entscheidung des BGH aus dem Jahr 1965 1 BT-Drs 11/4528, S. 58. Von der „Erforderlichkeit“ wird in den §§ 1896 Abs. 2 Satz 1, 2, 1897 Abs. 1, 1901 Abs. 1, 1903 Abs. 1 Satz 1, 1904 Abs. 4 Satz 1, 1906 Abs. 1 Hs. 1, 1908a Satz 1, 1908b Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 Satz 2, 1908d Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 BGB gesprochen.
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Kap. 1: Die Grundrechtsintensität der Betreuung
dargestellt:2 Für eine Gesellschafterin einer offenen Handelsgesellschaft wurde ein Gebrechlichkeitspfleger bestellt, welcher die Verwaltungsrechte der Gesellschafterin wahrnehmen wollte. Im Gesellschaftsvertrag war geregelt, dass eine Vertretung nur durch andere Gesellschafter, Kinder oder Ehegatten möglich sei und ein Bevollmächtigter die Verwaltungsrechte nur dann ausüben dürfe, wenn mindestens 75 % des Gesellschaftskapitals zustimmten. Infolgedessen behaupteten die Mitgesellschafter, dass der Gebrechlichkeitspfleger die Mitwirkungs-/Kontrollrechte der Gesellschafterin nicht stellvertretend wahrnehmen dürfe. Der BGH befand die Regelung in dem Gesellschaftsvertrag für unanwendbar, sodass der Gebrechlichkeitspfleger die gesellschafterlichen Verwaltungsrechte stellvertretend für die Gesellschafterin ausüben konnte. Dies begründete der BGH mit dem sozialen Schutzzweck des damaligen Gebrechlichkeitspflegschafts-/Vormundschaftsrechts, dessentwegen über die Normen der sozialen Fürsorge für Hilfsbedürftige nicht disponiert werden könne.3 Wäre die Argumentation des BGH auch auf das heutige Betreuungsrecht übertragbar, bräuchte der Betreuer zu der Ausübung der Gesellschafterrechte des Betreuten keiner Zustimmung der Mitgesellschafter. Stattdessen käme dem Betreuungsrecht zwingender Charakter zu. Die zustimmungsfreie Ausübungsbefugnis der Gesellschafterrechte durch den Betreuer stellte einen Vorteil der Betreuung gegenüber der Vorsorgevollmacht dar, bei welcher nach einhelliger Meinung die Zustimmung der Mitgesellschafter Voraussetzung für die Ausübungsbefugnis des Vorsorgebevollmächtigten im Hinblick auf die Gesellschafterrechte ist.4 Ob dem Betreuungsrecht zwingender Charakter zukommt, könnte sich aus den Grundrechten ergeben. Wenn es sich bei Einzelmaßnahmen des Betreuers um Eingriffe in grundrechtlich geschützte Positionen des betreuten Unternehmers, wie Art. 2 Abs. 1 GG, handelte, wären die §§ 1896 ff. BGB Grundrechtsschranken. Wenn die §§ 1896 ff. BGB einen Grundrechtseingriff durch die Handlungen eines Betreuers rechtfertigten, wäre eine von der Zustimmung der Mitgesellschafter abhängige Tätigkeit des Betreuers oder eine Modifikation der Tätigkeit eines Betreuers durch Regelungen im Gesellschaftsvertrag nicht zulässig. Denn ein derartiges Verhalten würden Regelungen der sozialen Fürsorge der privatautonomen Gestaltung überantworten. Eine nicht durch eine gemäß § 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB ausdrücklich zugelassene Vorsorgevollmacht erfolgte privatautonome Modifikation der §§ 1896 ff. BGB könnte der Wesentlichkeitstheorie zuwiderlaufen, nach welcher Eingriffe in Grundrechte nur durch ein Parlamentsgesetz gerechtfertigt werden können.5 Sollten die Rechtsbeziehungen zwischen Betreuer und Betreutem privat2 BGH, Urteil vom 21. 06. 1965 – II ZR 68/83, BGHZ 44, 98 (98 ff.). Ausführlich wird auf die Übertragbarkeit der Entscheidung auf das heutige Betreuungsrecht eingegangen in: Kapitel 3 A. II. 2. 3 BGH, Urteil vom 21. 06. 1965 – II ZR 68/83, BGHZ 44, 98 (101). 4 Siehe nur: Raub, Vorsorgevollmachten im Personengesellschaftsrecht, 2013, S. 111 ff. Siehe für weitere Nachweise auch: Fn. 1197; Fn. 1198. 5 Vgl. zur Wesentlichkeitstheorie: Sodan/Ziekow, Öffentliches Recht, § 24, Rn. 29.
B. Anordnung der Betreuung als Eingriff in die Selbstbestimmungsfreiheit
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autonom verändert und dadurch die Handlungsmöglichkeiten des Betreuers verringert werden, könnte der Betreuer die Rechte des Betreuten nicht mehr umfassend im Rahmen des Aufgabenkreises wahrnehmen, sodass unter Umständen ein verfassungswidriger Zustand herbeigeführt werden könnte.
B. Anordnung der Betreuung (mit Einwilligungsvorbehalt) als Eingriff in die Selbstbestimmungsfreiheit des Betreuten Die Bestellung eines Betreuers könnte in die allgemeine Handlungsfreiheit des Betroffenen nach Art. 2 Abs. 1 GG eingreifen. Wird ein Betreuer bestellt, so kann er nach § 1902 BGB als Stellvertreter für den Betreuten auftreten und in dem ihm zugewiesenen Aufgabenkreis Willenserklärungen abgeben. Die Stellung als gesetzlicher Vertreter geht mit einer Fremdbestimmung einher und greift in die Selbstbestimmungsfreiheit und das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen ein.6 Die Grundrechtserheblichkeit der mit der Betreuung einhergehenden Fremdbestimmung wird an § 1896 Abs. 1a BGB ersichtlich, weil der freie Willen des Betreuten eine Anordnung der Betreuung sperrt.7 Eine Verkürzung der allgemeinen Handlungsfreiheit besteht insbesondere in der Unfähigkeit des Betreuten, dem Betreuer die Vertretungsmacht zu entziehen.8 Systematisch indiziert der Erforderlichkeitsgrundsatz, nach welchem gemäß § 1896 Abs. 2 Satz 1 BGB ein Betreuer nur für den Aufgabenkreis bestellt werden kann, in dem die Betreuung erforderlich ist, das Vorliegen eines Eingriffs.9 Flankierend schützt das Verfahrensrecht den Betroffenen, indem sich der Betreuungsrichter nach § 278 Abs. 1 FamFG einen per6
Diesbezüglich herrscht weitgehende Einigkeit. Siehe bereits: Müller-Freienfels, Die Vertretung beim Rechtsgeschäft, 1955, S. 50, 336 ff.; siehe ferner: BT-Drs 15/2494, S. 12, 14; BVerfG, Beschluss vom 29. 06. 1965 – 1 BvR 289/62, BVerfGE 19, 93 (98 f.); BVerfG, Beschluss vom 13. 05. 1986 – 1 BvR 1542/84, BVerfGE 72, 155 (170); BGH, Beschluss vom 28. 07. 2015 – XII ZB 674/14, BGHZ 206, 321 (324); Pardey, Betreuung Volljähriger: Hilfe oder Eingriff, 1989, S. 90; Rausch/Rausch, NJW 1992, 274 (277); Dröge, Die Zwangsbetreuung, 1997, S. 43; Sachsen Gessaphe, Der Betreuer als gesetzlicher Vertreter für eingeschränkt Selbstbestimmungsfähige, 1999, S. 56, 61; Spickhoff, AcP 208 (2008), 343 (353); Krauß, BWNotZ 1999, 86 (ebd.); Streinz, FS Arai, 632 (633); BeckOGK/Schmidt-Recla, § 1896 BGB, Rn. 28; Münchener Kommentar BGB/Schwab, § 1896 BGB, Rn. 2; Erman/Roth, § 1896 BGB, Rn. 51; Jürgens, BtR/Kretz, § 15 RPflG, Rn. 3; Bienwald/Sonnenfeld/Harm/Bienwald, § 1896 BGB, Rn. 43. Auch der aktuelle Reformentwurf des Vormundschafts und Betreuungsrechts geht von einem Eingriff bei Anordnung der Betreuung aus: Drucksache 564/20, S. 304. 7 BGH, Beschluss vom 09. 02. 2011 – XII ZB 526/10, FamRZ 2011, 630 (631). 8 Schwab, FS Mikat, 881 (891); Popp, Zwangsbehandlung von psychisch Kranken im Betreuungsrecht, 2003, S. 65. 9 Peters, Die Betreuung Volljähriger: Die Reform des zivilrechtlichen Fürsorgerechts für Volljährige aus Sicht des Betreuers, 1992, S. 189; BGH, Beschluss vom 15. 02. 2017 – XII ZB 510/16, FamRZ 2017, 648 (650); BGH, Beschluss vom 22. 03. 2017 – XII ZB 260/16, FamRZ 2017, 995 (996).
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Kap. 1: Die Grundrechtsintensität der Betreuung
sönlichen Eindruck von dem Betroffenen verschaffen und bei einem Einwilligungsvorbehalt weitere Beteiligte gemäß § 279 FamFG anhören soll. Ferner ist nach § 280 FamFG ein Sachverständigengutachten über die Notwendigkeit der Betreuung (oder des Einwilligungsvorbehalts) einzuholen.10 Steht eine Betreuung in allen Angelegenheiten im Raum, soll nach § 276 Abs. 1 Nr. 2 FamFG ein Verfahrenspfleger bestellt werden, weil nur auf diese Weise gewährleistet werden kann, „dass die betroffene Person ihrer Rechtssubjektivität nicht beraubt wird“11. Obgleich die Vorschriften des FamFG den Betroffenen schützen wollen, wird die Freiheitssphäre des Einzelnen bereits durch die Erstellung eines Gutachtens und die Folgen eines Betreuungsverfahrens im persönlichen Umfeld beeinträchtigt.12 Eine stigmatisierende Wirkung kommt der Bestellung eines Betreuers auch durch den Betreuerausweis nach § 290 FamFG zu, mit dessen Hilfe sich der Betreuer im Rechtsverkehr ausweisen kann.13 Die Benutzung des Ausweises steht sinnbildlich für die Unfähigkeit des Betroffenen, seine Angelegenheiten zu besorgen.14 Die Legitimationswirkung dieses Dokuments gegenüber Dritten wird der Betreuer eines betreuten Unternehmers aufgrund der Vielzahl an abzugebender Erklärungen deutlich häufiger nutzen müssen, als dies bei einer betreuten Privatperson der Fall ist. Die Bestellung eines Betreuers greift in die allgemeine Handlungsfreiheit des betreuten Unternehmers nach Art. 2 Abs. 1 GG ein.
10 Soll das Sachverständigengutachten als Entscheidungsgrundlage verwertet werden, ist den Beteiligten nach § 37 Abs. 2 FamFG Gelegenheit zur Stellungnahme einzuräumen. Siehe dazu nur: BGH, Beschluss vom 27. 01. 2021 – XII ZB 411/20, juris Rn. 6 ff. 11 Münchener Kommentar FamFG/Schmidt-Recla, § 276 FamFG, Rn. 10; vgl. ferner: BGH, Beschluss vom 25. 04. 2018 – XII ZB 528/17, FamRZ 2018, 1111 (ebd.); Harm, Rpfleger 2010, 304 (ebd.). 12 Siehe beispielsweise: Dröge, Die Zwangsbetreuung, 1997, S. 109. 13 Vgl.: Jürgens, BtR/Kretz, § 290 FamFG, Rn. 1; Diehn/Rebhan, NJW 2010, 326 (329). 14 Heckschen, NZG 2012, 10 (16); deutlich noch zu § 687 ZPO a. F.: BVerfG, Beschluss vom 09. 03. 1988 – 1 BvL 49/86, BVerfGE 78, 77 (87). Vgl. plastisch zum heute geltenden Betreuungsrecht den Streit um die Notwendigkeit der Vorlage des Betreuerausweises bei jeder Weisung des Betreuers gegenüber der Bank des Betreuten: BGH, Beschluss vom 30. 03. 2010 – XI ZR 184/09, BeckRS 2010, 09780. Deutlich auch BVerfG, Beschluss vom 23. 03. 2016 – 1 BvR 184/13, FamRZ 2016, 1041 (1042), welches der Anordnung der Betreuung „stigmatisierende Wirkung im sozialen Umfeld des Betroffenen“ zuerkennt. Vgl. zuletzt bezogen auf einen „gravierenden Eingriff in die Grundrechte“ bei Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes: BGH, Beschluss vom 07. 12. 2016 – XII ZB 136/16, FamRZ 2017, 478 (479); BGH, Beschluss vom 07. 12. 2016 – XII ZB 458/15, FamRZ 2017, 474 (476); BGH, Beschluss vom 01. 03. 2017 – XII ZB 608/15, FamRZ 2017, 754 (ebd.).
C. Eingriff in Grundrechte des Betreuten durch Einzelmaßnahmen des Betreuers
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C. Eingriff in Grundrechte des Betreuten durch Einzelmaßnahmen des Betreuers am Beispiel der Anlage von Geldern des Betreuten Einzelne Handlungen des Betreuers könnten in die Grundrechte des Betreuten eingreifen. Sofern eine Einzelmaßnahme des Betreuers einen Eingriff in die Grundrechte des betreuten Unternehmers darstellt, muss jede Handlung des Betreuers an den Grundrechten des Betroffenen gemessen werden. Wird dem Betreuer die Vermögenssorge als Aufgabenkreis übertragen, hat der Betreuer das Vermögen des Betreuten zu verwalten.15 Innerhalb der Vermögenssorge ist es dem Betreuer möglich, was aus dem Genehmigungsvorbehalt von §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 3 Alt. 2 BGB folgt, ein Erwerbsgeschäft des Betreuten zu veräußern. Die möglicherweise auch gegen den Willen des Betroffenen erfolgte Veräußerung stellt die Ausübung von Zwang dar.16 Das Betreuungsrecht enthält eine Vielzahl an Regelungen, die den Betreuer in die Lage versetzen, notfalls Entscheidungen auch gegen den Willen des Betroffenen zu treffen.17 Griffen die Einzelhandlungen des Betreuers in die Grundrechte des betreuten Unternehmers ein, könnten beispielsweise der Wortlaut der Genehmigungstatbestände der §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1821, 1822 BGB weit auszulegen sein, um einen möglichst weitgehenden Schutz des Betreuten vor einer Fremdbestimmung durch den Betreuer zu erreichen.18 Würde dagegen eine Einzelmaßnahme des Betreuers nicht in die Grundrechte des Betreuten eingreifen, könnten die Genehmigungstatbestände eng auszulegen sein. Wenn der Betreuer Entscheidungen, wie beispielsweise die Veräußerung des Erwerbsgeschäfts, trifft, wirkt sich dies prima facie auf das verfassungsrechtlich nach Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Eigentum des Betreuten aus. Daher müsste der Betreute beispielsweise durch die Aufsicht des Betreuungsgerichts nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1837 Abs. 1 Satz 1 BGB vor der Rechtsmacht des Betreuers geschützt werden. Gleichzeitig könnte die Schutzbedürftigkeit des Einzelnen mit den Interessen des Rechtsverkehrs kollidieren.
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HK-BGB/Kempe, § 1896 BGB, Rn. 26. Siehe ausführlich zu dem Aufgabenkreis der Vermögenssorge bei einem betreuten Unternehmer unten: Kapitel 2 B. II. 2. a). 16 Schwab, FS Frank, 491 (496). 17 Plastisch ist beispielsweise das Problem des Betretens der Wohnung gegen den Willen des Betreuten, vgl. z. B.: OLG Oldenburg, Beschluss vom 29. 05. 2003 – 5 W 79/03, NZM 2004, 198 (199); OLG Schleswig, Beschluss vom 07. 11. 2007 – 2 W 196/07, FamRZ 2008, 918 (919); LG Darmstadt, Beschluss vom 14. 03. 2012, 5 T 475/10, Juris, Rn. 60 ff. (ausführlicher als BtPrax 2012, 129 und FamRZ 2012, 1325, in denen jeweils auf den Abdruck der Gründe verzichtet worden ist); Schwab, FS Frank, 491 (492). 18 Vgl. bereits an dieser Stelle: Hilsmann, Minderjährigenschutz durch das Vormundschaftsgericht bei der Änderung von Gesellschaftsverträgen, 1993, S. 41; BVerfG, Beschluss vom 13. 05. 1986 – 1 BvR 1542/84, BVerfGE 72, 155 (168 ff.). Siehe zur streitigen Anwendbarkeit des § 1822 Nr. 3 BGB auf nachträgliche Änderungen eines Gesellschaftsvertrages ausführlich unten: Kapitel 2 C. IV.
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Kap. 1: Die Grundrechtsintensität der Betreuung
I. Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG bei Entscheidung des Betreuers über Vermögensanlage eröffnet Bei jeder Vermögensanlageentscheidung des Betreuers ist der Schutzbereich der Eigentumsfreiheit des Betreuten nach Art. 14 Abs. 1 GG eröffnet Das in Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte Eigentum setzt sich aus der Summe aller vermögenswerten Rechten zusammen, welche dem Einzelnen durch die Gesetze zugewiesen sind und ihm eine private Nutzungs-/Verfügungsbefugnis einräumen.19 Dem sachlichen Schutzbereich der Eigentumsfreiheit ist das Vermögen als solches nicht in seiner Gesamtheit zugeordnet.20 Geschützt sind aber die einzelnen Rechtspositionen oder Vermögensgegenstände, hinsichtlich derer der Betreuer Entscheidungen trifft. Der sachliche Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG räumt jedem Grundrechtsträger auch die Freiheit ein, über die Verwaltung und die Nutzung des eigenen Geldes zu entscheiden.21 Damit erfasst die Eigentumsfreiheit auch eine spezielle Ausgestaltung der Selbstbestimmungsfreiheit in Form der Entscheidungshoheit des Einzelnen über den Umgang mit seinem Vermögen.22 Gemessen hieran ist der Schutzbereich der Eigentumsfreiheit des Betreuten bei jeder Vermögensanlageentscheidung des Betreuers eröffnet.
II. Eingriff in den Schutzbereich durch Entscheidung des Betreuers als Fremdbestimmung Die Entscheidung des Betreuers, Geld des Betreuten anzulegen, könnte einen Eingriff in das Eigentum des Betreuten darstellen. Ein Eingriff ist jede Verkürzung des Schutzbereiches unabhängig davon, ob sie rechtlich oder tatsächlich, final oder ungewollt, unmittelbar oder mittelbar geschieht.23 Sofern der Betreuer als Dritter Entscheidungen betreffend des spezifischen Vermögenswerts eines betreuten Unternehmers wie der unternehmerischen Beteiligung trifft, könnte dies die Selbst19
Kingreen/Poscher, Grundrechte, Rn. 1000 ff. Das Bundesverfassungsgericht lehnt den Schutz des Vermögens als solches nach wie vor ab, vgl.: BVerfG, Beschluss vom 08. 04. 1997 – 1 BvR 48/94, BVerfGE 95, 267 (300). 21 BeckOK GG/Axer, Art. 14 GG, Rn. 54. 22 Die Entscheidungsgewalt des Einzelnen ist eine der Grundkonstellationen der Betreuung. Deutlich wird dies beispielsweise auch bei Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG und den im Betreuungsrecht immer wieder vorkommenden Zwangsbehandlungen. In diesem Kontext begreift das Minderheitsvotum BVerfG, Beschluss vom 25. 07. 1979 – 2 BvR 878/74, BVerfGE 52, 131 (173, 175) Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG als eine „Verbürgung“ der in Art. 2 Abs. 1 GG enthaltenen freien Entfaltung der Persönlichkeit; aufgegriffen durch den Gesetzgeber in BT-Drs 16/8442, S. 8. 23 Sodan/Ziekow, Öffentliches Recht, § 24, Rn 5 ff.; HStR IX/Isensee, § 191, Rn 113; BVerfG, Beschluss vom 26. 06. 2002 – 1 BvR 670/91, BVerfGE 105, 279 (300 f.); BVerfG, Beschluss vom 11. 07. 2006 – 1 BvL 4/00, BVerfGE 116, 202 (222); BVerfG, Beschluss vom 13. 02. 2007 – 1 BvR 910/05, 1 BvR 1389/05, BVerfGE 118, 1 (20); BVerwG, Urteil vom 21. 05. 2008 – 6 C 13/07, BVerwGE 131, 171 (176). 20
C. Eingriff in Grundrechte des Betreuten durch Einzelmaßnahmen des Betreuers
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bestimmung des Betreuten betreffend den Umgang mit seinem Vermögen verletzen. Dies könnte in Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG eingreifen. 1. Kein Grundrechtseingriff bei Einzelhandlungen des Betreuers nach dem Aufbaumodell Während im Hinblick auf die Bestellung eines Betreuers in Rechtsprechung und Literatur Einigkeit herrscht, dass der Bestellungsvorgang einen Eingriff in die Grundrechte des Betroffenen darstellt,24 herrscht Streit um die Frage, ob Einzelmaßnahmen des Betreuers in die Grundrechte des Betroffenen eingreifen. Ausweislich von § 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB ist derjenige, für den ein Betreuer bestellt wird, nicht imstande, seine Angelegenheiten zu besorgen. Damit eine Betreuung mit dem Aufgabenkreis der Vermögenssorge angeordnet werden kann, ist unter Beachtung des Erforderlichkeitsgrundsatzes des § 1896 Abs. 2 Satz 1 BGB tatrichterlich festgestellt worden, dass der Betreute ohne die Bestellung eines Betreuers Gefahr läuft, einen Schaden zu erleiden.25 Vor der Anordnung der Betreuung hat sich der Betroffene gegenüber anderen Teilnehmern des Rechtsverkehrs in einer nachteiligen Position befunden. Aufgrund seiner Krankheit oder Behinderung ist der Betroffenen nicht imstande gewesen, die Auswirkungen seines rechtlichen Handelns zu überblicken. Damit bestand die Gefahr, dass sich der Betroffene selbst schädigte. Die Handlungen eines Betreuers beenden die Selbstgefährdung und unterstützen den Betreuten. Zugleich soll die Inhabilität des Betroffenen vor Tätigwerden des Betreuers der der Menschenwürde innewohnenden nach Art. 1 GG garantierten, Autonomie des Einzelnen zuwiderlaufen.26 Wenn die Befugnisse des Betreuers da24
Siehe oben: Kapitel 1 B. Vgl. zu den Anforderungen: BGH, Beschluss vom 21. 01. 2015 – XII ZB 324/14, FamRZ 2015, 649 (650); BGH, Beschluss vom 06. 07. 2011 – XII ZB 80/11, FamRZ 2011, 1391 (ebd.). 26 Brauer/Lipp, MedR 2016, 231 (ebd.). Vgl. zu dem an dieser Stelle nicht zu vertiefenden Problem einer Definition der Menschenwürde m. w. N.: Benda, NJW 2001, 2147 (ebd.); Böckenförde, JZ 2003, 809 (810); Brauer, Autonomie und Familie, 2013, S. 6 f. Nettesheim, AöR 130 (2005), 71 (76 ff.) spricht bezogen auf die Konkretisierung des Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG von einem „Erbe für die Verfassungswissenschaft“, dessen Bearbeitung nur schwerlich gelinge. In der Regel wird die Menschenwürde mit der Negativdefinition versehen, dass sie getroffen sei, wenn das Individuum zum Objekt hinabgesetzt werde, vgl. dazu: Dürig, AöR 81 (1956), 117 (127); Maunz/Dürig/Herdegen, Art. 1 Abs. 1 GG, Rn. 36; kritisch dazu unter anderem: HGr IV/ Isensee, § 87, Rn. 176; Nettesheim, AöR 130 (2005), 71 (79). Ansonsten beschränkt sich der Umgang mit der Menschenwürde zumeist darauf, die herausgehobene Stellung der nicht näher definierten Menschenwürde zu beschreiben. BVerfG, Urteil vom 15. 12. 1983 – 1 BvR 209/83, 1 BvR 269/83, 1 BvR 362/83, 1 BvR 420/83, 1 BvR 440/83, 1 BvR 484/83, BVerfGE 65, 1 (41) spricht beispielsweise von dem „Mittelpunkt der grundgesetzlichen Ordnung“. ähnliche, die Stellung des Art. 1 Abs. 1 GG betonende Formulierungen finden sich in BVerfG, Beschluss vom 17. 01. 1979 – 1 BvR 241/77, BVerfGE 50, 166 (175): „oberste Wert des grundrechtlichen Wertsystems“; BVerfG, Beschluss vom 20. 10. 1992 – 1 BvR 698/89, BVerfG, Beschluss vom 20. 10. 1992 – 1 BvR 698/89, BVerfGE 87, 209 (228): „tragendes Konstruktionsprinzip der Verfassung“; BVerfG, Beschluss vom 11. 03. 2003 – 1 BvR 426/02, BVerfGE 107, 275 (284): „Fundament aller Grundrechte“. 25
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Kap. 1: Die Grundrechtsintensität der Betreuung
hingehend zu verstehen sind, dass die zwischen den Teilnehmern des Rechtsverkehrs bestehenden Unterschiede ausgeglichen und auf diese Weise Chancengleichheit zwischen den Rechtssubjekten hergestellt werden soll, dann würde erst die Bestellung eines Betreuers und dessen Handeln eine Gleichberechtigung der Rechtssubjekte ermöglichen.27 Die Entscheidung des Betreuers, Gelder des Betreuten auf eine bestimmte Art und Weise anzulegen, griffe dann nicht in die Grundrechte des Betreuten ein. Denn der Betreute ist aufgrund seiner Krankheit oder Behinderung nicht in der Lage, eine selbstbestimmte Entscheidung zu treffen. Als Voraussetzung für einen Eingriff müsste der Betroffene zur Selbstbestimmung hinsichtlich des Umgangs mit seinem eigenen Vermögen fähig sein. Umgekehrt könnte die Fremdbestimmung für denjenigen, der nicht zur Selbstbestimmung fähig ist, keinen Eingriff in die Selbstbestimmungsfreiheit bezüglich des Eigentums darstellen.28 Stattdessen verwirklichten die Handlungen des Betreuers das Selbstbestimmungsrecht des Betreuten und stellten die rechtliche Handlungsfähigkeit des Betreuten sicher. Zusammengefasst soll durch das Auftreten des Betreuers die Autonomie des Betroffenen wiederhergestellt werden.29 Die dem Betreuer anvertraute Rechtsmacht baut die Autonomie des Betreuten wieder auf. Diese Repräsentation wird im Folgenden als „Aufbaumodell“30 genannt. Die Ansicht überzeugt insbesondere in Konstellationen, in denen der Betroffene beispielsweise komatös und damit handlungsunfähig ist. Zur Verdeutlichung dieses Ansatzes soll ein Nichtannahmebeschluss des BVerfG aus dem Jahr 2001 dienen, auch wenn sich die Entscheidung mit den Auswirkungen der Bestellung eines Betreuers und nicht explizit der Einzelmaßnahme des Betreuers beschäftigte. In casu wandte sich der behandelnde Arzt nach einer Operation an das Betreuungsgericht und erbat die Bestellung eines Betreuers. Die Patientin und spätere Beschwerdeführerin gehörte der Glaubensrichtung der Zeugen Jehovas an und hatte in einer Patientenverfügung erklärt, dass sie unter keinen Umständen eine Bluttransfusion erhalten wolle. Der Ehemann, der zum Betreuer bestellt worden war, willigte dennoch in Bluttransfusionen ein, deren dreizehn die Patientin in der Folge erhielt. Das Bundesverfassungsgericht entschied, dass die Entscheidung des Betreuungsgerichts, einen Betreuer zu bestellen, keinen verfassungswidrigen Eingriff in die Grundrechte der Beschwerdeführerin aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und Art. 4 GG dargestellt habe.31 Im 27
Lipp, Freiheit und Fürsorge: Der Mensch als Rechtsperson, 2000, S. 95 f. Lipp, Freiheit und Fürsorge: Der Mensch als Rechtsperson, 2000, S. 130; Hillgruber, Der Schutz des Menschen vor sich selbst, 1992, S. 121; Müller-Freienfels, Die Vertretung beim Rechtsgeschäft, 1955, S. 340. 29 Lipp, Freiheit und Fürsorge: Der Mensch als Rechtsperson, 2000, S. 95 ff., 128 ff.; Derselbe, JZ 2006, 661 (663); Derselbe, FamRZ 2012, 669 (675); Derselbe, FamRZ 2013, 913 (916); Brauer/Lipp, MedR 2016, 231 (ebd.); vgl. anschaulich: BeckOGK/Schmidt-Recla, § 1896 BGB, Rn. 27: „in etwas nicht Vorhandenes kann nicht eingegriffen werden“. 30 Zu den Begriffen „Eingriffsmodell“ und „Aufbaumodell“, siehe: Schmidt-Recla/Diener, MedR 2013, 6 (7); entsprechend BeckOGK/Schmidt-Recla, § 1896 BGB, Rn. 27. 31 BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 02. 08. 2001 – 1 BvR 618/93, BVerfG NJW 2002, 206 (207). 28
C. Eingriff in Grundrechte des Betreuten durch Einzelmaßnahmen des Betreuers
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konkreten Fall war die bewusstlose Frau ohne die Bestellung eines Betreuers ob ihres Zustandes nicht in der Lage, ihre in der Patientenverfügung getroffene Entscheidung im Hinblick auf die konkrete Situation nochmals zu bewerten. Nachdem hingegen ihr Ehemann zum Betreuer bestellt worden war, konnte der Betreuer als Stellvertreter Erklärungen abgeben. Konkret konnte eine Person, die im Zweifel von den Wünschen und religiösen Ansichten der Betreuten einerseits aber auch um die familiäre und private Situation andererseits wusste, für die Betreute einen Willen bilden und diesen kommunizieren. Dadurch, dass die Frau nicht zu einer eigenen Willensbildung imstande gewesen war, konnte die Entscheidung des Betreuers keine Verkürzung des Schutzbereiches der Selbstbestimmungsfreiheit darstellen. In derartigen Konstellationen tritt der Vorteil des Aufbaumodells deutlich hervor: Es soll nicht jede Entscheidung eines Dritten lediglich auf ihren auf den ersten Blick fremdbestimmenden Charakter verengt, sondern auch die Repräsentation des Betroffenen durch den Betreuer anerkannt werden.32 Maßgeblich soll nicht die mit der Betreuerbestellung einhergehende Gefährdung durch die dem Betreuer übertragene Rechtsmacht sein, sondern vielmehr ein Vergleich mit dem Status quo ante gezogen werden. Ohne die Unterstützung des Betreuers wäre der Betroffene hilflos. Insbesondere bei Handlungsunfähigkeit des Betreuten gleichen die Handlungen eines Betreuers als Stellvertreters denen eines Organs, mit dessen Hilfe der Betreute seine Handlungsfähigkeit wieder gewinnt.33 Schwab formuliert prägnant: „Was als ,Fremdbestimmung‘ erscheint, ist der Preis dafür, als rechtlich Handelnder existent zu bleiben“34. Dies stimmt mit dem von Lipp vertretenen Ansatz überein, nach welchem die Betreuung sowohl die Handlungsfähigkeit des Betreuten im Rechtsverkehr herstellen als auch einen Schutz vor Selbstschädigungen darstellen soll.35 Dass der Betreute vor Selbstschädigungen zu schützen ist, ist ein aus § 1901 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 BGB hervorgehendes Parameter für die Handlungen des Betreuers. Bezogen auf die Vermögenssorge ist einem Wunsch des Betroffenen nur dann nicht zu folgen, wenn die Befolgung des Wunsches des Betreuten zu einer Gefährdung höherrangiger Rechtsgüter des Betroffenen oder zu einer erheblichen Verschlechterung der gesamten Lebens- und Vermögenssituation beitragen würde.36 32 Peters, Die Betreuung Volljähriger: Die Reform des zivilrechtlichen Fürsorgerechts für Volljährige aus Sicht des Betreuers, 1992, S. 189, spricht vom Ideal eines „partnerschaftlichen Miteinanders“ zwischen Betreuer und Betreutem. 33 Schwab, FS Frank, 491 (496 f.). 34 Schwab, FS Frank, 491 (497), anknüpfend an BGH, Beschluss vom 17. 03. 2003 – XII ZB 2/03, BGHZ 154, 205 (211). 35 Lipp, Freiheit und Fürsorge: Der Mensch als Rechtsperson, 2000, S. 152. 36 BGH, Urteil vom 22. 07. 2009 – XII ZR 77/06, BGHZ 182, 116 (125); Münchener Kommentar BGB/Schwab, § 1901 BGB, Rn. 17. Siehe zu dem Parallelproblem der Auslegungsfähigkeit und Bestimmtheit des Willens eines Betroffenen in einer Patientenverfügung: BGH, Beschluss vom 08. 02. 2017 – XII ZB 604/15, NJW 2017, 1737 (1740) (zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen); Albrecht/Albrecht, MittBayNot 2009, 426 (429); Beermann, FPR 2010, 252 (ebd.); Boemke, NJW 2017, 1706 (1707 f.). Siehe zu dem Schutz vor Selbstschädigungen durch den Betreuer darüber hinaus: Kapitel 2 A. II. 1. c).
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Kap. 1: Die Grundrechtsintensität der Betreuung
Nach dem Aufbaumodell greift die einzelne Vermögensanlage oder andere Einzelmaßnahmen des Betreuers nicht in Grundrechte des Betreuten ein. Wenn Einzelentscheidungen des Betreuers nicht in die Grundrechte des betreuten Unternehmers eingreifen, senkt dies die Anforderungen an die Überwachung des Betreuers durch den Staat. Ein derartiges Verständnis könnte daher bei einem betreuten Unternehmer der befürchteten Offenbarung von Firmeninterna durch die Betreuung entgegengehalten werden.37 Zwar soll auch nach dem Aufbaumodell eine staatliche Aufsicht wegen der Rechtsmacht des Betreuers notwendig sein, jedoch muss dieser Schutz mangels Grundrechtsintensität nicht derart kleinteilig ausgestaltet sein, wie dies der Fall wäre, wenn eine Einzelhandlung des Betreuers in die Grundrechte des Betroffenen eingreifen würde. Eine Vermeidung der Offenlegung von Firmeninterna und eine Treuepflicht des Betreuers gegenüber dem Betreuten könnten ergänzend daraus resultieren, dass der Betreuer in seinem kompensierenden Verhalten als Treuhänder des Betreuten auftritt.38 2. Grundrechtseingriffe durch Einzelhandlungen des Betreuers nach dem Eingriffsmodell Entscheidet sich der Betreuer, eine unternehmerische Beteiligung des Betreuten aufzulösen und anderweitig anzulegen, könnte dies andererseits in die Grundrechte des Betreuten eingreifen, weil die Anlageentscheidung des Betreuers dem Betreuten die Entscheidungsfreiheit nimmt.39 Wenn Art. 1 GG jedem Autonomie garantiert, durchbricht jede Entscheidung eines Dritten die garantierte Autonomie. Dem Betreuer stehen in seinem Aufgabenkreis, in welchem er den Betreuten gemäß § 164 Abs. 1 BGB berechtigten und verpflichten kann, Bestimmungsbefugnisse über einen Dritten zu.40 Die Einzelentscheidung des Betreuers manifestiert die Fremdbestimmung und die nicht mehr vorhandene Autonomie des Betreuten.41 Die „Entrech37 Siehe zu der Befürchtung: Baumann/Selzener, RNotZ 2015, 605 (607); Heckschen, NZG 2012, 10 (ebd., 13); Jocher, notar 2014, 3 (4); Raub, Vorsorgevollmachten im Personengesellschaftsrecht, 2013, S. 44, 51, 125; Werner, GmbHR 2013, 963 (964). 38 Schwab, FS Frank, 491 (497). Siehe vertiefend zu der Frage, ob das betreuungsrechtliche Innenverhältnis als Treuhandverhältnis aufzufassen ist: Kapitel 2 A. I. 1. 39 Vgl. bezogen auf die medizinische Zwangsbehandlung zunächst: BGH, Beschluss vom 11. 10. 2000 – XII ZB 69/00, BGHZ 145, 297 (304); BGH, Beschluss vom 01. 02. 2006 – XII ZB 236/05, BGHZ 166, 141 (146); BGH, Beschluss vom 22. 09. 2010 – XII ZB 135/10, FamRZ 2010, 1976 (1977); BGH, Beschluss vom 28. 01. 2015 – XII ZB 520/14, NJW-RR 2015, 769 (ebd.); BGH, Beschluss vom 25. 03. 2015 – XII ZA 12/15, NJW-RR 2015, 770 (771). Vgl. zur Unzulässigkeit ambulanter Zwangsmedikation: BGH, Beschluss vom 11. 10. 2000 – XII ZB 69/ 00, NJW 2001, 888 (890); fortgeführt in BGH, Beschluss vom 01. 02. 2006 – XII ZB 236/05, BGHZ 166, 141 (150); BVerfG, Beschluss vom 20. 02. 2013 – 2 BvR 228/12, BVerfGE 133, 112 (135). 40 Münchener Kommentar BGB/Schwab, § 1896 BGB, Rn. 12; Diener, Patientenverfügungen psychisch kranker Personen und fürsorglicher Zwang, 2013, S. 147. 41 BeckOGK/Schmidt-Recla, § 1896 BGB, Rn. 28; Sachsen Gessaphe, Der Betreuer als gesetzlicher Vertreter für eingeschränkt Selbstbestimmungsfähige, 1999, S. 57 f.; Popp,
C. Eingriff in Grundrechte des Betreuten durch Einzelmaßnahmen des Betreuers
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tung“42 des Betroffenen wird mit jeder Einzelhandlung des Betreuers sichtbar. Daher wird dieser, insbesondere von der Rechtsprechung vertretene, Ansatz, „Eingriffsmodell“ genannt.43 Besonders sticht die Fremdbestimmung hervor, wenn der Betreuer Entscheidungen gegen oder ohne den Willen des Betreuten trifft.44 Bezogen auf medizinische Zwangsbehandlungen stellte der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts fest, dass „selbst die Einwilligung des für einen einsichts- und einwilligungsunfähigen bestellten Untergebrachten bestellten Betreuers […] der Maßnahme nicht den Eingriffscharakter“ nehme, weil der Eingriff darin zu erblicken sei, „dass die Maßnahme gegen den natürlichen Willen des Betroffenen erfolge“45. Nach dieser Ansicht würde die Entscheidung des Betreuers, Geld des Betreuten anzulegen oder beispielsweise ein Erwerbsgeschäft zu veräußern, in die Grundrechte des Betroffenen aus Art. 14 Abs. 1 GG eingreifen, weil dem Betroffenen die Entscheidung über den Umgang mit dem Vermögen entzogen wird. 3. Stellungnahme: Die Einzelhandlung eines Betreuers greift in die Grundrechte des Betroffenen ein Wäre dem Aufbaumodell zuzustimmen, griffen die Handlungen des Betreuers nicht in die Grundrechte des Betreuten wie Art. 14 Abs. 1 GG ein. Infolgedessen könnten beispielsweise die Genehmigungsvorbehalte der §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1821, 1822 BGB eng auszulegen sein. Ein Eingriff in die Handlungsfreiheit des Betreuten könnte allenfalls in der mit der Prüfung einer Maßnahme einhergehenden Verzögerung durch das Betreuungsgericht zu erblicken sein. Träfe das Eingriffsmodell zu, wären die Genehmigungstatbestände unter Umständen extensiv auszulegen, da der Umgang mit einem besonders gewichtigen Vermögensgegenstand einen erheblichen Eingriff des Betreuers in beispielsweise Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG darstellte.
Zwangsbehandlung von psychisch Kranken im Betreuungsrecht, 2003, S. 77 spricht von einer „Grundrechtsgefährdung“. Vgl. zu der Frage, ob es sich bei dem Verhältnis vom Betreuer zum Betreuten um einen Anwendungsfall der mittelbaren Drittwirkung handelt, einerseits bejahend Hufen, NJW 2001, 849 (851) und andererseits verneinend Popp, a. a. O., S. 76. Siehe zu der mittelbaren Drittwirkung allgemein: BVerfG, Urteil vom 15. 01. 1958 – 1 BvR 400/51, BVerfGE 7, 198 (205 f.); Casper, ZRP 2002, 214 (216); Schulze-Fielitz, JURA 2008, 52 (54 f.); kritische Anmerkungen unter anderem bei Jestaedt, Gericht, S. 79 (137 ff.), Lepsius, Gericht, S. 161 (186 ff.). 42 BT-Drs 15/2494, S. 14. 43 Zu den Begriffen „Eingriffsmodell“ und „Aufbaumodell“, siehe: Schmidt-Recla/Diener, MedR 2013, 6 (7); entsprechend BeckOGK/Schmidt-Recla, § 1896 BGB, Rn. 27. 44 Vgl. bezogen auf die medizinische Zwangsbehandlung: BVerfG, Beschluss vom 23. 03. 2011 – 2 BvR 882/09, BVerfGE 128, 282 (300 ff.); BVerfG, Beschluss vom 12. 10. 2011 – 2 BvR 633/11, BVerfGE 129, 269 (280); bestätigt in BVerfG, Beschluss vom 20. 02. 2013 – 2 BvR 228/ 12, BVerfGE 133, 112 (131) zum SächsPsychKG. 45 BVerfG, Beschluss vom 23. 03. 2011 – 2 BvR 882/09, BVerfGE 128, 282 (301).
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Kap. 1: Die Grundrechtsintensität der Betreuung
Der dem Aufbaumodell zugrundeliegende Gedanke ähnelt einem von juristischen Personen bekannten Erklärungsansatz. Eine juristische Person ist nicht imstande, selbst Handlungen vorzunehmen. Um handlungsfähig zu werden, treten Organe für die juristische Person auf.46 Ebenso ist der unter Betreuung stehende Mensch wegen seiner Unfähigkeit, autonome Entscheidungen zu treffen, nicht handlungsfähig. Kompensiert das Auftreten eines Repräsentanten47 die Unfähigkeit, eigene Angelegenheiten zu besorgen, stellt dies die Interessen des Betreuten in den Mittelpunkt. Somit scheint das Aufbaumodell die Betreuung konsistent von den Anforderungen des § 1901 Abs. 2, 3 BGB her zu begreifen. Denn die Regelungen zur Wunsch- und Wohlbeachtung setzen voraus, dass der Betreuer als Helfer des Betreuten auftritt. Das Verständnis des Betreuers als Helfer entspricht dem gesetzgeberischen Ansatz, den Betreuten ernst zu nehmen und seine Rechtsstellung zu verbessern.48 Eine im Ansatz zu diagnostizierende Vergleichbarkeit zwischen dem Aufbaumodell und juristischen Personen kann nicht über die bestehenden Differenzen hinwegtäuschen. Die mit der Bestellung eines Betreuers einhergehende Hilfestellung ist staatlich angeordnet und auf Dauer angelegt. Der Betreuer, der im betreuungsrechtlichen Außenverhältnis wirksam Willenserklärungen abgeben kann, die für und gegen den Betreuten wirken, hat die Vertretungsmacht nicht rechtsgeschäftlich vom Betreuten übertragen bekommen. Gleichzeitig gibt es für den Betroffenen keine privatautonomen Gestaltungsmöglichkeiten, die Vertretungsmacht des Betreuers zu beenden; sei es mittels einer Kündigung oder sonstigen Beendigung eines Schuldverhältnisses, wie dies bei einem rechtsgeschäftlich bestellten Vertreter nach § 168 Satz 1 BGB ausnahmsweise möglich wäre. Auch ein Widerruf nach § 168 Satz 2 BGB scheidet aus. Die gesetzliche Vertretungsmacht kann der Betroffene nicht privatautonom entziehen.49 Stattdessen muss die staatlich verliehene Vertretungsmacht auch wieder staatlich entzogen werden. Der Betreute kann einen Antrag an das Betreuungsgericht auf Aufhebung der Betreuung nach § 1908d Abs. 2 Satz 1, 2 BGB stellen.50 Alternativ kann das Betreuungsgericht bei der nach §§ 294 Abs. 1, 3, 286 Abs. 3 FamFG spätestens nach sieben Jahren vorzunehmenden Überprüfung feststellen, dass die Betreuung nach § 1908d Abs. 1 Satz 1 BGB aufzuheben ist.51 Das Recht des Betreuten, allein und autonom zu entscheiden, ist in erheblichem Maße betroffen. Denn ein Dritter kann wirksame Willenserklärungen mit Wirkung 46
Gierke, Die Genossenschaftstheorie und die deutsche Rechtsprechung, 1887, S. 603; Derselbe, Deutsches Privatrecht I, 1895, S. 518 ff. 47 Münchener Kommentar BGB/Schwab, § 1896, Rn. 78. 48 BT-Drs 11/4528, S. 1, 52. 49 Schwab, FS Mikat, 881 (891); Popp, Zwangsbehandlung von psychisch Kranken im Betreuungsrecht, 2003, S. 65. 50 Nach § 303 Abs. 1, II FamFG sind auch die Betreuungsbehörde und nahe Angehörige beschwerdeberechtigt. 51 Jürgens BtR/Jürgens, § 1908d, Rn. 5. Siehe zur Pflicht des Betreuungsgerichts zur persönlichen Anhörung des Betroffenen nach § 26 FamFG bei der Aufhebung der Betreuung: BGH, Beschluss vom 18. 10. 2017 – VII ZB 198/16, FamRZ 2018, 124 (125).
C. Eingriff in Grundrechte des Betreuten durch Einzelmaßnahmen des Betreuers
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für den Betreuten abgeben.52 Auch ist der Betreute, anders als die juristische Person, bereits vor der Anordnung der Betreuung handlungsfähig. Die Unfähigkeit aufgrund einer Krankheit oder Behinderung autonome Entscheidungen in rechtlicher Hinsicht zu treffen, ist nicht mit der aus der Organisation als juristische Person folgenden Handlungsunfähigkeit gleichzusetzen. Dass der Gesetzgeber das Betreuungsrecht darüber hinaus als eingriffsintensiv erachtet hat, lässt sich daran erkennen, dass die §§ 1896 ff. BGB von der Erforderlichkeit durchzogen sind und sowohl die Frage, ob und inwieweit eine Betreuung angeordnet werden, als auch bei jeder einzelnen Handlung des Betreuers darauf zu achten ist, dass die Fremdbestimmung nicht zu Lasten des Betreuten ausgenutzt wird. Die Verwendung eines aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entstammenden Begriffs spricht dafür, dass der Gesetzgeber selbst von einer hohen Eingriffsintensität ausgegangen ist. Dieser Befund spricht für das Eingriffsmodell. Für einen Eingriff in die Grundrechte des Betreuten durch eine Einzelhandlung des Betreuers streitet ferner die Rechtsfolge des Handelns des Betreuers. Veräußert dieser beispielsweise ein Erwerbsgeschäft, so endet die Inhaberschaft des Betreuten. Deutlicher kann nicht auf die Summe aller vermögenswerten Rechten, welche dem Einzelnen durch die Gesetze zugewiesen sind und ihm eine private Nutzungs-/ Verfügungsbefugnis einräumen, eingewirkt werden. An dieser Stelle zu konstatieren, dass aufgrund der durch die Betreuung geschaffenen Möglichkeit des Handelns ein Eingriff in die Grundrechte des Betroffenen zu verneinen sei, korrespondiert nicht mit dem subjektiven Empfinden des Betroffenen oder der Bewertung eines objektiven Dritten. Daher geht mit dem Aufbaumodell die Gefahr einher, dass das grundrechtliche Schutzniveau vor staatlichen Eingriffen mit der Argumentation, man wolle dem Betroffenen lediglich Hilfe anbieten, sinken könnte.53 Überzeugen kann das Aufbaumodell nur bei den Sonderfällen, in denen der Betreute zumeist aufgrund eines komatösen Zustandes weder zur Willensbildung noch zu einer Äußerung imstande ist. Ein Betreuter ist nicht mehr imstande, irgendeinen Willen zu bilden, wenn er im Koma liegt oder unter einer fortgeschrittenen Alzheimer-Demenz leidet.54 Regelmäßig wird der Betreute dann auch nicht der Lage sein, sich zu äußern. Nicht dieser Fallgruppe unterfallen daher zum Beispiel Querschnittsgelähmte, die mithilfe ihrer Augen einen Computer bedienen können oder Taubstumme, die sich auch mit Hilfsmitteln oder Gesten verständlich machen 52
Schwab, FS Mikat, 881 (891) nimmt dies in Kauf und bezeichnet es als „Duplizität der Handlungsfähigkeit“; Pardey, Betreuung Volljähriger: Hilfe oder Eingriff, 1989, S. 90 spricht insoweit davon, dass aus der „Alleinkompetenz des Betroffenen eine zweifelhafte Nebenkompetenz“ werde; ihn bestätigend und dieses Argument als ausreichend für einen Eingriff in Grundrechte ansehend: Rausch/Rausch, NJW 1992, 274 (277); Dröge, Die Zwangsbetreuung, 1997, S. 43. 53 Vgl.: Spickhoff, AcP 208 (2008), 343 (353). 54 Zu den medizinischen Auswirkungen einer Alzheimer-Demenz auf die Willens-/ Sprachfähigkeit siehe: Haberstroh/Neumeyer/Pantel, Kommunikation bei Demenz, S. 4, 11; Stoffers, Demenz erleben, 2016, S. 12, 135.
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Kap. 1: Die Grundrechtsintensität der Betreuung
können. Würde dem Betroffenen, der keine private Vorsorge in Form einer Vorsorgevollmacht (oder einer Patientenverfügung) getroffen hat, kein rechtlicher Betreuer zugeordnet, so existierte niemand, der für den Betroffenen wirksame Entscheidungen fällen darf. In diesem Fall führt eine Betreuerbestellung dazu, dass der Betroffene überhaupt erst wieder am Rechtsverkehr partizipieren kann. Die Wehrlosigkeit des Komatösen oder nicht Willensfähigen wird durch die Errichtung der Betreuung und das Handeln des Betreuers aufgehoben.55 Mit einer derartigen Unterscheidung geht einher, dass die Frage eines Grundrechtseingriffs von der Fähigkeit des Betreuten abhängt, einen Willen zu bilden. Dieses Abgrenzungskriterium führt dazu, dass ein Grundrechtseingriff nicht vorliegt, wenn der Betreute ins Koma gefallen ist, während der Betreuer gehandelt hat. Auch wenn dies auf den ersten Blick überraschend scheinen mag, geht damit kein logischer Bruch einher. Es ist dem öffentlichen Recht aus zahlreichen Konstellationen bekannt, dass eine Situation bei Veränderung der Sachlage von einem Moment auf den nächsten den Eingriffscharakter verlieren kann. Die zahlreichen Fallgruppen der Fortsetzungsfestellungsklage analog § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO stellen ein prominentes Beispiel dar.56 In jeder sonstigen Konstellation, in der die Errichtung einer Betreuung erforderlich ist, stellt das heteronome Handeln des Betreuers einen Eingriff sowohl in die Selbstbestimmungsfreiheit des Betreuten als unter Umständen auch in weitere betroffene Grundrechte dar. So wird, in dem gewählten Beispiel, in die Freiheit der Nutzung und Verwaltung des eigenen Geldes durch die Entscheidung eines Betreuers eingegriffen.
III. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung Der Eingriff in Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG durch die Anlage von Geldern müsste verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein. Dies ist der Fall, wenn der Eingriff in die Eigentumsgarantie durch die Schranken des Grundrechts gedeckt ist. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG unterstellt einen Eingriff durch eine Inhalts- oder Schrankenbestimmung einem einfachen Gesetzesvorbehalt. Als Schrankenbestimmung kommen die §§ 1896 ff. BGB, insbesondere die gesetzliche Vertretungsmacht des Betreuers nach § 1902 BGB, in Betracht. Die Beschränkung der Eigentumsfreiheit des Betreuten müsste mit dem Verhältnismäßigkeitsprinzip im Einklang stehen, also einen legitimen Zweck verfolgen, geeignet, erforderlich und angemessen sein.
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Siehe dazu im Hinblick auf Art. 1 GG: HGr IV/Isensee, Rn. 186: „Das Recht muss den Zustand der Wehrlosigkeit ausgleichen, in dem sich die Person befindet und so ihre Würde vor der Mißachtung anderer schützen“. 56 Siehe nur: Stelkens/Bonk/Sachs/Sachs, § 43 VwVfG, Rn. 204 ff.
C. Eingriff in Grundrechte des Betreuten durch Einzelmaßnahmen des Betreuers
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1. Legitimer Zweck: Schutzpflicht des Staates für den Hilfsbedürftigen Die Betreuung wird nach § 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB nur dann angeordnet, wenn der Betreute nicht imstande ist, seine Angelegenheiten zu besorgen. Der Zustand des Betroffenen gefährdet das Vermögen oder die körperliche Integrität des Einzelnen. Ein legitimer Zweck könnte der Schutz des Einzelnen vor sich selbst sein, wenn eine entsprechende grundrechtlich verankerte Schutzpflicht des Staates für den Einzelnen existiert. Eine Schutzpflicht des Staates für den Einzelnen könnte aus Art. 1 Abs. 1 Satz 2 GG abgeleitet werden. Nach Art. 1 Abs. 1 Satz 2 GG hat der Staat den dem Einzelnen kraft seines Mensch-Seins zukommenden Achtungsanspruch zu schützen.57 Grundrechte umfassen neben der freiheitssichernden, abwehrrechtlichen Komponente, dem status negativus, auch Schutzpflichten.58 In concreto halten die Schutzpflichten die Legislative gemäß Art. 20 Abs. 3, 1 Abs. 1 Satz 2 GG dazu an, durch den Erlass formaler Gesetze einen gewissen grundrechtlichen Schutz des Einzelnen herzustellen.59 Alternativ lässt sich diese Aufgabe aus Art. 1 Abs. 3 GG herleiten.60 Um die abwehrrechtliche, freiheitssichernde Funktion der Grundrechte zu berücksichtigten, kann der Staat unter Berufung auf die Schutzpflichten nicht unbegrenzt Regelungen treffen, welche der Gesetzgeber als günstig für den Einzelnen erachtet. Infolgedessen ist es dem Staat untersagt, Regelungen zu schaffen, die die eigenen Bürger „bessern“61 sollen. Unabhängig von der verfassungsdogmatisch interessanten Frage, wie die „Antinomie von Freiheit und Sicherheit“62 zu beurteilen ist, oder ob sich bezogen auf die Gewaltenteilung im Hinblick auf die vom Bundesverfassungsgericht entwickelte objektive Werteordnung Probleme ergeben,63 schränkt die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Zurückhaltung des Staates im Rahmen der Fürsorge für Hilfsbedürftige
57 HStR IX/Isensee, § 191, Rn. 27, siehe auch dessen Kritik: Derselbe, a. a. O., § 191, Rn. 172. 58 Angedeutet bereits in BVerfG, Urteil vom 16. 01. 1957 – 1 BvR 253/56, BVerfGE 6, 32 (40 f.); deutlicher unter anderem in: BVerfG, Beschluss vom 02. 05. 1967 – 1 BvR 578/63, BVerfGE 21, 362 (372); BVerfG, Urteil vom 18. 07. 1972 – 1 BvL 32/70, 1 BvL 25/71, BVerfGE 33, 303 (330 f.); BVerfG, Beschluss vom 08. 08. 1978 – 2 BvL 8/77, BVerfGE 49, 89 (142 ff.); BVerfG, Beschluss vom 14. 01. 1981 – 1 BvR 612/72, BVerfGE 56, 54 (78 ff.); BVerfG, Beschluss vom 30. 11. 1988 – 1 BvR 1301/84, BVerfGE 79, 174 (201 f.). 59 HStR IX/Isensee, § 191, Rn. 219; BVerfG, Urteil vom 25. 02. 1975 – 1 BvF 1/74, 1 BvF 2/ 74, 1 BvF 3/74, 1 BvF 4/74, 1 BvF 5/74, 1 BvF 6/74, BVerfGE 39, 1 (42, 44); BVerfG, Beschluss vom 14. 01. 1981 – 1 BvR 612/72, BVerfGE 56, 54 (80 f.). 60 Haverkate, Rechtsfragen des Leistungsstaates, 1983, S. 85. 61 BVerfG, Urteil vom 18. 07. 1967 – 2 BvF 3/62, 2 BvF 4/62, 2 BvF 5/62, 2 BvF 6/62, 2 BvF 7/62, 2 BvF 8/62, 2 BvR 139/62, 2 BvR 140/62, 2 BvR 334/62, 2 BvR 335/62, BVerfGE 22, 180 (219 f.); Hillgruber, Der Schutz des Menschen vor sich selbst, 1992, S. 119, spricht insoweit von einem Verbot des „missionarischen Eingriffs“. 62 HStR IX/Isensee, § 191, Rn. 166. 63 Böckenförde, Der Staat 19 (1990), 1 (25, 27).
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Kap. 1: Die Grundrechtsintensität der Betreuung
ein.64 Damit geht einher, dass der Staat bei einem psychisch Kranken oder in sonstiger Weise an der Bildung eines freien Willen gehinderten Menschen intensivere Maßnahmen ergreifen darf, als dies bei einem gesunden Menschen der Fall wäre. Normativ entspringt die Schutzpflicht des Staates für den Einzelnen dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG. Das Sozialstaatsprinzip umfasst seit jeher die Fürsorge für den Hilfsbedürftigen und könnte daher die Betreuung umfassen.65 Das Sozialstaatsprinzip bedarf ob seiner Unbestimmtheit der Konkretisierung durch den Gesetzgeber.66 Daher bedarf es einer einfachgesetzlichen Ausformung, bei den Einzelhandlungen des Betreuers konkret der §§ 1896 ff. BGB und insbesondere des § 1902 BGB. Mithilfe des Sozialstaatsprinzips lässt sich auch der Widerspruch zwischen dem abwehrrechtlichen Gehalt und dem gleichzeitigen Eingriff des Staates erklären. Dass die Fürsorge für den Einzelnen und ein Eingriff in dessen Rechte nicht denknotwendig antagonistisch zueinander stehen, ist beispielsweise an den Zwangsmitgliedschaften in den sozialen Sicherungssystemen erkennbar.67 Ausgehend von den Bestrebungen des Gesetzgebers, die Rechtstellung des Betroffenen gegenüber der Vormundschaft in der Fassung des BGB vor 1992 zu stärken,68 stellen die §§ 1896 ff. BGB eine einfachgesetzlich notwendige Konkretisierung des Sozialstaatsprinzips dar.69 Dass diese auch dem Schutz des Betroffenen vor sich selbst dienen, wird an § 1901 Abs. 3 Satz 1 BGB besonders deutlich, weil dem Betreuer die Kompetenz zu der Überprüfung der Wünsche des Betreuten bezogen auf dessen Wohl zugebilligt wird.70 Somit verfolgen die §§ 1896 ff. BGB den legitimen Zweck, den Betroffenen vor sich selbst zu schützen.
64 BVerfG, Beschluss vom 07. 10. 1981 – 2 BvR 1194/80, BVerfGE 58, 208 (225): „In solchen Fällen ist dem Staat fürsorgerisches Handeln auch dort erlaubt, wo beim Gesunden Halt geboten ist.“ 65 Bezogen auf durch die stellvertretend erklärte Einwilligung des Betreuers veranlasste Eingriffe in Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ebenso: Heide, Medizinische Zwangsbehandlung, 2001, S. 218. Zu der strittigen Frage, worum es sich bei dem Sozialstaatsprinzip handelt, siehe m. w. N.: Aulehner, Grundrechte und Gesetzgebung, 2011, S. 183 ff.; Haverkate, Rechtsfragen des Leistungsstaates, 1983, S. 46 ff.; HStR IX/Isensee, § 191, Rn. 198; Neumann, DVBl. 1997, 92 (ebd.). 66 BVerfG, Beschluss vom 13. 01. 1982 – 1 BvR 848/77, 1 BvR 1047/77, 1 BvR 916/78, 1 BvR 1307/78, 1 BvR 350/79, 1 BvR 475/80, 1 BvR 902/80, 1 BvR 965/80, 1 BvR 1177/80, 1 BvR 1238/80, 1 BvR 1461/80, BVerfGE 59, 231 (263); Neumann, DVBl. 1997, 92 (98); Stern, Staatsrecht I, 2. Aufl. 1984, S. 924; Sodan/Ziekow, Öffentliches Recht, § 10, Rn. 5. 67 Heide, Medizinische Zwangsbehandlung, 2001, S. 219. 68 BT-Drs 11/4528, S. 1, 52. 69 Dröge, FamRZ 1998, 1209 (1211); Derselbe, Die Zwangsbetreuung, 1997, S. 198, 207; Heide, Medizinische Zwangsbehandlung, 2001, S. 220; Storch, Der „fürsorgliche“ Entzug von Grundrechten, 2006, S. 43. 70 Taupitz, Gutachten, 2000, A 72.
C. Eingriff in Grundrechte des Betreuten durch Einzelmaßnahmen des Betreuers
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2. Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit der Betreuung Die §§ 1896 ff. BGB müssten geeignet sein, um den verfolgten Zweck zu erreichen. Unter Geeignetheit wird die Tauglichkeit verstanden, dass das gewählte Mittel der Erreichung des Ziels dienlich sein kann.71 Dies ist bei der Betreuung der Fall, die den Betroffenen vor sich selbst schützen möchte, indem der hilfsbedürftigen Person ein Betreuer zur Seite gestellt wird. Weiter müsste der Eingriff in Form der Einzelentscheidungen des Betreuers erforderlich sein. Es dürfte kein gleich wirksames, aber das Grundrecht nicht oder weniger stark beeinflussendes Mittel zur Verfügung gestanden haben.72 Dies ist bei den Einzelhandlungen eines Betreuers der Fall, weil jeder die Bestellung eines Betreuers privatautonom durch Errichtung einer Vorsorgevollmacht verhindern kann. Die Betreuung ist nur subsidiär. Dieser Subsidiaritätsgrundsatz, welcher das gesamte Betreuungsrecht durchzieht, tritt besonders in § 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB hervor. Nach § 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB ist die Betreuung nicht erforderlich, soweit die Angelegenheiten des Volljährigen durch einen Bevollmächtigten ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden können. Auf diese Weise wird die Subsidiarität ausdrücklich für die Bestellung eines Betreuers angeordnet.73 Es gibt es kein gleich geeignetes, milderes Mittel. Die Einzelhandlungen des Betreuers sind daher grundsätzlich erforderlich. Weiterhin dürfte der Schutz des Betroffenen vor sich selbst durch die Regelungen der §§ 1896 ff. BGB nicht außer Verhältnis zur Schwere des Eingriffs in die Selbstbestimmungsfreiheit stehen. Maßstab hierfür ist die Eingriffsintensität in Relation zum verfolgten Ziel.74 Bei der Bemessung der Eingriffsintensität ist zu beachten, dass sich die rechtliche Betreuung auf den Schutz des Betroffenen vor sich selbst in rechtlichen Angelegenheiten beschränkt. Alltägliche Probleme unterfallen nicht dem Aufgabenkreis eines Betreuers, sondern sind weiterhin im Wege privater Unterstützung zu regeln.75 Weiterhin ist zu beachten, dass jeder Handlungen eines Betreuers privatautonom mittels einer Vorsorgevollmacht verhindern kann. Auch derjenige, der keine Vorsorge getroffen hat, wird nach § 1896 Abs. 1a BGB vor einer Zwangsbetreuung 71 Dreier/Dreier, Vorb. Art. 1, Rn. 147; BVerfG, Beschluss vom 08. 06. 2010 – 1 BvR 2011/ 07, 1 BvR 2959/07, BVerfGE 126, 112 (144). 72 BVerfG, Beschluss vom 08. 06. 2010 – 1 BvR 2011/07, 1 BvR 2959/07, BVerfGE 126, 112 (144 f.). 73 BT-Drs 11/4528, S. 58; BT-Drs 15/2494, S. 12. Der Gesetzgeber bewirbt die Vorsorgevollmacht gemeinsam mit der Bundesnotarkammer und versucht so, die Bürger zu informieren, vgl.: BMJV, Betreuungsrecht, S. 31. 74 Manssen, Staatsrecht II, Rn. 195. 75 Ausdrücklich BT-Drs 15/2494, S. 14: „Maßnahmen des Betreuers, die diesen Rahmen überschreiten oder sogar jeglichen Bezug zu der dem Betreuer übertragenen Rechtsfürsorge vermissen lassen, sind als Ausdruck menschlicher Zuwendung wünschenswert und für den Betreuten im Regelfall von unschätzbarem Nutzen. Sie gehören jedoch nicht zu den dem Betreuer vom Gesetz zugewiesenen Aufgaben rechtlicher Interessenwahrnehmung.“; NKBGB/Heitmann, § 1896, Rn. 55.
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Kap. 1: Die Grundrechtsintensität der Betreuung
geschützt. Aufgrund des Subsidiaritätsgrundsatzes kommt es nur unter bestimmten Umständen überhaupt zu der Fremdbestimmung durch die Einzelmaßnahmen eines Betreuers. Mithilfe der zahlreichen Beschränkungen der Rechtsmacht des Betreuers, wie zum Beispiel der Beschränkung der Vertretungsmacht durch Außengenehmigungen nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1821, 1822, 1828 f. BGB wird überdies das Risiko, dass heteronome Entscheidungen gegen das Wohl des Betroffenen getroffen werden, minimiert. Dass Entscheidungen eines Betreuers den Wünschen des Betreuten unter Umständen widersprechen können, ist im Rahmen der Fürsorge in der Rechtsprechung seit jeher als Preis des staatlichen Tätigwerdens gebilligt worden.76 Somit sind die §§ 1896 ff. BGB verfassungsgemäß.
D. Ergebnis zu der Grundrechtsintensität der Betreuung Die Einzelhandlungen des Betreuers greifen als heteronome Entscheidungen eines Dritten in Grundrechte des Betreuten ein. Damit geht bereits aus den Grundrechten hervor, dass die Vorstellungen, die Wünsche des Betreuten, wann immer möglich durch den Betreuer zu beachten sind. Der Umstand, dass jede Handlung des Betreuers einen Eingriff in die Grundrechte des Betroffenen darstellt, zeigt die Besonderheit der Normen der sozialen Fürsorge. So wie die, regelmäßig in einem Auftragsverhältnis festgehaltenen, Vorstellungen des Vertretenen im Stellvertretungsrecht nach §§ 164 ff. BGB für den Vertreter im Außenverhältnis unbeachtlich sind, ist auch die zivilrechtliche Rechtsmacht des Betreuers nach § 1902 BGB nicht eingeschränkt. Gleichwohl könnte die Grundrechtsrelevanz des Betreuerhandelns dazu führen, dass der Betreuer auch bei dem Auftreten im betreuungsrechtlichen Außenverhältnis an die Interessen des Betreuten gebunden ist, um die Eingriffsintensität zu minimieren. Bei der Betreuung eines Unternehmers ist eine Bindung des Betreuers an die Interessen des Betreuten insbesondere im Hinblick auf den Umgang mit den Vermögenswerten des Betreuten von großem Belang, weil es sich bei den Vermögenswerten regelmäßig um ein Unternehmen handeln wird.
76 BVerfG, Beschluss vom 07. 10. 1981 – 2 BvR 1194/80, BVerfGE 58, 208 (225): „Dem Staat [ist] fürsorgerisches Eingreifen auch dort geboten, wo beim Gesunden Halt geboten ist“.
Kapitel 2
Vermögensverwaltung durch den Betreuer eines Unternehmers Ob die Betreuung eines Unternehmers ein geeignetes Fürsorgeinstitut darstellt, bemisst sich nach den Handlungsmöglichkeiten des Betreuers im Umgang mit dem Vermögen des Betreuten. Aufgrund der geschäftlichen Tätigkeit, welcher der betreute Unternehmer vor Anordnung der Betreuung nachgegangen ist, wird eine Bestandsaufnahme seiner Vermögensanlage regelmäßig ein höheres Verlustrisiko aufweisen, als dies bei einem Verbraucher im Ruhestand als der Fall ist. Eine interessengerechte Vermögensverwaltung wäre nur dann möglich, wenn der Betreuer die unternehmerische Beteiligung nicht auflösen oder veräußern müsste. Eine derartige Pflicht zur „Zerschlagung“ des Unternehmens des Betreuers könnte sich aus den Vorschriften über die Vermögensanlage nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1804 ff. BGB ergeben. Für die Tauglichkeit der Betreuung eines Unternehmers ist ferner von Belang, wie der Betreuer im geschäftlichen Alltag handeln darf und kann. Die Betreuung ist keine Übertragung von Managementaufgaben an eine selbständige externe Führungskraft aufgrund originär ökonomischer Erwägungen.1 Stattdessen tritt ein staatlich bestellter Dritter für einen Schutzbedürftigen auf. Damit die Hilflosigkeit des Betroffenen nicht zu seinen Lasten ausgenutzt wird, ist die Handlungsfreiheit des Betreuers bei Entscheidungen über besonders wichtige Vermögensgüter durch Genehmigungstatbestände eingeschränkt. Aufgrund der Handlungsunfähigkeit des Betreuers, welche mit den in §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1821 ff. BGB bestehenden Genehmigungstatbestände einhergeht, wird der Betreuung regelmäßig die Praktikabilität zur Betreuung eines Unternehmers abgesprochen.2 Neben der fehlenden Rechtsmacht des Betreuers zur Abgabe einer sofort wirksamen Willenserklärung wird moniert, dass bei gesellschaftsrechtlichen Fragestellungen infolge der Amtsermittlung gemäß § 26 FamFG das Auftreten eines Sachverständigen nach § 29 FamFG notwendig sein könnte. Die Einschaltung eines Gutachters und das Zuwarten auf dessen Forschungsresultat verzögerten und ver-
1 Dies unterscheidet den Betreuer von dem Interim Management als moderner Dienstleistung, vgl.: Uffmann, Interim Management, 2015, S. 1. 2 Baumann/Selzener, RNotZ 2015, 605 (607); Wedemann, Personen- und Kapitalgesellschaftsrecht an den Schnittstellen zum Familien- und Erbrecht, 2015, S. 95 (96); Schäfer, ZHR 175 (2011), 557 (573) spricht insoweit von dem „schwerfälligen Betreuungsverfahren“; Raub, Vorsorgevollmachten im Personengesellschaftsrecht, 2013, S. 52 konstatiert, dass „die Betreuung zulasten der Dynamik der Unternehmen“ gehe.
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Kap. 2: Vermögensverwaltung durch den Betreuer eines Unternehmers
teuerten eine gesellschaftsinterne Willensbildung.3 Auch wenn sich die Kritik zumeist auf den Spezialfall eines betreuten Gesellschafters bezieht, soll der ihr inhärente Vorwurf der Ungeeignetheit des Betreuers zur Verwaltung eines (teilweise) unternehmerisch gebunden Vermögens in diesem Kapitel untersucht werden. Entscheidenden Anteil bei der Bewertung der Betreuung als Fürsorgeinstrument für einen Unternehmer wird die Tätigkeit des Betreuungsgerichts haben, dessen Aufsicht und Kontrolle regelmäßig kritisiert wird.4 Im Rahmen der Vermögenssorge wird zwischen dem betreuungsrechtlichen Innenverhältnis, welches von der Rücksprache zwischen Betreuer und Betreutem und den Vorstellungen des Betreuten nach § 1901 BGB geprägt ist, und dem betreuungsrechtlichen Außenverhältnis, der Stellvertretung nach § 1902 BGB, unterschieden. Zunächst wird darauf eingegangen, in welchem rechtlich dogmatischen Rahmen sich der Betreuer und der Betreute gegenübertreten und dabei untersucht, ob es sich bei dem Rechtsinstitut der rechtlichen Betreuung um eine Treuhand handelt (im Folgenden: A. I.). Zudem könnte dem Betreuten gegenüber dem Betreuer ein Weisungsrecht nach §§ 675 Abs. 1, 665 BGB zustehen, welches anknüpfend an das erste Kapitel und den dort skizzierten Schutz vor Selbstschädigung Anlass zur Auseinandersetzung mit der Frage bietet, ob und inwieweit der Betreuer auch objektiv selbst- und vermögensgefährdenden Weisungen des Betreuten Folge leisten muss (im Folgenden: A. II.). Ist der Betreuer treuhänderisch an die Interessen des Betreuten gebunden, könnte aufgrund der dogmatischen Ähnlichkeit für die Beurteilung der Betreuung eines Unternehmers auf die Erkenntnisse zur Dauertestamentsvollstreckung an Unternehmen oder Unternehmensbeteiligungen zurückgegriffen werden (im Folgenden: A. III.). Anschließend werden die Befugnisse untersucht, die einem Betreuer bei der Vermögensverwaltung zustehen (im Folgenden: B. II.). Für den betreuten Unternehmer ist von besonderem Interesse, wie der Betreuer mit dem Unternehmen umgeht. Daher wird anschließend der Frage nachgegangen, ob und unter welchen Voraussetzungen der Betreuer ein Unternehmen auflösen oder veräußern muss (im Folgenden: B. III.). Sodann wird kurz auf die besondere Handlungsmöglichkeit der Ausstattung hingewiesen (im Folgenden: B. IV.). Wo Menschen handeln, unterlaufen ihnen Fehler. Ob und inwieweit der Betreuer für Pflichtverletzungen, die er bei der Ausführung der Betreuung begeht, gemäß §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1833 Abs. 1 BGB haftet, wird anschließend untersucht (im Folgenden: B. V.). Aufgrund des zuvor gefundenen Ergebnisses des Betreuers als gesetzlichem Treuhänder des Betreuten wird im Rahmen der Haftung zu erörtern sein, ob eine Haftung ausscheidet, wenn eine von dem Betreuer getroffene Entscheidung im Umgang mit dem Vermögen exante fehlerfrei gewesen ist. Konkret kommt es darauf an, ob eine Haftungsprivile-
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Wilde, GmbHR 2010, 123 (129). Vgl.: Heckschen, NZG 2012, 10 (13); Wedemann, Gesellschafterkonflikte in geschlossenen Kapitalgesellschaften, 2013, S. 147. 4
A. Das betreuungsrechtliche Innenverhältnis zwischen Betreuer und Betreutem
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gierung analog § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG (die sogenannte Business Judgment Rule) auf den Betreuer anwendbar ist (im Folgenden unter: B. V. 2. b)). Sodann werden die Grenzen der Vertretungsmacht des Betreuers durch die über § 1908i Abs. 1 Satz 1 BGB entsprechend anwendbaren Genehmigungstatbestände der §§ 1812, 1822 BGB dargestellt und das der Genehmigung zugrundeliegende Verfahren inklusive des Mitwirkens anderer Betreuer wie dem Gegenbetreuer nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1792 Abs. 2 BGB dargestellt (im Folgenden unter: C.). Besonderes Augenmerk wird auf die (analoge) Anwendbarkeit des Erwerbsgeschäfte betreffenden Genehmigungsvorbehaltes nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 3 BGB gelegt (im Folgenden: C. IV.). Um den der Betreuung ebenfalls entgegengebrachten Vorwurf der Veröffentlichung von Unternehmensinterna zu überprüfen, werden abschließend die Berichtspflichten des Betreuers gegenüber dem Betreuungsgericht daraufhin überprüft, ob Betriebsinterna veröffentlich werden (im Folgenden: D.).
A. Das betreuungsrechtliche Innenverhältnis zwischen dem Betreuer und dem Betreuten I. Dogmatische Einordnung der rechtlichen Stellung des Betreuers 1. Die rechtliche Betreuung als Treuhandverhältnis Gemäß § 1901 Abs. 3 Satz 3 BGB hat der Betreuer wichtige Angelegenheiten grundsätzlich vor deren Erledigung mit dem Betreuten zu besprechen, sofern dies nicht dessen Wohl zuwiderläuft. Die gesetzliche Vertretungsmacht des Betreuers nach § 1902 BGB besteht dagegen unabhängig davon, ob Rücksprache gehalten worden ist.5 Die unbegrenzte Rechtsmacht des Betreuers im betreuungsrechtlichen Außenverhältnis könnte im Widerspruch zu den für den Betreuer zu beachtenden Pflichten im betreuungsrechtlichen Innenverhältnis stehen. Die weitergehende Rechtsmacht des Betreuers im Außenverhältnis könnte darauf hindeuten, dass die rechtliche Betreuung ein Treuhandverhältnis sein könnte. Handelte es sich bei der Betreuung um ein Treuhandverhältnis und stünde dem Betreuten deswegen ein Weisungsrecht gegenüber dem Betreuten zu, stellte dies eine Parallele zu der unternehmensbezogenen Vorsorgevollmacht dar. Einem unternehmerisch tätigen Menschen wird in der Literatur regelmäßig empfohlen, er solle eine um konkrete Handlungsanweisungen ergänzte Vorsorgevollmacht erteilen.6 Zudem soll in einer 5
Eine andere Frage ist, ob der Verstoß gegen die Besprechungspflicht die Ungeeignetheit des Betreuers im Sinne von § 1908b Abs. 1 Satz 1 BGB indiziert, vgl. dazu: BeckOGK/ Schmidt-Recla, § 1901 BGB, Rn. 60. 6 Siehe nur: Langenfeld, ZEV 2005, 52 (ebd.); Brambring/Mutter/Mutter, G. III. 11., Rn. 1; Jocher, notar 2014, 3 (7); Münch/Renner, 2016, § 16, Rn. 89. Siehe ausführlicher zu der unternehmensbezogenen Vollmacht: Kapitel 6 B.
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Kap. 2: Vermögensverwaltung durch den Betreuer eines Unternehmers
(regelmäßig gemeinsam mit der Vollmacht erteilten, anfänglichen) Weisung festgesetzt werden, wie mit dem Unternehmen umgegangen werden soll.7 Während die Vollmacht den Umfang der Vertretungsmacht, also das rechtliche Können des Bevollmächtigten im Außenverhältnis, festlegt, konkretisiert die Handlungsanweisung das rechtliche Dürfen des Bevollmächtigten im Innenverhältnis.8 Das einer Vorsorgevollmacht zugrundeliegende Rechtsverhältnis ist als Dienstvertrag nach §§ 611 ff. BGB, Geschäftsbesorgungsverhältnis gemäß §§ 675 ff. BGB oder als Auftragsverhältnis gemäß §§ 662 ff. BGB einzuordnen.9 Richtete sich das Innenverhältnis zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigtem nach dem Auftragsoder Geschäftsbesorgungsrecht, stünde dem Vollmachtgeber ein schadensersatzbewehrtes Weisungsrecht gemäß (§ 675 Abs. 1 BGB in Verbindung mit) § 665 Satz 1 BGB zu.10 Wenn auch dem Betreuten ein schadensersatzbewehrtes Weisungsrecht gegenüber dem Betreuer zustünde, würde dies die Praktikabilität der Betreuung eines Unternehmers erhöhen. Die Ausübung des Weisungsrechts durch den Betreuten könnte sicherstellen, dass der Betreuer mit dem Unternehmen auf die Weise umgeht, wie es der Betreute für richtig erachtet. Mithilfe einer Weisung könnte daher der Erhalt des Unternehmens sichergestellt werden. Der Betreuer könnte an Weisungen des Betreuten gebunden sein, wenn es sich bei der Betreuung um ein Treuhandverhältnis handelte, welches nach dem Geschäftsbesorgungs- beziehungsweise dem Auftragsrecht aufzufassen wäre. Die Einordnung der Betreuung als Treuhand wird nicht dadurch gehindert, dass der Betreuer nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1799 Abs. 1 Satz 2, 1890 Satz 1, 1893 Abs. 2 Satz 1 BGB ein Amt ausübt. Denn die Bezeichnung „Amt“ deutet nicht, wie der allgemeine Sprachgebrauch vermuten ließe, auf eine öffentlich-rechtliche Tätigkeit hin, sondern bezeichnet vielmehr einen institutionell eingeräumten Pflichtenkreis.11 a) Definition einer Treuhand anhand von Spezialgesetzen Der Begriff der Treuhand ist rechtlich nicht eindeutig bestimmt. Das Substantiv „Treuhand“ besteht aus zwei Komponenten. Unter der „Treue“ ist eine Zuverlässigkeit oder Beständigkeit zu verstehen, während die „Hand“ ein Körperteil dar7
Müller/Renner/Renner, Betreuungsrecht, 2015, Rn. 1007. Lipp, Vorsorgeverfügungen/Spalckhaver, 2009, § 8, Rn. 10, 14. 9 Beetz, Stellvertretung als Instrument der Sicherung und Stärkung der Patientenautonomie, 2013, S. 122; Raub, Vorsorgevollmachten im Personengesellschaftsrecht, 2013, S. 49; Walter, Die Vorsorgevollmacht, 1997, S. 112. 10 Beetz, Stellvertretung als Instrument der Sicherung und Stärkung der Patientenautonomie, 2013, S. 138; Walter, Die Vorsorgevollmacht, 1997, S. 114. Siehe zu dem Schadensersatz bei Abweichung von einer Weisung im Geschäftsbesorgungsverhältnis: BGH, Urteil vom 25. 09. 2014 – IX ZR 199/13, NJW 2015, 770 (771 f.). 11 Siehe zu dem Auftreten des Betreuers als Privatperson: Preuß, Zivilrechtspflege durch externe Funktionsträger, 2005, S. 18. Entsprechend für den Vormund vor Einführung des Rechtsinstitutes der Betreuung: Schreiber, AcP 178 (1978), 533 (537 ff.). Zu dem privatrechtlichen Amtsbegriff, vgl.: Jacoby, Das private Amt, 2007, S. 160 ff. m. w. N. 8
A. Das betreuungsrechtliche Innenverhältnis zwischen Betreuer und Betreutem
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stellt.12 Weitergehenden Aufschluss geben die beiden Substantive nicht. Grund dafür ist, dass der Begriff der „Treuhand(anstalt)“ im allgemeinen Sprachgebrauch Assoziationen an die Wiedervereinigung hervorruft. Nach der „Wende“ hatte die Institution der „Treuhand“ die Aufgabe, die volkseigenen Betriebe der ehemaligen DDR zu privatisieren, zu sanieren oder zu liquidieren.13 In der (zivilrechtlichen) Rechtssprache stehen treue Hände dafür, dass fremde Rechtsangelegenheiten gewissenhaft verwaltet werden.14 Es existiert zumeist eine Person, die etwas (in der Folge als Treugut bezeichnet) sprichwörtlich in den Händen hält. Die Treue bezieht sich auf das in den Händen gehaltene, verwaltete Treugut. Eine konkretisierende Regelung oder gar eine Legaldefinition existiert im BGB nicht.15 Stattdessen wird der Begriff der „Treuhand“ in verschiedenen Spezialgesetzen verwendet. Die spezialgesetzlichen Erwähnungen helfen bei einer allgemeinen Einordnung der Treuhand regelmäßig nicht. Exemplarisch sei auf § 93 KAGB hingewiesen wird, in dessen amtlicher Überschrift die „Treuhänderschaft“ angesprochen wird.16 Einer Verallgemeinerungsfähigkeit des Begriffs im Rahmen des KAGB steht § 1 Abs. 10 KAGB mit der Definition entgegen, dass Sondervermögen als inländische offene Investmentvermögen für Rechnung der Anleger verwaltet werden. Auch die §§ 292, 293 InsO können als Sondervorschriften keinen umfassenden Eindruck davon vermitteln, worum es sich bei einer Treuhand abstrakt handelt.17 § 292 InsO trägt die amtliche Überschrift: „Rechtsstellung des Treuhänders“. Eine der Hauptaufgaben des Treuhänders kann die Überwachung des Schuldners sein, sofern die Gläubigerversammlung von der Möglichkeit des § 292 Abs. 2 Satz 1 InsO Gebrauch gemacht hat.18 Ein Blick in § 292 Abs. 1, 3 InsO verdeutlicht, dass die Stellung des Treuhänders derjenigen des Insolvenzverwalters angenähert sein kann.19 Den Treuhänder trifft nach § 292 Abs. 1 Satz 2 InsO die Pflicht, die zugunsten des Schuldners erlangten Beträge von seinem Vermögen getrennt zu halten.20 Aus der Gesetzesbegründung folgt, dass bezogen auf 12
Scholze-Stubenrecht/Pescheck, Duden, Einträge zu „treu“ und „Hand“. Nanengast, East European Quarterly, 1995, 189 (ebd.). 14 Henssler, AcP 196 (1996), 37 (ebd.). 15 Schultze JherJB 43 (1901), 1 (19); Asmus, Dogmengeschichtliche Grundlagen der Treuhand, 1977, S. 281; a. A.: Löhnig, Treuhand, 2006, S. 135, der § 675 Abs. 1 BGB als treuhandrechtliche Generalnorm ansieht. 16 Vgl. zu den Regelungen des § 31 InvG, die bis 21. 07. 2013 galten und durch das KAGB im Wesentlichen übernommen worden sind, was sich aus BT-Drs 17/12294, S. 235, ergibt: Bitter, Rechtsträgerschaft für fremde Rechnung: Außenrecht der Verwaltungstreuhand, 2006, S. 38 ff.; siehe zu weiteren neben den hier genannten Beispielen: Picherer, Sicherungsinstrumente bei Konsortialfinanzierungen von Hypothekenbanken, 2002, S. 98 ff.; Scharrenberg, Die Rechte des Treugebers in der Zwangsvollstreckung, 1989, S. 126 ff. 17 Hinweis entnommen von: Löhnig, Treuhand, 2006, S. 830; Preisner, Das gesetzliche mittreuhänderische Schuldverhältnis kraft gemeinsamer Elternschaft, 2014, S. 254. 18 Andres/Leithaus/Andres, Vor §§ 286 – 303 InsO, Rn. 3; Nerlich/Römermann/Römermann, 31. EL 2017, § 292 InsO, Rn. 2. 19 Nerlich/Römermann/Römermann, 32. EL 2017, § 292 InsO, Rn. 1. 20 Picherer, Sicherungsinstrumente bei Konsortialfinanzierungen von Hypothekenbanken, 2002, S. 101. 13
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Kap. 2: Vermögensverwaltung durch den Betreuer eines Unternehmers
das zugunsten des Schuldners erlangte Vermögen bei dem Versuch eines Zugriffs eines Gläubigers des Treuhänders den Insolvenzgläubigern die Drittwiderspruchsklage nach § 771 Abs. 1 ZPO zusteht.21 Außerhalb des Privatrechts könnte zum einen der Sanierungstreuhänder des § 157 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BauGB und zum anderen der strafrechtliche Schutz, den § 266 StGB bietet, einen Anhaltspunkt geben, wie der Gesetzgeber den Begriff der Treuhand verstanden wissen möchte. Aus § 160 Abs. 1 Satz 1 BauGB folgt, dass es sich bei dem Tätigwerden des Sanierungstreuhänders um eine gesetzlich geregelte Verwaltungstreuhand handelt.22 Der Treuhänder hat das zur Erfüllung der Aufgaben von der Gemeinde erhaltene Vermögen nach § 160 Abs. 2 BauGB wie beim KAGB getrennt von anderem Vermögen zu verwalten, um keine Zweifel an der Zugehörigkeit von Gegenständen zum Treuhandvermögen entstehen zu lassen.23 Hinsichtlich der Untreue im Sinne des § 266 StGB darf trotz der vorhandenen phonetischen Ähnlichkeit zwischen Treuhand und Treubruchtatbestand nicht übersehen werden, dass das sanktionierte Verhalten bei der Untreue aus der Pflichtwidrigkeit des Handelns folgt, welches sich an zivil- oder öffentlichrechtlichen Vorschriften orientiert.24 Daher kann § 266 StGB lediglich einen Hinweis zur Bestimmung der Treuhand liefern. Historische Vorläufer der heutigen Untreue, wie Art. 115 Constitutio Criminalis Carolina, pönalisierten unter anderem das Verhalten von Personen, denen die Verwaltung fremder Rechtsangelegenheiten aufgetragen war,25 was zu einem Tätigwerden von „treuen Händen“ passt. Der heutige § 266 Abs. 1 StGB beschützt das Vermögen vor Schädigungen von innen heraus.26 Der Tatbestand schützt denjenigen, dessen Vermögen den Einwirkungen eines von ihm beauftragten Dritten ausgesetzt ist.27 Wegen dieser „Akzessorietät zum Zivilrecht“ ist § 266 Abs. 1 StGB von einer zivilrechtlichen Bestimmung einer Treuhand beziehungsweise eines zugrundeliegenden Vermögensbetreuungsverhältnisses abhängig. Zur Vermeidung eines Zirkelschlusses kann § 266 Abs. 1 StGB daher nicht zur Auslegung des gesetzgeberischen Begriffes einer Treuhand herangezogen werden. Gegen eine Einordung des Betreuers als Treuhänder können sys21 BT-Drs 12/2443, S. 191; Bitter, Rechtsträgerschaft für fremde Rechnung: Außenrecht der Verwaltungstreuhand, 2006, S. 41; Henssler, AcP 196 (1996), 37 (59). 22 EZGB BauGB/Bauernfeind/Krautzberger, § 160 BauGB, Rn. 7. 23 BeckOK BauGB/Schmitz, § 160 BauGB, Rn. 6. 24 BVerfG, Beschluss vom 23. 06. 2010 – 2 BvR 2559/08, 2 BvR 105/09, 2 BvR 491/09, BVerfGE 126, 170 (204); vergleiche zur „Akzessorietät des Tatbestandes“ mit zahlreichen weiteren Nachweisen Rönnau, ZStW 119 (2007), 897 (903 ff.); auch Leipziger Kommentar StGB/Schünemann, § 266 StGB, Rn. 94 räumt trotz anderen Ansatzes eine „sektorale Zivilrechtsakzessorietät“ ein; siehe auch Derselbe, NStZ 2005, 473 (474). 25 Keuffel-Hospach, Die Grenzen der Strafbarkeit wegen Untreue (§ 266 StGB) aufgrund eines (tatsächlichen) Treueverhältnisses, 1997, S. 9. 26 Münchener Kommentar StGB, § 266 StGB, Rn. 2; Rönnau, ZStW 119 (2007), 897 (907 f.). 27 Rönnau, ZStW 119 (2007), 897 (908); siehe m. w. N. zur Vermögensbetreuungspflicht: Keuffel-Hospach, Die Grenzen der Strafbarkeit wegen Untreue (§ 266 StGB) aufgrund eines (tatsächlichen) Treueverhältnisses, 1997, S. 89.
A. Das betreuungsrechtliche Innenverhältnis zwischen Betreuer und Betreutem
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tematisch die allgemeinen Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes herangezogen werden. In § 1 Abs. 2 Satz 1 RVG wird zunächst erläutert, dass das Gesetz nicht für die Tätigkeit eines Betreuers gelte, jedoch in der Aufzählung auch der Treuhänder genannt. Da die anderen Gesetze indes aufzeigen, dass der Gesetzgeber den Begriff der Treuhand multifunktional verwendet, kann das RVG eine Einordnung der Betreuung als Treuhandverhältnis nicht kontraindizieren. Denn es existiert keine allgemein verbindliche, gesetzliche Erläuterung, worum es sich bei der Treuhand handelt. Als „kleinster gemeinsamer Nenner“ wird im Zusammenhang mit einem „Treuhänder“ häufig die Vermögenszugehörigkeit des Treuguts geregelt.28 Die Spezialgesetze geben daher keinen Aufschluss darüber, ob es sich bei dem Betreuer um einen Treuhänder handelt. b) Aktuelle Behandlung einer Treuhand in der Rechtsprechung Aufgrund der Vielgestaltigkeit der unter den Begriff der Treuhand zu subsumierenden Phänomene lässt sich auch aus dem rechtshistorischen Umgang kein eindeutiges Ergebnis ableiten, außer dass sich die Treuhand nach dem Auftragsrecht richtet.29 Rechtsprechung und Literatur setzen sich hauptsächlich mit dem Umgang mit dem Treugut in Einzel-/Gesamtvollstreckung auseinander.30 Dabei liegt das Augenmerk jeweils auf der Verhinderung des Zugriffs von Gläubigern des Treuhänders auf das Treugut. Auch die aktuellere Behandlung der Treuhand in der Rechtsprechung ist uneinheitlich.31 Da die Rechtsprechung das Bestehen einer Treuhand nach wie vor auch anhand der Haftung definiert, hängt die Einordnung der Betreuung als Treuhand maßgeblich davon ab, ob das Vermögen des Betreuten im Falle der Einzel-/Gesamtvollstreckung gegen den Betreuer geschützt ist.
28 Picherer, Sicherungsinstrumente bei Konsortialfinanzierungen von Hypothekenbanken, 2002, S. 102. 29 Siehe für eine ausführliche historische Rezeption: Löhnig, Treuhand, 2006, S. 13 ff. 30 Siehe beispielhaft aus der älteren Rechtsprechung: ROHG, Urteil vom 20. 12. 1870 – 83/ 1870, ROHGE 1, 99 (102); ROHG, Urteil vom 26. 03. 1872 – 118/72, ROHGE 6, 258 (260); RG, Urteil vom 20. 03. 1912 – V 352/11, RGZ 79, 121 (122); RG, Urteil vom 19. 02. 1914 – VII 448/ 13, RGZ 84, 214 (217); RG, Urteil vom 10. 10. 1917 – V 159/17, RGZ 91, 12 (16); RG, Urteil vom 09. 06. 1931 – VII 501/30, RGZ 133, 84 (87). Siehe aus der Literatur nur aus damaliger Sicht: Schultze, Die langobardische Treuhand und ihre Umbildung zur Testamentsvollstreckung, 1895, S. 55, 67; Derselbe, JherJB 43 (1901), 1 (10); Regelsberger, AcP 63 (1880), 157 (172); Henssler, AcP 196 (1996), 37 (45); Lang, AcP 83 (1894), 336 (336 f.); Schless, Mittelbare Stellvertretung und Treuhand, 1931, S. 47. 31 BGH, Urteil vom 07. 07. 2005 – III ZR 422/04, NZI 2005, 625 (626); BGH, Urteil vom 20. 12. 2007 – IX ZR 132/06, BGH NJW 2008, 1152 (ebd.); BGH, Urteil vom 10. 02. 2011 – IX ZR 49/10, BGHZ 188, 317 (323).
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Kap. 2: Vermögensverwaltung durch den Betreuer eines Unternehmers
aa) Einzelzwangsvollstreckung gegen den Betreuer Sieht sich der Betreuer einer titulierten Forderung eines Gläubigers ausgesetzt und kommt es zur Zwangsvollstreckung, so könnte dem Betreuten bezogen auf das vom Betreuer verwaltete Vermögen die Drittwiderspruchsklage nach § 771 Abs. 1 ZPO zur Verfügung stehen. Dafür müsste der Betreute ein Interventionsrecht geltend machen.32 Dieses könnte in der Inhaberschaft an der Forderung bestehen. Der Betreuer darf das Vermögen des Betreuten nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1805 BGB nicht für sich verwenden und muss es getrennt von seinem eigenen Vermögen verwahren.33 Sofern der Betreuer das Vermögen des Betreuten auf einem separaten Konto angelegt hat, genügt dies dem sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz.34 Die Forderung, in die vollstreckt wird, steht dann eindeutig dem Betreuten zu. Sie stellt keine Haftungsmasse dar, auf die ein Gläubiger des Betreuers zugreifen kann. Daher darf der Betreute mit der Drittwiderspruchsklage gestützt auf die Inhaberschaft an der Forderung als Interventionsrecht gegen die Zwangsvollstreckung vorgehen. Die Vollstreckungsmaßregel ist nach §§ 771 Abs. 1, 775 Nr. 1 Alt. 1, 776 Satz 1 ZPO aufzuheben.35 Die Ansprüche kann der Betreute nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1843 Abs. 2 BGB selbst geltend machen. Sollte der Betreute zur Geltendmachung der Ansprüche nicht imstande sein, ist ihm gemäß § 1899 Abs. 1 Satz 1 BGB mit dem Aufgabenkreis der spezifischen Prozessführung ein weiterer Betreuer zur Seite zu stellen. Wenn der Betreuer pflichtwidrig gehandelt und das Vermögen des Betreuten nicht auf einem gesonderten Konto verwahrt hat und das Guthaben des Betreuers einem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss nach §§ 829 Abs. 1, 835 ZPO gepfändet, ist für Dritte nicht erkennbar, dass ein Teil der Forderung nicht dem Vermögen des Betreuers angehört.36 Sobald der Anspruch gegen die kontoführende Bank auch Vermögen des Betreuers enthält und nicht ausschließlich für Fremdgelder genutzt wird, sind nach den strengen Anforderungen der Rechtsprechung die Publizitätserfordernisse nicht gewahrt, weil nicht erkennbar ist, wer Inhaber der Forderungen ist.37 In einer derartigen Konstellation könnte der Betreute die Zwangsvollstreckung gegen den Betreuer nicht verhindern. Stattdessen könnte der Betreute versuchen, sich 32 Für Einzelheiten zum Interventionsrecht siehe: Thomas/Putzo/Seiler, § 771 ZPO, Rn. 14 ff. 33 LG Krefeld, Beschluss vom 06. 02. 2001 – 6 T 435/00, BeckRS 2005, 07786; KG, Beschluss vom 17. 11. 1966 – 1 W 1743/66, NJW 1967, 883 (ebd.); siehe auch zum BGB a. F.: Mugdan, Band 4, S. 588. 34 BGH, Versäumnisurteil vom 24. 06. 2003 – IX ZR 120/02, NJW-RR 2003, 1375 (1376). 35 Vgl. zu parallelen Überlegungen bezogen auf ein vom Vermieter einzurichtendes Kautionskonto gemäß § 551 Abs. 3 Satz 3 BGB: Lange, NJW 2007, 2513 (2515). 36 BGH, Urteil vom 08. 02. 1996 – IX ZR 151/95, NJW 1996, 1543 (ebd.); BGH, Urteil vom 10. 02. 2011 – IX ZR 49/10, BGHZ 188, 317 (321) erklärt die Beachtung der „Treuhandbindung“ für maßgeblich und will bei Nichtbeachtung auch die Aussonderung versagen. 37 BGH, Urteil vom 01. 07. 1993 – IX ZR 251/92, NJW 1993, 2622 (ebd.); BeckOK ZPO/ Preuß, § 771, Rn. 15.
A. Das betreuungsrechtliche Innenverhältnis zwischen Betreuer und Betreutem
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mithilfe des Schadensersatzanspruches nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1833 Abs. 1 Satz 1 BGB am Betreuer schadlos zu halten.38 Damit trägt der Betreute das Insolvenzrisiko des Betreuers. Insgesamt spricht die vorgesehene Trennung der Vermögensmassen nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1805 BGB kombiniert mit dem bei ordnungsgemäßer Vermögensverwaltung dem Betreuten zustehenden Interventionsrecht dafür, dass es sich bei der Betreuung um eine gesetzlich begründete Treuhand handelt. bb) Insolvenz des Betreuers Parallel stellt sich die Lage hinsichtlich eines Aussonderungsanspruchs des Betreuten nach § 47 Satz 1 InsO bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Betreuers dar. Grundsätzlich hat der Betreute einen Anspruch auf Aussonderung, sofern offenkundig ist, dass es sich bei der Forderung gegen die Bank um eine Forderung des Betreuten handelt.39 Der Betreute kann bei ordnungsgemäßer, vom eigenen Vermögen getrennter, Vermögensverwaltung durch den Betreuer nach § 47 Satz 1 InsO Aussonderung verlangen.40 Sollte der Betreuer indes pflichtwidrig eine Trennung der Vermögen unterlassen haben, bleibt dem Betreuten wie schon in der Einzelzwangsvollstreckung nur der Weg über eine Schadensersatzklage, die faktisch nur zu einer quotalen Befriedigung führen wird. cc) Ergebnis Die aus §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1805 BGB abgeleitete Pflicht des Betreuers, das Vermögen des Betreuten gesondert anzulegen, führt nach Maßgabe der Rechtsprechung zu einer Publizität hinsichtlich der Inhaberschaft an der Forderung. Somit sind bei ordnungsgemäßer Vermögensverwaltung alle Voraussetzungen eines fremdnützigen Treuhandverhältnisses erfüllt. c) Moderne Definitionsansätze In für juristische Verhältnisse relativ junger Vergangenheit finden sich zahlreiche Monographien,41 die die Treuhand näher untersuchen. In der 1997 erschienenen 38 Ferner steht eine Entlassung des Betreuers nach § 1908b Abs. 1 Satz 1 BGB im Raum, sodass der Schadensersatzanspruch bei entsprechendem Aufgabenkreis von dem nach § 1908c BGB neu zu bestellenden Betreuer durchgesetzt werden könnte. 39 Vgl. m. w. N.: Uhlenbruck/Brinkmann, § 47 InsO, Rn. 81; Nerlich/Römermann/Andres, 31. EL 2017, § 47 InsO, Rn. 38. 40 Vgl.: Münchener Kommentar BGB/Schubert, § 164 BGB, Rn. 56. 41 Gemeint sind hier: Grundmann, Der Treuhandvertrag, insbesondere die werbende Treuhand, 1997; Löhnig, Treuhand, 2006; Bitter, Rechtsträgerschaft für fremde Rechnung: Außenrecht der Verwaltungstreuhand, 2006; Geibel, Treuhandrecht als Gesellschaftsrecht, 2008; Kumpan, Der Interessenkonflikt im deutschen Privatrecht, 2014.
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Kap. 2: Vermögensverwaltung durch den Betreuer eines Unternehmers
Arbeit „Der Treuhandvertrag – insbesondere die werbende Treuhand“ stellt Grundmann fest, dass eine Treuhand nach der herrschenden Auffassung dann vorliege, wenn dem Treuhänder eine bestimmte Rechtsmacht nach außen eingeräumt sei und macht dabei eine Uferlosigkeit der bisherigen Erklärungsansätze aus.42 Um taugliche Abgrenzungs- und Eingrenzungskriterien für das Vorliegen einer Treuhand zu erhalten, untersucht er das der Treuhand zugrundeliegende Innenverhältnis beziehungsweise die Pflichtstruktur.43 Den Erklärungsansatz stützt Grundmann auf zahlreiche Verweise in das angloamerikanische Recht. Kern des Treuhandvertrages sei eine „Interessenwahrungspflicht stricto sensu“44, die zu einer unbedingten Wahrung der Interessen des Treugebers führe und die Art und Weise des Tätigwerdens für den Treugeber bestimme.45 Tatbestandlich setze eine Treuhand voraus, dass der Treuhänder eine geldwerte Position zeitlich beschränkt übertragen erhalte, ohne eine Gegenleistung erbracht zu haben.46 Ausreichend sei, dass Entscheidungs-, Informations- oder Kontrollbefugnisse vermittelt würden.47 Bedingt durch die Gegenleistungsfreiheit enthält Grundmanns Erklärungsansatz einige Parallelen zum „Selbstverleugnungscontracte“ nach Ihering und weist gewisse Ähnlichkeiten zur Schenkung auf.48 Insgesamt kennzeichne eine Treuhand ein „selbstständiges (und isolierbares) Pflichtengefüge, das zudem nicht allein im Schuldvertragsrecht zu finden ist […], das jedoch so ausgestaltet ist, daß es nicht der Satzungsautonomie unterliegt.“49 Damit es sich bei dem Betreuer um einen Treuhänder nach Grundmann handeln kann, müsste die Stellung des Betreuers als gesetzlicher Vertreter nach § 1902 BGB eine geldwerte Position darstellen, die dem Betreuer zugewiesen wird, ohne dass er eine Gegenleistung erbracht hat. Der Betreuer wird durch Beschluss des Familiengerichts nach §§ 1897 Abs. 1 BGB, 286 Abs. 1 FamFG eingesetzt und erhält damit ohne Gegenleistung seine Rechtsstellung.50 Die Einflussmöglichkeit des Betreuers auf das Vermögen des Betreuten ist eine geldwerte Position. Somit wäre das Verhältnis zwischen Betreuer und Betreutem nach der Definition Grundmanns eine 42
Grundmann, Der Treuhandvertrag, insbesondere die werbende Treuhand, 1997, S. 79 ff. Grundmann, Der Treuhandvertrag, insbesondere die werbende Treuhand, 1997, S. 87 ff., 166 ff., 541. 44 Grundmann, Der Treuhandvertrag, insbesondere die werbende Treuhand, 1997, S. 92. 45 Grundmann, Der Treuhandvertrag, insbesondere die werbende Treuhand, 1997, S. 93; Kumpan, Der Interessenkonflikt im deutschen Privatrecht, 2014, S. 93, hebt hervor, dass in diesem Falle die Leistungspflicht durch die Verhaltenspflicht, Interessenwahrungspflicht, konkretisiert werde. 46 Grundmann, Der Treuhandvertrag, insbesondere die werbende Treuhand, 1997, S. 93, 169, 212. 47 Grundmann, Der Treuhandvertrag, insbesondere die werbende Treuhand, 1997, S. 102. 48 Löhnig, Treuhand, 2006, S. 141; Jhering, Der Zweck im Recht I, 1877, S. 62. 49 Grundmann, Der Treuhandvertrag, insbesondere die werbende Treuhand, 1997, S. 95. 50 Vgl. zum Inhalt des Beschlusstenors und den weiteren Voraussetzungen des § 38 FamFG: Jürgens BtR/Kretz, § 286 FamFG, Rn. 2 ff.; Keidel/Budde, § 286 FamFG, Rn. 1 ff.; Haußleiter/ Haußleiter, § 286 FamFG, Rn. 5. 43
A. Das betreuungsrechtliche Innenverhältnis zwischen Betreuer und Betreutem
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Treuhand. Zu dem Ergebnis, dass die Betreuung ein gesetzlicher Fall der Treuhand ist, gelangt auch Grundmann expressis verbis bezogen auf die Vormundschaft im weiteren Sinne, die unter anderem die Betreuung umfassen soll.51 Den Betreuer träfe bei dem uneigennützigen Tätigwerden für den Betreuten die in § 1901 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 BGB einfachgesetzlich niedergelegte „Interessenwahrungspflicht stricto sensu“, sein Handeln dem Wohl des Betreuten unterzuordnen und auf diese Weise ein an das Wohl des Betreuten angepasstes Handeln zu ermöglichen. Löhnig betrachtet in seiner Habilitationsschrift „Treuhand“ von 2006 das im Titel bezeichnete Rechtsinstitut vom Innenverhältnis aus. Nach ihm liegt eine Treuhand vor, wenn „die gewöhnlich in einer Person vereinigten Positionen des Interessenträgers und dessen, der diese Interessen wahrnimmt, auseinanderfallen“52. Dabei werden Interessen einer Person, des Treugebers, durch eine andere Person, den Treuhänder, wahrgenommen; die Interessenwahrung wird „substituiert“.53 Auf schuldrechtlicher Ebene liege der Treuhand ein Vertrag zugrunde, welcher den Treuhänder verpflichte und ermächtige, interessenwahrend im Rechtskreis des Treugebers aufzutreten, wobei die Grundnorm einer Treuhand in § 675 Abs. 1 BGB zu erblicken sei.54 Um den entgeltlichen Geschäftsbesorgungsvertrag als Grundnorm eines Treuhandvertrages einzustufen, wird auf die „Grundformentrias“ von Beyerle rekurriert.55 Treuhänderische Macht trete zumeist in zwei verschiedenen Hauptausprägungen auf und zwar zum einen in Form von Rechtspositionen, die der 51 Grundmann, Der Treuhandvertrag, insbesondere die werbende Treuhand, 1997, S. 36 verweisend auf Liebich/Mathews, Treuhand und Treuhänder in Recht und Wirtschaft, 1983, S. 398; Kries, Die Rechtsstellung des Erwerbers bei treuwidrigen Verfügungen eines Treuhänders, 1965, S. 50, 68, der den Vormund als Vertreter mit überschießender Rechtsmacht bezeichnet; Siber, JherJB 67 (1917), 81 (93), der das Vorliegen einer Treuhand annimmt, sofern ein Vermögen kraft Gesetzes in fremder Verwaltung steht. 52 Löhnig, Treuhand, 2006, S. 116. 53 Löhnig, Treuhand, 2006, S. 1, 116 f. 54 Löhnig, Treuhand, 2006, S. 118, 135 ff.; der hier an Beyerle, FS Schultze, 229 (239) anknüpft; vgl. auch: Coing, Die Treuhand kraft privaten Rechtsgeschäfts, 1973, S. 99, 137. Das Innenverhältnis der Treuhand ist schon zuvor nach § 675 Abs. 1 BGB beurteilt worden: BGH, Urteil vom 05. 05. 1969 – VII ZR 79/67, BB 1969, 1154 (ebd.) für einen entgeltlichen Vertrag; Schiemann, FS Zöllner, 503 (511 f.); Liebich/Mathews, Treuhand und Treuhänder in Recht und Wirtschaft, 1983 S. 73 differenzieren zwischen Auftrag und Geschäftsbesorgung nach dem Vorliegen eines Honorars; nach der Entgeltlichkeit unterscheidend auch BGH, Urteil vom 11. 02. 1960 – VII ZR 206/58, BGHZ 32, 67 (70); RG, Urteil vom 23. 11. 1904 – V 215/04, RGZ 59, 190 (191). Siehe weiter die Einschränkung bei: BGH, Urteil vom 10. Dezember 2002 – X ZR 193/99, NJW 2003, 743 (745), mit der Anmerkung, dass nicht jeder Geschäftsbesorgungsvertrag einen treuhänderischen Charakter aufweisen müsse; a. A. auch bei: Grundmann, Der Treuhandvertrag, insbesondere die werbende Treuhand, 1997, S. 92 ff. 55 Löhnig, Treuhand, 2006, S. 136 ff.; Beyerle, Die Treuhand im Grundriss des deutschen Privatrechts, 1932, S. 17 ff. Nach Beyerle werden Schuldverhältnisse durch die Interessenlage bestimmt. Stehen sich die Interessen gegenüber, liege ein Vertrag mit eigennütziger Rechtsgestaltung vor. Sind die Interessen bei einer Gesamthand auf ein gemeinsames Ziel gerichtet, zielen die Interessen in die gleiche Richtung. Die Treuhand zeichne sich durch eine uneigennützige Belangwahrung aus.
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Kap. 2: Vermögensverwaltung durch den Betreuer eines Unternehmers
Treuhänder für eine gewisse Dauer erhalte, und zum anderen in der Gestalt der Legitimation als Werkzeug der Interessenwahrnehmung.56 Die Betreuung wird von Löhnig als gesetzliche, rechtlich notwendige Treuhand verstanden.57 Als Machtmittel wird insoweit auf § 1902 BGB verwiesen, der den Betreuer zum gesetzlichen Vertreter des Betreuten erklärt.58 Mithilfe dieser Vertretungsmacht kann der Betreuer rechtgeschäftlich im Rahmen seines Aufgabenkreises für den Betreuten tätig werden.59 Damit ist ein Betreuer auch nach Löhnig Treuhänder für den Betreuten. Nicht zu der Einordnung der rechtlichen Betreuung als Treuhand passt der Erklärungsansatz von Bitter in der 2006 erschienenen Habilitationsschrift „Rechtsträgerschaft für fremde Rechnung“60. Auch Bitter plädiert für einen „Perspektivwechsel“61 hin zu einer schuldrechtlichen Betrachtung der Treuhand. Nach Bitter setzt eine Treuhand einen schuldrechtlichen Anspruch auf Übertragung des Rechts bei gleichzeitiger Gefahrtragung (für den zufälligen Untergang) voraus.62 Ebenfalls nicht ohne Friktionen mit der verwaltenden Tätigkeit des Betreuers kommt das Verständnis einer Treuhand von Stefan J. Geibel aus, welches in der 2008 erschienen Habilitationsschrift „Treuhandrecht als Gesellschaftsrecht“ vorgestellt wird. Geibel schlägt vor, den Treuhandvertrag als Gesellschaftsvertrag zu qualifizieren.63 Dabei bestehe der Treuhandvertrag aus einem Geschäftsbesorgungsvertrag nach § 675 Abs. 1 BGB und aus einem Gesellschaftsvertrag nach §§ 705 ff. BGB, weil die jeweiligen typologischen Regelungen eines der beiden Verträge nicht genügten, um auf sämtliche Fragestellungen eine Antwort zu erlangen.64 Ob die Betreuung konzeptionell als Treuhand aufgefasst werden kann, richtet sich nach der Einordnung der Stellvertretung. Diesbezüglich geht Geibel davon aus, dass es auf die konkrete Ausgestaltung des Einzelfalles ankommt, dass aber ein Handeln des Bevollmäch56 Löhnig, Treuhand, 2006, S. 161; so auch die Erklärung seiner Schülerin: Preisner, Das gesetzliche mittreuhänderische Schuldverhältnis kraft gemeinsamer Elternschaft, 2014, S. 267. 57 Löhnig, Treuhand, 2006, S. 4, 118, 159, 234, 247. 58 Sachsen Gessaphe, Der Betreuer als gesetzlicher Vertreter für eingeschränkt Selbstbestimmungsfähige, 1999, betont auf S. 136, dass die Beschränkung der Rechtsmacht auf den konkreten Aufgabenkreis Ausdruck der Begrenzung der Betreuung auf das erforderliche Maß und damit auch in § 1902 BGB der Erforderlichkeitsgrundsatz implementiert sei. 59 Löhnig, Treuhand, 2006, S. 196 spricht von einer „situativen Interessenwahrnehmung“. 60 Dieser Ausdruck findet sich wörtlich in Schless, Mittelbare Stellvertretung und Treuhand, 1931, S. 42; an den Bitter, Rechtsträgerschaft für fremde Rechnung: Außenrecht der Verwaltungstreuhand, 2006, S. 196 ff. ausdrücklich anknüpft; eine andere, eher deskriptive, Anknüpfung an die Rechtsträgerschaft findet sich bei Diehle, Rechtsträgerschaft für fremde Rechnung und Schadenseintritt beim Dritten, 1969, S. 43. 61 Bitter, Rechtsträgerschaft für fremde Rechnung: Außenrecht der Verwaltungstreuhand, 2006, S. 282, 287. 62 Bitter, Rechtsträgerschaft für fremde Rechnung: Außenrecht der Verwaltungstreuhand, 2006, S. 190, 298, zusammenfassend auf S. 324. 63 Geibel, Treuhandrecht als Gesellschaftsrecht, 2008, S. 3, 85 ff. 64 Geibel, Treuhandrecht als Gesellschaftsrecht, 2008, S. 109 ff.
A. Das betreuungsrechtliche Innenverhältnis zwischen Betreuer und Betreutem
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tigten im Namen des Vollmachtgebers grundsätzlich als „treuhandähnlich“ aufgefasst werden kann.65 Danach könnte es sich bei der Betreuung um ein Treuhandverhältnis handeln. Einen nicht originär der Treuhand entstammenden Ansatz verfolgt Kumpan in seiner Habilitation zum Thema „Der Interessenkonflikt im deutschen Privatrecht“ aus dem Jahr 2014. Kumpan geht davon aus, dass die Treuhand ein Beispiel eines Schuldverhältnisses mit treuhänderischem Charakter und ähnlich wie ein Geschäftsbesorgungsvertrag, ein Kommissionsgeschäft oder ein Handelsvertretervertrag als ein Interessenwahrungsverhältnis zu klassifizieren sei.66 Ein Bedürfnis für ein solches Rechtsverhältnis bestehe bei fremdnütziger Interessenwahrung, welche auf asymmetrischer Verteilung von Interessen beruhe.67 Grundlage eines solchen Schuldverhältnisses seien die §§ 662 ff. und §§ 675 ff. BGB als Grundformen.68 Die Ähnlichkeit zu den von Grundmann und Löhnig vorgeschlagenen schuldrechtlichen Grundwertungen einer Treuhand tritt dadurch hervor, dass Kumpan als Beispiel für ein „dauerhaftes Interessenwahrungsverhältnis“ die fremdnützige Treuhand anführt.69 Für ihn stellt die Betreuung ein gesetzliches Interessenwahrungsverhältnis dar, wobei sich die Interessenwahrnehmungspflicht insbesondere in § 1901 BGB manifestiert.70 Wenn nach Kumpans Ansatz die fremdnützige Treuhand ein Fall der Interessenwahrung ist, so spricht die Existenz eines gesetzlichen Interessenwahrungsverhältnisses nicht dagegen, dass es sich bei der Betreuung nach §§ 1896 ff. BGB um eine Treuhand handelt. 2. Zusammenfassung: Rechtliche Betreuung als gesetzlich ausgeformtes Treuhandverhältnis Moderne Erklärungsansätze sehen den Betreuer als Treuhänder des Betreuten an.71 Fraglich ist, ob daraus die Anwendbarkeit von Normen aus dem Geschäfts65
Geibel, Treuhandrecht als Gesellschaftsrecht, 2008, S. 22, 296, 171; am letztgenannten Orte verweisend auf Coing, Die Treuhand kraft privaten Rechtsgeschäfts, 1973, S. 90, der erklärt, dass jedenfalls bei einer unwiderruflich ausgestalteten Vollmacht von einer Treuhand gesprochen werden könne, weil der Treuhänder ein selbstständiges Verfügungsrecht erhalte. 66 Kumpan, Der Interessenkonflikt im deutschen Privatrecht, 2014, S. 48 ff. 67 Kumpan, Der Interessenkonflikt im deutschen Privatrecht, 2014, S. 57, S. 90 Fn. 3; zumindest begrifflich setzt Kumpan damit sehr nahe an der Habilitation von Grundmannn an, der von „Interessenwahrnehmungspflicht stricto sensu“ spricht. 68 Kumpan, Der Interessenkonflikt im deutschen Privatrecht, 2014, S. 104, 125. Folge der Annahme ist, dass den Interessenwahrer eine Offenlegungspflicht nach § 666 BGB trifft, Derselbe, a. a. O., S. 247. 69 Kumpan, Der Interessenkonflikt im deutschen Privatrecht, 2014, S. 112. 70 Kumpan, Der Interessenkonflikt im deutschen Privatrecht, 2014, S. 121, 567. 71 Zu diesem Ergebnis kommen mit unterschiedlicher Begründung: Müller-Freienfels, FS Coing II, 395 (409); Liebich/Mathews, Treuhand und Treuhänder in Recht und Wirtschaft, 1983, S. 398; Jürgens BtR/Jürgens, § 1901 BGB, Rn. 1; Peters, Die Betreuung Volljähriger: Die Reform des zivilrechtlichen Fürsorgerechts für Volljährige aus Sicht des Betreuers, 1992,
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Kap. 2: Vermögensverwaltung durch den Betreuer eines Unternehmers
besorgungs- beziehungsweise Auftragsrecht auf die Betreuung folgt. Die Treuhand gibt es im deutschen Recht nicht als eigenen, schuldrechtlichen Vertragstyp. Die bisher aufgezeigten Erklärungsansätze zeichnen sich als kleinster gemeinsamer Nenner durch das zwischen dem Treugeber und dem Treuhänder herrschende Vertrauen aus. Zugleich gründen die Erklärungsansätze auf einer unterschiedlich konstruierten und konkretisierten Interessenwahrnehmung, sodass die Normen des Auftrags- beziehungsweise des Geschäftsbesorgungsrechts auf ein Treuhandverhältnis anwendbar sein könnten. Denn die Regelungen zum Auftrag beziehungsweise zur Geschäftsbesorgung ähneln einer auf Vertrauen beruhenden Interessenwahrung am ehesten.72 Daraus folgt, dass zumindest einige Normen des Auftragsrechts entsprechend auf die rechtliche Betreuung angewendet werden kann. Auch entsprechen prima facie die Pflichten des Betreuers teilweise denen eines Beauftragten. Eine direkte Anwendung der §§ 662 ff. BGB verbietet sich aufgrund der Bestellung kraft Hoheitsakts, allerdings ist eine analoge Anwendung allgemein anerkannt.73 Die Vorschriften des Betreuungsrechts sind spezieller als diejenigen des Auftragsrechts; jedoch können die Regelungen des Auftragsrechts analog auf die Regelungen des Betreuungsrechts angewendet werden.74 Da auch der Vorsorgevollmacht als schuldrechtliches Grundgeschäft regelmäßig ein Geschäftsbesorgungsverhältnis zugrunde liegt, sind auf das Innenverhältnis von Vorsorgevollmacht und Betreuung die Regelungen der §§ 662 ff. BGB beziehungsweise der §§ 675 ff. BGB anwendbar.75 Somit kann der geschäftsfähige76 Betreute dem BeS. 218; a. A. wegen Zweifeln an der Möglichkeit einer treuhänderischen Stellung bei gleichzeitiger Stellvertretung: Siber, JherJB 67 (1917), 81 (ebd.); Siebert, Das rechtsgeschäftliche Treuhandverhältnis, 1933, S. 12. 72 Vgl.: Münchener Kommentar/Schäfer, § 662 BGB, Rn. 30; Staudinger/Martinek/Omlor (2017), Vor §§ 662 ff. BGB, Rn. 40. 73 Münchener Kommentar BGB/Schäfer, § 667 BGB, Rn. 6; Jürgens, BtR/Jürgens, § 1901 BGB, Rn. 14. Für eine analoge Anwendung plädieren auch: OLG Karlsruhe, Urteil vom 08. 08. 2003 – 15 U 76/01, FamRZ 2004, 1601 (ebd.); OLG Naumburg, Urteil vom 02. 08. 2007 – 8 U 4/07, FamRZ 2008, 182 (183); OLG Saarbrücken, Urteil vom 22. 12. 2010 – 8 U 622/09, BeckRS 2010, 33388. Mangels planwidriger Regelungslücke lehnt BeckOGK/Schmidt-Recla, § 1901 BGB, Rn. 55.2 eine analoge Anwendung des § 667 BGB ab. Allerdings anerkennt auch er eine partielle Anwendbarkeit des Auftragsrechts auf das Betreuungsverhältnis. 74 So bereits RG, Urteil vom 30. 05. 1940 – V 240/39, RGZ 164, 98 (103) betont, dass die Wertung des § 667 BGB, „daß demjenigen, dessen Geschäfte geführt werden, die gesamten Vorteile aus der Geschäftsführung gebühren, […] auf Vormund und Pfleger in gleicher Weise zu[treffen] wie auf den rechtsgeschäftlich Beauftragten.“; zur ergänzenden Anwendung des Auftragsrechts für das Rechtsverhältnis zwischen Betreuer und Betreutem: OLG Karlsruhe, Urteil vom 08. 08. 2003 – 15 U 76/01, FamRZ 2004, 1601 (ebd.); OLG Naumburg, Urteil vom 02. 08. 2007 – 8 U 4/07, FamRZ 2008, 182 (183); OLG Saarbrücken, Urteil vom 22. 12. 2010 – 8 U 622/09, BeckRS 2010, 33388. 75 Beetz, Stellvertretung als Instrument der Sicherung und Stärkung der Patientenautonomie, 2013, S. 122; Raub, Vorsorgevollmachten im Personengesellschaftsrecht, 2013, S. 49; Walter, Die Vorsorgevollmacht, 1997, S. 112; Müller/Renner/Renner, Betreuungsrecht, 2015, Rn. 619, 1005; OLG Schleswig, Urteil vom 18. 03. 2014 – 3 U 50/13, NJW-Spezial 2014, 455 (ebd.). Zu der Frage, ob es sich auch bei dem der Vorsorgevollmacht zugrundeliegenden In-
A. Das betreuungsrechtliche Innenverhältnis zwischen Betreuer und Betreutem
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treuer Weisungen erteilen. Ob eine Bindung des Betreuers an die gesellschafterliche Treuepflicht bei der Ausübung von Gesellschafterrechten des Betreuten mithilfe der Weisungsbefugnis des Betreuten konstruiert werden kann, wird noch zu erörtern sein.77 Bei dem Rechtsinstitut der Betreuung handelt es nicht um eine gesetzlich ausgeformte, qualifizierte Treuhand. Eine qualifizierte Treuhand liegt vor, wenn der im Handelsregister eingetragene Gesellschafter seine Anteile an einer Gesellschaft an einen Dritten, den Treugeber überträgt, sie aber weiter formal als Treuhänder ausübt.78 Derartige Konstellationen ergeben sich häufig bei Publikumspersonengesellschaften. Im Ergebnis erhält auf diese Weise ein gesellschaftsfremder Dritter eine rechtliche Stellung, die der Position eines Gesellschafters ähnelt.79 Zwar mag diese Definition auf den Betreuer, der für den von ihm betreuten Gesellschafter mitgliedschaftliche Rechte ausübt, zugeschnitten sein. Allerdings spricht der Kontext, in dem der Begriff der qualifizierten oder offenen Treuhand entwickelt worden ist, gegen eine Einordnung der Betreuung als qualifizierte Treuhand. Denn bereits in den 50er Jahren wurde der Begriff der offenen Treuhand in Konstellationen verwendet, in denen ein Anteil an einer Publikumspersonengesellschaft zum Zwecke der Kapitalanlage erworben wurde.80 Die treuhänderische Beteiligung an Anteilen der Publikumspersonengesellschaft bedeutet, dass die Anleger wirtschaftlich Inhaber der Gesellschaftsanteile werden, während die Gesellschafterrechte durch im Handelsregister eingetragene Treuhänder ausgeübt werden.81 Bei der Betreuung bleibt allerdings der Treugeber – der Betreute – sowohl formalrechtlich als auch wirtschaftlich Inhaber der mit der Mitgliedschaft verbundenen Rechte. Der Betreuer erhält lediglich die Rechtsmacht, mit Vertretungsmacht für und gegen den Betreuten zu handeln. Es tritt also ein Dritter, bildlich gesprochen, hinzu, der keine Gesellschaftsanteile erwirbt, sondern mit der Gesellschafterstellung einhergehende Rechte aus Gründen der öffentlichen Fürsorge für einen Gesellschafter ausübt.
nenverhältnis ebenfalls um ein Treuhandverhältnis handelt, siehe nur: Schwab, FamRZ 2014, 888 (890). Vgl. bezogen auf die Geltung von § 665 BGB im Innenverhältnis der Vorsorgevollmacht: BGH, Urteil vom 25. 03. 2014 – X ZR 94/12, FamRZ 2013, 937 (940). 76 Zu den Wünschen des nicht geschäftsfähigen Betreuten siehe sogleich: Kapitel 2 A. II. 1. b). 77 Siehe unten: Kapitel 3 A. III. 1. b) bb). 78 Schäfer, ZHR 177 (2013), 619 (620). 79 Tebben, ZGR 2001, 586 (595, 611). 80 BGH, Urteil vom 13. 05. 1953 – II ZR 157/52, BGHZ 10, 44 (49); BGH, Urteil vom 11. 11. 2008 – XI ZR 468/07, NZG 2009, 57 (58). 81 Schäfer, ZHR 177 (2013), 619 (620).
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Kap. 2: Vermögensverwaltung durch den Betreuer eines Unternehmers
II. Mögliche Probleme bei der Anwendung von Normen aus dem Auftragsrecht auf das Betreuungsrecht 1. Weisungsrecht des Betreuten gegenüber dem Betreuer im betreuungsrechtlichen Innenverhältnis Fraglich ist, wie sich die Einordnung der Betreuung als gesetzlich ausgeformtes Treuhandverhältnis mit dem Charakter derselben als Institut der sozialen Fürsorge vereinbaren lässt. Regelmäßig wird ein Unternehmer konkrete Vorstellungen davon haben, wie im Falle seiner Verhinderung mit dem Unternehmen umgegangen werden soll. Dabei wird es sowohl um strategische Entscheidungen als auch die Aufrechterhaltung des operativen Geschäfts gehen. Konkrete Leitlinien kann der privat Vorsorgende in einer neben der Vorsorgevollmacht zu errichtenden Weisung niederlegen und auf diese Weise den Vorsorgebevollmächtigten zu einem weisungsgerechten Verhalten anhalten. Auch auf das Innenverhältnis der Vorsorgevollmacht finden die Regelungen der §§ 662 ff. BGB beziehungsweise die §§ 675 ff. BGB Anwendung.82 Im Auftragsrecht geht aus § 665 Satz 1 BGB hervor, dass der Auftraggeber dem Beauftragten Weisungen erteilen darf.83 Ein Vorsorgevollmachtgeber kann die Weisung gemeinsam mit der Vollmacht erteilen und kann bei der Ausgestaltung der Weisung auf alle der Privatautonomie genuinen Freiheiten zurückgreifen. Für die Praxistauglichkeit der Betreuung eines Unternehmers wäre es Zeichen einer interessengerechten Führung der Betreuung, wenn auch der Betreute gegenüber dem Betreuten weisungsbefugt wäre. a) Möglichkeiten der Weisungserteilung durch einen geschäftsfähigen Betreuten Der Betreuer müsste zunächst zur Erteilung einer Weisung fähig sein. Die Weisung kann als empfangsbedürftige Willenserklärung ausdrücklich oder konkludent erteilt werden.84 Im Gegensatz zum Vormundschaftsrecht alter Fassung führt die Betreuung selbst bei Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes nach § 1903 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht zu einer Entmündigung. Weil die Anordnung der Betreuung keinen Einfluss auf die Geschäftsfähigkeit des Betreuten hat, kann ein Betreuter grundsätzlich Willenserklärungen abgeben und Weisungen an den Betreuer erteilen.
82 Beetz, Stellvertretung als Instrument der Sicherung und Stärkung der Patientenautonomie, 2013, S. 122; Raub, Vorsorgevollmachten im Personengesellschaftsrecht, 2013, S. 49; Walter, Die Vorsorgevollmacht, 1997, S. 112; Müller/Renner/Renner, Betreuungsrecht, 2015, Rn. 619, 1005; OLG Schleswig, Urteil vom 18. 03. 2014 – 3 U 50/13, NJW-Spezial 2014, 455 (ebd.). Zu der Frage, ob es sich auch bei dem der Vorsorgevollmacht zugrundeliegenden Innenverhältnis um ein Treuhandverhältnis handelt, siehe nur: Schwab, FamRZ 2014, 888 (890). 83 Vgl.: BGH, Urteil vom 15. 11. 2007 – IX ZR 44/04, BGHZ 174, 205 (208); Erman/ Berger, § 665 BGB, Rn. 1; Juris-PK BGB/Hönn, § 665 BGB, Rn. 1. 84 Mot. II, S. 535; BeckOGK/Riesenhuber, § 665 BGB, Rn. 19.
A. Das betreuungsrechtliche Innenverhältnis zwischen Betreuer und Betreutem
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b) Der „weisungsähnliche“ Charakter von Wünschen gemäß § 1901 Abs. 2, 3 BGB Sollte der Betreute geschäftsunfähig im Sinne des § 104 Nr. 1 BGB sein, ist den Wünschen des Betreuten nach § 1901 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1, 2 BGB grundsätzlich zu entsprechen. Ein Wunsch im Sinne des § 1901 BGB ist keine Willenserklärung.85 Im Falle eines Geschäftsunfähigen sorgt der „weisungsähnliche Charakter“ der Wünsche dafür, dass der Betreuer die Angelegenheiten im Sinne des Betreuten führt. Ist es dem Betreuten möglich, kann er dem Betreuter beispielsweise die Weisung erteilen oder den Wunsch verlautbaren, ein Erwerbsgeschäft fortzuführen, dieses zu veräußern oder es zu schließen. Liegt der Betreute dagegen zum Beispiel im Koma und kann deshalb Bedürfnisse oder Wünsche nicht mehr mitteilen, gibt § 1901 Abs. 3 Satz 2 BGB vor, dass der Betreuer auch Wünsche zu beachten hat, welche der Betreute vor der Bestellung des Betreuers geäußert hat.86 Auch diese vor der Betreuung geäußerten Wünsche können weisungsähnlichen Charakter haben. Damit kann auch ein geschäftsunfähiger Betreuter „weisungsähnliche“ Wünsche äußern oder geäußert haben. c) Das „Wohl“ des Betreuten – Korrektiv und Schutz vor Selbstschädigungen Der Betreuer könnte nicht an Weisungen gebunden sein, die selbstschädigenden Charakter haben. Während eine Weisung im Auftragsrecht regelmäßig Bindungswirkung entfaltet,87 bietet § 1901 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 BGB im Betreuungsrecht einen Schutz vor Selbstschädigungen. Danach soll ein Betreuer zumutbaren Wünschen des Betreuten entsprechen, soweit diese dem Wohl des Betreuten nicht zuwiderlaufen. Die Befolgung einer selbstschädigenden Weisung könnte mit dem Wohl des Betreuten nicht vereinbar sein und dementsprechend § 1901 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 BGB zuwiderlaufen. Auf diese Weise könnten die Regelungen des Betreuungsrechts den Umfang und die Art und Weise der Weisungsbefolgungspflicht des Betreuers als Treuhänder beschränken. Um einen Schutz des Betreuten vor selbstschädigenden Weisungen im Einzelfall zu erkennen, ist die Definition der Begriffe der „Selbstschädigung“ und des „Wohls“ in § 1901 Abs. 2, 3 BGB maßgebend. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird eine „Selbstschädigung“ als eine Schlechterstellung, welche sich eine Person selbst zufügt, beschrieben.88 Eine ähnliche Auslegung ist im Betreuungsrecht im Hinblick auf die Genehmigung einer Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 1, 2 BGB angezeigt. Eine freiheitsentzie85
BT-Drs 11/4528, S. 133; Münchener Kommentar BGB/Schneider (8. Auflage 2020), § 1901 BGB, Rn. 12. 86 Für den (unwahrscheinlichen) Fall, dass ein seit seiner Geburt Geschäftsunfähiger ein Unternehmen erbt, der in seinem Leben keinen einzigen Wunsch äußern konnte, kommt es maßgeblich auf das Wohl im Sinne des § 1901 Abs. 2, 3 BGB an. Siehe zu dem „Wohl des Betreuten“ sogleich: Kapitel 2 A. II. 1. c). 87 Die Ausnahme wird mithilfe eines Rückgriffs auf § 242 BGB konstruiert, siehe nur: Erman/Berger, § 665 BGB, Rn. 4. 88 Scholze-Stubenrecht/Pescheck, Duden, Eintrag zu „selbstschädigend“.
