Der Anspruch auf Erstattung der Kosten der Prozessfinanzierung [1 ed.] 9783428549245, 9783428149247

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Der Anspruch auf Erstattung der Kosten der Prozessfinanzierung [1 ed.]
 9783428549245, 9783428149247

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Schriften zum Prozessrecht Band 243

Der Anspruch auf Erstattung der Kosten der Prozessfinanzierung Von Annekathrin Siebert-Reimer

Duncker & Humblot · Berlin

ANNEKATHRIN SIEBERT-REIMER

Der Anspruch auf Erstattung der Kosten der Prozessfinanzierung

Schriften zum Prozessrecht Band 243

Der Anspruch auf Erstattung der Kosten der Prozessfinanzierung

Von Annekathrin Siebert-Reimer

Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin hat diese Arbeit im Sommersemester 2014 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2017 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: L101 Mediengestaltung, Fürstenwalde Druck: buchbücher.de GmbH, Birkach Printed in Germany ISSN 0582-0219 ISBN 978-3-428-14924-7 (Print) ISBN 978-3-428-54924-5 (E-Book) ISBN 978-3-428-84924-6 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2014 von der Juristischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin als Dissertation angenommen. Literatur und Rechtsprechung konnten bis einschließlich Juni 2014 berücksichtigt werden. Spätere gerichtliche Entscheidungen bzw. Auffassungen in der Literatur konnten nur punktuell ergänzt werden. Die Erstellung dieser Arbeit war für mich eine wertvolle Erfahrung, jedoch zugleich auch eine große Herausforderung. Im Rahmen meines Promotionsvorhabens habe ich viel Unterstützung erfahren, sei es durch Motivation und Zuspruch als auch durch Anregungen, Kritik und die Erteilung von Ratschlägen. Bei all den Personen, die hierdurch zum Gelingen meiner Arbeit beigetragen haben, möchte ich mich ausdrücklich bedanken. Dank gebührt dabei in erster Linie meinem Doktorvater Prof. Dr. Hans-Peter Schwintowski, der nicht nur mein Promotionsvorhaben hervorragend betreut und gefördert hat, sondern von dem ich während meiner langjährigen Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin an seinem Lehrstuhl auch in fach­ licher und persönlicher Hinsicht profitieren konnte. Zu Dank bin ich auch Prof. Dr. Christoph Paulus für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens verpflichtet. Danken möchte ich auch meinen langjährigen Lehrstuhlkollegen, die nicht nur immer für fachliche Diskussionen zur Verfügung standen, sondern auch durch ihre freundliche und fröhliche Art dazu beigetragen haben, dass ich meine Promotionszeit immer als einen schönen Lebensabschnitt in Erinnerung behalten werde. Großer Dank gilt dabei insbesondere Mirko Sauer und Maria Pustlauk für die Durchsicht meiner Arbeit und die wertvollen Anregungen und Hinweise sowie Susanne Hellmich, Anika Patz, Sonja Wüstneck, Annemarie Rogge und Dana Westphal für das Korrekturlesen. Bedanken möchte ich mich zudem bei Christine Nagel, die mir mit großer Geduld die „Welt des Wahrscheinlichkeitsrechnens“ erklärt und mir wertvolle Hinweise im Rahmen der Durchführung und Erstellung der ökonomischen Analyse gegeben hat. Großer Dank gilt auch meinen Eltern Karin und Rolf Siebert, die mich in jeder Situation meines Lebens vorbehaltlos und unermüdlich unterstützt haben. Auch bei meinem Bruder Michael Siebert möchte ich mich für die große Unterstützung beim Korrekturlesen dieser Arbeit bedanken.

6 Vorwort

Zuletzt möchte ich mich bei meinem Ehemann Michael Reimer bedanken, der mich bei der Erstellung dieser Arbeit mit großem Engagement und unendlicher Geduld unterstützt hat. Er hat mich nicht nur immer wieder motiviert, sondern mir auch den erforderlichen Freiraum gegeben. Ohne ihn hätte ich es nicht geschafft. Die Arbeit ist daher ihm sowie meinen Kindern Theresa und Tim gewidmet. Berlin, im Juli 2016

Annekathrin Siebert-Reimer

Inhaltsübersicht Einleitung 

35

A. Gegenstand der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 B. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 C. Einschränkung des Gegenstandes der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 D. Begriffserläuterung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 1. Teil



Rechtstatsachen und Rechtsrahmen 

43

1. Kapitel

Motivation zum Abschluss eines Prozessfinanzierungsvertrages 

43

A. Kostenrisiko der Rechtsverfolgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 B. Unzulänglichkeit der vorhandenen Zugangserleichterungen . . . . . . . . . . . . . 57 C. Ergebnis: Kosten als Zugangssperre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 2. Kapitel

Prozessfinanzierung und Erfolgshonorar 

73

A. Geschäftsmodell und Ablauf einer Prozessfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . 73 B. Wesentliche Regelungen des Prozessfinanzierungsvertrages  . . . . . . . . . . . . 75 C. Analyse des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars . . . . . . . . . . . . 79 D. Anbieter, Höhe der Erfolgsbeteiligung und Verbreitung der Prozessfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 E. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 3. Kapitel System der prozessualen und materiell-rechtlichen ­Kostenerstattungsansprüche  

91

A. Unterscheidung zwischen prozessual- und m ­ ateriell-rechtlichen Kosten­ erstattungsansprüchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91

8 Inhaltsübersicht B. Grundlagen des prozessualen Kostenerstattungsanspruches  . . . . . . . . . . . . . 92 C. Grundlagen des materiell-rechtlichen K ­ ostenerstattungsanspruches . . . . . . . 94 D. Anwendbarkeit der materiell-rechtlichen Anspruchsnormen neben denen des Prozessrechts? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 E. Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 4. Kapitel

Zusammenfassung und Ergebnisse 

98

2. Teil



„Legitimation“ des Erstattungsanspruches aus ökonomischer Sicht unter Berücksichtigung rechtsvergleichender Aspekte 

100

1. Kapitel

Grundlagen der ökonomischen Analyse des Rechts 

101

A. Zweck der ökonomischen Analyse des Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 B. Maximierung der Wohlfahrt durch Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 C. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 2. Kapitel

Funktionierendes Justizsystem als Instrument zur Maximierung der Wohlfahrt  

106

A. Zivilprozess als „ressourcenfressender Verteilungskampf“ . . . . . . . . . . . . . . 106 B. Prävention als Ziel des Zivilprozesses: Vermeidung von Prozessen durch Prozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 C. Ergebnis: „Janusköpfigkeit des Zivilprozesses“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 3. Kapitel

Ineffizienz des Justizsystems durch Rechtsdurchsetzungs- und Rechtsbefolgungsdefizit  

109

A. Entscheidungstheorie als Grundlage der weiteren Untersuchung . . . . . . . . . 110 B. Beispielsfall als Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 C. Rechtsdurchsetzungsdefizit des Anspruchsinhabers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116

Inhaltsübersicht9 D. Rechtsbefolgungsdefizit des Anspruchsgegners als Folge des Rechtsdurchsetzungsdefizits des Anspruchsinhabers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 E. Zusammenfassung und Auswirkungen auf die Volkswirtschaft . . . . . . . . . . . 144 4. Kapitel

Haftung für Erfolgshonorar als ein Instrument zur Stärkung der Präventionseffekte der Zivilgerichtsbarkeit 

147

A. Wirkung von Sanktionen und Aufgabe des Haftungsrechts aus ökonomischer Sicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 B. Haftung aus ökonomischer Sicht nicht erforderlich? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 C. Wohlfahrtstheoretische Anreize durch Verlagerung der Haftung für prozessfinanzierungsbedingtes Erfolgshonorar auf den Anspruchsgegner . . . . . . . . 161 D. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 5. Kapitel

Zusammenfassung und Ergebnisse 

194

3. Teil



Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung 

197

1. Kapitel

Prozessual-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch der §§ 91 ff. ZPO als Anspruchsgrundlage 

198

A. Meinungsstand zur Erstattungsfähigkeit von Finanzierungskosten als Kostenposition im prozessualen Kostenerstattungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . 199 B. Gehört das Erfolgshonorar zu den Kosten des Rechtsstreits gem. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 2. Kapitel

Verzug gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB als Anspruchsgrundlage 

242

A. Meinungsstand in Literatur und Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 B. Tatbestandliche Voraussetzungen des Schuldnerverzuges gem. §§  280 Abs. 2, Abs. 2, 286 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256

10 Inhaltsübersicht C. Erfolgshonorar = Verzögerungsschaden? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 D. Höhe des Schadensersatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 467 E. Probleme des Mitverschuldens gemäß § 254 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 502 F. Art und Weise des Schadensersatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 518 G. Beweislasten und Verjährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 521 H. Zusammenfassung und Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 524 3. Kapitel

Deliktsrechtliche Haftung gem. § 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB 

527

A. Anspruchsvoraussetzungen der §§ 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . 528 B. Prozessfinanzierungsbedingtes Erfolgshonorar als Aufwendungsfolgeschaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 529 C. Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 541 4. Kapitel



Zusammenfassung und Ergebnis 

541

4. Teil



Mehrbelastung für die Gerichte? 

543

A. Möglichkeiten der Durchsetzbarkeit des Anspruches  . . . . . . . . . . . . . . . . . . 543 B. Keine Mehrbelastung für die Gerichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 590 C. Zusammenfassung und Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 590



Wesentliche Ergebnisse der Arbeit und Gesamtwürdigung 

592

Anhang: Vertragstext der LEGIAL AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 599 Literaturverzeichnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 616 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 642

Inhaltsverzeichnis Einleitung 

35

A. Gegenstand der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 B. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 C. Einschränkung des Gegenstandes der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 D. Begriffserläuterung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 1. Teil



Rechtstatsachen und Rechtsrahmen 

43

1. Kapitel

Motivation zum Abschluss eines Prozessfinanzierungsvertrages 

43

A. Kostenrisiko der Rechtsverfolgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 I. Kostenrisiko des Erkenntnisverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 1. Gerichts- und Anwaltskosten des Erkenntnisverfahrens . . . . . . . . . . 45 a) Vergütung für die Einschaltung eines Rechtsanwalts . . . . . . . . . 45 aa) Möglichkeiten der Vergütung des Rechtsanwalts . . . . . . . . . 46 (1) Vereinbarung gesetzlicher Gebühren . . . . . . . . . . . . . . . 46 (2) Gebührenvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 (3) Vereinbarung eines Erfolgshonorars . . . . . . . . . . . . . . . . 48 bb) Kostenschuldner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 cc) Vorschuss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 dd) Fälligkeit der anwaltlichen Vergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 b) Gerichtskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 aa) Berechnung der Gerichtskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 bb) Kostenschuldner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 cc) Vorschuss für Auslagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 dd) Fälligkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 c) Weitere Kosten des Erkenntnisverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 2. Kostenerstattungsverfahren gem. §§ 91 ff. ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . 52 3. Kostenrisiko im Falle des Obsiegens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 II. Kostenrisiko des Vollstreckungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 1. Gerichtskosten  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53

12 Inhaltsverzeichnis 2. Kosten des Gerichtsvollziehers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 3. Kosten des Rechtsanwalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 III. Kostenrisiko anhand eines Beispielfalles . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 1. Kosten der ersten Instanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 a) Vorschussleistungen für Rechtsanwalt und Gericht . . . . . . . . . . . 54 b) Kostenrisiko im Unterliegensfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 2. Gesamtkostenrisiko . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 IV. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 B. Unzulänglichkeit der vorhandenen Zugangserleichterungen . . . . . . . . . . . . . 57 I. Prozesskostenhilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 1. Prozesskostenhilfe nur für einen beschränkten Personenkreis . . . . . 59 2. Keine vollständige Entlastung des Anspruchsinhabers . . . . . . . . . . . 61 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 II. Rechtsschutzversicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 1. Begrenzte Verbreitung der Rechtsschutzversicherung  . . . . . . . . . . . 63 2. Begrenzter Leistungsumfang der Rechtsschutzversicherung . . . . . . 64 a) Spezialität der Rechtsschutzversicherung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 b) Risikoausschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 3. Bestehen einer Rechtsschutzversicherung vor Rechtsstreit . . . . . . . 66 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 III. Finanzierung der Prozesskosten im Wege eines Kredits . . . . . . . . . . . . 66 IV. Unterhaltsrechtlicher Prozesskostenvorschuss gem. § 1360 a Abs. 4 BGB . 67 V. Pro-bono-Tätigkeit des Rechtsanwalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 VI. Erfolgsvereinbarung mit Rechtsanwälten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 VII. Streitwertherabsetzung und weitere kostenrechtliche Vergünstigungen . 71 VIII. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 C. Ergebnis: Kosten als Zugangssperre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 2. Kapitel

Prozessfinanzierung und Erfolgshonorar 

73

A. Geschäftsmodell und Ablauf einer Prozessfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . 73 I. Geschäftsmodell der Prozessfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 II. Typischer Ablauf einer Prozessfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 B. Wesentliche Regelungen des Prozessfinanzierungsvertrages  . . . . . . . . . . . . 75 I. Hauptregelungspunkte des Vertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 1. Hauptpflichten des Prozessfinanzierungsunternehmens . . . . . . . . . . 76 2. Hauptpflichten des Anspruchsinhabers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 II. Nebenabreden des Vertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 C. Analyse des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars . . . . . . . . . . . . 79 I. Kreditfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79

Inhaltsverzeichnis13 II. Versicherungsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 III. quota-litis-Vergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 IV. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 D. Anbieter, Höhe der Erfolgsbeteiligung und Verbreitung der Prozessfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 I. Anbieter und Höhe der Erfolgsbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 II. Verbreitung der Dienstleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 III. Geschäftsvolumen der Prozessfinanzierungsunternehmen . . . . . . . . . . . 87 IV. Betroffene Rechtsgebiete  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 E. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 3. Kapitel System der prozessualen und materiell-rechtlichen Kostenerstattungsansprüche  

91

A. Unterscheidung zwischen prozessual- und materiell-rechtlichen Kosten­ erstattungsansprüchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 B. Grundlagen des prozessualen Kostenerstattungsanspruches  . . . . . . . . . . . . . 92 I. Unterliegensprinzip als „Leitgedanke“ der Kostengrundentscheidung  . 92 II. Kostenfestsetzungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 C. Grundlagen des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruches . . . . . . . 94 I. Begriff des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruches . . . . . . . 94 II. Unterscheidung zwischen selbstständig und unselbstständig begründeten materiell-rechtlichen Kostenerstattungsansprüchen . . . . . . . . . . . . . 94 D. Anwendbarkeit der materiell-rechtlichen Anspruchsnormen neben denen des Prozessrechts? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 I. Gefahr des Leerlaufens der Wertungen bzw. Beschränkungen des Prozesskostenrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 II. Bestehen einer Anspruchskonkurrenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 E. Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 4. Kapitel

Zusammenfassung und Ergebnisse 

98

14 Inhaltsverzeichnis 2. Teil



„Legitimation“ des Erstattungsanspruches aus ökonomischer Sicht unter Berücksichtigung rechtsvergleichender Aspekte 

100

1. Kapitel

Grundlagen der ökonomischen Analyse des Rechts 

101

A. Zweck der ökonomischen Analyse des Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 B. Maximierung der Wohlfahrt durch Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 I. Wirtschaftswissenschaftlicher Begriff der Effizienz . . . . . . . . . . . . . . . 102 II. Bereit- und Sicherstellung von Verfügungsrechten als Aufgabe des Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 1. Notwendigkeit des Tauschgeschäfts als Folge von Arbeitsteilung und Spezialisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 2. Sicherstellung der property rights . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 3. Reduzierung von Transaktionskosten nach dem Coase-Theorem . . 104 C. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 2. Kapitel

Funktionierendes Justizsystem als Instrument zur Maximierung der Wohlfahrt  

106

A. Zivilprozess als „ressourcenfressender Verteilungskampf“ . . . . . . . . . . . . . . 106 B. Prävention als Ziel des Zivilprozesses: Vermeidung von Prozessen durch Prozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 C. Ergebnis: „Janusköpfigkeit des Zivilprozesses“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 3. Kapitel

Ineffizienz des Justizsystems durch Rechtsdurchsetzungs- und Rechtsbefolgungsdefizit  

109

A. Entscheidungstheorie als Grundlage der weiteren Untersuchung . . . . . . . . . 110 I. Ökonomisches Modell des „homo oeconomicus“ . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 1. Die vier Grundannahmen des Modells des „homo oeconomicus“  . 112 a) Methodologischer Individualismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 b) Knappheit der Ressourcen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 c) Eigennutztheorem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 d) Rationalkalkül . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 2. Rational-Choice-Paradigma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 II. Entscheidungsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115

Inhaltsverzeichnis15 B. Beispielsfall als Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 C. Rechtsdurchsetzungsdefizit des Anspruchsinhabers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 I. Entscheidungsmodell des Anspruchsinhabers  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 1. „Bausteine“ des Entscheidungsmodells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 a) Handlungsalternativen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 b) Erwartungen über die Umwelteinflüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 c) Konsequenzen der Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 d) Ziele und Präferenzen des Entscheiders . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 aa) Nutzenfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 bb) Risikoaversion des Anspruchsinhabers und Erwartungsnutzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 2. Erstellung Gesamtmodell und Anwendung auf den Beispielsfall . . 124 a) Entscheidungsmodell des Anspruchsinhabers . . . . . . . . . . . . . . . 124 b) Anwendung auf den Beispielsfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 c) Anwendung des Entscheidungsmodells auf ähnliche Entscheidungssituationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 aa) Fall 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 bb) Fall 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 3. Ergebnis: Faktische Rechtswegsperre für den Anspruchsinhaber . . 128 II. Ergebnis empirischer Daten als Beleg für das Bestehen eines Rechtsdurchsetzungsdefizits . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 1. Studien der 1970er Jahre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 2. Studie des Hans-Soldan-Instituts aus 2006 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 3. Weitere Einschätzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 D. Rechtsbefolgungsdefizit des Anspruchsgegners als Folge des Rechtsdurchsetzungsdefizits des Anspruchsinhabers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 I. Entscheidungsmodell des Anspruchsgegners . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 1. „Bausteine“ des Entscheidungsmodells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 a) Handlungsalternativen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 b) Erwartungen über die Umwelteinflüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 c) Konsequenzen der Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 d) Risikoneutralität der V . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 2. Gesamtmodell Anspruchsgegner und Anwendung auf den Beispielsfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 a) Gesamtmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 b) Anwendung auf den Beispielsfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 3. Ergebnis: Rechtsbefolgungsdefizit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 II. Strategisches Verhalten als Ursache des Rechtsbefolgungsdefizits . . . . 139 III. Empirische Daten als Beleg für das Bestehen eines Rechtsbefolgungsdefizits . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 1. Versicherungsbranche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141

16 Inhaltsverzeichnis 2. Baubranche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 3. Ingenieure . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 IV. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 E. Zusammenfassung und Auswirkungen auf die Volkswirtschaft . . . . . . . . . . . 144 I. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 II. Volkswirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 4. Kapitel

Haftung für Erfolgshonorar als ein Instrument zur Stärkung der Präventionseffekte der Zivilgerichtsbarkeit 

147

A. Wirkung von Sanktionen und Aufgabe des Haftungsrechts aus ökonomischer Sicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 I. Wirkung von Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 II. Ziel und Aufgabe von Haftungsnormen aus ökonomischer Sicht . . . . 149 III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 B. Haftung aus ökonomischer Sicht nicht erforderlich? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 I. Entscheidungsmodell des Anspruchsinhabers  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 1. Entwicklung des Entscheidungsmodells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 2. Anwendung auf den Beispielsfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 3. Auswirkungen auf das Entscheidungsverhalten des Anspruchs­ inhabers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 a) Überwindung Prozesskostenrisiko . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 b) Geringe Bedeutung der Prozessfinanzierung in der Rechts­ praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 c) „Aushöhlung“ des materiellen Rechts als Ursache für die geringe Verbreitung der Prozessfinanzierung in der Rechtswirklichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 II. Entscheidung des Anspruchsgegners . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 1. Entwicklung des Entscheidungsmodells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 2. Anwendung auf den Beispielsfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 3. Auswirkungen auf das Entscheidungsverhalten des Anspruchsgegners . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 C. Wohlfahrtstheoretische Anreize durch Verlagerung der Haftung für prozessfinanzierungsbedingtes Erfolgshonorar auf den Anspruchsgegner . . . . . . . . 161 I. Abweichungen von der „American Rule“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 1. Statutory Fee Shifting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 2. Private attorney general theory . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 3. Ersatz als Teil des erstattungsfähigen Schadens . . . . . . . . . . . . . . . . 164 4. Vertragliche Vereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 5. quota-litis-Vereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 6. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166

Inhaltsverzeichnis17 II. Überwindung des Rechtsdurchsetzungs- bzw. des Rechtsbefolgungsdefizits . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 1. Entscheidungsmodell des Anspruchsinhabers . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 a) Entwicklung des Entscheidungsmodells des Anspruchsinhabers . 166 b) Anwendung auf Beispielsfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 c) Verringerung des Rechtsdurchsetzungsdefizits . . . . . . . . . . . . . . 168 2. Entscheidungsmodell des Anspruchsgegners . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 a) Vorüberlegungen zum Entscheidungsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . 169 aa) Erfüllung des Anspruches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 bb) Keine Erfüllung des Anspruches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 cc) Entwicklung des Entscheidungsmodells . . . . . . . . . . . . . . . . 171 b) Anwendung auf den Beispielsfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 c) Auswirkungen auf das Entscheidungsverhalten des Anspruchsgegners  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 III. Früheres Kostenerstattungssystem in England / Wales  . . . . . . . . . . . . . 174 1. Zulässigkeit anwaltlicher Erfolgshonorare und ATE-Versicherungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 2. Kritik an der bis zum 01. April 2013 geltenden gesetzlich angeordneten Erstattungsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 a) Jackson Review . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 b) Naomi-Campbell-Entscheidung des EGMR . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 c) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 3. Veränderungen durch das Gesetz zur Kürzung der staatlichen Kostenbeihilfe für Zivilsachen seit dem 01. April 2013 . . . . . . . . . . . . 177 4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 IV. Allgemeine Kostenerstattungspflicht führt zu Fehlsteuerungen . . . . . . 179 1. Gefahr der Erhebung auch aussichtsloser Prozesse . . . . . . . . . . . . . 180 2. Fehlen eines Anreizes zur Kostenbegrenzung beim Anspruchsinhaber durch Auseinanderfallen von „Dienstleistungsempfänger“ und -„bezahler“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 3. „Aushöhlung“ der materiellen Rechte des Anspruchsgegners . . . . . 182 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 V. Modifizierung der Haftung des Anspruchsgegners für das prozess­ finanzierungsbedingte Erfolgshonorar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 1. Aufwendungscharakter des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 2. Reziprozität des Schadensproblems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 a) Symmetrie der Kausalität im Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 b) Konzept des „cheapest cost avoider“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 c) Spieltheorie als Mittel der Analyse interdependenten Verhaltens . 186 d) Äquivalenztheorem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 e) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187

18 Inhaltsverzeichnis 3. Modifizierung der Haftung für das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 a) Norm mit Verschuldenshaftung als Anspruchsgrundlage . . . . . . 188 b) Entwicklung des festzulegenden Sorgfaltsmaßstabes . . . . . . . . . 189 aa) Festlegung persönlicher Voraussetzungen des Anspruchsinhabers für die Inanspruchnahme der Prozessfinanzierung . . 190 bb) Anreize zur Kostenbegrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 cc) Gefahr der Erhebung auch aussichtsloser Prozesse . . . . . . . 191 dd) Information des Anspruchsgegners . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 4. Nash-Gleichgewicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 5. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 VI. Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 D. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 5. Kapitel

Zusammenfassung und Ergebnisse 

194

3. Teil



Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung 

197

1. Kapitel

Prozessual-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch der §§ 91 ff. ZPO als Anspruchsgrundlage 

198

A. Meinungsstand zur Erstattungsfähigkeit von Finanzierungskosten als Kostenposition im prozessualen Kostenerstattungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . 199 I. Darlehenszinsen und -kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 II. Erstattungsfähigkeit von Avalprovisionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 III. Differenzierung überzeugt nicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 IV. Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 B. Gehört das Erfolgshonorar zu den Kosten des Rechtsstreits gem. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 I. „Formelles“ Verständnis des Begriffs der „Kosten des Rechtsstreits“ in Literatur und Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 1. Begriffsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 2. Zugehörigkeit der Kosten der Prozessfinanzierung zu dem Verfahrensabschnitt des Erkenntnisverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 a) Kostenerstattung nach § 788 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 b) Kostenbegriff des § 788 Abs. 1 S. 1 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208

Inhaltsverzeichnis19 c) Vorgehensweise bei Überschneidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 3. Veranlassung der Aufwendung durch den Gerichtsprozess? . . . . . . 210 a) Ersatzfähigkeit typischer Kosten eines Rechtsstreits  . . . . . . . . . 211 b) Abgrenzung mithilfe des Begriffspaares Unmittelbar / Mittelbar . 211 c) Abgrenzung mithilfe der Rechtsfigur des Prozessrechtsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 aa) Lehre vom Prozessrechtsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 bb) Ableitung des Kostenerstattungsanspruches aus dem Prozessrechtsverhältnis? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 cc) Zeitlicher / sachlicher Rahmen des Prozessrechtsverhältnisses  215 dd) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 d) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 4. Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 II. Ausnahme: Vorbereitungskosten als „Kosten des Rechtsstreits“ . . . . . 217 1. Begriff der Vorbereitungskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 2. Aufwendungen für die Prozessfinanzierung als Vorbereitungskosten . 218 a) Voraussetzung für die Erstattungsfähigkeit von Vorbereitungskosten  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 b) Vorliegen dieser Voraussetzungen bei der Prozessfinanzierung  . 219 aa) Prozessfinanzierung als „Ob“ des Prozesses . . . . . . . . . . . . . 219 bb) Notwendigkeit einer Nachliquidation . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 3. Ergebnis und Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 III. „Materielles“ Verständnis des Begriffs der Rechtsverfolgungskosten  . 221 1. Reichweite des materiellen Kostenbegriffs und Anwendung auf das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 2. Materieller Kostenbegriff nicht systemgerecht . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 a) Wörtliche und systematische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 aa) Regelung der Kostenerstattung in der Zivilprozessordnung . 223 bb) Kosten des Güteverfahrens als Prozesskosten . . . . . . . . . . . 225 cc) Kostenreglung des § 93 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 dd) § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO ist kein Anspruch auf „Schadloshaltung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 ee) § 3 a I RVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 b) Historische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 c) Sinn und Zweck des prozessualen Kostenerstattungsverfahrens . 230 aa) Herstellung von Kostengerechtigkeit  . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 (1) Veranlassungs- bzw. Verursachungshaftung . . . . . . . . . . 230 (2) Unmöglichkeit der Prognostizierbarkeit der gericht­ lichen Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 (3) Rigorismus des Unterliegensprinzips . . . . . . . . . . . . . . . 233 (4) Rigorismus des Unterliegensprinzip als Argument gegen einen materiellen Kostenbegriff . . . . . . . . . . . . . . . 234 (5) Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235

20 Inhaltsverzeichnis bb) Praktikabilität des Kostenerstattungsverfahrens . . . . . . . . . . 235 cc) Prozesswirtschaftlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 d) Verfassungskonforme Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 e) Zusammenfassung und Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 IV. Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 2. Kapitel

Verzug gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB als Anspruchsgrundlage 

242

A. Meinungsstand in Literatur und Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 I. Prozessfinanzierungsbedingtes Erfolgshonorar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 II. Anwaltliches Erfolgshonorar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 III. Erfolgshonorar bei Inkasso . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 1. Begriff des „Inkassos“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 2. Erfolgshonorar als Inkassovergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 3. Erstattungsfähigkeit des Erfolgshonorars? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 a) Diskussion über die generelle Erstattungsfähigkeit von Inkassokosten  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 b) Überwiegende Ablehnung der Erstattungsfähigkeit des Erfolgshonorars . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 IV. Unfallersatztarife: Anerkennung Erstattungsfähigkeit Prämie für Ausfallrisiko . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 V. Rechtsanwaltskosten für die Einholung der Deckungszusage bei Rechtsschutzversicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 VI. Kreditkosten zur Finanzierung von Rechtsdurchsetzungskosten . . . . . . 253 1. Pro Erstattungsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 2. Contra Erstattungsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 VII. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 B. Tatbestandliche Voraussetzungen des Schuldnerverzuges gem. §§ 280 Abs. 2, Abs. 2, 286 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 I. Leistungspflicht des Schuldners . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 II. Nichtleistung trotz Möglichkeit der Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 III. Fälligkeit des Anspruches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 IV. Mahnung bzw. Entbehrlichkeit einer Mahnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 1. Begriff der Mahnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 2. Entbehrlichkeit einer Mahnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 V. Vertretenmüssen der Leistungsverzögerung durch den Schuldner . . . . 259 1. Regelung des § 286 Abs. 4 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 2. Ungewissheit über die Auslegung einer Norm oder das Verständnis einer höchst- bzw. obergerichtlichen Rechtsprechung . . . . . . . . . . . 260 3. Grundsätzliche Anerkennung des Rechtsirrtums . . . . . . . . . . . . . . . . 262

Inhaltsverzeichnis21 4. Maßstab für die Berücksichtigungsfähigkeit von Rechtsirrtümern . 265 a) Strenger Maßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 b) Milderer Maßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 c) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 5. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 VI. Verzug und Zinsen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 1. Geltendmachung der abgetretenen Forderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 2. Bemessung des Verzögerungsschadens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 VII. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 C. Erfolgshonorar = Verzögerungsschaden? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 I. Grundlagen der Ermittlung des Verzögerungsschadens . . . . . . . . . . . . . 279 1. Dualistischer Schadensbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 a) § 249 BGB als Magna Charta des Schadensersatzrechts . . . . . . 279 b) Grundlagen der Differenztheorie  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 c) Dualistischer Schadensbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 d) Erforderlichkeit von Wertungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 e) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 2. Art und Zeitpunkt der Schadensberechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 3. Abgrenzung des Verzögerungsschaden  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 4. Schlussfolgerungen für die weitere Bearbeitung . . . . . . . . . . . . . . . 284 II. Probleme der Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 1. Definition der Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 2. Entscheidungsfreiheit des Geschädigten zum Abschluss eines Prozessfinanzierungsvertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 a) Problem der psychisch vermittelten Kausalität . . . . . . . . . . . . . . 287 b) Kausalität bei menschlichen Entschlüssen als Glied der Kausalkette . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 c) Ergebnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 d) Schlussfolgerungen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 3. Aufschiebende Bedingtheit des Erfolgshonorars als Problem der Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 4. Zusammenfassung und Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 III. Probleme der Adäquanz zwischen Schuldnerverzug und Erfolgshonorar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 1. Problematik der Adäquanztheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 a) Entwicklung und Definition des Adäquanzkriteriums . . . . . . . . . 296 b) Rechtfertigung der Adäquanztheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 aa) Begrenzung der Schadensersatzpflichten . . . . . . . . . . . . . . . 297 bb) Ausklammerung von Zufallschäden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 c) Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 d) Anwendbarkeit im Schuldnerverzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 e) Zusammenfassung / Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302

22 Inhaltsverzeichnis 2. Vorhersehbarkeit der Prozessfinanzierung für den Anspruchsgegner . 302 a) Kenntnis über Geschäftsmodell der Prozessfinanzierung . . . . . . 303 aa) Individuelle Kenntnis nicht entscheidend . . . . . . . . . . . . . . . 303 bb) Optimaler Beobachter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 cc) Erfahrener Beobachter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 dd) Besonders erfahrener und äußerst sorgfältiger Beobachter  . 307 ee) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 b) Mangelnder Wille bzw. mangelndes Können des Anspruchsinhaber zur Tragung des finanziellen Prozessrisikos  . . . . . . . . . . . . 308 aa) Optimaler Beobachter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 bb) Erfahrener Beobachter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 cc) Äußerst erfahrener Beobachter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 dd) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 c) Eigener Willensentschluss des Geschädigten . . . . . . . . . . . . . . . . 310 d) Höhe des Erfolgshonorars und Mitverschulden des Anspruchs­ inhabers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 e) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 3. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 IV. Probleme der Begrenzung der Zurechnung durch die Lehre vom Schutzzweck der Norm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 a) Schutzzwecklehre als haftungsbegrenzendes Kriterium . . . . . . . 313 b) Bestimmung des Schutzbereichs einer Norm . . . . . . . . . . . . . . . 314 aa) Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 bb) Normfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 c) Schlussfolgerungen und weiteres Vorgehen . . . . . . . . . . . . . . . . . 316 2. Normzweck des § 286 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 a) Ermittlung des Normzwecks  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 b) Bestimmung des Normzweck des § 286 BGB . . . . . . . . . . . . . . 319 3. Deckt die Prozessfinanzierung allgemeine Lebensrisiken ab? . . . . . 322 a) Begriff und dogmatische Einordnung der Rechtsfigur des allgemeinen Lebensrisikos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322 aa) Entwicklung, Herleitung und rechtspolitische Bedeutung des Topos des allgemeinen Lebensrisikos . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322 bb) Kritik an dem Begriff des allgemeinen Lebensrisikos . . . . . 323 cc) Dogmatische Bedeutung und Gehalt des Topos des allgemeinen Lebensrisikos  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325 (1) Versuch einer isolierten Bestimmung des Bereichs des allgemeinen Lebensrisikos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326 (a) Wolf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326 (b) Luer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326 (c) Mädrich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 (d) Bildung von Fallgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328 (e) Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329

Inhaltsverzeichnis23 (2) Allgemeines Lebensrisiko als „bildliche Umschreibung für ein Problem veränderlicher Wertungen“ . . . . . . . . . 329 (3) Ergebnis und Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 b) Gehört das Finanzierungsrisiko in den Bereich des allgemeinen Lebensrisikos? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 aa) Relevanz der Vorfinanzierungsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . 331 bb) Meinungsstand in Rechtsprechung und Literatur . . . . . . . . . 332 cc) Abgrenzung der Risikobereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333 (1) Vorfinanzierung führt zur Entwertung des Anspruches . 333 (2) Drittfinanzierungsbedarf als Verwirklichung des spezifischen Verzugsrisikos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 336 (3) Schutz vor Anlageverlust . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337 (4) Kosten für Einleitung rechtsstaatlicher Verfahren so­ zialadäquat? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 338 (5) Allgemeines Lebensrisiko als quasi immer mögliche Rechtsverletzung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339 dd) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341 c) Unterliegensrisiko als allgemeines Lebensrisiko? . . . . . . . . . . . . 341 aa) Unterliegensrisiko ist nicht vom Schutzweck des § 286 BGB umfasst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341 bb) Unterliegensrisiko ist vom Schutzweck des § 286 BGB umfasst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343 cc) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343 (1) Entwertung des Anspruches aufgrund des Unterliegensrisikos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344 (a) Fehler des Rechtsanwalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344 (b) Fehler des Gerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345 (c) Schwierigkeiten bei der Beweisführung . . . . . . . . . 346 (d) Mangelnde Bonität des Anspruchsgegners . . . . . . . 348 (e) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 348 (2) Vermögensgefährdung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 (3) Eigeninteresse des Geschädigten als ungeeignetes Abgrenzungskriterium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 (4) Schutz des Anspruchsgegners vor unterschiedlichen Rechtsansichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 350 (5) Unterliegensprinzip als allgemeiner Rechtsgrundsatz? . 350 (a) §§  91 ff. ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 350 (b) Bundesverfassungsgericht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 352 (c) § 3 a Abs. 1 RVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 352 (d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353 (6) Fehlerhaftes Verständnis des Begriff des allgemeinen Lebensrisikos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353 (7) Bedeutung von Prozessschäden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 (8) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 d) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355

24 Inhaltsverzeichnis 4. Entscheidungsfreiheit des Anspruchsinhabers . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 5. Verstoß gegen Grundprinzipien des Schadensersatzrechts . . . . . . . . 360 a) Erfolgshonorar ist keine Bestrafung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361 b) Erfolgshonorar führt nicht zu einem Vertrag zu Lasten Dritter  . 363 c) Keine Doppelzahlung durch Erfolgshonorar . . . . . . . . . . . . . . . . 364 d) Widerspruch zu präventiven Zwecken des Schadensrechts . . . . 364 e) Quersubventionierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 366 f) Entfremdung des Schadensrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368 g) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369 6. Berücksichtigung rechtspolitischer Erwägungen . . . . . . . . . . . . . . . . 369 a) Gefahr einer Prozessflut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369 aa) Gefahr wenig aussichtsreicher Prozesse? . . . . . . . . . . . . . . . 370 bb) Gefahr des „Prozesses nach dem Prozess“ . . . . . . . . . . . . . . 371 cc) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371 b) Vereinbarkeit mit dem deutschen System der Kostenerstattung  . 372 7. Weitere Argumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373 a) Beschränkung durch § 3 a Abs. 1 S. 2 RVG . . . . . . . . . . . . . . . . 373 b) Besondere Schadensanfälligkeit des Geschädigten . . . . . . . . . . . 373 8. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 374 V. Einschränkung der Schadensersatzpflicht aus höherrangigem Recht . . 374 1. Richtlinienkonforme Auslegung des § 286 BGB . . . . . . . . . . . . . . . 375 2. Sind besonders hohe Schäden vom Schutzbereich der Norm umfasst? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375 3. Beeinträchtigung des Prinzips der prozessualen Waffengleichheit  . 377 4. Erschwerung des Zugangs zum Recht? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 380 5. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382 VI. Erforderlichkeit und Zweckmäßigkeit der Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens dem Grunde nach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382 1. Dogmatische Herleitung des Kriteriums der Erforderlichkeit bei materiell-rechtlichen Kostenerstattungsansprüchen . . . . . . . . . . . . . . 384 a) „Erforderlichkeit“ als objektive Zurechnungsgrenze . . . . . . . . . . 384 b) „Erforderlichkeit“ als Obliegenheit zur Geringhaltung des Schadens § 254 Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 384 c) Relevanz für Beweislast und Umfang des Anspruches  . . . . . . . 385 d) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 386 aa) Analoge Anwendung des Kriteriums der „Erforderlichkeit“ gem. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 386 bb) Einwirkende Anspruchskonkurrenz § 91 ZPO . . . . . . . . . . . 388 cc) Schutzzweck der Norm gem. § 286 BGB . . . . . . . . . . . . . . . 390 dd) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 391 ee) Kontrollüberlegungen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 391 (1) Strengere Behandlung von Aufwendungsschäden als sonstige Folgeschäden  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 391

Inhaltsverzeichnis25 (2) Einheitliche Behandlung von Aufwendungsschäden . . . 392 (3) Angemessene Verteilung der Beweislast? . . . . . . . . . . . 393 (4) Hinwendung zum „Alles-oder-Nichts-Prinzip“ . . . . . . . 394 (5) Abgrenzung zu § 254 BGB? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 395 (6) Ungerechte Verteilung des Prognoserisikos? . . . . . . . . . 397 (7) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 398 ff) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 398 e) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 398 2. Inhaltliche Ausgestaltung des Prüfungskriteriums . . . . . . . . . . . . . . 398 a) Definition Erforderlichkeit in Rechtsprechung und Literatur . . . 399 b) Auslegung des Begriffs der Erforderlichkeit  . . . . . . . . . . . . . . . 401 aa) Anwendbarkeit des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes? . . . . . 402 (1) Anwendbarkeit des Prinzips der Verhältnismäßigkeit im Privatrecht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402 (2) Keine Anwendbarkeit des Prinzips der Verhältnismäßigkeit im Privatrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403 (3) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403 bb) Auslegung des Begriffs der Erforderlichkeit als Verhältnismäßigkeit i. w. S. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 405 cc) Auslegung des Begriffs der Erforderlichkeit als Verhältnismäßigkeit i. e. S.   . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 407 c) Perspektive der Beurteilung der Erforderlichkeit . . . . . . . . . . . . 409 d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 409 3. Ermittlung der abwägungsrelevanten Gesichtspunkte . . . . . . . . . . . . 410 a) Möglichkeit der Finanzierung des Rechtsstreits aus eigenen Mitteln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 411 aa) Grundsätzliches Bestehen einer Obliegenheit zum Einsatz eigener Mittel zur Prozessfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . 412 (1) Ergebnisse der ökonomischen Analyse . . . . . . . . . . . . . 412 (2) Wertung des § 4 a RVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 413 (3) Schutz des Anspruchsgegners vor ausufernden Schadensersatzansprüchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 416 (a) Keine Vorleistungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 417 (b) Vorleistungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 418 (c) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 418 (d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 421 (4) Wertung des § 12 GKG i. V. m. § 6 Abs. 1 GKG . . . . . 421 (5) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 421 bb) Voraussetzungen der Vorleistungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . 422 (1) Beurteilungsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 423 (a) Anwendung der Voraussetzungen des § 115 ZPO  . 423 (b) §  4 a RVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 425 (c) Schadensrechtliche Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . 425

26 Inhaltsverzeichnis (2) Höhe der zu verauslagenden Kosten . . . . . . . . . . . . . . . 426 (3) Keine Einschränkung der gewohnten Lebensführung . . 426 (4) „Notgroschen“ muss nicht eingesetzt werden . . . . . . . . 427 (5) Liquidität ist entscheidend . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 427 (6) Inanspruchnahme eines Dispositionskredits? . . . . . . . . . 428 cc) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 429 b) Vorhandensein günstigerer Finanzierungs- bzw. Rechtsschutz­ zugangsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 429 aa) Kriterien der „Zumutbarkeit“ und „Verhinderung eines verhältnismäßig hohen Schadens“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 431 (1) Begriff der „Gleichwertigkeit“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 431 (a) Funktionale Unterschiede der Rechtsschutzzugangsinstrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 432 (b) Begriff der Gleichwertigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 433 (c) Prozessrisiken für Anspruchsinhaber zumutbar? . . . 437 (2) „Ohne Weiteres Zugänglich“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 439 (a) Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 440 (b) Obliegenheit zur Information . . . . . . . . . . . . . . . . . . 441 (c) Zumutbarer Aufwand zur Inanspruchnahme . . . . . . 443 (3) Verhinderung eines verhältnismäßig hohen Schadens  . 444 (4) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 444 bb) Inanspruchnahme Rechtsschutzversicherung . . . . . . . . . . . . . 444 cc) Kreditfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 445 (1) Grundsätze in Literatur und Rechtsprechung . . . . . . . . 445 (2) Verhinderung eines unverhältnismäßig hohen Schadens . 446 (3) Zumutbarkeit der Aufnahme eines Kredits . . . . . . . . . . 447 dd) Inanspruchnahme von Prozesskostenhilfe . . . . . . . . . . . . . . . 449 (1) Verhinderung eines verhältnismäßig hohen Schadens . . 449 (2) Zumutbarkeit der Inanspruchnahme der staatlichen Prozesskostenhilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 449 ee) Inanspruchnahme eines anwaltlichen Erfolgshonorars . . . . . 452 ff) Inanspruchnahme des unterhaltsrechtlichen Prozesskostenvorschuss gem. § 1360 a BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 452 gg) Inanspruchnahme des günstigsten Angebots . . . . . . . . . . . . . 454 hh) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 455 c) Erfolgsaussichten des geltend gemachten Anspruches . . . . . . . . 455 d) Umfang und Bedeutung des Anspruchsgegenstandes . . . . . . . . . 457 e) Entwicklung des Schadensfalles aus Sicht des Geschädigten /  Regulierungsverhalten des Anspruchsgegners . . . . . . . . . . . . . . . 458 f) Herstellung von Waffengleichheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 459 aa) Waffengleichheit als Zurechnungskriterium im Schadensrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 460 (1) Waffengleichheit als Zurechnungskriterium . . . . . . . . . . 460

Inhaltsverzeichnis27 (2) Waffengleichheit ist kein Zurechnungskriterium . . . . . . 461 (3) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 461 bb) Waffengleichheit und Prozessfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . 463 g) Allgemeine Verkehrsanschauung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 463 h) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 464 4. Rechtsmissbrauch gem. § 242 BGB als Grenze der Erforderlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 464 5. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 466 D. Höhe des Schadensersatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 467 I. Allgemeine Ausführungen zur Höhe des Schadensersatzes . . . . . . . . . 468 II. Bestimmung der Angemessenheit Erfolgshonorar im Einzelfall . . . . . . 469 1. Erfolgshonorar: Berechnungsmodell oder Spekulation? . . . . . . . . . . 469 a) Outputbasierte Vergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 469 b) Doppelte Erfolgsabhängigkeit als Merkmal der quota-litis-Vereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 470 2. Prozessfinanzierung als partiarisches Austauschverhältnis . . . . . . . . 471 3. Ökonomische Bewertung von Dienstleistungen des Prozessfinanzierungsunternehmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 473 a) Bewertung der Finanzierungsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 473 aa) Schätzung der voraussichtlichen Höhe der verauslagten Kosten durch Prozessfinanzierungsunternehmens . . . . . . . . . . . . 473 bb) Voraussichtliche Verfahrensdauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 474 cc) Angemessene Verzinsung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 475 dd) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 475 b) Bewertung der Versicherungsleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 475 aa) Ökonomische Bewertung einer vertraglichen Risikoübernahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 475 bb) Ökonomische Bewertung der Risikoübernahme durch das Prozessfinanzierungsunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 476 cc) Prognose über den Ausgang eines Gerichtsverfahrens . . . . . 476 (1) Prozessrisikoanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 476 (2) knowledgeTools . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 482 c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 483 d) Berechnung der Höhe der Erfolgsbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . 483 aa) Bewertung der Finanzierungsleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 484 (1) Schätzung der voraussichtlichen Höhe der verauslagten Kosten durch Prozessfinanzierungsunternehmen . . . . . . 484 (2) Ermittlung der voraussichtlichen Verfahrensdauer . . . . 485 (3) Nebenkosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 485 (4) Angemessene Verzinsung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 486 (5) Berechnung des Wertes der Gesamtfinanzierungsleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 486 bb) Bewertung der Risikoübernahme  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 487

28 Inhaltsverzeichnis (1) Erwartungswert des Prozesses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 487 (2) Risikoprämie für die Nichtrückerstattung der verauslagen Kosten (Investitionsrisiko) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 488 (3) Risikoprämie für Kosten der Übernahme der Gegenseite (Haftungsrisiko) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 488 (4) Berechnung der Gesamtrisikoprämie . . . . . . . . . . . . . . . 489 cc) Berechnung der Gesamtprämie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 490 e) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 490 4. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 490 III. Überprüfbarkeit durch den Tatrichter? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 491 1. Maßstab des § 286 ZPO  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 491 2. Überprüfung von Marktpreisen durch den Richter . . . . . . . . . . . . . . 491 3. Überhöhte Anforderungen an den Anspruchsinhaber . . . . . . . . . . . . 492 4. Einsatz eines Gutachters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 493 5. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 494 IV. Schadensschätzung gem. § 287 Abs. 1 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 494 1. Zweck des § 287 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 494 2. Anwendung des § 287 ZPO auf die Schadenshöhe . . . . . . . . . . . . . 495 3. Schadensschätzung als Instrument zur Ermittlung der Schadens­ höhe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 495 a) Pauschale Schätzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 496 b) Üblichkeit der Vergütung als Anknüpfungspunkt für die Schadensschätzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 496 aa) Übliche Vergütung als Anknüpfungspunkt . . . . . . . . . . . . . . 497 bb) Übliche Vergütung bei Prozessfinanzierung . . . . . . . . . . . . . 499 (1) Übliche Höhe Erfolgshonorar vorhanden? . . . . . . . . . . . 499 (2) Risiko als Vertragsgegenstand bzw. Behandlung von Ausreißern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 499 (3) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 500 4. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 500 V. Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 500 VI. Exkurs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 501 E. Probleme des Mitverschuldens gemäß § 254 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 502 I. Anwendbarkeit  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 504 1. Anwendung bei Dispositionsfällen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 504 2. Abgrenzung zum Kriterium der Erforderlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . 505 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 506 II. Warnpflicht gem. § 254 Abs. 2 S. 1 1. Alt. BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . 507 1. Voraussetzungen der Warnpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 507 a) Ungewöhnliche Höhe des Schadens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 507 b) Erkennbarkeit des Schadenseintritts für den Geschädigten . . . . 508 c) Nichterkennbarkeit des Schadens für den Schädiger . . . . . . . . . 511

Inhaltsverzeichnis29 d) Entfallen der Warnpflicht wegen Aussichtslosigkeit . . . . . . . . . . 511 e) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 513 2. Art und Weise der Warnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 513 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 513 III. Abschluss einer Versicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 514 IV. Ergebnis und Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 516 F. Art und Weise des Schadensersatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 518 I. Naturalrestitution und Kompensation als Formen des Schadensausgleichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 518 II. Befreiung von einer Verbindlichkeit als Form der Naturalrestitution gem. § 249 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 518 III. Übergang des schadensersatzrechtlichen Befreiungsanspruchs in einen Zahlungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 520 IV. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 521 G. Beweislasten und Verjährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 521 I. Darlegungs- und Beweislasten  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 521 II. Verjährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 523 H. Zusammenfassung und Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 524 3. Kapitel

Deliktsrechtliche Haftung gem. § 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB 

527

A. Anspruchsvoraussetzungen der §§ 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . 528 I. § 823 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 528 II. § 823 Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 528 B. Prozessfinanzierungsbedingtes Erfolgshonorar als Aufwendungsfolgeschaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 529 I. Abgrenzung Folgeschaden vom Verletzungsschaden . . . . . . . . . . . . . . . 529 II. Herstellungsaufwand (§ 249 Abs. 2 S. 1 BGB) oder selbstständiger Vermögensfolgeschaden (§ 249 Abs. 1 i. V. m. § 251 BGB)? . . . . . . . . 530 1. Einordnung als Herstellungsaufwand gem. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB . 530 2. Einordnung als selbstständiger Vermögensfolgeschaden gem. § 249 Abs. 1 i. V. m. § 251 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 531 3. Stellungnahme  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 531 a) Wortlaut des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 532 b) § 249 Abs. 2 S. 1 BGB ist kein Erstattungsanspruch  . . . . . . . . 532 c) Dispositionsfreiheit des Geschädigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 533 d) Notwendigkeit einer einheitlichen Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . 534 e) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 535 4. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 535 III. Zurechnung   . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 535

30 Inhaltsverzeichnis 1. Grundlagen der Zurechnung von Folgeschäden . . . . . . . . . . . . . . . . 536 2. Prozessfinanzierungsbedingtes Erfolgshonorar und Schutzzweck der § 823 Abs. 1 bzw. § 823 Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 537 a) Erforderlichkeit einer Zäsur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 537 b) Argument der Waffengleichheit bzw. des Schutz des Geschädigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 538 c) Existenz eines generellen schadensersatzrechtlichen Zwecks . . . 540 d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 540 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 540 IV. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 540 C. Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 541 4. Kapitel

Zusammenfassung und Ergebnis 

541

4. Teil



Mehrbelastung für die Gerichte? 

543

A. Möglichkeiten der Durchsetzbarkeit des Anspruches  . . . . . . . . . . . . . . . . . . 543 I. Zulässige Klageart . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 544 1. Leistungsklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 544 a) Rechtsschutzbedürfnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 545 aa) Fälligkeit des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 545 bb) Fälligkeit von Befreiungsansprüchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 546 cc) Fälligkeit der Drittverbindlichkeit als Voraussetzung für die Fälligkeit des Befreiungsanspruches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 546 dd) Auswirkungen der aufschiebenden Bedingtheit des Erfolgshonorars . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 548 (1) Eventualbefreiung als geschuldete Befreiung . . . . . . . . 548 (2) Reichweite der Naturalrestitution als tragendes Rechtsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 551 (3) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 552 ee) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 552 b) Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 552 2. Klage wegen Besorgnis nicht rechtzeitiger Leistung gem. § 259 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 552 a) Künftige Leistung gem. § 259 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 554 aa) Erfordernis einer starken Position des künftigen Gläubigers . 554 bb) Anforderungen an die Qualität einer künftigen Leistung i. S. d. §  259 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 555

Inhaltsverzeichnis31 (1) Anspruch muss bereits entstanden sein . . . . . . . . . . . . . 555 (2) Vorliegen einer nicht mehr einseitig lösbaren Bindung . 556 (3) Unsicherheit bezüglich des Entstehens  . . . . . . . . . . . . . 558 (4) Gegenwärtiger Vermögenswert des Anspruches . . . . . . 559 (5) Prozessökonomische Erwägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 559 (6) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 560 b) Schadensersatzrechtlicher Anspruch auf Befreiung von der gegenüber dem Prozessfinanzierungsunternehmen bestehenden Verbindlichkeit = eine künftige Leistung i. S. d. § 259 ZPO? . . . 560 aa) Vorliegen einer nicht mehr einseitig lösbaren Bindung . . . . 561 bb) Wahrscheinlichkeit der Entstehung des künftigen Anspruches  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 562 cc) Vermögenswert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 563 dd) Prozessökonomische Erwägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 564 ee) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 564 ff) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 565 c) Bestimmtheit gem. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . 565 aa) Anforderungen an die Bestimmtheit eines Klageantrages . . 565 bb) Andere Anforderung an die Bestimmtheit des Klageantrages bei einer Befreiungsklage? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 565 (1) Weite Auffassung: Geringere Anforderungen bei Befreiungsklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 566 (2) Enge Auffassung: Notwendigkeit einer genauen Bestimmung der Verbindlichkeit auch bei Befreiungsklage . . . 566 (3) Vermittelnder Lösungsansatz des BGH . . . . . . . . . . . . . 567 (4) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 571 cc) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 572 d) Besorgnis nicht rechtzeitiger Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 573 e) Vollstreckbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 576 f) Rechtsschutzbedürfnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 579 g) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 579 3. Feststellungsklage gem. § 256 Abs. 1 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 579 a) Zulässiger Gegenstand einer Feststellungsklage . . . . . . . . . . . . . 579 aa) Vorliegen eines Rechtsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 580 bb) Gegenwärtigkeit des Rechtsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . 580 cc) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 581 b) Bestimmtheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 582 c) Vorliegen eines Feststellungsinteresses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 582 aa) Gefahr einer Unsicherheit des Rechtsverhältnisses . . . . . . . 582 bb) Fehlendes Feststellungsinteresse wegen Möglichkeit der Leistungsklage? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 583 cc) Feststellungsinteresse bei künftigem Schaden . . . . . . . . . . . 584 dd) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 585

32 Inhaltsverzeichnis d) Rechtsschutzbedürfnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 585 e) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 585 4. Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 585 II. Vorliegen der Voraussetzungen des § 260 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 586 1. Kein Verbindungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 586 2. Identität der Parteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 587 3. Dasselbe Prozessgericht und dieselbe Prozessart . . . . . . . . . . . . . . . 588 4. Vorliegen mehrerer Streitgegenstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 588 5. Zulässigkeit einer unechten Eventualklagenhäufung . . . . . . . . . . . . 588 6. Folge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 589 III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 589 B. Keine Mehrbelastung für die Gerichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 590 C. Zusammenfassung und Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 590



Wesentliche Ergebnisse der Arbeit und Gesamtwürdigung 

592

I. Rechtstatsachen und Rechtsrahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 592 II. Ökonomische Grundlagen des Erstattungsanspruches . . . . . . . . . . . . . . 593 III. Verankerung des Kostenerstattungsanspruches in unserer Rechtsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 594 1. Prozessualer Kostenerstattungsanpruch § 91 ZPO . . . . . . . . . . . . . . 594 2. Verzug gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . 595 3. Deliktische Haftung gem. § 823 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 597 IV. Keine Mehrbelastung der Gerichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 597 V. Gesamtwürdigung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 597 Anhang: Vertragstext der LEGIAL AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 599 Literaturverzeichnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 616 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 642

Tabellen-, Abbildungs- und Formelverzeichnis Tabelle   1: Gesamtkostenrisiko bei einem Streitwert in Höhe von 500.000 € . 56 Tabelle   2: Finanzierung der Anwaltstätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 Tabelle  3: Anteil Mandate, die über Rechtsschutzversicherung finanziert werden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 Tabelle   4: Marktüberblick Prozessfinanzierungsunternehmen . . . . . . . . . . . . 84 Tabelle  5: Zahl der in den vergangenen 2 Jahren einem Prozessfinanzierer vorgelegten Fälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 Tabelle   6: FORIS: Konzernzwischenlagebericht 2009 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 Tabelle   7: Rechtsgebiete Prozessfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 Tabelle   8: Variablen Entscheidungsmodell Anspruchsinhaber . . . . . . . . . . . . 117 Tabelle   9: Wahrscheinlichkeitsstufen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 Tabelle 10: Variablen Entscheidungsmodell Anspruchsgegner . . . . . . . . . . . . . 133 Tabelle 11: Funktionale Unterschiede Finanzierungsinstrumente . . . . . . . . . . . 433 Tabelle 12: Symbole Entscheidungsbaum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 478 Tabelle 13: Ereignisvarianten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 480 Tabelle 14: Erwartungswerte Ereignisvarianten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 480 Tabelle 15: Erwartungswert Prozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 481 Tabelle 16: Kostenschätzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 485 Tabelle 17: Schätzung Verfahrensdauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 485 Tabelle 18: Berechnung Gesamtfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 486 Tabelle 19: Erwartungswert Beispielsfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 487 Tabelle 20: Kosten bei Unterliegen Beispielsfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 489 Abbildung 1: homo oeconomicus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 Abbildung 2: Muster Entscheidungsbaum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 478 Abbildung 3: Muster Ereignisbaum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 479 Abbildung 4: Entscheidungsbaum Beispielsfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 487

34

Tabellen-, Abbildungs- und Formelverzeichnis

Formel   1: Logarithmische Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 Formel   2: Entscheidungsmodell Anspruchsinhaber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 Formel   3: Definition Erwartungsnutzenwert des Anspruchsinhabers . . . . . . . 126 Formel   4: Entscheidungsmodell, wenn EK0  –  K ≥ 0 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 Formel   5: Entscheidungsmodell, wenn EK0 – K < 0 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 Formel   6: Entscheidungsmodell Anspruchsgegner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 Formel   7: Entscheidungsmodell Anspruchsinhaber bei Prozessfinanzierung . 153 Formel   8:

Entscheidungsmodell risikoaverser Anspruchsinhaber bei Prozess­ finanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153

Formel   9: Entscheidungsmodell Anspruchsgegner bei Prozessfinanzierung . 158 Formel 10: Entscheidungsmodell Anspruchsinhaber bei Prozessfinanzierung und Erstattungsmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 Formel 11: Entscheidungsmodell Anspruchsgegner bei Prozessfinanzierung und Erstattungsmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 Formel 12: Abzinsungsformel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 481 Formel 13: Berechnung Gegenwartswert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 482 Formel 14: Gesamtfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 486

Einleitung A. Gegenstand der Arbeit Erfolgshonorare als Entgelt für – vor allem anwaltliche – Dienstleistungen im Rahmen der Rechtsverfolgung waren hierzulande lange Zeit nur aus dem angloamerikanischen Rechtsraum bekannt. Dies hat sich jedoch seit Ende der 1990er Jahre geändert. Seit dieser Zeit bieten die sogenannten Prozessfinanzierungsunternehmen auf dem deutschen Markt Anspruchsinhabern die Möglichkeit des Abschlusses eines Prozessfinanzierungsvertrages an. Gegenstand eines solchen Prozessfinanzierungsvertrages ist die Finanzierung der mit der gerichtlichen / außergerichtlichen Durchsetzung von Ansprüchen verbundenen Kosten. So verpflichtet sich das Prozessfinanzierungsunternehmen zum einen, die Vorfinanzierung der notwendigen Vorschussleistungen an Gericht und Rechtsanwalt zu übernehmen und zum anderen, im Fall des Unterliegens des Anspruchsinhabers im Prozess oder der Uneinbringlichkeit der Forderung die gesamten Kosten des Rechtsstreits zu übernehmen. Als Gegenleistung hierfür muss sich der Anspruchsinhaber verpflichten, das Prozessfinanzierungsunternehmen in einer bestimmten Höhe an dem möglichen Prozesserlös zu beteiligen – diesem also ein Erfolgshonorar zu zahlen. Der Vorteil des Abschlusses eines solchen Prozessfinanzierungsvertrages für den Anspruchsinhaber liegt auf der Hand: Die Zusammenarbeit mit einem Prozessfinanzierungsunternehmen ermöglicht ihm die Durchsetzung seines Anspruches, ohne dabei einem Kostenrisiko ausgesetzt zu sein. Dafür hat er jedoch einen hohen Preis zu zahlen: Die Erfolgsbeteiligung, die von dem Prozessfinanzierungsunternehmen als Gegenleistung für die Risikoübernahme verlangt wird, liegt im Durchschnitt bei 20 bis 30 % des Prozess­ erlöses.1 In dieser Höhe wird der Prozesserlös des Anspruchsinhabers praktisch „aufgezehrt“. Dieser Betrag steht dem Anspruchsinhaber nicht mehr für den ursprünglich mit dem Anspruch verfolgten Zweck zur Verfügung. In der Praxis kann dies mitunter erhebliche Konsequenzen für den Anspruchsinhaber haben. Ein Beispielsfall soll dies verdeutlichen: Im Februar 2009 wurde im Fernsehen ein Bericht über die heute 18-jährige Lisa 1  Siehe dazu die Ausführung in Teil 1 dieser Arbeit, der einen Überblick über die auf dem deutschen Markt tätigen Prozessfinanzierungsunternehmen und die Höhe der von diesen verlangten Erfolgshonorare enthält.