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Kap. 2: Vermögensverwaltung durch den Betreuer eines Unternehmers
hende Unterbringung ist nur dann zum Schutz des Betreuten möglich, wenn aufgrund konkreter und objektivierbarer Anhaltspunkte die Gefahr besteht, dass sich der Betreute selbst tötet oder erheblichen gesundheitlichen Schaden zufügt.89 Um diesen Gefahren vorzubeugen, kann der Betreuer den Betreuten nach § 1906 Abs. 1 BGB unterbringen. Wegen der erheblichen Grundrechtsintensität steht diese Handlungsmöglichkeit unter dem Genehmigungsvorbehalt des § 1906 Abs. 2 Satz 1 BGB. Die Möglichkeit der Unterbringung zum Schutz des Betroffenen versinnbildlicht, dass der Betreuer nicht nur Repräsentant des Betreuten im Rechtsverkehr ist, sondern den Betreuten auch vor sich selbst schützen soll. Nach dem Wortlaut des § 1906 Abs. 1 BGB ist eine Unterbringung nur zulässig, solange sie zum Wohl des Betreuten erforderlich ist. Das Wohl des Betreuten prägt nach § 1901 Abs. 2 Satz 1 BGB das Betreuerhandeln, weil der Betreuer alle Angelegenheiten des Betreuten so zu besorgen hat, wie es dessen Wohl entspricht.90 Nach § 1901 Abs. 2 Satz 2 BGB gehört zum Wohl des Betreuten, im Rahmen der eigenen Fähigkeiten ein Leben nach den eigenen Wünschen und Vorstellungen zu gestalten. Ergänzend ordnet § 1901 Abs. 3 Satz 1 BGB an, dass der Betreuer den Wünschen des Betreuten zu entsprechen hat, soweit dies dessen Wohl nicht zuwiderläuft und es dem Betreuer zuzumuten ist. Ausweislich der korrigierenden Funktion des § 1901 Abs. 3 Satz 1 BGB kann das Wohl des Betreuten nicht mit den Wünschen gleichgesetzt werden.91 Gleichzeitig können Wohl und Wünsche nicht gänzlich voneinander getrennt verstanden werden, da § 1901 Abs. 2 Satz 2 BGB einen das Wohl und die Wünsche des Betroffenen miteinander verbindet. Denn die Gestaltung des Lebens des Betreuten nach seinen eigenen Wünschen gehört auch zum Wohl des Betreuten.92 Das Substantiv „Wunsch“ bezeichnet nach dem allgemeinen Sprachgebrauch, ein Begehren, von dessen Erfüllung mehr erhofft als durch eigene Anstrengungen zu erreichen gesucht wird.93 Das passend heißt es in der Gesetzesbegründung, dass der Betreuer auf subjektive Begehren des Betreuten Rücksicht nehmen solle.94 Das Nomen „Wohl“ ist im juristischen wie im allgemeinen Sprachgebrauch als ein für 89 Siehe zu den Voraussetzungen: BGH, Beschluss vom 25. 03. 2015 – XII ZA 12/15, NJWRR 2015, 770 (771); Münchener Kommentar BGB/Schwab, § 1906 BGB, Rn. 21; BeckOGK/ Brilla, § 1906 BGB, Rn. 65. 90 Zur Wirkung der Beachtung des Willens des Betreuten im Außenverhältnis siehe auch: Hoffmann, FamRZ 2018, 1057 (1059). 91 Schmidt-Recla/Diener, MedR 2013, 6 (8) sprechen insoweit von einem zwischen den Absätzen des § 1901 BGB vermittelnden „internen Subsidiaritätsgrundsatz“. Vgl. auch die grundsätzliche Kritik an den unbestimmten Rechtsbegriffen, weil die Regelung des § 1901 Abs. 3 Satz 1 BGB übersehe, dass jegliche zwischenmenschliche Interaktion von gegenseitiger Rücksichtnahme getragen werde: Diederichsen, FS Deutsch, 131 (ebd.). 92 Vgl.: BGH, Urteil vom 22. 07. 2009 – XII ZR 77/06, BGHZ 182, 116 (125); BGH, Beschluss vom 30. 11. 2016 – XII ZB 335/16, FamRZ 2017, 245 (246); siehe auch BT-Drs 11/ 4528, S. 67, welche die Wünsche als einen „Teilaspekt“ des Wohls begreifen. 93 Scholze-Stubenrecht/Pescheck, Duden, Eintrag zu „Wunsch“. 94 BT-Drs 11/4528, S. 67.
A. Das betreuungsrechtliche Innenverhältnis zwischen Betreuer und Betreutem
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den Betroffenen positiver Zustand zu verstehen.95 Zu kurz gegriffen wäre es, den Begriff des Wohls allgemein und objektiv in dem Sinne zu verstehen, dass darunter ein Zustand zu verstehen sei, welchen ein objektiver Dritter als positiv beurteilen würde, weil ein derart verallgemeinerndes Verständnis dem Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen nicht gerecht würde.96 Stattdessen bemisst sich das Wohl eines Betreuten jeweils nach den Umständen des Einzelfalls und danach, was für den Betreuten in der konkreten Lage erreichbar ist.97 Aus der Ausrichtung auf die individuellen Begebenheiten ergibt sich, dass der Betreute die – jedem Menschen zustehende – Freiheit nutzen kann, „sein Leben falsch anzulegen und falsch zu führen“98. Daher sorgt die Beachtung des Wohls in § 1901 BGB dafür, dass die Betreuung an die Bedürfnisse und Interessen des Einzelnen angepasst wird. Eine objektive Grenze der Interessen des Betreuten ist erst erreicht, wenn die Befolgung des Wunsches des Betreuten zu einer Gefährdung höherrangiger Rechtsgüter des Betroffenen oder zu einer erheblichen Verschlechterung der gesamten Lebens- und Vermögenssituation beitragen würde.99 Daraus folgt einerseits, dass wirtschaftlich unrentable Wünsche vom Betreuer zu beachten und zu befolgen sind, solange das Vermögen des Betreuten ausreicht, um diese Investition bis voraussichtlich an das Lebensende zu tragen.100 Andererseits soll der Betreuer darauf achten, dass ein den Vorstellungen des Betreuten entsprechendes Leben weiterhin möglich ist und nicht durch erhebliche 95 Scholze-Stubenrecht/Pescheck, Duden, Eintrag zu „Wohl“. Siehe zum Begriff des „Kindeswohls“: Wapler, Kinderrechte und Kindeswohl, 2015, S. 30 ff. 96 Bienwald/Sonnenfeld/Harm/Bienwald, § 1901 BGB, Rn. 19. Zur Allgemeinheit des Begriffs des „Wohles“: BT-Drs 11/4528, S. 133. Siehe zu einer philosophischen Untersuchung des „Wohles“ die ausführliche Darstellung bei Wapler, Kinderrechte und Kindeswohl, 2015, S. 309 ff. 97 Vgl. zu einer derartigen personalisierten Betrachtung: Frost, Arztrechtliche Probleme des neuen Betreuungsrechts, 1994, S. 45; Kollmer, Selbstbestimmung im Betreuungsrecht, 1992, S. 149 ff.; Mayer, Medizinische Maßnahmen an Betreuten, 1995, S. 66; Sorg, BWNotZ 2010, 107 (108); JurisPK-BGB/Bieg, § 1901 BGB, Rn. 7; BeckOGK/Schmidt-Recla, § 1901 BGB, Rn. 19 f.; Jürgens, BtR/Jürgens, § 1901 BGB, Rn. 8; Münchener Kommentar BGB/Schwab, § 1901 BGB, Rn. 11; Lipp, Freiheit und Fürsorge, S. 154. Angedeutet auch in NK-BGB/ Heitmann, § 1901 BGB, Rn. 5, dessen Ausdruck „subjektiv mit objektiver Korrekturmöglichkeit“ in eine ähnliche Richtung zielt. 98 OLG Frankfurt, Beschluss vom 23. 07. 1987 – 20 W 193/87, NJW 1988, 1527 (1528); in die gleiche Richtung auch: OLG Schleswig, Urteil vom 16. 07. 2020 – 2 U 7/19, BeckRS 2020, 17731, Rn. 93. 99 BGH, Urteil vom 22. 07. 2009 – XII ZR 77/06, BGHZ 182, 116 (125); Münchener Kommentar BGB/Schwab, § 1901 BGB, Rn. 17. Siehe zu dem Parallelproblem der Auslegungsfähigkeit und Bestimmtheit des Willens eines Betroffenen in einer Patientenverfügung: BGH, Beschluss vom 08. 02. 2017 – XII ZB 604/15, NJW 2017, 1737 (1740) (zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen); Albrecht/Albrecht, MittBayNot 2009, 426 (429); Beermann, FPR 2010, 252 (ebd.); Boemke, NJW 2017, 1706 (1707 f.). 100 Vgl. anschaulich: OLG Karlsruhe, Urteil vom 15. 06. 2010 – 12 U 235/09, Juris, Rn. 20 ff., insoweit in FamRZ 2010, 2018 (ebd.) nicht abgedruckt. Siehe auch zu der insoweit gleichgelagerten Diskussion bezogen auf die (fehlende) Notwendigkeit der Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes nach § 1903 Abs. 1 Satz 1 BGB: BeckOGK/Schmidt-Recla, § 1903 BGB, Rn. 28 f.
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Kap. 2: Vermögensverwaltung durch den Betreuer eines Unternehmers
Einmalinvestitionen gefährdet wird. Aus § 1901 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 BGB ist im Ergebnis zu schließen, dass selbstschädigende Weisungen des Betreuten nur dann vom Betreuer umzusetzen sind,101 wenn sie das Vermögen des Betreuten nicht erheblich gefährden. Wann eine erhebliche Gefährdung vorliegt, ist eine Frage des Einzelfalls. In der Regel wird eine Weisung als selbstschädigend einzuordnen sein, wenn eine hypothetische ex-ante Betrachtung der Konsequenzen der Befolgung und Umsetzung der Weisung das Vermögen des Betreuten insgesamt gefährdet. Ab wann sich eine Weisung oder ein weisungsähnlicher Wunsch des Betreuten, welcher sich nur auf einzelne Vermögensteile bezieht, das Vermögen des Betreuten insgesamt gefährdet, hängt von dem Vermögen des Betreuten und den mit der Weisung einhergehenden möglichen finanziellen Implikationen ab. Aufgrund der Vielgestaltigkeit der möglichen Fälle soll an dieser Stelle der Hinweis darauf genügen, dass ähnlich wie bei § 1365 BGB das einzelne Geschäft in Verhältnis mit dem Gesamtvermögen gesetzt werden soll.102 Die Pflicht, das Wohl des Betreuten nach § 1901 BGB zu schützen, stellt Inhalt und Grenze der Aufgaben des Betreuers dar. Durch die Beachtung des „Wohls“ des Betreuten bieten die §§ 1896 ff. BGB als leges speciales einen Schutz vor Selbstschädigungen des Betreuten. d) Zwischenergebnis: Weisungsbefugnis des Betreuten Der Betreute kann dem Betreuer Weisungen nach § 665 BGB erteilen. Auch die Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes nach § 1903 Abs. 1 Satz 1 BGB ändert nichts daran, dass der Betreuer zur Abgabe einer Weisung als Willenserklärung in der Lage ist. Auf deren Wirksamkeit kommt es im betreuungsrechtlichen Innenverhältnis aufgrund des weisungsähnlichen Charakters von Wünschen nicht an. Selbstschädigende Weisungen laufen dem Wohl des Betreuten im Sinne des § 1901 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 BGB zuwider, sodass die Pflicht zu weisungsgemäßem Handeln bei selbstschädigenden Weisungen eingeschränkt wird. Eine selbstschädigende Weisung liegt vor, wenn eine Umsetzung des Wunsches des Betreuten bei hypothetischer ex-ante Betrachtung das Vermögen des Betreuten insgesamt gefährdet.
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So eindrücklich BT-Drs 11/4528, S. 67: „Die Betreuerbestellung ist eine staatliche Hilfe für den Betroffenen, die auf sein Wohl gerichtet ist. Der Staat soll und darf diese Hilfe nicht zur Selbstschädigung des Betreuten zur Verfügung stellen“. Siehe zur Legitimation des Handelns des Betreuers in grundrechtlicher Hinsicht auch: Kapitel 1 C. III. 1. 102 Siehe hierzu nur: Münchener Kommentar BGB/Koch (8. Auflage 2019), § 1365 BGB, Rn. 20 ff.
A. Das betreuungsrechtliche Innenverhältnis zwischen Betreuer und Betreutem
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2. Vergleichbarkeit des Informationsanspruchs des Auftraggebers nach § 666 BGB mit den Regelungen des Betreuungsrechts Die Auskunfts-/Informationspflicht des § 666 BGB könnte ebenfalls mit den Regelungen des Betreuungsrechts vereinbar sein. Nach § 666 BGB ist der Beauftragte verpflichtet, dem Auftraggeber die erforderlichen Nachrichten zu geben, auf Verlangen über den Stand des Geschäfts Auskunft zu erteilen und nach der Ausführung des Auftrags Rechenschaft abzulegen. Die während und nach der Ausführung des Auftrags bestehende Auskunftspflicht soll dafür sorgen, dass der Auftraggeber durchgängig über die Sachlage informiert ist und, falls nötig, eingreifen kann.103 Wann im Auftragsrecht eine Mitteilung des Beauftragten an den Auftraggeber erforderlich ist, hängt von den Interessen der Parteien und den Umständen des Einzelfalls, wie der Vertragsabrede, ab.104 Adressat der Informationspflichten des Beauftragten ist der Auftraggeber. An dieser Stelle zeigt sich erneut, dass es sich bei den Regelungen des Betreuungsrechts um leges speciales zum Auftragsrecht handelt. Die Aufgabe der Überwachung des Betreuten liegt beim Betreuungsgericht. Nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1839 BGB hat der Betreuer dem Betreuungsgericht auf Verlangen jederzeit über die Führung der Betreuung und die persönlichen Verhältnisse des Betreuten Auskunft zu erteilen. Diese Informationspflicht entspricht § 666 Var. 2 BGB, welcher das allgemeine Interesse des Auftraggebers betrifft, über die für ihn verrichteten Angelegenheiten informiert zu werden.105 Ein Vergleich der Wortlaute zeigt die Ähnlichkeit der beiden Normen, wenn es einerseits in § 666 Var. 2 BGB heißt, dass der Beauftragte verpflichtet sei, auf Verlangen über den Stand des Geschäfts Auskunft zu erteilen, während §§ 1908i Abs. 1 Satz 1 BGB anordnet, dass der Betreuer dem Betreuungsgericht auf Verlangen über die Führung der Betreuung und die persönlichen Verhältnisse des Betreuten Auskunft zu erteilen habe. Auch zu der Rechenschaftspflicht nach Ausführung des Auftrags im Sinne des § 666 Var. 3 BGB findet sich eine Komplementärregelung im Betreuungsrecht. Gemäß §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1840 Abs. 2, 3 Satz 1 BGB hat der Betreuer über seine Vermögensverwaltung dem Betreuungsgericht jährlich Rechnung zu legen.106 Somit steht die Einordnung der Betreuung als Treuhandverhältnis im Einklang mit den Auskunfts- und Rechenschaftspflichten nach § 666 BGB. Die Rechnungslegungspflicht des § 666 BGB kann jedoch allenfalls ergänzend neben den speziellen Rechnungslegungsvorschriften des Betreuungsrechts zur Anwendung kommen, wenn beispielsweise ein Gegenbetreuer Informationen von dem Betreuer verlangt.
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Mugdan, Band 2, S. 946; Erman/Berger, § 666 BGB, Rn. 1. BeckOGK/Riesenhuber, § 666 BGB, Rn. 13; Münchener Kommentar BGB/Schäfer, § 666 BGB, Rn. 19 ff. 105 BeckOGK/Riesenhuber, § 666 BGB, Rn. 23; Münchener Kommentar BGB/Schäfer, § 666 BGB, Rn. 22. 106 Siehe vertiefend zu den Dokumentationspflichten des Betreuers: Kapitel 2 D. 104
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Kap. 2: Vermögensverwaltung durch den Betreuer eines Unternehmers
3. Friktion mit § 672 BGB? Einige Normen des Auftragsrechts zeigen auf, dass es sich bei dem Betreuungsrecht um eine Spezialmaterie handelt, auf welche nicht sämtliche Normen des Auftragsrechts zur Anwendung gelangen können Nach § 672 Satz 1 BGB erlischt der Auftrag im Zweifel nicht durch den Tod oder den Eintritt der Geschäftsunfähigkeit des Auftraggebers. § 672 BGB steht paradigmatisch dafür, dass die Normen des Betreuungsrechts denn Regelungen des Auftragsrechts als leges speciales vorgehen. Die Regelung des § 672 BGB passt beispielsweise nicht zu dem Konzept der Betreuung, welches auf Unterstützung der hilfsbedürftigen Person abzielt. Stirbt beispielsweise der Betreute, endet die Betreuung zwar nicht wie im Regelfall durch ausdrückliche Entscheidung des Betreuungsgerichts nach § 1908d Abs. 1 Satz 1 BGB, endet aber dennoch.107 Die Regelung des § 672 BGB steht exemplarisch dafür, dass die §§ 1896 ff. BGB die spezielleren Regelungen sind und eine Anwendung der Normen des Geschäftsbesorgungs- beziehungsweise des Auftragsrechts regelmäßig auf die betreuungsrechtliche Anwendbarkeit hin überprüft werden muss. 4. Zwischenergebnis Neben die §§ 1896 ff. BGB treten die Normen des Geschäftsbesorgungs- beziehungsweise Auftragsrechts in analoger Anwendung. Die Normen des Auftragsrechts führen nicht zu einer Selbstgefährdung des Betreuten. Denn der Betreuer hat vor Ausführung einer Weisung zu überprüfen, ob die erteilte Weisung mit dem Wohl des Betreuten nach § 1901 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 BGB übereinstimmt. Ob eine Weisung dem Wohl des Betreuten widerspricht, ist eine Frage des Einzelfalls. Grundsätzlich wird eine selbstgefährdende, dem Wohl des Betreuten widersprechende Weisung vorliegen, wenn eine Umsetzung des Wunsches des Betreuten bei hypothetischer ex-ante Betrachtung das Vermögen des Betreuten insgesamt gefährdet. Die Anwendbarkeit der Regelungen des Auftragsrechts gilt auch für das Innenverhältnis bei der Vorsorgevollmacht. Insoweit besteht eine Parallele zwischen der Vorsorgevollmacht und der Betreuung. Dadurch können Vorsorgevollmachtgeber und Betreuter gemäß § 665 BGB ihrem jeweiligen Stellvertreter intern Weisungen erteilen, sodass sich die Innenverhältnisse von Vorsorgevollmacht und Betreuung ähneln. Bezogen auf die Verfolgung der eigenen Interessen zeigen sich infolge der jeweils geltenden §§ 662 ff. BGB das betreuungsrechtliche Innenverhältnis und auch das Innenverhältnis der Vorsorgevollmacht Ähnlichkeiten. Der Vorteil der Betreuung gegenüber der Vorsorgevollmacht ist an dieser Stelle zugleich ihr Nachteil. Denn die von einem Betreuten erteilten Weisungen unterliegen bereits einfachrechtlich durch das Wohl des Betreuten einem Korrektiv. Das korrigierende Element schützt den Betreuten, beschränkt aber zugleich seine Handlungsfreiheit. Wie gewichtig dieser zusätzliche Schutz ist, der mit einer Einschränkung der eigenen Rechtsposition einen Vor- oder Nachteil der Betreuung gegenüber der Vorsorge107
BGH, Beschluss vom 06. 04. 2016 – XII ZB 83/14, NJW-RR 2016, 643 (ebd.).
A. Das betreuungsrechtliche Innenverhältnis zwischen Betreuer und Betreutem
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vollmacht darstellt, ist eine Frage der eigenen Empfindung, die an dieser Stelle nicht verallgemeinernd bewertet werden kann oder soll.
III. Vergleich mit dem Testamentsvollstrecker – Handlungen aufgrund eines anderen Vorsorgeinstrumentariums 1. Problemaufriss Bevor untersucht wird, ob der Betreuer das Unternehmen auflösen oder veräußern muss, soll ausgehend von der Treuhänderstellung des Betreuers auf die Grundzüge der Dauertestamentsvollstreckung an einem Unternehmen eingegangen werden. Der BGH hat 1986 zum alten Vormundschaftsrecht einmal formuliert, dass ein Testamentsvollstrecker ebenso frei agieren könne, „wie der Vormundschaftsrichter den Vormund äußerstenfalls stellen darf“108. Somit scheinen Betreuer und Testamentsvollstrecker ähnliche Grundsätze beachten zu müssen.109 Bei der Betreuung trifft der Betreuer Entscheidungen für den Betreuten mit mittelbarer Wirkung für das Unternehmen. Auch ein Testamentsvollstrecker wird in die Lage versetzt, mittelbar als (potentiell) gesellschaftsfremder Dritter, Entscheidungen für das Unternehmen zu treffen. Die (dauerhafte) Fremdverwaltung einer Beteiligung an einer Gesellschaft und die damit einhergehende Ausübung von Mitgliedschaftsrechten stellen Parallelen zwischen der Betreuung und der Testamentsvollstreckung dar. Ist eine Testamentsvollstreckung angeordnet, so vollstreckt die zum Testamentsvollstrecker ernannte Person gemäß § 2203 BGB im Falle der Abwicklungsvollstreckung den letzten Willen des Erblassers.110 Ein Motiv für die Anordnung dieses Rechtsinstitutes kann das Hinzuziehen eines objektiven Dritten zu einer dem Willen des Erblassers entsprechenden Regelung des Nachlasses sein.111 Insbesondere bei Zweifeln an der Eignung der potentiellen Erben zur Fortführung eines Unternehmens wohnt der Testamentsvollstreckung der „Charme der Planbarkeit“ inne.112 Da die §§ 2209 108
BGH, Urteil vom 03. 12. 1986 – IVa ZR 90/85, NJW 1987, 1070 (1071). Vgl. explizit zum Testamentsvollstrecker: BGH, Urteil vom 07. 11. 1966 – III ZR 48/66, WM 1967, 25 (27); BeckOGK/Suttmann, § 2216 BGB, Rn. 12; Münchener Kommentar BGB/ Zimmermann, § 2216 BGB, Rn. 2; HK-BGB/Hoeren, § 2216 BGB, Rn. 3; Farkas-Richling, ZEV 2007, 310 (311). Siehe auch, eine Vergleichbarkeit ablehnend: Stritter, ZErb 2017, 38 (39), der auf die Pflicht des Betreuers, eine mündelsichere Anlage zu wählen, abhebt. Dem ist in dieser Pauschalität zu widersprechen, weil der Betreuer nach § 1901 Abs. 2, 3 BGB sein Handeln an dem Wohl des Betreuten auszurichten hat und das Gesetz in §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1811 BGB die Möglichkeit bereithält, dass der Betreuer eine andere Art der Anlegung wählt. Vgl. zu der Maßgeblichkeit des Umfangs des Vermögens für die Vermögenssorge: LG Lübeck, Beschluss vom 05. 05. 2015 – 7 T 157/15, NJW-RR 2015, 1485 (ebd.). 110 Brox/Walker, Erbrecht, Rn. 395; Bartsch, Der (unternehmens-)verwaltende Testamentsvollstrecker und seine Haftung, 2010, S. 35 f.; Stehle/Leuz, Familienunternehmen, 2009, S. 164 sprechen bildlich von der „Stimme aus dem Grabe“. 111 Lorz, Testamentsvollstreckung und Unternehmensrecht, 1995, S. 1. 112 Baur, FS Dölle, 249 (ebd.); Kämper, RNotZ 2016, 625 (ebd.). 109
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Kap. 2: Vermögensverwaltung durch den Betreuer eines Unternehmers
Satz 1, 2210 Satz 1 BGB eine Dauervollstreckung bis zu 30 Jahren zulassen, kann ein Erblasser unter Zuhilfenahme der Testamentsvollstreckung seine Selbstbestimmungsfreiheit über den Tod hinaus sichern.113 Der lange Zeitraum ermöglicht zudem eine Kontinuität in der Unternehmensführung und erlaubt den Erben, zunächst eigene wirtschaftliche Erfahrung zu sammeln. Dass ein gesellschaftsfremder Dritter Gesellschafterrechte ausüben soll, um damit die Interessen eines an der eigenen Ausübung verhinderten Gesellschafters zu wahren, eint Betreuer und Testamentsvollstrecker. Daher könnten die zu der Testamentsvollstreckung geführten Diskurse Hinweise für die Behandlung der Betreuung eines Unternehmers geben. Wie sich die Anordnung der Testamentsvollstreckung auf die Fortführung eines Unternehmens auswirkt, ist in der rechtswissenschaftlichen Literatur ausführlich behandelt worden.114 Zwar könnte gegen eine Vergleichbarkeit von Testamentsvollstreckung und Betreuung angeführt werden, dass die Testamentsvollstreckung nur auf Veranlassung des Erblassers angeordnet ist und dadurch auf einen privatautonomen Entschluss zurückgeht. Auch die in diesem Kapitel noch zu untersuchende Aufsicht und Einschränkung der Rechtsmacht des Betreuers in Form von Genehmigungserfordernissen durch das Betreuungsgericht in den §§ 1805 ff. BGB sind deutlich intensiver ausgestaltet als dies bei § 2216 BGB für den Testamentsvollstrecker der Fall ist.115 Obwohl die Genehmigungsvorbehalte die Rechtsstellung des Betreuers beeinträchtigen, besteht hinsichtlich der Vermögensverwaltung eine Ähnlichkeit. Denn jeweils handelt es sich um rechtliche Vorsorge im weiteren Sinne. Während die Handlungsmaxime für den Testamentsvollstrecker gemäß § 2216 Abs. 2 BGB der Wille des Erblassers ist,116 ordnet § 1901 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 BGB an, dass die Wünsche des Betreuten im Betreuungsrecht Richtschnur für das Handeln des Betreuers sind. Dass bei der Betreuung der Wille des unter Betreuung stehenden Menschen maßgeblich ist, während es bei der Testamentsvollstreckung auf den 113 Erman/Schmidt, Vor § 2197 BGB, Rn. 1; Dauner-Lieb, Unternehmen in Sondervermögen, 1998, S. 227, 237; vgl. umfassend zu der postmortalen Privatautonomie: Kunz, Postmortale Privatautonomie und Willensvollstreckung, 2015, S. 398 ff. 114 Siehe unter anderem: Baur, FS Dölle, 249 ff.; Dauner-Lieb, Unternehmen in Sondervermögen, 1998, S. 225 ff.; Dörrie, Die Testamentsvollstreckung im Recht der Personenhandelsgesellschaft und der GmbH, 1994, S. 18 ff.; Hüfner, Testamentsvollstreckung an Personengesellschaftsanteilen, 1990, S. 83 ff.; Muscheler, Die Haftungsordnung der Testamentsvollstreckung, 1994, S. 285 ff.; Quast, Unternehmensfortführung durch Testamentsvollstrecker und Insolvenzverwalter, 2020, S. 27 ff.; Richardi, Das Verwaltungsrecht des Testamentsvollstreckers an der Mitgliedschaft in einer Personenhandelsgesellschaft, 1961, S. 17 ff.; Schiemann, FS Medicus, 513 ff.; Winkler, Der Testamentsvollstrecker, 2005, S. 141 ff. 115 Meyke, Der Testamentsvollstrecker als Unternehmer, 1966, S. 36; Erman/Schmidt, Vor § 2197 BGB, Rn. 3. Siehe zu den Beschränkungen der Vertretungsmacht des Betreuers: Kapitel 2 C. 116 Dauner-Lieb, Unternehmen in Sondervermögen, 1998, S. 230 spricht von dem „absoluten Vorrang des Erblasserwillens“; siehe zu der Ungebundenheit des Testamentsvollstreckers gegenüber den Erben mit weiteren Nachweisen: BGH, Urteil vom 13. 05. 2014 – II ZR 250/12, BGHZ 201, 216 (228).
A. Das betreuungsrechtliche Innenverhältnis zwischen Betreuer und Betreutem
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Willen eines Dritten, des Erblassers, und nicht den Willen des Inhabers der Rechtsposition, des Erben, ankommt, stellt nur auf den ersten Blick einen Widerspruch dar. Denn entscheidend ist sowohl bei der Einzelmaßnahme des Betreuers als auch der Entscheidung des Testamentsvollstreckers jeweils die Vorstellung desjenigen, dessen Vorsorge sie realisieren. Aufgrund dieser Vorgaben handeln Betreuer und Testamentsvollstrecker fremdnützig im Interesse eines Dritten, der selbst nicht mehr imstande ist, seinen Willen rechtlich durchzusetzen. Aufgrund dieser strukturellen Parallelität könnten die Rechtsinstitute auch von ihrer dogmatischen Grundkonstellation jeweils als Treuhandverhältnis aufzufassen sein. Zwar verbietet bereits die Vielschichtigkeit des Begriffes der Treuhand eine schablonenhafte Übertragung von einem Treuhandverhältnis auf ein anderes. Allerdings spräche eine sich gleichende Grundkonstellation dafür, dass die Testamentsvollstreckung Aufschluss darüber geben könnte, wie mit der Einflussnahme eines gesellschaftsfremden Dritten (Betreuer) auf ein Unternehmen umgegangen werden muss.117 Auch wäre von Interesse, ob der Betreuer, wie ein Testamentsvollstrecker „bei größeren Vermögen unter Umständen ähnlich wie ein Unternehmer [handeln muss]“118. 2. Stellung des Testamentsvollstreckers als Treuhänder Auch bei der Testamentsvollstreckung könnte es sich um ein Treuhandverhältnis handeln.119 a) Vertretertheorie Möglich wäre es, den Testamentsvollstrecker als Vertreter des Erben zu begreifen.120 Denn die Stellung des Testamentsvollstreckers könnte derjenigen eines gesetzlichen Vertreters ähneln, weil §§ 181, 211, 278, 254 BGB und § 241 ZPO entsprechend auf den Testamentsvollstrecker angewendet werden können.121 Übersehen werden darf indes nicht, dass die Testamentsvollstreckung primär im Interesse des 117 Gegen eine komplette Vergleichbarkeit der Stellung des Vormundes und der Stellung des Testamentsvollstreckers: Krämer, Der Vergütungs- und der Aufwendungsersatzanspruch des vermeintlichen Testamentsvollstreckers, 2008, S. 52. 118 BGH, Urteil vom 03. 12. 1986 – IVa ZR 90/85, NJW 1987, 1070 (1071). 119 Auf die Darstellung der aus dem 18. Jahrhundert entstammenden Mandatstheorie wird verzichtet, siehe dazu m. w. N.: Bartsch, Der (unternehmens-)verwaltende Testamentsvollstrecker und seine Haftung, 2010, S. 40. 120 Ursprünglich ist angedacht worden, dass es sich bei dem Testamentsvollstrecker um einen Vertreter des Erblassers oder des Nachlasses handeln solle. Diese Ansätze sind jeweils abzulehnen, weil einerseits eine Stellvertretung denklogisch eine existierende juristische oder natürliche Person voraussetzt und weil andererseits der Nachlass keine juristische Person ist. Siehe hierzu jeweils m. w. N.: Jacoby, Das private Amt, 2007, S. 283; Krämer, Der Vergütungsund der Aufwendungsersatzanspruch des vermeintlichen Testamentsvollstreckers, 2008, S. 44. 121 Staudinger/Reimann (2016), Vor §§ 2197 – 2228, Rn. 20.
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Kap. 2: Vermögensverwaltung durch den Betreuer eines Unternehmers
Erblassers angeordnet wird.122 Die Maßgeblichkeit der Vorstellungen des Erblassers wird insbesondere daran ersichtlich, dass der Testamentsvollstrecker nach §§ 2204 Abs. 1, 2048 Satz 2 BGB dazu ermächtigt sein kann, die Auseinandersetzung zwischen den Erben nach seinem Ermessen vorzunehmen.123 Außerdem müssten die Erben, wäre der Testamentsvollstrecker ihr Vertreter, die Vollmacht nach § 168 Satz 2 BGB widerrufen können.124 Die Erben indes können das Ende der Testamentsvollstreckung nicht ohne weiteres durch einen Widerruf herbeiführen. Ihre Rechtsmacht reicht nicht einmal so weit, dass sie das Handeln des Testamentsvollstreckers im Innenverhältnis von ihrer Genehmigung abhängig machen können.125 b) Amtstheorie Zu einem eigentümlichen Ergebnis würde die Vertretertheorie ferner führen, sofern der Testamentsvollstrecker gegen den Erben auf Erteilung der Einwilligung nach § 2206 Abs. 2 BGB klagt.126 In diesem Fall würde der Testamentsvollstrecker, so er ein Vertreter des Erben wäre, auf beiden Seiten des Prozesses stehen. Aus den genannten Gründen wird die Vertretertheorie heutzutage de facto nicht mehr vertreten. Stattdessen wird die Stellung des Testamentsvollstreckers mit der Amtstheorie beschrieben. aa) Prozessuale Stellung des Testamentsvollstreckers: Partei kraft Amtes Ausgehend von § 2202 Abs. 1 BGB könnte der Testamentsvollstrecker vielmehr ein „Amt“ ausüben.127 Dieses Amt, so scheint es in § 2212 BGB anzuklingen, ermöglicht es ihm, im Nachlassprozess als Partei in eigenem Namen aufzutreten.128 Da der Testamentsvollstrecker der postmortalen Selbstbestimmung des Erblassers zur Geltung verhilft, übt er die ihm übertragenen Befugnisse nicht völlig unbeeinflusst aus, sondern ist durch die Vorgaben des Erblassers gebunden. Diese materiellrechtliche Bindung des Testamentsvollstreckers an den Willen des Erblassers veranlasste den BGH zu der Feststellung, der Testamentsvollstrecker sei ein „Treu-
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BGH, Urteil vom 39. 04. 1954 – IV ZR 152/53, BGHZ 13, 203 (206); Krämer, Der Vergütungs- und der Aufwendungsersatzanspruch des vermeintlichen Testamentsvollstreckers, 2008, S. 50. 123 RG, Urteil vom 23. 06. 1931 – VII 237/30, RGZ 133, 128 (134). 124 Geibel, Treuhand als Gesellschaftsrecht, 2008, S. 68. 125 BGH, Urteil vom 02. 10. 1957 – IV ZR 217/57, BGHZ 25, 275 (279 f.). 126 Münchener Kommentar BGB/Zimmermann, § 2206, Rn. 11. 127 Erman/Schmidt, Vor § 2197 BGB, Rn. 3. 128 BGH, Urteil vom 09. 12. 1968 – II ZR 57/67, BGHZ 51, 209 (214); Münchener Kommentar BGB/Zimmermann, § 2212, Rn. 12.
A. Das betreuungsrechtliche Innenverhältnis zwischen Betreuer und Betreutem
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händer und Inhaber eines privaten Amtes“129. Diese Janusköpfigkeit lässt sich damit begründen, dass es sich bei der Testamentsvollstreckung materiell-rechtlich um ein Rechtsinstitut eigener Art handelt.130 Prozessual tritt der Testamentsvollstrecker als Partei kraft Amtes auf, wie aus § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO hervorgeht.131 bb) Materielles Handeln als Treuhänder In der älteren Literatur wird die Testamentsvollstreckung teilweise als eines der „juristischen Vorbilder“132 einer Treuhand bezeichnet. Siebert stellt in Abrede, dass es sich bei dem Testamentsvollstrecker um einen Treuhänder handeln könne, weil es ihm an einem dinglichen Eigenrecht am Treugut fehle.133 Während Siebert lediglich einräumt, dass dem Testamentsvollstrecker ein „dingliches Verwaltungsrecht“134 zustehe, attestiert Coing der Testamentsvollstreckung „treuhandähnliche Züge“135 und bezeichnet die Regelungen der §§ 2197 ff. BGB an anderer Stelle als „gesetzlich normierten Fall der Treuhandverwaltung“136. Aufgrund der Einsetzung durch das Nachlassgericht auf Anordnung des Erblassers kann eine „Interessenwahrungspflicht stricto sensu“ nicht vertraglich geregelt worden sein. Dies hindert Grundmann indes nicht daran, die Testamentsvollstreckung als Treuhand einzuordnen.137 Nach Löhnig ist der Testamentsvollstrecker, der dem Selbstbestimmungsrecht des Erblassers zur Durchsetzung verhilft, ein Beispiel einer fremdnützigen Interessenwahrnehmung und somit ein Treuhänder.138 Als Machtmittel steht ihm ein Verwaltungsrecht am Nachlass zu.139 Begreift man die Treuhand anknüpfend an das Verständnis von Bitter, stellt sich die Frage, ob der Testamentsvollstrecker die Gefahr für den zufälligen Untergang des Treuguts trägt. Sieht sich die Subsumtion unter die Gefahrtragung gewissen Schwierigkeiten ausgesetzt, so scheint Bitter selbst davon auszugehen, dass es sich bei der Testamentsvollstreckung um ein Treuhandverhältnis 129 BGH, Urteil vom 09. 10. 1957 – IV ZR 217/57, BGHZ 25, 275 (279); angelehnt an RG, Urteil vom 30. 03. 1892 – V 255/91, RGZ 29, 29 (30, 32) für den Konkursverwalter. Aus der Formulierung in RGZ 29, 29 (36), „im öffentlichen Interesse geschaffenes Organ“ wurde später die Bezeichnung der Partei kraft Amtes, vgl.: Bartsch, Der (unternehmens-)verwaltende Testamentsvollstrecker und seine Haftung, 2010, S. 44. 130 Erman/Schmidt, Vor § 2197 BGB, Rn. 3. 131 Münchener Kommentar ZPO/Wache, § 116, Rn. 7. 132 Nord, Recht des Treuhänders, 1927, S. 31; ähnlich auch Siber, JherJB 67 (1917), 81 (93). 133 Siebert, Das rechtsgeschäftliche Treuhandverhältnis, 1933, S. 25. 134 Siebert, Das rechtsgeschäftliche Treuhandverhältnis, 1933, S. 402. 135 Coing, Die Treuhand kraft privaten Rechtsgeschäfts, 1973, S. 26; ähnlich auch: Asmus, Dogmengeschichtliche Grundlagen der Treuhand, 1977, S. 281, der von einem „Quasitreuhänder“ spricht. 136 Coing, Die Treuhand kraft privaten Rechtsgeschäfts, 1973, S. 95. 137 Grundmann, Der Treuhandvertrag, insbesondere die werbende Treuhand, 1997, S. 35, 95. 138 Löhnig, Treuhand, 2006, S. 83, 118, 336. 139 Löhnig, Treuhand, 2006, S. 118, 333.
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Kap. 2: Vermögensverwaltung durch den Betreuer eines Unternehmers
handelt, da er bei der Validierung seines Lösungsansatzes hinsichtlich treuwidriger Verfügungen auf den Missbrauch der Verfügungsmacht des Testamentsvollstreckers rekurriert.140 Geibel sieht die Testamentsvollstreckung als gesetzliche Ausprägung einer Treuhand an.141 Auch nach Kumpan kann der Testamentsvollstrecker wegen der Pflicht zur unabhängigen Amtsführung ein Interessenwahrer, und als Unterfall davon, auch ein Treuhänder sein.142 c) Zusammenfassung: Testamentsvollstrecker als Treuhänder im materiellen Sinne und Partei kraft Amtes im prozessualen Sinne An der formalen Stellung des Testamentsvollstreckers als Partei kraft Amtes besteht wegen § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO kein Zweifel. Aus prozessualer Sicht ist diese Einordnung überdies praktikabel. Materiell-rechtlich vermag die Treuhand abzubilden, dass das Handeln des Testamentsvollstreckers nicht zur Gänze frei, sondern gebunden ist. Der Testamentsvollstrecker ist formaljuristisch Partei kraft Amtes und materiell-rechtlich ein Treuhänder.143 Auch wegen dieser dogmatischen Einordnung ähnelt die Stellung des Testamentsvollstreckers derjenigen des Betreuers.144 Während der Betreuer als Treuhänder des rechtlich nicht mehr ohne Hilfe auskommenden Betreuten dessen Interessen wahrt, gilt die Sorge des Testamentsvollstreckers der Verteilung oder Verwaltung des Nachlasses im Sinne des Erblassers. 3. Zulässigkeit der Testamentsvollstreckung an Unternehmensbeteiligungen Sowohl bei der Betreuung als auch bei der Testamentsvollstreckung ist denkbar, und im letzteren Falle gezielt von dem Erblasser in die Wege geleitet, dass einem gesellschafts-/betriebsfremden Dritten für einen nicht unerheblichen Zeitraum die Rechtsmacht eingeräumt wird, Entscheidungen anstelle der materiell Berechtigten zu treffen. Der Dritte ist regelmäßig nicht Gesellschafter beziehungsweise kaufmännischer Inhaber. Die Inhaberschaft und die Ausübung der Rechte sind nicht mehr in einer Person vereinigt. Da es sich bei den Rechtsinstituten der Betreuung und der Testamentsvollstreckung jeweils um eine gesetzliche Ausprägung einer Treuhand handelt, ist für die weitere Untersuchung sowohl des betreuungsrechtlichen Innen140
Bitter, Rechtsträgerschaft für fremde Rechnung: Außenrecht der Verwaltungstreuhand, 2006, S. 472. 141 Geibel, Treuhand als Gesellschaftsrecht, 2008, S. 71, zugleich wird aber zu bedenken gegeben, dass die §§ 2197 ff. BGB nicht geeignet seien, als Vorbild einer allgemeinen Treuhand zu fungieren. 142 Kumpan, Der Interessenkonflikt im deutschen Privatrecht, 2014, S. 195. 143 Jauernig/Mansel, § 164 BGB, Rn. 13; Hüfner, Testamentsvollstreckung an Personengesellschaftsanteilen, 1990, S. 115. 144 Eine wenn auch vom rechtlichen Status her gedachte Nähe zwischen Betreuer und Testamentsvollstrecker konstatiert Preuß, Zivilrechtspflege durch externe Funktionsträger, 2005, S. 18; Münchener Kommentar BGB/Zimmermann, Vor §§ 2197 – 2228 BGB, Rn. 5 spricht von einer „Vertrauensperson des Erblassers“.
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verhältnisses als auch des betreuungsrechtlichen Außenverhältnisses von Interesse, wie die Fremdverwaltung einer Unternehmensbeteiligung bei der Dauertestamtsvollstreckung von der Rechtsprechung und der Literatur beurteilt wird. Für die in diesem Kapitel interessierende Vermögensverwaltung durch den Betreuer könnte die Verwaltung eines (großen) Vermögens durch den Testamentsvollstrecker bei der Bestimmung der Pflichten des Betreuers hilfreich sein. Ferner kann die Zulässigkeit beziehungsweise die Begründung der Ablehnung einer Testamentsvollstreckung an einem Unternehmensanteil Erkenntnisse hinsichtlich der gesellschaftsrechtlichen Zulässigkeit und potentiell ebenso auftretender Probleme bei einer Betreuung liefern. Außerdem stellen sich im Hinblick auf die gesellschaftsrechtliche Außenwirkung der Betreuung in Bezug auf die Eintragung in Register bei Testamentsvollstreckung und Betreuung ähnliche Fragen.145 a) Erbrechtliche Zulässigkeit der (Dauer-)Testamentsvollstreckung an Unternehmen oder Gesellschaftsanteilen Nach § 2205 Satz 1 BGB hat der Testamentsvollstrecker den Nachlass zu verwalten. Ist ein Unternehmen Teil des Nachlasses, erstreckt sich die Tätigkeit des Testamentsvollstreckers nach dem Wortlaut auch auf dessen Verwaltung. Beschränkt wird der Testamentsvollstrecker bei der Fortführung eines Unternehmens, sei es einzelkaufmännisch geführt oder eine Beteiligung an einer Gesellschaft, im Hinblick auf seine Verfügungsbefugnis nur durch § 2205 Satz 3 BGB, während seine Verpflichtungsbefugnis nach §§ 2206, 2207 BGB auf den Nachlass beschränkt ist.146 Abgesehen von diesen Einschränkungen spricht keine Regelung der §§ 2197 ff. BGB gegen eine Testamentsvollstreckung an einem Unternehmen. Neben einer Betrachtung aus erbrechtlicher Sicht ist für die Zulässigkeit der Testamentsvollstreckung an Unternehmen oder an einer Gesellschafterbeteiligung auch von Interesse, ob die Testamentsvollstreckung mit den gesellschaftsrechtlichen Grundgedanken übereinstimmt. Da die nach Rechtsform divergierende Beurteilung der gesellschaftsrechtlichen Zulässigkeit der Testamentsvollstreckung auch für den Betreuer eines Unternehmers interessant ist, wird im Folgenden die gesellschaftsrechtliche Zulässigkeit der Dauertestamentsvollstreckung an unterschiedlichen Unternehmensformen dargestellt.
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Siehe unten: Kapitel 4 B. Münchener Kommentar BGB/Zimmermann, § 2205 BGB, Rn. 2; Handbuch Testamentsvollstreckung/Pauli, Kapitel 4, Rn. 111. 146
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Kap. 2: Vermögensverwaltung durch den Betreuer eines Unternehmers
b) Gesellschaftsrechtliche Zulässigkeit der Dauertestamentsvollstreckung an einem GmbH-Anteil Wenig problematisch ist die Dauervollstreckung an einem Anteil einer GmbH.147 Die Möglichkeit einer Dauervollstreckung an einem Anteil einer GmbH basiert darauf, dass das Gesellschaftsvermögen für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haftet. Der GmbH-Anteil selbst ist nach § 15 Abs. 1 GmbHG vererblich und fällt ohne Sondererbfolge direkt in den Nachlass.148 Der Geschäftsanteil unterliegt bei Anordnung der Testamentsvollstreckung der Verwaltung des Testamentsvollstreckers. Sofern die Rechte aus dem Geschäftsanteil nicht höchstpersönlicher Natur sind149 oder gesetzliche Vorgaben, wie ein Stimmrechtsverbot nach § 47 Abs. 4 GmbHG, entgegenstehen,150 ist der Testamentsvollstrecker gemäß §§ 2205, 2216 BGB berechtigt und verpflichtet, die Rechte des Erben aus dem Geschäftsanteil wahrzunehmen. Allerdings besteht die Möglichkeit auf die häufig personalistische Struktur der Gesellschaft zu reagieren und in Ausübung der Satzungsautonomie zu vereinbaren, dass die mit der Testamentsvollstreckung einhergehende Ausübung von Verwaltungsrechten durch gesellschaftsfremde Dritte ausgeschlossen wird.151 Entscheidend ist an dieser Stelle allein, dass nach der zustimmungswürdigen, vorherrschenden Ansicht die Dauervollstreckung an einem Anteil einer GmbH zulässig ist. Gleiches könnte für die Verwaltung einer GmbH-Gesellschafterstellung durch einen Betreuer gelten. c) Gesellschaftsrechtliche Zulässigkeit der Dauertestamentsvollstreckung an einem kaufmännischen Betrieb: Schaffung eines Einzelkaufmannes mit beschränkter Haftung? Die Dauervollstreckung eines einzelkaufmännischen Unternehmens wird seit jeher als problematisch aufgefasst. Grundsätzlich haftet ein Erbe gemäß § 1967 Abs. 1 BGB für Nachlassverbindlichkeiten.152 Dies steht im Einklang zu § 27 147
Vgl.: BGH, Urteil vom 10. 06. 1959 – V ZR 25/58, NJW 1959, 1820 (1821); Henssler/ Strohn/Verse, § 15 GmbHG, Rn. 36; Dörrie, Die Testamentsvollstreckung im Recht der Personenhandelsgesellschaft und der GmbH, 1994, S. 38; Klumpp, ZEV 2006, 257 (258). 148 Bartsch, Der (unternehmens-)verwaltende Testamentsvollstrecker und seine Haftung, 2010, S. 34. Die Vererblichkeit kann dem Anteil nicht entzogen werden, vgl.: Wiedemann, Die Übertragung und Vererbung von Mitgliedschaftsrechten bei Handelsgesellschaften, 1965, S. 93. 149 Münchener Kommentar GmbHG/Reichert/Weller, § 15 GmbHG, Rn. 488 m. w. N. 150 BGH, Urteil vom 13. 05. 2014 – II ZR 250/12, BGHZ 201, 216 (226). 151 Hübner/Hammes, BB 2013, 2307 (2311); Wicke, ZGR 2015, 161 (167). 152 Zu der Abwicklungsvollstreckung, bei der die sogleich im Text angedeuteten Haftungsprobleme relativ einhellig gebilligt werden, weil es sich um eine Verwaltungsaufgabe des Testamentsvollstreckers mit einer erfahrungsgemäß kurzen Zeitspanne handele, vgl. m. w. N.: Münchener Kommentar BGB/Zimmermann, § 2205 BGB, Rn. 18; BeckOK BGB/Lange, § 2205 BGB, Rn. 27; MAH Erbrecht/Lorz, § 19, Rn. 217; Winkler, Der Testamentsvollstrecker, 2005, S. 147. Auf die Darstellung von (schenkung-)steuerrechtlichen Fragen im Kontext der
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Abs. 1 HGB, wonach ein Erbe, der eine Firma fortführt, grundsätzlich entsprechend § 25 HGB für die früheren Geschäftsverbindlichkeiten einzustehen hat und bei Neuverbindlichkeiten mit seinem Privatvermögen haftet.153 Die §§ 1975 ff., 2206 Abs. 2 BGB erlauben dem Erben aber, die Haftung für Nachlassverbindlichkeiten auf den Nachlass zu beschränken.154 Ein Testamentsvollstrecker ist gemäß §§ 2206 und 2207 BGB berechtigt, Verbindlichkeiten für den Nachlass einzugehen. Wenn die Haftung des Erben auf den Nachlass beschränkt ist und der Testamentsvollstrecker den Erben gemäß §§ 2206 Abs. 1 Satz 1, 1967 Abs. 1 BGB nicht persönlich verpflichten kann, droht ein „Handelsgeschäft mit beschränkter Haftung“155 zu entstehen.156 Ein derartiges Gebilde konfligiert mit der Akzeptanz des Einzelkaufmanns im Rechtsverkehr, welche (auch) auf der unbegrenzten, persönlichen Haftung des Kaufmanns beruht.157 Zwar steht die Dauervollstreckung an einem kaufmännischen Betrieb nicht im Widerspruch zu §§ 22, 27 HGB, weil § 27 Abs. 1 HGB nur solche Verbindlichkeiten betrifft, die bereits zu Lebzeiten des Erblassers begründet gewesen sind. Bezogen auf von dem Testamentsvollstrecker im Rahmen der Dauerverwaltung eingegangene (neue) Verbindlichkeiten ist der Tatbestand nicht erfüllt.158 Dennoch Unternehmensnachfolge von Todes wegen wird an dieser Stelle verzichtet. Siehe dazu, dass die Rechtsform des Einzelkaufmannes den (wegen der nach § 13a Abs. 9 Satz 5 ErbStG vorgeschriebenen Behaltensfrist von 20 Jahren ab Entstehung der Steuer zumindest theoretischen, praktisch aber nicht existenten) Nachteil mit sich bringt, dass der Wertabschlag des § 13a Abs. 9 ErbStG nicht gewährt werden kann, weil ein Einzelkaufmann kein Betrieb im Sinne der §§ 13 Abs. 1, 2 EStG, 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG oder § 18 Abs. 1 EStG darstellt und daher kein im Sinne des § 13a Abs. 9 ErbStG begünstigungsfähiges Vermögen vorliegt, nur: Steger/ Köninger, BB 2016, 3099 (3100, 3104). 153 Winkler, Der Testamentsvollstrecker, 2005, S. 144. 154 Siehe hierzu nur: Quast, Unternehmensfortführung durch Testamentsvollstrecker und Insolvenzverwalter, 2020, S. 23, 30; Lettmann, RNotZ 2002, 539 (542 ff.); Staudinger/Reimann (2016), § 2206 BGB, Rn. 17; Münchener Kommentar BGB/Zimmermann, § 2206 BGB, Rn. 13. 155 RG, Beschluss vom 36. 03. 1931 – IIb 5/31, RGZ 132, 138 (144). 156 Vgl. bereits eindeutig: RG, Beschluss vom 36. 03. 1931 – IIb 5/31, RGZ 132, 138 (144): „so würde die Fortführung des Handelsgeschäfts durch die Testamentsvollstrecker […] auf die Führung eines Handelsgeschäfts mit beschränkter Haftung hinauslaufen. Ein solcher Rechtszustand wäre aber völlig unvereinbar mit den Bedürfnissen eines geordneten und sicheren Handelsverkehrs […]“; bestätigt unter anderem in: BGH, Urteil vom 18. 01. 1954 – IV ZR 130/ 53, BGHZ 12, 100 (102); BGH, Urteil vom 11. 04. 1957 – II ZR 182/55, BGHZ 24, 106 (113); BGH, Urteil vom 27. 03. 1961 – II ZR 294/59, BGHZ 35, 13 (15 f.); BGH, Urteil vom 16. 10. 1974 – IV ZR 3/73, NJW 1975, 54 (ebd.); Weidlich, NJW 2011, 641 (ebd.); siehe m. w. N. Muscheler, Die Haftungsordnung der Testamentsvollstreckung, 1994, S. 285. 157 Rieper, Die Testamentsvollstreckung über Einzelunternehmen und bei Personalgesellschaften des Handelsrechts, 1968, S. 23. 158 Münchener Kommentar BGB/Zimmermann, § 2205 BGB, Rn. 20; Bartsch, Der (unternehmens-)verwaltende Testamentsvollstrecker und seine Haftung, 2010, S. 70; DaunerLieb, Unternehmen in Sondervermögen, 1998, S. 300; Henssler/Strohn/Wamser, § 27 HGB, Rn. 11.
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Kap. 2: Vermögensverwaltung durch den Betreuer eines Unternehmers
herrscht wegen der Haftungsbeschränkungen, welche sich nicht mit der Stellung als Kaufmann vereinen lassen, Streit in der Literatur. Einerseits könnte die Testamentsvollstreckung an einem (einzel-)kaufmännischen Betrieb zuzulassen sein. Dies könnte mit der Anerkennung der EinmannGmbH begründet werden, weil eine solche Gesellschaftsform beweist, dass es einen Einzelunternehmer mit beschränkter Haftung geben kann.159 Die Zulässigkeit einer Testamentsvollstreckung an einem einzelkaufmännischen Betrieb könnte auch aus den §§ 5a, 5 Abs. 2 GmbHG, welche eine mit nur einem Euro ausgestatteten Unternehmergesellschaft zulassen, abgeleitet werden.160 Wenn eine Unternehmergesellschaft ohne nennenswertes Stammkapital am Markt auftreten darf, ist das Dogma, dass der Handelsverkehr immer entweder eine persönliche Haftung oder ein gesetzlich angeordnetes Mindestkapital benötigt, ad absurdum geführt.161 Ergänzend führt Muscheler an, dass in zahlreichen Fällen eine persönliche Haftung entweder des Testamentsvollstreckers oder des Erben existiert, zum Teil (in Fällen von schuldhaft nachlässiger Verwaltung des Nachlasses), indem er mithilfe der Drittschadensliquidation über § 2219 BGB einen Anspruch des (geschädigten) Rechtsverkehrsteilnehmers konstruiert, sodass die von der herrschenden Ansicht befürchtete Haftungsproblematik nicht besteht.162 Weiter sei die Verwaltungsvollstreckung an nicht gewerblich genutzten Nachlassgegenständen, wie der Verwaltung einer (gemieteten) Immobilie oder einem landwirtschaftlichen Betrieb, allgemein anerkannt.163 Daher gebiete es die Gleichbehandlung, ein einzelkaufmännisches Unternehmen von einem Testamentsvollstrecker in der Form der Dauervollstreckung zu verwalten.164 Ein Abweichen von der regelmäßig unbeschränkten Haftung des Einzelkaufmanns sei durch die Insolvenzantragspflicht im Ergebnis nach § 1980 BGB gerechtfertigt.165 Andererseits könnte die Testamentsvollstreckung an einem einzelkaufmännischen Betrieb unzulässig sein. Die vorherrschende Meinung166 führt an, dass der Verweis auf die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) strukturelle Unterschiede zwischen einer Haftungsbeschränkung seitens des Erblassers nach 159
Schiemann, FS Medicus, 513 (526) unter Verweis auf Baur, FS Dölle, 249 (260). Weidlich, NJW 2011, 641 (645). 161 Weidlich, NJW 2011, 641 (645). 162 Muscheler, Die Haftungsordnung der Testamentsvollstreckung, 1994, S. 223 ff., 393 f. 163 Muscheler, Die Haftungsordnung der Testamentsvollstreckung, 1994, S. 398; Münchener Kommentar BGB/Zimmermann, § 2205 BGB, Rn. 22 f. 164 Darüber hinaus wird als Ausnahme vom Prinzip unbeschränkter Haftung seit BVerfG, Beschluss vom 13. 05. 1986 – 1 BvR 1542/84, BVerfGE 72, 155 (174) zugelassen, dass ein Handelsgeschäft von dem gesetzlichen Vertreter des Minderjährigen fortgeführt wird, wobei die Haftung auf das ererbte Vermögen begrenzt wird, weshalb MAH Erbrecht/Lorz, § 19, Rn. 226, diese Sonderkonstellation in Form der Dauervollstreckung zulassen möchte. 165 Schmidt, JuS 2017, 809 (814). 166 Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Reuschle, § 27 HGB, Rn. 12; Oetker/Vossler, § 27 HGB, Rn. 13; Oetker/Körber, § 1 HGB, Rn. 94 ff.; Dauner-Lieb, Unternehmen in Sondermögen, 1998, S. 293 ff. 160
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§ 2214 BGB und einer von dem Erben selbst gewählten Haftungsbeschränkung übersehe, da selbst für die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) nach § 5a Abs. 3 GmbHG eine Kapitalaufholungspflicht existiere.167 Weiter folge aus der Vermeidung der unbeschränkten persönlichen Haftung, dass dem Erblasser, ohne Rückgriff auf die Regelungen des Umwandlungsgesetzes, die Möglichkeit gegeben würde, seine Einzelfirma in eine haftungsbeschränkte Rechtsform zu überführen.168 Die Schaffung eines Kaufmanns mit beschränkter Haftung verstoße gegen den im Gesellschaftsrecht geltenden Numerus Clausus der gesetzlich geregelten Gesellschaftsformen.169 Außerdem seien die teilweise angeführten Gerechtigkeitserwägungen in Form von Vergleichen mit der Immobilienverwaltung etc. nicht geeignet, den Grundsatz der Unbeschränkbarkeit der Haftung um eine weitere Ausnahme zu ergänzen. Denn es sei ein Zirkelschluss, aus der Existenz Friktionen mit dem Grundsatz der Unbeschränkbarkeit der Haftung herzuleiten, dass dies auch bei der Testamentsvollstreckung angezeigt sein könne.170 Gegen die Zulässigkeit der Dauertestamentsvollstreckung spreche entscheidend, dass durch die Testamentsvollstreckung den Altgläubigern des Erblassers das unternehmerische Risiko aufoktroyiert werde. Dies setze sich zu der Ratio der Vorschriften der §§ 1975 ff. BGB, die auf Bestandssicherung des Nachlasses abzielen, in Widerspruch.171 Insbesondere die Verantwortlichkeit des Erben für die bisherige Verwendung des Nachlasses gemäß § 1978 Abs. 1 Satz 1 BGB soll dafür sorgen, dass der Nachlass den Nachlassgläubigern möglichst vollständig zur Befriedigung dienen kann.172 Um den Nachlassgläubigern eine Masse zur Befriedigung zu erhalten, dürfe es nicht in das Belieben des Erblassers gestellt werden, Altgläubiger durch die Anordnung einer Dauervollstreckung schlechter zu stellen.173
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Staudinger/Reimann (2016), § 2205 BGB, Rn. 147. Hübner/Hammes, BB 2013, 2307 (2309). 169 Vgl. zum Numerus Clausus der Gesellschaftsformen und den „Mischformen“: Sudhoff/ Froning, § 38, Rn. 32. 170 So fälschlicherweise ausdrücklich bezogen auf § 1629a BGB: Weidlich, NJW 2011, 641 (645); zutreffend: Bartsch, Der (unternehmens-)verwaltende Testamentsvollstrecker und seine Haftung, 2010, S. 110; Dauner-Lieb, Unternehmen in Sondermögen, 1998, S. 325. 171 Dauner-Lieb, Unternehmen in Sondermögen, 1998, S. 79 ff., 314 f. 172 BGH, Urteil vom 10. 10. 2013 – IX ZR 30/12, NJW 2014, 391 (392); Staudinger/Dobler (2016), § 1978 BGB, Rn. 1; BeckOGK/Herzog, § 1978 BGB, Rn. 2; Mot. V, S. 626 f. 173 Um dem Bedürfnis nach einer Testamentsvollstreckung über den Anteil eines kaufmännischen Betriebes nachzukommen, werden in der Praxis seit langem Ersatzlösungen in Form einer Vollmacht, beziehungsweise einer Treuhandkonstruktion diskutiert, vgl. dazu: Handbuch Testamentsvollstreckung/Pauli, Kapitel 4, Rn. 120 ff., 129 ff. Diese Konstruktionen sind für die in dieser Arbeit interessierende Ähnlichkeit zwischen Betreuung und Testamentsvollstreckung an hiesiger Stelle nicht von Interesse, weil die Betreuung ausweislich § 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB gegenüber einer (unternehmensbezogenen) Vorsorgevollmacht subsidiär wäre. Hinsichtlich einer Eintragung ins Handelsregister und einer unbeschränkten persönlichen Haftung auch gegenüber Dritten ist dagegen zunächst die Registereintragungsfähigkeit der Betreuung zu erörtern, siehe dazu: Kapitel 4 B. III. 168
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Kap. 2: Vermögensverwaltung durch den Betreuer eines Unternehmers
Die letztgenannten Argumente überzeugen. Insbesondere ist nicht ersichtlich, warum die Testamentsvollstreckung eine Abweichung von dem Numerus Clausus der Gesellschaftsformen gestatten soll. Wenn der Erblasser das kaufmännische Unternehmen seinen Erben mit einer Haftungsbeschränkung übergeben möchte, ist eine Umwandlung durchzuführen. Der dagegen geäußerte Einwand, dies bringe steuerliche Nachteile mit sich und verursache Notargebühren,174 greift, aufgrund der diesem Argument zugrundeliegenden, nicht erklärbaren Differenzierung zwischen der lebzeitigen und der von Todes wegen durchgeführten Unternehmensnachfolge, nicht. Sofern die Rechtsform des Einzelkaufmanns beibehalten werden soll, müssen daher abweichende Gestaltungen versucht werden. Zum einen kann der Testamentsvollstrecker gemäß § 54 Abs. 1 Var. 1 HGB trotz fehlender Prokura zum Betrieb des Handelsgewerbes ermächtigt werden, indem der Erbe dem Testamentsvollstrecker eine Generalhandlungsvollmacht erteilt.175 Überträgt der Erbe dem Testamentsvollstrecker diese Befugnisse, führt der Testamentsvollstrecker das Geschäft eigenständig, während der Erbe haftet (Vollmachtslösung). Zum anderen kann der Testamentsvollstrecker das Geschäft im eigenen Namen führen und dadurch eine persönliche Haftung im Außenverhältnis auslösen, während die Erträge im Innenverhältnis dem Erben zustehen (Treuhandlösung).176 Bezogen auf einen unter Betreuung stehenden Einzelkaufmann genügt der Hinweis auf den Streit um die Zulässigkeit der Testamentsvollstreckung an einem einzelkaufmännischen Betrieb. Da der Betreuer mit seinen Handlungen unmittelbar den Betreuten verpflichtet, stellt sich die Haftungsproblematik im Falle der Betreuung nicht. Zu klären wird aber sein, inwieweit die Vertretungsmacht des Betreuers das Eingehen nötiger Verpflichtungen für den kaufmännischen Betrieb umfasst und inwieweit der Betreuer im Register eingetragen werden kann. d) Gesellschaftsrechtliche Zulässigkeit der Dauertestamentsvollstreckung an einer Beteiligung eines persönlich haftenden Gesellschafters: Beschränkbarkeit der Haftung und Verstoß gegen die Höchstpersönlichkeit der Mitgliedschaft? Eine Dauervollstreckung an der Beteiligung eines persönlich haftenden Gesellschafters kommt in Betracht, wenn eine erbrechtliche (qualifizierte) Nachfolgeklausel177 gesellschaftsvertraglich zulässt, dass die Mitgliedschaft auf den Erben übergeht. Wegen der unbegrenzten persönlichen Haftung, die mit der Stellung als Komplementär einhergeht, räumt § 139 Abs. 1, 3 HGB dem Erben ein dreimonatiges Wahlrecht ein, um zu entscheiden, ob er als Komplementär oder als Kommanditist in 174
Schiemann, FS Medicus, 513 (526). Vgl. zur Abgrenzung zwischen der Generalhandlungsvollmacht und der, eine Betreuung verhindernden, Generalvollmacht: Röhricht/von Westphalen/Haas/Wagner, § 54 HGB, Rn. 18 ff. 176 Schmidt, JuS 2017, 809 (814). 177 Siehe hierzu m. w. N.: Münchener Kommentar HGB/Schmidt, § 139 HGB, Rn. 16; Hüfner, Testamentsvollstreckung an Personengesellschaftsanteilen, 1990, S. 120 ff. 175
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die Gesellschaft eintreten möchte.178 Besteht eine solche gesellschaftsvertragliche Regelung, ist eine Testamentsvollstreckung an dem Anteil, der im Wege einer Sondererbfolge dem Erben zufällt,179 möglich, weil der Anteil trotz Sondererbfolge Bestandteil des Nachlasses ist.180 Ohne gesellschaftsvertragliche Regelung führt der Tod eines Gesellschafters nach §§ 161 Abs. 2, 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 HGB zu dessen Ausscheiden aus der Gesellschaft und seine Mitgliedschaft erlischt.181 Gegen die Zulässigkeit einer Dauervollstreckung werden zwei Aspekte angeführt. Zum ersten stellt sich – vergleichbar der soeben dargestellten Konstellation des Einzelkaufmannes182 – auch bei dem Komplementär die Frage, wie sich eine Testamentsvollstreckung auf die unbeschränkte, persönliche Haftung für Verbindlichkeit der Gesellschaft nach §§ 105 Abs. 1, 128 Satz 1, 161 Abs. 2 HGB auswirkt. Da der Testamentsvollstrecker nach §§ 2206 ff. BGB nur Verbindlichkeiten für den Nachlass begründen kann und der Erbe seine Haftung nach § 2206 Abs. 2 BGB auf den Nachlass beschränken kann, besteht auch bei Personenhandelsgesellschaften die Gefahr einer (systemwidrigen) Komplementärstellung, da eine unbeschränkte Haftung mit dem Privatvermögen ausgeschlossen werden könnte.183 Weiter kann der Testamentsvollstrecker den Erben nicht direkt persönlich verpflichten.184 Zum zweiten droht die Fremdverwaltung des Komplementäranteils mit der Höchstpersönlichkeit der Gesellschafterrechte zu kollidieren. Bei der Gründung der Gesellschaft verpflichteten sich die Gesellschafter gemäß § 705 BGB, § 105 HGB (eventuell in Verbindung mit § 161 Abs. 1, 2 HGB), einen gemeinsamen Zweck in einer bestimmten Weise zu fördern. Der Gesellschaftsvertrag bindet nur die Gesellschafter als Vertragspartner. Der Zusammenschluss im Rahmen einer Personengesellschaft beruht regelmäßig auf einer Arbeits-/Haftungsgemeinschaft. Die Gesellschafter haften für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft akzessorisch mit ihrem Privatvermögen nach § 128 Satz 1 HGB.185 Aufgrund der persönlichen Haftung für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft sollen die Gesellschafterrechte nur 178 RG, Urteil vom 04. 03. 1943 – II 113/42, RGZ 170, 392 (394); Dembski, Gesellschafterliche Treubindungen von Nichtmitgliedern, insbesondere nachmitgliedschaftliche Treuepflichten, 2009, S. 116 f.; Münchener Kommentar BGB/Zimmermann, § 2205 BGB, Rn. 33, 39. 179 Dörrie, Die Testamentsvollstreckung im Recht der Personenhandelsgesellschaft und der GmbH, 1994, S. 24. 180 BGH, Urteil vom 14. 05. 1986 – IVa ZR 155/84, BGHZ 98, 48 (53 ff.); OLG Düsseldorf, Urteil vom 24. 09. 2007 – I – 9 U 26/07, ZEV 2008, 142 (142). 181 Henssler/Strohn/Klöhn, § 131 HGB, Rn. 60. 182 Siehe dazu: Kapitel 2 A. III. 3. c). 183 Vgl. dazu: Dörrie, Die Testamentsvollstreckung im Recht der Personenhandelsgesellschaft und der GmbH, 1994, S. 53; so auch deutlich: BGH, Urteil vom 11. 04. 1957 – II ZR 182/ 55, BGHZ 24, 106 (113). 184 Wicke, ZGR 2015, 161 (165). 185 Dies gilt auch für die Gesellschafter einer GbR, siehe: BGH, Urteil vom 29. 01. 2001 – II ZR 331/00, BGHZ 146, 341 (358); BGH, Urteil vom 19. 06. 2008 – III ZR 46/06, NJW-RR 2008, 1484 (1486); Münchener Kommentar HGB/Schmidt, § 128 HGB, Rn. 4.
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von denjenigen ausgeübt werden können, die sich bei Abschluss des Gesellschaftsvertrages darauf verständigt haben, im Rechtsverkehr gemeinsam aufzutreten. Gleichzeitig sollen nur diejenigen Kenntnisse von Gesellschaftsinterna erhalten, die der im Gesellschaftsvertrag verankerten Zweckförderungspflicht unterfallen.186 Zum Schutz der akzessorisch haftenden Mitgesellschafter hat jeder Gesellschafter die aus seiner Gesellschafterstellung folgenden Rechte persönlich auszuüben, und darf diese Rechte grundsätzlich nicht auf Dritte übertragen.187 Vice versa müssen die Mitgesellschafter die Ausübung von aus der Mitgliedschaft entstammenden Rechten durch einen gesellschaftsfremden Dritten nicht dulden.188 Die höchstpersönliche Ausübung der Gesellschafterrechte schützt sowohl das Verbandsinteresse, die Befolgung des angestrebten Zwecks, als auch die Partikularinteressen der Gesellschafter.189 Dieser Schutzmechanismus wird als Höchstpersönlichkeit der Mitgliedschaft bezeichnet.190 Dazu passend schützt die den Verein betreffende Vorschrift des § 38 BGB, die als einzige Norm explizit die Mitgliedschaft erwähnt, Verein und Mitglied.191 Gemäß § 38 Satz 1 BGB ist die Mitgliedschaft nicht übertragbar und nicht vererblich. Weiter kann gemäß § 38 Satz 2 BGB die Ausübung der Mitgliedschaftsrechte nicht einem anderen überlassen werden. Von diesen Voraussetzungen kann jedoch nach § 40 Satz 1 BGB durch die Satzung abgewichen werden, sodass die Höchstpersönlichkeit der Mitgliedschaft im Vereinsrecht nicht uneingeschränkt gilt. Daher können Mitgliedschaftsrechte anderen zur Ausübung überlassen werden.192 Die Überlassung bedarf indes der Zustimmung der Mitgesellschafter.193 Hat ein Unternehmer eine Vorsorgevollmacht errichtet, wird daher regelmäßig angenommen, dass die Zustimmung aller Mitgesellschafter zur Ausübung der gesellschafterlichen Rechte durch den Vorsorgebevollmächtigten erforderlich ist.194 186 Wiedemann, Die Übertragung und Vererbung von Mitgliedschaftsrechten bei Handelsgesellschaften, 1965, S. 350. Derselbe, a. a. O., S. 280 weist zudem darauf hin, dass der Diskretionsgrad durch eine erhöhte Anzahl an Mitwissern regelmäßig verringert wird. 187 Baumann/Selzener, RNotZ 2015, 605 (608); siehe auch: Dörrie, ZEV 1996, 370 (374), wobei der Frage, ob der Bestimmtheitsgrundsatz und die Kernbereichslehre, auf die sich Dörrie in dem Aufsatz stützt, nicht Bestandteil dieser Arbeit ist. Siehe zu der neueren Entwicklung der Rechtsprechung die Übersicht von: Goette/Goette, DStR 2016, 74 ff. 188 Muscheler, Die Haftungsordnung der Testamentsvollstreckung, 1994, S. 475; Hübner/ Hammes, BB 2013, 2307 (2310). 189 Vgl.: BGH, Urteil vom 28. 04. 1954 – II ZR 8/53, BGHZ 13, 179 (184); BGH, Urteil vom 11. 04. 1957 – II ZR 182/55, BGHZ 24, 106 (114); BGH, Urteil vom 10. 07. 1975 – II ZR 154/72, BGHZ 65, 79 (84); BGH, Urteil vom 14. 05. 1986 – IVa ZR 155/84, BGHZ 98, 48 (55). 190 Vgl. nur: Lutter, AcP 180 (1980), 84 (87 ff.). 191 Lutter, AcP 180 (1980), 84 (87). 192 Münchener Kommentar BGB/Arnold, § 38 BGB, Rn. 62. 193 BGH, Urteil vom 10. 11. 1951 – II ZR 111/50, BGHZ 3, 354 (357); Wiedemann, Die Übertragung und Vererbung von Mitgliedschaftsrechten bei Handelsgesellschaften, 1965, S. 350; Grunewald, Gesellschaftsrecht, S. 39 f. 194 Heckschen/Kreußlein, NotBZ 2012, 321 (325); Jocher, notar 2014, 3 (7); Raub, Vorsorgevollmachten im Personengesellschaftsrecht, 2013, S. 70; Uphoff, Die Vorsorgevollmacht
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Auch wenn bei der Betreuung ebenfalls die Fremdverwaltung und die Höchstpersönlichkeit der Mitgliedschaft konfligieren, wird der Unterschied zwischen der privatautonomen Vorsorge in Form der Vorsorgevollmacht und der staatlichen Fürsorge in Form der Betreuung sehr deutlich an der Entstehungsweise, da für die Ernennung des Betreuers die Zustimmung der Mitgesellschafter nicht von Relevanz ist.195 Um die haftungsrechtlichen wie personengesellschaftsrechtlichen Probleme zu korrigieren, hat die Rechtsprechung eine differenzierende Betrachtung der Zulässigkeit der Dauerverwaltung eines Komplementäranteils durch einen Testamentsvollstrecker vorgenommen. Für eine umfassende Dauervollstreckung bedarf es der antizipiert im Gesellschaftsvertrag oder ad hoc erteilten Zustimmung aller Gesellschafter.196 Fehlt es an der Zustimmung der Mitgesellschafter, so soll zwischen der Innen- und der Außenseite der Gesellschaftsbeteiligungen unterschieden werden.197 Unter der Innenseite der Gesellschaftsbeteiligung wird die Wahrnehmung von internen Rechten der Gesellschafter verstanden. Zu den internen Rechten gehören das Recht auf Teilnahme an der Gesellschafterversammlung, Auskunfts-/Einsichtsrechte198, sowie das Stimmrecht,199 das Recht auf Geschäftsführung200 oder Vertretung.201 Eine Ausübung der soeben genannten personenbezogenen Rechte durch den Testamentsvollstrecker als gesellschaftsfremden Dritten scheitert an der Kernbereichstheorie, aus der auch die Höchstpersönlichkeit der Ausübung der Gesellschaftsrechte abgeleitet wird, weil die Personengesellschaft auf der persönlichen Integrität und dem gegenseitigen Vertrauen der Gesellschafter zueinander basiert.202 An der Innenseite der Beteiligung ist eine Dauervollstreckung nicht möglich. Die Außenseite der Beteiligung umfasst die vermögensrechtliche Seite der Beteiligung und enthält zum Beispiel den Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben, laufende Gewinnansprüche und sonstige Vermögensrechte, wie das Recht, des Personengesellschafters, 2016, S. 129 ff.; Wedemann, Personen- und Kapitalgesellschaftsrecht an den Schnittstellen zum Familien- und Erbrecht, 2015, 95 (104 ff.). 195 Ähnliche Unterschiede sind auch zwischen Testamentsvollstreckung und Betreuung zu konstatieren. Vgl. hierzu: einerseits BGH, Urteil vom 21. 06. 1965 – II ZR 68/83, BGHZ 44, 98 (100); und andererseits BGH, Urteil vom 14. 05. 1986 – IVa ZR 155/84, BGHZ 98, 48 (55), wobei letztere Entscheidung der Betreuung als Instrument sozialer Fürsorge gesetzlich zwingenden Charakter zuweist. 196 Münchener Kommentar BGB/Zimmermann, § 2205 BGB, Rn. 34; BGH, Urteil vom 10. 02. 1977 – II ZR 120/75, BGHZ 68, 225 (241); BGH, Urteil vom 25. 02. 1985 – II ZR 130/84, NJW 1985, 1953 (1954); BGH, Beschluss vom 03. 07. 1989 – II ZB 1/89, BGHZ 108, 187 (191). 197 Proff, NJW 2018, 828 (830). 198 Bisle, DStR 2013, 1037 (1038). 199 OLG Düsseldorf, Urteil vom 24. 09. 2007 – I – 9 U 26/07, ZEV 2008, 142 (143). 200 Palandt/Weidlich, § 2205 BGB, Rn. 12. 201 Zu der Einordnung auch der beiden vorgenannten Aspekte: Faust, DB 2002, 189 (190). 202 BGH, Urteil vom 14. 05. 1986 – IVa ZR 155/84, BGHZ 98, 48 (57); Faust, DB 2002, 189 (190).
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Kap. 2: Vermögensverwaltung durch den Betreuer eines Unternehmers
über den Gesellschaftsanteil zu verfügen.203 Das Auseinandersetzungsguthaben unterfällt nach § 2041 BGB analog dem Nachlass und damit der Verwaltungsmacht des Testamentsvollstreckers.204 Die Außenseite der Beteiligung unterliegt im Ergebnis, unabhängig von der Zustimmung der übrigen Gesellschafter, der Verwaltung durch den Testamentsvollstrecker, obgleich dem Testamentsvollstrecker keine mitwirkende, sondern eine primär beaufsichtigende Funktion zukommt.205 Zwar kann der Erbe seine Rechte in der Gesellschaft selbst wahrnehmen, allerdings benötigt er zum Beispiel für die Verfügung über das Gesellschafter-Erbe die Zustimmung des Testamentsvollstreckers.206 Insoweit dient die Testamentsvollstreckung dem Erhalt des Status quo, also der Bestandswahrung.207 Während für eine Ausübung der mit der Innenseite der Gesellschafterstellung einhergehenden Rechte die Zustimmung der Mitgesellschafter notwendig ist, ist an der Außenseite der Beteiligung eine überwachende Dauervollstreckung auch ohne Zustimmung der Mitgesellschafter möglich. Die damit einhergehende Aufteilung der Rechte eines Gesellschafters spricht nicht gegen diese Lösung, weil beispielsweise im Hinblick auf den Nießbrauch an Gesellschaftsanteilen anerkannt ist, dass eine Aufteilung möglich ist.208 Übertragen auf die Betreuung eines Unternehmers fällt auf, dass in den über § 1908i Abs. 1 Satz 1 BGB anwendbaren §§ 1804 ff. BGB im Bereich des Betreuungsrechts im Vergleich zu den §§ 2197 ff. BGB deutlich strengere Kontrollmechanismen existieren.209 Ein weiterer, eklatanter Unterscheid besteht darin, dass der Testamentsvollstrecker auf Veranlassung des Erblassers tätig wird, während das Handeln eines Betreuers staatlich veranlasster Ausdruck der öffentlichen Fürsorge ist.210 Aufgrund dieser Unterschiede wird es nicht möglich sein, die Erkenntnisse der Testamentsvollstreckung direkt auf die Betreuung zu übertragen. Allerdings spricht die Möglichkeit einer Testamentsvollstreckung an einem Anteil eines persönlich 203 BGH, Beschluss vom 12. 01. 1998 – II ZR 23/97, NJW 1998, 1313 (1314); Hübner/ Hammes, BB 2013, 2307 (2310). 204 Dörrie, ZEV 1996, 370 (375). 205 BGH, Urteil vom 30. 04. 1984 – II ZR 193/83, BGHZ 91, 132 (136); BGH, Urteil vom 14. 05. 1986 – IVa ZR 155/84, BGHZ 98, 48 (57); BGH, Beschluss vom 10. 01. 1996 – IV ZB 21/ 94, DStR 1996, 929 (931); Marotzke, AcP 187 (1987), 223 (238); Schmitz, ZGR 1988, 140 (154). 206 Staudinger/Reimann (2016), § 2205 BGB, Rn. 169. 207 Reimann, GmbHR 2011, 1297 (1298); Kämper, RNotZ 2016, 625 (631); Erman/ Schmidt, § 2205 BGB, Rn. 29, der sich a. a. O. abweichend von der herrschenden Ansicht für eine Zulässigkeit der Testamentsvollstreckung am Anteil einer OHG ausspricht. 208 Münchener Kommentar BGB/Pohlmann, § 1068 BGB, Rn. 23 f.; Schmidt, ZGR 1999, 601 (604 ff.). 209 §§ 1810, 1811, 1819 ff., 1837 ff. BGB. Zusätzlich besteht die Möglichkeit der Bestellung eines Gegenbetreuers, §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1792 Abs. 2 BGB, siehe dazu: Kapitel 2 C. II. 2. 210 Siehe: Kapitel 1 C. III. 1.
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haftenden Gesellschafters dafür, dass auch die Betreuung nicht gänzlich ausgeschlossen werden kann. e) Gesellschaftsrechtliche Zulässigkeit der Dauertestamentsvollstreckung an einer Kommanditbeteiligung: Keine unbeschränkte Haftung bei geleisteter Einlage Eine Dauertestamentsvollstreckung an einer Kommanditbeteiligung ist möglich. Gemäß § 177 HGB ist der Anteil des Kommanditisten frei vererblich. Im Gegensatz zu den Problemen einer auf den Nachlass beschränkten Haftung bei dem Komplementär und dem Einzelkaufmann ist bei der Kommanditbeteiligung eine persönliche Haftung des Kommanditisten gemäß §§ 171 Abs. 1 Satz 1, 172 Abs. 4 HGB ausgeschlossen, sobald die Einlage vollständig geleistet worden ist.211 Dadurch, dass regelmäßig keine unbeschränkte persönliche Haftung droht, stellen sich die soeben angesprochenen Haftungsprobleme nicht. Sofern die Einlage zu Lebzeiten des Erblassers nicht voll erbracht oder (teilweise) wieder ausgezahlt worden ist, geht die persönliche Haftung des Erblassers und Kommanditisten bis zur Höhe der Einlage nach § 173 HGB auf den Erben über. Diese persönliche Haftung entsteht indes unabhängig von Handlungen des Testamentsvollstreckers.212 Allerdings bedarf die Testamentsvollstreckung aufgrund der Personenbezogenheit der Kommanditgesellschaft der antizipiert erklärten oder ad hoc zu erklärenden Zustimmung der Mitgesellschafter.213 Zwecks Achtung des Willens des Erblassers schließt der Testamentsvollstrecker den Kommanditist-Erben von der Wahrnehmung seiner mitgliedschaftlichen Rechte aus.214 Der BGH und die herrschende Lehre sehen die Dauervollstreckung an Kommanditbeteiligung als zulässig an.215 4. Zwischenergebnis: Vergleichbarkeit von Betreuung und Testamentsvollstreckung Die Dauervollstreckung an einer unternehmerischen Beteiligung richtet sich nach der jeweiligen Art der Beteiligung. Während eine Dauervollstreckung an einem 211
Schneider, NJW 2015, 1142 (1143). BGH, Beschluss vom 03. 07. 1989 – II ZB 1/89, BGHZ 108, 187 (196 f.). Indes darf nicht verkannt werden, dass der Testamentsvollstrecker imstande ist, eine unbeschränkte persönliche Haftung des Kommanditistenerben zu begründen, sofern der Testamentsvollstrecker die Kommanditisteneinlage zurückzahlen lässt. Allerdings bedarf der Testamentsvollstrecker dafür die Zustimmung des Erben und haftet bei Nichteinholung nach §§ 2219 Abs. 1, 2216 Abs. 1 BGB, vgl.: Schneider, NJW 2015, 1142 (1143). 213 BGH, Beschluss vom 03. 07. 1989 – II ZB 1/89, BGHZ 108, 187 (191). 214 BGH, Urteil vom 13. 05. 2014 – II ZR 250/12, BGHZ 201, 216 (222). 215 BGH, Beschluss vom 03. 07. 1989 – II ZB 1/89, BGHZ 108, 187 (195 ff.); BGH, Urteil vom 13. 06. 1995 – IX ZR 121/94, MittBayNot 1995, 397 (398); BGH, Beschluss vom 14. 02. 2012 – II ZB 15/11, NJW-RR 2012, 730 (731); Kämper, RNotZ 2016, 625 (635 ff.); Münchener Kommentar BGB/Zimmermann, § 2205 BGB, Rn. 44; BeckOK BGB/Lange, § 2205 BGB, Rn. 49. 212
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GmbH-Anteil oder einem Kommanditanteil zulässig ist, konfligiert ein Handeln des Testamentsvollstreckers im Rahmen einer Dauervollstreckung bezogen auf das Vermögen eines Einzelkaufmannes oder der Beteiligung eines persönlich haftenden Gesellschafters mit dem Grundsatz der unbeschränkten persönlichen Haftung. Daraus lässt sich ableiten, dass auch die Bewertung der Betreuung eines Unternehmers differenziert nach der Art des Unternehmens vonstattengehen muss. Der Betreuer ist ebenso wie der Testamentsvollstrecker ein Treuhänder. Dies hat nicht nur zur Folge, dass die Wertungen des Auftrages beziehungsweise des Geschäftsbesorgungsvertrages analog neben die spezielleren Regelungen zur Vermögensverwaltung, insbesondere die §§ 1805 ff. BGB, treten. Vielmehr können zu dem Testamentsvollstrecker entwickelte Entscheidungsparameter auch auf den Betreuer im Rahmen der Vermögensverwaltung übertragen werden.216 Konkret wird daher auch zu untersuchen sein, inwieweit es dem Betreuer gestattet ist, im Rahmen der unternehmerischen Tätigkeit für den Betreuten geschäftliche Risiken einzugehen.
IV. Zwischenergebnis Der Betreuer wahrt die Interessen des Betreuten als Treuhänder. Infolgedessen sind die Regelungen Geschäftsbesorgungs- beziehungsweise Auftragsrechts analog auf die Betreuung anwendbar. Die §§ 1896 ff. BGB sind jedoch die spezielleren Vorschriften. Der Betreute kann dem Betreuer infolge der analogen Geltung des § 665 BGB Weisungen erteilen. Die Erteilung einer Weisung ermöglicht einen interessengerechten Umgang mit dem Unternehmen. Zugleich bietet die Beachtung des Wohls des Betreuten in § 1901 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 BGB einen Schutz vor selbstgefährdenden Weisungen oder weisungsähnlichen Wünschen des Betreuten. Da auch auf das Innenverhältnis der Vorsorgevollmacht die Regelungen der §§ 662 ff. BGB beziehungsweise §§ 675 ff. BGB anwendbar sind, lässt sich bezogen auf die Grundstruktur kein Vor- oder Nachteil der Betreuung eines Unternehmers ausmachen.
B. Das betreuungsrechtliche Außenverhältnis: Befugnisse und Handlungsmöglichkeiten des Betreuers I. Problemaufriss Eingangs ist die Frage aufgeworfen worden, ob die Betreuung eines Unternehmers ein geeignetes Vorsorgeinstrument darstellt. Bislang ist herausgearbeitet worden, dass das betreuungsrechtliche Innenverhältnis als Treuhandverhältnis einzuordnen ist, sodass die Normen des Geschäftsbesorgungs- beziehungsweise Auf216
Siehe hierzu unter anderem: Kapitel 2 B. II. 3. b) cc); Kapitel 3 A. II. 1. b).
B. Das betreuungsrechtliche Außenverhältnis
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tragsrechts analog anwendbar sind. Ob die Betreuung eines Unternehmers indes das bessere Fürsorgeinstrument als die Vorsorgevollmacht darstellt, hängt von den speziellen Regelungen des Vormundschafts-/Betreuungsrechts für einen Unternehmer ab. Nach §§ 1896, 1902 BGB tritt der Betreuer im betreuungsrechtlichen Außenverhältnis als Stellvertreter des Betreuten auf. In dieser Funktion kann er Entscheidungen für den Betreuten treffen und Willenserklärungen abgeben, die dessen Vermögen beeinflussen. Für die Praktikabilität der Betreuung eines Unternehmers kommt es entscheidend darauf an, wie der Betreuer mit dem Vermögen des Betreuten umgehen darf und kann. Einen wesentlichen, für diese Untersuchung interessierenden, Bestandteil des Vermögens wird das Unternehmen bilden. Von besonderem Interesse ist, wie der Betreuer mit dem Unternehmen verfahren soll und darf. Müsste der das Unternehmen grundsätzlich auflösen oder veräußern, wäre die Betreuung nicht als Vorsorgeinstrument für einen Unternehmer geeignet. Bevor auf eine mögliche Veräußerungs- oder Auflösungspflicht des Betreuers eingegangen wird, sind die Grundzüge der Vermögensverwaltung im Betreuungsrecht darzustellen (im Folgenden: B. II.). Erst im Anschluss kann untersucht werden, ob die Regelungen zur Vermögensanlage Vorgaben hinsichtlich der Auflösung oder Veräußerung des Unternehmens machen (im Folgenden: B. III.). Im Anschluss wird kurz auf die Möglichkeit der Ausstattung als besondere Möglichkeit bei Familienunternehmen eingegangen (im Folgenden: B. IV.), um daraufhin die Haftung des Betreuers für Pflichtverletzungen kursorisch darzustellen (im Folgenden: B. V.).
II. Grundlagen der Vermögensverwaltung im Betreuungsrecht 1. Terminologische Vorfragen Die §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1806 ff. BGB betreffen die Anlage von Betreutengeld; in der Sprache des Gesetzes die „Anlegung“. Sofern im Folgenden von der Vermögensverwaltung gesprochen wird, soll dieser Begriff betreuungsrechtlich und nicht im Sinne des § 14 Satz 3 AO verstanden werden. Nach § 14 Satz 3 AO liegt eine Vermögensverwaltung in der Regel vor, wenn Vermögen genutzt, zum Beispiel Kapitalvermögen verzinslich angelegt oder unbewegliches Vermögen vermietet oder verpachtet wird. Betreuungsrechtlich ist die Vermögensverwaltung nicht von unternehmerischen Entscheidungen zu trennen, sondern umfasst auch unternehmerische Entscheidungen. Ein derartiges, weites Verständnis ist angelehnt an § 1811 Satz 2 BGB. Der Begriff der Anlegung ist §§ 1908i Abs. 1 Satz 1 BGB entnommen und erfasst die in den §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1807 bis 1811 BGB vorgesehenen Anlagemöglichkeiten.
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Kap. 2: Vermögensverwaltung durch den Betreuer eines Unternehmers
2. Befugnisse des Betreuers innerhalb des Aufgabenkreises der Vermögenssorge a) Zum Umfang der Vermögenssorge bezogen auf unternehmerische Entscheidungen Regelmäßig wird einem Betreuer, der sich um das Vermögen des Betreuten kümmern soll, der Aufgabenkreis der „Vermögenssorge“ übertragen. Die Vermögenssorge durch den Betreuer zielt grundsätzlich darauf ab, „das Vermögen ordnungsgemäß zu verwalten sowie bestmöglich zu sichern und zu mehren“217. Damit umfasst die Vermögenssorge sämtliche Vermögensgegenstände des Betreuten. Infolgedessen ist auch die Verwaltung von Anteilen an Gesellschaften oder kaufmännischen Betrieben sowie die Wahrnehmung von Gesellschafterrechten Bestandteil des Aufgabenkreises der „Vermögenssorge“.218 Dass auch die Verwaltung von Gesellschaftsanteilen oder eines kaufmännischen Betriebes, des Unternehmens, der Vermögenssorge zuzuordnen ist, ergibt sich systematisch aus den Regelungen des Vormundschaftsrechts. § 1908i Abs. 1 Satz 1 BGB erklärt die §§ 1822 Nr. 3, 1823 BGB für sinngemäß auf die Betreuung anwendbar. Nach § 1822 Nr. 3 BGB bedarf der Betreuer der Genehmigung des Betreuungsgerichts zu einem Vertrag, der auf den entgeltlichen Erwerb oder die Veräußerung eines Erwerbsgeschäfts gerichtet ist, sowie zu einem Gesellschaftsvertrag, der zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts eingegangen wird. § 1823 BGB gibt vor, dass der Betreuer nicht ohne Genehmigung des Betreuungsgerichts ein neues Erwerbsgeschäft im Namen des Betreuten beginnen oder ein bestehendes Erwerbsgeschäft auflösen soll. Ein Erwerbsgeschäft im Sinne der §§ 1822 Nr. 3, 1823 BGB zeichnet sich durch eine berufsmäßig ausgeübte, auf selbstständigen Erwerb gerichtete Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht aus.219 Unerheblich ist sowohl die Art der Tätigkeit220 als auch die Rechtsform des Erwerbsgeschäfts.221 Wenn der Betreuer eine Genehmigung des Betreuungsgerichts einholen soll, um beispielsweise ein neues Erwerbsgeschäft im Namen des Betreuten zu beginnen oder ein Bestehendes aufzulösen, dann muss er auch dazu berechtigt sein, das Erwerbsgeschäft des Betreuten zu verwalten. Gleiches ergibt sich aus der 217
OLG München, Beschluss vom 04. 08. 2005 – 33 Wx 29/05, Rpfleger 2006, 14 (15); zustimmend: BeckOGK/Schmidt-Recla, § 1896 BGB, Rn. 204; Münchener Kommentar BGB/ Schwab, § 1896 BGB, Rn. 117. 218 Münchener Kommentar BGB/Schwab, § 1896, Rn. 120; BeckOGK/Schmidt-Recla, § 1896 BGB, Rn. 212; Sorg, BWNotZ 2010, 107 (118); Wilde, GmbHR 2010, 123 (124); a. A.: Neuhausen, RNotZ 2003, 158 (161), der fordert, dass der Betreuer für einen derart bezeichneten Aufgabenkreis bestellt sein müsse; abweichend ebenso: Bienwald/Sonnenfeld/Harm/Bienwald, § 1896 BGB, Rn. 157. 219 RG, Urteil vom 12. 05. 1931 – II 294/30, RGZ 133, 7 (11); KG, Beschluss vom 20. 01. 1976 – 1 W 1341/75, NJW 1976, 1946 (ebd.); OLG Hamm, Beschluss vom 18. 03. 2016 – 2 WF 170/15, NZG 2016, 907 (908). 220 Münchener Kommentar BGB/Kroll-Ludwigs, § 1822 BGB, Rn. 11a; Erman/SchulteBunert, § 1822 BGB, Rn. 5a. 221 BeckOK BGB/Bettin, § 1822 BGB, Rn. 10; JurisPK-BGB/Lafontaine, § 1822 BGB, Rn. 42; Jürgens, BtR/von Crailsheim, § 1822 BGB, Rn. 11.
B. Das betreuungsrechtliche Außenverhältnis
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Genehmigungspflicht hinsichtlich Gesellschaftsverträge, die auf den Betrieb eines Erwerbsgeschäfts abzielen.222 Als potentielle Erwerbsgeschäfte wird auf die Einzelkaufmannstellung, die Beteiligung als Komplementär an einer Kommanditgesellschaft und die Stellung als GmbH-Gesellschafter eingegangen. Auch die weiteren Genehmigungstatbestände verdeutlichen die umfassenden Handlungsmöglichkeiten eines Betreuers.223 Die §§ 1822 f. BGB schließen sich unmittelbar an die Vorschriften betreffend die Vermögensanlage an und erfassen zahlreiche Aspekte der Vermögenssorge, wie beispielsweise die Aufnahme eines Kredites in § 1822 Nr. 8 BGB, die Ausschlagung einer Erbschaft gemäß § 1822 Nr. 2 Var. 1 BGB oder den Abschluss eines Pachtvertrages nach § 1822 Nr. 4 BGB. Zwar droht eine derart weite Auslegung des Aufgabenkreises der Vermögenssorge mit dem Erforderlichkeitsgrundsatz nach § 1896 Abs. 2 Satz 1 BGB zu kollidieren, sodass eine engere Fassung des Aufgabenkreises im Beschluss nach §§ 38 Abs. 2, 286 Abs. 1 Nr. 1 FamFG angezeigt sein könnte. Allerdings birgt eine sehr detaillierte und ausdifferenzierte Benennung der Aufgabenkreise die Gefahr, rechtlich oder faktisch zusammengehörende Aufgaben voneinander zu trennen und damit die Handlungsfähigkeit des Betreuers einzuschränken.224 Eine derartige Beeinträchtigung des Betreuers kann vor dem grundrechtlichen Hintergrund des (auch) unterstützenden Charakters der Betreuung nicht überzeugen, sodass eine weite Auslegung des Begriffes der Vermögenssorge angezeigt ist. Dass auch ein unternehmerisches Handeln des Betreuers Bestandteil der Betreuung sein kann, zeigt sich systematisch insbesondere an der Existenz von § 1823 BGB. Nach dieser Vorschrift ist der Beginn oder die Auflösung eines Erwerbsgeschäfts des Betreuten vom Betreuungsgericht zu genehmigen, während die Fortführung eines bestehenden Erwerbsgeschäfts genehmigungsfrei ist. Nur in Einzelfällen bedürfen Entscheidungen des Betreuers im Falle einer genehmigungsfreien Weiterführung eines bestehende Erwerbsgeschäftes der betreuungsgerichtlichen Genehmigung, wie §§ 1821, 1822 Nr. 10, 11 BGB verdeutlichen.225 Im Ergebnis gestattet der Aufgabenkreis der Vermögenssorge dem Betreuer, in sämtliche Rechtsfragen stellvertretend aufzutreten, die mit dem Vermögen des Betreuten in Zusammenhang stehen. Daher sind auch unternehmerischen Beteiligungen eines Betreuten Teil der Vermögenssorge. b) Zur Anordnung des Aufgabenkreises „Kommunikationskontrolle“ gemäß § 1896 Abs. 4 BGB Neben der Zuweisung des Aufgabenkreises der Vermögenssorge könnte die Anordnung des Aufgabenkreises der „Kommunikationskontrolle“ gemäß 222
Zur Auslegung des Eingehens nach § 1822 Nr. 3 Alt. 2: Kapitel 2 C. IV. 4. b). Vgl. zu der nicht mehr bestehenden Möglichkeit der Bestellung eines weiteren, gesondert für die Verwaltung eines Erwerbsgeschäfts eingesetzten Betreuers: Kapitel 5 A. 224 Münchener Kommentar BGB/Schwab, § 1896 BGB, R. 116. 225 Spanl, Vermögensverwaltung durch Vormund und Betreuer, 2009, S. 302. 223
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Kap. 2: Vermögensverwaltung durch den Betreuer eines Unternehmers
§ 1896 Abs. 4 BGB erforderlich sein, damit die Betreuung an die Bedürfnisse des Betreuten angepasst geführt werden kann.226 Aufgrund des Post-/Fernmeldegeheimnisses gemäß Art. 10 GG und des allgemeinen Persönlichkeitsrechts im Sinne der Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG bedeutet die Anordnung der Betreuung als solche nicht, dass dem Betreuer allein durch die Bestellung als Betreuer Einblick in die Korrespondenz in Form von Briefen, E-Mails etc. gewährt wird.227 Soll der Betreuer in die Lage versetzt werden, Einblick die Post nehmen zu können, die dem ihm zugeordneten Aufgabenbereich entspricht, muss als Annex zu dem jeweiligen Aufgabenkreis die Kommunikationskontrolle ausdrücklich angeordnet werden.228 Verfahrensrechtlich ist zu beachten, dass der die Kommunikationskontrolle anordnende Beschluss gesondert unter Abwägung der beeinträchtigten Grundrechte begründet werden muss.229 Weiter ist in die Bestellungsurkunde des Betreuers bei der Bezeichnung des Aufgabenkreises nach § 290 Nr. 3 FamFG auch die Anordnung der Befugnis zur Postkontrolle einzutragen.230 Materiellrechtlich ist infolge der Grundrechtsintensität der Betreuung231 auch bei § 1896 Abs. 4 BGB der Erforderlichkeitsgrundsatz zu beachten. Sofern die physische oder psychische Beeinträchtigung des Betreuten so weitreichend ist, dass dieser Post nicht entgegennehmen beziehungsweise öffnen kann, ist die Anordnung der Postkontrolle zwingend notwendig, damit der Betreuer seinen Aufgabenkreis zum Wohl des Betreuten erfüllen kann.232 Aufgrund des weitreichenden Eingriffs in die Artt. 10, 2 Abs. 1 GG darf der Aufgabenkreis des § 1896 Abs. 4 BGB nur angeordnet werde, wenn der Betreuer anderenfalls seinen Aufgaben als Betreuer nicht nachkommen könnte und dadurch wesentliche Rechtsgüter des Betreuten erheblich gefährdet würden.233 Eine derartige Gefährdung der Rechtsgüter des Betreuten wird bei 226
Im Rahmen dieser Arbeit soll davon ausgegangen werden, dass § 1896 Abs. 4 BGB nicht wegen Verstoßes gegen das Bestimmtheits-/Verhältnismäßigkeitsgebot verfassungswidrig ist, vgl. zu der Kritik: BeckOGK/Schmidt-Recla, § 1896 BGB, Rn. 288; angedeutet auch in BayObLG, Beschluss vom 09. 10. 1996 – 3Z BR 249/96, NJWE-FER 1997, 59 (ebd.). Stattdessen wird § 1896 Abs. 4 BGB als geeignete Schranke im Sinne des Art. 10 Abs. 2 Satz 1 GG aufgefasst, vgl. in diesem Sinne auch: Erman/Roth, § 1896 BGB, Rn. 70. 227 Vgl.: AG Halberstadt, Urteil vom 04. 06. 2008 – 6 C 601/07 (II), FamRZ 2008, 2308 (ebd.). 228 Münchener Kommentar BGB/Schwab, § 1896 BGB, Rn. 268. 229 OLG München, Beschluss vom 13. 09. 2007 – 33 Wx 218/07, FamRZ 2008, 89 (ebd.); NK-BGB/Heitmann, § 1896 BGB, Rn. 39; Staudinger/Bienwald (2017), § 1896 BGB, Rn. 187. 230 Münchener Kommentar BGB/Schwab, § 1896 BGB, Rn. 272. 231 Siehe zu grundrechtlichen Folgen der Anordnung der Betreuung: Kapitel 1 B. 232 AG Obernburg, Beschluss vom 06. 07. 2009 – XVII 90/04, BeckRS 2010, 05252; BeckOGK/Schmidt-Recla, § 1896 BGB, Rn. 290. 233 BayObLG, Beschluss vom 09. 10. 1996 – 3Z BR 249/96, NJWE-FER 1997, 59 (ebd.); BeckOK BGB/Müller, § 1896 BGB, Rn. 54. Allgemein zu dieser Gefahr und der daraus folgenden Notwendigkeit der Anordnung von § 1896 Abs. 4 BGB: Spanl, Vermögensverwaltung durch Vormund und Betreuer, 2009, S. 23; Münchener Kommentar BGB/Schwab, § 1896 BGB, Rn. 268; LG Köln, Beschluss vom 20. 02. 1992 – 1 T 32/92, NJW 1993, 207 (208).
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der Vermögenssorge für einen betreuten Unternehmer regelmäßig vorliegen.234 Insbesondere bei einem plötzlich eintretenden Betreuungsfall, sollte dafür Sorge getragen werden, dass der Aufgabenkreis des Betreuers auch die Kommunikationskontrolle nach § 1896 Abs. 4 BGB umfasst. c) Zwischenergebnis Der Aufgabenkreis der Vermögenssorge umfasst auch die Verwaltung des Unternehmens. Ergänzend wird bei einem betreuten Unternehmer die Anordnung der Postkontrolle gemäß § 1896 Abs. 4 BGB regelmäßig erforderlich sein, um Schädigungen des Betreuten zu verhindern, die darauf beruhen, dass der Betreuer die notwendigen Informationen, die in Briefen oder ähnlichem enthalten sind, nicht erlangen kann. 3. Vermögensverwaltung durch einen Betreuer a) Die mündelsichere Anlegung nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1806 f. BGB aa) Einführung Die Vorschriften über die mündelsichere Anlegung von Betreutengeldern könnten der Praktikabilität der Betreuung eines Unternehmers entgegenstehen. Denn zwischen der Wunschbeachtungspflicht nach § 1901 Abs. 2 Satz 1, 2 BGB und den Vorschriften betreffend die mündelsichere Anlage nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1806, 1807 BGB könnte ein nicht aufzulösender Interessengegensatz bestehen. Insbesondere bei einem betreuten Unternehmer kann der von §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1806, 1807 BGB vorgesehene, risikoaverse Umgang mit dem Betreutengeld eine auf die individualisierten Bedürfnisse angepasste Betreuung verhindern. Denn der Wille des Betreuten wird in aller Regel darauf abzielen, die unternehmerische Beteiligung fortzuführen. § 1908i Abs. 1 Satz 1 BGB erklärt eine Vielzahl der Normen des Vormundschaftsrechts, in concreto §§ 1806, 1807 BGB, für sinngemäß auf die Betreuung 234 Diederichsen, FS Deutsch, 131 (138) nimmt im Fall der Anordnung der Vermögenssorge durch das Betreuungsgericht an, dass in diesem Fall zwingend die Anordnung nach § 1896 Abs. 4 BGB erfolgen müsse und die Nichtanordnung einen Staatshaftungsanspruch nach § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB begründe. Interessant, aber für die Betreuung eines Unternehmers kein spezifisches Problem, ist, ob der Betreuer in diesem Fall infolge eines gegen ihn selbst wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechtes oder Postgeheimnisses ausgelösten Schadensersatzanspruches einen Anspruch gegen das Land auf Freistellung hätte, weil das Verhalten des Betreuers, sofern der Aufgabenkreis des § 1896 Abs. 4 BGB zusätzlich angeordnet worden wäre, nicht pflichtwidrig gehandelt hätte. Dafür spricht a priori, dass der Betreuer grundsätzlich auf die Richtigkeit der Handlungen des Betreuungsgerichts – unabhängig von der funktionellen Zuständigkeit im Einzelfall – vertrauen darf, da dasselbe den Betreuer nach der Anordnung der Betreuung nicht nur gemäß §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1837 Abs. 2 BGB beaufsichtigt, sondern auch nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1837 Abs. 1 BGB berät.
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Kap. 2: Vermögensverwaltung durch den Betreuer eines Unternehmers
anwendbar. Somit wird für die Betreuung als dem Regelfall der Fürsorge im Familienrecht auf die in der Praxis deutlich seltener anzutreffende Vormundschaft verwiesen.235 Eine Vormundschaft wird gemäß § 1773 Abs. 1 BGB für Minderjährige angeordnet, wenn der Minderjährige nicht mehr unter elterlicher Sorge steht oder die Eltern nicht mehr zu der Vertretung des Minderjährigen berechtigt sind. Die Minderjährigkeit endet gemäß §§ 2, 106 BGB mit der Vollendung des 18. Lebensjahres. In diesem Zeitpunkt endet gemäß § 1882 BGB die Vormundschaft und der Vormund hat dem ehemaligen Mündel gemäß § 1890 Satz 1 BGB das Vermögen herauszugeben. Daher besteht die primäre Aufgabe des Vormundes darin, das Vermögen des Mündels zu bewahren, damit Letztgenannter mit dem Eintritt in die Volljährigkeit frei über sein Vermögen disponieren kann.236 Die Interessenlage bei der Betreuung ist eine andere, da es zumeist darauf ankommt, den vornehmlich älteren Betreuten ein Leben in Würde zu ermöglichen.237 Insoweit formuliert das OLG Schleswig plakativ und zutreffend: „Es ist nicht Sinn der Betreuung, das Vermögen des Betreuten den Erben zu erhalten.“238 Das Sparen und der möglichst sicheren Umgang mit dem Betreutenvermögen ist weniger relevant als bei einem Minderjährigen. Bei einem betreuten Unternehmer gilt dies umso mehr, da sein bisheriger Umgang mit seinem Vermögen von einer größeren Risikobereitschaft zeugt. Die Bedürfnisse eines betreuten Unternehmers sind auf einen aktiven Umgang mit dem Vermögen gerichtet. Somit ist die Interessenlage bei einem betreuten Unternehmer eine gänzlich andere als bei der Vermögensverwaltung für einen minderjährigen Mündel. bb) Sinngemäße Anwendung der §§ 1806, 1807 BGB im Betreuungsrecht Der Begriff der Anlegung umfasst verschiedene Anlageformen und unterscheidet zwischen mündelsicheren Anlagen nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1806, 1807 BGB und der wirtschaftlichen Vermögensverwaltung nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1811 BGB. Das Vormundschaftsrecht differenziert bei dem Umgang mit dem Vermögen des Betreuten zwischen anzulegendem und bereitzuhaltendem Geld, §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1806 BGB.239 Der Begriff des Geldes ist wirtschaftlich 235 Schellhammer, Familienrecht, Rn. 1816 konstatiert: „Gesetzestechnisch ist das Betreuungsrecht misslungen“. Darüber hinaus sind auch die im Wesentlichen seit dem 01. 01. 1900 geltenden Regelungen des Vormundschaftsrechts selbst, auf welches § 1908i Abs. 1 Satz 1 BGB verweist, nach Ansicht des BMJV reformbedürftig, vgl.: Meyer, Vormundschaft in Europa, 2015, S. 45 ff. 236 Vgl. historisch: Berger, Die Vorschriften über die Verwaltung von Mündelvermögen im Vergleich mit entsprechenden Regelungen außerhalb des Vormundschaftsrechts, 1975, S. 24. 237 Illustrativ zu den unterschiedlichen Anforderungen der Geldanlage abhängig vom Lebensalter bezogen auf eine 91-jährige Betreute: LG Karlsruhe, Beschluss vom 03. 02. 2014 – 11 T 324/13, NJW 2014, 2203 (ebd.). 238 OLG Schleswig, Urteil vom 16. 07. 2020 – 2 U 7/19, BeckRS 2020, 17731, Rn. 93. 239 BeckOGK/Fröschle, § 1896 BGB, Rn. 2 spricht anschaulich von „Anlagegeld“, für welches die §§ 1807 – 1811 BGB gelten, und „Verfügungsgeld“, welches den Vorschriften der §§ 1807 ff. BGB nicht unterfällt.
B. Das betreuungsrechtliche Außenverhältnis
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auszulegen, sodass § 1806 BGB sowohl Buchgeld als auch Bargeld erfasst.240 Bezogen auf den anzulegenden Teil des Geldes schreibt § 1806 BGB eine Verzinslichkeit vor, während für das bereitzuhaltende Geld (auch Verfügungsgeld genannt), welches zur Bestreitung von Ausgaben erforderlich ist, lediglich das Vermögenstrennungsgebot der §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1805 Abs. 1 Satz 1 BGB gilt.241 Üblicherweise wird der Betreuer das bereitzuhaltende Geld auf einem auf den Namen des Betreuten lautenden Girokonto verwahren.242 Über das Verfügungsgeld hinausgehende Geldbeträge sollen gemäß §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1806 BGB verzinslich angelegt werden. §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1807 BGB konkretisiert die Aufforderung zur verzinslichen Geldanlage in § 1806 BGB, indem die Art und Weise der mündelsicheren Geldanlage verdeutlicht wird. Der mündelsicheren Anlage unterfallen unter anderem sichere Grundpfandrechte nach § 1807 Abs. 1 Nr. 1 BGB, Staatsanleihen nach § 1807 Abs. 1 Nr. 2 BGB und andere Wertpapiere wie Schuldverschreibungen der öffentlichen Sparkassen, die von der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates gemäß § 1807 Abs. 1 Nr. 4 BGB für mündelsicher erklärt worden sind.243 Für die Geldanlage bei einem Kreditinstitut im Sinne des § 1807 Abs. 1 Nr. 5 BGB muss die betreffende Bank dem Einlagensicherungsfonds unterfallen.244 Dies ist bei einer Vielzahl der in Deutschland anzutreffenden Kreditinstitute der Fall.245 Die in §§ 1806, 1807 BGB vorgezeichnete Art der Anlage zielt im Vormundschaftsrecht darauf ab, dass dem Mündel das mit Zinsertrag angelegte Geld bei Volljährigkeit zur Verfügung steht. Auch im Betreuungsrecht geben die §§ 1806 f. BGB vor, dass das Handeln des Betreuers auf einen möglichst sicheren Vermögenserhalt gerichtet sein muss, indem das Vermögen des Betreuten risikoavers verwahrt und, sofern möglich, bei sicherer Anlage vermehrt werden soll.246 240
Staudinger/Veit (2014), § 1806 BGB, Rn. 5; Palandt/Götz, § 1806 BGB, Rn. 3. Erman/Schulte-Bunert, § 1806 BGB, Rn. 3a. Siehe zur Pflichtwidrigkeit der Verwahrung von Verfügungsgeldern des Betreuten auf einem Sammelanderkonto: BGH, Beschluss vom 31. 10. 2018 – XII ZB 300/18, NJW 2019, 511 (ebd.). 242 Jürgens, BtR/von Crailsheim, § 1806 BGB, Rn. 3. Auch bei einem Rechtsanwalt als Betreuer ist ein Sammelanderkonto nicht zulässig, was sich aus einem Umkehrschluss zu § 56 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII ergibt, wonach lediglich einem Amtsvormund das Führen von Sammelanderkonten gestattet ist, BGH, Beschluss vom 31. 10. 2018 – XII ZB 300/18, NJW 2019, 511 (512) Dies entspricht dem Eckpunktepapier des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 13. 10. 2014, vgl. dazu: Meyer, Vormundschaft in Europa, 2015, S. 60. 243 Vgl. ausführlich nur: BeckOGK/Fröschle, § 1807 BGB, Rn. 10 ff.; Münchener Kommentar BGB/Kroll-Ludwigs, § 1807 BGB, Rn. 9 ff.; Oberloskamp/Band, Vormundschaft, 2010, § 9, Rn. 80; bezogen auf das Parallelproblem der Anforderungen für die Instandhaltungsrückstellung nach § 21 Abs. 5 Nr. 4 WEG: Suilmann, ZWE 2015, 246 (248). 244 Jünger, FamRZ 1993, 147 (ebd.); Spanl, Vermögensverwaltung durch Vormund und Betreuer, 2009, S. 151; Sorg, BWNotZ 2010, 107 (121 f.). 245 OLG Köln, Beschluss vom 24. 03. 2014 – I-2 Wx 28/14, 2 Wx 28/14, ZEV 2014, 357 (ebd.). 246 Vgl. bereits: RG, Urteil vom 13. 11. 1911 – 147/11 IV, JW 1912, 67 (68); BayObLG, Beschluss vom 13. 12. 1922 – Reg. III Nr. 123/22, JW 1923, 517 (518); Josef, AcP 117 (1919), 395 (398); sowie später: Grundmann, Der Treuhandvertrag, insbesondere die werbende Treuhand, 1997, S. 37. 241
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Kap. 2: Vermögensverwaltung durch den Betreuer eines Unternehmers
Gleichzeitig ist es bei einem Betreuten, im Gegensatz zu einem Mündel, von größerem Belang, dass das Leben in gewohntem Stil und Umfang fortgeführt wird. Der Einsatz des Geldes des Betreuten zur Erhaltung des Lebensstandards ist Bestandteil einer an dem Wohl und den Wünschen des Betreuten ausgerichteten Betreuung nach § 1901 Abs. 2 Satz 1, 2 BGB.247 Will der Betreuer eine dem Katalog unterfallende Anlegung wählen, ist die Zustimmung des Gegenbetreuers nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1810 BGB ausreichend.248 Legt der Betreuer Vermögen des Betreuten abweichend von den Vorschriften der §§ 1806, 1807 BGB an, ist dies anders als bei den Außengenehmigungstatbeständen ohne Genehmigung des Betreuungsgerichts sofort wirksam.249 Allerdings macht sich der Betreuer potentiell schadensersatzpflichtig nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1833 Abs. 1 Satz 1 BGB.250 Zusammenfassend hat der Betreuer das zum Vermögen des Betreuten gehörende Geld verzinslich und mündelsicher anzulegen. cc) Auswirkungen der Niedrigzinsperiode auf die Vorschriften über die mündelsichere Anlage Die aktuelle Niedrigzinsphase stellt allen Betreuern die „Herkulesaufgabe“, das Vermögen des Betreuten nicht nur zu verwahren, sondern es auch zu mehren.251 Das Ziel der Anlage von Betreutengeldern, die Vermögenswahrung und Vermögensmehrung, ist mit den in der aktuellen Zeit zu erwirtschaftenden Zinsen nicht zu erreichen, da die Inflationsrate derzeit regelmäßig über dem Durchschnittzins einer 247 Bienwald/Sonnenfeld/Harm/Bienwald, Anh. § 1908i BGB, Rn. 6; Harm, Rpfleger 2012, 185 (ebd.). 248 Siehe vertiefend zum Gegenbetreuer unten: Kapitel 2 C. II. 2. Sofern kein Gegenbetreuer bestellt worden ist, kann das Betreuungsgericht die § 1807 BGB entsprechende Anlage formlos nach §§ 38, 40 Abs. 1 FamFG genehmigen, vgl.: NK-BGB/Fritsche, § 1810 BGB, Rn. 2. 249 Siehe zu den Beschränkungen der Vertretungsmacht des Betreuers durch die Außengenehmigungstatbestände: Kapitel 2 C. 250 HK-BGB/Kemper, § 1806 BGB, Rn. 4. Die Rechtsprechung und Literatur zu diesem Thema erscheint aus aktueller Sicht historisch überkommen, da in der aktuellen Niedrigzinsphase frühere Entscheidungen als realitätsfremd erscheinen, vgl. anschaulich: AG Bremen, Urteil vom 14. 02. 1992 – 7 C 453/91, NJW 1993, 205 (206); LG Bremen, Urteil vom 03. 09. 1992 – 8 S 154/92, Rpfleger 1993, 338 (ebd.), in welchem ein Schadensersatzanspruch gegen den Vormund wegen Unterlassens einer höherverzinslichen Anlage erörtert wird, weil es auf einem Sparbuch nur 2 % Zinsen gegeben hat. Auch ob die Kommentierung des Münchener Kommentar BGB/Kroll-Ludwigs, § 1806 BGB, Rn. 7, in dem eine Anlage auf einem Girokonto mit minimalen Zinsen als nicht den Erfordernissen des § 1806 BGB genügend eingestuft wird, noch zeitgemäß ist, mag angesichts der Tatsache, dass selbst zehnjährigen Bundesanleihen kaum Rendite einbringen, mit guten Gründen bezweifelt werden. 251 Diese Schwierigkeiten treffen jeden Marktteilnehmer, dessen Geldanlage sich nach den Vorschriften der mündelsicheren Anlage richtet. Resignierend und prägnant bezogen auf die Betreuung in diesem Kontext Pardey/Kieß, Betreuungs- und Unterbringungsrecht, 2014, § 12, Rn. 25: „Sicherheit geht danach vor Rendite, selbst wenn die sichere Anlage nur knapp mehr bringt als der Inflationsausgleich und sich durch die Betreuungskosten im Ergebnis ein ständiger Wertschwund ergibt“.
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mündelsicheren Anlage liegt. Die Entwicklung könnte dazu führen, dass der von §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1806, 1807 BGB vorgeschriebene, risikoaverse Umgang mit dem Betreutengeld vor dem Hintergrund von Art. 14 Abs. 1 GG bzw. Art. 2 Abs. 1 GG verfassungskonform dahingehend auszulegen ist, dass die Eingehung eines aus der ex-ante Perspektive bewerteten, betriebswirtschaftlich angemessenen Risikos gestattet ist. Eine derartige Auslegung würde indes der momentanen Haltung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hinsichtlich einer von Art. 14 Abs. 1 GG gewährten Geldwertstabilität zuwiderlaufen, nach welcher der Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG erst bei einer evidenten Minderung des Geldwertes betroffen sei.252 Vergleicht man beispielsweise die Rendite von (mündelsicheren) Anleihen mit der Rendite von Aktien, wird deutlich, dass Aktien ein erheblich höheres Gewinnpotential aufweisen.253 So wurde mit in Deutschland emittierten Aktien in dem Zeitraum von 1875 bis 1993 eine jährliche Durchschnittsrendite von 12,54 % im arithmetischen Mittel erwirtschaftet, während die Rendite bei Anleihen im gleichen Zeitraum jährlich nur bei 5,35 % lag.254 Die Diskrepanz von fast 250 % verdeutlicht, wie hoch die Risikoprämie für Aktien in der Vergangenheit gewesen ist.255 Aufgrund der gegenwärtigen Zinssituation stellt sich für den Betreuer die Frage, inwiefern eine über der Inflationsrate liegende und zugleich sichere Anlageform überhaupt existiert. Wenn die mündelsichere Anlage das Vermögen des Betreuten inflationsbereinigt schrumpfen lässt, liefe dies dem Grundgedanken der mündelsicheren Anlage zuwider, das Vermögen des Betreuten zu sichern.256 Vor dem wirtschaftlichen Hintergrund könnte es ab einer gewissen Vermögensgröße ein Gebot wirtschaftlicher Vernunft sein, dass der Betreuer zumindest einen Teil des Vermögens in riskantere Anlageformen investiert.257 Anderenfalls führt die Kombination von Inflation und niedrigen Zinsen zu einer Geldentwertung im Vermögen des Betreuten. Dies könnte dem Grundgedanken zuwiderlaufen, welcher mit der Einführung des Rechtsinstitutes der Betreuung verfolgt wurde. Die Betreuung sollte dazu dienen, die Recht-
252 Vgl.: BVerfG, Urteil vom 18. 03. 2014 – 2 BvR 1390, 1421, 1438, 1439, 1440, 1824/12, 2 BvE 6/12, BVerfGE 135, 317 (389). Offen gelassen noch in: BVerfG, Urteil vom 07. 09. 2011 – 2 BvR 987/10 – BVerfGE 129, 124 (174). Abweichend vertritt Köhler, JZ 2013, 957 (963), dass wertstabiles Geld dem Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG unterfällt. 253 Abweichend: Oberloskamp/Band, Vormundschaft, 2010, § 9, Rn. 272. Er führt gegen die grundsätzliche Geeignetheit von Aktien in der Vermögenssorge für den Mündel die geringe Bruttodividende bezogen auf den Kurswert an. 254 Zeising, Pflichten und Haftung des Testamentsvollstreckers bei der Verwaltung von Großvermögen, 2004, S. 6. 255 Zeising, a. a. O., S. 6. 256 Oberloskamp/Band, Vormundschaft, 2010, § 9, Rn. 2. 257 Siehe die diesbezüglichen Bestrebungen in: LG Rottweil, Beschluss vom 19. 08. 2016 – 1 T 111/16, NJW 2017, 679 (680); LG Lübeck, Beschluss vom 05. 05. 2015 – 7 T 157/15, NJWRR 2015, 1485 (1486); LG Kempten, Beschluss vom 21. 11. 2008 – 42 T 2071/08, FamRZ 2009, 724 (ebd.).
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stellung der Betroffenen zu verbessern und die Betreuten in ihrer persönlichen Eigenschaft „ernst [zu] nehmen“258. Für eine unter Umständen in Betracht kommende teleologische Reduktion müsste eine planwidrige Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes vorliegen.259 Eine derartige Unvollständigkeit liegt nicht vor, sofern die Möglichkeit einer anderen Anlegung nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1811 BGB dem Betreuer die Gelegenheit gibt, das anzulegende Vermögen des Betreuten auch abweichend von den in § 1807 BGB genannten Anlagemöglichkeiten zu verwalten. Eine verfassungskonforme Auslegung der §§ 1806, 1807 BGB kommt daher erst in Betracht, wenn es keine andere Möglichkeit betreffend den Umgang mit dem Betreutenvermögen gibt. b) Die andere Anlegung nach §§ 1908i Abs. 1, Satz 1, 1811 BGB aa) Hinführung Der bewahrende Ansatz der Vermögenssorge im Betreuungsrecht tritt in den Vorschriften über die mündelsichere Anlage deutlich hervor. Ist der Betreute unternehmerisch tätig, stellen dessen Vorstellungen und auch dessen (bisheriges) Anlageverhalten regelmäßig Antipoden zu dem Grundansatz der mündelsicheren Anlage dar. Sofern der Betreuer zu dem Ergebnis kommt, dass eine von §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1806, 1807 BGB abweichende Vorgehensweise dem Interesse des Betreuten nach § 1901 Abs. 2 Satz 1 BGB entspricht, könnte eine andere Anlage gemäß §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1811 BGB angezeigt sein. Nach § 1811 BGB soll das Betreuungsgericht dem Betreuer eine andere Anlage als die in § 1807 BGB vorgeschriebene genehmigen, sofern die beabsichtigte Art der Anlegung den Grundsätzen einer wirtschaftlichen Vermögensverwaltung nicht zuwiderläuft. Die vom Betreuungsgericht dem Betreuer nach Prüfung des Einzelfalles erteilte Genehmigung ist eine Innengenehmigung. Eine Innengenehmigung hat im Gegensatz zu der Außengenehmigung gemäß §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1829 BGB keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit der Erklärung des Betreuers, sondern kann bei Nichteinholung lediglich einen Schadensersatzanspruch des Betreuten gegen den Betreuer nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1833 Abs. 1 BGB begründen.260 Aufgrund der Rechtsfolge ähnelt die Innengenehmigung einer Haftungsfreistellung bezogen auf die konkrete Einzelentscheidung des Betreuers. Es stellt sich die Frage, ob die § 1811 Satz 1 BGB zu einer im weiteren Sinne wirtschaftlichen Vermögensanlage berechtigt. In concreto ist es für die Praktikabilität der Betreuung eines Unternehmers wichtig, ob der gewissen Informationspflichten nachkommende Betreuer bewusst geschäftliche Ri258
BT-Drs 11/4528, S. 52, 67, 133. Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, Rn. 902 ff.; vgl.: BGH, Urteil vom 26. 11. 2008 – VIII ZR 200/05, BGHZ 179, 27 (35). 260 Kierig, NJW 2010, 1436 (ebd.); Spanl, Vermögensverwaltung durch Vormund und Betreuer, 2009, S. 17. 259
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siken eingehen darf, ohne Gefahr zu laufen, sich schadensersatzpflichtig nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1833 Abs. 1 Satz 1 BGB zu machen, wenn das mit dem Geschäft einhergehenden Risiko eintritt. bb) Verfahrensrechtliche Betrachtung: Innengenehmigung des Betreuungsgerichtes Inhaltlich gestattet die betreuungsgerichtliche Genehmigung einer anderen Anlage nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1811 BGB dem Betreuer, sowohl von der Pflicht zur mündelsicheren Anlage als auch von der Verzinslichkeit abzuweichen.261 Dabei bezieht sich die Genehmigung jeweils auf eine einzelne, konkrete Geldanlageentscheidung. Um den Betreuer von der Notwendigkeit zu entbinden, jede einzelne vom Katalog der §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1806, 1807 BGB divergierende Geldanlageentscheidung vom Betreuungsgericht genehmigen zu lassen, kommt eine Befreiung nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1817 Abs. 1 BGB in Betracht.262 Auf Antrag des Betreuers kann das Betreuungsgericht eine solche Befreiung erteilen, wenn der Umfang der Vermögensverwaltung dies rechtfertigt und das Vermögen des Betreuten nicht gefährdet wird. Ein rechtfertigender Umfang der Vermögensverwaltung liegt nach der Regelvermutung des §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1817 Abs. 1 Satz 2 BGB vor, wenn der Wert des Vermögens des Betreuten ohne Grundbesitz EUR 6.000,– nicht übersteigt. Dies soll einen Anreiz bieten, eine Vormundschaft ehrenamtlich zu führen.263 Das Vermögen eines betreuten Unternehmers wird regelmäßig größer als EUR 6.000,– sein, sodass eine Befreiung nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1817 Abs. 1 BGB nicht in Betracht kommen wird. In der Praxis könnte es sich für den Betreuer als hilfreich erweisen, wenn das Betreuungsgericht die Genehmigung von bestimmten Anlageformen für die Zukunft in Aussicht stellt.264 Ein Andeuten zukünftiger Entscheidungen des Betreuungsgerichts entspricht der Beratungs- und Aufsichtsfunktion, die dem Betreuungsgericht nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1837 Abs. 1, 2 BGB zukommt. Voraussetzung für die Gestattung des Betreuungsgerichts ist eine umfassende Prüfung der Vor- und Nachteile im konkreten Einzelfall unter Berücksichtigung des Vermögens des Einzelnen und der in der Vergangenheit verfolgten Anlagestrategie.265 Auch die 261
Münchener Kommentar BGB/Kroll-Ludwigs, § 1811 BGB, Rn. 3. Vgl.: BtKomm/Roth, E, § 1811 BGB, Rn. 66. 263 BeckOGK/Fröschle, § 1817 BGB, Rn. 4. 264 Jürgens BtR/von Crailsheim, § 1811 BGB, Rn. 13; Münchener Kommentar BGB/KrollLudwigs, § 1828 BGB, Rn. 11. 265 OLG Schleswig, Beschluss vom 03. 11. 1999 – 2 W 154/99, NJWE-FER 2000, 121 (122); OLG Köln, Beschluss vom 09. 08. 2000 – 16 Wx 93/00, NJW-RR 2001, 577 (ebd.); OLG München, Beschluss vom 05. 06. 2009 – 33 Wx 124/09, FamRZ 2009, 1860 (1861); siehe zu dem Streitstand zu der Frage, ob es sich bei § 1811 BGB um eine Ausnahmevorschrift zu § 1807 BGB handelt, jeweils m. w. N.: Sichtermann, Das Recht der Mündelsicherheit, 1967, S. 62; Münchener Kommentar BGB/Kroll-Ludewigs, § 1811 BGB, Rn. 5; Staudinger/Veit (2014), § 1811 BGB, Rn. 12 ff.; BeckOGK/Fröschle, § 1811 BGB, Rn. 15. 262
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Risiken und Vorteile der Anlage sind der Entscheidung zugrunde zu legen.266 Mit dieser Entscheidung erhält das Betreuungsgericht einen Einblick in einen Ausschnitt des Vermögens des Betreuten. Allerdings werden mit der Anlageentscheidung keine Unternehmensinterna veröffentlicht, sodass die der Betreuung gegenüber teilweise geäußerte Aversion jedenfalls im Hinblick auf die andere Anlegung nicht zutrifft. Das Betreuungsgericht, bei welchem nach §§ 3 Nr. 2 b), 15 RPflG der Rechtspfleger funktionell zuständig ist, hat bei der Entscheidung über die Erteilung der Innengenehmigung die Wünsche des Betreuten nach § 1901 Abs. 3 BGB zu beachten.267 Inhaltlich muss die gewünschte, nicht dem Katalog des § 1807 BGB unterfallende Anlage, gegenüber der Kataloganlage wirtschaftliche Vorteile bieten und aufgrund des Einzelfalles geboten sein.268 Bei der Entscheidung des Betreuungsgerichts ist auch das vorherige Anlageverhalten des (mittlerweile) Betreuten zu beachten. Ist der Betreute unternehmerisch tätig gewesen, kommt dem Verhalten des Betreuten indizielle Bedeutung hinsichtlich der Genehmigung einer anderen Anlegung zu.269 Dass die gewählte Anlage nicht gleichermaßen sicher sein muss wie eine mündelsichere Anlage, lässt sich damit begründen, dass anderenfalls eine potentiell gleichheitswidrige Schlechterstellung des Betreuten gegenüber den anderen Marktteilnehmern einherginge.270 Überdies sind die Wünsche des Betreuten auch für das Betreuungsgericht maßgeblich, sodass unter Umständen zum Beispiel auch Investitionen in einen (über mehrere Generationen) geführten Familienbetrieb zu genehmigen sind.271 cc) Materiellrechtliche Betrachtung: Grundsätze der wirtschaftlichen Vermögensverwaltung, §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1811 Satz 2 BGB Die Grundsätze der wirtschaftlichen Vermögensverwaltung könnten dem Betreuer ein an die Interessen des Betreuten angepasstes Anlageverhalten ermöglichen. Nach § 1811 Satz 2 BGB soll die Genehmigung nur verweigert werden, wenn die Anlegung den Grundsätzen einer wirtschaftlichen Vermögensverwaltung zuwiderläuft. Die wirtschaftliche Vermögensverwaltung könnte die Möglichkeiten des risikofreudigeren Umgangs mit dem Vermögen des Betreuten umfassen, die für die Verwaltung des Vermögens eines betreuten Unternehmers notwendig sind. Dabei wird durch den Verweis in § 1811 Satz 2 BGB deutlich, dass dem Betreuer bei der 266
LG Rottweil, Beschluss vom 19. 08. 2016 – 1 T 111/16, NJW 2017, 679 (ebd.). BeckOGK/Kilian, § 1828 BGB, Rn. 22. 268 Vgl. zu dem Streitstand, ob die beabsichtige Anlage klare wirtschaftliche Vorteile zu bringen verspricht und gleichzeitig gleichermaßen sicher sein muss: Bergschneider/Harm, R. V. 2., Rn. 1. 269 Harm, Rpfleger 2012, 185 (ebd.). 270 Oberloskamp/Band, Vormundschaft, 2010, § 9, Rn. 87; vgl. abweichend: OLG Köln, Beschluss vom 09. 08. 2000 – 16 Wx 93/00, NJW-RR 2001, 577 (ebd.). 271 Vgl.: BtKomm/Roth, E, § 1811 BGB, Rn. 70. 267
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Führung der Betreuung, und damit auch bei der Geldanlage im betreuungsrechtlichen Außenverhältnis, regelmäßig ein Ermessen zusteht. Unter wirtschaftlicher Vermögensverwaltung im Sinne des § 1811 BGB wird ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den drei Parametern Sicherheit, Rentabilität und Flexibilität verstanden.272 Bei der Konkretisierung des Begriffs der wirtschaftlichen Vermögensverwaltung in § 1811 Satz 2 BGB könnte ein Rekurs auf die Rechtsprechung zu § 1642 BGB hilfreich sein. Die Eltern haben gemäß § 1642 BGB das ihrer Verwaltung unterliegende Geld des Kindes nach den Grundsätzen einer wirtschaftlichen Vermögensverwaltung anzulegen, soweit es nicht zur Bestreitung von Ausgaben bereitzuhalten ist. Dabei trifft die Eltern die Pflicht, das Geld des Kindes „sicher und grundsätzlich gewinnbringend“273 anzulegen. Hierbei haben die Eltern sowohl auf die Sicherheit als auch auf die Rendite einer Investition zu achten,274 wobei Gewinnaussichten allein nicht dazu berechtigten, ein überhöhtes Verlustrisiko in Kauf zu nehmen. Insgesamt werden die Grundsätze einer wirtschaftlichen Vermögensverwaltung betriebswirtschaftlich bestimmt. Der Entscheidende darf nicht an den Anforderungen gemessen werden, die an eine Finanzfachkraft gestellt werden.275 Ein wesentlicher Unterschied zu den mündelsicheren Anlagen wird in der größeren Freiheit der Eltern deutlich, weil betriebswirtschaftliche Prämissen die Sicherheit der Geldanlage nicht als alleiniges Kriterium betonen. Zusammengefasst strebt die wirtschaftliche Vermögensverwaltung nach dem Ideal, größtmögliche Rendite bei möglichst gleichbleibender Sicherheit zu generieren.276 Verwaltet der Betreuer ein Großvermögen, ist er zu einer Risikodiversifikation durch Streuung der Geldanlagen über verschiedene Anlageformen verpflichtet.277 Zur Konkretisierung der Handlungsmöglichkeiten des Betreuers kann auf die zu der ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses durch den Testamentsvollstrecker entwickelten Grundsätze zurückgegriffen werden. Der Letztgenannte ist nach § 2216 Abs. 1 BGB zu einer ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses ver272 OLG Schleswig, Urteil vom 16. 07. 2020 – 2 U 7/19, BeckRS 2020, 17731, Rn. 99, 111; LG Ravensburg, Urteil vom 26. 01. 2016 – 2 O 168/14, Juris, Rn. 43; Palandt/Götz, § 1811 BGB, Rn. 2: inhaltlich bereits angedeutet in: RG, Beschluss vom 03. 04. 1930 – IV B 6/ 30, RGZ 128, 309 (314). 273 BayObLG, Beschluss vom 23. 12. 1982 – 1 Z 105/82, FamRZ 1983, 528 (530). 274 OLG Saarbrücken, Urteil vom 26. 05. 2011 – 8 U 519/09, GesR 2011, 606 (608). 275 Münchener Kommentar BGB/Huber, § 1642 BGB, Rn. 6; LG Kassel, Urteil vom 16. 05. 2002 – 8 O 1391/97, FamRZ 2003, 626 (ebd.). 276 Angedeutet in: RG, Beschluss vom 03. 04. 1930 – IV B 6/30, RGZ 128, 309 (313, 315); siehe auch: OLG Köln, Beschluss vom 09. 08. 2000 – 16 Wx 93/00, NJW-RR 2001, 577 (ebd.). 277 So auch: OLG Köln, Beschluss vom 09. 08. 2000 – 16 Wx 93/00, NJW-RR 2001, 577 (578); siehe ferner: OLG Frankfurt, Beschluss vom 18. 07. 2002 – 20 W 451/01, FamRZ 2003, 59 (ebd.); OLG München, Beschluss vom 05. 06. 2009 – 33 x 124/09, FamRZ 2009, 1860 (1861); LG Lübeck, Beschluss vom 05. 05. 2015 – 7 T 157/15, NJW-RR 2015, 1485 (1486); LG Rottweil, Beschluss vom 19. 08. 2016 – 1 T 111/16, NJW 2017, 679 (680); Berger, Die Vorschriften über die Verwaltung von Mündelvermögen im Vergleich mit entsprechenden Regelungen außerhalb des Vormundschaftsrechts, 1975, S. 108.
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pflichtet.278 Dabei steht der Testamentsvollstrecker nach einer Entscheidung des BGH aus dem Jahr 1986 „ebenso frei, wie der Vormundschaftsrichter den Vormund äußerstenfalls stellen darf (§ 1811 BGB). Ihm sind deshalb nur solche Anlagen verwehrt, die nach Lage des Falles ,den Grundsätzen einer wirtschaftlichen Vermögensverwaltung zuwiderlaufen‘. Diese Grundsätze schließen die Eingehung eines kalkulierten Wagnisses nicht ohne weiteres aus“279. Im Anschluss an diese Entscheidung wurde die ordnungsgemäße Verwaltung des Nachlasses durch den Testamentsvollstrecker als Folge seines Ermessenspielraums dahingehend interpretiert, dass er auch „unternehmerische Eigeninitiative“280 zu ergreifen habe.281 Maßgeblich für eine Beurteilung der Handlungsmöglichkeiten des Betreuers ist, wodurch sich eine wirtschaftliche Vermögensanlage bei dem Testamentsvollstrecker zusammenfassend auszeichnet. Der Testamentsvollstrecker ist trotz seiner Eigenständigkeit zur Einhaltung der allgemeinen Regeln der Wirtschaftlichkeit verpflichtet.282 Steigt die mögliche Rendite einer Anlage, geht dies regelmäßig mit einem erhöhten Verlustrisiko einher. Wichtig ist aus diesem Grund, dass das Risiko insgesamt gestreut wird.283 Zudem gehört es zu einer ordnungsgemäßen Verwaltung, die berechtigten Interessen des jeweils geschützten Personenkreises zu beachten.284 Die Handlung des Testamentsvollstreckers wird daher aus ex-ante Sicht danach beurteilt, ob die Verwaltungsmaßnahme zum Erhalt des Vermögens geeignet gewesen und die konkrete Handlung ermessensfehlerfrei ausgeübt worden ist.285 Zusammenfassend zeichnet sich eine wirtschaftliche Vermögensverwaltung dadurch aus, dass eine Ausgewogenheit zwischen Vermögenserhaltung und Rentabilität herrscht, im Gegensatz zu den §§ 1806, 1807 BGB aber auch die Wirtschaftlichkeit in Form von potentieller Rendite bei der Bewertung einer Geldanlageentscheidung zu beachten ist.286 Bei größeren Vermögen wird daher die Anlage eines
278 BGH, Urteil vom 02. 10. 1957 – IV ZR 217/57, BGHZ 25, 275 (280); JurisPK-BGB/ Heilmann, § 2216 BGB, Rn. 5. 279 BGH, Urteil vom 03. 12. 1986 – IVa ZR 90/85, NJW 1987, 1070 (1071). 280 Stritter, ZErb 2017, 38 (ebd.). 281 Vgl.: Staudinger/Reimann (2016), § 2216 BGB, Rn. 12; Müller/Tolksdorf, ErbStB 2008, 284 (290); BGH, Urteil vom 03. 12. 1986 – IVa ZR 90/85, NJW 1987, 1070 (1071). 282 BGH, Urteil vom 07. 11. 1966 – III ZR 48/66, WM 1967, 25 (27). 283 Zimmermann, ZEV 2014, 76 (78). 284 Vgl. bezogen auf das Interesse einer Erbengemeinschaft an dem Werterhalt des Nachlasses: BGH, Urteil vom 11. 11. 2009 – XII ZR 210/05, BGHZ 183, 131 (140). 285 OLG Hamm, Urteil vom 24. 07. 2012 – I-10 U 85/09, ZEV 2013, 140 (145 f.); siehe ferner m. w. N.: Farkas-Richling, ZEV 2007, 310 (ebd.); Tolksdorf, ErbStB 2008, 54 (59); Zeising, Pflichten und Haftung des Testamentsvollstreckers bei der Verwaltung von Großvermögen, 2004, S. 73. Zur Anwendung der Business Judgement Rule auf den Betreuer siehe sogleich: Kapitel 2 B. V. 2. b). 286 LG Rottweil, Beschluss vom 19. 08. 2016 – 1 T 111/16, NJW 2017, 679 (ebd.); LG Lübeck, Beschluss vom 05. 05. 2015 – 7 T 157/15, NJW-RR 2015, 1485 (1486); Zimmermann, ZEV 2014, 74 (76).
B. Das betreuungsrechtliche Außenverhältnis
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Teils des Vermögens in Aktien wirtschaftlich geboten sein.287 Auch eine Anlegung durch Beteiligung an Kapitalgesellschaften ist eine Möglichkeit der andersartigen Anlegung.288 Insofern wäre es dem Betreuer im Rahmen der anderen Anlegung nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1811 Satz 1 BGB vorbehaltlich der Genehmigung durch das Betreuungsgericht nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 3 Var. 1 BGB beispielsweise möglich, weitere Anteile an einer Kapitalgesellschaft zu erwerben, an welcher der Betreute bereits beteiligt ist. Da der Betreuer jedoch die Grundregel der Risikodiversifikation zu beachten hat und das Vermögen eines Unternehmers aller Voraussicht nach größtenteils in der unternehmerischen Beteiligung beziehungsweise dem kaufmännischen Erwerbsgeschäft gebunden sein wird, kommt es für die Praktikabilität der Betreuung eines Unternehmers darauf an, ob und wann der Betreuer gezwungen ist, bereits angelegte Geldmittel zu liquidieren. Wäre der Betreuer zur Vermeidung einer potentiell entstehenden Schadensersatzpflicht nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1833 Abs. 1 Satz 1 BGB dazu gezwungen, das Unternehmen zu veräußern,289 um sodann das Geld wahlweise in mündelsichere Anlageformen zu überführen, oder mithilfe von Innengenehmigungen eine diversifizierende Vermögensanlage durchzuführen, spräche dies gegen die Geeignetheit der Betreuung als Vorsorgeinstrument für einen Unternehmer. Denn in diesem Fall würde der Unterschied zur Vorsorgevollmacht, welche eine Fortführung des Unternehmens für den Vollmachtgeber ermöglicht, an einer für den Hilfsbedürftigen entscheidenden Fragestellung deutlich. dd) Zwischenergebnis Die andere Anlage nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1811 BGB bietet dem Betreuer bezogen auf die Anlage von Geldern des Betreuten zahlreiche Handlungsmöglichkeiten, weil sich die Anlageentscheidung des Betreuers an den Grundsätzen der wirtschaftlichen Vermögensverwaltung auszurichten hat. Infolgedessen kann der Betreuer Entscheidungen davon abhängig machen, in welchem Verhältnis eine potentielle Rendite und das Verlustrisiko einer Investition zueinander stehen.
287
Sorg, BWNotZ 2010, 107 (124). Fialla/Müller/Braun, Rpfleger 2002, 389 (397); Spanl, Vermögensverwaltung durch Vormund und Betreuer, 2009, S. 165 ff. Siehe zu dem in dieser Arbeit nicht interessierenden Sonderfall der Venture-Capital-Beteiligung im Rahmen einer wirtschaftlichen Vermögensverwaltung: Zeising, Pflichten und Haftung des Testamentsvollstreckers bei der Verwaltung von Großvermögen, 2004, S. 85 ff. 289 Dazu sogleich: Kapitel 2 B. III. 288
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Kap. 2: Vermögensverwaltung durch den Betreuer eines Unternehmers
III. Pflicht des Betreuers zur Auflösung oder Veräußerung des Unternehmens 1. Anwendbarkeit der §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1806 ff. BGB auf bereits angelegtes Geld des Betreuten Der Betreuer könnte zu einer Auflösung oder Veräußerung des Unternehmens verpflichtet sein, wenn er sämtliches Vermögen des Betreuten in mündelsichere Anlageformen überführen müsste. Dafür müssten die §§ 1806 und 1807 BGB auf bereits angelegtes Geld des Betreuten anwendbar sein. Nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1806 BGB hat der Betreuer das zum Vermögen des Betreuten gehörende Geld verzinslich anzulegen, soweit es nicht zur Bestreitung von Ausgaben bereitzuhalten ist. Geld im Sinne des § 1806 BGB umfasst nach einhelliger Meinung Buchgeld sowie Bargeld.290 Eine vor der Betreuung getätigte Investition, beispielsweise in ein Unternehmen, ist nach dem allgemeinen Sprachverständnis, wonach es sich bei Geld um ein Zahlungsmittel handelt,291 kein „Geld“. Gleiches gilt für § 1807 BGB, welcher sich nur auf die anzulegenden Geldmittel bezieht.292 Eine Durchsicht der §§ 1806 ff. BGB zeigt, dass keine Aussage auf bereits gebundenes, bei Übernahme der Betreuung vom Betreuer vorgefundenes Vermögen, getroffen wird. Dieser Befund deckt sich mit den Materialien, in welchen darauf hingewiesen wird, dass der Umgang mit bereits angelegtem Geld nicht geregelt worden sei.293 Stattdessen sei es dem Vormund überlassen, so zu handeln, „wie er nach den Umständen des einzelnen Falles als guter Hausvater glaubt handeln zu müssen“294. Nur bezogen auf die „verfügbaren Gelder“ soll dem Vormund offen stehen, diese „in anderer Art, als durch zinsbare Anlegung, nutzbar zu machen, sei es durch Ankauf von Grundstücken oder durch Anlegung der Gelder in einem Handelsgewerbe oder in einem anderen gewerblichen Betriebe u. dergl.“295. Folglich ist der Betreuer nicht gezwungen, eine vor Anordnung der Betreuung getätigte, risikobehaftete Anlage des Betreuten aufzulösen und in vermeintlich mündelsichere Anlageformen zu überführen.296 Die Vorschriften über die Vermö290 BeckOK BGB/Bettin, § 1806 BGB, Rn. 2; Münchener Kommentar BGB/Kroll-Ludwigs, § 1806 BGB, Rn. 4; BeckOGK/Fröschle, § 1806 BGB, Rn. 7; Münchener Kommentar BGB/Kroll-Ludwigs, § 1806 BGB, Rn. 6; Spanl, Vermögensverwaltung durch Vormund und Betreuer, 2009, S. 159. 291 Scholze-Stubenrecht/Pescheck, Duden, Eintrag zu „Geld“. 292 Klotz, Die rechtstatsächliche und rechtspolitische Bedeutung der Vorschriften über die Anlage von Mündelgeld, 1965, S. 33. 293 Mugdan, Band 4, S. 592; so auch: KG, Beschluß vom 20. 05. 1968 – 1 W 1274/68, NJW 1968, 1836 (ebd.); OLG Schleswig, Urteil vom 16. 07. 2020 – 2 U 7/19, BeckRS 2020, 17731, Rn. 97. 294 Mugdan, Band 4, S. 592. 295 Mugdan, Band 4, S. 589. 296 RG, Urteil vom 29. 09. 1932 – IV 131/32, RGZ 137, 320 (323); NK-BGB/Fritsche, § 1806 BGB, Rn. 3; Staudinger/Veit (2014), § 1806 BGB, Rn. 9; Wolf, Die Haftung des Ein-
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gensverwaltung zwingen den Betreuer folglich nicht zur Auflösung oder Veräußerung des Unternehmens. 2. Möglichkeit der genehmigungsfreien Fortführung des Unternehmens Der Betreuer könnte für die Fortführung des Unternehmens der Genehmigung des Betreuungsgerichts benötigen. Dagegen spricht, dass die bezogen auf ein Erwerbsgeschäft in §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 3 Var. 2, 1823 Alt. 2 BGB nur die Veräußerung und die Auflösung eines Erwerbsgeschäfts unter den Genehmigungsvorbehalt des Betreuungsgerichts gestellt werden.297 Die Fortführung eines Erwerbsgeschäfts wird nicht erwähnt und ist damit genehmigungsfrei.298 Das Betreuungsgericht muss in den Fällen der §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 3 Var. 2, 1823 Alt. 2 BGB erst eingeschaltet werden, wenn der Betreuer den bei Betreuungsbeginn vorgefundenen Status quo verändern möchte. In den Protokollen wird erklärend angeführt, dass „die Fortführung eines bestehenden Erwerbsgeschäftes, mag dasselbe bereits beim Beginne der elterlichen Gewalt zum Vermögen des Kindes gehören oder dem Kinde später durch Erbfolge, Vermächtnis oder Schenkung angefallen sein, […] nicht außerhalb der gewöhnlichen Verwaltung [liegt], vielmehr besteht die Sorge für die Erhaltung des Vermögens hier gerade in der Fortführung des Erwerbsgeschäftes“299. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass der Betreuer das Erwerbsgeschäft auflöst oder veräußert, um seinen Arbeitsumfang und seine Haftungsrisiken zu minimieren.300 Grund für das divergierende Überwachungsniveau des Betreuungsgerichts ist, dass mit der Auflösung eines Erwerbsgeschäfts regelmäßig erhebliche wirtschaftliche Einbußen für den Vertretenen einhergehen.301 Dass nur Änderungen im Umgang mit einem Erwerbsgeschäft, wie die Auflösung oder ein neu zu schließender Gesellschaftsvertrag von einer ein Erwerbsgeschäft betreibenden Gesellschaft, genehmigungspflichtig sind, zeigt, dass der Betreuer ein Unterzelvormunds mit Berücksichtigung der Pfleger- und Betreuerhaftung, 1997, S. 51; vgl. bezogen auf Aktien deutlich auch: Oberloskamp/Band, Vormundschaft, 2010, § 9, Rn. 272. Entsprechend auch die aktuellere Rechtsprechung: OLG Schleswig, Urteil vom 16. 07. 2020 – 2 U 7/19, BeckRS 2020, 17731, Rn. 96; und für den Nachlasspfleger: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21. 02. 2019 – I-3 Wx 8/19, NJW-RR 2019, 714 (715), OLG Braunschweig, Beschl. v. 20. 04. 2020 – 3 W 37/20, ZEV 2020, 353 (354). 297 Nicht von Belang ist für diese Auslegung, dass die Willenserklärung des Betreuers, die auf die Veräußerung des Erwerbsgeschäfts nach § 1822 Nr. 3 Var. 2 BGB gerichtet ist, erst durch die Mitteilung der Genehmigung des Betreuungsgerichts an den Vertragspartner wirksam wird, während § 1823 BGB lediglich eine potentiell schadensersatzbewehrte Innengenehmigung darstellt, sodass die Willenserklärung des Betreuers mit Abgabe wirksam wird. 298 Brox, FS Bosch, 75 (82); Spanl, Vermögensverwaltung durch Vormund und Betreuer, 2009, S. 302. 299 Mot. IV, S. 769. 300 BeckOGK/Schöpflin, § 1823 BGB, Rn. 2; Jürgens BtR/von Crailsheim, § 1822 BGB, Rn. 16. 301 Staudinger/Veit (2014), § 1823 BGB, Rn. 2.
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Kap. 2: Vermögensverwaltung durch den Betreuer eines Unternehmers
nehmen genehmigungsfrei fortführen kann. Der Betreuer kann das Unternehmen ohne Rücksprache mit dem Betreuungsgericht fortführen. 3. Pflicht zur Auflösung oder Veräußerung des Unternehmens bei drohender Verlustgefahr entsprechend dem Wohl des Betreuten nach § 1901 Abs. 2 BGB Der Betreuer könnte zu einer Auflösung oder Veräußerung des Unternehmens gezwungen sein, um die Betreuung dem Wohl des Betreuten nach § 1901 Abs. 2 Satz 1 BGB entsprechend zu führen.302 Das Substantiv „Wohl“ im Sinne des § 1901 Abs. 2 Satz 1 BGB wird objektiv personalisiert für den jeweiligen Einzelfall bestimmt.303 Im Falle eines drohenden, erheblichen Verlustes oder einer Gefährdung des Betreuten steht ein Handeln des Betreuers mit dem Betreutenwohl auch im Einklang, wenn es den subjektiven, (selbst-)gefährdenden Vorstellungen des Betreuten zuwiderläuft.304 Gehört zum Vermögen des Betreuten ein Unternehmen, hat der Betreuer zunächst festzustellen, wie groß das potentielle Verlustrisiko ist und inwieweit eine persönliche Verpflichtung des Betreuten über das bereits eingesetzte Kapital hinaus droht. Bei einem Einzelkaufmann kommt grundsätzlich eine Haftung des Betreuten mit dem gesamten Privatvermögen in Betracht. Sofern der Betreute Komplementär einer Kommanditgesellschaft ist, haftet er akzessorisch für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft nach §§ 128 Satz 1, 161 Abs. 2 HGB und damit ebenso unbegrenzt. Bei einem Kommanditisten ist unter anderem das Wiederaufleben der Haftung nach § 172 Abs. 4 HGB zu beachten. Wenn der Betreute Gesellschafter einer GmbH ist, ist die Haftung der Gesellschafter nach Eintragung in das Handelsregister gemäß § 13 Abs. 2 GmbHG auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt. Allerdings begründen die Einlagenhaftung nach § 16 Abs. 2 GmbHG, die Ausfallhaftung gemäß §§ 24, 25 GmbHG oder die Kapitalerhaltungshaftung nach
302 RG, Urteil vom 29. 09. 1932 – IV 131/32, RGZ 137, 320 (323); Erman/Schulte-Bunert, § 1806 BGB, Rn. 4; JurisPK-BGB/Lafontaine, § 1806 BGB, Rn. 15. Ob im Rahmen der Vormundschaft gemäß § 1793 Abs. 1 BGB ein anderes Verhalten zwingend geboten ist und der Vormund eine gegen die §§ 1804 ff. BGB verstoßende Vermögensanlage bei Amtsantritt direkt in eine mündelsichere Anlage überführen muss, wie dies Münchener Kommentar BGB/ Spickhoff, § 1793 BGB, Rn. 20 fordert, ist für die Betreuung unerheblich. Allerdings sei der Hinweis gestattet, dass mit dieser Argumentation dem Einlassungsgeschick des Vormundes Tür und Tor geöffnet wird, sodass der Vormund jede aufgrund der Komplexität und des Arbeitsumfanges unangenehme Vermögensposition abstoßen könnte. Ob ein derartiges Verhalten dem Mündelwohl entspricht, mag mit guten Argumenten bezweifelt werden. Die Argumentation Spickhoffs gründet auf der später zu erörternden Prämisse, dass die Führung einer Vormundschaft, welche unter anderem die Verwaltung eines Erwerbsgeschäftes mit sich bringt, dem Vormund nicht zuzumuten sei. Vgl. differenzierend bereits an dieser Stelle: Oberloskamp/ Band, Vormundschaft, 2010, § 9, Rn. 293. Siehe zu der Zumutbarkeit der Führung der Betreuung bei einem betreuten Unternehmer: Kapitel 5 B. 303 Siehe oben: Kapitel 2 A. II. 1. c). 304 Siehe oben: Kapitel 2 A. II. 1. c).
B. Das betreuungsrechtliche Außenverhältnis
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§§ 30, 31 Abs. 3 GmbHG persönliche Haftungsrisiken des Betreuten.305 Abhängig von der jeweiligen Gesellschaftsform divergiert daher das Risiko einer (unbegrenzten) persönlichen Haftung des Betreuten. Befindet sich das Unternehmen in einem schlechten wirtschaftlichen Zustand und ist eine persönliche Haftung des Betreuers denkbar, liegt eine absehbare Verlustgefahr für das Vermögen des Betreuten vor. Im Falle einer absehbaren Verlustgefahr wird es dem Wohl des Betreuten widersprechen und folglich eine Pflichtverletzung des Betreuers durch Unterlassen darstellen, die vorgefundene Anlage in Form einer unternehmerischen Beteiligung nicht aufzulösen.306 Absehbar ist die Verlustgefahr, wenn aufgrund konkreter und objektivierbarer Anhaltspunkte die Gefahr besteht, dass der Betreute einen erheblichen Teil des investierten Geldes einbüßt.307 Darüber hinaus kommt es darauf an, ob eine derartige Einbuße das Vermögen des Betreuten insgesamt zu gefährden imstande ist. Neben den Rücksprachepflichten des § 1901 Abs. 3 Satz 3 BGB kann der Betreuer zur Bestimmung des Wohls des Betreuten im Sinne des § 1901 Abs. 2 BGB auf die Regeln einer wirtschaftlichen Vermögensanlage zurückgreifen.308 Es sind sowohl die potentielle Rendite als auch das Verlustrisiko in die Bewertung einzustellen. Dabei hat der Betreuer zu beachten, dass zu einer an das Wohl des Betreuten angepassten Betreuung auch gehören kann, dass das Vermögen des Betreuten zu seinen Gunsten verbraucht wird.309 Auch wenn die wirtschaftliche Vermögensverwaltung einen Betreuer grundsätzlich zu einer Risikodiversifikation anhält, kann es ex ante geboten sein, ein wirtschaftlich gesundes Unternehmen, beziehungsweise einen Anteil daran zu behalten. Wenn der Betreuer bei einer Beurteilung der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens zu dem Ergebnis kommt,310 dass dem Betreuten bei Beibehaltung des Status quo ein nachhaltiger monetärer Verlust droht, kann eine Fortführung des Unternehmens dem Wohl des Betreuten widersprechen. Das ermittelte Ergebnis passt zur dogmatischen Struktur der rechtlichen Betreuung. Den Betreuer trifft als Treuhänder des Betreuten die Pflicht, fremdnützig im Sinne des Betreuten zu handeln. Die Liquidation, Kündigung oder sonstige Lösung des betreuten Unternehmers von dem Unternehmen wird in aller Regel nicht dem 305 Vgl. jeweils m. w. N.: Bürger, RNotZ 2006, 156 (162); Pauli, ZErb 2016, 131 (135); Jänig/Schiemzik, NWB 2016, 1897 (1901). 306 RG, Urteil vom 29. 09. 1932 – IV 131/32, RGZ 137, 320 (323); KG, Beschluss vom 20. 05. 1968 – 1 W 1274/68, NJW 1968, 1836 (ebd.); Spanl, Vermögensverwaltung durch Vormund und Betreuer, 2009, S. 160. 307 Angelehnt ist diese Definition an eine Formulierung zur Unterbringung nach § 1906 BGB, vgl. insoweit: BGH, Beschluss vom 25. 03. 2015 – XII ZA 12/15, NJW-RR 2015, 770 (771). 308 Vgl. bezogen auf den Nachlasspfleger: Schulz/Schmitz, ZEV 2015, 80 (83). 309 Siehe zur Pflegschaft: BGH, Urteil vom 22. 02. 1967 – IV ZR 279/65, MDR 1967, 473 (ebd.). 310 Vgl. zu der Frage, ob der Betreuer die Rechte des Gesellschafters wie Informationsrechte des Betreuten aus § 118 Abs. 1 HGB, § 716 Abs. 1 BGB oder § 51a Abs. 1 GmbHG gegen eine Gesellschaft geltend machen kann: Kapitel 3 A. II. 6.
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Kap. 2: Vermögensverwaltung durch den Betreuer eines Unternehmers
Betreuteninteresse entsprechen. Denn einerseits hat der (Mitarbeiter-)Gesellschafter oder, offensichtlicher, der Einzelkaufmann seine Inhaberstellung nur aufgrund persönlichen Engagements erreicht und will sein Lebenswerk nicht überstürzt aufgegeben wissen. Andererseits birgt eine (zu) rasche Lösung von dem Betrieb die Gefahr, dass eventuelle Nachkommen um die Gelegenheit gebracht werden, an dem familiären Betrieb zu partizipieren. Weiterhin stellt der Betrieb potentiell einen, wenn nicht den größten, Teil der privaten Altersvorsorge dar. Dieses Interessengeflecht hat der Betreuer als Treuhänder fremdnützig seinen Entscheidungen zugrunde zu legen. Als Treuhänder trifft den Betreuer im betreuungsrechtlichen Innenverhältnis ferner die bereits angesprochene Pflicht, den Weisungen oder weisungsähnlichen Wünschen des Betreuten gemäß §§ 675 Abs. 1, 665 BGB entsprechend zu handeln.311 Insbesondere im Falle der Bewusstlosigkeit des Betreuten kommt der schuldrechtlichen Grundnorm des Treuhandrechts, § 675 BGB, welche die Rechtsmachtsübertragung auf den gesetzlichen Treuhänder regelt,312 besondere Bedeutung zu. § 675 Abs. 1 BGB hat zum Inhalt, dass der Treuhänder die Interessen des Treugebers wahrnimmt.313 Daher muss der Betreuer auch infolge von § 675 Abs. 1 BGB die Interessen des Betreuten wahren. Bei der Bestimmung der Interessen des Betreuten hat der Betreuer die Grundrechte des Betreuten zu achten und sein Handeln möglichst minimalinvasiv zu gestalten. Unabhängig von der Frage, ob eine unternehmerische Beteiligung dem Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG oder des Art. 2 Abs. 1 GG unterfällt, wird die Wahrung des jeweiligen Bestandes und der damit einhergehende Schutz des Lebenswerks des betreuten Unternehmers dem Abwehrcharakter der Grundrechte (status negativus) gerecht. Daher wird eine Bestandswahrung grundsätzlich den Interessen des Treugebers entsprechen. Auch wenn der konkrete Umgang mit dem Unternehmen eine Frage des Einzelfalls ist, gilt zusammenfassend für alle Arten unternehmerischer Tätigkeit: Je schlechter sich die wirtschaftliche Situation des Unternehmens darstellt und je größer die Wahrscheinlichkeit ist, dass der Betreute persönlich für Unternehmensverbindlichkeiten einzustehen hat, desto eher muss der Betreuer die unternehmerische Beteiligung veräußern, beziehungsweise sich von der Beteiligung an einer Gesellschaft lösen.314 Gleichwohl erlaubt § 1901 Abs. 2 BGB im Zusammenspiel mit den Wertungen von §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1811 BGB dem Betreuer eine relativ freie, ungebundene Entscheidungsfindung mit dem zum Teil unternehmerisch gebundenen 311
Siehe oben: Kapitel 2 A. II. 1. Löhnig, Treuhand, 2006, S. 135. 313 Löhnig, Treuhand, 2006, S. 136 ff.; Kumpan, Der Interessenkonflikt im deutschen Privatrecht, 2014, S. 103 ff.; Hopt, ZGR 2004, 1 (2). 314 Während der Anteil eines Gesellschafters an einer Kommanditgesellschaft nach §§ 132, 161 Abs. 2 HGB gekündigt werden kann, existiert im GmbHG kein Recht zur Kündigung der Mitgliedschaft beziehungsweise zum Austritt aus der Gesellschaft. Auch wenn gesellschaftsvertraglich kein Kündigungsrecht eingeräumt ist, wird ein Austrittsrecht anerkannt, sofern die weitere Mitgliedschaft unzumutbar ist. Ausgetreten ist der Gesellschafter erst bei dinglich wirksamer Abtretung des Anteils nach § 15 Abs. 3 GmbHG oder bei Einziehung des Geschäftsanteils nach § 34 GmbHG, vgl. m. w. N.: Schwab, DStR 2012, 707 (ebd.). 312
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Vermögen des Betreuten. Damit kann die Vermögensanlage an den Entscheidungen ausgerichtet werden, die der Betroffene vor der Anordnung der Betreuung getroffen hat. 4. Zwischenergebnis Die Regelungen der §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1806 ff. BGB zwingen den Betreuer nicht zur Auflösung oder Veräußerung des Unternehmens, da sie nur den Umgang mit Buch- und Bargeld betreffen. Der Betreuer kann das Unternehmen genehmigungsfrei fortführen, da die auf ein Erwerbsgeschäft zugeschnittenen Genehmigungstatbestände der §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 3 Var. 2, 1823 Alt. 2 BGB die Fortführung eines Unternehmens nicht an eine betreuungsgerichtliche Genehmigung knüpfen. Ob der Betreuer das Unternehmen auflösen oder veräußern muss, ist eine Frage des Einzelfalls. Der Betreuer muss den wirtschaftlichen Zustand des Unternehmens und die Möglichkeit einer persönlichen Haftung des Betreuten abwägen. Da er nach § 1901 Abs. 2 Satz 1 BGB die Betreuung dem Wohl des Betreuten entsprechend zu führen hat und das Wohl objektiv personalisiert zu bestimmen ist, kann es auch dem Wohl des Betreuten entsprechen, entgegen dessen selbstschädigender Vorstellungen zu handeln. Befindet sich das Unternehmen in einem schlechten wirtschaftlichen Zustand und erscheint eine persönliche Haftung des Betreuers denkbar, liegt eine absehbare Verlustgefahr für das Vermögen des Betreuten vor. Bei absehbarer Verlustgefahr wird es dem Wohl des Betreuten widersprechen und folglich eine Pflichtverletzung des Betreuers durch Unterlassen darstellen, die vorgefundene Anlage in Form einer unternehmerischen Beteiligung nicht aufzulösen. Absehbar ist die Verlustgefahr, wenn aufgrund konkreter und objektivierbarer Anhaltspunkte die Gefahr besteht, dass der Betreute einen erheblichen Teil des investierten Geldes einbüßt. Das Einschreiten des Betreuers bei absehbarer Verlustgefahr passt zu der treuhänderischen Struktur der Betreuung, die von der staatlichen Fürsorge für den Betroffenen und dem damit einhergehenden Schutz vor Selbstschädigungen einerseits bei gleichzeitiger Ausrichtung an den Wünschen des Betroffenen andererseits geprägt ist.
IV. Sonderkonstellation: Handlungsmöglichkeit des Betreuers in Form der Ausstattung bei Familienunternehmen nach §§ 1908, 1624 BGB Wenn es sich bei dem Betreuten um einen älteren Menschen handelt, dessen Interessen auf eine Unternehmensfortführung in der Familie gerichtet sind, könnte das Versprechen oder die Gewährung einer Ausstattung nach § 1908 BGB eine Handlungsmöglichkeit für den Betreuer darstellen. Aufgrund des demografischen Wandels und des Ausbleibens eines, wirtschaftliche Existenzen bedrohenden, Krieges in den letzten siebzig Jahren sind ältere Menschen Eigentümer von erheb-
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Kap. 2: Vermögensverwaltung durch den Betreuer eines Unternehmers
lichem Vermögen.315 Vor dem Hintergrund der in Deutschland momentan zu beobachtenden lebzeitigen Nachfolgeplanung, die darauf abzielt, das gesammelte Geld möglichst steueroptimierend auf Nachfolgegenerationen zu übertragen, könnte die über § 1908 BGB ermöglichte Ausstattung ein Gestaltungsmittel für den Betreuer bei Familienunternehmen darstellen. Gemäß § 1908 BGB bedarf der Betreuer zum Versprechen oder Gewähren einer Ausstattung aus dem Vermögen des Betreuten der Genehmigung des Betreuungsgerichts. Da die Wirksamkeit der Willenserklärung des Betreuers für ihre Wirksamkeit der Genehmigung des Betreuungsgerichts bedarf, liegt zum Schutz des Betreuten eine Außengenehmigung nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1828 Abs. 1 BGB vor.316 Eine Ausstattung bezeichnet nach § 1624 Abs. 1 Hs. 1 BGB das, was einem Kind mit Rücksicht auf die Erlangung einer selbständigen Lebensstellung, zur Begründung oder zur Erhaltung der Wirtschaft oder der Lebensstellung von dem Vater oder der Mutter zugewendet wird. Tatbestandlich muss die Ausstattung angemessen sein; ein die Angemessenheit übertreffender Teil richtet sich nach dem Schenkungsrecht.317 Die Ausstattung kann interessengerecht sein, wenn sich in dem Unternehmen ein Generationenwechsel ankündigt und der Betreute bereits mit ihm verwandte Nachfolger, eigene Kinder, in das Unternehmen integriert hat. Dann könnte der Betreuer Vermögenswerte in Form einer Ausstattung an diese übertragen, ohne dabei mit dem Schenkungsverbot gemäß §§ 1908i Abs. 2, 1804 Satz 1 BGB318 zu konfligieren, wonach Schenkungen dem Grunde nach untersagt sind.319 Die Unentgeltlichkeit stellt einen Unterschied zu der nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 3 BGB möglichen entgeltlichen Übertragung eines Anteils dar. Weiter ermöglicht die Ausstattung beispielsweise auch die Einräumung von Teilinhaberschaften für einen Nachkömmling.320 Die Ausstattung kann dabei helfen, eine eventuell ohnehin anstehende lebzeitige Vermögensübertragung, die eventuell auch aus schenkungsteuerrechtlichen Gesichtspunkten vorgenommen werden sollte, zu gestalten.321 Insgesamt stellt die Ausstattung ein Instrument dar, mit dem eine an die Interessen des Betreuten angepasste Verwaltung des Vermögens unter Beachtung eventueller Weisungen des Betreuten im Sinne des § 665 BGB möglich sein kann.
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SZ, Ausgabe vom 06. Juli 2017, Titelseite unten. Münchener Kommentar BGB/Schwab, § 1908 BGB, Rn. 9; JurisPK-BGB/Jaschinski, § 1908 BGB, Rn. 1. 317 Siehe zur Angemessenheit der Ausstattung m. w. N.: BeckOGK/Kienemund, § 1624 BGB, Rn. 11 ff. Aufgrund der tatbestandlichen Unvorhersehbarkeit stellt Jocher, notar 2014, 3 (9) knapp fest, dass „die Ausstattung durch den Betreuer keine Alternative“ sei. 318 OLG Stuttgart, Beschluss vom 30. 06. 2004 – 8 W 495/03, MittBayNot 2005, 229 (230). 319 Jakob, AcP 207 (2007), 198 (213 f.). 320 Everts, MittBayNot 2011, 107 (109). 321 Jakob, AcP 207 (2007), 198 (215). Der praktische Nutzen bei „Hof- oder Geschäftsübergaben“ veranlasste auch den Gesetzgeber, die Ausstattung, die bereits vor der Einführung des Rechtsinstitutes der Betreuung im § 1902 Abs. 1 BGB a. F. existiert hatte, in das moderne Betreuungsrecht zu übertragen, vgl.: BT-Drs 11/4528, S. 211. 316
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V. Haftung des Betreuers nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1833 Abs. 1 Satz 1 BGB 1. Voraussetzungen einer Haftung des Betreuers Der Betreuer haftet dem Betreuten nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1833 Abs. 1 BGB für den aus einer Pflichtverletzung entstehenden Schaden. Die Möglichkeit einer Inanspruchnahme soll, ergänzt durch die Aufsicht durch das Betreuungsgericht gemäß §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1837 Abs. 2, 3 BGB, sicherstellen, dass der Betreuer im Sinne des Betreuten handelt.322 Jede Handlung und jedes Unterlassen, sei es rechtsgeschäftlich oder ein Realakt, kann eine Pflichtverletzung im Sinne des § 1833 Abs. 1 Satz 1 BGB darstellen, sofern gegen „das Gebot treuer und gewissenhafter Amtsführung“323 verstoßen wird.324 Gegen das Gebot treuer und gewissenhafter Amtsführung, welche dem Wortlaut des § 1789 BGB entlehnt ist,325 verstößt der Betreuer im Rahmen der Vermögenssorge, sobald er die Interessen des Betreuten nicht konsequent verfolgt.326 Der Betreuer verfolgt die Interessen des Betreuten nicht konsequent, wenn er die subjektiven Vorstellungen des Betroffenen nicht durch Rückfragen oder sonstige Nachforschungen individuell zu ergründen versucht und dadurch Entscheidungen trifft, die den Vorstellungen des Betreuten widersprechen.327 Eine auf die Bedürfnisse des Betreuten angepasste Bestimmung der Pflichtverletzung ergibt sich neben den einfachgesetzlichen Vorschriften des Betreuungsrechts wie § 1901 BGB sowohl aus der grundrechtlichen Intensität der Handlungen des Betreuers als auch aus der treuhänderischen Stellung. Eine Haftung des Betreuers kommt beispielsweise in Betracht, wenn er bei der Bewertung von Vermögensgegenständen einem Wertgutachten vertraut, ohne es kritisch zu hinterfragen.328 Auch wenn der Betreuer eine Genehmigung des Betreuungsgerichts eingeholt hat, kann das vom Betreuungsgericht genehmigte Handeln Anknüpfungspunkt für eine Haftung sein.329 Der Betreuer haftet bei Vorsatz oder Fahrlässigkeit.330 322
Mot. IV, S. 1177. BGH, Urteil vom 03. 11. 2004 – XII ZR 332/01, FamRZ 2005, 358 (359). 324 OLG Saarbrücken, Urteil vom 13. 12. 2011 – 4 U 456/10 – 139, FamRZ 2012, 801 (802); Münchener Kommentar BGB/Kroll-Ludwigs, § 1833 BGB, Rn. 3; Schreiber, AcP 178 (1978), 535 (ebd.). 325 Staudinger/Veit (2014), § 1833 BGB, Rn. 12. 326 BGH, Urteil vom 03. 11. 2004 – XII ZR 332/01, FamRZ 2005, 358 (359); Erman/ Schulte-Bunert, § 1833 BGB, Rn. 5; Jürgens BtR/von Crailsheim, § 1833 BGB, Rn. 7. 327 So auch: Wolf, Die Haftung des Einzelvormunds mit Berücksichtigung der Pfleger- und Betreuerhaftung, 1997, S. 50. Die Missachtung der Vorstellungen des Betreuten führt bereits aufgrund der dogmatischen Struktur der Treuhand zu einem Schadensersatzanspruch, siehe dazu: Kapitel 2 B. V. 328 BGH, Urteil vom 05. 05. 1983 – III ZR 57/82, FamRZ 1983, 1220 (ebd.). 329 BGH, Urteil vom 15. 01. 1964 – IV ZR 106/63, FamRZ 1964, 199 (200). Siehe vertiefend bezogen auf eine mögliche persönliche Haftung des Betreuers bei einem Handeln entgegen der gesellschafterlichen Treuepflicht: Kapitel 3 A. IV. 3. 323
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Kap. 2: Vermögensverwaltung durch den Betreuer eines Unternehmers
Der Sorgfaltsmaßstab wird danach bestimmt, was in dem Lebenskreis, dem der Betreuer angehört, gezeigt und erwartet werden kann.331 Der Umfang des Schadens bemisst sich nach den §§ 249 ff. BGB. Die Verjährung des Anspruchs auf Schadensersatz aus §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1833 Abs. 1 Satz 1 BGB ist während der Dauer des Betreuungsverhältnisses nach § 207 Abs. 1 Nr. 4 BGB gehemmt. Der Betreuer kann den Schadensersatzanspruch gegen sich selbst nicht selbst stellvertretend für den Betreuer durchsetzen, da dann Parteiidentität nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1795, 181 BGB vorläge. Daher ist für die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruches während der Betreuung gemäß § 1899 Abs. 4 BGB ein Ergänzungsbetreuer für die Verfolgung und Geltendmachung des Schadensersatzanspruches zu bestellen.332 2. Geltung der Business Judgment Rule im Rahmen der Haftung des Betreuers nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1833 Abs. 1 Satz 1 BGB a) Grundzüge der in § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG kodifizierten Business Judgment Rule Der Betreuer eines Unternehmers muss bei einer anderen Anlegung nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1811 BGB mitunter unternehmerische Entscheidungen treffen. Dabei kommt ihm ein Ermessen zu.333 Fraglich ist, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Ermessensentscheidung des Betreuers eine gerichtlich überprüfbare Pflichtverletzung darstellen kann. Von Interesse für die Praktikabilität der Betreuung ist in diesem Zusammenhang insbesondere, ob der Betreuer sich auf die Business Judgment Rule analog § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG berufen kann. Sofern komplexe, unternehmerische Entscheidungen getroffen werden, sind deren wirtschaftliche Auswirkungen regelmäßig mit einem Prognoserisiko behaftet. Für den Vorstand als Leitungsorgan der Aktiengesellschaft ist durch das UMAG334 in § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG die Business Judgment Rule kodifiziert worden, um zu verhindern, dass Organmitglieder einer Erfolgshaftung unterliegen.335 Gleichzeitig soll ein unternehmerischer Handlungsspielraum nicht nur eröffnet, sondern auch gefördert werden, da risikoaverses Verhalten nicht nur dem Einzelunternehmen, sondern der gesamten Volkswirtschaft schadet.336 Die unter anderem in § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG kodifizierte Business 330 Zu der Frage, ob die Haftungsprivilegierung des § 277 BGB bei Familienangehörigen als Betreuern eingreift, indem § 1359 BGB beziehungsweise § 1664 BGB analog zur Anwendung gelangen, siehe: Brauer/Lipp, MedR 2016, 231 (234). 331 Staudinger/Veit (2014), § 1833 BGB, Rn. 13 m. w. N. 332 Spanl, Rpfleger 1992, 142 (143). 333 Siehe oben: Kapitel 1 A. I. 2. 334 Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts vom 22. 09. 2005, BGBl. I Nr. 60, S. 2802. 335 BR-Drs 3/05, S. 18 f.; Wallisch, Unternehmerische Entscheidungen der Hauptversammlung, 2014, S. 70; Meier/Wick, WM 2017, 1338 (1344). 336 Lohse, Unternehmerisches Ermessen, 2005, S. 37.
B. Das betreuungsrechtliche Außenverhältnis
117
Judgment Rule bezweckt, dass sich der Entscheidungsträger bei Ermessensentscheidungen in einen, bezogen auf eine persönliche Haftung, „sicheren Hafen“337 zurückziehen kann und ausgeübtes unternehmerisches Ermessen der richterlichen Kontrolle entzogen ist.338 Infolgedessen kann der Vorstand nach hinreichender Information bei unternehmerischen Entscheidungen Risiken eingehen. Dem Vorstand wird ein Beurteilungsspielraum zugestanden. Ex post kommt es nur auf Entscheidungsfindung, nicht die getroffene Entscheidung selbst, an.339 Tatbestandlich liegt gemäß § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG eine Pflichtverletzung nicht vor, wenn das Vorstandsmitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Informationen zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. Eine unternehmerische Entscheidung im Sinne des § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG zeichnet sich dadurch aus, dass der Entscheidungsfindung unternehmerische Zweckmäßigkeitserwägungen mit prognostischem Charakter zugrunde liegen.340 Zum Wohle der Gesellschaft handelt der Vorstand, der den Bestand und die Wettbewerbsfähigkeit der Gesellschaft beachtet.341 Eine angemessene Informationsdichte liegt vor, wenn die notwendigen Informationen zusammengetragen sind, wobei nicht alle nur erdenklichen Informationen gesammelt werden müssen.342 Ergänzend wird aufgrund der Entlehnung der in § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG kodifizierten Business Judgment Rule aus dem angelsächsischen Rechtskreis überwiegend gefordert, dass sich das entscheidende Vorstandsmitglied in keinem Interessenkonflikt befunden haben darf.343 Keinen eigenen Anwendungsbereich hat die teilweise geforderte Gutgläubigkeit als Voraussetzung im Sinne des § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG, wonach der Vorstand im Zeitpunkt seines Handelns von der Richtigkeit desselben überzeugt sein müsse, da ein abweichendes Verhalten
337 Bartsch, Der (unternehmens-)verwaltende Testamentsvollstrecker und seine Haftung, 2010, S. 190, 193; Münchener Kommentar AktG/Spindler (5. Auflage 2019), § 93 AktG, Rn. 43; Scholl, Vorstandshaftung und Vorstandsermessen, 2015, S. 156. Siehe zu dem kognitionspsychologischen Hintergrund des „Hindsight-Bias-Effekts“, nach welchem Menschen in der Retrospektive dazu neigen, zu glauben, manche Dinge bereits vorher gewusst zu haben, auch: Bunz, Der Schutz unternehmerischer Entscheidungen durch das Geschäftsleiterermessen, 2011, S. 32; Schneider, DB 2005, 707 (708); Fleischer, FS Wiedemann, 827 (832). 338 Angedeutet bereits in „Kali und Salz“: BGH, Urteil vom 13. 03. 1978 – II ZR 142/76, BGHZ 71, 40 (49 f.); deutlich in „ARAG/Garmenbeck“: BGH, Urteil vom 21. 04. 1997 – II ZR 175/95, BGHZ 135, 244 (253). 339 Wallisch, Unternehmerische Entscheidungen der Hauptversammlung, 2014, S. 61. 340 Lutter, ZIP 2007, 841 (843); Henssler/Strohn/Dauner-Lieb, § 93 AktG, Rn. 21. 341 Koch, ZGR 2006, 769 (790). 342 Hüffer/Koch/Koch, § 93 AktG, Rn. 20. Indes kann es im Einzelfall notwendig und damit angemessen sein, alle verfügbaren Informationen abzurufen, vgl. bezogen auf § 43 GmbHG: BGH, Beschluss vom 14. 07. 2008 – II ZR 202/07, NJW 2008, 3361 (3362). 343 BT-Drs 15/5092, S. 11; Bunz, Der Schutz unternehmerischer Entscheidungen durch das Geschäftsleiterermessen, 2011, S. 125 ff.; Lutter, ZIP 2007, 841 (844). Differenzierend: Schmidt/Lutter/Krieger/Sailer-Coceani, § 93 AktG, Rn. 19.
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Kap. 2: Vermögensverwaltung durch den Betreuer eines Unternehmers
bereits die vorherigen Prüfungspunkte nicht erfüllt.344 Damit liegt keine Pflichtverletzung vor, wenn der Vorstand eine unternehmerische Entscheidung auf angemessener Informationsgrundlage zum Wohl der Gesellschaft trifft und dabei frei von Interessenkonflikten ist. b) Analoge Anwendbarkeit der in § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG kodifizierten Business Judgment Rule auf den Betreuer Der Betreuer tritt als Treuhänder des Betreuten auf.345 Aufgrund der parallelen Grundstruktur zu Vorstandsmitgliedern oder Geschäftsführern, welche die Geschäfte treuhänderisch oder zumindest treuhandähnlich für die Körperschaft führen,346 könnte § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG analog auf die Entscheidungen des Betreuers angewendet werden. aa) Keine Anwendung im Bereich der mündelsicheren Anlegung §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1806, 1807 Abs. 1 BGB Bevor auf die Analogievoraussetzungen im Einzelnen eingegangen wird, ist zwischen der mündelsicheren und der anderen Anlegung nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1811 BGB zu unterscheiden. Sowohl die mit der in § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG kodifizierten Business Judgment Rule verfolgten Zwecke als auch die tatbestandlichen Voraussetzungen gründen auf einer Ermessensentscheidung des Vorstandsmitgliedes. Dem Betreuer, der eine Geldanlage angepasst an die Voraussetzungen der §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1806, 1807 Abs. 1 BGB vornimmt, verbleiben wenig Handlungsspielräume.347 Die mündelsichere Anlegung zielt auf einen exakt vorhersehbaren Ertrag ab und stellt das Gegenteil zu einer unternehmerischen Entscheidung dar. Damit scheidet eine analoge Anwendung des § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG auf den im Rahmen der mündelsicheren Anlage handelnden Betreuer bereits aufgrund der fehlenden vergleichbaren Interessenlage aus. bb) Analoge Anwendbarkeit des § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG bei der anderen Anlegung nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1811 BGB und anderen unternehmerischen Entscheidungen des Betreuers Anders stellt sich die Situation bei einer anderen Anlegung nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1811 BGB und bei anderen unternehmerischen Entscheidungen des Betreuers dar. Bei der anderen Anlegung gestatten die Grundsätze der wirtschaftlichen 344
Henssler/Strohn/Dauner-Lieb, § 93 AktG, Rn. 25. Kritisch wie hier: Hauschka, ZRP 2004, 65 (66); Wallisch, Unternehmerische Entscheidungen der Hauptversammlung, 2014, S. 66. 345 Siehe oben: Kapitel 1 A. I. 2. 346 BGH, Urteil vom 20. 02. 1995 – II ZR 143/93, BGHZ 129, 30 (34). 347 Siehe dazu: Kapitel 2 B. II. 3. a) bb).
B. Das betreuungsrechtliche Außenverhältnis
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Vermögensverwaltung die Eingehung eines kalkulierten Wagnisses.348 Die unter anderem in § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG vorgesehene Vermeidung einer Erfolgshaftung eines Organmitgliedes gegenüber der Gesellschaft könnte auf das betreuungsrechtliche Innenverhältnis übertragbar sein. Damit könnte eine unternehmerische Entscheidung oder Geldanlage eines Betreuers, welche ex post nicht profitabel ist, keine Pflichtverletzung darstellen. Dieser Ausschluss einer Haftung nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1833 Abs. 1 Satz 1 BGB könnte Anreize für eine aktive Verwaltung des Betreutenvermögens und das Treffen unternehmerischer Entscheidungen entfalten. In beiden Kategorien trifft der Betreuer eine Ermessensentscheidung. Eine analoge Anwendung von § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG bezogen auf die andere Anlegung scheidet nicht aus, weil §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1811 Satz 1 BGB die Entscheidung des Betreuers über eine entsprechende Anlegung der Innengenehmigung des Betreuungsgerichts unterwirft. Mit der Notwendigkeit einer Innengenehmigung geht einher, dass sich ein Betreuer schadensersatzpflichtig machen kann, der keine Innengenehmigung einholt.349 Allerdings verhindert auch eine erteilte Genehmigung des Betreuungsgerichts eine potentielle Haftung des Betreuers nicht.350 Da auch eine Investition in das Unternehmen des Betreuten eine wirtschaftliche Vermögensverwaltung darstellen kann, besteht das Risiko, dass im Nachgang zu einer unrentablen Anlageentscheidung ein Ergänzungsbetreuer bestellt wird, um einen Schadensersatzanspruch für den Betreuten gegen den Betreuer geltend zu machen. Diese potentielle Haftung des Betreuers für eine Anlageentscheidung nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1811 BGB verdeutlicht die Haftungsrisiken des Betreuers sowohl bei der Geldanlage als auch bei unternehmerischen Entscheidungen. Wenn die in § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG und § 34 Abs. 1 Satz 2 GenG kodifizierte Business Judgment Rule auf den Betreuer anwendbar wäre, hätte dies zur Folge, dass der Betreuer nicht aus Sorge vor einer der Anlageentscheidung nachgelagerten eigenen Haftung risikoavers mit dem Betreutengeld umgeht. Würde der Betreuer sein Verhalten an die Furcht vor einer Haftung anpassen, würde dies sowohl der Ratio des § 1811 BGB widersprechen, von § 1807 BGB abweichenden Investitionsmöglichkeiten zu gestatten, als auch der Praktikabilität der Betreuung eines Unternehmers zuwiderlaufen, weil Investitionen in das Unternehmen unter diesen Umständen zumeist unterblieben. Gleiches würde für unternehmerische Entscheidungen des Betreuers gelten, bei welchen dem Betreuer ein breites Ermessen zustünde. Um § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG analog auf die Haftung des Betreuers anzuwenden, müsste eine planwidrige Regelungslücke bei vergleichbarer Interessenlage beste-
348
BGH, Urteil vom 03. 12. 1986 – IVa ZR 90/85, NJW 1987, 1070 (1071); siehe ausführlich: Kapitel 2 B. II. 3. b) cc). 349 Vgl.: BeckOGK/Fröschle, § 1811 BGB, Rn. 6. 350 Staudinger/Veit (2014), § 1833 BGB, Rn. 16; JurisPK-BGB/Lafontaine, Stand 15. 10. 2016, § 1833 BGB, Rn. 33.
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Kap. 2: Vermögensverwaltung durch den Betreuer eines Unternehmers
hen.351 Eine planwidrige Regelungslücke liegt vor, wenn der regelungsbedürftige Sachverhalt übersehen worden ist, sich die Lebensverhältnisse nach Erlass des Gesetzes verändert haben oder ein rechtlicher Aspekt bewusst nicht ins Gesetz aufgenommen worden ist, um denselben der Entwicklung von Rechtsprechung oder Lehre zu überantworten.352 Letzteres ist bei § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG der Fall. In der „ARAG/Garmenbeck“-Entscheidung konstatierte der zweite Zivilsenat vor Einführung des § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG, dass „dem Vorstand bei der Leitung der Geschäfte des Gesellschaftsunternehmens ein weiter Handlungsspielraum zugebilligt werden muß, ohne den eine unternehmerische Tätigkeit schlechterdings nicht denkbar ist“353. Infolgedessen wurde der § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG auch aus Gründen der Klarstellung eingeführt.354 In den Gesetzesbegründungen wird ausgeführt, dass „der Grundgedanke eines Geschäftsleitermessens […] nicht auf den Haftungstatbestand des § 93 AktG und nicht auf die Aktiengesellschaft beschränkt [ist], sondern […] sich auch ohne positivrechtliche Regelung in allen Formen unternehmerischer Betätigung [findet]. Das für das Aktiengesetz zu § 93 gefundene Regelungsmuster und die Literatur und Rechtsprechung dazu können aber als Anknüpfungs- und Ausgangspunkt für die weitere Rechtsentwicklung dienen“355. An dem vorgenannten Zitat wird die Intention des Gesetzgebers deutlich, den Anwendungsbereich der in § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG kodifizierten Business Judgment Rule über die spezielle Haftung des Vorstandes hinaus zu erweitern.356 Der offenen Formulierung in den Gesetzesbegründungen folgend ist nach der Neufassung des § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG unter anderem eine analoge Anwendung von § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG auf leitende
351 Vgl. zu den Analogievoraussetzungen allgemein: Danwerth, ZfPW 2017, 230 (232 f.); Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, Rn. 878, 889. 352 Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, Rn. 894 ff. 353 BGH, Urteil vom 21. 04. 1997 – II ZR 175/95, BGHZ 135, 244 (253). § 93 Abs. 1 AktG lautete im Zeitpunkt des Urteils: „Die Vorstandsmitglieder haben bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden. Über vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft, namentlich Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, die ihnen durch ihre Tätigkeit im Vorstand bekanntgeworden sind, haben sie Stillschweigen zu bewahren.“ 354 Henssler/Strohn/Dauner-Lieb, § 93 AktG, Rn. 18. 355 BT-Drs 15/5092, S. 12. 356 Eckervogt, Die Innenhaftung des hauptamtlichen Leitungsorgans einer Krankenkasse im Sinne des § 35a SGB IV, 2017, S. 17, begreift diesen Passus als „Aufforderung an die Wissenschaft zur Untersuchung der einzelnen Innenhaftungssysteme in anderen Rechtsgebieten“. Vgl. rechtsmethodisch zur Aufforderung zur Rechtsfortbildung: Fleischer/Seibert, Gesetzesmaterialien, 2013, S. 121. Abweichend bezogen auf die Haftung des Insolvenzverwalters: Erker, ZInsO 2012, 199 (203 f.), welche die Existenz einer planwidrigen Regelungslücke im Wesentlichen mit dem Argument verneint, dass die Verneinung der Pflichtverletzung dogmatisch nicht in das Haftungsregime passe. Warum diese eher auf einer Metaebene geäußerte Kritik, unabhängig von ihrer Richtigkeit, die Äußerungen des Gesetzgebers, welche die Fortentwicklung der in § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG statuierten Business Judgment Rule in aller Deutlichkeit goutieren, widerlegen soll, bleibt auch deshalb offen, weil eine dezidierte Auseinandersetzung mit den Gesetzesbegründungen unterbleibt.
B. Das betreuungsrechtliche Außenverhältnis
121
Angestellte,357 die Hauptversammlung,358 Aufsichtsratsmitglieder,359 den Testamentsvollstrecker360 oder den Insolvenzverwalter361 angedacht worden. Für eine vergleichbare Interessenlage spricht, dass die für die Haftung des Betreuers maßgebliche Vorschrift, § 1833 BGB, die Pflichtverletzung nicht konkretisiert. Es gibt keine vergleichbare Vorschrift zu § 60 Abs. 1 Satz 2 InsO, wonach der Insolvenzverwalter für die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Insolvenzverwalters einzustehen hat. In Ansehung dieser Norm hat der BGH hat eine analoge Anwendung von § 93 Abs. 1 Satz 2 InsO auf den Insolvenzverwalter abgelehnt, weil eine planwidrige Regelungslücke fehle.362 § 60 Abs. 1 Satz 2 InsO eröffne einen „ausreichenden Rahmen“363, so der BGH, um die Pflichten eines Insolvenzverwalters bei unternehmerischen Entscheidungen zu bestimmen. Einen derartigen Rahmen enthält der § 60 Abs. 1 Satz 1 InsO ähnelnde § 1833 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht, sondern knüpft an das Vorliegen einer Pflichtverletzung an. Damit besteht eine planwidrige Regelungslücke. Darüber hinaus müsste eine vergleichbare Interessenlage zwischen der Entscheidung eines Vorstandsmitgliedes einer Aktiengesellschaft und den Handlungen des Betreuers eines Unternehmers feststellbar sein. Eine vergleichbare Interessenlage liegt bei hinreichender Ähnlichkeit zwischen dem geregelten und dem ungeregelten Sachverhalt vor.364 Ebenso wie der Vorstand fremdes Vermögen verwaltet, obliegt dem Betreuer mit dem Aufgabenkreis der Vermögenssorge der treuhänderische Umgang mit fremden Vermögen. Dabei wird mithilfe der Regelungen von §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1795 Abs. 1 BGB verhindert, dass der Betreuer Sonderin-
357
Vgl. trotz der arbeitsvertraglichen Weisungsbindung: Bürkle/Fecker, NZA 2007, 589 (593 f.), welche die arbeitsvertragliche Weisung mit der Bindung des Vorstandes an die Legalitätspflicht oder insbesondere der Weisungsgebundenheit des GmbH Geschäftsführers an Weisungen der Gesellschafterversammlung nach § 37 I GmbHG vergleichen. Kritisch wegen der Weisungsbindung: Scholl, Vorstandshaftung und Vorstandsermessen, 2015, S. 153 f. 358 Wallisch, Unternehmerische Entscheidungen der Hauptversammlung, 2014, S. 77. 359 Dietz, Aufsichtsratsautonomie und Einflüsse Dritter, Kapitel 2 D. II. 1. c). 360 Bartsch, Der (unternehmens-)verwaltende Testamentsvollstrecker und seine Haftung, 2010, S. 209 ff.; Wicke, ZGR 2015, 161 (174); Zeising, Pflichten und Haftung des Testamentsvollstreckers bei der Verwaltung von Großvermögen, 2004, S. 57 ff.; Quast, Unternehmensfortführung durch Testamentsvollstrecker und Insolvenzverwalter, 2020, S. 135 f. 361 . Ausdrücklich dafür: Quast, Unternehmensfortführung durch Testamentsvollstrecker und Insolvenzverwalter, 2020, S. 125 ff.; Berger/Frege, ZIP 2008, 204 (206 ff.); zumindest einen Einfluss der Wertungen der Business Judgment Rule auf das Vorliegen einer Pflichtverletzung konstatiert Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier/Lind, § 60 InsO, Rn. 32; Erker, ZInsO 2012, 199 (203 ff.) möchte § 60 InsO einschränkend auslegen. Zuletzt hat der BGH der analogen Anwendung des § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG auf den Insolvenzverwalter eine Absage erteilt: BGH, Urteil vom 12. 03. 2020 – IX ZR 125/17, NJW 2020, 1800 (1801 ff.). 362 BGH, Urteil vom 12. 03. 2020 – IX ZR 125/17, NJW 2020, 1800 (1801 ff.). 363 BGH, Urteil vom 12. 03. 2020 – IX ZR 125/17, NJW 2020, 1800 (1801). 364 Würdinger, AcP 206 (2006), 946 (952).
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Kap. 2: Vermögensverwaltung durch den Betreuer eines Unternehmers
teressen verfolgt.365 Bei zahlreichen Entscheidungen für einen betreuten Unternehmer muss der Betreuer ein unternehmerisches Ermessen ausüben.366 Weiter müsste der Betreuer eines Unternehmers (auch) bei Geldanlageentscheidungen unternehmerische Entscheidungen treffen. Grundsätzlich ist jeder Form der Geldanlage eine prognostische Komponente immanent.367 Die Besonderheit bei der anderen Anlegung nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1811 BGB bei der Betreuung eines Unternehmers besteht darin, dass der Betreuer treuhänderisch für einen Dritten im Rahmen der wirtschaftlichen Vermögensverwaltung nach § 1811 Satz 2 BGB handelt. Dabei wird der Betreuer regelmäßig unternehmerische Entscheidungen treffen oder innerhalb der wirtschaftlichen Vermögensverwaltung in das Unternehmen des Betreuten investieren. Dabei muss der Betreuer ein Ermessen ausüben.368 Dies stellt den Unterschied zu einer Anlegung nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1806 f. BGB dar, bei welchem der Betreuer aus vorgegebenen Anlagemöglichkeiten wählen kann. Gegen eine vergleichbare Interessenlage streitet nicht, dass der Betreuer auch das gesundheitliche Wohl des Betreuten berücksichtigen muss. Dadurch kann es zu Situationen kommen, welche dem Vorstand einer Aktiengesellschaft fremd sind. Der Vorstand einer Aktiengesellschaft wird niemals einen Unternehmensgegenstand zur Ermöglichung einer bestimmten medizinischen Behandlung einer anderen natürlichen Person (und nicht aus unternehmerischen Gründen) veräußern. Die Motivation eines Betreuers kann und muss eine gänzlich andere sein als die eines Organmitglieds einer Kapitalgesellschaft. Der Betreuer hat nach § 1901 Abs. 2 BGB die Angelegenheiten des Betreuten so zu besorgen, wie es dessen Wohl entspricht. Das Wohl umfasst auch die Gesundheit des Betreuten. Die unterschiedlichen zu beachtenden Ebenen verhindern eine Vergleichbarkeit der Interessenlagen nicht. Wenn ein Betreuter finanzielle Mittel benötigt, um eine medizinische Behandlung zu erhalten, trifft der Betreuer keine unternehmerische Entscheidung im Sinne des § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG. Insbesondere braucht der Betreuer keinen „sicheren Hafen“. Denn es fehlt bereits an einer für eine Haftung nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1833 Abs. 1 Satz 1 BGB notwendigen Pflichtverletzung, wenn der Betreuer zum Wohl des Betreuten handelt. Die Veräußerung einer unternehmerischen Beteiligung oder eines Unternehmensgegenstandes zur Ermöglichung einer medizinischen Behandlung stellt keine Pflichtverletzung im Sinne des § 1833 BGB dar. Das Gleiche gilt im Hinblick auf die andere Anlegung nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1811 BGB. Es stellt sich für den Betreuer nur dann die Frage nach dem Umgang mit dem (weiteren) Geld des Betreuten, wenn dessen gesundheitliche Versorgung gesichert ist. Auch eine unternehmerische Entscheidung ist nur dann möglich. Das ist ein merklicher Un365 Münchener Kommentar BGB/Spickhoff, § 1795 BGB, Rn. 1; siehe zu der Begrenzung der Vertretungsmacht des Betreuers und der Bestellung eines Ergänzungsbetreuers: Kapitel 2 C. VIII. 366 Scholz, FamRZ 2020, 1693 (1696). 367 Jacoby, Das private Amt, 2007, S. 571. 368 Sorg, BWNotZ 2010, 107 (124). Siehe auch: LG Rottweil, Beschluss vom 19. 08. 2016 – 1 T 111/16, NJW 2017, 679 (ebd.).
B. Das betreuungsrechtliche Außenverhältnis
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terschied zwischen dem Vorstand einer Aktiengesellschaft und einem Betreuer. Dieser Unterschied verhindert aber nicht, dass der Betreuer unternehmerische Ermessensentscheidungen treffen kann, für welche die Interessenlage vergleichbar ist. Eine derartige Vergleichbarkeit wird insbesondere am Prognoserisiko der anderen Anlegung oder von unternehmerischen Entscheidungen deutlich. Da für das Vorliegen einer unternehmerischen Entscheidung das verwaltete Vermögen nicht zu einem Unternehmen einer bestimmten Mindestgröße gehören muss,369 trifft der Betreuer ebenso eine unternehmerische Entscheidung wie der Vorstand einer Aktiengesellschaft. Bei der Anlegung von Betreutengeldern kommt dem Betreuer darüber hinaus ein Ermessensspielraum zu.370 Eine dem Vorstand einer Aktiengesellschaft nach § 76 Abs. 1 AktG vergleichbare Entscheidungsbefugnis kann nicht wegen einer bei der anderen Anlegung erteilten Innengenehmigung des Betreuungsgerichts verneint werden. Denn die Rechtsmacht des Betreuers im betreuungsrechtlichen Außenverhältnis wird durch eine erteilte oder nicht erteilte Innengenehmigung nicht berührt, sodass auch die Entscheidungsfreiheit des Betreuers mit derjenigen des Vorstandes vergleichbar ist. Um eine an das Wohl des Betreuten angepasste Führung der Betreuung zu ermöglichen, muss der Betreuer zudem Informationen einholen, sodass eine Geldanlageentscheidung nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1811 BGB oder eine unternehmerische Entscheidung niemals losgelöst von den Umständen des Einzelfalls geschehen kann. Wie bei der Entscheidung eines Vorstandes muss sich auch der Betreuer eine angemessene Informationsgrundlage erarbeiten. Während der Vorstand zum Wohl der Gesellschaft handeln muss, hat der Betreuer gemäß § 1901 Abs. 2 Satz 1 BGB die Angelegenheiten des Betreuten so zu besorgen, wie es dessen Wohl entspricht. cc) Zwischenergebnis: Analoge Anwendbarkeit von § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG auf Entscheidungen für eine andere Anlage nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1811 BGB Nach alledem liegen die Analogievoraussetzungen vor. § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG ist analog auf unternehmerische Entscheidungen des Betreuers und Entscheidungen im Rahmen der wirtschaftlichen Vermögensverwaltung nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1811 BGB anwendbar. Mangels auszuübenden Ermessens liegt kein Fall der Business Judgment Rule vor, wenn der Betreuer Gelder im Rahmen der mündelsicheren Anlage nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1806 f. BGB anlegt.
369 Bartsch, Der (unternehmens-)verwaltende Testamentsvollstrecker und seine Haftung, 2010, S. 204. 370 Diederichsen, FS Deutsch, 131 (139); zum Vormundschaftsrecht a. F.: LG Bremen, Urteil vom 03. 09. 1992 – 8 S 154/02, Rpfleger 1993, 338 (ebd.). Für weitere Nachweise siehe oben: Kapitel 2 B. II. 3. b) cc).
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Kap. 2: Vermögensverwaltung durch den Betreuer eines Unternehmers
c) Auswirkungen auf die Praktikabilität der Betreuung eines Unternehmers Die analoge Anwendung von § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG auf den Betreuer ist für den Umgang mit vermögenden Betreuten im allgemeinen und für die Praktikabilität der Betreuung eines Unternehmers im Besonderen in mehrfacher Hinsicht vorteilhaft. Der wirtschaftliche Erfolg einer auf hinreichender Informationsbasis getroffenen Entscheidung wird der richterlichen Überprüfbarkeit entzogen.371 Eine nach angemessener Information erfolgte Entscheidung löst im Rahmen des §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1811 BGB keine Schadensersatzpflicht aus. Der Betreuer haftet bei Anlageentscheidungen im Rahmen der Vermögenssorge nicht für unvorhersehbare wirtschaftliche Entwicklungen. Die Minimierung von Haftungsrisiken für den Betreuer verkleinert die befürchtete Blockade des Unternehmens durch den Betreuer bei Entscheidungen wie beispielsweise einer Kapitalerhöhung.372 Generell führt die Geltung der unter anderem in § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG kodifizierten Business Judgment Rule dazu, dass unternehmerische Initiative gefördert wird.373 Auf diese Weise ist die Stellung des Betreuers mit der eines Testamentsvollstreckers vergleichbar, sodass der Betreuer wie ein „dynamischer Geschäftsführer“374 auftreten kann.
VI. Zusammenfassung und Zwischenergebnis: Anordnung der Vermögenssorge ermöglicht die Fortführung eines Unternehmens Der Betreuer tritt als Treuhänder des Betreuten auf. Neben die spezielleren Vorschriften der §§ 1896 ff. BGB treten die Regelungen des Geschäftsbesorgungsund Auftragsrechts. Eine Anwendung der Normen des Auftragsrechts führt nicht zu einer Selbstgefährdung des Betreuten. Denn der Betreuer hat zu überprüfen, ob eine Weisung dem Wohl des Betreuten nach § 1901 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 BGB entspricht. Ist der Betreute nicht zur Abgabe einer Weisung imstande, kommt den Wünschen des Betreuten gemäß § 1901 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 BGB ein weisungsähnlicher Charakter zu. Ob eine Weisung dem Wohl des Betreuten widerspricht, ist eine Frage des Einzelfalls. Grundsätzlich wird eine selbstgefährdende, dem Wohl des Betreuten widersprechende Weisung vorliegen, wenn eine Umsetzung des Wunsches des Betreuten bei hypothetischer ex-ante Betrachtung das Vermögen des Betreuten insgesamt gefährdet. Die Regelungen des Geschäftsbesorgungs- be371
Vgl.: Fleischer, FS Wiedemann, 827 (831 f.). Vgl. zu einer durch das Betreuungsgericht und den Betreuten ausgelösten Blockade: Heckschen, NZG 2012, 10 (13); Wedemann, Personen- und Kapitalgesellschaftsrecht an den Schnittstellen zum Familien- und Erbrecht, 2015, 95 (96); Westermann, FS Blaurock, 527 (542). 373 Wallisch, Unternehmerische Entscheidungen der Hauptversammlung, 2014, S. 81 f. 374 Bezogen auf den Testamentsvollstrecker: BGH, Urteil vom 03. 12. 1986 – IVa ZR 90/85, NJW 1987, 1070 (1071). 372
B. Das betreuungsrechtliche Außenverhältnis
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ziehungsweise Auftragsrechts sind auch auf das Innenverhältnis der Vorsorgevollmacht anwendbar. Insoweit besteht eine Parallele zwischen der Vorsorgevollmacht und der Betreuung. Dadurch können Vorsorgevollmachtgeber und Betreuter gemäß § 665 BGB ihrem jeweiligen Stellvertreter intern Weisungen erteilen, sodass sich die Innenverhältnisse von Vorsorgevollmacht und Betreuung ähneln. Bezogen auf die Verfolgung der eigenen Interessen bieten infolge der jeweils geltenden §§ 662 ff. BGB das betreuungsrechtliche Innenverhältnis und auch das Innenverhältnis der Vorsorgevollmacht vergleichbare Vorzüge. Der Vorteil der Betreuung gegenüber der Vorsorgevollmacht ist an dieser Stelle zugleich ihr Nachteil. Denn die von einem Betreuten erteilten Weisungen oder weisungsähnlichen Wünsche können durch das Wohl des Betreuten gemäß § 1901 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 BGB korrigiert werden. Das korrigierende Element schützt den Betreuten und schränkt seine Handlungsfreiheit ein. Ob dieser zusätzliche Schutz, der mit einer Einschränkung der eigenen Rechtsposition einen Vor- oder Nachteil der Betreuung gegenüber der Vorsorgevollmacht darstellt, ist eine Frage der eigenen Empfindung, die an dieser Stelle nicht verallgemeinernd bewertet werden kann oder soll. Der Aufgabenkreis der Vermögenssorge umfasst auch die Verwaltung des Unternehmens inklusive der für einen Unternehmer zu treffenden Entscheidungen. Ergänzend wird bei einem betreuten Unternehmer die Anordnung der Postkontrolle gemäß § 1896 Abs. 4 BGB regelmäßig erforderlich sein, um Schädigungen des Betreuten aufgrund des sonst drohenden Informationsdefizits des Betreuers zu verhindern. Bezogen auf Buch- und Bargeld des Betreuten bietet die andere Anlegung nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1811 BGB dem Betreuer zahlreiche Handlungsmöglichkeiten, weil sich die Anlageentscheidung des Betreuers an den Grundsätzen der wirtschaftlichen Vermögensverwaltung auszurichten hat. Infolgedessen kann der Betreuer Entscheidungen davon abhängig machen, in welchem Verhältnis eine potentielle Rendite und das Verlustrisiko einer Investition zueinanderstehen. Die Regelungen der §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1806 ff. BGB treffen keine Aussage zu bereits vor der Anordnung der Betreuung getätigten Investitionen und Geldanlageentscheidungen des Betreuten. Insbesondere muss der Betreuer bei Übernahme der Betreuung vorgefundenes und gebundenes Vermögen des Betreuten grundsätzlich nicht auflösen und in mündelsichere Anlagen überführen. Im Einzelfall kommt in Betracht, dass der Betreuer das Unternehmen auflösen oder veräußern muss. Dabei muss der Betreuer den wirtschaftlichen Zustand des Unternehmens und die Möglichkeit einer persönlichen Haftung des Betreuten bewerten. Befindet sich das Unternehmen in einem schlechten wirtschaftlichen Zustand und erscheint eine persönliche Haftung des Betreuers denkbar, liegt eine absehbare Verlustgefahr für das Vermögen des Betreuten vor. Bei absehbarer Verlustgefahr wird es dem Wohl des Betreuten widersprechen und folglich eine Pflichtverletzung des Betreuers durch Unterlassen darstellen, die vorgefundene Anlage in Form einer unternehmerischen Beteiligung nicht aufzulösen. Absehbar ist die Verlustgefahr, wenn aufgrund konkreter und objektivierbarer Anhaltspunkte die Gefahr besteht, dass der Betreute einen
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Kap. 2: Vermögensverwaltung durch den Betreuer eines Unternehmers
erheblichen Teil des investierten Geldes einbüßt. Das Einschreiten des Betreuers bei absehbarer Verlustgefahr passt zu der treuhänderischen Struktur der Betreuung, die von der staatlichen Fürsorge für den Betroffenen und dem damit einhergehenden Schutz vor Selbstschädigungen einerseits bei gleichzeitiger Ausrichtung an den Wünschen des Betroffenen andererseits geprägt ist. Der Betreuer kann das Unternehmen weiterhin genehmigungsfrei fortführen. Denn die in Betracht kommenden Genehmigungstatbestände gemäß §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 3 Var. 2, 1823 Alt. 2 BGB greifen insoweit nicht ein. Die Ausstattung nach § 1908 BGB kann interessengerecht sein, wenn aus Sicht des Betreuten eine Nachfolgeentscheidung zu treffen ist. Der Betreuer haftet für während der Betreuung begangene Pflichtverletzungen mit seinem Privatvermögen nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1833 Abs. 1 Satz 1 BGB. Dabei kann dem Betreuer bezogen auf Anlageentscheidungen im Sinne des §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1811 BGB die unter anderem in § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG kodifizierte Business Judgment Rule zugutekommen. Mangels Ermessensausübung kommt eine analoge Anwendung von § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG nicht in Betracht, wenn der Betreuer Gelder im Rahmen der mündelsicheren Anlage nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1806 f. BGB anlegt. Bei unternehmerischen Entscheidungen und Anlageentscheidungen im Rahmen der wirtschaftlichen Vermögensverwaltung nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1811 BGB ist § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG analog auf den Betreuer anwendbar. Insoweit enthält § 1833 BGB keine Konkretisierung des Pflichtenkorridors des Betreuers. Dass der Betreuer auch das gesundheitliche Wohl des Betreuten beachten muss, steht einer analogen Anwendung nicht entgegen, da es zu einer unternehmerischen Entscheidung oder anderen Anlegung von Betreutengeldern nur kommen kann, wenn für das leibliche Wohl des Betreuten gesorgt ist. Wird Geld für Heilbehandlungen, behindertengerechte Umbauten etc. benötigt, wird ein Betreuer keine unternehmerischen Entscheidungen treffen, sondern eventuelle Geldmittel direkt für das körperliche Wohl des Betreuten einsetzen. Daraus resultiert, dass den Betreuer insoweit kein Haftungsrisiko trifft und er insoweit auch kein Ermessen ausübt. Ist allerdings genug Geld vorhanden und das Unternehmen kann fortgeführt werden, haftet der Betreuer nach angemessener Information nicht für unvorhersehbare (wirtschaftliche) Entwicklungen.
C. Begrenzung der Vertretungsmacht des Betreuers durch Genehmigungstatbestände I. Zur Funktion der Außengenehmigung im Betreuungsrecht Die Einschränkung der Rechtsmacht des Betreuers durch einige der Außengenehmigungstatbestände könnte der Geeignetheit der Betreuung als Fürsorgeinstitut für einen Unternehmer entgegenstehen. Während das Fehlen der Genehmigung bei
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einer anderen Anlegung von Betreutengeldern gemäß §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1811 Satz 1 BGB375 eine schadensersatzbewehrte Pflichtverletzung des Betreuers darstellt, die Handlung des Betreuers aber sofort wirksam wird, gibt es Genehmigungstatbestände, welche die Handlungsfähigkeit des Betreuers einschränken. Grundsätzlich kann der Betreuer nach §§ 1902, 164 Abs. 1, 3 BGB für den Betroffenen auftreten und rechtlich ungebunden agieren. Sobald das Handeln des Betreuers als gesetzlicher Vertreter für den Betreuten über die alltägliche Vermögensverwaltung hinausgeht, bedarf der Betreute eines besonderen Schutzes durch das Betreuungsgericht. Die Schutzbedürftigkeit gründet im Falle des § 1821 BGB auf der Relevanz des Vermögensgegenstandes und basiert bei § 1822 BGB auf einer, den dort genannten Rechtsgeschäften immanenten, Gefahr für das Vermögen des Betreuten.376 Staatlichen Schutz des Betroffenen stellt das Betreuungsgericht bei der Vermögenssorge in zweierlei Hinsicht sicher: Zum einen treffen den Betreuer zahlreiche Rechnungslegungs- und Auskunftspflichten nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1802, 1839 f., 1890 BGB, welche auf einen repressiven Schutz des Betreuten durch das Betreuungsgericht abzielen.377 Zum anderen ist ein präventiver Schutz des Vermögens des Betreuten notwendig. Um eine präventive Wirkung des Schutzes zu garantieren und das Vermögen des Betreuten vor übereilten oder unbedachten Handlungen des Betreuers mit erheblichen Auswirkungen zu bewahren,378 wird die Vertretungsmacht des Betreuers bei zahlreichen Rechtsgeschäften, die den Katalogen der §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1812, 1821, 1822 BGB unterfallen, beschränkt.379 In den vorgenannten Fällen hängt die Wirksamkeit der von dem Betreuer abgegebenen Willenserklärung von der Genehmigung des Betreuungsgerichts ab. Bis der Sachverhalt vom Betreuungsgericht geprüft, die Genehmigung vom Betreuungsgericht erteilt und die Entscheidung des Betreuungsgerichts gemäß §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1829 Abs. 1 Satz 2 BGB dem Vertragspartner mitgeteilt worden ist, kann einige Zeit vergehen. Die damit einhergehende Einschränkung der Vertretungsmacht des Betreuers, rasch und rechtlich bindend für den Betreuten handeln zu können, stellt einen 375
Siehe oben: Kapitel 2 B. II. 3. b) bb). So bezogen auf §§ 1821, 1822 BGB: BGH, Urteil vom 30. 04. 1955 – II ZR 202/53, BGHZ 17, 160 (163); Hilsmann, Minderjährigenschutz durch das Vormundschaftsgericht bei der Änderung von Gesellschaftsverträgen, 1993, S. 40 f., 120; Kerkerloh, Das Wohl des Betreuten im Rahmen des § 1908i Abs. 1 Satz 1 i. V. m. §§ 1821, 1822 Nr. 1 bis 4, 8 bis 13 BGB, 1993, S. 138. Vgl. bezogen auf § 1821 BGB auch: BGH, Beschluss vom 30. 11. 2016 – XII ZB 335/16, FamRZ 2017, 245 (246). Allmendinger, Vertretungsverbot bei Insichgeschäften, Ergänzungspflegschaft und gerichtliche Genehmigung, 2009, S. 187, 196 weist als Ursache der Genehmigungspflichtigkeit bei den §§ 1821 f. BGB zusätzlich auf die „Komplexität“ der in den Katalogen genannten Rechtsgeschäfte hin, derentwegen ein „Vormund regelmäßig überfordert“ sei und dadurch das Kindeswohl gefährde. 377 Siehe zu der Rechnungslegung des Betreuers allgemein und insbesondere zu der Frage, ob die Aufsicht des Betreuungsgerichts die Praktikabilität der Betreuung eines Unternehmers infrage stellt: Kapitel 2 D. 378 Vgl.: Mot. IV, S. 1084 f., 1136. 379 Wüstenberg, Rpfleger 2005, 177 (178); Krüger/Breetzke/Nowack/Krüger, § 1629 BGB, Rn. 6. 376
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Kap. 2: Vermögensverwaltung durch den Betreuer eines Unternehmers
der Hauptkritikpunkte an der Betreuung eines Unternehmers dar. Zum einen wird kritisiert, dass das Betreuungsgericht bei der Entscheidung über Einzelfragen Einblick in Gesellschaftsinterna erhalte.380 Zum anderen wird befürchtet, dass die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Mittelstandes durch einen Betreuer eines Unternehmers leide, weil die wirtschaftliche Stärke auch auf der Fähigkeit zur schnellen Entscheidungsfindung beruhe.381 Darüber hinaus besteht die Sorge vor einer Blockadesituation des Unternehmens wegen der Einschränkung der Rechtsmacht des Betreuers, wodurch die Genehmigungstatbestände existenzbedrohend für das Unternehmen werden können.382
II. Das betreuungsgerichtliche Genehmigungsverfahren als Überwachungsinstrument 1. Überwachung durch das Betreuungsgericht a) Materiell-rechtliche Vorgaben Eine Außengenehmigung führt dazu, dass die Wirksamkeit eines von einem Betreuer ohne die erforderliche Genehmigung des Betreuungsgerichts abgeschlossenen Vertrages von der nachträglichen Genehmigung des Betreuungsgerichts und der Mitteilung der Genehmigung an den anderen Teil abhängt.383 Die rechtsgeschäftlichen Erklärungen des Betreuers werden nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1829 Abs. 1 Satz 1, 2 BGB erst durch die Mitteilung der Genehmigung an den anderen Vertragsteil wirksam. Die Genehmigung im Betreuungsrecht modifiziert die Regelungen des Allgemeinen Teils des BGB. Würde sich die schwebende Unwirksamkeit des rechtlichen Handelns des Betreuers nur nach den Vorschriften der §§ 182 ff. BGB richten, hinge die Wirksamkeit der Willenserklärung von der Erteilung der Genehmigung gegenüber einem der Vertragspartner ab.384 Im Betreu380
Baumann/Selzener, RNotZ 2015, 605 (606); Heckschen/Kreußlein, NotBZ 2012, 321 (322); Jocher, notar 2014, 3 (4); Schäfer, ZHR 157 (2011), 557 (559); Werner, GmbHR 2013, 963 (ebd.); Wilde, GmbHR 2010, 123 (129). 381 Jocher, notar 2014, 3 (4); Baumann/Selzener, RNotZ 2015, 605 (607); Wedemann, Gesellschafterkonflikte in geschlossenen Kapitalgesellschaften, 2013, S. 147, gibt ferner die geringe Risikobereitschaft des Betreuungsgerichts zu bedenken. 382 Heckschen, NZG 2012, 10 (13); Wedemann, ZIP 2013, 1508 (1509); Wedemann, Personen- und Kapitalgesellschaftsrecht an den Schnittstellen zum Familien- und Erbrecht, 2015, 95 (96); Dieselbe, AcP 214 (2014), 664 (687); Westermann, FS Blaurock, 527 (542); Wilde, GmbHR 2010, 123 (ebd.). Im Ansatz auch: Lenz-Brendel/Roglmeier, Richtig vorsorgen, 2012, S. 163. 383 Bienwald/Sonnenfeld/Harm/Bienwald, Anh. § 1908i BGB, Rn. 52; Kierig, NJW 2010, 1436 (ebd.); Sorg, BWNotZ 2010, 107 (119). 384 BeckOGK/Kilian, § 1829 BGB, Rn. 3; Münchener Kommentar BGB/Kroll-Ludwigs, § 1829 BGB, Rn. 3; Mot. IV, S. 1136; BayObLG, Beschluss vom 16. 05. 1990 – BReg 1a Z 2/
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ungsrecht ist nicht die Mitteilung der Genehmigung an den Betreuer ausschlaggebend, sondern gemäß §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1828 BGB die Entscheidung des Betreuers, den Vertragspartner über die Genehmigung in Kenntnis zu setzen. Erst wenn der Vertragspartner vom Betreuer über die erteilte Genehmigung in Kenntnis gesetzt wird, endet die schwebende Unwirksamkeit und das Rechtsgeschäft wird ex tunc wirksam.385 Für den Vertragspartner eines genehmigungsbedürftigen Rechtsgeschäfts ist lange Zeit ungewiss, ob es zu einem Vertragsschluss kommen wird, da der Vertragspartner nur an die selbst abgegebene Willenserklärung gebunden ist.386 Der Vertragspartner hat keine Handhabe zur Einwirkung oder Beschleunigung des Verfahrens.387 Einzig das In-Gang-Setzen der (bei inhaltlich komplexen Entscheidungen sehr knapp bemessenen) Vierwochenfrist nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1829 Abs. 2 BGB kann dem Schwebezustand ein Ende bereiten. § 1829 Abs. 2 BGB führt nicht dazu, dass der Betreuer eine wirksame Erklärung für den Betreuten abgegeben hat. Will der Betreuer ein für den Betroffenen positives Rechtsgeschäft absichern, kann es zur Vermeidung einer Kollision mit der Vier-Wochen-Frist hilfreich sein, bereits vor Abgabe der genehmigungsbedürftigen Willenserklärung die Genehmigung beim Betreuungsgericht zu beantragen. Um das zu erwartende Rechtsgeschäft näher zu spezifizieren, kann der Betreuer entsprechende Unterlagen beim Betreuungsgericht vorlegen.388 Dadurch, dass es nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1829 Abs. 1 Satz 2 BGB Aufgabe des Betreuers ist, dem Vertragspartner die Entscheidung des Betreuungsgerichts mitzuteilen, wird dem Betreuer vice versa die gestalterische Möglichkeit eingeräumt, eine einmal abgegebene Willenserklärung nicht wirksam werden zu lassen. Von dieser Gestaltungsmöglichkeit kann ein Betreuer Gebrauch machen, wenn das genehmigte Rechtsgeschäft nicht mehr mit dem Interesse des Betreuten übereinstimmt.389 Der Betreuer hat die Situation nach Erteilung der Genehmigung neu zu bewerten. Falls dem Betreuer in der Zeit des Genehmigungsverfahrens beispielsweise ein überzeugenderes Angebot eines Dritten zugegangen ist, kann der Betreuer als Stellvertreter des Betreuten das wirtschaftlich lohnendere Angebot zur Mehrung des Betreutenvermögens annehmen. Einem derartigen Verhalten des Betreuers steht die Fiktion des Eintritts einer Bedingung nach § 162 BGB nicht entgegen. § 162 BGB greift ein, sofern der Eintritt der Bedingung in einer gegen Treu und Glauben verstoßenden Art und Weise vereitelt worden ist. Auf das Zuwarten des Betreuers ist der § 162 BGB nicht, auch nicht entsprechend, an90, FamRZ 1990, 1132 (1134); Fiala/Müller/Braun, Rpfleger 2002, 389 (390); Wilde, GmbHR 2010, 123 (125). 385 RG, Urteil vom 28. 09. 1933 – IV 178/33, RGZ 142, 59 (62 f.). 386 Kesseler, ZfIR 2017, 269 (ebd.). 387 Nur in Ausnahmefällen wird der Vertragsgegner einen Schadenersatzanspruch wegen durch den Betreuer verursachten Verzögerungen gegen den Betreuten haben, vgl.: OLG Düsseldorf, Urteil vom 16. 02. 2016 – I-24 U 102/15, MittBayNot 2017, 155 (ebd.). 388 Oberloskamp/Band, Vormundschaft, 2010, § 9, Rn. 134. 389 BGH, Beschluss vom 02. 12. 2015 – XII ZB 283/15, NJW 2016, 565 (567); BGH, Urteil vom 21. 10. 1954 – IV ZR 93/54, BGHZ 15, 97 (100); BGH, Urteil vom 25. 09. 1952 – IV ZR 22/ 52, BGHZ 7, 208 (214).
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wendbar, sodass sich der Vertragspartner nicht auf § 162 BGB berufen kann.390 In Ausnahmefällen lässt sich das Verfahren beschleunigen. Dies kann beispielsweise geschehen, indem der Betreuer bei einem für den Betreuten abzuschließenden Grundstückskaufvertrag dem Notar eine „Doppelvollmacht“391 erteilt. Die Doppelvollmacht erlaubt dem Notar, als Bevollmächtigter des Betreuers die Genehmigung des Gerichts entgegenzunehmen und die gerichtliche Entscheidung dem Vertragspartner mitzuteilen; sowie gleichzeitig für den anderen Teil die Mitteilung entgegenzunehmen. Ein Verstoß gegen die Ratio des § 1829 Abs. 1 Satz 2 BGB liegt nicht vor, wenn die vom Betreuer erteilte Vollmacht widerruflich ist, weil der Betreuer dann bis zur Entscheidung des Gerichts die Vollmacht für den Notar widerrufen kann und sich auf diese Weise eine Eingriffsmöglichkeit erhält.392 Inhaltlich wird die Genehmigung erteilt, wenn das vorgelegte Rechtsgeschäft bezogen auf Art und Umfang des Vermögens des Betreuten einer wirtschaftlichen Vermögensverwaltung entspricht.393 Das Betreuungsgericht hat demnach bei der Entscheidung über die Erteilung der Genehmigung auf eine Ausgewogenheit zwischen Vermögenserhaltung und Rentabilität zu achten, sodass die Wirtschaftlichkeit und die Rendite des angestrebten Geschäfts maßgebend sind.394 Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens untersucht das Betreuungsgericht, ob die Entscheidung mit dem Wohl und dem Interesse des Betreuten korreliert.395 Die Überprüfung der Handlungen des Betreuers durch einen Dritten, das Betreuungsgericht, minimiert das Missbrauchsrisiko bei der Ausübung der Fürsorge. Die Weisungen des Betreuten binden den Betreuer und sind auch für die Entscheidung des Betreuungsgerichts maßgeblich.396 Das Betreuungsgericht ist bei der Entscheidungsfindung hinsichtlich der Genehmigung nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1828 BGB nach § 1901 Abs. 3 BGB an die Wünsche des Betreuten gebunden.397
390 BGH, Beschluss vom 30. 11. 2005 – IV ZR 280/04, ZEV 2006, 262 (ebd.); Münchener Kommentar BGB/Kroll-Ludwigs, § 1829 BGB, Rn. 3; Staudinger/Veit (2014), § 1829 BGB, Rn. 10. 391 BGH, Beschluss vom 02. 12. 2015 – XII ZB 283/15, NJW 2016, 565 (567). 392 BGH, Beschluss vom 02. 12. 2015 – XII ZB 283/15, NJW 2016, 565 (567); Weber, MittBayNot 2018, 10 (ebd.). 393 OLG Frankfurt/Main, Beschluss vom 19. 11. 1998 – 6 UF 262 – 98, NJW-RR 1999, 1236 (1237). Siehe zu den Grundsätzen der wirtschaftlichen Vermögensverwaltung ausführlich: Kapitel 2 B. II. 3. b) cc). 394 LG Rottweil, Beschluss vom 19. 08. 2016 – 1 T 111/16, NJW 2017, 679 (ebd.); LG Lübeck, Beschluss vom 05. 05. 2015 – 7 T 157/15, NJW-RR 2015, 1485 (1486); Zimmermann, ZEV 2014, 74 (76). 395 Spanl, Vermögensverwaltung durch Vormund und Betreuer, 2009, S. 51. Zuständig für die Genehmigung ist nach § 15 RPflG der Rechtspfleger, vgl.: Bestelmeyer, FamRZ 2015, 550 (552). 396 Siehe zu der Bindung an Weisungen des Betreuten aufgrund der Einordnung der Betreuung als Treuhand: Kapitel 2 A. I. 2. 397 BeckOGK/Kilian, § 1828 BGB, Rn. 22; Holtermann, Rpfleger 2017, 513 (514).
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b) Zum Verfahrensrecht Um eine den Interessen des Betreuten entsprechende Entscheidung herbeizuführen, soll das Betreuungsgericht nach § 299 Satz 1 FamFG in zahlreichen Fällen der §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1821, 1822 BGB den Betreute persönlich anhören. Nur ausnahmsweise kann auf die persönliche Anhörung in den Fällen des § 34 Abs. 2 FamFG verzichtet werden.398 Nach § 34 Abs. 2 FamFG kann eine persönliche Anhörung unterbleiben, wenn hiervon erhebliche Nachteile für seine Gesundheit zu besorgen sind oder der Beteiligte offensichtlich nicht in der Lage ist, seinen Willen kundzutun. Ersteres kann beispielsweise in einer Pandemielage bei Genehmigungsentscheidungen der Fall sein.399 Sofern eine Anhörung deshalb oder beispielsweise unterbleibt, weil der Betroffene im Koma liegt, ist ein Verfahrenspfleger nach §§ 276 Abs. 1 Satz 1, 277, 340 FamFG zu bestellen.400 Ein Verfahrenspfleger muss im Genehmigungsverfahren bestellt werden, wenn auf diese Weise die Interessen des Betroffenen wahrgenommen werden können und der Zustand des Betreuten und die Wichtigkeit der Angelegenheit eine Bestellung des Verfahrenspflegers gemäß § 276 Abs. 1 Satz 1 FamFG notwendig erscheinen lassen.401 Der Betroffene ist gemäß § 275 FamFG ohne Rücksicht auf seine Geschäftsfähigkeit im Betreuungsverfahren verfahrensfähig. Um die Teilnahme an dem Verfahren und die Wahrung der Belange und Interessen des Betroffenen auch im Falle der Unfähigkeit der eigenen, aktiven Partizipation zu gewährleisten, kann ein Verfahrenspfleger nach § 276 Abs. 1 Satz 1 FamFG in allen Betreuungssachen im Sinne des § 271 FamFG bestellt werden.402 Dessen Auftreten gegenüber dem Betreuungsgericht verwirklicht für den Betreuten seinen Anspruch auf rechtliches Gehör gegenüber dem Gericht nach Art. 103 Abs. 1 GG.403 Für die Beurteilung der Betreuung eines Unternehmers ist der zeitliche Umfang des Genehmigungsverfahrens von Bedeutung. Verschiedene Umstände eine Ad-hocEntscheidung des Betreuungsgerichts. Erstens ist Voraussetzung der Wirksamkeit der rechtsgeschäftlichen Erklärung des Betreuers die formelle Rechtskraft der Entscheidung des Gerichts. Die Entscheidung des Betreuungsgerichts über die Genehmigung muss nach § 38 Abs. 1 Satz 1 FamFG als Beschluss ergehen. Der Genehmigungsbe398
Holtermann, Rpfleger 2017, 513 (514). Siehe zur Unterbringung während der Covid-19 Pandemie: LG Darmstadt, Beschluss vom 22. 04. 2020 – 5 T 229/20, NJW-RR 2020, 709 (710). 400 Rink, FuR 1990, 253 (255); Spanl, Vermögensverwaltung durch Vormund und Betreuer, 2009, S. 52; Zimmermann, ZEV 2014, 76 (78). 401 Jürgens, BtR/Kretz, § 276 FamFG, Rn. 2; die Bestellung eines Verfahrenspflegers ist dagegen nach Ansicht der Rechtsprechung nach § 276 Abs. 2 Satz 1 FamFG nicht erforderlich, wenn das Betreuungsgericht den ihm vorgelegten Antrag von vornherein für nicht genehmigungsfähig hält, vgl. dazu: BGH, Beschluss vom 04. 08. 2010 – XII ZB 167/10, NJW-RR 2011, 2 (3). 402 Münchener Kommentar FamFG/Schmidt-Recla, § 276 FamFG, Rn. 1, 3. 403 BGH, Beschluss vom 29. 06. 2011 – XII ZB 19/11, FamRZ 2011, 1577 (ebd.); BT-Drs 15/2494, S. 41. 399
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schluss des Betreuungsgerichts wird nach § 40 Abs. 2 Satz 1 FamFG mit Eintritt der formellen Rechtskraft wirksam.404 Nach § 45 Satz 1 FamFG erwächst der Beschluss in formelle Rechtskraft, sobald die Frist zur Einlegung zulässiger Rechtsmittel abgelaufen ist, sofern die Beteiligten nicht zuvor schon auf die Beschwerde verzichten, § 67 Abs. 1 FamFG.405 Damit der Beschluss formell rechtskräftig werden kann, muss die Entscheidung dem Verfahrenspfleger zugestellt und dem Betreuten gemäß § 41 Abs. 3 FamFG bekannt gegeben werden.406 Die Beschwerdefrist beträgt gemäß § 63 Abs. 2 FamFG zwei Wochen. Sobald die Beschwerdefrist abgelaufen ist, erhält der Betreuer die Genehmigung mit Rechtskraftvermerk nach § 40 Abs. 2 FamFG. Die Bestellung eines Verfahrenspflegers sowie das Zuwarten auf den Eintritt der formellen Rechtskraft verzögern die Entscheidungen des Betreuers erheblich. Dieser zeitliche Faktor spricht prima facie gegen die Praktikabilität der Betreuung eines Unternehmers. Zweitens erweist sich die unter Umständen erforderliche Bestellung eines Sachverständigen gemäß § 29 FamFG oder die Bestellung eines Verfahrenspflegers nach § 276 Abs. 1 Satz 1 FamFG als geschwindigkeitshemmend. Im Vorfeld der Entscheidung über die Erteilung der Genehmigung kann bei der Beurteilung gesellschaftsrechtlicher Fragestellungen der nach § 15 RPflG zuständige Rechtspfleger einen Sachverständigen nach § 29 FamFG hinzuziehen.407 Der den Rechtspfleger bindende Amtsermittlungsgrundsatz nach § 26 FamFG könnte in Kombination mit der Komplexität der zu treffenden Entscheidung die Bestellung eines Sachverständigen notwendig machen. Aufgrund des Amtsermittlungsgrundsatzes könnte die Nichteinholung eines Sachverständigengutachtens sogar eine Amtspflichtverletzung darstellen, wenn das Betreuungsgericht eine betreuungsgerichtliche Genehmigung ohne hinreichende Klärung des Sachverhalts erteilt und der Betroffene dadurch geschädigt wird.408 Wird ein Sachverständiger bestellt, verzögert sich Verfahren weiter.409 Auch die Beteiligung eines Verfahrenspflegers nach § 276 Abs. 1 FamFG bremst das Verfahren. All dies birgt die Gefahr einer handlungsunfähigen Gesellschaft, sofern der Betreute die Mehrheit der Stimmrechte auf sich vereinigt. Bis zur Entscheidung des Betreuungsgerichts könnten keine wirksamen Beschlüsse inner404 Müller/Renner, Betreuungsrecht, 2015, Rn. 168; Haußleiter/Gomille, § 40 FamFG, Rn. 9; Wesche, Rpfleger 2010, 403 (404). 405 Münchener Kommentar FamFG/Fischer, § 67 FamFG, Rn. 1. Eine Möglichkeit der Beschleunigung enthält § 32 Abs. 1 Satz 1 FamFG. Sofern die Sachlage in einem Termin erörtert, alle Beteiligten geladen worden sind, der Beschluss den Anwesenden durch Verlesen der Beschlussformell bekannt gemacht worden ist und alle Beteiligten auf Rechtsmittel verzichten, kann dem Betreuer direkt im Anschluss eine mit Rechtskraftvermerk versehen Ausfertigung des Genehmigungsbeschlusses ausgehändigt werden, §§ 32 Abs. 1, Abs. 2, 41 Abs. 2 Satz 1, 67 Abs. 1, 46 Satz 1 FamFG. Zu dieser Möglichkeit siehe: Spanl, Vermögensverwaltung durch Vormund und Betreuer, 2009, S. 66. 406 Zimmermann, ZEV 2014, 76 (78). 407 Vgl. zu dieser Befürchtung: Wilde, GmbHR 2010, 123 (129). 408 Sorg, BWNotZ 2010, 107 (120). 409 Wilde, GmbHR 2010, 123 (129).
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halb der Gesellschaft gefasst werden. Auch ist es einem auf die Genehmigung des Betreuungsgerichts wartenden Dritten unmöglich, den Prozess zu beschleunigen. Die einzige Möglichkeit des Dritten besteht darin, den Betreuer nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1829 Abs. 2 BGB zur Erklärung aufzufordern. Ab Zugang der Aufforderung läuft für den Betreuer eine vierwöchige Frist, nach deren Ablauf die Genehmigung durch den Betreuer als verweigert gilt. Als Folge dieser Möglichkeit des Vertragsgegners, den Betreuer zu einer Abgabe einer Erklärung zu bewegen, wäre eine rasche Entscheidung des Betreuungsgerichts über die zur Genehmigung vorgelegte Willenserklärung des Betreuers sinnvoll.410 Allerdings kann das Genehmigungsverfahren in der Praxis auch mehrere Monate und in komplizierten Fällen länger als ein Jahr andauern.411 c) Auswirkungen des Genehmigungsverfahrens auf die Praktikabilität der Betreuung Das Genehmigungsverfahren durch das Betreuungsgericht ist durch die Beachtung der Verfahrensrechte des Betroffenen umständlich und dauert regelmäßig eine erhebliche Zeitspanne. Insofern trifft die Kritik an der Betreuung im Hinblick auf die zeitliche Verzögerung der Entscheidungsfindung bei der Mitwirkung eines Betreuers grundsätzlich zu. Die Auswirkungen des Genehmigungsverfahrens im Alltag eines Betreuers eines Unternehmers hängen davon ab, in welchen Situationen und welchem Ausmaß das Handeln des Betreuers genehmigungspflichtig ist. 2. Mitwirkung eines Gegenbetreuers gemäß §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1792 BGB Um sich zu entlasten, kann das Betreuungsgericht bei der Verwaltung eines erheblichen Vermögens einen Gegenbetreuer nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1792 Abs. 1 BGB ernennen.412 Ausweislich des am 25. September 2020 vorgelegten Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts wird das Rechtsinstitut der Gegenbetreuung gestrichen,413 sodass von einer dezidierten Darstellung abgesehen wird. 410 Fialla/Müller/Braun, Rpfleger 2002, 389 (393) fordern in diesem Kontext eine unverzügliche Entscheidung des Betreuungsgerichts. 411 BeckOGK/Kilian, § 1829 BGB, Rn. 29. 412 Vgl.: Jürgens, BtR/von Crailsheim, § 1792 BGB, Rn. 3; Erman/Schulte-Bunert, § 1792 BGB, Rn. 2; Münchener Kommentar BGB/Spickhoff, § 1792 BGB, Rn. 8, der en passant auf das Problem hinweist, dass durch die Bestellung eines Gegenbetreuers Wohlhabendere besser geschützt werden könnten als dies bei weniger gut situierten Betreuten der Fall sein dürfte, was der Gesetzgeber ausweislich Prot. IV, S. 755 nicht beabsichtigt hatte. Siehe zur Möglichkeit der Bestellung eines Gegenbetreuers bei einem betreuten Unternehmer aufgrund der Komplexität der zu treffenden Entscheidungen auch: Schäfer, ZHR 157 (2011), 557 (561, 568); Sorg, BWNotZ 2010, 107 (121); Werner, GmbHR 2013, 963 (ebd.); Wilde, GmbHR 2010, 123 (124). 413 Drucksache 564/20, u. a. S. 165, 176.
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3. Zwischenergebnis zum Genehmigungsverfahren Die Umständlichkeit des Genehmigungsverfahrens des Betreuungsgerichtes ist nicht zu verkennen. Insofern trifft die Kritik an der Betreuung im Hinblick auf die zeitliche Verzögerung der Entscheidungsfindung mit einem Betreuer zu.414 Um jedoch die Praktikabilität der Betreuung bewerten zu können, ist entscheidend, wann und ob die Genehmigungstatbestände eingreifen und ob tatsächlich jegliches Handeln des Betreuers eines Unternehmers einem Genehmigungsvorbehalt unterfällt. In diesem Rahmen wird auch der Frage nachgegangen, ob und inwieweit es materiellrechtliche Möglichkeiten zur Beschleunigung des Verfahrens gibt.
III. Keine betreuungsgerichtliche Genehmigungspflicht bei Willenserklärungen von Organen juristischer Personen oder Vertretern von Personenhandelsgesellschaften Sofern ein vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person, an der der Betreute beteiligt ist, ein den §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1821, 1822 BGB zugehöriges Rechtsgeschäft für die Gesellschaft abschließt, initiiert dies kein betreuungsrechtliches Genehmigungsverfahren.415 Denn das Organ wird für die juristische Person tätig und nicht für den Betreuten. Damit liegt eine Handlung für ein anderes Rechtssubjekt vor.416 Dass sich dieses Handeln mittelbar auf das Vermögen des Betreuten auswirken kann, genügt nicht, um die Handlung eines Organs einer juristischen Person den betreuungsgerichtlichen Genehmigungstatbeständen unterzuordnen. Entsprechendes soll nach überwiegender Ansicht für die Personenhandelsgesellschaften gelten.417 Dies wird teilweise damit begründet, dass anderenfalls das gesamte Personenhandelsgesellschaftsrecht der Kontrolle des Betreuungsgerichts unterworfen würde.418 Eine derartige Kontrolle von Personenhandelsgesellschaften durch das Betreuungsgericht sei aus praktischen Gründen abzulehnen, da 414 Neben dem Betreuungsgericht und dem Gegenbetreuer existiert eine weitere Möglichkeit der staatlichen Aufsicht in Form der Bestellung eines Kontrollbetreuers nach § 1896 Abs. 3 BGB, welcher den Vorsorgebevollmächtigten anstelle des Vollmachtgebers kontrolliert. Siehe dazu: Kapitel 6 C. 415 Münchener Kommentar BGB/Kroll-Ludwigs, § 1821 BGB, Rn. 8; Staudinger/Veit (2014), § 1840 BGB, Rn. 22; Biddermann, Der minderjährige Gesellschafter, 1965, S. 179; Ruppel, Der Minderjährige in personalen Handelsgesellschaften, 1965, S. 65. Dies gilt auch, wenn der Betreuer für die Gesellschaft handelt, siehe dazu vertiefend: Kapitel 4 A. II. 2. A. A. bezogen auf die Genehmigungsfreiheit des Handelns eines gesetzlichen Vertreters im gesellschafterlichen Außenverhältnis: Riedlinger, Minderjährige in der Familienkommanditgesellschaft, 1978, S. 143 ff. 416 RG, Urteil vom 12. 05. 1931 – II 294/30, RGZ 133, 7 (11); Czeguhn/Dickmann, FamRZ 2004, 1534 (1536). 417 Siehe nur: Münchener Kommentar BGB/Kroll-Ludwigs, § 1821 BGB, Rn. 9. 418 BGH, Urteil vom 29. 06. 1970 – II ZR 158/69, NJW 1971, 375 (376), insoweit nicht in BGHZ 55, 5 abgedruckt.
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anderenfalls das Betreuungsgericht über kaufmännische Zweckmäßigkeitserwägungen zu entscheiden hätte.419 Dieses Argument verfängt nicht. Bei einigen der genehmigungsbedürftigen Rechtsgeschäfte muss der Rechtspfleger seiner Entscheidung kaufmännischer Erwägungen zugrunde legen. Dies wird beispielsweise bei den Genehmigungstatbeständen nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 3, 10 BGB deutlich. Nicht nur, aber auch deshalb verfügen Rechtspfleger über einen reichen Erfahrungsschatz im Umgang mit Vermögen eines Betreuten.420 Überzeugender ist es, die Nichtanwendbarkeit der betreuungsrechtlichen Genehmigungstatbestände bei Handlungen eines Geschäftsführers für eine Personenhandelsgesellschaft dogmatisch mit deren Teilrechtsfähigkeit nach §§ 124 Abs. 1, 161 Abs. 2 HGB zu begründen.421 Danach gilt auch für die Personenhandelsgesellschaft, dass deren vertretungsberechtigter Gesellschafter bei ihrem Handeln gegenüber Dritten für die Gesellschaft am Rechtsverkehr teilnehmen und nicht für den Betreuten. Daher sind im gesellschaftsrechtlichen Außenverhältnis abgegebene Willenserklärungen nicht genehmigungspflichtig. Ob daraus der Schluss abzuleiten ist, dass ein Betreuer als Stellvertreter des betreuten Gesellschafters im Außenverhältnis der Gesellschaft genehmigungsfrei für die Gesellschaft auftreten kann, muss im Hinblick auf die gesellschaftsrechtliche Zulässigkeit noch erörtert werden.422 Betreffend die Praktikabilität der Betreuung eines Unternehmers bleibt indes von Belang, dass die Regeln der sozialen Fürsorge nicht auf ein anderes Rechtssubjekt als den Betroffenen anwendbar sind. Daher kommt eine Blockade der Gesellschaft durch das Betreuungsgericht nur mittelbar dadurch in Betracht, dass die Genehmigungstatbestände die Rechtsmacht des stellvertretend für den Betreuten auftretenden Betreuers einschränken.
IV. Der Erwerbsgeschäfte betreffende Genehmigungsvorbehalt des § 1822 Nr. 3 BGB 1. Hinführung Das Genehmigungserfordernis der §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 3 BGB könnte eine erhebliche Beeinträchtigung der Vertretungsmacht des Betreuers eines Unternehmers darstellen. Nach § 1822 Nr. 3 BGB bedarf der Betreuer der Genehmigung des Betreuungsgerichts zur Wirksamkeit eines Vertrages, der auf den entgeltlichen Erwerb oder die Veräußerung eines Erwerbsgeschäfts gerichtet ist, sowie zu einem Gesellschaftsvertrag, der zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts eingegangen 419
BGH, Urteil vom 29. 06. 1970 – II ZR 158/69, NJW 1971, 375 (376), insoweit nicht in BGHZ 55, 5 abgedruckt; OLG Nürnberg, Beschluss vom 04. 10. 2012 – 15 W 1623/12, FamRZ 2013, 1055 (1056). 420 Bestelmeyer, FamRZ 2015, 550 (552). 421 Zutreffend: Dümig, FamRZ 2003, 1 (2); Staudinger/Veit (2014), § 1840 BGB, Rn. 23. 422 Siehe dazu für die GmbH: Kapitel 4 A. I. 2. b); und für die KG: Kapitel 4 A. II. 2.
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wird. Abhängig von der Auslegung des § 1822 Nr. 3 BGB könnte dieser Genehmigungsvorbehalt die der Betreuung entgegengesetzte Kritik bestätigen, da eine weite Auslegung des § 1822 Nr. 3 BGB dazu führen könnte, dass jede unter Mitwirkung des Betreuers als Stellvertreter des Betreuten zustande gekommene Änderung eines Gesellschaftsvertrages im Hinblick auf die Willenserklärung des Betreuers genehmigungspflichtig würde. Insbesondere wenn der Betreute die Stimmenmehrheit hält, könnte die schwebende Unwirksamkeit der Willenserklärung des Betreuers bis zur Genehmigung und der folgenden Mitteilung nach § 1829 Abs. 1 Satz 1, 2 BGB die Entschlussfähigkeit und, eventuell auch vorgelagert, die Entschlussfindung lähmen. 2. Vorliegen eines Erwerbsgeschäfts im Sinne des § 1822 Nr. 3 BGB Ein Erwerbsgeschäft bezeichnet jede berufsmäßig, selbständig ausgeübte Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht, unabhängig davon, ob es sich um eine landwirtschaftliche, handwerkliche, wissenschaftliche oder sonstige Tätigkeit handelt.423 Das Erwerbsgeschäft kann sowohl von einer Personengesellschaft, als auch von einer Kapitalgesellschaft betrieben werden, sodass § 1822 Nr. 3 BGB eine einzelkaufmännische Tätigkeit und auch Beteiligungen an einer GmbH oder einer KG erfasst.424 Auch eine GbR ist abhängig von ihrer Tätigkeit imstande, ein Erwerbsgeschäft zu betreiben, während dies aus der Kaufmannseigenschaft bei den Personenhandelsgesellschaften regelmäßig folgt.425 Ist der Betreute freiberuflich, beispielsweise als Arzt oder Rechtsanwalt tätig, so steht auch eine auf Veräußerung der Praxis oder Kanzlei gerichtete Willenserklärung des Betreuers unter dem Genehmigungsvorbehalt des §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 3 BGB. Dass sich auch freiberufliche Praxen unter den Begriff des Erwerbsgeschäftes subsumieren lassen, beruht darauf, dass sie einen wirtschaftlichen Wert haben, der unabhängig von der durch die Betreuung eventuell dauerhaft ausscheidenden Person besteht.426 Verneinte man das Vorliegen eines Erwerbsgeschäfts mit Hinweis auf die Abhängigkeit des Kundenstamms von der den Beruf ausübenden Person, stellten sich erhebliche Schwierigkeiten bei der Bewertung von Handwerksbetrieben mit einem Meister ein, dessentwegen eine gewisse Anzahl an Stammkunden immer wieder denselben
423
BtKomm/Roth, E, § 1823 BGB, Rn. 121; Wüstenberg, Rpfleger 2002, 295 (296). Münchener Kommentar BGB/Kroll-Ludwigs, § 1822 BGB, Rn. 10; Jurgeleit/Reinfarth, § 1822 BGB, Rn. 36; Palandt/Götz, § 1822 BGB, Rn. 5; Jürgens, BtR/von Crailsheim, § 1822 BGB, Rn. 11; JurisPK-BGB/Lafontaine, § 1822 BGB, Rn. 42. 425 Beck PersGes-Hdb./Müller, § 4, Rn. 2. 426 BeckOK BGB/Bettin, § 1822 BGB, Rn. 9; Münchener Kommentar BGB/Kroll-Ludwigs, § 1822 BGB, Rn. 11a attestiert freiberuflichen Praxen einen „good will“. Vgl. noch zur Gegenansicht: RG, Vereinigte Zivilsenate, Beschluss vom 23. 03. 1934 – I 214/33, RGZ 144, 1 (5). 424
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Handwerksbetrieb aufsucht.427 Daher kann auch eine freiberufliche Praxis ein Erwerbsgeschäft im Sinne des § 1822 Nr. 3 BGB führen. Kein Erwerbsgeschäft im Sinne des § 1822 Nr. 3 BGB wird in der Regel von Vermögensverwaltungsgesellschaften betrieben. Als Vermögensverwaltungsgesellschaft wird eine Gesellschaft bezeichnet, die lediglich ihr eigenes Vermögen verwaltet.428 Sofern der Betreute Beteiligungen an einer Vermögensverwaltungsgesellschaft hält und der Betreuer eine den §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 3 BGB unterfallende Handlung vornehmen möchte, kommt es für die Genehmigungspflichtigkeit einer entsprechenden Willenserklärung auf den Aufwand an, den die Verwaltung des Vermögens bereitet. Die Tätigkeit einer Vermögensverwaltungsgesellschaft ist mangels geschäftsmäßiger, also beruflicher, Tätigkeit und mangels Übernahme eines unternehmerischen Risikos nicht als Erwerbsgeschäft einzuordnen. Vom Betreuer abgegebene Willenserklärungen, die auf den Erwerb einer Beteiligung an einer Vermögensverwaltungsgesellschaft abzielen, sind daher nicht genehmigungspflichtig.429 Etwas anderes gilt erst bei Großvermögen, deren Verwaltung eine geschäftsmäßige, berufliche Tätigkeit seitens der Gesellschaft erfordert.430 Zusammengefasst liegt ein Erwerbsgeschäft rechtsformunabhängig dann vor, wenn eine selbständige Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt wird, die nicht lediglich in einer nicht berufsmäßig ausgeübten Verwaltung eigenen Vermögens besteht. 3. §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 3 Alt. 1 BGB: Vertrag, der auf entgeltlichen Erwerb oder Veräußerung eines Erwerbsgeschäfts gerichtet ist Will der Betreuer ein Erwerbsgeschäft erwerben oder veräußern, so hängt die Wirksamkeit der Willenserklärung nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 3 Alt. 1 BGB von der Genehmigung des Betreuungsgerichts ab. Weil ein Betreuer faktisch wohl niemals ein Erwerbsgeschäft stellvertretend für den Betreuten erwerben will, ist für die Betreuung eines Unternehmers allein von Relevanz, wann eine Veräußerung eines gesamten Erwerbsgeschäftes oder von Beteiligungen an einem Erwerbsgeschäft genehmigungspflichtig ist. Genehmigungsbedürftig ist le427
Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 60, Rn. 104. Solche zum Teil zur Verwaltung selbst genutzter Immobilien genutzte Gesellschaften erfreuen sich in der Praxis einiger Beliebtheit, vgl.: Pauli, Zerb 2016, 131 (134). 429 JurisPK-BGB/Lafontaine, § 1822 BGB, Rn. 45; OLG Hamm, Beschluss vom 18. 03. 2016 – 2 WF 170/15, ZEV 2016, 585 (588); OLG München, Beschluss vom 06. 11. 2008 – 31 Wx 76/08, ZEV 2008, 609 (610); OLG Bremen, Beschluss vom 16. 06. 2008 – 2 W 28/08, RNotZ 2008, 625 (626). Siehe zu der Gegenansicht der älteren Rechtsprechung sowie zu einer weiteren Auswertung der älteren Rechtsprechung: Lüdecke, NJOZ 2018, 681 (683). 430 OLG Jena, Beschluss vom 22. 03. 2013 – 2 WF 26/13, RNotZ 2013, 636 (639); OLG München, Beschluss vom 06. 11. 2008 – 31 Wx 76/08, ZEV 2008, 609 (610). 428
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diglich die im obligatorischen Geschäft abgegebene Willenserklärung.431 Weiter setzt der Erwerb beziehungsweise die Veräußerung die Entgeltlichkeit voraus, sodass eine Schenkung zwar nicht nach den §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 3 Alt. 1 BGB genehmigungspflichtig ist,432 dem Betreuer aber gleichwohl das Verschenken einer Beteiligung an einem Erwerbsgeschäft nach §§ 1908i Abs. 2, 1804 Satz 1 BGB untersagt ist.433 Die Veräußerung eines Anteils an einer ein Erwerbsgeschäft betreibenden OHG oder KG wird einhellig als genehmigungspflichtig aufgefasst.434 Fraglich ist, ob auch die Veräußerung einer Beteiligung des Betreuten an einer GmbH genehmigungspflichtig ist. Aufgrund der rechtlichen Eigenständigkeit der juristischen Person gemäß § 13 Abs. 1 GmbHG könnten die Anteile an einer GmbH als bloße Kapitalbeteiligung aufgefasst werden. Denn die GmbH ist die Trägerin des Erwerbsgeschäfts, sodass eine Veräußerung sich nur auf die GmbH, nicht aber auf das von ihr betriebene Erwerbsgeschäft bezieht.435 Gegen eine derartige Differenzierung könnte der personalistische Charakter der GmbH sprechen. Somit führte eine Ablehnung der Genehmigungspflichtigkeit bei Veräußerungen eines Anteils einer GmbH im Gegensatz zu der bestehenden Genehmigungspflichtigkeit bei der Veräußerung einer Beteiligung an einer KG dazu, dass ähnliche Sachverhalte unterschiedlich behandelt würden.436 Danach könnte die Veräußerung einer Beteiligung rechtsformunabhängig genehmigungspflichtig sein. Aus Gründen der Rechtssicherheit verneint die Rechtsprechung die Genehmigungspflichtigkeit der Veräußerung einer Beteiligung an einer GmbH. Die Genehmigungserfordernisse werden formal ausgelegt, sodass entscheidend ist, wer das Erwerbsgeschäft betreibt.437 Allerdings müssen auch die wirtschaftlichen Zusam431
Kölmel, RNotZ 2010, 1 (20); Fialla/Müller/Braun, Rpfleger 2002, 389 (406). Jurgeleit/Reinfarth, § 1822 BGB, Rn. 33; Erman/Schulte-Bunert, § 1833 BGB, Rn. 10. Ein Betreuter wird regelmäßig keinen Anteil an einer Personengesellschaft geschenkt bekommen, sodass auf die von Staudinger/Veit (2014), § 1822 BGB, Rn. 46 ff. angesprochene, mit der Forderung der Entgeltlichkeit eventuell einhergehende Schutzlücke einer unbegrenzten persönlichen Haftung nicht eingegangen werden muss. 433 Siehe zu der Genehmigungspflichtigkeit einer Ausstattung nach § 1908 BGB: Kapitel 2 B. IV. 434 Vgl. nur: Münchener Kommentar BGB/Kroll-Ludwigs, § 1822 BGB, Rn. 16; JurisPKBGB/Lafontaine, § 1822 BGB, Rn. 65; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 09. 07. 1973 – 11 W 87/ 72, NJW 1973, 1977 (1978) zu einer Zwergkommanditbeteiligung. 435 Winkler, ZGR 1973, 177 (181); Derselbe, ZGR 1990, 131 (132); Gernhuber/CoesterWaltjen, Familienrecht, § 60, Rn. 106. 436 Stahl, Minderjährigenschutz im Gesellschaftsrecht und vormundschaftliche Genehmigung, 1988, S. 150. 437 Siehe zu dem Gebot der formalen Auslegung: BGH, Urteil vom 30. 04. 1955 – II ZR 202/ 53, BGHZ 17, 160 (163); BGH, Urteil vom 20. 09. 1962 – II ZR 209/61, BGHZ 38, 26 (28); BGH, Urteil vom 22. 09. 1969 – II ZR 144/68, BGHZ 52, 316 (319); BGH, Urteil vom 08. 10. 1984 – II ZR 223/83, BGHZ 92, 259 (261); BGH, Urteil vom 20. 02. 1989 – II ZR 148/88, BGHZ 107, 23 (30); BGH, Urteil vom 07. 10. 1991 – II ZR 194/90, NJW 1992, 300 (301); OLG Stuttgart, Urteil vom 20. 12. 2012 – 7 U 98/12, NJOZ 2013, 1205 (1206). 432
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menhänge für die Bewertung der Genehmigungsbedürftigkeit beachtet werden.438 Daher differenziert die Rechtsprechung bezogen auf eine Beteiligung an einer GmbH danach, ob der Betreuer den Geschäftsanteil des Betreuten an der GmbH vor oder nach der Eintragung veräußern möchte.439 Vor der Handelsregistereintragung haftet der Gesellschafter nach § 11 Abs. 2 GmbHG für anfallende Verbindlichkeiten persönlich, während nach der Eintragung die Haftung nach § 13 Abs. 2 GmbHG beschränkt ist.440 Daraus folgt, dass vor der Handelsregistereintragung der Erwerb und die Veräußerung genehmigungspflichtig sind, während nach der Eintragung die Möglichkeit einer persönlichen Haftung infolge der Kapitalerhaltungsgrundsätze der §§ 24, 30, 31 GmbHG nicht ausreicht, um eine Genehmigungspflicht nach § 1822 Nr. 3 Alt. 1 BGB zu begründen.441 Allerdings soll eine Veräußerung dann genehmigungspflichtig sein, wenn der Betreute mehr als 50 % der Anteile an der GmbH hält, weil eine Beteiligung solchen Umfangs über die reine (Kapital-)Anlageentscheidung hinausgeht.442 Denn die Veräußerung einer Mehrheitsbeteiligung birgt nach Ansicht der Rechtsprechung für den Betreuten vergleichbare Gefahren zu der Veräußerung einer Personengesellschaft, weil ihn als Mehrheitsgesellschafter das unternehmerische Risiko trifft.443 Einhellig wird daher die Genehmigungspflichtigkeit bei einer Ein-Mann-GmbH befürwortet, weil nur der Betreute das unternehmerische Risiko trägt.444 Auch wenn die Rechtsprechungsansicht zahlreiche Ausnahmen von dem Grundsatz der formalen Auslegung zulässt und im Ergebnis einer Einzelfallbetrachtung ähnelt, welche die proklamierte Rechtssicherheit nicht vollumfänglich bieten kann,445 gibt es keine überzeugenden Alternativen betreffend den Umfang mit der Beteiligung an einer GmbH. Denn der Gegenvorschlag, dass die Genehmigungspflichtigkeit davon abhängen soll, ob die Anteilsveräußerung einer Veräußerung des gesamten Erwerbsgeschäfts ähnelt, was den Vertretern dieser Auslegung nach der Fall sein soll, wenn dem Geschäft eine wirtschaftliche Bedeutung über die bloße Kapitalanlage hinaus zukommt,446 führt zu keinen anderen Ergebnissen und erfordert ebenfalls eine Abwägung im Einzelfall.
438
BGH, Urteil vom 28. 01. 2003 – X ZR 199/99, DNotZ 2004, 152 (153). BGH, Urteil vom 10. 02. 1989 – II ZR 148/88, BGHZ 107, 23 (28). 440 Werner, GmbHR 2006, 737 (738). 441 BGH, Urteil vom 10. 02. 1989 – II ZR 148/88, BGHZ 107, 23 (28). 442 Vgl. zu einer Ein-Mann-GmbH bereits: RG, Urteil vom 09. 03. 1928 – II 489/27, RGZ 120, 283 (287); siehe auch die Verneinung der Genehmigungspflichtigkeit bei einer 1/8 Beteiligung einer GmbH: OLG München, Beschluss vom 20. 08. 2002 – 17 WF 1191/02, FamRZ 392 (ebd.). 443 BGH, Urteil vom 28. 01. 2003 – X ZR 199/99, DNotZ 2004, 152 (153); KG, Beschluss vom 20. 01. 1976 – 1 W 1341/75, NJW 1976, 1946 (ebd.). 444 Vgl. m. w. N.: Staudinger/Veit (2014), § 1822 BGB, Rn. 59. 445 Brüggemann, FamRZ 1990, 124 (126); Klüsener, Rpfleger 1990, 321 (322). 446 BtKomm/Roth, E, § 1822 BGB, Rn. 122; Palandt/Götz, § 1822 BGB, Rn. 6; im Ergebnis auch: JurisPK-BGB/Lafontaine, § 1822 BGB, Rn. 57. 439
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Der Rechtsprechung und der Literatur ist in ihrer Entscheidung zuzustimmen, die Genehmigungspflichtigkeit der Veräußerung eines GmbH Anteils davon abhängig zu machen, ob die Beteiligung über eine Kapitalanlage hinausgeht. Im Vergleich zu den Genehmigungstatbeständen des § 1821 BGB fällt auf, dass eine Genehmigungspflicht regelmäßig dann eingreift, wenn Vermögensgegenstände veräußert werden, die in dem Vermögen eines Durchschnittsbürgers einen erheblichen Bestandteil ausmachen. Nichts Anderes kann für den Alleingesellschafter oder den Gesellschafter einer personalistisch strukturierten GmbH gelten, der seinen Unterhalt aus dem von der GmbH betriebenen Erwerbsgeschäft bezieht. Auch ist es im Hinblick auf die Grundrechtsintensität der Betreuung angezeigt, dass eine staatliche Überprüfung des Veräußerungsvorhabens des Betreuers stattfindet, wenn der Betreute in der Lage wäre, in der Gesellschaft kraft seiner Anteile das weitere unternehmerische Handeln zu bestimmen. Je eher der Betreute ohne die der Betreuung zugrundeliegenden körperlichen oder geistigen Gebrechen in der Lage wäre, auf die Gesellschaft einzuwirken, desto einschneidender wirkt sich die Entscheidung des Betreuers auf die Rechte des Betreuten aus. Eine zum Zwecke der Kapitalanlage eingegangene Beteiligung an einer Gesellschaft ist etwas Anderes als bei einem Mitarbeitergesellschafter, der als Gründer und (absoluter) Mehrheitsgesellschafter mit der Gesellschaft auch emotional verbunden ist. Auch wenn bei einer Veräußerung das Erwerbsgeschäft weiterhin von der rechtlich verselbständigten GmbH betrieben wird, ändert dies nichts daran, dass die Veräußerung ähnliche Auswirkungen hat, wie dies bei einer Personenhandelsgesellschaft der Fall gewesen wäre. Um das Eigentum des Betreuten zu schützen, ist die präventive Kontrolle durch das Betreuungsgericht in Form der Genehmigung ein probater Schutzmechanismus. Die §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 3 Alt. 1 BGB bieten einen starken Schutz, indem eine für den Betreuten maßgebliche Beteiligung nicht von dem Betreuer ohne Genehmigung veräußert werden kann. Die dem Verfahren immanente Langsamkeit kann durch ihren konservierenden Charakter auch positiv für den Betroffenen sein. Die Verhinderung einer raschen Loslösung von beispielsweise einem Erwerbsgeschäft wird derjenige befürworten, für den die Fürsorge nur übergangsweise angeordnet wird. Einen weiteren Vorteil bietet die Betreuung im Hinblick auf das Verhandlungsergebnis, da auch der Kaufpreis im Rahmen der Entscheidung des Betreuungsgerichts über die Erteilung der Genehmigung beachtet wird.447 Allerdings ist dieser Schutz nicht ausschließlich vorteilhaft für den Betreuten, weil sich eventuelle Interessenten an einer Beteiligung unter Umständen von dem ungewissen Ausgang des Genehmigungsverfahrens von einem Erwerb abhalten lassen.
447
Siehe zu den Entscheidungsparametern des Betreuungsgerichtes: Kapitel 2 C. II. 1. a).
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4. §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 3 Alt. 2 BGB: Gesellschaftsvertrag, der zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts eingegangen wird Für die Mitwirkung eines Betreuers an der gesellschaftsinternen Willensbildung und Beschlussfassung ist von großer Relevanz, ob jede Änderung des Gesellschaftsvertrages der Genehmigung des Betreuungsgerichts bedarf.448 Nach § 1822 Nr. 3 Alt. 2 BGB steht ein Gesellschaftsvertrag, der zum Betrieb eines Erwerbsgeschäftes eingegangen wird, unter Genehmigungsvorbehalt. Nicht nur bei den sogleich zu erörternden Auslegungsfragen bezogen auf die Reichweite des § 1822 Nr. 3 Alt. 2 BGB, sondern auch für die allgemeine Ermächtigung der §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1825 Abs. 1, 2 BGB kommt es darauf an, wie „Betrieb eines Erwerbsgeschäfts“ auszulegen ist.449 Ein Erwerbsgeschäft liegt nach dem soeben Angeführten bei jeder mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübter selbstständiger Tätigkeit vor, welche nicht nur in der beruflichen Verwaltung eigenes Vermögen besteht.450 Ob das Erwerbsgeschäft von einem Einzelkaufmann, von einer Personenhandelsgesellschaft oder einer Kapitalgesellschaft betrieben wird, ist dabei nicht von Belang. Um eine Konsistenz zwischen der ersten und der zweiten Alternative des § 1822 Nr. 3 BGB herzustellen, erfasst § 1822 Nr. 3 Alt. 2 BGB in Personenhandels- und Kapitalgesellschaften geschlossene Gesellschaftsverträge. Eine Änderung des Gesellschaftsvertrages kann in zahlreichen Situationen notwendig sein. Damit bei Kapitalbedarf der Gesellschaft beispielsweise eine Kommanditbeteiligung erhöht werden kann, muss der Gesellschaftsvertrag geändert werden und es ist die Zustimmung des Kommanditisten gemäß § 707 BGB, §§ 161 Abs. 2, 105 Abs. 3 HGB erforderlich.451 Auch wenn das Stammkapital bei einer GmbH erhöht werden soll, liegt dieser Entscheidung gemäß § 55 Abs. 1 GmbHG eine Änderung des Gesellschaftsvertrages zugrunde. Handelt es sich bei dem Betreuten um den Kommanditisten oder den GmbH-Gesellschafter, der jeweils einer Kapitalerhöhung zustimmen soll, stellt sich die Frage, ob die Vertretungsmacht des Betreuers die Abgabe der entsprechenden Willenserklärung umfasst, oder sie zur Wirksamkeit der Genehmigung des Betreuungsgerichts nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 3 Alt. 2 BGB bedarf. Die gleiche Frage stellt sich bei zahlreichen Beschlüssen von Gesellschaften, wie zum Beispiel der Abänderung der im Gesellschaftsvertrag vereinbarten gemeinsamen Vertretungsmacht in eine Einzelvertretungsberechtigung, damit der Betreuer nicht anstelle eines Komplementärs einer Personenhandelsgesellschaft bei
448 Zu der gesellschaftsrechtlichen Zulässigkeit der Ausübung des Stimmrechts durch den Betreuer, insbesondere im Hinblick auf die Höchstpersönlichkeit der Mitgliedschaft, siehe: Kapitel 3 A. II. 1. a). 449 Siehe zu der allgemeinen Ermächtigung nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1825 BGB: Kapitel 2 C. V. 2. 450 Siehe oben: Kapitel 2 C. IV. 2. 451 Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Strohn, § 172 HGB, Rn. 9.