36 Einleitung

ausgestrahlt.2 Diese infizierte sich im Februar 2005 mit Meningokokken. Schon bei einem geringen Verdacht auf eine Infektion mit Meningokokken muss einem Patienten sofort ein Breitbandantibiotikum verabreicht werden. Trotz eindeutiger Diagnose nahmen die Ärzte einer Kinderklinik sie nicht auf, sondern überwiesen sie in eine andere Klinik. Dort wurde erst nach mehreren Stunden mit der notwendigen Therapie begonnen. Inzwischen hatten die Meningokokken Lisas gesamten Körper befallen. Die Ärzte mussten ihr beide Beine und mehrere Finger amputieren. Mehrere medizinische Gutachten bestätigten, dass die ärztliche Sorgfalt nicht eingehalten wurde. Die von Lisas Eltern beauftragten Rechtsanwälte forderten deshalb 1,7 Millionen € Schadensersatz und Schmerzensgeld. Trotz der eindeutigen Gutachten weigerte sich die Versicherung der Klinik mehrere Jahre, eine angemessene Entschädigung zu zahlen.3 Eine Einigung über die Zahlung einer angemessenen Schadensersatzleistung kam erst nach Ausstrahlung des Berichtes im Fernsehen zustande.4 Offenbar scheuten Lisas Eltern die gerichtliche Verfolgung der Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche ihrer Tochter. Dies wird verständlich, wenn man sich das beträchtliche Prozesskostenrisiko vor Augen führt, das sie hätten tragen müssen. Allein für die erste Instanz wären Vorschusszahlungen in Höhe von 23.568,00 € an das Gericht und 22.724,72 € an den Rechtsanwalt fällig geworden. Insgesamt hätte sich das Prozesskostenrisiko auf 246.835,26 € belaufen.5 Hätten Lisas Eltern ein Prozessfinanzierungsunternehmen eingeschaltet, hätten sie die Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche zwar ohne Prozesskostenrisiko durchsetzen können. Gleichzeitig hätte der Schadensersatz- und Schmerzensgeldbetrag Lisa jedoch nicht mehr in voller Höhe zur Verfügung gestanden, denn 510.000 € (30 % von 1,7 Mio. €) wären als Erfolgsbeteiligung an das Prozessfinanzierungsunternehmen gegangen. Die Auswirkungen des ihr „fehlenden“ Schadensersatz- und Schmerzensgeldbetrages hätte Lisa 2  http://www.stern.de/tv/sterntv/behandlungsfehler-wenn-aerzte-das-leben-verpfu schen-653617.html – letzter Abruf am 12. Juli 2016. 3  http://www.stern.de/tv/sterntv/behandlungsfehler-wenn-aerzte-das-leben-verpfu schen-653617.html – letzter Abruf am 12. Juli 2016. 4  http://www.stern.de/tv/sterntv/aerztepfusch-einigung-im-fall-lisa-655697.html – letzter Abruf am 12. Juli 2016. 5  Die 246.835,26 € setzen sich aus den für drei Instanzen entstehenden Gerichtsund Rechtsanwaltsgebühren zusammen. Die Höhe der Gebühren sind nach den seit dem 01. August 2013 geltenden Gebühren für Gerichte und Rechtsanwälte (geändert durch das 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz, BGBl. 2013, Teil I, Nr. 24 vom 29. Juli 2013, S. 2586 ff.) berechnet. Bei den Rechtsanwaltsgebührenen ist die seit dem 01. August 2013 geltende 0,3 Zusatzgebühr für umfangreiche Beweisaufnahmen gem. Nr. 1010 VV RVG berücksichtigt. Ein ausführlicher Überblick über die Gerichts- und Anwaltskosten ist im 1. Teil „Rechtstatsachen“ der Abhandlung zu finden.

Einleitung37

ihr Leben lang zu spüren bekommen. Lisa wird aufgrund der fehlenden Glieder ihr gesamtes Leben auf teure Sonderanfertigungen angewiesen sein.6 Die fehlenden 510.000 € würden also dazu führen, dass Lisa aus Kostengründen nicht alle Maßnahmen ergreifen könnte, um ein behindertengerechtes Leben mit allen notwendigen Hilfsmitteln zu führen. Dieser Beispielsfall zeigt, dass die Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens dazu führt, dass der Anspruchsinhaber nicht mehr seine materiellrechtlich gewährleistete Forderung durchsetzen kann, sondern nur noch einen deutlich verminderten Teil. Dies gilt im besonderen Maße für die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen. Nach der im deutschen Recht geltenden Ausgleichsfunktion des Schadensersatzes ist die Höhe des Schadensersatzes so zu bemessen, dass der Geschädigte den ihm entstandenen Schaden vollständig ausgleichen kann. Der Geschädigte soll nicht mehr und nicht weniger erhalten als für eine vollständige Kompensation des entstandenen Schadens notwendig ist.7 Die Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens führt in solchen Schadensfällen also quasi zu einer Unterkompensation. Im Ergebnis kann der Geschädigte den ihm entstandenen Schaden nicht vollständig beseitigen. Dies führt zu der Frage, die Gegenstand dieser Abhandlung sein soll: Im deutschen Recht hat grundsätzlich die in einem gerichtlichen Rechtsstreit unterliegende Partei für die Kosten des Verfahrens aufzukommen. Der obsiegenden Partei steht ein entsprechender Anspruch auf Erstattung der ihr durch den Rechtsstreit entstandenen Kosten zu. Dies ergibt sich zum einen aus den §§ 91 ff. ZPO, in denen der sogenannte prozessuale Kostenerstattungsanspruch geregelt ist. Aber auch Anspruchsnormen des materiellen Rechts können auf die Erstattung von Rechtsverfolgungs- oder -verteidigungskosten gerichtet sein und werden dann als materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche bezeichnet. Daraus ergibt sich die im Fokus dieser Abhandlung stehende Überlegung, ob nicht auch das Erfolgshonorar des Prozessfinanzierungsunternehmens zu den Kosten des Rechtsstreits gehört, deren Erstattung der Anspruchsinhaber im Falle seines Obsiegens vom Anspruchsgegner verlangen kann. Dafür scheint auf den ersten Blick zu sprechen, dass der Anspruchsinhaber nur aufgrund des „Fehlverhaltens“ des Anspruchsgegners zur gerichtlichen Durchsetzung seines Anspruches und zum Abschluss eines Prozessfinanzierungsvertrages zur Finanzierung der mit der Rechtsdurchsetzung verbundenen Kosten veranlasst wurde. Auf der 6  http://www.stern.de/tv/sterntv/behandlungsfehler-wenn-aerzte-das-leben-verpfu schen-653617.html – letzter Abruf am 12. Juli 2016. 7  Oetker, in: Müko-BGB § 249 BGB Rdn. 8; Schulze, in: Schulze, Vorbemerkung zu §§ 249–253 BGB Rdn. 2; ders., § 249, Rdn. 3; Schubert, in: Bamberger/Roth, § 249 BGB Rdn. 2.

38 Einleitung

anderen Seite wird jedoch zu berücksichtigen sein, dass eine derartige Kostenverlagerung zu einer deutlichen Verteuerung des Zivilprozesses und zu einer hohen Kostenbelastung für die unterliegende Partei führen würde. Zudem trifft jede Prozesspartei die Entscheidung, ob und welche Rechtsverfolgungsmaßnahmen ergriffen werden, allein. Die andere Seite hat hierauf keinen Einfluss. Hinzu kommt noch, dass die Rechtsverfolgungsmaßnahmen dem haftungsbegründenden Ereignis zeitlich nachgeordnet sind und der Anspruchsinhaber diese zum Zeitpunkt der Haftungsbegründung im Einzelnen nicht vorhersehen konnte. Können die Kosten der Rechtsverfolgung auf die gegnerische Seite abgewälzt werden, entstünde zudem die Situation, dass derjenige, der die Dienstleistung in Anspruch nimmt, und derjenige, der sie letztendlich bezahlen muss, auseinanderfallen. Dieses „Auseinanderfallen“ birgt die Gefahr, dass der Anspruchsinhaber kein eigenes Interesse daran hat, die Kosten für die Rechtsverfolgungsmaßnahmen in einem angemessenen Kostenrahmen zu halten. Dies würde nicht nur zu Lasten des Anspruchsgegners, sondern auch der gesamten Versicherungswirtschaft gehen, denn oft werden es die Haftpflichtversicherungen sein, die letztendlich für die zu erstattenden Kosten aufkommen müssen. Darüber hinaus ist es fraglich, welche Rolle es spielt, dass es dem Anspruchsgegner bislang verwehrt ist, einen Prozessfinanzierungsvertrag abzuschließen, da es entsprechende Angebote bislang nicht auf dem Markt gibt. Zu überlegen ist zudem auch, ob eine Erstattungsfähigkeit bereits durch die spekulative Vergütungsform des Erfolgshonorars ausgeschlossen ist. Letztlich gilt es, einen gerechten Ausgleich zwischen den Interessen beider Prozessparteien zu finden. Neben diesen Fragen ist auch zu berücksichtigen, welche praktischen Auswirkungen ein Anspruch auf Erstattung des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars mit sich bringen würde. Käme es – wie z. B. von den Gegnern einer Erstattungsfähigkeit anwaltlicher Sonderhonorare oft eingewandt – zum „Prozess nach dem Prozess“ und damit zu einer deutlichen Mehrbelastung der Gerichte?8 Das hier zu behandelnde Problem der Erstattungsfähigkeit des prozess­ finanzierungsbedingten Erfolgshonorars hat in Rechtsprechung und Literatur bislang kaum Beachtung gefunden. Bis her hat sich lediglich das Landgericht Aachen in einem Urteil ausführlich mit der Frage der Erstattungsfähigkeit des Erfolgshonorars eines Prozessfinanzierungsunternehmens beschäftigt und ist dabei zu einer ablehnenden Entscheidung gekommen.9 Allerdings fehlt es bislang an einer ausführlichen wissenschaftlich fundierten Auseinandersetzung mit dieser Problematik. Eine solche scheint auch deshalb erforderlich zu sein, weil davon auszugehen ist, dass sich die Frage nach der 8  Hau, 9  LG

S. 1053. Aachen Urteil vom 22.12.2009  – Az.: 10 O 277/09, BeckRS 2010, 28938.

Einleitung39

Erstattungsfähigkeit von Erfolgshonoraren früher oder später noch in einem anderen Zusammenhang stellen wird: Seit dem 01. Juli 2008 ist es Rechtsanwälten erlaubt, Erfolgshonorare mit ihren Mandanten zu vereinbaren, wenn diesen eine Durchsetzung ihrer Ansprüche ansonsten verwehrt bliebe.10 Die Situation ist hier genau wie bei der Prozessfinanzierung. Die interne Vereinbarung eines Erfolgshonorars zehrt den Prozessgewinn des Anspruchsinhabers zumindest teilweise auf, sodass auch hier die Frage einer Erstattungsfähigkeit relevant wird.

B. Gang der Untersuchung Die Problematik soll unter verschiedenen Gesichtspunkten untersucht werden: Im ersten Teil der Untersuchung sollen das Modell der Prozessfinanzierung und die Regelungen des Prozessfinanzierungsvertrages zum Erfolgshonorar vorgestellt und ein Überblick über die Verbreitung und Anbieter der Prozessfinanzierung gegeben werden. Zum besseren Verständnis der Problematik soll zudem ein Überblick über die Kostenrisiken der Rechtsverfolgung gegeben und dargelegt werden, warum die „traditionellen“ und oftmals auch kostengünstigeren Instrumente zur Finanzierung eines Rechtsstreits nicht jedem Anspruchsinhaber zur Verfügung stehen und diese daher oftmals nur die Option haben, einen Prozessfinanzierungsvertrag zur Finanzierung der Rechtsverfolgung abzuschließen. Zudem soll ein Überblick über die prozessualen und materiell-rechtlichen Kostenerstattungsansprüche und deren Verhältnis zueinander gegeben werden. Der zweite Teil dieser Abhandlung wird sich der „Legitimation“ eines solchen Erstattungsanspruches widmen, also der Frage nachgehen, ob, warum und in welchen Grenzen die Verankerung eines solchen Kostenerstattungsanspruches in unserer Rechtsordnung erforderlich ist. Ziel dieses Teils ist es – vor allem anhand einer ökonomischen Analyse – zu zeigen, dass ein Anspruch des Anspruchsinhabers auf Erstattung des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars unter bestimmten Voraussetzungen erforderlich ist, da er zu einer Verbesserung der Präventionsfunktion der Zivilgerichtsbarkeit 10  § 4a RVG: (1) Ein Erfolgshonorar (§ 49b Abs. 2 Satz 1 BRAO) darf nur für den Einzelfall und nur dann vereinbart werden, wenn der Auftraggeber aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse bei verständiger Betrachtung ohne die Vereinbarung eines Erfolgshonorars von der Rechtsverfolgung abgehalten würde. In einem gerichtlichen Verfahren darf dabei für den Fall des Misserfolgs vereinbart werden, dass keine oder eine geringere als die gesetzliche Vergütung zu zahlen ist, wenn für den Erfolgsfall ein angemessener Zuschlag auf die gesetzliche Vergütung vereinbart wird […].

40 Einleitung

beitragen kann. Dabei sollen auch rechtsvergleichende Aspekte berücksichtigt werden. Es sollen die folgenden Thesen untersucht werden: − Aus rechtsökonomischer Sicht ist es Aufgabe des Zivilprozesses zu einer Senkung von Transaktionskosten beizutragen, indem verhaltenssteuernd auf die Akteure eingewirkt wird, sodass diese sich rechtstreu verhalten und Rechtsstreitigkeiten vermieden werden. − Unser System des Rechtsschutzzugangs ist ineffizient, denn es fördert strategisches Verhalten der Akteure. Hierdurch kommt es zu mehr Rechtsstreitigkeiten und einer Erhöhung der Transaktionskosten. Dies hat negative Auswirkungen auf die Volkswirtschaft. − Das Instrument der gewerblichen Prozessfinanzierung verbunden mit der Möglichkeit der Erstattungsfähigkeit des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars führt unter bestimmten Voraussetzungen zu einer Stärkung der Präventionsfunktion des Systems des Zivilprozesses. − Das Instrument der gewerblichen Prozessfinanzierung allein führt nicht zu einer Stärkung der Präventionsfunktion des Systems des Zivilprozesses, denn das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar führt zu einer Erosion des materiellen Rechts. − Der Erstattungsfähigkeit des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars müssen Grenzen gesetzt werden, da ansonsten die Gefahr von Fehlsteuerungen und einer unnötigen Verteuerung der Kosten der Rechtsverfolgung besteht. Bei der Ausgestaltung einer solchen Erstattungspflicht sind die Interessen von Anspruchsinhaber und Anspruchsgegner zu berücksichtigen. Der Schwerpunkt der Untersuchung wird darin liegen, zu zeigen, dass eine ausdrückliche positv-rechtliche Normierung eines solchen Erstattungsanspruches nicht notwendig ist, sondern der Verzug gemäß §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB eine interessengerechte Anspruchsgrundlage für einen solchen Anspruch darstellt. Dazu sollen im dritten Teil der Arbeit die folgenden Thesen überprüft werden: − Ein Regress für das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar auf dem Wege des prozessualen Kostenerstattungsverfahrens gem. § 91 ff. ZPO kommt nicht in Betracht. − Eine die Interessen von Anspruchsinhaber und Anspruchsgegner in ausreichendem Maße berücksichtigende Anspruchsgrundlage für einen solchen Erstattungsanspruch stellt der Verzug gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB dar. Das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar kann aus rechtlicher Sicht als Verzögerungsschaden bewertet werden. Die Berücksichtigung der Interessen des Anspruchsgegners ist zum einen durch das

Einleitung41

Verschuldenserfordernis des § 286 Abs. 4 BGB gewahrt und zum anderen durch das Zurechnungskriterium der „Erforderlichkeit“ sowie der Mitverschuldenserfordernis. − Das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar kann nicht als Folgeschaden der §§ 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB geltend gemacht werden. Im vierten Teil der Arbeit soll die These überprüft werden, dass ein Anspruch auf Erstattung nicht zu einer wesentlichen Mehrbelastung der Gerichte führt. Dazu sollen vor allem die Möglichkeiten der Durchsetzbarkeit des von der Verfasserin angenommenen Erstattungsanspruches dargestellt werden.

C. Einschränkung des Gegenstandes der Untersuchung Es ist zu beachten, dass sich diese Untersuchung auf die Möglichkeiten der Erstattung des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars beschränkt. Die Erstattung weiterer dem Anspruchsinhaber durch die Zusammenarbeit mit einem Prozessfinanzierungsunternehmen entstehender Kosten, etwa die zusätzliche Anwaltsgebühr11 oder die Kosten für den Auftrag zur Herbeiführung eines Finanzierungsvertrages12, sind nicht Gegenstand dieser Abhandlung. Zudem wird von der Zulässigkeit des Prozessfinanzierungsvertrages ausgegangen. Auch soll ausdrücklich nicht diskutiert werden, ob und inwieweit den Staat eine Rechtspflicht trifft, seinerseits Maßnahmen zur Verringerung eines Rechtsdurchsetzungs- bzw. Rechtsbefolgungsdefizits zu treffen.

D. Begriffserläuterung Zum besseren Verständnis der Untersuchung soll noch darauf hingewiesen werden, dass der Kläger, der seinen Anspruch mit Unterstützung eines Prozessfinanzierungsunternehmens durchsetzt, nachfolgend als „Anspruchs11  Die meisten Prozessfinanzierungsunternehmen bieten dem Rechtsanwalt des Anspruchsinhabers als Vergütung für den durch die Prozessfinanzierung entstehenden Mehraufwand die Zahlung einer zusätzlichen Gebühr an. Meist ist dies eine 1,0 Gebühr gemäß RVG. Kommt es zu einem Prozess, erhalten die Prozessfinanzierungsunternehmen aus diesem – wie später noch ausführlich zu erläutern sein wird – sämtliche verauslagte Kosten. Dazu gehört auch diese Zusatzgebühr, sodass der Anspruchsinhaber diese letztlich tragen muss. Siehe dazu http://foris-prozessfinanzie rung.de/Rechtsanwalt/Ihr-Vorteil-als-Anwalt/– letzter Abruf am 16. Juli 2016 bzw. www.roland-prozessfinanz.de/fueranwaelte/leistungenvorteile/ihregebuehren/– letzter Abruf am 16. Juli 2016. 12  Der Auftrag zur Herbeiführung eines Finanzierungsvertrages stellt nach in der Literatur vertretenener Auffassung ein separates, vergütungsfähiges Mandat dar. Siehe dazu Kuhn, S. 247.

42 Einleitung

inhaber“ und der Beklage als Adressat eines möglichen Kostenerstattungsanspruches als „Anspruchsgegner“ bezeichnet werden. Ist nachfolgend von „Prozessfinanzierung“ die Rede, ist damit das Geschäftsmodell der gewerblichen Prozessfinanzierung gemeint. Das Erfolgshonorar des Prozessfinanzierungsunternehmens wird nachfolgend entweder als „Vergütung“ des Prozessfinanzierungsunternehmens oder als „prozessfinanzierungsbedingtes Erfolgshonorar“ bezeichnet.

1. Teil

Rechtstatsachen und Rechtsrahmen Durch den Abschluss eines Prozessfinanzierungsvertrages verpflichtet sich der Anspruchsinhaber als Gegenleistung zur Übernahme des Kostenrisikos der Rechtsdurchsetzung durch das Prozessfinanzierungsunternehmen, dieses am erzielten Erlös zu beteiligen. Diese Erfolgsbeteiligung liegt im Durchschnitt bei 20 bis 30 % des Prozesserlöses. Im ersten Teil dieser Abhandlung soll zunächst der Frage nachgegangen werden, aus welchen Gründen sich ein Anspruchsinhaber zum Abschluss eines Prozessfinanzierungsvertrages veranlasst sehen kann. Immerhin „verzichtet“ er hierdurch quasi auf einen erheblichen Anteil seines Anspruches, der bei erfolgreicher Rechtsdurchsetzung in Form der Erfolgsbeteiligung dem Prozessfinanzierungsunternehmen zufließt. Dies scheint um so verwunderlicher zu sein, als dass wesentlich kostengünstigere Möglichkeiten zur Erleichterung des Rechtsschutzzugangs zur Verfügung stehen, z.  B. die Prozesskostenhilfe oder die Rechtsschutzversicherung. Zum anderen sollen in diesem Teil das Geschäftsmodell der Prozessfinanzierung vorgestellt sowie ein rechtstatsächlicher Überblick über die Verbreitung der Prozessfinanzierung und deren Anbieter gegeben werden. Das Bestehen eines Anspruches des Anspruchsinhabers auf Erstattung des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars dem Anspruchsgegner gegenüber scheint nicht vollkommen ausgeschlossen zu sein, da in unserer Rechtsordnung ein Kostenerstattungssystem, bestehend aus prozessualen bzw. materiell-rechtlichen Kostenerstattungsansprüchen verankert ist. Die Grundzüge dieses Kostenerstattungssystem sollen nachfolgend als Rechtsrahmen dieser Abhandlung vorgestellt werden. 1. Kapitel

Motivation zum Abschluss eines Prozessfinanzierungsvertrages Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung zur Verfassungswidrigkeit des Verbots anwaltlicher Erfolgshonorare1 ausdrücklich das Bedürfnis eines Rechtssuchenden an einer Verlagerung der mit der Rechts1  BVerfG NJW

2007, 979 ff.

44

1. Teil: Rechtstatsachen und Rechtsrahmen

verfolgung verbundenen Risiken auf einen Dritten anerkannt.2 Dieses Bedürfnis bestehe – so das Bundesverfassungsgericht –, weil nicht wenige Rechtsschutzsuchende aufgrund des mit der Rechtsdurchsetzung verbundenen Kostenrisikos von einer Verfolgung ihrer Rechte absehen und die vorhandenen Zugangserleichterungen – ausdrücklich werden vom Bundesverfassungsgericht die Prozesskostenhilfe und die Rechtsschutzversicherung erwähnt – nicht ausreichten, dem entgegenzuwirken.3 Genau diese Umstände – das mit der Rechtsverfolgung verbundene hohe Kostenrisiko – sowie die Unzulänglichkeit der „traditionellen“ Zugangserleichterungen – werden oftmals die Motivation des Anspruchsinhabers begründen, einen Prozessfinanzierungsvertrag abzuschließen. Die Finanzierung der Rechtsdurchsetzung durch ein Prozessfinanzierungsunternehmen mit den damit verbundenen Konsequenzen wird nicht selten die einzige Möglichkeit eines Anspruchsinhabers darstellen, sein Recht auch durchsetzen zu können. Um dies besser nachvollziehen zu können, soll zunächst ein Überblick über die Kostenrisiken der Rechtsverfolgung gegeben und dargelegt werden, warum die vorhandenen Instrumente zur Erleichterung des Rechtsschutzzugangs unzureichend sind.

A. Kostenrisiko der Rechtsverfolgung Im Jahr 2011 sind deutschlandweit Rechtsanwälte durch das Hans-SoldanInstitut zur Bedeutung der Prozessfinanzierung befragt worden.4 39 % der befragten Rechtsanwälte gaben an, „dass ihre Mandanten nach der Ablehnung der Übernahme der Finanzierung der Rechtsverfolgung durch ein Prozessfinanzierungsunternehmen in allen Fällen auf eine Weiterverfolgung ihres Falles verzichtet hatten. Bei 16 % kam es häufig, bei 14 % selten, bei 31 % nie zu einem Verzicht auf weitere Aktivitäten“.5 Mehr als die Hälfte der Mandanten, nämlich 55 %, verzichteten in diesem Fall also regelmäßig auf eine gerichtliche Verfolgung ihres Anspruches. Dies ist nicht verwunderlich, denn mit der Rechtsverfolgung sind tatsächlich hohe finanzielle Risiken für einen Anspruchsinhaber verbunden. Möchte dieser etwa einen Anspruch in Höhe von 500.000 € gegenüber einer anderen Person durchsetzen, setzt er sich einem Kostenrisiko in Höhe von 113.309,02 € aus. Den nachfolgenden Ausführungen ist zu entnehmen, wie sich dieser Betrag zusammensetzt.

2  BVerfG NJW

2007, 979, 984. 2007, 979, 984. 4  Kilian, Bedeutung, S. 245. 5  Kilian, Bedeutung, S. 245. 3  BVerfG NJW



1. Kap.: Motivation zum Abschluss eines Prozessfinanzierungsvertrages45

I. Kostenrisiko des Erkenntnisverfahrens Im Erkenntnisverfahren setzt sich dieses Kostenrisiko vor allem aus zwei Komponenten zusammen: Zum einen steht sowohl den Gerichten als auch den Rechtsanwälten das Recht zu, einen Vorschuss auf die voraussichtlich entstehenden Gebühren und Auslagen zu fordern. Zum anderen hat nach § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO die unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Demzufolge trägt jede Prozesspartei immer das Risiko im Fall der Niederlage, neben den im Voraus zu leistenden Anwalts- und Gerichtskosten auch die der Gegenseite durch die Prozessführung entstehenden Aufwendungen tragen zu müssen. Dieses Kostenrisiko ist seit dem 01. August 2013 noch einmal erhöht worden. An diesem Tag ist das 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz in Kraft getreten.6 Mit diesem Gesetz sind u. a. die Vergütungen für Rechtsanwälte sowie die Gerichtskosten der allgemeinen Einkommensentwicklung angepasst worden.7 So sind etwa die Gerichtskosten um ca. 14 % erhöht worden.8 1. Gerichts- und Anwaltskosten des Erkenntnisverfahrens Die Kosten des Erkenntnisverfahrens setzen sich aus den außergerichtlichen, d. h. den Parteikosten, und den Gerichtskosten zusammen. Zu den Parteikosten gehören vor allem die Vergütung des Anwalts aber auch weitere Kosten, beispielsweise für etwaige Gutachten. a) Vergütung für die Einschaltung eines Rechtsanwalts Die Durchführung eines Gerichtsverfahrens ist mit einigen Überlegungen bzw. Formalitäten verbunden: Im Vorfeld eines Gerichtsverfahrens sind die Erfolgs- und Vollstreckungsaussichten abzuwägen. Des Weiteren ist bei Gericht eine Klageschrift einzureichen, die den in § 253 ZPO aufgeführten Kriterien entspricht. Zudem muss der Termin zur mündlichen Verhandlung (§ 273 ZPO) vorbereitet und durchgeführt werden. Die meisten Anspruchsinhaber verfügen nicht über die notwendigen juristischen Kenntnisse, ein solches Gerichtsverfahren ohne die fachliche Unterstützung Dritter durchzuführen. Es besteht daher fast immer die Notwendigkeit, einen Rechtsanwalt einzuschalten und mit der Prozessführung zu beauftragen. Vor den Landge6  BGBl. 2013,

Teil I Nr. 42 vom 29. Juli 2012, S. 2586 ff. zum Zweiten Kostenrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drs.

7  Gesetzesentwurf

17/11471, S. 2. 8  Reckin, S. 253.

46

1. Teil: Rechtstatsachen und Rechtsrahmen

richten und vor den höheren Gerichten9 müssen sich die Parteien sogar durch einen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten vertreten lassen10. Nur diese sind dort postulationsfähig.11 Im Regelfall wird der Rechtsanwalt von einer Partei durch einen Anwaltsvertrag gem. §§ 611, 675 BGB mit der Wahrnehmung ihrer Interessen in dem Rechtsstreit verpflichtet.12 Bei der Berechnung seiner Vergütung ist der Rechtsanwalt an die Bestimmungen des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) gebunden.13 aa) Möglichkeiten der Vergütung des Rechtsanwalts Das RVG stellt dem Rechtsanwalt drei unterschiedliche Möglichkeiten zur Verfügung, seine Vergütung zu regeln: (1) Vereinbarung gesetzlicher Gebühren In den meisten Fällen wird ein Rechtsanwalt aufgrund der im RVG geregelten gesetzlichen Vergütung tätig werden. Das RVG sieht eine zweigeteilte Vergütung, bestehend aus Gebühren und Auslagen, vor. Ausschlaggebend für die Entstehung und Höhe einer Gebühr ist die Ausführung einer bestimmten Tätigkeit des Rechtsanwalts (§ 2 RVG) und der Wert, den der Gegenstand dieser Tätigkeit hat (§ 13 RVG). Welche Art von Gebühren entsteht, hängt von dem dem Rechtsanwalt erteilten Auftrag ab.14 § 15 Abs. 1 RVG enthält den Grundsatz, dass die Anwaltsgebühren Verfahrenspauschalgebühren darstellen15: „Es kommt also nicht darauf an, ob der Rechtsanwalt in dieser Sache viel oder wenig zu tun hat, ob er zeitaufwendig oder nur kurzzeitig tätig sein muss, ob er nun einen oder etliche Gerichtstermine wahrzunehmen hat und wie oft er seine Anträge gestellt hat. Es wird nicht die Einzeltätigkeit entgolten, sondern jeweils die Handlungsgesamtheit einzelner Funktionsbereiche.“

Die einzelnen Gebühren sind in einem dem RVG als Anlage 1 beigefügten Vergütungsverzeichnis geregelt. Dort sind die Tatbestände enthalten, bei 9  Dies sind die Oberlandesgerichte bzw. der Bundesgerichtshof – siehe § 78 Abs. 1 ZPO. 10  Anwaltszwang gem. § 78 Abs. 1 ZPO. 11  Lüke, Rdn. 119: „Postulationsfähigkeit ist die Fähigkeit, vor einem bestimmten Gericht selbst auftreten zu können, schriftlich oder mündlich Prozesshandlungen wirksam vornehmen zu können.“ 12  Vgl. BGH NJW 2004, 2817. 13  Ernst, § 1, Rdn. 1. 14  Enders, Rdn. 50. 15  Olivet, Rdn. 11.



1. Kap.: Motivation zum Abschluss eines Prozessfinanzierungsvertrages47

deren Vorliegen eine Gebühr anfällt. Diesen sind einzelne Nummern zugewiesen. Aus diesen ergibt sich auch die Höhe des Gebührensatzes. Dieser variiert bei den verschiedenen Gebühren und reicht von einer 0,3 Gebühr (z. B. Nr. 1010 VV RVG) bis zu einer 2,3 Gebühr (z. B. Nr. 3508 VV RVG). Aus § 13 RVG bzw. einer dem RVG als Anlage 2 beigefügten Gebührentabelle ergibt sich, wie hoch eine einfache, also eine 1,0 Gebühr, bei einem bestimmten Gegenstandswert ist. Anhand dieser wird die Höhe der den einzelnen anwaltlichen Tätigkeiten im Vergütungsverzeichnis zugewiesenen Gebührensätze berechnet. Vorschriften zur Berechnung des Gegenstandswerts finden sich im RVG nur zum Teil. Gem. § 32 Abs. 1 RVG ist der im Gerichtsverfahren oder einem möglichen Gerichtsverfahren angesetzte bzw. anzusetzende Wert maßgeblich. Dabei kommt es für die Wertberechnung auf den Zeitpunkt an, in dem der Antrag, der die Instanz einleitet, gestellt wird.16 Bei einer Klageerweiterung kommt es auf den im Laufe der Auftragserledigung anfallenden höchsten Wert an17. Entscheidend ist der objektive Geldwert in Euro. Auf eine subjektive Bewertung durch den Auftraggeber kommt es hingegen nicht an.18 Ist der Anspruch zum Beispiel auf Leistung einer bestimmten Geldsumme gerichtet, entspricht der Gegenstandswert dieser Summe.19 Die allgemeinen Geschäftskosten, wie z. B. die Büromiete, Personalkosten, Büromaterial etc., sind mit den Gebühren abgegolten.20 Jedoch kann der Rechtsanwalt bestimmte Auslagen berechnen, soweit diese in Teil 7 des Vergütungsverzeichnisses ausdrücklich aufgeführt sind. (2) Gebührenvereinbarung Des Weiteren kann der Rechtsanwalt mit seinem Mandanten eine Vereinbarung über die an ihn zu zahlende Vergütung treffen. Dabei ist § 49 b Abs. 1 S. 1 BRAO zu beachten. Danach ist es grundsätzlich unzulässig, geringere Gebühren und Auslagen zu vereinbaren als das RVG es für Rechtsanwälte vorsieht. Nur in außergerichtlichen Angelegenheiten können Pauschalvereinbarungen und Zeitvergütungen vereinbart werden, die niedriger sind als die gesetzlichen Gebühren (§ 4 Abs. 1 RVG). Die formalen Voraussetzungen einer solchen Vergütungsvereinbarung sind in § 3 a RVG geregelt. So bedarf eine solche Vereinbarung der Textform. Des Weiteren muss sie ausdrücklich als Gebührenvereinbarung bezeichnet 16  Olivet,

Rdn. 10. § 2 Rdn. 1. 18  Olivet, Rdn. 9. 19  Olivet, Rdn. 9. 20  Enders, Rdn. 149. 17  Ernst,

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1. Teil: Rechtstatsachen und Rechtsrahmen

werden. Zudem muss sie von anderen Vereinbarungen deutlich zu unterscheiden sein. (3) Vereinbarung eines Erfolgshonorars Seit dem 01. Juli 2008 ist es Rechtsanwälten erlaubt, Erfolgshonorare mit ihren Mandanten zu vereinbaren. Geregelt ist dies in § 4 a RVG Voraussetzung hierfür ist es nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 4 a RVG, dass der „Auftraggeber aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse bei verständiger Betrachtung ohne die Vereinbarung eines Erfolgshonorars von der Rechtsverfolgung abgehalten würde“.21 Allerdings ist es gem. § 49 b Abs. 2 BRAO dem Rechtsanwalt verboten, sich zu verpflichten, auch die Gerichts-, Verwaltungs- oder Kosten anderer Beteiligter zu tragen. Dieses Erfolgshonorar darf gem. § 4 a Abs. 1 RVG nur im Einzelfall vereinbart werden und muss bestimmte in § 4 a Abs. 2. RVG bestimmte Hinweise enthalten. bb) Kostenschuldner Vergütungsschuldner ist immer der Auftraggeber und nicht eine erstattungspflichtige Partei. § 126 ZPO gewährt nur ein Beitreibungsrecht gegen die zur Kostenerstattung verurteilte gegnerische Prozesspartei.22 cc) Vorschuss Gemäß § 9 RVG kann der Rechtsanwalt einen angemessenen Vorschuss für die bereits entstandenen und voraussichtlich entstehenden Gebühren und Auslagen zuzüglich Mehrwertsteuer fordern.23 Schuldner des Vorschusses ist – falls eine abweichende Vereinbarung nicht getroffen ist – nur der jeweilige Auftraggeber. Wird der Vorschuss nicht gezahlt, ist der Anwalt zur Kündigung seines Mandates berechtigt.24

21  Siehe zum anwaltlichen Erfolgshonorar noch ausführlicher 3. Teil, 2. Kapitel, C.VI.3.a)aa)(2). 22  Ernst, § 1 Rdn. 11. 23  Ernst, § 9 Rdn. 5. Durch Kilian, Drittfinanzierung, S. 111, wurde ermittelt, dass nur 24 % aller Rechtsanwälte grundsätzlich auf die Geltendmachung von Vorschüssen auf ihre Gebühren und Auslagen verzichten. 24  Ernst, § 9 Rdn. 6.



1. Kap.: Motivation zum Abschluss eines Prozessfinanzierungsvertrages49

dd) Fälligkeit der anwaltlichen Vergütung Die Fälligkeit der Vergütung ist in § 8 RVG geregelt. Dort sind verschiedene Fälligkeitstatbestände normiert: Gemäß § 8 Abs. 1 S. 1 RVG ist Voraussetzung entweder die Erledigung des Auftrages oder die Beendigung der Angelegenheit. Eine Erledigung ist sowohl bei einer vollständigen Erledigung der Angelegenheit als auch bei einer Niederlegung des Mandates durch den Rechtsanwalt oder einer Kündigung durch den Mandanten gegeben.25 Eine Beendigung liegt beispielsweise dann vor, wenn die Gegenseite den geltend gemachten Anspruch erfüllt hat. Eine weitere Tätigkeit des Rechtsanwalts ist in diesem Fall nicht erforderlich.26 Ebenfalls beendet ist die Sache, wenn wegen fehlender Erfolgsaussichten von einer gerichtlichen Weiterverfolgung Abstand genommen wird.27 Gemäß § 8 Abs. 1 S. 2 RVG ist die Vergütung dann fällig, wenn eine Kostenentscheidung ergangen, der Rechtszug beendet ist oder das Verfahren länger als drei Monate ruht. Zudem ist es möglich, eine Vereinbarung über den Zeitpunkt der Fälligkeit zu treffen.28 b) Gerichtskosten Gerichtskosten sind die Gebühren, die die Justiz für ihre Tätigkeit erhebt. Hierzu gehören die Gerichtskosten, die Gerichtsvollzieherkosten sowie die Justizverwaltungskosten.29 Bei der Inanspruchnahme der staatlichen Gerichte gilt der Grundsatz der bedingten Kostenfreiheit.30 Danach sind alle gerichtlichen Handlungen gebühren- und auslagenfrei, soweit nichts anderes bestimmt ist.31 Für die Verfahren vor den ordentlichen Gerichten gilt gem. § 1 Nr. 1 GKG das GKG. Zu den ordentlichen Gerichten gehören gem. § 12 GVG die Amts-, Landes-, und Oberlandesgerichte sowie der Bundesgerichtshof. Diese sind gem. § 13 GVG für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zuständig. aa) Berechnung der Gerichtskosten Das Gericht erhält für seine Tätigkeit Gebühren und Auslagenersatz nach dem Gerichtskostengesetz (GKG). Sie dürfen gem. § 1 Abs. 1 GKG 25  Enders,

Rdn. 222. Rdn. 223. 27  Enders, Rdn. 223. 28  Mayer, in: Gerold/Schmidt, § 8 RVG Rdn.  39. 29  Lappe, Justizkostenrecht, § 1 3 a), S. 3. 30  Dimde, S. 38. 31  Meyer, GKG, § 1 Rdn. 1. 26  Enders,

50

1. Teil: Rechtstatsachen und Rechtsrahmen

nur erhoben werden, soweit sie im Gerichtskostengesetz ausdrücklich vorgesehen sind. Die Gerichtsgebühren werden ähnlich wie die Rechtsanwaltsgebühren berechnet. Es kommt auch hier auf die Erfüllung bestimmter Tatbestände und den Wert des Streitgegenstandes (§ 3 GKG) an. Die Gebühren werden pauschal erhoben, also unabhängig von dem tatsächlichen Aufwand. Die gebührenpflichtigen Verfahrensvorgänge sind in einem – dem Gerichtskostengesetz als Anlage 1 beigefügten – Kostenverzeichnis (KV) abschließend aufgeführt. Diesen sind wiederum einzelne Nummern zugewiesen. Aus diesen ergibt sich zudem die Höhe des Gebührensatzes. Die Höhe der Gebühr hängt gem. § 3 Abs. 1 GKG vom Streitwert, also dem Wert des Streitgegenstandes, ab. Dabei kommt es auf den Gebührenstreitwert an.32 Aus der gemäß § 34 GKG als Anlage 2 beigefügten Gebührentabelle ergibt sich, wie hoch eine einfache, also eine 1,0 Gebühr, bei einem bestimmten Streitwert ist. In einem bürgerlichen Rechtsstreit fällt in der ersten Instanz im Wesentlichen eine Verfahrensgebühr gem. Nr. 1204 KV GKG an.33 Der Gebührensatz beträgt 3,0. Durch sie wird gem. § 35 GKG das gesamte instanzliche Verfahren abgegolten. Nur ausnahmsweise können noch Entscheidungsgebühren hinzukommen, und zwar immer dann, wenn ein in dem Kostenverzeichnis (KV) aufgeführter Tatbestand erfüllt ist.34 Bei den Auslagen handelt es sich „um die dem Staat bei der Erfüllung seiner Rechtspflegertätigkeit im Einzelfall entstehenden besonderen Aufwendungen“.35 Auslagen im Sinne des GKG sind nur solche Aufwendungen, die in den in § 1 GKG bezeichneten Verfahren entstanden sind. Nur die Aufwendungen, die abschließend in Teil 9 des Kostenverzeichnisses aufgezählt sind, können in Rechnung gestellt werden. Zu unterscheiden sind dabei Auslagen, die in tatsächlich entstandener Höhe zu ersetzen sind, und Pauschalbeträge, wie z. B. die Dokumentenpauschale. Für die allgemeinen Unkosten des Staates werden keine Auslagen erhoben.36

32  Beim Streitwert ist zwischen dem Zuständigkeitsstreitwert und dem Gebührenstreitwert zu unterscheiden. Nach dem Zuständigkeitsstreitwert richtet sich die sachliche Zuständigkeit. Der Gebührenstreitwert ist gem. § 48 I GKG für die Gerichtsgebühren entscheidend. 33  Ohne Familiensachen. 34  Meyer, GKG, § 3 Rdn. 31. 35  Meyer, GKG, KV, Teil 9, Auslagen Rdn. 2. 36  Meyer, GKG, KV, Teil 9, Auslagen Rdn. 3.



1. Kap.: Motivation zum Abschluss eines Prozessfinanzierungsvertrages51

bb) Kostenschuldner In den §§ 22 ff. GKG ist geregelt, wer Kostenschuldner der Gerichtskosten ist. § 22 Abs. 1 GKG geht vom Prinzip der Antragstellerhaftung aus. Derjenige, der das Verfahren durch eine Prozesshandlung in Gang gebracht hat – also der Antragsteller –, soll für die Kosten einstehen.37 Diese Antragstellerhaftung besteht unabhängig vom Ausgang des Verfahrens und einer etwaigen Kostenentscheidung gem. §§ 91 ZPO ff.38 Neben dem Antragsteller kommen gem. § 29 GKG hauptsächlich der Entscheidungs- und der Übernahmeschuldner als Kostenschuldner in Betracht. Entscheidungsschuldner ist derjenige, dem durch gerichtliche Entscheidung die Kosten des Verfahrens auferlegt sind, § 29 Nr. 1 GKG. Übernahmeschuldner ist derjenige, der gegenüber dem Gericht erklärt, die Kosten des Verfahrens zu übernehmen, § 29 Nr. 2 GKG. Übernahmeschuldner können auch Dritte sein.39 Sind mehrere Kostenschuldner vorhanden, so haften diese gem. § 31 Abs. 1 GKG als Gesamtschuldner. Die Kostenschuld des Antragstellers bleibt also bestehen. § 31 Abs. 2 GKG ordnet jedoch an, dass diese lediglich zweitrangig – als sogenannte Zweitschuldnerhaftung40 – geltend gemacht werden kann. cc) Vorschuss für Auslagen Gem. § 17 Abs. 1 GKG ist ein Vorschuss auf die voraussichtlich entstehenden Auslagen zu leisten. dd) Fälligkeit Bei der Bestimmung des Fälligkeitszeitpunktes ist zwischen den Gebühren, die mit der Einreichung von Klage, Antrag etc. fällig werden (§ 6 Abs. 1 GKG), und solchen, die eine Entscheidung oder eine gerichtliche Handlung voraussetzen (§ 6 Abs. 2 GKG), zu unterscheiden. Die Verfahrensgebühr (KV 1204) wird gem. § 6 Abs. 1 GKG mit der Einreichung der Klage fällig. Vor Entrichtung dieser Gebühr soll gem. § 12 Abs. 1 S. 1 GKG die Zustellung der Klage nicht erfolgen.41 37  Meyer,

GKG, § 22 Rdn. 2 f. GKG, § 22 Rdn. 3. 39  Meyer, GKG, § 29 Rdn. 15. 40  Meyer, GKG, § 31, Rdn. 16 ff. 41  Siehe dazu Meyer, GKG, § 12 Rdn. 14: Das Gericht ist verpflichtet, „die Zustellung der Klage oder der Klageerweiterung im Rechtsmittelverfahren erst nach Zahlung der erforderlichen Kosten vorzunehmen. Das bedeutet aber – von den Ausnahmen nach §§ 12, 14 GKG abgesehen – nicht, dass erst nach Eingang des gefor38  Meyer,

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1. Teil: Rechtstatsachen und Rechtsrahmen

c) Weitere Kosten des Erkenntnisverfahrens Dem Anspruchsinhaber können im Erkenntnisverfahren noch weitere Kosten entstehen, z. B. durch den Einsatz von Beweismitteln. Regelungen hierzu sind im Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) enthalten. Gem. § 19 JVEG erhalten die Zeugen als Entschädigung: Fahrkostenersatz, Entschädigung für den Aufwand, Ersatz für sonstige Aufwendungen etc. Sachverständige, Dolmetscher und Übersetzer erhalten eine Vergütung gem. §§ 8 ff. JVEG. Die Höhe des Honorars ergibt sich aus § 9 JVEG und einer dem JVEG als Anlage 1 beigefügten Tabelle. 2. Kostenerstattungsverfahren gem. §§ 91 ff. ZPO Wie bereits ausgeführt, ergibt sich die zweite Komponente des von jeder Partei zu tragenden Kostenrisikos aus dem im deutschen Recht geltenden und in den §§ 91 ff. ZPO verankerten Prinzip der Kostenerstattung. Dieses basiert auf dem Gedanken der Veranlasserhaftung.42 So hat nach § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO die unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.43 Dies bedeutet zwar, dass der Anspruchsinhaber für den Fall, dass das Gericht der Klage stattgibt, im Ergebnis keine Kosten zur Rechtsdurchsetzung zu tragen hat. Im Fall der Niederlage ist er jedoch verpflichtet, sämtliche Kosten des Gerichtsverfahrens – also auch die der Gegenseite – zu tragen. Im Ergebnis trägt also jede Partei das Risiko, neben den eigenen Anwaltsund Gerichtskosten etc. auch die der Gegenseite durch den Prozess entstandenen Kosten tragen zu müssen. 3. Kostenrisiko im Falle des Obsiegens Zu beachten ist zudem das auch im Falle des Obsiegens bestehende Kostenrisiko: Selbst bei erfolgreichem Ausgang des Verfahrens kann der Anspruchsinhaber unter Umständen zur Kostentragung verpflichtet sein bzw. eine Kostenerstattung der eigenen Kosten ausscheiden. Grund hierfür ist oftmals eine Insolvenz der Gegenseite. Die Kostenerstattungsansprüche bestehen ausschließlich zwischen den Parteien und wirken nicht auf das Außenverhältnis. Das heißt, dass jede Partei Schuldner der durch sie veranlassderten Vorschusses zugestellt werden darf. Vielmehr hat das Gericht auch insoweit einen Ermessensspielraum. So z. B., wenn es um drohende Verjährung oder um die Vermeidung allgemeiner drohender Nachteile für den Kläger geht.“ 42  Dimde, S. 58: auch als Verursacherhaftung bezeichnet. 43  Wenn jede Partei teilweise obsiegt und teils unterliegt, sind die Kosten hingegen gem. § 92 Abs. 1 ZPO gegeneinander aufzuheben.



1. Kap.: Motivation zum Abschluss eines Prozessfinanzierungsvertrages53

ten Verfahrensschritte bleibt. So ist gem. § 22 GKG in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten die Partei, die die Instanz beantragt hat, auch dann Schuldner der gesamten Verfahrenskosten, wenn sie obsiegt und ihr dementsprechend die Verfahrenskosten nicht gem. §§ 91 ff. ZPO auferlegt werden. Wie bereits ausgeführt, haften gem. § 31 Abs. 1 GKG mehrere Kostenschuldner als Gesamtschuldner. Dabei legt § 31 Abs. 2 GKG eine Rangfolge bezüglich der Inanspruchnahme fest. II. Kostenrisiko des Vollstreckungsverfahrens Bezüglich der Kosten der Zwangsvollstreckung besteht der Grundsatz, dass die durch die Zwangsvollstreckung entstehenden Kosten durch den Schuldner zu tragen sind. Positivrechtlich ist dies in § 788 Abs. 1 ZPO geregelt, der eine Kostenerstattungspflicht des Schuldners gegenüber dem Gläubiger festschreibt. Trotz dieses Grundsatzes trifft den Anspruchsinhaber auch bezüglich der Zwangsvollstreckung immer ein Kostenrisiko. Die Kostenerstattungspflicht betrifft nur das Innenverhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner.44 Welche Kosten im Einzelfall anfallen, hängt von der jeweiligen Zwangsvollstreckungsmaßnahme und der Anzahl der Vollstreckungsversuche ab. Es ist zwischen den Gerichts-, den Gerichtsvollzieherund den Rechtsanwaltskosten zu unterscheiden. 1. Gerichtskosten Welche gerichtlichen Gebühren und Auslagen im Zwangsvollstreckungsverfahren anfallen, kann dem Kostenverzeichnis (KV) zum GKG entnommen werden. Die einzelnen Gebührentatbestände ergeben sich aus KV 2110 ff. Für einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss werden beispielsweise gem. KV 2111 pauschal 20,00 € erhoben. Die Auslagen sind in den KV 9000 ff. geregelt. 2. Kosten des Gerichtsvollziehers Für die Tätigkeit des Gerichtsvollziehers werden Kosten nach dem Gerichtsvollzieherkostengesetz (GvKostG) erhoben. Deren Höhe bemisst sich gem. § 9 GvKostG nach dem Kostenverzeichnis (KV) zum GvKostG. Auch bei den Gerichtsvollzieherkosten handelt es sich um Festgebühren und Auslagen. Für die persönliche Zustellung durch den Gerichtsvollzieher entstehen beispielsweise gem. Nr. 100 des Kostenverzeichnisses 10,00 €. Grundsätz44  Brox/Walker,

Zwangsvollstreckungsrecht, Rdn. 1672.

54

1. Teil: Rechtstatsachen und Rechtsrahmen

lich kann der Gerichtsvollzieher gem. § 4 GvKostG einen Vorschuss vom Vollstreckungsgläubiger verlangen. 3. Kosten des Rechtsanwalts Die für die Tätigkeiten des Rechtsanwalts im Zwangsvollstreckungsverfahren entstehenden Gebühren sind in den Nrn. 3309 ff. des Vergütungsverzeichnisses (VV) zum RVG geregelt. Für die Tätigkeit im Rahmen einer konkreten Vollstreckungsmaßnahme können beispielsweise eine Verfahrensgebühr, VV 3309, bzw. eine Termingebühr, VV 3310, berechnet werden. Der Gegenstandswert in der Zwangsvollstreckung bemisst sich nach § 25 RVG. III. Kostenrisiko anhand eines Beispielfalles Das einen Anspruchsinhaber treffende Kostenrisiko soll anhand eines Beispiels verdeutlicht werden. Dabei soll davon ausgegangen werden, dass der Anspruchsinhaber einen Anspruch in Höhe von 500.000 € gegenüber dem Anspruchsgegner geltend machen möchte. Der Anspruchsinhaber und sein Rechtsanwalt gehen davon aus, dass zumindest in der ersten Instanz die Voraussetzungen der seit dem 01. August 2013 bestehenden Zusatzgebühr für Beweisaufnahmen gem. Nr. 1010 VV RVG vorliegen werden. 1. Kosten der ersten Instanz a) Vorschussleistungen für Rechtsanwalt und Gericht Um das Gerichtsverfahren in Gang zu bringen, müsste der Anspruchsinhaber zunächst die Gerichts- und Anwaltskosten der ersten Instanz vorschießen. In einem bürgerlichen Rechtsstreit fällt in der ersten Instanz eine Verfahrensgebühr gem. Nr. 1204 KV GKG an, die 3,0 beträgt. Bei einem Wert in Höhe von 500.000 € fällt eine Gebühr in Höhe von 10.608,00 € an, die gemäß § 12 Abs. 1 GKG vorab zu überweisen ist. Gemäß § 9 RVG kann der Rechtsanwalt einen angemessenen Vorschuss für die bereits entstandenen und voraussichtlich entstehenden Gebühren und Auslagen zuzüglich Mehrwertsteuer fordern. Bei einer gerichtlichen Vertretung durch einen Rechtsanwalt entstehen in der Regel eine Verfahrens-45 sowie eine Termin45  Die Verfahrensgebühr ergibt sich für die 1. Instanz aus der Nr. 3100 VV RVG. Siehe dazu Enders, Rdn. 1029 ff. Für die Berufung ergibt sich die Verfahrensgebühr aus 3200 VV RVG und für die Revision aus 3206 VV RVG.



1. Kap.: Motivation zum Abschluss eines Prozessfinanzierungsvertrages55

gebühr46. Bei einem Streitwert in Höhe von 500.000 € betragen diese in der ersten Instanz 4.176,90 € bzw. 3.866,60 €. Die mit dem 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz eingeführte Zusatzgebühr für besonders umfangreiche Beweisaufnahmen beträgt bei diesem Streitwert 963,90 €47. Hinzu kommt noch die Auslagenpauschale in Höhe von 20,00 €. Dies ergibt eine Zwischensumme in Höhe von 9.016,40 €. Bei Berücksichtigung der entstehenden Mehrwertsteuer in Höhe von 1.713,12 € müsste der Anspruchsinhaber also einen Gesamtbetrag in Höhe von 10.729,52 € als Vorschuss an seinen Rechtsanwalt leisten. Allein für die erste Instanz ergeben sich damit Vorschussleistungen für Gericht und Rechtsanwalt in Höhe von 21.337,52 €. b) Kostenrisiko im Unterliegensfall Unterliegt der Anspruchsinhaber, muss er die als Vorschuss geleisteten Gebühren für Gericht und Rechtsanwalt nun endgültig tragen. Gemäß den bereits vorgestellten Bestimmungen der §§ 91 ff. ZPO muss er zudem der Gegenseite ihre Kosten erstatten. Dies werden vor allem die Rechtsanwaltskosten sein, die auch auf der gegnerischen Seite 10.729,52 € betragen. Damit trägt der Anspruchsinhaber allein in der ersten Instanz ein Gesamtkostenrisiko in Höhe von 32.067,04 €. 2. Gesamtkostenrisiko Geht man davon aus, dass der Rechtsstreit drei Instanzen durchlaufen wird, entsteht ein Gesamtkostenrisiko in Höhe von 113.309,02 €, das sich wie folgt zusammensetzt (siehe nächste Seite)48.