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Kap. 2: Vermögensverwaltung durch den Betreuer eines Unternehmers
jeder Geschäftsführungsmaßnahme der Gesellschaft mitwirken muss.452 Zusammenfassend kommt es darauf an, ob jede Änderung eines Gesellschaftsvertrages dem Genehmigungstatbestand unterfällt. a) Die Genehmigungspflichtigkeit einer nachträglichen Änderung des Gesellschaftsvertrages gemäß § 1822 Nr. 3 Alt. 2 BGB in Rechtsprechung und Literatur aa) Keine Genehmigungspflichtigkeit der nachträglichen Änderung eines Gesellschaftsvertrages nach § 1822 Nr. 3 Alt. 2 BGB Nach (insbesondere älterer) obergerichtlicher Rechtsprechung ist die Änderung eines Gesellschaftsvertrages nicht genehmigungspflichtig.453 Aus der Zusammenschau von § 1822 Nr. 3 Alt. 2 BGB mit § 1823 BGB folge,454 so der BGH, dass jeweils nur der Beginn, nicht aber die Fortführung bereits angelegten Geldes genehmigungspflichtig sei.455 Betont man das „Eingehen“ eines Gesellschaftsvertrages und versteht das „Eingehen“ als Beginn, unterstützt der Wortlaut des § 1822 Nr. 3 Alt. 2 BGB unterstützt diese Auslegung.456 Auch aus der Ratio der Norm folge keine Genehmigungspflichtigkeit, weil ein Abstellen auf die wirtschaftliche Relevanz von Änderungen eines Gesellschaftsvertrages für das Vermögen des Betreuten übersehe, dass weder in § 1821 BGB noch in § 1822 BGB eine Generalklausel für alle Fälle wirtschaftlich bedeutsamer und über die Grenzen einer gewöhnlichen Verwaltung hinausgehender Entscheidungen enthalten sei.457 Stattdessen herrsche ein enumeratives Prinzip vor, innerhalb dessen einige Rechtsgeschäfte dezidiert genannt werden. Aus der besonderen Bezeichnung unterschiedlicher Geschäfte folge, dass nicht 452 Siehe ausführlich zu den unter Änderung des Gesellschaftsvertrages denkbaren Konstellationen: Hilsmann, Minderjährigenschutz durch das Vormundschaftsgericht bei der Änderung von Gesellschaftsverträgen, 1993, S. 66 ff. 453 Das Reichsgericht entschied indes in RG, Urteil vom 27. 02. 1932 – 290/31, HRR 1932, Nr. 1754, dass jede Änderung eines Vertrages, die den Gesellschaftsvertrag rechtlich oder wirtschaftlich auf eine neue Grundlage stelle, genehmigungspflichtig sei. Siehe zu der hier vorgestellten Rechtsprechung: BGH, Urteil vom 20. 09. 1962 – II ZR 209/61, BGHZ 38, 26 (32); BGH, Urteil vom 25. 09. 1972 – II ZR 5/71, WM 1972, 1368 (1370); abweichend bezogen auf den Eintritt eines Kommanditisten: OLG Düsseldorf, Urteil vom 05. 01. 1951 – 2 U 222/49, DB 1951, 443 (ebd.). Zwar bezeichnet Schäfer, ZHR 157 (2011), 557 (561) die Entscheidungen als überholt. Da indes soweit ersichtlich keine divergierenden, obergerichtlichen Entscheidungen neuerer Zeit existieren, wird für die Bearbeitung davon ausgegangen, dass die enge, formale Auslegung der Genehmigungsvorbehalte nach wie vor der Ansicht der Rechtsprechung entspricht. Davon geht auch die Kommentarliteratur aus, vgl. nur: Jurgeleit/Reinfarth, § 1822 BGB, Rn. 40. 454 Siehe zu der genehmigungsfreien Fortführung bereits angelegten Geldes ausführlich oben: Kapitel 2 B. III. 3. 455 BGH, Urteil vom 20. 09. 1962 – II ZR 209/61, BGHZ 38, 26 (27). 456 LG Stuttgart, Beschluss vom 18. 01. 2001 – 4 KfH T 20/00, BWNotZ 2001, 91 (ebd.). 457 BGH, Urteil vom 20. 09. 1962 – II ZR 209/61, BGHZ 38, 26 (28).
C. Begrenzung der Vertretungsmacht des Betreuers
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sämtliche Rechtsgeschäfte, die über die normale Verwaltung hinausgingen und besonders intensive Auswirkungen auf das Vermögen des Betreuten haben könnten, genehmigungspflichtig seien.458 Vielmehr zeigten die einzelnen, genannten Fälle die Notwendigkeit einer engen, formalen Auslegung des Wortlautes auf, um die Sicherheit des Rechtsverkehrs zu gewährleisten.459 Darüber hinaus bringt die Rechtsprechung gegen die Genehmigungspflichtigkeit von Änderungen eines Gesellschaftsvertrages vor, dass bei Annahme eines Genehmigungserfordernisses zum einen intensiv in die Entschließungsfreiheit des Betreuers eingegriffen wird und der Rechtspfleger zum anderen in erheblichem Umfang kaufmännische Zweckmäßigkeitsüberlegungen zur Entscheidung über die Erteilung der Genehmigung anzustellen hat.460 Weiter befürchtet der BGH, dass die Bejahung der Genehmigungspflichtigkeit einer nachträglichen Änderung des Gesellschaftsvertrages auch eine Genehmigungspflicht für die Erhebung der Gestaltungsklage nach §§ 117, 127, 140 HGB nach sich zieht.461 Zusammenfassend verneint die Rechtsprechung die Genehmigungsbedürftigkeit nachträglicher Änderungen eines Gesellschaftsvertrages. Wenn nachträgliche Änderungen des Gesellschaftsvertrages nicht nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 3 Alt. 2 BGB genehmigungsbedürftig sind, ist die Vertretungsmacht des Betreuers nicht eingeschränkt. Da der Betreuer nur in den seltensten Fällen nach Übernahme der Betreuung stellvertretend für den Betreuten eine neue Gesellschaft gründen wird, wäre der Betreuer – eine Einigung mit den Mitgesellschaftern vorausgesetzt – imstande, einer Änderung des Gesellschaftsvertrages unter Berücksichtigung der neuen Situation, der Betreuung, zuzustimmen. Da eine derartige Zustimmung innerhalb seiner Vertretungsmacht liegt, wäre seine stellvertretend für den Betreuten abgegebene Willenserklärung nach §§ 130 Abs. 1 Satz 1, 164 Abs. 1, 3, 1902 BGB sofort wirksam. Auch wäre es dem Betreuer, seiner dogmatischen Stellung als Treuhänder entsprechend, möglich, Weisungen oder weisungsähnliche Wünsche des Betreuten, die auf eine Fortführung des operativen Geschäfts der Gesellschaft in einem bestimmten Sinne abzielen, direkt umzusetzen. Diese Handlungsfreiheit des Betreuers spräche für die Praktikabilität der Betreuung, obgleich abhängig von dem Inhalt der Vertragsänderung eine Genehmigungspflicht dennoch eine Genehmigungspflichtigkeit aus einem anderen Genehmigungstatbestand erwachsen könnte. Nichtsdestoweniger bietet die Ansicht der Rechtsprechung zu §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 3 Alt. 2 BGB entgegen der sogleich anzuspre458
BGH, Urteil vom 30. 04. 1955 – II ZR 202/52, BGHZ 17, 160 (163); BGH, Urteil vom 20. 02. 1989 – II ZR 148/88, BGHZ 107, 23 (30). 459 BGH, Urteil vom 30. 04. 1955 – II ZR 202/53, BGHZ 17, 160 (163); BGH, Urteil vom 20. 09. 1962 – II ZR 209/61, BGHZ 38, 26 (28); BGH, Urteil vom 22. 09. 1969 – II ZR 144/68, BGHZ 52, 316 (319); BGH, Urteil vom 08. 10. 1984 – II ZR 223/83, BGHZ 92, 259 (261); BGH, Urteil vom 20. 02. 1989 – II ZR 148/88, BGHZ 107, 23 (30); BGH, Urteil vom 07. 10. 1991 – II ZR 194/90, NJW 1992, 300 (301). 460 BGH, Urteil vom 20. 09. 1962 – II ZR 209/61, BGHZ 38, 26 (29). Nicht von Relevanz für die Argumentation ist, dass im heutigen Recht nach § 3 Nr. 2b) RPflG der Rechtspfleger, und nicht der Betreuungsrichter, für die Erteilung der Genehmigung zuständig ist. 461 BGH, Urteil vom 20. 09. 1962 – II ZR 209/61, BGHZ 38, 26 (29).
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Kap. 2: Vermögensverwaltung durch den Betreuer eines Unternehmers
chenden Kritik für die Betreuung eines Unternehmers den Vorteil, dass ein Gesellschaftsvertrag regelmäßig vor der Bestellung eines Betreuers eingegangen worden ist. Wenn nachträgliche Änderungen des Gesellschaftsvertrages nicht genehmigungspflichtig sind, ist die Furcht vor dem blockierenden und staatliche Einsichtnahme ermöglichenden Rechtsinstitut der Betreuung jedenfalls bezüglich der Änderung eines Gesellschaftsvertrages unbegründet.462 In der Literatur wird die Genehmigungspflichtigkeit nachträglicher Änderungen eines Gesellschaftsvertrages nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 3 Alt. 2 BGB uneinheitlich beurteilt. Unter Bezugnahme auf den Wortlaut wird in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung angeführt, dass sich § 1822 Nr. 3 Alt. 2 BGB nur auf den Abschluss eines Gesellschaftsvertrages beziehe und daher die nachträgliche Änderung eines Gesellschaftsvertrages nicht genehmigungspflichtig sei.463 Dies wird teilweise auch darauf gestützt, dass keine Generalklausel existiere und stattdessen nur einzelne Fälle geregelt seien.464 Auch die ungewisse Rechtsfolge einer unterbliebenen Genehmigung wird gegen eine extensive Auslegung des § 1822 Nr. 3 BGB vorgebracht. Ohne die erteilte Genehmigung ist der Vertrag bezogen auf den Schutzbedürftigen unwirksam. Die Unwirksamkeit könne zu Rückabwicklungsschwierigkeiten und zu einer Rechtsunsicherheit in der Praxis führen.465 Systematisch wird übereinstimmend mit der Rechtsprechung aus § 1823 BGB abgeleitet, dass nachträgliche Änderungen unabhängig vom Betreuungsgericht vorge462 Auch wenn die Genehmigungstatbestände regelmäßig als erheblicher Nachteil angesehen werden, bleibt es zumeist bei der Äußerung oberflächlicher Befürchtungen, vgl. exemplarisch: Heckschen, NZG 2012, 10 (12, 15). Während Derselbe, a. a. O. (12) anführt, dass aufgrund der Komplexität und des Umfangs nicht auf die unterschiedlichen Ansichten zur Genehmigungsbedürftigkeit eingegangen werden kann, klingt dies bei Demselben, a. a. O. (15) ganz anders, wenn resümiert wird: „Die Gesellschafter wären schlecht beraten, wenn sie der Wahrnehmung der Rechte des geschäftsunfähigen Gesellschafters durch einen Bevollmächtigten widersprechen, da sie es dann in die Hand des Betreuungsgerichtes legen, einen Betreuer zu bestellen, und sie darüber hinaus sich damit abfinden müssen, dass dieser Betreuer in allen wesentlichen Fällen einer Genehmigung durch das Betreuungsgericht bedarf.“ Eine ähnliche Vorgehensweise ist bei Werner, GmbHR 2013, 963 (ebd.) anzutreffen, der vor der Bezeichnung der Betreuung als juristischer Super-Gau anführt: „In bestimmten Fällen kann die Vornahme einer gesellschaftsrechtlichen Transaktion daher eine betreuungsgerichtliche Genehmigung erforderlich machen“. Als drittes Beispiel sei auf den Beitrag von Jocher, notar 2014, 3 (4) hingewiesen, der ohne weitere Konkretisierung moniert, dass „viele unternehmerische Entscheidungen und Gegenstände von Gesellschafterbeschlüssen“ genehmigungspflichtig seien. 463 Duden, JZ 1963, 601 (602); Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 60, Rn. 109; Schmidt, Auswirkungen BVerfGE 72, 155, S. 84; Wiedemann, Die Übertragung und Vererbung von Mitgliedschaftsrechten bei Handelsgesellschaften, 1965, S. 248, 251; Winkler, ZGR 1973, 177 (194). 464 Staudinger/Veit (2014), § 1822 BGB, Rn. 94; Staudinger/Veit (2014), Vor §§ 1821, 1822 BGB, Rn. 3; Eickmann, Rpfleger 1983, 199 (200); a. A.: Hilsmann, Minderjährigenschutz durch das Vormundschaftsgericht bei der Änderung von Gesellschaftsverträgen, 1993, S. 121 ff. 465 Stahl, Minderjährigenschutz im Gesellschaftsrecht und vormundschaftliche Genehmigung, 1988, S. 59 ff., 135; siehe zu den Rechtsfolgen eines nicht genehmigten Betreuerhandelns für den Betreuten auch: Biddermann, Der minderjährige Gesellschafter, 1965, S. 83 ff.; sowie sogleich: Kapitel 2 C. IV. 5. b).
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nommen werden können, da sich die betreuungsgerichtliche Kontrolle nur auf den Beginn und das Ende der Erwerbstätigkeit richte.466 Ferner sei eine Genehmigungspflicht nachträglicher Änderungen des Gesellschaftsvertrages aus praktischen Gesichtspunkten zu verneinen, da anderenfalls kaufmännische Entscheidungen auf staatliche Institutionen übertragen würden und die zur Entscheidung über die Genehmigung nach § 3 Nr. 2 b) RPflG berufenen Rechtspfleger regelmäßig nicht über eine wirtschaftliche Ausbildung verfügten.467 Darüber hinaus führe das Ausbleiben einer Genehmigungspflichtigkeit nicht zu Schutzlücken, da jeder Gesellschafter sich den mit einer Änderung des Gesellschaftsvertrages einhergehenden Risiken qua Gesellschafterstellung im Moment des selbstbestimmten Eintrittes in die Gesellschaft oder der Gründung freiwillig ausgesetzt habe.468 Diese Ansicht kommt hinsichtlich der Änderung des Gesellschaftsvertrages zum selben Ergebnis betreffend die Handlungsfähigkeit des Betreuers. Insofern könnte der Betreuer auch nach dieser Auslegung die Gesellschaferstellung als Stellvertreter des Betreuten verwalten. bb) Genehmigungspflichtigkeit gemäß § 1822 Nr. 3 Alt. 2 BGB nur bei wesentlichen Änderungen des Gesellschaftsvertrages Eine andere Beurteilung ergibt sich aus einer stärkeren Betonung des von §§ 1821, 1822 BGB verfolgten Schutzzwecks. Die Änderung eines Gesellschaftsvertrages kann sowohl die Interessen als auch das Vermögen des Betreuten in einem erheblichen Maße zu beeinträchtigen. Um das Entstehen von Schutzlücken zu verhindern, könnten daher nur wesentliche Änderungen dem Genehmigungsvorbehalt unterfallen, während sonstige Änderungen genehmigungsfrei möglich wären.469 Gegen eine Unterscheidung nach der Erheblichkeit der Vertragsänderung spricht jedoch die damit einhergehende Rechtsunsicherheit.470 Außerdem würde die Unterscheidung zwischen wesentlichen und unwesentlichen Änderungen die Gesellschafter zu einer Prognose zwingen, sodass es für den Betreuer zur Vermeidung von Haftungsrisiken in der Regel notwendig wäre, die Vertragsänderung dem Betreuungsgericht vorzulegen. Damit würde ein ebenso komplexes und ungewisses Verfahren eingeleitet wie bei der Annahme einer Genehmigungspflichtigkeit. Diese Ungewissheit spricht gegen die die Unterscheidung zwischen wesentlichen und nicht wesentlichen Änderungen als Kriterium der Genehmigungspflichtigkeit.471
466
Winkler, ZGR 1973, 177 (194). Stahl, Minderjährigenschutz im Gesellschaftsrecht und vormundschaftliche Genehmigung, 1988, S. 136. 468 Adams, Geschäftsunfähigkeit und Betreuung in Personengesellschaften, 2016, S. 328. 469 BtKomm/Roth, E, § 1822 BGB, Rn. 124; Palandt/Götz, § 1822 BGB, Rn. 9: „fundamentale Änderungen“; wohl auch Schäfer, ZHR 157 (2011), 557 (561): „in bestimmtem Umfang auch Änderungen des Gesellschaftsvertrages“. 470 Erman/Schulte-Bunert, § 1822 BGB, Rn. 16. 471 Knopp, BB 1962, 939 (942). 467
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Kap. 2: Vermögensverwaltung durch den Betreuer eines Unternehmers
cc) Genehmigungspflichtigkeit gemäß § 1822 Nr. 3 Alt. 2 BGB bei jeder Änderung des Gesellschaftsvertrages Mit einer ähnlichen, auf dem Schutzzweck der Genehmigungstatbestände basierenden Argumentation, könnte jegliche Änderung eines Gesellschaftsvertrages für genehmigungsbedürftig erklärt werden, um den Betreuten zu schützen und zu verhindern, dass durch die Änderung des Gesellschaftsvertrages der von §§ 1821, 1822 BGB bezweckte Schutzmechanismus umgangen wird.472 Nur eine Genehmigung des Betreuungsgerichts schützt den Betreuten vor den mit der Änderung des Gesellschaftsvertrages potentiell einhergehenden, erheblichen Risiken.473 Für eine Genehmigungsbedürftigkeit jeder Änderung eines Gesellschaftsvertrages könnte angeführt werden, dass es sich jeweils um eine „modifizierende Bestätigung des Urvertrages“474 handele. Jedenfalls handelt es sich ausweislich § 311 Abs. 1 BGB bei jeder Gesellschaftsvertragsänderung um einen Gesellschaftsvertrag im Sinne des § 1822 Nr. 3 Alt. 2 BGB.475 Systematisch spricht für diese Ansicht ein Vergleich zu § 1822 Nr. 3 Alt. 1 BGB. Der Betreuer benötigt im Falle eines entgeltlichen Erwerbes eines von einer Personenhandelsgesellschaft betriebenen Erwerbsgeschäfts nach § 1822 Nr. 3 Alt. 1 BGB in jedem Fall eine Genehmigung des Betreuungsgerichts. Dann unterfiele zum Beispiel die für den Ausbau eines Erwerbsgeschäfts notwendige Kapitalerhöhung der das Erwerbsgeschäft führenden Gesellschaft, beispielsweise durch Erhöhung der Kommanditeinlage des Betreuten, unabhängig von der Höhe nicht dem Genehmigungserfordernis des § 1822 Nr. 3 Alt. 2 BGB.476 Eine unterschiedliche Behandlung überzeugt nicht, da die Auswirkungen auf das Vermögen des Betreuten identisch sind. Für eine weite Auslegung spricht die Ratio, den Betreuten bei bedeutsamen Geschäften zu schützen.477 Weiter könnte eine Genehmigung der Änderung des Gesellschaftsvertrages notwendig sein, weil das Betreuungsgericht bei der Errichtung einer Gesellschaft den gesamten Gesellschaftsvertrag zu prüfen hat. Der damit bezweckte Schutz könnte umgangen werden, wenn
472
Biddermann, Der minderjährige Gesellschafter, 1965, S. 69; JurisPK-BGB/Lafontaine, § 1822 BGB, Rn. 79. Die Einholung einer betreuungsgerichtlichen Genehmigung empfiehlt: DNotI-Report 2016, 173 (175). Bezogen auf den Minderjährigen vor Einführung des § 1629a BGB auch: Schmidt, Die Auswirkungen der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 13. 05. 1986 (BVerfGE 72, 155) auf den Minderjährigenschutz im Recht der Personengesellschaften, 1991, S. 86 ff. 473 Koenigs, Die stille Gesellschaft, 1961, S. 82; Knopp, BB 1962, 939 (942). 474 Brüggemann, FamRZ 1990, 124 (127). 475 Hilsmann, Minderjährigenschutz durch das Vormundschaftsgericht bei der Änderung von Gesellschaftsverträgen, 1993, S. 74; Münchener Kommentar BGB/Kroll-Ludwigs, § 1822 BGB, Rn. 28. 476 Stöber, Rpfleger 1968, 2 (4); zweifelnd diesbezüglich: Wilde, GmbHR 2010, 123 (126). Um einen derartigen Wertungswiderspruch zu vermeiden, tritt Brox, FS Bosch, 75 (80 ff.) dafür ein, dass § 1822 Nr. 3 Alt. 2 BGB um das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal der Entgeltlichkeit ergänzt werden müsse. 477 Münchener Kommentar BGB/Kroll-Ludwigs, § 1822 BGB, Rn. 28.
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der Gesellschaftsvertrag im Nachhinein ohne betreuungsgerichtliche Kontrolle geändert werden könnte.478 Wollte man § 1822 Nr. 3 Alt. 2 BGB so verstehen, zeigen sich Vor- und Nachteil der Betreuung eines Unternehmers. Das Prüfungsverfahren durch das Betreuungsgericht mit der möglichen Einholung eines Sachverständigengutachtens nach § 29 FamFG ist fraglos umständlich.479 Ein derartiges Vorgehen behindert den Betreuer und mittelbar die von der Entscheidung abhängige Gesellschaft gleichermaßen. Gleichwohl sorgt das Genehmigungsverfahren dafür, dass keine nachteiligen Entscheidungen zulasten des Vermögens des Betreuten getroffen werden. Insbesondere können die Mitgesellschafter einen eventuell überforderten Betreuer nicht durch rasches Handeln aus dem Konzept bringen und unumstößliche Fakten schaffen, welche die Stellung des Betreuten nach Ende der Betreuung nachhaltig verschlechtern. Ehe jedoch zur Praktikabilität der Betreuung im Hinblick auf § 1822 Nr. 3 BGB abschließend Stellung bezogen werden kann, muss entschieden werden, ob die im Rahmen einer Änderung eines Gesellschaftsvertrages abgegebene Willenserklärung des Betreuers unter die Norm zu subsumieren ist. b) Stellungnahme Die Beurteilung, ob eine nachträgliche Änderung des Gesellschaftsvertrages der Genehmigungspflicht der §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 3 Alt. 2 BGB unterfällt, wird dadurch erschwert, dass keine Ansicht eine für alle Beteiligten interessengerechte Lösung anzubieten imstande ist. Entweder wird die Handlungsfähigkeit des Betreuers in einem erheblichen Maße eingeschränkt, um dadurch einen möglichst weitgehenden Schutz des Betreuten zu erreichen, oder es fehlt an Rechtssicherheit für den praktischen Umgang.480 Beides stimmt nicht ohne weiteres mit den Interessen des Betreuten überein. Die nach der Intensität der Änderung des Gesellschaftsvertrages differenzierenden Ansichten sind abzulehnen, da sie aufgrund der mit ihnen einhergehenden Rechtsunsicherheit nicht praktikabel sind. Wann eine „wesentliche“ oder „fundamentale“ Änderung des Gesellschaftsvertrages vorliegt, wird nicht deutlich. Im Ergebnis wären der Betreuer und die Gesellschaft aus Gründen der Rechtssicherheit dazu gezwungen, eine Anfrage an das Betreuungsgericht in der Hoffnung auf ein Negativtestat hinsichtlich der Genehmigungsbedürftigkeit zu stellen. Allerdings geht mit dieser Anfrage ein Zeitverlust einher und die verbindliche Auskunftsbereitschaft der Betreuungsgerichte wird in der Praxis stark divergieren. Überdies bietet der Wortlaut keinen Anhaltspunkt für eine Unterscheidung zwischen verschiedenen Arten der Änderung eines Gesellschaftsvertrages. 478
(942). 479
Biddermann, Der minderjährige Gesellschafter, 1965, S. 69; Knopp, BB 1962, 939
Siehe oben: Kapitel 2 C. II. 1. Münchener Kommentar BGB/Kroll-Ludwigs, § 1822 BGB, Rn. 28; Staudinger/Veit (2014), § 1822 BGB, Rn. 94. 480
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Für die Ansicht der Rechtsprechung, dass nachträgliche Änderungen des Gesellschaftsvertrages nicht genehmigungsbedürftig sind, spricht, dass eine angenommene Genehmigungspflichtigkeit des Handelns des Betreuers einen „weitgehenden Eingriff in die Entschließungsfreiheit“481 desselben darstellt. Allerdings bietet die Genehmigungspflichtigkeit den Vorteil, dass der Schutz des Betreuten vor ihn benachteiligenden Handlungen durch den Betreuer umfassend gewahrt wird. Für beide Ansichten spricht, dass sie für Rechtssicherheit sorgen. Während nach der Auffassung der Rechtsprechung die im Rahmen der Änderung des Gesellschaftsvertrages stellvertretend abgegebene Willenserklärung des Betreuers nicht genehmigungspflichtig ist, ist nach der Gegenansicht jede Willenserklärung eines Betreuers genehmigungspflichtig. Damit bieten beide Ansichten die für die Praxis notwendige Verlässlichkeit. Maßgeblich ist daher der Wortlaut des § 1822 Nr. 3 Alt. 2 BGB. Nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 3 Alt. 2 BGB bedarf der Betreuer der Genehmigung des Betreuungsgerichts zu einem Gesellschaftsvertrag, der zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts eingegangen wird. Käme es entscheidend auf den Betrieb des Erwerbsgeschäfts an, so könnte dies nach dem allgemeinen Sprachempfinden für eine Kontinuität stehen,482 sodass auch nachträgliche Änderungen eines Gesellschaftsvertrages genehmigungspflichtig wären. Ist dagegen das Eingehen des Gesellschaftsvertrages maßgeblich, so wäre nur der Beginn eines Erwerbsgeschäfts infolge eines Gesellschaftsvertrages genehmigungspflichtig, da ein Eingehen dem allgemeinen Sprachempfinden nach für eine Aufnahme steht,483 und das Eingehen einer vertraglichen Bindung im juristischen Sprachgebrauch den Beginn eines Schuldverhältnisses markiert. Unabhängig davon, dass der Betrieb eines Erwerbsgeschäfts nicht nur den Beginn, sondern auch das Alltagsgeschäft eines Erwerbsgeschäfts umfasst, gibt die Syntax in Form des Relativsatzes vor, wie der Passus des Gesetzestextes zu verstehen ist. Das Prädikat des Relativsatzes, „Gesellschaftsvertrag, der […] eingegangen wird“, verdeutlicht, dass nur das Initiieren eines Gesellschaftsvertrages, also der Beginn, von der Genehmigungspflicht des § 1822 Nr. 3 Alt. 2 BGB erfasst ist. Aufgrund des Wortlautes des § 1822 Nr. 3 Alt. 2 BGB ist eine stellvertretend vom Betreuer abgegebene Willenserklärung zur Änderung eines Gesellschaftsvertrages nicht genehmigungspflichtig. Bliebe es bei diesem Ergebnis, folgte daraus für die Betreuung eines Unternehmers, dass der Betreuer bezogen auf Änderungen des Gesellschaftsvertrages grundsätzlich ebenso frei entscheiden könnte, wie dies bei einem Vorsorgebevollmächtigten der Fall ist. Selbst wenn die Willenserklärung des Betreuers nicht genehmigungspflichtig ist, würde dies nichts daran ändern, dass der Betreuer
481 BGH, Urteil vom 20. 09. 1962 – II ZR 209/61, BGHZ 38, 26 (29); Gernhuber/CoesterWaltjen, Familienrecht, § 60, Rn. 109. 482 Scholze-Stubenrecht/Pescheck, Duden, Eintrag zu „Betrieb“. 483 Scholze-Stubenrecht/Pescheck, Duden, Eintrag zu „eingehen“.
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gemäß § 1901 Abs. 2, 3 BGB treuhänderisch darauf achten müsste, dass die Änderung des Gesellschaftsvertrages mit den Interessen des Betreuten im Einklang steht. 5. Analoge Anwendung des § 1822 Nr. 3 Alt. 2 BGB auf nachträgliche Änderungen eines Gesellschaftsvertrages Zum Schutz des Betreuten könnte § 1822 Nr. 3 Alt. 2 BGB analog auf nachträgliche Änderungen eines Gesellschaftsvertrages anwendbar sein. Wie soeben herausgearbeitet, spricht der Wortlaut des § 1822 Nr. 3 Alt. 2 BGB gegen eine Genehmigungspflichtigkeit nachträglicher Änderungen eines Gesellschaftsvertrages. Allerdings ist die im Vormundschaftsrecht zu findende Norm auf Minderjährige zugeschnitten. Die zitierte Rechtsprechung setzte sich mit Minderjährigen auseinander.484 So führte der II. Zivilsenat beispielsweise als Argument an, dass „der gesetzliche Vertreter des Minderjährigen nunmehr auf der genehmigten Grundlage alle weiteren Entscheidungen unter eigener Verantwortung zu treffen hat und auch treffen darf“485. Die Prämisse einer zuvor erteilten Genehmigung wird bei der Betreuung eines Unternehmers regelmäßig unzutreffend sein. Denn die Fortführung bereits vor der Betreuung angelegten Geldes durch den Betreuer genehmigungsfrei und unterfällt nicht einmal der Innengenehmigung der §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1811 Satz 1 BGB.486 Der nunmehr Betreute hat sich vor der Anordnung der Betreuung entschieden, an einem Unternehmen zu partizipieren. Dieser Entscheidung wird das Bewusstsein zugrunde gelegen haben, mit dem Eintritt in ein Unternehmen Risiken einzugehen. Im Vergleich zu der Rechtsprechung bezogen auf einen Minderjährigen beruht die gesellschafterliche Stellung des Betreuten nicht auf einer infolge von §§ 1629 Abs. 2, 1795 Abs. 1 Nr. 1, 1822 Nr. 3 Alt. 2 BGB „genehmigten Grundlage“487. Auf eine derartige überprüfte Grundlage stützt jedoch die Rechtsprechung ihre Auslegung des § 1822 Nr. 3 BGB. Um die privatautonome Entscheidung des Eintritts in eine Gesellschaft zu schützen, könnte daher ein dem Schutzzweck des § 1822 BGB entsprechendes Ergebnis durch eine analoge Anwendung des § 1822 Nr. 3 Alt. 2 BGB zu erreichen sein.488 a) Voraussetzungen einer analogen Anwendung des § 1822 Nr. 3 Alt. 2 BGB Um § 1822 Nr. 3 Alt. 2 BGB auf nachträgliche Änderungen eines Gesellschaftsvertrages anwenden zu können, müsste eine planwidrige Regelungslücke bei
484 485 486 487 488
Siehe für Nachweise: Fn. 453. BGH, Urteil vom 20. 09. 1962 – II ZR 209/61, BGHZ 38, 26 (31). Siehe dazu: Kapitel 2 B. III. 2. BGH, Urteil vom 20. 09. 1962 – II ZR 209/61, BGHZ 38, 26 (31). Dies fordert grundsätzlich: Klüsener, Rpfleger 1990, 321 (322).
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Kap. 2: Vermögensverwaltung durch den Betreuer eines Unternehmers
einer gleichgelagerten Interessenlage vorliegen.489 Vorliegend könnte die Lücke des § 1822 Nr. 3 Alt. 2 BGB darin bestehen, dass die nachträgliche Änderung des Gesellschaftsvertrages nicht genehmigungspflichtig ist, obgleich sie mit denselben Risiken einhergeht wie der Abschluss eines Gesellschaftsvertrages. Gegen die Analogiefähigkeit des § 1822 Nr. 3 BGB könnte der enumerative Charakter der Vorschrift sprechen. Es wurde auf eine Auffangvorschrift verzichtet. Stattdessen wurden einzelne Situationen explizit als genehmigungsbedürftig eingeordnet. Dagegen spricht, dass lediglich aus praktischen Erwägungen darauf verzichtet wurde, eine Generalklausel einzuführen. Dem Gesetzgeber war die Lückenhaftigkeit der Aufzählung in § 1822 BGB bewusst.490 Vor diesem Hintergrund reichen das Fehlen einer Generalklausel und der enumerative Charakter der Norm nicht aus, um die Analogiefähigkeit zu verneinen. Damit ist § 1822 BGB grundsätzlich analogiefähig. Gegen das Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke könnte die Gesetzgebungsgeschichte sprechen. Der erste Senat des Bundesverfassungsgerichts ließ im Jahr 1986 offen, ob und inwieweit § 1822 Nr. 3 BGB analogiefähig sei.491 Auf diese Entscheidung reagierte der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Beschränkung der Haftung Minderjähriger vom 25. August 1998 (MHbeG)492. Es wurde die Haftung Minderjähriger durch die Einführung des § 1629a BGB beschränkt. Dadurch, dass der Gesetzgeber die vom Bundesverfassungsgericht ausdrücklich angesprochene, aber nicht abschließend beantwortete Möglichkeit einer Analogie zu § 1822 Nr. 3 Alt. 2 BGB nicht zum Anlass einer Überarbeitung genommen hat, könnte es an einer planwidrigen Regelungslücke fehlen.493 In den Gesetzesmaterialien wird eine Erweiterung der §§ 1821, 1822 BGB abgelehnt, da die „Erweiterung des Katalogs […] um die Fortführung eines ererbten Handelsgeschäfts mit erheblichen praktischen Schwierigkeiten“494 verbunden sei. Es würde dem Rechtspfleger bezogen auf § 1822 Nr. 3 BGB eine nicht zu leistende Prognose über die Entwicklung des Geschäfts in der Zukunft auferlegt und die Beteiligten würden mit einem Schwebezustand bis zur Entscheidung des Betreuungsgerichts belastet. Auch befürchtete der Gesetzgeber, dass eine Erweiterung des Katalogs der §§ 1821, 1822 BGB zwangsläufig weiterhin lückenhaft sein werde.495 Diese Erwägungen beziehen sich sämtlich auf eine unmittelbare Anwendung des § 1822 Nr. 3 Alt. 2 BGB auf Minderjährige im Rahmen einer Vormundschaft. Bei der Einführung des Betreuungsrechts wurde in § 1908i Abs. 1 Satz 1 BGB auf § 1822 BGB, nicht aber auf die Haftungsbeschränkung des § 1629 Abs. 1 BGB verwiesen. Mithilfe von § 1629a BGB wollte der Gesetzgeber 489 Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, Rn. 878, 889. Siehe zu den Analogievoraussetzungen auch oben: Kapitel 2 B. V. 2. b) bb). 490 Mot. IV, S. 1085 f., 1136; BT-Drs 13/5624, S. 2, 6; siehe auch: Eickmann, Rpfleger 1983, 199 (200). 491 BVerfG, Beschluss vom 13. 05. 1986 – 1 BvR 1542/84, BVerfGE 72, 155 (170). 492 BGBl. 1998 I, 2487. 493 Vgl. in diesem Sinne: JurisPK-BGB/Lafontaine, § 1822 BGB, Rn. 83. 494 BT-Drs 13/5624, S. 2. 495 BT-Drs 13/5624, S. 6 f.; BT-Drs 13/10831, S. 8.
C. Begrenzung der Vertretungsmacht des Betreuers
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vermeiden, dass Minderjährige mit erheblichen Schulden belastet ihr eigenständiges Leben als Volljährige beginnen.496 Das Bundesverfassungsgericht hatte in der bereits genannten Entscheidung betont, dass es mit Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG unvereinbar sei, dass Eltern ohne Genehmigung des Familiengerichts kraft ihrer gesetzlichen Vertretungsmacht Verbindlichkeiten für ihre Kinder eingehen können, die über das von Kindern ererbte Vermögen hinausgehen.497 Da auch die aufgrund der gesetzlichen Vertretungsmacht des Betreuers abgegebenen Willenserklärungen einen Eingriff in die Grundrechte des Betreuten darstellen,498 und die §§ 1896 ff. BGB keine § 1629a BGB entsprechende Regelung enthalten, ist die Absicherung eines Minderjährigen stärker ausgeprägt als diejenige eines Betreuten. Diese hat der Gesetzgeber nicht konkret adressiert. Eine planwidrige Regelungslücke liegt vor. Darüber hinaus bedarf es für eine Analogiebildung einer vergleichbaren Interessenlage.499 Die Begründung und die Änderung eines Gesellschaftsvertrages verändern jeweils einen Gesellschaftsvertrag.500 Für den Betreuten birgt die Abgabe einer Willenserklärung durch den Betreuer, die auf einen Gesellschaftsvertrag zum Beginn eines Erwerbsgeschäftes abzielt, die gleichen Gefahren, als ob der Betreuer eine Willenserklärung abgibt, die eine nachträgliche Änderung des Gesellschaftsvertrages betrifft. Somit ist die Interessenlage hinsichtlich der denkbaren wirtschaftlichen Auswirkungen des Betreuerhandelns für das Vermögen des Betreuten vergleichbar. Für eine vergleichbare Interessenlage spricht darüber hinaus ein Vergleich mit der Rechtsprechung zu Minderjährigen:501 Wenn die Ansicht der Rechtsprechung zutrifft, wäre im Falle eines betreuten Gesellschafters sowohl die Fortführung des angelegten Geldes als auch die Entscheidung über eine Änderung des Gesellschaftsvertrages genehmigungsfrei möglich. Dieser Befund könnte der staatlichen Schutzpflicht für den Betreuten nicht gerecht werden. Zahlreiche Ausführungen zum Vormundschaftsrecht beruhen darauf, dass es eine ursprüngliche Genehmigung des Gesellschaftsvertrages durch das Vormundschaftsgericht gibt. Bei der Betreuung eines Unternehmers kann bereits angelegtes Geld genehmigungsfrei fortgeführt werden.502 Wenn der ursprüngliche Gesellschaftsvertrag nicht überprüft worden ist und der Betreuer einer Änderung des Gesellschaftsvertrages ohne be496
Münchener Kommentar BGB/Huber, § 1629a BGB, Rn. 1. BVerfG, Beschluss vom 13. 05. 1986 – 1 BvR 1542/84, BVerfGE 72, 155 (173). Aus dieser Entscheidung wird teilweise die Analogiefähigkeit von § 1822 BGB direkt abgeleitet, vgl. in diesem Sinne: Becker, Der unfaire Vertrag, 2003, S. 28; Canaris, JZ 1987, 993 (999). 498 Siehe oben: Kapitel 1 C. II. 3. 499 Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, Rn. 889. 500 Haarländer, Die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung nach § 1822 Nr. 3 2. Alternative BGB bei Änderungen des Gesellschaftsvertrages von Personengesellschaften, 1971, S. 110. 501 BGH, Urteil vom 20. 09. 1962 – II ZR 209/61, BGHZ 38, 26 (32); BGH, Urteil vom 25. 09. 1972 – II ZR 5/71, WM 1972, 1368 (1370). 502 Siehe oben: Kapitel 2 B. III. 2. 497
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Kap. 2: Vermögensverwaltung durch den Betreuer eines Unternehmers
treuungsgerichtliche Überprüfung zustimmen könnte, wäre der Betreuer in der Lage, Entscheidungen mit enormer Bedeutung für das Vermögen des Betreuten zu treffen, ohne dass das Betreuungsgericht jemals präventiv hätte einschreiten können. Eine Überprüfung des Handelns des Betreuers erfolgte allenfalls nachträglich im Rahmen der Rechnungslegung. Zwar folgt aus § 1901 Abs. 2 BGB und aus der treuhänderischen Stellung die Verpflichtung des Betreuers zu einer fremdnützigen Interessenwahrnehmung. Allerdings wächst mit der gesteigerten Handlungsfreiheit des Betreuers auch das Missbrauchsrisiko durch den Betreuer. Dabei kommt nicht nur ein kollusives Zusammenwirken zwischen dem Betreuer und Dritten in Betracht, sondern auch die fahrlässige Verletzung von Rechten des Betreuten. Der in §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 1 Var. 1 BGB zu findende Schutz, welcher die von dem Betreuer zu einem Rechtsgeschäft abgegebene Willenserklärung, durch welche der Betreute zu einer Verfügung über sein Vermögen im Ganzen verpflichtet wird, genehmigungspflichtig macht, genügt insoweit nicht. Denn die von einer GmbH gehaltenen Vermögenswerte stehen der juristischen Person zu und gehören nicht dem Vermögen des Betreuten an,503 sodass Verfügungen über derartige Gegenstände genehmigungsfrei sind. Für die Genehmigungspflichtigkeit spricht insbesondere vor dem Hintergrund des Eigentumsschutzes, dass §§ 1821, 1822 BGB bezwecken, wirtschaftlich bedeutsame Geschäfte des Vormundes staatlicher Aufsicht zu unterstellen. Wenn aber der mit der Handlung des Betreuers einhergehende Eingriff in die Grundrechte des Betreuten bei einigen Handlungen dem präventiven Schutz des Betreuungsgerichts unterliegt, spricht vieles dafür, von einem entsprechenden Schutz für Geschäfte von großer wirtschaftlicher Relevanz auszugehen. Überdies ist anerkannt, dass im Bereich der sozialen Fürsorge der Schutz des Betroffenen Vorrang vor dem Verkehrsschutz hat.504 Somit führt eine analoge Anwendung des § 1822 Nr. 3 Alt. 2 BGB zu einer interessensgerechten Lösung. Daher liegt eine vergleichbare Interessenlage vor. Die Voraussetzungen einer analogen Anwendung des §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 3 Alt. 2 BGB auf nachträgliche Änderungen des Gesellschaftsvertrages liegen vor. b) Rechtsfolge einer fehlenden Genehmigung im Falle der Genehmigungspflichtigkeit nachträglicher Änderungen des Gesellschaftsvertrages: Der Betreute als „hinkender Gesellschafter“? Die Willenserklärung des Betreuers zu einer nachträglichen Änderung des Gesellschaftsvertrages bedarf der betreuungsgerichtlichen Genehmigung, sodass seine Willenserklärung bis zu der Erteilung der Genehmigung nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1829 Abs. 1 Satz 1 BGB und der Mitteilung des Betreuers an die Mitgesellschafter nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1829 Abs. 1 Satz 2 BGB schwebend un503 504
Siehe oben: Kapitel 2 C. III. BVerfG, Beschluss vom 13. 05. 1986 – 1 BvR 1542/84, BVerfGE 72, 155 (175).
C. Begrenzung der Vertretungsmacht des Betreuers
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wirksam ist.505 Als Lackmustest für die Analogiebildung muss Stellung zu der Frage bezogen werden, was geschieht, wenn ohne die Stimme des Betreuten die notwendige Mehrheit für die Vertragsänderung nicht erlangt wird, die Genehmigung des Betreuungsgerichts fehlt und weder der Betreuer noch die Gesellschafter um die Genehmigungsbedürftigkeit der Willenserklärung des Betreuers wissen. Solange die Voraussetzungen der §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1829 Abs. 1 BGB nicht erfüllt sind, ist die für den Betreuten abgegebene Willenserklärung des Betreuers unwirksam. Wird der in dem Beschluss gefasste Inhalt in der Folge von allen Gesellschaftern als wirksam verstanden und umgesetzt, kann die durch die Vertragsänderung modifizierte Vertragsfassung nicht mithilfe der Grundsätze von der fehlerhaften Gesellschaft für wirksam erklärt werden, wenn diese Grundsätze gegenüber einem Betreuten nicht zur Anwendung gelangten.506 Obgleich der geänderte, fehlerhafte Gesellschaftsvertrag in Vollzug gesetzt worden ist, wird allgemein anerkannt, dass diese Grundsätze gegenüber einem beschränkt Geschäftsfähigen nicht zur Anwendung kommen.507 Obgleich in der Literatur teilweise lediglich die Beteiligung Minderjähriger als Ausnahme von der Anwendung der Grundsätze von der fehlerhaften Gesellschaft genannt wird,508 könnten die Grundsätze von der fehlerhaften Gesellschaft ebenfalls gegenüber einem Betreuten ausgeschlossen sein. Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft ist jedenfalls dem nach § 1903 Abs. 1 Satz 1 BGB unter Einwilligungsvorbehalt stehenden Betreuten gegenüber nicht anwendbar, weil die Schutzbedürftigkeit eine ähnliche ist.509 Auch ohne einen angeordneten Einwilligungsvorbehalt spricht gegen die Anwendung der Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft gegenüber einem Betreuten in systematischer Hinsicht der durch §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 3 Alt. 2, 1829 Abs. 1 BGB vermittelte Schutz. Denn das Genehmigungsverfahren würde unterlaufen, wenn der Betreute ab dem Vollzug der Änderung des Gesellschaftsvertrages für die mit der Änderung einhergehenden Rechtsfolgen haften würde.510 Aus verfassungsrechtlicher Sicht spricht für die Nichtanwendbarkeit der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft gegenüber dem Betreuten, dass es eine zu § 1629 Abs. 1 BGB vergleichbare haftungsbegrenzende Vorschrift für Betreute nicht gibt. Wenn für Minderjährige selbst nach Ein505
Siehe ausführlich zum Genehmigungsverfahren: Kapitel 2 C. II. Zu den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft siehe: RG, Urteil vom 18. September 1934 – II 95/34, RGZ 145, 155 (159); Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 6 I, II. Es liegt grundsätzlich eine Konstellation der fehlerhaften Gesellschaft vor, weil die Mängel in der Beschlussfassung durch Einholung der Genehmigung des Betreuungsgerichts heilbar sind, vgl.: Riedlinger, Minderjährige in der Familienkommanditgesellschaft, 1978, S. 114. 507 BGH, Urteil vom 30. 04. 1955 – II ZR 202/52, BGHZ 17, 160 (167 f.); BGH, Urteil vom 30. 09. 1982 – III ZR 58/81, NJW 1983, 748 (ebd.); BGH, Urteil vom 17. 02. 1992 – II ZR 100/ 91, NJW 1992, 1503 (1504); Goette, DStR 1996, 266 (270); Koch, Gesellschaftsrecht, § 5, Rn. 16. 508 Vgl.: Schäfer, Gesellschaftsrecht, § 5, Rn. 23. 509 BeckOK GmbHG/Jaeger, § 2 GmbHG, Rn. 44. 510 Vgl. ohne auf die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft einzugehen: OLG Stuttgart, Urteil vom 20. 12. 2012 – 7 U 98/12, NJOZ 2013, 1205 (1208). 506
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führung des § 1629a BGB die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft nicht anwendbar sein soll, muss die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft erst recht gegenüber einem Betreuten versperrt sein. Somit kommt die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft nicht gegenüber einem Betreuten zur Anwendung. Fraglich ist in der Konsequenz die Rechtsstellung des Betreuten. Würde es sich bei der Änderung des Gesellschaftsvertrages um eine Gründung einer Gesellschaft handeln, wäre der Betreute gar kein Gesellschafter geworden.511 Bezogen auf die Änderung eines Gesellschaftsvertrages würde für den Betreuten weiterhin die alte Fassung des Gesellschaftsvertrages gelten. Da die Regeln über die fehlerhafte Gesellschaft den Rechtsverkehr schützen wollen, aber gegenüber Betreuten nicht zur Anwendung gelangen, könnte man den Betreuten dergestalt vor den nachteiligen Folgen schützen, dass er zwar Gesellschafter wird und die Regelungen über die fehlerhafte Gesellschaft nur im Hinblick auf die für den Betreuten positiven Aspekte anwendbar sind. Der Ausschluss einer Verlustbeteiligung bei gleichzeitiger Teilnahme am Geschäftsgewinn wird als „hinkender Gesellschafter“512 bezeichnet. Hinsichtlich der Änderung des Gesellschaftsvertrages würde auch für den Betreuten die geänderte Fassung gelten, während eine Haftung für aus der Änderung erwachsende, nachteilige Folgen indes ausschiede. Gegen einen im Wortsinne „hinkenden Gesellschafter“, der lediglich an den Vorteilen partizipiert, von den Nachteilen der Änderung des Gesellschaftsvertrages aber verschont bleibt, spricht, dass man die Gesellschafterstellung im Gesellschaftsrecht eine binäre ist. Ein nur berechtigter, aber nicht verpflichteter Gesellschafter widerspricht dem Grundprinzip eines auf einem Gesellschaftsvertrag beruhenden Zusammenschlusses.513 Modifizierend könnte jedoch die Änderung des Gesellschaftsvertrages für den Betreuten gelten, ihm aber gleichzeitig sowohl eine Gewinnbeteiligung durch die Veränderung als auch eine Verlusthaftung für die spezifische Veränderung verwehrt sein, sodass er im Ergebnis gestellt wird, als wäre die Vertragsänderung nicht vonstattengegangen.514 Wenn der Betreute in diesem Fall lediglich ein hinkender Gesellschafter wäre, würde er nicht für die Verluste der Gesellschaft haften und gleichzeitig auch nicht an der Gewinnverteilung teilnehmen. Der Vorteil dieser Lösung besteht darin, dass das Betreuungsgericht im Rahmen der Erteilung der Genehmigung überprüfen kann, ob sich die Beteiligung positiv ent-
511 BGH, Urteil vom 30. 09. 1982 – III ZR 58/81, NJW 1983, 748 (ebd.); Biddermann, Der minderjährige Gesellschafter, 1965, S. 93 ff.; Beck PersGes/Müller, § 4, Rn. 2; Münchener Kommentar BGB/Schäfer, § 705 BGB, Rn. 337. 512 Gansmüller, NJW 1955, 1067 (1068). 513 Münchener Kommentar BGB/Schäfer, § 705 BGB, Rn. 337; Koch, Gesellschaftsrecht, § 5, Rn. 18; Stahl, Minderjährigenschutz im Gesellschaftsrecht und vormundschaftliche Genehmigung, 1988, S. 62. 514 In diesem Sinne den hinkenden Gesellschafter modifizierend: Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 6 III 3 c) cc); im Ergebnis entsprechend: Adams, Geschäftsunfähigkeit und Betreuung in Personengesellschaften, 2016, S. 98.
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wickelt hat.515 Hat die Gesellschaft seit der Änderung des Vertrages wirtschaftlich reüssiert, kann das Betreuungsgericht durch seine Genehmigung die Wirksamkeit der von dem Betreuer abgegebenen Willenserklärung ex tunc herstellen, wenn der Betreuer die Gesellschafter über die positiv ausgefallene Genehmigung informiert. Sofern ein wirtschaftlicher Erfolg der Gesellschaft nach der Vertragsänderung ausgeblieben ist, kann das Betreuungsgericht die Genehmigung verweigern und auf diese Weise dafür Sorge tragen, dass das Vermögen des Betreuten durch die Handlung des Betreuers keinen Schaden erleidet. 6. Zwischenergebnis: Umfassende Genehmigungspflichtigkeit Jede Willenserklärung eines Betreuers, die einen Gesellschaftsvertrag betrifft, welcher den Beginn oder die Veränderung eines Erwerbsgeschäfts betrifft, ist genehmigungspflichtig. Während §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 3 Alt. 2 BGB in unmittelbarer Anwendung nur den Gründungsgesellschaftsvertrag umfassen, führt eine analoge Anwendung der §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 3 Alt. 2 BGB dazu, dass auch nachträgliche Änderungen des Gesellschaftsvertrages genehmigungspflichtig sind. Wissen weder der Betreuer noch die Mitgesellschafter um die Genehmigungspflichtigkeit, ist der Betreute weiterhin Gesellschafter, allerdings nicht berechtigt, auf die infolge der Änderung des Gesellschaftsvertrages generierten Gewinne zuzugreifen; gleichzeitig scheidet eine Haftung für aus der Änderung des Gesellschaftsvertrages resultierende Verbindlichkeiten aus. Damit untersteht das Handeln des Betreuers bei Änderungen des Gesellschaftsvertrages insgesamt der Aufsicht des Betreuungsgerichts. Dies erschwert es einer Gesellschaft, insbesondere mit einem die Stimmenmehrheit haltenden Gesellschafter, rasche, rechtssichere Beschlüsse zu fassen. Andererseits untersteht der Betreuer einer objektiven Aufsicht, welche Missbräuche erschwert und, wenn möglich, verhindert. Damit steht der Genehmigungstatbestand der §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 3 Alt. 2 BGB sinnbildlich für die mit der Betreuung eines Unternehmers einhergehenden Vor- und Nachteile. 7. Sonderfall des §§ 1903 Abs. 1 Satz 2, 112 BGB: Genehmigungsvorbehalt der Ermächtigungserklärung des Betreuers, den Betreuten ein Erwerbsgeschäft führen zu lassen Aus § 1903 Abs. 1 Satz 2 BGB, 112 Abs. 1 BGB könnte der Schluss abgeleitet werden, dass der Betreuer den Betreuten dazu ermächtigen kann, ein selbständiges Erwerbsgeschäft zu führen. Diese Ermächtigungserklärung des Betreuers unterliegt dem Genehmigungsvorbehalt nach §§ 112 Abs. 1 Satz 2, 1822 Nr. 3 BGB.516 Die Folge der erteilten Genehmigung wäre, dass der Betreute für die Führung des Er515 516
Schmidt, JuS 1990, 517 (522). Fialla/Müller/Braun, Rpfleger 2002, 389 (406).
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werbsgeschäfts die unbeschränkte Geschäftsfähigkeit zurückerlangt.517 Eine solche Ermächtigung wird es in der Praxis regelmäßig nicht geben, da der unter Einwilligungsvorbehalt stehende Betreute nicht über die Fähigkeit verfügen wird, die mit der Führung eines Erwerbsgeschäfts einhergehenden Risiken zu erkennen.518 Die Verweisung in § 1903 Abs. 1 Satz 2 BGB auf die §§ 112, 113 BGB ist widersprüchlich, da die Fähigkeit des Betreuten, die mit einem Erwerbsgeschäft regelmäßig einhergehenden Schwierigkeiten zu überschauen und selbständig einen Betrieb zu führen, indiziert, dass jedenfalls der Einwilligungsvorbehalt und unter Umständen auch die Betreuung nach § 1908d Abs. 1, 4 BGB aufzuheben sind.519
V. §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1812 Abs. 1 BGB: Genehmigungspflicht bei Verfügung über eine Forderung 1. Probleme bei einer wortlautgetreuen Anwendung der Norm Für die Betreuung eines Unternehmers könnte die Beschränkung der Vertretungsmacht des Betreuers bei Verfügungen über Forderungen gemäß §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1812 Abs. 1 Satz 1 BGB von großem Interesse sein. Gemäß §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1812 Abs. 1 Satz 1 BGB kann ein Betreuer über eine Forderung oder über ein anderes Recht, kraft dessen der Betreute eine Leistung verlangen kann, sowie über ein Wertpapier des Betreuten nur mit einer Genehmigung des Gegenbetreuers verfügen, sofern nicht nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1819 bis 1822 BGB eine Genehmigung des Betreuungsgerichts erforderlich ist. § 1812 BGB ist eine Außengenehmigung, die die Vertretungsmacht des Betreuers einschränkt.520 Der Genehmigungspflicht ebenso unterstellt ist die Verpflichtung zu einer solchen Verfügung nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1812 Abs. 1 Satz 2 BGB. Dem Wortlaut nach ist die Übereignung oder Verpfändung beweglicher Sachen nach §§ 929 ff. BGB oder §§ 1204 ff. BGB damit genehmigungsfrei, während der Betreuer bei der Abtretung der Genehmigung des Betreuungsgerichts bedarf.521 Grundsätzlich wird unter einer Verfügung ein Rechtsgeschäft verstanden, durch welches der Verfügende unmittelbar auf ein Recht einwirkt, indem er es überträgt, es mit einem Recht belastet, das Recht aufhebt oder auf andere Weise seinen Inhalt ändert.522 Bei der Betreuung eines Unternehmers könnte das Handeln des Betreuers bei der Veräußerung eines Anteils 517
Münchener Kommentar BGB/Schwab, § 1903 BGB, Rn. 58. Wedemann, AcP 209 (2009), 668 (697 f.). 519 Münchener Kommentar BGB/Schwab, § 1903 BGB, Rn. 58; BeckOGK/SchmidtRecla, § 1903 BGB, Rn. 63; abweichend, jedoch bezogen auf § 113 BGB: BAG, Urteil vom 13. 02. 2008 – 2 AZR 864/06, BAGE 125, 345 (352). 520 Jurgeleit/Reinfarth, § 1812 BGB, Rn. 6; Sorg, BWNotZ 2010, 107 (125). 521 Fialla/Müller/Braun, Rpfleger 2002, 389 (399); Damrau, FamRZ 1984, 842 (845). 522 BGH, Urteil vom 15. 03. 1951 – IV ZR 9/50, BGHZ 1, 294 (304); Wüstenberg, Rpfleger 2005, 177 (178). 518
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einer GmbH nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1812 Abs. 1 Satz 1 BGB genehmigungspflichtig sein. Auch bei der Fortführung der gesellschafterlichen Stellung könnten einige Entscheidungen, wie beispielsweise die stellvertretend für den betreuten Gesellschafter abgegebene Willenserklärung des Betreuers zur Entlastung des Geschäftsführers einer GmbH nach § 46 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG, der Genehmigungspflicht unterfallen. Darüber hinaus könnte auch die Entgegennahme einer Entnahme bei einer Kommanditgesellschaft durch den Betreuer für ihre Wirksamkeit der Genehmigung des Betreuungsgerichts nach §§ 1812 Abs. 1, 2, 1813 Abs. 1 BGB bedürfen. Die Anwendung der Norm kann die wirtschaftliche Handlungsfreiheit eines Betreuers auf überraschende Art und Weise einschränken.523 Wenn der Betreute beispielsweise Eigentümer eines mit einem Wohnhaus bebauten Grundstück mit Mietwohnungen ist und nach der Anordnung der Betreuung einer der Mieter einen um EUR 2,– zu geringen Monatsmietzins überweist, stellt sich für den Betreuer die Frage, ob er die Eintreibung des ausstehenden Mietzinses aus Praktikabilitätsgründen unterlassen kann. Will er auf die Eintreibung der Forderung verzichten und dem Mieter mithin stellvertretend für den Betreuten die Forderung gemäß § 397 Abs. 1 BGB erlassen, benötigt der Betreuer für die Wirksamkeit dieser Erklärung die Genehmigung des Betreuungsgerichts nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1812 Abs. 1 BGB.524 Dieses Beispiel zeigt auf, dass dem Wortlaut nach sämtliche Forderungen dem Genehmigungserfordernis des § 1812 BGB unterfallen. Dieser Umstand, dass jede Verfügung über eine Forderung dem Genehmigungsvorbehalt des § 1812 BGB unterfällt und damit die Handlungsfreiheit des Betreuers einschränkt, wird regelmäßig als zu weitgehend kritisiert.525 2. Der betreute Kommanditist: Genehmigungsbedürftigkeit der Entgegennahme des Gewinnanteils bei einer Kommanditgesellschaft Anders als der Komplementär einer Kommanditgesellschaft (im Folgenden: „KG“), dem nach §§ 122 Abs. 1 Hs. 1, 161 Abs. 2 HGB ein gewinnunabhängiges Kapitalentnahmerecht zusteht, hat ein Kommanditist neben der Vorausdividende an 523
Das folgende Beispiel ist aus Zimmermann, ZEV 2014, 76 (77) übernommen. Vgl.: BGH, Urteil vom 30. 11. 1965 – V ZR 58/63, BGHZ 44, 325 (ebd.). Ähnliche Probleme stellen sich bei der Auflösung eines Girokontos in Form der Kündigung des Girovertrages nach § 676f BGB unabhängig von dem Saldo: LG Meiningen, Beschluss vom 03. 03. 2008 – 3 T 380/07 (102), FamRZ 2008, 1375 (ebd.). 525 Münchener Kommentar BGB/Kroll-Ludwigs, § 1812 BGB, Rn. 9; NK-BGB/Fritsche, § 1812 BGB, Rn. 2; Jürgens, BtR/von Crailsheim, § 1812 BGB, Rn. 3; BeckOGK/Fröschle, § 1812 BGB, Rn. 4, 17 f.; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 15. 03. 2007 – 3 W 15/06, NJW-RR 2008, 235 (236). Nicht eingegangen werden soll an dieser Stelle auf eine zu § 181 BGB bei Minderjährigen vergleichbaren teleologischen Reduktion bei ausschließlicher rechtlicher Vorteilhaftigkeit für den Betreuten, wie dies BeckOGK/Fröschle, § 1812 BGB, Rn. 17.2 andenkt. Denn die einzigen Anwendungsfälle, der Rangvortritt nach § 880 Abs. 2 Satz 1 BGB, die Annahme der Handschenkung nach § 516 Abs. 1 BGB und die Versperrung nach § 1809 BGB sind für die Betreuung eines Unternehmers keine sich regelmäßig stellenden Probleme. 524
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Kap. 2: Vermögensverwaltung durch den Betreuer eines Unternehmers
der Gewinnbeteiligung nach §§ 168 Abs. 1, 121 Abs. 1, 2 HGB nach § 169 Abs. 1 Satz 2 Hs. 1 HGB einen Anspruch auf Auszahlung seines Gewinnanteils. Dies setzt voraus, dass im Jahresabschluss der KG gemäß §§ 242, 161 Abs. 2, 120 HGB ein Jahresüberschuss festgestellt worden ist, der auf den Kommanditisten anteilig entfällt.526 Wird ein Jahresüberschuss festgestellt, besteht der Anspruch auf Auszahlung des Gewinnanteils gemäß § 169 Abs. 1 Satz 2 Hs. 2 BGB nur, wenn zuvor das negative Kapitalkonto des Kommanditisten ausgeglichen worden ist, indem es bis zu der Höhe der Pflichteinlage aufgefüllt worden ist.527 Sofern eine Gewinnauszahlung ansteht, könnte die Entgegennahme der Zahlung durch den Betreuer genehmigungspflichtig nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1812 Abs. 1, 3, 1813 BGB sein. Aus § 1813 BGB folgt, dass die Annahme einer geschuldeten Leistung eine Verfügung ist, da mit der Annahme die Forderung erlischt.528 Die Entgegennahme der infolge dieses Anspruches geleisteten Zahlung könnte als Annahme eines Anspruches, der EUR 3.000,– übersteigt, der Genehmigungspflicht der §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1812 Abs. 1, 1813 Abs. 1 Nr. 2 BGB unterfallen. Eine wirksame Entgegennahme des Geldes durch den Betreuer hätte die Folge, dass die Forderung des Betreuten gegen die KG aus § 169 Abs. 1 Satz 2 Hs. 1 HGB gemäß § 362 Abs. 1 BGB erlischt. Fraglich ist, welche Rechtshandlung des Schuldners in diesem Fall genehmigungsbedürftig sein kann.529 Wird der Gewinn auf ein Konto des Betreuten überwiesen, so kann sich die Genehmigung nicht auf die Zahlung der Gesellschaft beziehen. Denn die Zahlung der KG stellt keine Verfügung des Betreuers über Forderungen des Betreuten dar. Stattdessen kommt es darauf an, auf welche Art und Weise der Betreuer die Forderung des Betreuten aus § 169 Abs. 1 Satz 2 Hs. 1 HGB zum Erlöschen bringen kann. Die Genehmigungspflicht folgt aus der vom Betreuer der Bank durch Nutzung des Kontos erteilten, oder zumindest nicht widerrufenen, Empfangsermächtigung nach §§ 362 Abs. 2, 185 Abs. 1 BGB.530 Daher könnte die Entgegennahme bis zu der Genehmigung schwebend unwirksam sein. Eine derartige 526 Henssler/Strohn/Gummert, § 169 HGB, Rn. 4 f.; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Weipert, § 169 HGB, Rn. 3; Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 53 III 5. 527 BeckOK HGB/Häublein, § 169 HGB, Rn. 6; Pöschke/Steenbreker, NZG 2016, 841 (842); siehe zu der steuerlichen Gestaltung im Hinblick auf § 15a EStG: Sahrmann, DStR 2012, 1109 (ebd.). 528 OLG Karlsruhe, Urteil vom 27. 06. 2007 – 7 U 248/06, FamRZ 2007, 2109 (2110); Sorg, BWNotZ 2010, 107 (125). 529 Dies problematisiert Wilde, GmbHR 2010, 123 (126) nicht. 530 So BeckOGK/Fröschle, § 1812 BGB, Rn. 33; entsprechend wohl auch: BT-Drs 16/ 10897, S. 24 f. Abweichend plädieren Spanl, Vermögensverwaltung durch Vormund und Betreuer, 2009, S. 201; JurisPK-BGB/Lafontaine, § 1812 BGB, Rn. 26 dafür, die Überweisung auf ein Konto des Betreuten nicht dem Genehmigungsvorbehalt des § 1812 BGB zu unterwerfen, da es an einer Gefährdung des Betreutenvermögens durch den Eingang des Geldes fehlt. Sie wollen zum Schutz des Betreuten erst die Abhebung von Geld durch den Betreuer der Genehmigungspflicht des § 1812 BGB unterstellen. Auch wenn dieser Ansatz mit der Ratio korreliert, das Vermögen des Betreuten zu wahren, steht die Erklärung von Spanl, a. a. O. im Gegensatz zum Wortlaut, der § 1812 BGB auf Verfügungen beschränkt. Zu den Problemen einer Barzahlung siehe m. w. N.: BeckOGK/Fröschle, § 1812 BGB, Rn. 31.
C. Begrenzung der Vertretungsmacht des Betreuers
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Verzögerung spräche gegen die Praktikabilität der Betreuung eines Unternehmers. Nicht nur wäre die schwebende Unwirksamkeit für den Betreuten, der eventuell auf das Geld angewiesen ist, unangenehm, sondern auch die Gesellschaft würde unter der Ungewissheit leiden. Sie wüsste nicht, ob die Forderung des Kommanditisten erloschen ist, und ob der Zahlung Erfüllungswirkung zukommt oder eventuell der bezahlte Betrag nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB vom Betreuer herausverlangt werden muss.531 a) Einschränkende Auslegungen des § 1812 BGB Etwas Anderes könnte sich indes aus einer restriktiven Auslegung des § 1812 BGB ergeben. Um die Vertretungsbefugnisse des Betreuers zu erweitern und die Unsicherheiten des Rechtsverkehrs zu vermindern wird unter Bezugnahme auf den historischen Gesetzgeber vorgeschlagen, dass § 1812 BGB nur Geldforderungen erfassen und der Verfügungsbegriff im Sinne des § 1812 BGB abweichend vom grundsätzlichen Verständnis auf die Übertragung und Aufgabe eines Rechts oder einer Forderung, die Belastung sowie die Kündigung des Rechts oder der Forderung begrenzt werden solle.532 Dass bei strenger Anwendung des Wortlauts des § 1812 Abs. 1 BGB die Vertretungsmacht des Betreuers in einem zu umfassenden Maße eingeschränkt wird, wird damit begründet, dass die Motive davon sprechen, dem Vormund die Verwaltung des Mündelvermögens nicht „in einer mit den Bedürfnissen des praktischen Lebens nicht in Einklang stehende[n] Weise“533 einzuschränken. Um dem Vormund bei der Führung einer Vormundschaft die notwendige Freiheit einzuräumen, sahen die §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1813 Abs. 1 Nr. 2 BGB darüber hinaus zurzeit des ersten Entwurfes des BGB eine genehmigungsfreie Annahme einer geschuldeten Leistung bis DM 300,– vor. Diese Summe stellte im Jahr 1899 mehr als die Hälfte des Durchschnittsjahreseinkommens eines Arbeiters oder Angestellten dar.534 Nach dieser Ansicht läge keine Verfügung im Sinne des § 1812 Abs. 1 BGB vor, da die Forderung des Kommanditisten auf seinen Gewinn weder übertragen noch aufgehoben wird. Danach wäre die Entgegennahme des Geldes genehmigungsfrei. Andererseits könnte aus der systematischen Stellung hinter den Regelungen über den Umgang mit dem Vermögen des Betreuten zu folgern sein, dass § 1812 BGB nur auf den Bereich der Vermögenssorge anwendbar sei, nicht aber für die Personensorge gelte.535 Da die Vermögenssorge sowohl die Führung eines Erwerbsgeschäfts, und damit auch den Kommanditisten in einer GmbH & Co.KG, als auch bloße Vermögensanlagemöglichkeiten erfasst, wäre die mit der Entgegennahme des Geldes 531
OLG Karlsruhe, Urteil vom 03. 09. 1998 – 9 U 117 – 97, NJW-RR 1990, 230 (231). Damrau, FamRZ 1984, 842 (845). 533 Mot. IV, S. 1126. 534 Damrau, FamRZ 1984, 842 (843). 535 Erman/Schulte-Bunert, § 1812 BGB, Rn. 6, Münchener Kommentar BGB/Kroll-Ludwigs, § 1812 BGB, Rn. 13; Jürgens, BtR/von Crailsheim, § 1812 BGB, Rn. 3. 532
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Kap. 2: Vermögensverwaltung durch den Betreuer eines Unternehmers
einhergehende Erfüllungswirkung, die zum Erlöschen der Forderung führt, genehmigungspflichtig nach § 1812 Abs. 1 BGB. Weiterhin wird gestützt auf die Motive des BGB und die Ratio der Norm, den Betreuten vor Veruntreuungen oder Unterschlagungen zu schützen, angedacht, § 1812 BGB restriktiv in der Weise auszulegen, dass Geschäfte, die nicht zu einer Veruntreuung führen können, nicht der Genehmigungspflicht unterfallen. Aus der Zusammenschau von § 1812 BGB und § 1813 BGB wird der Schluss gezogen, dass nur solche Forderungen von der Genehmigungspflicht des § 1812 BGB erfasst sein sollen, deren Gegenstand in Geld oder Wertpapieren besteht.536 Da der Anspruch des Kommanditisten auf Auszahlung von Geldern gerichtet ist, wäre die Entgegennahme des Geldes genehmigungspflichtig. b) Stellungnahme Allen einschränkenden Ansichten ist zuzugeben, dass § 1812 Abs. 1 BGB von der Genehmigung des Gegenbetreuers oder Betreuungsgerichts spricht. Das nach den Reformbestrebungen des Gesetzgebers wohl bald nicht mehr im Betreuungsrecht anzutreffende Institut des Gegenbetreuers verdeutlicht,537 warum die Wertgrenze von EUR 3.000,– nicht passt und eine einschränkende Auslegung der Vorschrift angezeigt ist: Soll-Voraussetzung der Bestellung eines Gegenbetreuers nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1792 Abs. 2 BGB ist die Verwaltung eines erheblichen Vermögens. Warum ein Gegenbetreuer indes nur bei der Verwaltung eines erheblichen Vermögens bestellt wird, gleichzeitig aber nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1813 Nr. 2 BGB die Annahme einer geschuldeten Leistung durch den Betreuer bereits ab einem Betrag von mehr als EUR 3.000,– der Genehmigung des Gegenbetreuers bedarf, ergibt kein einheitliches Bild.538 Ausgehend von dem Wert, den §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1813 Nr. 2 BGB vorgibt, könnte für jeden Betreuten, dessen Vermögen Forderungen enthält, die auf größere Beträge als EUR 3.000,– gerichtet sind, eine Gegenbetreuung notwendig sein. Denn aus § 1813 BGB geht hervor, dass der Betreuer nur bezüglich kleinerer Beträge in der Annahme von Leistungen frei entscheiden kann. Dieser Vergleich zwischen § 1813 Abs. 1 Nr. 2 BGB und § 1792 Abs. 2 BGB zeigt auf, dass die von Damrau539 noch vor der Reform des Betreuungsrechts geäußerte Kritik hinsichtlich der Wertgrenze zutrifft und spricht zugleich für jeden der geäußerten Restriktionsansätze.
536
Staudinger/Veit (2014), § 1812 BGB, Rn. 30 ff.; LG Hamburg, Urteil vom 16. 07. 2010 – 317 O 77/10, NJW-RR 2011, 513 (514); wohl auch in diese Richtung argumentierend: LG Meiningen, Urteil vom 30. 01. 2013 – 3 S 140/12, ZEV 2013, 513 (514). 537 Siehe dazu oben: Kapitel 2 C. II. 2. 538 Zu diesem Argument siehe: Damrau, FamRZ 1984, 842 (843). 539 Derselbe, FamRZ 1984, 842 (843).
C. Begrenzung der Vertretungsmacht des Betreuers
161
Gegen alle drei vorgeschlagenen Restriktionen spricht indes entscheidend die mit ihnen einhergehende Rechtsunsicherheit.540 Der Nachteil der ersten Ansicht besteht in der gesonderten Definition der Verfügung in § 1812 BGB. Ein von dem Gebrauch des übrigen BGB abweichendes Verständnis des Begriffs der Verfügung kann im Hinblick auf den Spezialitäts-/Bestimmtheitsgrundsatz nicht überzeugen. Mit jedem restriktiven Erklärungsansatz ginge die Gefahr einer, dass aufgrund der Einschränkung des Verfügungsbegriffs in § 1812 BGB für einen objektiven Dritten nicht eindeutig erkennbar ist, ob die Willenserklärung des Betreuers direkt wirksam wird. So wäre beispielsweise nicht erkennbar, ob eine Forderung übertragen worden ist oder ob nach wie vor der Betreute Inhaber der Forderung ist, weil die Willenserklärung des Betreuers für ihre Wirksamkeit noch der Genehmigung des Betreuungsgerichts bedarf. Eine einschränkende Auslegung des Begriffs der Verfügung in § 1812 BGB ist eine Entscheidung, die nur der Gesetzgeber und nicht der Gesetzesanwender treffen sollte.541 Auch die von der zweitgenannten Ansicht vorgeschlagene Unterscheidung zwischen Vermögenssorge und Personensorge lässt sich nicht eindeutig vornehmen.542 Für eine teleologische Reduktion, wie dies die dritte Ansicht vorschlägt, bedürfte es einer planwidrigen Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes.543 Die von den Restriktionsansätzen konstatierte Unzweckmäßigkeit der Fassung des § 1812 BGB ist zur Begründung einer teleologischen Reduktion nicht ausreichend.544 Problematisch ist bei allen drei Einschränkungsansätzen zudem, dass § 1812 BGB zwar den Zweck verfolgt, durch Beschränkung der rechtsgeschäftlichen Handlungsfähigkeit des Betreuers den Betreuten von Veruntreuungen oder Unterschlagungen zu schützen.545 Allerdings wird bereits in Abrede gestellt, ob die Norm überhaupt einen derartigen Schutz zu bieten imstande ist.546 Vor dem Hintergrund dieses Meinungsbildes ist es für einen Betreuer empfehlenswert, sicherheitshalber eine Genehmigung des Gegenbetreuers oder Betreuungsgerichts einzuholen. Zwischen den Restriktionen müsste nicht unterschieden werden, wenn es für die Entgegennahme der Auszahlung des Gewinnanteils im Sinne gemäß § 169 Abs. 1 Satz 2 Hs. 1 HGB nicht auf die Genehmigung nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1,
540
Lamberz, FamRZ 2012, 162 (163). BeckOGK/Fröschle, § 1812 BGB, Rn. 17. 542 Vgl. anschaulich: BeckOGK/Fröschle, § 1812 BGB, Rn. 17.1. 543 Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, Rn. 902 ff.; BGH, Urteil vom 26. 11. 2008 – VIII ZR 200/05, BGHZ 179, 27 (35). 544 BeckOGK/Fröschle, § 1812 BGB, Rn. 17.2.; JurisPK-BGB/Lafontaine, § 1812 BGB, Rn. 7. 545 Mot. IV, S. 1122. Vgl. die historische Auslegung in: BGH, Urteil vom 05. 11. 2009 – III ZR 6/09, NJW 2010, 1456 (1457 f.). 546 Zimmermann, ZEV 2014, 76 (77) weist daraufhin, dass derjenige Betreuer, der Vermögen auf Bankkonten unterschlagen möchte, diese im Anfangs-Vermögensverzeichnis verschweigen kann. 541
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Kap. 2: Vermögensverwaltung durch den Betreuer eines Unternehmers
1812 Abs. 1, 3 BGB ankäme.547 Dies wäre der Fall, wenn dem Betreuer eines Unternehmers von dem Betreuungsgericht eine allgemeine Ermächtigung nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1825 Abs. 1 BGB erteilt worden ist. Eine allgemeine Ermächtigung nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1825 Abs. 1 BGB revidiert die mit §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1812 BGB einhergehende Einschränkung der Vertretungsmacht des Betreuers. Sie kann erteilt werden, wenn die Vermögensverwaltung des Betreuers anderenfalls durch die Vielzahl an zu stellenden, einzelnen Genehmigungsanträgen in einem erheblichen Maße beeinträchtigt ist.548 Eine solche Ermächtigung kann nur auf Anregung des Betreuers erteilt werden.549 Nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1825 Abs. 2 BGB soll eine Ermächtigung erteilt werden, wenn sie zum Zwecke der Vermögensverwaltung erforderlich ist. Als Beispiel nennt § 1825 Abs. 2 BGB den Betrieb eines Erwerbsgeschäfts. Ein Erwerbsgeschäft bezeichnet jede berufsmäßig, selbständig ausgeübte Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht.550 Die Regelung des § 1825 Abs. 2 BGB kommt seinem Sinn und Zweck nach erst recht für einen betreuten Einzelkaufmann oder persönlich haftenden Gesellschafter einer OHG oder KG zur Anwendung. Die Geltendmachung des Anspruchs eines Kommanditisten auf Auszahlung des Gewinnanteils nach § 169 Abs. 1 Satz 2 Hs. 1 HGB ist zur Vermögensverwaltung erforderlich, damit der Betreuer die Kapitalanlage in Form der Kommanditistenstellung nutzen kann. Ob die Auszahlung des Gewinnanteils daher zu dem von der Kommanditgesellschaft betriebenen Erwerbsgeschäft gehört, ist somit nicht von Belang. Daher wird der Betreuer eines Unternehmers regelmäßig mit der Erteilung der Ermächtigung rechnen können. Die erteilte Ermächtigung bringt eine Befreiung von dem Genehmigungserfordernis mit sich und vergrößert auf diese Weise die Vertretungsmacht des Betreuers. Um sicherzustellen, dass der Betreuer von der mit der Ermächtigung einhergehenden Erweiterung seiner Handlungsmöglichkeiten profitiert, indem der Rechtsverkehr Kenntnis von der erteilten Ermächtigung erhält, kann die allgemeine Ermächtigung direkt in der Bestallungsurkunde vermerkt werden.551 3. Der betreute GmbH-Gesellschafter Sofern der Betreute ein GmbH-Gesellschafter ist, könnte §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1812 Abs. 1 BGB von der Gesellschafterversammlung zu fassende Beschlüsse durch 547 Dass §§ 1812 und 1813 BGB reformiert werden sollen, sieht auch der Regierungsentwurf vor, siehe insoweit den § 1849 BGB-E und die Erklärungen in: Drucksache 564/20, S. 389 ff. 548 OLG Köln, Beschluss vom 29. 11. 2006 – 16 Wx 230/06, FamRZ 2007, 1268 (1269); Staudinger/Veit (2014), § 1825 BGB, Rn. 5; BeckOK BGB/Bettin, § 1825 BGB, Rn. 2; Münchener Kommentar BGB/Kroll-Ludwigs, § 1825 BGB, Rn. 3. 549 BtKomm/Roth, E, § 1825 BGB, Rn. 138. 550 Zu dem Begriff des Erwerbsgeschäfts siehe oben: Kapitel 2 C. IV. 2. 551 Münchener Kommentar BGB/Kroll-Ludwigs, § 1825 BGB, Rn. 3.
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das Genehmigungserfordernis hemmen.552 Für reguläre Beschlüsse der Gesellschafterversammlung enthält der Katalog der § 1822 BGB keine Regelungen, die auf eine Genehmigungspflichtigkeit schließen lassen. Etwas Anderes könnte für einzelne Maßnahmen wie die Entlastung eines GmbH Geschäftsführers oder eine Kapitalerhöhung gelten. a) Genehmigungsbedürftigkeit der Entlastung eines GmbH-Geschäftsführers nach § 46 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG Die Zustimmung des Betreuers zur Entlastung des GmbH Geschäftsführers nach § 46 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG könnte als Verfügung über eine Forderung nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB genehmigungspflichtig sein. Grundsätzlich sind die Geschäftsführer der Gesellschaft nach § 43 Abs. 2 GmbHG schadensersatzpflichtig. Die Entlastung stellt die Billigung der bisherigen Amtsführung durch den oder die Geschäftsführer dar und führt zu einer Präklusion, sodass die Gesellschaft im Hinblick auf die Entlastung keine Ersatzansprüche oder Kündigungsrechte gegen den Geschäftsführer mehr geltend machen kann.553 Die Entlastung ermöglicht eine erfolgreiche Fortführung des operativen Geschäfts, indem den Geschäftsführern einer Gesellschaft das Vertrauen ausgesprochen wird und sie auf diese Weise weiterhin zu großem Einsatz und kreativer Geschäftsführung angehalten werden. Da der Schadensersatzanspruch gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG der Gesellschaft zusteht, handelt es sich bei der Entlastung eines Geschäftsführers um eine Verfügung über eine Forderung der Gesellschaft. Da jedoch die §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB die Verfügung über eine Forderung des Betreuten voraussetzen, greift §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB bei der Entlastung eines GmbH Geschäftsführers nicht ein.554 Die Vertretungsmacht des Betreuers ist nicht eingeschränkt, weil der Regress gegen den Geschäftsführer eine Forderung der Gesellschaft ist. Damit ist die Zustimmung des Betreuers zum Entlastungsbeschluss nicht genehmigungspflichtig. b) Genehmigungsbedürftigkeit einer Kapitalerhöhung bei einer GmbH aa) Keine Genehmigungspflichtigkeit der Zustimmung zu einem Kapitalerhöhungsbeschluss nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1812 Abs. 1 BGB Eine Kapitalerhöhung nach §§ 55 ff. GmbHG verändert die gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 3 GmbHG auszuweisende Stammkapitalziffer, welche einen wesentlichen Be552
Zu der Problematik der Ausübung mitgliedschaftlicher Rechte durch den Betreuer als Nichtgesellschafter siehe vertiefend: Kapitel 3 A. II. 1. 553 Siehe nur: Münchener Kommentar GmbHG/Liebscher, § 46 GmbHG, Rn. 144; Schmidt, ZGR 1978, 425 (427). 554 Vgl. auch: Wilde, GmbHR 2010, 123 (126).
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Kap. 2: Vermögensverwaltung durch den Betreuer eines Unternehmers
standteil des Gesellschaftsvertrages darstellt, sodass es sich bei der Kapitalerhöhung um eine Satzungsänderung nach § 53 GmbHG handelt.555 Ist die Satzung einer ein Erwerbsgeschäft betreibenden GmbH infolge eines Kapitalerhöhungsbeschlusses nach § 55 Abs. 1 GmbHG geändert worden, hängt die Wirksamkeit der Willenserklärung des Betreuers zu dem Kapitalerhöhungsbeschluss nach hier vertretener Meinung als nachträgliche Änderung der Satzung von der betreuungsgerichtlichen Genehmigung analog § 1822 Nr. 3 Alt. 2 BGB und der Mitteilung der erteilten Genehmigung an die Mitgesellschafter ab.556 Damit ist die Zustimmung zu einem Kapitalerhöhungsbeschluss gemäß §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1812 Abs. 1 Hs. 2 BGB nicht zusätzlich genehmigungspflichtig, weil eine erneute Genehmigung aufgrund der bereits durchgeführten Prüfung des Betreuungsgerichts redundant erscheint. bb) Genehmigungspflichtigkeit der Durchführung des Kapitalerhöhungsbeschlusses Es könnte jedoch die Durchführung des Kapitalerhöhungsbeschlusses dem Genehmigungstatbestand des §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1812 Abs. 1 BGB unterfallen. Will der Betreuer eine Barkapitalerhöhung durchführen, legt er Geld des Betreuten an. Die Vertretungsmacht des Betreuers eines Unternehmers wird regelmäßig den Aufgabenkreis der Vermögenssorge umfassen, sodass der Betreuer zur Vermögensanlage für den Betreuten berechtigt ist. In der Folge muss eine Innengenehmigung für eine andere Art der Anlegung nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1811 Satz 1 BGB eingeholt werden. Im Rahmen einer wirtschaftlichen Vermögensverwaltung ist eine Anlegung in Gesellschaftsbeteiligungen denkbar,557 sodass auch eine Kapitalerhöhung möglich ist. Mit der Erteilung der Innengenehmigung ist vor dem Hintergrund der bereits durch das Betreuungsgericht erteilten Außengenehmigung betreffend die Willenserklärung zur Änderung des Gesellschaftsvertrages zu rechnen. Der Tatbestand des §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1812 Abs. 1 Satz 1 BGB ist bei der Leistung einer Bareinlage dagegen nicht erfüllt, weil der Betreuer nicht über eine Forderung des Betreuten verfügt. Sofern die Kapitalerhöhung durch eine Sacheinlage nach § 56 Abs. 1 GmbHG geleistet werden soll und es sich bei der Sacheinlage um eine Forderung handelt, kommt eine Einschränkung der Vertretungsmacht des Betreuers gemäß §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB in Betracht.558 Gegen ein nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1812 Abs. 2 BGB ausgeübtes Kontrollbedürfnis in Form der Einschränkung der Vertretungsmacht spricht, dass § 1812 BGB darauf abzielt, Veruntreuungen insbesondere an unkörperlichen Gegenständen zu vermeiden.559 555 RG, Urteil vom 20. 10. 1911 – II 68/11, RGZ 77, 152 (154); Münchener Kommentar GmbHG/Lieder, § 55 GmbHG, Rn. 25. 556 Zur Begründung der hier vertretenen Meinung: Kapitel 2 C. IV. 5. 557 Siehe dazu ausführlich oben: Kapitel 2 B. II. 3. b) cc). 558 In diesem Sinne: Wilde, GmbHR 2010, 123 (126). 559 Mot. IV, S. 1122; BeckOGK/Fröschle, § 1812 BGB, Rn. 2.
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Jedenfalls wenn das Betreuungsgericht die beabsichtigte Änderung der Satzung genehmigt hat, bietet § 1812 BGB keinen Schutz vor einer Veruntreuung mehr,560 wenn die im Vorhinein beabsichtigte Kapitalerhöhung durch Abtretung einer Forderung geschieht. Dies ist dem Betreuungsgericht bereits bei der Prüfung bekannt gewesen, sodass in der von dem Betreuer durchzuführenden Rechnungslegung nach dem Fortbestand der Forderung gesucht werden wird. Da somit der Schutz des betroffenen Gesellschafters einer ein Erwerbsgeschäft betreibenden GmbH bereits durch die §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 3 Alt. 2 BGB analog hinreichend gewährleistet wird,561 ist nach hier vertretener Ansicht eine teleologische Reduktion von § 1812 BGB nicht notwendig, da die Norm nicht einschlägig ist. Nur wenn die GmbH kein Erwerbsgeschäft betreibt und die Kapitalerhöhung durch die Abtretung einer Forderung an die Gesellschaft geschehen soll, ist der Genehmigungstatbestand der §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1812 Abs. 1 Satz 1 BGB einschlägig. Eine teleologische Reduktion scheidet dann aus, da es an einer, den Betreuten schützenden, vorherigen Überprüfung durch das Betreuungsgericht fehlt. In diesem Fall kann der Betreuer indes zum Zwecke der Vermögensverwaltung einen Antrag auf Erteilung der allgemeinen Ermächtigung nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1825 Abs. 1 BGB stellen, welche seine Vertretungsmacht um die Befugnis zu der Abtretung der Forderung ohne Einholen einer Genehmigung erweitern würde. 4. Keine Möglichkeit der Handlungsfreiheit bei fehlender Ermächtigung nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1825 BGB durch Bestellung mehrerer Betreuer im Sinne der §§ 1899 Abs. 1, 1908i Abs. 1 Satz 1, 1812 Abs. 3 BGB Sofern eine allgemeine Ermächtigung nicht gemäß §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1825 Abs. 2 BGB erforderlich ist und daher keine allgemeine Ermächtigung erteilt wird, ist der Betreuer zu der Einholung der Genehmigung verpflichtet. Denn es ist aus Kostengründen aufgrund der Regelung des zum 01. Juli 2005 in Kraft getretenen § 1899 Abs. 1 Satz 3 BGB nicht mehr gestattet, zur Gewährleistung einer besseren und individuelleren Fürsorge mehrere Betreuer im Sinne des § 1899 Abs. 1 BGB zu bestellen,562 wodurch die Genehmigungspflicht gemäß §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1812 Abs. 3 BGB entfiele.
560
Ob § 1812 BGB in seiner aktuellen Fassung überhaupt vor einer Veruntreuung schützen kann, bezweifelt JurisPK-BGB/Lafontaine, § 1812 BGB, Rn. 8. 561 Siehe zur analogen Anwendung: Kapitel 2 C. IV. 5. 562 Siehe zu den Voraussetzungen: Münchener Kommentar BGB/Schwab, § 1899 BGB, Rn. 7.
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Kap. 2: Vermögensverwaltung durch den Betreuer eines Unternehmers
5. Zwischenergebnis: Geringer Anwendungsbereich des § 1812 BGB und hilfsweise Wahrung der Handlungsfreiheit des Betreuers durch eine allgemeine Ermächtigung Die Praktikabilität der Betreuung eines Unternehmers wird nicht von §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1812 Abs. 1 BGB in Frage gestellt. Mithilfe der allgemeinen Ermächtigung ist es dem Betreuer möglich, über Forderungen und sonstige Rechte zu verfügen, ohne dass es der Genehmigung des Gegenbetreuers oder des Betreuungsgerichts bedarf. Auch für die an dieser Stelle nicht näher untersuchten Komplementäre einer Personenhandelsgesellschaft oder Einzelkaufleute kann der Betreuer erwägen, eine allgemeine Ermächtigung zu beantragen, damit er insbesondere zur Annahme einer geschuldeten Leistung, die nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1813 Abs. 1 Nr. 2 BGB mehr als EUR 3.000,– beträgt, berechtigt ist. Die Praktikabilität der Betreuung eines Unternehmers wird von §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1812 Abs. 1 Satz 1 BGB bei erteilter Ermächtigung nicht bedroht.
VI. §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 10 BGB: Genehmigungspflichtigkeit der Übernahme einer fremden Verbindlichkeit Für die Betreuung eines Unternehmers könnte der Genehmigungstatbestand des §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 10 BGB die Handlungsmacht des Betreuers in erheblichem Maße beeinträchtigen. Nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 10 BGB bedarf der Betreuer der Genehmigung des Betreuungsgerichts zur Übernahme einer fremden Verbindlichkeit, insbesondere zur Eingehung einer Bürgschaft. Die Norm wird überwiegend einschränkend dahingehend ausgelegt, dass nur Fälle erfasst sind, in denen der Betreute eine „Subsidiär-Haftung“563 übernehmen soll.564 Voraussetzung dieser subsidiären Haftung soll sein, dass trotz der Haftung des Betreuten im Außenverhältnis im Innenverhältnis nicht der Betreute, sondern der Erstschuldner haftet; der Betreute demnach Regressansprüche gegen den Erstschuldner hat.565 Die Übernahme einer Verbindlichkeit im Sinne der §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 10 BGB liegt tatbestandlich auch vor, wenn eine Haftung für eine fremde Verbindlichkeit gesetzliche Nebenfolge eines Rechtsgeschäfts ist.566 Hinsichtlich der Praktikabilität der Betreuung eines Unternehmers stellt sich insbesondere die Frage, ob und inwieweit Gesellschaftsgründungen, Änderungen von Gesellschaftsverträgen 563
Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 60, Rn. 116. So die ganz herrschende Meinung, siehe nur: Oberloskamp/Band, Vormundschaft, 2010, § 9, Rn. 180; Münchener Kommentar BGB/Kroll-Ludwigs, § 1822 BGB, Rn. 62; Jurgeleit/ Reinfarth, § 1822 BGB, Rn. 60; Staudinger/Veit (2014), § 1822 BGB, Rn. 167. 565 BGH, Urteil vom 20. 02. 1989 – II ZR 148/88, BGHZ 107, 23 (26); Winkler, ZGR 1990, 131 (136). 566 BGH, Urteil vom 20. 02. 1989 – II ZR 148/88, BGHZ 107, 23 (26); Rust, DStR 2005, 1942 (1943). 564
C. Begrenzung der Vertretungsmacht des Betreuers
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bei Gesellschaften, die kein Erwerbsgeschäft betreiben und damit nicht analog §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 3 BGB genehmigungsbedürftig sind, sowie der Erwerb von Beteiligungen der Genehmigungspflicht der §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 10 BGB unterfallen. Wird eine GmbH gegründet, so haftet der betreute Mitgründer bis zur der Einzahlung der Stammeinlagen für die ausstehenden Beträge nach § 24 Satz 1 GmbHG mit seinem Privatvermögen. Gegenüber dem säumigen Gesellschafter kann er Freistellung nach § 24 Satz 2 GmbHG verlangen.567 Somit übernimmt der Betreute in diesem Fall eine fremde Verbindlichkeit, für die im Innenverhältnis ein anderer, der Mitgesellschafter, haftet. Damit unterfällt die Gründung einer GmbH der Genehmigungspflicht gemäß §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 10 BGB bei noch nicht erfüllter Leistung der Einlage. Gleiches gilt für den Erwerb einer Beteiligung an einer GmbH, bei der die Stammeinlagen noch nicht geleistet worden sind, da auch in diesem Fall der betreute Erwerber für die nicht einbezahlte Stammeinlage nach Maßgabe der §§ 16 Abs. 3, 24 Satz 2 GmbHG Regress bei dem säumigen Gesellschafter suchen kann.568 Wird eine Personen(handels)gesellschaft gegründet, so haftet der betreute Gesellschafter nach §§ 124 Abs. 1, 128 Satz 1, 161 Abs. 2 HGB akzessorisch für die fremden Verbindlichkeiten im Wege einer subsidiären Haftung,569 sodass auch insoweit das Genehmigungserfordernis des §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 10 BGB eingreift. Änderungen von Gesellschaftsverträgen sind dann nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 10 BGB genehmigungspflichtig, wenn die persönliche Haftung des Betreuten für die Verbindlichkeiten anderer Gesellschafter erhöht wird.570 Dies kann insbesondere bei vereinbarten Nachschusspflichten der Gesellschafter der Fall sein. Jedoch kommt es auf die vorgenannten Einzelfälle nicht an, wenn dem Betreuer eine allgemeine Ermächtigung nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1825 Abs. 1 BGB erteilt ist, welche die mit §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 10 BGB einhergehenden Einschränkungen der Vertretungsmacht aufhebt. Daher sollte der Betreuer in jedem Fall eine allgemeine Ermächtigung beantragen, um Handlungsfreiheit zu erhalten. Liegt eine derartige allgemeine Ermächtigung vor, beeinträchtigt der Genehmigungstatbestand der §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 10 BGB die Handlungsfähigkeit des Betreuers nicht und hat keine negativen Auswirkungen auf die Praktikabilität der Betreuung.
567
Baumbach/Hueck/Fastrich, § 24 GmbHG, Rn. 10. Kölmel, RNotZ 2010, 1 (23); Fiala/Müller/Braun, Rpfleger 2002, 389 (408); Staudinger/Veit (2014), § 1822 BGB, Rn. 183; siehe zum Meinungsstreit: Münchener Kommentar BGB/Kroll-Ludwigs, § 1822 BGB, Rn. 65. 569 Dümig, FamRZ 2003, 1 (4); Lüdecke, NJOZ 2018, 681 (684). 570 Staudinger/Veit (2014), § 1822 BGB, Rn. 185; Münchener Kommentar BGB/KrollLudwigs, § 1822 BGB, Rn. 65; NK-BGB/Fritsche, § 1822 BGB, Rn. 20. 568
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Kap. 2: Vermögensverwaltung durch den Betreuer eines Unternehmers
VII. §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 11 BGB: Erteilung der Prokura bei einem einzelkaufmännischen Unternehmen genehmigungspflichtig Betreibt der betreute Unternehmer ein einzelkaufmännisches Unternehmen, könnte der Genehmigung der Prokuraerteilung nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 11 BGB eine erhebliche Bedeutung zukommen. Vor der Erteilung der Prokura muss der Betreuer gemäß §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1831 BGB die betreuungsgerichtliche Genehmigung einholen.571 Die Erteilung der Prokura gemäß §§ 48 ff. HGB für eine Personenhandelsgesellschaft oder eine GmbH ist dagegen genehmigungsfrei möglich.572 Denn Erklärungen einer juristischen Person oder von Personenhandelsgesellschaften sind genehmigungsfrei, da die Erteilung der Prokura für die juristische Person, beziehungsweise die teilrechtsfähige Personenhandelsgesellschaft, und nicht für den Betreuten wirkt.573 In Anbetracht der umfassenden Handlungsmacht des Prokuristen, der bei seinem Handeln auch für Geschäfte keiner Genehmigung bedarf, für welche der Betreuer die Genehmigung des Betreuungsgerichts bedürfte,574 scheint eine Überprüfung der Ernennung eines Prokuristen sinnvoll. Sich selbst kann der Betreuer kann wegen der §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1795 Abs. 2, 181 BGB die Prokura nicht erteilen.575
VIII. Zur Begrenzung der Vertretungsmacht des Betreuers bei Interessenkollisionen und zur Bestellung eines Ergänzungsbetreuers nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1795 BGB Ein zum Betreuer bestellter Mitgesellschafter könnte eine interessengerechte Führung der Betreuung aus Sicht des Unternehmens sicherstellen. Fraglich ist, ob in einer derartigen Konstellation ein Vertretungsausschluss nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1795 BGB eingreift. Theoretisch könnte ein infolge einer Betreuungsverfügung bestellter Mitgesellschafter verhindern, dass Dritte Einblick in Gesellschaftsinterna erhalten. Allerdings könnten die in einer derartigen Konstellation drohenden Interessenskonflikte eine an dem Wohl des Betreuten ausgerichtete Betreuung gefährden. Um das Wohl des Betreuten und den Betreuer vor Interessenkonflikten zu schützen, kann der Betreuer den Betreuten infolge des Verbot des Selbstkontrahierens nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1795 Abs. 2, 181 BGB und gemäß §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1795 Abs. 1 BGB nicht vertreten. Ein derartiger Vertretungsausschluss liegt vor, wenn abstrakt ein Konflikt zwischen den Interessen des 571 572 573 574 575
Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Weber, § 48 HGB, Rn. 8. Erman/Schulte-Bunert, § 1822 BGB, Rn. 31a; Jurgeleit/Reinfarth, § 1822 BGB, Rn. 67. Siehe oben: Kapitel 2 C. III. RG, Urteil vom 10. 01. 1923 – V 385/22, RGZ 106, 185 (186). JurisPK-BGB/Lafontaine, § 1822 BGB, Rn. 196.
C. Begrenzung der Vertretungsmacht des Betreuers
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Betreuten und den Interessen von Angehörigen des Betreuers droht.576 § 181 BGB begrenzt die Vertretungsmacht des gesetzlichen Vertreters.577 Da die Anwendbarkeit des § 181 BGB von der konkreten Handlungsweise abhängt und § 1795 BGB aus der Interessenlage auf einen Ausschluss der Vertretungsmacht schließt, ergänzen sich die beiden Vorschriften.578 Infolgedessen ist ein Betreuer von der Vertretung des Betreuten ausgeschlossen, wenn er ein Geschäft des Betreuten mit sich im eigenen Namen schließt. Ist der Betreuer von der Vertretung ausgeschlossen, kann das Betreuungsgericht einen Ergänzungsbetreuer579 nach § 1899 Abs. 4 BGB bestellen, da der Betreuer aus rechtlichen Gründen verhindert ist.580 Gleiches gilt auch für den Fall, dass der Betreuer aus persönlichen Gründen, wie zum Beispiel infolge eines Urlaubs, verhindert ist.581 Ein Ergänzungsbetreuer kann auch bestellt werden, wenn das Betreuungsgericht dem Betreuer nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1796 Abs. 1, 2 BGB die Vertretungsmacht vorsorglich entzieht, weil ein erheblicher Interessenkonflikt absehbar oder zu befürchten ist.582 Das Verfahren zur Bestellung eines Ergänzungsbetreuers, der regulärer Betreuer im Sinne des § 1896 BGB ist, nimmt eine gewisse Zeit in Anspruch. Bei der Betreuung eines Unternehmers stellt sich die Frage, ob § 181 BGB auch auf eine Ausübung des Stimmrechts im Rahmen eines Gesellschafterbeschlusses zur Anwendung gelangt, wenn der Betreuer Mitgesellschafter ist.583 Zu beachten ist, dass die Gesellschafter bei Beschlüssen zu laufenden Geschäften mit gleichgerichtetem, auf den Gesellschaftszweck ausgerichteten, Interesse handeln. Die Verfolgung eines gemeinsamen Zweckes steht im Gegensatz zu den re576 Münchener Kommentar BGB/Spickhoff, § 1795 BGB, Rn. 1; Kerkerloh, Das Wohl des Betreuten im Rahmen des § 1908i Abs. 1 Satz 1 i. V. m. §§ 1821, 1822 Nr. 1 bis 4, 8 bis 13 BGB, 1993, S. 125. 577 Die Anwendbarkeit der Norm ist seit längerem anerkannt, vgl.: RG, Vereinigte Zivilsenate, Beschluss vom 13. 05. 1909 – IV 248/08, RGZ 71, 162 (163). 578 BeckOGK/Fröhler, § 181 BGB, Rn. 23. 579 Der Ergänzungsbetreuer wird auch „Ersatzbetreuer“ oder „Verhinderungsbetreuer“ genannt, vgl.: Münchener Kommentar BGB/Schwab, § 1899 BGB, Rn. 22; BGH, Beschluss vom 11. 01. 2017 – XII ZB 305/16, FamRZ 2017, 549 (550). 580 BGH, Beschluss vom 11. 01. 2017 – XII ZB 305/16, FamRZ 2017, 549 (550). Siehe zu dem weitgehend parallel laufenden Verfahren der Bestellung eines Ergänzungspflegers bei Minderjährigen nach § 1909 Abs. 1 Satz 1 BGB vertiefend: Allmendinger, Vertretungsverbot bei Insichgeschäften, Ergänzungspflegschaft und gerichtliche Genehmigung, 2009, S. 155 ff. Grundsätzlich ist nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 RPflG der Richter zuständig. Sofern jedoch die Landesregierungen von der Ermächtigung nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 RPflG Gebrauch gemacht haben, ist der Rechtspfleger zuständig. Vgl.: BGH, Beschluss vom 11. 01. 2017 – XII ZB 305/ 16, FamRZ 2017, 549 (551). 581 BayObLG, Beschluss vom 12. 07. 2004 – 3Z BR 95/04, FamRZ 2004, 1993 (1994); LG Wuppertal, Beschluss vom 14. 06. 2012 – 6 T 276/12, NJW-RR 2012, 1355 (ebd.). 582 BeckOGK/Sonnenfeld, § 1796 BGB, Rn. 13 ff. 583 Auf die Gründung einer Gesellschaft ist § 181 BGB unstreitig anwendbar, vgl.: BeckOGK/Fröhler, § 181 BGB, Rn. 54. Siehe zu der Frage, ob ein Betreuer das Stimmrecht des betreuten Gesellschafters ausüben darf: Kapitel 3 A. II. 1.
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Kap. 2: Vermögensverwaltung durch den Betreuer eines Unternehmers
gelmäßig § 181 BGB unterfallenden Konstellationen. Im Fall des § 181 herrscht Personenidentität auf mehreren Seiten des Rechtsgeschäfts, obgleich die Parteien des Rechtsgeschäfts antagonistische Interessen verfolgen.584 Somit sind laufende Geschäftsführungsmaßnahmen nicht von § 181 BGB betroffen.585 Bei Satzungsänderungen oder Grundlagengeschäften kommt § 181 BGB hingegen zur Anwendung, weil in diesem Fall ein zu § 181 BGB vergleichbarer Interessenkonflikt vorliegt.586 Nach der Ansicht der Rechtsprechung587 wäre daher ein zum Betreuer bestellter Mitgesellschafter bei Grundlagenentscheidungen von der Vertretungsmacht ausgeschlossen, sodass insbesondere bei den für die Gesellschaft wichtigsten Entscheidungen ein Ergänzungsbetreuer als betriebsfremder Dritter an der Beschlussfassung mitwirken müsste. Der Differenzierung zwischen laufenden Geschäften und Grundlagengeschäften könnte entgegenzuhalten sein, dass die nicht immer einfache Abgrenzung zu Rechtsunsicherheit führt.588 Daher könnte für jeden Gesellschaftsbeschluss ein Ergänzungsbetreuer zu bestellen sein.589 In der Folge müsste sich das Betreuungsgericht bei der Auswahl des Betreuers mit der Frage auseinandersetzen, ob es wirklich einen Mitgesellschafter zum Betreuer bestellen soll. Führt die Gesellschaft indes ein Erwerbsgeschäft, könnte die Bestellung eines Ergänzungsbetreuers nicht notwendig sein.590 Zwar ist der Betroffene besonders schutzbedürftig, wenn der Mitgesellschafter versucht, seine Stellung als Betreuer dahingehend auszunutzen, dass sich seine gesellschafterliche Stellung auf Kosten der gesellschafterlichen Stellung des Betreuten verbessert. Allerdings ist nach der hier vertretenen Ansicht jede Änderung des Gesellschaftsvertrages analog §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 3 Alt. 2 BGB genehmigungspflichtig.591 § 181 BGB hat dagegen den Zweck, den Vertretenen vor bestimmten Interessenkollisionen zu bewahren.592 Wenn eine Norm ihrem Wortlaut nach über den erkennbaren Normzweck hinausgeht, kann der zu weite Wortlaut im Rahmen einer teleologischen Reduktion auf den Normzweck beschränkt werden.593 Dadurch, dass der Betroffene durch die betreuungsgerichtliche Genehmigung vor nachteiligen Folgen einer Änderung des Gesellschaftsvertrages geschützt wird, bedarf es der Bestellung eines Ergänzungsbetreuers nach der hier vertretenen An584
Angedeutet in: BGH, Urteil vom 22. 09. 1969 – II ZR 144/68, BGHZ 52, 316 (318); deutlicher in: BGH, Beschluss vom 18. 09. 1975 – II ZB 6/74, BGHZ 65, 93 (97 f.). 585 BeckOGK/Fröhler, § 181 BGB, Rn. 53. 586 BGH, Urteil vom 06. 06. 1988 – II ZR 318/87, NJW 1989, 168 (169). 587 Siehe die Nachweise in: Fn. 584. 588 Stahl, Minderjährigenschutz im Gesellschaftsrecht und vormundschaftliche Genehmigung, 1988, S. 52. 589 In diesem Sinne wohl: Heckschen/Kreußlein, NotBZ 2012, 321 (ebd.). 590 Zur Definition des Erwerbsgeschäftes siehe oben: Kapitel 2 C. IV. 2. 591 Zur Begründung der Analogie siehe oben: Kapitel 2 C. IV. 5. 592 Siehe nur: Allmendinger, Vertretungsverbot bei Insichgeschäften, Ergänzungspflegschaft und gerichtliche Genehmigung, 2009, S. 78; BeckOGK/Fröhler, § 181 BGB, Rn. 25. 593 Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie Rn. 903.
C. Begrenzung der Vertretungsmacht des Betreuers
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sicht nicht. § 181 BGB kann in der Konsequenz teleologisch reduziert werden, da rechtlich nachteilige Folgen für den Betroffenen durch eine betreuungsgerichtliche Überprüfung und Genehmigung ausgeschlossen sind. Damit stellt sich die Notwendigkeit der Bestellung eines Ergänzungsbetreuers bei Änderungen des Gesellschaftsvertrages nicht. Zu beachten ist lediglich, dass bei einer Familiengesellschaft nicht ein verwandter Mitgesellschafter zum Betreuer bestellt werden sollte, weil dies einen umfassenden Vertretungsausschluss nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1795 Abs. 1 BGB zur Folge hätte.594 Da § 181 BGB auf Beschlüsse zu laufenden Geschäften nicht anwendbar ist, bleibt der Anwendungsbereich für die Bestellung eines Ergänzungsbetreuers denkbar gering, sodass die Auswirkungen von §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1795 BGB auf die Praktikabilität der Betreuung zu vernachlässigen sind.
IX. Zwischenergebnis zu den Genehmigungsvorbehalten: Störung der Praktikabilität der Betreuung eines Unternehmers durch das Genehmigungsverfahren? Will der Betreuer ein Erwerbsgeschäft veräußern oder erwerben und wird das Erwerbsgeschäft von einer GmbH geführt, an der der Betroffene mehr als 50 % der Anteile hält, ist die Vertretungsmacht des Betreuers durch die Genehmigungspflicht nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 3 Alt. 1 BGB eingeschränkt. Gleiches gilt, wenn das Erwerbsgeschäft von einer Personenhandelsgesellschaft betrieben wird. Der Genehmigungstatbestand §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 3 Alt. 2 BGB erfasst nur das Eingehen eines Gesellschaftsvertrages, der auf den Betrieb eines Erwerbsgeschäftes abzielt. Aufgrund des grundrechtlich gebotenen Schutzes für den Einzelnen ist, um Schutzlücken zu vermeiden und aufgrund des Fehlens einer zu § 1629a BGB entsprechenden Regelung, §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 3 Alt. 2 BGB analog auf nachträgliche Änderungen eines Gesellschaftsvertrages anwendbar, welche den Betrieb eines Erwerbsgeschäftes betreffen. Wird eine nachträgliche Änderung eines Gesellschaftsvertrages einer ein Erwerbsgeschäft betreibenden Gesellschaft beschlossen, ohne dass die notwendige betreuungsgerichtliche Genehmigung eingeholt worden ist, ist der Betreute so zu stellen, als ob die Änderung des Gesellschaftsvertrages nicht beschlossen worden ist. Sofern dem Betreuer eine allgemeine Ermächtigung nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1825 Abs. 1 BGB erteilt worden ist, sind die aus §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 10 BGB folgenden Einschränkungen der Vertretungsmacht aufgehoben. Die Erteilung der Prokura ist nur bei einem Einzelkaufmann nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 11 BGB genehmigungspflichtig, bei einer GmbH oder einer Personengesellschaft steht die Erteilung der Prokura nicht unter dem Genehmigungsvorbehalt des Betreuungsgerichts. 594
Neuhausen, RNotZ 2003, 158 (167).
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Kap. 2: Vermögensverwaltung durch den Betreuer eines Unternehmers
In gewisser Weise gleicht das Genehmigungsverfahren einer Miniatur des gesamten Betreuungsrechts: Der Schutzbedürftige erhält staatliche Obhut, sofern er nicht selbst Vorsorge trifft. Die staatliche Aufsicht über die Obhut greift erst bei Änderungen des Status quo ein. Gerade bei einer infolge einer plötzlichen Krankheit oder eines Unfalls nur vorübergehenden Verhinderung der Erledigung der eigenen Angelegenheiten durch den Betroffenen, wird es auch im Interesse aller Gesellschafter sein, dass eine, ohne Mitwirkung des Gesellschafters in persona, getroffene Änderung des Gesellschaftsvertrages nicht ohne Weiteres möglich ist.595 Diesen Befund vorangestellt soll auf die Kritik an der Betreuung im Hinblick auf das Genehmigungsverfahren eingegangen werden. Bezogen auf das betreuungsgerichtliche Genehmigungsverfahren werden im Wesentlichen drei Aspekte moniert: Erstens wird ein staatlicher Einblick in Gesellschaftsinterna befürchtet.596 Zweitens wird die Umständlichkeit des Genehmigungsverfahrens gerügt.597 Drittens wird, einem Kassandraruf gleich, eine existenzbedrohende Blockade der Gesellschaft prognostiziert.598 Damit das Betreuungsgericht beurteilen kann, ob es eine Genehmigung erteilt, muss ein juristisch aufgearbeiteter Sachverhalt vorgelegt werden. Nur so kann der zuständige Rechtspfleger die Gefahren und Risiken der Maßnahme einschätzen. Daher trifft die erstgenannte Befürchtung betreffend den Einblick in Unternehmensinterna dem Grunde nach zu. Durch die dem Betreuungsgericht vorzulegenden Unterlagen erhält der Rechtspfleger als staatliche Stelle einen partiellen Einblick in die Willensbildung der Gesellschaft. Allein auf diesen Einblick abzustellen und infolgedessen einen erheblichen Nachteil der Betreuung gegenüber der Vorsorgevollmacht zu konstatieren, griffe indes zu kurz. Der Rechtspfleger, welchem die Unterlagen vorzulegen sind, ist zur Geheimhaltung der durch die Amtsführung erlangten Informationen nach § 203 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 StGB strafbewehrt verpflichtet.599 Die Geheimhaltungsverpflichtung schützt mittelbar das von der Willenserklärung des Betreuers betroffene Unternehmen vor einer Offenlegung. Darüber hinaus weisen die Genehmigungstatbestände den Vorteil auf, dass sie den Miss595
Erinnert sei an dieser Stelle daran, dass die Fortführung bereits angelegten Geldes (innen-)genehmigungsfrei möglich ist. Auch dies zeigt den auf die Wahrung des status quo gerichteten Ansatz der Betreuung. Siehe dazu: Kapitel 2 B. III. 2. 596 Baumann/Selzener, RNotZ 2015, 605 (606); Heckschen/Kreußlein, NotBZ 2012, 321 (322); Jocher, notar 2014, 3 (4); Schäfer, ZHR 157 (2011), 557 (559); Werner, GmbHR 2013, 963 (ebd.); Wilde, GmbHR 2010, 123 (129). 597 Jocher, notar 2014, 3 (4); Baumann/Selzener, RNotZ 2015, 605 (607). 598 Heckschen, NZG 2012, 10 (13); Heckschen/Kreußlein, NotBZ 2012, 321 (322); Schäfer, ZHR 157 (2011), 557 (559, 561, 573); Wachter, Praxis Handels-Gesellschaftsrecht, Teil 2, Kapitel 1, § 4 C, Rn. 1109; Wedemann, ZIP 2013, 1508 (1509); Wedemann, Personen- und Kapitalgesellschaftsrecht an den Schnittstellen zum Familien- und Erbrecht, 2015, 95 (96); Wilde, GmbHR 2010, 123 (ebd., 129). 599 Der Amtsträgerbegriff in § 203 Abs. 2 StGB richtet sich nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB, vgl.: Münchener Kommentar StGB/Cierniak/Pohlit, § 203 StGB, Rn. 96, sodass ein verbeamteter Rechtspfleger zum Adressatenkreis der Norm gehört.
C. Begrenzung der Vertretungsmacht des Betreuers
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brauch der Rechtsmacht des Vertreters erschweren beziehungsweise, idealiter insbesondere in Kombination mit den sogleich zu erörternden Informationspflichten des Betreuers, in Gänze verhindern und somit auch den Betreuten schützen.600 Die Vermeidung eines Missbrauches der Vertretungsmacht kann mittelbar auch die Gesellschaft schützen. Auf diese Weise werden die Gesellschaft vor einer Weitergabe der Informationen und der Betreute vor einer seinem Wohl und seinen Wünschen zuwiderlaufenden Betreuung geschützt. Das ändert nichts daran, dass das Genehmigungsverfahren zu einem staatlichen Einblick in Unternehmensinterna führt. Unterstellt, dass in einer Gesellschaft zahlreiche Entscheidungen getroffen werden müssen, die den Genehmigungstatbeständen des Betreuungsgerichts unterfallen, stellt die Länge und Umständlichkeit des Verfahrens einen berechtigten Kritikpunkt dar. Dadurch, dass unter Umständen ein Verfahrenspfleger bestellt, ein Sachverständigengutachten betreffend gesellschaftsrechtlichen Fragen in Auftrag gegeben und der Genehmigungsbeschluss gemäß §§ 40 Abs. 2 Satz 1, 45 Satz 1, 63 Abs. 2 FamFG erst nach Ablauf der Beschwerdefrist, und damit zwei Wochen nach Bekanntgabe, wirksam wird, vergeht eine erhebliche Zeit, bis der Betreuer einen Genehmigungsbeschluss mit Rechtskraftvermerk erhält. Aber nicht nur zeitlich, sondern auch im Hinblick auf die Wahrung der Kollektivinteressen der Gesellschaft geht mit den §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1829 Abs. 1 Satz 2 BGB ein erhebliches Konfliktpotential einher. Insbesondere die Möglichkeit des Betreuers nach Ablauf des gerichtlichen Genehmigungsverfahrens durch die Nichtmitteilung der erteilten Genehmigung seine einmal abgegebene Willenserklärung zu revidieren und auf diese Weise ein für den Betreuten besseres, rentableres Geschäft einzugehen, vermittelt dem Betreuer eine sehr starke Verhandlungsposition. So könnte er das Bestehen eines Genehmigungserfordernisses bei gesellschaftsinternen Verhandlungen als Druckmittel einsetzen, um die Individualinteressen des Betreuten zu wahren und durchzusetzen.601 Misslich ist zudem, dass auch im Falle einer den Gesellschaftsinteressen entsprechenden Willenserklärung des Betreuers das Risiko besteht, dass sich die Mitgesellschafter bis zu der Mitteilung des Beschlusses nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1829 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht auf die Wirksamkeit der abgegebenen Willenserklärung des Betreuers verlassen können. Verstärkt wird diese aus Sicht der Mitgesellschafter ärgerliche Situation dadurch, dass sie zum Abwarten gezwungen sind, weil sie keine Handhabe zur Einwirkung oder Beschleunigung des Genehmigungsverfahrens haben. Die Umständlichkeit des Verfahrens und insbesondere die Machtposition des Betreuers im Hinblick auf §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1829 Abs. 1 Satz 2 BGB stellt daher einen Nachteil der Betreuung dar. Zwar ist der Betreuer 600 Differenzierend: Adams, Geschäftsunfähigkeit und Betreuung in Personengesellschaften, 2016, S. 331, 336, nach welcher die Nachteile für die Gesellschaft überwiegen; wie hier: Raub, Vorsorgevollmachten im Personengesellschaftsrecht, 2013, S. 51. Zu den Dokumentationspflichten des Betreuers siehe sogleich: Kapitel 2 D. 601 Vgl.: Duden, JZ 1963, 601 (602), der von einem „Druckmittel“ in einem anderen Kontext spricht und das Argument gegen eine hier vertretene analoge Auslegung von § 1822 Nr. 3 BGB verstanden wissen möchte.
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Kap. 2: Vermögensverwaltung durch den Betreuer eines Unternehmers
aufgrund seiner Stellung als Treuhänder und auch durch § 1901 Abs. 2, 3 BGB zu einer auf die individuellen Vorstellungen des Betreuten angepassten Führung der Betreuung verpflichtet, gleichwohl wirken diese Beschränkungen unmittelbar nur im betreuungsrechtliche Innenverhältnis. Auch wenn das Betreuungsgericht das Wohl und die Wünsche des Betroffenen zu achten und, wenn möglich, zur Durchsetzung zu verhelfen hat, stellt die gerichtliche Überprüfung nicht sicher, dass eine an vermeintlichen Individualinteressen des Betreuten ausgerichtete Vorgehensweise des Betreuers durch das Genehmigungsverfahren korrigiert wird. Wie groß die potentiell „zerstörerische“ Rechtsmacht des Betreuers im Hinblick auf eine Gesellschaft sein kann, kann abschließend erst dann bestimmt werden, wenn untersucht worden ist, ob und inwieweit der Betreuer bei dem Auftreten für den Gesellschafter an die gesellschafterliche Treuepflicht gebunden ist, welche der Handlungsfreiheit des Betreuers originär gesellschaftsrechtliche Schranken setzen könnte.602 Das Adjektiv „zerstörerisch“ fungiert als Stichwort für den dritten Hauptkritikpunkt an dem Genehmigungsverfahren, der Sorge vor einem wirtschaftlichen Scheitern der Gesellschaft wegen der Genehmigungsvorbehalte. Diese Gefahr droht keinesfalls derart latent, wie dies teilweise dargestellt wird. Denn die Genehmigungsvorbehalte betreffen nur und ausschließlich Willenserklärungen, welche der Betreuer für den Betreuten abgibt. Die im Rechtsverkehr abgegebenen Willenserklärungen anderer Rechtssubjekte, wie beispielsweise einer Körperschaft oder einer teilrechtsfähigen Personenhandelsgesellschaft, sind nicht genehmigungspflichtig. Daran ändert auch die mittelbare Auswirkung auf das Vermögen des Betreuten nichts. Die rechtliche Betreuung zielt nicht darauf ab, direkt auf andere Rechtssubjekte einzuwirken. So ist die Erteilung der Prokura durch den Betreuer, um einen mit den Umständen des Marktes vertrauten Menschen mit der Führung des operativen Geschäfts zu beauftragen, nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 11 BGB nur bei einem Einzelkaufmann genehmigungspflichtig. Der Genehmigungstatbestand der §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 11 BGB verhindert dagegen nicht die Ernennung eines Prokuristen für eine GmbH oder eine Personenhandelsgesellschaft. Darüber hinaus darf infolge der Sorge um das Wohlergehen der Gesellschaft nicht übersehen werden, dass es im Gesellschaftsrecht grundsätzlich Lösungsansätze gibt, um beispielsweise ein nicht der mitgliedschaftlichen Treuepflicht entsprechendes Verhalten zu korrigieren, indem entweder eine der Treuepflicht entsprechende Willenserklärung fingiert oder klageweise durchgesetzt werden kann.603 Diese gesellschaftsrechtliche Korrekturmöglichkeit führt dazu, dass die Sorge vor einer Existenzgefährdung der Gesellschaft als Übertreibung einzuordnen ist.
602 Siehe zu der Geltung der gesellschafterlichen Treuepflicht für den Betreuer: Kapitel 3 A. III. 1. b) bb). 603 Siehe dazu: Kapitel 3 A. IV. 2.
D. Dokumentationspflichten des Betreuers gegenüber dem Betreuungsgericht
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D. Dokumentationspflichten des Betreuers gegenüber dem Betreuungsgericht – Einblicke des Staates in Unternehmensinterna? I. Problemaufriss Die Dokumentationspflichten des Betreuers gegenüber dem Betreuungsgericht als staatlicher Aufsichtsstelle könnten gegen die Praktikabilität der Betreuung eines Unternehmers sprechen. Infolge der befürchteten staatlichen Einsicht in Unternehmensinterna wird die Geeignetheit der Betreuung eines Unternehmers bezweifelt und stattdessen die Errichtung einer unternehmensbezogenen Vorsorgevollmacht empfohlen.604 Bei jeder Dokumentation könnten abhängig von der Art der unternehmerischen Beteiligung die Geheimhaltungsinteressen Dritter (Mitgesellschafter des Betreuten) mit dem Überwachungsinteresse des Betreuungsgerichts kollidieren. Insbesondere wird befürchtet, dass Dritte Kenntnis von vertraulichen Informationen erlangen.605 Weitergehend wird erwogen, dass aufgrund des ungewollten Einblicks des Staates in Firmeninterna die Kenntnis verschiedener Personen zu wettbewerblichen Risiken führen kann.606 Um die Einwände zu validieren, sind zunächst die Anforderungen und der Umfang der jeweiligen Dokumentationspflichten des Betreuers gegenüber dem Betreuungsgericht herauszuarbeiten. Wenn im Folgenden von Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen gesprochen wird, sind damit beispielsweise geschäftspolitische Ziele eines Unternehmens oder Geheimnisse aus dem technischen Bereich des Unternehmens gemeint.607 Je geringer die Anforderungen an die Exaktheit und den Umfang der dem Betreuungsgericht durch den Betreuer zu überbringenden Informationen sind, desto weniger sind die angesprochenen Befürchtungen bezogen auf die Betreuung berechtigt.608 Für die folgende Untersuchung wird davon ausgegangen, dass der Betreuer nicht naher Angehöriger im Sinne des § 1908i Abs. 2 Satz 2 BGB ist. Demnach ist § 1857a BGB auf die Betreuung durch den Vater, die Mutter, den Ehegatten, den Lebenspartner oder einen Abkömmling des Betreuten sinngemäß anzuwenden, soweit das Betreuungsgericht nichts Anderes anordnet. Gemäß §§ 1857a, 1854 BGB besteht die Pflicht zur Rechnungslegung nicht, wenn 604 Vgl.: Baumann/Selzener, RNotZ 2015, 605 (607); Heckschen, NZG 2012, 10 (ebd., 13); Jocher, notar 2014, 3 (4); Raub, Vorsorgevollmachten im Personengesellschaftsrecht, 2013, S. 44, 51, 125; Staake/Weber, ZIP 2021, 611 (616); Werner, GmbHR 2013, 963 (964). 605 Heckschen, NZG 2012, 10 (ebd., 13); Jocher, notar 2014, 3 (4). 606 Baumann/Selzener, RNotZ 2015, 605 (607); Raub, Vorsorgevollmachten im Personengesellschaftsrecht, 2013, S. 44, 51, 125; Werner, GmbHR 2013, 963 (964). 607 Die Definitionen sind angelehnt an § 17 UWG a. F. bzw. § 2 GeschGehG und die Kommentierung in Erbs/Kohlhaas/Diemer, § 17 UWG, Rn. 8. 608 Auf die Frage, ob der Betreuer als Nichtgesellschafter die mitgliedschaftlichen Informationsrechte geltend machen darf, wird an einer späteren Stelle eingegangen werden, siehe dazu: Kapitel 3 A. II. 1.
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das Betreuungsgericht es nicht angeordnet hat. Die Befreiung umfasst sowohl die Rechnungslegung nach §§ 1840 BGB f. als auch die Erstellung des Vermögensverzeichnisses nach § 1802 Abs. 1 Satz 1 BGB.609 Insoweit bestünde die angesprochene Gefahr bei nahen Angehörigen als Betreuer grundsätzlich nicht, wenn das Betreuungsgericht die Erstellung eines Vermögensverzeichnisses nicht gesondert anordnet. Wenn das Betreuungsgericht die Aufstellung des Verzeichnisses anordnet oder keine der in § 1908i Abs. 2 Satz 2 BGB genannten Personen zum Betreuer bestellt worden ist, ist entscheidend, inwieweit dem Betreuungsgericht durch die Erstellung eines Vermögensverzeichnisses nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1802 BGB oder durch die Rechnungslegung nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1840, 1841 BGB Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse zugänglich gemacht werden.
II. Unterschiedliche unternehmerische Tätigkeiten und ihre Abbildung im Vermögensverzeichnis gemäß §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1802 Abs. 1 Satz 1 BGB 1. Betreuter Einzelkaufmann a) Umfang der notwendigen Angaben im Vermögensverzeichnis Das bei Aufnahme der Betreuung zu erstellende Vermögensverzeichnis könnte Betriebsgeheimnisse offenlegen. Nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1802 BGB hat der Betreuer das Vermögen, das bei der Anordnung der Betreuung vorhanden ist oder später dem Betreuten zufällt, zu verzeichnen und das Verzeichnis, nachdem er es mit der Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit versehen hat, dem Betreuungsgericht einzureichen. Der Begriff des Vermögens wird in § 1802 BGB nicht weiter definiert. Aus den Motiven ergibt sich, dass von einer Sonderregelung für Handelsgeschäfte des Mündels abgesehen worden ist.610 Das Verzeichnis ermöglicht dem Betreuungsgericht die Aufsicht über die Vermögenssorge des Betreuers.611 aa) Formale Angaben ausreichend Mangels konkreter Anforderungen im Wortlaut des § 1802 BGB könnte es ausreichend sein, das Erwerbsgeschäft des Betreuten mit Firma, Geschäftsgegenstand und Handelsregisternummer im Vermögensverzeichnis anzugeben.612
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Bergschneider/Winkler, S. II. 3., Rn. 1. Mot. IV, S. 1101; Staudinger/Veit (2020), § 1802 BGB, Rn. 7. 611 BeckOK BGB/Bettin, § 1802 BGB, Rn. 1. 612 JurisPK-BGB/Lafontaine, § 1802 BGB, Rn. 17. So auch das Muster in: Bergschneider/ Winkler, S. II. 3. 610
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bb) Eigenständige Inventarisierung notwendig? Weitergehend könnte man verlangen, dass §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1802 BGB eine „Inventarisierungspflicht ohne Befreiungsmöglichkeit“613 anordnet. Dafür müssten alle Vermögenswerte einzeln aufgelistet werden, was sich systematisch unter anderem daraus ergibt, dass die Erleichterungen des § 1640 Abs. 1 Satz 3 und § 1640 Abs. 2 BGB für den Betreuer nicht gelten.614 Ein derart weitgehendes Verständnis könnte dazu führen, dass der Betreuer eine Inventarliste erstellen muss, die zu der ohnehin notwendigen Jahresinventarisierung nach § 240 HGB hinzutritt. cc) Formale Angaben und Einreichung der Bilanz notwendig? Vermittelnd könnten die Angaben zu Erwerbsgeschäft mit Firma, Geschäftsgegenstand und Handelsregisternummer um die letzte Bilanz oder, bei nicht bilanzierten Unternehmen, eine aktuelle Einnahmen-/Ausgabenüberschussrechnung ergänzt werden.615 Der Betreuer soll auch den Unternehmenswert angeben. Aus der Wertung des § 1841 Abs. 2 BGB, wonach als Rechnung ein aus den Büchern gezogener Jahresabschluss ausreicht, muss jedenfalls Angabe des Bilanzbuchwerts ausreichen, wenn der Betreuer das Unternehmen fortführen möchte.616 dd) Stellungnahme Die zuletzt genannte, vermittelnde Ansicht überzeugt. Aus systematischen Gründen ist ein Gleichlauf zwischen der während der Betreuung zu leistenden Rechnungslegung nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1841 Abs. 2 BGB und der Erstellung des Vermögensverzeichnisses überzeugend. Vor dem Hintergrund ist eine zusätzliche Inventarisierung nicht erforderlich. Die formale Nennung von Firma, Geschäftsgegenstand und Handelsregisternummer enthält wiederum zu wenige Informationen zur Einschätzung der mit der Fortführung des Erwerbsgeschäfts einhergehenden Risiken. Um das Vermögensverzeichnis zu erstellen, muss der Betreuer Einsicht in die Unterlagen des Betreuten nehmen. Die Einsichtnahme des Betreuers in Unterlagen des Betreuten bei einem einzelkaufmännisch geführten Betrieb kollidiert nicht mit den Interessen von eventuell persönlich haftenden Dritten, da es keine Mitgesellschafter gibt. Auch Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse des Einzelkaufmanns werden nicht offenbart. 613
So die Überschrift vor: Staudinger/Veit (2020), § 1802 BGB, Rn. 5. Münchener Kommentar BGB/Kroll-Ludwigs (8. Auflage 2020), § 1802 BGB, Rn. 3; BeckOGK/Fröschle (01. 01. 2021), § 1802 BGB, Rn. 22. 615 Oberloskamp/Band, Vormundschaft, 2010, § 9, Rn. 22; JurisPK-BGB/Lafontaine, § 1802 BGB, Rn. 17; Staudinger/Veit (2020), § 1802 BGB, Rn. 19; Firsching/Graf/Krätzschel, Nachlassrecht, Anhang, Anmerkung zu Nr. 1.9. 616 BeckOGK/Fröschle (01. 01. 2021), § 1802 BGB, Rn. 46. 614
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b) Möglichkeit der Einsichtnahme in die Unterlagen und Bücher des Betreuten Der Betreuer muss Einsicht in die Unterlagen und Bücher des Betreuten nehmen können, um das Vermögensverzeichnis nach § 1802 BGB anfertigen zu können. Wenn der Betreuer Einsicht in die Unterlagen und Bücher des Betreuten nehmen dürfte, würde er von den zahlreiche Rechnungslegungspflichten des Einzelkaufmanns gemäß §§ 238 ff. HGB profitieren.617 Besonders hilfreich dürften für den Betreuer, unabhängig von der Erstellung des Vermögensverzeichnisses, die Buchführungspflicht nach § 238 HGB, die Inventarerrichtungspflicht gemäß § 240 HGB und die Pflicht zur Erstellung eines Jahresabschlusses nach § 242 Abs. 2 HGB sein. Gleiches gilt für die Verpflichtung des Kaufmanns, die in § 257 Abs. 1 HGB bezeichneten Unterlagen aufzubewahren. Weder in den §§ 1896 ff. BGB noch in den §§ 1802 ff. BGB existiert ein Auskunftsanspruch des Betreuers gegen den Betreuten. Auch gibt es keinerlei gesetzliche Mitwirkungs-/Duldungspflichten des Betreuten gegenüber dem Betreuer.618 Der Betreuer ist Schuldner von Auskunftsansprüchen des Betreuungsgerichts nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1839 BGB; Gläubiger eines Auskunftsanspruchs ist er im Betreuungsrecht gegenüber dem Betreuten nicht. Ein Recht des Betreuers auf Einsicht in Unterlagen und Bücher könnte sich stattdessen aus dem im Bestellungsbeschluss bezeichneten Aufgabenkreis ableiten lassen. Genauso wie der Betreuer im Hinblick auf eingehende Post nach § 1896 Abs. 4 BGB mittels Zuweisung eines gesondert begründeten Aufgabenkreises in die Lage versetzt wird, Briefe zu öffnen, und im Falle der Zugehörigkeit zum Aufgabenkreis als gesetzlicher Vertreter zu beantworten,619 muss der Aufgabenkreis der Vermögenssorge die Einsichtnahme in Bücher und Unterlagen umfassen. Anderenfalls wäre der Betreuer nicht in der Lage, das Vermögensverzeichnis nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1802 BGB zu erstellen. Ein unvollständiges Verzeichnis – ohne Beifügung einer Bilanz oder einer aktuelle Einnahmen-/Ausgabenüberschussrechnung – wäre weder im Interesse des Betreuungsgerichts noch des Betreuten. Dem Betreuungsgericht helfen die Angaben im Vermögensverzeichnis bei der Aufsichtsführung, während der Betreute auf Grundlage des Vermögensverzeichnisses (in Verbindung mit der jährlichen Rechnungslegung nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1840 ff. BGB) bei Beendigung der Betreuung seinen Herausgabeanspruch gegen den Betreuer nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1890 Satz 1, 260 BGB konkretisieren kann.620 Ist das Vermögensverzeichnis unvollständig, kann dem Be-
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Vgl. zu den einzelnen Rechnungspflichten ausführlich: Schmidt, Handelsrecht, § 15, Rn. 21 ff. 618 Bienwald/Sonnenfeld/Harm/Bienwald, Anh. § 1908i BGB, Rn. 23. 619 Siehe oben: Kapitel 2 B. II. 2. b). 620 BeckOGK/Fröschle, § 1802 BGB, Rn. 1, 7; Staudinger/Veit (2014), § 1802 BGB, Rn. 1; Münchener Kommentar BGB/Kroll-Ludwigs, § 1802 BGB, Rn. 1.
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treuer ein Zwangsgeld bis zu EUR 25.000,– auferlegt werden.621 Außerdem liefe der Betreuer Gefahr, dass das Betreuungsgericht das Vermögensverzeichnis im Wege der Ersatzvornahme durch einen Notar oder eine zuständige Behörde nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1802 Abs. 3 BGB erstellen ließe. Die Kosten der Errichtung würden dem Betreutenvermögen auferlegt. Sofern die Unvollständigkeit pflichtwidrig geschehen ist, könnte sich der Betreuer ferner einem Schadensersatzanspruch nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1833 Abs. 1 BGB ausgesetzt sehen.622 Sämtliche der soeben genannten Folgen zeigen, dass die Führung der Betreuung auf der Möglichkeit des Betreuers zur Informationserlangung basiert. Darüber hinaus dient die Erstellung des Vermögensverzeichnisses auch dem Betreuer als Grundlage für die Amtsführung, da er durch die Erstellung des Inventars einen Überblick über die finanzielle Situation des Betreuten gewinnt. Wenn das Betreuungsgericht den Betreuer lediglich für den Aufgabenkreis der Vermögenssorge bestellt hat, ergibt eine Auslegung, dass der Aufgabenkreis der Vermögenssorge den Einblick des Betreuers in Unterlagen erfasst.623 An dieser Stelle zeigt sich erneut die Relevanz einer Anordnung der Kommunikationskontrolle, damit auch eingehende Post an den Betreuten eingesehen werden kann.624 2. Beteiligung des Betreuten an einer Personenhandelsgesellschaft a) Meinungsbild bezogen auf den Umfang der Angaben im Vermögensverzeichnis Ist der Betreute Komplementär einer Personenhandelsgesellschaft, stellt sich die Frage, welche Informationen der Betreuer über die Beteiligung des Betreuten an der Gesellschaft im Vermögensverzeichnis gemäß §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1802 Abs. 1 Satz 1 BGB angeben muss.625 Der Betreuer könnte zu einer umfassenden Auskunft verpflichtet sein, um dem Betreuungsgericht mögliche Verlustrisiken bei der Fortführung aufzuzeigen. Dann müssten der Gesellschaftsvertrag, der Betriebseinheitswertbescheid und weitere Unterlagen, welche bei der Wertbestimmung der der 621
Dies ergibt sich aus §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1837 Abs. 3 Satz 1 BGB in Verbindung mit § 35 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, 3 Satz 1 FamFG: Spanl, Vermögensverwaltung durch Vormund und Betreuer, 2009, S. 31; Gojowczyk, Rpfleger 2013, 1 (7). 622 Spanl, Vermögensverwaltung durch Vormund und Betreuer, 2009, S. 32; Münchener Kommentar BGB/Kroll-Ludwigs, § 1802 BGB, Rn. 14; a. A.: BeckOGK/Fröschle, § 1802 BGB, Rn, 61, der dafür plädiert, dass das Betreuungsgericht die Kosten auch nach § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG direkt dem Betreuer auferlegen könne. 623 Vgl.: Bienwald/Sonnenfeld/Harm/Bienwald, Anh. § 1908i BGB, Rn. 23; BayObLG, Beschluss vom 19. 05. 1999 – 3Z BR 38 – 99, NJW 1999, 3205 (ebd.). 624 Siehe zu der Anordnung der Kommunikationskontrolle: Kapitel 2 B. II. 2. b). 625 Für einen Kommanditisten stellt sich der im Folgenden dargestellte Meinungsstreit entsprechend, sodass diejenigen, die eine komplette Aufdeckung aller Gesellschaftsinterna fordern, entsprechende Forderungen auch dann äußern, wenn der Betreute als Kommanditist an einer Personenhandelsgesellschaft beteiligt ist, vgl. beispielsweise: Oberloskamp/Band, Vormundschaft, 2010, § 9, Rn. 58.
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Gesellschaft zustehenden Gütern helfen, sowie die Handelsbilanzen der letzten Jahre vorgelegt und weiter angegeben werden, mit welchem Anteil der Betreute beteiligt ist.626 Entsprechend dem Ziel einer bestmöglichen Information wäre auch eine Inventarliste der Gesellschaft dem Betreuungsgericht vorzulegen.627 Zusätzlich wird teilweise gefordert, dass der Betreuer Auszüge aus den Kapitalkonten I – III vorlegen müsse, um den tatsächlichen Wert der Beteiligung des Betreuten zu ergründen.628 Ob eine zum Erhalt der soeben skizzierten Informationen mindestens notwendige Geltendmachung von Informationsrechten des Betreuten durch den Betreuer möglich629 oder wegen Verstoßes gegen das Abspaltungsverbot abzulehnen ist, könnte (an dieser Stelle noch) nicht von Relevanz sein,630 wenn aus der Rechtsfähigkeit der Personenhandelsgesellschaft folgt, dass das Gesellschaftsvermögen nur der Gesellschaft zusteht. Von anderen Rechtssubjekten abgegebene Willenserklärungen sind nicht der Person des Betreuten zuzuordnen. Da das Vermögen der Personenhandelsgesellschaft nicht dem Betreuten als Rechtssubjekt zuzuordnen wäre, wäre für das Vermögensverzeichnis im Sinne der §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1802 Abs. 1 Satz 1 BGB ausreichend, wenn der Betreuer die Bezeichnung der Gesellschaft, den Handelsregistereintrag und die Art und Höhe der Beteiligung des Betreuten angibt.631 Insoweit würde ein Gleichlauf zu der bereits den Genehmigungsvorbehalten aufgezeigten, formalen Trennung zwischen unterschiedlichen Rechtspersonen hergestellt.632 Allerdings birgt ein geringeres Informationsniveau die Gefahr, dass das Betreuungsgericht seiner Aufsichtspflicht nicht nachkommen kann. Daher könnte der Betreuer verpflichtet sein, neben dem Umfang der Beteiligung und der Bezeichnung der Gesellschaft samt Handelsregisterauszug auch Inventar und Bilanz der Gesellschaft anzugeben.633 Dass keine weiteren Informationen eingereicht werden sollen, 626
Deutlich: Oberloskamp/Band, 2010, § 9, Rn. 55. JurisPK-BGB/Lafontaine, § 1802 BGB, Rn. 17; Münchener Kommentar BGB/KrollLudwigs, § 1802 BGB, Rn. 4. 628 Oberloskamp/Band, 2010, § 9, Rn. 56, 58. 629 Siehe zu der Frage, ob der Betreuer den Informationsanspruch stellvertretend geltend machen darf: Kapitel 3 A. II. 6. 630 Ob die Geltendmachung von Mitgliedschaftsrechten durch den Betreuer gegen das Abspaltungsverbot des § 717 Satz 1 BGB verstößt, wird im folgenden Kapitel erörtert, siehe dazu: Kapitel 3 A. II. 1. b). 631 BeckOGK/Fröschle, § 1802 BGB, Rn. 31; wohl auch: NK-BGB/Fritsche, § 1802 BGB, Rn. 3. 632 Siehe oben: Kapitel 2 C. III. 633 Jürgens, BtR/von Crailsheim, § 1802 BGB, Rn. 8; Staudinger/Veit (2020), § 1802 BGB, Rn. 20; Palandt/Götz, § 1802 BGB, Rn. 2. Diese Ansicht entspricht der allgemeinen Meinung bezogen auf das von Eltern bei bestimmten Erwerbstatbeständen des Kindes (gemeint sind Erwerbe in Zusammenhang mit einem Sterbefall, Unterhaltsabfindungen und unentgeltliche Erwerbe) anzulegende Vermögensverzeichnis nach § 1640 Abs. 1 Satz 1 BGB, vgl. insoweit zu der Parallelvorschrift nur: Staudinger/Heilmann (2016), § 1640 BGB, Rn. 20; Münchener 627
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wird damit begründet, dass weitergehende (Informations-)Befugnisse auch dem Gesellschafter an einer Personengesellschaft nicht zustehen und dem Betreuer weitere Angaben daher nicht möglich sind.634 b) Stellungnahme Wäre der erstgenannten Ansicht zu folgen, die eine vollumfängliche Information des Betreuungsgerichts fordert, erreichte der staatliche Einblick in die Vorgänge innerhalb der Gesellschaft ein erhebliches Ausmaß. Für die erstgenannte Ansicht der möglichst weitgehenden Angabe von Informationen im Vermögensverzeichnis scheint prima facie die Ratio des § 1802 BGB zu streiten. Die Erstellung des Vermögensverzeichnisses soll alle Beteiligten des Betreuungsverfahrens unterstützen. Dem Betreuer soll das Verzeichnis bei der Führung der Betreuung, dem Betreuungsgericht bei der Aufsicht über den Betreuer gemäß §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1837 Abs. 2 BGB und dem Betreuten bei der Konkretisierung seines Herausgabeverlangens nach Beendigung der Betreuung gemäß §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1890 Satz 1 BGB helfen. Das Betreuungsgericht kann seiner Aufsichtspflicht besser nachkommen, wenn es über den wirtschaftlichen Zustand der Gesellschaft informiert ist. Gegen die zweitgenannte Ansicht spricht, dass zu wenige Informationen eine Aufsicht erheblich erschweren. Kennt das Betreuungsgericht nur den Namen der Gesellschaft und die Handelsregisternummer und ist darüber in Kenntnis gesetzt, ob der Betreute persönlich oder auf eine Einlage beschränkt haftet, kann es seiner Beratungsfunktion gemäß §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1837 Abs. 1 Satz 1 BGB kaum nachkommen. Ebenso wenig wird die Kenntnis von dem Namen der Gesellschaft, der Handelsregisternummer und der Art der Beteiligung ausreichen, um zu bestimmen, welche Vorgehensweise dem Wohl des Betreuten nach § 1901 Abs. 2 BGB entspricht. Ohne weitere Konkretisierungen ist nicht ersichtlich, ob die Beteiligung an der Gesellschaft behalten und, soweit dies rechtlich möglich ist,635 mitgliedschaftliche Rechte stellvertretend geltend gemacht werden sollen, oder ob eine Lösung von der Gesellschaft im Wege der Kündigung beziehungsweise eine Veräußerung der Anteile dem Wohl des Betreuten entspricht. Ist nachvollzogen, dass eine Fortführung dem Wohl des Betreuten nach § 1901 Abs. 2 BGB entspricht, kann bei der laufenden Rechnungslegung die Privilegierung nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1841 Abs. 2 BGB eingreifen. Die Entscheidung, ob der Betreuer ein Unternehmen für den Betreuten fortführt, ist prägend für die gesamte weitere Führung der Betreuung. Daher könnte eine unterschiedliche Detailtiefe im Hinblick auf das Vermögensverzeichnis einerKommentar BGB/Huber, § 1640 BGB, Rn. 20; NK-BGB/Rakete-Dombek, § 1640 BGB, Rn. 10. 634 Staudinger/Veit (2020), § 1802 BGB, Rn. 20. 635 Grundsätzlich sind die Gesellschafterrechte höchstpersönlicher Natur, vgl.: Kapitel 3 A. II. 1. a).
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seits und die Rechnungslegung mit der Vereinfachung des § 1841 Abs. 2 BGB andererseits im Interesse des Betreuten sein. Die zweitgenannte Ansicht ist abzulehnen. Das Betreuungsgericht und der Betreuer haben jeweils ein berechtigtes Interesse an möglichst weitgehenden Informationen; allerdings ist der Informationsbedarf des Betreuers größer als der des Betreuungsgerichts. Dass die erstgenannte Ansicht eine weitgehende Aufsicht ermöglicht, darf nicht dazu verleiten, die Interessen der wichtigsten Person des Betreuungsverfahrens außer Acht zu lassen. Im Zentrum des gesamten Betreuungsverfahrens steht der Betroffene. Grundlage des gesamten Betreuungsverfahrens ist, den Betreuten ernst zu nehmen.636 Sämtliche Beteiligte haben sich an seinem Interesse auszurichten, solange dieses Interesse nicht selbstgefährdend wirkt.637 In der Regel wird (betreuten) Gesellschaftern daran gelegen sein, dass gesellschaftsfremde Dritte keine gesellschaftsinternen Informationen erhalten.638 Sie selbst haben nur unter bestimmten Voraussetzungen Auskunftsansprüche gegen die Gesellschaft. Systematisch betonen die verschiedenen Auskunftsrechte für einen nicht an der Geschäftsführung beteiligten Komplementär in §§ 161 Abs. 2, 118 Abs. 1 HGB beziehungsweise für einen Kommanditisten in § 166 Abs. 1 HGB und (unter besonderen Umständen auch in) § 166 Abs. 3 HGB die Wichtigkeit der Geheimhaltung von gesellschaftsinternen Informationen. Darüber hinaus sind die Gesellschafter entweder als Folge der mitgliedschaftlichen Treuepflicht639 oder als „Korrelat des Informationsrechts“640 zur Verschwiegenheit verpflichtet, sobald ihnen Gesellschaftsinterna bekannt werden. Da nach § 1901 Abs. 3 Satz 2 BGB auch vor der Betreuung geäußerte Wünsche des Betreuten zu beachten sind, wird es dem Wohl des Betreuten regelmäßig entsprechen, den Umfang einer staatlichen Einsichtnahme in Gesellschaftsinterna soweit wie möglich zu minimieren. Ein das Wohl des Betreuten achtendes und daher restriktives Verständnis an die Anforderungen der Angaben in dem Vermögensverzeichnis ist weiter grundrechtlich geboten, da mit der Einsichtnahme des Betreuungsgerichts in Betriebsinterna, in deren Kenntnis der Betreute nur kraft seiner mitgliedschaftlichen Stellung gelangen konnte, potentiell ein Eingriff in Art. 14 Abs. 1 GG (oder jedenfalls Art. 2 Abs. 1 GG) einhergeht. Außerdem hat bereits die Anordnung der Betreuung erhebliche Auswirkungen auf die zwischenmenschlichen Beziehungen der Gesellschafter der personalistisch organisierten Personenhandelsgesellschaft. Die Anordnung der Betreuung hat nach
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Vgl. ausdrücklich: BT-Drs 11/4528, S. 1, 52, 54, 67, 74, 88, 133. Exemplarisch für diese Grundentscheidung steht die Möglichkeit einer Unterbringung bei drohender, im Gesetz näher definierter Selbstgefährdung des Betreuten in § 1906 Abs. 1 BGB. Siehe zu dem Umgang mit einer selbstschädigenden Weisung: Kapitel 2 A. II. 1. c). 638 Casper/Selbach, NZG 2016, 1324 (1329); Wohlleben, Informationsrechte des Gesellschafters, 1989, S. 13. 639 Vgl. diesbezüglich m. w. N.: Selbach, Geheimhaltungspflichten von Gesellschaftern in personalistisch strukturierten Gesellschaften, 2015, S. 60 ff. 640 Schmidt/Scholz/Schmidt, § 51a GmbHG, Rn. 6. 637
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wie vor „prangerstellende Wirkung“641. Die Mitgesellschafter eines betreuten Gesellschafters werden ob der staatlichen Einflussnahme dem betreuten Gesellschafter und seinem rechtlichen Vertreter gegenüber skeptisch eingestellt sein. Insbesondere bei einer infolge eines Unfalls angeordneten, nur vorübergehenden, Betreuung müssen der Betreuer und das Betreuungsgericht gemeinsam darauf achten, dass dem Betreuten nach Ende der Betreuung eine Rückkehr in die Gesellschaft möglich ist. Eine von Schuldvorwürfen freie Rückkehr des Gesellschafters nach Ende der Betreuung wird eher möglich sein, wenn nicht bereits die Erstellung des Vermögensverzeichnisses mit einem „Offenbarungseid“ gegenüber einer staatlichen Stelle einhergeht. Aus diesem Grund läuft die Forderung, dass dem Betreuungsgericht die Bewegungen auf den Kapitalkonten der Gesellschafter angezeigt werden sollen, einer an dem Wohl des Betreuten ausgerichteten Betreuung zuwider. Zwar würde ein, wie von der ersten Ansicht verlangtes, dezidiertes Vermögensverzeichnis helfen, einen Missbrauch der Rechtsmacht des Betreuers erschweren. Auf diese Weise würde einer der Vorteile des Betreuungsrechts gegenüber der privatautonomen Vorsorge betont. Eine zu starke Gewichtung würde aber der überwachenden Funktion des Betreuungsgerichts zugemessen. Dadurch werden die Interessen des Betreuers und, ungleich wichtiger, des Betreuten außer Acht gelassen. Es ist mit dem Wohl und den Wünschen des Betreuten nicht vereinbar, wenn die mit der Anordnung der Betreuung eintretende Fremdbestimmung für einen der Gesellschafter noch dadurch verstärkt wird, dass im Vermögensverzeichnis derart weitreichende Informationen offengelegt werden. Um den Betreuten und seine Stellung zu achten und zu wahren, und damit dem elementaren Grundprinzip der rechtlichen Betreuung zur Geltung zu verhelfen, ist die erstgenannte Ansicht abzulehnen. Darüber hinaus verlangt die von der erstgenannten Ansicht geforderte Informationsdichte von dem Betreuer mehr Informationen zu erhalten, als dies die Informationsansprüche in § 716 BGB, §§ 161 Abs. 2, 118 Abs. 1 HGB und § 166 HGB vermitteln.642 Dem Betreuer würde etwas abverlangt, wozu er nicht in der Lage ist. Demnach ist der vermittelnden Ansicht zu folgen. Der Betreuer hat neben dem Umfang der Beteiligung und der Bezeichnung der Gesellschaft samt Handelsregisterauszug auch das letzte Inventar und die letzte Bilanz der Gesellschaft anzugeben. Es muss keine Inventarisierung „außer der Reihe“ erfolgen. Weitere Informationen muss der Betreuer im Vermögensverzeichnis nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1802 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht angeben.
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BVerfG, Beschluss vom 23. 03. 2016 – 1 BvR 184/13, FamRZ 2016, 1041 (1042) erkennt der Anordnung der Betreuung „stigmatisierende Wirkung im sozialen Umfeld des Betroffenen“ zu. 642 Staudinger/Veit (2020), § 1802 BGB, Rn. 20.
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3. Betreuter GmbH-Gesellschafter Ist der Betreute ein GmbH-Gesellschafter, reicht als Angabe im Vermögensverzeichnis eine identifizierbare Bezeichnung der Gesellschaft und die Art und Höhe der Beteiligung aus.643 Denn bei der GmbH als Körperschaft handelt es sich um eine andere Rechtsperson. Die betreffenden Informationen wird der Betreuer regelmäßig in Unterlagen des Betreuten finden, sodass die Beteiligung an einer GmbH hinsichtlich der Erstellung des Vermögensverzeichnisses wenig problematisch sein dürfte. Gleichzeitig werden dem Betreuungsgericht keine Betriebsgeheimnisse offenbart. 4. Zwischenergebnis Die Angaben im Vermögensverzeichnis hängen von der Art der unternehmerischen Tätigkeit ab. Führt der Betreute ein Erwerbsgeschäft als Einzelkaufmann, ist dieses im Vermögensverzeichnis mit Firma, Geschäftsgegenstand und Handelsregisternummer anzugeben. Zudem ist die letzte Bilanz oder, bei nicht bilanzierten Unternehmen, eine aktuelle Einnahmen-/Ausgabenüberschussrechnung beizufügen. Der Betreuer eines Personenhandelsgesellschafters hat neben dem Umfang der Beteiligung und der Bezeichnung der Gesellschaft samt Handelsregisterauszug auch das letzte Inventar und die letzte Bilanz der Gesellschaft anzugeben. Ist der Betreute Gesellschafter einer GmbH genügt deren Name und die Art und Höhe der Beteiligung. Damit der Betreuer die für die Erstellung eines Vermögensverzeichnisses notwendigen Informationen erhält, sollte der Aufgabenkreis des Betreuers so präzise wie möglich gefasst werden und den Einblick in Unterlagen umfassen. Ist dies nicht geschehen, kann dem Betreuer im Wege der Auslegung des Aufgabenkreises „Vermögenssorge“ das Recht zugestanden werden, Einblick in Unterlagen des Betreuten nehmen zu dürfen.
III. Einblick in Unternehmensinterna durch die Rechnungslegung des Betreuers, §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1840, 1841 Abs. 2 BGB? Damit das Betreuungsgericht die Arbeit des Betreuers überprüfen kann, ist der Betreuer zur jährlichen Rechnungslegung über das gesamte Vermögen des Betreuten
643 BeckOGK/Fröschle, § 1802 BGB, Rn. 31; Staudinger/Veit (2014), § 1802 BGB, Rn. 18; Spanl, Vermögensverwaltung durch Vormund und Betreuer, 2009, S. 30; a. A.: Münchener Kommentar BGB/Kroll-Ludwigs, § 1802 BGB, Rn. 4, die rechtsformunabhängig eine komplette Inventarisierung fordert; während Oberloskamp/Band, Vormundschaft, 2010, § 9, Rn. 59, anscheinend den Verkehrswert der Beteiligung im Vermögensverzeichnis angeführt wissen möchte.
D. Dokumentationspflichten des Betreuers gegenüber dem Betreuungsgericht
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nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1840, 1841 Abs. 2 BGB verpflichtet.644 Die Rechnungslegung umfasst bei einem betreuten Unternehmer sowohl das Privatvermögen des Betreuten als auch den Vermögensteil, der an das Unternehmen gebunden ist. Die Rechnungslegung soll die Aufsicht des Betreuungsgerichts über den Betreuer ermöglichen und damit sicherstellen, dass das Betreuungsgericht imstande ist, bei Pflichtwidrigkeiten des Betreuers zum Wohle des Betreuten einzugreifen.645 Gemäß §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1841 Abs. 1 BGB stellt die Rechnung eine geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben des Betreuers im Abrechnungszeitraum dar. Dabei hat der Betreuer einzelnen Positionen Belege zuzuordnen.646 Während der Betreuer eines Unternehmers für die privaten Vermögensverhältnisse des Betreuten gesondert Rechnung legen muss, bieten die §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1841 Abs. 2 Satz 1 BGB die Möglichkeit einer erleichterten Rechnungslegung für den unternehmerisch gebundenen Vermögensteil. Sofern ein Erwerbsgeschäft mit kaufmännischer Buchführung betrieben wird, genügt ein aus den Büchern gezogener Jahresabschluss gemäß §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1841 Abs. 2 Satz 1 BGB als Rechnung. Der Begriff des „Erwerbsgeschäfts“647 in § 1841 Abs. 2 Satz 1 BGB ist wie bei § 1822 Nr. 3 BGB rechtsformunabhängig und umfasst sowohl einen betreuten Einzelkaufmann als auch einen betreuten Personenhandels-/Kapitalgesellschafter.648 Die Erleichterung bezweckt, den Betreuer im Rahmen seiner Rechnungslegungspflicht gegenüber dem Betreuungsgericht von der Pflicht zu befreien, die im Rahmen der kaufmännischen Buchführung notwendige Arbeit zu wiederholen.649 Das Betreuungsgericht muss die Rechnung gemäß §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1843 Abs. 1 BGB prüfen.650 Stellt das Betreuungsgericht Fehler in der Abrechnung des Betreuers fest und werden diese nicht durch den Betreuer nach Aufforderung des Betreuungsgerichts gemäß §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1843 Abs. 1 BGB beseitigt, sind streitige Ansprüche gemäß §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1843 Abs. 2 BGB durch einen Ergän-
644 Staudinger/Veit (2014), § 1840 BGB, Rn. 20; Münchener Kommentar BGB/KrollLudwigs, § 1840 BGB, Rn. 4. Nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1842 S. 1 BGB ist die Nachweispflicht des Betreuers bei Bestehen eines Gegenbetreuers weiter gefasst als bei der bloßen Vorlage an das Betreuungsgericht nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1841 BGB, da dem Gegenbetreuer die Rechnung unter Nachweisen des Vermögensbestandes vorzulegen hat. Vgl. hierzu: Oberloskamp/Band, Vormundschaft, 2010, § 9, Rn. 221. 645 Staudinger/Veit (2014), § 1840 BGB, Rn. 1; HK-BGB/Kemper, § 1840 BGB, Rn. 1; BeckOGK/Zorn, § 1840 BGB, Rn. 3. 646 Spanl, Vermögensverwaltung durch Vormund und Betreuer, 2009, S. 33 f. 647 Zum Begriff: Spanl, Vermögensverwaltung durch Vormund und Betreuer, 2009, S. 300; BeckOGK/Zorn, § 1841 BGB, Rn. 18. 648 Münchener Kommentar BGB/Kroll-Ludwigs, § 1841 BGB, Rn. 6; NK-BGB/Rohde/ Heitmann, § 1841 BGB, Rn. 5. 649 Oberloskamp/Band, Vormundschaft, 2010, § 9, Rn. 218. 650 Siehe zu den konkreten Anforderungen: Oberloskamp/Band, Vormundschaft, 2010, § 9, Rn. 223 ff.
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Kap. 2: Vermögensverwaltung durch den Betreuer eines Unternehmers
zungsbetreuer nach § 1899 Abs. 1 Satz 1 BGB gegenüber dem Betreuer geltend zu machen.651 An der Rechnungslegung werden exemplarisch Vorzüge und Nachteile der Betreuung eines Unternehmers sichtbar. Ein Nachteil der Betreuung ist der Einblick des Betreuungsgerichts, den der nach § 3 Nr. 2 b) RPflG zuständige Rechtspfleger in Form des Jahresabschlusses erhält. Kombiniert mit den Genehmigungserfordernissen652 erhalten außenstehende Dritte Informationen über das Unternehmen.653 Auch kann das Betreuungsgericht insbesondere aus der Zusammenschau von Genehmigungstatbeständen und einem Jahresabschluss ein Bild von der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens erhalten. Betrachtet man die der Betreuung gegenüber geäußerten Vorwürfe indes genauer, überwiegen, jedenfalls bezogen auf die Dokumentationspflichten des Betreuers, die mit der staatlichen Aufsicht einhergehenden Vorteile. Eine dem Betreuungsgericht zu übermittelnde Bilanz veröffentlicht keine Betriebsgeheimnisse. Darüber hinaus unterliegen Kapitalgesellschaften nach §§ 325 ff. HGB ebenso wie große Personenhandelsgesellschaften nach § 264a HGB ohnehin Offenlegungspflichten. Die im Ergebnis rechtsformunabhängige Veröffentlichungspflicht richtet sich nach der Höhe der Summe der Jahresbilanz, dem Jahresumsatzerlös und der Beschäftigungszahl.654 Ein Unternehmen, dessen Zahlen bei zwei der genannten Merkmale eine gewisse Kennzahl überschreitet, ist verpflichtet, bestimmte Unterlagen beim Registergericht einzureichen und im Bundesanzeiger zu veröffentlichen.655 Allein die Anzeige einer Bilanz kann den Vorwurf einer Veröffentlichung von Betriebsinterna, unabhängig von dem Bestehen einer Geheimhaltungspflicht, die auch das Betreuungsgericht trifft, nicht belegen. Darüber hinaus wird das Handeln des Betreuers durch die Dokumentationspflichten engmaschig überwacht. Die engmaschige Kontrolle des Betreuers durch das Betreuungsgericht minimiert die Missbrauchsgefahr erheblich, da durch das zu Beginn der Betreuung erstellte Vermögensverzeichnis und die Rechnungslegung Geldbewegungen nachvollzogen werden können.656 Die Transparenz im Handeln des 651 BeckOGK/Zorn, § 1843 BGB, Rn. 20; Münchener Kommentar BGB/Kroll-Ludwigs, § 1843 BGB, Rn. 12. Der über das zuständige Gericht bei der Geltendmachung von § 1843 Abs. 2 BGB bestehende Streit ist kein Problem, welches sich spezifisch bei einem betreuten Unternehmer stellt, vgl. hierzu m. w. N.: Staudinger/Veit (2014), § 1843 BGB, Rn. 11, die für die Zuständigkeit des Prozessgerichts plädiert; während BeckOGK/Zorn, § 1843 BGB, Rn. 18.1., analog § 266 Abs. 1 Nr. 4 FamFG das Familiengericht für zuständig ansieht, da die Ansprüche aus dem Verhältnis zwischen Betreuer und Betreutem und damit aus dem Familienrecht entstammen. 652 Siehe dazu: Kapitel 2 C. 653 Raub, Vorsorgevollmachten im Personengesellschaftsrecht, 2013, S. 125; Jocher, notar 2014, 3 (4); Reymann, ZEV 2005, 457 (ebd.). 654 Schmidt, Handelsrecht, § 15, Rn. 100 f. 655 Brox/Henssler, Handelsrecht, § 9, Rn. 185. 656 Zimmermann, Vorsorgevollmacht, 2009, S. 32; Raub, Vorsorgevollmachten im Personengesellschaftsrecht, 2013, S. 51.
D. Dokumentationspflichten des Betreuers gegenüber dem Betreuungsgericht
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Betreuers stellt, kombiniert mit der Aufsicht durch das Betreuungsgericht als unabhängiger Stelle, einen der Hauptvorteile der Betreuung dar.
IV. Nichteinhaltung der Berichts- und Rechnungslegungspflichten Erst die Dokumentationspflichten des Betreuers versetzen das Betreuungsgericht in die Lage, seiner Aufsicht über die Führung der Betreuung nachkommen zu können. Verstößt der Betreuer gegen die Berichts- und Rechnungslegungspflichten, kommt seine Entlassung aus wichtigem Grund gemäß § 1908b Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB in Betracht.657 Zuvor muss das Betreuungsgericht gegen das pflichtwidrige Verhalten des Betreuers gemäß §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1837 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 BGB mit geeigneten Geboten, wie beispielsweise der nachdrücklichen Aufforderung zur Erstellung der Rechnungslegung, vorgehen.
V. Zwischenergebnis Die den Betreuer treffenden Dokumentationspflichten sind umfassend, betreffen aber keine Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse. Zwar kann das Betreuungsgericht regelmäßig den Jahresabschluss einsehen. Der Jahresabschluss deckt aber keine Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse auf. Insofern überwiegen die mit der Rechnungslegung einhergehenden Vorteile. Das vom Betreuer zu erstellende Vermögensverzeichnisses veröffentlicht keine Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse. Hinsichtlich der befürchteten Veröffentlichung von Betriebsgeheimnissen besteht durch die dem Betreuungsgericht übermittelte Handelsbilanz keine Gefahr. Auch das dem Betreuungsgericht bei einer Personenhandelsgesellschaft übermittelte Inventar veröffentlicht keine Betriebsgeheimnisse. Zwar sind im Inventar nach § 240 Abs. 1 HGB sämtliche Vermögensgegenstände und Schulden aufzuführen. Aufgrund der zahlreichen Erleichterungen bei der Inventur bietet jedoch auch die Erstellung des Inventars Gestaltungsmöglichkeiten, die dazu führen, dass Betriebsinterna dem Inventar verborgen bleiben. So ist exemplarisch das Festwertverfahren des § 240 Abs. 3 HGB ein probates Mittel zur Bildung stiller Reserven.658 Die bloße Erstellung eines Vermögensverzeichnisses spricht damit nicht gegen die Praktikabilität der Betreuung eines Unternehmers. Im Gegenteil dient die Dokumentation, insoweit vergleichbar zu den einen Kaufmann treffenden Buchführungspflichten nach § 238 Abs. 1 HGB oder der Inventarerrichtungspflicht nach § 240 Abs. 2 Satz 1 HGB,659 sowohl der Information des Be657
OLG Zweibrücken, Beschluss vom 06. 02. 1998 – 3 W 5/98, NJWE-FER 1998, 130 (131); OLG Schleswig, Beschluss vom 18. 11. 2005 – 2 W 185/05, FGPRax 2006, 74 (75). 658 Winnefeld, Bilanz-HB, Kapitel B, Rn. 151. 659 Vgl.: Münchener Kommentar HGB/Ballwieser, § 238 HGB, Rn. 1; Münchener Kommentar HGB/Ballwieser, § 240 HGB, Rn. 3.
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Kap. 2: Vermögensverwaltung durch den Betreuer eines Unternehmers
treuten als auch der Beweissicherung und schützt vor einer Veruntreuung von Geldern durch den Betreuer. Der so erreichte Schutz des Betreuten stellt gegenüber den Erfahrungen mit Vorsorgebevollmächtigten, deren Buchführung grundsätzlich weder in einer bestimmten, vorgegebenen Form erfolgen muss, noch zwingend eine besondere Ordnung aufweist,660 einen Vorteil für den hilfsbedürftigen Menschen dar. Während die Handlungsfähigkeit des Betreuers bei besonders relevanten Vermögensgütern durch die (Außen-)Genehmigungstatbestände präventiv eingeschränkt wird, um eine für den Betroffenen nachteilige Änderung der Vermögenslage zu verhindern, sorgen die Dokumentationspflichten für eine repressive Kontrolle der Handlungen des Betreuers. Die damit einhergehende Transparenz bei gleichzeitiger unabhängiger Überwachung ist eine der Stärken bei der Betreuung eines Unternehmers.
E. Ergebnis: Praktikabilität der Betreuung im Hinblick auf die Vermögensverwaltung Ist der Betreuer mit dem um die Anordnung des § 1896 Abs. 4 BGB ergänzten Aufgabenkreis der Vermögenssorge bestellt, kann er mittels der anderen Anlegung nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1811 BGB eine an die Bedürfnisse eines betreuten Unternehmers angepasste Vermögensanlegung vornehmen. Dadurch, dass bereits angelegtes Geld tatbestandlich nicht den Vorschriften über die mündelsichere Anlage nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1806, 1807 BGB unterfällt, kann der Betreuer das Unternehmen des Betreuten fortführen. § 1908 BGB ermöglicht unter Umständen, mithilfe der Ausstattung, eine ohnehin beabsichtige Vermögensnachfolge zu initiieren. Bei unternehmerischen Entscheidungen, zu denen auch die andere Anlegung nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1811 BGB beispielsweise zur Investition in das Unternehmen zählt, scheidet eine Pflichtverletzung des Betreuers aus, wenn er analog § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG die Entscheidung auf Grundlage einer ausreichenden Information trifft. Die Genehmigungstatbestände greifen bei Beschlüssen von Gesellschaften, welche das Alltagsgeschäft betreffen, in der Regel nicht ein. Damit erhält weder eine staatliche Stelle Einblick, noch ist mit einer Verzögerung zu rechnen. Eine Änderung des Status quo, wie eine Willenserklärung des Betreuers zur Änderung eines Gesellschaftsvertrages, ist dagegen genehmigungspflichtig. Um die Vertretungsmacht des Betreuers nicht zu stark einzuschränken, kann ihn die allgemeine Ermächtigung nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1825 BGB von der Einholung einer Außengenehmigung in den Fällen des §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1812 BGB befreien. Zwar nimmt das betreuungsgerichtliche Genehmigungsverfahren einige Zeit in Anspruch und führt 660
Landenberg, Die Vollmacht vor und nach dem Erbfall, 2017, S. 122 ff.
E. Ergebnis
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bezogen auf Einzelfragen auch zu einem Einblick Dritter in Vorgänge eines Erwerbsgeschäftes oder einer ein Erwerbsgeschäft führenden Gesellschaft. Im Gegenzug verhindert die Einschränkung der Vertretungsmacht des Betreuers bei einigen besonders relevanten Vermögensgegenständen einen Missbrauch der eingeräumten Rechtsmacht. Darüber hinaus sorgt der strafrechtliche Schutz des § 203 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 StGB dafür, dass die dem Betreuungsgericht offenbarten Informationen nicht weitergegeben werden. Die Berichts-/Dokumentationspflichten des Betreuers geben dem Betreuungsgericht keinen Einblick in Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse. Die Ausgestaltung des betreuungsrechtlichen Außenverhältnisses spricht nicht gegen die Praktikabilität der Betreuung. Eine staatliche Stelle wacht darüber, dass die Betreuung im Sinne des Betroffenen geführt wird und verhindert gleichzeitig einen Missbrauch der Rechtsmacht des Betreuers. Letztlich hängt die Praktikabilität der Betreuung eines Unternehmers im Hinblick auf die Vermögenssorge entscheidend davon ab, wer die Betreuung führt. Unterstellt, dass eine fachlich hinreichend qualifizierte Person die Betreuung führt, geben ihm die Regelungen der §§ 1802 ff. BGB ausreichend Spielraum, um ein den Wünschen des Betroffenen entsprechende und damit praktikable Fürsorge zu ermöglichen. Daher bleibt als Zwischenergebnis festzuhalten, dass die für die Vermögenssorge maßgeblichen Normen des Betreuungs- und Vormundschaftsrechts die Praktikabilität der Betreuung eines Unternehmers nicht infrage stellen.
Kapitel 3
Auftreten des Betreuers im gesellschaftsrechtlichen Innenverhältnis Steht ein Gesellschafter unter Betreuung, ist für die Praktikabilität der Betreuung maßgeblich, ob der Betreuer die gesellschafterlichen Rechte des Betreuten im gesellschaftsrechtlichen Innenverhältnis ausüben kann. Dabei muss zwischen den Personenhandelsgesellschaften und Kapitalgesellschaften unterschieden werden. Eine Personenhandelsgesellschaft ist eine „Arbeits- und Haftungsgemeinschaft“1. Durch die akzessorische Haftung nach §§ 124 Abs. 1, 128 Satz 1 HGB stehen sämtliche Gesellschafter mit ihrem Privatvermögen für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft ein. Während bei einem betreuten Personengesellschafter eine akzessorische, potentiell unbegrenzte Haftung der Gesellschafter für Verbindlichkeiten der Gesellschaft möglich ist (im Folgenden unter: A.), steht bei einer GmbH als Körperschaft das Gesellschaftsvermögen als Haftungsmasse für Verbindlichkeiten der Gesellschaft ein (im Folgenden unter: C.). An der Willensbildung innerhalb einer Gesellschaft wirken regelmäßig nur Gesellschafter mit. Die Gesellschafter haben ihre Mitgesellschafter ausgesucht und sich auf einen im Gesellschaftsvertrag festgesetzten Gesellschaftszweck geeinigt. Infolge dieser selbst getroffenen Entscheidungen haben die Gesellschafter in Ausübung ihrer Privatautonomie eine Gesellschaft gegründet. Auch wenn zu Einzelfragen fachliche Expertise Dritter eingeholt werden kann, können Nichtgesellschafter auf die gesellschaftsinterne Willensbildung rechtlich nicht einwirken. Stattdessen haben die durch den Gesellschaftsvertrag miteinander vertraglich verbundenen, auf die Förderung des Gesellschaftszwecks verpflichteten Gesellschafter besondere Rechte, die aus ihrer mitgliedschaftlichen Stellung folgen. Dieses Gleichgewicht könnte durch die Betreuung eines Unternehmers unterbrochen werden. In diesem Fall könnte ein Nichtgesellschafter am Willensbildungsprozess der Gesellschaft teilnehmen und unter Umständen auch den Gesellschaftern zustehende Rechte ausüben. Konkret ist zu untersuchen, ob ein Betreuer als gesellschaftsfremder Dritter Rechte stellvertretend ausüben kann, die grundsätzlich nur Gesellschaftern kraft ihrer mitgliedschaftlichen Stellung zustehen. Das darin enthaltene Konfliktpotential zwischen dem Betreuer als außenstehendem Dritten und den Mitgesellschaftern des Betreuten tritt insbesondere bei einer Personenhandelsgesellschaft hervor. Einerseits könnte der Betreuer bei Ausübung mitgliedschaftlicher Rechte die Willensbildung innerhalb der Gesellschaft beeinflussen. Diese Rechtsmacht eines Dritten wäre auf eine staatliche 1
Priester, DStR 2008, 1386 (1387).
Kap. 3: Auftreten des Betreuers im gesellschaftsrechtlichen Innenverhältnis
191
Entscheidung, die Bestellung des Betreuers, zurückzuführen. Wer konkret zum Betreuer ernannt wird, liegt außerhalb des Einflussbereichs der Gesellschafter, weil sie dem Betreuungsgericht allenfalls Anregungen oder Vorschläge unterbreiten können. Demnach besteht die Gefahr, dass sich die Mitgesellschafter bei der Bestellung eines Betreuers übergangen fühlen und die Entscheidungsbefugnis eines ihnen möglicherweise unbekannten Dritten fürchten. Andererseits stellt sich bei Personengesellschaften das besondere Problem, dass deren Komplementäre gemäß §§ 161 Abs. 2, 124 Abs. 1, 128 Satz 1 HGB unbegrenzt für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft einstehen müssen.2 Die (an dieser Stelle noch unterstellte) Einwirkungsmöglichkeit eines gesellschaftsfremden, staatlich bestellten Dritten könnte dazu führen, dass die Mitgesellschafter des betreuten Gesellschafters akzessorisch für Entscheidungen haften, die ein Nichtgesellschafter mit getroffen hat. Da eine Außenhaftung des Betreuers gegenüber Dritten, wie der Gesellschaft, regelmäßig abgelehnt und stattdessen lediglich auf die Innenhaftung der §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1833 Abs. 1 BGB verwiesen wird, könnte ein faktisch Unbeteiligter eine private Haftung der Gesellschafter auslösen. Sowohl die gesellschaftsrechtliche Zulässigkeit als auch die sich aufdrängenden Haftungsfragen sollen anhand der Kommanditgesellschaft, deren Komplementär betreut wird, untersucht werden. Die Sorgen vor einer Einflussnahme auf die gesellschaftsinterne Willensbildung wären erst gar nicht begründet, wenn die Anordnung der Betreuung einen Ausschlussgrund aus der Gesellschaft darstellen würde (im Folgenden: A. I.). Im Folgenden werden zwei Stufen des Betreuerhandelns untersucht. Zunächst geht es um die Frage, „ob“ der Betreuer zu der Geltendmachung von Gesellschafterrechten berechtigt ist, oder ob ein solches Vorgehen gegen die Höchstpersönlichkeit der Gesellschafterrechte oder gegen das Abspaltungsverbot verstößt (im Folgenden: A. II.). Von forensisch großem Interesse dürfte sein, ob der Skepsis der Mitgesellschafter gegenüber dem Betreuer dadurch Ausdruck verliehen werden kann, dass im Vorwege der Betreuung ein Ausschluss des Tätigwerdens eines Betreuers gesellschaftsvertraglich vereinbart wird (im Folgenden: A. II. 2.). Die Untersuchung des zwingenden Charakters des Betreuungsrechts gibt auch Aufschluss darüber, ob an die Anordnung einer Betreuung geknüpfte Ruhensanordnungen (im Folgenden: A. II. 3.) oder Ausscheidensklauseln (im Folgenden: A. II. 4.) wirksam sind. Ist der Betreuer zur stellvertretenden Ausübung der gesellschafterlichen Rechte des Betreuten berechtigt, könnte er bei der stellvertretenden Geltendmachung des Informationsrechts des Komplementärs aus §§ 161 Abs. 2, 118 HGB eine Verschwiegenheitserklärung abgeben müssen (im Folgenden: A. II. 6.). Sodann geht es auf einer zweiten Stufe um die Art und Weise des Handelns des Betreuers, das „Wie“ der stellvertretenden Geltendmachung von Gesellschafterrechten. Interessant ist beispielsweise, ob der Betreuer als Nichtgesellschafter an die gesellschafterliche Treuepflicht gebunden ist (im Folgenden: A. III. 1.). Als Anwendungsbeispiel folgt die Untersuchung der Geheimhaltungspflicht bezogen auf durch den Informati2 Das in diesem Kapitel für den Komplementär Gesagte gilt auch für die Betreuung eines persönlich haftenden Gesellschafters einer OHG.
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Kap. 3: Auftreten des Betreuers im gesellschaftsrechtlichen Innenverhältnis
onsanspruch erlangte Informationen (im Folgenden: A. III. 2.). Auch die Handlungsmöglichkeiten der Gesellschaft im Falle einer Rechtsmachtausübung entgegen der mitgliedschaftlichen Treuepflicht werden dargestellt (im Folgenden: A. IV. 2.). Dabei geht es auch um die Möglichkeit eines direkten Schadensersatzanspruches der Gesellschaft gegen den Betreuer (im Folgenden unter: A. IV. 3.) und darum, wie die Gesellschaft auf eine Weitergabe von Interna durch den Betreuer reagieren kann (im Folgenden: A. IV. 4.). Sodann wird kurz auf den Kommanditisten (im Folgenden: B.) und den betreuten GmbH-Gesellschafter eingegangen (im Folgenden: C.), wobei die Betreuung eines GmbH-Gesellschafters insbesondere im Hinblick auf das gesellschaftsrechtliche Außenverhältnis von Interesse ist.
A. Der betreute Komplementär einer Kommanditgesellschaft I. Kein Ausschluss des Gesellschafters aufgrund der Anordnung der Betreuung Wenn die Anordnung der Betreuung einen Ausschlusstatbestand nach §§ 161 Abs. 2, 133 Abs. 1, 140 Abs. 1 Satz 1 HGB darstellen würde, könnten die Mitgesellschafter auf den Betreuungsfall mit einer Ausschließungsklage reagieren. Ein Ausschluss soll dazu dienen, das Unternehmen zu erhalten und von demselben Schaden abzuwenden.3 Zwar kann die Geschäftsunfähigkeit eines Gesellschafters einen wichtigen Grund darstellen, sofern infolgedessen das Gesellschaftsvermögen oder der Ruf der Gesellschaft gefährdet werden und der Gesellschafter oder sein Vertreter den gesellschafterlichen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen kann.4 Da der Ausschluss eines Gesellschafters aber am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu messen ist und die ultima ratio darstellt,5 wird ein betreuungsbedingter Ausschluss eines Gesellschafters nur in absoluten Ausnahmefällen in Betracht kommen.6
3
Koller/Kindler/Roth/Morck/Kindler, § 140 HGB, Rn. 1. RG, Urteil vom 21. 11. 1922 – II 75/22, RGZ 105, 376 (377); Münchener Kommentar HGB/Schmidt, § 133 HGB, Rn. 39; Henssler/Strohn/Klöhn, § 133 HGB, Rn. 30. 5 BGH, Urteil vom 31. 03. 2003 – II ZR 8/01, NZG 2003, 625 (626); OLG München, Urteil vom 30. 04. 2009 – 23 U 3970/08, BeckRS 2009, 13232, unter II.1. Gleiches gilt für die Auflösung der Gesellschaft, sodass die Anordnung der Betreuung nur in den seltensten Fällen die Auflösung der Gesellschaft zur Folge haben wird. 6 Ein Beispiel, welches sich indes nicht auf die Bestellung eines Betreuers, sondern auf die Handlungen eines Betreuers stützt, ist in Kapitel 4 A. II. 3. e) zu finden. 4
A. Der betreute Komplementär einer Kommanditgesellschaft
193
II. Möglichkeit der Ausübung der Verwaltungsrechte des Gesellschafters durch den Betreuer 1. Vertretung des Betreuten in der Gesellschafterversammlung und Ausübung des Stimmrechts Der Betreuer könnte als Stellvertreter des Betreuten nach § 1902 BGB dazu berechtigt sein, die gesellschafterlichen Rechte für den Betreuten auszuüben. Zwar wird in der Kommentarliteratur zumeist einhellig angenommen, dass der Aufgabenkreis der Vermögenssorge die Verwaltung von Anteilen an Gesellschaften umfasst und dass sich die Ausübung von Gesellschafterrechten durch den Betreuer vor diesem Hintergrund unproblematisch gestalte.7 Jedoch könnte der mit dem substituierenden Auftreten des Betreuers einhergehende Dritteinfluss auf die Gesellschaft mit dem Abspaltungsverbot oder der Höchstpersönlichkeit der Mitgliedschaft konfligieren. Sofern kein Einwilligungsvorbehalt angeordnet und der Betreute nicht geschäftsunfähig ist, besteht eine Doppelkompetenz zwischen Betreuer und Betreutem,8 da beide die Verwaltungsrechte mit Wirkung für den Gesellschafter ausüben können. Grundsätzlich gilt bei einer doppelten Zuständigkeit das Prioritätsprinzip. Gegenüber dem Rechtsverkehr ist die zuerst abgegebene Willenserklärung wirksam.9 Sollte der Betreuer eine Willenserklärung für den Betreuten abgegeben haben, könnte sein Auftreten mit dem Abspaltungsverbot gemäß § 717 Satz 1 BGB oder der Höchstpersönlichkeit der Mitgliedschaft kollidieren, weil ein gesellschaftsfremder Dritter Verwaltungsrechte ausübt. In einer Personengesellschaft haften die Komplementäre gemäß §§ 161 Abs. 2, 124 Abs. 1, 128 Satz 1 HGB akzessorisch mit ihrem Privatvermögen für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Die Haftung mit dem eigenen Vermögen hat seine Grundlage im gegenseitigen Vertrauen der Gesellschafter. Dieses Vertrauen als Basis des gemeinsamen Auftretens gegenüber dem Rechtsverkehr und der jeweils akzessorischen Haftung könnte durch die Ausübung des Stimmrechts durch den Betreuter erschüttert werden. Fraglich ist daher, ob der Betreuer befugt ist, das Stimmrecht des Betreuten auszuüben. Da es sich bei der Stimmabgabe im Rahmen einer Gesellschafterversammlung um eine empfangsbedürftige Willenserklärung 7 Vgl.: BeckOGK/Schmidt-Recla, § 1896 BGB, Rn. 213; Münchener Kommentar BGB/ Schwab, § 1896 BGB, Rn. 120; so auch Staake/Weber, ZIP 2021, 611 (613) 8 Kritisch sowohl im Hinblick auf die Doppelkompetenz als auch im Hinblick auf die Trennung von Geschäftsunfähigkeit und Betreuungsbedürftigkeit: BeckOGK/Schmidt-Recla, § 1902 BGB, Rn. 21 ff.; BeckOGK/Derselbe, § 1896 BGB, Rn. 26 ff. 9 Vertiefend zu widersprechenden Entscheidungen von Betreutem und Betreuer: Lipp, Freiheit und Fürsorge: Der Mensch als Rechtsperson, 2000, S. 189. Siehe zur Konkurrenz von widersprechenden Willenserklärungen bezogen auf das Gebrechlichkeitspflegschaftsrecht: BGH, Beschluss vom 28. 04. 1967 – IV ZB 448/66, BGHZ 48, 147 (158 f.); BGH, Urteil vom 18. 01. 1974 – III ZR 185/71, WM 1974, 272 (274); sowie die Übertragung der Rechtsprechung auf das Betreuungsrecht: Münchener Kommentar BGB/Schwab, § 1902 BGB, Rn. 18. Zu der Möglichkeit des Widerrufs nach § 130 Abs. 1 Satz 2 BGB siehe: Adams, Geschäftsunfähigkeit und Betreuung in Personengesellschaften, 2016, S. 158 f.
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Kap. 3: Auftreten des Betreuers im gesellschaftsrechtlichen Innenverhältnis
handelt,10 und der Betreuer den Betroffenen ausweislich § 1902 BGB vertritt, könnte die Vertretung des Betroffenen per se zulässig sein. Allerdings könnte eine Wahrnehmung von Gesellschafterrechten, wie dem Stimmrecht, gegen die Höchstpersönlichkeit der Mitgliedschaft oder das Abspaltungsverbot gemäß § 717 Satz 1 BGB verstoßen, denn das Stimmrecht ist als Mitgliedschaftsrecht höchstpersönlicher Natur.11 a) Verstoß gegen das Gebot der höchstpersönlichen Ausübung der Gesellschafterrechte Die bei Gründung der Gesellschaft vertraglich vereinbarte Zweckförderungspflicht geht neben der akzessorischen Haftung der Gesellschafter für Verbindlichkeiten der Gesellschaft auch mit Rechten einher, welche nur die Gesellschafter kraft ihrer Stellung als Gesellschafter ausüben können. Um die ebenfalls akzessorisch haftenden Mitgesellschafter zu schützen, sind die aus der Gesellschafterstellung folgenden Rechte grundsätzlich persönlich auszuüben und dürfen im Grundsatz nicht auf Dritte übertragen werden.12 Umgekehrt muss kein Gesellschafter die Ausübung von derartigen Rechten durch einen gesellschaftsfremden Dritten dulden.13 Einige dieser Gesellschafterrechte sind höchstpersönlicher Natur. Zu diesen zählen das Recht, aus der Gesellschaft auszuscheiden, ein gesellschaftsvertraglich eingeräumtes Geschäftsführungsrecht, welches an die Gesellschafterstellung gebunden ist, oder die Ausübung von Informationsrechten.14 Die höchstpersönliche Ausübung der Gesellschafterrechte schützt auf diese Weise einerseits das Verbandsinteresse, die Befolgung des angestrebten Zwecks, und andererseits die Partikularinteressen der Gesellschafter.15 Dieser Schutzmechanismus wird als Höchstpersönlichkeit der Mitgliedschaft bezeichnet.16 Die Höchstpersönlichkeit der Gesellschafterrechte erfährt einige Einschränkungen. Bereits die Vorschriften zum Idealverein zeigen, dass 10 Westermann/Wertenbruch/Wertenbruch, Handbuch Personengesellschaften, Stand 05. 2017, Rn. 483. 11 BGH, Urteil vom 22. 02. 1960 – VII ZR 83/59, JZ 1960, 490 (491); Münchener Kommentar BGB/Schäfer, § 709 BGB, Rn. 60. 12 Baumann/Selzener, RNotZ 2015, 605 (608); siehe auch: Dörrie, ZEV 1996, 370 (374), wobei der Frage, ob der Bestimmtheitsgrundsatz und die Kernbereichslehre, auf die sich Dörrie in dem Aufsatz stützt, nach wie vor angewendet werden, nicht Bestandteil dieser Arbeit ist. Siehe zu der neueren Entwicklung der Rechtsprechung die Übersicht von: Goette/Goette, DStR 2016, 74 ff. 13 Muscheler, Die Haftungsordnung der Testamentsvollstreckung, 1994, S. 475; Hübner/ Hammes, BB 2013, 2307 (2310). 14 BGH, Urteil vom 12. 12. 1966 – II ZR 41/65, BGHZ 46, 291 (296 f.); Kämper, RNotZ 2016, 625 (627); Scholz/Seibt, § 15 GmbHG, Rn. 251; Baumbach/Hopt/Roth, § 118 HGB, Rn. 8. 15 Vgl.: BGH, Urteil vom 28. 04. 1954 – II ZR 8/53, BGHZ 13, 179 (184); BGH, Urteil vom 11. 04. 1957 – II ZR 182/55, BGHZ 24, 106 (114); BGH, Urteil vom 10. 07. 1975 – II ZR 154/72, BGHZ 65, 79 (84); BGH, Urteil vom 14. 05. 1986 – IVa ZR 155/84, BGHZ 98, 48 (55). 16 Vgl. nur: Lutter, AcP 180 (1980), 84 (87 ff.).
A. Der betreute Komplementär einer Kommanditgesellschaft
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über die Ausübung der Gesellschafterrechte, welche gemäß § 38 Satz 2 BGB nicht einem anderen überlassen werden kann, gemäß § 40 Satz 1 BGB durch Regelung in der Satzung disponiert werden kann.17 Daher können Mitgliedschaftsrechte anderen zur Ausübung überlassen werden.18 Die Übertragung von Ausübungsbefugnissen an Dritte basiert regelmäßig auf einer gesellschaftsvertraglichen Regelung und setzt die Zustimmung der persönlich haftenden Mitgesellschafter voraus.19 So bedarf beispielsweise der Vorsorgebevollmächtigte zur Ausübung der Gesellschafterrechte der Zustimmung der Mitgesellschafter.20 Sobald ein Betreuer an der gesellschaftsinternen Willensbildung teilnimmt, indem er beispielsweise an einer Beschlussfassung mitwirkt, nimmt er als Nichtgesellschafter Gesellschafterrechte wahr. Damit könnte der Betreuer gegen die Höchstpersönlichkeit der Gesellschafterrechte verstoßen, welche zum Schutz der akzessorisch haftenden Gesellschafter grundsätzlich die Ausübung der Gesellschafterrechte an den mitgliedschaftlichen Status anknüpft.21 Gegen einen Verstoß gegen die Höchstpersönlichkeit der Gesellschafterrechte streitet, dass mit der Betreuung gemäß § 1902 BGB eine gesetzliche Vertretungsmacht einhergeht. Um die Schutzbedürftigkeit des Betroffenen zu kompensieren,22 nimmt ein gesetzlicher Vertreter, wie der Betreuer, regelmäßig die Rechte des Vertretenen wahr. Die Rechte des betroffenen Gesellschafters umfassen auch die Rechte, die aus seiner Stellung als Gesellschafter erwachsen. Um der Schutzbedürftigkeit des Betroffenen gerecht werden zu können, spricht daher vieles dafür, dass der Betreuer die Gesellschafterrechte des Betreuten stellvertretend ausüben kann.23 An dieser Stelle wird ein Unterschied zur Vorsorgevollmacht deutlich. Derjenige, der eine Vorsorgevollmacht errichtet, sorgt privatautonom für den Fall der eigenen Hilfsbedürftigkeit vor. In Ausübung seiner Privatautonomie delegiert er eine Rechtsmacht, hier die Ausübung seiner Gesellschafterrechte, an einen Dritten. Die selbst erzeugte Einwirkungsmacht auf die Gesellschaft und die damit einhergehende akzessorische Haftung der Mit17
Vgl.: Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit im Recht der Personengesellschaften, 1970, S. 141. 18 Münchener Kommentar BGB/Arnold, § 38 BGB, Rn. 62. 19 BGH, Urteil vom 10. 11. 1951 – II ZR 111/50, BGHZ 3, 354 (357); Wiedemann, Die Übertragung und Vererbung von Mitgliedschaftsrechten bei Handelsgesellschaften, 1965, S. 350; Grunewald, Gesellschaftsrecht, S. 39 f. 20 Heckschen/Kreußlein, NotBZ 2012, 321 (325); Jocher, notar 2014, 3 (7); Raub, Vorsorgevollmachten im Personengesellschaftsrecht, 2013, S. 70; Wedemann, Personen- und Kapitalgesellschaftsrecht an den Schnittstellen zum Familien- und Erbrecht, 2015, 95 (104 ff.). 21 Siehe zu der relativen Wirkung der Höchstpersönlichkeit der Ausübung der Gesellschafterrechte am Beispiel des Testamentsvollstreckers: Kapitel 2 A. III. 3. d). 22 Lipp, Freiheit und Fürsorge: Der Mensch als Rechtsperson, 2000, S. 95 f.; Sachsen Gessaphe, Der Betreuer als gesetzlicher Vertreter für eingeschränkt Selbstbestimmungsfähige, 1999, S. 61, 180 ff. Siehe aus grundrechtlicher Perspektive zu der Schutzpflicht des Staates für den Hilfsbedürftigen: Kapitel 1 C. III. 1. 23 Vgl. allgemein bezogen auf einen gesetzlichen Vertreter bereits: RG, Urteil vom 12. 02. 1929 – II 295/28, RGZ 123, 289 (299).
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gesellschafter für das Handeln eines – ihnen möglicherweise unbekannten – Dritten erfordert die Zustimmung der Mitgesellschafter. Bei einer Betreuung fehlt es an einer privatautonomen Entscheidung, die einem Dritten die Rechtsmacht verleihen soll, auf die Gesellschaft anstelle des Betroffenen einwirken zu können. Die Schutzpflicht des Staates, „die Betroffenen in ihrer Eigenschaft als kranke und behinderte Mitbürger ernst [zu nehmen] und […] ihre Rechte [zu stärken]“24, kann nicht von der Zustimmung anderer Privatrechtssubjekte, der Gesellschafter, abhängig gemacht werden. Denn dann könnten nicht beteiligte Dritter über die Schutzpflicht des Staates disponieren. Um der staatlichen Schutzpflicht gerecht zu werden, kann die Ausübung von Gesellschafterrechten durch den Betreuer nicht, wie bei einem Vorsorgebevollmächtigten, von der Zustimmung der Mitgesellschafter abhängig sein. Dass der Betreuer die Gesellschafterrechte stellvertretend ausüben können muss, findet systematisch Stützte in den Genehmigungstatbeständen. Wenn der Betreuer die Gesellschafterrechte, wie beispielsweise das Stimmrecht, nicht ausüben könnte, könnte die Wirksamkeit der Willenserklärung des Betreuers zu einer nachträglichen Änderung eines Gesellschaftsvertrages nicht von der Genehmigung des Betreuungsgerichts abhängen. In der Folge gäbe es keinen Anwendungsbereich für §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 3 Alt. 2 BGB (nach hier vertretener Ansicht bei einer nachträglichen Änderung eines Gesellschaftsvertrages auch in analoger Anwendung25). Darüber hinaus wäre der Betreuer an einer dem Wohl des Betreuten nach § 1901 Abs. 2, 3 BGB entsprechenden Vermögenssorge gehindert, könnte er die Gesellschafterrechte des Betreuten nicht stellvertretend ausüben. Der Betreuer ist trotz des Grundsatzes der Höchstpersönlichkeit der Mitgliedschaft bei einem betreuten Personengesellschafter in der Lage, dessen Gesellschafterrechte wahrzunehmen. Dieses Ergebnis stimmt mit der allgemeinen Ansicht überein, der Betreuer könne die Rechte des Betroffenen in der Gesellschafterversammlung wahrnehmen und insbesondere das Stimmrecht in derselben ausüben.26 Die Höchstpersönlichkeit der Mitgliedschaft ist daher bei der Erstellung einer Vorsorgevollmacht von größerer Relevanz als dies bei der Anordnung der Betreuung der Fall ist.
24
BT-Drs 11/4528, S. 52. Für weitere Nachweise siehe oben: Kapitel 1 C. III. 1. Siehe oben: Kapitel 2 C. IV. 5. 26 RG, Urteil vom 12. 02. 1929 – II 295/28, RGZ 123, 289 (299); Ebenroth/Boujong/Joost/ Strohn/Freitag, § 119 HGB, Rn. 25; Münchener Kommentar HGB/Enzinger, § 119 HGB, Rn. 19; Oetker/Lieder, § 119 HGB, Rn. 17. Vgl. bezogen auf Minderjährige auch: Flume, NZG 2014, 17 (21); Knitter, Die Ausübung von Gesellschafterrechten und -pflichten in der offenen Handelsgesellschaft durch den gesetzlichen Vertreter, 1968, S. 12 ff.; Lockowandt, Stimmrechtsbeschränkungen im Recht der Personengesellschaften, Kernbereichslehre und Stimmrechtsausschluss, 1996, S. 66. 25
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b) Verstoß gegen das Abspaltungsverbot Das Ausüben von Stimmrechten des Betreuten durch den Betreuer könnte mit dem Abspaltungsverbot konfligieren. Nach § 717 Satz 1 BGB27 sollen Verwaltungsrechte wie das Stimmrecht, das allgemeine Recht auf Beteiligung an der Geschäftsführung, sowie Informations-/Kontrollrechte in den Händen des jeweiligen Gesellschafters verbleiben.28 Nur die Vermögensrechte sind nach Maßgabe des § 717 Satz 2 BGB übertragbar, eine Übertragung von Verwaltungs- oder Vermögensrechten losgelöst vom Gesellschaftsanteil scheidet wegen Verstoßes gegen das Abspaltungsverbot demgegenüber aus.29 Diese Regelung basiert zum einen auf der Verbandsautonomie und zum anderen auf dem Gleichklang zwischen Entscheidungsmacht und Verantwortung.30 Dadurch, dass der Betreuer als gesetzlicher Vertreter umfassend für den Betroffenen tätig wird, fehlt es bereits an einer Übertragung im Sinne des § 717 Satz 1 BGB, sodass die Gefahr eines „bloßen Stimmrechts-Gesellschafters“31 nicht besteht.32 Der Betreuer, dessen Rechtsmacht aus dem Beschluss des Betreuungsgerichts und damit aus einem staatlichen Akt folgt, tritt umfassend als gesetzlicher Vertreter für den Betroffenen auf. Der Umfang der Handlungsmöglichkeiten des Betreuers ergibt sich systematisch aus den Genehmigungsvorbehalten der §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 3 Alt. 1, 2, Nr. 10, Nr. 11 BGB.33 Das umfassende Auftreten des Betreuers führt dazu, dass nicht gegen das Abspaltungsverbot verstoßen wird.34 27 Die Norm ist auch auf die OHG anwendbar: Oetker/Weitemeyer, § 105 HGB, Rn. 31; Henssler/Strohn/Henssler, § 105 HGB, Rn. 35. 28 BGH Urteil vom 10. 11. 1951 – II ZR 111/50, BGHZ 3, 354 (357); BGH, Urteil vom 14. 05. 1056 – II ZR 229/54, BGHZ 20, 363 (365); Wiedemann, Die Übertragung und Vererbung von Mitgliedschaftsrechten bei Handelsgesellschaften, 1965, S. 277; Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 19 III 4. Siehe zu der Frage, ob es sich bei den einzelnen mitgliedschaftlichen Rechten jeweils um selbständige subjektive Rechte handelt: Habersack, Die Mitgliedschaft – subjektives und „sonstiges“ Recht, 1996, S. 79 ff. 29 Wicke, ZGR 2015, 161 (179); Sudhoff/Froning, § 39, Rn. 42. 30 Reuter, ZGR 1978, 633 (642); Münchener Kommentar GmbHG/Reichert/Weller, § 14 GmbHG, Rn. 119. 31 Flume, AT 1/1, § 14 IV. 32 Kein Verstoß gegen das Abspaltungsverbot liegt nach Richardi, Das Verwaltungsrecht des Testamentsvollstreckers an der Mitgliedschaft in einer Personenhandelsgesellschaft, 1961, S. 18 vor. Dies begründet Richardi damit, dass der gesetzliche Vertreter die Persönlichkeit des Betroffenen vertrete und dass es insofern bereits an einer Entfernung eines mitgliedschaftlichen Rechts von der Mitgliedschaft fehle. Entsprechend auch: Adams, Geschäftsunfähigkeit und Betreuung in Personengesellschaften, 2016, S. 139, 376; Jaeniche, Die Dritteinflußnahme bei Personengesellschaften, 1995, S. 109. 33 Siehe dazu: Kapitel 2, C. IV. ff.; vgl. übereinstimmend: Schäfer, ZHR 157 (2011), 557 (561). 34 Vgl.: BGH, Urteil vom 08. 10. 1984 – II ZR 223/84, BGHZ 92, 259 (267): „Ein Schutz des minderjährigen […] wäre im Übrigen nur erreichbar, wenn dem gesetzlichen Vertreter, solange die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung nicht erteilt worden ist, die Vertretungsmacht zu allen Rechtsgeschäften fehlen würde, die mit dem Betrieb des Handelsgeschäftes zusam-
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Ebenso wie in Bezug auf die Höchstpersönlichkeit der Ausübung der Gesellschafterrechte gilt, dass die stellvertretende Ausübung des Stimmrechts durch den Betreuer nicht von der Zustimmung der Mitgesellschafter abhängig ist, verstößt das umfassende Auftreten des Betreuers nicht gegen das Abspaltungsverbot. Gegen eine Kollision mit dem Abspaltungsverbot streitet auch, dass das Abspaltungsverbot der (Dauer-)Testamentsvollstreckung an einem Geschäftsanteil nicht entgegensteht.35 Zwar müssen die übrigen Gesellschafter der Testamentsvollstreckung zustimmen.36 Dennoch nimmt auch der Testamentsvollstrecker sämtliche Gesellschafterrechte wahr,37 sodass insoweit eine Parallele zu dem Betreuer existiert, der ebenfalls alle Rechte des Gesellschafters ausübt. Wollen Gesellschafter die Ausübung von Gesellschafterrechten durch einen Betreuer vermeiden, können sie entsprechend zu ihrer Zustimmung bei der Testamentsvollstreckung im Gesellschaftsvertrag jeden Gesellschafter verpflichten, eine unternehmensbezogene Vorsorgevollmacht zu errichten.38 Der Betreuer übt sämtliche Gesellschafterrechte für den Betreuten aus. Damit tritt er anstelle des Betreuten als Stellvertreter in dessen Rechtsposition auf. Mangels Übertragung im Sinne des § 717 Satz 1 BGB verstößt die Ausübung des Stimmrechts durch den Betreuer nicht gegen das Abspaltungsverbot. c) Zwischenergebnis: Ausübung der Gesellschafterrechte durch den Betreuer zulässig Ein Betreuer, der für den Aufgabenkreis der Vermögenssorge bestellt ist, kann die Gesellschafterrechte des Betreuten wahrnehmen. 2. Präventive Gestaltungsmöglichkeit: Ausschluss der Vertretungsmacht des Betreuers durch Gesellschaftsvertrag? Um zu verhindern, dass ein gesellschaftsfremder Dritter Stimmrechte oder andere Verwaltungsrechte eines Gesellschafters ohne die Zustimmung der Mitgesellschafter ausübt, könnte im Gesellschaftsvertrag die Ausübung des Stimmrechts durch den Betreuer ausgeschlossen werden.
menhängen. Eine so weitgehende Wirkung kommt dem Genehmigungserfordernis jedoch nach herkömmlicher Auffassung nicht zu“; siehe ferner: Wachter, DStR 2016, 2065 (2071). 35 Vgl.: Michael, Testamentsvollstreckung am Anteil einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, 1998, S. 57 ff.; Wicke, ZGR 2015, 161 (179); Münchener Kommentar GmbHG/Reichert/Weller, § 15 GmbHG, Rn. 485. 36 BGH, Beschluss vom 14. 02. 2012 – II ZB 15/11, NJW-RR 2012, 730 (731). Siehe für weitere Nachweise: Kapitel 2 A. III. 3. d). 37 Kämper, RNotZ 2016, 625 (632 f.). 38 Vgl.: Baumann/Selzener, RNotZ 2015, 605 (612).
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a) Grundsatzurteil zum Gebrechlichkeitspflegschaftsrecht: BGHZ 44, 98 Eine gesellschaftsvertragliche Regelung, die dem Betreuer die Wahrnehmung der Gesellschafterrechte vorenthält, könnte dem zwingenden Charakter des Betreuungsrechts widersprechen, welches als Bestandteil der sozialen Fürsorge nicht dispositiv ist. Der Zweite Zivilsenat des BGH hatte im Jahr 1965 die Unzulässigkeit des gesellschaftsvertraglichen Ausschlusses der Wahrnehmung der Gesellschafterrechte durch einen Gebrechlichkeitspfleger nach dem Gebrechlichkeitspflegschaftsrecht angenommen.39 In der Entscheidung ging es um die Rechte einer älteren Frau, für die aufgrund körperlicher Gebrechen ein Gebrechlichkeitspfleger nach § 1910 BGB a. F. bestellt worden war. In dem Gesellschaftsvertrag war die Vertretung nur durch enge Verwandte oder einen Dritten bei Zustimmung der Mitgesellschafter zulässig. Als der Pfleger die gesellschaftsrechtlichen Mitwirkungs- und Kontrollrechte stellvertretend für die ältere Dame wahrnehmen wollte, bestritten die Mitgesellschafter die Zuständigkeit des Pflegers unter Verweis auf den Gesellschaftsvertrag. Der Zweite Zivilsenat erklärte die Klausel gegenüber der alten Dame für unanwendbar, da der soziale Schutzzweck des Gebrechlichkeitspflegschaftsrechts den Interessen der Mitgesellschafter überzuordnen sei.40 Als Hauptgrund nannte der Senat, dass anderenfalls die vom Gesetzgeber in §§ 104 ff. BGB in Verbindung mit §§ 1626, 1793, 1897 BGB geregelten öffentlichen und sozialen Bedürfnisse der privatautonomen Dispositionsbefugnis Einzelner überantwortet würden.41 Gegen den potentiellen Einwand einer erheblichen Beeinträchtigung der Handlungsfreiheit der Gesellschafter führte der Senat an, dass die Einschränkung nicht als derart gewichtig erscheine, weil eine Überwachung durch das Vormundschaftsgericht erfolge.42 Infolge dieser Entscheidung war zu Zeiten des Gebrechlichkeitspflegschaftsrechts anerkannt, dass sowohl ein Beschluss der Gesellschafter, der dem Gebrechlichkeitspfleger die Befugnis zur Wahrnehmung der Rechte des Betroffenen entzog, als auch eine entsprechende Regelung im Gesellschaftsvertrag unwirksam war.43 Sofern die Entscheidung auf das heutige Betreuungsrecht übertragbar wäre, könnte das Stimmrecht des Gesellschafters infolge der Anordnung der Betreuung nicht ausgeschlossen werden. Infolgedessen wäre die Rechtsmacht des Betreuers im betreuungsrechtlichen Außenverhältnis für gesellschaftsinterne Vorgänge nicht beschränkbar. aa) Historische Entwicklung der Fürsorge für Erwachsene im BGB Nicht nur Kinder sind seit jeher hilfsbedürftig. Auch die Pflege und der Umgang mit anderen Hilfsbedürftigen stellt eine rechtliche Aufgabe dar, welches schon 39 40 41 42 43
BGH, Urteil vom 21. 06. 1965 – II ZR 68/63, BGHZ 44, 98 (102). BGH, Urteil vom 21. 06. 1965 – II ZR 68/63, BGHZ 44, 98 (100). BGH, Urteil vom 21. 06. 1965 – II ZR 68/63, BGHZ 44, 98 (101). BGH, Urteil vom 21. 06. 1965 – II ZR 68/63, BGHZ 44, 98 (102). Vgl.: OLG Hamm, Beschluss vom 27. 02. 1970 – 15 W 4/70, OLGZ 1970, 394 (398).
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immer besteht. In der frühen Neuzeit entwickelte sich die „Munt“, die sich dadurch auszeichnete, dass Verwandte die familienrechtliche Gewalt über Waisen, unverheiratete Frauen und über Personen, die als geistig gestört angesehen wurden, ausübten. Auf diese Weise wurde ein privater Schutz des Betroffenen durch die Hausgemeinschaft oder die Sippe sichergestellt.44 Das BGB bot ab seinem Inkrafttreten mit der Vormundschaft und der Gebrechlichkeitspflegschaft zwei Instrumente der Erwachsenenfürsorge an.45 Die Rechtsinstitute unterschieden sich hauptsächlich dadurch, dass die Vormundschaft eine allgemeine, umfassende Fürsorge für eine hilfsbedürftige Person bedeutete und damit der elterlichen Gewalt angenähert war, während die Pflegschaft als Spezialkuratel nur punktuell als Schutz bei spezifischen Angelegenheiten genutzt wurde.46 Voraussetzung für die Vormundschaft für Volljährige war nach § 1896 BGB a. F., dass der Betroffene nach §§ 104 Nr. 3, 6 Abs. 1 BGB a. F. entmündigt und somit geschäftsunfähig wurde.47 § 1896 BGB a. F. sah sodann die Vormundschaft für entmündigte Volljährige vor.48 Nach § 646 ZPO a. F. konnten Ehegatten, Verwandte und gesetzliche Vertreter sowie die Staatsanwaltschaft die Entmündigung beantragen.49 Um dem Vormund die Arbeit zu erleichtern, galt der Grundsatz der „Selbständigkeit des Vormundes“, sodass der vom Vormundschaftsgericht beaufsichtige
44 Zur Entwicklung: Wieacker, Privatrechtsgeschichte der Neuzeit, 1967, S. 230; Mugdan, Band 4, S. 535 ff.; BT-Drs 11/4528, S. 44; Münchener Kommentar BGB/Spickhoff, Vor §§ 1773 – 1792 BGB, Rn. 7; BVerfG, Beschluss vom 10. 02. 1960 – 1 BvR 526/53, 1 BvR 29/58, BVerfGE 10, 302 (311); Holzhauer, FuR 1990, 249 (251). Siehe zum römischen Recht der Antike: Egen, Das Ende der Entmündigung und Vormundschaft, 1994, S. 5 ff. 45 Neuhausen, RNotZ 2003, 158 (ebd.). 46 Mugdan, Band 4, S. 535. Für die Einführung des Betreuungsrechts und damit für diese Arbeit ist im Folgenden allein die Gebrechlichkeitspflegschaft nach § 1910 BGB a. F. von Interesse. Für einen Überblick über das gesamte Pflegschaftsrecht nach §§ 1909 – 1921 BGB a. F. siehe: Peters, Die Betreuung Volljähriger: Die Reform des zivilrechtlichen Fürsorgerechts für Volljährige aus Sicht des Betreuers, 1992, S. 15 ff. 47 Vgl. zur Rechtslage vor Einführung des BtG mit zahlreichen weiteren Nachweisen: BTDrs 11/4528, S. 38, 49 ff.; Peters, Die Betreuung Volljähriger: Die Reform des zivilrechtlichen Fürsorgerechts für Volljährige aus Sicht des Betreuers, 1992, S. 30 ff.; Schwab, FS Mikat, 881 (884 ff.); Holzhauer, FuR 1990, 249 (ebd.) spricht von einem „Geburtsmangel“ des BGB. Bereits 1931 hatte Diamand, Vorläufige Vormundschaft und Gebrechlichkeitspflegschaft als Ersatzformen der Entmündigung, 1931, S. 4 f. darauf hingewiesen, dass die Entmündigung als „Makel“ empfunden werde, der mit erheblichen rechtlichen und seelischen Belastungen einhergehe, sodass eine Vormundschaft in der Praxis, wann immer möglich, mit alternativen Mitteln umgangen werde. Ein menschenverachtendes Bild findet sich 18 Jahre zuvor bei Niestroy, Die Berufsvormundschaft und ihre Probleme, 1913, S. 121, welcher für Entmündigte den Begriff der „Abnormen“ einführt. 48 Vgl. diesbezüglich die knappen Ausführungen in: Philler, Das Vormundschaftsrecht des Deutschen Bürgerlichen Gesetzbuchs nebst den verwandten Rechtsstoffen, 1900, S. 113 f.; sowie ausführlicher: Egen, Das Ende der Entmündigung und Vormundschaft, 1994, S. 40 ff. 49 Niestroy, Die Berufsvormundschaft und ihre Probleme, 1913, S. 11; zum Nebeneinander von ZPO- und FGG-Verfahren siehe BT-Drs 10/5970, S. 14; BT-Drs 11/4528, S. 40.
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Vormund keinen bindenden Weisungen ausgesetzt war.50 Dem Entmündigten hingegen war die persönliche Teilnahme am Rechtsleben weitgehend verwehrt. Von ihm abgegebene Willenserklärungen waren nach § 105 BGB a. F. nichtig.51 Auch prozessual führte die Entmündigung zu Einschränkungen, sodass zum Beispiel eine vom Betroffenen selbst eingelegte Revision gegen ein Urteil eines Strafgerichts unzulässig war und stattdessen das Rechtsmittel vom Vormund eingelegt werden musste.52 Wurde eine Gebrechlichkeitspflegschaft nach § 1910 BGB a. F. angeordnet, wirkte sich dies auf die Geschäftsfähigkeit des Betroffenen nicht aus.53 Im Gegenteil war die Einwilligung des, im Bereich der zu pflegenden Angelegenheiten geschäftsfähigen, Betroffenen nach § 1910 Abs. 3 BGB a. F. Voraussetzung für die Anordnung der Pflegschaft.54 Darüber hinaus wurde der Pfleger jeweils nur für den Aufgabenkreis bestellt, in welchem der Betroffene Unterstützung benötigte. Die Beschränkung des Aufgabenkreises des Pflegers wurde insbesondere bei der infolge geistiger Gebrechen angeordneten Teilpflegschaft nach § 1910 Abs. 2 BGB a. F. deutlich.55 Zusammenfassend konstatierte der BGH, dass „die Gebrechlichkeitspflegschaft über geschäftsfähige Gebrechliche […] sowohl hinsichtlich ihrer Entstehung als auch hinsichtlich ihrer Fortdauer vom Willen des Betroffenen [abhing]“56. Das zum 1. Januar 1992 in Kraft getretene BtG57 zielte darauf ab, mithilfe des neu geschaffenen Rechtinstitutes der „Betreuung“ die Vormundschaft für Volljährige und das Gebrechlichkeitspflegschaftsrecht zu ersetzen und dabei zugleich die Rechtsstellung der betroffenen Person zu verbessern.58 Konzeptionell sollte der Wille des 50 Mugdan, Band 4, S. 535, 541 ff. Der genannte Grundsatz überdauerte die gesamte Wirkungszeit des alten Vormundschaftsrechts, vgl. hierfür beispielsweise die übereinstimmende Bearbeitung in: Möhring, Vermögensverwaltung, 1939, S. 21; Möhring/Beisswingert/ Klingelhöffer, Vermögensverwaltung, 1992, S. 23; BGH, Beschluss vom 30. 03. 1955 – IV ZB 23/55, BGH, Urteil vom 30. 03. 1955 – IV ZB 23/55, BGHZ 17, 108 (116); BayObLG, Beschluss vom 27. 06. 1991 – BReg 3 Z 52/91, FamRZ 1992, 108 (109). 51 Staudinger/Bienwald (2017), Vor §§ 1896 ff. BGB, Rn. 6. 52 RG, Beschluss vom 25. 07. 1896 – 2756/96, RGSt 29, 52 (53); RG, Beschluss vom 09. 07. 1912 – II 862/12, RGSt 46, 138 (139). 53 BT-Drs 11/4528, S. 39. 54 BGH, Beschluss vom 28. 04. 1967 – IV ZB 448/66, BGHZ 48, 147 (158 ff.); BGH, Beschluss vom 25. 01. 1978 – IV ZB 9/76, BGHZ 70, 252 (258). 55 Siehe zu den Differenzierungen zwischen der Totalpflegschaft nach § 1910 Abs. 1 BGB a. F., der Teilpflegschaft gemäß § 1910 Abs. 2 BGB a. F. und der Zwangspflegschaft nach § 1910 Abs. 3 BGB a. F.: Peters, Die Betreuung Volljähriger: Die Reform des zivilrechtlichen Fürsorgerechts für Volljährige aus Sicht des Betreuers, 1992, S. 23 ff. 56 BGH, Beschluss vom 28. 04. 1967 – IV ZB 448/66, BGHZ 48, 147 (158). 57 Gesetz zur Reform des Rechts der Vormundschaft und Pflegschaft für Volljährige (Betreuungsgesetz – BtG) vom 12. September 1990, BGBl. 1990 I, S. 2002 ff. 58 BT-Drs 11/4528, S. 1; Taupitz, JuS 1992, 9 (12) spricht von einem Ende der „Diskriminierung und Stigmatisierung“; Janda, FamRZ 2013, 16 (ebd.). Siehe für Nachweise zur
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Kap. 3: Auftreten des Betreuers im gesellschaftsrechtlichen Innenverhältnis
Betroffenen stärker betont werden, da die Interessen des Hilfsbedürftigen unter Geltung des alten Vormundschafts- und Pflegschaftsrecht häufig hinter den Willen des Vormunds oder Pflegers zurückgetreten waren.59 Ein Betreuer darf gemäß § 1896 Abs. 2 Satz 1 BGB nur für die Aufgabenkreise bestellt werden, in denen die Betreuung erforderlich ist. Der in diesem Absatz pointierte Erforderlichkeitsgrundsatz führt dazu, dass Fremdbestimmung restriktiv anzuordnen ist. Gleichzeitig hat die Anordnung der Betreuung keine Auswirkungen auf die Geschäftsfähigkeit des Betroffenen. Vielmehr bestimmt § 1896 Abs. 1a BGB, dass eine Betreuung nicht gegen den freien Willen des Volljährigen angeordnet werden kann.60 Weiter hebt die Gesetzesbegründung hervor, dass die Beantwortung der Frage, ob ein freier Wille bestehe, im Gleichlauf mit § 104 Nr. 2 BGB zu beantworten sei.61 Die Regelung des § 1896 Abs. 1a BGB und der Einwilligungsvorbehalt ähneln der aus dem Gebrechlichkeitspflegschaftsrecht bekannten Regelung des § 1910 Abs. 3 BGB a. F.62 Eine weitere Parallele zwischen der Gebrechlichkeitspflegschaft und der Betreuung wird bezogen auf die Doppelzuständigkeit des Betreuers und des Betreuten bei einer ohne Einwilligungsvorbehalt nach § 1903 BGB errichteten Betreuung deutlich, da Unterstützender und Betroffener jeweils mit Rechtswirkung für den Betroffenen handeln konnten und können.63 bb) Übertragbarkeit der Rechtsprechung zum Gebrechlichkeitspflegschaftsrecht auf die Betreuung Zum Betreuungsrecht fehlen Entscheidungen, die sich mit der Ausübung der Gesellschafterrechte in einer Personengesellschaft durch einen Betreuer auseinandersetzen. Daher kommt es entscheidend darauf an, ob die zum Gebrechlichkeitspflegschaftsrecht aufgestellten Wertungen des BGH-Urteils aus dem Jahr 1965 auf das heutige Betreuungsrecht übertragbar sind. Wenn die Entscheidung auf das heutige Betreuungsrecht zu übertragen wäre, wäre es Gesellschaftern nicht möglich ist, per Beschluss oder im Gesellschaftsvertrag die stellvertretende Stimmrechtsausübung durch einen Betreuer auszuschließen. Im Umkehrschluss könnte der Betreuer die Stimmrechte des betreuten Gesellschafters ausüben. Ob eine derartige Ausübung der Stimmrechte im Hinblick auf die Praktikabilität der Betreuung vor-
etymologischen Herkunft des Wortes Betreuung aus dem mittelhochdeutschen „betriuwen“, welches „in Treue schützen“ bedeutet, mit zahlreichen Nachweisen: Diederichsen, FS Deutsch, 131 (ebd., Fn. 1). 59 Perau, MittRhNotK 1996, 285 (286). 60 BT-Drs 15/2494, S. 28. Die Weigerung oder Zustimmung eines Betroffenen ist unabhängig von der Geschäftsfähigkeit nach § 104 BGB der betroffenen Person zu beachten, da der Betroffene gemäß §§ 275, 316 FamFG verfahrensfähig ist. 61 BT-Drs 15/2494, S. 28. 62 BeckOGK/Schmidt-Recla, § 1896 BGB, Rn. 132. 63 Bienwald/Sonnenfeld/Harm/Bienwald, § 1902 BGB, Rn. 6.
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oder nachteilhaft ist, kann erst bewertet werden, wenn festgestellt worden ist, wie der Betreuer die Gesellschafterrechte wahrzunehmen hat. Der Gesetzeswortlaut lässt kaum Rückschlüsse zu. Nach § 119 HGB, der nach § 161 Abs. 2 HGB auch auf die Kommanditgesellschaft anzuwenden ist, bedarf es für die von den Gesellschaftern zu fassenden Beschlüsse der Zustimmung aller zur Mitwirkung berufenen Gesellschafter. § 119 HGB ist nach der ausdrücklichen Bestimmung des § 109 HGB dispositiv. Die von der Vertragsfreiheit der Gesellschafter umfasste Möglichkeit der Abweichung von den gesetzlichen Regelungen, könnte es ermöglichen, das Abstimmungsverfahren privatautonom auszugestalten.64 Somit spräche der dispositive Charakter des § 119 HGB grundsätzlich gegen die vom BGH aufgestellten Grundsätze. Da dieselben Grundsätze jedoch auch schon zu Zeiten des Gebrechlichkeitspflegschaftsrechts galten, geben die §§ 109, 119 HGB keinen Aufschluss darüber, ob die Entscheidung aus dem Jahr 1965 auf das Betreuungsrecht übertragbar ist. In der Literatur wird größtenteils vertreten, dass die Entscheidung des BGH auch auf das heutige Betreuungsrecht anwendbar sei.65 Für eine Übertragbarkeit der Entscheidung spricht, dass die Pflegschaft und die Vormundschaft a. F. in dem neuen Betreuungsrecht aufgegangen sind. Die zugrundeliegenden Wertungen, die dem Hilfsbedürftigen staatlichen Schutz gewähren, sind die gleichen, die bereits im Jahr 1965 galten. Daher spricht ein historischer Vergleich des Betreuungsrechts mit den Vorgängerregelungen für eine Übertragbarkeit der Entscheidung auf das heutige Betreuungsrecht. b) Darstellung des Diskurses zu der Entscheidung und der Übertragbarkeit von BGHZ 44, 98 auf das Betreuungsrecht Die Entscheidung wird in der Literatur kritisch beurteilt. Einerseits seien das Betreuungsrecht und das Pflegschaftsrecht nicht vergleichbar. Andererseits wird die Entscheidung des BGH als inhaltlich unzutreffend eingeordnet. Gegen eine Übertragbarkeit der Entscheidung wird rechtshistorisch vorgebracht, dass die Pflegschaft immer nur einen begrenzten Kreis von Angelegenheiten erfasst habe, während mit der Betreuung ein umfassendes Vertretungsrecht einhergehe.66 Diese Auffassung trifft rechtshistorisch nicht zu, da zwar die partielle Fürsorge der Regelfall der Pflegschaft,67 aber gleichwohl auch eine Totalpflegschaft nach § 1910 64
Siehe grundlegend zu der Vertragsfreiheit hinsichtlich des Innenverhältnisses von Gesellschaften: Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit im Recht der Personengesellschaften, 1970, S. 21 ff. 65 Vgl. beispielsweise: Schäfer, ZHR 157 (2011), 557 (567); Jocher, notar 2014, 3 (4); Palandt/Götz, § 1896 BGB, Rn. 19; Münchener Kommentar BGB/Schäfer, § 709 BGB, Rn. 60; Westermann/Wertenbruch/Westermann, Handbuch Personengesellschaften, Stand 05. 2017, Rn. 489; bezogen auf die GmbH: Baumbach/Hueck/Zöllner, § 47 GmbHG, Rn. 43. 66 Werner, GmbHR 2013, 963 (965). 67 Holzhauer, FuR 1990, 249 (250).
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Abs. 1 BGB a. F. möglich war, welche die Fürsorge des Hilfsbedürftigen in personen-/vermögensrechtlicher Hinsicht komplett umfasste.68 Die bedarfsorientierte Unterstützung des Betroffenen ist eine der große Parallelen zwischen dem Gebrechlichkeitspflegschaftsrecht und dem Betreuungsrecht.69 Auch im Betreuungsrecht soll eine Komplettbetreuung der Ausnahmefall sein. Daran ändert nichts, dass die Rechtsmacht des Betreuers im betreuungsrechtlichen Außenverhältnis grundsätzlich unbeschränkt ist. Denn der Erforderlichkeitsgrundsatz begrenzt die Rechtsmacht des Betreuers. Werners Vorbringen70 lässt außer Acht, dass eine Betreuung gemäß § 1896 Abs. 2 Satz 1 BGB nur für den Lebensbereich angeordnet wird, in welchem eine Fürsorge notwendig ist. Nur in dem konkreten Aufgabenbereich ist das Vertretungsrecht des Betreuers nach § 1902 BGB umfassend. Weiter konfligiert eine derartige historische Auslegung, welche im Ergebnis dazu führt, dass der Betroffene im Hinblick auf seine Stellung als Gesellschafter rechtlos wird, mit den Grundbestrebungen des Betreuungsrechts. Aus der Gesetzgebungsgeschichte und der Bestrebung, die Rechtsstellung des Betroffenen durch Einführung des Rechtsinstitutes der Betreuung zu verbessern,71 folgt, dass die verbesserte Position des Betroffenen nicht durch einen gesellschaftsvertraglichen Ausschluss eingeschränkt werden kann. Denn mit einer derartigen Regelung im Gesellschaftsvertrag würde der Betreute schlechter gestellt, als der Hilfsbedürftige vor der Einführung der Betreuung gestanden hätte.72 Ausgehend von der gesetzgeberischen Intention trägt Adams vor, dass die Betreuung darauf abzielt, den Fürsorgecharakter des Gebrechlichkeitspflegschafts-/ Vormundschaftsrechts a. F. zu verringern.73 In einer Fußnote74 führt sie unter Verweis auf die Gesetzesbegründungen an, dass die Rechtsstellung des Betroffenen verbessert und nicht zugleich der Schutz der Betroffenen ausgeweitet werden soll. Diese These trifft nicht zu. Adams führt bezogen auf die Kündigungsmöglichkeit gemäß § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 HGB bei Anordnung der Betreuung zutreffend an, dass die Betreuung ein „Schutzrecht für die Betroffenen im Rechtsverkehr“75 ist. Ein „Schutzrecht“ ist die Betreuung auch deshalb, weil das Betreuungsrecht eine Ausprägung der Schutzpflicht des Staates für den Einzelnen darstellt.76 Die Schutzpflicht des Staates für den Hilfsbedürftigen ist ein Ausfluss der Grundrechte und zwingend 68
Peters, Die Betreuung Volljähriger: Die Reform des zivilrechtlichen Fürsorgerechts für Volljährige aus Sicht des Betreuers, 1992, S. 23. 69 Siehe oben: Kapitel 3 A. II. 2. a) aa); vgl. auch: Zimmermann, DStR 1994, 26 (28 f.). 70 Werner, GmbHR 2013, 963 (965). 71 BT-Drs 11/4528, S. 1, 52; Schwab, FS Mikat, 881 (883 ff.). 72 Schmitz, Der geeignete GmbH-Geschäftsführer, 2006, S. 76. 73 Adams, Geschäftsunfähigkeit und Betreuung in Personengesellschaften, 2016, S. 42. 74 Adams, Geschäftsunfähigkeit und Betreuung in Personengesellschaften, 2016, S. 42, Fn. 110 mit Verweis auf BT-Drs 11/4528, S. 1. 75 Adams, Geschäftsunfähigkeit und Betreuung in Personengesellschaften, 2016, S. 40, sinngemäß auch S. 104: „Die Betreuung dient als öffentliche Hilfe dem Betroffenen“. 76 Siehe oben: Kapitel 1 C. III. 1.
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vorgegeben. Einer grundrechtlichen Schutzpflicht kann sich der Gesetzgeber nicht entledigen, indem er mithilfe einer einfachgesetzlichen Neuregelung die grundrechtliche Position des Betroffenen verschlechtert. Auch die vom Staat geschaffene privatautonome Alternative zur Betreuung kann niemanden dazu zwingen, eine Vorsorgevollmacht zu errichten. Vor dem Hintergrund der Entscheidung des BGH aus dem Jahr 1965 wäre eine Klausel, welche die Ausübung von Gesellschafterrechten bei Anordnung der Pflegschaft ausschloss, vor Inkrafttreten des Betreuungsrechts nach der obergerichtlichen Rechtsprechung nicht wirksam gewesen. Dem unter Pflegschaft stehenden Unternehmer drohte nicht, im Moment der Hilfsbedürftigkeit zusätzlich die Ausübungsbefugnis seiner gesellschafterlichen Rechte zu verlieren. Eine Schlechterstellung des Hilfsbedürftigen entspricht insbesondere dann der gesetzgeberischen Intention nicht, wenn die Gesetzgebungsbegründungen darauf abzielen, die Rechtsstellung des Betroffenen zu verbessern.77 Daher trennt Adams Motive voneinander, die Verbesserung der Rechtsstellung und der Schutz des Betroffenen, welche untrennbar miteinander verbunden sind und nicht getrennt voneinander betrachtet werden können. Die geschichtliche Entwicklung spricht stattdessen für eine Übertragbarkeit der Entscheidung auf das heutige Betreuungsrecht. Die Entscheidung BGHZ 44, 98 basiert unter anderem auf der Annahme, dass der soziale Schutzzweck des Pflegschaftsrecht der Privatautonomie des Einzelnen vorzuziehen sei, und stützt sich auch auf Vergleiche zum Minderjährigenrecht. Ausgehend von der Vertragsfreiheit wird kritisiert, dass es widersprüchlich sei, eine die Ausübung eines Stimmrechts durch einen Betreuer verhindernde Klausel für unzulässig zu erklären, obgleich insolvenzrechtliche Lösungsklauseln,78 Altersgrenzen79 oder Ruhensanordnungen80 in Gesellschaftsverträgen zulässig seien.81 Darüber hinaus sei nicht einzusehen, warum den Gesellschaftern im Vorfeld einer Betreuung jegliche Privatautonomie im Hinblick auf die Ausübung von Gesellschafterrechten entzogen sei, während gleichzeitig im Hinblick auf die Person eines Testamentsvollstreckers personelle Beschränkungen möglich seien.82 Auch sei es 77
BT-Drs 11/4528, S. 1: „Die Rechtsstellung psychisch kranker und körperlich, geistig oder seelisch behinderter Menschen soll durch eine grundlegende Reform des Rechts der Vormundschaft und Pflegschaft über Volljährige verbessert werden“, und S. 52: „[Der Entwurf] nimmt die Betroffenen in ihrer Eigenschaft als kranke oder behinderte Mitbürger ernst und stärkt ihre Rechte und ihre verfahrensrechtliche Position“. 78 Die §§ 103 ff. InsO sind auf Gesellschaftsverträge mangels synallagmatischem Charakter nicht anwendbar, vgl. nur: Uhlenbruck/Sinz, § 119 InsO, Rn. 11; Nerlich/Römermann/Balthasar, 31. EL 2017, § 103 Abs. 1nsO, Rn. 22. 79 Rechtlich kann eine derartige Klausel im Rahmen der Vertragsfreiheit vereinbart werden. Siehe zu den praktischen Bedenken und Problemen einer starren Altersgrenze jedoch: Westermann, FS Blaurock, 527 (538 f.). 80 Eine Ruhensanordnung wird häufig zur Konfliktvermeidung in Verträge implementiert. Siehe zu der Anordnung des Ruhens des Stimmrechts (bezogen auf die GmbH): BGH, Urteil vom 26. 10. 1983 – II ZR 87/83, BGHZ 88, 320 (324). 81 Heckschen, NZG 2012, 10 (14); Werner, GmbHR 2013, 963 (965). 82 Reimann, ZEV 2014, 521 (523).
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Kap. 3: Auftreten des Betreuers im gesellschaftsrechtlichen Innenverhältnis
widersprüchlich mithilfe der Vorsorgevollmacht die Anordnung der Betreuung abwenden und damit über die Anwendbarkeit der Normen der sozialen Fürsorge disponieren zu können, wenn eine ebenfalls privatautonome Entscheidung im Gesellschaftsvertrag Vergleichbares nicht erlaube.83 Diese Aspekte streiten, ihre Richtigkeit unterstellt, prima facie gegen eine Anerkennung der von dem BGH aufgestellten Wertungen und für eine privatautonome Lösung im Gesellschaftsvertrag. Gegen die Vergleichbarkeit eines Betreuten mit einem Minderjährigen spreche, dass der Minderjährige – anders als der Volljährige – aufgrund von § 107 BGB nicht wirksam in eine, mit einer die Vertretungsmacht eines Gesellschafters im Falle der Betreuung einhergehende, Selbstentrechtung einwilligen könne.84 Überdies missachte der Zweite Senat des BGH, dass ein die Gesellschafterrechte ausübender Betreuer intensiver in das Gesellschafterleben eingreife und eine Blockade der Gesellschaft wahrscheinlicher sei, als dies bei dem Pfleger der Fall gewesen sei.85 Insgesamt gäbe es keine schützenswerten Drittinteressen oder Interessen des Gemeinwohls, mit welchen der Zweite Senat im Jahr 1965 seine Entscheidung begründete.86 c) Stellungnahme: Keine Einschränkung der Vertretungsmacht des Betreuers möglich Da die bereits untersuchte, präventive und repressive Kontrolle des Betreuers einen erhöhten Schutz vor einem Missbrauch der Rechtsmacht gewährleistet,87 kann der Vernachlässigung der Interessen der Mitgesellschafter entgegengehalten werden, dass die Vermeidung eines Missbrauches auch dem Schutz der Mitgesellschafter dient.88 Zwar geht im Betreuungsrecht der Schutz des Betroffenen den Interessen der Mitgesellschafter vor,89 sodass die Mitgesellschafter nur geschützt werden, sofern die Interessen des Betroffenen mit denen der Mitgesellschafter übereinstimmen. Ob dies beispielsweise infolge der Geltung der gesellschafterlichen Treuepflicht für den
83 Adams, Geschäftsunfähigkeit und Betreuung in Personengesellschaften, 2016, S. 42. Selbst bei Richtigkeit dieser Ansicht scheint die Praxis dem entweder deutlich skeptischer gegenüber zu stehen oder aus anderen Gründen auf eine derartige Regelung zu verzichten, vgl. dazu: Wedemann, Gesellschafterkonflikte in geschlossenen Kapitalgesellschaften, 2013, S. 148. 84 Heckschen, NZG 2012, 10 (14). 85 Westermann, FS Blaurock, 527 (542). 86 Heckschen, NZG 2012, 10 (14); a. A.: Jaeniche, Die Dritteinflußnahme bei Personengesellschaften, 1995, S. 108. 87 Siehe zu den Genehmigungsvorbehalten ausführlich: Kapitel 2 C. Siehe zu den Rechnungslegungs-/Berichtspflichten des Betreuers: Kapitel 2 D. 88 Wedemann, Personen- und Kapitalgesellschaftsrecht an den Schnittstellen zum Familienund Erbrecht, 2015, 95 (105); zweifelnd: Adams, Geschäftsunfähigkeit und Betreuung in Personengesellschaften, 2016, S. 331, 336. 89 Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Freitag, § 119 HGB, Rn. 25; Staub/Schäfer, § 119 HGB, Rn. 58.
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Betreuer der Fall sein kann, muss im Folgenden noch untersucht werden.90 Insgesamt gründen die Vergleiche mit anderen Gestaltungsmöglichkeiten auf der Prämisse, dass der gesellschaftsvertraglich oder ad hoc zu beschließende Ausschluss des Betreuers von der Wahrnehmung der gesellschafterlichen Rechte des Betroffenen der Privatautonomie unterfällt und damit dispositiv sei. Dafür dürfte es sich bei den §§ 1896 ff. BGB, insbesondere bei § 1902 BGB, nicht um zwingendes Recht handeln. Die Privatautonomie wirkt, wie beispielsweise die Schranken-Trias des Art. 2 Abs. 1 GG andeutet, nicht vorbehaltlos, sondern wird durch die Rechtsordnung begrenzt.91 Ob eine Norm zwingenden Charakter hat, ist durch Auslegung zu ermitteln, sofern das Gesetz die fehlende Disponibilität nicht ausdrücklich anordnet.92 Kann ein Volljähriger auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht mehr besorgen, sieht § 1896 Abs. 1 Satz 1, Absatz 2 Satz 2 BGB zwei Alternativen vor, um den rechtlichen Zustand des Betroffenen zu verbessern. Entweder hat er eine Vorsorgevollmacht errichtet, welche die Bestellung eines Betreuers nicht erforderlich werden lässt, oder es muss ein Betreuer bestellt werden. Infolge der Subsidiarität der Betreuung ist die Bestellung eines Vorsorgebevollmächtigten vorrangig. Besteht keine Vorsorgevollmacht, wird das Betreuungsgericht einen Betreuer bestellen. Es gibt keine dritte, vom Gesetz vorgesehene Möglichkeit. Für jeden Beteiligten muss infolge der sozialen Schutzpflicht des Staates eine der beiden Möglichkeiten zur Verfügung stehen. Jeder Betroffene muss infolge der staatlichen Schutzpflicht die Lage versetzt werden, weiterhin am Rechtsverkehr zu partizipieren.93 Die soeben genannte Wahlmöglichkeit ist auch bei der Bewertung der Entscheidung BGHZ 44, 98 zu beachten. Jede Person kann eine Vorsorgevollmacht errichten. Diese Freiheit hat auch jeder Gesellschafter. Will ein Gesellschafter eine Vorsorgevollmacht errichten, ist eine Absprache mit den Mitgesellschaftern erforderlich, da deren Zustimmung Voraussetzung für die Ausübung von Gesellschafterrechten durch einen Vorsorgebevollmächtigten ist.94 In Anbetracht der Möglichkeit der Vorsorgevollmacht, stellt sich die Frage, welches beachtenswerte Bedürfnis dafür besteht, die Rechtsmacht eines Betreuers durch einen Gesellschaftsvertrag einzuschränken. Ein Betreuer tritt nur auf, um denjenigen vor sich selbst zu schützen, der keine privatautonome Vorsorge getroffen hat. Mithilfe der gesetzlichen Vertretungsmacht hat der Gesetzgeber dem Betreuer eine Handlungsmöglichkeit zum Schutz des 90
Siehe: Kapitel 3 A. III. 1. Vgl.: Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit im Recht der Personengesellschaften, 1970, S. 26 f. So auch Flume, AT 2, § I 2 „Die Privatautonomie erfordert begrifflich die Rechtsordnung als Korrelat“. 92 Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit im Recht der Personengesellschaften, 1970, S. 44. 93 BT-Drs 11/4528, S. 52, 59. Illustrativ an dieser Stelle als Vertreter des Aufbaumodells, Lipp, Freiheit und Fürsorge: Der Mensch als Rechtsperson, 2000, S. 126 ff. 94 Vgl.: Raub, Vorsorgevollmachten im Personengesellschaftsrecht, 2013, S. 111 ff. 91
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Betroffenen eröffnet. Zugleich soll § 1901 BGB im betreuungsrechtlichen Innenverhältnis dafür sorgen, dass die Selbstbestimmungsfreiheit des Einzelnen trotz der mit der Betreuung einhergehenden Fremdbestimmung gewahrt und, in der Ausübung, auch geschützt wird. Eine vom Gesetzgeber vorgegebene, einfachgesetzliche Ausgestaltung der Selbstbestimmungsfreiheit muss zwingend sein, um zu gewährleisten, dass das grundrechtlich vorgegebene Schutzniveau für sämtliche Rechtsinhaber eingehalten wird.95 Der zwingende Charakter der Regelungen greift zugleich nicht über Gebühr in die Grundrechte der Betroffenen ein, weil eine privatautonome Alternative in Gestalt der Vorsorgevollmacht existiert. Vor diesem Hintergrund könnte ein Großteil der vorgebrachten Argumente gegen die Übertragbarkeit der in BGHZ 44, 98 enthaltenen Wertungen auf das heutige Betreuungsrecht auf der Fehlannahme basieren, dass die Normen der sozialen Fürsorge disponibel seien. Wären die Normen der sozialen Fürsorge disponibel, könnten Private darüber entscheiden, ob die Schutzpflicht des Staates Wirkung entfalten kann. Dies widerspricht der allgemeinen Funktionsweise von Grundrechten,96 welchen auch ein Schutzcharakter innewohnt. Die Achtung der staatlichen Schutzpflicht für den Hilfsbedürftigen konfligiert nur auf den ersten Blick mit der ebenfalls grundrechtlich geschützten Privatautonomie der Vertragsparteien. Zwar steht die staatliche Aufgabe, die Abwehr- und die Schutzpflicht der Grundrechte sicherzustellen, gemäß Art. 1 Abs. 1 Satz 2 GG auf einer Stufe mit der Schutzpflicht für den Betroffenen,97 sodass der Staat sowohl den Abwehrbereich der Vertragsfreiheit der Gesellschafter als auch die Schutzpflicht für den Einzelnen zu beachten hat und insoweit eine Pattsituation zwischen den jeweils grundrechtlich geschützten Rechtspositionen zu entstehen droht. Allerdings gelten Grundrechte nicht ausnahmslos, sondern werden durch andere Grundrechte oder Statuten eingeschränkt. So ist beispielsweise anerkannt, dass die Privatautonomie durch den Individual- oder Minderheitenschutz eingeschränkt werden kann.98 Wenn die Anordnung der Betreuung und die daraus folgende Rechtsmacht in die Grundrechte der Mitgesellschafter eingreifen sollte, könnte dieser Eingriff in einer Abwägung nicht als derartig schwerwiegend eingestuft werden, wie dies bei einer Missachtung der staatlichen Schutzpflicht der Fall wäre. Zu diesem Ergebnis führt der Erforderlichkeitsgrundsatz. Nach § 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB wird ein Betreuer nicht bestellt, wenn die rechtlichen Angelegenheiten ebenso gut durch einen Bevollmächtigten besorgt werden könnten. Fast 30 Jahre nach der Einführung des Rechtsinstitutes der Betreuung ist hinlänglich bekannt, dass die Anordnung der Betreuung durch privatautonome Vorsorgeregelungen verhindert werden kann. Um 95 Vgl.: Jaeniche, Die Dritteinflußnahme bei Personengesellschaften, 1995, S. 108; Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit im Recht der Personengesellschaften, 1970, S. 44; siehe zur Abwägung von Verkehrsschutzinteressen gegen den Individualschutz auch: BGH, Urteil vom 30. 04. 1955 – II ZR 202/53, BGHZ 17, 160 (168). 96 Siehe: Kapitel 1 C. III. 1. 97 HStR IX/Isensee, § 191, Rn. 28. 98 Vgl. bezogen auf die GmbH: Teichmann, RNotZ 2013, 346 (349).
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jeden Gesellschafter zu einer Ausübung seiner Privatautonomie zur Verhinderung der Bestellung eines Betreuers anzuhalten, kann in den Gesellschaftsvertrag beispielsweise eine Klausel aufgenommen werden, welche zu der Errichtung einer Vorsorgevollmacht verpflichtet.99 Gibt es keine derartige Klausel und verzichtet ein Gesellschafter darauf, von der ihm eingeräumten Handlungsfreiheit Gebrauch zu machen und eine Vorsorgevollmacht zu errichten, stellt dies, um im Duktus der die Entscheidung des BGH kritisierenden Stimmen zu bleiben, keine staatlich oktroyierte Blockadesituation dar, sondern ist Folge einer eigenen Entscheidung, keine Vorsorge zu treffen. Das staatliche Fürsorgekonzept durch gesellschaftsvertragliche Regelungen auszuhebeln, die nach Anordnung der Betreuung und damit im Moment der Schwäche eines Gesellschafters ansetzen, kann kein probates Handlungsmittel sein. Denn bereits die Anordnung der Betreuung stellt für den Betreuten einen Eingriff in Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG dar. Auch die Fremdbestimmung bei der Ausübung der Betreuung greift in die Grundrechte des Betroffenen ein. Der ohnehin bestehende Eingriff in die Privatautonomie des Einzelnen würde intensiviert, wenn gleichzeitig seine Einwirkungsmöglichkeiten auf die Gesellschaft eingeschränkt würden. Dies würde der Intention des einfachgesetzlichen Erforderlichkeitsgrundsatzes, eine Beeinträchtigung in grundrechtlich geschützten Positionen so gering wie möglich ausfallen zu lassen, zuwiderlaufen. Systematisch streitet für den zwingenden Charakter, dass die gesetzliche Vertretungsmacht des Betreuers in den §§ 1896 ff. BGB keine gesetzlich vorgesehene Einschränkung, mit Ausnahme des offensichtlichen Interessenskonfliktes in §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1795 BGB, erfährt. Während beispielsweise bei der Übertragung von Vermögenswerten auf einen Minderjährigen der Erblasser (beziehungsweise der Zuwendende) nach § 1638 Abs. 1, 3 Satz 1, 2 BGB bestimmen kann, dass nur einer der beiden Ehegatten mit der Vermögenssorge befasst und insoweit vertretungsberechtigt ist, fehlt es an vergleichbaren Regelungen im Betreuungsrecht. Somit gibt es eine abweichende Gestaltungsmöglichkeit von der grundsätzlich umfassenden gesetzlichen Vertretungsmacht durch beide Elternteile nach § 1626 Abs. 1 Satz 2 BGB. Der privatautonome Eingriff eines Dritten in die gesetzliche Vertretungsmacht basiert auf der Freiwilligkeit der Zuwendung.100 Aus der Existenz von § 1638 Abs. 1, 3 BGB lässt sich schließen, dass die Regelungen der gesetzlichen Vertretungsmacht zwingend sind, solange nicht der Gesetzgeber den privatautonomen Eingriff de lege lata ermöglicht. Eine derartige „Öffnungsklausel“ enthält das Betreuungsrecht indes nur in § 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB in Form des – verfassungsrechtlich ohnehin gebotenen – Erforderlichkeitsgrundsatzes. Infolgedessen kann die Ausführung der Betreuung, sofern es um die Person des Betreuten geht, 99
Vgl.: Baumann/Selzener, RNotZ 2015, 605 (612). BeckOGK/Kerscher, § 1638 BGB, Rn. 4. Auf den Hintergrund einer durch § 1638 BGB ermöglichten Gestaltung, zumeist familienfremde Schwiegerkinder aus dem Familienunternehmen herauszuhalten, kommt es an dieser Stelle nicht an. Siehe nur Reimann, ZEV 2014, 521 (523). 100
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nicht privatautonom durch eine, nicht eine Vorsorgevollmacht umfassende, Regelung zwischen dem Betroffenen und Dritten beeinflusst werden. Ein weiteres Argument für die Nichtdisponibilität der Regelungen der privaten Fürsorge lässt sich mithilfe der gesellschafterlichen Treuepflicht aufzeigen. Die Rücksichtnahmepflicht bindet Mitgesellschafter auch gegenüber dem betreuten Unternehmer. Es ist anerkannt, dass die gesellschafterliche Treuepflicht Mitgesellschafter bei einer durch eine längere Krankheit begründeten Verhinderung eines Gesellschafters dazu zwingt, der Ausübung des Stimmrechts durch einen Nichtgesellschafter zuzustimmen.101 Wenn in diesem Fall die gesellschafterliche Treuepflicht die Mitgesellschafter im Hinblick auf die Ausübung der Gesellschafterrechte durch einen Dritten zwingt, kann nichts anderes für den Umgang mit staatlich angeordneter Fürsorge gelten. Demnach sind die Grundsätze der Entscheidung BGHZ 44, 98 auf das Betreuungsrecht übertragbar. Eine Klausel in einem Gesellschaftsvertrag, welche das Stimmrecht gegenüber einem Betreuer zu beschränken sucht, ist unwirksam. Das Auftreten eines Betreuers für einen Gesellschafter kann mithin nicht gesellschaftsvertraglich beschränkt werden. Wollen die Gesellschafter das Auftreten eines Betreuers verhindern, müssen sie individuell vorsorgen und eine Vorsorgevollmacht errichten. 3. Präventive Gestaltungsmöglichkeit im Gesellschaftsvertrag: Ruhensanordnung betreffend die Stimmrechte für den Fall der Bestellung eines Betreuers oder des Eintritts der Geschäftsunfähigkeit unwirksam Die Betreuung eines Unternehmers bemisst sich, neben den rechtstechnischen Fragen des Vormundschafts-/Betreuungsrechts, auch an den Gesellschaftern zur Verfügung stehenden Alternativen. Eine Handlungsoption könnte eine Ruhensanordnung sein. Eine Ruhensanordnung führt dazu, dass die Stimmrechte des Gesellschafters ruhen. Die Wirksamkeit einer derartigen Regelung ist allgemein anerkannt.102 Teilweise wird zur Vermeidung der Betreuung eines Unternehmers 101
BGH, Urteil vom 01. 12. 1969 – II ZR 14/68, NJW 1970, 706 (ebd.); Jaeniche, Die Dritteinflußnahme bei Personengesellschaften, 1995, S. 109; Wiedemann, Die Übertragung und Vererbung von Mitgliedschaftsrechten bei Handelsgesellschaften, 1965, S. 350. 102 Die Ruhensanordnung wird als flexible Gestaltungsoption flankierend eingesetzt, vgl. beispielsweise bezogen auf die Insolvenz einer GmbH: Wicke/Wicke, § 15 GmbHG, Rn. 33; Baumbach/Hueck/Fastrich, § 15 GmbHG, Rn. 64. Ebenfalls bezogen auf die GmbH, aber im Hinblick auf den Austritt oder die Kündigung: Schwab, DStR 2012, 707 (708). Wachter, Praxis Handels-Gesellschaftsrecht, Teil 2, Kapitel 1, § 4 C, Rn. 1105 schlägt das Ruhen des Stimmrechts als Sanktionsmöglichkeit bei einem Verstoß gegen eine Güterstandsklausel vor. Siehe bezogen auf eine Aktiengesellschaft: Zöllner, Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden, 1963, S. 130 ff. Eine weitere Einsatzmöglichkeit bietet sich bei minderjährigen Gesellschaftern, vgl.: Lockowandt, Stimmrechtsbeschränkungen im Recht der Personengesellschaften, Kernbereichslehre und Stimmrechtsausschluss, 1996, S. 65.
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vorgeschlagen, statutarisch zu vereinbaren, dass die Stimmrechte eines Gesellschafters im Falle der Geschäftsunfähigkeit ruhen sollen.103 Dies wird damit begründet, dass es den Gesellschaftern überlassen sein soll, Entscheidungen zum Schutz der Gesellschaft zu treffen, um auf diese Weise „das Sozialkapital“104 zu schützen. Eine aufschiebend bedingte Ruhensanordnung, welche von der Bestellung eines Betreuers abhängig ist, kann im Hinblick auf den zwingenden Charakter des Betreuungsrechts nicht zulässig sein. Daran ändert auch eine vermeintlich bestehende Übereinstimmung mit dem Willen sämtlicher Mitgesellschafter nichts.105 Wenn die Regelungen der sozialen Fürsorge der Dispositionsfreiheit der Parteien entzogen sind, kann nichts Anderes für eine Ruhensanordnung bezogen auf die Geschäftsunfähigkeit gelten. Gleiches gilt für Klauseln, welche das Ruhen des Stimmrechts im Falle der Bestellung eines Betreuers anordnen. Anderenfalls könnten sämtliche Bereiche der Vermögenssorge dem Betreuer entzogen werden, sodass der Betreuer nicht zu einer an die Interessen des Betreuten angepassten Vermögensverwaltung imstande wäre. Der zwingende Charakter des Betreuungsrechts, der zur Unzulässigkeit einer an die Bestellung eines Betreuers geknüpften Ruhensanordnung führt, wird systematisch an § 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB deutlich. Wenn ein Volljähriger die Bestellung eines Betreuers im Vorsorgefall verhindern möchte, muss er eine Vorsorgevollmacht errichten. Andere Alternativen enthalten die §§ 1896 ff. BGB nicht. Dieser vom Gesetzgeber geschaffenen Vermeidungsstrategie hat man sich anzuschließen. Eine „Rosinenpickerei“ hinsichtlich des Umfangs der Betreuung ist unzulässig. Denn nur durch eine Beachtung des Betreuungsrechts stellt sicher, dass in Ausübung der staatlichen Schutzpflicht dem Einzelnen geholfen wird. Die staatliche Hilfe zum Schutz vor sich selbst ist nur im Vorfeld disponibel, indem eine Vorsorgevollmacht errichtet wird. Ist es zur Anordnung der Betreuung gekommen, können Mitgesellschafter nicht über die Rechtsmacht des Betreuers entscheiden. Damit sind Ruhensanordnungen, welche an die Geschäftsunfähigkeit oder die Betreuung anknüpfen und auf die gesellschaftsinterne Ausübung von Gesellschafterrechten gerichtet sind, unwirksam.106 103
Wedemann, Gesellschafterkonflikte in geschlossenen Kapitalgesellschaften, 2013, S. 149; Heckschen, NZG 2012, 10 (14). 104 Wedemann, Gesellschafterkonflikte in geschlossenen Kapitalgesellschaften, 2013, S. 150; vgl. auch: Heckschen, NZG 2012, 10 (14), der auf eine Begründung verzichtet, dafür aber umso eindringlicher fordert: „Es ist nicht einzusehen, dass Gesellschafter in vollem Besitz ihrer geistigen Kräfte im Rahmen eines Gesellschaftervertrags oder einer Satzung nicht festlegen können, dass ihre Stimmrechte beispielsweise für den Fall des Eintritts der Geschäftsunfähigkeit ruhen oder eingeschränkt werden.“ 105 Siehe zu der (zumeist fehlenden) Übereinstimmung mit den Interessen der Gesellschafter: Wedemann, Gesellschafterkonflikte in geschlossenen Kapitalgesellschaften, 2013, S. 150 f. 106 Vgl. im Ergebnis übereinstimmend: Westermann, FS Blaurock, 527 (542). Abweichend: Adams, Geschäftsunfähigkeit und Betreuung in Personengesellschaften, 2016, S. 107, 119, 180 ff., welche ein Ruhen des Stimmrechts als im Vergleich zu dem Ausschluss aus der Ge-
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4. Präventive Gestaltungsmöglichkeit im Gesellschaftsvertrag: Ausscheidensklausel für den Fall der Bestellung eines Betreuers oder des Eintritts der Geschäftsunfähigkeit unwirksam Eine abweichende Möglichkeit, das Tätigwerden eines Betreuers betreffend gesellschaftsinterner Fragestellungen zu verhindern, könnte darin bestehen, die Handlungsunfähigkeit eines Gesellschafters gesellschaftsvertraglich als einen die Ausschlussgründe des § 131 Abs. 3 Satz 1 HGB erweiternden Fall festzulegen. Teilweise wird vertreten, dass eine solche Regelung nicht gegen den zwingenden Charakter des Betreuungsrechts verstoße, weil die Vertretungsmacht des Betreuers nicht eingeschränkt werde.107 Eine derartige Klausel wird jedoch, ebenso wie eine pauschale Ruhensanordnung oder starre Altersklausel, zum einen nicht den Interessen der Gesellschafter entsprechen und sich zum anderen durch die Bezugnahme auf die Hilfsbedürftigkeit des Einzelnen in Widerspruch zu den Wertungen der Entscheidung BGHZ 44, 98 setzen.108 Darüber hinaus lässt sich mit guten Gründen bezweifeln, ob eine derartige Regelung, die an einen unverschuldeten Zustand anknüpft, dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entspricht.109 Daher ist eine Klausel, welche das Ausscheiden des Gesellschafters im Falle der Bestellung eines Betreuers oder bei Eintritt der Geschäftsunfähigkeit anordnet, unwirksam. 5. Zwischenergebnis: Vertretung des Betreuten und Ausübung des Stimmrechts in Gesellschafterversammlung durch Betreuer möglich Der Betreuer kann das Stimmrecht des Betreuten stellvertretend in der Gesellschafterversammlung ausüben. Der Betreuer ist trotz des Grundsatzes der Höchstpersönlichkeit der Mitgliedschaft bei einem betreuten Personengesellschafter in der Lage, dessen Gesellschafterrechte wahrzunehmen. Dies folgt systematisch bereits aus der Existenz von § 1822 Nr. 3 Alt. 2 BGB. Auch hindert das Abspaltungsverbot gemäß § 717 Satz 1 BGB die Ausübung der Gesellschafterrechte durch den Betreuer nicht, weil der Betreuer sämtliche Gesellschafterrechte ausübt und es an einer Abspaltung fehlt. Bevor der „zweiten Stufe“ der Untersuchung nachgegangen und sellschaft milderes Mittel ansieht, jedoch den Nutzen einer derartigen Anordnung infrage stellt. Einerseits brächte ihrer Ansicht nach auch die Wirksamkeit einer Ruhensanordnung bei einem geschäftsunfähigen Gesellschafter kein für die Gesellschaft tragbares Ergebnis mit sich, da die Beschlüsse unter Mitwirkung des geschäftsunfähigen Gesellschafters nichtig wären. Andererseits blieben Kontroll-, Informations- und Teilnahmerechte sowie ein Stimmrecht im Hinblick auf Beschlüsse, die den Kernbereich der Mitgliedschaft des betreuten Gesellschafters betreffen, bestehen. 107 Jocher, notar 2014, 3 (5). 108 A. A.: Uphoff, Die Vorsorgevollmacht des Personengesellschafters, 2016, S. 315 ff., die anführt, dass eine derartige Klausel darauf zurückzuführen sei, dass sich der Gesellschafter bei Abschluss des Gesellschaftsvertrages dem Willen der Mehrheit unterworfen habe. 109 Adams, Geschäftsunfähigkeit und Betreuung in Personengesellschaften, 2016, S. 40, 103, 185 ff.; bezogen auf die Zulässigkeit der Hinauskündigung eines Gesellschafters wegen Anordnung der Betreuung ebenfalls sehr skeptisch: Hübner/Hammes, BB 2013, 2307 (ebd.).
A. Der betreute Komplementär einer Kommanditgesellschaft
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darauf eingegangen wird, auf welche Art und Weise der Betreuer als Nichtgesellschafter an Abstimmungen teilnehmen kann („Wie“), wird zunächst exemplarisch die Ausübung des Informationsrechts nach § 118 HGB durch den Betreuer untersucht. 6. Geltendmachung des Informationsrechts gemäß § 118 HGB durch den Betreuer Wenn der Betreuer das Informationsrecht des Komplementärs aus §§ 161 Abs. 2, 118 Abs. 1 HGB stellvertretend für den Betreuten geltend machen kann, könnten Unternehmensinterna veröffentlicht werden. Dass Dritte Kenntnis von Interna erhalten, ist eine der Befürchtungen, die der Betreuung eines Unternehmers entgegengehalten werden.110 Das Informationsrecht aus §§ 161 Abs. 2, 118 Abs. 1 HGB ist ein Bestandteil der Mitgliedschaft.111 Grundsätzlich steht jedem persönlich haftenden Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft ein umfassender Informationsanspruch hinsichtlich aller Angelegenheiten der Gesellschaft aus §§ 161 Abs. 2, 118 Abs. 1 HGB zu. Mithilfe des Informations-, Einsichts-, und Auskunftsrechts soll die Geschäftsführung der Gesellschaft kontrolliert werden können, da anderenfalls eine Wissensdifferenz zwischen den geschäftsführenden Gesellschaftern und den von der Geschäftsführung ausgeschlossenen Gesellschaftern entstehen kann.112 Die unbeschränkt persönlich haftenden Gesellschafter sollen überprüfen können, ob sich das Handeln der Geschäftsführung an dem Gesellschaftsinteresse ausrichtet.113 Auch wenn der Informationsanspruch als mitgliedschaftliches Recht höchstpersönlicher Natur ist, darf ein Gesellschafter in Anbetracht der Komplexität der Materie regelmäßig einen fachkundigen Beistand hinzuziehen.114 Somit soll sichergestellt werden, dass ein Gesellschafter von seinem Informationsrecht wirksam Gebrauch machen kann.115 Auch wenn das Informationsrecht bei der Hinzuziehung eines 110 Baumann/Selzener, RNotZ 2015, 605 (607); Raub, Vorsorgevollmachten im Personengesellschaftsrecht, 2013, S. 44, 51, 125; Werner, GmbHR 2013, 963 (964). 111 Schmidt, Informationsrechte in Gesellschaften und Verbänden, 1984, S. 21, 62; Wohlleben, Informationsrechte des Gesellschafters, 1989, S. 43 ff.; MünchHdb. GesR II/Weipert, § 15, Rn. 31; Münchener Kommentar HGB/Enzinger, § 118 HGB, Rn. 18; Ebenroth/Boujong/ Joost/Strohn/Drescher, § 118 HGB, Rn. 1; Schlegelberger/Martens, § 118 HGB, Rn. 1. 112 Saenger, Beteiligung Dritter bei Beschlussfassung und Kontrolle im Gesellschaftsrecht, 1990, S. 41; MünchHdb. GesR I/Weipert, § 8, Rn. 2. 113 Weipert, DStR 1992, 1097 (ebd.); Henssler/Strohn/Finckh, § 118 HGB, Rn. 2; Schmidt, Informationsrechte in Gesellschaften und Verbänden, 1984, S. 23 bezeichnet die Informationsrechte als „Hilfsrechte zur Wahrnehmung mitgliedschaftlicher Positionen“. 114 Wiedemann, Die Übertragung und Vererbung von Mitgliedschaftsrechten bei Handelsgesellschaften, 1965, S. 352; Schmidt, Informationsrechte in Gesellschaften und Verbänden, 1984, S. 25; auf Einschränkungen wegen der Treuepflicht hinweisend: Lutz, Der Gesellschafterstreit in der GbR, OHG, KG, GmbH & Co. KG und GmbH, 2013, S. 220. 115 RG, Urteil vom 04. 03. 1943 – II 113/42, RGZ 170, 392 (395); BGH, Urteil vom 08. 07. 1957 – II ZR 54/56, BGHZ 25, 115 (123); Röhricht/von Westphalen/Haas/Haas, § 119 HGB, Rn. 9.
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Kap. 3: Auftreten des Betreuers im gesellschaftsrechtlichen Innenverhältnis
Sachverständigen bei dem Gesellschafter verbleibt, zeugt die Möglichkeit der Hinzuziehung eines Dritten davon, dass eine Einbeziehung eines gesellschaftsfremden Dritten nicht ausgeschlossen ist. Wenn zur Ausübung des Informationsrechts ein Sachverständiger hinzugezogen werden kann, muss auch ein Betreuer das Informationsrecht ausüben können. Die Ausübungsbefugnis des Betreuers beruht, wie bei der Ausübung des Stimmrechts, auf seiner Stellung als gesetzlicher Vertreter.116 Anderenfalls wäre die Rechtsstellung des betreuten Gesellschafters mit Eintritt der Betreuungsbedürftigkeit entwertet, sofern der Betreute selbst nicht mehr in der Lage ist, den Informationsanspruch geltend zu machen. Wenn ein nicht betreuter Gesellschafter sich von einem Experten bei der Ausübung des Informationsanspruches unterstützen lassen kann,117 erlangt ein gesellschaftsfremder Dritter Kenntnisse von Unternehmensinterna. Vor diesem Hintergrund spricht nichts dagegen, dass der Betreuer das Informationsrecht als Stellvertreter des betreuten Gesellschafters ausübt. Wäre eine stellvertretende Ausübung des Informationsrechts durch den Betreuer nicht möglich, würde sich die Rechtsstellung des betroffenen Gesellschafters verschlechtern. Eine Verschlechterung der Rechtsstellung des Betroffenen liefe der Intention des Betreuungsrechts zuwider.118 Dadurch, dass bei der Ausübung des Informationsrechts auch Experten hinzugezogen werden dürfen und die Rechtsstellung des Betroffenen nicht verschlechtert werden soll, kann der Betreuer den Informationsanspruch stellvertretend für den Betreuten geltend machen. Ob den Betreuer dabei aufgrund des mitgliedschaftlichen Charakters des Rechts Verschwiegenheitspflichten treffen, welche unter Umständen mit seinen Rechnungslegungspflichten gegenüber dem Betreuungsgericht kollidieren könnten, oder ob die Mitgesellschafter einen Anspruch auf Abgabe einer Verschwiegenheitserklärung gegen den Betreuer haben, muss im Folgenden erörtert werden.119 Sobald feststeht, „wie“ der Betreuer das Informationsrecht konkret ausübt, kann im Hinblick auf die Praktikabilität der Betreuung eines Unternehmers dem Vorwurf nachgegangen werden, dass Betriebsgeheimnisse durch die Betreuung veröffentlicht würden.
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Siehe zur Ausübung des Stimmrechts: Kapitel 3 A. II. 1. Siehe zur Ausübung des Informationsrechts als gesetzlicher Vertreter: Knitter, Die Ausübung von Gesellschafterrechten und -pflichten in der offenen Handelsgesellschaft durch den gesetzlichen Vertreter, 1968, S. 70; Wohlleben, Informationsrechte des Gesellschafters, 1989, S. 59 f.; Münchener Kommentar HGB/Enzinger, § 118 HGB, Rn. 20. Vgl. ferner zu der Parallelvorschrift des § 716 BGB: Erman/Westermann, § 716 BGB, Rn. 3a; JurisPK-BGB/Bergmann, § 716 BGB, Rn. 4. 117 Zur Zulässigkeit siehe die Nachweise in: Fn. 114, 115. 118 BT-Drs 11/4528, S. 1, 52. 119 Siehe dazu: Kapitel 3 A. III. 2. a).
A. Der betreute Komplementär einer Kommanditgesellschaft
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7. Zwischenergebnis: „Ob“ der Ausübung von Gesellschafterrechten durch den Betreuer Der Betreuer ist berechtigt, die Verwaltungsrechte für den Betreuten geltend zu machen. Dabei kann das „Ob“ der Ausübung der Gesellschafterrechte durch den Betreuer nicht durch gesellschaftsvertraglich oder ad hoc gefasste Maßnahmen verhindert werden, weil es sich bei dem Betreuungsrecht um zwingendes Recht handelt. Die einzige Möglichkeit, das Tätigwerden eines Betreuers zu verhindern, besteht darin, präventiv eine Vorsorgevollmacht zu errichten. Betreffend die Praktikabilität der Betreuung eines Unternehmers kommt es entscheidend darauf an, wie und auf welche Weise der Betreuer stellvertretend handeln kann.