46  Die Terminsgebühr ergibt sich aus Nr. 3104 VV RVG, siehe dazu Enders, Rdn. 1095 ff. Für die Berufung ergibt sich die Terminsgebühr aus 3205 VV RVG und für die Revision aus 3210 VV RVG. 47  Die Beweisgebühr ist durch das bereits erwähnte 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz in das RVG eingefügt worden (Nr. 1010 VV RVG) und soll für besonders umfangreiche Beweisaufnahmen mit mindestens drei gerichtlichen Terminen entstehen. Die Gebühr hat eine Höhe von 0,3 %. Siehe dazu Schons, S. 316. 48  Übersicht basiert auf dem Foris-Prozesskostenrechner – www.foris.com.

56

1. Teil: Rechtstatsachen und Rechtsrahmen Tabelle 1 Gesamtkostenrisiko bei einem Streitwert in Höhe von 500.000 € 1. Instanz

Berufung

Revision

Faktor

Betrag

Faktor

Betrag

Faktor

Betrag

3,0

10.608,00 €

4,0

14.144,00 €

5,0

17.680,00 €

Gerichtskosten

10.608,00 €

Summe Gesamtkosten Gericht

14.144,00 €

17.680,00 €

  42.432,00 €

Kosten des eigenen Anwalts Verfahrensgebühr

1,3

  4.176,90 €

1,6

  5.140,80 €

2,3

  7.389,90 €

Terminsgebühr

1,2

  3.855,60 €

1,2

  3.855,60 €

1,5

  4.819,50 €

Zusatzgebühr Beweis

0,3

   963,90 €

entfällt

entfällt

Auslagenpauschale

    20,00 €

    20,00 €

Zwischensumme

  9.016,40 €

  9.016,40 €

12.229,40 €

Umsatzsteuer 19 %

  1.713,12 €

  1.713,12 €

  2.323,59 €

Summe

10.729,52 €

10.729,52 €

14.552,99 €

Gesamtkosten des eigenen Anwalts:

1,0

    20,00 €

    36.012,03 €

Kosten des Anwalts der Gegenseite Verfahrensgebühr

1,3

  4.176,90 €

1,6

  5.140,80 €

2,3

  7.389,90 €

Terminsgebühr

1,2

  3.855,60 €

1,2

  3.855,60 €

1,5

  4.819,50 €

Zusatzgebühr Beweis

0,3

  963,90 €

entfällt

entfällt

Auslagenpauschale

    20,00 €

    20,00 €

Zwischensumme

  9.016,40 €

  9.016,40 €

12.220,40 €

Umsatzsteuer 19 %

  1.713,12 €

  1.713,12 €

  2.323,59 €

Summe

10.729,52 €

10.729,52 €

14.552,99 €

Gesamtkosten des Anwalts der Gegenseite: Gesamtskostenrisiko für drei Instanzen:

1,0

        36.012,03 € 113.309,02 €

    20,00 €



1. Kap.: Motivation zum Abschluss eines Prozessfinanzierungsvertrages57

IV. Ergebnis Die Rechtsdurchsetzung mittels eines staatlichen Gerichts ist für den Anspruchsinhaber mit einem Kostenrisiko verbunden. Im Erkenntnisverfahren setzt sich dieses Kostenrisiko aus zwei Komponenten zusammen. Zum einen steht sowohl den Gerichten als auch den Rechtsanwälten das Recht zu, einen Vorschuss auf die voraussichtlich entstehenden Gebühren und Auslagen zu fordern. Zum anderen hat nach § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO die unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Auch im Zwangsvollstreckungsverfahren entstehen dem Anspruchsinhaber Kosten. Möchte der Anspruchsinhaber beispielsweise einen Anspruch in Höhe von 500.000 € durchsetzen, trägt er ein Gesamtkostenrisiko in Höhe 113.309,02 €.

B. Unzulänglichkeit der vorhandenen Zugangserleichterungen Selbst dem juristischen Laien wird bekannt sein, dass neben der Prozessfinanzierung noch andere Zugangserleichterungen vorhanden sind. Unter Zugangserleichterungen sind institutionelle – gesetzliche bzw. vertragliche – Instrumentarien zu verstehen, die den Rechtsschutzzugang erleichtern.49 In der Praxis am meisten verbreitet sind die Rechtsschutzversicherung sowie die in der Zivilprozessordnung geregelte Prozesskostenhilfe. Einen guten Überblick über die verschiedenen Finanzierungsmöglichkeiten bietet die nachfolgende Übersicht, die das Resultat der Studie „Mandanten und ihre Anwälte“ der Hans-Soldan-Stiftung ist50 (siehe nächste Seite). Diese Finanzierungsinstrumente sind – wie noch zu zeigen sein wird – wesentlich kostengünstiger als die gewerbliche Prozessfinanzierung. Man könnte daher die Notwendigkeit der Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens zur Finanzierung eines Rechtsstreits von vornherein in Abrede stellen und sich fragen, warum ein Anspruchsinhaber anstelle dessen nicht auf eine dieser kostengünstigeren Möglichkeiten der Zugangserleichterungen des Rechtsschutzzugangs zurückgreift. Ziel der nachfolgenden Ausführungen ist es daher zu zeigen, dass diese kostengünstigeren Möglichkeiten der Erleichterung des Rechtsschutzzugangs nicht jedem Anspruchsinhaber zur Verfügung stehen bzw. oft nicht zu einer vollständigen Entlastung von den mit der Rechtsverfolgung verbundenen finanziellen Risiken führen. Infolgedes49  Dimde,

S. 62. Tabelle ist angelehnt an die Abbildungen von Hommerich/Kilian, Mandanten und ihre Anwälte, S. 137, bzw. von Kilian, Drittfinanzierung, S. 12. Im Rahmen dieser Studie wurden Bürger, die in einem Fünfjahreszeitraum einen Rechtsanwalt beauftragt hatten, gefragt, wie sie ihre Rechtsverfolgungskosten finanziert haben. 50  Die

58

1. Teil: Rechtstatsachen und Rechtsrahmen Tabelle 2 Finanzierung der Anwaltstätigkeit Selbstfinanzierer

47 %

Rechtsschutzversicherung51

35 %

Prozesskosten- / Beratungshilfe

  8 %

Dritter hat bezahlt

  6 %

Kostenlose Tätigkeit Anwalt

  2 %

Prozessfinanzierer

0,2 %

Sonstiges

  2 %

sen kann bei einem Rechtsschutzsuchenden das Bedürfnis entstehen, die mit einem Rechtsstreit verbundenen finanziellen Risiken auf einen Dritten – beispielsweise ein Prozessfinanzierungsunternehmen – zu verlagern.52 Bereits das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungswidrigkeit des Verbots anwaltlicher Erfolgshonorare letztlich damit begründet, dass nicht wenige Betroffene das Kostenrisiko aufgrund verständiger wirtschaftlicher Erwägungen scheuen und die vorhandenen Finanzierungsmöglichkeiten – ausdrücklich werden vom Bundesverfassungsgericht die Beratungs- bzw. die Prozesskostenhilfe erwähnt – nicht ausreichen.53 Nachfolgend soll deshalb ein Überblick über die alternativen Formen der Zugangserleichterung gegeben und deren Grenzen und Bedeutung in der Praxis aufgezeigt werden. I. Prozesskostenhilfe Keine zusätzlichen Kosten entstehen einer Prozesspartei durch die Inanspruchnahme von Prozesskostenhilfe.54 Mit den Vorschriften über die Prozesskostenhilfe erfüllt der Staat seine sich aus dem Grundgesetz ergebende Pflicht, bedürftigen Parteien eines Rechtsstreits den Zugang zu den Gerichten zu ermöglichen. Mithin handelt es sich um eine Leistung der Daseinsfürsorge.55 Einfachgesetzlich ist die Prozesskostenhilfe in den §§ 114 ff. der 51  Kilian, Drittfinanzierung, S. 12, hat darauf hingewiesen, dass 2 % der Befragten die anwaltliche Tätigkeit zusätzlich aus eigener Tasche finanzieren mussten. 52  BVerfG NJW 2007, 979, 984. 53  BVerfG NJW 2007, 979, 984. 54  Allerdings entsteht bei der Ablehnung eine 1,0 Gebühr beim Rechtsanwalt (Nr. 3335 VV RVG). 55  Dimde, S. 68.



1. Kap.: Motivation zum Abschluss eines Prozessfinanzierungsvertrages59

ZPO geregelt.56 Bereits der vorstehend abgebildeten Übersicht des HansSoldan-Instituts ist zu entnehmen, dass der Prozesskostenhilfe in der Praxis nur ein geringer Stellenwert zukommt. Nur 8 % der befragten Bürger gaben an, die Rechtsverfolgungskosten durch die Inanspruchnahme von Prozesskostenhilfe zu finanzieren. Aus Sicht der Rechtsanwälte kommt der Prozesskostenhilfe eine recht unterschiedliche Bedeutung zu. Dies belegt eine weitere Studie des Hans-Soldan-Instituts, bei der der Frage nachgegangen wurde, in welchem Umfang Rechtsanwälte in der Praxis Prozesskostenhilfemandate betreuen.57 Dabei hat sich herausgestellt, dass durchschnittlich 18 % der bearbeiteten Mandate über Prozess- und Verfahrenskostenhilfe finanziert werden.58 Allerdings fällt auch auf, dass für einen großen Teil der Anwaltschaft die Prozesskostenhilfe keine große Bedeutung in der Praxis hat. So gaben 19 % der befragten Anwälte an, überhaupt keine Mandate, die über Prozesskostenhilfe finanziert werden, zu bearbeiten. Bei 28 % der befragten Anwälte werden höchstens 5 % aller Mandate über Prozesskostenhilfe finanziert. Nur 20 % der Anwälte gaben einen Anteil von mehr als 30 % der Mandate an.59 Eine große Rolle spielt die Prozesskostenhilfe vor allem in familienrechtlichen Verfahren.60 Für die geringe Bedeutung der Prozesskostenhilfe in der Praxis lassen sich mehrere Ursachen ausmachen. Zum einen ist nur ein bestimmter Personenkreis, deren Einkommen eine bestimmte Grenze nicht überschreitet, zur Inanspruchnahme von Prozesskostenhilfe berechtigt. Zum anderen ist es dem Anspruchsinhaber trotz Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht möglich, seine Rechte ohne jedes finanzielle Risiko durchzusetzen. Dies soll nachstehend erläutert werden: 1. Prozesskostenhilfe nur für einen beschränkten Personenkreis Die Möglichkeit, Prozesskostenhilfe in Anspruch zu nehmen, steht von vornherein nur einem beschränkten Personenkreis zur Verfügung.61 Die 56  Zu beachten ist, dass im Bundesgesetzblatt vom 06.09.2013, BGBl. 2013, Teil I, Nr. 55, S. 3533 ff. das „Gesetz zur Änderung des Prozessskostenhilfe- und Beratungshilferechts“ vom 31.08.2013 verkündet wurde. Dieses Gesetz ist am 01.01.2014 in Kraft getreten. 57  Siehe dazu Kilian, Prozesskostenhilfe, S. 331. 58  Kilian, Prozesskostenhilfe, S. 331. 59  Kilian, Prozesskostenhilfe, S. 331. 60  Kilian, Drittfinanzierung, S. 52: Dies hänge damit zusammen – so Kilian  –, dass für familienrechtliche Streitigkeiten kein Versicherungsschutz angeboten werde. Schätzungsweise 2/3 der staatlichen Aufwendungen für die Prozesskosten- bzw. Beratungshilfe – so ebenfalls Kilian, Drittfinanzierung, S. 52 – werde für familienrechtliche Streitigkeiten ausgegeben. 61  Dimde, S. 70.

60

1. Teil: Rechtstatsachen und Rechtsrahmen

Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe sind in den §§ 114, 115 ZPO geregelt. Natürlichen Personen wird Prozesskostenhilfe dann gewährt, wenn − die beabsichtigte Prozessführung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet: Für die Bejahung der Erfolgsaussichten genügt bei summarischer Prüfung eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Obsiegens im Rechtsstreit. Für die Beurteilung maßgebend ist der Zeitpunkt der Entscheidung.62 − die beabsichtigte Prozessführung nicht mutwillig erscheint: In der seit dem 01. Januar 2014 geltenden Fassung des § 114 ZPO findet sich in Abs. 2 der Norm eine Legaldefinition des Begriffs der Mutwilligkeit: „Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.“ − das Einkommen bzw. Vermögen der Prozesspartei für die Prozessführung nicht hinreichend ist: Unter Einkommen werden alle geldwerten Einkünfte jeglicher Art verstanden (§ 115 Abs. 1 ZPO). Die Begriffsbestimmung entspricht § 76 Abs. 1 BSHG.63 Das anrechenbare Einkommen muss nur dann zur Finanzierung der Prozesskosten eingesetzt werden, wenn es dem Antragsteller zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes zur Verfügung steht.64 Daher kommt es nur auf das bereinigte Nettoeinkommen nach Abzug der in den §§ 115 Abs. 1 S. 3 ZPO, § 76 Abs. 2 BSHG genannten Beträge an. Abzugsfähig sind bestimmte Freibeträge, die das Existenzminimum des Antragstellers sichern sollen.65 Die sich nach Abzug ergebende Differenz stellt das zur Prozessführung einzusetzende Einkommen des Antragstellers dar. Gemäß dem seit dem 01. Januar 2014 geänderten Abs. 2 des § 115 ZPO sind „von dem nach den Abzügen verbleibenden Teil des monatlichen Einkommens (einzusetzendes Einkommen) […] Monatsraten in Höhe der Hälfte des einzusetzenden Einkommens festzusetzen; […]“. Nach § 116 S. 1 Nr. 2 ZPO erhalten inländische juristische Personen und parteifähige Vereinigungen Prozesskostenhilfe, wenn den wirtschaftlichen Beteiligten die Aufbringung der Prozesskosten nicht zuzumuten ist66 und 62  BGH

FamRZ 1985, 1141, 1142. 187/79, S. 25. Hinsichtlich der zum Einkommen im Einzelnen gehörenden Positionen sei auf Künzl/Koller, Rdn. 37 ff., verwiesen. 64  Künzl/Koller, Rdn. 98. 65  Eine Übersicht zu den abzugsfähigen Posten ist bei Künzl/Koller, Rdn.  99 ff., zu finden. 66  Künzl/Koller, Rdn. 23.: „Wirtschaftlich beteiligt sind alle, deren endgültigem Nutzen der Rechtsstreit dient, wie Gesellschafter, Vereinsmitglieder u. ä.“ 63  BT-Drs.



1. Kap.: Motivation zum Abschluss eines Prozessfinanzierungsvertrages61

das Unterlassen der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung allgemeinen Interessen zuwider liefe.67 Vor allem die Einkommensabhängigkeit der Bewilligung von Prozesskostenhilfe führt dazu, dass vielen natürlichen Personen diese Möglichkeit von vornherein nicht offensteht. Die Prozesskostenhilfe hat also nur eine „begrenzte Reichweite“.68 Wie auch das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung zu den anwaltlichen Erfolgshonoraren festgestellt hat, kommt für Personen mit einem mittleren Einkommen die Bewilligung von Prozesskostenhilfe oft nicht in Betracht.69 2. Keine vollständige Entlastung des Anspruchsinhabers Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe führt nicht zu einer vollständigen Entlastung der Prozesspartei von den finanziellen Risiken der Rechtsverfolgung. Zu Gunsten der hilfsbedürftigen Partei bewirkt die Bewilligung der Prozesskostenhilfe Folgendes70: − Gerichtskosten etc. können nur nach Maßgabe gerichtlicher Bestimmungen geltend gemacht werden, § 122 Abs. 1 Nr. 1 a und b ZPO. − Freistellung von der Verpflichtung zur Sicherheitsleistung für die Prozesskosten (§ 122 Abs. 1 Nr. 2 ZPO). − Gem. § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO können die beigeordneten Rechtsanwälte ihre Gebührenansprüche nicht gegen die Partei geltend machen, sondern nur gegenüber der Staatskasse. − Keinen Einfluss hat die Prozesskostenhilfe auf die Kosten, die im Falle des Unterliegens der Gegenseite zu erstatten sind. Der Kostenerstattungsanspruch (§§ 91 ff. ZPO) wird gem. § 123 ZPO nicht eingeschränkt. Diese muss der Kläger also gegebenenfalls selbst tragen. − Die Prozesskostenhilfe übernimmt lediglich – je nach einzusetzendem Einkommen – voll oder teilweise den Beitrag zu den Gerichtskosten und den Kosten des eigenen Anwalts. Übersteigt das verfügbare Einkommen des Antragstellers 10 € nicht, werden diese Kosten im Rahmen der Prozesskostenhilfe voll übernommen (§ 115 Abs. 2 ZPO). Ist das verfügbare Einkommen höher, muss dieses zur Zahlung der Prozesskosten eingesetzt werden. Wie bereits ausgeführt, muss gem. § 115 Abs. 2 ZPO die Hälfte des einzusetzenden Einkommens als Monatsrate aufgebracht werden. NJW 1986, 2058, 2059; Dimde, S. 75. S. 71. 69  BVerfG DStRE 2007, 800, 806. 70  Siehe dazu ausführlich Dimde, S. 78. 67  BGH

68  Köbl,

62

1. Teil: Rechtstatsachen und Rechtsrahmen

Unabhängig von den tatsächlichen Prozesskosten müssen maximal 48 Monatsraten geleistet werden. Gem. § 115 Abs. 4 ZPO wird Prozesskostenhilfe nicht bewilligt, wenn die zu erwartenden Kosten vier Monats­ raten nicht übersteigen. Gemäß dem seit dem 01. Januar 2014 gel­ tenden § 120 a Abs. 3 ZPO sollen zudem die Vermögenswerte, die die bedürftige Partei aus dem mit der Prozesskostenhilfe finanzierten Rechtsstreit erlangt hat, berücksichtigt werden. Gegebenenfalls soll die Zahlungs­ ent­schei­dung geändert werden. Es ist dem Kläger also nicht möglich, seine Rechte ohne jedes finanzielle Risiko durchzusetzen. Dieser Aspekt wird noch durch die neu geschaffene Vorschrift des § 120 a Abs. 3 ZPO verschärft. Die Berücksichtigung des aus dem Rechtsstreit erlangten Vermögenswerts führt dazu, „dass sich für jede Prozesskostenhilfe beantragende Partei die Frage nach der wirtschaftlichen Sinnhaftigkeit ihrer Rechtsverfolgung stellen wird. Muss sie nämlich damit rechnen, auf Grund unklarer Beweislage möglicherweise nur zu einem Teil zu obsiegen, würden sich für diese Partei ernsthafte Zweifel ergeben, ob der in Rede stehende Prozess überhaupt geführt werden soll, weil sie damit rechnen muss, dass ein etwaiger Prozesserfolg nicht zur einer Verbesserung ihrer eigenen wirtschaftlichen Situation führen wird, da das durch die Prozessführung Erlangte im Falle eines teilweisen Obsiegens vorrangig an die Staatskasse abzuführen ist.“71

3. Ergebnis Die nur geringe praktische Relevanz der Prozesskostenhilfe erklärt sich zum einen aus der begrenzten Reichweite dieses Instituts und der Tatsache, dass die Prozesspartei selbst bei Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht vollständig von dem finanziellen Risiko der Rechtsverfolgung entlastet wird. Darauf weist auch Köbl hin, wenn sie ausführt, dass die Grundmotivation für die Einführung des Erfolgshonorars die begrenzte Reichweite der Kostenentlastung durch die Prozesskostenhilfe sei.72

71  Gemeinsame Stellungnahme von BRAK und DAV zum Referentenentwurf für ein Gesetz zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts, S. 6 (Stellungnahme Juni), abrufbar auf der Homepage der Bundesrechtsanwaltskammer. Siehe dazu http://www.brak.de/zur-rechtspolitik/stellungnahmen-pdf/stellungnahmendeutschland/2012/november/stellungnahme-der-brak-2012-50-und-des-dav-2012-85. pdf – letzter Abruf am 12. Juli 2016. 72  Köbl, S. 71.



1. Kap.: Motivation zum Abschluss eines Prozessfinanzierungsvertrages63

II. Rechtsschutzversicherung Eine andere Möglichkeit, sich gegen die Belastung seines Vermögens mit den finanziellen Risiken eines Rechtsstreits abzusichern, bietet der Abschluss einer Rechtsschutzversicherung. Gegenstand eines solchen Versicherungsvertrages ist die Verpflichtung des Versicherers, dafür zu sorgen, dass der Versicherungsnehmer seine rechtlichen Interessen wahrnehmen kann und die für die Interessenwahrnehmung erforderlichen Kosten zu übernehmen.73 Gemäß § 1 S. 2 VVG ist der Anspruchsinhaber als Gegenleistung dazu verpflichtet, eine vereinbarte Prämie zu entrichten. Die Rechtsschutzversicherung ist in den §§ 125 ff. VVG geregelt. Die meisten Versicherungsunternehmen legen ihren Verträgen die vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft empfohlenen Allgemeinen Rechtsschutzbedingungen (ARB) zugrunde.74 In der Praxis bedeutend sind die ARB 75, ARB 94, ARB 2000 und ARB 2012.75 Wie zu zeigen sein wird, bietet auch die Rechtsschutzversicherung nur in einem begrenzten Umfang Schutz vor den finanziellen Risiken eines Rechtsstreits. 1. Begrenzte Verbreitung der Rechtsschutzversicherung Wie dem vorhandenen statistischen Datenmaterial zu entnehmen ist, verfügen nicht alle deutschen Haushalte über eine Rechtsschutzversicherung. Nur ungefähr 41,9 % dieser haben eine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen.76 Fast 60 % der deutschen Haushalte verfügen also über keine Rechtsschutzversicherung. 2008 hatte der Rechtsschutzversicherungsmarkt in Deutschland einen Umfang von ca. 20 Millionen Verträgen.77 Statistisch gesehen hat jeder Deutsche im Jahr 2008 38,92 € in eine Rechtsschutzversicherung investiert.78 Im Durchschnitt werden 31 % der Mandate über Rechtsschutzversicherungen finanziert – so das Ergebnis einer Studie des Hans-Soldan-Instituts.79 Nur 3 % der befragten Rechtsanwälte gaben an, keine Rechtsschutzmandate zu betreuen. Mit zunehmender Kanzleigröße nimmt der Anteil der rechtsschutzversicherten Mandate ab.80 Dazu noch einmal die nachfolgende Tabelle81: 73  § 1

ARB 2000. Vorwort, S. V. 75  Van Bühren/Plote, Vorwort, S. V. 76  Hommerich/Kilian, Rechtsschutzversicherungen und Anwaltschaft, S. 33. 77  Hommerich/Kilian, Vergütungsvereinbarungen, S. 155. 78  Hommerich/Kilian, Rechtsschutzversicherungen und Anwaltschaft, S. 91. 79  Hommerich/Kilian, Rechtsschutzversicherung und Anwaltschaft, S. 87. 80  Hommerich/Kilian, Rechtsschutzversicherung und Anwaltschaft, S. 87 f. 74  Harbauer,

64

1. Teil: Rechtstatsachen und Rechtsrahmen Tabelle 3 Anteil Mandate, die über Rechtsschutzversicherung finanziert werden 0 %

  3 %

1 % bis 25 %

48 %

26 % bis 50 %

33 %

51 % bis 75 %

12 %

76 % bis 100 %

  4 %

Zudem ist zu beachten, dass die Abdeckung der deutschen Bevölkerung mit einer Rechtsschutzversicherung seit 2002 sogar rückläufig ist – im Vergleich zu anderen Versicherungsquoten sogar überdurchschnittlich stark.82 Hommerich / Kilian sind der Auffassung, dass auch zukünftig mit einem weiteren Rückgang der Versicherungsquote zu rechnen sei.83 2. Begrenzter Leistungsumfang der Rechtsschutzversicherung Zudem ist es nicht möglich, sich gegen alle denkbaren rechtlichen Risiken abzusichern. Der Versicherungsschutz greift nur bei speziellen Rechtsgebieten bzw. Rechtsverhältnissen ein. So hat der Versicherungsnehmer nur dann Anspruch auf Versicherungsschutz, wenn er nach Eintritt eines Versicherungsfalles im versicherten Zeitraum im räumlichen Geltungsbereich der ARB rechtliche Interessen in einer bestimmten versicherten Eigenschaft, auf einem bestimmten versicherten Rechtsgebiet, in einer bestimmten Form wahrzunehmen hat und der Versicherungsschutz nicht ausgeschlossen ist.84 Die größten Einschränkungen ergeben sich dabei aus dem Prinzip der Spezialität der Rechtsschutzversicherung und den Risikoausschlüssen. a) Spezialität der Rechtsschutzversicherung Versicherungsschutz besteht von vornherein nur „für das von dem Versicherungsnehmer ausgewählte und im Versicherungsschein bezeichnete 81  Die Tabelle ist angelehnt an das Diagramm in Hommerich/Kilian, Vergütungsvereinbarungen, S. 156. Die Werte beziehen sich auf dort als „Insgesamt“ gekennzeichneten Daten. 82  Hommerich/Kilian, Rechtsschutzversicherungen und Anwaltschaft, S. 33 f. 83  Hommerich/Kilian, Rechtsschutzversicherungen und Anwaltschaft, S. 34. 84  Stahl, in: Harbauer, vor § 21 ARB 2000 Rdn. 1. Siehe auch Dimde, S.  85 f.



1. Kap.: Motivation zum Abschluss eines Prozessfinanzierungsvertrages65

einzelne Wagnis“.85 Die Rechtsschutzversicherung ist also nach dem Prinzip der Spezialität des versicherten Risikos aufgebaut.86 Im zweiten Teil der ARB sind einzelne Vertragsarten beschrieben, die den Versicherungsschutz hinsichtlich des versicherten Personenkreises, der versicherten Eigenschaften sowie der Rechtsgebiete begrenzen. Die versicherten Leistungsarten sind in jeder Vertragsart nach dem „Baukastenprinzip als Rechtsschutz‚Baustein‘ nach Lebensbereichen“87 zusammengefasst, und zwar in verschiedenen „Paketen“.88 Die versicherten Personen und Eigenschaften sind in Abs. 1 jeder Vertragsart aufgezählt und werden dort erläutert.89 Der Versicherungsnehmer kann das für ihn passende Paket oder auch mehrere Pakete auswählen.90 Andere Angelegenheiten werden nicht vom Versicherungsschutz gedeckt.91 Mithin ist eine Absicherung aller Rechtsstreitigkeiten nicht möglich. b) Risikoausschlüsse Hinzu kommen noch die bei der Rechtsschutzversicherung bestehenden Risikoausschlüsse. Durch diese werden bestimmte Risiken vom Versicherungsschutz ausgeschlossen.92 In Abschnitt 3 der ARB 2012 sind enumerativ derartige Fälle aufgezählt. Der größte Teil der Ausschlüsse bezieht sich auf bestimmte Rechtsgebiete oder Rechtsverhältnisse. Andere Ausschlüsse knüpfen an bestimmte schadensträchtige Tatbestände an. Die ausgeklammerten Rechtsgebiete gelten als besonders streitträchtig.93 Die verfolgten Ansprüche weisen typischerweise hohe Streitwerte auf. Zudem spiele oftmals das subjektive Risiko eine erhebliche Rolle.94 Gem. § 3.2.6 und 3.2.7. ARB 2012 sind u. a. das Wettbewerbsrecht sowie Rechte aus geistigem Eigentum ausgenommen. Daneben begrenzen besondere Risikoausschlüsse den Versicherungsschutz zusätzlich, z. B. § 26 VVG.

85  Dimde,

S. 84. S. 84. 87  Dimde, S. 85. 88  Dimde, S. 85. 89  Dimde, S. 85. 90  Stahl, in: Harbauer, vor § 21 ARB 2000 Rdn. 1; Dimde. S. 85. 91  Dimde, S. 85. 92  Höra, in: Bruck/Möller, vor §§ 49 ff Rdn.  28. 93  Dimde, S. 86. 94  Dimde, S. 86. 86  Dimde,

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1. Teil: Rechtstatsachen und Rechtsrahmen

3. Bestehen einer Rechtsschutzversicherung vor Rechtsstreit Des Weiteren muss der Anspruchsinhaber bereits vor dem konkreten Rechtsstreit eine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen haben. Selbst wenn bereits eine Rechtsschutzversicherung besteht, ist zudem die gemäß 3.1 ARB 2012 vorgegebene Wartezeit von drei Monaten nach Versicherungsbeginn zu beachten. Während dieser Wartezeit besteht kein Versicherungsschutz. Ausgenommen hiervon sind nur bestimmte Arten von Rechtsstreitigkeiten. 4. Ergebnis Auch die Rechtsschutzversicherung bietet keine vollständige Beseitigung der bestehenden Kostenbarriere beim Rechtsschutzzugang. III. Finanzierung der Prozesskosten im Wege eines Kredits Die Möglichkeit, die Prozesskosten durch Aufnahme eines Kredits abzudecken, erscheint zunächst als sehr naheliegend. Verfügt der Anspruchsinhaber nicht über ausreichende Barmittel, um die durch die Rechtsverfolgung entstehenden Kosten aufzubringen, könnte er ein Darlehen in Anspruch nehmen und mit diesem Geldbetrag die Vorschüsse auf die Rechtsanwalts- und Gerichtskosten bzw. die Kosten im Hinblick auf andere für die Rechtsverfolgung notwendige Maßnahmen bezahlen. Auch für die Inanspruchnahme eines Darlehens muss der Anspruchsinhaber einen „Preis“ zahlen. Durch den Darlehensvertrag wird der Kläger als Darlehensnehmer verpflichtet, einen vereinbarten Zins zu zahlen (siehe § 488 Abs. 1 S. 2 1. Hs. BGB). Zudem entstehen dem Darlehensnehmer durch die Aufnahme eines Darlehens zumeist weitere Kosten (siehe § 492 Abs. 1 S. 5 Nr. 2 BGB), z. B. Bearbeitungsgebühren.95 Zwar werden diese Zinsen und weiteren Kosten meist geringer ausfallen als die Erfolgsbeteiligung eines Prozessfinanzierungsunternehmens. Jedoch fehlt es in der Praxis bislang an entsprechenden Angeboten.96 Ein Grund hierfür ist das hohe Risiko, das ein Kreditgeber bei einem solchen Darlehen trägt. Bei einem Zivilprozess handelt es sich ökonomisch gesehen um einen „reinen Verteilungskampf“.97 Die Parteien streiten darüber, 95  Fandrich, in: Graf von Westphalen, Rdn. 48, zum Darlehensvertrag: „Bearbeitungsgebühren sind pauschalierte Vergütungen für den mit der Bearbeitung des Darlehensantrags verbundenen betriebsinternen Verwaltungsaufwand des Kreditinstitutes.“ 96  So auch Dimde, S. 91. 97  Dimde, S. 91. Siehe auch die weiteren Ausführungen in der im Rahmen dieser Arbeit vorgenommenen ökonomischen Analyse.



1. Kap.: Motivation zum Abschluss eines Prozessfinanzierungsvertrages67

wem das behauptete Recht zusteht.98 Aus Sicht des Kreditgebers stellt sich ein solcher Prozess als reine Spekulation mit der „nicht ganz unwahrscheinlichen Möglichkeit des Totalverlustes dar“.99 Zudem wird der Anspruchsinhaber dem Kreditgeber oft keine Sicherheiten anbieten können.100 Zwar ist es auch denkbar, die einzuklagende Forderung als Sicherheit zu bieten. Jedoch wird dies für die Bank aufgrund des hohen Risikos101 meist nicht in Frage kommen.102 Des Weiteren wäre bereits eine Beurteilung der Kreditwürdigkeit kostenintensiv, denn dazu müssten die Erfolgsaussichten der Klage bewertet werden. Dies wiederum würde zu hohen Darlehenszinsen führen.103 Nicht zuletzt bietet eine Finanzierung der Prozesskosten durch die Aufnahme eines Bankkredits dem Anspruchsinhaber keine vollständige Entlastung vom Prozesskostenrisiko. Zwar kann dieser im Fall des Prozessverlustes die gegnerischen Kosten durch Inanspruchnahme der Darlehensvaluta begleichen. Gleichzeitig muss er jedoch das Darlehen an den Darlehensgeber zurückzahlen. Im Ergebnis trägt der Anspruchsinhaber also das Risiko des Prozessverlustes. IV. Unterhaltsrechtlicher Prozesskostenvorschuss gem. § 1360 a Abs. 4 BGB Eine etwas fernerliegende, aber im Vergleich zur Prozessfinanzierung auch kostengünstigere Möglichkeit der Finanzierung eines Gerichtsprozesses stellt die Inanspruchnahme eines unterhaltsrechtlichen Prozesskostenvorschusses gem. § 1360 a Abs. 4 BGB dar. Gemäß dieser Norm ist ein Ehegatte verpflichtet, seinem Ehegatten die Kosten eines Rechtsstreits, der eine persönliche Angelegenheit betrifft, vorzuschießen, soweit dies der Billigkeit entspricht. Aber auch der unterhaltsrechtliche Prozesskostenvorschuss kann nur in einem begrenzten Maße dazu beitragen, einem Anspruchsinhaber Zugang zum Recht zu verschaffen. Über die tatsächliche praktische Relevanz des Anspruches auf unterhaltsrechtlichen Prozesskostenvorschuss sind keine statistischen Angaben vorhanden. Der diesem Abschnitt vorangestellten Übersicht über die verschiedenen Finanzierungsarten der anwaltlichen Tätigkeit104 konnte jedoch bereits 98  Dimde, S. 91. Siehe auch die weiteren Ausführungen in der im Rahmen dieser Arbeit vorgenommenen ökonomischen Analyse. 99  Schimmel, S. 950. 100  Dimde, S. 91. 101  Z. B. auch eine zweifelhafte Bonität des Anspruchsgegners – so Schimmel, S. 950. 102  Schimmel, S. 950. 103  Dimde, S. 91. 104  Siehe Übersicht 1. Teil, 1. Kapitel, B. dieser Arbeit.

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1. Teil: Rechtstatsachen und Rechtsrahmen

entnommen werden, dass überhaupt nur 6 % der Rechtsstreitigkeiten durch Dritte finanziert wurden. Der Finanzierung von Rechtsstreitigkeiten durch Dritte – hierunter fällt auch der unterhaltsrechtliche Prozesskostenvorschuss – kommt in der Praxis also keine große Relevanz zu. Die geringe Relevanz lässt sich auch dadurch erklären, dass der Anwendungsbereich des unterhaltsrechtlichen Prozesskostenvorschusses eng gesteckt ist und auch nur dann zum Tragen kommt, wenn dies die finanziellen Verhältnisse des anderen Ehegatten zulassen: Voraussetzung für diesen Anspruch ist zunächst eine bestehende Ehe zwischen dem Ehegatten, der einen Rechtsstreit führen will, und dem anderen Ehegatten. Des Weiteren muss der Rechtsstreit eine persönliche Angelegenheit des Ehegatten betreffen. Dies ist der Fall, „wenn der Rechtsstreit eine enge Beziehung zur Person oder den persönlichen Verhältnissen des Ehegatten aufweist“.105 Dazu muss der Streit das Verhältnis der Ehegatten untereinander oder nur die Person des Verfahrensbeteiligten treffen.106 Streitigkeiten mit Dritten sind nur dann von § 1360 a Abs. 4 BGB erfasst, wenn sie ihren Grund in der Lebensgemeinschaft der Ehegatten haben.107 Persönliche Angelegenheit sind beispielsweise Streitigkeiten mit Dritten wegen Körperverletzungen einschließlich der Klagen auf Zahlung von Schmerzensgeld oder Unterhaltszahlungen betreffende Anträge.108 Als weitere Voraussetzung muss der Ehegatte außerstande sein, die Kosten des Rechtsstreits selbst zu tragen. Im Rahmen des § 1360 a Abs. 4 BGB gelten die strengen Maßstäbe des § 114 ZPO nicht. Diese Voraussetzung ist also schon dann erfüllt, wenn der eigene angemessene Unterhalt des Ehegatten gefährdet ist.109 Für gewöhnlich ist der Ehegatte lediglich verpflichtet, die verfügbaren Mittel zur Finanzierung des Prozesses einzusetzen. Auf festangelegte „Reserven“ muss er nicht zurückgreifen.110 Weiterhin muss der andere Ehegatte in der Lage sein, die Kosten des Rechtsstreits tragen zu können. Die Leistungsfähigkeit entfällt dann, wenn der angemessene Unterhalt des anderen Ehegatten gefährdet wird.111 Zuletzt muss die Übernahme der Prozesskosten durch den anderen Ehegatten der Billigkeit entsprechen.112 Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Möglichkeit, den Rechtsstreit mittels eines unterhaltsrechtlichen Prozesskostenvorschusses zu finan105  Schulze,

in: Schulze, § 1360 BGB Rdn. 8. in: Schulze, § 1360 BGB Rdn. 8. 107  BGHZ 31, 384, 386; Schulze, in: Schulze, § 1360 BGB Rdn. 8. 108  Schulze, in: Schulze, § 1360 BGB Rdn. 8. 109  Schulze, in: Schulze, § 1360 BGB Rdn. 9. 110  Schulze, in: Bamberger/Roth § 1360 BGB Rdn.  9. 111  KG FamRZ 1985, 1066 1067; Schulze, in: Bamberger/Roth, § 1360 BGB Rdn. 10. 112  Schulze, in: Bamberger/Roth, § 1360 BGB Rdn.  11. 106  Schulze,



1. Kap.: Motivation zum Abschluss eines Prozessfinanzierungsvertrages69

zieren, nur selten zur Verfügung stehen wird. Zudem ist es einer Partei trotz des unterhaltsrechtlichen Prozesskostenvorschusses nicht möglich, ihre Rechte ohne jedes finanzielle Risiko durchsetzen zu können, denn sie muss im Fall des Prozessverlustes für die Kosten der Gegenseite aufkommen. V. Pro-bono-Tätigkeit des Rechtsanwalts Zu denken ist auch an die pro-bono-Tätigkeit eines Rechtsanwalts als kostengünstiges Instrument der Erleichterung des Zugangs zum Recht einer Prozesspartei. Einer Umfrage des Hans-Soldans-Instituts ist zu entnehmen, dass ca. 66 % der Rechtsanwälte kostenlos tätig waren,113 und zwar in durchschnittlich neun Fällen pro Jahr.114 Eine solche kostenlose Rechtsberatung wird als „pro bono publico“ bezeichnet.115 „Pro-bono-Tätigkeit besteht in der Beratung und Vertretung gemeinnütziger Organisationen, NGOs (Nichtregierungsorganisationen), Stiftungen und bedürftiger Privatpersonen sowie in dem Engagement zur Förderung und Verbreitung von Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten. Ziel der pro-bono-Arbeit ist es, das Know-How und die Ressourcen einer Anwaltskanzlei einem guten Zweck zur Verfügung zu stellen und so im Rahmen der beruflichen Tätigkeit bürgerschaftliches Engagement zu entfalten. Pro-bono-Rechtsberatung ist denselben professionellen Standards verpflichtet wie entgeltliche Rechtsberatung.“116

Allerdings – so Kilian – sei der Anwendungsbereich der anwaltlichen pro-bono-Tätigkeit bei gerichtlichen Tätigkeiten eher gering.117 Hauptanwendungsfeld sei die außergerichtliche Beratung und Vertretung.118 Im Ergebnis ist festzustellen, dass bei der gerichtlichen Durchsetzung von Ansprüchen einer anwaltlichen pro-bono-Tätigkeit in der Rechtspraxis wohl keine große Bedeutung zukommt.119

113  Kilian,

Drittfinanzierung, S. 101. Drittfinanzierung, S. 104. 115  Siehe dazu den aufschlussreichen Aufsatz von Bälz/Moelle/Zeidler, S.  3383 ff. 116  So ist laut Bälz/Moelle/Zeidler, Rechtsberatung pro bono, S. 3383, Fußnote 6, das „gemeinsame Begriffsverständnis des Frankfurter „Pro Bono Round Table“. 117  Kilian, Drittfinanzierung, S. 99, mit näheren Ausführungen. 118  Kilian, Drittfinanzierung, S. 100. 119  Hinzu kommt – darauf weist Kilian, Drittfinanzierung, S. 100, hin –, dass der Rechtsanwalt seinen Mandanten nur von seinen eigenen Anwaltskosten freistellen könne, jedoch nicht von den Gerichtskosten. Dies ergebe sich aus § 49 b Abs. 2 S. 2 BRAO. Zudem seien die rechtlichen Grenzen eines zulässigen Gebührenverzichts gem. § 4 Abs. 1 RVG i. V. m. § 49 Abs. 1 BRAO zu beachten – so Kilian, Drittfinanzierung, S. 100. 114  Kilian,

70

1. Teil: Rechtstatsachen und Rechtsrahmen

VI. Erfolgsvereinbarung mit Rechtsanwälten Eine andere Möglichkeit der Finanzierung eines Rechtsstreits stellt die seit dem 01. Juli 2008 in Deutschland zulässige erfolgsabhängige Vergütung eines Rechtsanwalts dar. Seit diesem Zeitpunkt dürfen Rechtsanwälte unter bestimmten Voraussetzungen „ihre Vergütung unter die aufschiebende Bedingung des Eintritts eines mit dem Mandanten vorab definierten Erfolgs der anwaltlichen Bemühungen stellen“.120 Gemäß § 49 b Abs. 2 BRAO in Verbindung mit § 4 a RVG ist die Vereinbarung einer solchen Vergütung allerdings nur dann zulässig, „wenn der Auftraggeber aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse bei verständiger Betrachtung ohne die Vereinbarung eines Erfolgshonorars von der Rechtsverfolgung abgehalten würde“.121 Auch dieses Institut bietet nur in einem begrenzten Umfang Schutz vor den finanziellen Risiken eines Rechtsstreits. Dies liegt zum einen an den beschränkten Zulässigkeitsvoraussetzungen und zum anderen daran, dass es Rechtsanwälten gem. § 49 b Abs. 2 S. 2 BRAO untersagt ist, sich durch eine Vereinbarung zur Tragung von Gerichtskosten, Verwaltungskosten oder Kosten anderer Beteiligter zu verpflichten. Mithin muss die Prozesspartei einen großen Teil des mit einem Rechtsstreit verbundenen Kostenrisikos noch immer selbst tragen. Nicht verwunderlich ist daher die bislang nur geringe Verbreitung anwaltlicher Erfolgshonorarvereinbarungen. Im Jahr 2011 sind Rechtsanwälte vom Hans-Soldan-Institut zu ihren Erfahrungen mit dem Erfolgshonorar befragt worden.122 84 % der Rechtsanwälte gaben an, noch nie ein „echtes“123 Erfolgshonorar vereinbart zu haben. Von den anderen 16 % der Rechtsanwälte „nutzen es 76 % selten, 20 % gelegentlich und 4 % häufig“.124 Auch Honorarvereinbarungen mit erfolgsabhängigen Vergütungskomponenten125 kommen in der Praxis nicht häufig vor. 71 % der befragten Rechtsanwälte gaben an, eine solche Vereinbarung bislang noch nie getroffen zu haben. Von den 29 % der Rechtsanwälte, die bereits eine solche Vergütungsvereinbarung abgeschlossen haben, gaben drei Viertel an, dies nur selten zu tun.126 Noch seltener kommt es zum Abschluss von 120  Kilian,

Erfolgshonorarvereinbarungen, S. 148. Erfolgshonorarvereinbarungen, S. 148. 122  Siehe dazu Kilian, Erfolgshonorarvereinbarungen, S. 148 ff. 123  Also eine „Vereinbarung, nach der dem Rechtsanwalt im Misserfolgsfall überhaupt keine Vergütung zusteht“, siehe dazu Kilian, Erfolgshonorarvereinbarungen, S. 149. 124  Kilian, Erfolgshonorarvereinbarungen, S. 149. 125  Eine erfolgsabängige Vergütungskomponente liegt dann vor, wenn ein „in der Höhe nach dem Erfolg der anwaltlichen Bemühungen differenzierendes Honorar“ vereinbart wird. Siehe dazu Kilian, Erfolgshonorarvereinbarungen, S. 149. 126  Kilian, Erfolgshonorarvereinbarungen, S. 149. 121  Kilian,



1. Kap.: Motivation zum Abschluss eines Prozessfinanzierungsvertrages71

quota-litis-Vereinbarungen127. 87 % der befragten Rechtsanwälte gaben an, noch nie eine solche Art des Honorars vereinbart zu haben.128 Von den Anwälten, die angegeben hatten, bereits Erfahrungen mit der Vereinbarung von quota-litis-Honoraren zu haben (13 %), verwenden es drei Viertel nur selten sowie ein Viertel gelegentlich.129 Aus diesen statistischen Angaben lässt sich schließen, dass den anwalt­ lichen Erfolgshonoraren in der Praxis nur eine geringe Bedeutung zukommt. Der Anteil der Rechtsanwälte, die häufig Erfolgshonorare vereinbaren, liegt bei 1 %.130 Hinzu kommt noch, dass – wie vom Hans-Soldan-Institut festgestellt –, die Vereinbarung von Erfolgshonoraren bei Rechtsanwälten, die vor allem gewerbliche Mandanten betreuen, ausgeprägter ist. 14 % der Rechtsanwälte, die zumeist gewerbliche Mandanten betreuen131, gaben an, vollständig erfolgsabhängige Honorare gelegentlich (8 %) oder häufig (6 %) zu vereinbaren.132 Im Gegensatz dazu vereinbaren Rechtsanwälte, die überwiegend Privatpersonen als Mandanten haben, äußerst selten Erfolgshonorare – nur 2 % dieser Anwälte gaben an, dies gelegentlich zu tun.133 Daraus lässt sich schlussfolgern, dass „die praktische Bedeutung von Erfolgshonoraren im Rechtsdienstleistungsmarkt nicht primär jene Fälle betrifft, die das Bundesverfassungsgericht mit seiner Entscheidung zur Verfassungswidrigkeit eines uneingeschränkten Verbots vor allem im Auge hatte“,134 nämlich mittellose Privatpersonen. Das Regelungsziel der Freigabe anwaltlicher Erfolgshonorare wurde also bislang nicht erreicht. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass auch die Möglichkeit, ein Erfolgshonorar mit seinem Rechtsanwalt zu treffen, eine Prozesspartei nicht vollständig von den finanziellen Risiken eines Rechtsstreits entlastet. Zudem ist diese Form der anwaltlichen Vergütungsvereinbarung nur in einem geringen Maße verbreitet. VII. Streitwertherabsetzung und weitere kostenrechtliche Vergünstigungen Der Erleichterung des Zugangs zu Gericht dienen auch die in verschiedenen Gesetzen zu findenden Streitwertherabsetzungen bzw. andere kosten127  So werden Erfolgshonorare bezeichnet, die doppelt erfolgsabhängig sind, und zwar zum einen dem Grunde und zum anderen auch der Höhe nach. Siehe dazu ausführlich 3. Teil, 2. Kapitel, D.II.1.b). 128  Kilian, Erfolgshonorarvereinbarungen, S. 149. 129  Kilian, Erfolgshonorarvereinbarungen, S. 149. 130  Kilian, Erfolgshonorarvereinbarungen, S. 150. 131  Anteil, private Mandate unter 10 %. 132  Kilian, Erfolgshonorarvereinbarungen, S. 149. 133  Kilian, Erfolgshonorarvereinbarungen, S. 149. 134  Kilian, Erfolgshonorarvereinbarungen, S. 150.

72

1. Teil: Rechtstatsachen und Rechtsrahmen

rechtliche Vergünstigungen. Verschiedene Gesetze sehen für bedürftige Personen Entlastung durch eine Herabsetzung des Streitwertes vor. Vorgesehen ist dies bei der Anfechtung von Hauptversammlungsbeschlüssen (§ 247 Abs. 2 AktG) und auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes (§ 12 Abs. 4 UWG, 26 GebrMG, 144 PatG). Allerdings betrifft die Minderung des Streitwertes nur bestimmte Rechtsgebiete, z. B. das Aktien- oder Wettbewerbsrecht. Eine kostenrechtliche Vergünstigung ist auch in § 14 Nr. 3 a GKG enthalten. Vorläufig von der Verpflichtung zur Gebührenzahlung wird befreit, wer glaubhaft machen kann, dass ihm die alsbaldige Zahlung der Kosten Schwierigkeiten bereitet. Diese Vorschrift gewährt also nur einen Aufschub der Zahlung der Kosten und gilt zudem nur für die Gerichtskosten. Allerdings kann bei zahlungsunfähigen Kostenschuldnern auch ganz vom Kostenansatz abgesehen werden (KostVg). Statistische Angaben zu der Relevanz dieser Vorschriften in der Praxis liegen nicht vor. Allerdings ist festzustellen, dass diese Vorschriften nur in einem geringen Ausmaß den Zugang zum Recht erleichtern. VIII. Fazit Die Notwendigkeit der Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens zur Finanzierung eines Rechtsstreits entfällt nicht von vornherein, weil einem Anspruchsinhaber grundsätzlich immer wesentlich kostengünstigere Möglichkeiten der Zugangserleichterung zur Verfügung stehen. Zwar sind derartige Finanzierungsinstrumente tatsächlich vorhanden. Dabei ist z. B an die Prozesskostenhilfe bzw. die Rechtsschutzversicherung zu denken. Allerdings stehen diese Finanzierungsinstrumente in der Praxis nicht jedem Anspruchsinhaber zur Verfügung. Daher kann – wie auch vom Bundesverfassungsgericht angenommen – das Bedürfnis entstehen, die mit einem Rechtsstreit verbundenen finanziellen Risiken auf einen Dritten – beispielsweise ein Prozessfinanzierungsunternehmen – zu verlagern.

C. Ergebnis: Kosten als Zugangssperre Das Bedürfnis eines Anspruchsinhabers zum Abschluss eines Prozessfinanzierungsvertrages ergibt sich aus dem mit der Rechtsverfolgung verbundenen hohen Kostenrisiko sowie der Unzulänglichkeit der vorhandenen „traditionellen“ Instrumente zur Erleichterung des Rechtsschutzzugangs. Nicht jeder Rechtssuchende ist – wie auch das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung über die Zulässigkeit anwaltlicher Erfolgshonorare festgestellt hat – in der Lage, dieses Risiko aus wirtschaftlicher Sicht tragen



2. Kap.: Prozessfinanzierung und Erfolgshonorar73

zu können. Nicht selten wird sich ein Rechtssuchender gegen eine Verfolgung seiner Rechte entscheiden. Dies ist auch das Ergebnis von Dimde,135 der es unternommen hat, den Zusammenhang zwischen der Vermögensausstattung einer Person und deren Entscheidung für oder gegen die rechtliche Verfolgung eines Anspruches zu untersuchen. Dazu hat er eine ökonomische Analyse des Rechtsschutzzugangs vorgenommen und dabei festgestellt, dass „Einflussgrößen für die Zugänglichkeit von Rechtsschutz […] die Vermögensausstattung des Anspruchsinhabers, seine Risikoeinstellung sowie seine Einschätzung der Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung“136 sind. Ein Anspruchsinhaber wird sich immer dann – so Dimde – gegen die gerichtliche Geltendmachung seines Anspruches entscheiden, wenn er Gefahr laufe, seine Vermögensressourcen durch den Prozess aufzuzehren. Dabei hat Dimde gezeigt, dass für Privatpersonen, die nur über eine geringe Vermögensausstattung verfügen, die Rechtsdurchsetzung regelmäßig wirtschaftlich nicht tragbar ist und sie aufgrund eines ökonomischen Kalküls von dieser absehen.137 2. Kapitel

Prozessfinanzierung und Erfolgshonorar In diesem Kapitel sollen das Geschäftsmodell der Prozessfinanzierung vorgestellt und ein Überblick über die Verbreitung der Dienstleistung in Deutschland gegeben werden.

A. Geschäftsmodell und Ablauf einer Prozessfinanzierung I. Geschäftsmodell der Prozessfinanzierung Unter Prozessfinanzierung ist die Übernahme des Kostenrisikos eines Verfahrens zur Durchsetzung materieller Rechte durch einen Dritten – meist einem Unternehmen – gegen eine Beteilung am erzielten Erlös zu verstehen.138 Da Prozessfinanzierungsunternehmen sich über eine Gewinnbeteiligung am Prozesserlös finanzieren, kommen vor allem auf Geldleistung gerichtete Klagen für eine Prozessfinanzierung in Betracht. Aber auch andere Arten von Ansprüchen, die bei erfolgreicher Rechtsdurchsetzung eine Betei135  Siehe dazu Dimde, Rechtsschutzzugang und Prozessfinanzierung im Zivilprozessrecht. 136  Dimde, S. 152. 137  Dimde, S. 152. Weitere Ausführungen dazu siehe unter 2. Teil, 3. Kapitel, C. 138  Homberg, S. 8.

74

1. Teil: Rechtstatsachen und Rechtsrahmen

ligung des Prozessfinanzierungsunternehmens am Prozessergebnis ermög­ lichen,139 sind für eine Prozessfinanzierung grundsätzlich geeignet. In der Praxis hat dies zur Konsequenz, dass die Prozessfinanzierung meist nur für den Kläger in Betracht kommt und dem Beklagten hingegen nicht zugänglich ist. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn der Beklagte „selbst aktiv Ansprüche geltend macht, an denen eine finanzielle Beteiligung möglich ist“,140 z. B. im Rahmen einer Widerklage.141 II. Typischer Ablauf einer Prozessfinanzierung Zum Abschluss eines Prozessfinanzierungsvertrages ist die Initiative des Anspruchsinhabers erforderlich. Dieser muss sich mit einer Finanzierungsanfrage an ein Prozessfinanzierungsunternehmen wenden.142 Auf den Internetseiten einiger Prozessfinanzierungsunternehmen sind Online-Formulare für Finanzierungsanfragen143 oder Checklisten144 zu finden, anhand derer sich der Anspruchsinhaber bei seiner Finanzierungsanfrage orientieren kann. Dabei muss der Anspruchsinhaber zum einen darlegen, dass er Inhaber eines Anspruches ist. Zum anderen müssen dem Prozessfinanzierungsunternehmen alle erforderlichen Unterlagen vorgelegt werden. Aus diesen müssen sich vor allem die relevanten Tatsachen, etwaige Einwendungen der Gegenseite, die Beweismittel sowie eine rechtliche Bewertung ergeben. In der Praxis wird die Finanzierungsanfrage meist durch einen Anwalt des Anspruchsinhabers gestellt.145 Nach Eingang der Finanzierungsanfrage prüfen die Juristen des Prozessfinanzierungsunternehmens diese und übersenden bei positiver Einschätzung dem Anspruchsinhaber einen Prozessfinanzierungsvertrag, den dieser unterzeichnet an das Prozessfinanzierungsunternehmen zurücksenden muss. Dann erfolgt eine zweite vertiefte Prüfung durch das Prozessfinanzierungsunternehmen. Geht das Prozessfinanzierungsunternehmen von einem wahrscheinlichen Erfolg aus, übersendet es den unterschriebenen Prozessfi139  Homberg,

S. 14. S. 14; so auch Grunewald, S. 732. 141  Homberg, S. 14; Grunewald, S. 732. 142  Siehe zum Ablauf einer Finanzierungsanfrage auch das ProzessfinanzierungsSpezial des Deutschen Anwaltsverlages, S. 6, abrufbar unter: http://www.anwaltverlag. de/prozessfinanzierung – letzter Abruf am 12. Juli 2016. 143  Siehe beispielsweise die Internetseite der Foris Prozessfinanzierungs AG: http://foris-prozessfinanzierung.de/Info-Services/Finanzierungsanfragestelle oder der Legial Prozessfinanzierungs AG https://www.legial.de/prozessfinanzierung/anwalt/fi nanzierungsanfrage/anspruchsinhaber.html – jeweils letzter Abruf am 12. Juli 2016. 144  Zum Beispiel: http://foris-prozessfinanzierung.de/Info-Services/Downloads – letzter Abruf am 12. Juli 2016. 145  Siebert/Nagata, S. 53. 140  Homberg,



2. Kap.: Prozessfinanzierung und Erfolgshonorar75

nanzierungsvertrag als bindende Finanzierungszusage an den Anspruchsinhaber zurück.146 Erst zu diesem Zeitpunkt kommt es zu einem Vertragsverhältnis zwischen Anspruchsinhaber und Prozessfinanzierungsunternehmen.147 Die Prozessfinanzierungsunternehmen ziehen nur dann einen ökonomischen Vorteil aus der Prozessfinanzierung, wenn diese mit einem wirtschaftlichen Erlös endet. Deshalb sind die Prozessfinanzierungsunternehmen an einer Begleitung und Überwachung des Gerichtsverfahrens interessiert, soweit dies die gesetzlichen Rahmenbedingungen zulassen. Aus diesem Grund muss sich der Anspruchsinhaber mit Abschluss des Prozessfinanzierungsvertrages dazu verpflichten, das Prozessfinanzierungsunternehmen über den Gang des Verfahrens zu informieren und alle Prozesshandlungen nur mit Zustimmung des Prozessfinanzierungsunternehmens vorzunehmen.148 Endet die Rechtsdurchsetzung mit einem Erlös, ist der Anspruchsinhaber verpflichtet, dem Prozessfinanzierungsunternehmen hierüber Auskunft zu verteilen und an diesem zu beteiligen. Bei einem gerichtlichen Unterliegen übernimmt das Prozessfinanzierungsunternehmen sämtliche Kosten des Rechtsstreits, u. a. auch die Kosten der Gegenseite.149

B. Wesentliche Regelungen des Prozessfinanzierungsvertrages Die zwischen dem Anspruchsinhaber und dem Prozessfinanzierungsunternehmen bestehenden Rechte und Pflichten werden in einem sogenannten Prozessfinanzierungsvertrag geregelt. Auf den Internetseiten der meisten Anbieter können Musterverträge abgerufen werden.150 Da sich die Vertragsbestimmungen der einzelnen Anbieter nicht grundlegend voneinander unterscheiden, können die wesentlichen Vertragsbestandteile eines Prozessfinanzierungsvertrages nachfolgend verallgemeinert dargestellt werden151: 146  Siehe beispielsweise zur typischen Vorgehensweise bei der Prozessfinanzierung: https://www.legial.de/prozessfinanzierung/anwalt/vorgehensweise-prozessfinan zierung.html – letzter Abruf am 12. Juli 2016. 147  Ein Überblick über das Verfahren bis zum Abschluss des Prozessfinanzierungsvertrages ist bei Homberg, S. 16 ff. zu finden. 148  Siehe beispielsweise § 7 des Mustervertrages der LEGIAL AG, der dieser Ar­ beit im Anhang beigefügt ist. 149  Ein Überblick über den Ablauf einer Prozessfinanzierung ist auch zu finden unter: http://www.roland-prozessfinanz.de/fueranwaelte/ablauf/ablauf_1/– letzter Abruf am 12. Juli 2016. 150  http://foris-prozessfinanzierung.de/Info-Services/Finanzierungsvertrag; https:// www.roland-prozessfinanz.de/de/fueranwaelte/leistungenvorteile/derprofivertrag/ sowie https://www.legial.de/fileadmin/Legial/Prozessfinanzierung/www.prozessfinanzie rung-mustervertrag.pdf – jeweils letzter Abruf am 12. Juli 2016. 151  Im Anhang beigefügt ist der Mustervertrag der LEGIAL Prozessfinanzierung AG. Die nachfolgenden Paragraphenangaben beziehen sich daher auf diesen Vertrag.