III. Art und Weise der Ausübung der Verwaltungsrechte durch den Betreuer Ein Gesellschafter ist bei der Ausübung mitgliedschaftlicher Rechte an die Förderung des gemeinsamen Zwecks gebunden, zu der er sich im Gesellschaftsvertrag verpflichtet hat. Der Betreuer als gesellschaftsfremder Dritter hat keine Willenserklärung abgegeben, die ihn zur Förderung des gemeinsamen Zwecks verpflichtet. Sowohl für den vorsorgewilligen Gesellschafter als auch für den mit einer Betreuung konfrontierten Mitgesellschafter ist von großem Interesse, ob der Betreuer im betreuungsrechtlichen Außenverhältnis an die gesellschafterliche Treuepflicht gebunden ist. Sofern der Betreuer als Nichtgesellschafter der gesellschafterlichen Treuepflicht nicht unterfiele, würde sich die Rechtsstellung der Mitgesellschafter erheblich verschlechtern, weil für einen, den betreuten, Mitgesellschafter die durch die Treubindung sichergestellte Zweckförderung nicht mehr existierte. Ein nicht an die gesellschafterliche Treuepflicht gebundener Betreuer könnte den Zusammenschluss, die Gesellschaft, in Gänze gefährden. Zum Schutz der Gesellschaft und der Mitgesellschafter hängt die Tauglichkeit der Betreuung als Vorsorgeinstrument eines Unternehmers maßgeblich davon ab, ob die Handlungsfreiheit des Betreuers von der gesellschafterlichen Treuepflicht gelenkt und begrenzt wird. Auch für die Beteiligten des Betreuungsverfahrens,120 den Betreuten, das Betreuungsgericht und den Betreuer selbst, ist von Relevanz, ob die gesellschafterliche Treuepflicht den Betreuer als Nichtgesellschafter bindet. Die gesellschafterliche Treuepflicht könnte die Handlungsfreiheit des Betreuers beschränken. Für das Betreuungsgericht könnte es bei der Bestimmung einer Pflichtwidrigkeit im Sinne des §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1837 Abs. 2 Satz 1 BGB oder zur Beurteilung des Vorliegens einer Pflichtverletzung im Sinne von §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1833 Abs. 1 Satz 1 BGB darauf ankommen, ob der Betreuer an die gesellschafterliche Treuepflicht gebunden ist. 120 Aufgrund der grundsätzlichen Unerheblichkeit von Drittinteressen sind weder die Gesellschaft noch die Gesellschafter Beteiligte im Betreuungsverfahren, siehe dazu: Kapitel 5 C.
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Kap. 3: Auftreten des Betreuers im gesellschaftsrechtlichen Innenverhältnis
1. Geltung der mitgliedschaftlichen Treuepflicht für den Betreuer Ausweislich §§ 105 Abs. 1, 161 Abs. 1 HGB ist der Zweck einer Kommanditgesellschaft auf den Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma gerichtet. Die Komplementäre haften für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft gemäß §§ 124 Abs. 1, 128 Satz 1, 161 Abs. 2 HGB akzessorisch mit ihrem Privatvermögen. Aufgrund dieser Sorge vor einer persönlichen Haftung könnten einige Gesellschafter versucht sein, ihre Partikularinteressen den Gemeinschaftsinteressen überzuordnen. Eine einzig an Partikularinteressen ausgerichtete Ausübung von Gesellschafterrechten könnte dem auf die Verfolgung des vereinbarten Zwecks gerichteten Gesellschaftsvertrag zuwiderlaufen.121 Aus der Bindung eines Gesellschafters an den Gesellschaftsvertrag resultiert ebenfalls eine Verantwortlichkeit für die gesamte Gesellschaft, sodass der einzelne Gesellschafter auch bei der Verfolgung von Individualinteressen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu achten hat.122 Diese Bindung an den Zweck der Gesellschaft wird gesellschafterliche oder mitgliedschaftliche Treuepflicht genannt.123 Die Treuepflicht soll ein zweckgerichtetes Handeln der Gesellschafter und der Gesellschaft sicherstellen und auf diese Weise die Funktionstüchtigkeit des Zweckverbandes gewährleisten.124 a) Dogmatische Grundzüge der gesellschafterlichen Treuepflicht Des „Pudels Kern“125 in Gestalt einer eindeutigen dogmatischen Grundlage ist bezogen auf die gesellschafterliche oder mitgliedschaftliche Treuepflicht nach wie vor nicht bestimmt. Unabhängig davon, ob die Treuepflicht aus der Vertragsbindung der Gesellschafter abzuleiten,126 als ein Institut des Gewohnheitsrechts anzuerkennen,127 auf das Korrelat von Rechtsmacht und Schranke128 zurückzuführen, oder 121
Lutter, AcP 180 (1980), 84 (91); Lutter, ZHR 153 (1989), 446 (453 ff.). Zöllner, Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden, 1963, S. 350 f.; Münchener Kommentar BGB/Schäfer, § 705 BGB, Rn. 277. 123 Beschrieben ist hiermit die sogenannte erste Ebene der Treuepflicht, welche die Beziehung zwischen dem Verband und dem Mitglied beschreibt. Eine zweite Ebene führt dazu, dass zwischen den Mitgliedern die Treuepflicht besteht, vgl. hierzu: Zöllner, Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden, 1963, S. 335 ff., 349 ff.; Winter, Mitgliedschaftliche Treubindungen im GmbH-Recht, 1986, S. 85 ff.; Lutter, ZHR 162 (1998), 164 (177). 124 Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 20 IV 1 b); Wiedemann, FS Heinsius, 949 (950 ff.) zu Unterschieden zwischen der mitgliedschaftlichen, der organschaftlichen und der mehrheitsbezogenen Treuepflicht. 125 Goethe, Faust I, Vers 1323. 126 Winter, Mitgliedschaftliche Treubindungen im GmbH-Recht, 1986, S. 15, 62 ff.; Dembski, Gesellschafterliche Treubindungen von Nichtmitgliedern, insbesondere nachmitgliedschaftliche Treuepflichten, 2009, S. 24, 81. 127 Lutter, ZHR 162 (1998), 164 (166); Michalski, NZG 1998, 460 (ebd.); Schneider, Gesellschafter-Stimmpflichten bei Sanierungen, 2014, S. 198, 207. 122
A. Der betreute Komplementär einer Kommanditgesellschaft
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letztlich unter Rückgriff auf § 242 BGB anzuwenden ist,129 bindet die Treuepflicht die Mitglieder.130 Infolge der Treuepflicht müssen die Mitglieder darauf hinwirken, den Gesellschaftszweck zu fördern.131 Damit geht eine Beschränkung in der Ausübungsfreiheit gesellschafterlicher Rechte einher.132 Sofern im Folgenden von der Mitgliedschaft gesprochen wird, meint dies die aufgrund der Zugehörigkeit zu einem Verband, einer Gesellschaft, bestehende Rechtsstellung einer Person.133 Wird gegen die Treuepflicht verstoßen, macht sich der jeweilige Gesellschafter gemäß § 280 Abs. 1 BGB schadensersatzpflichtig.134 In Sonderfällen kann die Treuepflicht eine Forderung nach einem konkreten Verhalten der Gesellschafter enthalten.135 Ein anschauliches Beispiel stellt die „Sanieren oder Ausscheiden“ Rechtsprechung des Zweiten Senats des BGH dar.136 Unter Umständen können auch die (nicht zahlungswilligen) Gesellschafter dazu gezwungen sein, der Aufnahme einer Klausel in den Gesellschaftsvertrag zuzustimmen, welche den Ausschluss eines Gesellschafters aus der Gesellschaft im Falle der Nichterbringung des zur Sanierung benötigten Stammkapitals vorsieht, sofern die Gesellschafter durch das Ausscheiden finanziell
128 Henze, BB 1996, 489 (494); Dembski, Gesellschafterliche Treubindungen von Nichtmitgliedern, insbesondere nachmitgliedschaftliche Treuepflichten, 2009, S. 83; Tröger, Treuepflicht im Konzernrecht, 2000, S. 286 ff.; Winter, Mitgliedschaftliche Treubindungen im GmbH-Recht, 1986, S. 69 ff., 97. Siehe auch die rechtsethische Begründung bei Wiedemann, ZGR 1980, 147 (156). 129 Weber, Vormitgliedschaftliche Treubindungen, 1999, S. 112; Winter, Mitgliedschaftliche Treubindungen im GmbH-Recht, 1986, S. 14; Zöllner, Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden, 1963, S. 335. Inwieweit es einen dogmatischen Mehrwert bietet, eine richterrechtliche Entwicklung zu konstatieren, sei an dieser Stelle dahingestellt, vgl. in diesem Sinne: Dembski, Gesellschafterliche Treubindungen von Nichtmitgliedern, insbesondere nachmitgliedschaftliche Treuepflichten, 2009, S. 49. 130 Siehe zu der, von der gesellschafterlichen Treuepflicht zu unterscheidenden, organschaftlichen Treupflicht für Leitungsorgane von Kapitalgesellschaften nur: Goette/Goette, DStR 2016, 815 (816 f.); Hölters AktG/Hölters, § 93 AktG, Rn. 114; Zeising, Pflichten und Haftung des Testamentsvollstreckers bei der Verwaltung von Großvermögen, 2004, S. 31. 131 Vgl.: Lutter, AcP 180 (1980), 84 (102); Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit im Recht der Personengesellschaften, 1970, S. 143. 132 Armbrüster, Die treuhänderische Beteiligung an Gesellschaften, 2001, S. 338 ff.; Marsch-Barner, ZHR 157 (1993), 172 (175). 133 Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 19 I 1 b). 134 Armbrüster, Die treuhänderische Beteiligung an Gesellschaften, 2001, S. 375. Den Anspruch kann entweder die Gesellschaft oder ein einzelner Gesellschafter im Wege der Actio pro socio geltend machen, vgl.: Lutter, AcP 180 (1980), 84 (132); siehe zu der Entwicklung der Actio pro socio: Fleischer/Harzmeier, ZGR 2017, 239 (241 ff.). 135 Winter, Mitgliedschaftliche Treubindungen im GmbH-Recht, 1986, S. 31 ff. Bei derartigen Verstößen müsste eine Leistungsklage erhoben werden, sodass im Vollstreckungsfall die Fiktionswirkung des § 894 ZPO eintreten könnte, vgl. dazu: Michalski, NZG 1998, 460 (461). 136 BGH, Urteil vom 19. 10. 2009 – II ZR 240/08, BGHZ 183, 1.
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Kap. 3: Auftreten des Betreuers im gesellschaftsrechtlichen Innenverhältnis
nicht schlechter gestellt werden, als dies bei der sofortigen Liquidation der Gesellschaft der Fall wäre.137 b) Geltung der gesellschafterlichen Treuepflicht für den Betreuer als Nichtgesellschafter Während Gesellschafter aufgrund der mitgliedschaftlichen Treuepflicht zu einer bestimmten Verhaltensweise gezwungen sein können, gilt für den Gesellschafterrechte ausübenden Betreuer grundsätzlich etwas Anderes. Er darf im Rahmen der Vermögensanlage eine vorgefundene gesellschafterliche Beteiligung des Betreuten genehmigungsfrei fortführen. Zugleich hat er das Vermögen des Betreuten zu schützen, sodass bei absehbarer Verlustgefahr eine dem Wohl des Betreuten angepasste Betreuung darauf hinausläuft, die unternehmerische Beteiligung zu veräußern und das Geld anderweitig anzulegen.138 Die vorgeschriebene Risikoaversität kann zu Friktionen mit der gesellschafterlichen Treuepflicht führen. So ist beispielsweise die Zustimmung zu einer Sanierung einer Gesellschaft prima facie nicht von dem Ansatz erfasst, das Vermögen des Betreuten zu wahren.139 Auch bei der Mitwirkung an Thesaurierungsbeschlüssen könnten den Betreuer nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1806 ff. BGB andere Pflichten treffen, als dies die gesellschafterliche Treuepflicht vorgibt. Verallgemeinernd stellt sich bei jeder Ausübung des Stimmrechts die Frage, in welchem Rahmen der Betreuer handeln kann, soll oder muss. Der Betreuer tritt gemäß § 1902 BGB als gesetzlicher Vertreter des Gesellschafters auf. Im betreuungsrechtlichen Außenverhältnis hat er, als Treuhänder des Betreuten,140 ausschließlich die Interessen des Betroffenen wahrzunehmen. Drittinteressen sind nicht maßgebend. Damit stellt sich die Frage, ob und inwieweit der Betreuer beispielsweise der aus der gesellschafterlichen Treuepflicht entstammenden „Stimmpflicht“141 unterworfen ist. 137 Bereits in der „Girmes“-Entscheidung arbeitete der BGH Treuepflichten bezogen auf Sperrminoritäten heraus, vgl.: BGH, Urteil vom 20. 03. 1995 – II ZR 205/94, BGHZ 129, 136 (142 ff.). Siehe zu „Sanieren oder Ausscheiden“ bezogen auf eine OHG beziehungsweise eine GbR: BGH, Urteil vom 19. 10. 2009 – II ZR 240/08, BGHZ 183, 1 (8 ff.); BGH, Urteil vom 25. 01. 2011 – II ZR 122/09, NZG 2011, 510 (512 f.); BGH, Urteil vom 09. 06. 2015 – II ZR 420/ 13, NZG 2015, 995 (997). Die Grundsätze der „Sanieren oder Ausscheiden“ Rechtsprechung sind auch auf die Kommanditgesellschaft anwendbar, vgl.: Dorka/Derwald, NZG 2010, 694 (695). Vgl. hinsichtlich einer Publikumskommanditgesellschaft: OLG Karlsruhe, Urteil vom 22. 04. 2016 – 4 U 226/15, NZG 2017, 260 (261); dazu Rummel/Enge, NZG 2017, 256 (257); a. A.: Schneider, Gesellschafter-Stimmpflichten bei Sanierungen, 2014, S. 328 ff. 138 Siehe dazu: Kapitel 2 B. III. 3. 139 Vgl. zur Anwendbarkeit eines Kapitalschnitts auch bei Personengesellschaften: Schmidt, JZ 2010, 125 (126). Siehe ausführlich zur rechtlichen und finanzwirtschaftlichen Funktionsweise des Kapitalschnitts: Schneider, Gesellschafter-Stimmpflichten bei Sanierungen, 2014, S. 16 ff., 38 ff. 140 Siehe oben: Kapitel 2 A. I. 2. 141 Hennrichs, NZG 2015, 41 (ebd.).
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aa) Lösungsansätze betreffend eine Bindung des Betreuers an die gesellschafterliche Treuepflicht Hinsichtlich der Bindung des Betreuers an die gesellschafterliche Treuepflicht sind drei Lösungsansätze denkbar. Der Betreuer könnte aufgrund der fehlenden Gesellschafterstellung nicht an die gesellschafterliche Treuepflicht gebunden sein. In diesem Fall könnte er die Gesellschafterrechte unabhängig von den Interessen der Gesellschaft ausüben. Möglich wäre auch, dass die den Betreuten bindende Treuepflicht auf den Betreuer übergeleitet wird, sodass eine mittelbare Bindung an die Treuepflicht zu konstatieren wäre. Drittens könnte die mit der Vertretungsmacht einhergehende Rechts-/Einwirkungsmacht des Betreuers dazu führen, dass als Begrenzung der Rechtsmacht eine eigene Treuepflicht für den Betreuer entstünde. Erstens könnte die gesellschafterliche Treuepflicht den Betreuer als Nichtgesellschafter nicht binden und seine Handlungsfreiheit nicht beeinträchtigten,142 denn die §§ 1896 ff. BGB enthalten keine derartigen Regelungen. Außerdem könnte aus der bereits angesprochenen und auf das Betreuungsgericht übertragbaren Entscheidung BGHZ 44, 98 ableitet werden, dass der Betreuer nicht von der Ausübung der Gesellschafterrechte ausgenommen werden kann,143 sodass er unabhängig von dem begrenzenden Charakter der Treuepflicht Rechte wahrnehmen kann. Aus dem Umstand, dass der zweite Zivilsenat keine Einschränkung des Pflegers in der Ausübung der Stimmrechte erwähnte, könnte abzuleiten sein, dass auch der Betreuer nicht an die gesellschafterliche Treuepflicht gebunden ist.144 Zweitens könnte der Betreuer mittelbar den Bindungen der Treuepflicht unterworfen sein. Ein unabhängiges Handeln des Betreuers bezüglich der den Betreuten bindenden Rechte könnte den Regelungen des Stellvertretungsrechts widersprechen. Nach §§ 1902, 164 Abs. 1 Satz 1 BGB wirken die vom Betreuer abgegebenen Willenserklärungen für und gegen den Betreuten. Tritt ein Stellvertreter – unabhängig davon, ob es sich um eine gesetzlich oder vertraglich begründete Vertretungsmacht handelt – auf, richtet sich dessen Rechtsmacht nach der des Vertretenen. Nur auf diese Weise kann dem Repräsentationsgedanken entsprochen werden. Wer sich eines Dritten zur Durchsetzung eigener Rechte bedient und dessen Verhalten nach § 164 Abs. 1, 3 BGB gegen sich gelten lassen muss, der kann den Dritten nur in dem rechtlichen Rahmen tätig werden lassen, der ihn selbst bindet. So richten sich beispielsweise auch die Rechte eines Stimmrechtsvertreters für einen Aktionär nach den Rechten des Vertretenen.145 Sobald der Stimmrechtsvertreter eigene Ziele zu 142 Zimmermann, DStR 1994, 26 (29); angedeutet auch in: Baumann/Selzener, RNotZ 2015, 605 (611). 143 Zur Übertragbarkeit der Entscheidung auf das heutige Betreuungsrecht siehe oben: Kapitel 3 A. II. 2. a) bb). 144 Zimmermann, DStR 1994, 26 (29). 145 Dembski, Gesellschafterliche Treubindungen von Nichtmitgliedern, insbesondere nachmitgliedschaftliche Treuepflichten, 2009, S. 92; Dreher, ZHR 157 (1993), 150 (166); Knitter, Die Ausübung von Gesellschafterrechten und -pflichten in der offenen Handelsge-
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erreichen sucht und sich damit in Widerspruch zu der, eine Kollektivbindung vermittelnden, mitgliedschaftlichen Treuepflicht setzt, „usurpiert [er] die Rolle des Aktionärs und muß dann auch wie er146 von Rechts wegen behandelt werden: er wird jetzt und selbst treuepflichtig.“147 Dieser dem allgemeinen Stellvertretungsrecht entlehnte Gedanke könnte auch auf die Betreuung anwendbar sein. Der betreute Komplementär ist in seinem Handeln an die gesellschafterliche Treuepflicht gebunden. Die Treubindung bei der Ausübung gesellschafterlicher Rechte kann nicht dadurch enden, dass der Betreute unfähig ist, die Rechte selbst auszuüben. Stattdessen könnte die Treuepflicht den Kompensationsakt in Form der Bestellung des Betreuers überdauern und auf diese Weise auch den Gesellschafterrechte ausübenden Betreuer binden. Alternativ könnte eine mittelbare Bindung des Betreuers an die gesellschafterliche Treuepflicht damit begründet werden, dass der Betreuer gemäß § 1901 Abs. 2, 3 BGB die Wünsche und das Wohl des Betreuten zu achten hat. Jedenfalls den Wünschen des Betreuten entspricht es, die Treuepflicht zu beachten.148 Schließlich könnte sich eine mittelbare Geltung der Treuepflicht aus der Stellung des Betreuten als Treuhänder ergeben.149 Der Betreute bleibt als Treugeber Inhaber der mit der Mitgliedschaft verbundenen Rechte. Die fremdnützige Rechtsmacht des Betreuers in dem gesetzlich ausgeformten Treuhandverhältnis ist zweckgebunden. Der Betreuer übt die Rechte des Gesellschafters aus, sodass ihn bei der treuhänderischen Ausübung mittelbar auch die gesellschafterliche Treuepflicht treffen könnte. Infolge eines der vorgenannten Argumentationsansätze könnte der Betreuer zumindest mittelbar der gesellschafterlichen Treuepflicht des Betreuten unterfallen. Drittens könnte den Betreuer eine eigene Treuepflicht aufgrund der mit der Stellvertretung einhergehenden Einwirkungsmacht treffen. Wenn die Treuepflicht Ausfluss des Gedankens ist, dass Einwirkungsmacht im Privatrecht niemals unbeschränkt existiert, müsste auch in der Person des Betreuers selbst eine Treuepflichtbindung entstehen. Mithilfe derartiger, auf der Notwendigkeit einer die Rechtsmacht begrenzenden Schranke150 basierenden, Überlegungen wird bei-
sellschaft durch den gesetzlichen Vertreter, 1968, S. 79 f.; Lutter, JZ 1995, 1053 (1056); Marsch-Barner, ZHR 157 (1993), 172 (182). Deutlich auch Raub, Vorsorgevollmachten im Personengesellschaftsrecht, 2013, S. 141: „Die Treuepflicht wirkt daher stets auf die Ausübung der Mitgliedschaftsrechte ein, was dazu führt, dass der Vertreter das Recht nur so ausüben kann, wie es dem Rechtsinhaber zusteht“. Bezogen auf § 118 HGB auch: Münchener Kommentar HGB/Enzinger, § 120 HGB, Rn. 20. Bezogen auf den Testamentsvollstrecker: BGH, Urteil vom 13. 05. 2014 – II ZR 250/12, BGHZ 201, 216 (226). 146 Gemeint ist der „Aktionär“, Anm. des Verfassers. 147 Lutter, JZ 1995, 1053 (1056). 148 Adams, Geschäftsunfähigkeit und Betreuung in Personengesellschaften, 2016, S. 174 ff. 149 Siehe oben: Kapitel 2 A. I. 1. 150 Siehe dazu: Henze, BB 1996, 489 (494); Dembski, Gesellschafterliche Treubindungen von Nichtmitgliedern, insbesondere nachmitgliedschaftliche Treuepflichten, 2009, S. 83; Tröger, Treuepflicht im Konzernrecht, 2000, S. 286 ff.; Winter, Mitgliedschaftliche Treubin-
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spielsweise der eine Komplementärstellung verwaltende Testamentsvollstrecker der gesellschafterlichen Treuepflicht unterworfen. Begründet wird die Treuepflichtbindung des Testamentsvollstreckers als Nichtgesellschafter damit, dass der Testamentsvollstrecker die Gesellschafterrechte frei ausüben kann, während die Erben als Treuepflichtverpflichtete das Stimmrecht nicht selbst ausüben können.151 Ähnlich stellt sich die Situation bei einer die Betreuung nach § 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB verdrängenden Vorsorgevollmacht dar. Im Vorsorgefall kann auch der Vollmachtgeber sein Stimmrecht nicht (mehr) ausüben. Stattdessen tritt ein Bevollmächtigter an seiner Statt auf und kann das Stimmrecht nach eigenem Ermessen ausüben. Voraussetzung dieser Ausübungsbefugnis ist die Zustimmung der Mitgesellschafter.152 Aufgrund der Einwirkungsmacht des Bevollmächtigten auf die Gesellschaft wird vertreten, dass der Bevollmächtige unmittelbar an die gesellschafterliche Treuepflicht gebunden ist. Die Bindung an die gesellschafterliche Treuepflicht begrenzt zugleich die Rechtsmacht des Bevollmächtigten.153 Überträgt man diese Argumentation, könnte aus der Rechtsmacht des Betreuers, an der gesellschaftsinternen Willensbildung mitzuwirken, resultieren, dass auch der Betreuer als Nichtgesellschafter einer eigenen gesellschafterlichen Treuepflicht unterfällt. bb) Stellungnahme Unabhängig von der Richtigkeit der These des Einklangs von Rechtsmacht und Begrenzung derselben154 müsste der Betreuer, sollte er aufgrund dieses Ansatzes der gesellschafterlichen Treuepflicht unterworfen sein, eine umfassende Rechtsmacht ausüben und damit auf die Gesellschaft einwirken können. Ob die Rechtsmacht des Betreuers in Form der Vertretungsmacht aus § 1902 BGB ausreicht, um ihn unmittelbar der Treuepflicht zu unterwerfen, erscheint mehr als fraglich. Zwar ist die Rechtsmacht des Betreuers im betreuungsrechtlichen Außenverhältnis unabhängig dungen im GmbH-Recht, 1986, S. 69 ff., 97. Siehe auch die rechtsethische Begründung bei Wiedemann, ZGR 1980, 147 (156). 151 Dembski, Gesellschafterliche Treubindungen von Nichtmitgliedern, insbesondere nachmitgliedschaftliche Treuepflichten, 2009, S. 120 ff.; Dörrie, Die Testamentsvollstreckung im Recht der Personenhandelsgesellschaft und der GmbH, 1994, S. 103 ff.; Derselbe, ZEV 1996, 370 (374); Muscheler, Die Haftungsordnung der Testamentsvollstreckung, 1994, S. 527 ff.; Ulmer, NJW 1990, 73 (79, 81); Ulmer/Schäfer, ZHR 160 (1996), 413 (439). Kritisch: Faust, DB 2002, 189 (191), der eine entsprechende Auslegung des § 2213 Abs. 1 Satz 2 BGB und damit eine Passivlegitimation des Testamentsvollstreckers immer dann fordert, wenn ein Anspruch sich auf den Nachlassteil bezieht und aus diesem heraus erfüllt werden kann. 152 Kurze/Wülfrath, § 705 BGB, Rn. 3; Schäfer, ZHR 157 (2011), 557 (567 ff.); Heckschen, NZG 2012, 10 (14); Raub, Vorsorgevollmachten im Personengesellschaftsrecht, 2013, S. 112 ff.; Wedemann, Personen- und Kapitalgesellschaftsrecht an den Schnittstellen zum Familien- und Erbrecht, 2015, 95 (106). 153 Die Zustimmung betonend: Schäfer, ZHR 157 (2011), 557 (575 f.). Deutlicher auf die Rechtsmacht abstellend: Raub, Vorsorgevollmachten im Personengesellschaftsrecht, 2013, S. 151. 154 Für Nachweise siehe: Fn. 150.
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Kap. 3: Auftreten des Betreuers im gesellschaftsrechtlichen Innenverhältnis
von den Beschränkungen im betreuungsrechtlichen Innenverhältnis. Infolgedessen kann gegen die Einwirkungsmacht des Betreuers nicht eingewandt werden, dass dieser nach § 1901 Abs. 2 BGB bei der Besorgung der Angelegenheiten des Betreuten an das Wohl des Betreuten gebunden ist und bei wichtigen Angelegenheiten gemäß § 1901 Abs. 3 Satz 3 BGB Rücksprache zu halten hat. Auch kann der Betreuer als Stellvertreter im betreuungsrechtlichen Außenverhältnis grundsätzlich nach eigenem Ermessen handeln. Begrenzend steht der Einwirkungsmacht des Betreuers auf die Gesellschaft, sofern kein Einwilligungsvorbehalt im Sinne des § 1903 Abs. 1 Satz 1 BGB angeordnet worden ist, die Doppelzuständigkeit zwischen Betreuer und Betreutem entgegen. Dadurch, dass Betreuer und Betreuter wirksame Willenserklärungen mit Wirkung für den Betreuten abgeben können, wird die Rechtsmacht des Betreuers erheblich eingeschränkt. Denn nur die zuerst abgegebene Willenserklärung erlangt Wirkung. Selbst bei Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes ist die Vertretungsmacht des Betreuers nicht unbegrenzt. Der Betreuer bedarf bei den Genehmigungstatbeständen der §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 3 Alt. 1, Alt. 2, Nr. 10, Nr. 11 BGB zur Wirksamkeit der von ihm abgegebenen Willenserklärungen der Genehmigung des Betreuungsgerichts. Bei einem von der KG betriebenen Erwerbsgeschäft ist nach hier vertretener Ansicht jede Änderung des Gesellschaftsvertrages analog §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 3 Alt. 2 BGB genehmigungsbedürftig.155 Die Genehmigungstatbestände sorgen gemeinsam mit der Doppelzuständigkeit dafür, dass die Stellung des Betreuers nicht derart frei ist wie beispielsweise bei einem Testamentsvollstrecker oder einem Vorsorgebevollmächtigten. Mit der schwächeren Rechtsmacht geht ein geringeres Bedürfnis einher, die Rechtsmacht des Betreuers mithilfe der gesellschafterlichen Treuepflicht einzuschränken. Aus dem Grund kann eine eigene Treuepflicht des Betreuers – unterstellend, jeder Rechtsmacht müsse eine Beschränkung gegenüberstehen – nicht begründet werden. Demnach scheidet eine direkte Geltung der gesellschafterlichen Treuepflicht für den Betreuer aus. Ob eine mittelbare Geltung der gesellschafterlichen Treuepflicht durch das Auftreten als gesetzlicher Vertreter begründet werden kann, kann nicht deshalb in Abrede gestellt werden, dass der Wortlaut der §§ 1896 ff. BGB keinen Bezug zur mitgliedschaftlichen Treuepflicht herstellt. Maßgebend ist insoweit aber die Stellung des Betreuers als gesetzlicher Vertreter. Die gesetzliche Vertretung gemäß §§ 1902, 164 ff. BGB soll dazu dienen, dass der Betroffene durch das Tätigwerden des Betreuers wieder am Rechtsverkehr teilnehmen kann.156 Insoweit begründet die Anordnung der Betreuung eine „Ersatzzuständigkeit“157 des Betreuers. Mit dem ersatzweisen und stellvertretenden Auftreten geht einher, dass der Betreuer bei seinem Handeln an die Rechte und Pflichten gebunden ist, die den Betreuten treffen. Denn 155
Siehe oben: Kapitel 2 C. IV. 5. BT-Drs 11/4528, S. 52, 59 f.; Janda, FamRZ 2013, 16 (17); Lipp, Freiheit und Fürsorge: Der Mensch als Rechtsperson, 2000, S. 51 ff., 89 ff.; Müller-Freienfels, Die Vertretung beim Rechtsgeschäft, 1955, S. 184. 157 Staudinger/Bienwald (2017), § 1902 BGB, Rn. 19. 156
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der Betreuer übt als gesetzlicher Vertreter die „sich aus dem Gesellschaftsverhältnis ergebenden Rechte in Bezug auf Geschäftsführung und Beschlussfassung“158 aus. Die Bindung der Rechte des Vertreters an die Rechte des Vertretenen ist Grundlage einer jeden Stellvertretung. Anderenfalls wäre es durch die Bevollmächtigung eines Dritten möglich, sich dem eigenen Rechte- und Pflichtenkatalog zu entledigen. Nichts Anderes kann für die gesetzliche Stellvertretung gelten. Bezogen auf den betreuten Gesellschafter könnte daher aus dem Repräsentationsgedanken der Stellvertretung folgen, dass der Betreuer die den Betroffenen bindenden Rechte und Pflichten zu achten und zu befolgen hat. Die durch die Betreuung begründete gesetzliche Vertretungsmacht spricht für eine Bindung des Betreuers an die gesellschafterliche Treuepflicht. Die auf das Stellvertretungsrecht gestützte mittelbare Bindung des Betreuers an die gesellschafterliche Treuepflicht könnte auch mithilfe des betreuungsrechtlichen Innenverhältnisses begründet werden. Mit der dogmatischen Einordnung der Betreuung als Treuhand geht einher, dass die §§ 1896 ff. BGB um analog anwendbare Regelungen des Geschäftsbesorgungs-/Auftragsrechts ergänzt werden.159 Im Auftragsrecht ist anerkannt, dass grundsätzlich der Geschäftsherr als Auftraggeber das Risiko eines pflichtwidrigen Vertreterhandelns zu tragen habe.160 Gleichzeitig besteht für den Beauftragten eine Interessenwahrungspflicht gegenüber dem Geschäftsherrn, dem Betreuten.161 Aus der Interessenwahrungspflicht kann folgen, dass der Betreuer die Interessen des Betreuten, welche auf eine Ausübung von Gesellschafterrechten in Einklang mit der gesellschafterlichen Treuepflicht gerichtet ist, beachten muss. Sofern der Betreute sprachfähig ist, kann er dem Betreuer ferner nach § 665 BGB eine Weisung oder einen weisungsähnlichen Wunsch erteilen, die Gesellschafterrechte unter Beachtung der gesellschafterlichen Treuepflicht auszuüben. Die auf diese Weise ausdrücklich oder zumindest konkludent geschaffene Interessenwahrungspflicht des fremdnützig handelnden Betreuers ergänzt die in § 1901 Abs. 2, 3 BGB statuierte Pflicht des Betreuers, nach welcher die Betreuung ange158
RG, Urteil vom 12. 02. 1929 – II 295/28, RGZ 123, 289 (299). Siehe oben: Kapitel 2 A. I. 2. 160 Tschersich, Die Definition des vermögensrechtlichen Missbrauchs von General- und Vorsorgevollmachten, 2015, S. 63 weist darauf hin, dass eine Verantwortlichkeit des Auftraggebers dem Schutz des Rechtsverkehrs diene. Erst bei Kollusion könne das infolge des pflichtwidrigen Verhaltens des Beauftragten entstandene Rechtsgeschäft ausnahmsweise nach § 138 BGB nichtig sein. 161 Tschersich, Die Definition des vermögensrechtlichen Missbrauchs von General- und Vorsorgevollmachten, 2015, S. 76 bezeichnet diese als „Loyalitätspflicht“. Ob es sich hierbei um eine unmittelbar aus § 662 BGB entstammende Nebenpflicht handelt, wie Münchener Kommentar BGB/Schäfer, § 662 BGB, Rn. 51 anführt, oder ob es sich bei der Interessenwahrungspflicht um eine Hauptpflicht handelt, wofür unter anderem die Vorauflage Münchener Kommentar BGB/Seiler (6. Auflage), § 662 BGB, Rn. 36 f.; sowie BeckOGK/Riesenhuber, § 662 BGB, Rn. 113; Münchener Kommentar BGB/Heermann, § 675 BGB, Rn. 13 plädieren, ist an dieser Stelle nicht von Belang. 159
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Kap. 3: Auftreten des Betreuers im gesellschaftsrechtlichen Innenverhältnis
passt auf die subjektiven Anforderungen des Betreuten geführt werden muss. Allerdings genügt der Verweis auf die Beachtung der Wünsche und des Wohls des Betreuten allein nicht, um eine mittelbare Treuepflichtbindung zu begründen,162 weil § 1901 Abs. 2, 3 BGB primär das betreuungsrechtliche Innenverhältnis betrifft. Zwar muss der Betreuer auch im Außenverhältnis das Wohl des Betreuten achten, gleichzeitig zeigt beispielsweise die Rücksprachepflicht des § 1901 Abs. 3 Satz 3 BGB, dass der Fokus von § 1901 BGB auf dem betreuungsrechtlichen Innenverhältnis liegt. Daher besteht bei einem alleinigen Abstellen auf § 1901 Abs. 2, 3 BGB die Gefahr, das betreuungsrechtliche Außenverhältnis und das betreuungsrechtliche Innenverhältnis miteinander zu vermengen. Aus der Pflicht zur Beachtung der Wünsche und des Wohls des Betreuten im betreuungsrechtlichen Innenverhältnis kann nicht ohne weiteres eine konkrete Verhaltensweise im betreuungsrechtlichen Außenverhältnis abgeleitet werden, denn die Vertretungsmacht ist abstrakt vom jeweiligen Innenverhältnis.163 Stattdessen kann die Beachtung der Wünsche allenfalls indizielle Bedeutung haben, während aus dem Wohl im Sinne des § 1901 Abs. 2 BGB auch konkrete Verhaltensanforderungen an den Betreuer betreffend die Vermögenssorge im betreuungsrechtlichen Außenverhältnis abgeleitet werden können. Zwar entspricht es nicht dem Wohl des Betreuten,164 wenn das Handeln des Betreuers zu einem möglichen Schadensersatzanspruch der Gesellschaft gegen den Betreuten führt. Dennoch kann der Rekurs auf das betreuungsrechtliche Innenverhältnis für sich genommen keine mit der Geltung der mitgliedschaftlichen Treuepflicht einhergehende Beschränkung der Rechtsmacht des Betreuers im betreuungsrechtlichen Außenverhältnis haben. Stattdessen könnte der Aufgabenkreis der Vermögenssorge im betreuungsrechtlichen Außenverhältnis in Verbindung mit § 278 BGB die Anwendung der abgeleiteten Treuepflicht auf den Betreuer notwendig erscheinen lassen. Im Rahmen der Vermögenssorge geben die bereits erörterten §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1806 ff. BGB vor, dass das Vermögen des Betreuten zu erhalten und, wenn möglich, zu mehren ist.165 Zu einer ordnungsgemäßen Verwaltung des Vermögens des Betreuten gehört sowohl die Verteidigung des Betreuten vor einer Inanspruchnahme als auch die aktive Verfolgung von Ansprüchen des Betreuten.166 Die Pflicht des Betreuers bezieht sich auch auf gerichtlich geltend gemachte Ansprüche des Betreuten oder gegen ihn 162 So aber: Adams, Geschäftsunfähigkeit und Betreuung in Personengesellschaften, 2016, S. 176 ff., 268 f. Unklar bleibt, ob sie zusätzlich auch auf die Vertretungsmacht nach § 1902 BGB abstellt, was aus ihren Ausführungen a. a. O., S. 248 hervorgehen könnte, und damit kumulativ auch dem hier vertretenen Erklärungsansatz folgen möchte. 163 Insoweit vor ihrer Begründung einer mittelbaren Treuepflicht zutreffend: Adams, Geschäftsunfähigkeit und Betreuung in Personengesellschaften, 2016, S. 162. 164 Zum Begriff des Wohls siehe oben: Kapitel 2 A. II. 1. c). 165 Siehe zur Vermögenssorge ausführlich: Kapitel 2 B. II. 2. a). 166 OLG München, Beschluss vom 04. 08. 2005 – 33 Wx 29/05, Rpfleger 2006, 14 (15); BeckOGK/Schmidt-Recla, § 1896 BGB, Rn. 204; Münchener Kommentar BGB/Schwab, § 1896 BGB, Rn. 17.
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gerichtete Ansprüche.167 Spiegelbildlich stellt das Unterlassen der Geltendmachung eines Schadensersatzspruches zugunsten des Betreuten eine schadensersatzbewehrte Pflichtverletzung des Betreuers nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1833 Abs. 1 Satz 1 BGB dar.168 Eine Belastung des Vermögens des Betreuten stellt keine ordnungsgemäße Vermögensverwaltung dar. Dem Schutz des Vermögens des Betreuten handelt der Betreuer zuwider, wenn er ein Recht zuwider den Pflichten ausübt, die den Betreuten treffen. Als Vertretenem wird dem Betreuten das Verhalten des Betreuers nach § 278 BGB zugerechnet.169 Diese Zurechnung führt dazu, dass der Betreuer die Rechte und Pflichten des Betreuten zu achten hat, wenn er keine Vermögensminderung bei dem Betreuten herbeiführen möchte. Daher muss elementarer Bestandteil einer ordnungsgemäßen Vermögenssorge sein, keinen Schadensersatzanspruch gegen den Betreuten entstehen zu lassen. Aus dem Grund muss der Betreuer bei seinem Verhalten die den Betreuten bindende Treuepflicht beachten. c) Zwischenergebnis: Mittelbare Bindung des Betreuers an die gesellschafterliche Treuepflicht des Betreuten Aufgrund des Repräsentationsprinzips der Stellvertretung gilt die gesellschafterliche Treuepflicht, welche den Betreuten trifft, mittelbar auch für den Betreuer. Eine Bindung des Betreuers als Nichtmitglied an die gesellschafterliche Treuepflicht ist systematisch dadurch geboten, dass der Betreuer anderenfalls dem Axiom der Vermögensverwaltung, der Sicherung und der Wahrung des Vermögens des Betreuten, zuwiderhandeln würde. Denn das Handeln des Betreuers kann dem Betreuten nach § 278 BGB zugerechnet werden, sodass ein treuepflichtwidriges Verhalten des Betreuers zu einem Schadensersatzanspruch gegen den betreuten Mitgesellschafter führen würde. 2. Geheimhaltungspflicht des Betreuers im Hinblick auf durch den Informationsanspruch erlangte Informationen a) Pflicht zur Geheimhaltung aufgrund der mittelbar geltenden Treuepflicht Unabhängig von der Frage, ob die Geheimhaltungspflicht als Kehrseite des Informationsrechts aufzufassen oder gesondert aus der mitgliedschaftlichen Treuepflicht abzuleiten ist,170 könnte sich die gesellschafterliche Treuepflicht auf den 167 Sorg, BWNotZ 2010, 107 (110); BeckOGK/Schmidt-Recla, § 1896 BGB, Rn. 207; Münchener Kommentar BGB/Schwab, § 1896 BGB, Rn. 119. 168 BGH, Urteil vom 03. 11. 2004 – XII ZR 332/01, FamRZ 2005, 358 (359); Harm, Rpfleger 2007, 374 (375). 169 Bienwald/Sonnenfeld/Harm/Bienwald, § 1902 BGB, Rn. 41; BeckOGK/Schaub, § 278 BGB, Rn. 31. 170 Vgl. einerseits: Scholz/Schmidt, § 51a GmbHG, Rn. 6, der als „Korrelat des Informationsrechts […] eine verstärkte Verschwiegenheitspflicht“ versteht; andererseits: Armbrüster,
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Informationsanspruch gemäß §§ 161 Abs. 2, 118 Abs. 1 HGB auswirken. Der Wahrung vertraulicher Informationen kommt im Gesellschaftsrecht eine erhebliche Bedeutung zu,171 sodass der Schutz der Interna für die Beurteilung der Betreuung eines Unternehmers von erheblicher Relevanz ist. Ob sich eine Verschwiegenheitspflicht des Betreuers bereits aus seiner Stellung als gesetzlicher Vertreter ergibt, wie dies teilweise bezogen auf die Abtretung von Vergütungsansprüchen des Betreuers an Dritte angedacht wird,172 ist nicht von Belang, wenn eine Geheimhaltungspflicht aus der mittelbar geltenden Treuepflicht resultierte. Bei dem Informationsrecht nach §§ 161 Abs. 2, 118 Abs. 1 HGB handelt es sich um ein mitgliedschaftliches Verwaltungsrecht.173 Um die Betriebsgeheimnisse der Gesellschaft zu wahren und damit den Zweck der Gesellschaft zu fördern, ist jeder Gesellschafter zur Geheimhaltung der die Gesellschaft betreffenden Interna verpflichtet. Sofern ein Nichtgesellschafter wie ein Sachverständiger oder ein Bevollmächtigter Kenntnis von Interna erlangt, wird teilweise gefordert, dass zuvor eine Verschwiegenheitserklärung zu unterzeichnen ist.174 Entsprechend soll nach einhelliger Meinung in der Kommentarliteratur auch der Betreuer als Nichtgesellschafter zur Verschwiegenheit verpflichtet sein.175 Eine Pflicht zur Verschwiegenheit könnte aus einer entsprechenden Erklärung der Gesellschaft gegenüber folgen. Begründet wird die Notwendigkeit der Abgabe einer Verschwiegenheitsklärung regelmäßig damit, dass der Betreuer der gesellschafterlichen Treuepflicht nicht unterfalle.176 Dem kann nach Die treuhänderische Beteiligung an Gesellschaften, 2001, S. 304 f.; Brox, FS Bosch, 75 (79 ff.); Casper/Selbach, NZG 2016, 1423 (1329); Selbach, Geheimhaltungspflichten von Gesellschaftern in personalistisch strukturierten Gesellschaften, 2015, S. 54 ff., die allesamt an die gesellschafterliche Treuepflicht anknüpfen. In die Richtung auch Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, § 7 II 2. 171 Saenger, Beteiligung Dritter bei Beschlussfassung und Kontrolle im Gesellschaftsrecht, 1990, S. 160. 172 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 05. 01. 2010 – I-25 Wx 71/09, FamRZ 2010, 1191 (1192); im Hinblick auf den Umfang offengelassen, aber auch von einer Verschwiegenheitspflicht ausgehend: BGH, Beschluss vom 16. 09. 2013 – XII ZB 357/11, FamRZ 2013, 1392 (1393). Als wenig hilfreich erweist sich der immer wieder zitierte Aufsatz von Pardey, BtPrax 1998, 92 (95), da dieser keine weitergehenden Ausführungen enthält und stattdessen implizit voraussetzt, dass „Betreuer/innen gehalten sind, Informationen vertraulich zu behandeln“. Zu den unterschiedlichen Bestandteilen der gesetzlichen Rechtsmacht des Betreuers siehe weitergehend die grundlegenden Ausführungen bei: Sachsen Gessaphe, Der Betreuer als gesetzlicher Vertreter für eingeschränkt Selbstbestimmungsfähige, 1999, S. 137 ff. 173 Zu dem Inhalt des Informationsrechtes siehe vertiefend m. w. N. nur: Wohlleben, Informationsrechte des Gesellschafters, 1989, S. 121 ff.; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, § 7 II 2. 174 Goerdeler, FS Stimpel, 125 (134 ff.). 175 Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Drescher, § 118 HGB, Rn. 18; Staub/Schäfer, § 118 HGB, Rn. 32; Henssler/Strohn/Finckh, § 118 HGB, Rn. 15; BeckOK HGB/Klimke, § 118 HGB, Rn. 15; Schlegelberger/Martens, § 118 HGB, Rn. 22; vgl. zu der Parallelvorschrift des § 716 BGB: Münchener Kommentar BGB/Schäfer, § 716 BGB, Rn. 14; Staudinger/Habermeier (2003), § 716 BGB, Rn. 4; BeckOK BGB/Schöne, § 716 BGB, Rn. 9. 176 Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Drescher, § 118 HGB, Rn. 18; Henssler/Strohn/Finckh, § 118 HGB, Rn. 15; BeckOK BGB/Schöne, § 716 BGB, Rn. 9; Münchener Kommentar BGB/
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dem soeben Gesagten nicht zugestimmt werden. Der Betreuer ist mittelbar an die gesellschafterliche Treuepflicht gebunden,177 sodass auch der Betreuer zur Verschwiegenheit verpflichtet ist. Daher kommt es nicht darauf an, auf welche Anspruchsgrundlage die Gesellschaft einen Anspruch auf Abgabe einer Verschwiegenheitserklärung gegen den Betreuer vermeintlich stützen kann. Der Betreuer kann als gesetzlicher Vertreter von der Ausübung der Rechte des Gesellschafters nicht ausgeschlossen werden.178 Wenn es sich bei dem Informationsrecht um ein der Mitgliedschaft zugehöriges Recht handelt, muss die Mitgliedschaft auch bei der Ausübung des Rechts beachtet werden. Anderenfalls entstünde eine von dem „mitgliedschaftlichen Pflichtenkorridor“ losgelöste Einsichtsmöglichkeit in Gesellschaftsinterna. Eine derartige Informationsgewinnung würde dem Grundverständnis zuwiderlaufen, dass korrespondierend zu dem Bestehen eines Informationsrechts eine Geheimhaltungspflicht des Anspruchsinhabers besteht.179 Wenn der Betreuer aber Gesellschafterrechte ausübt, kann sich deren Umfang und die Art und Weise der Durchsetzung nur danach richten, wie ein Gesellschafter selbst die Rechte ausüben dürfte. Daher bedarf es keiner Verschwiegenheitserklärung: Der Betreuer ist aufgrund der mittelbar für ihn geltenden gesellschafterlichen Treuepflicht zur Geheimhaltung verpflichtet. b) Keine Kollision mit den Dokumentationspflichten des Betreuers nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1839 ff. BGB Die Geheimhaltungspflicht des Betreuers betreffend durch den Informationsanspruch nach §§ 161 Abs. 2, 118 Abs. 1 HGB erlangter Informationen kollidiert nicht mit den Dokumentationspflichten des Betreuers gegenüber dem Betreuungsgericht. Zwar ist der Betreuer gegenüber dem Betreuungsgericht nicht nur durch die Rechnungslegungsvorschriften nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1802, 1840 ff. BGB auskunftspflichtig,180 sondern muss darüber hinaus dem Betreuungsgericht nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1839 BGB jederzeit über die Führung der Betreuung und die persönlichen Verhältnisse des Betreuten Auskunft erteilen. Die Dokumentationspflichten des Betreuers sind umfassend. Mithilfe des Vermögensverzeichnisses und der Rechnungslegung kann jede Geldbewegung im Vermögen des Betreuten nachSchäfer, § 716 BGB, Rn. 14; Staudinger/Habermeier (2003), § 716 BGB, Rn. 4. Ohne Argument für eine Verschwiegenheitserklärung plädierend: BeckOK HGB/Klimke, § 118 HGB, Rn. 15. Für eine ohnehin bestehende Treubindung und zusätzliche Verschwiegenheitserklärung: Baumbach/Hopt/Roth, § 118 HGB, Rn. 8. Abweichend und, wie hier, deutlich für eine Treuepflichtbindung des Betreuers: Münchener Kommentar HGB/Enzinger, § 118 HGB, Rn. 20; Oetker/Lieder, § 118 HGB, Rn. 6; wohl auch: Röhricht/von Westphalen/Haas/Haas, § 118 HGB, Rn. 8. 177 Siehe oben: Kapitel 3 A. III. 1. b) bb). 178 Vgl. erneut: BGH, Urteil vom 21. 06. 1965 – II ZR 68/63, BGHZ 44, 98 (100, 102 f.). Auf dieses Urteil rekurrieren sämtliche der soeben in Fn. 176 genannten Autoren. 179 Siehe für Nachweise: Fn. 170. 180 Siehe zu den Dokumentationspflichten oben: Kapitel 2 D.
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verfolgt werden.181 Keinen Aufschluss darf und soll die Dokumentation der konkreten Geldverwendung dagegen über andere Rechtssubjekte wie beispielsweise eine teilrechtsfähige Personenhandelsgesellschaft geben. Die Informationspflichten des Betreuers veröffentlichen daher keine Unternehmensinterna.182 Die Verschwiegenheitspflicht des Betreuers konfligiert auch nicht mit der allgemeinen Dokumentationspflicht nach § 1839 BGB. § 1839 BGB erfasst alle Geschäfte, die dem Betreuer übertragen worden sind.183 Da es sich bei § 1839 BGB um eine allgemeine Norm handelt, ist systematisch geboten, dass dem Betreuer keine weitergehenden Pflichten auferlegt werden, als dies die speziellen Rechnungslegungstatbestände wie insbesondere §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1841 Abs. 2 BGB vorgeben. Somit besteht zwischen den Auskunftspflichten des Betreuers gegenüber dem Betreuungsgericht und den Interessen der Mitgesellschafter kein Konflikt. Der Betreuer ist zur Geheimhaltung der Erkenntnisse, welche er bei der stellvertretenden Ausübung des Anspruchs aus §§ 161 Abs. 2, 118 Abs. 1 HGB erlangt, verpflichtet. Einer gesonderten Verschwiegenheitserklärung bedarf es nicht, weil die mittelbar geltende gesellschafterliche Treuepflicht dazu führt, dass der Betreuer die erlangten Informationen vertraulich behandeln muss. Wird ein Rechtsanwalt zum Betreuer bestellt, würde eine Verschwiegenheitspflicht als Bestandteil der standesrechtlichen Grundpflichten nach § 43a Abs. 2 Satz 1, 2 BRAO durch die Strafandrohung des § 203 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 1 StGB ergänzt, wenn der Betreuer nicht in seiner Funktion als Betreuer, sondern als Rechtsanwalt handelt.184 3. Zwischenergebnis Bei der Ausübung der Verwaltungsrechte unterliegt der Betreuer mittelbar der mitgliedschaftlichen Treuepflicht und auch allen damit einhergehenden Beschränkungen. Auf diese Weise wird die Ermessensfreiheit des Betreuers bei der Führung der Betreuung immer dann eingeschränkt, wenn er für den von ihm betreuten Gesellschafter handelt. Die Bindung der gesellschafterlichen Treuepflicht führt dazu, dass auch Drittinteressen für die Führung der Betreuung entscheidend sein können, auch wenn im Grundsatz die Interessen des Betreuten maßgeblich sind. Die Entscheidung, Gesellschafter zu werden, ist während der Betreuung zu achten. Auf diese Weise werden mittelbar die Interessen der Gesellschaft und damit auch die der Mitgesellschafter gewahrt. Auf den ersten Blick scheint die Geltung der gesellschafterlichen Treuepflicht für den Betreuer die Eingangsthese der Praktikabilität der Betreuung eines Unterneh181
Siehe oben: Kapitel 2 D. II. 2.; Kapitel 2 D. III. Siehe oben: Kapitel 2 D. III. 183 BeckOGK/Gietl, § 1839 BGB, Rn. 6. Auch bei einer Zwischenabrechnung kann es erforderlich sein, Belege und Bescheinigungen beizufügen, vgl.: Spanl, Vermögensverwaltung durch Vormund und Betreuer, 2009, S. 34. 184 Siehe dazu sogleich: Kapitel 3 A. IV. 4. c) cc). 182
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mers zu unterstützen. Zumindest soll der Betreuer in dem Sinne zum Wohle der Gesellschaft handeln, wie es auch der Betreute getan hätte. Nachdem somit ein Handlungsrahmen für den Betreuer arrondiert worden ist, stellt sich die Frage, welche Folgen ein Handeln außerhalb dieses Rahmens hat.
IV. Handlungsmöglichkeiten der Gesellschaft im Falle eines Verstoßes des Betreuers gegen die ihn mittelbar bindende gesellschafterliche Treuepflicht 1. Hinführung Der der Betreuer ist bei der stellvertretenden Ausübung der Verwaltungsrechte mittelbar an die gesellschafterliche Treuepflicht gebunden. Ob dieses Ergebnis valide ist, zeigt sich in Konstellationen, in denen der Betreuer entgegen der mitgliedschaftlichen Treuepflicht handelt. Zu überprüfen ist, welche Folgen es hat, wenn der Betreuer beispielsweise gegen die Geheimhaltungspflicht verstößt oder sein Stimmrecht nicht im Sinne der Treuepflicht ausübt. Für die Bewertung der Betreuung eines Unternehmers kommt es darauf an, ob die Gesellschaft den Betreuer notfalls zu einem im Einklang mit der mitgliedschaftlichen Treuepflicht stehenden Handeln zwingen kann. Interessant wäre in diesem Kontext auch die Fiktion einer der Treuepflicht entsprechenden Erklärung. Der Betreuer würde der ihn mittelbar bindenden Treuepflicht in der Praxis mehr Beachtung schenken, wenn er der Gesellschaft gegenüber direkt für sein Verhalten haften würde. Auch für die Bewertung der Betreuung als Vorsorgeinstrument ist die Haftungsfrage von großem Interesse. Während bei einer Vorsorgevollmacht die privatautonomen Gestaltungsmöglichkeiten beispielsweise die Aufnahme einer Vertragsstrafenklausel erlauben, kann über die Regelungen des Betreuungsrechts nicht disponiert werden.185 2. Stimmrechtsausübung entgegen der Treuepflicht – Fiktion einer treuepflichtentsprechenden Erklärung als Idee einer gesellschaftszweckkonsistenten Ausübung der Gesellschafterrechte durch den Betreuer Übt der Betreuer das Stimmrecht des Betreuten als Stellvertreter in Widerspruch zu der gesellschafterlichen Treuepflicht aus, könnte eine treuepflichtentsprechende Willenserklärung des Betreuers fingiert werden. Aufgrund des Repräsentationsprinzips der Vertretungsmacht kann auf die Rechtsfolgen eines entgegen der Treuepflicht ausgeübten Stimmrechts von einem Gesellschafter selbst zurückgegriffen werden.
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Siehe zum zwingenden Charakter des Betreuungsrechts: Kapitel 3 A. II. 2. c).
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Kap. 3: Auftreten des Betreuers im gesellschaftsrechtlichen Innenverhältnis
Grundsätzlich variieren die Rechtsfolgen eines entgegen der gesellschafterlichen Treuepflicht ausgeübten Stimmrechts nach überwiegender Meinung abhängig vom Beschlussgegenstand. Sofern es um das gesellschaftliche Außenverhältnis in Bezug auf das operative Geschäft geht, also bei Geschäftsführungs- und Vertretungsfragen, ist die treuwidrig abgegebene Stimme unbeachtlich. Sodann wird fingiert, dass die Stimme im Einklang mit der gesellschafterlichen Treuepflicht abgegeben worden ist. Infolge der Fiktion ist der Beschluss als wirksam zustande gekommen anzusehen.186 Daher hemmt ein der Treuepflicht zuwiderlaufendes Verhalten des Betreuers im gesellschaftlichen Außenverhältnis nicht.187 Demgegenüber müssen die Mitgesellschafter bei Grundlagenbeschlüssen Leistungsklage gegen den Betreuten auf Abgabe einer der Treuepflicht entsprechenden Willenserklärung erheben. Im Falle des Obsiegens wird die geschuldete Zustimmung nach Rechtskraft des Urteils gemäß § 894 Satz 1 ZPO fingiert.188 Somit muss der Betreute im Falle der treuepflichtwidrigen Stimmrechtsausübung des Betreuers im Klagewege zur Abgabe der entsprechenden Willenserklärung angehalten werden.189 Sofern es sich bei dem Grundlagenbeschluss um ein nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 3 Alt. 2 BGB analog genehmigungspflichtiges Rechtsgeschäft handelt und die Genehmigung verweigert wird,190 bietet die klageweise Durchsetzung einer der Treuepflicht entsprechenden Willenserklärung die Gelegenheit, einen potentiell gesellschaftsschädigenden Fremdeinfluss des Betreuungsgerichts seiner Einwirkungsmacht zu berauben. Durch die Fiktion der Zustimmungserklärung kann das Grundlagengeschäft im Sinne der Gesellschaft umgesetzt werden, sodass die nicht erteilte Genehmigung die Gesellschaft nicht behindert. Damit stehen der Gesellschaft Möglichkeiten zur Verfügung, ein im Widerspruch zur gesellschafterlichen Treuepflicht stehendes Stimmverhalten zu korrigieren.
186 Schneider, Gesellschafter-Stimmpflichten bei Sanierungen, 2014, S. 237; Westermann, FS Reuter, 1219 (1224); Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 21 II 3 c); Staub/Schäfer, § 119 HGB, Rn. 56; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Freitag, § 119 HGB, Rn. 40; Henssler/Strohn/Finckh, § 119 HGB, Rn. 26. 187 Zu der sich aufdrängenden Frage, ob der Betreuer im Rahmen des betreuungsrechtlichen Außenverhältnisses im gesellschaftlichen Außenverhältnis auftreten kann, oder ob dies wegen einer analogen Anwendbarkeit des § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 GmbHG oder des Grundsatzes der Selbstorganschaft abzulehnen ist, siehe: Kapitel 4 A. II. 188 RG, Urteil vom 01. 11. 1939 – II 91/39, RGZ 152, 78 (82 f.); BGH, Urteil vom 28. 04. 1975 – II ZR 16/73, BGHZ 64, 253 (259); Münchener Kommentar HGB/Enzinger, § 119 HGB, Rn. 29; Winter, Mitgliedschaftliche Treubindungen im GmbH-Recht, 1986, S. 37; Wiedemann, FS Heinsius, 949 (955). 189 Kritisch zu der Differenzierung nach Beschlussgegenstand und stattdessen grundsätzlich für eine Fiktion einer treuepflichtentsprechenden Willenserklärung optierend: Lettl, AcP 202 (2002), 3 (36); Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Freitag, § 119 HGB, Rn. 40. 190 Zu der analogen Anwendbarkeit von § 1822 Nr. 3 Alt. 2 BGB: Kapitel 2 C. IV. 5. a).
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3. Schadensersatzanspruch der Gesellschaft gegen den Betreuer infolge einer gegen die gesellschafterliche Treuepflicht verstoßenden Ausübung von Gesellschafterrechten? Verstößt der Betreuer gegen die gesellschafterliche Treuepflicht, kann dieses Verhalten der Gesellschaft schaden. Daher ist für die Bewertung der Betreuung eines Komplementärs auch maßgeblich, ob der Gesellschaft ein Schadensersatzanspruch gegen den Betreuer zusteht. Denn während bei einem Verstoß eines Gesellschafters gegen die gesellschafterliche Treuepflicht ein Schadensersatzanspruch der Gesellschaft nach § 280 Abs. 1 BGB in Betracht kommt,191 ist fraglich, ob die Gesellschaft auch einen Anspruch gegen den Betreuer geltend machen kann. Grundsätzlich haftet der Betreuer nur gegenüber dem Betreuten im betreuungsrechtlichen Innenverhältnis, sodass ihn keine Einstandspflicht gegenüber Dritten trifft.192 Daher könnte die Gesellschaft bei dem Mitgesellschafter, welchem das Handeln des Betreuers nach § 278 Satz 1 BGB zugerechnet wird, Regress nehmen, indem die Gesellschaft gegen den Betreuten auf Schadensersatz klagt. In dem Prozess würde der Betreuer als Stellvertreter für den Betreuten auftreten. Bei Erfolg der Klage hätte der Betreute einen Vermögensschaden erlitten. Den Schaden hätte jedoch der Betreuer durch sein Verhalten im Widerspruch zur gesellschafterlichen Treuepflicht verursacht. Damit letztlich der Verursacher den Schaden trägt, müsste anschließend nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1899 Abs. 4, 1795 BGB ein Ergänzungsbetreuer bestellt werden, der einen Schadensersatz des Betreuten gegen den Betreuer nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1833 Abs. 1 Satz 1 BGB geltend machen könnte. Fraglich ist, ob diese Vorgehensweise „über das Eck“ notwendig ist. Einfacher wäre es, wenn die Gesellschaft den bei ihr eingetretenen Schaden direkt beim Verursacher, mithin dem Betreuer, geltend machen könnte. Ein direktes Vorgehen der Gesellschaft gegen den Betreuer würde auch dem Interesse des Betreuten entsprechen, damit der Betreute keine gesonderte Klage auf Freistellung von den durch das Betreuerhandeln verursachten Schäden erheben muss. Weiterhin könnte ein direktes Vorgehen der Gesellschaft gegen den Betreuer der mitgliedschaftlichen Treuepflicht entsprechen, indem nicht primär der Regress bei einem Mitgesellschafter gesucht wird, sondern die gegenseitigen Rücksichtnahmepflichten durch eine Inanspruchnahme eines Dritten gewahrt werden.
191
Grunewald, Gesellschaftsrecht, S. 15 f.; Michalski, NZG 1998, 460 (461); Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 19 III 1 a); Münchener Kommentar HGB/Schmidt, § 105 HGB, Rn. 193; Staub/Schäfer, § 105 HGB, Rn. 212; Schlegelberger/Schmidt, § 105 HGB, Rn. 167; bezogen auf die sogleich zu erörternde Verschwiegenheitspflicht: Selbach, Geheimhaltungspflichten von Gesellschaftern in personalistisch strukturierten Gesellschaften, 2015, S. 254; Kapitel 3 A. IV. 4. 192 BGH, Urteil vom 02. 04. 1987 – III ZR 149/85, BGHZ 100, 313 (317); BGH, Urteil vom 08. 12. 1994 – III ZR 175/93, NJW 1995, 1213 (1214); BeckOGK/Schmidt-Recla, § 1902 BGB, Rn. 12.
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Kap. 3: Auftreten des Betreuers im gesellschaftsrechtlichen Innenverhältnis
a) Kein Anspruch der Gesellschaft aus § 280 Abs. 1 BGB gegen den Betreuer Ein vertraglicher Anspruch der Gesellschaft gegen den Betreuer scheitert an der fehlenden vertraglichen Bindung zwischen der Gesellschaft und dem Betreuer. Durch das Ausüben der Gesellschafterrechte als Stellvertreter des Betreuten tritt der Betreuer nicht konkludent in die Gesellschaft ein. Seine Rechtsmacht gründet stattdessen auf dem Hoheitsakt der Bestellung. b) Kein Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter mangels Schutzwürdigkeit der Gesellschaft Das betreuungsrechtliche Innenverhältnis könnte ein Schuldverhältnis mit Schutzwirkung zugunsten Dritter sein. Dies hätte zur Folge, dass die Gesellschaft in den Schuldverhältnis zwischen dem Betreuer und dem Betreuten einbezogen werden könnte, sodass ihr auch nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1833 Abs. 1 Satz 1 BGB ein Schadensersatzanspruch zustünde.193 Mithilfe des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter können an einem Vertrag oder Schuldverhältnis nicht Beteiligte in die sich aus dem Vertragsverhältnis ergebenden Schutz- und Sorgfaltspflichten einbezogen werden, wenn sie mit den Gefahren der Hauptleistung bestimmungsgemäß in Berührung kommen sollen, ein schutzwürdiges Interesse auf Gläubigerseite an der Einbeziehung des Unbeteiligten besteht, die Haftungserweiterung dem Schuldner zumutbar und für diesen erkennbar und der unbeteiligte Dritte schutzbedürftig ist.194 Zwar kommt die Gesellschaft als am Betreuungsverhältnis unbeteiligte Dritte mit den Gefahren der Leistung bestimmungsgemäß genauso in Kontakt wie der Betreute. Dies ist für den Betreuer auch erkennbar. Aber selbst wenn mithilfe einer ergänzenden Vertragsauslegung gemäß §§ 133, 157 Abs. 1 BGB ein Einbeziehungsinteresse der Gesellschaft zu konstatieren wäre, gestaltet sich die Schutzwürdigkeit des Dritten problematisch. Denn der Gesellschaft darf kein eigener auf denselben Schaden gerichteter, und damit gleichwertiger vertraglicher Anspruch zur Verfügung stehen.195 Da das Verhalten des Betreuers dem Betreuten jedoch nach § 278 BGB zugerechnet wird, steht der Gesellschaft ein Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB gegen den betreuten Gesellschafter zur Verfügung, sodass es an der Schutzwürdigkeit der Gesellschaft fehlt.196 Eine Inanspruchnahme des Betreuers mittels eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter scheidet aus. 193
Vgl. vorsichtig in diese Richtung denkend: Staub/Schäfer, § 114 HGB, Rn. 52. Zu den Voraussetzungen, mit deren Hilfe eine zu weitgehende Ausdehnung der Haftung vermieden werden soll: BGH, Urteil vom 17. 11. 2016 – III ZR 139/14, VersR 2017, 839 (840 f.); BGH, Beschluss vom 09. 04. 2015 – VII ZR 36/14, NJW 2015, 2737 (2739). 195 BGH, Urteil vom 02. 07. 1996 – X ZR 104/94, BGHZ 133, 168 (173 f.); BGH, Urteil vom 18. 02. 2014 – VI ZR 383/12, NJW 2014, 2577 (2578); Erman/Westermann, § 328 BGB, Rn. 15; Münchener Kommentar BGB/Gottwald, § 328 BGB, Rn. 188; Staudinger/Klumpp (2015), § 328 BGB, Rn. 124. 196 Entsprechend: Adams, Geschäftsunfähigkeit und Betreuung in Personengesellschaften, 2016, S. 370. 194
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c) Keine Drittschadensliquidation wegen des Anspruchs aus § 280 Abs. 1 BGB gegen den Betreuten Ein direktes Vorgehen der Gesellschaft gegen den Betreuer im Rahmen einer Drittschadensliquidation des Schadensersatzanspruches des Betreuten gegen den Betreuer scheidet aus. Das deutsche Schadensrecht erhält seine Struktur durch den Grundsatz des Gläubigerinteresses. Da mit der Anwendung der Drittschadensliquidation die Haftung des Einzelnen erweitert wird, ist eine restriktive Anwendung der Rechtsfigur geboten.197 Eine Anwendung der Grundsätze der Drittschadensliquidation scheidet – unabhängig von der Frage, ob eine zufällige Schadensverlagerung eingetreten ist – vorliegend bereits dadurch aus, dass der geschädigten Gesellschaft ein Anspruch gegen den Mitgesellschafter aus § 280 Abs. 1 BGB zusteht, welcher das Verhalten des Betreuers zum Gegenstand hat.198 d) Kein Schadensersatzanspruch aufgrund einer Sachwalterhaftung des Betreuers Der Gesellschaft könnte ein Schadensersatzanspruch gemäß § 311 Abs. 3 Satz 2 BGB gegen den Betreuer zustehen, wenn dieser Gesellschafterrechte des Betreuten entgegen der mitgliedschaftlichen Treuepflicht ausübt. Eine Haftung des Betreuers als gesetzlicher Vertreter kommt in Ausnahmefällen in Betracht, in denen „der Vertreter ein besonderes wirtschaftliches Interesse am Abschluß des Vertrages [hat] oder […] er in besonderem Maße persönliches Vertrauen in Anspruch genommen hat“199. Bei der Ausübung von gesellschafterlichen Rechten des Betreuten durch den Betreuer im betreuungsrechtlichen Außenverhältnis kommt nur die Inanspruchnahme persönlichen Vertrauens in Betracht. Aus der Funktion des Betreuers und dem Auftreten im Rahmen des § 1902 BGB allein kann ein derartiges besonderes Vertrauen nicht abgeleitet werden.200 Dem ließe sich bezogen auf den Betreuer eines Unternehmers entgegenhalten, dass die Bindung an die gesellschafterliche Treuepflicht bei der Ausübung der Gesellschafterrechte ein persönliches Vertrauen, welches in den Betreuer gesetzt wird, hervorruft. Auch würde die Mitwirkung des Betreuers unter Umständen, beispielsweise bei einem handlungsunfähigen Mehrheitsgesellschafter, einen Vertragsschluss erst ermöglichen, sodass in diesem Fall zumindest der Wortlaut des § 311 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 BGB erfüllt wäre, da der Betreuer den Vertragsschluss erheblich beeinflussen würde. Zu beachten ist jedoch, 197
Gomille, JURA 2017, 619 (922). Münchener Kommentar BGB/Oetker, § 249 BGB, Rn. 293. 199 BGH, Urteil vom 08. 12. 1994 – III ZR 175/93, NJW 1995, 1213 (1214); siehe bezogen auf das besondere Vertrauen, welches einem Amtsvormund vor der Einführung des Betreuungsrechts entgegengebracht worden ist, auch: BGH, Urteil vom 02. 04. 1987 – III ZR 149/85, BGHZ 100, 313 (319). 200 BGH, Urteil vom 08. 12. 1994 – III ZR 175/93, NJW 1995, 1213 (1214); OLG Düsseldorf, Urteil vom 23. 02. 2010 – I-24 U 99/08, FamRZ 2011, 674 (675); FS Deutsch/Diederichsen, 131 (145); Wolf, Die Haftung des Einzelvormunds mit Berücksichtigung der Pflegerund Betreuerhaftung, 1997, S. 136. 198
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Kap. 3: Auftreten des Betreuers im gesellschaftsrechtlichen Innenverhältnis
dass die Sachwalterhaftung nach § 311 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 BGB nach herrschender Ansicht nur in Betracht kommt, wenn eine Person im Rahmen von Vertragsverhandlungen eine zusätzliche persönliche Gewähr für die Ernsthaftigkeit des Geschäfts und die Erfüllung des Vertrages bietet, indem diese Person auf ihre eigene, hervorstechende Sachkunde verweist.201 Eine Sachwalterhaftung kommt nur in Betracht, wenn eine Person im Vorfeld eines Vertragsschlusses „eine zusätzliche, von ihm persönlich ausgehende Gewähr für die Seriosität und die Erfüllung des Geschäfts bietet“202. Ferner liegt eine erhebliche Beeinflussung der Verhandlungen nur vor, wenn die potentiellen Vertragspartner dem Dritten in einem umfassenden Maße vertrauen.203 Dies wird bei dem Betreuer nicht der Fall sein, da die Mitgesellschafter einem gesellschaftsfremden Dritten vermutlich skeptisch gegenübertreten würden. Somit wird der Betreuer trotz der ihn treffenden mitgliedschaftlichen Treuepflicht kein besonderes Vertrauen in Anspruch nehmen können. Darüber hinaus passt die Konstellation des Gesellschafterrechte ausübenden Betreuers nicht zum Wortlaut des § 311 Abs. 3 Satz 2 BGB, wenn davon gesprochen wird, dass die Vertragsverhandlungen oder Vertragsschluss erheblich beeinflusst werden. Dies zeigt, dass die Einbeziehung Dritter darauf abzielt, dass derjenige, der bei Vertragsverhandlungen besonderes Vertrauen in Anspruch nimmt, die Sorgfaltspflichten des § 241 Abs. 2 BGB beachten soll. Diese Einbeziehung basiert auf der Grundannahme, dass sich die Parteien antagonistisch gegenüberstehen. Eine derartige Konstellation liegt im gesellschaftlichen Innenverhältnis nicht vor, weil der Betreuer zwar ein gesellschaftsfremder Dritter ist, aber an der gesellschaftsinternen Willensbildung durch die Ausübung von Rechten des Betreuten mitwirkt.204 Diese durch die Geltung der gesellschafterlichen Treuepflicht für den Betreuer sichergestellte Gleichgerichtetheit der Interessen führt dazu, dass keine § 311 Abs. 3 BGB unterfallende Konstellation vorliegt. Die Gesellschaft hat daher keinen Anspruch auf Schadensersatz gegen den Betreuer aus § 311 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 BGB. e) Kein Schadensersatzanspruch aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 Nr. 3 BGB Der Gesellschaft könnte ein Schadensersatzanspruch gegen den Betreuer aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 Nr. 3 BGB zustehen. Als Ansatzpunkt einer Pflichtverletzung kommt die Missachtung der Interessen der Gesellschaft durch ein Handeln entgegen der gesellschafterlichen Treuepflicht in Betracht. Denn der Be201
Münchener Kommentar BGB/Emmerich, § 311 BGB, Rn. 178; BeckOGK/Herresthal, § 311 BGB, Rn. 510. Deutlich BT-Drs 14/6040, S. 163: „Dafür genügt es nicht, wenn jemand auf eigene Sachkunde verweist, oder Wortführer ist“. 202 BGH, Urteil vom 13. 12. 2005 – KZR 12/04, NJW-RR 2006, 993 (994). 203 BeckOGK/Herresthal, § 311 BGB, Rn. 513. 204 Im Ergebnis entsprechend: Adams, Geschäftsunfähigkeit und Betreuung in Personengesellschaften, 2016, S. 365 f., welche eine Anwendbarkeit der Sachwalterhaftung mit dem überzeugenden Argument ablehnt, dass bei der Ausübung der Gesellschafterrechte keine Vertragsanbahnung vorliege.
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treuer könnte nach § 241 Abs. 2 BGB dazu verpflichtet sein, Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen der Gesellschaft zu nehmen. Zu den Pflichten des § 241 Abs. 2 BGB gehört auch, die Interessen des anderen Teils zu achten und, wenn möglich, aktiv zu fördern.205 Zunächst müsste die für den Betreuer mittelbar geltende Treuepflicht dazu führen, dass zwischen der Gesellschaft und dem Betreuer ein ähnlicher geschäftlicher Kontakt im Sinne des § 311 Abs. 2 Nr. 3 BGB entstünde. § 311 Abs. 2 Nr. 3 BGB stellt einen Auffangtatbestand dar, dessentwegen der Tatbestand, die ähnlichen geschäftlichen Kontakte, weit verstanden und im Wesentlichen zu einem lediglich sozialen Kontakt abgegrenzt werden soll.206 Ein ähnlicher geschäftlicher Kontakt umfasst auch geschäftliche Kontakte, die nicht auf den Abschluss eines Vertrages zielen, sodass es insbesondere keines Rechtsbindungswillens bedarf.207 Die Freiheit von der Hinwirkung auf einen Vertragsschluss stellt den Hauptunterschied zu der eben geprüften Konstellation des § 311 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 BGB208 dar. Die Ausübungsbefugnis eines an die Mitgliedschaft geknüpften Rechtes könnte über einen lediglich sozialen Kontakt hinausgehen, weil die Ausübung dieser Rechte Dritten verwehrt ist. Ein ähnlicher geschäftlicher Kontakt kann nur vorliegen, wenn es mit der Bejahung eines Unterfalls der culpa in contrahendo vereinbar ist, dass der Betreuer und die Mitgesellschafter sich nicht antagonistisch gegenüberstehen, sondern gemeinsam innerhalb einer Gesellschaft tätig werden. Neben der Unbestimmtheit des Wortlautes erweisen sich auch die Gesetzesbegründungen als wenig aufschlussreich, in denen im Wesentlichen darauf hingewiesen wird, dass der geschäftliche Kontakt weit verstanden werden soll.209 In der Rechtsanwendung wird § 311 Abs. 2 Nr. 3 BGB sehr extensiv ausgelegt und erfasst auch Rechtsverhältnisse, in denen sich die Verpflichteten nicht antagonistisch gegenüberstehen, sondern auf der gleichen Verhandlungsseite auftreten. Dies ist beispielsweise bei einer Erbengemeinschaft oder bei untereinander Absprachen tref-
205 Weller, Die Vertragstreue, 2009, S. 240; Münchener Kommentar BGB/Bachmann, § 241 BGB, Rn. 97; Staudinger/Olzen (2015), § 241 BGB, Rn. 176. 206 BeckOGK/Herresthal, § 311 BGB, Rn. 291; Münchener Kommentar BGB/Emmerich, § 311 BGB, Rn. 48; Jauernig/Stadler, § 311 BGB, Rn. 45. 207 BeckOGK/Herresthal, § 311 BGB, Rn. 291; Erman/Kindl, § 311 BGB, Rn. 22; a. A.: Staudinger/Feldmann/Löwisch (2012), § 311 BGB, Rn. 105, die grundsätzlich von einem antagonistischen Verhältnis ausgehen, einschränkend aber sowohl „einverständliche[n] Kontakt“ als auch einseitige Schuldverhältnisse genügen lassen möchten, sodass auch diese Kommentierung das Bestehen eines ähnlichen geschäftlichen Kontakts bei Gleichgerichtetheit nicht grundsätzlich ausschließt. Ob die §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 Nr. 3 BGB auch auf Gefälligkeitsverhältnisse mit rechtsgeschäftlichem Charakter anwendbar sind, hat die Rechtsprechung bislang offengelassen: BGH, Urteil vom 04. 08. 2010 – XII ZR 118/08, NJW 2010, 3087 (ebd.). 208 Siehe dazu: Kapitel 3 A. IV. 3. d). 209 BT-Drs 14/6040, S. 163; kritisch betreffend den Anwendungsbereich, im Ergebnis aber zustimmend: JurisPK-BGB/Lapp, § 311 BGB, Rn. 49; BeckOK BGB/Sutschet, § 311 BGB, Rn. 50.
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fenden Firmen der Fall, ohne dass die Voraussetzungen einer GbR Gründung erfüllen wären.210 Gegen die Annahme eines ähnlichen geschäftlichen Kontaktes spricht, dass zwischen dem Betreuten und den anderen Gesellschaftern bereits ein Gesellschaftsvertrag geschlossen worden ist. Die Rechte, welche der Betreuer ausübt, entstammen keiner vorvertraglichen Kontaktaufnahme, sondern beruhen auf den vertraglich begründeten Rechten des betreuten Komplementärs. In derartigen Konstellationen besteht für die Anwendung einer Haftung aus culpa in contrahendo kein Bedürfnis. Daher kommt ein Direktanspruch der Gesellschaft gegen den Betreuer auf Schadensersatz aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 Nr. 3 BGB nicht in Betracht. f) Deliktischer Anspruch der Gesellschaft gegen den Betreuer Ob ein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB in bestehen kann, hängt von der konkreten Art der Pflichtverletzungshandlung des Betreuers und der damit einhergehenden Frage ab, ob ein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb vorliegt. Gleiches gilt für § 823 Abs. 2 BGB, in dessen Rahmen zu untersuchen ist, ob das Verhalten des Betreuers unter Umständen gegen ein taugliches Schutzgesetz, insbesondere ein solches des StGB, verstößt.211 g) Zwischenergebnis: Kein Direktanspruch der Gesellschaft gegen den Betreuer Eine Kommanditgesellschaft hat grundsätzlich keinen direkten Anspruch auf Schadensersatz gegen den Betreuer, wenn der Betreuer ein Gesellschafterrecht entgegen der mitgliedschaftlichen Treuepflicht ausübt und dadurch einen Schaden verursacht. Zwar kommen unter Umständen deliktische Ansprüche aus § 823 Abs. 1 BGB oder § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit einem tauglichen Schutzgesetz in Betracht. Dieser Befund stimmt mit der vorherrschenden Ansicht der Literatur betreffend die Haftung des Betreuers überein, welche einen vertraglichen Direktanspruch eines Dritten gegen den Betreuer ablehnt oder allenfalls eine Sachwalterhaftung nach § 311 Abs. 3 Satz 2 BGB für möglich erachtet.212 Handelt der Betreuer der gesellschafterlichen Treuepflicht zuwider, kommt nur ein Anspruch 210 BGH, Urteil vom 07. 07. 1980 – II ZR 199/79, NJW 1980, 2464 (2464 f.); BGH, Urteil vom 06. 06. 1974 – II ZR 157/72, WM 1974, 754 (755). 211 Siehe sogleich beispielshaft die deliktischen Haftungsmöglichkeiten des Betreuers bei einem Verstoß gegen die Geheimhaltungspflicht: Kapitel 3 A. IV. 4. c) cc). 212 Siehe nur, ohne Anspruch auf Vollständigkeit: Adams, Geschäftsunfähigkeit und Betreuung in Personengesellschaften, 2016, S. 360, 372; Oberloskamp/Hoffmann, Vormundschaft, 2010, § 4, Rn. 24; Münchener Kommentar BGB/Kroll-Ludwigs, § 1833 BGB, Rn. 11; Neuhausen, RNotZ 2003, 158 (176); Juris-PK BGB/Lafontaine, § 1833 BGB, Rn. 70; Staudinger/Veit (2014), § 1833 BGB, Rn. 52; differenzierend im Hinblick auf eine Sachwalterhaftung: FS Deutsch/Diederichsen, 131 (144 f.); Jürgens, BtR/von Crailsheim, § 1833 BGB, Rn. 17; Erman/Schulte-Bunert, § 1833 BGB, Rn. 16; Zimmermann, DStR 1994, 26 (29).
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der Gesellschaft gegen den Betreuten auf Schadensersatz in Betracht. Ein nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1899 Abs. 4, 1795 BGB zu bestellender Ergänzungsbetreuer kann daraufhin versuchen, Regress bei dem Betreuer zu nehmen. Im Vergleich zu einer Vorsorgevollmacht führt die Haftung für das Auftreten des Bevollmächtigten zu vergleichbaren Ergebnissen, da der Bevollmächtigende für das Handeln des Bevollmächtigten haftet.213 Auch wenn die Umständlichkeit einer erneuten, zweiten (Ergänzungs-)Betreuerbestellung nicht von der Hand zu weisen ist, existiert bei der Betreuung immerhin eine Möglichkeit, den Schadensersatzanspruch geltend zu machen. Bei der Vorsorgevollmacht ist mangels staatlicher Kontrolle sehr fraglich, wer den Schadensersatzanspruch zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigtem geltend machen soll. In derartigen Konstellationen müsste es mehrere Bevollmächtigte geben, die auch zur Geltendmachung von Ansprüchen gegeneinander bevollmächtigt sind.214 4. Verstoß des Betreuers gegen die Geheimhaltungspflicht a) Einführung Die Gefahr der Weitergabe von Unternehmensinterna an Dritte stellt einen der großen Kritikpunkte der Betreuung eines Unternehmers dar.215 Daher ist von besonderem Interesse, wie gegen einen Unternehmensinterna weitergebenden Betreuer vorgegangen werden kann. Wie gesehen führen die im Rahmen der Dokumentationspflichten des Betreuers gegenüber dem Betreuungsgericht preiszugebenden Informationen nicht dazu, dass der Betreuer gegen die den Betreuten bindende Verschwiegenheitspflicht verstößt.216 Zu untersuchen ist vielmehr, wie auf eine willkürliche Weitergabe von Informationen reagiert werden kann, welche der Betreuer mithilfe des Informationsanspruches nach § 118 Abs. 1 HGB gewonnen hat. Sofern der Betreuer Interna weitergibt, wird der Gesellschaft erstens daran gelegen sein, eine weitere Verbreitung der Geheimnisse zu unterbinden, und zweitens einen unter Umständen eingetretenen Schaden zu liquidieren.
213 Vgl. nur: Tschersich, Die Definition des vermögensrechtlichen Missbrauchs von General- und Vorsorgevollmachten, 2015, S. 63, 138. 214 Siehe zu der Möglichkeit, mehrere Bevollmächtigte zu ernennen: Kapitel 6 C. IV. 1. 215 So die (insbesondere auf das Genehmigungsverfahren bezogene) Sorge von: Baumann/ Selzener, RNotZ 2015, 605 (606); Heckschen/Kreußlein, NotBZ 2012, 321 (322); Jocher, notar 2014, 3 (4); Schäfer, ZHR 157 (2011), 557 (559); Werner, GmbHR 2013, 963 (ebd.); Wilde, GmbHR 2010, 123 (129). 216 Siehe soeben: Kapitel 3 A. III. 2.
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Kap. 3: Auftreten des Betreuers im gesellschaftsrechtlichen Innenverhältnis
b) Anspruch der Gesellschaft auf Schadensersatz und Unterlassung gegen den Betreuten aus § 280 Abs. 1 BGB Würde der betreute Gesellschafter selbst Unternehmensinterna veröffentlichen, könnte ein Unterlassungsanspruch aus der mitgliedschaftlichen Treuepflicht folgen und auf § 280 Abs. 1 BGB beziehungsweise unter Umständen auch auf § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB gestützt werden.217 Veröffentlicht der Betreuer Unternehmensinterna wird dieses Verhalten dem Betreuten nach § 278 BGB zugerechnet. Daher kann die Gesellschaft einen Anspruch auf Unterlassung und eventuell auch auf Schadensersatz infolge der Treuepflichtverletzung nach § 280 Abs. 1 BGB gegen den Betreuten geltend machen. Eine Naturalrestitution im Sinne des § 249 Abs. 1 BGB kann auch in einem Unterlassen als Handlungsverbot bestehen.218 Zur Wahrung des gesellschaftsinternen Friedens wird die Gesellschaft ein erhöhtes Interesse an einer direkten Inanspruchnahme des Betreuers haben. c) Ansprüche der Gesellschaft gegen den Betreuer aa) Unterlassungsanspruch der Gesellschaft gegen den Betreuer aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB Wie bereits gesehen, ist der Betreuer zur Geheimhaltung kraft der mittelbar wirkenden gesellschafterlichen Treuepflicht verpflichtet.219 Ein Unterlassungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB würde einen rechtswidrigen Eingriff des Betreuers in eine von den §§ 823 ff. BGB geschützte Rechtsposition voraussetzen.220 Das Vermögen der Gesellschaft als Ganzes ist kein absolutes, von § 823 Abs. 1 BGB geschütztes Rechtsgut.221 Geschütztes Rechtsgut des § 823 Abs. 1 BGB ist hingegen der eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetrieb. Für einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb müsste die Weitergabe von vertraulichen Informationen einen betriebsbezogenen Eingriff darstellen. Die Weitergabe müsste sich spezifisch gegen den Betrieb als solchen richten, sodass Organisation oder unternehmerische Freiheit und nicht nur einzelne Rechte oder Rechtsgüter betroffen
217
Lutter, AcP 180 (1980), 84 (117, 128); für § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB als Anspruchsgrundlage eintretend: Selbach, Geheimhaltungspflichten von Gesellschaftern in personalistisch strukturierten Gesellschaften, 2015, S. 253; vgl. weitergehend im Hinblick auf die GmbH: Meilicke/Hollands, GmbHR 2000, 964 (966). 218 Siehe allgemein: BeckOGK/Spohnheimer, § 1004 BGB, Rn. 16. Deutlich auch bezogen auf das UWG: Harte/Henning/Goldmann, § 9 UWG, Rn. 106; Münchener Kommentar UWG/ Fritzsche, § 9 UWG, Rn. 64. 219 Siehe oben: Kapitel 3 A. III. 2. 220 Zu der analogen Anwendbarkeit des § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB siehe nur die Übersicht und Kritik bei: BeckOGK/Spohnheimer, § 1004 BGB, Rn. 13 ff. 221 RG, Urteil vom 15. 03. 1992 – I 392/01, RGZ 51, 92 (93); Münchener Kommentar BGB/ Wagner, § 823 BGB, Rn. 214, 370.
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sind.222 Um von einem betriebsbezogenen Eingriff ausgehen zu können, müsste die Informationsweitergabe durch den Betreuer die Tätigkeit des Betriebes als solchen infrage stellen.223 Betriebsgeheimnisse sind vom Schutzbereich des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs umfasst,224 sodass die Schutzgutbetroffenheit von den Auswirkungen der Indiskretion des Betreuers im Einzelfall abhängt. Abhängig von den Umständen des Einzelfalles kann sich ein Unterlassungsanspruch der Gesellschaft gegen den Betreuer auch aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB ergeben. bb) Anspruch der Gesellschaft gegen den Betreuer aus § 823 Abs. 1 BGB Von den gleichen Umständen des Einzelfalls hängt es ab, ob die Gesellschaft einen Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB gegen den Betreuer gerichtet auf Unterlassung und/oder Schadensersatz haben kann. cc) Deliktische Haftung des anwaltlichen Betreuers aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB Wenn der Betreuer Rechtsanwalt ist, könnte der Gesellschaft ein Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB zustehen. Bei § 203 StGB handelt es sich um ein taugliches Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB.225 Nach § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr bestraft, wer unbefugt ein fremdes Geheimnis, namentlich ein zum persönlichen Lebensbereich gehörendes Geheimnis oder ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis offenbart, das ihm als Rechtsanwalt (Alt. 1), Steuerberater (Alt. 7) oder Organ oder Mitgliedes eines Organes einer Rechtsanwalts-, oder Steuerberatungsgesellschaft (Alt. 9, 13) anvertraut worden oder sonst bekanntgeworden ist. Grundsätzlich ist ein Rechtsanwalt oder Steuerberater hinsichtlich aller Tatsachen, die ihm in Ausübung oder bei Gelegenheit der Berufstätigkeit anvertraut oder bekannt geworden sind, zur Verschwiegenheit verpflichtet.226 Ein zum Betreuer bestellter Rechtsanwalt müsste als Rechtsanwalt im Sinne des § 203 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 1 StGB auftreten, um Adressat der Norm und damit Täter sein zu können. 222
BGH, Urteil vom 09. 12. 1958 – VI ZR 199/57, BGHZ 29, 65 (74); BGH, Urteil vom 19. 03. 1998 – IX ZR 22/97, BGHZ 138, 311 (317); BeckOK BGB/Förster, § 823 BGB, Rn. 183 f.; BeckOGK/Spindler, § 823 BGB, Rn. 206. 223 Vgl.: BGH, Urteil vom 18. 01. 1983 – VI ZR 270/08, NJW 1983, 812 (813). 224 BGH, Urteil vom 09. 03. 1989 – I ZR 189/86, BGHZ 107, 117 (122) spricht von „know how“; Scharff, BB 2015, 1845 (1846). 225 LG Göttingen, Beschluss vom 07. 05. 2010 – 2 O 168/10, NJW-RR 2011, 140 (141); BeckOGK/Spindler, § 823 BGB, Rn. 282; Palandt/Sprau, § 823 BGB, Rn. 70; Münchener Kommentar BGB/Wagner, § 823 BGB, Rn. 525. Zu einer eventuellen Schadensersatzpflicht des Betreuers wegen Verstoßes gegen Datenschutzrecht siehe bezogen auf den Amtsvormund: DIJuF-Rechtsgutachten vom 20. 12. 2010 – V 8.200/V 8.300, JAmt 2011, 29 (ebd.). 226 BGH, Urteil vom 20. 04. 1983 – VIII ZR 46/82, MDR 1984, 48 (ebd.).
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Kap. 3: Auftreten des Betreuers im gesellschaftsrechtlichen Innenverhältnis
Um die Voraussetzungen des § 203 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 1 StGB zu erfüllen, müsste der Betreuer „typisch anwaltlich, d. h. als unabhängiges Organ der Rechtspflege und nicht nur weisungsgebunden tätig geworden“227 sein. Voraussetzung der Zulassung als Rechtsanwalt ist das Erfüllen der Voraussetzungen des § 4 BRAO. Zum Betreuer kann jedermann unabhängig von seiner Qualifikation bestellt werden.228 Daraus folgt, dass jeder zum Betreuer berufene Mensch im Verlauf der Betreuung Wissen um Informationen „unabhängig von der spezifischen Berufsausübung“229 erlangen kann. Umgekehrt ist nicht jeder Rechtsanwalt, der zum Betreuer bestellt wird, automatisch tauglicher Täter im Sinne des § 203 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 1 StGB. Dies wird auch an dem staatlichen Bestellungsakt durch das Betreuungsgericht deutlich.230 Ein zum Betreuer bestellter Rechtsanwalt unterfällt dem Adressatenkreis des § 203 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 1 StGB, wenn ein juristisch ungebildeter Dritter einen anwaltlichen Experten konsultiert hätte. Das Auftreten als Betreuer neben der Tätigkeit als Rechtsanwalt beruht auf der berufsrechtlichen Doppeltheorie, nach welcher Rechtsanwälten die Freiheit zusteht, einem nicht dem Berufsrecht unterfallenden Zweitberuf nachzugehen.231 Zusammenfassend ist der Rechtsanwalt dann von § 203 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 1 StGB betroffen, wenn er in einer der BRAO entsprechenden Form tätig wird und damit die vom Gesetz genannte Funktion ausübt.232 Somit scheidet ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 203 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 1 StGB gerichtet auf Unterlassung der Weitergabe von Informationen aus, wenn den Informationsanspruch aus §§ 161 Abs. 2, 118 Abs. 1 HGB jeder Betreuer unabhängig von seiner Qualifikation geltend machen kann. Erst wenn der Betreuer als Rechtsanwalt nach den Vorschriften des RVG oder des RDG abrechnet, übt er zwangsläufig eine der BRAO entsprechende Tätigkeit aus und handelt in seiner Funktion als Rechtsanwalt. Eine gesonderte Abrechnung von Dienstleistungen als Aufwendungen kommt immer dann in Betracht, wenn ein Dritter einen Experten zu Rate gezogen hätte oder wenn ein anwaltliches Tätigwerden durch den Anwaltszwang indiziert ist.233 Ohne die Voraussetzungen einer außergerichtlichen Abrech227 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 05. 01. 2010 – I-25 Wx 71/09, FamRZ 2010, 1191 (1192). 228 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 05. 01. 2010 – I-25 Wx 71/09, FamRZ 2010, 1191 (1192). 229 BGH, Beschluss vom 16. 09. 2013 – XII ZB 357/11, FamRZ 2013, 1392 (ebd.). 230 BGH, Beschluss vom 16. 09. 2013 – XII ZB 357/11, FamRZ 2013, 1392 (ebd.); OLG Düsseldorf, Beschluss vom 05. 01. 2010 – I-25 Wx 71/09, FamRZ 2010, 1191 (1192); Leipziger Kommentar StGB/Schünemann, § 203 StGB, Rn. 35; Münchener Kommentar StGB/Cierniak/ Pohlit, § 203 StGB, Rn. 42; Flor, JR 1953, 368 (369); Pardey, BtPrax 1998, 92 (94). 231 Durch die fehlende Geltung der Doppelberufstheorie ist für Steuerberater Vorsicht geboten, sofern sie sich auf die genannten Entscheidungen, die sich allesamt mit der Abtretung des Anspruchs auf Vergütung des Betreuers beschäftigten, verlassen wollen, vgl. dazu: BeyerPetz, DStR 2014, 671 (ebd.). 232 Leipziger Kommentar StGB/Schünemann, § 203 StGB, Rn. 35, 63. 233 BGH, Beschluss vom 20. 12. 2006 – XII ZB 118/03, NJW 2007, 844 (846); BGH, Beschluss vom 17. 11. 2010 – XII ZB 244/10, FamRZ 2011, 203 (204); BeckOGK/Bohnert,
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nung einer Rechtsleistung nach § 2 Abs. 1 RDG en detail zu überprüfen, ist der mit der Ausübung des Informationsanspruches verbundene Schwierigkeitsgrad zu beachten, dessentwegen es allgemein anerkannt ist, dass ein Gesellschafter einen fachkundigen Beistand hinzuziehen darf.234 Vor diesem Hintergrund könnten dem Rechtsanwalt, der eine Betreuung führt, durch das Informationsrecht bekannt gewordene Informationen in seiner Funktion als Rechtsanwalt anvertraut worden sein, sodass ein tauglicher Täter im Sinne des § 203 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 1 StGB vorläge. In diesem Fall stellt eine Indiskretion betreffend Unternehmensinterna einen Verstoß gegen das Schutzgesetz dar, welcher regelmäßig auch vorsätzlich, rechtswidrig und schuldhaft sein wird. Sofern auch ein Verschulden nach § 823 Abs. 2 Satz 2 BGB vorliegt, ist der haftungsbegründende Tatbestand erfüllt. Im haftungsausfüllenden Tatbestand soll der durch die Schutzgesetzverletzung zurechenbar verursachte Schaden ersetzt werden. Dabei errechnet sich der Schaden nach den §§ 249 ff. BGB.235 Im Hinblick auf den Unterlassungsanspruch könnte der Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 203 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 1 StGB darauf gerichtet sein, zukünftig derartige Äußerungen zu unterlassen. dd) Zwischenergebnis Abhängig von den Umständen des Einzelfalls hat die Gesellschaft gegen den Betreuer entweder einen Anspruch auf Unterlassung aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB, wenn die Voraussetzungen eines Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb vorliegen. Wenn die Informationsweitergabe einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb darstellt, kann die Gesellschaft auch einen Anspruch gegen den Betreuer auf Schadensersatz und Unterlassung aus § 823 Abs. 1 BGB haben. Darüber hinaus kommt je nach Situation auch eine deliktische Haftung des Betreuers gegenüber der Gesellschaft aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB in Betracht, sobald ein Rechtsanwalt zum Betreuer bestellt und das Handeln als rechtsanwaltliches Handeln einzuordnen ist. d) Die Behandlung von Betreuten im Rahmen des § 890 ZPO in der Zwangsvollstreckung Abhängig von den Umständen des Einzelfalls kann eine Gesellschaft direkt gegen den Betreuer auf Unterlassung oder Schadensersatz klagen. Sobald es zu einer Weitergabe von Interna durch den Betreuer kommt, wird die Gesellschaft jedenfalls einen Anspruch aus § 280 Abs. 1 BGB gegen den Betreuten auf Unterlassung oder § 1835 BGB, Rn. 65; Fischer, Rpfleger 2016, 129 (131); Volpert, NJW 2013, 1287 (1289); Zimmermann, ZAP 2014, 1201 – ZAP Fach 11, 1269 (1275). 234 Schmidt, Informationsrechte in Gesellschaften und Verbänden, 1984, S. 25; Wiedemann, Die Übertragung und Vererbung von Mitgliedschaftsrechten bei Handelsgesellschaften, 1965, S. 352. 235 Münchener Kommentar BGB/Wagner, § 823 BGB, Rn. 542.
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Kap. 3: Auftreten des Betreuers im gesellschaftsrechtlichen Innenverhältnis
auf Schadensersatz haben. Für die Betreuung eines Unternehmers wäre es aus Unternehmenssicht ein positives Ergebnis, wenn der (jedenfalls bestehende) Anspruch der Gesellschaft aus § 280 Abs. 1 BGB den Betreuer direkt zu einem Handeln anhalten würde. Denn es wäre umständlich und für die drohende (weitere) Verbreitung von Interna misslich, wenn der Betreute auf den Betreuer einwirken müsste, damit letzterer die Verbreitung von Informationen unterlässt. Sofern der Betreute nicht mehr sprachfähig oder sonst an der Einwirkung auf den Betreuer gehindert ist, könnte es dazu kommen, dass das Betreuungsgericht nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1846 Abs. 1 BGB gegen den Betreuer vorgehen oder einen Ergänzungsbetreuer nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1899 Abs. 4, 1795 BGB bestellen müsste, damit dieser auf den Betreuer einwirken kann. Ob eine derart umständliche Vorgehensweise in der Zwangsvollstreckung eines Titels auf Unterlassung der Weitergabe von Informationen gegen den Betreuten notwendig ist, hängt von § 890 Abs. 1 ZPO ab. Die Vollstreckung einer Unterlassung wird nach § 890 Abs. 1 ZPO vollzogen, indem die, von ihrem Charakter her strafähnlichen, Maßnahmen Ordnungsgeld oder Ordnungshaft im Beschlusswege verhängt werden.236 Aufgrund des im Vollstreckungsrechts zu beachtenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ist die Erzwingungsmaßnahme nach § 890 Abs. 2 ZPO anzudrohen und der Schuldner muss nach § 891 Satz 2 ZPO gehört werden. Bei einem Betreuten stellt sich das Problem, dass ihm bereits die Androhung gemäß § 53 ZPO nicht zugestellt werden kann. Während im Betreuungsverfahren eine Zustellung an den nach § 275 FamFG immer verfahrensfähigen Betreuten zu erfolgen hat, damit der Betreute seine Rechte geltend machen kann, gilt außerhalb des Betreuungsverfahrens das Regime der ZPO.237 Grundsätzlich hat die Zustellung daher gemäß § 170 Abs. 1 Satz 1 ZPO an den gesetzlichen Vertreter zu erfolgen. Die Zustellung an den Betreuer birgt die Gefahr, dass der Betreuer dem Betreuten die angedrohte Rechtsfolge vorenthält. Außerdem hat der Betreuer, der im Vollstreckungsrecht die Verfahrensrechte des Betreuten wahrnehmen soll, zuwider der Unterlassungsanweisung im Titel gehandelt und nicht der Betreute. Um ein derartiges Auseinanderfallen von Sanktion und Handeln zu verhindern, führt § 890 ZPO dazu, dass „die nach materiellem Recht nur gegenüber dem Schuldner bestehende Unterlassungspflicht […] auch gegenüber dem Vertreter als Träger des Willens des prozessunfähigen Klägers“238 wirkt. Voraussetzung einer Auswirkung der titulierten Unterlassungspflicht für den Vertreter ist, dass der Vertreter „auch für die begangene Verletzungshandlung verantwortlich ist“239. Dies gilt
236
Saenger/Kießling, § 890 ZPO, Rn. 1. Missverständlich insoweit: Münchener Kommentar ZPO/Häublein, § 170 ZPO, Rn. 4; deutlicher: BGH, Beschluss vom 04. 05. 2011 – XII ZB 632/10, NJW-RR 2011, 1011 (ebd.). 238 Kindl/Meller-Hannich/Wolf/Bendtsen, § 890 ZPO, Rn. 27; inhaltlich entsprechend: Stein/Jonas/Brehm, § 890 ZPO, Rn. 60. 239 BGH, Urteil vom 16. 05. 1991 – I ZR 218/89, NJW 1992, 749 (750) bezogen auf die Organe einer juristischen Person; vgl. entsprechend: OLG Hamm, Beschluss vom 15. 03. 2016 – 4 W 61/15, NJW-RR 2016, 1082 (1083). 237
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sowohl für Organe juristischer Personen als auch für Betreute und Minderjährige.240 Sollte der Betreuer gegen die Unterlassungspflichten verstoßen, sieht er sich den Ordnungsmitteln im Sinne des § 890 ZPO ausgesetzt.241 Daher kann bereits ein gegen den Betreuten erstrittener Unterlassungstitel dazu führen, dass der Betreuer sein Verhalten an den Unterlassungstitel anpasst.
V. Ergebnis zum betreuten Komplementär Die Anordnung der Betreuung stellt keinen Ausschlusstatbestand nach §§ 161 Abs. 2, 133 Abs. 1, 140 Abs. 1 Satz 1 HGB dar. Der Betreuer ist berechtigt, die Verwaltungsrechte für den Betreuten geltend zu machen. Die Betreuung verstößt nicht gegen den Grundsatz der Höchstpersönlichkeit der Mitgliedschaft. Denn wenn der Betreuer die Gesellschafterrechte nicht geltend machen könnte, wäre die Mitgliedschaft des Betroffenen wertlos und er wäre bar jeglicher Rechte. Durch die stellvertretende Ausübung der gesellschafterlichen Rechte in Gänze wird nicht gegen das Abspaltungsverbot verstoßen. Das „Ob“ der Ausübung der Gesellschafterrechte durch den Betreuer kann nicht durch statutarische oder ad hoc gefasste Maßnahmen verhindert werden, weil es sich bei dem Betreuungsrecht um zwingendes Recht handelt. Die Grundlagenentscheidung BGHZ 44, 98 ist auf das heutige Betreuungsrecht aufgrund der Parallelität der Struktur und zur Vermeidung einer ansonsten drohenden, aber nicht beabsichtigen Schlechterstellung des Betreuten im Vergleich zum Gepflegten übertragbar. Infolge des durch die Entscheidung indizierten Charakters des Betreuungsrechts als zwingendes Recht sind Ruhensanordnungen im Gesellschaftsvertrag ebenso unwirksam wie eine an die Bestellung eines Betreuers geknüpfte Ausscheidensklausel. Hinsichtlich des „Wie“ der Ausübung der Gesellschafterrechte ist der Betreuer mittelbar an die gesellschafterliche Treuepflicht gebunden. Diese Bindung basiert auf dem Repräsentationsprinzip der Stellvertretung, weil der Betreuer die Rechte des Betreuten nicht anders ausüben kann, als dies für den Vertretenen gilt. Eine Bindung des Betreuers als Nichtmitglied an die gesellschafterliche Treuepflicht wird systematisch dadurch indiziert, dass das Handeln des Betreuers dem Betreuten nach § 278 BGB zugerechnet wird. Handelte der Betreuer entgegen der mitgliedschaftlichen Treuepflicht, sähe sich der Betreute unter Umständen Schadensersatzansprüchen der Gesellschaft ausgesetzt. Eine Verursachung diverser Schadensersatzansprüche zulasten des Betreuten würde dem Grundansatz der Vermögenssorge widersprechen, nach welchem das Vermögen des Betreuten zu wahren ist. Überdies ist die Bindung des Betreuers an die gesellschafterliche Treuepflicht auch grund240 Kindl/Meller-Hannich/Wolf/Bendtsen, § 890 ZPO, Rn. 28; Musielak/Voit/Lackmann, § 890 ZPO, Rn. 18; Zöller/Stöber, § 890 ZPO, Rn. 12; vertiefend zu der im Rahmen der Vollstreckung vorzunehmenden Differenzierung, ob die Betreuung und der Betreuer bekannt ist: Harnacke, DGVZ 2000, 161 (162 ff.). 241 Saenger/Kießling, § 890 ZPO, Rn. 18.
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Kap. 3: Auftreten des Betreuers im gesellschaftsrechtlichen Innenverhältnis
rechtlich geboten, indem sie sicherstellt, dass der Betreuer ausnahmsweise Drittinteressen zu achten hat. Um den mit jeder Handlung des Betreuers einhergehenden Eingriff in die Selbstbestimmungsfreiheit des Betroffenen zu minimieren, sind die vom Betreuten vor der Anordnung der Betreuung ausgeübten Grundrechte von Belang. Indem der Betreuer im Einklang mit der mitgliedschaftlichen Treuepflicht agiert, bestätigt er nachträglich die bei Vertragsschluss ausgeübte Vertragsfreiheit des Betreuten. Auf diese Weise stellt die Bindung des Betreuers an die gesellschafterliche Treuepflicht eine grundrechtsschonende und damit verfassungskonforme Ausübung des Betreueramtes dar. Handelt der Betreuer der mitgliedschaftlichen Treuepflicht zuwider, hängt die Wirksamkeit der abgegebenen Willenserklärung von der Art des Beschlusses ab. Während bei Fragen hinsichtlich des gesellschaftlichen Außenverhältnisses eine der mitgliedschaftlichen Treuepflicht entsprechend abgegebene Willenserklärung fingiert wird, muss die Gesellschaft anderenfalls Klage gegen den Betreuten auf Zustimmung erheben. Im Falle des Obsiegens wird die Zustimmung nach § 894 Satz 1 ZPO fingiert. Sollte aus einem gegen die gesellschafterliche Treuepflicht verstoßenden Handeln des Betreuers der Gesellschaft ein Schaden entstehen, kann sie nicht direkt gegen den Betreuer vorgehen. Stattdessen muss der Schaden, den das Handeln des Betreuers verursacht hat, „über das Eck“ liquidiert werden. Zunächst kann die Gesellschaft Schadensersatz von dem betreuten Gesellschafter verlangen, dem das treuewidrige Handeln des Betreuers nach § 278 Satz 1 BGB zugerechnet wird. Sodann kann ein Ergänzungsbetreuer einen Schadensersatzanspruch für den Betreuten gegen den Betreuer nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1833 Abs. 1 Satz 1 BGB geltend machen. Abhängig von den Umständen des Einzelfalles kommen gegen den Betreuer Schadensersatzansprüche aus § 823 Abs. 1 BGB und, bei einem vertrauliche Informationen weitergebenden anwaltlichen Betreuer, aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 203 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 1 StGB in Betracht. Ein Unterlassungsanspruch der Gesellschaft gegen den Betreuer könnte sich auch aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB ergeben. In der Zwangsvollstreckung eines gegen den Betreuten ergangenen Unterlassungstitels kann das Zwangsgeld oder die Zwangshaft nach § 890 ZPO auch dem Betreuer auferlegt werden, sofern dieser den Verstoß gegen das Unterlassungsgebot zu verantworten hat. Für die Vorsorgepraxis von Interesse ist, dass die umfassende Ausübungskompetenz des Betreuers bezogen auf die Gesellschafterrechte dazu führt, dass eine Betreuung immer dann erforderlich sein wird, wenn es keine Zustimmung der Mitgesellschafter zu einem von einem Gesellschafter bestimmten Vorsorgebevollmächtigten gibt.242 Denn der Vorsorgebevollmächtigte kann die Rechte des Betroffenen bei einer Personengesellschaft nur mit der Zustimmung der Mitgesellschafter wahrnehmen.243 Sind dem Vorsorgebevollmächtigten durch die fehlende 242
Siehe dazu auch: Kapitel 6 D. II. 4. Siehe übereinstimmend zur Zustimmung als Wirksamkeitsvoraussetzung: Kurze/Wülfrath, § 705 BGB, Rn. 3; Schäfer, ZHR 157 (2011), 557 (567 ff.); Heckschen, NZG 2012, 10 (14); Raub, Vorsorgevollmachten im Personengesellschaftsrecht, 2013, S. 112 ff.; Wedemann, 243
B. Der betreute Kommanditist
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Zustimmung der Mitgesellschafter die Hände gebunden, können die Angelegenheiten des Betroffenen gemäß § 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht ebenso gut durch den Vorsorgebevollmächtigten wie durch den Betreuer besorgt werden. Trotz einer wirksam errichteten Vorsorgevollmacht kann die Bestellung des Betreuers, unter Umständen ausschließlich für den Aufgabenkreis „Ausübung der gesellschafterlichen Rechte“, notwendig sein, während der Vorsorgebevollmächtigte für die sonstige Vermögensverwaltung zuständig sein kann. Hinsichtlich der Praktikabilität der Betreuung eines Unternehmers bietet die mittelbare Bindung an die gesellschafterliche Treuepflicht den Vorteil, dass der grundsätzlich vom Ermessen des Betreuers geprägten Führung der Betreuung im betreuungsrechtlichen Außenverhältnis justiziable Grenzen gesetzt sind. Auf diese Weise wird die Bindung des Betreuers an die Vorstellungen des Betreuten im betreuungsrechtlichen Innenverhältnis um ein schärferes Schwert ergänzt. Darüber hinaus wird sicherstellt, dass die zum Teil implizit geäußerte Sorge vor einem in der Gesellschaft marodierenden Betreuer, welcher die gesellschaftsinterne Willensbildung behindert, zumindest juristisch nicht begründet ist. Ob die Mitgesellschafter sich mit dem Betreuer verstehen und arrangieren können, ist eine nicht im juristischen Bereich angesiedelte Problematik. Stattdessen führt die umfassende, nicht zu beschränkende Rechtsmacht des Betreuers dazu, dass sich der Betroffene gewiss sein kann, dass ein Repräsentant während seiner Inhabilität seine Rechte wahrnimmt. Diese Gewissheit ist ein starkes Argument für die Praktikabilität der Betreuung eines Unternehmers.
B. Der betreute Kommanditist In rechtlicher Hinsicht weniger problematisch ist die Betreuung eines Kommanditisten.244 Handelt es sich bei der Kommanditbeteiligung um eine bloße Geldanlage, hat der Betreuer bei Aufnahme der Betreuung zu prüfen, ob er versuchen muss, die Beteiligung aufgrund eines akuten Verlustrisikos versuchen zu veräußern.245 Ein Kommanditist hat grundsätzlich keine Verwaltungsrechte innerhalb der Gesellschaft.246 Als Bestandteil der Mitgliedschaft kann das Informationsrecht grundsätzlich nur von den persönlich haftenden Gesellschaftern ausgeübt werden, während § 166 Abs. 1, 2 HGB den nur auf ihre Einlage haftenden Kommanditisten Personen- und Kapitalgesellschaftsrecht an den Schnittstellen zum Familien- und Erbrecht, 2015, 95 (106); Wiedemann, Die Übertragung und Vererbung von Mitgliedschaftsrechten bei Handelsgesellschaften, 1965, S. 350. 244 Siehe zu §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1812, 1813 BGB bezogen auf den betreuten Kommandisten auch: Kapitel 2 C. V. 2. 245 Siehe oben: Kapitel 2 B. III. 3. 246 § 164 HGB ist dispositiv, sodass insoweit auch Kommanditisten ausnahmsweise Geschäftsführungsbefugnisse eingeräumt werden können. Siehe zur Möglichkeit abweichender Vereinbarungen: Baumbach/Hopt/Roth, § 164 HGB, Rn. 6 ff.
246
Kap. 3: Auftreten des Betreuers im gesellschaftsrechtlichen Innenverhältnis
nur ein beschränktes Informationsrecht einräumt.247 Als Stellvertreter des Betreuten darf der Betreuer das Informationsrecht für den Betreuten ausüben. Weitere soeben erörterte Fragestellungen treffen den Betreuer eines Kommanditisten aufgrund der auf Kapitalanlage abzielenden Grundstruktur der Beteiligung als Kommanditist nicht. Sofern eine Gewinnauszahlung nach § 169 HGB stattfindet, hat der Betreuer das Geld nach Maßgabe der regulären Vermögensverwaltung zu verwalten. Insgesamt ähnelt die Betreuung eines Kommanditisten dem Umgang mit einem größeren Vermögenswert in der Betreuung.
C. Der betreute GmbH-Gesellschafter Sofern der Betreute Gesellschafter einer GmbH ist,248 stellt sich die Situation bezogen auf das gesellschaftsrechtliche Innenverhältnis ähnlich zu der Situation eines betreuten Komplementärs bei der Kommanditgesellschaft dar. Ebenso wie bei der Kommanditgesellschaft sind auch die meisten Kapitalgesellschaften in Form der GmbH personalistisch strukturierte Mitarbeitergesellschaften.249 Der GmbH-Gesellschafter kann, darf und soll auf die Gesellschaft einwirken. Auch bei einem GmbH-Gesellschafter könnte die Fremdverwaltung eines Gesellschafteranteils ein Problem darstellen. Aufgrund der nicht akzessorischen Haftung der Gesellschafter für Verbindlichkeiten der juristischen Person bei eingezahlter Stammeinlage sind die Gesellschafterrechte nicht höchstpersönlich. Daher können sich die Gesellschafter bei einer Abstimmung gemäß § 47 Abs. 3 GmbHG vertreten lassen.250 Infolgedessen ist allgemein anerkannt, dass der der Betreuer die Gesellschafterrechte des Vertretenen im gesellschaftsrechtlichen Innenverhältnis wahrnehmen kann.251 Auch darf der Betreuer beispielsweise in der Gesellschafterversammlung für den Betreuten auftreten und abstimmen.252 Ein GmbH-Gesellschafter hat einen Informationsanspruch gegen die Geschäftsführung aus § 51a Abs. 1 GmbHG und kann in diesem Rahmen Aus247 Das Einsichtsrecht des Kommanditisten als Verwaltungsrecht ebenfalls ein höchstpersönliches Recht, vgl. dazu: BGH, Urteil vom 08. 07. 1957 – II ZR 54/56, BGHZ 25, 115 (122). 248 Siehe zu den die Vertretungsmacht des Betreuers einschränkenden Genehmigungstatbeständen bei Entlastung des Geschäftsführers und Kapitalerhöhung: Kapitel 2 C. V. 3. 249 Heckschen, NZG 2012, 10 (11). 250 OLG Dresden, Urteil vom 25. 08. 2016 – 3 U 347/16, NZG 2016, 1225 (1226 f.); Fiala/ Müller/Braun, Rpfleger 2002, 389 (409); Jäger, DStR 1996, 108 (110); Sorg, BWNotZ 2010, 107 (132). 251 Münchener Kommentar GmbHG/Drescher, § 47 GmbHG, Rn. 91; MAH GmbH-Recht/ Römermann, § 15, Rn. 73; Heckschen/Kreußlein, NotBZ 2012, 321 (ebd.); Neuhausen, RNotZ 2003, 158 (166); Wedemann, Personen- und Kapitalgesellschaftsrecht an den Schnittstellen zum Familien- und Erbrecht, 2015, 95 (96). 252 OLG Dresden, Beschluss vom 18. 12. 2014 – 5 W 1326/14, NZG 2015, 391 (ebd.); zustimmend: Wachter, EWiR 2015, 171 (172).
D. Ergebnis zum gesellschaftsrechtlichen Innenverhältnis
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kunft über Angelegenheiten der Gesellschaft und Einsicht in die Bücher und Schriften der Gesellschaft verlangen.253 Die vorgenannten Rechte darf der Betreuer auch für den GmbH-Gesellschafter ausüben und daher auch an der gesellschaftsinternen Willensbildung mitwirken. Aufgrund des Auftretens des Betreuers im Rechts-/Pflichtenkreis des Betreuten bindet den Betreuer eines Kapitalgesellschafters im betreuungsrechtlichen Außenverhältnis, wie bei dem Komplementär, mittelbar die gesellschafterliche Treuepflicht.
D. Ergebnis zum gesellschaftsrechtlichen Innenverhältnis Der Betreuer kann die Gesellschafterrechte in jeder Gesellschaftsform als Bestandteil der gesetzlichen Vertretungsmacht nach § 1902 BGB ausüben. Infolge seines Auftretens als Stellvertreter ist er mittelbar an die gesellschafterliche Treuepflicht bei der eventuellen Ausübung von Gesellschafterrechten gebunden. Die Bindung sichert eine mit den Interessen der Gesellschaft im Einklang stehende Vermögensverwaltung durch den Betreuer. Regelmäßig wird der Betreuer dabei weder einer, durch Genehmigungsvorbehalte vermittelten, präventiven noch einer, durch die Dokumentationspflichten erreichten, repressiven Kontrolle des Betreuungsgerichts unterliegen, da sich die betreuungsgerichtliche Aufsicht nur auf das Vermögen des Betreuten bezieht. Sollte eine Genehmigung des Betreuungsgerichts beispielsweise wegen der Änderung eines Gesellschaftsvertrages, der zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts eingegangen wird, analog §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 3 Alt. 2 BGB erforderlich sein und das Betreuungsgericht die Erteilung verweigern, kann je nach Umständen des Einzelfalles eine Willenserklärung des Betreuers entweder fingiert oder der betreute Gesellschafter auf Abgabe der entsprechenden Willenserklärung verklagt werden. Als Ausgleich für dieses fraglos umständliche Vorgehen bietet die Betreuung die Gewissheit, dass der Betreuer die Gesellschafterrechte für den Betreuten ausüben kann. Dies stellt bei Personenhandelsgesellschaften einen der Unterschiede zu der (unternehmensbezogenen) Vorsorgevollmacht dar, bei welcher aufgrund der Höchstpersönlichkeit der Mitgliedschaft eine Ausübung der Gesellschafterrechte durch den Vorsorgebevollmächtigten von der Zustimmung der Mitgesellschafter abhängig ist.
253 von Bitter, ZIP 1981, 825 (ebd.); Haggeney/Hausmanns, NZG 2016, 914 (915 f.); Schneider, GmbHR 2008, 638 (ebd.).
Kapitel 4
Auftreten des Betreuers für die Gesellschaft – Vertretungsmacht und Publizität Während die Betreuung eines Gesellschafters im gesellschaftsrechtlichen Innenverhältnis dazu führt, dass sich Mitgesellschafter mit einem gesellschaftsfremden Dritten auseinandersetzen müssen, könnte das Auftreten des Betreuers als Stellvertreter eines Geschäftsführers direkte Auswirkungen auf das Auftreten der juristischen Person oder Personenhandelsgesellschaft im Rechtsverkehr haben. Von besonderem Interesse ist beispielsweise, ob ein Betreuer Geschäftsführungsaufgaben übernehmen kann. Auch ob die Bestellung des Betreuers bei nicht angeordnetem Einwilligungsvorbehalt nach § 1903 Abs. 1 BGB zu einer Doppelzuständigkeit in der Geschäftsführung einer Gesellschaft führt, sodass das Prioritätsprinzip im Konfliktfall entscheiden muss, ist von großem Belang. Entscheidend kommt es darauf an, ob dem Betreuer eine Vertretungsmacht für die Gesellschaft zusteht (sogleich unter: A.). Darüber hinaus soll untersucht werden, wie sich die Betreuung mit Publizitätsanforderungen wie der des Handelsregisters verträgt (dazu unter: B.). Diese Fragen betreffen weitere Aspekte der Praktikabilität der Betreuung eines Unternehmers, indem sie darauf eingehen, ob sich die befürchtete Dritteinflussnahme auch direkt auf das operative Geschäft der Gesellschaften nach außen auswirkt.1
A. Vertretungsmacht des Betreuers für die Gesellschaft I. Der betreute GmbH-Geschäftsführer 1. Erlöschen des Geschäftsführungsamtes ipso iure gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 GmbHG bei Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts Für die GmbH als Körperschaft gilt der Grundsatz der Fremdorganschaft, sodass zum Geschäftsführer einer GmbH gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 GmbHG auch Nichtgesellschafter bestellt werden können. Sobald ein Geschäftsführer gemäß § 104 Nr. 2 BGB geschäftsunfähig wird, erlischt das Geschäftsführeramt gemäß
1 Vgl. die kritischen Einlassungen von: Heckschen, NZG 2012, 10 (14); Werner, GmbHR 2013, 963 (964).
A. Vertretungsmacht des Betreuers für die Gesellschaft
249
§ 6 Abs. 2 Satz 1 GmbHG.2 Nach § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 GmbHG führt die Anordnung der Betreuung mit Einwilligungsvorbehalt im Sinne des § 1903 Abs. 1 BGB dazu, dass das Geschäftsführungsamt ipso iure erlischt.3 Die Beendigung der Vertretungsbefugnis des Betreuten ist gemäß § 39 Abs. 1 GmbHG zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden.4 2. Rechtsfolgen der Anordnung einer Betreuung ohne Einwilligungsvorbehalt Nach § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 GmbHG erlischt die Organstellung des Betreuten bei der Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes. Keine Aussage trifft § 6 GmbHG zur Bestellung eines Betreuers mit dem Aufgabenkreis Vermögenssorge ohne zusätzlicher Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes nach § 1903 Abs. 1 Satz 1 BGB. Daraus folgt, dass das Geschäftsführeramt unabhängig von der Bestellung eines Betreuers ist und bestehen bleibt.5 Entscheidend für die Betreuung eines Unternehmers ist weniger der Befund, dass der Betreute weiterhin Geschäftsführer ist, als vielmehr die Rechtsfolge. Dabei kommt es darauf an, ob der Betreuer, dem beispielsweise der Aufgabenkreis der Vermögenssorge aufgetragen worden ist, auch im gesellschaftsrechtlichen Außenverhältnis als (weiterer) „QuasiGeschäftsführer“ für die Gesellschaft auftreten und handeln kann. a) Ausübung des Geschäftsführeramtes als eigene Angelegenheit im Sinne des § 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB? § 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB gestattet die Bestellung eines Betreuers, wenn ein Volljähriger auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen kann. Bei Vorliegen der Voraussetzungen der Betreuung wird ein Betreuer für den Betroffenen bestellt. Aus dem Wortlaut des § 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB („seine Angelegenheiten“) könnte abgeleitet werden, dass eine Betreuung nur in Angelegenheiten des Betreuten geführt werden darf. Bei der Geschäftsführung für eine andere (juristische) Person könnte es sich nicht um Angelegenheiten des Betroffenen handeln. Maßgeblich ist, wie der Begriff der „eigenen Angelegenheiten“ auszulegen ist. Der Begriff der Angelegenheiten ist weit gefasst und erfasst alle Maßnahmen, welche das Leben des Betroffenen bezogen auf die Gesellschaft er2
Kurze/Wülfrath, § 6 GmbHG, Rn. 1. Heßeler, Amtsunfähigkeit von GmbH-Geschäftsführern gemäß § 6 Abs. 2 GmbHG, 2009, S. 143; Jäger, DStR 1996, 108 (ebd.). 4 Vgl.: Staudinger/Bienwald (2017), § 1903 BGB, Rn. 125, welcher darauf hinweist, dass der Mangel der Vertretungsmacht des Geschäftsführers bis zu der Eintragung oder Bekanntmachung einem Dritten gegenüber gemäß § 15 Abs. 1 HGB nicht entgegengehalten werden kann. 5 Vgl. mit zahlreichen Nachweisen: Wedemann, ZIP 2013, 1508 (1513); zustimmend: Kurze/Wülfrath, § 6 GmbHG, Rn. 2. 3
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Kap. 4: Auftreten des Betreuers für die Gesellschaft
halten und Teilnahme ermöglichen und welche ferner der Durchsetzung von Ansprüchen des Betroffenen und gegen den Betroffenen dienen.6 Der Betreute ist vor der Anordnung der Betreuung als Geschäftsführer für die GmbH aufgetreten und hat alle damit einhergehenden Verpflichtungen für einen Dritten erfüllt, sodass es sich nicht um Angelegenheiten des Betreuten handeln könnte. Infolgedessen könnte die Geschäftsführung für die GmbH eine Angelegenheit Dritter und eine Ausweitung der Betreuung auf die Belange der Gesellschaft unwirksam sein.7 Weiterhin darf der Betreuer keine höchstpersönlichen Rechtsgeschäfte führen. Wenn es sich bei den Aufgaben eines GmbH-Geschäftsführers infolge von § 43 GmbHG um höchstpersönliche Rechtsgeschäfte handelte, schiede die Erstreckung der Betreuung ebenfalls aus.8 Ein Argument gegen die Annahme, der Aufgabenkreis der Vermögensverwaltung erfasse das Geschäftsführungsamt, bildet die Rechtsfolge der Anerkennung der Zuständigkeit des Betreuers neben dem Betreuten als Geschäftsführer. Es würde den Rechtsverkehr mit erheblichen Unsicherheiten belasten, sofern neben dem Betreuten ein weiterer „Quasi-Geschäftsführer“9 existierte. Zusammenfassend könnte es sich bei der Geschäftsführung für die GmbH um eine Angelegenheit Dritter und damit nicht um eine eigene Angelegenheit im Sinne des § 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB handeln. Ein Tätigwerden des Betreuers als weiterer Geschäftsführer schiede danach aus. Andererseits könnte die vom Gesetzgeber intendierte Besserstellung des Betroffenen10 Anlass zu einer opponierenden Betrachtung geben. Zum Schutz des Betroffenen könnte die Betreuung auch das Geschäftsführeramt umfassen, um die Unfähigkeit des Betroffenen zu der Erledigung der Angelegenheiten zu kompensieren.11 In der Konsequenz erhielte die Gesellschaft neben dem eigentlichen einen „mittelbaren Geschäftsführer“12 in Gestalt des Betreuers.
6
BeckOGK/Schmidt-Recla, § 1896 BGB, Rn. 99; Bienwald/Sonnenfeld/Harm/Bienwald, § 1896 BGB, Rn. 13. 7 BeckOK BGB/Müller, § 1896 BGB, Rn. 16; BeckOGK/Schmidt-Recla, § 1896 BGB, Rn. 103, 213; Erman/Roth, § 1896 BGB, Rn. 21; Heßeler, Amtsunfähigkeit von GmbH-Geschäftsführern gemäß § 6 Abs. 2 GmbHG, 2009, S. 149 ff.; Müller, Betreuung und Geschäftsfähigkeit, 1998, S. 121; Sachsen Gessaphe, Der Betreuer als gesetzlicher Vertreter für eingeschränkt Selbstbestimmungsfähige, 1999, S. 192; zweifelnd: Westermann, FS Blaurock, 527 (541). 8 Neuhausen, RNotZ 2003, 158 (166); zu der Höchstpersönlichkeit des Geschäftsführeramtes auch: Michalski/Heidinger/Leible/Schmidt/Tebben, § 6 GmbHG, Rn. 152. 9 Heßeler, Amtsunfähigkeit von GmbH-Geschäftsführern gemäß § 6 Abs. 2 GmbHG, 2009, S. 151. 10 Zu der beabsichtigen Besserstellung: BT-Drs 11/4528, S. 52. 11 Schmitz, Der geeignete GmbH-Geschäftsführer, 2006, S. 76; ohne Argumentation zustimmend: Raub, Vorsorgevollmachten im Personengesellschaftsrecht, 2013, S. 40 f. 12 Schmitz, Der geeignete GmbH-Geschäftsführer, 2006, S. 74; Wedemann, ZIP 2013, 1508 (1513); so wohl auch Werner, GmbHR 2013, 963 (964).
A. Vertretungsmacht des Betreuers für die Gesellschaft
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b) Stellungnahme: Keine Ausübung des Geschäftsführeramtes durch den Betreuer Gegen die Übernahme der Geschäftsführung durch den Betreuer spricht, dass es sich bei der GmbH um ein anderes Rechtssubjekt als den Betreuten handelt. Dass die Neufassung des Betreuungsrechts darauf abzielte, dass der Betreuer auch für Dritte Willenserklärungen abgeben kann, weist Schmitz anhand der Gesetzesbegründungen nicht nach.13 Ob die Grundintention bei Einführung des Betreuungsrechts, die Rechtsstellung des Betroffenen ernst zu nehmen und zu verbessern,14 auch ein alternativ stellvertretendes Handeln für eine Kapitalgesellschaft umfassen sollte, erscheint mehr als fraglich. Denn selbst unter Anerkennung des der Argumentation von Schmitz zugrundeliegenden Aufbaumodelles besteht der Zweck des Betreuungsrechts in der „Wiederherstellung der Handlungsfähigkeit des Betreuten als Rechtsperson im Rechtverkehr“15. Keine Aussage kann und will ein kompensierender Erklärungsansatz des Betreuungsrechts für andere Rechtssubjekte treffen. Dazu passt auch, dass die Genehmigungstatbestände der §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1821, 1822 BGB nicht auf die Erklärungen einer Gesellschaft anwendbar sind, die ein Erwerbsgeschäft führt.16 Weder die Systematik noch der Rekurs auf den Willen des Gesetzgebers können begründen, dass für den Betreuer eine Handlungsermächtigung und Handlungsverpflichtung für eine andere (juristische) Person entstehen sollte. Dass es sich bei der Geschäftsführung für eine GmbH nicht um eine Angelegenheit des Betreuten handelt, welche der Vermögensverwaltung des Betreuers unterfiele, wird auch an den Konsequenzen ersichtlich. Der Geschäftsführer als gesetzlicher Vertreter der GmbH verpflichtet und begünstigt mit seinem Handeln ausschließlich die GmbH und deren Vermögen. Auf das Vermögen des Betreuten wirkt sich das Handeln des Geschäftsführers hingegen nicht aus. Vor diesem Hintergrund leuchtet es nicht ein, dass die Vermögensverwaltung betreffend das Vermögen des Betreuten auch Handlungen des Betreuers umfassen soll, die sich nicht auf das Vermögen des Betreuten, sondern auf das Vermögen einer eigenständigen juristischen Person auswirken. Auch die grundrechtlichen Konsequenzen streiten gegen die Anerkennung einer doppelten Zuständigkeit von Betreutem und Betreuer. Denn bei einem doppelten Auftreten wird es den meisten Geschäftspartnern der Gesellschaft nicht verborgen bleiben, dass für einen Geschäftsführer ein Betreuer bestellt worden ist. Aufgrund der nach wie vor stigmatisierenden Wirkung der Anordnung der Betreuung entspricht diese Rechtsfolge nicht dem (grundrechtlich gebotenen und zwischenmenschlich wünschenswerten) Ziel, die Auswirkungen der Betreuung für den Be-
13
Schmitz, Der geeignete GmbH-Geschäftsführer, 2006, S. 76. BT-Drs 11/4528, S. 52. 15 Lipp, Freiheit: Der Mensch als Rechtsperson, 2000, S. 152. Bezüglich näherer Details zum Aufbaumodell siehe oben: Kapitel 1 C. II. 1. 16 Siehe oben: Kapitel 2 C. III. 14
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Kap. 4: Auftreten des Betreuers für die Gesellschaft
troffenen im Alltag gering zu halten.17 Geringe Auswirkungen werden nicht dadurch erreicht, dass der Betreuer im Außenverhältnis für die Gesellschaft auftritt. Dadurch, dass er nicht im Handelsregister eingetragen sein wird, müsste sich der Betreuer regelmäßig mit seinem Betreuerausweis legitimieren. Auf diese Weise würde die prangerstellende Wirkung der Unfähigkeit, eigene Angelegenheiten zu erledigen, verstärkt. Auch bestünde die Gefahr, dass Dritte an der Geschäftsfähigkeit des Betreuten zweifeln. Weiterhin kann die haftungsrechtliche Folge einer Anerkennung als „QuasiGeschäftsführer“ nicht überzeugen. Einerseits stellt sich die Frage, ob der Betreuer nach § 43 GmbHG (analog) haften müsste.18 Andererseits müsste untersucht werden, ob sich der Betreuer, der die Vergütung eines Geschäftsführers zur Kompensation seiner Haftungsrisiken nicht erhielte, gegenüber der Gesellschaft auf eine Haftungsprivilegierung analog § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG berufen kann.19 Infolge von Vertrauenstatbeständen des Rechtsverkehrs ginge mit dem Tätigwerden für eine GmbH ein erhebliches Haftungsrisiko des Betreuers einher. Vor dem Hintergrund einer denkbaren Haftung des Betreuers im Innenverhältnis gegenüber dem Betreuten und einer ebenfalls vorstellbaren Inanspruchnahme des Betreuten durch die Gesellschaft droht die Bestellung zu einem Betreuer zu einem Danaergeschenk zu werden, welches durch fast unbegrenzte Haftungsrisiken bei minimaler Vergütung glänzt.20 Ist im Rahmen der gesellschaftsinternen Willensbildung aufgrund der mittelbaren Bindung des Betreuten an die gesellschafterliche Treuepflicht vertreten worden, dass der Betreuer die gesellschafterlichen Rechte ausüben kann, wirkt sich ein Auftreten des Betreuers im gesellschaftsrechtlichen Innenverhältnis nicht dahingehend aus, dass der Betreuer auch im gesellschaftsrechtlichen Außenverhältnis auftreten können muss. Denn es geht nicht um Angelegenheiten des Betreuten gemäß § 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB. Nach alledem kann sich das Problem widersprechender Willenserklärungen von Betreuer und Betreutem im gesellschaftsrechtlichen Außenverhältnis nicht stellen. Im Ergebnis kann der Betreuer, unabhängig von der Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes, nicht als weiteres Organ für die GmbH im Rechtsverkehr handeln.