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1. Teil: Rechtstatsachen und Rechtsrahmen

I. Hauptregelungspunkte des Vertrages 1. Hauptpflichten des Prozessfinanzierungsunternehmens Die Hauptleistung des Prozessfinanzierungsunternehmens liegt in der Verpflichtung, sämtliche Kosten des Rechtsstreits vorzuschießen bzw. im Fall des Unterliegens oder der Uneinbringlichkeit der Forderung die Kosten endgültig zu tragen. Dabei werden von dem Prozessfinanzierungsunternehmen übernommen: − die Kosten der anwaltlichen Vertretung, − die Gerichtskosten, − die Kosten der Beweisaufnahme sowie − die gegebenenfalls (bei Unterliegen) der Gegenseite zu erstattenden Kosten. Dies gilt jedoch nur für die Kosten des Rechtsstreits, die ab dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Prozessfinanzierungsvertrages entstehen. Zudem werden nur die Kosten der Maßnahmen übernommen, denen das Prozessfinanzierungsunternehmen zuvor seine Zustimmung erteilt hat.152 Im Einzelnen gilt für die typischerweise im Verlauf einer Rechtsdurchsetzung entstehenden Kosten Folgendes: − Bei der Erstattung der Anwaltsgebühren orientieren sich die Prozessfinanzierungsunternehmen an den Gebührensätzen des RVG.153 − Die Prozessfinanzierungsunternehmen bieten den Anwälten zum Ausgleich für die mit der Prozessfinanzierung verbundene Mehrbelastung eine Zusatzgebühr an. Dies ist allerdings nur dann der Fall, wenn der Anspruchsinhaber und der Rechtsanwalt eine Vereinbarung über die Zahlung einer solchen Gebühr abgeschlossen haben.154 − Die Kosten eines Korrespondenzanwalts / Unterbevollmächtigten bzw. die Kosten für die Wahrnehmung auswärtiger Gerichtstermine werden nicht bzw. von einzelnen Anbietern bei Vorliegen einer schriftlichen Vereinbarung gezahlt.155 − Im Fall einer Widerklage bzw. einer Streitverkündung eventuell zusätzlich entstehende Kosten werden entweder nicht bzw. von einigen Anbietern nur bei Vorhandensein einer entsprechenden Vereinbarung gezahlt.156 152  § 7

Nr. 5 Nr. 2 154  § 3 Nr. 4 155  § 3 Nr. 2 156  § 3 Nr. 5 153  § 3

a des Mustervertrages der LEGIAL AG. des Mustervertrages der LEGIAL AG. des Mustervertrages der LEGIAL AG. des Mustervertrages der LEGIAL AG. des Mustervertrages der LEGIAL AG.



2. Kap.: Prozessfinanzierung und Erfolgshonorar77

− Die Kosten einer Zwangsvollstreckung werden übernommen, wenn diese aus Sicht des Prozessfinanzierungsunternehmens Erfolg versprechend ist. Die einzelnen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen sind mit dem Prozessfinanzierungsunternehmen abzustimmen. Im Fall eines vorläufig vollstreckbaren Urteils sind die Prozessfinanzierungsunternehmen berechtigt, jedoch nicht verpflichtet, die erforderlichen Sicherheiten zu leisten.157 2. Hauptpflichten des Anspruchsinhabers Die wohl bedeutendste Pflicht des Anspruchsinhabers158 ist die zur Auskehr des vertraglich vereinbarten Erfolgsanteils an das Prozessfinanzierungsunternehmen, sofern die Rechtsverfolgung einen „Erlös“ zum Ergebnis hat.159 Die meisten Musterverträge enthalten eine ausführliche Definition dieses Begriffs.160 Erfasst sind nicht nur die unmittelbaren Leistungen auf die streitigen Ansprüche, sondern jeder Vermögensvorteil, der dem Anspruchsinhaber im Zusammenhang mit der Rechtsverfolgung zufließt oder den er als Gegenleistung für die Verfügung über den Anspruch erhält. Zu den Erträgen der Rechtsverfolgung gehören beispielsweise161: − Jede Leistung auf die streitigen Ansprüche bzw. auf Ansprüche, die im Zusammenhang mit der Rechtsverfolgung selbst stehen (z. B. Kosten­ erstattungsansprüche, Schadensersatzansprüche, Ersatzansprüche / Versicherungsleistungen für den Verlust der streitigen Ansprüche).162 − Jeder unmittelbare Vermögensvorteil, der dem Anspruchsinhaber entsteht bzw. den er als Gegenleistung für eine Verfügung über die streitigen Ansprüche erhält. − Ansprüche oder Gegenstände, die im Rahmen eines Vergleichs an Stelle der streitigen Ansprüche, erfüllungshalber oder an Erfüllungs statt geleistet werden. 157  § 4

Nr. 1 des Mustervertrages der LEGIAL AG. weitere Hauptpflicht des Anspruchsinhabers besteht darin, seiner Prozessförderungspflicht nachzukommen. Zudem treffen ihn eigene Informations- und Verhaltenspflichten. Siehe dazu § 7 des Mustervertrages der LEGIAL AG. 159  § 5 Nr. 3 des Mustervertrages der LEGIAL AG. 160  § 5 Nr. 1 des Mustervertrages der LEGIAL AG. 161  § 5 Nr. 1 des Mustervertrages der LEGIAL AG bzw. § 5 b des Mustervertrages der Roland Prozessfinanz AG http://www.roland-prozessfinanz.de/media/dateien/ Muster_Vertrag_plus_Anlage.pdf – letzter Abruf am 12. Juli 2016. 162  Sollte diese Abhandlung tatsächlich zu dem Ergebnis gelangen, dass das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar vom Anspruchsgegner zu erstatten ist, müsste diese Regelung des Prozessfinanzierungsvertrages entsprechend angepasst werden. 158  Eine

78

1. Teil: Rechtstatsachen und Rechtsrahmen

Die Höhe des Erfolgsanteils ist im Prozessfinanzierungsvertrag festgelegt.163 Auch die Verteilung des Erlöses der Rechtsverfolgung ist im Einzelnen in den Prozessfinanzierungsverträgen geregelt. Nach den Bestimmungen der vorliegenden Musterverträge wird ein etwaiger Erlös der Rechtsverfolgung wie folgt verteilt164: − Zunächst erhalten die Prozessfinanzierungsunternehmen aus dem Prozess­ erlös sämtliche verauslagten Kosten. Dazu gehören die Gerichtskosten, die Anwaltskosten einschließlich der vorstehend beschriebenen anwaltlichen Zusatzgebühr, Gutachterkosten sowie etwaige Auslagen des Prozessfinanzierungsunternehmens für Mitarbeiterreisen zu Gerichtsterminen usw. − Von dem nach Abzug der vorgenannten Kosten verbleibenden Restbetrag erhält das Prozessfinanzierungsunternehmen schließlich den ihm vertraglich zustehenden Erfolgsanteil. − Dem Anspruchsinhaber steht der verbleibende Restbetrag des Erlöses der Rechtsverfolgung zu.165 − Besteht der Erlös des Rechtsstreits nicht in Zahlungsmitteln, steht dem Prozessfinanzierungsunternehmen ein Anspruch auf Zahlung in Höhe des anteiligen Verkehrswertes des Vermögensgegenstandes bzw. Vermögensvorteils zu. Die Höhe des Anteils richtet sich nach dem dem Prozessfinanzierungsunternehmen zustehenden Erfolgsanteil. Die Zahlungsansprüche der Prozessfinanzierungsunternehmen werden fällig, sobald der Vermögensvorteil dem Anspruchsinhaber zugeflossen ist.166 Auch Teilleistungen sind ein Erlös und entsprechend den Bestimmungen des Prozessfinanzierungsvertrages zwischen Anspruchsinhaber und Prozessfinanzierungsunternehmen aufzuteilen. II. Nebenabreden des Vertrages Neben den vorstehend beschriebenen Hauptpflichten enthält der Prozessfinanzierungsvertrag einige Nebenabreden, die vor allem der Absicherung des Prozessfinanzierungsunternehmens dienen.167 Für die weitere Abhand163  § 5

Nr. 3 des Mustervertrages der LEGIAL AG. Nr. 2 des Mustervertrages der LEGIAL AG. 165  Zudem kann er eventuelle Kostenerstattungsansprüche gegenüber dem Anspruchsgegner geltend machen. 166  § 5 Nr. 4 des Mustervertrages der LEGIAL AG. 167  Daneben gibt es noch andere Verpflichtungen. So verpflichten sich die Beteiligten zur Geheimhaltung gegenüber Dritten. Dritte dürfen nur mit vorheriger Zu164  § 5



2. Kap.: Prozessfinanzierung und Erfolgshonorar79

lung von Bedeutung ist die Sicherungsabtretung zur Absicherung der Erfolgsbeteiligung des Prozessfinanzierungsunternehmens, die deshalb in der gebotenen Kürze vorgestellt werden soll: Der Anspruchsinhaber tritt diesem die streitbehafteten Ansprüche im Wege einer Sicherungszession ab. Sicherheitshalber abgetreten werden zudem sämtliche mit der streitbehafteten Forderung verbundenen, nicht akzessorischen Sicherungsrechte bzw. alle mit der Rechtsdurchsetzung im Zusammenhang stehenden Rechte. Letztlich sind alle Ansprüche, die – nach den Regelungen des Prozessfinanzierungsvertrages – zum Erlös der Rechtsdurchsetzung gehören, von der Abtretung umfasst. Gleichzeitig ist in dem Prozessfinanzierungsvertrag eine schuldrechtliche Sicherungsabrede enthalten. Die Sicherungszession wird nicht offen gelegt. Zwischen dem Prozessfinanzierungsunternehmen und dem Anspruchsinhaber entsteht ein Treuhandverhältnis. Der Anspruchsinhaber verpflichtet sich in diesem, die Ansprüche für den Prozessfinanzierer treuhänderisch zu halten und die zur Rechtsdurchsetzung erforderlichen Handlungen im eigenen Namen vorzunehmen. Das Prozessfinanzierungsunternehmen verpflichtet sich hingegen bei Wegfall des Sicherungsinteresses zur Rückübertragung der Rechte.168

C. Analyse des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars Ausgangspunkt der rechtlichen Bewertung der Erstattungsfähigkeit des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars müssen die hierdurch vergüteten Dienstleistungen des Prozessfinanzierungsunternehmens sein. Zum besseren Verständnis der weiteren Ausführungen soll an dieser Stelle daher ein kurzer Überblick über die Vergütung des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars gegeben werden. I. Kreditfunktion Wie bereits ausgeführt, liegt die Hauptleistung des Prozessfinanzierungsunternehmens u. a. in der Verpflichtung, sämtliche Kosten des Rechtsstreits vorzuschießen. Aufgrund dieser Verpflichtung zur Verauslagung finanzielstimmung des Prozessfinanzierungsunternehmens informiert werden. Zudem enthält der Prozessfinanzierungsvertrag Bestimmungen zur Vertragslaufzeit und vorzeitigen Beendigung des Vertrages, z. B. durch eine Kündigung, etwa im Fall der Nichteinigung über einen Vergleichsvorschlag sowie eine Schiedsvereinbarung. Siehe dazu den im Anhang beigefügten Mustervertrag der LEGIAL AG. 168  § 6 des Mustervertrages der LEGIAL AG.

80

1. Teil: Rechtstatsachen und Rechtsrahmen

ler Mittel zur Finanzierung der Durchsetzung von Forderungen kommt dem Dienstleistungsangebot der Prozessfinanzierungsunternehmen eine Kreditwirkung zu. Diese Kreditwirkung sei aus der Perspektive des Anspruchsinhabers – so Kilian – deutlich.169 Verfüge er eigentlich über hinreichende Mittel zur Finanzierung der Rechtsdurchsetzung, ermögliche ihm die „Kreditwirkung des Erfolgshonorars die anderweitige Investition der entsprechenden Finanzmittel“.170 Könne der Mandant die Finanzmittel nicht aus seinem cashflow aufbringen, wäre er ohne die Vereinbarung eines Prozessfinanzierungsvertrages gezwungen, sich die für die Prozessführung notwendigen finanziellen Mittel auf dem Kapitalmarkt zu verschaffen.171 Das Prozessfinanzierungsunternehmen erbringt damit eine Dienstleistung, die normalerweise Banken bzw. Kreditinstitute anbieten. Die Vergütung für diese Dienstleistung ist aus betriebswirtschaftlicher Perspektive gesehen im Erfolgshonorar enthalten.172 Berücksichtigt man, dass die Gerichtsverfahren durchaus mehrere Jahre dauern können, „wird die Kreditfunktion des Erfolgshonorars zu einem nicht vernachlässigenswerten Faktor“.173 II. Versicherungsfunktion Der Chance, im Fall der erfolgreichen Anspruchsdurchsetzung die Erfolgsbeteiligung zu „verdienen“, steht das Risiko gegenüber, alle Verfahrens­ kosten übernehmen zu müssen, denn das Prozessfinanzierungsunternehmen übernimmt – wie ebenfalls bereits ausgeführt – auch die Verpflichtung, im Fall des Unterliegens oder der Uneinbringlichkeit der Forderung die Rechtsdurchsetzungskosten – auch die der Gegenseite – endgültig zu tragen. Das Prozessfinanzierungsunternehmen übernimmt damit auf seine Kosten Risiken, die normalerweise der Anspruchsinhaber zu tragen hätte.174 Diese Übernahme des Kostenrisikos durch das Prozessfinanzierungsunternehmen muss der Anspruchsinhaber „einkaufen“.175 Die Prämie hierfür ist im Erfolgshonorar enthalten. Die Verwendung von Erfolgshonoraren basiert auf dem Gedanken der Risikoselektion und Quersubventionierung. Die Prozessfinanzierungsunter169  Kilian,

Erfolg und Vergütung, S. 431, für das anwaltliche Erfolgshonorar. Erfolg und Vergütung, S. 431, für das anwaltliche Erfolgshonorar. 171  Kilian, Erfolg und Vergütung, S. 431, für das anwaltliche Erfolgshonorar. 172  Schepke, S. 154. 173  Kilian, Erfolg und Vergütung, S. 431, zum anwaltlichen Erfolgshonorar. 174  Kilian, Detailprobleme, S. 1905, für das anwaltliche Erfolgshonorar; siehe dazu auch Breyer, S.  18 ff. 175  Schepke, S. 154, für das anwaltliche Erfolgshonorar. 170  Kilian,



2. Kap.: Prozessfinanzierung und Erfolgshonorar81

nehmen wählen die Rechtsstreitigkeiten aus, die sie auf der Grundlage einer Erfolgshonorarvereinbarung finanzieren wollen. Dabei wissen sie von vornherein, dass nicht alle Ansprüche durchgesetzt werden können. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht quersubventionieren die erfolgreichen Rechtsstreitigkeiten damit die erfolglosen.176 Prozessfinanzierungsunternehmen bieten damit eine Dienstleistung an, die normalerweise nur von Versicherungsunternehmen erbracht wird. Hierin wird auch die ökonomische Rechtfertigung von Erfolgshonoraren gesehen. Durch eine derartige Form der Vergütung sei es einem Anspruchsinhaber möglich, das Risiko eines „negative returns“177 auf das Prozessfinanzierungsunternehmen – oder in anderen Konstellationen auf den Rechtsanwalt – abzuwälzen. Selbst im Fall des Unterliegens drohe dem Rechtssuchenden kein Vermögensschaden durch etwaige Kostenerstattungsansprüche.178 Das Prozessfinanzierungsunternehmen wiederum sei in der Lage, dieses Risiko zu tragen, „weil es aufgrund seiner beruflichen Befassung […] im Idealfall ähnlich einem Versicherer das Verlustrisiko poolen kann und aus der Masse der Verfahren bei einer betriebswirtschaftlich sachgerecht durchgeführten Risikobewertung einen adäquaten Durchschnittsertrag erzielen kann“.179 Eine derartige – quasi versicherungsähnliche – Risikoübernahme unterscheidet sich auch von dem ansonsten bei Kreditgeschäften typischerweise vorhandenen Ausfallrisiko. Damit ist das Risiko gemeint, dass Kredite nicht mehr vom Darlehensnehmer bedient werden können und die Bank daher keine Rückzahlung enthält.180 Kreditinstitute tragen – gegen ein bestimmtes Entgelt – für die Dauer des Vertrages – also meist über einen längeren Zeitraum – das Bonitätsrisiko des Darlehensnehmers. Mithin müssen sie berücksichtigen, dass ein gewisser Anteil der Kredite „wegen Veränderungen in der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit des Kreditnehmers notleidend wird und abgewickelt werden muss“.181 Das von einem Prozessfinanzierungsunternehmen übernommene Risiko, auf eine Rückzahlung der vorfinanzierten Kosten bei erfolglosem Ausgang des Rechtsstreits zu verzichten und zusätzlich die Kosten der Gegenseite zu übernehmen, ist hingegen anders gelagert: Das Prozessfinanzierungsunternehmen trägt hier zwei Risiken – zum einen das Bonitätsrisiko des Anspruchsinhabers und zum anderen das Prozesskostenrisiko. Die Kosten für die Übernahme des 176  Mayer,

Erfolgshonorar, S. 122, jeweils für das anwaltliche Erfolgshonorar. Erfolg und Vergütung, S. 18, für das anwaltliche Erfolgshonorar. 178  Kilian, Erfolg und Vergütung, S. 18, für das anwaltliche Erfolgshonorar. 179  Kilian, Spekulative Vergütung, S. 18, für das anwaltliche Erfolgshonorar. 180  Wilhelm, S. 287. 181  Wilhelm, S. 287. 177  Kilian,

82

1. Teil: Rechtstatsachen und Rechtsrahmen

Bonitätsrisikos sind in den marktüblichen Kreditzinsen enthalten,182 wohingegen die Übernahme des Prozesskostenrisikos einer separaten Vergütung bedarf. Im Ergebnis ist festzustellen, dass das Prozessfinanzierungsunternehmen auch eine Versicherungsleistung erbringt. III. quota-litis-Vergütung Eine Besonderheit des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars besteht darin, dass das Prozessfinanzierungsunternehmen aufgrund der unmittelbaren Verknüpfung der Vergütung mit dem Ergebnis der Rechtsdurchsetzung „nicht nur dem Grunde, sondern auch der Höhe nach, nicht nur vom positiven Ausgang des Rechtsstreits, sondern auch von dessen wirtschaftlichem Ergebnis“183 profitiert. Je mehr der Anspruchsinhaber wirtschaftlich erlösen kann, desto höher ist auch der Erlös des Prozessfinanzierungsunternehmens, denn dessen Vergütung steigt relativ im gleichen Maße wie der Erlös des Anspruchsinhabers.184 Derartige Streitanteilsvereinbarungen werden auch als quota-litis bezeichnet.185 Merkmal einer quota-litisVereinbarung ist also zum einen die doppelte Erfolgsabhängigkeit des Vergütungsanspruches – hier des Prozessfinanzierungsunternehmens – und zum anderen die Verkoppelung der Vergütung mit dem Streitgegenstand selbst. Im Ergebnis führt dies dazu, dass die Bezugsgröße der Vergütung aus der Sphäre des Anspruchsinhabers kommt.186 IV. Ergebnis Wie bereits ausgeführt, liegt die Hauptleistung des Prozessfinanzierungsunternehmens in der Verpflichtung, sämtliche Kosten des Rechtsstreits vorzuschießen bzw. im Fall des Unterliegens oder der Uneinbringlichkeit der Forderung die Kosten endgültig zu tragen. Mithin erbringt das Prozessfinanzierungsunternehmen sowohl eine Finanzierungs- als auch eine Versicherungsleistung. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht muss sich die Höhe des Erfolgshonorars an diesen einzelnen Komponenten orientieren. Somit ist die Höhe des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars als „Preis“ für die Übernahme dieser Dienstleistungen, also der Kreditierung sowie 182  Wilhelm,

S. 287. Erfolg und Vergütung, S. 19, für das anwaltliche Erfolgshonorar. 184  Kilian, Erfolg und Vergütung, S. 19, für das anwaltliche Erfolgshonorar. 185  Siehe zu den verschiedenen Vergütungsformen eines Rechtsanwalts Kilian, Erfolg und Vergütung, S. 18. 186  Kilian, Spekulative Vergütung, S. 516, für das anwaltliche Erfolgshonorar. 183  Kilian,



2. Kap.: Prozessfinanzierung und Erfolgshonorar83

der Versicherung, durch das Prozessfinanzierungsunternehmen anzusehen. Hinzu kommen noch die Fixkosten des Prozessfinanzierungsunternehmens.187 Dabei ist das Erfolgshonorar als eine Art „Pauschalgebühr“ zu verstehen.188

D. Anbieter, Höhe der Erfolgsbeteiligung und Verbreitung der Prozessfinanzierung Im Weiteren soll ein Überblick über die Verbreitung und die Anbieter der Prozessfinanzierung sowie die Höhe des Erfolgshonorars gegeben werden. I. Anbieter und Höhe der Erfolgsbeteiligung 1998 hat das erste Prozessfinanzierungsunternehmen – die FORIS AG – den Markt betreten. Seitdem sind ca. ein Dutzend Anbieter dazugekommen. Meist sind es mittelständische Unternehmen, wie z. B. die Foris AG. Aber auch die Rechtsschutzversicherungsunternehmen haben entsprechende Tochterunternehmen gegründet. Allerdings lässt sich die Anzahl der Unternehmen nur schwer bestimmen. Immer wieder betreten neue Anbieter den Markt bzw. geben das Geschäftsmodell der Prozessfinanzierung wieder auf.189 Zudem unterliegen Prozessfinanzierungsunternehmen keinen Genehmigungs- oder Registrierungspflichten. Mithin gibt es keine zentrale Registrierung der in Deutschland tätigen Prozessfinanzierungsunternehmen. Es ist daher kaum möglich, alle Prozessfinanzierungsunternehmen zu erfassen. Einen Überblick über die Marktteilnehmer hat Kallenbach zusammen­gestellt (siehe nächste Seite):190

187  Jaskolla,

S. 124. S. 20. 189  So bietet die Allianz ProzessFinanz GmbH seit Oktober 2011 kein Neugeschäft mehr an. Siehe dazu https://profi.allianz.de/– letzter Abruf am 12. Juli 2016. 190  Kallenbach, S. 353. Allerdings sind in der Zwischenzeit schon wieder Veränderungen eingetreten, sodass auf den Marktüberblick von Kallenbach als Basis für die folgende Übersicht zwar verwiesen werden soll, diese jedoch aufgrund von Recherchen – vor allem im Internet – aktualisiert werden musste. Die nachfolgende Übersicht befindet sich auf dem Stand vom 15. Oktober 2013 und kann aufgrund der vorstehenden Ausführungen keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. 188  Breyer,

84

1. Teil: Rechtstatsachen und Rechtsrahmen Tabelle 4 Marktüberblick Prozessfinanzierungsunternehmen

Unternehmen

Mindesstreitwert

Höhe der Erfolgsbeteiligung

Acivo Prozessfinanzierungs AG (www.acivo.com)

10.000 €

50 % bis zu einem Betrag von 50.000 €, 30 % bei einem Betrag zwischen 50.000 € und 500.000 €, 20 % bei über 500.000 € hinausgehenden Beträgen

Arete AG (www.arete-ag.de) Keine Angabe

Keine Angabe

Erste Allgemeine ­Schadenshilfe AG (www.schadenshilfe.com)

Keine Angabe

15 bis 50 %

ExActor ­Forderungsmanagement AG (www.exactor.de)

i. d. R. 10.000  €, aber auch darunter Streitwertobergrenze: 100.000 €

50 % bis zu einem Betrag bis 25.000 € 40 % bei einem Betrag zwischen 25.000 € und 50.000, 30 % bei einem Betrag zwischen 50.000 € und 100.000 €

FORIS AG (www.portal.foris.de)

200.000 €

ab 10 % abhängig von der Risikoübernahme im konkreten Einzelfall

HPG Prozessfinanzierung im Kapitalanlagerecht GmbH & Co. KG (www.hpg-prozess.de)

Keine Angabe

50 %

Goldstar Management Services L.P (www.goldstar-management. com)

Keine Untergrenze

40 %, kann im Einzelfall auch variieren

Jurafinance GmbH (www.jurafinance.de)

Keine Angabe

30 bis 50 % abhängig vom Prozessrisiko und der erzielten Summe

Intract GmbH (www.intract.de)

Keine Angabe

Keine Angabe

Legial AG (www.legial.de)

100.000 €

30 % bis zu einem Betrag von 500.000 €, 20 % bei Beträgen, die über 500.000 € hinausgehen, 20 % bei außergerichtlicher Einigung



2. Kap.: Prozessfinanzierung und Erfolgshonorar85 Unternehmen

Mindesstreitwert

Höhe der Erfolgsbeteiligung

Notz & Zymara Factoring GmbH (www.nzf-factoring.de)

Keine Angabe

Keine Angabe

Proxx AG (www.proxx.de)

Keine Angabe

Keine Angabe

proConcept AG (www.proconcept.ag)

1.000 € (Anspruchs­ bündelung)

25 % bis 75 % je nach Vertragsmodell191

Preußische Prozess­ finanzierung GmbH (www.preussischeprozessfinanzierung.com)

Keine Angabe

10 % bis 25 %

Roland ProzessFinanz AG (www.roland-prozess finanz.de)

100.000 €

30 % bis zu einem Betrag von 500.000 €, 20 % bei Beträgen, die über 500.000 € hinausgehen, 20 % bei einer außergerichtlichen Einigung

SLB Verwaltungs­ gesellschaft mbH (www.slb-prozessfinanz.de)

19.000 €

25 % bis zu einem Betrag von 500.000 €. 15 % bei Beträgen, die über 500.000 € hinausgehen, 5 % bei außergerichtlicher Einigung

SolvantisAG (www.solvantis.de)

25.000 €

30 % bis zu einem Betrag von 500.000 €, 20 % bei Beträgen, die über 500.000 € hinausgehen

II. Verbreitung der Dienstleistung In der Praxis kommt der Prozessfinanzierung bislang nur eine untergeordnete Rolle zu192. Im Jahr 2011 hat das Hans-Soldan-Institut 1.200 Rechtsanwälte zur Bedeutung der Prozessfinanzierung für ihre anwaltliche Tätigkeit in den letzten zwei Jahren befragt.193 Nach den Ergebnissen dieser Befragung hat rein statistisch betrachtet jeder deutsche Rechtsanwalt in diesem Zeitraum 0,5 Fälle für eine Prozessfinanzierung vorgeschlagen.194 191  Kallenbach,

S. 353. S. 49. 193  Kilian, Bedeutung, S. 244 ff. 194  Kilian, Bedeutung, S. 244. 192  Siebert/Nagata,

86

1. Teil: Rechtstatsachen und Rechtsrahmen

Konkret haben 8 % der befragten Rechtsanwälte in diesem Zeitraum einen Fall und 6 % zwei Fälle einem Prozessfinanzierungsunternehmen vorgelegt. Nur 1 % der Rechtsanwälte haben 3 bis 4 Finanzierungsanfragen gestellt. 82 % der befragten Rechtsanwälte haben in diesem Zeitraum keine einzige Finanzierungsanfrage bei einem Prozessfinanzierungsunternehmen eingereicht.195 Dies wird durch die nachfolgende Übersicht verdeutlicht196: Tabelle 5 Zahl der in den vergangenen 2 Jahren einem Prozessfinanzierer vorgelegten Fälle197 Keiner

82 %

Einer

  8 %

Zwei

  6 %

Drei

  1 %

Vier

  1 %

Fünf und mehr

  2 %

Drei Viertel der Rechtsanwälte blieben bei ihren Finanzierungsanfragen stets erfolglos. Lediglich 12 % der Rechtsanwälte berichteten, grundsätzlich erfolgreich gewesen zu sein. 4 % waren es häufig und 9 % nur selten.198 Die Befragung hat weiterhin ergeben, dass Rechtsanwälte, die häufiger gewerbliche Mandate betreuen, öfter Fälle einem Prozessfinanzierungsunternehmen vorgeschlagen haben als Rechtsanwälte, die mehr private Mandate haben.199 Zudem stellen wohl spezialisierte Rechtsanwälte häufiger Finanzierungsanfragen bei einem Prozessfinanzierungsunternehmen als die nicht spezialisierten Anwälte. So haben 19 % der spezialisierten Rechtsanwälte mitgeteilt, in den letzten beiden Jahren eine Prozessfinanzierungsanfrage gestellt zu haben, während dies bei nicht spezialisierten Rechtsanwälten nur 13 % angaben.200

195  Kilian,

Bedeutung, S. 245. Bedeutung, S. 245. 197  Die Daten wurden im Jahr 2011 durch das Soldan-Institut erhoben, siehe Kilian, Drittfinanzierung, S. 46 ff. 198  Kilian, Bedeutung, S. 245. 199  Kilian, Bedeutung, S. 245. 200  Kilian, Bedeutung, S. 245. 196  Kilian,



2. Kap.: Prozessfinanzierung und Erfolgshonorar87

Dass der Prozessfinanzierung nur in Randbereichen Bedeutung zukommt, wird auch durch die bereits vorgestellte Befragung von Bürgern zur Finanzierung ihrer Rechtsstreitigkeiten durch das Hans-Soldan-Institut bestätigt. Lediglich 0,2 % der befragten Bürger gaben an, zur Finanzierung ihrer Rechtsstreitigkeiten auf ein Prozessfinanzierungsunternehmen zurückgegriffen zu haben.201 III. Geschäftsvolumen der Prozessfinanzierungsunternehmen Das Geschäftsvolumen der Prozessfinanzierungsunternehmen lässt sich nur schwer abschätzen, weil die meisten Prozessfinanzierungsunternehmen nicht im Detail über die Anzahl und den Verlauf der von ihnen finanzierten Verfahren Auskunft geben. Es lassen sich nur wenige Anhaltspunkte ausmachen. Kilian geht davon aus, dass das Finanzierungsvolumen bei bundesweit ca. 25.000 Fällen liegt.202 Diese Zahl leitet Kilian aus den Ergebnissen der vorstehend bereits erwähnten Befragung von Anwälten zur Prozessfinanzierung durch das Hans-Soldan-Institut ab. Im Ausgangspunkt geht er von der statistisch ermittelten Zahl von 0,5 Fällen, die in den vergangenen zwei Jahren ein deutscher Rechtsanwalt einem Prozessfinanzierungsunternehmen zur Finanzierung vorgeschlagen hat, aus.203 Davon ausgehend, dass es in Deutschland ca. 100.000 aktive Rechtsanwälte gibt, kommt er auf die Anzahl von 25.000 Fällen.204 Als eines der wenigen Unternehmen gibt die FORIS AG in ihren Geschäftsberichten regelmäßig Auskunft über die Anzahl der finanzierten Verfahren. So informierte die FORIS AG in dem Konzernzwischenlagebericht vom 30. Juni 2013 darüber, dass in den vergangenen 15 Jahren 535 Fälle abgeschlossen wurden.205 Um einen Anhaltspunkt über das mögliche Finanzierungsvolumen zu erhalten, sollen zudem eine Übersicht der FORIS AG über die Anzahl und die Beendigung finanzierter Verfahren in den Jahren 2009 bis zum 1.  Halbjahr 2013 aus dem Konzernzwischenlagebericht wiedergegeben werden206:

201  Hommerich/Kilian,

Mandanten und ihre Anwälte, S. 137. Bedeutung, S. 245. 203  Kilian, Bedeutung, S. 244 f. 204  Kilian, Bedeutung, S. 245. 205  Konzernzwischenlagebericht, portal.foris.de/uploads/2013_foris_ag_halbjahres finanzbericht_ias.pdf der FO-RIS AG, S. 35  – letzter Abruf am 30.  Mai 2014. 206  Konzernzwischenlagebericht der FORIS AG, siehe Fn. 205, S. 26. 202  Kilian,

88

1. Teil: Rechtstatsachen und Rechtsrahmen Tabelle 6 FORIS: Konzernzwischenlagebericht 2009 1. HJ 2013

1. HJ 2012

2012

2011

2010

2009

Anzahl der neu in Finanzierung genommenen Fälle

11

27

53

71

30

19

Optionsvolumen der neu in Finanzierung genommenen Fälle (in Mio. €)

 1,6

 3,1

 6,2

19,1

 6,6

14,3

Optionsvolumen zum Stichtag (in Mio €)

32,7

45,3

44,8

45,1

27,6

31,2

1. HJ 2013

1. HJ 1012

2012

2011

2010

2009

25

 9

43

14

31

20

Beendete Verfahren Quote der positiv beendeten Verfahren Gewonnene Verfahren

76,0 % 55,6 % 69,8 % 64,3 % 64,5 % 60,0 % 19

 5

30

 9

20

12

Die LEGIAL AG hat mitgeteilt, im Jahr 2012 rund 400 Fälle übernommen zu haben. Das übernommene Streitwertvolumen lag im Jahr 2011 wohl bei 53,5 Mio. € und im Jahr 2012 bei rund 120 Mio. €.207 Die bis 2011 am deutschen Markt tätige Allianz Prozessfinanz hatte nach eigener Angabe im Jahr 2009 Fälle mit einem Gesamtstreitwert von 52 Mio. € finanziert.208 Für die Roland ProzessFinanz AG eigneten sich wohl nur vier von 100 vorgelegten Fällen für eine Prozessfinanzierung.209 Diese Zahlen verdeutlichen, dass in der Praxis nur wenige Rechtsstreitigkeiten finanziert wurden. Das Geschäftsvolumen der Prozessfinanzierungsunternehmen – so Kilian – dürfte eher als gering einzuschätzen sein.210

207  http://newsroom.legial.de/presse/pressemitteilungen/newsdetail/article/ge schaeftsjahr-2012-fuer-legial-ag-aeusserst-erfolgreich.html – letzter Abruf am 12. Juli 2016. 208  So Arndt Eversberg, der damalige Geschäftsfüher der Allianz ProzessFinanz, in: Die Welt v. 29.03.2010, http://www.welt.de/finanzen/article6969463/Versichererbeteiligen-sich-an-teuren-Prozessen.html – letzter Abruf am 12. Juli 2016. 209  Lier, S. 1714. 210  Kilian, Bedeutung, S. 245.



2. Kap.: Prozessfinanzierung und Erfolgshonorar89

IV. Betroffene Rechtsgebiete Aufgrund der geringen Transparenz des Marktes der Prozessfinanzierung lässt sich nur schwer eine Aussage darüber treffen, welche Rechtsgebiete besonders häufig Gegenstand einer Finanzierungsanfrage bzw. eines Prozessfinanzierungsvertrages sind. Dies wird noch dadurch verstärkt, dass die Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens nur selten offengelegt wird. Dadurch sind zu wenige Fälle öffentlich bekannt.211 Nur wenige Prozessfinanzierungsunternehmen beschränken sich auf die Finanzierung bestimmter Rechtsgebiete.212 Ansonsten treffen die Prozessfinanzierungsunternehmen keine Einschränkungen. Vielmehr lässt sich auf vielen Internetseiten von Prozessfinanzierungsunternehmen die Aussage finden, dass grundsätzlich alle Rechtsgebiete für eine Prozessfinanzierung in Frage kommen.213 Einen Anhaltspunkt für die in der Rechtspraxis tatsächlich betroffenen Rechtsgebiete bieten die Ergebnisse einer Befragung der Prozessfinanzierungsunternehmen im Jahr 2006 durch die Forschungsstelle zur Finanzierung von Gerichtsprozessen an der Humboldt-Universität zu Berlin.214 Die an der Befragung teilnehmenden Prozessfinanzierungsunternehmen wurden gebeten anzugeben, wie oft bestimmte Rechtsgebiete von einer Finanzierungsanfrage bzw. dem Abschluss eines Prozessfinanzierungsvertrages betroffen waren. Die nachfolgende Tabelle gibt diese durch die Prozessfinanzierungsunternehmen vorgenommene Einordnung wieder. Gruppe 1 enthält die am häufigsten und Gruppe 4 die am seltensten angefragten bzw. finanzierten Rechtsgebiete215:

211  Siebert/Nagata,

S. 53. die Proxx AG, die sich auf die Finanzierung von Rechtsstreitigkeiten aus dem Bau-, Immobilien- und Werkvertragsrecht spezialisiert hat. Siehe dazu Kallenbach, S, 353. 213  Siehe dazu http://www.roland-prozessfinanz.de/fuermandanten/prozessfinanzie rung_1/faq/– letzter Abruf am 12. Juli 2016. 214  Die Forschungsstelle zur Prozessfinanzierung der Humboldt-Universität zu Berlin hat in den Jahren 2005 und 2006 an die bekannten Prozessfinanzierungsunternehmen einen Fragebogen versandt. Die Unternehmen wurden zu ihrer Organisationsform, der Art ihrer Finanzierung und zum Prozessfinanzierungsvolumen befragt. Nicht alle Unternehmen hatten sich an der Befragung beteiligt. Einige Unternehmen haben den Fragebogen nur unvollständig beantwortet. Daher lassen sich auch aus den Ergebnissen dieser Befragung nur beschränkte Schlussfolgerungen ziehen. 215  Siebert/Nagata, S.  49 ff. 212  Z. B.

90

1. Teil: Rechtstatsachen und Rechtsrahmen Tabelle 7 Rechtsgebiete Prozessfinanzierung Anfragen

Finanzierungen

1 Kapitalanlagerecht

1 Architekten- u. Ingenieurhonorarrecht

2 Architekten- u. Ingenieurhonorarrecht

2 Kapitalanlagerecht, Forderungen einer Insolvenzmasse

3 Arzthaftungsrecht Erbrecht Gesellschaftsrecht Werkvertragsrecht Allgemeines Haftpflichtrecht Immobilienrecht Kaufvertragsrecht Versicherungsrecht Forderungen einer Insolvenzmasse

3 Arzthaftungsrecht Erbrecht Gesellschaftsrecht, Werkvertragsrecht, Allgemeines Haftpflichtrecht Darlehensrecht

4 Produkthaftungsrecht Urheberrecht Marken- u. Patentrecht Kartell- / Wettbewerbsrecht Mietrecht Leasingrecht Darlehensrecht

4 Produkthaftungsrecht Urheberrecht Marken- und Patentrecht Kartell- / Wettbewerbsrecht Mietrecht Leasingrecht Kaufvertragsrecht Versicherungsrecht Immobilienrecht

E. Ergebnis Unter Prozessfinanzierung ist die Übernahme des Kostenrisikos eines Verfahrens zur Durchsetzung materieller Rechte durch einen Dritten – meist einem Unternehmen – gegen eine Beteilung am erzielten Erlös zu verstehen. Als „Prozessfinanzierungsvertrag“ wird die zwischen dem Anspruchsinhaber und dem Prozessfinanzierungsunternehmen getroffene Vereinbarung bezeichnet, in dem die Rechte und Pflichten der Beteiligten im Einzelnen geregelt sind. Die Hauptleistung des Prozessfinanzierungsunternehmens liegt in der Verpflichtung, sämtliche Kosten des Rechtsstreits vorzuschießen bzw. im Fall des Unterliegens oder der Uneinbringlichkeit der Forderung die Kosten endgültig zu tragen. Die bedeutendste Pflicht des Anspruchsinhabers ist die zur Auskehr des vertraglich vereinbarten Erfolgsanteils an das Prozessfinanzierungsunternehmen, sofern die Rechtsverfolgung einen „Erlös“ zum Ergebnis hat. Dabei ist das Erfolgshonorar als „Preis“ für die vom Prozessfinanzierungsunternehmen übernommenen Dienstleistungen zu verstehen, und zwar



3. Kap.: Prozessuale und materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche91

die Finanzierungs- und Versicherungsfunktion. In Deutschland bieten Unternehmen die Möglichkeit der Prozessfinanzierung seit Ende der 1990er Jahre an. Die Erfolgsbeteiligung beträgt durchschnittlich 30 bis 50 %. Dem vorhandenen statistischen Datenmaterial kann entnommen werden, dass der Prozessfinanzierung in der Praxis bislang nur eine untergeordnete Rolle zukommt. 3. Kapitel

System der prozessualen und materiell-rechtlichen ­Kostenerstattungsansprüche Das Bestehen eines Anspruches des Anspruchsinhabers auf Erstattung des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars dem Anspruchsgegner gegenüber scheint nicht vollkommen ausgeschlossen zu sein, da in unserer Rechtsordnung ein Kostenerstattungssystem, bestehend aus prozessualen bzw. materiell-rechtlichen Kostenerstattungsansprüchen verankert ist. Dieses Kostenerstattungssystem soll nachfolgend als Rechtsrahmen der Abhandlung vorgestellt werden.

A. Unterscheidung zwischen prozessual- und ­materiell-rechtlichen Kostenerstattungsansprüchen In unserem Rechtskreis hält die siegreiche Prozesspartei eine günstige Position inne, und zwar hat der „Gewinner“ des Gerichtsprozesses der unterlegenen Partei gegenüber einen Anspruch auf Erstattung der ihm durch die Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung entstandenen Kosten. Ein solcher Anspruch ergibt aus dem in den §§ 91 ff. ZPO geregelten prozessualen Kostenerstattungsverfahren. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO enthält dabei den Grundsatz der Unterliegenshaftung. Danach hat die unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen und insbesondere die dem Gegner entstandenen Kosten zu erstatten. Daneben ergibt sich die Möglichkeit, bei der Gegen­ seite Regress für die durch die Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung entstandenen Kosten zu nehmen, auch aus den Normen des materiellen Rechts, die grundsätzlich jedem beliebigen Rechtsverhältnis angehören können, z. B. aus Verzug gem. §§ 280 Abs. 1, 2, 286, BGB. Ein solcher auf den Normen des materiellen Rechts basierender Anspruch auf Erstattung von Kosten der Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung wird als materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch bezeichnet.216 Dieser basiert im Unterschied zum pro216  Schulz, in: Müko/ZPO, Vor § 91 ZPO Rdn. 18; Bork, in: Stein/Jonas, vor § 91 ZPO Rdn. 16; Hüßtege, in: Thomas/Putzo, Vorbem § 91 ZPO Rdn. 13; BLAH, Übers § 91 ZPO Rdn. 43.

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1. Teil: Rechtstatsachen und Rechtsrahmen

zessualen Kostenerstattungsanspruch jedoch nicht auf dem Unterliegens­ prinzip. Mithin betrifft das Gebiet der Kostenerstattung die Frage, ob und inwieweit die zur Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung von einer Partei getätigten Aufwendungen auf die Gegenseite „abgewälzt“ werden können.217 Zum besseren Verständnis der weiteren Ausführungen soll nachfolgend ein Überblick über die prozessualen und materiell-rechtlichen Kostenerstattungsansprüche gegeben werden:

B. Grundlagen des prozessualen Kostenerstattungsanspruches Das in den §§ 91 ff. ZPO geregelte Kostenerstattungsverfahren zerfällt in zwei „Abschnitte“, und zwar die Kostengrundentscheidung und das Kostenfestsetzungsverfahren. Ziel des auf der Basis der Kostengrundentscheidung stattfindenden Kostenfestsetzungsverfahrens ist die Erlangung eines sogenannten Kostenfestsetzungsbeschlusses, aus dem die Höhe des zu erstattenden Betrages ersichtlich ist. Ein solcher Kostenfestsetzungsbeschluss ist gem. § 794 Abs. 1 Nr. 2 ZPO vollstreckbar. I. Unterliegensprinzip als „Leitgedanke“ der Kostengrundentscheidung Zunächst muss eine Kostengrundentscheidung vorliegen. Diese legt fest, welche Partei die Prozesskosten zu erstatten hat.218 Die Entscheidung hierüber wird gem. § 308 Abs. 2 ZPO von Amts wegen durch das Gericht getroffen. Abgesehen von einigen Ausnahmeregelungen, wie z. B. den §§ 91 a, 93 ZPO, muss das Gericht gem. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO der im Prozess unterlegenen Partei die Kosten des Verfahrens auferlegen. Ob eine Partei unterlegen ist, bestimmt sich nach dem gestellten Sachantrag in der Hauptsache. Unterlegen ist die Partei, die mit ihrem Antrag in der Hauptsache nicht durchdringt.219 Ist der Kläger mit seinem Hauptantrag erfolgreich, hat er obsiegt und der Beklagte wird gem. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO zur Kostentragung verpflichtet. Die Kostengrundentscheidung folgt also der Entscheidung in der Hauptsache. Es gilt ein starres Erfolgsprinzip.220 Auf den Grund des Unterliegens kommt es nicht an.221 Der Unterlegende muss die Kosten daher auch dann tragen, wenn beispielsweise eine während der Dauer des 217  Hösl,

S. 7. in: Müko/ZPO, § 103 ZPO Rdn.  1. 219  Bork, in: Stein/Jonas, vor § 91 ZPO Rdn.  7. 220  Bork, in: Stein/Jonas, vor § 91 ZPO Rdn.  7. 221  Schulz, in: Müko/ZPO, § 91 ZPO Rdn.  10. 218  Schulz,



3. Kap.: Prozessuale und materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche93

Rechtsstreits eingetretene Gesetzesänderung der Grund für das Unterliegen ist.222 Dabei kommt es auf das Gesamtergebnis des Rechtsstreits an.223 Durchläuft das Verfahren mehrere Instanzen, trägt die letztinstanzlich unterlegene Partei die Kosten aller Instanzen.224 Zudem kommt es weder auf ein Verschulden an, noch können Billigkeitserwägungen angestellt werden.225 Auf die weiteren Einzelheiten der Kostengrundentscheidung soll hier nicht weiter eingegangen werden. Vielmehr gehen die weiteren Ausführungen von dem Vorliegen einer solchen Kostengrundentscheidung aus, die der klägerischen Prozesspartei einen vollständigen Kostenerstattungsanspruch zuweist. Der Thematik dieser Abhandlung entsprechend, soll der Umfang der prozessualen Kostenerstattungspflicht im Mittelpunkt stehen. II. Kostenfestsetzungsverfahren Das Kostenfestsetzungsverfahren bestimmt den ziffernmäßigen Betrag der nach §§ 91 ff. ZPO zu erstattenden Kosten. In diesem Zusammenhang regelt § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO zunächst, welchen Voraussetzungen die einzelnen Kostenpositionen einer Prozesspartei genügen müssen, um im Rahmen des prozessualen Kostenerstattungsverfahrens erstattungsfähig zu sein. In den Absätzen 2 und 3 des § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO finden sich Vorschriften über einzelne im Rechtsstreit regelmäßig entstehende Kosten. So geht § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO davon aus, dass die gesetzlichen Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts der obsiegenden Partei stets zu erstatten sind. Detaillierte Regelungen zum Kostenfestsetzungsverfahren sind in den §§ 103  ff. ZPO zu finden. Jede Prozesspartei entscheidet selbstständig darüber, welche Maßnahmen sie zur Rechtsverfolgung oder -verteidigung einleitet. Die Rechtsverfolgungskosten stellen daher eigennützige Aufwendungen, also freiwillige Vermögensopfer, dar.226 Demzufolge ist der prozessuale Kostenerstattungsanspruch als eine besondere Pflicht zum Ersatz von Aufwendungen ein­zuordnen.227 Aufwendungsersatzansprüche sind im Allgemeinen d ­ adurch gekennzeichnet, dass sie die Erstattungspflicht begrenzen.228 Die erstattungs222  Schulz,

in: Müko/ZPO, § 91 ZPO Rdn.  10. in: Müko/ZPO, § 91 ZPO Rdn.  10. 224  Dies gilt auch, wenn die Partei in den ersten beiden Instanzen gesiegt hat. 225  Hartmann, in: BLAH, § 91 ZPO Rdn. 19 f. 226  Bork, in: Stein/Jonas, vor § 91 ZPO Rdn. 1; BLAH, Übers. § 91 ZPO Rdn. 14. Zur Definition des Begriffs „Aufwendung“ siehe Bittner, in: Staudinger, § 256 BGB Rdn.  4 ff.; Schreiber, Aufwendungsersatzansprüche, S. 442; Beuthien, S. 842; Müller, Aufwendungsersatz, S. 769; Münch, S.  372 f. 227  Bork, in: Stein/Jonas, vor § 91 ZPO Rdn.  6. 228  Beispielsweise begrenzen die §§ 670, 994, 970, 536a BGB den jeweiligen Aufwendungsersatzanspruch auf die notwendigen bzw. erforderlichen Aufwendungen. 223  Schulz,

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1. Teil: Rechtstatsachen und Rechtsrahmen

pflichtige Partei hat dem Anspruchsinhaber daher nicht alle Kosten zu erstatten, sondern nur soweit diese erforderlich und zweckmäßig waren.

C. Grundlagen des materiell-rechtlichen ­Kostenerstattungsanspruches I. Begriff des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruches Der Begriff des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruches ist in Literatur und Rechtsprechung „fest verankert“229. Auf den ersten Blick suggeriert die Verwendung dieses Begriffs das Vorhandensein eines materiellrechtlichen Kostenerstattungsanspruches als selbstständiges Rechtsinstitut im deutschen Recht. Dies täuscht allerdings. Einen solchen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch gibt es nicht.230 Vielmehr resultieren materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche daraus, dass viele Anspruchsnormen im Einzelfall auch auf die Erstattung von Rechtsverfolgungs- oder -verteidigungskosten gerichtet sein können.231 Als materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche kommen dabei nicht nur eine „fest umrissene Gruppe bestimmter Anspruchsgrundlagen in Betracht, sondern alle privatrechtlichen Ansprüche, die auf Zahlung einer Geldsumme gerichtet sind“.232 Dabei gelten für die materiell-rechtlichen Kostenerstattungsansprüche dieselben Grundsätze wie für die Normen, aus denen sie „entspringen“. Dies gilt sowohl für die hinsichtlich Entstehung und Ausgestaltung als auch für die zu Untergang und Durchsetzung bestehenden Vorschriften.233 II. Unterscheidung zwischen selbstständig und unselbstständig ­ egründeten materiell-rechtlichen Kostenerstattungsansprüchen b Die wichtigste Gruppe der materiellen Kostenerstattungsansprüche stellen die Schadensersatzansprüche dar. Grundsätzliche kann jede Schadensersatzvorschrift auch einen materiellen Kostenerstattungsanspruch begründen.234 Hierbei – so Becker-Eberhard – sei zwischen zwei verschiedenen Gestaltungsmöglichkeiten zu differenzieren, die sich hinsichtlich des Anknüpfungspunktes der Pflicht zur Kostenerstattung unterschieden. Zum einen dazu nur Becker-Eberhard, S. 50. dazu nur Becker-Eberhard, S. 50. 231  Becker-Eberhard, S. 50. 232  Siebert, S. 228. 233  Becker-Eberhard, S. 50 f. Die einzelnen Ansprüche sind also nicht durch ein gemeinsames Wesen verbunden. 234  Becker-Eberhard, S.  53 ff. 229  Siehe 230  Siehe



3. Kap.: Prozessuale und materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche95

könne die Pflicht zur Kostenerstattung an das ursprüngliche Schadensereignis anknüpfen. In diesem Fall bestehe bereits vor Anfallen der Rechtsverfolgungskosten ein Schadensersatzanspruch und die aufgewendeten Kosten dienten der Durchsetzung dieses Anspruches. Diese Konstellation wird als unselbständig begründeter schadensrechtlicher Kostenerstattungsanspruch bezeichnet.235 Davon zu unterscheiden – so Becker-Eberhard – sei der selbstständige schadensersatzrechtliche Kostenerstattungsanspruch. In diesem Fall kämen zu dem für den Hauptanspruch maßgeblichen Rechtsgrund Umstände hinzu, die selbstständig und völlig unabhängig von diesem die haftungsbegründenden Voraussetzungen eines eigenständigen Schadensersatzanspruches auf Erstattung seiner Rechtsverfolgungs- oder -verteidigungskosten erfüllten.236 Als Grundfall eines selbstständig begründeten materiellen Kostenerstattungsanspruchs als Schadensersatzanspruch ist der Verzögerungsschadensersatzanspruch der §§ 280 Abs. 2, Abs. 2, 286 BGB anzusehen. Hier kommt zu dem Hauptanspruch als weiterer eigenständiger Haftungsgrund die schuldhafte Leistungsverzögerung des Schuldners hinzu.237 Inwieweit die Kosten dann tatsächlich erstattungsfähig sind, muss immer im Einzelfall nach den allgemeinen schadensrechtlichen Zurechnungskriterien entschieden werden.

D. Anwendbarkeit der materiell-rechtlichen Anspruchsnormen neben denen des Prozessrechts? Bereits an dieser Stelle soll das Konkurrenzverhältnis des prozessualen Kostenerstattungsanspruches gem. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO zu den materiellrechtlichen die Erstattung von Kosten der Rechtsverfolgung umfassenden Anspruchsgrundlagen erörtert werden. I. Gefahr des Leerlaufens der Wertungen bzw. Beschränkungen ­des Prozesskostenrechts Das Konkurrenzverhältnis ist problematisch. Warum dies so ist, wird verständlich, wenn man sich vor Augen führt, dass bei einer Zulassung von auf die Erstattung von Aufwendungen für die Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung gerichteten materiell-rechtlichen Ansprüche die durch die Regelungen des Prozesskostenrechts vorgenommenen Wertungen und Beschränkungen leer laufen könnten: Im Prozesskostenrecht hat – wie bereits ausgeführt – bis auf einige Ausnahmefälle immer die im Rechtsstreit unterlegene 235  Becker-Eberhard,

S. 53. S. 63. 237  Becker-Eberhard, S.  63 f. 236  Becker-Eberhard,

96

1. Teil: Rechtstatsachen und Rechtsrahmen

Partei die Prozesskosten zu tragen. Eine derartige Wertung greift bei der Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen einer materiell-rechtlichen Anspruchsgrundlage nicht ein. In der Regel ist hier zu prüfen, ob der Anspruchsgegenseite ein schuldhaftes Verhalten vorgeworfen werden kann.238 Das Kriterium des Verschuldens führt dazu, dass „durch die materiellrechtliche Brille gesehen“ nicht in jedem Fall die unterlegene Partei auch als „Veranlasser“ des Rechtsstreits und damit als schadensersatzpflichtig angesehen werden kann. Zudem ist der Umfang der erstattungsfähigen Kosten in § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO beschränkt. Die unterlegene Partei wird nur zur Zahlung der zur Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung notwendigen Kosten des Rechtsstreits i. S. d. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO verpflichtet. Materiell-recht­ liche Haftungsansprüche können unter Umständen auch darüber hinausgehende Aufwendungen erfassen. Konsequenz der unterschiedlichen Haftungsvoraussetzungen bzw. -folgen ist, dass prozessuale und materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche unterschiedliche Ergebnisse aufweisen können. Die Zulassung von materiell-rechtlichen auf die Erstattung von Aufwendungen der Rechtsverfolgung gerichteten Ansprüchen könnte also zu Wertungswidersprüchen innerhalb der Rechtsordnung führen.239 II. Bestehen einer Anspruchskonkurrenz Die frühere herrschende Meinung wollte das Problem des Verhältnisses zwischen der Kostenerstattung nach materiellem Recht und dem prozessualen Kostenerstattungsanspruch schon bei der Anspruchsentstehung lösen.240 Dem Prozesskostenrecht der ZPO sollte also in Bezug auf materiell-rechtliche Vorschriften eine abschließende Wirkung zukommen.241 Indes hat das Reichsgericht seine Auffassung geändert und die Möglichkeit der Existenz eines materiellen Kostenerstattungsanspruchs neben dem prozessualen Kostenerstattungsanspruch sogar ausdrücklich anerkannt.242 Auch die heute herrschende Meinung geht grundsätzlich davon aus, dass das materielle Recht auch im Falle des Prozesses Kostenerstattungsansprüche begründen kann und beide Ansprüche nebeneinander stehen.243 Aller238  Eine

239  Dies

Ausnahme bilden die verschuldensunabhängigen Schadensersatzansprüche. gilt natürlich nur, wenn es tatsächlich zu einem Gerichtsprozess gekom-

men ist. 240  RGZ 130, 217, 219. 241  Siehe dazu auch Hösl, S.  13 ff.; Becker-Eberhard, S.  142 ff. m. w. N. 242  Becker-Eberhard, S. 143  ff., stellt den Wandel in der Rechtsprechung des BGH dar. 243  BGHZ 45, 256, 257; 111, 168, 178; Schulz, in: Müko/ZPO, vor § 91 ZPO Rdn. 14.; Hüßtege, in: Thomas/Putzo, Vorbem. § 91 ZPO Rdn. 14; Gierl, in: Saenger,



3. Kap.: Prozessuale und materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche97

dings ist hier im Einzelnen vieles umstritten: So wird teilweise angenommen, der materielle Kostenerstattungsanspruch müsse hinsichtlich des Umfangs durch den prozessualen Kostenerstattungsanspruch beschränkt werden.244 Teilweise wird auch vertreten, § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO stelle eine vom Gesetzgeber getroffene Differenzierung für die Erstattung von Aufwendungen für Reisekosten und Zeitversäumnis dar. Die vom Gesetzgeber vorgenommene Wertung sei daher auch im materiellen Recht zu berücksichtigen.245 Zwar ist der Diskussionswert dieser Auffassungen – wie vor allem Pühmeyer246 zu bedenken gibt – nur von geringer Bedeutung, weil die Auffassungen nicht begründet werden. Es ist im Rahmen dieser Abhandlung allerdings nicht möglich, auf diese Problematik genauer einzugehen.247 Es soll nur noch darauf hingewiesen werden, dass bereits der historische Gesetzgeber davon ausgegangen ist, dass die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen neben dem Prozesskostenrecht möglich sein soll. Dies geht aus den Ausführungen zur Begründung des § 85 CPO, dem heutigen § 91 ZPO, hervor248: „Außerhalb des Prozesskostenersatzes liegen Schadensansprüche, deren Fundament nicht allein durch die Thatsache des Obsiegens im Rechtsstreite, sondern noch durch weitere Umstände begründet werden. Solche Forderungen sind in besonderem Prozesse zu verfolgen.“

Daher soll auch im Rahmen dieser Abhandlung von dem Bestehen einer echten Anspruchskonkurrenz ausgegangen werden. Allerdings besteht ein Vorrang des prozessualen Kostenfestsetzungsverfahrens. Geht es um die Kosten, die als „Kosten des Rechtsstreits“ gem. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO zu qualifizieren sind, muss das Kostenfestsetzungsverfahren beschritten werden. Einer etwaigen Klage – beispielsweise auf Schadensersatz – hinsichtlich dieser Kosten würde es an einem Rechtsschutzbedürfnis fehlen.249 vor §§ 91–107 ZPO Rdn. 14 ff.; BLAH, Übers. § 91 ZPO Rdn. 43 ff.; Pühmeyer, S.  76 ff.; Hösl, S.  13 ff.; Becker-Eberhard, S.  139 ff.; ders., JZ 1995, S. 814 ff.; Schnitzer, S.  27 ff.; Haller, S. 342. 244  Nach Herget sind die reinen Prozesskosten nicht vom materiellen Kostenerstattungsanspruch erfasst. Dieser erfasse nur die vor- und außerprozessualen Kosten. Siehe dazu Herget, in: Zöller, vor § 91 ZPO Rdn. 11. Siehe zudem KG NJW-RR 1992, 1298; BGH NJW 1961, 92, 93. 245  Darauf weist Loritz, S. 64 f., hin. 246  Pühmeyer, S. 69. 247  Es soll daher vor allem auf die Arbeiten von Loritz und Becker-Eberhard verwiesen werden. 248  Hahn, S. 197. 249  BGH NJW-RR 2010, 674, 675; Schulz, in: Müko/ZPO, Vorbemerkung zu den §§ 91  ff. ZPO Rdn. 20; Gierl, in: Saenger, Vorbemerkung zu §§ 91–107 ZPO Rdn. 19.

98

1. Teil: Rechtstatsachen und Rechtsrahmen

III. Ergebnis Damit steht fest, dass die Geltendmachung materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche neben § 91 ZPO grundsätzlich nicht ausgeschlossen ist.

E. Schlussfolgerungen In unserer Rechtsordnung ist ein Kostenerstattungssystem, bestehend aus prozessualen bzw. materiell-rechtlichen Kostenerstattungsansprüchen, verankert. Der prozessuale Kostenerstattungsanspruch ergibt sich aus dem in den §§ 91  ff. ZPO geregelten prozessualen Kostenerstattungsverfahren. Unter dem Begriff des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs ist die Inanspruchnahme der Gegenseite für die Kosten der Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung aufgrund einer materiell-rechtlichen Anspruchsgrundlage zu verstehen. Ein Erstattungsanspruch bezüglich des Erfolgshonorars ist also in zwei Formen denkbar: zum einen als unselbstständig begründeter materiellrechtlicher Kostenerstattungsanspruch (Folgeschaden zum ursprünglichen Schadensereignis) und zum anderen als selbstständig begründeter materiellrechtlicher Kostenerstattungsanspruch (zum Beispiel als Verzögerungsschaden gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB). Zwischen den materiell-rechtlichen Kostenerstattungsansprüchen sowie dem prozessualen Kostenerstattungsanspruch besteht eine echte Anspruchskonkurrenz. 4. Kapitel

Zusammenfassung und Ergebnisse Unter Prozessfinanzierung ist die Übernahme des Kostenrisikos eines Verfahrens zur Durchsetzung materieller Rechte durch einen Dritten – einem Prozessfinanzierungsunternehmen – gegen eine Beteilung am erzielten Erlös zu verstehen. Die Hauptpflicht des Prozessfinanzierungsunternehmens besteht in der Verpflichtung, sämtliche Kosten des Rechtsstreits vorzuschießen bzw. im Fall des Unterliegens oder der Uneinbringlichkeit der Forderung die Kosten des Rechtsstreits endgültig zu tragen. Das Prozessfinanzierungsunternehmen erbringt also sowohl eine Finanzierungs- also auch eine Versicherungsleistung. Als Hauptpflicht des Anspruchsinhabers ist die Auskehr des vertraglich vereinbarten Erfolgshonorars an das Prozessfinanzierungsunternehmen anzusehen. Dabei stellt das Erfolgshonorar den „Preis“ für die von dem Prozessfinanzierungsunternehmen zu erbringenden Finanzierungs- bzw. Versicherungsdienstleistungen dar. Die Erfolgsbeteiligung beträgt durchschnittlich 30 %.



4. Kap.: Zusammenfassung und Ergebnisse99

Das Bedürfnis eines Anspruchsinhabers zum Abschluss eines Prozessfinanzierungsvertrages ergibt sich aus dem mit der Rechtsverfolgung verbundenen hohen Kostenrisiko sowie der Unzulänglichkeit der vorhandenen „traditionellen“ Instrumente zur Erleichterung des Rechtsschutzzugangs. Die Finanzierung der Rechtsdurchsetzung durch ein Prozessfinanzierungsunternehmen mit den damit verbundenen Konsequenzen (Pflicht zur Zahlung des Erfolgshonorars) wird nicht selten die einzige Möglichkeit eines Anspruchsinhabers darstellen, sein Recht auch durchsetzen zu können. In der Praxis kommt der Prozessfinanzierung bislang jedoch nur eine untergeordnete Rolle zu. Nur wenige Rechtssuchende haben bislang auf eine Finanzierung ihrer Rechtsstreitigkeiten durch ein Prozessfinanzierungsunternehmen zurückgegriffen. Das Bestehen eines Anspruches des Anspruchsinhabers auf Erstattung des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars dem Anspruchsgegner gegenüber scheint nicht vollkommen ausgeschlossen zu sein, da in unserer Rechtsordnung ein Kostenerstattungssystem, bestehend aus prozessualen bzw. materiell-rechtlichen Kostenerstattungsansprüchen verankert ist.

2. Teil

„Legitimation“ des Erstattungsanspruches aus ökonomischer Sicht unter Berücksichtigung rechtsvergleichender Aspekte Der zweite Teil dieser Abhandlung wird sich der „Legitimation“ eines solchen Erstattungsanspruches widmen, also der Frage nachgehen, ob und in welchen Grenzen die Verankerung eines Anspruches auf Erstattung des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars in unserer Rechtsordnung überhaupt erforderlich ist. Anhand einer ökonomischen Analyse soll untersucht werden, welche Anreize von einer solchen Haftung auf Anspruchsinhaber und Anspruchsgegner ausgehen und ob diese ökonomisch sinnvoll sind. Bei dieser Analyse sollen rechtsvergleichende Aspekte Berücksichtigung finden. Den nachfolgenden Ausführungen soll die These zugrunde liegen, dass ein Anspruch des Anspruchsinhabers auf Erstattung des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars gegenüber dem Anspruchsgegner im Fall des Obsiegens aus ökonomischer Sicht unter bestimmten näher zu definierenden Voraussetzungen zu einer Verbesserung der Präventionsfunktion der Zivilgerichtsbarkeit beitragen kann. Dazu ist in einem ersten Schritt darzulegen, dass aus ökonomischer Sicht von dem System der Zivilgerichtsbarkeit verhaltenssteuernde Anreize auf die Akteure ausgehen sollen, sich rechtstreu zu verhalten. Aufgabe des Justizsystems ist es mithin auch, für Rechtsbekräftigung und Rechtsbewährung zu sorgen. In einem zweiten Schritt ist darzulegen, dass und warum unser System der Zivilgerichtsbarkeit dieser Aufgabe aus ökonomischer Sicht nur unzureichend gerecht wird und stattdessen strategisches Verhalten der Akteure fördert, das sowohl zu einem Rechtsdurchsetzungs- als auch einem Rechtsbefolgungsdefizit – verbunden mit negativen Auswirkungen für unsere Volkswirtschaft – führt. In einem dritten Schritt ist zu erörtern, dass eine Haftung des Anspruchsgegners für das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar unter bestimmten näher zu definierenden Voraussetzungen zu mehr Rechtsbekräftigung und Rechtsbewährung führen und somit zu einer Stärkung der Funktion der Zivilgerichtsbarkeit, verhaltenssteuernd auf die Akteure einzuwirken, beitragen kann. Zum besseren Verständnis der nachfolgenden Ausführungen soll jedoch zunächst ein kurzer Überblick über die Grundlagen der ökonomischen Analyse des Rechts gegeben werden.



1. Kap.: Grundlagen der ökonomischen Analyse des Rechts101

1. Kapitel

Grundlagen der ökonomischen Analyse des Rechts Zunächst sollen einige wesentliche Grundlagen der ökonomischen Analyse des Rechts erörtert werden.

A. Zweck der ökonomischen Analyse des Rechts Ökonomen beschäftigen sich mit der Frage, „wie eine Gesellschaft die knappen Mittel, die ihr zur Verfügung stehen, so einsetzen kann, dass ein möglichst hoher Grad an Bedürfnisbefriedigung erreicht wird. In dem Maße wie dies gelingt, ist eine Wirtschaft effizient […].“1 Die ökonomische Analyse des Rechts wendet die Sichtweisen und Methoden der Ökonomie auf die Untersuchung von Rechtsnormen an2 und „betrachtet es als legitime und notwendige Aufgabe der Rechtsökonomie, rechtliche Regelungen danach zu beurteilen, in welchem Maße sie die Verschwendung von Ressourcen verhindern und damit die Effizienz erhöhen“.3 Insbesondere will man herausfinden, wie sich das Verhalten Einzelner durch Änderungen von Knappheitsrestriktionen ändert,4 sodass dieses sozial wünschenswert ist und insgesamt zu mehr Effizienz in der Gesellschaft führt. Im Ergebnis werden Regelungen und Institutionen vorgeschlagen, durch die die Effizienz der Mittelverwendung gefördert und Verschwendung vermieden werden.5 Dazu werden zum einen die Auswirkungen einer Rechtsnorm auf das Verhalten der betroffenen Person untersucht. Zum anderen wird gefragt, ob diese Auswirkungen sozial wünschenswert sind.6 Wird ein Mangel an Effizienz festgestellt, so werden entsprechende Empfehlungen entwickelt, wie Rechtsnormen gestaltet werden können, um ökonomisch zu wirken.7

B. Maximierung der Wohlfahrt durch Recht Es stellt sich die Frage, wie die Rechtsordnung zur Maximierung der Effizienz einer Gesellschaft beitragen kann. 1  Schäfer/Ott,

S. XXXIII. S. XIII. 3  Schäfer/Ott, S. XXXIII; so auch: Weigel, S. 3; Roussos, S. 207. 4  Kirstein, S. 3. 5  Schäfer/Ott, S. XXXIII. 6  Weigel, S. 3. 7  Weigel, S. 3. 2  Weigel,

102 2. Teil: „Legitimation“ des Erstattungsanspruches aus ökonomischer Sicht

I. Wirtschaftswissenschaftlicher Begriff der Effizienz Unter wirtschaftswissenschaftlicher Effizienz wird die optimale Alloka­ tion von knappen Ressourcen verstanden.8 Ressourcen sollen also in ihrer bestmöglichen Verwendung genutzt und nicht verschwendet werden.9 Aber wie wird bestimmt, wann eine Ressource am besten verwendet wird? Ein Kriterium hierfür wurde von Vilfredo Pareto entwickelt – das sogenannte Pareto-Kriterium. Danach ist ein Zustand ökonomisch optimal, wenn „es nicht möglich ist, die Lage eines der Betroffenen zu verbessern, ohne zugleich die Lage eines anderen zu verschlechtern“.10 II. Bereit- und Sicherstellung von Verfügungsrechten als Aufgabe des Rechts Nach Posner soll auch die Rechtsordnung dem Prinzip der Vermögensmehrung folgen.11 Recht ist also dann effizient, wenn es die Wohlfahrt der Gesellschaft maximiert. Aber wie kann das Recht der Wohlfahrt bzw. Steigerung der Effizienz der Gesellschaft dienen? Der Zusammenhang zwischen Recht und Effizienz in der Gesellschaft wird verdeutlicht, wenn man sich die „Triebfedern des volkswirtschaftlichen Wohlstandes“12 vor Augen hält, nämlich das Prinzip von Arbeitsteilung und Spezialisierung.13 1. Notwendigkeit des Tauschgeschäfts als Folge von Arbeitsteilung und Spezialisierung Arbeitsteilung ermöglicht es den Menschen, „sich auf eine bestimmte Tätigkeit zu spezialisieren und dadurch viel mehr aus den vorhandenen Ressourcen herzustellen als es in der Subsistenzwirtschaft möglich wäre“.14 Dies stellte Adams Smith, der „Gründervater der Ökonomie“,15 bereits im Jahr 1776 in seinem Buch „Der Wohlstand der Nationen“ fest.16 Kehrseite dazu Schäfer/Ott, S. XXXIV. S. 88. 10  Weigel, S. 18. 11  Posner, S. 23. 12  Kirstein, S. 7, 9. 13  Kirstein, S. 7. 14  Kirstein, S. 8; siehe auch Cezanne, S. 9 f., Borggräfe, S. 89. 15  Kirstein, S. 8. 16  Adam Smith hat dies anhand des Stecknadelprinzips verdeutlicht – siehe dazu und zu Adam Smith und seinem Buch „Wohlstand der Nationen, Eine Untersuchung seiner Natur und seiner Ursachen“, London 1776, ausführlich Cezanne, S. 9. 8  Siehe

9  Sauerbruch,



1. Kap.: Grundlagen der ökonomischen Analyse des Rechts103

des Systems von Arbeitsteilung und Spezialisierung ist allerdings die Schaffung von Abhängigkeiten.17 „Wenn die Akteure nicht mehr das von ihnen benötigte Güterbündel selbst herstellen, sondern sich auf ein einziges Gut spezialisieren, dann sind sie darauf angewiesen, von anderen Akteuren die anderen benötigten Güter durch Tausch erwerben zu können.“18 Zum Tausch kommt es jedoch nicht nur aufgrund der unterschiedlichen Produktionsstrukturen, sondern auch infolge unterschiedlicher Bedürfnisstrukturen. Zwischen dem, was man an Gütern hat, und dem, was man an Gütern haben möchte, wird oft eine Diskrepanz bestehen.19 Als Konsequenz daraus wird versucht, die Ausstattung mit Gütern durch entsprechende Tauschaktionen der Bedürfnisstruktur anzupassen, um auf diese Art und Weise das Wohlstandsniveau zu erhöhen.20 Eine Volkswirtschaft kann also dann als effizient bezeichnet werden, „wenn aufgrund ihrer Organisation sichergestellt ist, dass die Konsumenten unter Berücksichtigung der gegebenen Ressourcen und der gegebenen Technologie die größtmögliche Kombination von Gütern erhalten“.21 2. Sicherstellung der property rights Arbeitsteilung und Spezialisierung funktionieren jedoch nur dann, wenn in einer Gesellschaft Tausch- und Investitionssicherheit gegeben sind. Dazu müssen durchsetzbare Verfügungsrechte, also das Recht, eine Sache zu nutzen, zu veräußern, zu zerstören bzw. ihre Früchte zu genießen, vorhanden sein.22 Ein Akteur wird sich nur dann dem Risiko des Tausches aussetzen, wenn er von der Sicherheit seines Eigentumsrechts („property right“) überzeugt ist. Hier kommt nun das Recht „ins Spiel“. Das Zivilrecht hat die Aufgabe, diese „property rights“ festzulegen,23 d. h. Vorschriften zu erlassen, die angeben, „unter welchen Voraussetzungen bestimmte Personen mit bestimmten Gütern verfahren können und für den Fall, dass Privatpersonen beim Gebrauch der ihnen zustehenden Rechte auf Widerstand stoßen, den Bürgern die notfalls mit staat­ licher Gewalt verbundene Durchsetzung ihrer Rechte zu gewährleisten.“24

17  Kirstein,

S. 8. S. 8. 19  Borgräfe, S. 89. 20  Cezanne, S.  10 f.; Borggräfe, S. 89. 21  Borggräfe, S. 89. 22  Kirstein, S. 8. 23  Borggräfe, S. 91. 24  Borggräfe, S. 91. 18  Kirstein,

104 2. Teil: „Legitimation“ des Erstattungsanspruches aus ökonomischer Sicht

Aus Sicht der ökonomischen Analyse besteht die zentrale Aufgabe der Rechtsordnung demnach darin, einen Markt für Rechtspositionen zuzulassen und marktmäßige Austauschgeschäfte zu erleichtern.25 3. Reduzierung von Transaktionskosten nach dem Coase-Theorem In welcher Art und Weise, marktmäßige Austauschgeschäfte zugelassen und erleichtert werden, hängt aus Sicht der modernen Institutionenökonomik von den Transaktionskosten ab.26 Zu den Transaktionskosten gehören die Kosten der Anbahnung und Durchführung von Verträgen.27 Aufgabe des Rechts ist es, diese Transaktionskosten soweit wie möglich zu reduzieren, um die Funktionsfähigkeit des Tauschmechanismus zu erhalten und damit eine effiziente Ressourcenallokation zu ermöglichen.28 Diese Schlussfolgerung lässt sich aus dem sogenannten „Coase-Theorem“ ziehen: Dieses behandelt den Zusammenhang zwischen Rechtspositionen und gesellschaft­ licher Effizienz.29 Dabei enthält es zwei Hypothesen:30 − Neutralitätshypothese: Nach dieser Hypothese führt bei Abwesenheit von Transaktionskosten jede Zuteilung von Rechtspositionen immer zu derselben Verwendung (Allokation). − Effizienzhypothese: Nach dieser Hypothese ist die realisierte Allokation effizient. In einer fiktiven Welt ohne Transaktionskosten hätte die Rechtsordnung also keinen Einfluss auf die Allokation von Ressourcen. Durch eine vertragliche Regelung würde immer die effizienteste Ressourcenverwendung erreicht werden.31 In der Wirklichkeit spielen die Transaktionskosten jedoch eine sehr wichtige Rolle. Die große Bedeutung des Coase-Theorems resultiert daher nicht in der „Beschreibung einer Welt ohne Transaktionskosten, sondern in der normativen Schlussfolgerung, die daraus für eine 25  Schmidtchen,

S. 22. S. 9. 27  Kirstein, S. 9. 28  Cooter/Ulen, S.  95 ff. 29  Siehe dazu den grundlegenden Aufsatz von Ronald H. Coase: Das Problem der sozialen Kosten. Dieser Aufsatz wird als Meilenstein in der Entwicklung der ökonomischen Analyse des Rechts angesehen. Den Juristen sollen „die Augen darüber geöffnet werden […], welche ökonomischen Implikationen in ihren legislativen und judikativen Entscheidungen enthalten sind.“ – Assmann/Kirchner/Schanze, S. 129. 30  Schmidtchen, S. 20; siehe zum Coase-Theroem auch Schäfer/Ott, S.  102 ff. 31  Sauerbruch, S. 91. 26  Kirstein,



1. Kap.: Grundlagen der ökonomischen Analyse des Rechts105

Welt, in der Transaktionskosten vorhanden sind, gezogen werden kann“.32 Danach liegt die primäre Aufgabe des Rechts darin, Transaktionskosten soweit wie möglich zu senken.33 Niedrige Transaktionskosten „bedeuten, dass mehr Tauschgelegenheiten oder Investitionsmöglichkeiten genutzt werden, sodass – gegenüber einer Situation mit hohen Transaktionskosten – noch größerer Wohlstand geschaffen werden kann“.34 Sind die Transaktionskosten zu hoch, weil beispielsweise keine verlässlichen Institutionen zur Sicherung der „property rights“ zur Verfügung stehen, kann es sein, dass sich eigentlich vorteilhafte Investitionen und Tauschvorgänge nicht mehr lohnen.35

C. Ergebnis Die Rechtsökonomik wendet die Methoden der Ökonomie auf die Untersuchung von Rechtsnormen an. Aus ökonomischer Sicht ist es Aufgabe des Rechts, Transaktionskosten soweit wie möglich zu reduzieren, um so die Funktionsfähigkeit des Tauschmechanismus zu erhalten und eine effiziente Ressourcenallokation zu erreichen. Sind die Transaktionskosten niedrig, können mehr Tauschgelegenheiten oder Investitionsmöglichkeiten genutzt werden. Im Ergebnis kann noch größerer Wohlstand geschaffen werden. Bei zu hohen Transaktionskosten können sich hingegen eigentlich vorteilhafte Investitionen nicht mehr lohnen. Ziel der ökonomischen Analyse des Rechts ist es deshalb, auf der Grundlage der Analyse der verhaltenssteuernden Wirkung von Rechtsnormen Empfehlungen zu entwickeln, wie diese optimaler ausgestaltet werden können, um effizient zu wirken. Bei der ökonomischen Analyse wird im Allgemeinen in zwei Stufen vorgegangen. Auf der ersten Stufe, der positiven Analyse, wird die verhaltenssteuernde Wirkung von Rechtsnormen geprüft. Dabei wird untersucht, welche Anreize eine Norm bei einem Normadressaten auslöst. Auf der zweiten Stufe, der normativen ökonomischen Analyse, werden die durch die Analyse gefundenen Ergebnisse bewertet. Ziel ist es, nach optimalen Rechtsregeln zu suchen.36

32  Sauerbruch,

S. 93. S. 93. 34  Kirstein, S. 9. 35  Kirstein, S. 9. 36  Sauerbruch, S. 88. 33  Sauerbruch,

106 2. Teil: „Legitimation“ des Erstattungsanspruches aus ökonomischer Sicht

2. Kapitel

Funktionierendes Justizsystem als Instrument zur Maximierung der Wohlfahrt Wie bereits angesprochen, bedarf es zur Sicherung der „property rights“ verlässlicher Institutionen. Auch das Justizsystem – hier im Speziellen der Zivilprozess – ist daher dem aus rechtsökonomischer Sicht bestehenden Ziel des Rechts untergeordnet, Transaktionskosten soweit wie möglich zu reduzieren. Hierzu soll es – wie nachfolgend zu zeigen sein wird – beitragen, indem derart verhaltenssteuernd auf die Akteure eingewirkt wird, dass diese zur Normenkonformität veranlasst werden und nur effiziente – notwendige – Rechtsstreitigkeiten geführt werden. Es erscheint zunächst fraglich zu sein, wie das Justizsystem – hier im Speziellen der Zivilprozess – zu einer Senkung der Transaktionskosten und einer effizienten Ressourcenallokation beitragen kann, denn das System der Rechtsdurchsetzung kostet die Gesellschaft zunächst einmal Geld. Es werden also Ressourcen verbraucht, die eigentlich auch anders eingesetzt werden könnten.

A. Zivilprozess als „ressourcenfressender Verteilungskampf“ Genau aus diesem Grund bezeichnet Michael Adams in seiner „Ökonomischen Analyse des Zivilprozesses“ den Zivilprozess als „recht kostspielige, ressourcenverschlingende Unternehmung.“37 Franz Klein wiederum hat den Zivilprozess mit der Heilung einer Krankheit verglichen: Der Prozess sei „durch eine Verletzung der Rechtsordnung bedingt und wirkt ihr gegenüber ähnlich wie etwa die ärztliche Heilkunst bei Gesundheitsstörungen: beide wollen Wiederherstellung, nicht Neuschöpfung“.38 Diesen kritischen Stimmen ist insoweit zuzustimmen, als dass durch den Zivilprozess tatsächlich kein neues wirtschaftliches Gut geschaffen, sondern nur vorhandenes verteilt wird, indem das Gericht den Streitgegenstand entweder der klagenden oder der beklagten Partei zuspricht.39 Aus ökonomischer Sicht könnten Prozesse also tatsächlich als „sozial unnützer Verschwendungs­ kampf“40 angesehen werden.

37  Adams, 38  Klein,

Ökonomische Analyse, S. 86. Zeit- und Geistesströmungen im Prozesse, S. 3, zitiert nach Lewisch,

S. 100. 39  Lewisch, S. 100. 40  Lewisch, S. 104.



2. Kap.: Funktionierendes Justizsystem zur Maximierung der Wohlfahrt107

B. Prävention als Ziel des Zivilprozesses: Vermeidung von Prozessen durch Prozesse Eine solche Einordnung des Gerichtsprozesses als lediglich sozial unnützer Verteilungskampf ist jedoch zu „kurz gefasst“. Zunächst einmal ist es Aufgabe eines funktionierenden Gerichtssystems, Verfügungsrechte zu sichern und durchzusetzen. Dies wiederum ist – wie bereits ausgeführt – Voraussetzung dafür, dass sich die Akteure auf das den gesellschaftlichen Wohlstand fördernde System von Arbeitsteilung und Spezialisierung und das damit verbundene Risiko des Tauschgeschäfts überhaupt einlassen. Ist ein Vertrag nicht oder nur schwer durchsetzbar, weil kein funktionsfähiges System der Rechtsdurchsetzung vorhanden ist, das „Verträgen bzw. Rechtsnormen Geltung verschafft, so kann ein Partner einen Anreiz haben, seinen Teil des Vertrages nicht zu erfüllen. Diese Möglichkeit des Opportunismus führt dazu, dass Individuen damit rechnen müssen, dass jedermann den Vertrag brechen kann.“41 Verträge würden dadurch wertlos.42 Stehen keine verlässlichen Institutionen zur Rechtsdurchsetzung zur Verfügung, käme es nicht mehr zum Abschluss von Verträgen und eigentlich vorteilhafte Investitionen und Tauschvorgänge würden unterbleiben, da sie sich nicht mehr lohnen.43 Der Nutzen des Justizsystems geht jedoch noch über die Streitschlichtung im Einzelfall hinaus.44 Ein funktionsfähiges System staatlicher Institutionen führt zum einen dadurch zu einer Senkung von Transaktionskosten, dass der Einzelne seine Rechte bzw. Rechtspositionen nicht selbst schützen muss.45 Zum anderen jedoch werden Transaktionskosten vor allem dadurch gesenkt, dass Prozesse präventiv, also verhaltenssteuernd, auf die Akteure einwirken und diese zur Normenkonformität veranlassen. Dadurch sind insgesamt weniger Prozesse notwendig und die dadurch eingesparten Ressourcen können anders eingesetzt werden. Ein funktionierendes System der Rechtsdurchsetzung erreicht dies, indem es Rechtsbewährung und Rechtsbekräftigung schafft.46 Werden Rechtsverletzungen prozessual verfolgt, schrecke dies – so Lewisch – nicht nur die im Einzelfall beteiligten Parteien von weiteren Rechtsverletzungen ab. Vielmehr werde auch ein negativer Verhaltensanreiz für die anderen Vertreter des betroffenen Verkehrskreises geschaffen.47 „Die konkrete Rechtsverletzung lehrt sie, die 41  Bier,

S. 125. S. 125. 43  Kirstein, S. 9; Bier, S. 125. 44  Bier, S. 125. 45  Kirstein, S. 9. 46  Lewisch, S. 107. 47  Lewisch, S. 106. 42  Bier,

108 2. Teil: „Legitimation“ des Erstattungsanspruches aus ökonomischer Sicht

verletzte Verhaltensnorm zukünftig zu respektieren.“48 Habe die Rechtsverletzung keine Chance auf dauerhaften Erfolg, werde sie weniger attraktiv.49 Rechtsbewährung und Rechtsbekräftigung führten zu einer Bekräftigung und Durchsetzung der durch das materielle Recht vorgegebenen Güterzuordnung. Darin liege auch – so Lewisch weiter – der Zusammenhang zwischen materiellem Recht und Prozessrecht. Genau wie das Vollstreckungsrecht den Wert eines zivilrechtlichen Titels und damit den des Erkenntnisverfahrens bestimme, bestimme auch das Erkenntnisverfahren den Wert eines materiellen Rechts:50 „Nur das Recht, das die Probe des Prozesses bestanden hat, kann auf Verwirklichung gegen den Willen des Verpflichteten rechnen, ist vollwirksam, vollkräftig. Vor dem Prozess muss unter Umständen die tatsächliche Rechtsbegründung zurücktreten: ist nämlich auch seinerzeit das Recht gehörig entstanden, sobald da­ rüber Streit entfacht wird, ist es für die Rechtswelt nicht geboren, wenn es der Richterspruch nicht anerkennt. Der Prozess ist insofern eine dem Rechtsgewerbe ebenbürtige, gleich wesentliche Voraussetzung des tatsächlichen Rechthaben.“51

Nicht zuletzt kommt dem Zivilprozess auch eine rechtsschöpfende Funktion zu. Unklare Rechtsfragen werden geklärt.52 Aus ökonomischer Sicht sei dabei von Bedeutung, dass der zwischen den Verfahrensparteien ausgetragene Rechtsstreit „Erträge an Rechtssicherheit und Rechtsfortbildung generiere, die allen anderen Rechtsunterworfenen mit zugutekommen“.53 In letzter Konsequenz werden durch „Prozesse also Prozesse vermieden“.54 Aufgabe des Prozessrechts ist es demnach, möglichst nahe an den als optimal angesehenen Zustand heranzuführen, in dem es keine Prozesse gibt, denn diese beanspruchen gerade Ressourcen.55 Dies führe zu niedrigen Transaktionskosten und dazu, dass mehr Tauschgelegenheiten oder Investitionsmöglichkeiten genutzt werden, sodass noch größerer Wohlstand geschaffen werden kann.56 Die Normenkonformität aller Bürger wirkt sich also positiv auf den Wohlstand aus.57 Zivilprozesse dienen daher im wohlfahrtsökonomischen Sinn der „Friedensfunktion des Rechts“.58 48  Lewisch,

S. 106. S. 107. 50  Lewisch, S. 107. 51  Klein, Zivilprozess Österreich, S. 199, zitiert nach Lewisch, S. 107. 52  Lewisch, S. 108. 53  Lewisch, S. 109. 54  Klein, Zivilprozess Österreich, S. 107, zitiert nach Lewisch, S. 107. 55  Weissel, S. 125. 56  Kirstein, S. 9. 57  Weissel, S. 121. 58  Dimde, S. 30. 49  Lewisch,



3. Kap.: Ineffizienz des Justizsystems109

C. Ergebnis: „Janusköpfigkeit des Zivilprozesses“ Der Zivilprozess wird mitunter als „janusköpfig“ charakterisiert.59 So werden Personen oder Institutionen bezeichnet, deren Charakter oder Verhalten zwei sich widersprechende Seiten zeigt, die sich eigentlich ausschließen. Diese Einschätzung trifft auf den Zivilprozess zu. Auf der einen Seite ist er mit hohen Kosten sowohl für die Streitparteien als auch den Staat verbunden. Auf der anderen Seite ist er für den Wohlstand der Gesellschaft wichtig. Die Existenz eines funktionsfähigen Justizwesens beeinflusst das Verhalten der Akteure dahingehend, dass diese sich rechtstreu verhalten.60 Rechtsstreitigkeiten und die damit verbundenen Transaktionskosten werden mithin vermieden. Müssen Anspruchsgegner mit Widerstand rechnen, werden sie sich damit zurückhalten, berechtigte Ansprüche nicht zu erfüllen. Durch Herstellung von Rechtsklarheit sollen gerichtliche Streitentscheidungen vorhersehbar gemacht und so die Betroffenen in die Lage versetzt werden, ihre Konflikte untereinander zu regeln.61 Mit Recht kann daher Adams aus ökonomischer Sicht formulieren, dass es – infolge eben dieser Präventionseffekte – in Utopia eine Zivilgerichtsbarkeit gebe, jedoch keine Prozesse.62 Mithin sollen durch „Prozesse Prozesse vermieden“63 werden. Im Ergebnis ist festzustellen, dass ein funktionsfähiges Justizsystem zu einer Senkung von Transaktionskosten und damit zu einer Effizienzsteigerung in der Gesellschaft führt. 3. Kapitel

Ineffizienz des Justizsystems durch ­ Rechtsdurchsetzungs- und Rechtsbefolgungsdefizit Durch Prozesse können Prozesse nur dann vermieden werden, wenn für jedes Rechtssubjekt die theoretische Möglichkeit besteht, das System der Rechtspflege auch tatsächlich in Anspruch nehmen zu können. Nur dann kann die Institution des Zivilprozesses ihre Aufgabe, das Verhalten der Akteure dahingehend zu beeinflussen, dass diese sich rechtstreu verhalten und Prozesse sowie die damit verbundenen Transaktionskosten vermieden werden, auch erfüllen. Nur wenn Rechtsschutzeinrichtungen in Anspruch genommen werden können und Anspruchsgegner mit Widerstand rechnen 59  Lewisch,

S. 117. diesem Sinne auch Bier, S. 125. 61  Riehl, S. 12. 62  Adams, Ökonomische Analyse, S. 76. 63  Klein, Zivilprozess Österreich, S. 199, zit. nach Lewisch, S. 107. 60  In

110 2. Teil: „Legitimation“ des Erstattungsanspruches aus ökonomischer Sicht

müssen, wird – wie bereits ausgeführt – ein negativer Verhaltensanreiz für alle anderen Vertreter des betroffenen Verkehrskreises geschaffen, die verletzte Norm in Zukunft einzuhalten. Wie nachfolgend zu zeigen sein wird, besteht in unserem System der Zivilgerichtsbarkeit aus ökonomischer Sicht jedoch gerade nicht für jedes Rechtssubjekt die Möglichkeit, den Rechtsweg zu beschreiten. Dieses Rechtsdurchsetzungsdefizit führt – wie ebenfalls zu zeigen sein wird – zu falschen Anreizen beim Anspruchsgegner, der diesen Umstand strategisch ausnutzen und berechtigte Ansprüche nicht erfüllen wird. Mithin – so die hier zu „beweisende“ These – ist unser System des Rechtsschutzzugangs nicht effizient, denn es begünstigt strategisches Verhalten der Parteien, das zu mehr Rechtsstreitigkeiten und damit zu einer unnötigen Erhöhung der Transaktionskosten führt. Dies hat negative Auswirkungen auf die Volkswirtschaft. Mithin gehen von unserem System der Zivilgerichtsbarkeit keine ausreichenden präventiven Anreize aus. Prozesse werden nicht durch Prozesse vermieden. Nachfolgend sollen die ökonomischen Ursachen hierfür erörtert werden. Eine Antwort auf die Frage, warum und unter welchen Umständen sich Anspruchsinhaber und Anspruchsgegner für oder gegen eine prozessuale Konfliktaustragung bzw. „freiwillige“ Erfüllung eines berechtigten Anspruches entscheiden, kann die sogenannte Entscheidungstheorie geben. Diese soll Grundlage der weiteren Untersuchung sein und nachfolgend zunächst einmal vorgestellt werden.

A. Entscheidungstheorie als Grundlage der weiteren Untersuchung „Soll die Suche nach einer rechtlichen Regelung, die menschliches Verhalten im Sinne der Steuerungsziele beeinflusst, nicht nur ein bloßes Ausprobieren nach dem Muster von Versuch und Irrtum sein, […] sind Vorhersagen über menschliches Verhalten zu treffen.“64 Dies gelingt aber nur auf der „Basis allgemeiner und systematischer Hypothesen über Regel- und Gesetzmäßigkeiten menschlichen Verhaltens, die es erlauben, Folgen von Änderungen motivationsleitender Parameter zu kalkulieren“.65 Mit dem Entscheidungsverhalten bestimmter Individuen beschäftigt sich die Entscheidungstheorie.66 Dabei sind zwei Teildisziplinen zu unterscheiden: Die präskriptive Entscheidungstheorie stellt die Frage, wie das Entscheidungsverhalten der Akteure sein sollte, wenn diese optimal bestimmte Ziele erreichen wollen.67 Die deskriptive Entscheidungstheorie wiederum versucht 64  Krieger,

S. 76. S. 76, siehe auch Eidenmüller, homo oeconomicus, S. 217. 66  Rommelfanger/Eickemeier, S. 2. 67  Rommelfanger/Eickemeier, S. 2. 65  Krieger,



3. Kap.: Ineffizienz des Justizsystems111

eine Antwort auf die Frage zu geben, wie und warum Entscheidungen in der Realität so und nicht anders getroffen werden.68 „Entscheiden bedeutet, eine Auswahl aus einer Menge möglicher Aktionen zu treffen. Der Entscheidende benötigt eine Regel, nach der er die optimale Aktion ermitteln kann. Die Entscheidungstheorie bewertet auf ihrer Suche nach einem vernünftigen Verhalten und damit auf der Suche nach einer derartigen Entscheidungsregel zunächst die verschiedenen Entscheidungsmöglichkeiten. Diejenige Alternative mit dem höchsten Wert bzw. dem höchsten Nutzen für das Entscheidungssubjekt wird sodann als die vernünftigste Entscheidung anempfohlen. In diesem methodischen Zwischenschritt der Bewertung der Entscheidungsalternativen überschneidet sich ihr Forschungsfeld mit der rechtlichen Interessenrichtung. Die Bewertung einer Risikoübernahme bedeutet nichts anderes als die Bewertung einer Entscheidungsalternative unter Ungewissheit.“69

Grundlage der weiteren Untersuchung wird die präskriptive Entscheidungstheorie sein. I. Ökonomisches Modell des „homo oeconomicus“ Um Vorhersagen über menschliches Verhalten treffen zu können, ist eine genaue Vorstellung darüber erforderlich, welche Faktoren menschliches Verhalten beeinflussen.70 Dazu bedarf es eines Modells menschlichen Verhaltens, auf dessen Grundlage nachvollziehbare Analysen bzw. Prognosen – z. B. über das infolge einer rechtlichen Regelung zu erwartende Verhalten der Normadressaten – gebildet werden können.71 Die Rechtswissenschaft hat bislang kein eigenständiges Verhaltensmodell entwickelt. Verwendet die Rechtsprechung den Begriff des Menschenbildes72, dann ist damit eine normative Vorstellung verbunden73, also der „Mensch, wie ihn das Recht zeichnet, und nicht der, den wir in der Realität vorfinden“.74 In diese Lücke ist die ökonomische Theorie mit ihrem rational-choice-Ansatz gestoßen. Dieser basiert auf dem Modell des „homo oeconomicus“.75 Von diesem Modell geht auch die Entscheidungstheorie aus.76

68  Rommelfanger/Eickemeier,

S. 3. Risiko, S. 233. 70  Krieger, S. 76. 71  Krieger, S. 76. 72  Vgl. u. a. BVerfGE 4, 7, 15 f.; 41, 29, 50; BVerfG NJW 2003, 3111, 3113. 73  Eidenmüller, homo oeconomicus, S. 217. 74  Eidenmüller, homo oeconomicus, S. 217. 75  Eidenmüller, homo oeconomicus, S. 217. 76  Rommelfanger/Eickemeier, S. 2. 69  Henssler,

112 2. Teil: „Legitimation“ des Erstattungsanspruches aus ökonomischer Sicht

1. Die vier Grundannahmen des Modells des „homo oeconomicus“ Der ökonomische Ansatz zur Erklärung menschlichen Verhaltens beruht auf vier Grundannahmen:77 − dem methodologischen Individualismus, − der Knappheit der Ressourcen, − dem Eigennutztheorem und − der Annahme rationalen Verhaltens. Das Eigennutztheorem und die Annahme rationalen Verhaltens bilden dabei die „Kernbestandteile“78 des Verhaltensmodells des homo oeconomi­ cus.79 Sie werden auch als REM-Hypothese bezeichnet.80 Es soll noch da­ rauf hingewiesen werden, dass das Modell des homo oeconomicus einiger Kritik ausgesetzt ist. Es ist im Rahmen dieser Abhandlung jedoch nicht möglich, auf diese Kritik im Einzelnen einzugehen.81 a) Methodologischer Individualismus Der methodologische Individualismus stellt das Individuum als Träger aller Entscheidungen in einer Gesellschaft in den Fokus seiner Überlegungen.82 Da nur Individuen in der Lage sind, einen Willen zu bilden, müssen „kollektive Phänomene“83 auf die Verhaltensformen der Individuen zurückgeführt werden.84 b) Knappheit der Ressourcen Die Triebfeder des Wirtschaftens – so Krieger – sei die Knappheit.85 Dies bedeute, dass die zur Befriedigung von Bedürfnissen zur Verfügung stehenden Ressourcen begrenzt – die Bedürfnisse demgegenüber unbegrenzt seien. Individuen könnten daher nicht alle Bedürfnisse – zumindest nicht gleichzeitig – befriedigen, sondern müssten sich zwischen den verschiedenen 77  Krieger,

S. 119. S. 120. 79  Krieger, S. 120. 80  Schäfer/Ott, S. 95. 81  Es sei insoweit verwiesen auf Schäfer/Ott, S.  103 ff. 82  Schwintowski, S. 584. 83  Kirchgässner, S. 23. 84  Kirchgässner, S. 23. 85  Krieger, S. 120. 78  Krieger,



3. Kap.: Ineffizienz des Justizsystems113

Möglichkeiten entscheiden. Mithin verlange die Knappheit von Ressourcen den Individuen Entscheidungen ab.86 In der Ökonomie werde untersucht, wie und nach welchen Kriterien Individuen in bestimmten Entscheidungs­ situationen zwischen den bestehenden Alternativen wählen.87 c) Eigennutztheorem Das Eigennutztheorem unterstellt, dass die Menschen grundsätzlich auf ihren eigenen Vorteil bedacht sind – also immer aufgrund ihrer eigenen Präferenzen handeln.88 Dabei verfolgt der Mensch Ziele, die seinen eigenen Nutzen vergrößern,89 die also für ihn persönlich erstrebenswert erscheinen. Jede Entscheidung dient somit der Nutzenmaximierung.90 Der Begriff des „Nutzens“ dient der Umschreibung, „welche Bedeutung oder Präferenz einem bestehenden oder angestrebten Zustand zugeschrieben wird“.91 d) Rationalkalkül Beim Rationalkalkül geht es um die Frage, wie die Entscheidung getroffen wird.92 Grundsätzlich werde – so Krieger – davon ausgegangen, dass der rationale Mensch nie irrational handeln, sondern „immer systematisch und vorhersagbar auf Anreize“93 reagiere. Diese Anreize zeigen ihm an, ob eine Handlung vorteil- oder nachteilhaft ist. Dabei werden Anreize durch Präferenzen bzw. Restriktionen hervorgerufen.94 Unter Präferenzen sind die Einstellungen des Entscheiders zu Konsequenzen oder zu Handlungsalternativen zu verstehen.95 Zu den Restriktionen wiederum gehören u. a. rechtliche Regelungen und soziale Normen.96 Die Entscheidungssituation des Individuums ist nicht nur durch seine inneren Präferenzen auf der einen Seite, sondern auch durch die Handlungsoptionen – also die äußeren Umstände – auf der anderen Seite bestimmt.97 86  Krieger,

S.  120 f. S.  120 f. 88  Krieger, S. 121; Thüsing, S. 350. 89  Schäfer/Ott, S. 95; Krieger, S. 121. 90  Posner, Economic Analysis, S. 12 f.; Dimde, S. 96. 91  Dimde, S. 96. 92  Krieger, S. 123. 93  Krieger, S. 123. 94  Krieger, S. 123. 95  Eisenführ/Weber, S. 16. 96  Krieger, S. 123. 97  Krieger, S. 123. 87  Krieger,

114 2. Teil: „Legitimation“ des Erstattungsanspruches aus ökonomischer Sicht

Wann handelt der Mensch nun rational? Rationales Handeln setzt ein klar definiertes Ziel voraus, das durch den Einsatz von nur begrenzt zur Verfügung stehenden Mitteln realisiert werden soll.98 Unter einem Ziel ist also eine Eigenschaft in Verbindung mit einer Angabe über die Präferenz des Entscheiders bezüglich dieser Eigenschaft zu verstehen.99 Der Mitteleinsatz ist dann rational, wenn „der Grad der Zielerreichung bei gegebenem Mittelvorrat maximiert oder [wenn] ein bestimmter Zielerreichungsgrad mit einem Minimum an Mitteln erreicht wird“.100 Dann ist die bestmögliche ZweckMittelrelation erreicht. Die Mittel sind dann optimal eingesetzt.101 Um zweckrational zu handeln, muss der Entscheider auch wissen, wie er die Ziele durch die einsetzbaren Instrumente beeinflussen kann.102 Eine Handlung ist also dann zweckrational, „wenn sie bei Kenntnis der Ziele, der Mittel und der Umwelt des Entscheidungsträgers zu erwarten war“.103 Die Rationalitätsannahme erlaubt es also, Entscheidungen vorherzusagen.104 2. Rational-Choice-Paradigma Der „homo oeconomicus“ entscheidet demnach in jeder Entscheidungssituation auf der Basis eines Rational-Choice-Paradigmas.105 Dabei stellt er Kosten und Nutzen in Bezug auf seine Präferenzen gegenüber und entscheidet sich für die Handlungsmöglichkeit, die den größten Nutzen zu haben scheint. Seine Entscheidung trifft er dabei „kalkulatorisch auf der Grundlage des ökonomischen Prinzips“.106 Er möchte Verschwendung vermeiden.107 Es geht ihm mithin entweder darum, bei gegebenem Mitteleinsatz ein möglichst hohes Maß an Nutzen bzw. ein Ziel mit dem geringstmöglichen Einsatz von Mitteln zu erreichen.108 Eine solche Auswahl trifft der „homo oeconomicus“ in jeder Entscheidungssituation neu.109 Dies wird als situativ nutzenmaximierendes Verhalten bezeichnet und durch das folgende Schaubild verdeutlicht:110

98  Schäfer/Ott,

S. 96. S. 31. 100  Schäfer/Ott, S. 96. 101  Schäfer/Ott, S. 96. 102  Schäfer/Ott, S. 96. 103  Schäfer/Ott, S. 96. 104  Kirstein, S. 3. 105  Krieger, S. 124. 106  Krieger, S. 124. 107  Krieger, S. 124. 108  Krieger, S. 124. 109  Krieger, S. 124. 110  Krieger, S. 126. 99  Eisenführ/Weber,



3. Kap.: Ineffizienz des Justizsystems115

Situativ-nutzenmaximierendes Verhalten

Restriktionen

Restriktionen

PRÄFERENZEN

Abbildung 1: homo oeconomicus

II. Entscheidungsmodell Die Grundannahme der präskriptiven Entscheidungstheorie ist, dass ein schwieriges Entscheidungsproblem besser gelöst werden kann, „wenn man es in einzelne Komponenten zerlegt“.111 Zudem ist es üblich, das Entscheidungsproblem aus der Sicht des Entscheiders in einem Entscheidungsmodell abzubilden. Dieses dient der vereinfachenden Abbildung eines Sachverhaltes112. Dabei ist die Erstellung eines solchen Entscheidungsmodells äußerst aufwendig.113 Zunächst analysiert man die einzelnen Komponenten, und zwar114: − Handlungsalternativen, zwischen denen zu wählen ist, − Erwartungen über die Umwelteinflüsse, − Konsequenzen von Aktionen und Umwelteinflüssen und − Ziele und Präferenzen des Entscheiders. Nach der Analyse der einzelnen Komponenten fasst man diese zu einem Gesamtmodell zusammen. Für dieses kann mithilfe eines Algorithmus eine Lösung ermittelt werden.115 Nachfolgend sollen Modelle für die hier zu untersuchenden Entscheidungen von Anspruchsinhaber und Anspruchsgegner entwickelt werden.

B. Beispielsfall als Ausgangspunkt Zum besseren Verständnis soll den weiteren Ausführungen der nachfolgende Beispielsfall zugrunde gelegt werden. Dabei soll davon ausgegangen 111  Eisenführ/Weber,

S. 16.

112  Rommelfanger/Eickemeier, 113  Rommelfanger/Eickemeier,

S. 10. S. 10.

115  Rommelfanger/Eickemeier,

S. 12.

114  Eisenführ/Weber,

S. 16.

116 2. Teil: „Legitimation“ des Erstattungsanspruches aus ökonomischer Sicht

werden, dass M, der Angestellter in einem mittelständischen Unternehmen ist, einen Schadensersatzanspruch gegenüber L in Höhe von 100.000 € hat. Diesen macht er der Versicherung V des L gegenüber geltend. Er geht zu 90 % davon aus, dass er den Rechtsstreit gewinnen wird. Die gesamten Kosten des Rechtsstreits betragen 45.000 €.116 M ist mit einem Anfangsvermögen von 20.000 € ausgestattet. M müsste für den Rechtsstreit sein gesamtes liquide zu machendes Vermögen i. S. d. §§ 114, 115 ZPO einsetzen. Etwaige Zugangserleichterungen kommen für M nicht in Betracht.117 V geht mit 90 %iger Sicherheit davon aus, zur Zahlung des Schadensersatzes und Schmerzensgeldes verpflichtet zu sein, weiß aber auch, dass viele Versicherte bzw. Anspruchsinhaber bei der Aussicht auf lange Verfahren mit ungewissem Ausgang und einem enormen Kostenrisiko von einer Verfolgung des Anspruchs absehen bzw. sich auf eine Vergleichszahlung einlassen. Für das zu entwickelnde Entscheidungsmodell soll davon ausgegangen werden, dass teilweises Obsiegen bzw. Unterliegen mit der Klage ausgeschlossen ist. Auch die Möglichkeit eines Vergleiches oder einer anderen außergericht­ lichen Lösung soll nicht berücksichtigt werden.

C. Rechtsdurchsetzungsdefizit des Anspruchsinhabers Zunächst soll gezeigt werden, dass die „rechtliche Ausgestaltung des Rechtsschutzsystems […] nach ökonomischen Maßstäben ineffizient [ist], weil es Fälle gibt, in denen die Durchsetzung eines sinnvoll zugeordneten Anspruches nicht möglich ist“.118 Zuletzt war es Dimde, der sich in aller Ausführlichkeit einer Analyse dieser Problematik angenommen und nachgewiesen hat, dass die Durchsetzung eines Rechts nicht nur von der materiellen Durchsetzbarkeit, sondern auch von anderen Faktoren, wie z. B. der Ausstattung des Anspruchsinhabers mit finanziellen Mitteln oder der Risikoeinstellung, abhängt.119 Dimde hat ein entsprechendes Entscheidungsmodell entwickelt, das auch Grundlage des hier zu entwickelnden Entscheidungsmodells sein soll.120

116  Ungefähre Rechtsdurchsetzungskosten (Gerichts- und Rechtsanwaltskosten) für drei Instanzen ohne zusätzliche Beweisgebühr. 117  Im ersten Teil dieser Abhandlung wurde ausführlich erläutert, dass die vorhandenen Möglichkeiten, den Rechtsschutzugang für den Einzelnen zu erleichtern, nicht jedem Bürger zu Verfügung stehen und daher eine „Lücke im Rechtschutzzugang“ besteht. Auf diese Ausführungen soll verwiesen werden. 118  Dimde, S. 153. 119  Siehe dazu ausführlich Dimde, Rechtsschutzzugang und Prozessfinanzierung im Zivilprozess. Eine ökonomische Analyse des Rechts. 120  Dimde, S.  117 ff.



3. Kap.: Ineffizienz des Justizsystems117

I. Entscheidungsmodell des Anspruchsinhabers Mittels der Entscheidungstheorie soll nachfolgend analysiert werden, wa­ rum sich ein Anspruchsinhaber oftmals gegen eine prozessuale Konfliktaustragung entscheiden wird. Dem vorangestellten Beispielsfall folgend wird dabei von einer Privatperson als Anspruchsinhaber ausgegangen. Bei der Entscheidung über die Austragung des Konflikts in einem Gerichtsverfahren muss der Anspruchsinhaber – wie vorstehend beschrieben – Überlegungen über seine Handlungsalternativen, Umwelteinflüsse, die Konsequenzen der Entscheidung sowie seine Ziele und Präferenzen anstellen. Nachfolgend werden zur Beschreibung der Einflussgrößen folgende Symbole verwendet: Tabelle 8 Variablen Entscheidungsmodell Anspruchsinhaber Variable

Bedeutung

Ek

Erwartungswert des Prozesses aus Sicht des Klägers

pk

Subjektive Wahrscheinlichkeit mit der der Kläger annimmt, er werde den Prozess gewinnen

Z

Zinsen für den Zeitraum des Rechtsstreits

G

Zahlung des Beklagten an den Kläger, wenn er den Prozess gewinnt

K

Prozesskosten

Ek0

Anfangsvermögen

Ek1

Endvermögen bei Klagestattgabe (Ek0 + G + Z)

Ek2

Endvermögen bei Klageabweisung (Ek0  – K)

Ek3

Endvermögen bei Nichtverfolgung (Ek3 = Ek0)

EUk

Erwartungsnutzen Anspruchsinhaber

1. „Bausteine“ des Entscheidungsmodells a) Handlungsalternativen Zunächst muss sich der Anspruchsinhaber überlegen, welche Handlungsalternativen ihm zur Verfügung stehen. Dabei muss es sich um eine Alternativentscheidung handeln.121 In dem Beispielsfall wurde davon ausgegan121  Rommelfanger/Eickemeier, S. 18. Es muss also jede Alternative alle weiteren ausschließen.