17
Vgl. zur stigmatisierenden Wirkung der Anordnung der Betreuung: BVerfG, Beschluss vom 23. 03. 2016 – 1 BvR 184/13, FamRZ 2016, 1041 (1042). 18 Siehe zur Haftung eines faktischen Geschäftsführers nach § 43 Abs. 2 GmbHG: OLG München, Urteil vom 22. 06. 2017 – 23 U 1099/17, Juris, Rn. 31. 19 Siehe zur Geltung der Haftungsprivilegierung analog § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG im betreuungsrechtlichen Innenverhältnis: Kapitel 2 B. V. 2. b) bb). 20 Vgl. erneut: Diederichsen, FS Deutsch 131 (136 f.): „[…] daß es kaum eine haftungsträchtigere Tätigkeit gibt als die Betreuung, wenn man gar bedenkt, daß man nach den genannten Vorschriften unter Umständen sogar haften soll, wenn man gar nicht Betreuer ist, dann nimmt es nicht Wunder, daß die meisten Menschen gar nicht und niemand gerne Betreuer werden will.“
A. Vertretungsmacht des Betreuers für die Gesellschaft
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3. Sonderfall des betreuten GmbH-Alleingesellschafters: Möglichkeit der Abberufung des Gesellschafter-Geschäftsführers durch den Betreuer nach § 38 Abs. 2 GmbHG Dadurch, dass der Betreuer nicht im gesellschaftsrechtlichen Außenverhältnis für die GmbH auftreten kann, kann es in einer Ein-Mann-GmbH bei Anordnung der Betreuung für den Alleingesellschafter zu der Konstellation kommen, dass der Betreute alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer der GmbH ist und der Betreuer nicht für die GmbH auftreten kann. Hat eine GmbH nur einen Geschäftsführer, führt dessen Abberufung zur Prozessunfähigkeit der Gesellschaft nach § 52 ZPO.21 Eine Abberufung ist regelmäßig wegen Rechtsmissbrauches unwirksam, sofern der Gesellschafter auf diese Weise bei Nichtvorliegen eines wichtigen Grundes versucht, sich seiner Pflichten als Geschäftsführer zu entledigen.22 Nach § 38 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 GmbHG wird als wichtiger Grund für den Widerruf der Bestellung als Geschäftsführer die Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung festgestellt. Eine anerkannte Fallgruppe im Rahmen des § 38 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 GmbHG stellt eine langanhaltende Krankheit dar.23 Die Bestellung eines Betreuers mit dem Aufgabenkreis der Vermögenssorge indiziert (auch bei nicht angeordnetem Einwilligungsvorbehalt) die Unfähigkeit des Betroffenen zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung.24 Dies widerspricht nicht der, bezogen auf die Kommanditgesellschaft vertretenen, Ansicht, dass die Anordnung der Betreuung regelmäßig nicht den Ausschluss des Gesellschafters rechtfertige.25 Denn der Verlust der Geschäftsführungsbefugnis einer von der Fremdorganschaft geprägten Körperschaft, welche nicht mit einer Gesellschafterstellung verbunden ist, ist keine derart einschneidende Rechtsfolge wie der Verlust der Gesellschafterstellung. Daher ist eine in der Gesellschafterversammlung vom Betreuer vorgenommene Abberufung des betreuten Gesellschafter-Geschäftsführers wirksam. Ein eventueller Gläubiger der Gesellschaft muss sich bei der prozessualen Geltendmachung gegen die dann prozessunfähige Gesellschaft auf Hilfsinstrumente wie die Bestellung eines Prozesspflegers nach § 57 Abs. 1 ZPO oder eines Notgeschäftsführers entsprechend § 29 BGB verweisen lassen.26 Somit kann bei einer Ein-Mann-GmbH bei Anordnung der Be-
21
BGH, Urteil vom 25. 10. 2010 – II ZR 115/09, NZG 2011, 26 (ebd.). OLG München, Beschluss vom 16. 03. 2011 – 31 Wx 64/11, NZG 2011, 432 (433). 23 OLG Zweibrücken, Urteil vom 05. 06. 2003 – 4 U 117/02, NJW-RR 2003, 1398 (1399); Münchener Kommentar GmbHG/Stephan/Tieves, § 38 GmbHG, Rn. 87. 24 OLG Dresden, Beschluss vom 18. 12. 2014 – 5 W 1326/14, NZG 2015, 391 (391 f.); zustimmend: Bürk, NZFam 2015, 334 (ebd.); Göb/Nebel, NZI 2015, 599 (600 f.); Wachter, EWiR 2015, 171 (172). 25 Vgl. im Grundsatz zustimmend: Westermann, FS Blaurock, 527 (542). Zu der (regelmäßig nicht vorhandenen) Möglichkeit des Ausschlusses des Gesellschafters wegen der Anordnung der Betreuung siehe oben: Kapitel 3 A. I. 26 OLG Dresden, Beschluss vom 18. 12. 2014 – 5 W 1326/14, NZG 2015, 391 (392); Schäfer, ZHR 157 (2011), 557 (571). 22
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Kap. 4: Auftreten des Betreuers für die Gesellschaft
treuung für den Gesellschafter der Gesellschafter-Geschäftsführer ausnahmsweise abberufen werden. Dem Betreuer, welcher die Gesellschafterrechte des Betreuten im gesellschaftsrechtlichen Innenverhältnis wahrnehmen kann,27 kann mithilfe einer von ihm einzuberufenden Gesellschafterversammlung nach §§ 6 Abs. 3 Satz 2, 38 Abs. 1, 46 Nr. 5 GmbHG einen neuen Fremdgeschäftsführer bestellen. Dabei hat der Betreuer, sofern der Betreute ansprechbar ist, zuvor Rücksprache mit dem Betroffenen gemäß § 1901 Abs. 3 Satz 3 BGB zu halten, da es sich bei der Bestellung eines Geschäftsführers für die Ein-Mann-GmbH um eine, aus der maßgeblichen Perspektive des Betreuten beurteilten,28 wichtige Angelegenheit handelt. Die Ernennung eines neuen Fremdgeschäftsführers eröffnet dem Betreuer die Möglichkeit, der GmbH die Teilnahme am Rechtsverkehr als notwendiger Bedingung für das operative Geschäft zu ermöglichen. 4. Zwischenergebnis Die Geschäftsführung einer GmbH stellt keine Angelegenheit des Betreuten im Sinne von § 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB dar. Der Betreuer kann nicht als Geschäftsführer für eine GmbH auftreten. Bei Geschäftsunfähigkeit oder Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes des Geschäftsführers einer GmbH erlischt das Geschäftsführeramt ipso iure nach § 6 Abs. 2 Satz 1, 2 Nr. 1 GmbHG. Sollte es sich bei dem Betreuten um den Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH handeln, kann der Betreuer diesen abberufen, sodass die GmbH im Anschluss ausnahmsweise keinen gesetzlichen Vertreter hat. Anschließend kann der Betreuer im Rahmen der Gesellschafterversammlung einen neuen Geschäftsführer bestellen.
II. Der betreute Komplementär Während das gesellschaftsrechtliche Außenverhältnis bei der GmbH durch § 6 Abs. 2 GmbHG eine zumindest angedeutete gesetzliche Kontur erhält, wird der Betreuer in den ersten beiden Abschnitten des zweiten Buches des Handelsgesetzbuches nicht erwähnt. Dies wirft die Frage auf, ob und inwieweit der Betreuer für die Gesellschaft auftreten und das Geschäftsführungsrecht des Betreuten ausüben kann. Untersuchungsgegenstand soll ein nicht von der Geschäftsführungsbefugnis nach § 114 Abs. 2 HGB und nicht von der Vertretungsbefugnis nach § 125 Abs. 1 Hs. 2 HGB ausgeschlossener Komplementär sein.
27 28
Siehe dazu: Kapitel 3 C. BT-Drs 11/4528, S. 134.
A. Vertretungsmacht des Betreuers für die Gesellschaft
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1. Keine analoge Anwendbarkeit von § 6 Abs. 2 GmbHG Anders als bei der GmbH gibt es keine Regelung im HGB, welche sich mit dem Erlöschen des Geschäftsführungsamtes auseinandersetzt. Mangels Existenz einer zu § 6 Abs. 2 GmbHG vergleichbaren Regelung betreffend Personenhandelsgesellschaften könnte eine analoge Anwendung des § 6 Abs. 2 GmbHG dazu führen, dass die Geschäftsführungsbefugnis geschäftsunfähiger oder unter Betreuung mit Einwilligungsvorbehalt stehender Personengesellschafter erlischt. Eine analoge Anwendung scheitert an der unterschiedlichen Interessenlage. Während der Geschäftsführer einer GmbH in einem Anstellungsverhältnis zur Gesellschaft steht und wegen seiner Fähigkeiten ausgewählt worden ist, folgt die Geschäftsführungsbefugnis des Personenhandelsgesellschafters ausweislich § 114 HGB bereits aus der Stellung als Gesellschafter.29 Der Grund für das ipso iure Erlöschen der Geschäftsführungsbefugnis gemäß § 6 Abs. 2 GmbHG wird an den zahlreichen, den Geschäftsführer gesetzlich treffenden Handlungspflichten, wie der strafbewehrten Insolvenzantragspflicht nach § 15a Abs. 1 Satz 1 InsO oder der Buchführungspflicht nach § 41 GmbHG, deutlich. Diesen Pflichten kann nur ein geschäftsfähiger, nicht unter Betreuung mit Einwilligungsvorbehalt stehender Mensch nachkommen, welcher seiner individuellen Fähigkeiten wegen zum Geschäftsführer bestellt worden ist.30 Da die Geschäftsführungsbefugnis der mitgliedschaftlichen Stellung des Gesellschafters entspringt und §§ 117, 127 HGB aufzeigen, dass ein Entzug der Geschäftsführungs- oder Vertretungsbefugnis nur aus wichtigem Grund geschehen darf, brächte eine Übertragung von § 6 Abs. 2 Satz 1 GmbHG auf die KG eine systemwidrige und unverhältnismäßige Beeinträchtigung der mitgliedschaftlichen Rechte des Betroffenen mit sich.31 Aufgrund der grundlegenden Unterschiede zwischen den Gesellschaften scheidet eine analoge Anwendung des § 6 Abs. 2 GmbHG aus, sodass auch der geschäftsunfähige Personengesellschafter die Geschäftsführungsbefugnis behält.
29
Raub, Vorsorgevollmachten im Personengesellschaftsrecht, 2013, S. 88; Heckschen, NZG 2012, 10 (16); Wedemann, Personen- und Kapitalgesellschaftsrecht an den Schnittstellen zum Familien- und Erbrecht, 2015, 95 (112). 30 Adams, Geschäftsunfähigkeit und Betreuung in Personengesellschaften, 2016, S. 201; Schmitz, Der geeignete GmbH-Geschäftsführer, 2006, S. 72. Zu den Gründen für den Ausschluss des Geschäftsunfähigen vom Geschäftsführeramt einer GmbH siehe mit zahlreichen Nachweisen auch: Heßeler, Amtsunfähigkeit von GmbH-Geschäftsführern gemäß § 6 Abs. 2 GmbHG, 2009, S. 133. 31 Adams, Geschäftsunfähigkeit und Betreuung in Personengesellschaften, 2016, S. 204; Schäfer, ZHR 157 (2011), 557 (572 f.); Wedemann, ZIP 2013, 1508 (1514).
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Kap. 4: Auftreten des Betreuers für die Gesellschaft
2. Ausübung der Geschäftsführungsbefugnisse durch den Betreuer a) Handeln als Geschäftsführer als eigene Angelegenheiten im Sinne des § 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB Wird für einen Geschäftsführer einer GmbH die Betreuung angeordnet, stellt das Handeln für die Körperschaft nach hier vertretener Ansicht keine Angelegenheit des Betreuten im Sinne des § 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB dar.32 Wenn die Geschäftsführung und Vertretung einer Personenhandelsgesellschaft als Angelegenheit des Betreuten nach § 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB einzuordnen wäre, könnte der Betreuer im gesellschaftsrechtlichen Außenverhältnis für die Personenhandelsgesellschaft tätig werden. Damit würde zwischen den Kapitalgesellschaften und den Personenhandelsgesellschaften differenziert. Die Notwendigkeit einer solchen Differenzierung könnte sich aus den Unterschieden zwischen der Selbstorganschaft und der Fremdorganschaft ergeben. b) Grundzüge der Selbstorganschaft Gemäß § 114 Abs. 1 HGB („Zur Führung der Geschäfte der Gesellschaft sind alle Gesellschafter berechtigt und verpflichtet“) und § 125 Abs. 1 HGB („Zur Vertretung der Gesellschaft ist jeder Gesellschafter ermächtigt“) stehen die Geschäftsführungsund Vertretungsbefugnisse in der Personenhandelsgesellschaft den Gesellschaftern zu. Aus dem Vergleich zu der Stellung des gemäß §§ 164, 170 HGB grundsätzlich nicht zur Geschäftsführung oder Vertretung berechtigten Kommanditisten folgt, dass nur Gesellschafter geschäftsführungs- und vertretungsbefugt sein können, die persönlich haften.33 Die durch die Gesellschafterstellung begründete Existenz von Organwaltern wird als Selbstorganschaft bezeichnet.34 Bestandteil der Selbstorganschaft ist, dass zumindest ein persönlich haftender Gesellschafter zur Geschäftsführung befugt sein muss und nicht alle Gesellschafter zeitgleich von der Geschäftsführung ausgeschlossen sein können, weil eine Selbstentrechtung den Rechtsverkehr über Gebühr belasten und gegen § 138 Abs. 1 BGB verstoßen
32
Siehe oben: Kapitel 4 A. I. 2. Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Hillmann, § 125 HGB, Rn. 3; Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 14 II 2; BGH, Urteil vom 06. 02. 1958 – II ZR 210/56, BGHZ 26, 330 (333). Ob aus § 170 HGB abgeleitet werden kann, dass zwingend nur die Vertretungsbefugnis bei einem Gesellschafter verbleiben müsse, wie dies beispielsweise in der Entscheidung BGH, Urteil vom 09. 12. 1968 – II ZR 33/67, BGHZ 51, 198 (201 ff.) anklingt, oder aufgrund der zahlreichen Überschneidungen sowohl die Vertretungs- als auch die Geschäftsführungsbefugnis von einem Gesellschafter ausgeübt werden müssen, wofür beispielsweise Jaeniche, Die Dritteinflußnahme bei Personengesellschaften, 1995, S. 163 ff.; Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit im Recht der Personengesellschaften, 1970, S. 450 f. eintreten, ist für die vorliegende Untersuchung nicht von Belang. 34 Schürnbrand, Organschaft im Recht der privaten Verbände, 2007, S. 242, 248 f. 33
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würde.35 Stattdessen folgt aus der Mitgliedschaft, dass die Geschäftsführerstellung notwendigerweise den Gesellschaftern vorbehalten ist.36 Der Selbstorganschaft kommt ein doppelter Schutzgehalt zu. Einerseits dient die Selbstorganschaft dem Schutz der Gesellschafter, weil mit der persönlichen Haftung des geschäftsführenden Gesellschafters ein verantwortungsvoller Umgang mit den Ressourcen der Gesellschaft einhergeht. Andererseits schützt sie den Rechtsverkehr, weil der durch die eigene Haftung hervorgerufene verantwortungsbewusste Umgang mit den eigenen Ressourcen zu einem vernünftigen Handeln führt.37 Dadurch dass die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis dem Betroffenen kraft seiner Gesellschafterstellung – vorbehaltlich divergierender gesellschaftsvertraglicher Ausgestaltung – zukommt, handelt es sich bei den Geschäftsführungs- und Vertretungsrechten des Komplementärs um eigene Angelegenheiten im Sinne des § 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB. Damit könnte die Vermögenssorge des Betreuers auch das gesellschaftsrechtliche Außenverhältnis umfassen. Infolgedessen könnte der Betreuer als gesetzlicher Vertreter für die Gesellschaft handeln. Sofern der Betreuer als gesellschaftsfremder Dritter für die Gesellschaft auftritt, könnte die fehlende akzessorische Haftung des Betreuers gemäß §§ 161 Abs. 2, 124 Abs. 1, 128 Satz 1 HGB mit dem Grundsatz der Selbstorganschaft kollidieren. Darüber hinaus könnte eine nicht zu tolerierende Beeinflussung der Gesellschaft durch einen Nichtgesellschafter vorliegen. Weiterhin könnte der Betreuer, welcher im betreuungsrechtlichen Innenverhältnis allein den Interessen des Betreuten verpflichtet ist, sich bei einem Auftreten als Vertreter der Gesellschaft in einem Interessenkonflikt zwischen den Bedürfnissen der Gesellschaft und dem Wohl des Betreuten befinden.38 c) Grenzen der Selbstorganschaft Die Selbstorganschaft gilt nicht grenzenlos. Die Grenzen zeigen sich bereits an der einzigen normierten Ausnahme in § 146 Abs. 2 Satz 1 Hs. 2 HGB. Ist die Liquidation gemäß § 145 HGB notwendig, obliegt die Ausübung der Verwaltungsrechte nach wie vor gemäß § 146 Abs. 1 Satz 1 HGB den Gesellschaftern. § 146 Abs. 2 Satz 1 Hs. 1 HGB erlaubt indes die Bestellung eines Liquidators durch das Gericht. Nach § 146 Abs. 2 Satz 1 Hs. 2 HGB kann auch ein Nichtgesellschafter zum 35 Flume, AT 1/1, § 14 VIII. Zur Selbstorganschaft siehe: Spitze, Geschäftsführung in der Personengesellschaft, 2014, S. 42; Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit im Recht der Personengesellschaften, 1970, S. 153 ff., 329 ff. 36 BGH, Urteil vom 10. 11. 1951 – II ZR 111/50, BGHZ 3, 354 (357); BGH, Urteil vom 11. 07. 1960 – II ZR 260/59, BGHZ 33, 105 (106, 109). 37 Jaeniche, Die Dritteinflußnahme bei Personengesellschaften, 1995, S. 30 ff.; Schäfer, ZHR 175, 557 (573); Wiedemann, Die Übertragung und Vererbung von Mitgliedschaftsrechten bei Handelsgesellschaften, 1965, S. 369 ff.; siehe zur Konnexität von Herrschaft und Haftung auch Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 18 IV 1 b) bb). 38 Adams, Geschäftsunfähigkeit und Betreuung in Personengesellschaften, 2016, S. 233.
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Kap. 4: Auftreten des Betreuers für die Gesellschaft
Liquidator ernannt werden. Die Modifikation der Selbstorganschaft in § 146 Abs. 2 Satz 1 Hs. 2 HGB basiert auf dem Wechsel von einer werbenden zu einer in Auflösung befindlichen Gesellschaft.39 Ausgehend von § 146 Abs. 2 Satz 1 Hs. 2 HGB wird ferner angedacht, auch für den Ausschließungs- oder Entziehungsprozess bei analoger Anwendung des § 146 Abs. 2 Satz 1 HGB einen vom Gericht bestellten Vertreter zuzulassen.40 Aus der Existenz des § 146 Abs. 2 HGB leitet der Zweite Zivilsenat des BGH ab, dass „der Grundsatz der gesetzlichen Vertretung der Gesellschaft nur durch Gesellschafter nicht um seiner selbst willen gilt, sondern nur der rechtlich adäquate Ausdruck für die Auffassung ist, daß in der werbenden Gesellschaft mit den gleichgerichteten Interessen der Gesellschafter das Recht der Selbstbestimmung den Gesellschaftern allein zustehen soll und zustehen kann. Die Regelung bei der Abwicklungsgesellschaft zeigt aber zugleich, daß jener Grundsatz der gesetzlichen Vertretung der Gesellschaft und der alleinigen Selbstbestimmung nicht mehr gerechtfertigt ist, wenn die Voraussetzung für diesen Grundsatz – das gleichgerichtete Interesse aller Gesellschafter – typischerweise nicht mehr gegeben ist“41. Sofern ein gleichgerichtetes Interesse der Gesellschafter nicht mehr bestehe, sei ein gerichtliches Eingreifen in den Gleichlauf von Vertretungsbefugnis und Gesellschafterstellung gerechtfertigt und kollidiere nicht mit der Selbstorganschaft, sodass der Richter auch einen gesellschaftsfremden Dritten bestellen dürfe.42 Aber nicht nur im Fall der Ausschließung, sondern auch bei einer privatautonomen Übertragung der Geschäftsführungsbefugnis auf Dritte erkennt der BGH keinen Verstoß gegen das Prinzip der Selbstorganschaft, solange die Gesellschafter die Geschäftsführungsbefugnis widerrufen und den Dritten mit Weisungen zu einem bestimmten Verhalten anhalten können.43 Solange ein Dritter von einem Gesellschafter abhängt, werden die Anforderungen der Selbstorganschaft beachtet, da dem Dritten „die Geschäftsführung nicht als eigenständiges, sondern nur als abgeleitetes Recht zu[steht]“44. 39 Münchener Kommentar HGB/Schmidt, § 146 HGB, Rn. 2; Röhricht/von Westphalen/ Haas/Haas, § 146 HGB, Rn. 1; Schürnbrand, Organschaft im Recht der privaten Verbände, 2007, S. 244 f. 40 Vgl. mit weiteren Nachweisen: Jaeniche, Die Dritteinflußnahme bei Personengesellschaften, 1995, S. 40 ff. 41 BGH, Urteil vom 11. 07. 1960 – II ZR 260/59, BGHZ 33, 105 (109 f.). 42 BGH, Urteil vom 11. 07. 1960 – II ZR 260/59, BGHZ 33, 105 (110 f.). Die Einschränkung auf die Vertretungsbefugnis folgt im vorliegenden Fall daraus, dass die Rechtsprechung die Selbstorganschaft nur auf die Vertretungsbefugnis bezieht. Siehe dazu auch Fn. 33. Vgl. die Hinweise zur Kritik an der Verallgemeinerungsfähigkeit der Sondersituation der Ausschließung in: Adams, Geschäftsunfähigkeit und Betreuung in Personengesellschaften, 2016, S. 239. 43 BGH, Urteil vom 22. 01. 1962 – II ZR 11/61, BGHZ 36, 292 (294); BGH, Urteil vom 05. 10. 1981 – II ZR 203/80, NJW 1982, 1817 (ebd.); Oetker/Lieder, § 114 HGB, Rn. 19; Raub, Vorsorgevollmachten im Personengesellschaftsrecht, 2013, S. 87; Rehm, Das Schicksal der organschaftlichen Geschäftsführungsbefugnis bei Rechtsnachfolge eines Minderjährigen in die Gesellschafterstellung einer Personengesellschaft des Handelsrechts im Erbfall, 1993, S. 23 ff. 44 BGH, Urteil vom 20. 09. 1993 – II ZR 204/92, MittRhNotK 1994, 224 (ebd.).
A. Vertretungsmacht des Betreuers für die Gesellschaft
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Wenn die privatautonome Übertragung der Geschäftsführungsbefugnisse auf einen Dritten nicht mit der Selbstorganschaft kollidiert, könnte auch die Ausübung der Geschäftsführungsbefugnisse durch einen gesetzlichen Vertreter zulässig sein. Aus dem Fehlen einer zu § 6 Abs. 2 GmbHG vergleichbaren Regelung wird allgemein geschlussfolgert, dass die Geschäftsführungsbefugnis unabhängig von der Geschäftsfähigkeit des Gesellschafters bestehen bleibt, weil sie ein Bestandteil der Mitgliedschaft ist, und der Betreuer infolgedessen auch die Geschäftsführung wahrnehmen kann.45 Würde bei der Kommanditgesellschaft die Geschäftsunfähigkeit oder die Abordnung einer Betreuung mit Einwilligungsvorbehalt zu einer Rechtsfolge wie § 6 Abs. 2 GmbHG führen, könnte die Kommanditgesellschaft handlungsunfähig werden.46 Der Betreuer leitet seine Rechtsmacht von dem Betreuten ab. Stehen dem Betreuten Geschäftsführungsbefugnisse zu, umfasst die Vertretungsmacht des Betreuers auch diese Befugnisse. Dabei ähnelt die Abhängigkeit des Betreuers von dem Betreuten der Abhängigkeit von dem Gesellschafter, die bei der privatautonomen Übertragung von Geschäftsführungsbefugnissen stattfindet. Durch das Auftreten des Betreuers bleibt die Gesellschaft darüber hinaus handlungsfähig. Dadurch, dass der Betreuer für die Personenhandelsgesellschaft handelt, wird seine Vertretungsmacht nicht durch die betreuungsgerichtlichen Genehmigungsvorbehalte der §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1821, 1822 BGB begrenzt.47 d) Schlussfolgerung: Auftreten des Betreuers im Außenverhältnis der Kommanditgesellschaft möglich Die Ausübung der Gesellschafterrechte des Betreuten umfasst bei dem Komplementär damit auch das Auftreten im Außenverhältnis der Gesellschaft. Zu der Möglichkeit des Betreuers, für eine Kommanditgesellschaft zu handeln, passt die akzessorische Haftung nach §§ 161 Abs. 2, 124 Abs. 1, 128 Satz 1 HGB. Der Gesellschafter haftet für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Im Rahmen der Vermögenssorge ist es Bestandteil der Aufgaben des Betreuers, „das Vermögen ordnungsgemäß zu verwalten sowie bestmöglich zu sichern und zu mehren“48. Daher 45
Vgl. bezogen auf die Pflegschaft: OLG Hamm, Urteil vom 19. 01. 1979 – 8 U 177/78, MDR 1979, 848 (849). Zum Betreuungsrecht siehe: Baumann/Selzener, RNotZ 2015, 605 (609); Schäfer, ZHR 157 (2011), 557 (573); Uphoff, Die Vorsorgevollmacht des Personengesellschafters, 2016, S. 296; Wedemann, ZIP 2013, 1508 (1514); Ebenroth/Boujong/Joost/ Strohn/Hillmann, § 125 HGB, Rn. 48; Münchener Kommentar HGB/Schmidt, § 125 HGB, Rn. 18; Röhricht/von Westphalen/Haas/Haas, § 125 HGB, Rn. 18; Staub/Habersack, § 125 HGB, Rn. 29. Bezogen auf den gesetzlichen Vertreter eines Minderjährigen auch: Ruppel, Der Minderjährige in personalen Handelsgesellschaften, 1965, S. 44 f. 46 Schäfer, ZHR 157 (2011), 557 (572); Wedemann, Personen- und Kapitalgesellschaftsrecht an den Schnittstellen zum Familien- und Erbrecht, 2015, 95 (113). 47 Münchener Kommentar HGB/Schmidt, § 125 HGB, Rn. 18; Stahl, Minderjährigenschutz im Gesellschaftsrecht und vormundschaftliche Genehmigung, 1988, S. 142 f. 48 OLG München, Beschluss vom 04. 08. 2005 – 33 Wx 29/05, Rpfleger 2006, 14 (15); zustimmend: BeckOGK/Schmidt-Recla, § 1896 BGB, Rn. 204.
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Kap. 4: Auftreten des Betreuers für die Gesellschaft
greift es zu kurz, ein Auftreten des Betreuers für eine Personenhandelsgesellschaft damit zu verneinen, dass es sich bei der organschaftlichen Vertretung um Angelegenheiten der Gesellschaft und nicht um Angelegenheiten des Betreuten im Sinne des § 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB handele.49 Aufgrund der akzessorischen persönlichen Haftung des Betreuten und des Umstands, dass „mit der Befugnis zur Geschäftsführung in der Personengesellschaft […] auch die Pflicht zur Geschäftsführung einher[gehe]“50, ist es Bestandteil der Vermögenssorge, die Rechte des Betreuten auszuüben. Die Handlungen der Gesellschaft können sich in einem erheblichen Maße auf das Vermögen des Betreuten auswirken. Zu verhindern, dass der Betreute gegenüber der Gesellschaft und den Mitgesellschaftern rechtlos gestellt wird, passt zu dem Kompensationsgedanken des Betreuungsrechts.51 Auch der zwingende Charakter des Betreuungsrechts, welcher sich insbesondere im gesellschaftsrechtlichen Innenverhältnis ausgewirkt hat,52 weist auf eine komplette Ausübung der Rechte des Betreuten durch den Betreuer und damit auch auf die Ausübung des Geschäftsführungs- und Vertretungsrechts hin. Durch die mangelnde Einschränkbarkeit der Rechte des Betreuers durch die Mitgesellschafter wird auch indiziert, dass das Tätigwerden des Betreuers nicht von der Zustimmung der Mitgesellschafter abhängen kann.53 Für ein Auftreten des Betreuers im gesellschaftsrechtlichen Außenverhältnis spricht weiterhin, dass er seine Rechtsmacht von dem betreuten Gesellschafter ableitet. Wie im Rahmen des gesellschaftsrechtlichen Innenverhältnisses führt das Auftreten als Stellvertreter dazu, dass der Betreuer an die gesellschafterliche Treuepflicht gebunden ist. Dadurch dass die Organwalterstellung der Gesellschafter originär der jeweiligen Mitgliedschaft entstammt, ist die gesellschafterliche Treuepflicht ein zusätzliches Korrektiv bei der Verfolgung des Gesellschaftszwecks. Der Betreuer kann im Außenverhältnis für die Gesellschaft auftreten.
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Staake/Weber, ZIP 2021, 611 (615). Staake/Weber, ZIP 2021, 611 (614). 51 Danach kommt es nicht darauf an, ob zwischen dem – jeweils vom Gericht bestellten – Liquidator nach § 146 Abs. 2 Satz 1 Hs. 1 HGB und dem Betreuer eine Parallelität zu konstatieren ist, dessentwegen entweder eine Modifikation oder eine Ausnahme vom Grundsatz der Selbstorganschaft zuzulassen sein müsste. Hiergegen streitet die Interessenlage (Schutz der Gesellschaft bei Liquidation, Schutz des Gesellschafters bei Betreuung) der beiden Konstellationen, worauf Adams, Geschäftsunfähigkeit und Betreuung in Personengesellschaften, 2016, S. 250 zutreffend hinweist. 52 Siehe oben: Kapitel 3 A. II. 2. a) bb). 53 So auch: Baumbach/Hopt/Roth, § 114 HGB, Rn. 4; Staub/Schäfer, § 114 HGB, Rn. 32; bezogen auf einen Minderjährigen: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Drescher, § 114 HGB, Rn. 10; Münchener Kommentar HGB/Rawert, § 114 HGB, Rn. 36; MünchHdB. GesR I/v. Ditfurth, § 53, Rn. 15; Oetker/Lieder, § 114 HGB, Rn. 25. Offen gelassen bei: Henssler/Strohn/ Finckh, § 114 HGB, Rn. 13 bezogen auf einen Minderjährigen. Vgl. auch die ausführlichere Darstellung bei: Adams, Geschäftsunfähigkeit und Betreuung in Personengesellschaften, 2016, S. 260 ff. 50
A. Vertretungsmacht des Betreuers für die Gesellschaft
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3. Überblick über die Handlungsmöglichkeiten der Gesellschaft bei Missbrauch der Rechtsmacht durch den Betreuer a) Gesellschaftsinternes Widerspruchsrecht nach §§ 161 Abs. 2, 115 Abs. 1 HGB Auch wenn der Betreuer bei der Ausübung des Geschäftsführungs- und Vertretungsrechts aufgrund der mittelbar geltenden mitgliedschaftlichen Treuepflicht an die Förderung des Gesellschaftszwecks gebunden ist, ist es denkbar, dass der Betreuer seine Rechtsmacht gegenüber der Gesellschaft missbraucht. Ein derartiger Missbrauch muss nicht in einer fraudulösen oder strafrechtlich relevanten Weise erfolgen. Nach §§ 161 Abs. 2, 115 Abs. 1 HGB steht jedem einzelgeschäftsführungsberechtigten Gesellschafter ein intern wirkendes, freilich dispositives, Widerspruchsrecht gegen die Handlungen der anderen Gesellschafter zu, welches sich auch zu einer Widerspruchspflicht verdichten kann, sofern der Gesellschaftszweck dies verlangt.54 Somit können andere, einzelgeschäftsführungsbefugte Gesellschafter hinsichtlich einzelner Handlungen im gesellschaftsrechtlichen Innenverhältnis auf den Betreuer einwirken. b) Einigung mit dem Betreuer über ein Ruhen der Geschäftsführungsbefugnis und des Vertretungsrechtes im gesellschaftsrechtlichen Außenverhältnis Eine Möglichkeit im gesellschaftsrechtlichen Außenverhältnis besteht darin, sich mit dem Betreuer auf ein Ruhen der Geschäftsführungsbefugnis und des Vertretungsrechts des Betreuten zu verständigen. Die dafür notwendige, in Vertretung des Betreuten abgegebene Willenserklärung ist selbst bei unterstellter analoger Anwendung des §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 7 BGB nicht genehmigungspflichtig, weil § 1822 Nr. 7 BGB nicht das Verhältnis eines Komplementärs zu der Gesellschaft erfasst.55 Eine derartige Einigung würde in der Regel mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im Einklang stehen, welcher bei der Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis nach § 117 HGB oder der Vertretungsmacht nach § 127 HGB zu beachten ist.56 Denn eine Einigung über das Ruhen des Geschäftsführungs- und Vertretungsrechts des Betreuten bis zum Ende der Betreuung ist ein milderes Mittel als eine Entziehung.57
54 Baumbach/Hopt/Roth, § 115 HGB, Rn. 2. Zur Dispositivität: Münchener Kommentar HGB/Rawert, § 115 HGB, Rn. 1; Staub/Schäfer, § 115 HGB, Rn. 25. 55 Münchener Kommentar BGB/Kroll-Ludwigs, § 1822 BGB, Rn. 47. 56 BGH, Urteil vom 09. 12. 1968 – II ZR 33/67, BGHZ 51, 198 (203). 57 Grundsätzlich angedacht von: Adams, Geschäftsunfähigkeit und Betreuung in Personengesellschaften, 2016, S. 268; allgemein umschrieben auch bei: Henssler/Strohn/Finckh, § 117 HGB, Rn. 12.
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Kap. 4: Auftreten des Betreuers für die Gesellschaft
c) Klage auf Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis oder des Vertretungsrechts nach §§ 161 Abs. 2, 117, 127 HGB Sofern eine Einigung über ein Ruhen der Geschäftsführungsbefugnis und des Vertretungsrechts nicht erfolgt und der Betreuer bei seinem Auftreten für die Gesellschaft pflichtwidrig handelt, wird dessen Fehlverhalten nach § 278 BGB dem Betreuten zugerechnet.58 Daher kann eine Klage gerichtet auf Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis nach § 117 HGB und Entziehung der Vertretungsmacht gemäß § 127 HGB gegen den Betreuten gerichtet werden. Voraussetzung der Entziehung ist jeweils, dass ein wichtiger Grund vorliegt. Ein wichtiger Grund ist nach Maßgabe der §§ 117 Hs. 2, 127 Hs. 2 HGB insbesondere bei einer groben Pflichtverletzung oder der Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung gegeben. Eine grobe Pflichtverletzung liegt bei einem Verhalten des Geschäftsführenden vor, durch welches das Verhältnis zu den übrigen Gesellschaftern nachhaltig zerstört wird, indem beispielsweise die Mitwirkungsrechte anderer Gesellschafter kontinuierlich missachtet werden.59 Dabei muss der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beachtet werden, sodass weniger einschneidende Mittel in Betracht gezogen werden müssen.60 Bei nicht vorhandener Einigungsbereitschaft zwischen Betreuer und den Gesellschaftern wird es keine mildere Möglichkeit geben,61 sodass eine Entziehung das einzige Mittel sein wird. Lediglich am Rande sei erwähnt, dass auch die in §§ 117, 127 HGB genannte Voraussetzung der Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung oder Vertretung erfüllt sein kann, sofern sich das Betreuungsverfahren über eine längere Zeitdauer erstreckt und der Betreuer beispielsweise komatös und damit handlungsunfähig ist.62 d) Keine Entlassung des Betreuers nach § 1908b Abs. 1 Satz 1 BGB bei Entziehungsklage Sofern eine Klage nach §§ 117, 127 HGB erfolgreich ist und dem Betreuten die Geschäftsführungs-/Vertretungsbefugnis entzogen wird, könnte die durch den Betreuer kausal verursachte Entziehung von Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis die Eignung des Betreuers infrage stellen, die Angelegenheiten des Betreuten zu besorgen. Die Eignung des Betreuers zur Erledigung der Angelegenheiten ist Voraussetzung seiner Ernennung nach § 1897 Abs. 1 BGB. Nach § 1908b Abs. 1 Satz 1 BGB ist der Betreuer nicht mehr zur Führung der Betreuung geeignet, wenn 58 Bienwald/Sonnenfeld/Harm/Bienwald, 1902 BGB, Rn. 41; BeckOGK/Schaub, § 278 BGB, Rn. 31. 59 Baumbach/Hopt/Roth, § 117 HGB, Rn. 4; Henssler/Strohn/Finckh, § 117 HGB, Rn. 10; MünchHdB. GesR I/v. Ditfurth, § 55, Rn. 13 ff. 60 BGH, Urteil vom 09. 12. 1968 – II ZR 33/67, BGHZ 51, 198 (203). 61 Dem Gericht steht keine Gestaltungskompetenz zu, was eine Teilentziehung erschwert. Vgl. hierzu m. w. N.: Münchener Kommentar HGB/Jickeli, § 117 HGB, Rn. 21, 44. 62 Bezogen auf die BGB-Gesellschaft und die Geschäftsunfähigkeit: Baumann/Selzener, RNotZ 2015, 605 (614 f.).
A. Vertretungsmacht des Betreuers für die Gesellschaft
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der Betreuer aufgrund seiner Person oder seiner Verhältnisse nicht mehr zur Führung der Betreuung in der Lage ist.63 Eine mangelnde Eignung des Betreuers ist anzunehmen, wenn der Betreuer den ihm zugewiesenen Aufgabenkreis nur unzulänglich bearbeiten kann.64 Bei erfolgreicher Entziehung der Befugnisse verliert der Betreute Rechtspositionen. Die mitgliedschaftlichen Teilhaberechte des Betreuten im gesellschaftsrechtlichen Innenverhältnis bleiben davon unangetastet. Infolgedessen ist der Betreuer weiterhin dazu in der Lage, sämtliche Vermögensangelegenheiten des Betreuten – die das Geschäftsführungs- und Vertretungsrecht für die Gesellschaft nicht mehr umfassen – zu erledigen. Somit wird eine erfolgreiche Klage nicht zu einer Entlassung des Betreuers führen. e) Sonderkonstellation: Ausschluss des Betreuten nach §§ 161 Abs. 2, 140 Abs. 1 HGB Sollte von den Bestimmungen der §§ 117, 127 HGB im Rahmen der Vertragsfreiheit abgewichen und die Entziehungsmöglichkeit in Gänze ausgeschlossen worden sein, könnte eine grobe Pflichtverletzung des Betreuers einen der wenigen Ausnahmefälle darstellen, in denen ein Ausschluss des Betreuten zum Schutz der Gesellschaft in Betracht kommt.65 4. Zwischenergebnis § 6 Abs. 2 GmbHG ist auf Personenhandelsgesellschaften nicht analog anwendbar, weil die Interessenlage in einer GmbH mit der ermöglichten Fremdorganschaft und der in der Personenhandelsgesellschaft vorherrschenden Selbstorganschaft nicht vergleichbar ist. Vielmehr gehört die Geschäftsführung und Vertretung des Betreuten aufgrund dessen akzessorischen Haftung für die Verbindlichkeiten der Kommanditgesellschaft zu den eigenen Angelegenheiten im Sinne des § 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB, sodass der Betreuer im gesellschaftsrechtlichen Außenverhältnis für die Gesellschaft tätig werden kann. In einem derartigen Fall tritt der 63 BeckOK BGB/Müller, § 1908b BGB, Rn. 2; Münchener Kommentar BGB/Schwab, § 1907b BGB, Rn. 4; OLG Hamm, Beschluss vom 27. 05. 1997 – 15 W 215/97, NJWE-FER 1998, 34 (35): „physische und psychische Eigenschaften“. 64 BayObLG, Beschluss vom 23. 10. 2002 – 3Z BR 186/02, FamRZ 2003, 403 (404); BayObLG, Beschluss vom 27. 01. 2003 – 3Z BR 217/02, FamRZ 2003, 784 (785). 65 Zu der regelmäßig nicht vorhandenen Möglichkeit eines Ausschlusses des Gesellschafters infolge der Betreuung siehe oben: Kapitel 3 A. I. Die Rechtsprechung und Teile der Literatur halten einen gänzlichen Ausschluss des Entziehungsrechts für unzulässig, vgl. nur bezogen auf § 127 HGB: BGH, Urteil vom 03. 11. 1997 – II ZR 353/96, NJW 1998, 1225 (1226); Münchener Kommentar HGB/Schmidt, § 127 HGB, Rn. 9; Staub/Habersack, § 127 HGB, Rn. 15; sowie betreffend § 117 HGB: Röhricht/von Westphalen/Haas/Haas, § 117 HGB, Rn. 21. Für die Gestaltungsfreiheit der Gesellschaft dagegen optierend: MünchHdB. GesR I/v. Ditfurth, § 55, Rn. 26; Münchener Kommentar HGB/Jickeli, § 117 HGB, Rn. 80; Staub/Schäfer, § 117 HGB, Rn. 10.
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Kap. 4: Auftreten des Betreuers für die Gesellschaft
Betreuter als gesetzlicher Vertreter für die Gesellschaft auf. Dadurch, dass der Betreuer durch einen Gerichtsbeschluss zum gesetzlichen Vertreter eines Gesellschafters bestellt worden ist und seine Rechte von dem Betreuten ableitet, liegt kein Verstoß gegen das Gebot der Selbstorganschaft vor. Die Gesellschaft kann das Auftreten des Betreuers präventiv nicht verhindern. Sofern der Betreuer jedoch aufgrund mit dem gewöhnlichen Betrieb eines Handelsgewerbes der Gesellschaft nach § 116 Abs. 1 HGB einhergehenden, insbesondere zeitlichen, Anforderungen überfordert ist, könnte eine Einigung über ein Ruhen der Geschäftsführungsbefugnis und des Vertretungsrechts des Betreuten bis zum Ende der Betreuung nach § 1908d Abs. 1 BGB eine Vorgehensweise sein, welche den Interessen sämtlicher Beteiligter entspricht. Sofern der Betreuer durch sein Handeln das Verhältnis zu den anderen Gesellschaftern nachträglich zerstört, kommt eine auf Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis und des Vertretungsrechts gerichtete Klage gegen den Betreuten nach §§ 161 Abs. 2, 117, 127 HGB in Betracht.
III. Zwischenergebnis betreffend die Praktikabilität der Betreuung gemessen am gesellschaftsrechtlichen Außenverhältnis Der Betreuer kann – auch wenn das Geschäftsführeramt mangels Geschäftsunfähigkeit oder angeordnetem Einwilligungsvorbehalt nicht ipso iure nach § 6 Abs. 2 GmbHG erlischt – nicht im gesellschaftsrechtlichen Außenverhältnis einer GmbH auftreten, weil es sich nicht um Angelegenheiten des Betreuten, sondern um Angelegenheiten der juristischen Person der GmbH handelt. Die fehlende Befugnis des Betreuers, im gesellschaftsrechtlichen Außenverhältnis aufzutreten, wird den Interessenlagen aller Beteiligten gerecht. Der Betreuer muss keine unternehmerisch geprägten Aufgaben übernehmen und eventuelle Mitgesellschafter des Betreuten müssen kein Auftreten des Betreuers für die Gesellschaft befürchten. Bezogen auf den Alleingesellschafter gehen mit der Betreuung einige Probleme einher. Insbesondere bei fehlender Absprachemöglichkeit und möglicherweise einem mit dem Betreuten nicht vertrauten Betreuer besteht die Gefahr, dass der Betreuer im Rahmen der Gesellschafterversammlung einen Geschäftsführer ernennt, welcher nicht den Vorstellungen des Gesellschafters entspricht. Daher ist dem GmbH-Gesellschafter zu raten, zumindest eine Liste mit seiner Ansicht nach geeigneten Kandidaten vorzubereiten oder alternative Methoden der Vorsorge zu ergreifen. So kann beispielsweise die Erteilung einer Prokura dabei helfen, dass die Handlungsfähigkeit der GmbH im Außenverhältnis durchgängig gewahrt bleibt. Auch die Ernennung eines Vorsorgebevollmächtigten bietet bezogen auf das gesellschaftsrechtliche Außenverhältnis größere Gestaltungsmöglichkeiten. Zu beachten ist, dass auch ein Vorsorgebevollmächtigte von der Gesellschafterversammlung zum Geschäftsführer bestellt werden
B. Registereintragungsfähigkeit der Betreuung
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müsste.66 Bezogen auf die GmbH mit mehreren Gesellschaftern ist die Betreuung zur Kompensation der Unfähigkeit des Betroffenen geeignet und kann Handlungsfähigkeit der Gesellschaft durch das Auftreten des Betreuers im gesellschaftsrechtlichen Innenverhältnis erhalten. Dieses Ergebnis steht unter der Bedingung, dass im Falle der Anordnung einer Betreuung mit Einwilligungsvorbehalt nicht diese Anordnung bei der Anzeige des Erlöschens der Vertretungsmacht nach § 39 Abs. 1 GmbHG in das Handelsregister eingetragen wird (sogleich unter: B. II.). Das Zwischenergebnis bei Personenhandelsgesellschaften fällt anders aus. Der Betreuer kann auch im gesellschaftsrechtlichen Außenverhältnis für die Gesellschaft auftreten. Für die Praktikabilität der Betreuung spricht daher, dass der Betreuer auch die Handlungsfähigkeit der Gesellschaft im Rechtsverkehr übernehmen kann. Allerdings könnte diese positive Folge dadurch kompensiert werden, dass Dritte Kenntnis von der Unterstützungsbedürftigkeit des Betreuten erlangen. Ob die Anordnung der Betreuung gegenüber Dritten wie Lieferanten, Vertragspartnern, Banken dazu führt, dass das Ansehen des Betreuten in Mitleidenschaft gezogen wird, hängt davon ab, ob die Betreuung auch in das Handelsregister eingetragen wird. Eine endgültige Bewertung der Praktikabilität der Betreuung eines Personengesellschafters kann daher erst vorgenommen werden, wenn auf die Publizitätsfragen der Betreuung, insbesondere die Registereintragungsfähigkeit eingegangen worden ist (sogleich unter: B. III.).
B. Registereintragungsfähigkeit der Betreuung I. Einführung Bei der Betreuung eines Unternehmers stellt sich, wie bei jeder rechtlichen Betreuung, die Frage, wie die Privatsphäre der Betroffenen gewahrt werden kann.67 Nach den Erfahrungen mit der Entmündigung Volljähriger sollte die Betreuung dazu führen, dass auch der Betreute akzeptiert, toleriert und nicht von der Umwelt miss-, oder schlimmer noch verachtet wird.68 Jeder Form des Publikmachens der Betreuung ist die Gefahr immanent, dass für den Betroffenen unangenehme Situationen entstehen. Ganz besonders misslich wäre es für den Betroffenen (Unternehmer), wenn die Anordnung in das Handelsregister eingetragen würde, weil damit Aussagen über 66 Zu Gestaltungsmöglichkeiten wie beispielsweise einer Stimmrechtsvollmacht oder einer Bestellung des Vorsorgebevollmächtigten zum stellvertretenden Geschäftsführer, siehe: Reymann, ZEV 2005, 457 (462); Werner, GmbHR 2013, 963 (966). 67 Vgl. hauptsächlich bezogen auf beteiligte Behörden: Pardey/Kieß, Betreuungs- und Unterbringungsrecht, 2014, § 17, Rn. 4. 68 Zur Vormundschaft: Diamand, Vorläufige Vormundschaft und Gebrechlichkeitspflegschaft als Ersatzformen der Entmündigung, 1931, S. 4 f.; Holzhauer, FuR 1990, 249 (ebd.). Siehe auch den knappen Abriss zur Geschichte der Fürsorge für Erwachsene mit weiteren Nachweisen: Kapitel 3 A. II. 2. a) aa).
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Kap. 4: Auftreten des Betreuers für die Gesellschaft
den Zustand des Betroffenen verbindlich in einem öffentlichen Register zu finden wären. Der Eintragung der Betreuung käme für den Betreuten eine stigmatisierende Wirkung gegenüber Dritten zu.
II. Anzeige des Endes der Vertretungsbefugnis nach § 39 Abs. 1 GmbHG Wie soeben gesehen erlischt bei Geschäftsunfähigkeit oder der Anordnung einer Betreuung mit Einwilligungsvorbehalt im Sinne des § 1903 Abs. 1 Satz 1 BGB ipso iure das Amt des Geschäftsführers einer GmbH gemäß § 6 Abs. 2 GmbHG.69 Gemäß § 39 Abs. 1 Alt. 2 GmbHG stellt das Ende der Vertretungsbefugnis eines Geschäftsführers – auch aufgrund der Inhabilität – eine eintragungspflichtige Tatsache im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 2 GmbHG dar und ist daher zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden.70 Anzumelden ist nur das Ende der Vertretungsbefugnis, nicht der Grund derselben.71 Auf diese Weise wird weder die Abberufung aufgrund einer angeordneten Betreuung noch das Vorliegen einer Inhabilität publik. § 39 Abs. 1 GmbHG fordert damit keine Eintragung der Betreuung, sodass es auf die Eintragungsfähigkeit der Betreuung nicht ankommt. Jedenfalls führt § 39 Abs. 1 GmbHG nicht zu einer registerbedingten Veröffentlichung der Anordnung der Betreuung.
III. Registereintragungsfähigkeit der Anordnung der Betreuung Ob die Anordnung der Betreuung in das Handelsregister eingetragen werden kann, hängt von den Regelungen zur Kommanditgesellschaft ab. Nach §§ 161 Abs. 2, 162, 106 Abs. 1 HGB ist eine Gesellschaft bei dem Gericht, in dessen Bezirke sie ihren Sitz hat, zur Eintragung im Handelsregister anzumelden. §§ 161 Abs. 2, 162 Abs. 1, 106 Abs. 2 HGB konkretisieren den Inhalt der Anmeldung. Eintragungen im Handelsregister dienen dem Verkehrsschutz, indem den Gläubigern der Gesellschaft die Durchsetzung von Ansprüchen gegen Gesellschaft und Gesellschafter erleichtert wird und ein Blick ins Handelsregister über die Vertretungsverhältnisse der Gesellschaft aufklärt.72 Insbesondere im Hinblick auf die Vertretungsverhältnisse dürften andere Teilnehmer des Rechtsverkehrs ein großes Interesse daran haben, von dem Auftreten eines Betreuers für die Gesellschaft zu erfahren. 69
Siehe oben: Kapitel 4 A. I. 1. BGH, Urteil vom 01. 07. 1991 – II ZR 292/20, BGHZ 115, 78 (80); Baumbach/Hueck/ Zöllner/Noack, § 39 GmbHG, Rn. 5d; Münchener Kommentar GmbHG/Stephan/Tieves, § 39 GmbHG, Rn. 9; Scholz/Schneider/Schneider, § 39 GmbHG, Rn. 5. 71 Siehe nur: Henssler/Strohn/Oetker, § 39 GmbHG, Rn. 6. 72 BeckOK HGB/Klimke, § 106 HGB, Rn. 2; Münchener Kommentar HGB/Langhein, § 106 HGB, Rn. 1. 70
B. Registereintragungsfähigkeit der Betreuung
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Gleichzeitig dürfte die Hoffnung eines jeden Betroffenen, der als GesellschafterGeschäftsführer einer werbenden Gesellschaft ein Vertrauensverhältnis zu Vertragspartnern aufgebaut hat, darauf gerichtet sein, dass von einer (nur vorübergehenden) Betreuung so wenige Außenstehende als möglich erfahren. Im Handelsregister können nur Tatsachen eingetragen werden, deren Eintragungsfähigkeit durch das Gesetz vorgegeben ist.73 Im HGB ist keine explizite Aufforderung enthalten, die Anordnung einer Betreuung einzutragen. Ein Anknüpfungspunkt für die Registereintragungsfähigkeit der Betreuung könnte die Eintragung der Vertretung nach §§ 161 Abs. 2, 162, 106 Abs. 2 Nr. 4 HGB sein. Gemeint ist mit § 106 Abs. 2 Nr. 4 HGB indes nur die organschaftliche Vertretungsmacht.74 Damit ist die Anordnung der Betreuung prima facie nicht eintragungsfähig. Allerdings können nicht zur Eintragung vorgesehene Tatsachen ausnahmsweise auch dann eintragungsfähig sein, wenn ein besonderes Interesse seitens des Rechtsverkehrs an der Eintragung besteht.75 Sofern der Betreuer als Dritter die Rechte für den Betroffenen ausübt, der Betroffene sich unter Umständen einem angeordneten Einwilligungsvorbehalt ausgesetzt sieht und der Betreuer für die Gesellschaft im Außenverhältnis handelt, könnte sich ein Interesse des Rechtsverkehrs aufdrängen.76 Um die Übersichtlichkeit des Handelsregisters zu wahren, können die gesetzlich angeordneten, eintragungspflichtigen Tatsachen nicht beliebig um weitere, für den Rechtsverkehr potentiell interessante Umstände erweitert werden.77 Dass der BGH die Eintragungsfähigkeit eines Testamentsvollstreckervermerks wegen der Auswirkungen für Eigengläubiger des Erben aufgrund der durch § 2214 BGB gewährleisteten Trennung von Nachlass und Eigenvermögen kombiniert mit der Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers anerkannt hat,78 ändert nichts an der de lege lata fehlenden Möglichkeit der Eintragung der Betreuung. Dazu korrespondierend sind Angelegenheiten nicht eintragungsfähig, welche das gesellschaftsrechtliche Innenverhältnis im weiteren Sinne betreffen.79 Eine Eintragung der
73
OLG Hamburg, Beschluss vom 04. 12. 2008 – 11 Wx 80/08, GmbHR 2009, 252 (ebd.). Oetker/Lieder, § 106 HGB, Rn. 26; Staub/Schäfer, § 106 HGB, Rn. 22. 75 BGH, Beschluss vom 28. 02. 1983 – II ZB 8/82, BGHZ 87, 59 (62); BGH, Beschluss vom 10. 11. 1997 – II ZB 6/97, NJW 1998, 1071 (ebd.); OLG Hamburg, Beschluss vom 04. 12. 2008 – 11 Wx 80/08, GmbHR 2009, 252 (ebd.). 76 So ohne Eingehen auf gesetzliche Vertretungsmacht, sondern bezogen auf eine erteilte Vollmacht: Weber, Privatautonomie und Außeneinfluß im Gesellschaftsrecht, 2000, S. 283. 77 BGH, Beschluss vom 10. 11. 1997 – II ZB 6/97, NJW 1998, 1071 (ebd.); Münchener Kommentar HGB/Langhein, § 106 HGB, Rn. 35; Wicke, ZGR 2015, 161 (182). Zum „Grundsatz der Registerklarheit“ siehe auch: BGH, Beschluss vom 20. 09. 2011 – II ZB 17/10, BGHZ 191, 84 (86 f.); BGH, Beschluss vom 24. 05. 2015 – II ZB 17/14, NJW 2015, 1303 (1304). 78 BGH, Beschluss vom 14. 02. 2012 – II ZB 15/11, ZEV 2012, 335 (336 f.). 79 Siehe mit weiteren Nachweisen und Beispielen: Münchener Kommentar HGB/Langhein, § 106 HGB, Rn. 36; Oetker/Lieder, § 106 HGB, Rn. 30; Röhricht/von Westphalen/Haas/ Haas, § 106 HGB, Rn. 22. 74
268
Kap. 4: Auftreten des Betreuers für die Gesellschaft
Betreuung infolge einer analogen Anwendung von § 106 Abs. 2 Nr. 4 BGB80 oder infolge einer Gesamtanalogie zu §§ 53, 148, 106 Abs. 2 Nr. 4 HGB81 steht die grundrechtliche Intensität der Betreuung entgegen. Die Anordnung der Betreuung stellt einen Eingriff in die Selbstbestimmungsfreiheit des Betroffenen dar.82 Bestandteil des Selbstbestimmungsrechts aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG ist die informationelle Selbstbestimmung.83 Vom sachlichen Schutzbereich dieses Grundrechtes umfasst ist „die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen“84. Ein durch eine Eintragung im Handelsregister zumindest für betreute Gesellschafter erreichtes „Betreuungsregister“ würde in die informationelle Selbstbestimmungsfreiheit eingreifen.85 Ausgehend von dem Schrankenvorbehalt des Art. 2 Abs. 1 GG kann ein derartiger Eingriff nur durch ein formelles Gesetz gerechtfertigt werden. Da das HGB als taugliche Schranke keine Regelungen betreffend die Eintragung der Anordnung der Betreuung (oder der Geschäftsunfähigkeit) enthält, würde eine Analogiebildung zu einem verfassungswidrigen Zustand führen. Daher muss eine Analogiebildung betreffend die Eintragungsfähigkeit der Betreuung unterbleiben. Die Interessen des Rechtsverkehrs sind daher an dieser Stelle nicht von Belang. Die Anordnung der Betreuung ist nicht eintragungsfähig. Daher ist dem Ergebnis der vorherrschenden Meinung, dass es sich weder bei einer Einschränkung noch bei einem gänzlichen Fehlen der Geschäftsfähigkeit eines Gesellschafters86 noch bei dem Bestehen einer Betreuung87 um eintragungsfähige Tatsachen handele, zuzustimmen. 80 Vgl. eine derartige Analogie andenkend und zutreffend verneinend: Adams, Geschäftsunfähigkeit und Betreuung in Personengesellschaften, 2016, S. 276 ff. 81 Vgl. zu einer Gesamtanalogie bezogen auf den gewillkürten Stellvertreter und dessen Eintragungspflichtigkeit, wobei im Gegensatz zu der oben vorgenommenen Zitierweise, welche sich an Adams, Geschäftsunfähigkeit und Betreuung in Personengesellschaften, 2016, S. 284 orientiert, in der Originalfundstelle von §§ 53, 148 HGB und § 125 Abs. 1 V HGB a. F. gesprochen wird: Weber, Privatautonomie und Außeneinfluß im Gesellschaftsrecht, 2000, S. 283 ff. 82 Siehe oben: Kapitel 1 B. 83 BVerfG, Urteil vom 15. 12. 1983 – 1 BvR 209, 269, 362, 420, 440, 484/82, BVerfGE 65, 1 (43); einen Eingriff in die informationelle Selbstbestimmungsfreiheit fürchtet auch: Adams, Geschäftsunfähigkeit und Betreuung in Personengesellschaften, 2016, S. 290 ff. 84 BVerfG, Urteil vom 15. 12. 1983 – 1 BvR 209, 269, 362, 420, 440, 484/82, BVerfGE 65, 1 (43). 85 Vgl. noch zu § 687 ZPO a. F.: BVerfG, Beschluss vom 09. 03. 1988 – 1 BvL 49/86, BVerfGE 78, 77 (87); siehe aus aktueller Zeit: BVerfG, Beschluss vom 23. 03. 2016 – 1 BvR 184/13, FamRZ 2016, 1041 (1042), welches der Anordnung der Betreuung „stigmatisierende Wirkung im sozialen Umfeld des Betroffenen“ zuerkennt. 86 BGH, Urteil vom 01. 07. 1991 – II ZR 292/90, BGHZ 115, 78 (81); Henssler/Strohn/ Steitz, § 106 HGB, Rn. 18; Münchener Kommentar HGB/Langhein, § 106 HGB, Rn. 36; Röhricht/von Westphalen/Haas/Haas, § 106 HGB, Rn. 24. 87 OLG München, Beschluss vom 08. 08. 2016 – 31 Wx 204/16, DStR 2016, 2000 (2002); Münchener Kommentar HGB/Langhein, § 106 HGB, Rn. 36; Staub/Schäfer, § 106 HGB,
C. Ergebnis im Hinblick auf die Praktikabilität der Betreuung
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C. Ergebnis im Hinblick auf die Praktikabilität der Betreuung im gesellschaftsrechtlichen Außenverhältnis Bei der Bewertung der Praktikabilität der Betreuung eines Unternehmers ist bezogen auf das gesellschaftsrechtliche Außenverhältnis zwischen Kapitalgesellschaften und Personenhandelsgesellschaften zu unterscheiden. Ist der Betreute zum Geschäftsführer einer Gesellschaft bestellt worden, so ist diese Bestellung, welche mit zahlreichen einen GmbH-Geschäftsführer treffenden Pflichten einhergeht, aufgrund seiner besonderen Qualifikation erfolgt. Die Angelegenheiten, welche der Geschäftsführer führt, sind solche der Körperschaft. Angelegenheiten der Körperschaft sind keine Angelegenheiten des Betreuten („seine Angelegenheiten“) im Sinne des § 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB, sodass der Betreuer nicht im gesellschafterlichen Außenverhältnis für die GmbH auftreten kann. Da § 39 GmbHG nicht dazu führt, dass der Anlass der Beendigung der Vertretungsbefugnis eingetragen werden müsste, wird die Anordnung der Betreuung, deren Veröffentlichung jeder Betroffene vermieden wissen will, nicht durch das Handelsregister verbreitet. Die Bestellung eines Betreuers für einen GmbH-Geschäftsführer kann vereinfachend als geordnete Rückzugsmöglichkeit des Betreuers bezeichnet werden. Sogar bei der Ein-MannGmbH kann der Betreuer den Geschäftsführer mit dem Ergebnis abberufen, dass ausnahmsweise eine im Rechtsverkehr vertreterlose und damit handlungsunfähige GmbH entstehen darf. Dem Zustand einer geschäftsführerlosen GmbH kann der Betreuer dadurch abhelfen, dass er im Rahmen einer Gesellschafterversammlung einen neuen Geschäftsführer bestellt. Somit handelt es sich bei der Betreuung bezogen auf die GmbH um ein Vorsorgeinstrument, welches den Fortbestand der Gesellschaft ermöglicht. Allerdings führt die fehlende Befugnis des Betreuers zum Auftreten im gesellschaftsrechtlichen Außenverhältnis dazu, dass auch die Betreuung nicht ohne Hilfskonstruktionen beziehungsweise unter Umständen nicht ohne Bestellung eines neuen Geschäftsführers auskommt. Will ein GmbH-Gesellschafter sicherstellen, dass im Vorsorgefall die Gesellschaft entsprechend seinem Willen fortgeführt wird, muss er eine Vorsorgevollmacht errichten oder zumindest eine Prokura erteilen. Die Betreuung ist bezogen auf das Außenverhältnis der GmbH nur zur Schadensbegrenzung geeignet. Geht es um eine aktive Steuerung der GmbH ist im gesellschaftsrechtlichen Außenverhältnis die Vorsorgevollmacht besser zur Vorsorge geeignet. Bezogen auf die Personenhandelsgesellschaft kann ein Gesellschafter insbesondere durch Nutzung einer Betreuungsverfügung nach § 1897 Abs. 4 Satz 1, 3 BGB sicherstellen, dass ein Vertrauter die Vertretung der Gesellschaft im Außenverhältnis an seiner Statt übernimmt. Wird ein Betreuer für einen Komplementär bestellt, ermöglicht die rechtliche Betreuung der Gesellschaft weiterhin am Rn. 15; Schlegelberger/Martens, § 106 HGB, Rn. 9; Heßeler, Amtsunfähigkeit von GmbHGeschäftsführern gemäß § 6 Abs. 2 GmbHG, 2009, S. 152; Schmidt/Böcker/Schmidt, Betreuungsrecht, Kap. 1, Rn. 48; bezogen auf die gesetzliche Vertretung eines Minderjährigen auch: Baumbach/Hopt/Hopt, § 8 HGB, Rn. 5.
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Kap. 4: Auftreten des Betreuers für die Gesellschaft
Rechtsverkehr zu partizipieren, indem der Betreuer für die Gesellschaft auftritt. Das Auftreten des Betreuers ist nicht wegen eines Verstoßes gegen die Selbstorganschaft unzulässig. Gleichzeitig wird die Betreuung nicht in das Handelsregister eingetragen. Auf diese Weise wird die Selbstbestimmungsfreiheit des Betroffenen in Ausformung der informationellen Selbstbestimmung geschützt. Dadurch, dass von dem Betreuer für die Gesellschaft abgegebene Willenserklärungen nicht der Genehmigungspflichtigkeit der §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1821, 1822 BGB unterliegen, hat der Betreuer zudem eine gewisse Handlungsfreiheit. Sofern die Mitgesellschafter sich an der Geschäftsführung des Betreuers stören, stehen ihnen die Entziehungsklagen nach §§ 117, 127 HGB zur Verfügung. Insgesamt stellt die Betreuung eines Personengesellschafters bezogen auf das gesellschafterliche Außenverhältnis ein taugliches Fürsorgeinstrument dar.
Kapitel 5
Anforderungen an die Person des Betreuers Das Auftreten für einen Unternehmer verlangt dem Betreuer Einiges ab. Eine interessengerechte Vermögenssorge geht mit betriebswirtschaftlichen und juristischen Herausforderungen einher. Gestützt auf den Umfang und die Komplexität wird für einen Vormund eines Minderjährigen vertreten, dass die Führung eines Handelsgeschäftes oder der Vertretung eines betroffenen Gesellschafters dem Vormund im Rahmen der Vermögenssorge nicht zugemutet werden könnten.1 Teilweise wird erwogen, dass für einen derart anspruchsvollen Bereich ein geeigneter Mitvormund zu bestellen sei.2 Wenn diese, den Vormund vor Überlastung schützende, Ansicht auch im Betreuungsrecht gelten würde, wäre die Betreuung kein praktikables Vorsorgeinstrument für einen Unternehmer. Um die Unzumutbarkeit der Vermögenssorge zu überwinden, müssten spiegelbildlich zumindest mehrere Betreuer im Sinne des § 1899 Abs. 1 BGB für den Betreuten tätig werden. Die Bestellung mehrerer Betreuer ist aber gemäß § 1899 Abs. 1 Satz 3 BGB nicht möglich, wie sogleich zu zeigen sein wird (im Folgenden unter: A.). Anschließend wird daher untersucht, ob und inwieweit die Betreuung eines Unternehmers dem Betreuer, insbesondere im Hinblick auf die Vergütung, zumutbar ist (im Folgenden unter: B.), ehe knapp auf die Person des Betreuers eingegangen wird (im Folgenden unter: C.).
A. Die fehlende Möglichkeit der Bestellung mehrerer Betreuer gemäß § 1899 Abs. 1 Satz 3 BGB Ursprünglich beabsichtigte der Gesetzgeber, wie aus der Gesetzesbegründung bei Einführung des § 1899 BGB im Rahmen des BtG zu entnehmen ist3, dass bei einem Unternehmer die Bestellung mehrerer Betreuer notwendig sein könne. Von den Betreuern sollte einer ausschließlich die Sorge für das Unternehmen, eventuell er1 Münchener Kommentar BGB/Spickhoff, § 1793 BGB, Rn. 20; BeckOGK/Kerscher, § 1793 BGB, Rn. 58. Infolgedessen tritt Spickhoff dafür ein, dass in Unternehmen gebundenes Vermögen direkt in mündelsichere Anlageformen überführt werden solle, vgl.: Fn. 422. 2 Hinsichtlich § 1899 BGB argumentiert der Gesetzgeber bei der Neufassung des Betreuungsrechts ähnlich, vgl.: BT-Drs 11/4528, S. 130. Allerdings versperrte er diese Möglichkeit mit der Einführung des § 1899 Abs. 1 Satz 3 BGB aus Kostengründen. Siehe dazu auch sogleich: Kapitel 5 A. 3 Gesetz zur Reform des Rechts der Vormundschaft und Pflegschaft für Volljährige (Betreuungsgesetz – BtG) vom 12. 09. 1990, BGBl. I, S. 2002.
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Kap. 5: Anforderungen an die Person des Betreuers
gänzt um die Vermögenssorge insgesamt, führen und ein anderer Betreuer für die übrigen Angelegenheiten zuständig sein.4 Eine derartige Gestaltungsmöglichkeit ist seit Inkrafttreten des 2. BtÄndG5 nicht mehr möglich. Denn § 1899 Abs. 1 Satz 3 BGB verbietet die Bestellung zweier Berufsbetreuer.6 Der für die Vormundschaft teilweise angedachte Ausweg aus der Unzumutbarkeit der Vermögenssorge für den Vormund ist wegen § 1899 Abs. 1 Satz 3 BGB nicht ohne weiteres auf die Betreuung übertragbar. Jedoch verbietet § 1899 Abs. 1 Satz 3 BGB nicht, dass ein Familienangehöriger als ehrenamtlicher Betreuer nach § 1897 Abs. 5, 6 Satz 1 BGB für den Aufgabenkreis der Personensorge bestellt wird, während ein weiterer Betreuer für den Bereich der Vermögenssorge bestellt wird. Zwischen den Aufgabenkreisen müsste nach § 1899 Abs. 1 Satz 2 BGB differenziert werden. Entscheidend ist dennoch, ob der Einwand der Unzumutbarkeit der Vermögenssorge bei einem unter Vormundschaft stehenden Minderjährigen auf die Betreuung übertragbar ist.
B. Zumutbarkeit der Übernahme der Betreuung eines Unternehmers I. Problemaufriss Die Übernahme der Betreuung eines Unternehmers mit den zahlreichen, komplexen Einzelfragen betreffend die Vermögenssorge könnte für denjenigen, den das Betreuungsgericht zum Betreuer bestimmen möchte, unzumutbar sein. Zwar statuiert § 1898 Abs. 1 BGB im Grundsatz, dass der vom Betreuungsgericht Ausgewählte zur Übernahme der Betreuung verpflichtet ist. Vor der Bestellung muss sich der Betreffende jedoch gemäß § 1898 Abs. 2 BGB zur Übernahme der Betreuung bereit erklärt haben, sodass die Pflicht zur Übernahme der Betreuung nicht durchsetzbar ist. Auch wenn der vom Betreuungsgericht Ausgewählte dem Betreuten bei unbegründeter Ablehnung den durch die Verzögerung entstehenden Schaden gemäß §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1787 Abs. 1 BGB ersetzen muss, gibt es keine durchsetzbare Pflicht zur Übernahme.7 Die Verpflichtung zur Übernahme der Betreuung wird darüber hinaus in § 1898 Abs. 1 Hs. 2 BGB durch den Konditionalsatz eingeschränkt, dass dem Ausgewählten die Betreuung unter Berücksichtigung der familiären, beruflichen und sonstigen Verhältnisse zugemutet werden kann. Die in § 1898 Abs. 1 BGB genannten sind anders als die in § 1786 BGB im Vormundschaftsrecht zu findenden Zumutbarkeitsgründe weit gefasst, weil eine „kasuistische Aufzäh4
Dies schlägt der Gesetzgeber vor: BT-Drs 11/4528, S. 130; siehe auch: Stückemann, FS Leinemann, 109 (117). 5 BT-Drs 15/2494, S. 29. 6 Bienwald, RpflStud 2015, 42 (45); Münchener Kommentar BGB/Schwab, § 1899 BGB, Rn. 7. 7 BVerfG, Beschluss vom 06. 02. 2007 – 1 BvL 10/06, FamRZ 2007, 622 (624).
B. Zumutbarkeit der Übernahme der Betreuung eines Unternehmers
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lung“8 nicht zu der Flexibilität des Betreuungsrechts passt. Aufgrund des mit der Betreuung eines Unternehmers zu erwartenden Zeitaufwandes könnte dem ausgewählten Rechtsanwalt, Steuerberater oder Unternehmensberater die Übernahme der Betreuung unter Berücksichtigung der beruflichen Verhältnisse nicht zugemutet werden können. Wenn der Ausgewählte für die Betreuung in einem erheblichen zeitlichen Umfang tätig werden müsste, bliebe für andere berufliche Verpflichtungen weniger Zeit. Um diesen Zeitaufwand zu rechtfertigen, müsste die Vergütung für den Betreuer derart hoch ausfallen, dass mit der Betreuung eines Unternehmers ein auskömmliches, dem Bildungsstand angemessenes Einkommen generiert werden könnte. Problematisch erscheint vor diesem Hintergrund die (sehr geringe) pauschalierte Vergütung der §§ 4, 5 VBVG zu sein. Die genannten Berufsträger könnten daher vorbringen, dass die Diskrepanz sowohl zwischen Zeiteinsatz und Vergütung als auch zwischen Vergütung und Haftung derart groß sei, dass ihnen die Übernahme der Betreuung unter Berücksichtigung ihrer beruflichen Verhältnisse nicht im Sinne des § 1898 Abs. 1 Hs. 2 BGB zugemutet werden könnte. Eine (berechtigte) Verweigerung der Übernahme der Betreuung würde dazu führen, dass dem Zustand der Hilfsbedürftigkeit des Betreuten keine schnelle Abhilfe gewährt werden kann. Mit dem Ausbleiben eines gesetzlichen Vertreters für den betroffenen Unternehmer ginge Hand in Hand die Gefahr einher, dass auch das Unternehmen in Mitleidenschaft gezogen werden könnte.
II. Die gesetzliche Vergütung eines Betreuers 1. Grundlagen der gesetzlichen Vergütung in §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1836 BGB Die Vergütung des Betreuers richtet sich nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1836 BGB. Grundsätzlich wird die Betreuung nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1836 Abs. 1 Satz 1 BGB unentgeltlich geführt. Wenn das Gericht bei der Bestellung des Betreuers feststellt, dass der Betreuer die Betreuung berufsmäßig führt, wird die Betreuung gemäß §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1836 Abs. 1 Satz 2 BGB ausnahmsweise entgeltlich geführt. Sofern keine derartige Feststellung getroffen wird, kann das Betreuungsgericht dem Betreuer nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1836 Abs. 2 BGB eine angemessene Vergütung bewilligen, soweit der Umfang oder die Schwierigkeit der betreuungsrechtlichen Geschäfte dies rechtfertigen und der Betreute nicht mittellos ist. Der Betreuer kann die Betreuung entweder unentgeltlich, oder, soweit er die Betreuung berufsmäßig führt, entgeltlich führen. Ist die Berufsmäßigkeit nicht festgestellt, kann ihm eine angemessene Vergütung bewilligt werden.
8
BT-Drs 11/4528, S. 129.
274
Kap. 5: Anforderungen an die Person des Betreuers
2. Bestimmung der Berufsmäßigkeit nach § 1 Abs. 1 Satz 2 VBVG Ob die Führung der Betreuung dem Betreuer zuzumuten ist, hängt auch von seiner Vergütung ab. Wenn der Betreuer berufsmäßig handelt, setzt das Betreuungsgericht gemäß §§ 286 Abs. 1 Nr. 4, 292 Abs. 1, 168 FamFG bei der Bestellung des Betreuers eine Vergütung fest. Die Vergütung des berufsmäßig handelnden Betreuers bemisst sich gemäß §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1836 Abs. 1 Satz 2, 3 BGB nach den Regelungen der §§ 1, 4 ff. VBVG. a) Bestimmung der Berufsmäßigkeit anhand von § 1 Abs. 1 Satz 2 VBVG Bezogen auf den Vormund vermutet § 1 Abs. 1 Satz 2 VBVG die Berufsmäßigkeit, wenn der Vormund mehr als zehn Vormundschaften führt oder er für die Führung der Vormundschaft voraussichtlich mindestens 20 Wochenstunden verwenden wird. Umfasst das Vermögen des Betreuten eine unternehmerische Beteiligung oder ein einzelkaufmännisch geführtes Erwerbsgeschäft, wird ein „betriebsfremder“ Dritter zur ordnungsgemäßen Führung der Betreuung zumindest den für die Berufsmäßigkeit geforderten Stundeneinsatz von 20 Wochenstunden investieren. Damit wäre die Vermutung des § 1 Abs. 1 Satz 2 VBVG erfüllt und der Betreuer eines Unternehmers würde die Betreuung berufsmäßig führen. Sofern das Betreuungsgericht deshalb die Feststellung treffen würde, dass dem Betreuer nach § 1836 Abs. 1 Satz 2 BGB in Verbindung mit § 1 Abs. 2 Satz 1 VBVG eine Vergütung zu bewilligen ist, würde sich diese nach § 4 VBVG in Verbindung mit den Vergütungstabellen in der Anlage zum VBVG richten. Es gibt drei verschiedene Vergütungstabellen, die sich nach der Ausbildung des Betreuers richten, sofern die besonderen Kenntnisse gemäß § 4 Abs. 3 VBVG für die Führung der Betreuung nutzbar sind. Richtet sich die Vergütung wegen einer abgeschlossenen Ausbildung an einer Hochschule nach Vergütungstabelle C, beträgt die monatliche Fallpauschale eines nicht mittellosen, nicht in einer stationären Einrichtung lebenden Betreuten EUR 486,–. Das System der Fallpauschalen gilt seit dem 27. Juli 2019.9 Die Einführung der Fallpauschalen anstelle der zuvor geltenden Stundensätze, die mit einer Maximalstundenzahl pro Monat zu multiplizieren gewesen sind, soll die Rechtsanwendung vereinfachen und zugleich die Vergütung der Betreuer angemessen erhöhen.10 Die Eingruppierung in die verschiedenen Vergütungstabellen richtet sich nach wie vor unter anderem nach der Berufsausbildung.11 Für EUR 486,– im Monat kann nicht verlangt werden, eine Betreuung zu übernehmen, wenn dadurch ein derartiger Zeitaufwand anfällt, dass der sonstige Beruf allenfalls in Teilzeit fortgeführt werden kann. Zwar kann sich der Betreuer bei ei9
BGBl. 2019 I, S. 866. BT-Drs 19/8694, S. 1, 15, 24. 11 BGH, Beschluss vom 10. 02. 2021 – XII ZB 158/20, juris, Rn. 14, kündigt an, die Rechtsprechung zum alten VBVG fortzuführen. Vgl. zum VBVG a. F. anschaulich: LG Bad Kreuznach, Beschluss vom 14. 12. 2016 – 1 T 185/16, Juris, Rn. 17 ff. 10
B. Zumutbarkeit der Übernahme der Betreuung eines Unternehmers
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nigen Aufgaben der Hilfe eines Sachverständigen bedienen, dessen Kosten aus dem Betreutenvermögen zu entrichten sind.12 Allerdings sind sowohl die Einarbeitung als auch Führung der Betreuung zu Beginn trotz der Unterstützung des Betreuers durch externe Dritte äußerst zeitintensiv. An der Unzumutbarkeit ändert auch die Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 16 Satz 1 k) UStG nichts.13 Verstärkt wird dieser Eindruck durch die potentiell unbegrenzte persönliche Haftung nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1833 Abs. 1 Satz 1 BGB, die in keiner Relation zu der geringen Vergütung zu stehen scheint.14 Wer ansonsten zahlreiche Betreuungen führt und ein „Berufsbetreuer“ ist, wird ebenfalls nicht die Zeit haben, um sich um einen betreuten Unternehmer zu kümmern. Wird dagegen ein Vorsorgebevollmächtigter ernannt, kann dessen Vergütung frei vereinbart werden.15 Die freie Vergütung, zum Beispiel auf Stundenbasis, garantiert, dass es für den Vorsorgenden rentabel ist, sich intensiv mit der Führung des Unternehmens zu beschäftigen. Gleichzeitig kann durch die selbst getroffene (und unter Umständen mit Mitgesellschaftern abgestimmte) Wahl der Person des Vorsorgebevollmächtigten sichergestellt werden, dass eine Person tätig wird, die das Unternehmen im Sinne des Unternehmers fortführt.16 Als Zwischenergebnis bleibt daher festzuhalten, dass bei einer Auslegung der Berufsmäßigkeit in § 1836 Abs. 1 Satz 2 BGB anhand der Maßstäbe des § 1 Abs. 1 Satz 2 VBVG die Betreuung eines Unternehmers keine praxistaugliche Alternative zur Vorsorgevollmacht darstellt, weil die Führung der Betreuung einem Betreuer nicht zugemutet werden kann. b) Auswirkungen von § 4 Abs. 4 Satz 2 VBVG auf die Berufsmäßigkeit Die soeben vorgenommene Bestimmung der Berufsmäßigkeit eines Betreuers im Sinne von § 1836 Abs. 1 Satz 2 BGB in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Satz 2 VBVG könnte wegen § 4 Abs. 4 Satz 2 VBVG zu modifizieren sein. § 4 Abs. 4 Satz 2 VBVG erklärt § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VBVG, in dem auf einen wöchentlichen
12
Vgl.: Spanl, Vermögensverwaltung durch Vormund und Betreuer, 2009, S. 31. Vgl. zur Umsatzsteuerfreiheit: BFH, Beschluss vom 25. 04. 2013 – V R 7/11, FamRZ 2013, 1222 (1223 f.). Der Gesetzgeber hält an der Umsatzsteuerfreiheit fest, vgl. BT-Drs 19/ 8694, S. 14, 29. 14 Ernüchternd die Einschätzung von Diederichsen, FS Deutsch 131 (136 f.): „Beide zusammen zeigen, daß es kaum eine haftungsträchtigere Tätigkeit gibt als die Betreuung, wenn man gar bedenkt, daß man nach den genannten Vorschriften unter Umständen sogar haften soll, wenn man gar nicht Betreuer ist, dann nimmt es nicht Wunder, daß die meisten Menschen gar nicht und niemand gerne Betreuer werden will.“ 15 Zimmermann, FamRZ 2013, 1535 (ebd.). 16 Heckschen/Kreußlein, NotBZ 2012, 321 (323); Raub, Vorsorgevollmachten im Personengesellschaftsrecht, 2013, S. 47; Schäfer, ZHR 175 (2011), 557 (559); Wedemann, Personenund Kapitalgesellschaftsrecht an den Schnittstellen zum Familien- und Erbrecht, 2015, 95 (96); Werner, GmbHR 2013, 963 (965). 13
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Kap. 5: Anforderungen an die Person des Betreuers
Zeitaufwand von mindestens 20 Stunden abgestellt wird, für unanwendbar.17 Damit richtet sich die Berufsmäßigkeit der Betreuung ausweislich des Wortlautes nur nach der Anzahl der geführten Betreuungen. Berufsmäßig handelt ein Betreuer, der nach §§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, 4 Abs. 3 Satz 2 VBVG mindestens elf Betreuungen zur gleichen Zeit führt.18 Zu dieser Auslegung passt systematisch, dass § 1897 Abs. 6 Satz 1 BGB von dem spricht, der „Betreuungen im Rahmen seiner Berufsausübung führt“. Die Verwendung des Substantives „Betreuung“ im Plural korrespondiert mit der Bestimmung der Berufsmäßigkeit in § 1 VBVG. Auch § 1 Abs. 1 Satz 1 VBVG spricht von „Vormundschaften“ im Plural, sodass der Gesetzgeber als Grundaussage von mehreren, parallel geführten Fürsorgeverhältnissen ausgegangen zu sein scheint. Diese Auslegung der Berufsmäßigkeit würde dazu führen, dass derjenige, der nur eine Betreuung führt, nicht als berufsmäßig im Sinne von § 1836 Abs. 1 Satz 2 BGB einzuordnen wäre. Es könnte stattdessen eine angemessene Vergütung im Sinne von § 1836 Abs. 2 BGB festgesetzt werden. Eine derart strenge Auslegung des Wortlauts, die sich in der Literatur teilweise erheblicher Kritik ausgesetzt sieht,19 kollidiert nicht mit der Wertung des § 1897 Abs. 6 BGB, nach der ehrenamtliche Betreuer bevorzugt bestellt werden sollen. Mit der Bevorzugung des ehrenamtlichen Betreuers in § 1897 Abs. 5, 6 BGB soll der Einsatz von „überqualifizierten Betreuern“20 vermieden und die Staatskasse geschont werden. Die Gefahr eines überqualifizierten Betreuers besteht in den hier interessierenden Fallkonstellationen bei der Betreuung eines Unternehmers nicht. Ebenso wenig droht eine Belastung der Staatskasse aufgrund der Mittellosigkeit. Wer sich in die laufenden Geschäfte eines Unternehmens einarbeiten und diese im Folgenden interimistisch führen soll, benötigt erhebliche Kenntnisse im Bereich der Betriebswirtschaftslehre sowie des Wirtschafts- und Steuerrechts. Wenn wegen fehlender Berufsmäßigkeit im Sinne des § 1836 Abs. 1 Satz 2 BGB eine angemessene Vergütung im Sinne des § 1836 Abs. 2 BGB festgesetzt werden kann, können hinreichend qualifizierte Betreuer angeworben werden. Zugleich besteht keine Gefahr für die Landeshaushalte, da § 1836 Abs. 2 Hs. 2 BGB die Bewilligung einer angemessenen Vergütung durch das Betreuungsgericht bei Mitte17 Dies wird teilweise übersehen, beispielhaft dafür: Volpert, NJW 2013, 1287 (ebd.); zutreffend aber: Scharf, FPR 2012, 32 (ebd.). Gegen die von Palandt/Götz, Anh. § 1836 BGB – § 4 VBVG, Rn. 1 vorgebrachte Ansicht, dass es sich bei § 4 Abs. 3 Satz 2 VBVG um ein Redaktionsversehen handele, soll an dieser Stelle der Hinweis genügen, dass sich dem Gesetzgeber bei der Änderung des § 1 VBVG in BGBl. 2008 I, S. 2586 die Gelegenheit geboten hätte, eine ungewollte Fehlverweisung in § 1 VBVG zu korrigieren. Auch bei der Neufassung der Vergütung der Betreuer in BGBl. 2019 I, S. 866 wurde die Regelung lediglich von § 4 Abs. 3 Satz 2 VBVG a. F. wortgleich in § 4 Abs. 4 Satz 2 VBVG n. F. überführt. 18 Vgl.: BeckOGK/Bohnert, § 4 VBVG, Rn. 4; Münchener Kommentar BGB/Fröschle, § 4 VBVG, Rn. 31. 19 Exemplarisch: Münchener Kommentar BGB/Fröschle (8. Auflage 2020), § 4 VBVG, Rn. 28. 20 BT-Drs 13/7158, S. 50.
B. Zumutbarkeit der Übernahme der Betreuung eines Unternehmers
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losigkeit des Betreuten ausschließt. Die Regelvermutung des § 1 Abs. 1 Satz 2 VBVG sowie die zahlreiche Verwendung des Plurals bezogen auf Vormundschaften oder Betreuungen streiten ebenfalls dafür, den Beruf im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 VBVG quantitativ zu betrachten.21 Danach wäre ein, das Unternehmen eventuell seit Jahren begleitender, Dritter wie ein Unternehmensberater, Buchprüfer, Steuerberater oder Rechtsanwalt nicht als berufsmäßiger Betreuer im Sinne der §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1836 Abs. 1 Satz 2 BGB tätig, sofern er keine sonstigen Betreuungen führt.22 c) Schlussfolgerung: Angemessene Vergütung nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1836 Abs. 2 BGB möglich Im Ergebnis ist derjenige, der nur eine Betreuung führt, auch wenn er aufgrund seiner beruflichen Qualifikation geeignet ist, nicht berufsmäßiger Betreuer im Sinne von §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1836 Abs. 1 Satz 2 BGB. Dies ermöglicht es, nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1836 Abs. 2 BGB eine angemessene Vergütung festzusetzen. Ein betreuter Unternehmer wird regelmäßig nicht mittellos im Sinne des §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1836 Abs. 2 Hs. 2 BGB sein. In Anbetracht der Schwierigkeit der betreuungsrechtlichen Geschäfte ist die Festsetzung einer angemessenen Vergütung des Betreuers nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1836 Abs. 2 BGB gerechtfertigt. Die angemessene Vergütung im Sinne des § 1836 Abs. 2 BGB kann höher ausfallen als dies bei einer vergleichbaren Vergütung eines Berufsbetreuers der Fall wäre.23 3. Keine Erhöhung der Vergütung wegen besonderer Schwierigkeiten mittels einer analogen Anwendung des § 3 Abs. 3 VBVG Wer entgegen der hier vertretenen Ansicht die Berufsmäßigkeit des Betreuers ab einer gewissen Komplexität der Betreuungsaufgaben bejaht,24 könnte die Vergütung des Betreuers in Anbetracht der erheblichen Schwierigkeiten auf andere Weise anpassen wollen. Wäre der Betreuer ein Vormund, könnte das Betreuungsgericht nach § 3 Abs. 3 VBVG einen höheren als den vorgesehenen Stundensatz bewilligen. Im Rahmen des § 3 Abs. 3 VBVG werden Vergütungen von bis zu EUR 120,– pro Stunde zugebilligt.25 Die Möglichkeit eines erhöhten Stundensatzes nach § 3 Abs. 3 VBVG sehen die §§ 4 ff. VBVG nur in den Fällen eines gesonderten Betreuers für die Einwilligung in eine Sterilisation nach § 1899 Abs. 2 BGB oder bei 21
BeckOGK/Bohnert, § 1 VBVG, Rn. 18. Dies übersieht Proff, DStR 2020, 1380 (1381 f.), der anführt, eine entgeltliche Betreuung eines Unternehmers werden durch § 1897 Abs. 6 BGB verhindert. 23 OLG München, Beschluss vom 09. 07. 2008 – 33 Wx 119/07, FamRZ 2009, 78 (ebd.); OLG Karlsruhe, Beschluss vom 01. 03. 2007 – 11 Wx 74/06, FamRZ 2007, 1270 (1271). 24 BayObLG, Beschluss vom 09. 10. 1998 – 3Z BR 235/98, NJW-RR 1999, 517 (517). 25 BeckOGK/Bohnert, § 3 VBVG, Rn. 19. 22
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Kap. 5: Anforderungen an die Person des Betreuers
einer ergänzenden Anordnung mehrerer Betreuer nach § 1899 Abs. 4 BGB vor.26 Abgesehen von § 6 VBVG fehlt eine Verweisung in den besonderen Vorschriften zu der Vergütung des Betreuers auf § 3 Abs. 3 VBVG. Dass der Gesetzgeber grundsätzlich bereit gewesen ist, auf § 3 VBVG und damit die einzige Norm des VBVG, die sich ausschließlich auf die Vergütung eines Vormundes bezieht, zu verweisen, zeigt sich an § 4 Abs. 4 Satz 1 VBVG, in dem ausdrücklich § 3 Abs. 2 VBVG genannt wird. Die hier zu untersuchende Bestimmung des § 3 Abs. 3 VBVG wird nicht erfasst. Damit richtet sich die Betreuervergütung ausschließlich nach den §§ 4, 5 VBVG.27 Insofern käme allenfalls eine analoge Anwendung der Vergütung des Vormundes auf den Betreuer in Betracht. Eine analoge Anwendung setzt eine planwidrige Regelungslücke und eine vergleichbare Interessenlage voraus.28 Da es nach der hier vertretenen Auffassung auf die Voraussetzungen der Analogie nicht ankommt, soll an dieser Stelle der Hinweis genügen, dass es jedenfalls an der Planwidrigkeit der Regelungslücke fehlen dürfte. Der Gesetzgeber schuf bei der Neuordnung des Vergütungsrechts für den Vormund die Regelung des § 3 Abs. 3 VBVG und verwies auf diese Sonderregelung zum Beispiel für den Pfleger in § 1915 Abs. 1 Satz 2 BGB.29 Aus dieser bewussten Unterscheidung lässt sich der Schluss ableiten, dass der Gesetzgeber gezielt vorging, sodass bereits eine Regelungslücke fehlen dürfte. 4. Möglichkeiten zur Erhöhung des Verdienstes des Betreuers bei der Betreuung eines Unternehmers Aus Praktikabilitätserwägung kann nur eine Person, die ansonsten keine Betreuungen führt, zum Betreuer eines Unternehmers bestellt werden. Nur dann kann eine angemessene Vergütung nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1836 Abs. 2 BGB festgesetzt werden. Ansonsten dürfte die Übernahme der Betreuung in Anbetracht des gesetzlichen Vergütungssystems nicht zumutbar im Sinne des § 1898 Abs. 1 BGB sein. Wenn allerdings jemand zum Betreuer bestellt worden ist und das Betreuungsgericht die Berufsmäßigkeit festgestellt hat, ist zu untersuchen, ob und inwieweit es Gestaltungsmöglichkeiten gibt, mit denen der Betreuer mittelbar seine Vergütung steigern kann. 26
Jürgens, BtR/von Crailsheim, § 3 VBVG, Rn. 14. § 1899 Abs. 4 BGB liegt nur vor, wenn der Betreuer rechtlich verhindert ist. Eine rechtliche Verhinderung kann zum Beispiel aus einem gesetzlichen Vertretungsverbot folgen, vgl.: Münchener Kommentar BGB/Fröschle, § 6 VBVG, Rn. 3. 27 OLG Schleswig, Beschluss vom 15. 11. 2006 – 2 W 170/06, FamRZ 2007, 236 (237); so auch Lipp, Vorsorgeverfügungen/Lipp, 2009, § 18, Rn. 64 mit dem Hinweis, dass auch die Verwendung des Vermögens des Betreuten nach dessen Vorstellungen gemäß § 1901 Abs. 3 BGB nichts daran zu ändern vermag. 28 Siehe kritisch: Luther, JURA 2013, 449 (453). 29 Vgl. zur Verneinung der Analogievoraussetzungen ausführlich: OLG München, Beschluss vom 21. 11. 2006 – 33 Wx 223/06, NJW-RR 2007, 513 (514).
B. Zumutbarkeit der Übernahme der Betreuung eines Unternehmers
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a) Grundsätzliche Gestaltungsmöglichkeit: Übertragung von Aufgaben mit frei vereinbarer Vergütung Es stellt sich die Frage, ob der Verdienst eines Betreuers mithilfe der Übertragung von Aufgaben auf Dritte erhöht werden kann. Die Vergütung des Dritten könnte unter Umständen deutlich höher ausfallen als die Vergütung des Betreuers nach den §§ 4, 5 VBVG. Eine Vergrößerung der Wertschöpfung könnte sich wie bei der Tätigkeit von Insolvenzverwaltern daraus ergeben, dass der in eine Kanzlei eingebundene Rechtsanwalt als Betreuer einen Sozius mit Aufgaben der Betreuung betrauen dürfte, welcher dann seinerseits eine Abrechnung an den Betreuten schreibt. Bei einem Insolvenzverwalter ist es gemäß § 4 Abs. 1 Satz 3 InsVV möglich, zur Erledigung besonderer Aufgaben im Rahmen der Verwaltung für die Masse einen Dienst- oder Werkvertrag abzuschließen und anschließend eine angemessene Vergütung aus der Masse an die Kanzlei zu zahlen.30 Somit kann der Insolvenzverwalter Rechtsanwälte seiner Kanzlei mandatieren, welche den durch ihre Tätigkeit entstehenden Vergütungsanspruch nach Maßgabe des RVG vom Insolvenzverwalter nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO aus der Masse ersetzt verlangen können.31 Fraglich ist, ob der Betreuer sich ähnlich verhalten und und dafür Aufgaben delegieren kann oder ob dies gegen den Grundsatz der persönlichen Betreuung nach § 1897 Abs. 1 BGB verstößt. § 1897 Abs. 1 BGB ordnet für die Bestellung eines Betreuers an, dass der Betreuer geeignet sein muss, die rechtlichen Angelegenheiten zu erledigen und den Betroffenen in dem dafür erforderlichen Umfang persönlich zu betreuen. Aus dem so statuierten Grundsatz der persönlichen Betreuung lässt sich ableiten, dass jedenfalls eine von dem Betreuer erteilte Generalvollmacht, die das gesetzliche Leitbild der persönlichen Betreuung ins Gegenteil verkehren würde, unzulässig sein muss.32 Vor diesem Hintergrund ist es dem Betreuer verwehrt, zum Beispiel einen wirtschaftlich erfahrenen Experten interimistisch den einzelkaufmännischen Betrieb führen zu lassen. Daher kann beispielsweise die Praxis der Insolvenzverwalter, einen Kollegen aus der eigenen Kanzlei zu mandatieren und diesen Arbeitsaufwand zu vergüten, nicht auf die Betreuung übertragen werden. Ein derartiges Verhalten wird regelmäßig eine Umgehung von § 1897 Abs. 1 BGB darstellen, sodass der in der Kanzlei geleistete Arbeitsaufwand nicht vergütet wird.33 30 Siehe zu einer Kürzung der Vergütung um unberechtigt eingeforderte Gebühren: BGH, Beschluss vom 14. 11. 2012 – IX ZB 95/10, ZInsO 2013, 152 (ebd.); Bruns, ZInsO 2014, 1991 (ebd.). Siehe grundsätzlich Laubereau, ZInsO 2016, 496 (498 ff.). 31 Die Beauftragung eines Rechtsanwaltes mit der Vertretung der Masse ist gerechtfertigt, wenn auch die Voraussetzungen des § 5 InsVV vorliegen. Dies ist der Fall, wenn es sich um einen Sachverhalt handelt, bei welchem ein nicht selbst als Rechtsanwalt zugelassener Verwalter vernünftigerweise einen Rechtsanwalt beauftragt hätte, vgl.: Münchener Kommentar InsO/Riedel, § 4 Abs. 1 InsVV, Rn. 9, 16. 32 BT-Drs 11/4528, S. 68 f.; BeckOK BGB/Müller, § 1902 BGB, Rn. 4; NK-BGB/Heitmann, § 1902 BGB, Rn. 26; OLG Frankfurt, Beschluss vom 13. 10. 2003 – 20 W 300/03, NJWRR 2004, 295 (296). 33 OLG Frankfurt, Beschluss vom 13. 10. 2003 – 20 W 300/03, NJW-RR 2004, 295 (296).
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Kap. 5: Anforderungen an die Person des Betreuers
Fehlt es dem Betreuer an notwendigen Fachkenntnissen, „kann die Heranziehung eines Dritten sogar geboten sein“34. Daher kann der Betreuer die Verwaltung des umfangreichen Vermögens in Ausnahmefällen zumindest teilweise an einen Vermögensverwalter übertragen, dessen Vergütung höher ausfallen kann als diejenige des Betreuers.35 Allerdings immer darauf zu achten, dass der Grundsatz der persönlichen Betreuung, welcher auch durch das Rückspracheerfordernis des § 1901 Abs. 3 Satz 3 BGB verdeutlich wird, gewahrt bleibt. Insgesamt stellt die Übertragung von Aufgaben bei Berufsbetreuern grundsätzlich kein geeignetes Mittel dar, um eine angemessene Vergütung zu generieren und damit die Zumutbarkeit der Betreuung durch einen hinreichend qualifizierten Betreuer sicherzustellen. b) Gesetzliche Gestaltungsmöglichkeit bei Rechtsanwälten oder Steuerberatern: Kein unentgeltlicher Einsatz von Sonderwissen gemäß §§ 1835 Abs. 3 BGB, 5 Abs. 5 Satz 2 VBVG, 1 Abs. 2 Satz 3 RVG Eine dem Verhältnis von Haftungsrisiken und Aufwand gerecht werdende Vergütung könnte durch den Einsatz von Sonderwissen gemäß §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1835 Abs. 3 BGB sichergestellt werden. Nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1835 Abs. 3 BGB hat der Betreuer einen Anspruch auf Aufwendungsersatz gegen den Betreuten für in Zusammenhang mit der Betreuung anfallende Aufwendungen, die zu dem Beruf des Betreuers gehören. Dafür muss der Betreuer einen Beruf oder ein Gewerbe selbständig ausüben. Aus Sicht eines objektiven Dritten muss die Komplexität und der Umfang des Einzelfalles eine berufliche Erledigung notwendig erscheinen lassen, wobei die berufliche Tätigkeit vergütungspflichtig ist.36 Konkret müssen die freiwilligen Vermögenseinbußen, die Aufwendungen, innerhalb der dem Betreuer zugeordneten Aufgabenkreise angefallen sein.37 Die Abgrenzung, wann eine Tätigkeit des Betreuers im Rahmen der Betreuertätigkeit als abgegolten gilt und wann eine zum Beispiel nach dem RVG oder dem StBVV zu vergütende Tätigkeit vorliegt, bemisst sich danach, ob ein Dritter einen Experten herangezogen hätte.38 34
OLG Schleswig, Urteil vom 16. 07. 2020 – 2 U 7/19, BeckRS 2020, 17731, Rn. 179. BeckOK BGB/Bettin, § 1836 BGB, Rn. 13; Zimmermann, DStR 2007, 1322 (1324). Sofern der Vermögensverwalter dem Betreuer ein Handeln im Außenverhältnis einer Kommanditgesellschaft abnimmt, stellt dies im Lichte der „Holiday-Inn Rechtsprechung“ des BGH keinen Verstoß gegen den Grundsatz der Selbstorganschaft dar, sofern der Betreuer als gesetzlicher Vertreter des Gesellschafters erstens die Geschäftsführungsbefugnis des Vermögensverwalters widerrufen kann und zweitens weisungsbefugt gegenüber dem Vermögensverwalter ist, vgl.: BGH, Urteil vom 05. 10. 1981 – II ZR 203/80, NJW 1982, 1817 (ebd.); siehe auch: BGH, Urteil vom 20. 09. 1993 – II ZR 204/92, MittRhNotK 1994, 224 (ebd.). Siehe vertiefend zu einem Auftreten des Betreuers im gesellschaftsrechtlichen Außenverhältnis: Kapitel 4 A. 36 Klumpp, BWNotZ 2016, 130 (ebd.); Münchener Kommentar BGB/Fröschle, § 1835 BGB, Rn. 40 ff. 37 Fischer, Rpfleger 2016, 129 (ebd.). 38 BGH, Beschluss vom 20. 12. 2006 – XII ZB 118/03, NJW 2007, 844 (846); BGH, Beschluss vom 17. 11. 2010 – XII ZB 244/10, FamRZ 2011, 203 (204); BeckOGK/Bohnert, 35
B. Zumutbarkeit der Übernahme der Betreuung eines Unternehmers
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Denn nur bei einer objektiv notwendigen Konsultation eines Experten darf der Betreuer die Aufwendungen nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1835 Abs. 1, 670 BGB für erforderlich halten. Gleiches gilt bei einem Rechtsanwalt als Betreuer, wenn ein anwaltliches Tätigwerden aufgrund des bestehenden Anwaltszwanges beispielsweise nach § 78 Abs. 1 ZPO zwingend ist.39 Im außergerichtlichen Bereich kann die Beauftragung eines Rechtsanwaltes als notwendig angesehen werden, wenn die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 RDG vorliegen, also eine rechtliche Prüfung des Einzelfalles erforderlich ist.40 Auch ein Steuerberater, der bereits zuvor die Steuererklärungen des Betreuten angefertigt hat, kann die entsprechenden Gebühren zusätzlich zu der Pauschalvergütung ersetzt verlangen.41 Da dem Betreuer nicht auferlegt wird, sein Fachwissen unentgeltlich einzusetzen, kann er über § 1835 Abs. 3 BGB in Verbindung mit § 5 Abs. 5 Satz 2 VBVG die übliche Vergütung des jeweiligen Berufsstandes verlangen.42 Korrespondierend bestimmt für Rechtsanwälte zwar § 1 Abs. 2 Satz 2 RVG, dass der Geltungsbereich des RVG die Tätigkeit als Betreuer nicht umfasst, weil insoweit die Regelungen des VBVG gelten. Allerdings enthält § 1 Abs. 2 Satz 3 RVG eine § 5 Abs. 5 Satz 2 VBVG vergleichbare Öffnungsklausel bezogen auf § 1835 Abs. 3 BGB.43 Eine zusätzliche Vergütung kann der Betreuer nur verlangen, wenn der Anspruch aus §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1835 Abs. 3 BGB neben die Pauschalvergütung tritt. Ein Nebeneinander von dem Pauschalvergütungsanspruch und dem Aufwendungsersatzanspruch nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1835 Abs. 3 BGB bestünde nicht, wenn dem Betreuer hinsichtlich der berufsspezifischen Dienste ein Wahlrecht zwischen der pauschalierten Vergütung nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1836 Abs. 1 Satz 2, 3 BGB in Verbindung mit §§ 4, 5 VBVG und dem Anspruch aus §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1835 Abs. 3 BGB zustehen würde.44 Teilweise wird die Frage nach § 1835 BGB, Rn. 65; Fischer, Rpfleger 2016, 129 (131); Volpert, NJW 2013, 1287 (1289); Zimmermann, ZAP 2014, 1201 – ZAP Fach 11, 1269 (1275). 39 BGH, Beschluss vom 20. 12. 2006 – XII ZB 118/03, NJW 2007, 844 (846); BGH, Beschluss vom 17. 11. 2010 – XII ZB 244/10, FamRZ 2011, 203 (204) bezogen auf einen Verfahrenspfleger; Fischer, Pfleger 2016, 129 (131); Volpert, NJW 2013, 1287 (1289); Zimmermann, ZAP 2014, 1201 – ZAP Fach 11, 1269 (1275). Das Bundesverfassungsgericht folgerte aus der Möglichkeit der Erhöhung der Vergütung nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1835 Abs. 3 BGB auch die Angemessenheit der Vergütungsregelungen: BVerfG, Beschluss vom 15. 12. 1999 – 1 BvR 1904/95, 602, 1032/96, 1395, 2284/97, 1126, 1158/94, 1661, 2180/95, 283, 224/97, 35/98, BVerfGE 101, 331 (351 ff.). 40 Fischer, Rpfleger 2016, 129 (ebd.). 41 Zimmermann, DStR 2007, 1322 (1324); vgl. bezogen auf therapeutische Dienste: BayObLG, Beschluss vom 17. 02. 1998 – 3Z BR 333/97, FamRZ 1998, 1050 (1051). 42 BGH, Beschluss vom 04. 12. 2013 – XII ZB 57/13, FamRZ 2014, 472 (ebd.); Zimmermann, DStR 2007, 1322 (1324); Münchener Kommentar BGB/Fröschle, § 1835 BGB, Rn. 44 f. 43 Bienwald, FPR 2012, 28 (30). Die Geltendmachung von Aufwendungen nach § 1835 Abs. 3 BGB sollte durch die Reform des VBVG nicht geändert werden, vgl. BT-Drs 19/8694, S. 8. 44 Volpert, NJW 2013, 1287 (1289); vgl. auch: OLG Frankfurt, Beschluss vom 12. 02. 2015 – 4 WF 209/14, JurBüro 2015, 420 (ebd.). Die Verweisung des Vierten Senats des OLG auf
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Kap. 5: Anforderungen an die Person des Betreuers
dem Nebeneinander der Verdienstmöglichkeiten davon abhängig gemacht, ob die Tätigkeiten im Einzelfall trennbar sind.45 Der Anspruch aus §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1835 Abs. 3 BGB könnte dem Berufsbetreuer auch kumulativ zu der pauschalierten Vergütung nach den §§ 4, 5 VBVG zustehen.46 Der Wortlaut von § 1835 Abs. 3 BGB gibt im Vergleich mit § 1836 Abs. 1 Satz 2, 3 BGB keinen Aufschluss über das Verhältnis der unterschiedlichen Verdienstmöglichkeiten. Historisch spricht für einen zusätzlichen Verdienst in Fällen des § 1835 Abs. 3 BGB, dass es dem Betreuer vor dem Inkrafttreten des VBVG zum 01. Juli 2005 nach § 1836 Abs. 2 BGB a. F. möglich war, nach tatsächlich gearbeiteten Stunden abzurechnen und auf diese Weise eine Erhöhung seiner Vergütung bei beruflichem Tätigwerden erreichen konnte.47 Systematisch streitet für die kumulative Anwendbarkeit von Pauschalvergütung und dem Aufwendungsersatzanspruch, dass § 5 Abs. 5 Satz 2 VBVG den § 1835 Abs. 3 BGB unberührt lässt. Dabei sind nach § 5 Abs. 5 Satz 1 VBVG anlässlich der Betreuung entstanden Aufwendungen durch die Fallpauschalen auch abgegolten. § 5 Abs. 5 Satz 2 VBVG nimmt das berufliche Sonderwissen somit aus der Pauschalabgeltung heraus. Zudem ist der Rechtsgedanke, berufliches Sonderwissen gesondert zu vergüten, im Privatrecht allgemein anerkannt. So bestimmt sich der Anspruchsinhalt bei der Geschäftsführung ohne Auftrag nach § 1835 Abs. 3 BGB analog.48 Wer beispielsweise von einem Arzt in einer Notsituation gerettet wird, sieht sich für das eingesetzte Sonderwissen einem höheren Aufwendungsersatzanspruch gegenüber.49 Im Ergebnis bieten die §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1835 Abs. 3 BGB eine Möglichkeit, eine zusätzliche Vergütung zu erhalten. Ein praktischer Vorteil eines Aufwendungsersatzanspruches bei einem gemäß §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1836d BGB vermögenden Betreuten liegt neben der zusätzlichen Vergütung darin, dass der für den Aufgabenkreis der Vermögenssorge bestellte Berufsbetreuer zur Entnahme des Aufwendungsersatzes ohne Genehmigung des Betreuungsgerichts berechtigt ist.50
die BGH Rechtsprechung übersieht jedoch: BGH, Beschluss vom 14. 05. 2014 – XII ZB 683/11, FamRZ 2014, 1628 (ebd.). Siehe zum Wahlrecht vor Einführung des VBVG: OLG Köln, Beschluss vom 26. 06. 2002 – 16 Wx 109/02, NJW-RR 2003, 712 (ebd.). 45 BeckOGK/Bohnert, § 1835 BGB, Rn. 70; JurisPK-BGB/Pammler-Klein, § 1835 BGB, Rn. 84. 46 Deutlich: BGH, Beschluss vom 14. 05. 2014 – XII ZB 683/11, FamRZ 2014, 1628 (ebd.); noch offen gelassen in: BGH, Beschluss vom 04. 12. 2013 – XII ZB 57/13, FamRZ 2014, 472 (473); vgl. auch: Jürgens, BtR/von Crailsheim, § 1835 BGB, Rn. 15; Fischer, Rpfleger 2016, 129 (ebd.). 47 BGH, Beschluss vom 14. 05. 2014 – XII ZB 683/11, FamRZ 2014, 1628 (ebd.). 48 RG, Urteil vom 25. 10. 1935 – III 37/35, RGZ 149, 121 (124 f.); Münchener Kommentar BGB/Schäfer, § 683 BGB, Rn. 28. 49 Vgl.: BGH, Urteil vom 17. 11. 2011 – III ZR 53/11, NJW 2012, 1648 (1651); AG BerlinCharlottenburg, Urteil vom 17. 07. 2013 – 214 C 300/12, BeckRS 2014, 02286; siehe auch m. w. N.: BeckOGK/Thole, § 683 BGB, Rn. 45 ff. 50 Klumpp, BWNotZ 2016, 130 (ebd.).
B. Zumutbarkeit der Übernahme der Betreuung eines Unternehmers
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Damit haben jedenfalls Rechtsanwälte und Steuerberater über §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1835 Abs. 3 BGB die Gelegenheit, eine zusätzliche Vergütung für berufsspezifische Handlungen zu erarbeiten. 5. Zwischenergebnis Ob die Möglichkeit einer Übertragung von Aufgaben mit frei vereinbarter Vergütung oder der Aufwendungsersatzanspruch von Steuerberater oder Rechtsanwalt gegen den Betreuten gemäß §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1835 Abs. 3 BGB dazu führt, dass die Betreuung zumutbar ist, ist eine Frage des Einzelfalls. Jedem, der mehrere Betreuungen führt, kann nach dem bisher Gesagten nur davon abgeraten werden, die Betreuung eines Unternehmers zu übernehmen. Die sich stellenden Aufgaben als Betreuer eines Unternehmers sind, wie die bisherige Ausarbeitung zeigt, äußerst vielfältig. Die Bewältigung dieser Aufgaben wird mit einem erheblichen Arbeitseinsatz einhergehen. Die EUR 486,– pro Monat, die es als Fallpauschale in den ersten drei Monaten der Betreuung maximal geben kann, sind für diesen Arbeitsaufwand nicht ausreichend.
III. Zur Zulässigkeit einer privatautonomen Vergütungsvereinbarung 1. Vorteile einer Vergütungsvereinbarung Die Zumutbarkeit der Übernahme der Betreuung eines Unternehmers könnte durch eine privatautonome Vergütungsvereinbarung mit einem deutlich höheren Stundensatz sichergestellt werden. Auf diese Weise könnten Arbeitsaufwand, Komplexität und Haftung in ein Verhältnis gesetzt werden, welches den Spezifika der Führung der Betreuung eines Unternehmers angemessen ist. Eine Vergütungsvereinbarung würde den Einwand, die Führung der Betreuung sei unzumutbar, entkräften und zugleich ermöglichen, einen fachlich geeigneten Betreuer zu bestellen. 2. Keine Vergütungsvereinbarung bei angeordneter Betreuung und geschäftsfähigem Betreuten möglich Ist der Betreute noch geschäftsfähig und steht unter keinem Einwilligungsvorbehalt, kann der Betreute mit dem Betreuer eine Vergütungsvereinbarung schließen. Allerdings führt der Vertragsschluss betreffend die Vergütung des Betreuers nicht zu dem aus Sicht der Parteien gewünschten Ergebnis. Zwar stellt eine Vergütungsvereinbarung sicher, dass die Übernahme der Betreuung zumutbar im Sinne des § 1898 Abs. 1 BGB ist. Allerdings kann derjenige, der eine Vergütungsvereinbarung aushandelt und abschließt, auch mit einer Vorsorgevollmacht selbst Vorsorge treffen. Die Fähigkeit, eine Honorarvereinbarung auszuhandeln, kontraindiziert die Erfor-
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Kap. 5: Anforderungen an die Person des Betreuers
derlichkeit der Betreuung gemäß § 1896 Abs. 2 Satz 1 BGB. Wer eine Betreuungsvergütungsvereinbarung aushandeln kann, kann auch seine sonstigen Angelegenheiten selbst regeln. Daher ist die Betreuung gemäß § 1896 Abs. 2 Satz 1, 2, 1908d Abs. 1 BGB aufzuheben.51 3. Zulässigkeit einer privatautonomen Vergütungsvereinbarung bei einem geschäftsunfähigem Betreuten unter Zuhilfenahme eines Ergänzungsbetreuers Sollte der Betreute nicht geschäftsfähig sein, kann der Betreuer wegen §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1795 Abs. 2, 181 BGB die Vereinbarung nicht als Vertreter des Betreuten und zugleich als Vertragspartner mit sich selbst schließen.52 Stattdessen wäre ein Ergänzungsbetreuer zu bestellen.53 Mit der Bestellung eines Ergänzungsbetreuers ginge eine zeitliche Verzögerung einher. Strittig ist, inwieweit die §§ 4, 5 VBVG dispositiv sind und eine privatautonome Vereinbarung zulassen.54 Gegen die Zulässigkeit einer Vergütungsvereinbarung spricht, dass der Vergütungsanspruch des Betreuers dadurch entsteht, dass der Betreuer durch Beschluss des Betreuungsgerichts ernannt wird. Infolge der Ernennung durch staatliche Stellen könnte der Umfang des Vergütungsanspruches nicht der Disposition der Parteien unterliegen.55 Mit der pauschalierten Vergütung in Form von Fallpauschalen geht die Gefahr einher, dass zwischen Aufwand des Betreuers und seiner Vergütung eine erhebliche
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Zimmermann, ZAP 2014, 1201 – ZAP Fach 11, 1269 (1277); a. A.: LG Kleve, Beschluss vom 23. 05. 2016 – 4 T 39/16, FamRZ 2016, 2034 (ebd.). Vgl. zur der parallelen Konstellation, dass ein Betreuter, der fähig ist, einen eigenen Willen zu bilden, mit der Anordnung der Betreuung grundsätzlich einverstanden ist, aber verlangt, dass eine bestimmte Person zum Betreuer bestellt werden solle, die aus Sicht des Betreuungsgerichts objektiv ungeeignet ist: BGH, Beschluss vom 07. 12. 2016 – XII ZB 346/16, NJW-RR 2017, 258 (ebd.). 52 Bienwald, Rpfleger 2002, 423 (424); Bienwald/Sonnenfeld/Harm/Bienwald, § 1836 BGB, Rn. 59. 53 Siehe zum Ergänzungsbetreuer oben: Kapitel 2 C. VIII. Teilweise wird in derartigen Konstellationen § 1909 BGB entsprechend angewendet und von einem Ergänzungspfleger gesprochen, vgl.: Münch/Schaal, 2016, § 17, Rn. 64. Von der Zulässigkeit eines Ergänzungspflegers für einen Betreuer geht auch aus: BGH, Beschluss vom 21. 10. 2009 – XII ZB 66/ 08, FamRZ 2010, 199 (201). Ausgehend vom Gesetzestext muss aber ein Ergänzungsbetreuer nach § 1899 Abs. 4 BGB bestellt werden, siehe dazu: BeckOGK/Sonnenfeld, § 1795 BGB, Rn. 111, 113. 54 Die Zulässigkeit wurde bereits bei der Vorgängerregelung des § 1 Abs. 3 Satz 1 BVormG offen gelassen in: BayObLG, Beschluss vom 21. 06. 2001 – 3Z BR 173/01, FamRZ 2002, 130 (131); BayObLG, Beschluss vom 24. 06. 2004 – 3Z BR 96/04, FPR 2004, 710 (711). 55 Bienwald, Rpfleger 2002, 423 (ebd.); Münchener Kommentar BGB/Fröschle, § 1836 BGB, Rn. 4. Als Konsequenz scheidet auch eine Vereinbarung zwischen Betreuer und Ersatzbetreuer nach § 1899 Abs. 4 BGB aus: LG Köln, Beschluss vom 04. 08. 2008 – 1 T 219/ 08, BeckRS 2009, 06368.
B. Zumutbarkeit der Übernahme der Betreuung eines Unternehmers
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Diskrepanz entsteht.56 Auch die Vergütung nach dem VBVG steht in keiner angemessenen Relation zu einer möglichen Haftung des Betreuers nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1833 Abs. 1 Satz 1 BGB.57 Um Unbilligkeiten zu vermeiden wird daher anknüpfend an eine BGH-Entscheidung aus dem Jahr 200958 vorgeschlagen, dass „in Ausnahmefällen“59, bei besonderer Komplexität, eine Vereinbarung über die Vergütung zwischen Betreuer und Ergänzungsbetreuer zulässig sein müsse. Der Entscheidung des BGH lag die Verwaltung des Vermögens eines ehemaligen Vorstandsmitgliedes eines großen Unternehmens zugrunde. Der XII. Senat des BGH führte aus, dass eine Vergütungsvereinbarung in Betracht komme, „wenn die auf vertraglicher Grundlage zu vergütenden Leistungen des Betreuers außerhalb der eigentlichen Betreuung liegen“60. Sofern die Leistungen des Betreuers allerdings zu den „eigentlichen Betreueraufgaben“ gehörten, unterfalle das Tätigwerden des Betreuers der pauschalierten Vergütung.61 Der XII. Senat griff in der Entscheidung den Rechtsgedanken des §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1835 Abs. 3 BGB auf. Maßgeblich sei insoweit, ob eine nicht unter Betreuung stehende Durchschnittsperson für die konkrete Aufgabe auf professioneller Hilfe zurückgegriffen hätte.62 Eine nicht unter Betreuung stehende Durchschnittsperson würde sowohl für die vermögensverwaltenden als auch die gesellschaftsrechtlichen Fragestellungen, die mit der Betreuung eines Unternehmers einhergehen, professionelle Hilfe in Anspruch nehmen. Daher könnte die Betreuung eines Unternehmers einen Ausnahmefall darstellen, sodass der Betreuer und ein zu bestellender Ergänzungsbetreuer eine Vergütungsvereinbarung treffen können. In der Vereinbarung könnte ein Stundensatz festgelegt werden, der den Arbeitsaufwand, die Komplexität und das Haftungsrisiko hinreichend abdeckt. Um den mit der Bestellung eines Ergänzungsbetreuers einhergehenden Zeitverlust zu vermeiden, könnte eine Vergütungsvereinbarung mit einer Vertrauensperson bereits präventiv für den Fall der Betreuungsbedürftigkeit geschlossen werden. Der Vertrag könnte beispielsweise unter die aufschiebenden Bedingungen des Eintritts der Betreuungsbedürftigkeit und der Ernennung des Wunschbetreuers zum Betreuer gestellt werden. Parallel zu einer errichteten Betreuungsverfügung gemäß §§ 1897 Abs. 4 Satz 1, 1901c BGB könnte mit dem in der Betreuungsverfügung benannten Wunschbetreuer eine angemessene Vergütung vereinbart werden, welcher der dann 56 Vgl. für ein plastisches Beispiel zum alten Recht: Zimmermann, ZAP 2014, 1201 – ZAP Fach 11, 1269 (1277), welcher darauf hinweist, dass die in der pauschalierten Vergütung nach § 4 Abs. 2 Satz 1 VBVG a. F. enthaltenen Reisekosten des Betreuers für sich genommen bereits die Vergütung übersteigen können. 57 OLG München, Beschluss vom 22. 02. 2008 – 33 Wx 34/08, FamRZ 2008, 1560 (1561); siehe zu den Regelungen der Betreuervergütung: Kapitel 5 B. II. 58 BGH, Beschluss vom 21. 10. 2009 – XII ZB 66/08, FamRZ 2010, 199 (201). 59 Palandt/Götz, Anh. § 1836 BGB – § 4 VBVG, Rn. 18; Erman/Posselt, Anh. § 1836 BGB, Rn. 1b; NK-BGB/Fritsche, § 1836 BGB, Rn. 1; BGH, Beschluss vom 21. 10. 2009 – XII ZB 66/ 08, FamRZ 2010, 199 (201). 60 BGH, Beschluss vom 21. 10. 2009 – XII ZB 66/08, FamRZ 2010, 199 (201). 61 BGH, Beschluss vom 21. 10. 2009 – XII ZB 66/08, FamRZ 2010, 199 (201). 62 BGH, Beschluss vom 21. 10. 2009 – XII ZB 66/08, FamRZ 2010, 199 (201).
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Kap. 5: Anforderungen an die Person des Betreuers
zum Betreuer ernannte dem Betreuungsgericht vorlegen kann. Eine zeitlich vor der Betreuung getroffene Vereinbarung wäre ein deutlich geäußerter Wunsch des Betreuten, den auch das Betreuungsgericht zu beachten hätte. Bezogen auf die Vermögenssorge ist einem Wunsch des Betroffenen nur dann nicht zu folgen, wenn die Befolgung des Wunsches des Betreuten zu einer Gefährdung höherrangiger Rechtsgüter des Betroffenen oder zu einer erheblichen Verschlechterung der gesamten Lebens- und Vermögenssituation beitragen würde.63 Sofern die Vergütungsvereinbarung nicht das Vermögen des Betreuten im Ganzen gefährdet und damit als selbstschädigend dem Wohl des Betreuten zuwiderliefe, könnte das Betreuungsgericht zur Achtung der Vereinbarung gezwungen sein. Eine präventiv geschlossene Vergütungsvereinbarung könnte eine sinnvolle Ergänzung einer Betreuungsverfügung gemäß §§ 1897 Abs. 4 Satz 1, 1901c BGB darstellen. Eine im Vorfeld geschlossene Vergütungsvereinbarung setzt voraus, dass die bereits angesprochene BGH-Entscheidung64 inhaltlich zutreffend ist. Gegen die in der Entscheidung angesprochene Differenzierung zwischen „eigentlicher“ und „uneigentlicher“ Betreuung spricht, dass der Wortlaut der §§ 1896 ff. BGB zwischen derartigen Kategorien differenziert. Der Abschluss einer Vergütungsvereinbarung mit dem Betreuer ist zumindest auch eine eigene Angelegenheit des Betreuers.65 Weiter könnte gegen die Zulässigkeit einer Vergütungsvereinbarung streiten, dass sich die Vergütung aus dem staatlich verliehenen Amt des Betreuers ergibt.66 In anderen Fällen, in denen der Staat einer Person per Hoheitsakt Rechtsmacht überträgt, richtet sich die Vergütung regelmäßig ebenfalls nach gesetzlichen Vorschriften.67 Dennoch führt die Schutzbedürftigkeit des Betroffenen dazu, dass der Entscheidung des BGH zuzustimmen ist. Die Gesetzesbegründungen betonen die Wertschätzung, die dem Betroffenen entgegengebracht werden soll, indem jeder Betroffene individuell geschützt und die Position des Einzelnen gestärkt wird.68 Darüber hinaus gibt § 1901 Abs. 2 Satz 2 BGB vor, dass zum Wohl des Betreuten gehört, im Rahmen seiner Fähigkeiten sein Leben nach seinen eigenen Wünschen und Vorstellungen zu gestalten. Ein hilfsbedürftiger Unternehmer wird regelmäßig nicht erbaut darüber sein, dass er nicht mehr in der Lage ist, selbst Entscheidungen für ein Unternehmen zu treffen. Dennoch wird es in aller Regel seinen Vorstellungen 63 BGH, Urteil vom 22. 07. 2009 – XII ZR 77/06, BGHZ 182, 116 (125); Münchener Kommentar BGB/Schwab, § 1901 BGB, Rn. 17. Siehe zu dem Schutz vor Selbstschädigungen durch den Betreuer darüber hinaus: Kapitel 2 A. II. 1. c). 64 BGH, Beschluss vom 21. 10. 2009 – XII ZB 66/08, FamRZ 2010, 199 (201). 65 Staudinger/Bienwald (2014), § 1836 BGB, Rn. 234 geht noch weiter und stellt die These auf, dass der Abschluss einer Vergütungsvereinbarung nicht in den Zuständigkeitsbereich der Betreuung falle. 66 LG Saarbrücken, Beschluss vom 14. 11. 2008 – 5 T 156/08, Juris, Rn. 18 (insoweit nicht abgedruckt in FamRZ 2009, 1091); LG Köln, Beschluss vom 04. 08. 2008 – 1 T 219/08, BeckRS 2009, 06368. 67 Vgl. beispielsweise für den Insolvenzverwalter in Abhängigkeit zur Größe der Insolvenzmasse: § 63 Abs. 1 InsO in Verbindung mit §§ 1 ff. InsVV. 68 BT-Drs 11/4528, S. 1, 52, 59.
B. Zumutbarkeit der Übernahme der Betreuung eines Unternehmers
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entsprechen, dass zumindest ein Experte mit der Erledigung seiner Aufgaben betraut wird. Ein den Vorstellungen des Betroffenen entsprechender Experte kann die Betreuung nicht in dem notwendigen Umfang führen, wenn er parallel in diversen weiteren Betreuungsverfahren handeln muss. Daher wird es den Vorstellungen eines Unternehmers entsprechen, dass ein Experte mit einem erheblichen zeitlichen Engagement an seiner Statt und für ihn auftritt. Dazu passend gibt § 1901 Abs. 2 Satz 1 BGB vor, dass der Betreuer die Angelegenheiten des Betreuten so zu besorgen hat, wie es dessen Wohl entspricht. Die Spezifikation des „Wohls“ hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und bemisst sich unter anderem danach, was für einen Betreuten in der konkreten Situation erreichbar ist.69 Wenn ein Unternehmer nicht selbst geregelt hat, wer im Fall seiner Unfähigkeit handeln soll, weil keine Vorsorgevollmacht errichtet ist, wird es ihm umso mehr darauf ankommen, dass sich zumindest ein Experte um seine Angelegenheiten kümmert. Dass dieser Experte in Situationen, in denen ein objektiver Dritter auf professionelle Unterstützung zurückgegriffen hätte, eine höhere Vergütung erhält, als es die Regelungen des VBVG vorsehen, entspricht dem Wohl des Betreuten. Denn für einen betreuten Unternehmer wird es primär darauf ankommen, dass wirtschaftlich fundierte Entscheidungen getroffen werden. Somit ist eine Vergütungsvereinbarung in Ausnahmefällen zulässig. Die Betreuung eines Unternehmers wird regelmäßig eine derartige Ausnahme darstellen.
IV. Zwischenergebnis zur Zumutbarkeit der Betreuung eines Unternehmers Sofern der Betreuer bis auf die in Rede stehende Betreuung keine Betreuungen führt, ist er aufgrund der quantitativen Bestimmung der Berufsmäßigkeit der §§ 5 Abs. 5 Satz 2, 1 Abs. 1 Satz 1, 2 Nr. 1 VBVG nicht berufsmäßig tätig, sodass eine angemessene Vergütung gemäß §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1836 Abs. 2 BGB bewilligt werden kann. Die angemessene Vergütung wird und muss bei einem betreuten Unternehmer höher ausfallen als die vorgesehenen Fallpauschalen der §§ 4, 5 VBVG. Nur bei Bewilligung einer angemessenen, deutlich höheren als der gesetzlichen Vergütung, ist der Betreuer in der Lage, eine im Vergleich zu der Haftung und dem Arbeitsumfang angemessene Vergütung zu erwirtschaften. Sofern der Betreuer auch andere Betreuungen führt, kann er mithilfe von § 5 Abs. 5 Satz 2 VBVG und § 1835 Abs. 3 BGB zusätzlich zu seiner pauschalierten Vergütung einen Aufwendungsersatzanspruch geltend machen, sofern er Aufwendungen macht, die zu seinem Beruf gehören. Ob diese zusätzlichen Einnahmen zur Zumutbarkeit der Übernahme der Betreuung führen, ist eine Frage des Einzelfalls. Eine Vergütungsvereinbarung zwischen einem Betreuer und einem Ergänzungsbetreuer ist ausnahmsweise zulässig, weil sich die Betreuung eines Unternehmers durch überdurchschnittliche Komplexität und quantitativ herausfordernde Entscheidungen 69
Vgl. vertiefend zur Auslegung des „Wohls“: Kapitel 2 A. II. 1. c).
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Kap. 5: Anforderungen an die Person des Betreuers
auszeichnet. Nur mithilfe einer ausnahmsweise zulässigen Vergütungsvereinbarung oder einer bewilligten höheren Vergütung nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1836 Abs. 2 BGB ist die Führung der Betreuung eines Unternehmers zumutbar im Sinne des § 1898 Abs. 1 BGB. Bezogen auf die Zumutbarkeit der Betreuung und eine zur Haftung im Verhältnis stehende Verdienstmöglichkeit zeigt sich ein großer Vorteil der Vorsorgevollmacht. Denn wer eine Vorsorgevollmacht errichtet, kann die Vergütung fraglos privatautonom vereinbaren. Mithilfe der von der Rechtsprechung vorgesehenen Möglichkeit einer Vergütungsvereinbarung zwischen Betreuer und Ergänzungsbetreuer oder einer angemessenen, nicht pauschalierten Vergütung nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1836 Abs. 2 BGB ist die Betreuung eines Unternehmers indes auch zu leisten. Auf Grundlage der Fallpauschalen kann jedoch von niemandem verlangt werden, die Betreuung eines Unternehmers zu übernehmen. In Anbetracht der rechtlichen Unsicherheiten spricht die frei aushandelbare Vergütung eines Vorsorgebevollmächtigten deutlich für die Vorsorgevollmacht und gegen die Betreuung eines Unternehmers.
C. Auswahl des Betreuers Für die Betreuung eines Unternehmers sind der Sachverstand und die zeitliche Einsatzbereitschaft eines Betreuers von erheblicher Relevanz. Nach § 1897 Abs. 6 BGB soll derjenige, der Betreuungen im Rahmen seiner Berufsausübung führt, nur dann zum Betreuer bestellt werden, wenn keine andere geeignete Person zur Verfügung steht, die zur ehrenamtlichen Führung der Betreuung bereit ist. Die Berufsmäßigkeit des Betreuers wird regelmäßig als Gegensatz zur Ehrenamtlichkeit im Sinne des § 1897 Abs. 6 BGB angesehen.70 Mit dem „Sparsamkeitsappell“ des Gesetzes kollidiert das soeben gefundene Ergebnis nicht, weil die Haushalte der Länder bei einem nicht mittellosen Betreuten nicht belastet werden. Fraglich ist daher vor allem, ob das Betreuungsgericht einen mit dem Unternehmen bekannten und dem Unternehmer vertrauten, ansonsten nicht als Betreuer auftretenden Dritten, zum Betreuer bestellen darf. Welche natürliche Person zum Betreuer bestellt wird, steht im Ermessen des Gerichts. Nach § 1897 Abs. 4 Satz 1 BGB ist derjenige, der von dem Betroffenen vorgeschlagen worden ist, zum Betreuer zu bestellen, sofern keine erheblichen Zweifel an dessen Eignung bestehen.71 Fehlt es an einem Vorschlag, soll gemäß § 1897 Abs. 5 BGB bei der Auswahl
70 Bienwald/Sonnenfeld/Harm/Bienwald, § 1897 BGB, Rn. 33; BeckOK BGB/Müller, § 1897 BGB, Rn. 22. 71 Die Betreuungsverfügung im Sinne des § 1897 Abs. 4 Satz 1 BGB „erfordert in der Regel weder Geschäftsfähigkeit noch natürliche Einsichtsfähigkeit. Vielmehr genügt, dass der Betroffene seinen Willen oder Wunsch kundtut, eine bestimmte Person solle Betreuer werden“, so
D. Ergebnis zu der Person des Betreuers und der Übernahme der Betreuung
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des Betreuers auf die verwandtschaftlichen und sonstigen persönlichen Bindungen des Volljährigen geachtet und gleichzeitig das Bestehen von Interessenkonflikten vermieden werden. Zwar kann die Anordnung einer Betreuung auch im Falle des Bestehens substantiierter Drittinteressen erforderlich sein; gemeint sind damit jedoch regelmäßig gegen den Betreuten durchzusetzende Ansprüche.72 Zum Wohle von Mitgesellschaftern oder einer Körperschaft wird eine Betreuung nicht angeordnet. Denn das Verfahren richtet sich nach dem Wohl des Betreuten und nicht nach den Wünschen dieser Dritten. Insofern haben Mitgesellschafter nur die Möglichkeit, dem Betreuungsgericht Vorschläge hinsichtlich der Person des Betreuers zu unterbreiten.73 Weil die Betreuung zum Wohle des Betreuten geführt werden muss, kann das Betreuungsgericht in Anbetracht der Komplexität der den Betreuer erwartenden Aufgaben nicht ohne weiteres einen ansonsten ungeeigneten Verwandten allein aufgrund der verwandtschaftlichen Bindung zum Betreuer bestellen.