118 2. Teil: „Legitimation“ des Erstattungsanspruches aus ökonomischer Sicht

gen, dass dem Anspruchsinhaber M zwei Alternativen zur Verfügung stehen, die Erhebung einer Klage über den Betrag in Höhe von 100.000 € oder der Verzicht auf eine Austragung des Konflikts in einem Rechtsstreit. Die Möglichkeit einer außergerichtlichen Einigung soll aus Gründen der Vereinfachung nicht berücksichtigt werden. b) Erwartungen über die Umwelteinflüsse Des Weiteren muss der Anspruchsinhaber Erwartungen über die Umwelteinflüsse, die das Ergebnis seiner Entscheidung beeinflussen können, anstellen. Entscheidungen sind zumeist zukunftsorientiert. Mithin werden die Konsequenzen der Entscheidung erst zu einem späteren Zeitpunkt ersichtlich.122 Dabei ist es auch möglich, dass eine bestimmte Entscheidung nicht nur zu einem einzigen Ergebnis führen kann,123 sondern dieses sogar von verschiedenen Umweltfaktoren beeinflusst wird, auf die der Entscheider weder Einfluss hat, noch voraussagen kann, welcher der Umweltzustände letztlich eintreten wird.124 In einem solchen Fall spricht man von einer Entscheidung unter Unsicherheit.125 Lassen sich den einzelnen Umweltzuständen Eintrittswahrscheinlichkeiten zuordnen, spricht man von einer Entscheidung unter Risiko. Lassen sich keine Wahrscheinlichkeiten zuordnen, handelt es sich um eine Entscheidung unter Ungewissheit.126 Die Unsicherheit muss in dem Modell abgebildet werden.127 Bei einer gerichtlichen Auseinandersetzung sind zwei Szenarien denkbar, nämlich die Klageabweisung oder die Klagestattgabe. Nur bei einer Stattgabe der Klage ist es dem Anspruchsinhaber möglich, seinen Anspruch durchzusetzen. Der Anspruchsinhaber kann nicht alle entscheidungserheblichen Faktoren beeinflussen. Vielmehr hängt das Ergebnis des Gerichtsverfahrens nicht nur von ihm selbst, sondern auch von dem Vorgehen der anderen Prozesspartei und der Entscheidung des Gerichts ab.128 Es liegt also eine Entscheidung unter Unsicherheit vor. Zu überlegen ist, ob den möglichen Geschehensabläufen – aus Sicht des Anspruchsinhabers Klageabweisung / Prozessgewinn  – Eintrittswahrscheinlichkeiten eingeräumt werden können; es sich also um eine Entscheidung unter Risiko handelt. Zwar ist es aus juristischer Sicht zugegebenermaßen 122  Rommelfanger/Eickemeier,

S. 23. S. 9. 124  Rommelfanger/Eickemeier, S. 48. 125  Dörsam, S. 9. 126  Dörsam, S. 12. 127  Eisenführ/Weber, S. 20. 128  Dimde, S.  103 ff. 123  Dörsam,



3. Kap.: Ineffizienz des Justizsystems119

schwierig, die Erfolgsaussichten eines Prozesses zu quantifizieren. Jedoch sind Verfahren entwickelt worden, die es ermöglichen, eine derartige Quantifizierung vorzunehmen. Zu erwähnen ist hier insbesondere die entscheidungstheoretisch fundierte Prozessrisikoanalyse.129 Da auch in anderen Fällen die „Wahrscheinlichkeiten nur in Köpfen existieren“, und diesen entlockt werden müssen,130 soll für das hier zu entwickelnde Modell davon ausgegangen werden, dass den verschiedenen den Prozessausgang betreffenden Geschehensabläufen Wahrscheinlichkeiten zugeordnet werden können. Der Anspruchsinhaber muss sich also – beispielsweise mithilfe einer Prozessrisikoanalyse131 – Gedanken über die Erfolgswahrscheinlichkeiten einer möglichen Klage machen. Die Erfolgswahrscheinlichkeit wird dann durch einen Prozentwert angegeben. Dimde folgend soll von sechs Wahrscheinlichkeitsstufen ausgegangen werden:132 Tabelle 9 Wahrscheinlichkeitsstufen Prozentsatz

Bezeichnung

> 90 %

„mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“

≤ 90 %

„ganz überwiegende Erfolgsaussichten“

≤ 75 %

„überwiegende Erfolgsaussichten“

≤ 60 %

„Aussichten auf Erfolg“

= 50 %

„ungewisser Ausgang“

< 50 %

„keine Aussichten auf Erfolg“

Für die Wahrscheinlichkeit wird im Modell die Variable „p“ verwendet. In unserem Beispielsfall wurde davon ausgegangen, dass der geltend gemachte Anspruch aus Sicht beider Konfliktparteien in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht begründet zu sein scheint. Da niemals zu 100 % davon ausgegangen werden kann, dass das Gericht der eigenen Auffassung folgen wird, soll anzunehmen sein, dass eine Prozessrisikoanalyse zu einer Erfolgswahrscheinlichkeit von 90 % gekommen ist. 129  Siehe

S. 7.

beispielsweise die Ausführungen bei Eidenmüller, Prozessrisikoanalyse,

130  Eisenführ/Weber,

S. 159. dazu noch ausführlich unter Gliederungspunkt: 3. Teil, 2. Kapitel, D.II.3.b)cc)(1). 132  Dimde, S. 103. 131  Siehe

120 2. Teil: „Legitimation“ des Erstattungsanspruches aus ökonomischer Sicht

c) Konsequenzen der Entscheidung Würde sich M für einen Prozess entscheiden, könnte dies zu zwei Konsequenzen führen. Im Fall des mit einer subjektiven Wahrscheinlichkeit pk eintretenden Sieges erhält er den Betrag (G) in Höhe von 100.000 € – nachfolgend als G bezeichnet. Sein Anfangsvermögen – nachfolgend als (Ek0) bezeichnet – würde sich also um den Betrag G – hier 100.000 € – erhöhen. Spätestens mit dem Zeitpunkt der Erhebung der Klage sind gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 1, 288 BGB Verzugszinsen zu zahlen. Auch diese muss der Anspruchsinhaber berücksichtigen. Die Verzugszinsen sollen nachfolgend mit der Variable Z bezeichnet werden. § 288 BGB bestimmt, dass die jährlichen Verzugszinsen 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz betragen. Nachfolgend soll davon ausgegangen werden, dass der Basiszinssatz 2 % beträgt.133 Der Anspruchsinhaber muss also berücksichtigen, dass er zusätzlich zu dem Anspruch noch Zinsen in Höhe von 7 % erhält. Gemäß § 289 BGB sind Zinsen von Verzugszinsen nicht zu berücksichtigen, sodass der Zinseszins nicht angerechnet wird. Für die Berechnung der Zinsen soll von einer voraussichtlichen Verfahrensdauer, also der Dauer des Verfahrens vom Eingang in der 1. Instanz bis zur Erledigung durch die Revisionsinstanz, von 5 Jahren ausgegangen werden.134 Es entstehen also Zinsen Z in Höhe von 5 Jahren * 7 % = 35 % von der Schadenssumme G, also Z = G * 35 %.

Allgemein lässt sich dies wie folgt darstellen: Ek1 = (Ek0 + G + Z)

Bei der mit der Wahrscheinlichkeit 1 – pk erwarteten Prozessniederlage müsste M aber die gesamten Kosten (K) in Höhe von 45.000 € zahlen.135 Mathematisch lässt sich dies wie folgt ausdrücken: Ek2 = (Ek0 – K) 133  Eine Übersicht über die Entwicklung des Leitzinses ist zu finden auf: http:// de.euribor-rates.eu/ezbleitzins.asp – letzter Abruf am 30. Mai 2014. Dieser Übersicht ist zu entnehmen, dass die Höhe des Leitzinses ungewöhnlich niedrig ist. Davon ausgehend, dass dieser Basiszinsatz zukünftig wieder ansteigen wird, soll hier von einer durchschnittlichen Höhe des Basiszinsatzes von 2 % ausgegangen werden. 134  Statistische Angaben zur Verfahrensdauer sind veröffentlicht auf https://www. destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/Rechtspflege/Querschnitt/RechtspflegeAus gewaehlteZahlen.html – letzter Abruf am 22. August 2016. 135  Zur Vereinfachung soll davon ausgegangen werden, dass die Prozesskosten den Parteien vor dem Prozessbeginn bereits bekannt sind. Siehe zum Prozesskostenrisiko die Ausführungen in 1. Teil, 1. Kapitel, A.



3. Kap.: Ineffizienz des Justizsystems121

Entscheidet er sich gegen einen Prozess, bleibt sein Anfangsvermögen unberührt. Es gilt Ek3 = Ek0

d) Ziele und Präferenzen des Entscheiders Die präskriptive Entscheidungstheorie geht – wie bereits dargestellt wurde – vom Verhaltensmodell des „homo oeconomicus“ aus. Demnach wird sich der Anspruchsinhaber also nur dann für die Austragung des Rechtsstreits in einem Gerichtsverfahren entscheiden, wenn dies einen größeren Nutzen für ihn hat als ein Verzicht auf die Rechtsdurchsetzung.136 Der Entscheider wird unterschiedliche Einstellungen gegenüber den jeweiligen Konsequenzen haben und – wie bereits ausgeführt – ein mögliches Ergebnis vorziehen. aa) Nutzenfunktion In der Entscheidungstheorie werden Präferenzen von Entscheidern durch Funktionen ausgedrückt. Diese Funktionen werden  – so Eisenführ / Weber  – aus Präferenzaussagen bei einfachen Wahlproblemen gewonnen. Seien dem Entscheider widerspruchsfreie Antworten nicht möglich, „so lasse sich da­ raus aufgrund expliziter Axiome, die als Prinzipien rationalen Verhaltens akzeptiert werden könnten, eine Wert- bzw. Nutzenfunktion ableiten, die zur Bewertung der Aktionen herangezogen werden“ könne.137 Das Nutzenelement gibt also an, wie die individuelle Präferenzlage des Individuums ausgestaltet ist. Dabei beschreibe der Nutzen – so Dimde – nicht nur das Vermögen, sondern alle von dem Entscheidungsträger zu berücksichtigenden Präferenzen.138 In ökonomischen Modellen wird der Nutzen mit der Variable „u“ bezeichnet. Er wird ausgedrückt, indem einer Entscheidungsalternative „x“ eine bestimmte Zahl zugewiesen wird. In einer Entscheidungssituation werden den bevorzugten Entscheidungsalternativen höhere Zahlen zugewiesen als den weniger erwünschten.139 Daraus ergibt sich eine Nutzenfunktion, aus der die Präferenz des Entscheidungsträgers erkennbar ist. Dies könnte z. B. wie folgt aussehen140: 136  Adams, Theorie, S. 351 ff. Allerdings beschäftigt sich Adams nur mit den Entscheidungsalternativen Prozess und außergerichtliche Einigung. 137  Eisenführ/Weber, S. 33. 138  Dimde, S. 97. 139  Dimde, S. 97; Dörsam, S. 25. 140  Dimde, S. 96.

122 2. Teil: „Legitimation“ des Erstattungsanspruches aus ökonomischer Sicht „Ein Zustand x1 wird einem Zustand x2 nur dann vorgezogen, wenn der Nutzen u von x1 größer ist als der Nutzen u von x2 ...“

bb) Risikoaversion des Anspruchsinhabers und Erwartungsnutzen Wie bereits ausgeführt, können mit einem Prozess unterschiedliche Ergebnisse verbunden sein, die Klageabweisung und die Klagestattgabe. Im Rahmen dieser Abhandlung soll – wie schon erörtert – davon ausgegangen werden, dass diesen Szenarien Eintrittswahrscheinlichkeiten zugeordnet werden können – mithin eine Entscheidung unter Risiko vorliegt. In der Ökonomie wird seit langem darüber diskutiert, wie ein Entscheider riskante Alternativen beurteilen soll. Zunächst scheint es nahe liegend zu sein, den Erwartungswert der Alternativen zu berechnen.141 Der Erwartungswert sei – so Dörsam – der Wert, der sich als Mittelwert ergebe, wenn man die Situation unendlich wiederholen würde.142 Berechnet wird der Erwartungswert, indem die Ergebniswerte mit der zugehörigen Wahrscheinlichkeit multipliziert und die sich so ergebenden Werte dann addiert werden.143 Nach der sogenannten Bayes-Regel würde sich ein Entscheider für die Alternative mit dem höchsten Erwartungswert entscheiden.144 Allerdings ist fraglich, ob eine solche Entscheidungsregel auf natürliche Personen wie M Anwendung finden kann. Den meisten natürlichen Person wird es in der Realtität nicht gleichgültig sein, ob sie ein bestimmtes Einkommen mit der Wahrscheinlichkeit 1 besitzen oder ein zwar doppelt so hohes Einkommen lediglich mit der Wahrscheinlichkeit ½. Sie werden trotz eines gleich hohen Erwartungswertes das sichere dem unsicheren Einkommen vorziehen.145 Dies hat bereits im 18. Jahrhundert Daniel Bernoulli erkannt und mit Hilfe des St. Petersburger Spiels nachgewiesen, dass Entscheider systematisch von der durch den Erwartungswert vorgeschlagenen Alternative abweichen.146 Für den Entscheider sei nicht der Auszahlungsbetrag der verschiedenen Alternativen von Bedeutung, sondern der ihm aus diesem Auszahlungsbetrag entstehende Nutzen.147 Der subjektive Nutzen des Geldes steige – so Henssler – nicht proportional zum mo141  Dörsam,

S. 42. S. 43. 143  Dörsam, S. 43. 144  Dörsam, S. 42. 145  Adams, Theorie, S. 398. 146  Zum Petersburger Spiel siehe Eisenführ/Weber, S. 209. 147  Dörsam, S. 48. 142  Dörsam,



3. Kap.: Ineffizienz des Justizsystems123

netären Auszahlungswert.148 Vielmehr habe Bernoulli erkannt, dass der Zuwachs an Nutzen, der einer Zunahme eines Gutes entspreche, in umgekehrt proportionaler Beziehung zu der schon vorhandenen Menge dieses Gutes bei dem Entscheider stehe.149 Jemand, der sehr wenig Geld habe, schätze einen „zusätzlichen Geldbetrag“ also mehr als etwa ein Millionär.150 Diese subjektive Bewertung des Nutzens wird durch den Erwartungsnutzen abgebildet.151 Dabei wird zwischen bestimmten Risikotypen unterschieden: die Risikoneutralität, die Risikosymphatie sowie die Risikoaversität.152 Risikoaverse Personen ziehen eine sichere Zahlung einer zufälligen Zahlung mit gleichem Erwartungswert vor.153 Sie bilden ein sogenanntes Sicherheitsäquivalent. Hierunter ist ein sicherer Betrag zu verstehen, der für sie gleichwertig mit der betrachteten Alternative ist.154 Die Mehrzahl der natürlichen Personen dürfte als risikoavers einzuordnen sein.155 Mithin wird auch M die Gefahr, den Prozess zu verlieren und die Prozesskosten tragen zu müssen, überproportional hoch einschätzen. Der Chance auf einen Vermögenszuwachs infolge des Prozesses wird er hingegen nur einen geringen Nutzen zuordnen. Für das Entscheidungsmodell bedeutet dies, dass M bei der Entscheidung über den Prozess nicht von den Erwartungswerten ausgeht, sondern von den subjektiven Erwartungsnutzenwerten der Handlungsalternativen „Prozess“ bzw. „kein Prozess“. Der Erwartungsnutzen wird durch eine konkave Funktion berechnet.156 Üblicherweise wird daher die logarithmische Funktion als Risikonutzen148  Henssler,

Risiko, S. 238 f. Risiko, S. 241. 150  Dörsam, S. 48. 151  Dimde, S. 99. 152  Siehe dazu Dimde, S.  111 ff. 153  Dimde, S. 115. Beim Vergleich der verschiedenen Optionen bewerte man mathematisch gesehen – so Dimde, S. 115 – eine Streuung bei gegebenem Mittelwert negativ und akzeptiere eine größere Streuung nur bei einem höheren Mittelwert. 154  Dörsam, S. 52; ders., S. 48, weist darauf hin, dass der subjektive Nutzen durch eine sogenannte Bernoulli-Befragung ermittelt werde. Adams, Theorie, S. 399, Fn. 72, führt aus, dass die Höhe des Risikoausgleichs eine psychologische Charakteristik der jeweiligen Personen sei, die sich aus deren individueller Bewertung der verschiedenen möglichen Einkommenshöhen ergebe. 155  Thüsing, S. 354; Dimde, S. 115, der hierfür soziologische und antrophologische Gründe sieht; Zweifel/Eisen, S. 47. Konsequenz sei der Gebrauch von Versicherungen. Auch spiele man beispielsweise Lotto nur mit kleinen Summen – so Thüsing, S. 354. 156  Dimde, S. 115. 149  Henssler,

124 2. Teil: „Legitimation“ des Erstattungsanspruches aus ökonomischer Sicht

funktion benutzt.157 Die positive Nullstelle dieser Funktion errechnet sich dabei aus deren Umkehrfunktion:158 Formel 1: Logarithmische Funktion ln(x) = 0 ⇔ x = e0 ⇔ x = 1

2. Erstellung Gesamtmodell und Anwendung auf den Beispielsfall a) Entscheidungsmodell des Anspruchsinhabers Nachdem nun die einzelnen Komponenten der Entscheidung des Anspruchsinhabers für oder gegen die Austragung des Konflikts in einem Gerichtsverfahren analysiert wurden, kann nunmehr ein Gesamtmodell erstellt werden. Eine Handlungsalternative des Anspruchsinhabers M besteht darin, Klage zu erheben. Konsequenz dieser Handlungsalternative können Prozesssieg oder Prozessniederlage sein. Im Falle des allerdings nur mit einer subjektiven Wahrscheinlichkeit pk eintretenden Sieges erhält der Kläger den Betrag G. Bei der mit der Wahrscheinlichkeit 1 – pk erwarteten Prozessniederlage muss er aber die gesamten Kosten K zahlen. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein einzelnes Ergebnis eintritt, beträgt mathematisch 1. Sind nur zwei Ereignisse möglich, tritt die Alternative „Klageabweisung“ mit der Gegenwahrscheinlichkeit zur Alternative „Klagestattgabe“ ein, mithin mit (1 – pk).159 Die logische Verknüpfung beider Ereignisse mit „oder“ wird mathematisch durch Addition der Eintrittswahrscheinlichkeiten dargestellt.160 Damit gilt für die Darstellung der Wahrscheinlichkeit von Prozesssieg oder Prozessniederlage161: p + (1 – pk) = 1

Daraus ergibt sich, dass der Anspruchsinhaber seinen Nutzen bei Klagestattgabe Ek1 mit der Wahrscheinlichkeit pk annimmt und seinen Nutzen bei Klageabweisung Ek2 mit der Wahrscheinlichkeit (1 – pk). Daraus ergibt sich die folgende Formel für die Berechnung des Erwartungsnutzens EUK der Klageerhebung: EUK = pk * u(EK0 + G + Z) + (1 – pk) * u(EK0 – K) 157  Zweifel/Eisen,

S. 45; Henssler, Risiko, S. 239. S. 122. 159  Dimde, S. 120. 160  Dimde, S. 120. 161  Dimde, S. 120. 158  Dimde,



3. Kap.: Ineffizienz des Justizsystems125

Der Anspruchsinhaber wird sich dann für die Austragung des Konflikts in einem Gerichtsverfahren entscheiden, wenn dies einen größeren Nutzen für ihn hat als ein Verzicht auf die Rechtsdurchsetzung.162 Mithin muss der Anspruchsinhaber den Erwartungsnutzen der Klageerhebung mit dem Erwartungsnutzen eines Verzichts auf diese vergleichen. Verzichtete M auf eine Klageerhebung, würde sein Anfangsvermögen unberührt bleiben. Der Anspruchsinhaber wird es also nur dann auf einen Prozess ankommen lassen, wenn der Erwartungsnutzen der alternativen Endvermögen Ek1 und Ek2 nicht geringer ist als der Nutzen des Anfangsvermögens Ek0. Demnach gilt für die Entscheidung des Anspruchsinhabers: Formel 2: Entscheidungsmodell Anspruchsinhaber pk*u(EK0 + G + Z) + (1 – pk) * u(EK0 – K) ≥ u(EK0)

Für diese Ungleichung müssen noch die von der Risikoeinstellung des Anspruchsinhabers abhängigen Definitionsbereiche festgelegt werden. Es wurde angenommen, dass M risikoavers ist. Der Erwartungsnutzen muss also mithilfe einer logarithmischen Funktion berechnet werden. Bei der Berechnung des Erwartungsnutzens mithilfe der logarithmischen Funktion ergeben sich allerdings zwei Probleme: Zum einen verhält sich die logarithmische Funktion in dem Bereich einer Mehrung bzw. Minderung des Vermögens des Anspruchsinhabers um einen Betrag zwischen 0 € und 1 € nicht so, wie man dies in der Rechtswirklichkeit erwarten würde. In der Rechtswirklichkeit ist eine derartige Vermögensmehrung bzw. -minderung für den Anspruchsinhaber unerheblich und fällt wirtschaftlich nicht ins Gewicht.163 Die in diesem Bereich mithilfe der logarithmischen Funktion errechneten Werte entsprechen daher nicht dem wirtschaftlichen Kalkül des Anspruchsinhabers.164 Für diesen Bereich stellt die logarithmische Funktion daher keine gute Berechnungsgrundlage dar. Dieser Umstand soll in dem hier zu entwickelnden Entscheidungsmodell berücksichtigt werden, in dem der Funktionsgraph um 1 nach links verschoben wird. Zum anderen ergibt sich ein weiteres Problem daraus, dass die Logarithmusfunktion für negative Vermögenswerte nicht definiert ist. Abhilfe kann hier dadurch geschaffen werden, dass das Minuszeichen des Argumentwertes nach vorn gezogen und nur der Betrag berücksichtigt wird.165 Somit findet die positive Nullstelle 162  Adams, Ökonomische Analyse, S.  4 ff.; ders., Theorie S.  351 ff. Allerdings beschäftigt sich Adams nur mit den Entscheidungsalternativen Prozess und außergerichtliche Einigung. 163  Ebenso Dimde, S. 122. 164  Ebenso Dimde, S. 122. 165  Dimde, S. 122.

126 2. Teil: „Legitimation“ des Erstattungsanspruches aus ökonomischer Sicht

mit dem Wert „1“ ihre negative Entsprechung in dem Wert „–1“.166 Der Erwartungsnutzenwert des Anspruchsinhabers wird also wie folgt definiert: Formel 3: Definition Erwartungsnutzenwert des Anspruchsinhabers u(x) = ln (1 + x), x ≥ 0 u(x) = –ln (1 + |x|), x < 0

Bei der Anwendung des Modells auf die Rechtswirklichkeit ist allerdings zu beachten, dass bei der späteren Berechnung – je nachdem, wie sich der Faktor K zum Faktor EK0 verhält – eine Fallunterscheidung vorzunehmen ist. Ist das Argument u(EK0 – K) größer als null, ist u wie folgt zu definieren: Formel 4: Entscheidungsmodell, wenn EK0  –  K ≥ 0 pk * ln(1 + EK0 + G + Z) + (1 – pk) * ln(1 + EK0  – K) ≥ ln(1 + EK0)

Ist das Argument u(EK0 – K) kleiner als null167, muss das Minuszeichen des Argumentwertes nach vorn gezogen und für den Logarithmus nur der Betrag berücksichtigt werden: Formel 5: Entscheidungsmodell, wenn EK0 – K < 0 pk * ln(1 + EK0 + G + Z) – (1 – pk) * ln(1 + |EK0  – K|) ≥ u(1 + EK0)

b) Anwendung auf den Beispielsfall Dem Anspruchsinhaber ist es nunmehr mithilfe dieses Entscheidungsmodells möglich, eine rationale Entscheidung darüber zu treffen, ob er einen Prozess anstrengen möchte oder nicht. Dazu muss er die im Beispielsfall168 vorgegebenen Annahmen in die Formel einsetzen. Da die Kosten größer als das Anfangsvermögen sind, muss wie folgt vorgegangen werden: pk * ln(1 + EK0 + G + Z) – (1 – pk) * ln(1 + |EK0  – K|) ≥ ln(1 + EK0) 0,9 * ln(1 + 100.000 + 20.0000 + 35.000) – (1 – 0,9) * ln (1 + |20.000  – 45.000|) ≥ ln(1 + 20.000) 10,7561  – 1,0127 ≥ 9,9035 9,7434 ≥ 9,9035 166  Dimde,

S. 122. wird immer davon ausgegangen, dass zumindest das Anfangsvermögen Ek0 positiv ist. 168  Zur Erinnerung soll von einem risikoaversen Anspruchsinhaber ausgegangen werden, der um einen Betrag in Höhe 100.000 € streitet. Durch den Rechtsstreit entstehen Kosten in Höhe von 45.000 €. Die Siegeswahrscheinlichkeit wird vom Kläger mit 90 % eingeschätzt. Als einsetzbares Vermögen stehen dem Anspruchsinhaber 20.000 € zur Verfügung. 167  Dabei



3. Kap.: Ineffizienz des Justizsystems127

Der Anspruchsinhaber M wird immer nur dann Klage erheben, wenn die linke Seite der Ungleichung größer als die rechte Seite ist. Ist die rechte Seite hingegen größer als die linke, ist die Ungleichung unwahr. Der Anspruchsinhaber wird sich dann gegen die Geltendmachung seines Anspruchs entscheiden.169 Dies ist hier der Fall. Bei einer Ausstattung des Anspruchsinhabers mit einem Anfangsvermögen von 20.000 € ist der Erwartungsnutzen des Prozesses auch bei einer Erfolgswahrscheinlichkeit von 90 % noch geringer als der Nutzen seines Anfangsvermögens. Der Anspruchsinhaber wird sich also trotz der hohen Erfolgsaussichten gegen die Geltendmachung seines Anspruches entscheiden. c) Anwendung des Entscheidungsmodells auf ähnliche Entscheidungssituationen Um eine genaue Analyse des Entscheidungsverhaltens einer durchschnittlichen Privatperson als Anspruchsinhaber vornehmen zu können, sollen zusätzlich zu dem bereits vorgestellten Beispielsfall noch zwei Fallgruppen untersucht werden: aa) Fall 1 Der Anspruchsinhaber möchte einen Betrag in Höhe von 50.000 € geltend machen. Dabei entstehen Kosten in Höhe von ca. 32.000 €.170 Die Höhe des von ihm für den Rechtsstreit einsetzbaren Vermögens beträgt 15.000 €. Es soll von einer Verfahrensdauer von 4 Jahren ausgegangen werden. Der Anspruchsinhaber kann nun mithilfe des entwickelten Entscheidungsmodells eine rationale Entscheidung treffen. Dazu muss er die vorgegebenen Angaben in die Formel einsetzen. Da die Kosten größer als das Anfangsvermögen sind, muss wie folgt vorgegangen werden: pk*ln(1 + EK0 + G + Z) – (1 – pk) * ln(1 + |EK0  – K|) ≥ ln(1 + EK0) 0,9 * ln(1 + 15.000 + 50.000 + 14.000) – (1 – 0,9) * ln (1 + |15.000  – 32.000|) ≥ ln(1 + 15.000) 10,1495  – 0,9741 ≥ 9,6159 9,1754 ≥ 9,6159

Die Ungleichung ist unwahr, da die linke Seite kleiner ist als die rechte Seite der Ungleichung. Bei einer Ausstattung des Anspruchsinhabers mit 169  Dimde,

S. 121. Rechtsdurchsetzungskosten (Gerichts- und Rechtsanwaltskosten) für drei Instanzen ohne zusätzliche Beweisgebühr. 170  Ungefähre

128 2. Teil: „Legitimation“ des Erstattungsanspruches aus ökonomischer Sicht

einem Anfangsvermögen von immerhin 15.000 € ist der Erwartungsnutzen des Prozesses auch bei einer Erfolgswahrscheinlichkeit von 90 % noch geringer als der Nutzen seines Anfangsvermögens. Der Anspruchsinhaber wird sich also gegen die Geltendmachung seines Anspruches entscheiden, obwohl er mit ganz überwiegender Wahrscheinlichkeit von einem Obsiegen ausgegangen ist. bb) Fall 2 Der Anspruchsinhaber möchte wiederum einen Betrag in Höhe von 50.000 € geltend machen. Dabei entstehen Kosten in Höhe von ca. 32.000 €.171 Die Höhe des von ihm für den Rechtsstreit einsetzbaren Vermögens beträgt 35.000 €. Es soll von einer Verfahrensdauer von 4 Jahren ausgegangen werden. Der Anspruchsinhaber kann nun mithilfe des entwickelten Entscheidungsmodells eine rationale Entscheidung treffen. Dazu muss er die vorgegebenen Angaben in die Formel einsetzen. Da das Anfangsvermögen größer als die Kosten ist, muss wie folgt vorgegangen werden: pk * ln(1 + EK0 + G + Z) + (1 – pk) * ln(1 + EK0  – K) ≥ ln(1 + EK0) 0,9 * ln(1 + 32.000 + 50.000 + 14.000) + (1 – 0,9)  * ln (1+ 35.000  – 32.000) ≥ ln(1 + 35.000) 10,3249 +0,8007 ≥ 10,4631 11,1256 ≥ 10,4631

Die Ungleichung ist wahr. Der Anspruchsinhaber wird sich also für die Geltendmachung seines Anspruches entscheiden. 3. Ergebnis: Faktische Rechtswegsperre für den Anspruchsinhaber Bei der Analyse dieser Beispielsfälle fällt zunächst einmal auf, welcher Stellenwert das beim Anspruchsinhaber vorhandene Vermögen hat.172 Ist das einsetzbare Vermögen geringer als die zu erwartenden Kosten des Verfahrens, genügt nicht einmal eine Erfolgswahrscheinlichkeit von 90 %, um die Rechtsverfolgung für den Anspruchsinhaber wirtschaftlich tragbar zu machen. Der Anspruchsinhaber muss bei den untersuchten Fällen mindestens über eine Vermögensausstattung in Höhe des Betrages verfügen, der dem gesamten Kostenrisiko entspricht, damit die Rechtsverfolgung einen höhe171  Ungefähre Rechtsdurchsetzungskosten (Gerichts- und Rechtsanwaltskosten) für drei Instanzen ohne zusätzliche Beweisgebühr. 172  Darauf weist auch Dimde, S. 129 ff., hin.



3. Kap.: Ineffizienz des Justizsystems129

ren Nutzen für ihn hat.173 Zudem reduziert die risikoaverse Haltung der meisten natürlichen Personen den Nutzen des Rechtsstreits. Trotz unterschiedlicher Vermögensausstattung und eigentlich guter Erfolgsaussichten wird eine rechtliche Verfolgung des Anspruchs unterlassen.174 Dies ändert sich bei der Geltendmachung höherer Beträge. Hier genügt auch eine vergleichsweise geringere Vermögensausstattung des Anspruchsinhabers. Dies hängt mit der Degression des Kostensystems zusammen.175 Bei einer Gesamtbetrachtung des Rechtsdurchsetzungsverhaltens dürfte dies jedoch nicht so stark ins Gewicht fallen. Den Justizstatistiken des Statistischen Bundesamtes ist zu entnehmen, dass Rechtsstreitigkeiten in einer solchen Höhe eher die Ausnahme darstellen. So hatten beispielsweise im Jahr 2009 nur 7,9 % der vor dem Landgericht in erster Instanz erledigten Zivilprozesse einen Streitwert über 100.000 € und 1,6 % der Fälle einen Streitwert, der über 500.000 € lag.176 Mithin ist festzustellen, dass für Privatpersonen als Anspruchsinhaber, die nur über eine geringe Vermögensausstattung verfügen, die Rechtsdurchsetzung regelmäßig wirtschaftlich nicht attraktiv sein wird.177 Dieser Umstand wird oft als faktische Zugangssperre bezeichnet.178 Bezeichnend für diese sei – so Dimde –, dass sie ihren Ursprung nicht unmittelbar in der Ausgestaltung des Gesetzes habe, sondern aus ökonomischer Sicht Folge rationalen Verhaltens des rechtsschutzsuchenden Anspruchsinhabers sei.179 II. Ergebnis empirischer Daten als Beleg für das Bestehen eines Rechtsdurchsetzungsdefizits Die These, dass viele Anspruchsinhaber aufgrund des mit der Rechtsverfolgung verbundenen Kostenrisikos von der Verfolgung eigener Ansprüche absehen, kann durch einige Untersuchungen belegt werden180: Dimde, S.  129 f. Dimde, S. 131. 175  Siehe Dimde, S. 130. Die Degression bewirkt, dass die Gebühren mit steigendem Streitwert im Verhältnis immer geringer ausfallen. 176  Statistisches Bundesamt, Fachserie 10, Reihe 2.1, 2009, https://www.destatis. de/DE/Publikationen/Thematisch/Rechtspflege/Querschnitt/RechtspflegeAusgewaehlte Zahlen2100100097004.pdf?__blob=publicationFile – letzter Abruf am 22. August 2016. 177  Dimde, S.  129 f., 152 f. 178  Dimde, S. 152; Fechner, S. 351; Müller, Prozesskostenrisiko, S. 1. 179  Dimde, S.  152 f. 180  Hommerich/Kilian, Mandanten und ihre Anwälte, S. 39 f., weisen daraufhin, dass im Gegensatz zu anderen Ländern in Deutschland keine aktuellen statistischen Angaben darüber vorliegen, wie häufig in Konfliktsituationen Ansprüche verwirklicht werden bzw. von der Durchsetzung abgesehen wird. Exekutive und Legislati173  Siehe 174  Siehe

130 2. Teil: „Legitimation“ des Erstattungsanspruches aus ökonomischer Sicht

1. Studien der 1970er Jahre Ende der siebziger Jahre wurden Studien über die Mobilisierung des Rechts durchgeführt.181 1979 wurden hierzu Haushalte in West-Berlin zu ihren Erfahrungen mit einem rechtsrelevanten Konflikt in den vergangenen fünf Jahren befragt. Nur zwischen 3 % und 7 % der Betroffenen sind damit vor Gericht gegangen, zwischen 3 % und 11 % der Betroffenen haben zumindest eine Rechtsberatung aufgesucht. Zwischen 24 % und 42 % der Befragten haben nichts unternommen bzw. nachgegeben.182 2. Studie des Hans-Soldan-Instituts aus 2006 2006 / 2007 hat das Hans-Soldan-Institut für Anwaltsmanagement eine Vielzahl von Personen zu ihren Rechtsproblemen befragt. Der Fokus dieser Studie lag auf der Inanspruchnahme und Bewertung von anwaltlichen Dienstleistungen.183 Die interessierende Frage, wie häufig und warum Anspruchsinhaber von der Durchsetzung ihrer Rechte absehen, wird daher nur „am Rande gestreift“. Gleichwohl sind den Ergebnissen der Studie einige aufschlussreiche Aussagen zu entnehmen: 51 % der durch das Hans-Soldan Institut befragten Personen gaben an, in den fünf Jahren zwischen 2001 und 2006, Rechtsprobleme gehabt zu haben. Hiervon hatte 44 % (= 22 % der Gesamtbevölkerung) ein einziges Rechtsproblem und 56 % (= 29 % der Gesamtbevölkerung) mehrere Rechtsprobleme.184 87 % der Rechtsprobleme waren privater und 13 % geschäftlicher Natur185. Bezogen auf den Zeitraum der letzten fünf Jahre mandatierten 41 % der Gesamtbevölkerung ein- oder mehrmals einen Anwalt.186 „Dies entspricht 80 % derer, die während dieses Zeitraums einmal oder mehrfach ein Rechtsproblem hatten.“187 22 % der ve – so Hommerich/Kilian – hätten bislang kein Interesse an derartigen Erkenntnissen. Internationalen Entwicklungen zu den „legal needs“ bzw. „access to justice“ hinke Deutschland 15 bis 20 Jahre hinterher. Es kann daher nicht auf die Ergebnisse einer aussagekräftigen Studie zu den rechtlichen Problemen und Bedürfnissen der Deutschen zurückgegriffen werden. Die Untersuchungsergebnisse der nichtstaatlichen Einrichtungen bieten jedoch zumindest eine grobe Annäherung an die Problematik. 181  Blankenburg, S.  39 ff. 182  Blankenburg, S. 52. 183  Siehe dazu Hommerich/Kilian, Mandanten und ihre Anwälte. 184  Hommerich/Kilian, Mandanten und ihre Anwälte, S. 42. 185  Die Kategorie „Geschäftliche Probleme“ meint private Personen, die auch geschäftlichen Problemen ausgesetzt sein können – so Hommerich/Kilian, Mandanten und ihre Anwälte, S. 48. 186  Hommerich/Kilian, Mandanten und ihre Anwälte, S. 73 f. 187  Hommerich/Kilian, Mandanten und ihre Anwälte, S. 73.



3. Kap.: Ineffizienz des Justizsystems131

Befragten, die ein Rechtsproblem hatten, beauftragten keinen Rechtsanwalt.188 32 % der Befragten begründeten ihre Entscheidung, keinen Anwalt eingeschaltet zu haben, mit den damit verbundenen Kosten. 17 % der befragten Bürger hätten einen Rechtsanwalt in Anspruch genommen, wenn sie vom Staat Prozesskosten- oder Beratungshilfe erhalten hätten.189 Bei 5 % wollte die Rechtsschutzversicherung die Kosten nicht übernehmen.190 Insgesamt ist zu erkennen, dass die Entscheidung, ob und wie häufig Rechtsanwälte beauftragt werden, von einer Anzahl von Einflussfaktoren abhängt, u. a. dem Einkommen. Je höher das Einkommen, desto geringer ist die Zahl derer, die keinen Anwalt in Anspruch nahmen.191 Nur 6 % der Befragten gaben an, nichts unternommen zu haben. 68 % haben ihr rechtliches Problem allein bearbeitet.192 3. Weitere Einschätzungen Nach einer Studie der Emissionsbank des ersten Prozessfinanzierungsunternehmens kommen rund 28.500 Rechtsstreitigkeiten pro Jahr für eine Finanzierung in Betracht. Der Gesamtstreitwert beträgt nach der Studie des Bankhauses ca. 6,0 Mrd. € pro Jahr.193 Diesen Daten ist nicht zu entnehmen, wie viele der Befragten die Anrufung eines Gerichts allein aus finanziellen Gründen unterlassen haben bzw. welche Gründe hierfür im Einzelfall vorlagen. Aktuellere Schätzungen über die Anzahl der nicht geführten Prozesse und die Höhe des nicht durchgesetzten Streitwertvolumens reichen von 920 Mio. € bis zu 2,56 Mrd. €.194 III. Ergebnis Im Ergebnis ist festzustellen, dass es tatsächlich Fälle gibt, in denen die Durchsetzung eines Anspruches nicht möglich ist. Mittels der Instrumente der Entscheidungstheorie konnte gezeigt werden, warum sich ein Anspruchsinhaber oftmals gegen eine prozessuale Konfliktaustragung entscheiden wird. Der Entschluss einer Partei, einen Prozess zu führen oder einen Streit außergerichtlich beizulegen, beruht immer auf dem Vergleich zweier Situa188  Hommerich/Kilian,

Mandanten Mandanten 190  Hommerich/Kilian, Mandanten 191  Hommerich/Kilian, Mandanten 192  Hommerich/Kilian, Mandanten 193  Studie des Bankhauses HSBC 2000 zur FORIS AG, S. 13. 194  Kochheim, S. 24. 189  Hommerich/Kilian,

und ihre Anwälte, S. 87. und ihre Anwälte, S. 99. und ihre Anwälte, S. 100. und ihre Anwälte, S. 80. und ihre Anwälte, S. 93. Trinkhaus & Burkhardt KGaA vom 17. März

132 2. Teil: „Legitimation“ des Erstattungsanspruches aus ökonomischer Sicht

tionen, und zwar dem Prozess und dem Verzicht auf einen Prozess.195 Wie erläutert, schätzen die Parteien dabei nicht nur den Prozessausgang ab. Vielmehr lassen sie in diese Entscheidung noch zusätzliche Aspekte einfließen. Insbesondere spielt die Vermögensausstattung eines Anspruchsinhabers eine große Rolle bei der Entscheidung für oder gegen einen Prozess. Ein Anspruchsinhaber entschließt sich, wie gezeigt wurde, gegen die gerichtliche Geltendmachung seines Anspruches, wenn er Gefahr läuft, seine Vermögensressourcen durch den Prozess aufzuzehren. In diesem Fall ist dem Anspruchsinhaber der Rechtsschutzzugang versperrt. Die Rechtswegsperre stellt sich in solchen Fällen – so Dimde – als Konsequenz eines ökonomischen Kalküls des Anspruchsinhabers dar.196 Demnach besteht ein Rechtsdurchsetzungsdefizit.

D. Rechtsbefolgungsdefizit des Anspruchsgegners als Folge des Rechtsdurchsetzungsdefizits des Anspruchsinhabers Nachfolgend wird zu zeigen sein, dass die Möglichkeit des Anspruchsinhabers Rechtsschutz zu erlangen, auch die Entscheidung des Anspruchsgegners, „sich vereinbarungskonform zu verhalten, eine gesetzlich geschuldete Leistung zu erbringen oder auch nur einen Vergleich abzuschließen“197, erheblich beeinflusst.198 Können Rechtsschutzeinrichtungen von weniger wohlhabenden Personen nicht in Anspruch genommen werden, müssen Anspruchsgegner nämlich nicht mit Widerstand rechnen und werden sich damit zurückhalten, begründete Ansprüche eines anderen zu erfüllen.199 Es fehlt der Anreiz, sich kooperativ zu verhalten.200 Der Anspruchsgegner maximiert seinen Nutzen durch eine Ablehnung der Erfüllung eines gegen ihn gerichteten Anspruchs mehr, wenn er davon ausgehen kann, dass nur wenige Anspruchsinhaber ihren Anspruch tatsächlich prozessual durchsetzen werden. Das Rechtsdurchsetzungsdefizit des Anspruchsinhabers hat also – wie zu zeigen sein wird – ein Rechtsbefolgungsdefizit des Anspruchsgegners zur Folge. Mittels der Entscheidungstheorie soll nachfolgend das Entscheidungsverhalten des Anspruchsgegners analysiert werden.

195  Adams,

Theorie, S. 368. S. 153. 197  Dimde, S. 134. 198  Dimde, S. 134. 199  Siehe dazu Fechner, S. 351. 200  Dimde, S. 134. 196  Dimde,



3. Kap.: Ineffizienz des Justizsystems133

I. Entscheidungsmodell des Anspruchsgegners Auch die V (Versicherungsunternehmen aus dem Beispielsfall201) muss bei ihrer Entscheidung über die Erfüllung bzw. Nichterfüllung des gegen sie gerichteten Anspruches Überlegungen über ihre Handlungsalternativen, Umwelteinflüsse, die Konsequenzen der Entscheidung sowie ihre Ziele und Präferenzen anstellen. Nachfolgend werden zur Beschreibung der Einflussgrößen folgende Symbole verwendet: Tabelle 10 Variablen Entscheidungsmodell Anspruchsgegner Variable

Bedeutung

Eb

Erwartungswert des Prozesses aus Sicht des Anspruchsgegners

pb

Subjektive Wahrscheinlichkeit, mit der der Anspruchsgegner annimmt, er werde den Prozess gewinnen

G

Zahlung des Beklagten an den Kläger, wenn der Kläger den Prozess gewinnt

K

Prozesskosten

U

Nutzen des Zustandes

Eb0

Anfangsvermögen

Eb1

Endvermögen bei sofortigem Forderungsausgleich (Eb0 – G)202

Eb2

Endvermögen bei Unterliegen im Prozess (Eb0 – G – K – Z)

Eb3

Endvermögen bei Obsiegen im Prozess bzw. Verzicht auf die Rechtsdurchsetzung (Eb3 = Eb0)

Z

Zinsen für die Dauer des Rechtsstreits

K

Durchsetzungswahrscheinlichkeit

201  2. Teil,

3. Kapitel, B. an dieser Stelle sollen etwaige entgangene Zinsen im Modell unberücksichtigt bleiben. 202  Auch

134 2. Teil: „Legitimation“ des Erstattungsanspruches aus ökonomischer Sicht

1. „Bausteine“ des Entscheidungsmodells a) Handlungsalternativen Die Handlungsalternativen der V liegen auf der Hand. Auf der einen Seite steht V die Möglichkeit zur sofortigen Begleichung des Anspruches des M zur Verfügung. Ihr Vermögen würde sich dann um einen Betrag in Höhe von 100.000 € reduzieren. Auf der anderen Seite könnte V die Erfüllung des Anspruches verweigern. In diesem Fall müsste sie damit rechnen, dass M sie entsprechend verklagt und den Prozess gewinnt. Dann müsste V zusätzlich zu den 100.000 € noch die Kosten des Verfahrens in Höhe von 45.000 € sowie die Verzugszinsen in Höhe von 7 % vom Zeitpunkt der Einreichung der Klage an tragen.203 Jedoch könnte die Verweigerung der Erfüllung des Anspruches auch dazu führen, dass M auf die gerichtliche Geltendmachung verzichtet. In diesem Fall würde sich die Vermögenslage des V nicht ändern. b) Erwartungen über die Umwelteinflüsse Auch V muss Erwartungen über die Umwelteinflüsse, die das Ergebnis ihrer Entscheidung beeinflussen können, anstellen: Würde sich V dazu entscheiden, den Anspruch des M nicht zu erfüllen, wäre diese Entscheidung nicht mit einem bestimmten Ergebnis verbunden, sondern würde von verschiedenen Umweltfaktoren beeinflusst, auf die V keinen Einfluss hätte. Ein wichtiger Umweltfaktor ist das Verhalten von M. Vorstehend wurde herausgearbeitet, dass sich vor allem Privatpersonen als Folge eines ökonomischen Kalküls oftmals gegen die Durchsetzung eines eigentlich berechtigten Anspruches entscheiden. Die V weiß also bei einer möglichen Entscheidung gegen die sofortige Begleichung der Forderung nicht, ob der M womöglich rechtliche Schritte gegen sie einleiten oder auf eine Durchsetzung seiner Forderung aufgrund des Prozessrisikos verzichten wird. Das Ergebnis ihrer Entscheidung, den ihm gegenüber geltend gemachten Anspruch zu erfüllen oder nicht, wird also durch das Verhalten des M mitbestimmt. Der Schuldner muss daher Erwartungen über die Situation des Gläubigers anstellen, um hierdurch zu einer möglichst günstigen Festlegung der jeweils eigenen Verhaltensstrategie204 gelangen zu können.205 Mithin wird V das bei M als 203  Siehe die Erläuterungen zu den Verzugszinsen bei der Entscheidungssituation des Anspruchsinhabers. 204  Derartige Entscheidungssituationen sind Gegenstand der Spieltheorie – einem Teilgebiet der Entscheidungstheorie. Siehe dazu Dörsam, S. 13. Die speziellen Analyseinstrumente der Spieltheorie sollen an dieser Stelle unberücksichtigt bleiben. 205  Allgemein dazu Adams, AcP, S. 455.



3. Kap.: Ineffizienz des Justizsystems135

Privatperson grundsätzlich bestehende Rechtsdurchsetzungsdefizit bei der Entscheidung, ob sie den Anspruch erfüllt oder nicht, einkalkulieren206 und entsprechende Erwartungen bilden. Die Wahrscheinlichkeit, mit der V mit einer gerichtlichen Durchsetzung des gegen sie gerichteten Anspruchs rechnen muss, soll nachfolgend mit der Variable k bezeichnet werden. Für diese gilt: k (0 < k < 1)

Für das zu erstellende Entscheidungsmodell soll von einer Durchsetzungsrate von 30 % ausgegangen werden, also von k = 0,3 =30 %.

Als zweiten wesentlichen Umweltfaktor muss V berücksichtigen, dass – wie bereits erörtert – die gerichtliche Auseinandersetzung eine Entscheidung unter Risiko darstellt.207 Selbst wenn M sich zur Erhebung einer Klage entscheidet, ist also nicht sicher, ob das Gericht die V tatsächlich zur Zahlung des Betrages in Höhe von 100.000 € verurteilen wird. Es wurde bereits herausgearbeitet, dass den möglichen Geschehensabläufen – aus Sicht der V Verurteilung zur Zahlung / Abweisung der Klage  – Eintrittswahrscheinlichkeiten zugeordnet werden können. Da V nicht weiß, ob der Klage stattgegeben wird oder nicht, muss sie daher Wahrscheinlichkeiten bilden. Mit pb wird die Siegeswahrscheinlichkeit der V bezeichnet, den Prozess zu gewinnen. Die Niederlagewahrscheinlichkeit ist damit logischerweise 1 – pb. Dem Beispielsfall ist zu entnehmen, dass V zu 10 % damit rechnet, den Prozess zu gewinnen. Es ist noch anzumerken, dass in der Rechtswirklichkeit Rechtsstreitigkeiten oft das Ergebnis inkonsistenter Erwartungen über den Prozessausgang sind.208 Daher werden die Erwartungen von Anspruchsinhaber und -gegner realistischerweise nicht übereinstimmen und das Ergebnis 1 ergeben. Aus Gründen der Vereinfachung soll für das hier zu entwickelnde Modell allerdings davon ausgegangen werden, dass die Erwartungen der beiden Parteien übereinstimmen.

dazu auch Bigus/Schäfer, S.  31 f. vorstehend bereits ausgeführt, wird aus Gründen der vereinfachten Darstellung davon ausgegangen, dass den verschiedenen möglichen Ergebnissen Eintrittswahrscheinlichkeiten zugeordnet werden können und mithin eine Entscheidung unter Risiko vorliegt. 208  Siehe dazu ausführlich Adams, Theorie, S.  367 ff. 206  Siehe 207  Wie

136 2. Teil: „Legitimation“ des Erstattungsanspruches aus ökonomischer Sicht

c) Konsequenzen der Entscheidung Würde sich V zur sofortigen Begleichung der Forderung entschließen, würde sich ihr Anfangsvermögen (Eb0) um einen Betrag in Höhe von 100.000 € reduzieren. Es gilt: Eb1 = (Eb0 – G)

Für den Fall, dass V sich dazu entschließen würde, die Forderung nicht zu begleichen, müsste sie mit einer Wahrscheinlichkeit k damit rechnen, dass M diese Forderung gerichtlich geltend macht und mit einer Wahrscheinlichkeit von 1 – pb, dass sie den Prozess verliert bzw. mit einer Wahrscheinlichkeit von pb, dass sie nicht zur Zahlung verurteilt wird. Im Fall der Prozessniederlage müssen die gesamte Streitsumme (G) und die gesamten Prozesskosten beider Parteien (K) sowie die Verzugszinsen (Z), also insgesamt G + K + Z, durch V geleistet werden. Es gilt: Eb2

=

(Eb0 – G – K – Z)

Im Falle seines Obsiegens im Prozess muss der Anspruchsgegner nichts zahlen. Es gilt: Eb3 = Eb0

Dies würde auch für den Fall gelten, dass M von einer Rechtsverfolgung absieht. d) Risikoneutralität der V V wird sich dann gegen seine sofortige Auszahlung entscheiden und es auf einen Prozess ankommen lassen, wenn dies einen größeren Nutzen für sie verspricht. Um feststellen zu können, welche der Handlungsalternativen einen größeren Nutzen hat, muss sie diese mit einer Nutzenfunktion bewerten. Dabei kommt es auf die Risikoeinstellung der V an. Diese ist ein Versicherungsunternehmen. Unternehmen verhalten sich typischerweise risikoneutral.209 Eine risikoneutrale Prozesspartei würde dem Risiko des Unterliegens keine Bedeutung beimessen und die möglichen Ergebnisse allein nach der Wahrscheinlichkeit ihres Eintritts gewichten. So würde ein risikoneutraler Entscheidungsträger keine Risikoaufschläge bzw. -abschläge vor209  Dimde, S. 141. Zu beachten ist der Hinweis von Dimde, S. 141, dass sich etwas anderes dann ergebe, wenn besondere Umstände – z. B. die mangelnde Liquidität – die Entscheidungspolitik des Unternehmens beeinflussen.



3. Kap.: Ineffizienz des Justizsystems137

nehmen.210 Für diese ist daher eine Entscheidung nach der bereits genannten Bayes-Regel rational.211 Sie wird also die Erwartungswerte der Alternativen ausrechnen und sich dann für die Alternative mit dem höchsten Erwartungswert entscheiden.212 Der Erwartungsnutzen entspricht bei risikoneutralen Personen also dem Erwartungswert. 2. Gesamtmodell Anspruchsgegner und Anwendung auf den Beispielsfall a) Gesamtmodell Nachdem nun die einzelnen Komponenten der Entscheidung der V für oder gegen die Austragung des Konflikts in einem Gerichtsverfahren analysiert wurden, kann nunmehr ein Gesamtmodell erstellt werden. V wird sich dann für die sofortige Begleichung der Forderung entscheiden, wenn dieser Handlungsalternative ein größerer Nutzen zukommt als der anderen Handlungsalternative, nämlich der Verweigerung der Erfüllung der Forderung. Der erwartete Nutzen der alternativen Endvermögen Eb2 und Eb3 darf mithin nicht geringer sein als der Nutzen einer sofortigen Zahlung Eb1. Aufgrund der Risiko­ neutralität der V entspricht der Erwartungsnutzen dem Erwartungswert. Nachfolgend soll daher ausschließlich von den Erwartungswerten der beiden Handlungsalternativen ausgegangen werden. Zahlt V sofort, gilt: Eb0 – G. Zahlt V nicht sofort, muss sie Erwartungen darüber anstellen, ob M Klage erhebt und wie diese gegebenenfalls ausgeht. Wenn keine Klage erhoben wird, bleibt das Endvermögen der V beim Anfangsvermögen Eb0. Dies geschieht mit einer Wahrscheinlichkeit von (1 – k). Mit einer Wahrscheinlichkeit von k wird nun Klage erhoben, dann bleiben bei der Klage genau zwei Möglichkeiten: − mit der Wahrscheinlichkeit von pb wird die Klage gewonnen, das Endvermögen bleibt beim Anfangsvermögen Eb0, − mit der Wahrscheinlichkeit von (1 – pb) wird die Klage verloren, das Anfangsvermögen Eb0 reduziert sich um (G + K + Z). V wird es dann auf einen Prozess ankommen lassen, wenn die Summe der Erwartungswerte aus obiger Betrachtung – gewichtet mit ihren Wahrscheinlichkeiten – größer oder gleich der Vermögenssituation sind, die sich bei Begleichung der Forderung G ohne die Klage ergeben würden. Das ist Eb0 – G. Es ergibt sich damit folgende Ungleichung: (1 – k)  *  Eb0+ k* {pb* Eb0  +  (1 – pb) * [Eb0  –  (G  +  K  +  Z)  ]  }  ≥  Eb0 – G 210  Dimde,

S. 112. S. 47. 212  Dörsam, S. 42. 211  Dörsam,

138 2. Teil: „Legitimation“ des Erstattungsanspruches aus ökonomischer Sicht

Diese Ungleichung kann ausmultipliziert werden.213 Dann ergibt sich das folgende Entscheidungsmodell: Formel 6: Entscheidungsmodell Anspruchsgegner k (1 – pb) (G  +  K  +  Z) ≤ G

Wenn die linke Seite kleiner ist als die rechte Seite, lohnt es sich für die V, die sofortige Begleichung des Anspruchs zu verweigern und das Risiko, dass sich der M eventuell zu einer Klageerhebung entscheidet, einzugehen. b) Anwendung auf den Beispielsfall Der V ist es nunmehr mithilfe dieses Entscheidungsmodells möglich, eine rationale Entscheidung darüber zu treffen, ob sie die Forderung sofort begleichen sollte oder nicht. Dazu muss sie die im Beispielsfall vorgegebenen Annahmen in die Formel einsetzen: k * (1 – pb) (G + K + Z) ≤ G 0,3 * 0,9 * (100.000 + 45.000 + 35.000) ≤ 100.000 48.600 ≤ 100.000

Die linke Seite ist hier wesentlich kleiner als die rechte Seite. V wird sich also gegen einen Ausgleich der Forderung entscheiden. 3. Ergebnis: Rechtsbefolgungsdefizit Der Beispielsfall zeigt, dass nicht nur ein Rechtsdurchsetzungsdefizit seitens des Anspruchsinhabers vorliegt, sondern dieses auch ein Rechtsbefolgungsdefizit des Anspruchsgegners zur Folge hat. Der homo oeconomi­ cus wird immer die Wahrscheinlichkeit, ob sich die andere Vertragspartei zur Wehr setzen und ihre Ansprüche realisieren kann, in sein Kalkül einbeziehen.214 Dies wiederum hat Auswirkungen auf die Eintrittswahrscheinlichkeiten215 und daraus folgend auf den Erwartungswert des Prozesses. Kann der Anspruchsgegner nach seinen Erfahrungen davon ausgehen, dass nur wenige Anspruchsinhaber ihren Anspruch tatsächlich prozessual durchsetzen werden, maximiert er seinen Nutzen mitunter mehr, wenn er eine Erfüllung des Anspruchs ablehnt. Aus dem Rechtsdurchsetzungsdefizit folgt also eine 213  Auf

die Darstellung der einzelnen Rechenschritte soll verzichtet werden. S. 126. 215  Richter, S.  38 f. 214  Krieger,



3. Kap.: Ineffizienz des Justizsystems139

Unterbewertung der Pflicht zur Erfüllung der Forderung.216 Dies habe – so Dimde – zur Folge, dass es einem risikoneutralen Anspruchsgegner mit ausreichendem Vermögen möglich sei, in einem Rechtsstreit mit einer risikoaversen Privatperson als Anspruchsinhaber einen unkooperativen Standpunkt einzunehmen und es auf einen Prozess ankommen zu lassen. Einem solchen risikoaversen Anspruchsinhaber sei aufgrund seines Risikoverhaltens der Rechtsschutzzugang oftmals faktisch verwehrt. Dies führe zu einem gravierenden Nachteil für risikoaverse Individuen.217 II. Strategisches Verhalten als Ursache des Rechtsbefolgungsdefizits Gerichtsprozesse sind von Michael Adams als Paradoxon bezeichnet worden.218 Durch einen Gerichtsprozess entstehen hohe Kosten, die von einer der Parteien, nämlich der unterlegenen, getragen werden müssen. Warum kommt es dann also zu Prozessen, wenn aus ökonomischer Perspektive nicht angenommen werden kann, dass Individuen das Ziel verfolgen, sich selbst zu schädigen?219 Michael Adams hat dafür inkonsistente Erwartungen der Streitparteien verantwortlich gemacht.220 Diese hätten unterschiedliche Erwartungshaltungen gegenüber dem Konfliktverlauf und insbesondere hinsichtlich des Ausgangs des Prozesses.221 Anhand des Beispielsfalles lässt sich jedoch nachvollziehen, dass Prozesse nicht nur das Ergebnis inkonsistenter Erwartungen über den Prozessausgang, sondern auch die Folge – wie ebenfalls von Adams festgestellt222 – strategischen Verhaltens der Parteien sind. Aufgrund des Prozesskostenrisikos wird sich ein rational handelnder Anspruchsinhaber trotz Bestehens eines berechtigten Anspruchs oftmals von vornherein gegen eine Rechtsverfolgung entscheiden. Ein wiederum rational handelnder berechtigter Anspruchsgegner wird diesen Umstand strategisch ausnutzen und berechtigte Ansprüche nicht erfüllen. Die Prozesskosten werden also als „Waffe im wirtschaftlichen Machtkampf“223 eingesetzt.224 Infolgedessen kommt es in der Rechtspraxis zu eigentlich vermeidbaren Rechtsstreitigkeiten. Dieses Verhalten lässt sich 216  Richter,

S.  38 f. S. 132. 218  Adams, Theorie, S. 349. 219  Dies fragt sich Adams, Theorie, S. 356. 220  Adams, Theorie, S. 356. 221  Adams, Theorie, S. 356. 222  Adams, Strategisches Verhalten, S. 216 ff. 223  Seetzen, Prozesskosten, S. 35. 224  Seetzen, Prozesskosten, S. 35. 217  Dimde,

140 2. Teil: „Legitimation“ des Erstattungsanspruches aus ökonomischer Sicht

aus ökonomischer Sicht mit den Erkenntnissen der Spieltheorie – einem weiteren Prognoseinstrument – erklären. Die Spieltheorie wird immer dann eingesetzt, wenn die Wahl einer Handlungsalternative das Entscheidungsverhalten anderer Akteure beeinflusst.225 Es wird dann nach optimalen Verhaltensstrategien gesucht und mit der Annahme perfekter Rationalität gearbeitet.226 Dabei wird versucht, das Verhalten der Akteure „vorherzu­ sagen“.227 Nach der Spieltheorie stellt jede Leistungsbeziehung ein Verhandlungsspiel dar. Der gemeinsame Gewinn aus einem Schuldverhältnis hänge davon ab, dass zugleich mit dessen Begründung auch eine Einigung über die Verteilung des sich aus diesem ergebenden Gewinns getroffen werde.228 Dabei wird davon ausgegangen, dass rationale Akteure durch bestimmte Verhaltens- und Verhandlungsstrategien versuchen, einen möglichst hohen Anteil am Gewinn zu erhalten.229 Dieser Verteilungskampf – so Dimde – führe dazu, dass die beteiligten Akteure aufgrund ihrer eigenen Strategie das Scheitern einer Kooperation bewusst in Kauf nähmen und auch einen Gerichtsprozess riskierten.230 Entsprechend dieser Strategie würden die Parteien, „den für sich verlangten Anteil an dem gemeinsamen Gewinn […] solange erhöhen, bis ihr Gewinn aus einem für sie noch günstiger ausfallendem Ergebnis gerade noch durch den Verlust ausgeglichen werde, den eine weitere Forderungserhöhung infolge der mit dieser verbundenen erhöhten Prozesswahrscheinlichkeit und den damit verbundenen erhöhten Kosten mit sich bringen würde.“231

Mithin gehe es den Parteien darum, das durch diese Strategie bedingte höhere Prozesskostenrisiko durch eine Erhöhung des „Verteilungsgewinns im Falle einer Kooperation auszugleichen“.232 Wie Dimde weiter herausgearbeitet hat, werde eine aus ökonomischer Sicht rational handelnde Partei somit zu Verhaltens- und Verhandlungsstrategien veranlasst, die die Möglichkeit des Zugangs zum Recht bereits zu dem Zeitpunkt voraussetze, an dem für gewöhnlich erst einmal über Kooperation bzw. Konfrontation entschieden werde.233 Wenn es dem Anspruchsinhaber nicht möglich sei, seinen 225  Schäfer/Ott, S. 258: Mit Hilfe der Spieltheorie wird versucht, „rationales Verhalten in interdependenten Situationen zu beschreiben, in denen der Nutzen des A vom Verhalten des B abhängig ist und umgekehrt.“ 226  Sauerbruch, S. 87. Siehe zur Spieltheorie Morton D. Davis, Spieltheorie für Nichtmathematiker; Holler/Illing, Einführung in die Spieltheorie. 227  Sauerbruch, S. 87. 228  Dimde, S. 133. 229  Dimde, S. 133. 230  Dimde, S. 133. 231  Dimde, S.  133 f. 232  Dimde, S. 134; siehe auch Adams, Strategisches Verhalten, S. 213, 217. 233  Dimde, S. 134.



3. Kap.: Ineffizienz des Justizsystems141

Anspruch durchzusetzen, fehle dem Anspruchsgegner von vornherein der Anreiz zu kooperativem Verhalten und somit zu einer Erfüllung des Anspruches.234 Leistungen werden also nur erbracht, weil es die Prozessmöglichkeit gibt. Verliere die Drohung mit einem Prozess ihre Wirkung, sei – so Gerking  –, unser Rechtssystem in Gefahr.235 III. Empirische Daten als Beleg für das Bestehen eines Rechtsbefolgungsdefizits Die Tatsache, dass Anspruchsgegner berechtigte Ansprüche bewusst nicht erfüllen und darauf spekulieren, dass der Anspruchsinhaber die Angelegenheit nicht weiter verfolgen wird,236 kann nicht durch empirische Daten untermauert werden, denn kein Anspruchsgegner wird zugeben, einen berechtigten Anspruch absichtlich nicht zu erfüllen. Jedoch sprechen einige Indizien für diese Behauptung: 1. Versicherungsbranche Gerade in der Versicherungsbranche gibt es einige Indizien dafür, dass es wohl zur üblichen Geschäftspraxis einiger Versicherungsunternehmen gehören dürfte, Leistungsansprüche systematisch abzulehnen.237 So hat das Bundesministerium der Justiz in einem Rundschreiben an die Landesjustizverwaltungen vom 11. Februar 2013 geäußert, dass immer wieder Beschwerden eingehen würden, mit denen geltend gemacht werde, dass Ver­ sicherer mit erheblichen Verzögerungen leisteten und ihre wirtschaftlich stärkere Position ausnutzten, um den „Anspruchssteller in ‚zermürbenden Rechtsstreitigkeiten‘ zur Aufgabe des Anspruches oder zu einem für den Versicherer günstigen Vergleich zu bewegen. Die bestehende Rechtslage werde systematisch ausgenutzt, um die Schadensregulierung zu verzögern oder zu vereiteln.“238 Diese Beschwerden hatten das Bundesministerium der Justiz sogar dazu veranlasst, die Landesjustizverwaltung um Stellungnahme 234  Dimde,

S. 134; so auch Bigus/Schäfer, S.  31 ff. S. 46. 236  Nitzsche, S. 1. 237  Schreier, S. 1232 unter Verweis auf den Fernsehbericht „Die Nein-Sager“ des NDR-Magazins „Panorama“ vom 4. September 2012 (abrufbar unter http://daserste. ndr./panorama/neinsager105.html) sowie daran anknüpfend der Bericht „Spiel auf Zeit: Wenn die Versicherung nicht zahlt“ vom 04.04.2013 (abrufbar unter http:// daserste.ndr.de/panorama/archiv/2013/neinsager151.html) – letzter Abruf jeweils am 14. Juli 2016. 238  Bundesministerium der Justiz, Schreiben an die Landesjustizverwaltungen vom 11. Februar 2013 (abrufbar: http://www.bmj.de/SharedDocs/Downloads/DE/ 235  Gerking,

142 2. Teil: „Legitimation“ des Erstattungsanspruches aus ökonomischer Sicht

zu dem Regulierungsverhalten und um Überlegungen zu bitten, wie darauf reagiert werden könnte.239 Auch einige Gerichte haben in ihren Urteilen auf das oftmals zermürbende und nicht nachvollziehbare Regulierungsverhalten von Versicherungsunternehmen hingewiesen, so z. B. das LG Dortmund240, das von „hartnäckiger Rechtsblindheit“ und „offensichtlich auf Zermürbung des Klägers abzielender Rohheit und Gefühlskälte“ eines Versicherungsunternehmens spricht,“ oder das OLG Köln, das entschieden hatte, dass ein „Regulierungsverhalten […] unverständlich und […] zusätzlich beein­träch­ ti­gend“241 war. Auch in den Medien sind immer wieder Berichte darüber zu finden, dass und in welcher Art und Weise Versicherungen versuchten, Zahlungen zu verzögern bzw. zu verweigern.242 Ein weiteres Indiz stellt die hohe Rücktrittsquote einiger Versicherungsunternehmen bei Berufsunfähigkeitsversicherungen dar. Durchschnittlich betrifft diese etwa 30  % aller Leistungsanträge. Bei einem Teil der Versicherungen liegt diese Rücktrittsquote wohl weit oberhalb dieses Durchschnittes bei ca. 60 %.243 Branchenkenner verweisen darauf, dass die Rücktrittsquote oft dann sehr hoch sei, wenn der Versicherer besonders günstige Prämien anbiete. Es wird angenommen, dass diese Versicherer sich beim Marktantritt einen Vorteil durch eine besonders günstige Prämie verschaffen und die hieraus folgende Fehlkalkulation durch eine – so Schwintowski – strategische Leistungsverweigerung korrigieren wollen. Auch rechneten sie möglicherweise damit, dass allenfalls 5 % der Versicherten bei Leistungsablehnung den Rechtsweg beschreiten.244 2. Baubranche Unberechtigte Leistungsverweigerungen scheinen auch in anderen Branchen nicht unüblich zu sein. Insbesondere in der Baubranche werden Zahlungen oft unter Berufung auf erhebliche Mängel zurückgehalten, die dann pdfs/Schreiben_an_LJV_Schadensregulierung_bzw_Leistung_durch_den_Versiche rer.pdf?__blob=publicationFile – letzter Abruf am 31. Mai 2014. 239  Bundesministerium der Justiz, Schreiben an die Landesjustizverwaltungen vom 11. Februar 2013 (abrufbar: http://www.bmj.de/SharedDocs/Downloads/DE/ pdfs/Schreiben_an_LJV_Schadensregulierung_bzw_Leistung_durch_den_Versiche rer.pdf?__blob=publicationFile – letzter Abruf am 31. Mai 2014. 240  LG Dortmund, Urteil vom 19.3.2004, Az: 6 O 218/01  – abrufbar unter www. juris.de. 241  OLG Köln VersR 2013, 113, 114. 242  So beispielsweise im Dossier der „Zeit“ vom 03. Januar 2013, abrufbar: http://www.zeit.de/2013/02/Versicherungsopfer-Unfall-Berufsunfaehigkeit – letzter Abruf am 15. Juli 2016. 243  Schwintowski, Berufsunfähigkeitsversicherung, S. 2. 244  Schwintowski, Berufsunfähigkeitsversicherung, S. 2.



3. Kap.: Ineffizienz des Justizsystems143

Gegenstand einer aufwendigen Beweisaufnahme sind.245 So beklagen Handwerksbetriebe eine zunehmend schlechtere Zahlungsmoral und zudem einen steigenden Anteil von Forderungsausfällen ihrer Kunden.246 Nach einer Sonderumfrage des Zentralverbands des Deutschen Handwerks geben knapp 40 % der befragten Handwerksbetriebe an, dass ihr Unternehmen von der mangelnden Zahlungsmoral der Kunden stark in Mitleidenschaft gezogen würde. Bei 8,5 % der Befragten würden die säumigen Kunden sogar zu einer Existenzgefährdung des Betriebes beitragen. Damit sei knapp jeder zweite Handwerksbetrieb von der unzureichenden Zahlungsmoral der Kunden betroffen.247 3. Ingenieure Auch freiberuflich tätige Ingenieure sind von der schlechten Zahlungsmoral betroffen. Eine Umfrage des Verbandes Beratender Ingenieure (VBI) in Berlin ergab, dass die Mehrheit der Büros mit säumigen Kunden zu kämpfen habe.248 Bei mindestens 10 % der Ingenieure führe die Zahlungsverweigerung wohl zu existentiellen Problemen.249 IV. Ergebnis Mittels der Entscheidungstheorie konnte gezeigt werden, dass das typischerweise bei einem Anspruchsinhaber bestehende Rechtsdurchsetzungsverhalten auch die Entscheidung des Anspruchsgegners, eine geschuldete Leistung zu erbringen oder nicht, beeinflusst.250 Dies ist das Ergebnis ökonomischer Erwägungen des Anspruchsgegners. Der homo oeconomicus wird immer die Wahrscheinlichkeit, ob der Anspruchsinhaber seine Ansprüche möglicherweise realisieren kann oder nicht, in seine Erwartungen einbeziehen.251 Dies wiederum hat Auswirkungen auf die Eintrittswahrscheinlichkei245  Entwurf eines Gesetzes zur Beschleunigung fälliger Zahlungen, BT-Drucksache 14/1245 vom 26.  März 1999, S. 4. 246  Liegmann, S. 274. 247  Sonderumfrage des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks, durchgeführt rund ein Jahr nach In-Kraft-Treten des ZahlBeschlG in Zusammenarbeit mit fünf Handwerkskammern unter 1.100 Betrieben (davon schwerpunktmäßig bei 890 Betrieben aus dem Bau- und Ausbaugewerbe), siehe Liegmann, S. 274. 248  Pressemitteilung des Verbandes Beratender Ingenieure (VBI) in Berlin vom 27. Dezember 2004, abrufbar unter www.vbi.de – letzter Abruf am 31. Mai 2014. 249  Pressemitteilung des Verbandes Beratender Ingenieure (VBI) in Berlin vom 27. Dezember 2004, abrufbar unter www.vbi.de – letzter Abruf am 31. Mai 2014. 250  Siehe dazu auch Dimde, S. 134. 251  Krieger, S. 126.

144 2. Teil: „Legitimation“ des Erstattungsanspruches aus ökonomischer Sicht

ten252 und daraus folgend auf den Erwartungswert des Prozesses. Kann der Anspruchsgegner nach seinen Erfahrungen davon ausgehen, dass nur wenige Anspruchsinhaber ihren Anspruch tatsächlich prozessual durchsetzen werden, maximiert er seinen Nutzen oftmals mehr, wenn er eine Erfüllung des Anspruchs ablehnt. Das Rechtsdurchsetzungsdefizit des Anspruchsinhabers hat also ein Rechtsbefolgungsdefizit des Anspruchsgegners zur Folge. Bereits 1969 hat Fechner darauf hingewiesen, dass die wirtschaftlich schwache Partei oftmals von dem finanzstärkeren Anspruchsgegner „vorsorglich, ausdrücklich und schriftlich auf das hohe Kostenrisiko aufmerksam gemacht [wird], das sie bei gerichtlicher Geltendmachung von Ansprüchen oder bei Verwirklichung in einem Abwehrprozess des finanzstärkeren Gegners zu gewärtigen hat“.253 Praktisch – so Fechner – handele es sich dabei um Drohungen zur Aufrechterhaltung vorteilhafter Positionen, die bei Durchführung eines Prozesses oftmals keinen Bestand haben würden.254

E. Zusammenfassung und Auswirkungen auf die Volkswirtschaft I. Zusammenfassung Im Ergebnis konnte die These, nach der unser System des Rechtschutzzugangs strategisches Verhalten der Parteien begünstigt, das zu einem Rechtsdurchsetzungs- und infolgedessen zu einem Rechtsbefolgungsdefizit führt, „bewiesen“ werden. Aus diesem Grund kann unserer System der Zivilgerichtsbarkeit seinem aus ökonomischer Sicht bestehenden Zweck, das Verhalten der Akteure dahingehend präventiv zu beeinflussen, dass diese sich rechtstreu verhalten und unnötige Rechtsstreitigkeiten mit den damit verbundenen Transaktionskosten gar nicht erst entstehen, nur unzureichend gerecht werden. Die Gründe hierfür sollen noch einmal zusammengefasst werden: Erhebt der Anspruchsinhaber Klage, muss er bei seiner Entscheidung die Pflicht zur Tragung der Prozesskosten im Verlustfall und damit die Gefahr einer negativen Änderung seiner Vermögenslage einkalkulieren. Die Klageerhebung ist also eine „unsichere Lotterie“.255 Diese Unsicherheit bewegt vor allem natürliche Privatpersonen als Anspruchsinhaber dazu, von der gerichtlichen Durchsetzung ihres Anspruches abzusehen, denn in diesem Fall ändert sich ihr Vermögen weder positiv noch negativ, sondern ist sicher. Eine derartige Entscheidung ist das Ergebnis eines ökonomischen Kalküls des 252  Richter,

S. 38. S. 351. 254  Fechner, S. 351. 255  Dimde, S. 112. 253  Fechner,



3. Kap.: Ineffizienz des Justizsystems145

Anspruchsinhabers. Dasselbe gilt auch für den Entschluss des Anspruchsgegners darüber, ob er den Anspruch erfüllt oder nicht. Auch dieser lässt sich bei seiner Entscheidung von ökonomischen Überlegungen leiten, bei denen er auch das Wissen um die bei vielen Anspruchsinhabern vorhandene „Furcht“ vor der Rechtsdurchsetzung berücksichtigen wird. Dies hat zur Folge, dass es einem mit einem ausreichenden Kapital ausgestatten risikoneutralen Anspruchsgegner möglich ist, in einem Konfliktfall mit einer risikoaversen Privatperson als Anspruchsinhaber einen unkooperativen Standpunkt einzunehmen und es auf eine gerichtliche Auseinandersetzung ankommen zu lassen.256 Er wird oftmals aus einer Nichterfüllung des Anspruches einen größeren ökonomischen Nutzen ziehen, da dem Anspruchsinhaber der Rechtsschutzzugang unter Umständen aufgrund eines ökonomischen Kalküls verwehrt sein wird. Dies lässt sich auch am Beispiel des Schadensrechts recht gut veranschaulichen. Werden Schadensersatzansprüche nicht durchgesetzt, kommt es zu einer Diskrepanz zwischen dem tatsächlich verursachten Schaden und dem vom Schädiger zu zahlenden Ersatzbetrag.257 Dies geht zwar nicht zu Lasten des einzelnen Geschädigten. Allerdings kommt es zu einer „Verzerrung der Sorgfaltsanreize“.258 Wagner verdeutlicht dies anhand des folgenden Rechenbeispiels259: Dabei geht er zum einen von einer schädigenden Handlung aus, die bei zehn Personen zu Einbußen von jeweils 10.000 Euro führt. Zum anderen geht er davon aus, dass sich diese Einbußen durch 7.000 Euro kostende Sicherheitsmaßnahmen vermeiden ließen. Ein Anreiz, derartige Sicherheitsmaßnahmen zu ergreifen, bestünde jedoch nur – so Wagner –, wenn mindestens sieben der zehn Geschädigten ihren Anspruch auch durchsetzen würden und der Schädiger auch hiervon ausgehen müsste. Könne dieser jedoch davon ausgehen, dass nur sechs Geschädigte ihren Anspruch erfolgreich durchsetzen, sei ein Verzicht auf diese Sicherheitsmaßnahmen für ihn wirtschaftlich vorteilhafter.260 Ein solches ökonomisches Kalkül führt dazu, dass der Anspruchsgegner die Erfüllung eines ihm gegenüber geltend gemachten Anspruchs erst einmal systematisch ablehnen wird und der Anspruchsinhaber damit generell gezwungen ist, zu entscheiden, ob er den Rechtsweg beschreitet oder nicht. Entscheidet er sich dagegen, wird eine effiziente Allokation von Ressourcen durch Umverteilung beeinträchtigt. Entscheidet er sich dafür, entstehen Rechtsdurchsetzungskosten, also Transaktionskosten, die eigentlich vermie256  Dimde,

S. 132. Prävention, 258  Wagner, Prävention, 259  Wagner, Prävention, 260  Wagner, Prävention, 257  Wagner,

S. 463. S. 463. S. 463. S. 463.

146 2. Teil: „Legitimation“ des Erstattungsanspruches aus ökonomischer Sicht

den werden könnten, wenn von unserer Zivilgerichtsbarkeit eine ausreichende verhaltenssteuernde Wirkung ausgehen würde. Mithin ist unsere Zivilgerichtsbarkeit von dem von Adams beschriebenen Utopia, in dem es zwar eine Zivilgerichtsbarkeit gibt, jedoch keine Prozesse,261 weit entfernt. II. Volkswirtschaft Die aus ökonomischer Sicht ineffiziente Ausgestaltung unseres Systems der Zivilgerichtsbarkeit führt zu einer Umverteilung von Rechten, die der ursprünglich von der Rechtsordnung avisierten Allokation widerspricht.262 Dies hat negative Auswirkungen auf die gesamte Volkswirtschaft. So wird immer wieder darauf hingewiesen, dass besonders Klein- und Mittelbetriebe oft nur geringe finanzielle Reserven haben, sodass eine durch das strategische Verhalten des Anspruchsgegners begründete schlechte Zahlungsmoral das Insolvenzrisiko vergrößert.263 Zudem ist die mangelnde Liquidität Ursache von Insolvenzen und dem Verlust von Arbeitsplätzen.264 Der Verlust von Arbeitsplätzen wiederum führt zu einer Inanspruchnahme von Sozialleistungen des Staates und damit zu einer Belastung der Solidargemeinschaft. Darüber hinaus gehen auch Mittel für Investitionen und Innovationen verloren. So müssen beispielsweise die von Zahlungsverweigerungen betroffenen Ingenieurbüros 17,7 % der Honorare zur Finanzierung ihrer offenen Forderungen aufwenden,265 beispielsweise für die damit verbundenen Verwaltungskosten.266 Zudem vermutet Gerking, dass sich der ungenügende Rechtsschutz auch negativ auf die Neugründung von Firmen auswirken könnte. So könne dieses Risiko Menschen mit wenig Eigenkapital davon abhalten, kleine Firmen zu gründen oder sich selbstständig zu machen.267 Hierdurch komme es nicht zur Schaffung neuer Arbeitsplätze bzw. zur Verwirklichung neuer Ideen.268 Aber auch die Verweigerung der Erfüllung von Ansprüchen Privater hat schwerwiegende volkswirtschaftliche Auswirkungen. Kommen etwa Versicherungen ihrer Zahlungspflicht nicht nach – z. B. 261  Adams,

Ökonomische Analyse, S. 76. S. 153, 154. 263  Ohne Autor, VW 2008, S. 7. 264  Erwägungsgrund 7 der Richtlinie 2000/35/EG zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr vom 29.6.2000, Abl. L 200/35 v. 08.08.2000, S. 1; siehe auch Gerking, S. 46. 265  Karl-Heinz Seidel, AHO-Bürokostenvergleich charakterisiert die Lage der Ar­ chitekten und Ingenieure, abrufbar unter www.ibr-online.de., Aufsatz online seit dem 17. November 2004. 266  Gerking, S. 47. 267  Gerking, S.  46 f. 268  Gerking, S.  46 f. 262  Dimde,



4. Kap.: Haftung für Erfolgshonorar147

bei Berufsunfähigkeitsversicherungen –, besteht wiederum die Gefahr, dass der betroffene Anspruchsinhaber staatliche Sozialleistungen in Anspruch nehmen und somit die Solidargemeinschaft belasten muss. 4. Kapitel

Haftung für Erfolgshonorar als ein Instrument zur Stärkung der Präventionseffekte der Zivilgerichtsbarkeit Die rechtsökonomischen Zielstellungen lassen sich nur erreichen, wenn sich die Bürger idealerweise so verhalten, dass ihr Handeln zur größtmöglichen Effizienz führt. Aufgabe der Rechtsordnung im Zivilrecht ist es daher, dafür zu sorgen, dass es zu einem solchen Verhalten kommt. Dazu bedarf es einer sinnvollen Festlegung subjektiver Rechte.269 Dies wird dadurch erreicht, dass „sozial sinnvolle Handlungen der Bürger auch für diese privat lohnend sind und sozial unerwünschte Handlungen auch private Verluste mit sich bringen“.270 In diesem Sinne wird immer wieder versucht, das Verhalten der Akteure positiv zu beeinflussen. Beispielhaft sei hier auf die Erwägungen der Zahlungsverzugsrichtlinie 2011 / 7 / EU verwiesen, in denen es ausdrücklich heißt, es sei erforderlich, Bestimmungen festzulegen, um vom Zahlungsverzug abzuschrecken271 bzw. durch die „ein rechtliches und wirtschaftliches Umfeld für mehr Zahlungsdisziplin geschaffen werden kann“.272 Auch eine Berücksichtigung des Regulierungsverhaltens als Schmerzensgeldfaktor273 wird teilweise mit einer Präventionsfunktion begründet274, „nämlich in den Fällen, in denen Anspruchsgegner ihre ‚Wirtschaftskraft‘ missbrauchen, um Anspruchsteller unter der zermürbenden Wirkung eines andauernden Rechtsstreits dazu zu bewegen, einen ‚selbstschädigenden‘ Abgeltungsvergleich zu schließen“.275 Auch hier wird die Auffassung vertreten, dass die Gefahr der Beeinträchtigung einer effizienten Allokation von Ressourcen durch Umverteilung nur dann verhindert werden kann, wenn ein Rechtsverletzer mit einer gerichtlichen Durchsetzung der gegen ihn gerichteten Ansprüche rechnen muss. Mithin muss nach Wegen 269  Adams,

Ökonomische Analyse, S. 77; Kötz/Schäfer, S. 5. Ökonomische Analyse, S. 77. 271  Abl. L 48 v. 23.02.2011, S. 1, Erwägungsgrund 4. 272  Abl. L 48 v. 23.02.2011, S. 2, Erwägungsgrund 6. 273  Siehe ausführlich zum Regulierungsverhalten als Schmerzensgeldfaktor Schwintowski/Schah Sedi/Schah Sedi, 134 f.; Schellenberg, S.  878 ff. 274  Gerking, S. 47. 275  Schellenberg, S. 879. 270  Adams,

148 2. Teil: „Legitimation“ des Erstattungsanspruches aus ökonomischer Sicht

gesucht werden, das Rechtsdurchsetzungs- und infolgedessen das Rechtsbefolgungsverhalten der Akteure positiv zu beeinflussen, um auf diesem Wege zu einer Stärkung der Präventionsfunktion der Zivilgerichtsbarkeit zu gelangen. Hier sind verschiedene Ansätze denkbar. Diese Abhandlung soll sich jedoch auf die Erbringung des Nachweises beschränken, dass das Instrument der gewerblichen Prozessfinanzierung verbunden mit der Möglichkeit der Erstattungsfähigkeit des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars eine Möglichkeit darstellt, der Erreichung des von Adams beschriebenen Zustandes, in dem es zwar eine Zivilgerichtsbarkeit gibt, jedoch keine Prozesse, zumindest näher zu kommen. Dazu soll in einem ersten Schritt gezeigt werden, dass das Instrument der gewerblichen Prozessfinanzierung allein nicht zu einer Stärkung der Präventionswirkung der Zivilgerichtsbarkeit führt. Vielmehr ist dazu – wie in einem zweiten Schritt zu zeigen sein wird – eine Haftung des Anspruchsgegners für das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar notwendig. Allerdings ist dies aus ökonomischer Sicht nur unter bestimmten noch näher zu definierenden Voraussetzungen der Fall. Nachfolgend soll unter einer Haftungsregel jedes Verfahren verstanden werden, das einen durch eine sorgfaltswidrige Handlung entstehenden Schaden in irgendeiner Weise auf die betroffenen Personen aufteilt.276

A. Wirkung von Sanktionen und Aufgabe des Haftungsrechts aus ökonomischer Sicht Bevor die Auswirkungen einer Verpflichtung des Anspruchsgegners zur Erstattung des Erfolgshonorars im Fall dessen Unterliegens untersucht werden sollen, ist darzulegen, wie und warum es aus ökonomischer Sicht durch das Setzen von Anreizen in einer bestimmten Weise möglich ist, das Verhalten Einzelner zu beeinflussen und ob Haftungsnormen aus ökonomischer Sicht überhaupt die Aufgabe zukommt, präventiv auf das Verhalten der Akteure einzuwirken. I. Wirkung von Sanktionen Das Modell des homo oeconomicus ermöglicht es – wie bereits ausgeführt277 –, bei der Analyse der Wirkungen des Rechts, Methoden und Instrumente zu verwenden, die ansonsten von den Wirtschaftswissenschaftlern bei der Untersuchung von Märkten eingesetzt werden. Danach bestimmen Angebot und Nachfrage den Preis von Gütern.278 Auf das Recht übertragen, be276  Adams,

Gefährdungs- und Verschuldenshaftung, S. 46. 3. Kapitel, A.I. 278  Dies wird als Preismechanismus bezeichnet, siehe dazu Siebert/Lorz, S.  185 ff. 277  2. Teil,



4. Kap.: Haftung für Erfolgshonorar149

deutet dies, dass der Gesetzgeber unerwünschtes Verhalten sanktionieren muss. Eine Rechtsverletzung wird dadurch für Individuen teurer und das entsprechende Verhalten aus ökonomischer Sicht weniger attraktiv. Dies sei vergleichbar mit der sinkenden Nachfrage nach einem teureren Gut.279 Abhängig von der Ausgestaltung der Sanktion und den Kosten der Handlungsalternativen bringt ein legales Verhalten, das nun billiger ist, einen höheren Nutzen für den Einzelnen und ist vorzugswürdig.280 Sanktionslose Normen beachte der ökonomisch denkende Mensch hingegen nicht, da ein Verstoß gegen sie keine Kosten nach sich ziehe.281 Aus ökonomischer Sicht steuern Rechtsnormen und gesetzliche Entscheidungen Verhalten also nicht „qua Normcha­rak­ ter“282 – so Schmidtchen –, sondern weil an ihre Nichtbeachtung Sanktionen geknüpft werden. Diese wirken wie Preise und führen zu einem Anstieg der relativen Kosten alternativer Handlungen.283 Letztlich stellten Sanktionen aus ökonomischer Sicht also Handlungsrestriktionen dar.284 Mithin ist es dem Gesetzgeber möglich, durch derartige Sanktionen Einfluss auf die Entscheidung des Einzelnen zu nehmen. In der Ökonomie wird daher davon ausgegangen, dass das Recht „eine Sammlung von mit autoritativer Gewalt ausgestatteten Anweisungen [ist], die durch Änderungen der monetären und nichtmonetären Nutzen und Kosten, die mit bestimmten Handlungen verbunden sind, den Bürgern bei diesen Handlungen Anreize vermitteln“.285 II. Ziel und Aufgabe von Haftungsnormen aus ökonomischer Sicht Des Weiteren ist zu untersuchen, ob Haftungsnormen aus ökonomischer Sicht überhaupt die Aufgabe zukommt, präventiv auf das Verhalten der Akteure einzuwirken. In der juristischen Literatur wird die Aufgabe eines Haftungssystems vor allem darin gesehen, den Schaden zwischen Schädiger 279  Krieger,

S. 119; Kötz/Schäfer, S. 5. S. 126; Kötz/Schäfer, S. 5, die zudem darauf hinweisen, dass es Aufgabe des Haftungsrechts sei, „durch Setzung entsprechender Anreize das Verhalten der Bürger dahin zu beeinflussen, dass sie Schadensereignisse zu verhüten bestrebt sind […], weil die Verhütungskosten einen geringeren Aufwand verursachen, als er durch die andernfalls eintretenden Schäden entstünde.“ 281  Krieger, S. 126. 282  Schmidtchen, S. 10. 283  Schmidtchen, S. 10. 284  Krieger, S. 126. 285  Adams, Theorie, S. 15. Sanktionen ziehen aber nicht automatisch Legalverhalten nach sich. Stellt das regelwidrige Verhalten gegenüber dem normgemäßen Verhalten die nutzenmaximierende Handlungsalternative dar, wird sich der homo oeconomicus für dieses entscheiden. Darauf weist Krieger, S. 126, hin. 280  Krieger,

150 2. Teil: „Legitimation“ des Erstattungsanspruches aus ökonomischer Sicht

und Geschädigtem aufzuteilen.286 Aus ökonomischer Sicht kann dieser Einschätzung nicht gefolgt werden. Grund hierfür sind die mit dem Haftungsrecht verbundenen hohen Kosten. Dieses ist zu teuer, um nur aus einer Ausgleichsfunktion heraus gerechtfertigt werden zu können.287 Ansonsten komme es zu einem gesamtgesellschaftlichen Wohlfahrtsverlust.288 Diese Aussage wird mit einer Studie aus den USA belegt. Dort wurde nachgewiesen, dass bei jedem Dollar, den der Geschädigte nach einem Gerichtsverfahren als Schadensersatz erhielt, 53 Cent Kosten entstanden sind.289 Die Ergebnisse dieser Studie sind zwar auf das deutsche Schadensausgleichsystem nur bedingt anwendbar, denn aufgrund der unterschiedlichen Ausgestaltung des Rechtssystems sind die Kosten des Schadensausgleichs in Deutschland geringer als in den USA.290 Aber auch hier ist das Haftungsrecht mit teilweise erheblichen Kosten verbunden. Immer wieder wird darauf verwiesen, dass sich ein Schadensausgleich wesentlich kostengünstiger herbeiführen ließe, etwa durch die Einführung eines staatlichen, über Steuern finanzierten Versicherungssystems.291 Die Ausgleichsfunktion wird jedoch noch aus einem anderen Grund nicht als ausschlaggebend angesehen. Bereits im Jahr 1888 hat Mataja darauf hingewiesen, dass Ausgangspunkt ökonomischer Überlegungen die Tatsache sein müsse, dass ein einmal eingetretener Schaden weder durch einen Schadensersatzanspruch noch durch dessen Versagung „aus der Welt zu schaffen sei“.292 Es könne daher nur darum gehen, durch gesetzgeberische Mittel, Schadensereignissen präventiv vorzubeugen bzw. eingetretene Schäden gerecht und ökonomisch sinnvoll zu verteilen.293 Mataja hat damit bereits 1888 eine aus ökonomischer Sicht wichtige Funktion des Schadensersatzrechts genannt, nämlich die der Schadensprävention. Davon ausgehend, dass aus ökonomischer Sicht Rechtsregelungen eine effiziente Allokation der Güter bewirken sollen, bedeute dies für das Haftungsrecht – so Thüsing –, dass es „Schäden minimieren und nur zulassen sollte, wenn der gesellschaftliche Nutzen der Schädigung ihre nachteilige 286  Thüsing,

S.  358 ff. S. 358. 288  Schäfer/Ott, S. 151. 289  Thüsing, S. 358, der auf die Studie von Kahalik/Pace, Costs and Compensa­tion Paid in Tort Litigation, S. 71 (Rand Corp. Report No. R-3391-ICJ 1986) verweist. 290  Thüsing, S. 359. 291  Schäfer/Ott, S. 152. Schäfer/Ott weisen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass in der kanadischen Provinz Quebec der Versuch unternommen wurde, das Schadensrecht durch das Versicherungsrecht zu ersetzen. Jeder Geschädigte habe unabhängig vom Unfallhergang Schadensersatz erhalten. Infolgedessen wurden zwar Transaktionskosten gespart. Allerdings stieg die Zahl der Unfälle. Siehe dazu auch Schäfer, Soziale Schäden, S. 205 ff. 292  Mataja, S. 19. 293  Mataja, S. 19. 287  Thüsing,



4. Kap.: Haftung für Erfolgshonorar151

Wirkung überwiegt“.294 Hierfür sei es aber meist ohne Bedeutung, ob es zu einem Ausgleich des verursachten Schadens komme oder nicht.295 Aus Sicht der Wirtschaftswissenschaften ist es vielmehr Aufgabe einer Rechtsordnung, „die jeweiligen privaten Kosten und Nutzen der menschlichen Alternativen zu verändern und damit die Entscheidungen der Menschen bei der Wahl dieser Alternativen zu beeinflussen. Vereinfacht ausgedrückt, richtet das Recht eine Anordnung von monetären und nicht-monetären Preisen auf, die dazu dient, die privaten Kosten und Nutzen der Handlungen der Bürger mit ihren sozialen Nutzen und Kosten in Übereinstimmung zu bringen.“296

So soll beispielsweise die Verpflichtung zum Schadensersatz das Verhalten der Rechtsträger insofern steuern, als künftig Anreize zur Schädigung gemindert und zum Ergreifen von Schadensabwehrmaßnahmen gestärkt werden.297 III. Ergebnis Im Ergebnis ist festzustellen, dass es durch das Setzen von Anreizen in einer bestimmten Art und Weise möglich ist, das Verhalten Einzelner zu beeinflussen. Zudem ist es aus ökonomischer Sicht als eine Aufgabe des Haftungsrechts anzusehen, präventiv auf das Verhalten der Akteure einzuwirken.

B. Haftung aus ökonomischer Sicht nicht erforderlich? Aus ökonomischer Sicht wäre eine Haftung des Anspruchsgegners für das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar nicht erforderlich, wenn von der Möglichkeit des Anspruchsinhabers, ein Prozessfinanzierungsunternehmen einzuschalten und seinen Anspruch auf diese Art und Weise durchsetzen zu können, allein wohlfahrtsfördernde Anreize auf die Akteure ausgingen, die zu einer Überwindung des Rechtsdurchsetzungs- und infolgedessen auch des Rechtsbefolgungsdefizits führen würden. I. Entscheidungsmodell des Anspruchsinhabers Zunächst soll untersucht werden, wie es sich auf das Entscheidungsverhalten eines Anspruchsinhabers auswirkt, ein Prozessfinanzierungsunternehmen einschalten zu können. 294  Thüsing,

S. 359. dazu Thüsing, S.  359 ff. 296  Adams, Verschuldens- und Gefährdungshaftung, S. 265. 297  Thüsing, S. 358. 295  Siehe

152 2. Teil: „Legitimation“ des Erstattungsanspruches aus ökonomischer Sicht

1. Entwicklung des Entscheidungsmodells Ein entsprechendes Entscheidungsmodell ist bereits von Dimde entwickelt worden. Dieses Entscheidungsmodell soll die Grundlage für die weitere Abhandlung bilden. Daher soll auf die Ausführungen von Dimde verwiesen werden.298 Es bleibt dabei, dass der Anspruchsinhaber zwischen zwei Handlungsalternativen entscheiden kann: nämlich dem Prozess und dem Verzicht auf die Rechtsdurchsetzung mittels eines Gerichtsverfahrens. Die Entscheidung des Anspruchsinhabers für einen Prozess könnte mit zwei Konsequenzen verbunden sein: Wird der Klage stattgegeben, erhält der Anspruchsinhaber den geltend gemachten Anspruch abzüglich des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgsanteils.299 Dies soll wie folgt ausgedrückt werden, wobei der Erfolgsanteil des Prozessfinanzierungsunternehmens mit der Variable π (0  =  – G

Dies kann nunmehr wie folgt zusammengefasst werden: k * (pb  – 1) * a * π * (G + Z) + k * (pb  –  1) * (G + Z + K)  – G k * (pb  – 1) * (a * π * (G + Z) + G + Z + K) ≥  – G

172 2. Teil: „Legitimation“ des Erstattungsanspruches aus ökonomischer Sicht

Durch eine Multiplikation mit (–1) dreht sich das Ungleichheitszeichen um. Damit ergibt sich vereinfacht die folgende Ungleichung: k * (1 – pb) * (a * π * (G + Z) + G + Z + K) ≤ G

Aus dieser ergibt sich folgendes Entscheidungsmodell des Anspruchsgegners: k (1 – pb) (a π (G + Z) + G + Z + K) ≤ G Formel 11: Entscheidungsmodell Anspruchsgegner bei Prozessfinanzierung und Erstattungsmöglichkeit k (1 – pb) (a π (G + Z)+G + Z + K) ≤ G

Wenn diese Ungleichung erfüllt ist, wird es der Anspruchsgegner aus wirtschaftlicher Sicht auf eine Klage ankommen lassen. Erst, wenn die linke Seite größer als die rechte wird (die Ungleichung also nicht erfüllt ist), wird er aus wirtschaftlicher Sicht ohne Klage gleich die Schadenssumme G auszahlen. b) Anwendung auf den Beispielsfall Es soll wiederum davon ausgegangen werden, dass V mit einer 90- %igen Wahrscheinlichkeit davon ausgeht, den Prozess zu verlieren. Es sollen hier jedoch noch zwei Dinge hinzukommen: Zum einen muss die V nunmehr dem M die Erfolgsbeteiligung erstatten. Damit erhöhen sich die Kosten um die 30- %ige Erfolgsbeteiligung. Zum anderen soll hier davon ausgegangen werden, dass sich die Durchsetzungsrate aufgrund der Erstattungsfähigkeit des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars gesteigert hat. Nunmehr setzen ca. 60 % der Anspruchsinhaber ihre Forderung durch. Dem Anspruchsgegner ist es nunmehr mithilfe dieses Entscheidungsmodells möglich, eine rationale Entscheidung darüber zu treffen, ob er die Forderung sofort begleichen sollte oder nicht. Dazu muss er die im Beispielsfall vorgegebenen Annahmen in die Formel einsetzen. k (1 – pb) (a π (G + Z)+G + Z + K) ≤ G 0,6 * 0,9 * [0,5 * 0,3 * (100.000 + 35.000) + 100.000 + 35.000 + 45.000] ≤ 100.000 108.135 ≤ 100.000

Die Ungleichung ist unwahr, denn die linke Seite ist größer als die rechte Seite. V wird sich also für einen sofortigen Ausgleich der Forderung entscheiden.



4. Kap.: Haftung für Erfolgshonorar173

c) Auswirkungen auf das Entscheidungsverhalten des Anspruchsgegners Aus dem Entscheidungsmodell wird deutlich, dass der Anspruchsgegner um so eher zur sofortigen Begleichung einer Forderung bereit sein wird, je mehr Anspruchsinhaber Klage erheben und dabei mit einem Prozessfinanzierungsunternehmen zusammenarbeiten, denn es wird immer schwieriger, die aufgestellte Ungleichung zu erfüllen. Ein großer Einfluss geht nun auch von der Siegeswahrscheinlichkeit aus. Je geringer diese für den Anspruchsgegner ist, um so eher wird dieser nunmehr bereit sein, den Anspruch zu erfüllen. Von einem solchen Haftungsmodell würde also tatsächlich eine steuernde Wirkung auf das Verhalten des Anspruchsgegners ausgehen. Eine Verpflichtung des Anspruchsgegners zur Erstattung des Erfolgshonorars würde einer Sanktionierung des unkooperativen Verhaltens des Anspruchsgegners gleichkommen, denn die Kosten des Anspruchsgegners im Fall des wahrscheinlichen Unterliegens im Rechtsstreit (Anspruch ist begründet), würden steigen. Schließlich müsste der Anspruchsgegner nun zusätzlich zu den „gewöhnlichen“ Kosten der Rechtsverfolgung noch für das durch die Einschaltung des Prozessfinanzierungsunternehmens entstandene Erfolgshonorar aufkommen. Dies würde zu einer Verteuerung des Prozesses für den Anspruchsgegner im Fall des Unterliegens führen. Dadurch änderte sich dessen Kosten-Nutzen-Rechnung, und zwar mit dem Ergebnis, dass die nicht freiwillige Erfüllung eines berechtigten Anspruches für ihn teuerer würde. Damit hätte es für den Anspruchsgegner einen größeren Nutzen, die Forderung des Anspruchsinhabers sofort zu erfüllen. Eine Regelung, die die Erstattungspflicht des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars vorsieht, würde also zu einer Änderung der Verhaltensstrategie des Anspruchsgegners führen. Ein rational handelnder Anspruchsgegner würde sich für eine Begleichung eines berechtigten Anspruches entscheiden, wenn er mit der Rechtsdurchsetzung seitens des Anspruchsinhabers sowie einer Erhöhung der Kosten der Verfahren durch das erstattungsfähige Erfolgshonorar rechnen müsste. Im Ergebnis verringert sich das Rechtsbefolgungsdefizit. 3. Ergebnis Ein Anspruch des Anspruchsinhabers gegenüber dem Anspruchsgegner auf Erstattung des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars würde zu einer Verringerung des Rechtsdurchsetzungs- und infolgedessen des Rechtsbefolgungsdefizits führen.

174 2. Teil: „Legitimation“ des Erstattungsanspruches aus ökonomischer Sicht

III. Früheres Kostenerstattungssystem in England / Wales An dieser Stelle ist ein rechtsvergleichender Blick nach England / Wales lohnenswert. Dort gab es bis zum 01. April 2013 eine Regelung, die die Erstattungsfähigkeit rechtsanwaltlicher Erfolgshonorare vorsah. Die umfassende gesetzlich angeordnete Erstattungsfähigkeit hatte in der Vergangenheit viel Kritik erfahren. Da die „beklagten“ Mängel für die ökonomische Analyse der Erstattungsfähigkeit des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars sehr aufschlussreich sind, soll ein entsprechender Überblick gegeben werden. 1. Zulässigkeit anwaltlicher Erfolgshonorare und ATE-Versicherungen In England ist seit den 1990er Jahren die Vereinbarung anwaltlicher Erfolgshonorare zulässig. Zulässig ist die Abrede, dass der Rechtsanwalt im Falle des Unterliegens kein Honorar erhält, dafür aber im Fall des Obsiegens einen Erfolgszuschlag von maximal 100 % des normalen Honorars (sogenanntes „uplift“) verlangen kann.359 Dabei kann der Anwalt seine Gebühren und Auslagenerstattung insgesamt durch den Erfolg bedingen.360 Allerdings ist eine Übernahme der Haftung für die gegnerischen Gebühren und Gerichtskosten durch die Rechtsanwälte nicht zulässig. Weiterhin verboten ist die Vereinbarung einer quota litis.361 In England besteht für Rechtssuchende zudem die Möglichkeit, eine sogenannte After-the-EventInsurance (ATE-Versicherung) mit einem Versicherungsunternehmen abzuschließen. Diese funktioniert im Prinzip ähnlich wie eine Rechtsschutzversicherung und übernimmt die mit der Rechtsverfolgung entstehenden Kosten, also die eigenen und die gegnerischen Anwaltsgebühren, die Gerichtskosten sowie die sonstigen Auslagen. Im Unterschied zur deutschen Rechtsschutzversicherung erfolgt der Abschluss einer After-the-Event-Insurance – wie man der Bezeichnung entnehmen kann – jedoch erst nach Beginn der recht359  Sec.

4 Conditional/Fee Agreements Order 2000. ergibt sich aus Sec. 58 (2) (a) Courts and Legal Service Act 1990 („… agreements … which provides for his fees and expenses, or any part of them, to be payable only in specified circumstances …“) und Reg. 2 (1) (b) Conditional Fee Agreements Regulation 2000. Auch der Mustervertrag der Law Society lässt insoweit entsprechend viel Raum für die individuelle Vertragsgestaltung. 361  Sec. 58 und 58 A Courts and Legal Service Act 1990 (in der Fassung des Access to Justice Act 1999) i. V. m. den vom Lord Chancellor erlassenen Conditional Fee Agreements Order 2000 (as amended). Eine Erfolgsvergütung kann dabei nicht nur zwischen solicitor und client, sondern auch zwischen solicitor und barrister vereinbart werden. 360  Dies



4. Kap.: Haftung für Erfolgshonorar175

lichen Auseinandersetzung.362 Die Prämien betragen zwischen 20 und 30 % der Versicherungssumme.363 2. Kritik an der bis zum 01. April 2013 geltenden gesetzlich angeordneten Erstattungsfähigkeit Bis zum 01. April 2013 war durch den Access to Justice Act ein Kostenerstattungsanspruch bezüglich des anwaltlichen Erfolgshonorars gesetzlich angeordnet. Erstattungsfähig war der Teil des Erfolgszuschlages, der die Übernahme des Investitionsrisikos abdeckt.364 Nicht erstattungsfähig war der Teil, der die Übernahme der Finanzierungslast vergütet.365 Zudem war geregelt, dass die unterliegende Partei auch zur – zumindest teilweisen – Erstattung der Prämie für den Abschluss einer ATE-Versicherung verpflichtet ist.366 a) Jackson Review Diese umfassende gesetzlich angeordnete Erstattungsfähigkeit war in der Vergangenheit immer wieder Gegenstand öffentlicher Beratungen des Justizministeriums. Insbesondere ist hier die Jackson Review hervorzuheben, in der Lord Justice Jackson eine Übersicht über die Kosten des Zivilprozesses gab.367 U. a. beschäftigte sich Lord Justice Jackson auch mit dem englischen Kostenerstattungssystem und arbeitete die aus seiner Sicht vorhandenen Mängel heraus: So bemängelte Lord Justice Jackson, dass eine Regelung über die persönlichen Voraussetzungen der Kläger, die eine Kostenvereinbarung treffen dürfen, fehle. Des Weiteren fehle es an Anreizen für den Kläger, die Kosten zu begrenzen. Zudem kritisierte er die Festsetzung der Kosten am Ende des Verfahrens. Zu diesem Zeitpunkt sei es für eine effektive Kontrolle meist zu spät. Diese Mängel führten zu einem sogenannten „cost race“ und „ransom-effekt“.368 Dieser „Erpressungs“- und „Abschreckungseffekt“ führe wiederum dazu, dass eine Partei wegen der hohen 362  Breyer,

S. 19. S. 19, Fn. 686. 364  Sec. 58 A (6)/(7) Courts and Legal Services Act 1990. 365  Rule 44.3 B (1) (a) CPR. 366  Kilian, Erfolg und Vergütung, S. 238. 367  Siehe dazu die Jackson Review, abrufbar unter: http://www.judiciary.gov.uk/ NR/rdonlyres/8EB9F3F3-9C4A-4139-8A93-56F09672EB6A/0/jacksonfinalreport14 0110.pdf – letzter Abruf am 31. Mai 2014. Die wesentlichen Kritikpunkte von Lord Jackson hat der EGMR, NJOZ 2012, 335, 341, dargestellt. 368  Jackson Review, zitiert nach EGMR NJOZ 2012, 335, 341. 363  Breyer,

176 2. Teil: „Legitimation“ des Erstattungsanspruches aus ökonomischer Sicht

Kostenlast trotz guter Aussichten zu einer gütlichen Einigung gedrängt werde.369 Zudem sei die Gefahr eines sogenannten „cherry picking“ gegeben, die darin bestehe, dass Anwälte nur aussichtsreiche Fälle auf der Basis eines Erfolgshonorars abrechneten.370 Insgesamt seien die Kosten des Zivilprozesses durch das Kostenerstattungssystem sehr hoch geworden. Es bestehe die Gefahr, dass der Beklagte benachteiligt werde.371 Das Ziel, mit Erfolgshonoraren möglichst vielen Menschen Zugang zu den Gerichten zu ermöglichen, sei nicht erreicht worden.372 b) Naomi-Campbell-Entscheidung des EGMR Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hatte erst kürzlich Gelegenheit, sich mit einem Fall373 zu befassen, der ein „Schlaglicht auf die grundsätzlichen Mängel, die dem System des zu erstattenden Erfolgshonorars zu Grunde liegen,“374 wirft. Die Beschwerdeführerin war die Verlagsgruppe Mirror Group Newspapers-Ltd. In der von ihr herausgegebenen Tageszeitung „The Daily Mirror“ hatte die Beschwerdeführerin mehrere Male über die angebliche Drogensucht von Naomi Campbell berichtet.375 Naomi Campbell hatte die Beschwerdeführerin daraufhin auf Schadensersatz wegen Vertrauensbruch / Missbrauchs privater Informationen verklagt. Dieser Klage wurde vom High Court stattgegeben und Naomi Campbell Schadensersatz zugesprochen. Zudem wurde die Beschwerdeführerin dazu verurteilt, die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Anwälte von Naomi Campbell machten daraufhin Verfahrenskosten in Höhe von 1.086.295,47 britische Pfund gelten. Diese Kosten beinhalteten ein Erfolgshonorar für die Vertretung vor dem House of Lords.376 Nach einer erfolglosen Beschwerde beim House of Lords hatte sich die Beschwerdeführerin an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gewandt und u. a. gerügt, dass die Verurteilung zur Übernahme der Kosten, inklusive des Erfolgshonorars, sie in ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung gem. Art. 10 EMRK verletze.377 Der EGMR hat der Beschwerde stattgegeben. Zwar verfolgten die Vorschriften über die Kostenvereinbarung mit erstattungsfähigem Erfolgshonorar nach Auffassung des EGMR das berechtigte Ziel, „den weitest 369  Jackson

Review, zitiert nach EGMR Review, zitiert nach EGMR 371  Jackson Review, zitiert nach EGMR 372  Jackson Review, zitiert nach EGMR 373  EGMR NJOZ 2012, 335, 341. 374  EGMR NJOZ 2012, 335, 340. 375  EGMR NJOZ 2012, 335, 335. 376  EGMR NJOZ 2012, 335, 336. 377  EGMR NJOZ 2012, 335, 340. 370  Jackson

NJOZ NJOZ NJOZ NJOZ

2012, 2012, 2012, 2012,

335, 335, 335, 335,

341. 341. 341. 341.



4. Kap.: Haftung für Erfolgshonorar177

möglichen, privat finanzierten Zugang zum Rechtsbeistand für Zivilstreitigkeiten zu ermöglichen und so den Schutz der Rechte anderer i. S. v. Art. 10 II EMRK zu gewährleisten“.378 Allerdings überschritten die Regelungen den einem Staat bei Maßnahmen zur Verfolgung sozialer und wirtschaftlicher Interessen zustehenden weiten Ermessensspielraum.379 Dabei nahm der EGMR Bezug auf die Ergebnisse der vom englischen Justizministerium durchgeführten öffentlichen Konsultierungsverfahren. Der Beschwerdefall sei geradezu beispielhaft für die dabei festgestellten Mängel des Kostenerstattungssystems.380 Naomi Campbell sei vermögend und gehöre – so der EGMR – gerade nicht zu den Personen, denen der Zugang zum Gericht aus finanziellen Gründen verschlossen sei. Zudem hatten die Anwälte vorgetragen, nur selten auf Grund von Kostenvereinbarungen tätig zu sein, sodass ihre Möglichkeiten, für mittellose Kläger tätig zu werden, begrenzt seien.381 Art. 10 EMRK sei verletzt, weil – so kann der EGMR verstanden werden – die Regelung im Einzelfall zu einer übermäßigen Belastung führe und die Presse so entmutigt werden könne, „an Diskussionen über berechtigte öffentliche Angelegenheiten teilzunehmen“.382 c) Zusammenfassung Die Kritik kann wohl dahingehend zusammengefasst werden, dass auf der einen Seite über das Regelungsziel des Access to Justice-Act, die staatliche Unterstützung für wirtschaftlich bedürftige Parteien zu privatisieren und die Kosten von Finanzierung und Versicherung auf die Parteien umzulegen, „hinausgeschossen“ worden sei. Auf der anderen Seite wurde vor allem kritisiert, dass die Gegenpartei, meist der Beklagte, aufgrund der allgemeinen Erstattungspflicht nicht nur wirtschaftlich bedürftige, sondern jeden Kläger subventioniere.383 3. Veränderungen durch das Gesetz zur Kürzung der staatlichen ­Kostenbeihilfe für Zivilsachen seit dem 01. April 2013 Den Ergebnissen der Jackson Review folgend wurde die Erstattungsfähigkeit des Erfolgshonorars neu geregelt. Nach den Bestimmungen des Gesetzes zur Kürzung der staatlichen Kostenbeihilfe für Zivilsachen (Legal Aid, 378  EGMR 379  EGMR 380  EGMR 381  EGMR 382  EGMR

383  Breyer,

NJOZ NJOZ NJOZ NJOZ NJOZ S. 25.

2012, 2012, 2012, 2012, 2012,

335, 335, 335, 335, 335,

336. 341. 341. S. 341. S. 340.

178 2. Teil: „Legitimation“ des Erstattungsanspruches aus ökonomischer Sicht

Sentencing und Punishment of Offenders Act 2012) muss das Erfolgshonorar nunmehr nicht vom unterlegenen Prozessgegner erstattet, sondern von der obsiegenden Partei selbst getragen werden.384 Diese Regelungen sind am 01. April 2013 in Kraft getreten und betreffen die Honorarvereinbarungen, die nach dem 01. April 2013 getroffen wurden. Allerdings gibt es hiervon auch Ausnahmen.385 Diese Regelung wurde von vielen Menschenrechtsaktivisten und Juristengruppen kritisiert. Der Gesetzesentwurf würde das Gerechtigkeitsgefühl der Bevölkerung verletzen, da Schadensopfer nun nicht mehr vollständig ihre Verfahrens- und Anwaltskosten vom unterlegenen Prozessgegner einfordern könnten. Vielmehr müssten sie nun für die Kosten aufkommen müssen, die ihnen erst durch dessen Fehlverhalten 384  44 LASPO (1) In section 58 of the Courts and Legal Services Act 1990 (conditional fee agreements), in subsection (2) (a) omit „and“ after paragraph (a), and (b) after paragraph (b) insert „and (c) references to a success fee, in relation to a conditional fee agreement, are to the amount of the increase.“ (2) After subsection (4) of that section insert ‒ „(4A) The additional conditions are applicable to a conditional fee agreement which ‒ (a) provides for a success fee, and (b) relates to proceedings of a description specified by order made by the Lord Chancellor for the purposes of this subsection. (4B) The additional conditions are that ‒ (a)the agreement must provide that the success fee is subject to a maximum limit, (b) the maximum limit must be expressed as a percentage of the descriptions of damages awarded in the proceedings that are specified in the agreement, (c) that percentage must not exceed the percentage specified by order made by the Lord Chancellor in relation to the proceedings or calculated in a manner so specified, and (d) those descriptions of damages may only include descriptions of damages specified by order made by the Lord Chancellor in relation to the proceedings.“ (3) In section 58A of that Act (conditional fee agreements: supplementary), in subsection (5) after „section 58 (4)“ insert, „(4A) or (4B)“.(4) For subsection (6) of that section substitute ‒ „(6) A costs order made in proceedings may not include provision requiring the payment by one party of all or part of a success fee payable by another party under a conditional fee agreement.“ (5) In section 120 (4) of that Act (regulations and orders subject to parliamentary approval) after „58(4),“ insert „(4A) or (4B),“. (6) The amendment made by subsection (4) does not prevent a costs order including provision in relation to a success fee payable by a person („P“) under a conditional fee agreement entered into before the day on which that subsection comes into force („the commencement day“) if ‒ (a) the agreement was entered into specifically for the purposes of the provision to P of advocacy or litigation services in connection with the matter that is the subject of the proceedings in which the costs order is made, or (b) advocacy or litigation services were provided to P under the agreement in connection with that matter before the commencement day. Siehe auch Lemke, England und Wales: Gesetzesentwurf zur Reform der staatlichen Kostenbeihilfe. 385  48 LASPO (1) Sections 44 and 46 may not be brought into force in relation to proceedings relating to a claim for damages in respect of diffuse mesothelioma until the Lord Chancellor has ‒ (a) carried out a review of the likely effect of those sections in relation to such proceedings, and (b) published a report of the conclusions of the review. (2) In this section „diffuse mesothelioma“ has the same meaning as in the Pneumoconiosis etc (Workers’ Compensation) Act 1979.