D. Ergebnis zu der Person des Betreuers und der Zumutbarkeit der Übernahme der Betreuung Dritte, wie Mitgesellschafter, haben keinen Einfluss darauf, wer zum Betreuer bestellt wird. Die Errichtung einer Betreuungsverfügung ist daher eine lohnende Vorsorgestrategie. Aber auch ohne Betreuungsverfügung steht§ 1897 Abs. 5, 6 BGB der Ernennung eines Experten für die Betreuung eines Unternehmers aufgrund der Komplexität und des Umfangs der den Betreuer erwartenden Aufgaben nicht entgegen. Denn das Bestreben, die Kosten der Betreuung zu minimieren, kann nicht dazu führen, dass das Wohl des Betreuten außer Acht gelassen wird. Aufgrund des Eingriffscharakters der Ernennung eines Betreuers ist das Betreuungsgericht zu einem mit dem Wohl des Betreuten korrelierenden Verhalten verpflichtet. Durch die Gestaltungsmöglichkeit einer angemessenen Vergütung nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1836 Abs. 2 BGB oder einer Vergütungsvereinbarung kann die Übernahme der Betreuung zumutbar im Sinne des § 1898 Abs. 1 BGB sein. Insgesamt kann die Betreuung damit ein praktikables Vorsorgeinstrument für einen Unternehmer darstellen, weil eine gut ausgebildete und damit geeignete Person zum Betreuer bestellt werden kann. In Anbetracht der rechtlichen Unsicherheiten und die Ungewissheit, ob sich das Betreuungsgericht des Umfangs der Betreuung eines Unternehmers bewusst ist, streitet die im Vorfeld privatautonom ausgehandelte Vergütung eines Vorsorgebevollmächtigten deutlich für die Vorsorgevollmacht. wörtlich der zwölfte Senat des BGH, Beschluss vom 07. 08. 2013 – XII ZB 131/13, FamRZ 2013, 1798 (1798 f.). 72 BT-Drs 11/4528, S. 117; Münchener Kommentar BGB/Schwab, § 1896 BGB, Rn. 22. 73 Adams, Geschäftsunfähigkeit und Betreuung in Personengesellschaften, 2016, S. 34; Heckschen/Kreußlein, NotBZ 2012, 321 (ebd.); Schmitz, Der geeignete GmbH-Geschäftsführer, 2006, S. 77.
Kapitel 6
Die Vorsorgevollmacht als Alternative zur Betreuung Ehe die bislang untersuchten betreuungs- und gesellschaftsrechtlichen Erwägungen zusammengefasst und eine abschließende Bewertung der Praxistauglichkeit der Betreuung eines Unternehmers vorgenommen werden kann, soll die privatautonome Alternative zu der Bestellung eines Betreuers skizziert werden. § 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB stellt es jedem frei, die Anordnung einer Betreuung privatautonom dadurch zu verhindern, dass er eine Vorsorgevollmacht errichtet.1
A. Grundsätzliches zur Vorsorgevollmacht Der Bevollmächtigte muss gemäß § 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB die Angelegenheiten eines Volljährigen ebenso gut erledigen können wie ein Betreuer. Denn ein Betreuer darf gemäß § 1896 Abs. 2 Satz 1 BGB nur für Aufgabenkreise bestellt werden, in denen die Betreuung erforderlich ist. Die Nachrangigkeit der staatlichen gegenüber der privaten Vorsorge ist gemeint, wenn von der Subsidiarität der Betreuung gesprochen wird.2 In dieser Arbeit ist herausgearbeitet worden, dass der Betreuer zu einer umfassenden Vermögenssorge berechtigt ist.3 Damit der Vorsorgebevollmächtigte die Vermögenssorge ebenso gut erledigen kann, müsste dem Bevollmächtigten daher eine entsprechend umfassende Vertretungsmacht erteilt werden können. Die Erlaubnis zur Vertretung in Vermögensangelegenheiten kann Inhalt einer Vorsorgevollmacht sein.4 Ein Vorsorgebevollmächtigter unterliegt in seinem Handeln für den Vollmachtgeber nicht den Regelungen über die mündelsi1 Zu der Unzulässigkeit von Ruhensanordnungen oder Einziehungsklauseln als Alternativen siehe: Kapitel 3 A. II. 3.; Kapitel 3 A. II. 4. Die Einführung von Altersklauseln sieht sich der Kritik ausgesetzt, ein sehr statisches Vorsorgemittel zu sein, vgl. dazu: Westermann, FS Blaurock, 527 (538 f.). Die Bestellung eines Prokuristen kann immer nur zusätzliche Hilfe sein, die Anordnung einer Betreuung und das Auftreten eines Betreuers jedoch nicht verhindern, vgl. dazu: Langenfeld, ZEV 2005, 52 (53); sowie die Kritik wegen des beschränkten Umfangs der Prokura bei: Stückemann, FS Leinemann, 109 (111 f.). 2 BeckOK BGB/Müller, § 1896 BGB, Rn. 24; BeckOGK/Schmidt-Recla, § 1896 BGB, Rn. 14. 3 Siehe oben: Kapitel 2 B. II. 2. a). 4 Lipp, Vorsorgeverfügungen/Spalckhaver, 2009, § 9, Rn. 29 ff.; Lenz-Brendel/Roglmeier, Richtig vorsorgen, 2012, S. 13; Zimmermann, Vorsorgevollmacht, 2009, S. 62; LG Detmold, Urteil vom 14. 01. 2015 – 10 S 110/14, NZFam 2015, 335 (ebd.).
A. Grundsätzliches zur Vorsorgevollmacht
291
chere Anlage gemäß §§ 1806 f. BGB oder anderen über § 1908i Abs. 1 Satz 1 BGB vermittelten Vermögensverwaltungsvorschriften des Vormundes.5 Sofern der Vorsorgebevollmächtigte die mitgliedschaftliche Rechte eines Volljährigen in einer Personenhandelsgesellschaft ausüben möchte, bedarf die Rechtsausübung durch einen gesellschaftsfremden Dritten der Zustimmung der Mitgesellschafter.6 Gleiches soll aufgrund der mitgliedschaftlichen Struktur für die Ausübung der Gesellschafterrechte eines GmbH-Gesellschafters gelten.7 Hinsichtlich der gesellschaftsrechtlichen Zulässigkeit des Auftretens des Bevollmächtigten für einen Personengesellschafter kann an dieser Stelle auf die umfassende Arbeit von Raub verwiesen werden.8 Nach Erteilung der Zustimmung der Mitgesellschafter kann ein Vorsorgebevollmächtigter a priori die Angelegenheiten des Volljährigen ebenso gut besorgen wie ein Betreuer. Um sicherzustellen, dass das Betreuungsgericht die Subsidiarität der Betreuung beachten kann, muss es von der Existenz der Vorsorgevollmacht erfahren. Um als Vorsorgender diesbezüglich sicherzugehen, kann die Errichtung einer Vorsorgevollmacht in einem Vorsorgeregister, welches gemäß § 78a Abs. 1 BNotO von der Bundesnotarkammer geführt wird, gebührenpflichtig gemäß § 1 VRegV registriert werden.9 Bevor eine Betreuung angeordnet wird, findet ein Datenabruf seitens des Betreuungsgerichts gemäß § 78a BNotO statt. Sollte eine Betreuung trotz erteilter Vorsorgevollmacht angeordnet werden, kann der Vorsorgebevollmächtigte zwar nicht im eigenen Namen, aber im Namen des Betreuten und Vollmachtgebers Beschwerde gegen die Bestellung des Betreuers nach § 303 Abs. 4 Satz 1 FamFG einlegen.10
5 Bei der betreuungsgerichtlichen Genehmigung für die Erklärungen des Bevollmächtigten nach § 1904 Abs. 5 BGB oder § 1906 Abs. 5 BGB handelt es sich um Fragen der Personensorge, siehe hierzu weitergehend: Rudolf/Bittler/Roth/Hack, Vorsorgevollmacht, S. 49; Zimmermann, Vorsorgevollmacht, 2009, S. 116; Derselbe, NJW 2014, 1573 (1574). 6 Raub, Vorsorgevollmachten im Personengesellschaftsrecht, 2013, S. 111 ff.; Jocher, notar 2014, 3 (7); Kurze/Wülfrath, § 705 BGB, Rn. 3; Schäfer, ZHR 157 (2011), 557 (567 ff.); Heckschen, NZG 2012, 10 (14); Wedemann, Personen- und Kapitalgesellschaftsrecht an den Schnittstellen zum Familien- und Erbrecht, 2015, 95 (106); Wiedemann, Die Übertragung und Vererbung von Mitgliedschaftsrechten bei Handelsgesellschaften, 1965, S. 350; Winkler, Vorsorgeverfügungen, 2016, S. 38. 7 Münchener Kommentar GmbHG/Drescher, § 47 GmbHG, Rn. 93; Heckschen/Kreußlein, NotBZ 2012, 321 (325); Wedemann, ZIP 2013, 1508 (1511); Wedemann, AcP 214 (2014), 664 (687); Werner, GmbHR 2013, 963 (967). Abweichend eine Zustimmung fordernd mit weiteren Nachweisen: Nachweise Wachter, Praxis Handels-Gesellschaftsrecht, Teil 2, Kapitel 1, § 4 C, Rn. 1113, Fn. 1295. 8 Raub, Vorsorgevollmachten im Personengesellschaftsrecht, 2013, S. 61 ff., 111 ff. 9 Zimmermann, NJW 2014, 1573 (1575). 10 Missverständlich insoweit: Müller, DNotZ 2015, 403 (414); deutlicher die Möglichkeit der Einlegung der Beschwerde im Namen des Bevollmächtigten herausstellend: BGH, Beschluss vom 15. 04. 2015 – XII ZB 330/14, NJW 2015, 1963 (1964); BGH, Beschluss vom 28. 07. 2015 – XII ZB 674/14, BGHZ 206, 321 (328 f.); Harders, MittBayNot 2016, 148 (ebd.); Jurgeleit/Jurgeleit, § 1896 BGB, Rn. 192.
292
Kap. 6: Die Vorsorgevollmacht als Alternative zur Betreuung
Fraglich ist, ob das Vorliegen einer Vorsorgevollmacht die Bestellung eines Betreuers grundsätzlich verhindert. Ob eine Betreuung trotz einer errichteten Vorsorgevollmacht angeordnet werden kann, hängt erstens von der Form und dem Umfang der Vorsorgevollmacht ab (sogleich unter: B.). Zur Beurteilung der Resilienz der privatautonom errichteten Vollmacht gegenüber staatlicher Einflussnahme ist für die Qualität der Vorsorgevollmacht als Fürsorgeinstrument zweitens darauf einzugehen, wann ein Kontrollbetreuer mit dem Aufgabenkreis der Geltendmachung von Rechten des Betreuten gegen den Bevollmächtigten gemäß § 1896 Abs. 3 BGB bestellt wird und welche Rechte dieser Kontrollbetreuer hat (sogleich unter: C.). Drittens ist auf die einer Vollmacht immanenten Missbrauchsgefahr einzugehen und zu untersuchen, ob bei bestehender Missbrauchsgefahr trotz oder neben einer errichteten Vorsorgevollmacht eine Betreuung angeordnet werden kann (sogleich unter: D.).
B. Anforderungen an die „unternehmensbezogene Vorsorgevollmacht“ Die Vorsorgeregelung eines Verbrauchers muss inhaltlich andere Aspekte enthalten und betonen, als dies bei der Vorsorge eines Unternehmers der Fall ist. Daher besteht in der Literatur Einigkeit darüber, dass eine unternehmensbezogene Vorsorgevollmacht als Spezialvollmacht für das Unternehmen unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Unternehmens errichtet werden soll.11 Besonderer Relevanz wird der Erteilung einer Handlungsanweisung zugemessen, welche die Fortführung des Unternehmens konkretisiert.12 Die Handlungsanweisung sollte derart ausführlich verfasst sein, dass dem Bevollmächtigten die Motivationen und Wünsche des Vollmachtgebers bei Erteilung der Vollmacht bewusst werden.13 Grundsätzlich kann die Vorsorgevollmacht nach § 167 Abs. 2 BGB formfrei erteilt werden.14 Die damit statuierte Formfreiheit beruht auf der Trennung von Vollmacht und Vertretergeschäft.15 Aus Gründen der Beweisbarkeit und zur Erhöhung der Akzeptanz im
11
Baumann/Selzener, RNotZ 2015, 605 (615); Jocher, notar 2014, 3 (6, 8 ff.); Stückemann, FS Leinemann, 109 (110 ff.); abweichend und von einer Generalvollmacht ausgehend: Heckschen/Kreußlein, NotBZ 2012, 321 (322); Lenz-Brendel/Roglmeier, Richtig vorsorgen, 2012, S. 164; Müller/Renner/Müller, Betreuungsrecht, 2015, Rn. 999; Wachter, Praxis Handels-Gesellschaftsrecht, Teil 2, Kapitel 1, § 4 C, Rn. 1111. 12 So bereits: Langenfeld, ZEV 2005, 52 (ebd.). Aus neuerer Zeit: Müller/Renner/Müller, Betreuungsrecht, 2015, Rn. 1000, 1004 ff.; Werner, GmbHR 2013, 963 (966). Siehe vergleichend zu der Weisungsbefugnis eines Betreuten: Kapitel 2 A. II. 1. a). 13 Vgl. bezogen auf eine Vorsorgevollmacht bei ärztlichen Maßnahmen: Seibl, NJW 2016, 3277 (3279). 14 Lipp, Vorsorgeverfügungen/Spalckhaver, 2009, § 9, Rn. 2. 15 Münchener Kommentar BGB/Schubert, § 167 BGB, Rn. 12.
B. Anforderungen an die „unternehmensbezogene Vorsorgevollmacht“
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Rechtsverkehr sollte die Vorsorgevollmacht jedenfalls schriftlich errichtet werden.16 Der Grundsatz der Formfreiheit wird von einigen Vorschriften durchbrochen, bei welchen die Schutzzwecke der Formvorschriften, insbesondere der Übereilungsschutz und die Klarstellungs-/Beweisfunktion besonders deutlich hervortreten.17 Soll der Bevollmächtigte in die Lage versetzt werden, im Rahmen seiner Stellvertretung auch Grundstücksgeschäfte für den Vertretenen vorzunehmen, sind nach § 29 Abs. 1 Satz 1 GBO sämtliche zur Eintragung erforderlichen Erklärungen durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachzuweisen, sodass eine notarielle Beurkundung dem Vorsorgebevollmächtigten einen weiteren Handlungsspielraum eröffnet.18 Einer öffentlich beglaubigten Bevollmächtigung im Sinne des § 129 Abs. 1 Satz 1 BGB bedarf der Vorsorgebevollmächtigte eines Unternehmers auch für eine Anmeldung zur Eintragung in das Handelsregister nach § 12 Abs. 1 Satz 1, 2 HGB.19 Auch zur stellvertretenden Unterzeichnung eines Gesellschaftsvertrages bedarf der Bevollmächtigte einer notariell errichteten oder beglaubigten Vollmacht gemäß § 2 Abs. 2 GmbHG.20 Diese Beispiele zeigen bezogen auf eine unternehmensbezogene Vorsorgevollmacht, dass die Errichtung der Vollmacht bei einem Notar trotz der anfallenden Kosten notwendig sein kann. Ein weiterer Vorteil der notariellen Beurkundung liegt darin, dass eine notarielle beurkundete Vollmacht regelmäßig eine erhöhte Akzeptanz im Rechtsverkehr erfährt.21 Überdies kann bei Fehlern in der Vorsorgevollmacht ein eventuell daraus folgender Schaden bei dem Notar liquidiert werden.
16 Wachter, Praxis Handels-Gesellschaftsrecht, Teil 2, Kapitel 1, § 4 C, Rn. 1111. Auch bei einer nicht unternehmensspezifischen, sondern auf Personensorge gerichteten, Vollmacht ist jedenfalls für die Bevollmächtigung zur Einwilligung in genehmigungsbedürftige ärztliche Maßnahmen nach § 1904 V BGB und eine Unterbringung oder sonstige freiheitsentziehende Maßnahme die Schriftform nach § 126 Abs. 1 BGB zu empfehlen, vgl.: Jürgens, BtR/Jürgens, § 1901c BGB, Rn. 15. 17 Siehe zu den Schutzzwecken eines Formerfordernisses mit weiteren Nachweisen: BeckOGK/Hecht, § 125 BGB, Rn. 7 ff., 20 ff. 18 Kurze, ZAP 2017, 465 = Fach 12, 327 (329); Rudolf/Bittler/Roth/Hack, Vorsorgevollmacht, S. 6; Werner, GmbHR 2013, 963 (968); Winkler, Vorsorgeverfügungen, 2016, S. 14. 19 Vgl.: Tschersich, Die Definition des vermögensrechtlichen Missbrauchs von Generalund Vorsorgevollmachten, 2015, S. 48. 20 Tschersich, Die Definition des vermögensrechtlichen Missbrauchs von General- und Vorsorgevollmachten, 2015, S. 48. 21 Kropp, FPR 2012, 9 (ebd.).
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Kap. 6: Die Vorsorgevollmacht als Alternative zur Betreuung
C. Notwendigkeit der Kontrollbetreuung, § 1896 Abs. 3 BGB I. Problemstellung: Fehlende Überwachungsfähigkeit des Vollmachtgebers Ist eine Vorsorgevollmacht errichtet und der Vollmachtgeber nicht mehr zu der Überprüfung der Vorsorgevollmacht imstande, besteht die Gefahr eines Missbrauchs der Rechtsmacht durch den Bevollmächtigten. Um diejenigen zu schützen, die privatautonom für den Fall der Unfähigkeit, Entscheidungen zu treffen vorgesorgt haben und den Bevollmächtigten nicht selbst überwachen können, kann nach § 1896 Abs. 3 BGB eine Betreuung mit dem Aufgabenkreis der Überwachung des Bevollmächtigten angeordnet werden. Eine derartige Beschränkung des Aufgabenkreises der Betreuung wird „Kontrollbetreuung“ genannt.22 Wie bei jeder Form der Betreuung kann der Vollmachtgeber als Betroffener nach § 1896 Abs. 1 BGB selbst einen Antrag auf Anordnung der Kontrollbetreuung stellen, während Dritten, wie beispielsweise Mitgesellschaftern des Vollmachtgebers, nur die Anregungsmöglichkeit des § 24 FamFG bleibt, sofern ein Missbrauch durch den Bevollmächtigten befürchtet wird.23 Grundsätzlich führt die privatautonome Vorsorge in Gestalt einer Vorsorgevollmacht gemäß § 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB dazu, dass die Anordnung einer Betreuung für die betroffene Person nicht erforderlich ist. Allerdings ist es möglich, dass der Vollmachtgeber aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung nicht mehr dazu imstande ist, den Bevollmächtigten zu überwachen und unter Umständen die Vollmacht zu widerrufen, sodass die Voraussetzungen des § 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB erfüllt sind. Die Voraussetzungen des § 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB müssen abweichend von dem bei der Bestellung eines Betreuers grundsätzlich notwendigen Sachverständigengutachtens nach § 278 Abs. 1 FamFG nur durch ärztliches Zeugnis nach § 281 Abs. 1 Nr. 2 FamFG nachgewiesen werden.24 Verfahrensrechtlichen Beistand kann Vollmachtgeber, sofern er seine Rechte nicht selbst wahrnehmen kann, durch die Bestellung eines Verfahrenspflegers gemäß § 276 Abs. 1 Satz 1 FamFG erhalten.25 Wenn bei einer unternehmensbezogenen Vorsorgevollmacht wegen der Komplexität der Ausübung der Vorsorgevollmacht eines Unternehmers regelmäßig ein Kontrollbetreuer nach § 1896 Abs. 3 BGB bestellt werden müsste, könnte einer der Haupteinwände gegen die Betreuung eines Unternehmers, namentlich die staatliche
22 Als Synonym wird die Betreuung nach § 1896 Abs. 3 BGB auch als Auftrags-, Vollmachts-, oder Überwachungsbetreuung bezeichnet, vgl.: BeckOGK/Schmidt-Recla, § 1896 BGB, Rn. 268; Kurze NJW 2007, 2220 (ebd.). 23 Raub, Vorsorgevollmachten im Personengesellschaftsrecht, 2013, S. 197; Müller/Renner/Renner, Betreuungsrecht, 2015, Rn. 669. 24 Zimmermann, FamFG, S. 178 f.; Münchener Kommentar BGB/Schwab, § 1896 BGB, Rn. 267. 25 Müller/Renner/Renner, 2015, Betreuungsrecht, Rn. 659.
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Überwachung und die Einsichtnahme eines Dritten in Unternehmensinterna,26 fehlgehen. Dann würde eine staatliche Überwachung und unter Umständen auch eine Einsichtnahme durch einen Dritten auch bei privatautonomer Vorsorge stattfinden. So kann dem Kontrollbetreuer die stellvertretende Geltendmachung von Überwachungs-/Auskunftsrechten aus dem Auftragsrecht zustehen. Insbesondere durch die §§ 666, 1902 Abs. 1 BGB könnte ein außenstehender Dritter ebenso Kenntnis von Interna erlangen, wie dies bei einem regulären, mit der Vermögenssorge befassten Betreuer der Fall wäre. Eine weitere Parallele zwischen Betreuung und Errichtung einer Vorsorgevollmacht könnte dann darin zu sehen sein, dass die Führung der Kontrollbetreuung unter der Aufsicht des Betreuungsgerichts steht.
II. Voraussetzungen der Bestellung eines Kontrollbetreuers – Beachtung des Erforderlichkeitsgrundsatzes bei der Festlegung des Überwachungsbedarfes Eine Kontrollbetreuung ist erforderlich im Sinne des § 1896 Abs. 2 Satz 1 BGB, wenn eine wirksame Vollmacht erteilt worden ist,27 deren Ausübung der Vollmachtgeber aufgrund eines in § 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB aufgeführten Grundes nicht überwachen kann. Erforderlich ist eine Kontrollbetreuung daher, sofern ein Überwachungsbedarf (oder, um im Duktus der Bezeichnung der Kontrollbetreuung zu bleiben, ein Kontrollbedarf) besteht, welcher die Errichtung einer Kontrollbetreuung notwendig erscheinen lässt.28 Die bloße Unfähigkeit des Vollmachtgebers zur Überwachung genügt nicht, um einen Überwachungsbedarf anzunehmen.29 Stattdessen bedarf es konkreter Anknüpfungspunkte zur Begründung des Überwachungsbedarfs. Ein Überwachungsbedarf kann beispielsweise auf einem offenkundigen oder vermuteten Missbrauch der Vorsorgevollmacht gründen.30 Ein Handeln des Bevollmächtigten, welches einen durch tatsächliche Anhaltspunkte unterstützten 26 Siehe zu dem vorgebrachten Einwand nur: Baumann/Selzener, RNotZ 2015, 605 (607); Heckschen/Kreußlein, NotBZ 2012, 321 (322); Jocher, notar 2014, 3 (4); Raub, Vorsorgevollmachten im Personengesellschaftsrecht, 2013, S. 44, 51, 125; Schäfer, ZHR 157 (2011), 557 (559); Werner, GmbHR 2013, 963 (964); Wilde, GmbHR 2010, 123 (129). 27 BayObLG, Beschluss vom 27. 05. 1993 – 3Z BR 78/93, MDR 1993, 872 (873); Kurze, NJW 2007, 2220 (ebd.). 28 Münchener Kommentar BGB/Schwab, § 1896 BGB, Rn. 246; OLG München, Beschluss vom 30. 04. 2009 – 33 Wx 81/09, NJW-RR 2009, 1379 (ebd.). Keinen Anwendungsfall der Kontrollbetreuung stellt ein Überschreiten der Vertretungsmacht durch den Bevollmächtigten dar. Sofern der Bevollmächtigte als falsus procurator handelt, führt dies dazu, dass die Angelegenheiten des Volljährigen nicht ebenso gut wie durch den Betreuer besorgt werden können, sodass die Subsidiarität der Betreuung nach § 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB entfällt, vgl.: BeckOGK/Schmidt-Recla, § 1896 BGB, Rn. 274. Sodann ist ein „regulärer“ Betreuer zu bestellen. 29 BGH, Beschluss vom 02. 08. 2017 – XII ZB 502/16, RNotZ 2017, 592 (594). 30 BeckOK BGB/Müller, § 1896 BGB, Rn. 45; Landenberg, Die Vollmacht vor und nach dem Erbfall, 2017, S. 21.
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Zweifel an seiner Redlichkeit oder Tauglichkeit erweckt, kann die Bestellung eines Kontrollbetreuers erforderlich machen.31 Gleiches gilt bei einer Überforderung des Bevollmächtigten aufgrund des Umfangs oder der Schwierigkeit der Aufgaben.32 Auch zutage tretende Interessenkonflikte des Vorsorgebevollmächtigten können die Anordnung einer Kontrollbetreuung erforderlich machen.33 Ein konkreter Überwachungsbedarf kann sich auch aus den Umständen der Vollmachterteilung ergeben. Sofern beispielsweise ein Fall des „Erschleichens“34 der Vorsorgevollmacht vorliegt, führt dies dazu, dass eine Kontrollbetreuung erforderlich wird und ein akuter Überwachungsbedarf bereits aus der Art und Weise der Vollmachterteilung geschlossen werden kann. All diese Fallgruppen stellen Ausprägungen des auch für die Bestellung eines Kontrollbetreuers geltenden Erforderlichkeitsgrundsatzes dar. Die angeführten Beispiele eint, dass die Kontrollbetreuung aufgrund eines Fehlverhaltens des Vorsorgebevollmächtigten notwendig wird. Ist eine Vorsorgevollmacht für einen Unternehmer errichtet, könnte bereits die Komplexität und die Quantität der zu treffenden Entscheidungen die Erforderlichkeit der Bestellung eines Kontrollbetreuers § 1896 Abs. 2 Satz 1 BGB indizieren.35 Dafür müsste der Überwachungsbedarf abstrakt ausgelegt werden. Ob der Überwachungsbedarf mithilfe der abstrakten Komplexität der Aufgaben des Bevollmächtigten zu messen ist, lässt sich dem Wortlaut des § 1896 Abs. 3 BGB nicht entnehmen. § 1896 Abs. 3 BGB spricht von der Geltendmachung von Rechten des Betreuten gegenüber dem Bevollmächtigten und nennt keine weiteren Voraussetzungen. Die Begründungen zur Neufassung des Betreuungsrechts beschränken sich darauf, dass eine Überwachung des Bevollmächtigten erforderlich sei, „wenn der Umfang oder die Schwierigkeit der zu besorgenden Geschäfte oder ein vorangegangenes Verhalten des Bevollmächtigten eine Überwachung angezeigt erscheinen lassen“36. Aufgrund der dreifachen Verknüpfung mit einem „oder“ scheint bereits der Umfang oder die Schwierigkeit der zu besorgenden Geschäfte für sich genommen geeignet, einen abstrakten Überwachungsbedarf im Einzelfall zu begründen. Dazu passend ist die Schwierigkeit oder der Umfang der zu erledigenden Geschäfte in der
31 BGH, Beschluss vom 09. 09. 2015 – XII ZB 125/15, FGPrax 2016, 23 (ebd.); BGH, Beschluss vom 16. 12. 2015 – XII ZB 381/15, FGPrax 2016, 85 (86); BGH, Beschluss vom 30. 08. 2017 – XII ZB 16/17, FamRZ 2017, 1866 (1868); Jürgens, BtR/Jürgens, § 1896 BGB, Rn. 36. 32 BGH, Beschluss vom 16. 07. 2014 – XII ZB 142/14, NJW 2014, 3237 (3238); BGH, Beschluss vom 23. 09. 2015 – XII ZB 624/14, NJW 2015, 3657 (ebd.). 33 BGH, Beschluss vom 26. 07. 2017 – XII ZB 143/17, BeckRS 2017, 121458, Rn. 14; Bienwald, RpflStud 2015, 42 (43). 34 Kurze, NJW 2007, 2220 (2223); Jürgens, BtR/Jürgens, § 1896 BGB, Rn. 36. 35 Vgl. allgemein zu der Erforderlichkeit eines Kontrollbetreuers wegen der Schwierigkeit der zu führenden Geschäfte: BT-Drs 11/4528, S. 123; BGH, Beschluss vom 16. 07. 2014 – XII ZB 142/14, NJW 2014, 3237 (3238). 36 BT-Drs 11/4528, S. 123.
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Rechtsprechung zum Teil für sich genommen als ausreichend für die Annahme eines Überwachungsbedarfes erachtet worden.37 Eine abstrakte Bestimmung des Überwachungsbedarfs könnte dem Erforderlichkeitsgrundsatz des Betreuungsrechts zuwiderlaufen und die grundrechtlichen Folgen der Bestellung eines Kontrollbetreuers missachten. Die Bestellung eines Betreuers stellt einen Grundrechtseingriff dar.38 Auch die Bestellung eines Kontrollbetreuers betrifft den Schutzbereich der Selbstbestimmungsfreiheit. Wer eine Vorsorgevollmacht errichtet, will die Anordnung der Betreuung vermeiden. Aus dem Grund verkürzt die Bestellung eines Kontrollbetreuers die Selbstbestimmungsfreiheit.39 Würde die bloße Komplexität oder Quantität der durch den Bevollmächtigten zu treffenden Entscheidungen bereits zur Bestellung eines Kontrollbetreuers ausreichen, würde der ausgeübten Selbstbestimmungsfreiheit nicht hinreichend Beachtung geschenkt werden. Darüber hinaus streitet gegen eine abstrakte Bestimmung des Überwachungsbedarfs auch folgende hypothetische Überlegung: Wäre der Vollmachtgeber in der Lage, die Kontrollrechte gegenüber dem Bevollmächtigten selbst auszuüben, so würde er erst dann gegenüber dem Bevollmächtigten tätig werden, wenn konkret Anlass zu der Annahme bestünde, dass der Bevollmächtigte seine Befugnisse nicht vollends zu der Zufriedenheit des Vollmachtgebers ausübte. Ein Kontrollbetreuer kann und soll nicht früher handeln, als dies der Vollmachtgeber selbst tun würde. Vor dem Hintergrund der privatautonomen Entscheidung des Vollmachtgebers gegen die Einrichtung einer Betreuung und dem, auch bei der Kontrollbetreuung geltenden, Erforderlichkeitsgrundsatz muss der Überwachungsbedarf daher konkret bestimmt werden.40 Daher reicht beispielsweise die Befreiung 37 LG München, Beschluss vom 02. 12. 1997 – 13 T 19460/97, FamRZ 1998, 700 (ebd.); BayObLG, Beschluss vom 31. 03. 1999 – 3Z BR 33/99, NJWE-FER 1999, 270 (ebd.). 38 Siehe oben: Kapitel 1 B. 39 BVerfG, Beschluss vom 10. 10. 2008 – 1 BvR 1415/08, FamRZ 2008, 2260 (2261 f.); BGH, Beschluss vom 13. 11. 2013 – XII ZB 339/13, FamRZ 2014, 192 (193); vgl. allgemein auch: Kollmer, Selbstbestimmung im Betreuungsrecht, 1992, S. 46 f. A. A.: BT-Drs 11/4528, S. 98: „Mit einer solchen Betreuerbestellung ist kein Rechtseingriff verbunden“. Diese, im Rahmen der zweifelhaften Zuständigkeit des Rechtspflegers für die Ernennung eines Kontrollbetreuers nach § 15 Abs. 1 Satz 2 RPflG abgegebene, Einschätzung in der Gesetzesbegründung ist verfehlt, da es widersprüchlich ist, einerseits den Erforderlichkeitsgrundsatz in das Betreuungsrecht zu implementieren, aber andererseits die staatliche Kontrolle der Ausübung der Selbstbestimmungsfreiheit nicht als Grundrechtseingriff aufzufassen. Vgl. die verfassungsrechtlich insbesondere auf Art. 19 Abs. 4 GG gestützten Bedenken bei: BeckOGK/ Schmidt-Recla, § 1896 BGB, Rn. 271; Nedden-Boerger, FamRZ 2014, 1589 (1590). 40 Raub, Vorsorgevollmachten im Personengesellschaftsrecht, 2013, S. 201; Walter, Die Vorsorgevollmacht, 1997, S. 33, 145; Müller/Renner/Renner, Betreuungsrecht, 2015, Rn. 662; Münchener Kommentar BGB/Schwab, § 1896 BGB, Rn. 254; BGH, Beschluss vom 16. 07. 2014 – XII ZB 142/14, NJW 2014, 3237 (3238). Vgl. auch: BGH, Beschluss vom 19. 10. 2016 – XII ZB 289/16, FamRZ 2017, 141 (142); sowie die eindeutige Formulierung in: BGH, Beschluss vom 06. 07. 2016 – XII ZB 61/16, BGHZ 211, 67 (78): „Ausreichend sind konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Bevollmächtigte nicht mehr entsprechend der Vereinbarung und dem Interesse des Vollmachtgebers handelt“. Fortsetzung findet diese Rechtsprechung beispielsweise in: BGH, Beschluss vom 02. 08. 2017 – XII ZB 502/16, FamRZ 2017, 1777 (1779).
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von § 181 BGB in der Vollmacht nach der Rechtsprechung des BGH nicht aus, um die Erforderlichkeit der Kontrollbetreuung zu bejahen.41 Einfachgesetzlich spricht für eine konkrete Bestimmung des Überwachungsbedarfes auch § 1896 Abs. 1a BGB. Da es sich bei der Kontrollbetreuung um eine reguläre Betreuung mit einem beschränkten Aufgabenkreis handelt, gilt gemäß § 1896 Abs. 1a BGB, dass ein Kontrollbetreuer nicht gegen den freien Willen des Betroffenen bestellt werden darf.42 Bei der Auslegung des Willens ist zu beachten, dass durch die Erteilung der Vorsorgevollmacht eine Betreuung verhindert werden soll.43 Der Vollmachtgeber entscheidet sich, um die Komplexität und den Umfang der eigenen Geschäfte wissend, dass ein von ihm bestimmter Dritter stellvertretend für ihn handeln und seine Rechte geltend machen soll. Die Erteilung der Vollmacht sichert das „Recht auf Freiheit vor dem Staat auch im Fall der Krankheit“44. Damit steht der Wille des Volljährigen zumindest im Zeitpunkt der Vollmachterteilung fest. Infolge des § 1896 Abs. 1a BGB muss ein konkreter Überwachungsbedarf festgestellt werden. Das Betreuungsgericht muss bei der Bestellung eines Kontrollbetreuers einen konkreten Überwachungsbedarf feststellen, welcher sich auf greifbare Anhaltspunkte stützt.45 Die Schwierigkeit oder der Umfang der zu führenden Geschäfte allein genügt insoweit nicht. Damit ist eine auf eine Vorsorgevollmacht gestützte, privatautonome Vorsorge grundsätzlich dazu geeignet, dass staatliche Stellen keinen Einblick in Unternehmensinterna erhalten.
III. Handlungsmöglichkeiten eines Kontrollbetreuers 1. Überwachung des Bevollmächtigten und Weisungsbefugnis des Kontrollbetreuers Stellt das Betreuungsgericht einen konkreten Überwachungsbedarf bei gleichzeitiger Unfähigkeit des Vollmachtgebers zur Ausübung der Überwachungsrechte fest, so kann es einen Betreuer mit dem Aufgabenkreis der Geltendmachung von Rechten des Betreuten gegenüber seinem Bevollmächtigen 41
BGH, Beschluss vom 21. 03. 2012 – XII ZB 666/11, FamRZ 2012, 871 (872). BGH, Beschluss vom 06. 07. 2016 – XII ZB 61/16, BGHZ 211, 67 (77); BGH, Beschluss vom 16. 12. 2015 – XII ZB 381/15, FamRZ 2016, 456 (ebd.); BGH, Beschluss vom 14. 10. 2015 – XII ZB 177/15, FamRZ 2016, 117 (118). 43 Nedden-Boeger, FamRZ 2014, 1589 (ebd.); Wedemann, Personen- und Kapitalgesellschaftsrecht an den Schnittstellen zum Familien- und Erbrecht, 2015, 95 (101). 44 Jurgeleit/Jurgeleit, § 1896 BGB, Rn. 187. 45 BtKomm/Roth, A, § 1896 BGB, Rn. 28; Jurgeleit/Jurgeleit, § 1896 BGB, Rn. 185; Münchener Kommentar BGB/Schwab, § 1896 BGB, Rn. 251; Nedden-Boeger, FamRZ 2014, 1589 (1590). So auch die ständige Rechtsprechung des BGH, vgl. zuletzt: BGH, Beschluss vom 06. 07. 2016 – XII ZB 61/16, BGHZ 211, 67 (78); BGH, Beschluss vom 02. 08. 2017 – XII ZB 502/16, RNotZ 2017, 592 (594). 42
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gemäß § 1896 Abs. 3 BGB bestimmen. Ein Kontrollbetreuer soll überprüfen, ob die Handlungen des Bevollmächtigten dem Wohl des Vollmachtgebers zuwiderlaufen.46 Dabei hat der Kontrollbetreuer infolge der Wunschbeachtungspflicht des § 1901 Abs. 2 Satz 1, 2 BGB die Handlungsanweisungen oder ähnliche Vorgaben im Innenverhältnis zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigtem zu beachten.47 Damit der Kontrollbetreuer dazu in die Lage versetzt wird, das Wohl des Vollmachtgebers zu schützen, kann das Betreuungsgericht den Aufgabenkreis des Kontrollbetreuers um die Übernahme von Aufgaben aus dem Auftragsrecht, wie zum Beispiel ein Weisungsrecht gemäß § 665 BGB, ergänzen.48 Im Rahmen einer Kontrollbetreuung kann der Kontrollbetreuer auf eine fehlerfreie, an dem Wohl des Vollmachtgebers ausgerichtete Ausübung der Vollmacht hinwirken, indem er stellvertretend für den Vollmachtgeber gemäß § 666 BGB Auskunft und Rechenschaft über die Tätigkeit des Bevollmächtigten verlangt sowie Weisungsrechte ausübt.49 2. Möglichkeit des Widerrufs der Vollmacht durch den Kontrollbetreuer Sofern die Überwachung des Bevollmächtigten und die Erteilung von Weisungen nicht ausreichen, um das Wohl des Betreuten zu schützen, müsste der Kontrollbetreuer die erteilte Vollmacht widerrufen können, um einen Missbrauch der Vollmacht und eine damit einhergehende Gefährdung des Vollmachtgebers nicht weiter andauern zu lassen. a) Grundrechtliche Vorgaben zum Widerruf der Vorsorgevollmacht durch den Kontrollbetreuer Wer eine Vorsorgevollmacht errichtet, übt sein Selbstbestimmungsrecht nach Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG aus. Aus dem Grund greift bereits die Bestellung eines Kontrollbetreuers in die Grundrechte des Betroffenen ein.50 Umfasst der Aufgabenkreis des Betreuers die Befugnis zum Widerruf der Vollmacht, verstärkt sich die Intensität des Grundrechtseingriffs.51 Da der Widerruf der Vollmacht durch den Kontrollbetreuer aufgrund der Unfähigkeit des
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Walter, ZEV 2000, 353 (354). Walter, Die Vorsorgevollmacht, 1997, S. 148 ff. 48 BeckOGK/Schmidt-Recla, § 1896 BGB, Rn. 283; Münchener Kommentar BGB/ Schwab, § 1896 BGB, Rn. 260 geht davon aus, dass das genannte Recht dem Kontrollbetreuer ohnehin zusteht. 49 BGH, Beschluss vom 28. 07. 2015 – XII ZB 674/14, BGHZ 206, 321 (331); Seifert, FamRZ 2017, 263 (265). 50 BVerfG, Beschluss vom 10. 10. 2008 – 1 BvR 1415/08, FamRZ 2008, 2260 (2261); Uphoff, Die Vorsorgevollmacht des Personengesellschafters, 2016, S. 194. 51 BVerfG, Beschluss vom 10. 10. 2008 – 1 BvR 1415/08, FamRZ 2008, 2260 (2261); Nedden-Boeger, FamRZ 2014, 1589 (1590); Seifert, FamRZ 2017, 263 (264). 47
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Betroffenen, eine neue Vollmacht zu erteilen, „irreversibel“52 ist, steigert sich die Eingriffsintensität. Auf der ersten Stufe wird durch die Bestellung eines Kontrollbetreuers in das ausgeübte Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen eingegriffen. Wenn der Kontrollbetreuer das Recht hat, die Vollmacht zu widerrufen, ist die zweite Stufe erreicht. Auf der dritten Stufe führt ein ausgeübter Widerruf durch den Kontrollbetreuer dazu, dass die einmal erteilte Vollmacht erlischt. In der Regel wird dann auf der vierten Stufe eine „reguläre“ Betreuung nötig sein, sodass die Ausübung des Widerrufsrechts durch den Kontrollbetreuer zu einer staatlich initiierten Fremdbestimmung führt. Daher kann unter Beachtung des Erforderlichkeitsgrundsatzes die Bestellung eines Kontrollbetreuers nicht automatisch die Befugnis zum Widerruf der Vorsorgevollmacht umfassen. Stattdessen soll der Kontrollbetreuer zunächst beispielsweise mithilfe der Informationsrechte des Vollmachtgebers versuchen, auf den Bevollmächtigten einzuwirken, damit dieser zum Wohle des Vollmachtgebers handelt. Dem Kontrollbetreuer kann der Aufgabenkreis des Widerrufs der Vorsorgevollmacht nur erteilt werden, „wenn das Festhalten an der erteilten Vorsorgevollmacht eine künftige Verletzung des Wohls des Betroffenen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit und in erheblicher Schwere befürchten lässt“53. Gleichzeitig dürfen keine milderen Mittel ersichtlich sein, um bei bestehender Vollmacht in absehbarer Zeit eintretende Schäden von einigem Gewicht für den Vollmachtgeber abzuwenden.54 Da es sich bei der Kontrollbetreuung um eine reguläre Betreuung im Sinne der §§ 1896 ff. BGB handelt, ist bei einer derartigen Erweiterung des Aufgabenkreises des Kontrollbetreuers der Vollmachtgeber nach §§ 293 Abs. 1, 278 Abs. 1 Satz 1 FamFG anzuhören, sofern das bei der Anordnung der Kontrollbetreuung errichtete Sachverständigengutachten nicht bereits auf den zu der Erweiterung des Aufgabenkreises führenden Erkenntnisse basierte.55 Auf diese Weise wird auch im Verfahrensrecht die grundrechtliche Relevanz der Kontrollbetreuung geachtet. Im Ergebnis kann einem Kontrollbetreuer die Befugnis zum Widerruf der Vorsorgevollmacht nur als gesonderter Aufgabenkreis zugeordnet werden.
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Nedden-Boeger, FamRZ 2014, 1589 (1590). BGH, Beschluss vom 28. 07. 2015 – XII ZB 674/14, BGHZ 206, 321 (326 f.); fortgeführt in: BGH, Beschluss vom 06. 07. 2016 – XII ZB 131/16, FamRZ 2016, 1668 (1670); BGH, Beschluss vom 15. 02. 2017 – XII ZB 510/16, FamRZ 2017, 648 (650); vgl. auch: Münchener Kommentar BGB/Schwab, § 1896 BGB, Rn. 261. Siehe noch zu der Einordnung der Rechte des Kontrollbetreuers vor der Rechtsprechungsänderung in BGHZ 206, 321: Müller, Betreuung und Geschäftsfähigkeit, 1998, S. 150; BayObLG, Beschluss vom 03. 06. 1994 – 3Z BR 18/94, FamRZ 1990, 1550 (ebd.); LG Wiesbaden, Beschluss vom 22. 09. 1993 – 4 T 352/93, FamRZ 1994, 778 (ebd.). 54 BGH, Beschluss vom 28. 07. 2015 – XII ZB 674/14, BGHZ 206, 321 (331); BGH, Beschluss vom 23. 09. 2015 – XII ZB 624/14, FamRZ 2015, 2163 (2164); BGH, Beschluss vom 14. 10. 2015 – XII ZB 177/15, FamRZ 2016, 117 (119); Kurze/Kurze, § 1896 BGB, Rn. 49. 55 BGH, Beschluss vom 11. 01. 2017 – XII ZB 329/16, FamRZ 2017, 556 (557); BeckOGK/ Schmidt-Recla, § 1897 BGB, Rn. 52. 53
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b) Bestehen eines wichtigen Grundes als Voraussetzung für den Widerruf Wenn der erweiterte Aufgabenkreis des Kontrollbetreuers den Widerruf der Vorsorgevollmacht umfasst, gebietet der Schutz der Selbstbestimmung des Vollmachtgebers, dass der Kontrollbetreuer die Vorsorgevollmacht nicht ohne weiteres widerrufen darf, da auf diese Weise die Selbstbestimmungsfreiheit des Betroffenen missachtet würde. Daher muss eine akute Gefährdungslage für den Vollmachtgeber bestehen.56 3. Zwischenergebnis Der Widerruf der Vorsorgevollmacht muss dem Kontrollbetreuer in einem gesonderten Beschluss als weiterer Aufgabenkreis zugeordnet werden. Der Widerruf der Vorsorgevollmacht selbst ist nur bei akuter Gefährdung des Vollmachtgebers möglich. Erst wenn diese Voraussetzungen jeweils vorliegen, kann die Vorsorgevollmacht widerrufen und in der Folge ein reguläres Betreuungsverfahren eingeleitet werden. An der gestuften Vorgehensweise zeigt sich der Schutzcharakter der Betreuung. Auch der Unternehmer, der privat vorsorgt, kann sich der Unterstützung des Staates bei Inhabilität zur Überprüfung des Bevollmächtigten gewiss sein.
IV. Verhinderung der Anordnung der Kontrollbetreuung 1. Gestaltungsmöglichkeiten Die Bestellung eines Kontrollbetreuers muss unterbleiben, wenn die Angelegenheiten des Volljährigen gemäß § 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB durch einen Bevollmächtigten ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden können. Daher könnte die Ernennung weiterer Bevollmächtigter die Bestellung eines Kontrollbetreuers nach § 1896 Abs. 3 BGB verhindern. Die Bestellung eines Kontrollbetreuers ist nur erforderlich, wenn der Vollmachtgeber zur Kontrolle des Bevollmächtigten nicht mehr imstande ist, mithin die Voraussetzungen des § 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB erfüllt sind, und anhand konkreter Anhaltspunkte ein nachweisbarer Überwachungsbedarf besteht.57 Um eine Kontrollbetreuung zu verhindern, könnten mehrere Bevollmächtigte mit Einzelvertretungsbefugnis ernannt und die Bevollmächtigten im Innenverhältnis dazu angehalten werden, sich gegenseitig zu kontrollieren.58 Dadurch könnte eine durchgängige Kontrolle des Handelns der Vorsorgebevollmächtigten gewährleistet 56
BGH, Beschluss vom 28. 07. 2015 – XII ZB 674/14, BGHZ 206, 321 (330 f.); Müller/ Renner/Renner, Betreuungsrecht, 2015, Rn. 711. 57 Siehe oben: Kapitel 6 C. II. 58 Reymann, ZEV 2006, 12 (13); Jocher, Notar 2014, 3 (10); Baumann/Selzener, RNotZ 2015, 605 (622); BeckOGK/Schmidt-Recla, § 1896 BGB, Rn. 271.3.
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werden, sodass die Bestellung eines Kontrollbetreuers nicht gemäß § 1896 Abs. 2 Satz 1 BGB erforderlich ist.59 Die Bestellung mehrerer Vorsorgebevollmächtigter ist grundsätzlich zur Vermeidung eines Kontrollbetreuers geeignet. Kehrseite einer derartigen Gestaltung kann sein, dass eine akute Gefahr für widerstreitende Handlungen der Bevollmächtigten besteht. Daher muss ein Verfahren zur Lösung von Meinungsverschiedenheiten in die Vollmachten inkorporiert werden.60 Teilweise wird vorgeschlagen, eine Rangfolge im Innenverhältnis vorzunehmen, sodass ein vorrangig Bevollmächtigter Rücksprache mit nachrangigen Bevollmächtigen halten solle, die Letztentscheidungsbefugnis aber bei dem vorrangig Bevollmächtigten verbleibe.61 Nachteil der internen Lösung ist, dass jeder der Bevollmächtigten im Außenverhältnis ungebunden handeln kann und daher unter Umständen bereits unumkehrbare Zustände geschaffen sind. Ferner führt ein internes Rücksprachegebot dazu, dass die Flexibilität und Geschwindigkeit der Vorsorgevollmacht verloren geht. Weiter kann eine Meinungsverschiedenheit der Vertreter nicht vor dem in solchen Fragen erfahrenen Betreuungsgericht geklärt werden. Wer seine Vorsorge zur Gänze privatautonom gestaltet, kann nicht auf eine subsidiäre Hilfe durch das Betreuungsgericht hoffen.62 Zwar ist nochmals auf den Erforderlichkeitsgrundsatz hinzuweisen, dessentwegen nicht jede Meinungsverschiedenheit zwischen den Vorsorgebevollmächtigten die Bestellung eines Kontrollbetreuers erforderlich macht.63 Dennoch kann ein ernsthafter Disput zwischen den Bevollmächtigten die Bestellung eines Kontrollbetreuers erforderlich machen, welcher mithilfe des Weisungsrechts widersprechende Handlungen zu verhindern suchen kann.64 Unter Umständen kann die Meinungsverschiedenheit zwischen den Vorsorgebevollmächtigten auch dazu führen, dass die Angelegenheiten des Volljährigen nicht ebenso gut durch einen Bevollmächtigten erledigt werden können, sodass die Bestellung eines Betreuers erforderlich werden könnte. Um die Konfliktgefahr zu minimieren, könnte ein Überwachungsbevollmächtigter eingesetzt werden, welcher mit einer vom Vorsorgebevollmächtigten nicht widerrufbaren Vollmacht ausgestattet wird und eigene Auskunftsrechte hat.65 Diese Konstruktion verhindert zwar eine konfligierende Interessenwahrung im Außenverhältnis, birgt aber die Gefahr, dass sich die stete Kontrolle in einem solchen Maße hemmend auf den Vorsorgebevollmächtigten auswirkt, dass die Vorteile des im 59 LG Oldenburg, Beschluss vom 21. 06. 2013 – 8 T 340/13, Juris, Rn. 4 (insoweit nicht in FamRZ 2013, 1605 abgedruckt). 60 Baumann/Selzener, RNotZ 2015, 605 (619 f., 622); das Problem sehen auch: Walter, Die Vorsorgevollmacht, 1997, S. 172; Zimmermann, Vorsorgevollmacht, 2009, S. 84. 61 Sauer, RNotZ 2009, 79 (85 f.). 62 BeckOGK/Schmidt- Recla, § 1896 BGB, Rn. 271.3. 63 BGH, Beschluss vom 30. 03. 2011 – XII ZB 537/10, FamRZ 2011, 1047 (1048); Jocher, notar 2014, 3 (10). 64 OLG Karlsruhe, Beschluss vom 03. 02. 2010 – 19 U 124/09, FamRZ 2010, 1762 (1763). 65 Kurze, NJW 2007, 2220 (2224); Kropp, FPR 2012, 9 (ebd.); Rudolf/Bittler/Roth/Scharf/ Hack, Vorsorgevollmacht, S. 59, 80.
C. Notwendigkeit der Kontrollbetreuung, § 1896 Abs. 3 BG
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Vergleich zum Betreuer freien Auftretens des Bevollmächtigten minimiert werden.66 Da der Überwachungsbevollmächtigte die Überwachung gemäß § 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB ebenso gut wie ein Betreuer besorgen können muss,67 kann diese Behinderung nicht dadurch vermieden werden, dass dem Überwachungsbevollmächtigten weniger Kontrollrechte eingeräumt werden. 2. Zwischenergebnis Es ist möglich, die Anordnung der Kontrollbetreuung zu verhindern. Sollten sich jedoch die anstelle des Vollmachtgeber Aufsicht führenden Personen nicht einig sein oder es zu offensichtlichen, von den Überwachungsbevollmächtigten nicht verhinderten Missbräuchen kommen, kann die Ernennung eines Kontrollbetreuers die einzige Möglichkeit darstellen, den Betroffen in seiner eigenen Unfähigkeit zur Überwachung zu unterstützen.
V. Exkurs und Gestaltungshinweis: Betreuungsverfügung, § 1897 Abs. 4 Satz 1 BGB Ein aus der Sicht des Vorsorgenden praktischer Sicherungsmechanismus kann die Ernennung eines Wunschbetreuers im Rahmen der Vorsorgevollmacht sein. Die Betreuungsverfügung im Sinne der §§ 1897 Abs. 4 Satz 1, 1901c BGB kann in die Vollmacht integriert werden. Sollte die Vollmacht gewisse Bereiche nicht abdecken oder an sonstigen Mängeln leiden, wird der (Wunsch-)Bevollmächtigte zum Betreuer erklärt werden, sofern keine gewichtigen Gründe entgegenstehen.68 Denn die Willensausübung kann nur dann nicht berücksichtigt werden, wenn eine Bestellung der vorgeschlagenen Person dem Wohl des Betroffenen zuwiderliefe.69 Existiert eine Betreuungsverfügung hat der Tatrichter bei der Auswahl der Person des Betreuers kein Ermessen.70 Durch eine derartige Gestaltung kann der Betroffene eine Achtung seiner Selbstbestimmung auch im Fall der Anordnung der Betreuung sicherstellen.71 Darüber hinaus kann in einer Betreuungsverfügung auch ein mög-
66 Tschersich, Die Definition des vermögensrechtlichen Missbrauchs von General- und Vorsorgevollmachten, 2015, S. 128. 67 Walter, Die Vorsorgevollmacht, 1997, S. 39. 68 Kurze, ZAP 2017, 465 = Fach 12, 327 (333). Siehe exemplarisch für die fehlende Eignung eines in einer Betreuungsverfügung genannten Dritten: BGH, Beschluss vom 03. 08. 2016 – XII ZB 616/15, NJW-RR 2016, 1156 (1157). 69 BGH, Beschluss vom 14. 03. 2018 – XII ZB 589/17, FamRZ 2018, 945 (946 f.). 70 BGH, Beschluss vom 18. 10. 2017 – XII ZB 222/17, FamRZ 2018, 55 (56). 71 Perau, MittRhNotK 1996, 285 (286).
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licher Kontrollbetreuer, sofern das Betreuungsgericht die Bestellung eines Kontrollbetreuers für notwendig erachten sollte, benannt werden.72
VI. Zwischenergebnis zu der Kontrollbetreuung Eine Kontrollbetreuung nach § 1896 Abs. 3 BGB kann nur bei einer wirksam errichteten, nicht widerrufenen Vorsorgevollmacht in Betracht kommen, wenn ein konkreter, durch tatsächliche Anhaltspunkte unterlegter Überwachungsbedarf besteht. Die Komplexität der Entscheidungsfindung für einen unternehmerisch tätigen Menschen genügt nicht, um eine Kontrollbetreuung erforderlich werden zu lassen. Der Kontrollbetreuer kann mithilfe von Auskunftsverlangen und Weisungen auf den Bevollmächtigten Einfluss nehmen. Grundsätzlich umfasst der Aufgabenkreis des Kontrollbetreuers nicht den Widerruf der Vorsorgevollmacht. Sofern ein Widerruf aufgrund einer akuten Gefährdung des Vollmachtgebers notwendig und die einzig verbleibende Alternativ ist, muss dem Kontrollbetreuer in einem gesonderten Beschluss als weiterer Aufgabenkreis die Widerrufsbefugnis zugeordnet werden. Der Widerruf der Vorsorgevollmacht selbst ist nur bei akuter Gefährdung des Vollmachtgebers möglich. Sobald die Vorsorgevollmacht widerrufen worden ist, wird sich regelmäßig ein reguläres Betreuungsverfahren anschließen. Um die Anordnung einer Kontrollbetreuung zu verhindern, kann der Vorsorgende selbst für die Überwachung des Vorsorgebevollmächtigten sorgen, indem er entweder mehrere Vorsorgebevollmächtigte, welche sich im Innenverhältnis gegenseitig kontrollieren sollen, oder einen speziellen Überwachungsbevollmächtigten ernennt, dessen Vollmacht für den Vorsorgebevollmächtigten nicht widerrufbar ist. Aber auch dann kann es zu Friktionen oder Verringerungen der Handlungsgeschwindigkeit des Vorsorgebevollmächtigten kommen. Zusammengefasst ist der Preis jeder Kontrolle, sei er durch das Genehmigungsverfahren und die Dokumentationspflichten im Betreuungsverfahren begründet, oder durch weitere Bevollmächtigte, eine Entschleunigung sowie eine erhöhte Anforderung an die Rechnungslegung.
D. Mögliche Probleme im Zusammenhang mit einer Vorsorgevollmacht I. Missbrauchsgefahr Die Praktikabilität der Betreuung eines Unternehmers hängt auch davon ab, ob sich Probleme bei einer Vorsorgevollmacht ergeben können, welche bei der Betreuung nicht auftreten können. Die Gefahr eines pflichtwidrigen Vertreterhandelns 72
Baumann/Selzener, RNotZ 2015, 605 (623).
D. Mögliche Probleme im Zusammenhang mit einer Vorsorgevollmacht
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trägt der Geschäftsherr als Vollmachtgeber.73 Zum Leidwesen des Vollmachtgebers gibt es zahlreiche Verhaltensmuster, mit deren Hilfe ein Bevollmächtigter versuchen kann, die Vollmacht in einer praktisch kaum nachweisbaren Weise zu missbrauchen.74 Wird ein Missbrauch einer Vollmacht befürchtet, stellt die Sachverhaltsermittlung regelmäßig ein Problem dar.75 Dies liegt auch daran, dass Vorsorgebevollmächtigte regelmäßig nicht zu einer bestimmten Art der Rechnungslegung verpflichtet sind.76 Die Missbrauchsgefahr ist bei der privatautonomen Vorsorge erheblich größer als bei der Betreuung, bei welcher die staatliche Aufsicht für einen sorgsamen Umgang mit dem Betreutenvermögen sorgt. Außerdem kompensiert die staatliche Aufsicht die Unfähigkeit des Betroffenen zur Überwachung des Betreuers, während der Vorsorgebevollmächtigte unter Umständen ohne jede Überwachung agiert.77
II. Erforderlichkeit der Anordnung einer Betreuung trotz errichteter Vorsorgevollmacht 1. Erforderlichkeit der Betreuung bei Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes Wenn der Betroffene besonders schutzwürdig ist, weil sogar die Voraussetzungen der Bestellung eines Betreuers mit Einwilligungsvorbehalts gemäß § 1903 Abs. 1 Satz 1 BGB vorliegen, könnte die Vorsorgevollmacht nicht ausreichend sein. Ein Einwilligungsvorbehalt wird gemäß § 1903 Abs. 1 Satz 1 BGB angeordnet, soweit dies zur Abwendung einer erheblichen Gefahr für die Person oder das Vermögen des Betreuten erforderlich ist. Eine erhebliche Gefahr für das Vermögen des Volljährigen liegt vor, wenn aufgrund konkreter Anhaltspunkte eine Selbstschädigung des Betroffenen zu befürchten, welche das Wohl des Betroffenen in seiner konkreten Le-
73
Landenberg, Die Vollmacht vor und nach dem Erbfall, 2017, S. 1, 37, 71, 117; Tschersich, Die Definition des vermögensrechtlichen Missbrauchs von General- und Vorsorgevollmachten, 2015, S. 63; BGH, Urteil vom 29. 06. 1999 – XI ZR 277/98, NJW 1999, 2883 (ebd.); Schmidt, Handelsrecht, § 16, Rn. 64; Münchener Kommentar BGB/Schubert, § 164 BGB, Rn. 210. 74 Vgl. anschaulich die Auflistung bei: Landenberg, Die Vollmacht vor und nach dem Erbfall, 2017, S. 112, 115 f.; Kurze/Kurze, § 1896 BGB, Rn. 41. Zur Verringerung der Missbrauchsgefahr speziell bezogen auf junge Menschen schlägt Kurze, ZErb 2015, 241 (243) eine inhaltlich beschränkte Vollmacht vor. 75 Siehe ausführlich zur Sachverhaltsaufklärung zur Geltendmachung des Auskunftsanspruches aus § 666 BGB: Landenberg, Die Vollmacht vor und nach dem Erbfall, 2017, S. 43 ff., 61 ff. 76 Landenberg, Die Vollmacht vor und nach dem Erbfall, 2017, S. 122. 77 Walter, Die Vorsorgevollmacht, 1997, S. 161, 165. Siehe ausführlich zu den Dokumentationspflichten des Betreuers: Kapitel 2 D.
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benssituation in einem erheblichen Maße gefährdet.78 Entgegen des Wortlauts des § 1903 Abs. 1 Satz 1 BGB („der Betreute“) kann ein Einwilligungsvorbehalt zeitgleich mit der Bestellung eines Betreuers angeordnet werden.79 Sobald eine erhebliche Selbstschädigungsgefahr festgestellt und daher ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet worden ist, bedarf der Betreute zu den Aufgabenkreis des Betreuers betreffenden Willenserklärungen der Einwilligung des Betreuers. Der Einwilligungsvorbehalt muss geeignet sein, um die Gefahren von dem Betroffenen abzuwenden und aus der psychischen Krankheit, seelischen oder geistigen Behinderung resultieren.80 Die erhebliche Gefahr für das Vermögen des Betreuten kann bei einem Unternehmer auf der Tatsache gründen, dass „er sein umfangreiches Vermögen, das aus Grundstücken und einem Betrieb besteht, nicht überblicken und verwalten kann“81, sofern konkrete Anhaltspunkte für die Selbstgefährdung festgestellt werden.82 Wenn eine akute Selbstgefährdung des Betroffenen droht, der nur mit der Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes begegnet werden kann, bietet die Vorsorgevollmacht keinen mit der Betreuung vergleichbaren Schutz. Die Vorsorgevollmacht kann den Betroffenen nicht schützen, weil sie die Rechtswirkungen der Teilnahme des Betroffenen am Rechtsverkehr nicht verändern kann. Die Vorsorgevollmacht erreicht kein vergleichbares Schutzniveau zu der Betreuung samt Einwilligungsvorbehalt. Infolgedessen kann der Vorsorgebevollmächtigte die Angelegenheiten des Betreuten in einer derartigen Konstellation nicht ebenso gut erledigen wie ein Betreuer. Daher ist die Bestellung eines Betreuers trotz einer Vorsorgevollmacht erforderlich, weil anderenfalls der mit dem Einwilligungsvorbehalt verfolgte Schutz nicht erreicht werden könnte.83 Sobald also die Voraussetzungen des § 1903 Abs. 1 Satz 1 BGB erfüllt sind, wird ein Betreuungsverfahren initiiert. Daher kann auch im Fall einer umfassenden Vorsorgevollmacht unter Umständen ein Betreuer bestellt werden. 2. Erforderlichkeit der Betreuung bei einer unvollständigen Vorsorgevollmacht Sofern eine Vorsorgevollmacht sehr speziell gefasst und dem Bevollmächtigten daher einige für die Fürsorge notwendige Kompetenzen fehlen, kann neben der 78 BeckOGK/Schmidt-Recla, § 1903 BGB, Rn. 28; Münchener Kommentar BGB/Schwab, § 1903 BGB, Rn. 9; NK-BGB/Heitmann, § 1903 BGB, Rn. 12; Staudinger/Bienwald (2017), § 1903 BGB, Rn. 50. 79 Bienwald/Sonnenfeld/Harm/Bienwald, § 1903 BGB, Rn. 9, 27. 80 Kurze/Lang, § 1903 BGB, Rn. 3; NK-BGB/Heitmann, § 1903 BGB, Rn. 3. 81 BayObLG, Beschluss vom 04. 05. 1995 – 3Z BR 46/95, FamRZ 1995, 1518 (1519). 82 Vgl.: BGH, Beschluss vom 28. 07. 2015 – XII ZB 92/15, FamRZ 2015, 1793 (ebd.); BGH, Beschluss vom 27. 04. 2016 – XII ZB 7/16, FamRZ 2016, 1070 (1071); BGH, Beschluss vom 28. 09. 2016 – XII ZB 275/16, FamRZ 2016, 2088 (2089); BGH, Beschluss vom 15. 03. 2017 – XII ZB 563/16, Juris, Rn. 6 (insoweit nicht in FamRZ 2017, 996 abgedruckt). 83 BGH, Beschluss vom 27. 07. 2011 – XII ZB 118/11 NJW-RR 2011, 1507 (1508); Wedemann, ZIP 2013, 1508 (1513); Kurze/Kurze, § 1903 BGB, Rn. 13; Müller/Renner/Renner, 2015, Betreuungsrecht, Rn. 373.
D. Mögliche Probleme im Zusammenhang mit einer Vorsorgevollmacht
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bestehenden Vorsorgevollmacht ein Betreuer für die außerhalb der Vertretungsmacht des Vorsorgebevollmächtigten liegenden Aufgaben benannt werden.84 Damit führt eine unvollständige Vorsorgevollmacht dazu, dass, unterteilt nach Aufgabenbereichen, eine Betreuung und eine Vollmachtlösung nebeneinander stehen und gemeinsam eine Fürsorge für den Einzelnen bieten. 3. Erforderlichkeit der Betreuung wegen nicht geeigneter Form der Vollmacht Unter Umständen kann eine Betreuung auch wegen einer in einer ungeeigneten Form verfassten Vorsorgevollmacht notwendig sein. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn ein Grundstück aufgelassen werden soll und die Bevollmächtigung nicht notariell beurkundet ist. Obgleich sich die Vollmachtserteilung gemäß § 167 Abs. 2 BGB nicht nach der für das Rechtsgeschäft notwendigen Form zu richten hat und damit grundsätzlich formfrei ist, verlangt § 29 Abs. 1 GBO öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden.85 4. Erforderlichkeit der Betreuung wegen fehlender Zustimmung der Mitgesellschafter Errichtet ein Gesellschafter eine Vorsorgevollmacht, welche sämtliche Vermögensangelegenheiten und damit auch die Beteiligung an der Gesellschaft umfasst und stimmen die Mitgesellschafter der Ausübung der Gesellschafterrechte durch den Bevollmächtigten nicht zu, ist bezogen auf die Gesellschaftsbeteiligung die Bestellung eines Betreuers erforderlich.86 Denn der Betreuer kann aufgrund des zwingenden Charakters des Betreuungsrechts die mitgliedschaftlichen Rechte unabhängig von der Zustimmung der Mitgesellschafter wahrnehmen.87
84 BGH, Beschluss vom 03. 02. 2016 – XII ZB 454/15, XII ZB 307/15, NJW 2016, 1516 (1517). 85 BGH, Beschluss vom 03. 02. 2016 – XII ZB 454/15, XII ZB 307/15, NJW 2016, 1516 (ebd.). Zu weiteren Beispielen siehe oben: Kapitel 6 B. 86 Raub, Vorsorgevollmachten im Personengesellschaftsrecht, 2013, S. 119. Ob die Mitgesellschafter zu einer Zustimmung aufgrund der mitgliedschaftlichen Treuepflicht verpflichtet sind, bezweifelt Raub, a. a. O. Sollte es an einer Zustimmung der Mitgesellschafter fehlen, stellt sich ferner die Frage, wer die Rechte des betroffenen Gesellschafters geltend macht, sofern er dazu nicht selbst imstande ist. Der Vorsorgebevollmächtigte wird ohne die Zustimmung der Mitgesellschafter im Hinblick auf die gesellschafterliche Beteiligung nicht stellvertretend auftreten dürfen. Daher wird jedenfalls zur Geltendmachung der Rechte ein Betreuer bestellt werden müssen. 87 Siehe dazu: Kapitel 3 A. II. 2. c).
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Kap. 6: Die Vorsorgevollmacht als Alternative zur Betreuung
5. Erforderlichkeit der Betreuung wegen Akzeptanzproblemen Bloße Zweifel an der Wirksamkeit der Vollmacht reichen nicht aus, um gemäß § 1896 Abs. 2 BGB die Bestellung eines Betreuers erforderlich zu machen. Soweit die Unwirksamkeit der Vollmacht nicht nachgewiesen werden kann, ist die Vollmacht als wirksam anzusehen.88 Ebenso begründen die insbesondere bei Banken anzutreffenden Bedenken gegen Vollmachten, die darauf gründen, dass kein institutseigenes Formular verwendet worden ist, per se keine Akzeptanzschwierigkeiten.89 a) Akzeptanzprobleme wegen Zweifeln an der Wirksamkeit der Vollmacht Wird von dem Geschäftsumfeld des Vorsorgenden dessen Geschäftsfähigkeit bei Erteilung der Vorsorgevollmacht bezweifelt und infolgedessen die Vorsorgevollmacht nicht akzeptiert, kann eine Betreuung wegen den aus der fehlenden Akzeptanz der Vollmacht herrührenden Einschränkung des Bevollmächtigten in der Rechtsausübung für den Betroffenen erforderlich sein. Die Beeinträchtigungen des Vorsorgebevollmächtigten können dazu führen, dass eine den Interessen des Vollmachtgebers entsprechende Vorsorge nicht möglich ist.90 Dabei hat das Betreuungsgericht infolge des Amtsermittlungsgrundsatzes nach § 26 FamFG zu ergründen, ob der Betroffene bei Erteilung der Vollmacht geschäftsfähig gewesen ist.91 b) Akzeptanzprobleme gründend auf einem Fehlverhalten des Vorsorgebevollmächtigtem Eine Betreuung ist auch dann erforderlich, wenn der Bevollmächtige nicht geeignet ist, die Angelegenheiten des Betroffenen zu besorgen.92 Eine Betreuung kann auch erforderlich sein, wenn die Redlichkeit des Bevollmächtigten erheblichen Zweifeln ausgesetzt ist, sodass der Bevollmächtigte ungeeignet zur Besorgung der 88
So die neuere Rechtsprechung: BGH, Beschluss vom 03. 02. 2016 – XII ZB 425/14, FamRZ 2016, 701 (702); fortgeführt in: BGH, Beschluss vom 19. 10. 2016 – XII ZB 289/16, FamRZ 2017, 141 (142); BGH, Beschluss vom 30. 08. 2017 – XII ZB 16/17, FamRZ 2017, 1866 (1868); BGH, Beschluss vom 02. 08. 2017 – XII ZB 502/16, FamRZ 2017, 1777 (1778). 89 Münchener Kommentar BGB/Schwab, § 1896 BGB, Rn. 53; Tersteegen, NJW 2007, 1717 (1718 ff.); Derselbe, RNotZ 2014, 98 (101); LG Dettmold, Urteil vom 14. 01. 2015 – 10 S 110/14, ZEV 2015, 353 (354). 90 BGH, Beschluss vom 17. 02. 2016 – XII ZB 498/15, FamRZ 2016, 704 (705). Allgemein zu Akzeptanzproblemen einer Vorsorgevollmacht auch: Adams, Geschäftsunfähigkeit und Betreuung in Personengesellschaften, 2016, S. 33 ff. 91 BGH, Beschluss vom 19. 10. 2016 – XII ZB 289/16, FamRZ 2017, 141 (142); zustimmend: Dodegge, NJW 2017, 2655 (2658); Kurze/Kurze, § 1896 BGB, Rn. 22, der fordert, dass immer versucht werden müsse, Akzeptanzproblemen der Vollmacht zu begegnen, indem der Vorsorgevollmacht Geltung verschafft werde. 92 Nedden-Boeger, FamRZ 2014, 1589 (ebd.).
E. Zwischenergebnis zur (unternehmensbezogenen) Vorsorgevollmacht
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Angelegenheiten des Betroffenen erscheint.93 Ebenfalls erforderlich ist eine Betreuung trotz wirksam errichteter Vorsorgevollmacht, wenn die Handlungen des Bevollmächtigten das Wohl des Betroffenen gefährden.94
III. Ergebnis In einer Reihe von Fallkonstellationen kann die Bestellung eines Betreuers trotz einer errichteten Vorsorgevollmacht erforderlich sein. Dazu zählt einerseits die Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes nach § 1903 Abs. 1 Satz 1 BGB, eine unvollständige Vollmacht, die fehlende Zustimmung der Mitgesellschafter sowie Akzeptanzprobleme, denen sich der Bevollmächtigte ausgesetzt sieht, oder eine Vollmacht in einer nicht geeigneten Form. Darüber hinaus ist die Missbrauchsgefahr bei einer Vorsorgevollmacht größer als bei der Betreuung, weil es an einem unabhängigen Überwachungsinstitut fehlt.
E. Zwischenergebnis zur (unternehmensbezogenen) Vorsorgevollmacht und kursorischer Vergleich mit der Betreuung Eine unternehmensbezogene Vorsorgevollmacht kann eine geeignete Vorsorge für einen Unternehmer darstellen. Dabei sollte sich der Unternehmer anwaltlich oder von einem Notar beraten lassen, um die Vollmacht in einer Form zu errichten, welche dem Bevollmächtigten die Rechtsmacht gibt, die notwendigen Geschäfte auszuführen. Eine Kontrollbetreuung ist immer dann gemäß § 1896 Abs. 2 Satz 1 BGB erforderlich, wenn der Vollmachtgeber zu einer eigenständigen Kontrolle des Bevollmächtigten nicht mehr in der Lage ist und ein konkret festzustellender Überwachungsbedarf besteht. Sofern der Vollmachtgeber einen Überwachungsbevollmächtigten ernannt hat, wird die Bestellung eines Kontrollbetreuers, die Integrität des Überwachungsbevollmächtigten vorausgesetzt, regelmäßig nicht erforderlich sein. Sofern ein Kontrollbetreuer ernannt worden ist, darf der Kontrollbetreuer die Vorsorgevollmacht nicht ohne weiteres widerrufen. Stattdessen muss die Befugnis zum Widerruf der Vorsorgevollmacht dem Kontrollbetreuer in einem gesonderten Beschluss als weiterer Aufgabenkreis zugeordnet werden. Der Widerruf der Vor93 NK-BGB/Heitmann, § 1896 BGB, Rn. 67; BGH, Beschluss vom 26. 02. 2014 – XII ZB 301/13, FamRZ 2014, 738 (739); BGH, Beschluss vom 17. 02. 2016 – XII ZB 498/15, FamRZ 2016, 704 (705); BGH, Beschluss vom 19. 10. 2016 – XII ZB 289/16, FamRZ 2017, 141 (142); BGH, Beschluss vom 19. 07. 2017 – XII ZB 141/16, FamRZ 2017, 1712 (1714); BGH, Beschluss vom 25. 04. 2018 – XII ZB 216/17, FamRZ 2018, 1110 (1111). 94 Bienwald/Sonnenfeld/Harm/Bienwald, § 1896 BGB, Rn. 87; KG, Beschluss vom 15. 12. 1009 – 1 W 213/09, FamRZ 2010, 924 (925); BGH, Beschluss vom 17. 02. 2016 – XII ZB 498/ 15, FamRZ 2016, 704 (705).
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Kap. 6: Die Vorsorgevollmacht als Alternative zur Betreuung
sorgevollmacht selbst ist nur bei akuter Gefährdung des Vollmachtgebers möglich. Nach erfolgtem Widerruf wird die Fürsorge für den Betroffenen durch ein reguläres Betreuungsverfahren sichergestellt. Unabhängig von der Anordnung der Kontrollbetreuung nach § 1896 Abs. 3 BGB können mit einer Vorsorgevollmacht erhebliche Missbrauchsrisiken einhergehen. Gleichzeitig kann trotz einer wirksam errichteten Vorsorgevollmacht unter Umständen eine ergänzende oder verdrängende Bestellung eines Betreuers notwendig sein. Dies ist der Fall, wenn eine Betreuung mit Einwilligungsvorbehalt nach § 1903 Abs. 1 Satz 1 BGB angeordnet werden muss. Auch bei einer unvollständigen Vollmacht oder der fehlenden Zustimmung der Mitgesellschafter zu der Vollmacht kann die Bestellung eines Betreuers erforderlich sein. Gleiches gilt bei begründeten Akzeptanzproblemen, welche nicht ausgeräumt werden können und die die rechtlichen Handlungsmöglichkeiten des Bevollmächtigten nachhaltig beeinträchtigen. Insgesamt handelt es sich bei der Vorsorgevollmacht um ein deutlich flexibleres Vorsorgeinstitut. Dieser Flexibilität steht die erhöhte Missbrauchsgefahr und die Ungewissheit, ob die Vorsorgevollmacht in jeder Konstellation für ausreichend befunden werden wird, entgegen. Aus diesem Grund sollte jede Vorsorgevollmacht um eine Betreuungsverfügung ergänzt werden. Ob es sich bei der Vorsorgevollmacht um ein für den Einzelnen überzeugenderes Vorsorgeinstrument handelt, als dies die Betreuung ist, hängt maßgeblich von den Beteiligten und der konkreten Interessenlage ab. Sobald beispielsweise die Besorgnis besteht, dass die Mitgesellschafter der Ausübung der Gesellschafterrechte durch den Bevollmächtigten nicht zustimmen, kann die Betreuung aufgrund ihres zwingenden Charakters besser geeignet sein. Gleichzeitig kann in Zeiten des Umbruchs, in denen gesellschaftsrechtliche Gestaltung von Nöten ist, das betreuungsgerichtliche Genehmigungsverfahren durch die ihm eigene Sperrigkeit eine Zeitverzögerung mit sich bringen, welche die Gesellschaft im Einzelfall in ihrer Existenz gefährden kann. Gleichzeitig darf nicht außer Acht gelassen werden, dass das Betreuungsgericht durch die repressive und die präventive Überwachung die Unfähigkeit des Betroffenen zur Überwachung kompensiert. Ob einem Bevollmächtigten in einem Maße vertraut werden kann, dass es keiner Überwachung bedarf, muss jeder Vorsorgende individuell für sich beantworten.
Schlussbetrachtung und Ausblick auf die Reform des Betreuungsrechts A. Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse in Thesen I.
Die Bestellung eines Betreuers stellt einen Eingriff in die Selbstbestimmungsfreiheit des Einzelnen aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG dar. Einzelhandlungen des Betreuers können als Fremdbestimmung in grundrechtlich geschützte Rechtsgüter eingreifen. Der Eingriff wird jeweils durch den legitimen Zweck gerechtfertigt, den Einzelnen zu schützen. Dieser Schutz des Einzelnen ist eine Ausprägung des Sozialstaatsprinzips.
II.
Der um die Anordnung nach § 1896 Abs. 4 BGB zu ergänzende Aufgabenkreis der Vermögenssorge erfasst die Verwaltung eines Unternehmens inklusive der für den Unternehmer zu treffenden Entscheidungen. Bei der Besorgung der Angelegenheiten ist gemäß § 1901 Abs. 2 BGB das Wohl des Betreuten für den Betreuer maßgebend. Das Wohl des Betreuten wird objektiv personalisierend ausgelegt und richtet sich nach dessen Bedürfnissen und Interessen. Ein Wunsch läuft dem Wohl des Betreuten im Sinne von § 1901 Abs. 3 Satz 1 BGB zuwider, wenn eine Befolgung des Wunsches höherrangige Rechtsgüter des Betroffenen gefährden oder eine erhebliche Verschlechterung der gesamten Lebens- und Vermögenssituation herbeiführen würde. Daher muss ein mit dem Aufgabenkreis der Vermögenssorge bestellter Betreuer ein Unternehmen des Betreuten regelmäßig fortführen, sofern die Vorstellung des Betreuten darauf abzielt. Nur bei absehbarer konkreter Verlustgefahr kann der Betreuer gezwungen sein, die unternehmerische Beteiligung zu veräußern, um eine eigene Haftung nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1833 Abs. 1 Satz 1 BGB zu verhindern. Absehbar ist die Verlustgefahr, wenn aufgrund konkreter und objektivierbarer Anhaltspunkte zu erwarten ist, dass der Betreute einen erheblichen Teil des investierten Geldes einbüßt. Bezogen auf freies Vermögen, welches nicht § 1806 BGB unterfällt, kann der Betreuer nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1811 BGB eine andere Anlegung wählen und auf diese Weise Entscheidungen treffen, die sich als eine wirtschaftliche Vermögensverwaltung auszeichnen. Er muss sein Anlageverhalten an den Parametern der Rentabilität, Sicherheit und Flexibilität ausrichten.
III.
Bei der rechtlichen Betreuung handelt es sich um ein gesetzlich ausgeformtes Treuhandverhältnis; der Betreuer handelt treuhänderisch für den Betreuten. Dadurch sind die Normen des Geschäftsbesorgungsrechts analog auf die
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Schlussbetrachtung und Ausblick
rechtliche Betreuung anwendbar. Damit kann der Betreute dem Betreuer Weisungen im Sinne des § 665 BGB erteilen. Ist der Betreute geschäftsunfähig, kommt seinen, auch vor der Betreuung geäußerten Wünschen, ein weisungsähnlicher Charakter zu. Der Betreuer muss die Weisungen oder weisungsähnlichen Wünschen des Betreuten nur befolgen, wenn diese nicht selbstschädigend sind. In der Regel wird eine Weisung als selbstschädigend einzuordnen sein, wenn eine hypothetische ex-ante Betrachtung ergibt, dass die Befolgung und Umsetzung der Weisung das Vermögen des Betreuten insgesamt gefährden. Eine interessengerechte Vermögensverwaltung infolge einer Weisung kann beispielsweise in der nach § 1908 BGB unter Genehmigungsvorbehalt gestellten Ausstattung bestehen. Als Treuhänder ist die in § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG kodifizierte Business Judgment Rule analog auf den Betreuer anwendbar, wenn er unternehmerische Entscheidungen trifft, was auf die Anlage von Geldern des Betreuten im Rahmen der anderen Anlegung nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1811 BGB zutrifft. Hat sich der Betreuer auf Grundlage einer angemessenen Information entschieden, löst seine Anlageentscheidung bei wirtschaftlichem Misserfolg keine persönliche Haftung des Betreuers aus. Auf diese Weise wird ein wirtschaftliches Handeln des Betreuers ermöglicht, weil getroffene unternehmerische Entscheidungen für den Betreuten nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar sind. Eine Erfolgshaftung des Betreuers wird vermieden. Dadurch kann der der Betreuer, ähnlich einem Testamentsvollstrecker, wie ein „dynamischer Geschäftsführer“ agieren. IV.
Außengenehmigungstatbestände schränken die Vertretungsmacht des Betreuers bei seinem Auftreten anstelle des Betreuten ein. Keine Auswirkungen haben die Genehmigungstatbestände auf Handlungen im gesellschaftsrechtlichen Außenverhältnis. Denn die Vertreter der Körperschaft oder der teilrechtsfähigen Personenhandelsgesellschaft handeln jeweils nicht für den Betreuten. Daher sind im gesellschaftsrechtlichen Außenverhältnis abgegebene Willenserklärungen nicht genehmigungspflichtig. Jede einen Gesellschaftsvertrag betreffende Willenserklärung eines Betreuers ist genehmigungspflichtig, wenn die Willenserklärung auf den Beginn oder die Veräußerung eines Erwerbsgeschäfts abzielt. Während §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 3 Alt. 2 BGB in unmittelbarer Anwendung nur den Gründungsgesellschaftsvertrag betreffen, führt eine analoge Anwendung der §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 3 Alt. 2 BGB dazu, dass (auch) nachträgliche Änderungen des Gesellschaftsvertrages genehmigungspflichtig sind. Wissen weder der Betreuer noch die Mitgesellschafter um die Genehmigungspflichtigkeit der Maßnahme, ist der Betreute weiterhin Gesellschafter. Allerdingst ist der Betreute nicht berechtigt auf die infolge der Änderung des Gesellschaftsvertrages generierten Gewinne zuzugreifen, während gleichzeitig eine Haftung für aus der Änderung des Gesellschaftsvertrages resultierende Verbindlichkeiten ausscheidet. Ist ein Mitgesellschafter zum Betreuer ernannt, kann dessen Ausschluss der
A. Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse in Thesen
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Vertretungsmacht nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1795 Abs. 2, 181 BGB bei der stellvertretenden Ausübung des Stimmrechts bei einem Gesellschafterbeschluss im Rahmen des § 181 BGB teleologisch reduziert werden, sodass seine Vertretungsmacht unbeschränkt bleibt. Denn die Genehmigungspflichtigkeit jeder Änderung des Gesellschaftsvertrages stellt einen hinreichenden Schutz des Betreuten sicher. Auch die Erteilung der Prokura bei einem Einzelkaufmann ist nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 11 BGB genehmigungspflichtig. Durch eine allgemeine Ermächtigung gemäß §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1825 Abs. 1 BGB kann die Einschränkung der Vertretungsmacht des Betreuers bezogen auf die Genehmigungstatbestände der §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1812, 1822 Nr. 10 BGB aufgehoben werden. Das betreuungsgerichtliche Genehmigungsverfahren kann eine beträchtliche Zeit dauern. Unter Umständen muss ein Verfahrenspfleger bestellt und ein Sachverständigengutachten zu gesellschaftsrechtlichen Fragen in Auftrag gegeben werden. Der Genehmigungsbeschluss wird gemäß §§ 40 Abs. 2 Satz 1, 45 Satz 1, 63 Abs. 2 FamFG erst nach Ablauf der Beschwerdefrist, und damit zwei Wochen nach Bekanntgabe, wirksam, sodass eine erhebliche Zeit vergeht, bis der Betreuer einen Genehmigungsbeschluss mit Rechtskraftvermerk erhält. Außerdem steht es gemäß §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1829 Abs. 1 Satz 2 BGB im Ermessen des Betreuers, Vertragspartner von der Erteilung der Genehmigung zu unterrichten. Eine weitere Besonderheit besteht in der suspendierten Wirksamkeit der Willenserklärung des Betreuers bis zu der Mitteilung. Unterlässt der Betreuer die Mitteilung, wird seine stellvertretend abgegebene Willenserklärung nicht wirksam. V.
Die Berichts-/Dokumentationspflichten des Betreuers geben dem Betreuungsgericht einen umfassenden Einblick in die Geldbewegungen, welche das Vermögen des Betreuten betreffen. Gleichwohl werden weder im Vermögensverzeichnis noch in dem Bericht oder der Rechnung nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1840 Abs. 1, 3 BGB Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse veröffentlicht.
VI.
Der Betreuer ist unabhängig von der Zustimmung der Mitgesellschafter in der Lage, die Gesellschafterrechte des Betreuten wahrzunehmen. Das Betreuungsrecht hat zwingenden Charakter, sodass die Rechtsausübung durch einen Betreuer gesellschaftsvertraglich nicht ausgeschlossen werden kann. Die Ausübungsbefugnis folgt systematisch bereits aus der Existenz von §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 3 BGB. Insbesondere verstößt die Betreuung als staatliche Fürsorge nicht gegen den Grundsatz der Höchstpersönlichkeit der Mitgliedschaft. Ebenso wenig verstößt die Geltendmachung von Gesellschafterrechten durch den Betreuer gegen das Abspaltungsverbot, weil der Betreuer sämtliche Gesellschafterrechte ausübt. Aufgrund des Repräsentationsprinzips der Stellvertretung gilt die gesellschafterliche Treuepflicht, welche den Betreuten trifft, mittelbar auch für den Betreuer. Bei der Ausübung von Rechten, welche der Mitgliedschaft entstammen, ist das Ermessen des
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Schlussbetrachtung und Ausblick
Betreuers eingeschränkt. Ausnahmsweise hat er auch Drittinteressen (der Gesellschaft) zu beachten. Die Achtung der Interessen der Gesellschaft durch den Betreuer wahrt nachträglich die bei Gesellschaftsvertragsschluss ausgeübte Handlungsfreiheit des mittlerweile Betreuten. VII. Sofern der Betreuer der mitgliedschaftlichen Treuepflicht zuwiderhandelt, wird sein Handeln dem Betreuten nach § 278 BGB zugerechnet. Die Gesellschaft kann einen Anspruch auf Schadensersatz gegen den Betreuten nach § 280 Abs. 1 BGB geltend machen. Unter Umständen kann die Gesellschaft deliktische Ansprüche direkt gegen den Betreuer geltend machen. VIII. Der Betreuer kann nicht für eine Kapitalgesellschaft auftreten. Bei den Aufgaben des Geschäftsführers handelt es sich nicht um eigene Angelegenheiten des Betreuten im Sinne des § 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB. Wenn ein Betreuer für Vermögensangelegenheiten bestellt und ein Einwilligungsvorbehalt nach § 1903 BGB angeordnet wird, erlischt das Geschäftsführeramt nach § 6 Abs. 2 Satz 1, 2 Nr. 1 GmbHG ipso iure. Bei einer Ein-Personen-GmbH kann der Betreuer aufgrund der Anordnung der Betreuung ausnahmsweise den einzigen Gesellschafter-Geschäftsführer der GmbH abberufen, sodass die Körperschaft anschließend keinen gesetzlichen Vertreter mehr hat. IX.
Ein Betreuer kann infolge unter Umständen auch als gesetzlicher Vertreter für die Personenhandelsgesellschaft auftreten. Denn die Geschäftsführungsbefugnis ist Bestandteil der Mitgliedschaft des Betreuten. Da die Rechtsmacht des Betreuers von dem Betreuten abgeleitet wird, stehen auch ihm Geschäftsführungsbefugnisse zu. § 6 Abs. 2 GmbHG ist auf Personenhandelsgesellschaften nicht analog anwendbar, weil die Unterschiede zwischen Fremdorganschaft und Selbstorganschaft das Bestehen einer vergleichbaren Interessenlage verhindern.
X.
Die Anordnung der Betreuung ist keine in das Handelsregister eintragungsfähige Tatsache.
XI.
Dem Betreuer eines Unternehmers ist die Übernahme der Betreuung zumutbar, sofern eine angemessene Vergütung erreicht werden kann. Die Betreuung eines Unternehmers wird mit einem erheblichen Arbeitseinsatz einhergehen. Die maximale monatliche Fallpauschale in Höhe von EUR 486,– nach den Regelungen des VBVG ist nicht angemessen, um den Arbeitsaufwand, die potentielle Haftung und die Komplexität der vom Betreuer zu leistenden Aufgaben zu vergüten. Eine angemessene Vergütung kann mithilfe einer Vergütungsvereinbarung oder über die Bewilligung nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1836 Abs. 2 BGB erreicht werden. Eine Vergütungsvereinbarung kann aufschiebend bedingt für die Anordnung der Betreuung und die Bestellung der gewünschten Person zum Betreuer geschlossen werden. Alternativ kann ein Ergänzungsbetreuer für den geschäftsunfähigen Betreuten in Sonderfällen eine Vergütungsvereinbarung mit dem Betreuer schließen.
B. Bewertung der Praktikabilität der Betreuung eines Unternehmers
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Wer ansonsten keine Betreuungen führt, ist infolge der quantitativen Bestimmung der Berufsmäßigkeit nicht berufsmäßig gemäß §§ 4 Abs. 4 Satz 2, 1 Abs. 1 Satz 1, 2 Nr. 1 VBVG tätig. Nur dann kann das Betreuungsgericht eine angemessene Vergütung gemäß §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1836 Abs. 2 BGB bewilligen. Die angemessene Vergütung muss bei einem betreuten Unternehmer höher ausfallen als der Höchstsatz der §§ 4, 5 VBVG. Sollte der Betreuer auch andere Betreuungen führen und sich zur Übernahme der Betreuung bereit erklären, kann er mithilfe von § 5 Abs. 5 Satz 2 VBVG und § 1835 Abs. 3 BGB zusätzlich zu seiner pauschalierten Vergütung einen Aufwendungsersatzanspruch geltend machen, sofern die Aufwendungen zu seinem Beruf gehören. XII. Eine Kontrollbetreuung nach § 1896 Abs. 3 BGB ist immer dann erforderlich, wenn der Vollmachtgeber zu einer eigenständigen Kontrolle des Bevollmächtigten nicht mehr in der Lage ist und ein konkret festzustellender Überwachungsbedarf besteht. Sofern ein Kontrollbetreuer ernannt worden ist, darf der Kontrollbetreuer die Vorsorgevollmacht nicht ohne weiteres widerrufen. Stattdessen muss die Befugnis zum Widerruf der Vorsorgevollmacht dem Kontrollbetreuer in einem gesonderten Beschluss als weiterer Aufgabenkreis zugeordnet werden. Der Widerruf ist nur bei akuter Gefährdung des Vollmachtgebers möglich.
B. Bewertung der Praktikabilität der Betreuung eines Unternehmers Rechtliche Betreuung ist staatlich initiierte Fremdbestimmung. Die durch den Staat verordnete Durchbrechung der Autonomie des Einzelnen ist die größte Stärke und zugleich Schwäche bei der Beurteilung der Betreuung eines Unternehmers. Zwar spricht eine Fremdbestimmung für sich genommen nicht gegen die Praktikabilität der Betreuung eines Unternehmers, weil auch bei einer Vorsorgevollmacht ein Dritter Entscheidungen anstelle des nicht mehr Entscheidungsfähigen trifft. Problematisch kann bei der Betreuung sein, dass die Entscheidungsbefugnis möglicherweise einem unbekannten Dritten übertragen wird. Bei einer Vorsorgevollmacht ist der Bevollmächtigte konkret benannt, sodass Gewissheit besteht, wer die fremdbestimmenden Entscheidungen trifft. Der Nachteil der Fremdbestimmung durch einen unter Umständen unbekannten Dritten bei der Betreuung wird dadurch verringert und unter Umständen auch ausgeglichen, dass die Aufsicht des Betreuungsgerichts die Missbrauchsgefahr minimiert. Sowohl der Betreute als auch der Vollmachtgeber können ihrem Stellvertreter nach § 665 BGB Weisungen erteilen, sofern sie geschäftsfähig sind. Bezogen auf die Betreuung verdeutlicht § 1901 Abs. 3 BGB, dass den Wünschen eines Geschäftsunfähigen ein weisungsähnlicher Charakter zukommt. Jedenfalls bezogen auf die
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Schlussbetrachtung und Ausblick
Weisungen des Betreuten oder Vollmachtgeber ähneln sich die vom Gesetzgeber zur Auswahl gestellten Vorsorgeinstitute. Im betreuungsrechtlichen Außenverhältnis statuiert der gemäß § 1901 Abs. 2, 3 BGB an die Bedürfnisse des Betroffenen angepasste Umgang mit dem Vermögen die Tauglichkeit der Betreuung eines Unternehmers. Freies Vermögen kann der Betreuer nach Maßgabe der §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1811 BGB im Rahmen einer wirtschaftlichen Vermögensverwaltung anlegen. Damit ist der Betreuer nicht zu einem risikoaversen Umgang mit dem Vermögen des Betreuten verpflichtet, sondern darf auch Risiken eingehen, sofern die Risiken ex-ante nicht außer Verhältnis zu dem möglichen Ertrag stehen. Zugleich besteht keine Pflicht, das bei der Übernahme der Betreuung vorgefundene Vermögen in eine mündelsichere Anlageform zu überführen. Stattdessen hat der Betreuer im betreuungsrechtlichen Außenverhältnis weitgehende Handlungsfreiheit und kann im Rahmen einer anderen Anlegung ähnlich handeln, wie dies einem Testamentsvollstrecker gestattet ist. Da es sich bei der (Dauer-)Testamentsvollstreckung um ein anerkanntes, in der Praxis geprüftes und bewährtes Mittel der Unternehmensnachfolge handelt, spricht die weitgehende Übereinstimmung der Möglichkeiten der Vermögensverwaltung durch den Betreuer und den Testamentsvollstrecker für die Praktikabilität der Betreuung eines Unternehmers. Ein an den Parametern der Rentabilität, Sicherheit und Flexibilität ausgerichteter Umgang mit dem Vermögen des Betreuten streitet für die Praktikabilität der Betreuung eines Unternehmers. Dabei sorgt die analoge Anwendung des § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG dafür, dass der Betreuer nicht aus Sorge vor einer eigenen Haftung von unternehmerischen Handlungen, zu denen auch die Entscheidung für eine andere Anlegung im Sinne des §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1811 BGB zählt, absieht. Die Regelungen zur Vermögenssorge enthalten Gestaltungsmöglichkeiten, welche mit den Bedürfnissen eines unternehmerisch tätigen Menschen übereinstimmen. Durch die analoge Anwendung des § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG wird eine mögliche (Weiter-)entwicklung eines Unternehmens zumindest nicht aus Sorgen vor einer eigenen Haftung durch den Betreuer blockiert. Anders als der Testamentsvollstrecker ist der Betreuer bei den Außengenehmigungstatbeständen in seiner Rechtsmacht beschränkt. Die Genehmigungstatbestände verdeutlichen die Vor- und Nachteile der Betreuung eines Unternehmers. Damit das Betreuungsgericht beurteilen kann, ob es eine Genehmigung erteilt, muss ein juristisch soweit aufgearbeiteter Sachverhalt vorgelegt werden, dass die Gefahren und Risiken der Maßnahme bewertet werden können. Durch die dem Betreuungsgericht vorzulegenden Unterlagen erhält der Rechtspfleger einen Einblick in die Willensbildung der Gesellschaft. Auch wenn der Rechtspfleger strafbewehrt zur Geheimhaltung verpflichtet ist und die Genehmigungstatbestände auch dem Schutz des Betreten dienen, ist eine staatliche Einsichtnahme regelmäßig für alle Beteiligten unangenehm. Auch die Länge des Genehmigungsverfahrens selbst, die Zweiwochenfrist bis zur Erteilung des Rechtskraftvermerks und die Möglichkeit des Betreuers, Vertragspartner nicht von der Erteilung der Genehmigung gemäß §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1829 Abs. 1 Satz 2 BGB zu unterrichten, können sich als hinderlich
B. Bewertung der Praktikabilität der Betreuung eines Unternehmers
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herausstellen. Allerdings sind Beschlüsse von Gesellschaften, welche das Alltagsgeschäft betreffen, in der Regel nicht genehmigungspflichtig, sodass weder eine staatliche Stelle Einblick erhält, noch mit einer Verzögerung zu rechnen ist. Gleichzeitig minimiert die eingeschränkte Rechtsmacht des Betreuers im Falle einer Genehmigungseinholung die Gefahren eines Missbrauchs. Insbesondere wird durch die Genehmigungstatbestände sichergestellt, dass Mitgesellschafter des Betreuten nicht die Schwäche ausnutzen und versuchen, eigene Vorteile (eventuell in Kollaboration mit dem Betreuer) zu sichern. Die Dokumentations-/Berichtspflichten des Betreuers führen nicht dazu, dass Betriebsgeheimnisse veröffentlicht werden. Weiterhin dient die Dokumentation, insoweit vergleichbar zu den einen Kaufmann treffenden Buchführungspflichten nach § 238 Abs. 1 HGB oder der Inventarerrichtungspflicht nach § 240 Abs. 2 Satz 1 HGB, sowohl der Information des Betreuten, als auch der Beweissicherung und schützt vor einer Veruntreuung von Geldern durch den Betreuer. Dieser Schutz stellt gegenüber den Erfahrungen mit Vorsorgebevollmächtigten, deren Buchführung grundsätzlich weder in einer bestimmten, vorgegebenen Form erfolgen muss noch zwingend eine besondere Ordnung aufweist, einen Vorteil der Betreuung dar. Für die Praktikabilität der Betreuung eines Unternehmers spricht die Gewissheit, dass die gesellschafterlichen Rechte des Betroffenen während der eigenen Verhinderung ausgeübt werden können. Anders als bei einem Vorsorgebevollmächtigten kann der Betreuer die Rechte des Gesellschafters stellvertretend geltend machen ohne auf die Zustimmung der Mitgesellschafter angewiesen zu sein. Dadurch, dass der Betreuer als Repräsentant des Betreuten die gesellschafterliche Treuepflicht zu beachten hat, muss der Betreuer zum Wohle der Gesellschaft handeln. Weiterhin geht mit der mittelbaren Bindung an die gesellschafterliche Treuepflicht einher, dass die grundsätzlich vom Ermessen des Betreuers geprägte Führung der Betreuung im betreuungsrechtlichen Außenverhältnis justiziable Grenzen hat. Das Verhalten des Betreuers wird dem Betreuten im Rahmen des Schadensersatzanspruches der Gesellschaft gemäß § 280 Abs. 1 BGB nach § 278 Satz 1 BGB zugerechnet. Der Betreute (beziehungsweise ein eigens dafür bestellter Ergänzungsbetreuer) kann einen durch den Betreuer verursachten Schaden „über das Eck“ gemäß §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1833 Abs. 1 Satz 1 BGB liquidieren. Somit wird der Betreuer zu einem treuegemäßen Verhalten angehalten. Ein Vorteil der Betreuung gegenüber einer Vorsorgevollmacht besteht darin, dass derjenige, der eine Betreuungsverfügung erlässt, sicher sein kann, dass seine Mitgesellschafter das Auftreten des vom Betreuten bestimmten Betreuers nicht verhindern können. Im Hinblick auf das gesellschaftsrechtliche Außenverhältnis ist zwischen Kapitalgesellschaften und Personenhandelsgesellschaften zu unterscheiden. Der Betreuer kann nicht im gesellschaftsrechtlichen Außenverhältnis für eine Kapitalgesellschaft auftreten. Zwar führt § 39 GmbHG nicht dazu, dass der Anlass der Beendigung der Vertretungsbefugnis eingetragen werden müsste, sodass die Anordnung der Betreuung nicht durch das Handelsregister verbreitet wird. Auch kann der Betreuer den
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Schlussbetrachtung und Ausblick
Geschäftsführer einer Ein-Mann-GmbH mit dem Ergebnis abberufen, dass ausnahmsweise eine vertreterlose und damit handlungsunfähige GmbH entsteht. Dem Zustand einer geschäftsführerlosen GmbH kann der Betreuer dadurch abhelfen, dass er im Rahmen einer Gesellschafterversammlung einen neuen Geschäftsführer bestellt. Somit ermöglicht die Betreuung, bezogen auf die GmbH, den Fortbestand der Gesellschaft. Allerdings führt die fehlende Befugnis des Betreuers zum Auftreten im gesellschaftsrechtlichen Außenverhältnis dazu, dass die Betreuung nicht ohne Hilfskonstruktionen beziehungsweise unter Umständen nicht ohne Bestellung eines neuen Geschäftsführers auskommt. Will ein GmbH-Gesellschafter sicherstellen, dass im Vorsorgefall die Gesellschaft entsprechend seinem Willen fortgeführt wird, wird er nicht umhinkommen, eine Vorsorgevollmacht zu errichten und diese mit der Erteilung der Prokura zu kombinieren. Die Betreuung ist bezogen auf das Außenverhältnis der GmbH lediglich zur Schadensbegrenzung geeignet. Anders stellt sich die Situation bei einer Personenhandelsgesellschaft dar. Ein Gesellschafter kann durch Nutzung einer Betreuungsverfügung nach § 1897 Abs. 4 Satz 1, 3 BGB sicherstellen, dass ein Vertrauter die Vertretung der Gesellschaft im Außenverhältnis an seiner Statt übernimmt. Wird ein Betreuer für einen Komplementär bestellt, ermöglicht die rechtliche Betreuung der Gesellschaft weiterhin am Rechtsverkehr teilzunehmen, indem der Betreuer für die Gesellschaft auftritt. Das Auftreten des Betreuers ist nicht wegen eines Verstoßes gegen die Selbstorganschaft unzulässig. Gleichzeitig wird die Betreuung nicht in das Handelsregister eingetragen. Auf diese Weise wird die Selbstbestimmungsfreiheit des Betroffenen in Ausformung der informationellen Selbstbestimmung geschützt. Dadurch, dass von dem Betreuer für die Gesellschaft abgegebene Willenserklärungen nicht der Genehmigungspflichtigkeit der §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1821, 1822 BGB unterliegen, hat der Betreuer zudem eine gewisse Handlungsfreiheit. Sofern die Mitgesellschafter sich an der Geschäftsführung des Betreuers stören, stehen ihnen die Entziehungsklagen nach §§ 117, 127 HGB zur Verfügung. Insgesamt stellt die Betreuung eines Personengesellschafters bezogen auf das gesellschafterliche Außenverhältnis ein taugliches Fürsorgeinstrument dar. Resümierend lässt sich die Praktikabilität der Betreuung vereinfachend wie folgt darstellen: Die Rechtsmacht des Betreuers umfasst alle Handlungsoptionen, welche für eine einem Unternehmer angemessene Fürsorge notwendig sind, gestattet dem Staat aber punktuell einen Einblick. Ohne die punktuellen Einblicke könnte das Betreuungsgericht seiner Aufsichtspflicht nicht nachkommen. Die Qualität der Betreuung hängt maßgeblich von der Person des Betreuers ab. Sollte die in dieser Arbeit vertretene Ansicht hinsichtlich der Zulässigkeit einer Vergütungsvereinbarung und der Berufsmäßigkeit der Betreuung als zwei Möglichkeiten zur Ermöglichung einer angemessenen Vergütung nicht zutreffen und stattdessen eine pauschale Vergütung zu zahlen sein, wird die Betreuung zur Betreuung eines Unternehmers nicht geeignet sein. Denn für die Fallpauschalen des VBVG ist es nicht zuzumuten, sich einzuarbeiten, juristisch und wirtschaftlich komplexe Entscheidungen zu treffen und dafür auch noch persönlich zu haften.
C. Ausblick auf die Reform des Betreuungsrechts
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Nicht nur, aber insbesondere der unternehmerisch tätige Mensch sollte sich frühzeitig mit der Frage auseinandersetzen, was im Fall von Krankheit, Demenz oder einem Unfall mit seinem Unternehmen geschehen soll. Diese Auseinandersetzung ist er nicht nur der Gesellschaft und eventuellen Arbeitnehmern schuldig, sondern umso mehr sich selbst, da es um sein berufliches Erbe und die Zukunft des eventuell von ihm aufgebauten Unternehmens geht. Die Betreuung hält rechtlich alle Möglichkeiten vor, die ein Betreuer zu einer Betreuung eines Unternehmers benötigt. Allerdings steht und fällt die Qualität der Betreuung mit der Person des Betreuers. Daher sollte jedenfalls eine Betreuungsverfügung errichtet werden, mit deren Hilfe ein hinreichend qualifizierter Mensch zum Betreuer bestellt werden soll, der idealerweise eine angemessene Vergütung enthält.
C. Ausblick auf die Reform des Betreuungsrechts Die in dieser Arbeit zitierten Normen der Vermögenssorge entstammen zum ganz überwiegenden Teil dem Vormundschaftsrecht. Dass die Regelungen der Vermögenssorge für den minderjährigen Mündel ihren Hauptanwendungsfall im Bereich des Betreuungsrechts haben, hat das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz dazu bewogen, eine Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts zu initiieren.1 In diesem Rahmen soll das Vormundschaftsrecht neu geordnet und dabei die Personensorge gestärkt werden.2 Zugleich soll das Recht der Vermögenssorge in die Vorschriften über die rechtliche Betreuung implementiert werden.3 Am 25. September 2020 veröffentlichte die Bundesregierung den „Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts“4. Mit der Reform sollen „Selbstbestimmung und Autonomie“5 der Betroffenen gestärkt werden. Die rechtliche Betreuung soll in den §§ 1814 ff. BGB-E neu geregelt werden. Zur Stärkung der Autonomie des Betroffenen wird auch die Neuregelung vom Erfor-
1 Vgl.: BMJV, Diskussionsteilentwurf zur Reform des Vormundschaftsrecht, 18. 08. 2016, S. 1, https://www.bmjv.de/SharedDocs/Downloads/DE/PDF/Themenseiten/FamilieUndPartner schaft/Vormundschaftsrecht_Eckpunke_2016.pdf?__blob=publicationFile&v=3, zuletzt abgerufen am: 11. 08. 2018. 2 Für Einzelheiten siehe: BMJV, FamRZ 2015, 303 (ebd.); für eine Bestandsaufnahme und kritische Würdigung siehe: Veit, FamRZ 2016, 2045 (2047 ff.); Dieselbe/Marchlewski, FamRZ 2017, 779 (780 ff.). 3 Vgl.: BMJV, Diskussionsteilentwurf zur Reform des Vormundschaftsrecht, 18. 08. 2016, S. 1, 55, 57, https://www.bmjv.de/SharedDocs/Downloads/DE/PDF/Themenseiten/FamilieUnd Partnerschaft/Vormundschaftsrecht_Eckpunke_2016.pdf?__blob=publicationFile&v=3, zuletzt abgerufen am: 11. 08. 2018. 4 Drucksache 564/20. 5 Drucksache 564/20, S. 2.
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Schlussbetrachtung und Ausblick
derlichkeitsgrundsatz durchzogen, welcher noch besser umgesetzt werden soll.6 Dementsprechend soll die vertretene Person, soweit möglich, selbst handeln.7 Am 5. März 2021 beschloss der Bundestag eine Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts; der Bundesrat stimmte am 26. März 2021 zu. Die beschlossenen Änderungen werden am 1. Januar 2023 in Kraft treten.8
I. Zur Neuregelung des betreuungsrechtlichen Außen- und Innenverhältnisses Gemäß des § 1823 BGB-E kann der Betreuer in seinem Aufgabenkreis den Betreuten gerichtlich und außergerichtlich betreuten. Damit betont § 1823 BGB-E im betreuungsrechtlichen Außenverhältnis die Handlungsfähigkeit des Betreuten. Im Vergleich zu § 1902 BGB wird an der Verwendung des Modalverbs „kann“ deutlich, dass der Betroffene, wann immer möglich, selbst handelt und der Betreuer den Betreuten nicht vermeintlich automatisch „vertritt“.9 § 1825 BGB-E übernimmt im Wesentlichen die bisherige Regelung des § 1903 BGB, sodass die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts weiterhin unabhängig von der Bestellung eines Betreuers ist. § 1821 BGB-E soll „die ,Magna Charta‘ für das gesamte rechtliche Betreuungswesen“10 sein. Nach § 1821 Abs. 1 BGB-E nimmt der Betreuer alle Tätigkeiten vor, die erforderlich sind, um die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen. Er unterstützt den Betreuten dabei, seine Angelegenheiten rechtlich selbst zu besorgen, und macht von seiner Vertretungsmacht nach § 1823 BGB-E nur Gebrauch, soweit dies erforderlich ist. Gemäß § 1821 Abs. 2 BGB-E hat der Betreuer die Angelegenheiten des Betreuten so zu besorgen, dass dieser im Rahmen seiner Möglichkeiten sein Leben nach seinen Wünschen gestalten kann. Hierzu hat der Betreuer die Wünsche des Betreuten festzustellen. Diesen hat der Betreuer vorbehaltlich des § 1821 Abs. 3 BGB-E zu entsprechen und den Betreuten bei deren Umsetzung rechtlich zu unterstützen. Dies gilt auch für die Wünsche, die der Betreute vor der Bestellung des Betreuers geäußert hat, es sei denn, dass er an diesen Wünschen erkennbar nicht festhalten will. § 1821 Abs. 3 BGB-E sieht vor, dass der Betreuer den Wünschen des Betreuten dann nicht zu entsprechen hat, wenn dadurch die Person oder das Vermögen des Betreuten erheblich gefährdet würde, was der Betreute aufgrund seines Zustandes nicht erkennen kann oder die Befolgung des 6 Drucksache 564/20, S. 166, 303 ff. Auch aus dem Grund ist der Erforderlichkeitsgrundsatz teilweise sehr prägnant in den Normen zu finden, wie zum Beispiel in §§ 1814 Abs. 3, 1815 Abs. 1 Satz 3 BGB-E. 7 Drucksache 564/20, u. a. S. 153, 168 ff. 8 BT-Drs 19/24445, S. 106. 9 Drucksache 564/20, S. 344; BT-Drs 19/24445, S. 251. 10 Drucksache 564/20, S. 331; die Formulierung wird beibehalten in: BT-Drs 19/24445, S. 249, 270, 298, 485.
C. Ausblick auf die Reform des Betreuungsrechts
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Wunsches dem Betreuer nicht zuzumuten ist. Auch vor der Betreuung geäußerte Wünsche sind nach § 1821 Abs. 4 Satz 2 BGB-E zu beachten. Damit wird zukünftig, abweichend von der bisherigen Regelung in § 1901 BGB, für das betreuungsrechtliche Innenverhältnis auf das auch objektiv zu interpretierende „Wohl“11 verzichtet. Maßgeblich sollen allein die Wünsche des Betreuten sein. Es soll sichergestellt werden, dass sich das betreuungsrechtliche Innenverhältnis und (auch) das gesamte Betreuungsverfahren an der „Wahrung und […] Verwirklichung der Selbstbestimmung der Betreuten“12 ausrichten.13 Fraglos überzeugend ist es, dass auch bei der Auswahl des Betreuers die Wünsche des Betroffenen von erheblicher Relevanz sein sollen.14 Die momentan in § 1821 BGB-E vorgesehenen Parameter entsprechen im Wesentlichen der Rechtsprechung zu der Auslegung des „Wohls“ in § 1901 BGB des geltenden Rechts.15 Welche Auswirkungen die Reform insoweit für den Schutz der Selbstbestimmung des Betroffenen haben wird, muss die Zukunft zeigen.
II. Zur Vermögenssorge § 1838 Abs. 1 Satz 1 BGB-E regelt, dass der Betreuer die Vermögensangelegenheiten des Betreuten nach Maßgabe des § 1821 BGB-E wahrzunehmen habe. § 1821 BGB-E wiederum betont, dass der Betreuer alle Tätigkeiten vornehmen soll, die zur Besorgung der rechtlichen Angelegenheiten des Betreuten erforderlich sind. Nach § 1821 Satz 2 BGB-E soll der Betreuer von der Vertretungsmacht nach § 1823 BGB-E nur Gebrauch machen, soweit dies erforderlich ist. Durch diesen Verweis wird die Wunschbefolgungspflicht des Betreuers im Rahmen der Vermögenssorge betont.16 Weiter sehen die §§ 1839 bis 1843 BGB-E als Grundsätze der Wahrnehmung der Vermögensangelegenheiten vor, dass Verfügungsgeld17 bargeldlos nach §§ 1839, 1840 BGB-E bereitzuhalten ist und nicht für Ausgaben benötigtes Geld gemäß §§ 1841, 1842 BGB anzulegen ist.18 Möchte der Betreuer von diesen Grundsätzen abweichen, hat er dies dem Betreuungsgericht unverzüglich unter Darlegung der Wünsche des Betreuten anzuzeigen. 11
Siehe oben: Kapitel 2 A. II. 1. c). Drucksache 564/20, S. 331; wörtlich auch in: BT-Drs 19/24445, S. 249. 13 Drucksache 564/20, S. 153, 333 ff. Ist der Betreute nicht mehr zur Bildung eines Willens in der Lage, muss der Betreuer versuchen, den mutmaßlichen Willen des Betreuten herauszufinden, vgl. a. a. O., S. 338. 14 Drucksache 564/20, S. 168, 314 f.; BT-Drs 19/24445, S. 3, 125, 134 ff. 15 Siehe oben: Kapitel 2 A. II. 1. c). 16 Drucksache 564/20, u. a. S. 156, 172 ff., 362 ff.; BT-Drs 19/24445, S. 126, 270 ff. 17 Dieser Begriff ist bereits aus der Kommentarliteratur zu § 1806 BGB des geltenden Rechts bekannt; Drucksache 564/20, S. 174, 366 f.; BT-Drs 19/24445, S. 273 f.; siehe auch oben: Kapitel 2 B. II. 3. a) bb). 18 § 1843 BGB-E enthält Regelungen zur Depotverwahrung und der Hinterlegung von Wertpapieren. 12
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Schlussbetrachtung und Ausblick
Ein erheblicher Unterschied ergibt sich bezogen auf die wirtschaftliche Vermögensverwaltung, auf welche §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1811 Satz 2 BGB im geltenden Recht Bezug nimmt. Bislang unterfällt eine andere Anlegung nur der Innengenehmigung des Betreuungsgerichts. Eine andere Anlegung des Betreuers ist sofort wirksam; sollte die Innengenehmigung nicht erteilt werden, macht sich der Betreuer potentiell schadensersatzpflichtig.19 Maßstab für die Erteilung der Erlaubnis ist nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1811 Satz 2 BGB, ob die beabsichtigte Art der Anlegung nach Lage des Falles den Grundsätzen einer wirtschaftlichen Vermögensverwaltung zuwiderlaufen würde.20 Durch die Reform wird ein Paradigmenwechsel stattfinden. § 1848 BGB-E gestattet dem Betreuer eine andere Anlegung von Geld, nimmt aber nicht auf die wirtschaftliche Vermögensverwaltung Bezug. Im Gegensatz zum geltenden Recht ist ein ohne die erforderliche Genehmigung abgeschlossenes Geschäft im Außenverhältnis unwirksam.21 Damit wird aus einer Innengenehmigung eine Außengenehmigung, was den Betreuer daran hindert, eine sofort wirksame Willenserklärung für den Betreuten abzugeben. Weiterhin wird das Betreuungsgericht eine andere Anlegung nach § 1848 BGB-E nicht mehr ohne Weiteres an den Grundsätzen einer wirtschaftlichen Vermögensverwaltung messen. Für die Betreuung eines Unternehmers bleibt insoweit zu hoffen, dass das Betreuungsgericht davon überzeugt werden kann, dass es den Wünschen des Betreuten entsprechen wird, Geld nach den Grundsätzen einer wirtschaftlichen Vermögensverwaltung anzulegen. Die in dieser Arbeit zur Vermögenssorge vorgenommenen Untersuchungen dürften weiterhin Geltung beanspruchen können;22 dies gilt insbesondere bezogen auf die genehmigungsfreie Fortführung bereits angelegten Geldes.23 Es dürfte den (mutmaßlichen) Wünschen des Betreuten, welche nach § 1838 Abs. 1 Satz 1 BGB-E maßgeblich für die Vermögensanlage sind, entsprechen, das Unternehmen fortzuführen.
III. Zur Haftung des Betreuers Die Haftung des Betreuers soll in § 1826 BGB-E geregelt werden. Dabei soll abweichend zu § 1833 BGB des geltenden Rechts eine Beweislastumkehr in § 1826 Abs. 1 Satz 2 BGB-E eingeführt werden. Vor diesem Hintergrund besteht für die analoge Anwendung von § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG bei unternehmerischen Entscheidungen des Betreuers24 weiterhin ein erheblicher Bedarf.25 Die neu eingeführte 19
Siehe oben: Kapitel 2 B. II. 3. b) bb). Siehe oben: Kapitel 2 B. II. 3. b) cc). 21 Drucksache 564/20, S. 175; BT-Drs 19/24445, S. 282. 22 Siehe oben: Kapitel 2 B. II. 23 Siehe oben: Kapitel 2 B. III. 24 Siehe oben: Kapitel 2 B. V. 2. b). 25 Scholz, FamRZ 2020, 1693 (1698) schlägt insoweit eine konkrete Regelung in § 1826 BGB-E oder § 1838 BGB-E vor. 20
C. Ausblick auf die Reform des Betreuungsrechts
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Beweislastumkehr in § 1826 Abs. 1 Satz 2 BGB-E spricht für die Vergleichbarkeit der Interessenlage zusätzlich die Ähnlichkeit zu § 93 Abs. 2 Satz 2 AktG. Eine planwidrige Regelungslücke dürfte trotz der umfassenden Reform weiterhin bestehen, da das Haftungsrisiko eines Betreuers bei unternehmerischen Entscheidungen in den Begründungen nicht adressiert wird.26
IV. Zu den Genehmigungstatbeständen Die Genehmigungstatbestände zur Begrenzung der Vertretungsmacht des Betreuers im Außenverhältnis gelten weitestgehend fort. Das bislang in § 1828 f. geregelte Prinzip der Genehmigung27 findet sich nunmehr in §§ 1855 ff. BGB-E. Dabei wird die bislang in § 1829 Abs. 2 BGB vorgesehene Vier-Wochen-Frist betreffend die Mitteilung der Genehmigung eines ohne Genehmigung abgeschlossenen Rechtsgeschäfts in § 1856 BGB-E auf zwei Monate verlängert. Inhaltlich sieht § 1847 BGB-E, vergleichbar zu § 1823 BGB, vor, dass der Betreuer Beginn, Art und Umfang eines neuen Erwerbsgeschäfts im Namen des Betreuten und die Aufgabe eines bestehenden Erwerbsgeschäfts des Betreuten beim Betreuungsgericht anzeigen muss. Damit ist nicht mehr, wie bislang bei § 1823 BGB, eine Innengenehmigung einzuholen; die Anzeige gegenüber dem Betreuungsgericht genügt.28 In § 1852 BGB-E ist ein Genehmigungstatbestand für handels- und gesellschaftsrechtliche Rechtsgeschäfte vorgesehen. Dabei ähnelt § 1852 Nr. 1 a) BGB-E dem Genehmigungstatbestand des § 1822 Nr. 3 BGB. § 1852 Nr. 1 b) BGB-E stellt auch die Verfügung oder Verpflichtung zu einer Verfügung, durch die der Betreute einen Anteil an einer Personen- oder Kapitalgesellschaft, die ein Erwerbsgeschäft betreibt, erwirbt oder veräußert unter Genehmigungsvorbehalt. Die explizite Nennung von Personengesellschaften oder Kapitalgesellschaften entspricht dem, was schon zu § 1822 Nr. 3 Alt. 1 BGB einhellige Meinung der Rechtsprechung und Literatur ist.29 § 1852 Nr. 2 BGB-E entspricht § 1822 Nr. 3 Alt. 2 BGB und auch die bislang in § 1822 Nr. 11 BGB geregelte Erteilung der Prokura soll nach § 1852 Nr. 3 BGB-E weiterhin genehmigungspflichtig sein.30 Da die Reform betreuten Gesellschaftern so gut wie keine Beachtung schenkt und damit weiterhin eine planwidrige Regelungslücke bestehen dürfte, dürfte die in dieser Arbeit vertretene analoge Anwendung des § 1822 Nr. 3 Alt. 2 BGB auch für § 1852 Nr. 2 BGB-E gelten.31
26 Siehe die Ausführungen zu § 1826 BGB-E in: Drucksache 564/20, S. 345 ff.; BT-Drs 19/ 24445, S. 259 f. 27 Siehe oben: Kapitel 2 C. I. 28 Drucksache 564/20, S. 377; BT-Drs 19/24445, S. 281. 29 Siehe bereits: RG, Urteil vom 04. 12. 1928 – II 486/28, RGZ 122, 370 (372 f.). 30 Drucksache 564/20, S. 387 f.; BT-Drs 19/24445, S. 288. 31 Siehe oben: Kapitel 2 C. IV. 5.
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Schlussbetrachtung und Ausblick
V. Zu den Dokumentationspflichten des Betreuers Die Diskussion um die Offenlegung von Unternehmensinterna durch die Rechnungslegungsvorschriften wird auch zukünftig weitergeführt werden.32 Inhaltlich dürfte sich indes wenig ändern: Auch nach der Reform soll ein Vermögensverzeichnis erstellt werden. Dabei ist § 1835 BGB-E seinem Wortlaut nach an § 1802 BGB angelehnt. § 1863 BGB-E ergänzt, dass ein Anfangsbericht zu den persönlichen Verhältnissen des Betreuten erstellt werden muss.33 In § 1865 BGB-E findet sich schließlich eine Regelung zur Rechnungslegung.
VI. Zur Vergütung des Betreuers Im Hinblick auf die Vergütung des Betreuers soll das VBVG reformiert werden und der Vergütungsanspruch nach § 7 Abs. 1 VBVG-E davon abhängen, ob es sich um einen beruflichen Betreuer nach § 19 Abs. 2 BtOG-E (Betreuungsorganisationsgesetz) handelt.34 Weiterhin wird ein Berufsbetreuer nach Fallpauschalen vergütet,35 während § 1876 Satz 2 BGB-E für ehrenamtliche Betreuer in Übereinstimmung mit §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1836 Abs. 2 BGB vorsieht, dass eine angemessene Vergütung bewilligt werden kann, wenn Umfang oder Schwierigkeit der Angelegenheiten des Betreuten dies rechtfertigen und der Betreute nicht mittellos ist. Beide Voraussetzungen werden bei der Betreuung eines Unternehmers vorliegen.36 Die Zulässigkeit einer Vergütungsvereinbarung bei einem geschäftsunfähigen Betreuten wird nicht erwähnt, sodass weiterhin von deren Zulässigkeit auszugehen ist.37
VII. Zur Vorsorgevollmacht und dem neuen Ehegattennotvertretungsrecht Die Vorsorgevollmacht und die Kontrollbetreuung sollen im neuen § 1820 BGB-E geregelt werden. Ähnlich zu § 1901c BGB des geltenden Rechts, wonach schriftliche Betreuungswünsche beim Betreuungsgericht abgegeben werden sollen, sieht § 1820 Abs. 1 BGB-E eine Unterrichtungspflicht bei Kenntnis von einer errichteten Vorsorgevollmacht vor. Bezogen auf die mit einer Vorsorgevollmacht
32
Siehe oben: Kapitel 2 D. Drucksache 564/20, S. 178. Sie ist weitergehend als § 1840 Abs. 1 Satz 1 BGB, vgl. a. a. O., S. 404 ff.; BT-Drs 19/24445, S. 299 ff. 34 Drucksache 564/20, S. 195. 35 Siehe oben: Kapitel 5 B. II. 36 Siehe oben: Kapitel 5 B. II. 2. c). 37 Siehe oben: Kapitel 5 B. III. 3. 33
C. Ausblick auf die Reform des Betreuungsrechts
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einhergehenden Missbrauchsgefahren38 ist die Bestellung eines Kontrollbetreuers nach § 1820 Abs. 3 Nr. 2 BGB-E erforderlich, wenn aufgrund konkreter Anhaltspunkte davon auszugehen ist, dass der Bevollmächtigte die Angelegenheiten des Vollmachtgebers nicht entsprechend der Vereinbarung oder dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des Vollmachtgebers besorgt. Aufgrund der Eingriffsintensität soll die Bestellung eines Kontrollbetreuers dem Richtervorbehalt unterliegen.39 Diese Änderung ist zu begrüßen und inhaltlich auch deshalb notwendig, weil die Handlungsbefugnisse des Kontrollbetreuers erheblich erweitert werden. Denn während im geltenden Recht dem Kontrollbetreuer der Widerruf der Vorsorgevollmacht als gesonderter Aufgabenkreis in einem gesonderten Beschluss als weiterer Aufgabenkreis zugeordnet werden muss,40 wird dies aller Voraussicht nach nicht mehr notwendig sein. Zukünftig wird der Kontrollbetreuer die Befugnis zum Widerruf der Vollmacht direkt mit seiner Bestellung als Kontrollbetreuer erhalten. § 1820 Abs. 5 Satz 2 BGB-E sieht lediglich vor, dass der Widerruf der Vollmacht der Genehmigung des Betreuungsgerichts bedarf.41 Keinerlei Auswirkungen auf die Betreuung eines Unternehmers dürfte die in § 1358 BGB-E vorgesehene Einführung eines Notvertretungsrechts von Ehegatten untereinander haben, weil die Vertretungsmacht des vertretenden Ehegatten ausweislich § 1358 Abs. 1 BGB-E nur Aspekte der Gesundheitssorge umfassen soll.42
VIII. Zusammenfassung Zusammenfassend ist die Betreuung eines Unternehmers ersichtlich nicht geregelt worden; Gleiches gilt für wohlhabende Betreute.43 So wird in den Begründungen beispielsweise § 1852 BGB-E als Zentralnorm der Genehmigung für handels- und gesellschaftsrechtliche Rechtsgeschäfte in gerade einmal vier kurzen Absätzen erklärt und im Wesentlichen das geltende Recht übernommen.44 Auch die sonstigen 38 Siehe oben: Kapitel 6 D. Die Begründungen adressieren das Missbrauchsrisiko, sehen aber zur Wahrung der Privatautonomie von weitergehenden Regelungen ab: Drucksache 564/ 20, S. 323 ff.; BT-Drs 19/24445, S. 244. 39 Drucksache 564/20, S. 313, 328; BT-Drs 19/24445, S. 247. Korrespondierend soll § 281 Abs. 1 Nummer 2 FamFG, der anstelle eines sonst notwendigen Gutachtens die Einholung eines ärztlichen Zeugnisses ausreichen lässt, gestrichen werden, vgl. BT-Drs 19/24445, S. 247. 40 Siehe oben: Kapitel 6 C. III. 2. 41 Drucksache 564/20, S. 327; BT-Drs 19/24445, S. 248. 42 Drucksache 564/20, S. 154, 196 ff., 230 ff.; BT-Drs 19/24445, S. 179 ff. Siehe zur Kritik an dieser Neuerung aus Sorge davor, dass von der Errichtung einer Vorsorgevollmacht abgesehen wird nur m. w. N.: Horn, ZEV 2020, 748 (ebd.). 43 Vgl. plastisch: Drucksache 564/20, S. 367: „Im Regelfall der Betreuung verfügt der Betreute nur über begrenzte Ersparnisse.“; kritisch auch: Horn, ZEV 2020, 748 (752). 44 Drucksache 564/20, S. 387 f.; noch knapper: BT-Drs 19/24445, S. 288; Scholz, FamRZ 2020, 1693 (1698) kritisiert insoweit, dass unklar sei, nach welchen Maßstäben das Gericht eine Genehmigung in gesellschaftsrechtlichen Fragen erteilen solle.
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Schlussbetrachtung und Ausblick
Ausführungen, bei denen zum Beispiel der „Sicherheit der Anlage und der gerichtlichen Kontrolle Vorrang vor möglichen kurzfristigen Kursgewinnen gegeben“45 wird, lassen erkennen, dass nicht daran gedacht worden ist, dass beispielsweise infolge eines Unfalls ein Unternehmer betreut werden könnte. Ob auf der anderen Seite die Betonung der Wunschbeachtungspflicht des Betreuers in §§ 1821, 1838 BGB-E dazu führt, dass die Betreuung eines Unternehmers zukünftig interessengerecht erfolgen wird und kann, wird die Zukunft zeigen. Es wird aller Voraussicht nach dabei bleiben, dass der Erfolg der Betreuung eines Unternehmers maßgeblich von der Person des Betreuers abhängig ist.
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Drucksache 564/20, S. 378; BT-Drs 19/24445, S. 282.
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Sachwortverzeichnis Abspaltungsverbot 197 f. Allgemeine Handlungsfreiheit 37 Amtsermittlungsgrundsatz 32, 53, 132 Anlegung 93 Anregung der Betreuung 25 f. Außengenehmigung 126 f. – Erwerbsgeschäft 135 – 152 – Mitteilung des Betreuers 129 f., 133 – Übernahme Verbindlichkeit 166 f. – Verfügung über Forderung 157 – 165 – Wirksamkeit Beschluss 131 f. Ausstattung 113 f. Ausübung Stimmrecht 193 Betreuerausweis 31, 38 Betreuerbestellung 26, 62 – Eignung 288 f. – Ergänzungsbetreuer 168 – 171 – Gegenbetreuer 133 – Mehrere Betreuer 271 f. – Verwandte 29, 171, 289 – Zumutbarkeit 272, 273 Betreuungsverfügung 27, 32, 303 f. Business Judgment Rule 116 – 123 Drittschadensliquidation
233
Ehegattennotvertretungsrecht 324 Eigentum 40 Entlassung des Betreuer 262 f. Entmündigung 68, 200 – 202 Entziehung Geschäftsführungsbefugnis 262 Erforderlichkeit 35 – Erforderlichkeit Betreuung trotz Vorsorgevollmacht 304 – 309 – Erforderlichkeitsgrundsatz 37 f., 204 – Magna Charta 320 Ermächtigung 165
Fortführung des Unternehmens 125
108 – 113,
Genehmigungstatbestände 53, 76, 323 Geschäftsbesorgungsvertrag 66 Geschäftsführer 248 – 260 – Abberufung 253 – Erlöschen ipso iure 248 – 252, 255 Gesellschafter 190 – 247 – Ausscheidensklausel 212 – Ausschluss aus Gesellschaft 192 – Ausschluss Stimmrecht 198 f., 202 – 210 – Geheimhaltungspflicht 225 – 229 – hinkender 152 – 155 – Mitgliedschaftliche Treueplicht 216 – 225 – Ruhensanordnung 210, 211 Gesellschaftsinterne Willensbildung 190 – 192 Grundrechtseingriff 37 – 39, 209 – Aufbaumodell 41 – 44 – Eingriffsmodell 44 f. – Fähigkeit zur Willensbildung 47 f. Haftung des Betreuers 115 f., 322 f. – Verstoß gegen Geheimhaltungspflicht 237 – 241 – Verstoß gegen Treuepflicht 229 – 237 – Zwangsvollstreckung gegen Betreuten 241 – 243 Höchstpersönlichkeit der Mitgliedschaft 194 – 196 Informationsrecht 213 f. Innengenehmigung 103 f. Kommunikationskontrolle 95 – 97 Kontrollbetreuung 31, 294 – 301 – Überwachungsbedarf 296 – 298 – Verhinderung 301 – 303
354
Sachwortverzeichnis
– Weisungsbefugnis 298 f. – Widerruf Vollmacht 299 – 301, 325 Munt Prokura
200 168
Rechnungslegung 31, 73, 127, 184 – 187, 324 Reform des Betreuungsrechts 319 – 326 Registereintragungsfähigkeit 265 – 268 Schutzpflicht des Staates 49 f., 208 Selbstorganschaft 256 – 260 Subsidiaritätsgrundsatz 51, 207, 290 Testamentsvollstrecker 75 – 91, 106 – Abwicklungsvollstreckung 75 – Amtstheorie 78 – 80 – Dauervollstreckung 76 – Unternehmensfortführung 80 – 91 – Vertretertheorie 77 Treuhand 55 – 65, 79, 80, 112 – qualifiziert 67 Unternehmen 28 Unternehmer 27
Verfahrenspfleger 131 f. Vergütung des Betreuers 273 – 288 – gesetzlich 273 – 283, 324 – Vergütungsvereinbarung 283 – 287 Vermögenssorge 94, 95, 125, 321 f. – Andere Anlegung 102 – 107 – Mündelsichere Anlage 29, 97 – 100 – Niedrigzins 100 – 102 Vermögensverwaltung 93 Vermögensverzeichnis 176 – 184, 227 f. – Einzelkaufmann 176 – 179 – Personengesellschafter 179 – 184 Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter 232 Vorsorgevollmacht 290 – 293, 301 – 304, 324 f. – Missbrauch der Vollmacht 31, 304, 308 – unternehmensbezogen 30, 32, 292, 293 – Zustimmung zu Bevollmächtigtem 35, 36, 207, 221, 247, 291, 307, 310 Weisung 68, 72 Widerspruchsrecht 261 Wohl 69 – 72, 321 Wunsch 69 f., 320