4. Kap.: Haftung für Erfolgshonorar179

„aufgedrängt“ worden seien.386 Vor allem Klägeranwälte haben argumentiert, dass die Veränderungen zu einer Beeinträchtigung des Zugangs zum Gericht führen würden. 4. Zusammenfassung Für die weitere Bearbeitung sind die Erfahrungen in England / Wales mit der Erstattungsfähigkeit von Erfolgshonoraren sehr interessant. Es wird deutlich, dass ein solches System „zu dem seltsamsten und teuersten System geführt habe, das man sich denken könne“.387 Auch das Justizministerium erkannte an, dass „die Kosten im Zivilprozess wegen des Erfolgshonorars übermäßig hoch seien“388 und der Beklagte benachteiligt werde.389 Besonders deutlich wurden diese Mängel durch den von Naomi Campbell geführten Prozess, den diese durch ein Erfolgshonorar finanziert und eine Erstattung dieses von der Gegenseite verlangt hatte. Fraglich ist jedoch, ob die gesetzliche Anordnung, dass solche Erfolgshonorare bzw. ATE-Versicherungsprämien grundsätzlich nicht mehr zu den erstattungsfähigen Kosten des Prozesses gehören, die richtige / einzige Möglichkeit ist, Fehlsteuerungen entgegenzuwirken oder ob nicht auch eine Modifizierung der gesetzlichen Regelungen genügt hätte. IV. Allgemeine Kostenerstattungspflicht führt zu Fehlsteuerungen Die frühere Rechtslage in England zeigt eindrücklich die mit einer allgemeinen Kostenerstattungspflicht bezüglich des Erfolgshonorars verbundene Gefahr einer Fehlsteuerung. Der Anspruchsinhaber könnte nun immer kostenfrei prozessieren. Gewähre die Rechtsordnung einer Partei ein Kostenfreistellungsprivileg – so Adams –, führe dies zu wesentlich höheren Forderungen der Gegenseite. Wirtschaftlich würden damit die materiellen Rechte der Gegenseite ausgehöhlt. Da mit jedem Prozess notwendigerweise in der Praxis Kosten verbunden sind, sei eine solche Freistellung eine einseitige Subvention an den Kläger, die zu einer erhöhten Nachfrage führe.390 Dies würde in der Praxis negative Konsequenzen mit sich bringen.

386  Lemke,

S. 1. NJOZ 2012, 335, S. 341. 388  EGMR, NJOZ 2012, 335, S. 341. 389  EGMR, NJOZ 2012, 335, S. 341. 390  Adams, Theorie, S. 383. 387  EGMR,

180 2. Teil: „Legitimation“ des Erstattungsanspruches aus ökonomischer Sicht

1. Gefahr der Erhebung auch aussichtsloser Prozesse Zum einen besteht die Gefahr, dass ein Anspruchsinhaber nun auch aussichtslose Klagen erhebt.391 Eine solche Geltendmachung und Durchsetzung nicht bestehender Rechte wäre wohlfahrtstheoretisch ungünstig und würde zu unnötigen Kosten führen. Zwar wird diese Gefahr durch das bisherige Geschäftsgebaren der Prozessfinanzierungsunternehmen etwas abgemildert. Wie im ersten Teil dieser Abhandlung erörtert, untersuchen die Prozess­ finanzierungsunternehmen vor Abschluss des Prozessfinanzierungsvertrages die Erfolgschancen der Rechtsdurchsetzung. Zum Abschluss eines Prozessfinanzierungsvertrages kommt es nur, wenn der Anspruch überwiegende Erfolgsaussichten hat.392 Ein Prozessfinanzierungsunternehmen wird also die Rechtsdurchsetzung eines aussichtslosen Falls nicht finanzieren. Die Gefahr einer „Prozessflut etwa wegen rein querulatorischer Geltendmachung unberechtigter Ansprüche“393 besteht bislang also nicht. Allerdings ist nicht abzusehen, ob Prozessfinanzierungsunternehmen ihr Geschäftsmodell ändern würden, wenn mehr Anspruchsinhaber von der Möglichkeit der Prozessfinanzierung Gebrauch machen würden, wenn diese gleichzeitig einen Erstattungsanspruch hinsichtlich des Erfolgshonorars gegenüber dem Anspruchsgegner hätten. 2. Fehlen eines Anreizes zur Kostenbegrenzung beim Anspruchsinhaber durch Auseinanderfallen von „Dienstleistungsempfänger“ und -„bezahler“ Eine weitere negative Konsequenz könnte sich daraus ergeben, dass Anspruchsinhaber ein Prozessfinanzierungsunternehmen zur Finanzierung der Rechtsverfolgungskosten einschalten könnten, obwohl ihnen eigentlich andere wesentlich kostengünstigere Möglichkeiten, Rechtsschutzzugang zu erhalten, offenstehen. Dies würde zu einer Fehlsteuerung des Systems des Rechtsschutzzugangs führen. Die Gefahr einer möglichen Fehlsteuerung liegt darin begründet, dass derjenige, dem die Dienstleistungen des Prozessfinanzierungsunternehmens zugutekommen – der Anspruchsinhaber – und derjenige, der sie letztendlich bezahlen muss – der Anspruchsgegner –, auseinanderfallen. Dieses „Auseinanderfallen“ birgt die Gefahr, dass der Anspruchsinhaber kein eigenes Interesse daran hat, die Kosten für die Rechtsverfolgungsmaßnahmen in einem angemessenen Kostenrahmen zu halten. Insbesondere bei unvernünftigen oder unverhältnismäßigen Aufwen391  Adams,

Theorie, S. 384; ders., Ökonomische Analyse, S. 103. 2. Kapitel, A.II.; so auch Dimde, S. 214. 393  Dimde, S. 214. 392  1. Teil,



4. Kap.: Haftung für Erfolgshonorar181

dungen wird daher immer wieder diskutiert, ob und inwieweit eine Verlagerung auf den Schädiger möglich ist. Als Beispiel für eine solche Fehlsteuerung durch eine „gerichtlich angeordnete“ Erstattungspflicht soll auf die Rechtsprechung zur Ersatzfähigkeit von Unfallersatztarifen für Mietwagen verwiesen werden. Wird ein Kraftfahrzeug bei einem Verkehrsunfall beschädigt, kann der Eigentümer vom Unfallverursacher gem. § 249 Abs. 1 BGB nicht nur den Ersatz der Reparaturkosten, sondern auch die Kosten eines Ersatzwagens verlangen. Hierdurch soll die Mobilität des Geschädigten während der Zeit der Reparatur des Unfallfahrzeugs gewährleistet werden.394 In aller Regel wird für diese Kosten jedoch nicht der Unfallverursacher persönlich aufkommen, sondern dessen Haftpflichtversicherung.395 Hier liegt also eine den Aufwendungen für die Prozessfinanzierung ähnliche Konstellation – ginge man von deren Erstattungsfähigkeit aus – vor: Derjenige, der die Leistung in Anspruch nimmt – der Geschädigte –, ist nicht derjenige, der die Kosten zahlen muss. Der Geschädigte hat daher kein Interesse an einem besonders günstigen Preis für den Mietwagen, denn hierfür muss letztendlich der Unfallverursacher aufkommen. Dieser wiederum hat zwar ein Interesse an einem besonders günstigen Preis – jedoch keinen Einfluss auf diesen.396 Hiervon profitieren die Mietwagenunternehmen: „Sie können dem Geschädigten den Preis diktieren und die Rechnung einfach an die gegnerische Haftpflichtversicherung weiterreichen, die dann die Zeche zu bezahlen hat.“397 Aus dieser Konstellation hat sich ein Geschäftsfeld entwickelt: Mietwagenunternehmen bieten Unfallbeteiligten die Vermietung von Ersatzfahrzeugen zu einem speziellen Unfallersatztarif an. Dieser Tarif enthält für den Geschädigten besonders günstige Konditionen. Beispielsweise muss der Geschädigte – wie ansonsten bei der Anmietung eines Fahrzeugs üblich – weder eine Kreditkarte vorweisen, noch Vorkasse und Kaution leisten. Vielmehr tritt er seinen Anspruch gegen das Versicherungsunternehmen an den Vermieter ab. Dieser macht dann die Kosten des Mietwagens direkt beim Versicherer geltend und verfolgt diese – sofern erforderlich – auch gerichtlich.398 Diese Vorteile für den Geschädigten führen dazu, dass Unfallersatztarife teurer sind als Normaltarife. 1991 waren die Unfallersatztarife im Schnitt um ca. 25 % höher als Normaltarife.399 Allerdings sind die Unfallersatztarife in der Folgezeit immer weiter erhöht worden.400 394  BGHZ

132, 373, 375; 160, 377, 382. Unfallersatztarife S. 2289. 396  Griebenow, S. 114. 397  Wagner, Unfallersatztarife, S. 2289. 398  Siehe dazu Haertlein, S.  69 f. 399  Haertlein, S. 70; Möller/Durst, S. 1070. 400  Haertlein, S. 70. 395  Wagner,

182 2. Teil: „Legitimation“ des Erstattungsanspruches aus ökonomischer Sicht

Hierfür ist auch der BGH mitverantwortlich. Der VI. Zivilsenat vertrat in einem Urteil vom 07. Mai 1996 die Auffassung, dass Unfallersatztarife ersatzfähig sind, wenn sie im Vergleich zu Unfallersatztarifen anderer Anbieter verhältnismäßig günstig sind. Ein Unfallgeschädigter verstoße also dann nicht gegen seine Pflicht zur Geringhaltung des Schadens, wenn er ein Ersatzfahrzeug zu einem im Rahmen der Unfallersatztarife günstigen Tarif anmiete.401 Als Reaktion auf dieses Urteil wurden die Unfallersatztarife immer weiter erhöht und überstiegen die Normaltarife bald um bis zu 465 %.402 Mit Urteil vom 12. Oktober 2004 schränkte der BGH die Ersatzfähigkeit von Unfallersatztarifen wieder ein und korrigierte somit die aus seiner früheren Rechtsprechung resultierende Fehlentwicklung.403 3. „Aushöhlung“ der materiellen Rechte des Anspruchsgegners Die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit würde zu einer Erhöhung des Kostenrisikos des Anspruchsgegners führen. Dies wiederum könnte zu einer „Rechtsverteidigungsbarriere“ des Anspruchsgegners führen, also dazu, dass dieser „aus Angst“ vor dem hohen Kostenrisiko auch unberechtigte Ansprüche erfüllen würde. Aus ökonomischer Sicht würde eine solche Regelung eine Aushöhlung der materiellen Rechte des Anspruchsgegners bedeuten.404 Genau wie der Anspruchsinhaber würde auch der Anspruchsgegner durch eine Erhöhung der mit einem Prozess verbundenen Kosten zu immer höheren außergerichtlichen Angeboten gezwungen. Dies führe zu einer Aushöhlung des „materiell-rechtlich gewährten Nichtleistungsrechts“.405 Zudem könne von einem derart hohen Kostenrisiko eine solche Abschreckungswirkung ausgehen, dass es nur noch selten zu Prozessen kommt.406 Aus „Angst“ vor dem mit der Rechtsverteidigung verbundenen Kostenrisiko könnte ein Anspruchsgegner dazu gebracht werden, auch unberechtigte Ansprüche zu erfüllen. Dies würde zu einer wohlfahrtswidrigen Umverteilung von Rechten zu Lasten der prozesskostentragenden Partei führen.407

401  BGHZ

132, 373, 378 ff.; OLG Frankfurt a. M. NJW-RR 1995, 664, 665. Unfallersatztarife, S. 2289; AG Frankfurt a. M. NZV 2002, 83, 85. 403  BGHZ 160, 377, 383 ff. 404  Adams, Theorie, S. 383. 405  Adams, Theorie, S. 376. 406  Dietz, S. 133. 407  Adams, Ökonomische Analyse, S. 103. 402  Wagner,



4. Kap.: Haftung für Erfolgshonorar183

4. Ergebnis Eine Haftungsregelung, die von der grundsätzlichen Erstattungspflicht des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars ausginge, würde zu Fehlsteuerungen führen. Der Anspruchsgegner würde hierdurch nicht nur bedürftige, sondern gemeinhin jeden Anspruchsinhaber „subventionieren“. Dies würde zu einer unnötigen Erhöhung von Kosten und zu einem „Rechtsverteidigungsdefizit“ des Anspruchsgegners führen. Bei jeder Maßnahme, durch die gerichtliche Rechtsverfolgung entweder allgemein attraktiv oder allgemein unattraktiv gemacht wird, besteht die Gefahr, entweder über- oder unterzuregulieren: „also infolge der unterschiedlichen Anreizstruktur in anderen Lebensbereichen, in welchen die externen Effekte gerade in die gegenteilige Richtung gehen, perverse Reaktionen auszulösen“408, also eine bereits bestehende übermäßige Klagesucht noch mehr zu fördern bzw. bei einer als zu gering einzuschätzenden Klageneigung einen weiteren negativen Anreiz zu geben.409 V. Modifizierung der Haftung des Anspruchsgegners für das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar Damit stellt sich die Frage, ob es aus ökonomischer Sicht sinnvoller wäre, generell von einer Erstattungsfähigkeit des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars abzusehen oder ob die beschriebenen Gefahren einer Fehlsteuerung nicht durch eine Modifizierung der Haftungsregelung ausgeglichen werden könnten. 1. Aufwendungscharakter des prozessfinanzierungsbedingten ­Erfolgshonorars Um dies zu analysieren, ist zunächst einmal die Ursache für die Gefahr der Fehlsteuerung durch eine Erstattungsfähigkeit festzustellen und aus ökonomischer Sicht zu analysieren. Die Gefahr einer Überregulierung resultiert vor allem daraus, dass sowohl der Anspruchsinhaber als auch der Anspruchsgegner ursächlich für die entstehenden Kosten sind. Wie im ersten Teil dieser Abhandlung dargestellt wurde, trifft der Anspruchsinhaber die Entscheidung, ein Prozesskostenunternehmen einzuschalten, allein. Der Schä­ diger hat auf diese Entscheidung nur insoweit Einfluss, dass er durch seine Nichterfüllung des Anspruches erst den Anlass für den Anspruchsinhaber 408  Lewisch, 409  Lewisch,

S. 112. S. 112.

184 2. Teil: „Legitimation“ des Erstattungsanspruches aus ökonomischer Sicht

gegeben hat, Rechtsverfolgungsmaßnahmen ergreifen zu müssen. Da die Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens allein der Disposition des Anspruchsinhabers unterliegt, würde eine Erstattungsfähigkeit des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars dazu führen, dass derjenige, dem die Dienstleistungen des Prozessfinanzierungsunternehmens zugutekommt – der Anspruchsinhaber – und derjenige, der sie letztendlich bezahlen muss – der Anspruchsgegner –, auseinanderfallen. Dieses „Auseinanderfallen“ birgt die Gefahr, dass der Anspruchsinhaber kein eigenes Interesse daran hat, die Kosten für die Rechtsverfolgungsmaßnahmen in einem angemessenen Kostenrahmen zu halten.410 Letztlich ist der Anspruchsinhaber ebenso wie der Anspruchsgegner für den aus der Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens resultierenden Schaden verantwortlich. Eine solche Problematik ist der ökonomischen Analyse nicht fremd. Insofern sind von den Vertretern der ökonomischen Analyse Konzepte entwickelt worden, die es ermöglichen, sowohl das Verhalten von Schädiger als auch vom Geschädigten dahingehend zu beeinflussen, dass die Wohlfahrtsgewinne aus der schädigenden Aktivität sowie aus der Aktivität des Geschädigten maximiert werden können.411 2. Reziprozität des Schadensproblems Aus ökonomischer Sicht hat sich vor allem Coase dieser Problematik angenommen und das Reziprozitätskonzept entwickelt.412 a) Symmetrie der Kausalität im Recht Das Reziprozitätskonzept basiert auf der Erkenntnis von Coase, „dass jede Kausalität im Recht symmetrisch ist und daher sowohl Schädiger als auch Geschädigter für den Schaden ursächlich sind, da dieser ohne Anwesenheit beider Beteiligter nicht hätte auftreten können“.413 Als Beispiel hierfür verweist Adams auf die mit einem Flughafen verbundenen Wohlfahrtsverluste für die Anwohner:414 So werde der Wohlfahrtsverlust aufgrund von Nutzenminderungen, die die Anwohner eines Flughafens durch den Fluglärm erleiden, durch die gleichzeitige Anwesenheit der Anwohner und des Flughafens erzeugt. Wenn auch der Schaden nur bei den Anwohnern 410  Siehe

dazu 2. Teil, 4. Kapitel, C.IV.2. dieser Abhandlung. S. 247. 412  Schäfer/Ott, S. 268. 413  Adams, Gefährdungs- und Verschuldenshaftung, S. 149; siehe auch Schmidtchen, S. 22. 414  Adams, Gefährdungs- und Verschuldenshaftung, S. 149. 411  Schäfer/Ott,



4. Kap.: Haftung für Erfolgshonorar185

auftrete, seien diese als Opfer genau so ursächlich wie der Verletzer. In einem solchen Fall laute die durch die ökonomische Analyse eigentlich zu beantwortende Frage gemäß Coase, ob es A erlaubt werden sollte, den B zu schädigen, oder ob man zulassen sollte, dass B den A schädige. Das Problem bestehe darin, den jeweils schwerwiegenderen Schaden zu vermeiden. Die Beantwortung der Frage, wer Schädiger und wer Geschädigter ist, sei mithin wertender Natur.415 b) Konzept des „cheapest cost avoider“ Calabresi schlägt vor, diese Problematik dahingehend zu lösen, dass die Person zum Abwehraufwand veranlasst und zur Haftung herangezogen wird, die den Schaden mit dem geringsten Aufwand hätte verhindern können.416 Nach dieser Auffassung – dem Konzept des „cheapest cost avoider“ – würde ein Haftungsregime, in dem ein anderer als der „cheapest cost avoider“ zur Haftung herangezogen würde, die Verschwendung begünstigen.417 Allerdings ist es aus ökonomischer Sicht nicht immer sinnvoll, den „cheapest cost avoider“ heranzuziehen. Die Ursache hierfür ist darin zu sehen, dass derartige Haftungsmodelle nur für eine Seite Sorgfaltsanforderungen aufstellen. Dies führt dazu, dass die andere Seite „ihre Sorgfaltsanforderungen auf den geringstmöglichen, die individuellen privaten Kosten minimierenden, Stand absinken [lässt), während die andere Partei ihre Sorgfalt über das […] gebotene Maß steigert“.418 Als Beleg hierfür kann auf die Auswirkungen der früheren Erstattungsregelungen in England / Wales verwiesen werden, die dazu geführt haben, dass Anspruchsinhaber ohne Rücksicht auf ihre individuellen Vermögensverhältnisse Erfolgshonorarvereinbarungen ab­ge­ schlossen und Anspruchsgegner es vorgezogen haben, auch eventuell nicht berechtigte Ansprüche aus Angst vor dem Kostenrisiko zu begleichen.419 Dass von solchen Haftungsmodellen nur unzureichende Anreize ausgehen können, wird verständlich, wenn man die von Coase festgestellte Symmetrie der Kausalität im Recht bedenkt.420 Sowohl Verletzer als auch Opfer sind für den Schaden ursächlich. Adams ist dahingehend zuzustimmen, dass die auf dem „cheapest cost avoider“-Konzept basierenden Haftungsmodelle diese Symmetrie verkennen. Mithin sind sie kein geeignetes Kriterium für die Entscheidung, wer letztlich den Schaden tragen sollte – 415  Coase,

S. 132. S. 252, 254. 417  Schäfer/Ott, S. 254. 418  Adams, Gefährdungs- und Verschuldenshaftung, S. 266. 419  Siehe dazu ausführlich 2. Teil, 4. Kapitel, C.III. dieser Arbeit. 420  Adams, Gefährdungs- und Verschuldenshaftung, S. 149. 416  Schäfer/Ott,

186 2. Teil: „Legitimation“ des Erstattungsanspruches aus ökonomischer Sicht

das Opfer oder der Verletzte.421 Haben mehrere Parteien Einfluss auf das Schadensniveau, steht das Rechtssystem mithin, „vor der komplexen Aufgabe, Anreize zu vermitteln, die dazu führen, die Wohlfahrtsgewinne aus der schädigenden Aktivität sowie aus der Aktivität des Geschädigten zu maximieren“.422 c) Spieltheorie als Mittel der Analyse interdependenten Verhaltens Eine ökonomisch sinnvolle Regelung muss also Anreize auf beide Seiten ausüben. Die Schwierigkeit in einer solchen Situation besteht darin, dass „zwei oder mehrere Beteiligte zusammwirken müssen und ihre Sorgfalt bzw. der Wirkungsgrad ihrer Sorgfalt von der Sorgfalt anderer abhängig ist. Dabei kann es zwischen den Beteiligten zu Kooperation, zu Konflikt oder zur Nichtkooperation kommen.“423 Zur Analyse solcher Situationen wird auf die bereits vorgestellte Spieltheorie424 zurückgegriffen.425 Das Verhalten der „Mitspieler“ wird mithilfe sogenannter Auszahlungsmatrizen analysiert. Auf diesem Weg versucht man herauszufinden, wie der Gegenspieler agieren könnte.426 Dies wiederum wird anhand des sogenannten Nash-Gleichgewichts beurteilt. Eine Strategiekombination ist dann ein Nash-Gleichgewicht, „wenn bei gegebener Strategie eines Spielers die Strategie des jeweils anderen Spielers für diesen ein Optimum darstellt und dieser daher keinen Anlass hat, seine Strategie zu ändern“.427 Aus ökonomischer Sicht gesehen sollte das Strategiepaar, das zu wohlfahrtstheoretisch erwünschten Anreizen führt, immer ein solches Nash-Gleichgewicht darstellen.428 d) Äquivalenztheorem Aufgabe der Rechtsordnung ist es daher, durch Rechtsregeln eine solche Auszahlungsmatrix so zu ändern, dass das paretooptimale Strategiepaar zu einem Nash-Gleichgewicht aller Spieler wird.429 Mithin besteht bei bilateralen Schadenssituationen die Aufgabe des Haftungsrechts darin, „die Schadensersatzleistungen so festzulegen, dass sich stabile Erwartungen für 421  Adams,

Gefährdungs- und Verschuldenshaftung, S. 150. S. 247. 423  Schäfer/Ott, S. 258. 424  2. Teil, 3. Kapitel, D.II. 425  Schäfer/Ott, S. 258. 426  Siehe dazu Schäfer/Ott, S. 259. 427  Schäfer/Ott, S. 259. 428  Schäfer/Ott, S. 261. 429  Schäfer/Ott, S. 261. 422  Schäfer/Ott,



4. Kap.: Haftung für Erfolgshonorar187

Schädiger und Geschädigten bilden, auf deren Grundlage es für beide vorteilhaft ist, gerade die effiziente Sorgfalt aufzuwenden“.430 Eine Haftungsregel ist also dann effizient, wenn durch die Kombination von Verhaltensweisen des Schädigers und des Geschädigten ein Nash-Gleichgewicht erreicht wird.431 Nach Auffassung einiger namhafter Vertreter der ökonomischen Analyse des Rechts ist ein solches Nash-Gleichgewicht bei bilateralen Schadensfällen dann gegeben, wenn eine Haftungsregel das Verschulden beider Beteiligter berücksichtigt – mithin eine Verschuldenshaftung mit dem Einwand des Mitverschuldens und prozentualer Minderung des Schadensersatzes gegeben ist. Ein solches Haftungsmodell führe zu einer beiderseitig effizienten Sorgfalt von Schädiger und Geschädigtem.432 Dies wird auch als Äquivalenztheorem bezeichnet.433 Allerdings ist zu beachten, dass dieses Äquivalenztheorem nur dann gilt, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt ex-ante festgelegt wurde und den Parteien bekannt ist.434 Dies ist auch verständlich, wenn man bedenkt, dass Schädiger und Geschädigter ansonsten eine „Unsicherheit darüber, wie die Gerichte entscheiden mit in ihr Kalkül aufnehmen, wenn sie jenen Sorgfaltsaufwand festlegen, der den Erwartungswert ihrer Kosten minimiert“.435 e) Ergebnis Wird das Schadensniveau, wie es bei den Kosten für die Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens der Fall ist, sowohl von dem Schädiger als auch dem Geschädigten beeinflusst, ist eine Haftungsregelung nur dann sinnvoll, wenn von dieser Anreize auf beide Seiten ausgehen, die zu einer Maximierung der Wohlfahrtsgewinne aus der Aktivität des Schädigers sowie aus der Aktivität des Geschädigten führen. Aus ökonomischer Sicht sind mithin Haftungsfälle dann effizient, wenn von diesen Sorgfaltsanforderungen für beide Seiten ausgehen. Dies ist der Fall, wenn bei der Entscheidung über die Haftung das Verschulden beider Seiten berücksichtigt wird. In Bezug auf die hier zu untersuchende Problematik ist also zu schlussfolgern, dass selektive Anreize erforderlich sind, die die „Divergenz von sub430  Schäfer/Ott,

S. 262. S. 264. 432  Schäfer/Ott, S. 264; auch Adams, Gefährdungs- und Verschuldungshaftung, S. 86, kommt zu dem Ergebnis, dass nur bei Berücksichtigung des Mitverschuldens der anderen Seite den Beteiligten Anreize gegeben werden, „die sozialen Kosten ihrer Handlungen in ihre privaten Sorgfalts- und Aktivitätsentscheidungen in richtiger Weise einzubeziehen.“; Endres, S.  9 ff. 433  Schäfer/Ott, S. 264. 434  Schäfer/Ott, S. 264. 435  Schäfer/Ott, S. 265. 431  Schäfer/Ott,

188 2. Teil: „Legitimation“ des Erstattungsanspruches aus ökonomischer Sicht

jektiven und sozialen Anreizen zur Klageführung korrigieren, also die prozessuale Geltendmachung eines Anspruches, je nach den Erfordernissen der ökonomischen Analyse im konkreten Fall – fördern oder unattraktiv machen“.436 Für Aufwendungsschäden wie das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar ist daraus abzuleiten, dass diese dem Geschädigten ersetzt werden sollten, „soweit dies erforderlich ist, um dem Schädiger Anreize für eine effiziente Schadenssteuerung zu vermitteln“.437 Allerdings muss ein solcher Aufwendungsersatzanspruch eingeschränkt werden, wenn er der Disposition des Geschädigten unterliegt, weil dieser ansonsten keinen Anreiz hätte, den Aufwand auf ein effizientes Maß zu beschränken.438 Mithin ist zu überlegen, wie ein Haftungsmodell bezüglich des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars aussehen muss, damit ein Nash-Gleichgewicht erreicht wird, sich also stabile Erwartungen für den Anspruchsinhaber und den Anspruchsgegner bilden, auf deren Grundlage es für beide vorteilhaft ist, gerade die effiziente Sorgfalt aufzuwenden. Um effizient zu wirken und zu einer Stärkung der Präventionsfunktion der Zivilgerichtsbarkeit beitragen zu können, müsste das Haftungsmodell auch einen risikoaversen Anspruchsinhaber dazu veranlassen, seine Ansprüche mittels des Instruments der Prozessfinanzierung durchzusetzen und den Anspruchsgegner infolge dieser veränderten Verhaltensweisen dazu bringen, sich kooperativ zu verhalten und begründete Ansprüche auch „freiwillig“ zu erfüllen, sodass es zur Vermeidung unnötiger Rechtsstreitigkeiten und der damit verbundenen Transaktionskosten kommt. Gleichzeitig muss es dem Anspruchsgegner jedoch möglich sein, die Erfüllung unberechtiger Ansprüche abzulehnen. 3. Modifizierung der Haftung für das prozessfinanzierungsbedingte E ­ rfolgshonorar Mithin ist eine Haftung des Anspruchsgegners gegenüber dem Anspruchsinhaber für das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar aus ökonomischer Sicht nur dann effizient, wenn von der Festlegung der Schadensersatzleistungen Anreize auf beide Seiten ausgehen, sich effizient zu verhalten. a) Norm mit Verschuldenshaftung als Anspruchsgrundlage Grundlage der Haftung muss aus ökonomischer Sicht eine Norm sein, die ein Verschulden des Anspruchsgegners bezüglich der Nichterfüllung des 436  Lewisch,

S. 112. S. 272, im Allgemeinen. 438  Schäfer/Ott, S. 272, im Allgemeinen. 437  Schäfer/Ott,



4. Kap.: Haftung für Erfolgshonorar189

berechtigten Anspruches voraussetzt. Die entsprechenden rechtlichen Anreiz­ instrumente finden sich nicht – so Lewisch – im Prozessrecht, sondern vielmehr im materiellen Recht.439 Anreize, die die prozessuale Geltendmachung je nach den Erfordernissen der ökonomischen Analyse im konkreten Fall fördern oder unattraktiv machen,440 können sowohl durch die Anspruchsgrundlage sowie durch die Ausgestaltung des Schadensersatzrechts gesetzt werden. Dort findet über das Kriterium des Verschuldens bzw. des Mitverschuldens gem. § 254 BGB eine Einzelfallbetrachtung statt. Der Vor­ schrift des § 254 BGB liege – so Schäfer / Ott – gerade der allgemeine Rechts­ gedanke zugrunde, dass der Geschädigte für jeden Schaden mitverantwortlich sei, an dessen Enstehung bzw. Entwicklung er mitgewirkt habe.441 b) Entwicklung des festzulegenden Sorgfaltsmaßstabes Vorstehend wurde bereits ausgeführt, dass das Äquivalenztheorem nur gilt, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt ex-ante festgelegt wurde und den Parteien bekannt ist. Innerhalb der ökonomischen Analyse des Rechts wird die Verschuldenshaftung als Festlegung eines bestimmten Sorgfaltsstandards durch die Rechtsordnung verstanden, deren Nichteinhaltung eine Haftung zur Folge hat.442 Demzufolge ist es erforderlich, zunächst einen Sorgfaltsmaßstab festzulegen. Erst dann kann verglichen werden, ob der Sorgfaltsaufwand der betroffenen Partei dem festgelegten Sorgfaltsmaßstab entspricht.443 Die Schwierigkeit besteht nun darin, den Sorgfaltsmaßstab so festzulegen, dass der Schädiger einen Vorteil davon hat, diesen Sorgfaltsmaßstab einzuhalten.444 In der Rechtspraxis wird es vor allem als Aufgabe der Gerichte angesehen, diese Verhaltenspflichten entsprechend zu konkretisieren. Aber natürlich können Sorgfaltsanforderungen auch durch Gesetze oder Verordnungen festgelegt werden.445 Als Beispiel für die durch die Rechtsprechung entwickelten Sorgfaltsmaßstäbe kann z. B. auf die Verkehrssicherungspflichten oder die Arzthaftung verwiesen werden.446 439  Lewisch,

S.  111 f. S. 112. 441  Schäfer/Ott, S. 249; siehe zu dem Regelungsziel des § 254 BGB auch Schiemann, in: Staudinger, § 254 BGB Rdn. 1 ff. 442  Schäfer/Ott, S. 194; siehe zur Festsetzung der Sorgfaltsstandards auch Adams, Gefährdungs- und Verschuldenshaftung, S. 120 ff. 443  Schäfer/Ott, S. 194. 444  Schäfer/Ott, S. 195. 445  Schäfer/Ott, S.  205 f. 446  Schäfer/Ott, S. 209. 440  Lewisch,

190 2. Teil: „Legitimation“ des Erstattungsanspruches aus ökonomischer Sicht

aa) Festlegung persönlicher Voraussetzungen des Anspruchsinhabers für die Inanspruchnahme der Prozessfinanzierung Aus den Erfahrungen zur Erstattungsfähigkeit in England und Wales lässt sich schlussfolgern, dass es immanent wichtig ist, die Haftungsregelung so auszugestalten, dass eine Erstattungsfähigkeit des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars nur unter Berücksichtigung der persönlichen Voraussetzungen des Anspruchsinhabers möglich ist. Dem Anspruchsinhaber muss der Anreiz vermittelt werden, ein Prozessfinanzierungsunternehmen immer nur dann einzuschalten, wenn zum einen die Rechtsdurchsetzung nicht mutwillig ist und zum anderen kostengünstigere Finanzierungsmöglichkeiten – sei es aus einem einsetzbaren Vermögen oder durch eine Rechtschutzversicherung – nicht vorhanden sind. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, muss der Erstattungsanspruch hinsichtlich des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars entfallen. Dies führte dazu, dass es dem Anspruchsinhaber unabhängig von seiner Vermögensausstattung und seiner Risikoeinstellung ermöglicht wird, seinen Anspruch durchzusetzen. Auf der anderen Seite ist es ihm jedoch verwehrt, die Möglichkeit der Prozessfinanzierung als strategisches Mittel der „Zermürbung“ der Gegenseite einzusetzen. Zudem wird vermögenden Personen verwehrt, die mit der Rechtsdurchsetzung verbundenen Risiken ohne Not auf den Anspruchsgegner zu verlagern. Auf diese Art und Weise verhindert man, dass der Anspruchsgegner nicht nur wirtschaftlich bedürftige, sondern jeden Kläger quasi subventioniert. Dazu ist es jedoch auch notwendig, es dem Anspruchsinhaber aufzuerlegen, die Notwendigkeit der Einschaltung eines Prozessfinanzierungs­ unternehmens – also das Vorliegen bestimmter persönlicher Voraussetzungen – darzulegen und zu beweisen. bb) Anreize zur Kostenbegrenzung Durch die Jackson Review wurde des Weiteren bemängelt, dass es an Anreizen für den Kläger fehle, die Kosten zu begrenzen. Hieraus lässt sich schlussfolgern, dass der Sorgfaltsmaßstab des Anspruchsinhabers so festzulegen ist, dass eine Erstattungsfähigkeit des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars der Höhe nach beschränkt ist. Die Höhe des Erfolgshonorars müsste aus ökonomischer Sicht dem im konkreten Fall vom Prozessfinanzierungsunternehmen übernommenen Risiko entsprechen. Nur in dieser Höhe kann ein Erstattungsanspruch des Anspruchsinhabers für das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar gewährt werden.



4. Kap.: Haftung für Erfolgshonorar191

cc) Gefahr der Erhebung auch aussichtsloser Prozesse Durch eine Erstattungsfähigkeit des Erfolgshonorars besteht die Gefahr, dass ein Anspruchsinhaber nun auch aussichtslose Klagen erheben könnte.447 Die Erstattungspflicht des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars sollte daher von den aus Sicht des Anspruchsinhabers bestehenden Erfolgsaussichten abhängig gemacht werden und ein Erstattungsanspruch bei einer rein querulatorischen Geltendmachung von Ansprüchen ausgeschlossen werden. Die Rechtsdurchsetzung darf mithin nicht mutwillig sein. dd) Information des Anspruchsgegners Zudem sollte durch den Sorgfaltsmaßstab sichergestellt sein, dass der Anspruchsgegner vorab darüber informiert wird, dass der Anspruchsinhaber ein Prozessfinanzierungsunternehmen einzuschalten gedenkt. So kann eine gerichtliche Auseinandersetzung eventuell verhindert und der Anspruchsgegner zu Erfüllung eines berechtigten Anspruches bewegt werden. 4. Nash-Gleichgewicht Die vorgestellten Haftungsmodifizierungen würden zu einem NashGleichgewicht führen: Dem Anspruchsinhaber wird der Anreiz vermittelt, unabhängig von seiner Vermögensausstattung und seiner Risikoeinstellung einen berechtigten Anspruch tatsächlich durchzusetzen. Gleichzeitig wird es ihm jedoch verwehrt, die Möglichkeit der Prozessfinanzierung als strategisches Mittel der „Zermürbung“ der Gegenseite einzusetzen. Vielmehr wird ihm der Anreiz vermittelt, ein Prozessfinanzierungsunternehmen immer nur dann einzuschalten, wenn zum einen die Rechtsdurchsetzung nicht mutwillig erscheint und zum anderen kostengünstigere Finanzierungsmöglichkeiten – sei es aus einem einsetzbaren Vermögen oder durch eine Rechtsschutzversicherung – nicht vorhanden sind. Dem Anspruchsgegner hingegen wird der Anreiz vermittelt, strategisches Verhalten zu vermeiden und einen berechtigten Anspruch ohne Weiteres zu erfüllen. Diese Anreize werden dadurch entfaltet, dass der Anspruchsgegner aufgrund des für den Anspruchsinhaber festgelegten Sorgfaltsmaßstabes davon ausgehen kann, dass dieser aufgrund der Möglichkeit der Zusammenarbeit mit einem Prozess­ finanzierungsunternehmen auf jeden Fall in der Lage ist, seinen Anspruch durchzusetzen. Zudem weiß der Anspruchsgegner, dass er – sollten die persönlichen Voraussetzungen des Anspruchsinhabers zur Einschaltung ei447  Adams,

Theorie, S. 383, im Allgemeinen.

192 2. Teil: „Legitimation“ des Erstattungsanspruches aus ökonomischer Sicht

nes Prozessfinanzierungsunternehmens vorliegen – für die Kosten der Prozessfinanzierung aufkommen muss. Es wird deshalb einen größeren Nutzen für ihn bringen, den berechtigten Anspruch zu erfüllen. Da er jedoch gleichzeitig davon ausgehen kann, dass der Anspruchsinhaber einen Erstattungsanspruch für das Erfolgshonorar nur dann erhält, wenn sein Anspruch berechtigt ist und ihm keine anderen kostengünstigeren Finanzierungsmöglichkeiten zur Verfügung standen, besteht auch nicht die Gefahr, dass der Anspruchsgegner dazu veranlasst wird, einen unberechtigten Anspruch aufgrund des hohen Kostenrisikos zu erfüllen. Mithin liegt eine Strategiekombination vor, bei der „bei gegebener Strategie eines Spielers die Strategie des jeweils anderen Spielers für diesen ein Optimum darstellt und dieser daher keinen Anlass hat, seine Strategie zu ändern“.448 5. Ergebnis Entspricht ein Haftungsmodell den vorstehend definierten Voraussetzungen, würden von diesem wohlfahrtstheoretisch günstige Anreize sowohl auf den Anspruchsinhaber als auch auf den Anspruchsgegner ausgehen. Auch risikoaverse Anspruchsinhaber würden sich aus einem ökonomischen Kalkül heraus für die Durchsetzung ihres Anspruches entscheiden. Dies würde zu einer Veränderung der Verhaltensstrategie des Anspruchsgegners führen. Dieser kann nun nicht mehr davon ausgehen, dass viele Anspruchsinhaber aus Angst vor dem Prozesskostenrisiko ihre Ansprüche von vornherein nicht durchsetzen und er aus einer Ablehnung eines berechtigten Anspruches einen höheren Nutzen ziehen würde. Vielmehr muss er nunmehr die tatsächliche Rechtsdurchsetzung einkalkulieren. Zudem würde eine Verpflichtung des Anspruchsgegners zur Erstattung des Erfolgshonorars eine Sanktionierung des unkooperativen Verhaltens mit sich bringen. Dies würde den Anspruchsgegner dazu veranlassen, künftig berechtigte Ansprüche zu erfüllen, da dies einen größeren Nutzen für ihn hat. Allerdings ist an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass dies nur der Fall ist, wenn die Pflicht zur Erstattung des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars mit dem Vorliegen bestimmter persönlicher Voraussetzungen des Anspruchsinhabers, z. B. der geringen Vermögensausstattung, verknüpft ist. Ansonsten kommt es zu Fehlsteuerungen zu Lasten des Anspruchsgegners und einem Rechtsverteidigungsdefizit.

448  Schäfer/Ott,

S. 259.



4. Kap.: Haftung für Erfolgshonorar193

VI. Schlussfolgerungen Entspricht ein Haftungsmodell den vorstehend definierten Voraussetzungen, würden von diesem wohlfahrtstheoretisch günstige Anreize sowohl auf den Anspruchsinhaber als auch auf den Anspruchsgegner ausgehen. Es käme zu einer Überwindung des Rechtsdurchsetzungs- und infolgedessen des Rechtsbefolgungsdefizits. Dies würde eine Stärkung der Präventionsfunk­ tion der Zivilgerichtsbarkeit mit sich bringen und dazu führen, dass Rechtsstreitigkeiten und die damit verbundenen Transaktionskosten verhindert werden könnten.

D. Fazit Ausgangspunkt der Untersuchung war die im vorherigen Kapitel gewonnene Einsicht, dass unser System der Zivilgerichtsbarkeit seinem aus ökonomischer Sicht bestehenden Zweck, das Verhalten der Akteure dahingehend präventiv zu beeinflussen, dass diese sich rechtstreu verhalten und Rechtsstreitigkeiten mit den damit verbundenen Transaktionskosten gar nicht erst entstehen, nur unzureichend gerecht wird und damit ineffizient ist. Vielmehr wird aus ökonomischer Sicht ein Rechtsdurchsetzungs- und infolgedessen ein Rechtsbefolgungsdefizit gefördert. In diesem Kapitel konnte nun der Nachweis erbracht werden, dass das Instrument der gewerblichen Prozessfinanzierung, verbunden mit der Möglichkeit der Erstattungsfähigkeit des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars, eine Möglichkeit darstellt, der Erreichung des von Adams beschriebenen Zustandes, in dem es zwar eine Zivilgerichtsbarkeit gibt, jedoch keine Prozesse,449 zumindest näher zu kommen. Dabei wurde gezeigt, dass das Instrument der Prozessfinanzierung allein dazu nicht in der Lage ist, und zwar aufgrund der mit der Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens verbundenen hohen Kosten. Hohe Rechtsdurchsetzungskosten können zur Folge haben, dass ein Prozess aus ökonomischer Sicht für den Anspruchsinhaber unwirtschaftlich wird und dieser auf die Rechtsdurchsetzung verzichtet. Will man verhindern, dass Rechtsstreitigkeiten aufgrund der Kosten aus dem Zivilprozesssystem herausgedrängt werden, muss zum Schutz des materiellen Rechts dafür gesorgt werden, dass die Höhe der nicht ersetzten Kosten gering ist. Allerdings würde ein bedingungsloser Anspruch auf Ersatz des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars zu Fehlsteuerungen zu Lasten des Anspruchsgegners und zu einer Erhöhung von Transaktionskosten führen. Dies belegt die vorgestellte frühere Rechtslage in England / Wales. Ein Anspruchsinhaber würde unabhängig von seiner finanziellen Ausstattung immer ein Prozessfi449  Adams,

Ökonomische Analyse, S. 76.

194 2. Teil: „Legitimation“ des Erstattungsanspruches aus ökonomischer Sicht

nanzierungsunternehmen einschalten. Um dies zu verhindern, ist eine Modifizierung der Haftungsregelung notwendig. Von dieser müssen Anreize sowohl auf den Anspruchsinhaber als auch den Anspruchsgegner ausgehen, sich effizient zu verhalten. Dies muss einem Nash-Gleichgewicht entsprechen. Dazu muss die Haftungsregelung das Verschulden beider Beteiligter berücksichtigen. Zudem müssen Sorgfaltsanforderungen aufgestellt werden. Hierbei ist es insbesondere von Bedeutung, dass die Pflicht zur Erstattung des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars mit dem Vorliegen bestimmter persönlicher Voraussetzungen des Anspruchsinhabers, z. B. der geringen Vermögensausstattung, verknüpft wird. Entspricht ein Haftungsmodell den vorstehend definierten Voraussetzungen, würden von diesem wohlfahrtstheoretisch günstige Anreize sowohl für den Anspruchsinhaber als auch für den Anspruchsgegner ausgehen. Die verhaltenssteuernde Wirkung würde dazu führen, Rechtsstreitigkeiten und die damit verbundenen Transaktionskosten zu verhindern und infolgedessen die Präventionsfunktion der Zivilgerichtsbarkeit zu stärken. Mithin würde ein solches Haftungsmodell zu mehr Effizienz führen. 5. Kapitel

Zusammenfassung und Ergebnisse Der zweite Teil dieser Abhandlung ist der Frage nachgegangen, ob ein Erstattungsanspruch des Anspruchsinhabers bezüglich des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars aus ökonomischer Sicht erforderlich ist. Bei der Beantwortung dieser Frage wurden auch rechtsvergleichende Aspekte berücksichtigt. Dabei konnte die These bewiesen werden, dass ein Anspruch des Anspruchsinhabers auf Erstattung des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars gegenüber dem Anspruchsgegner aus ökonomischer Sicht unter bestimmten näher zu definierenden Voraussetzungen zu einer Verbesserung der Präventionsfunktion der Zivilgerichtsbarkeit beitragen kann. Dies wurde folgendermaßen dargelegt: Aus ökonomischer Sicht ist es Aufgabe des Rechts, Transaktionskosten soweit wie möglich zu reduzieren, um die Funktionsfähigkeit des Tauschmechanismus zu erhalten und eine effiziente Ressourcenallokation zu ermöglich. Diesem Zweck dient auch die Zivilgerichtsbarkeit. Auch diese soll das Verhalten der Akteure dahingehend beeinflussen, dass diese sich rechtstreu verhalten und Prozesse, die Geld kosten und somit transaktionskostenerhöhend sind, vermieden werden. Diese Aufgabe kann unser System der Zivilgerichtsbarkeit jedoch nicht in einem ausreichenden Maße erfüllen. Voraussetzung hierfür wäre, dass für jedes Rechtssubjekt die Möglichkeit besteht, das System der Rechtspflege auch tatsächlich in Anspruch zu nehmen. Nur dann wird für



5. Kap.: Zusammenfassung und Ergebnisse195

alle Akteure der Anreiz geschaffen, sich rechtstreu zu verhalten und etwa berechtigte Ansprüche zu erfüllen. Im Gegensatz dazu fördert unser System des Rechtsschutzzugangs jedoch strategisches Verhalten, das zu einem Rechtsdurchsetzungs- bzw. einem Rechtsbefolgungsdefizit führt. Dies hat unnötige Rechtsstreitigkeiten und damit verbunden erhöhte Transaktionskosten zur Folge. Mithin ist unser System des Rechtschutzzugangs ineffizient. Das Instrument der Prozessfinanzierung allein ist aus ökonomischer Sicht nicht in der Lage, in einem ausreichenden Maße zu einem Abbau des Rechtsdurchsetzungs- bzw. befolgungsverhaltens beizutragen und für mehr Effizienz zu sorgen. Grund hierfür ist die mit dem prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorar verbundene Erosion des materiellen Rechts des Anspruchsinhabers. Da Prozesse durch die Prozessfinanzierung unwirtschaftlich werden können, verzichten viele Anspruchsinhaber auf den Abschluss eines Prozessfinanzierungsvertrages und die gerichtliche Geltendmachung der Forderung. Ein Indiz hierfür stellt die geringe Verbreitung der gewerblichen Prozessfinanzierung in der Rechtspraxis dar. Möchte man verhindern, dass aussichtsreiche Prozesse verhindert werden und es zu einer ineffizienten Umverteilung von Ressourcen kommt, muss die Rechtsordnung zum Schutz des materiellen Rechts dafür sorgen, dass die Höhe der nicht ersetzten Rechtsverfolgungskosten gering ist. Abhilfe kann aus ökonomischer Sicht daher eine modifizierte Haftung des Anspruchsgegners für das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar schaffen. Allerdings würde ein bedingungsloser Anspruch auf Ersatz des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars zu Fehlsteuerungen zu Lasten des Anspruchsgegners und sogar zu einer Erhöhung von Transaktionskosten führen. Ein Anspruchsinhaber würde unabhängig von seiner finanziellen Ausstattung immer ein Prozessfinanzierungsunternehmen einschalten. Um dies zu verhindern, ist eine Modifizierung der Haftungsregelung notwendig. Von dieser müssen Anreize sowohl auf den Anspruchsinhaber als auch auf den Anspruchsgegner ausgehen, sich effizient zu verhalten. Dabei muss die Haftungsregelung einem Nash-Gleichgewicht entsprechen. Voraussetzung hierfür ist, dass die Haftungsregelung das Verschulden beider Beteiligter berücksichtigt und entsprechende Sorgfaltsanforderungen aufgestellt werden. Insbesondere muss die Pflicht zur Erstattung des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars mit dem Vorliegen bestimmter persönlicher Vo­ raussetzungen des Anspruchsinhabers, z. B. einer unzureichenden Vermögensausstattung, verknüpft werden. Entspricht ein Haftungsmodell diesen Voraussetzungen, gehen von diesem wohlfahrtstheoretisch günstige Anreize sowohl auf den Anspruchsinhaber als auch den Anspruchsgegner aus, die zu einem Abbau des Rechtsdurchsetzungs- bzw. befolgungsdefizits und damit zu einer Stärkung der Präventionsfunktion der Zivilgerichtsbarkeit führen.

196 2. Teil: „Legitimation“ des Erstattungsanspruches aus ökonomischer Sicht

Hierdurch könnten im Ergebnis Rechtsstreitigkeiten verhindert und Transaktionskosten reduziert werden. Mithin stellt das Instrument der gewerblichen Prozessfinanzierung verbunden mit der Möglichkeit der Erstattungsfähigkeit des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars einen Weg dar, dem von Adams beschriebenen aus ökonomischer Sicht optimalen Zustand, in dem es zwar eine Zivilgerichtsbarkeit gibt, jedoch keine Prozesse, zumindest näher zu kommen.

3. Teil

Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung Nachdem nun gezeigt werden konnte, dass ein Erstattungsanspruch des Anspruchsinhabers bezüglich des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars gegenüber dem Anspruchsgegners aus ökonomischer Sicht unter bestimmten vorstehend näher definierten Voraussetzungen zu einer Verbesserung der Präventionsfunktion der Zivilgerichtsbarkeit beitragen kann, soll nun untersucht werden, ob ein solcher Anspruch in unserer Rechtsordnung verankert ist. Andernfalls wäre zu prüfen, ob die gesetzgeberische Notwendigkeit besteht, einen derartigen Erstattungsanspruch positiv-rechtlich zu regeln. Dies wird jedoch – wie nachfolgend zu zeigen wird – nicht erforderlich sein. Im ersten Teil dieser Abhandlung ist bereits darauf hingewiesen worden, dass in unserer Rechtsordnung bereits ein weitgehendes, aus prozessualen und materiell-rechtlichen Ansprüchen bestehendes Kostenerstattungssystem verankert ist, das die Frage regelt, ob und inwieweit die zur Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung getätigten Aufwendungen auf die gegnerische Seite abgewälzt werden können.1 Aufgabe wird es daher sein, zu untersuchen, ob diese Kostenerstattungsansprüche eine „Überwälzung“ des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars auf den Anspruchsgegner in der Art und Weise ermöglichen, dass von einer Haftung die im Rahmen der ökonomischen Analyse beschriebenen, wohlfahrtstheoretisch günstigen Anreize sowohl auf den Anspruchsinhaber als auch auf den Anspruchsgegner ausgehen. Da – wie bereits im ersten Teil dieser Abhandlung dargestellt – eine Vielzahl von Anspruchsnormen des materiellen Rechts im Einzelfall auch auf die Erstattung von Rechtsverfolgungskosten gerichtet sein können, wird es im Rahmen dieser Abhandlung nicht möglich sein, alle diese Normen zu analysieren. Vielmehr soll sich auf die in der Rechts­ praxis relevanten Normen der §§ 91 ZPO, 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB und § 823 BGB beschränkt werden.2 Dabei wird der Schwerpunkt der Untersu1  Hösl,

S. 7. wird immer wieder darüber diskutiert, inwieweit sich ein Anspruch auf Erstattung von Rechtsverfolgungskosten auch aus einer Geschäftsführung ohne Auftrag ergeben kann. Dies ist im Einzelnen umstritten. Auf eine genaue Darstellung der Voraussetzungen bzw. Rechtsfolgen dieses Instituts soll im Rahmen dieser Abhandlung verzichtet werden. Siehe dazu u. a. Schmid, GoA, S. 312 ff. 2  Es

198

3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

chung darin liegen, zu zeigen, dass der Verzug gem. § 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB eine interessengerechte Anspruchsgrundlage darstellt. 1. Kapitel

Prozessual-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch der §§ 91 ff. ZPO als Anspruchsgrundlage Derjenige, der einen prozessualen Kostenerstattungsanspruch geltend machen kann, wird mit größerer Gewissheit einen Ersatz für die aufgewendeten Rechtsverfolgungskosten erlangen können als die Prozesspartei, die auf einen materiellen Kostenerstattungsanspruch zurückgreifen muss.3 Hierfür gibt es vor allem zwei Gründe4: Zum einen ist die Entstehung des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs nur vom Unterliegen der gegnerischen Partei im Gerichtsverfahren abhängig5 und stellt mithin eine verschuldens­ unabhängige Haftung dar. Zum anderen sind materiell-rechtliche Ansprüche grundsätzlich in einem eigenen Rechtsstreit geltend zu machen.6 Dies ist mit einem zusätzlichen Kostenrisiko für den Anspruchsinhaber verbunden. Bei der Geltendmachung des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs hingegen ist die Einleitung eines selbstständigen Rechtsstreits nicht notwendig. Vielmehr wird das prozessuale Kostenerstattungsverfahren als formell selbstständiges Nachverfahren an das Erkenntnisverfahren „angehängt“.7 Die Ansprüche werden damit in dem Verfahren verfolgt, indem sie entstanden sind.8 Da im Kostenerstattungsverfahren auch keine zusätzlichen Gebühren anfallen, geht der Anspruchsinhaber durch die Geltendmachung der Erstattungsansprüche zudem kein weiteres Kostenrisiko ein.9 Da das prozessuale Kostenerstattungsverfahren also der schnellste, einfachste und kostengünstigste Weg wäre, den Anspruchsgegner wegen des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars in Anspruch zu nehmen, ist es nur folge3  Siebert,

S. 3. weiterer Vorteil sind die im prozessualen Kostenfestsetzungsverfahren geltenden erleichterten Beweismöglichkeiten. Es genügt, dass der Antragsteller die Entstehung und Notwendigkeit der geltend gemachten Kosten glaubhaft macht. 5  Der Kostenerstattungsanspruch entsteht aufschiebend bedingt mit der Begründung des Prozessrechtsverhältnisses zwischen den Parteien, also mit der Rechtshängigkeit. Bedingung ist der Erlass der gerichtlichen Entscheidung, die der unterlegenen Partei die Kosten auferlegt. Siehe dazu Gierl in Saenger, Vorbemerkung zu §§ 91–107 ZPO, Rdn. 12. 6  Gierl, in: Saenger, vor §§ 91–107 ZPO Rdn. 15. 7  Bork, in: Stein/Jonas, § 103 ZPO Rdn.  2. 8  Gierl, in: Saenger, vor §§ 91–107 ZPO Rdn. 15. 9  Gebühren fallen nur bei der Entscheidung über Rechtsbehelfe im Kostenfestsetzungsverfahren an. 4  Ein



1. Kap.: Prozessual-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch199

richtig, zunächst die Erstattungsfähigkeit des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars im Wege des prozessualen Kostenerstattungsverfahrens zu erörtern. Wie bereits ausgeführt, wird zudem von einem Vorrang des prozessualen Kostenfestsetzungsverfahrens ausgegangen.10 Allerdings wird nachfolgend zu zeigen sein, dass gerade die in in § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO vorgesehene verschuldensunabhängige Unterliegenshaftung dazu führt, den Anwendungsbereich dieser Norm zu begrenzen.

A. Meinungsstand zur Erstattungsfähigkeit von Finanzierungskosten als Kostenposition im prozessualen Kostenerstattungsverfahren Ob ein Gericht eine bestimmte Kostenposition als festsetzungsfähig ansieht, ist oftmals nicht endgültig vorherzusehen. Dies liegt vor allem daran, dass das gesamte Kostenerstattungsrecht selbst für Fachleute unübersichtlich ist. Es müssen „nahezu groteske Aufsplitterungen in feinste Verästelungen der Probleme“11 beachtetet werden.12 Es mangelt an einer das gesamte Kostenerstattungsrecht durchziehenden Dogmatik. Stattdessen sei dieses durch eine kasuistische – oftmals recht praktikable – Rechtsprechung geprägt. Insbesondere bei nicht „alltäglichen“ Kostenpositionen bringe das prozessuale Kostenerstattungsrecht viele Unsicherheiten mit sich.13 Mitunter wird vorgetragen, dass nur die typischen Kosten eines Gerichtsverfahrens, also Kosten, die regelmäßig beim Prozessbetrieb anfallen, im prozessualen Kostenerstattungsverfahren Berücksichtigung finden könnten.14 Diese These wird allerdings durch die zahlreichen, zum Prozesskostenerstattungsrecht vorliegenden Gerichtsentscheidungen bzw. die Kommentarliteratur nicht bestätigt.15 Dort wird beispielsweise die Festsetzungsfähigkeit von Detektivkosten, Testkaufkosten, Kosten von Meinungsumfragen etc. diskutiert. Dies alles sind Kostenpositionen, die man nicht unmittelbar mit der Durchführung eines Gerichtsverfahrens in Verbindung bringt. Trotzdem wird in Literatur und Rechtsprechung überwiegend von deren Erstattungsfähigkeit ausgegangen.16 Allerdings muss jede Partei damit rechnen, dass die Kosten 10  1. Teil,

3. Kapitel, D.II. Übers. § 91 ZPO Rdn. 11. 12  BLAH, Übers. § 91 ZPO Rdn. 11. 13  Becker-Eberhard, S. 48. 14  OLG München RPfleger 1980, S. 352. 15  Siehe nur die Auflistungen bei Schulz, in: Müko/ZPO, § 91 ZPO Rdn.  92 ff.; Braunschneider, S. 215. 16  Siehe zu den Detektivkosten: OLG Frankfurt JurBüro 1981, 922; OLG Stuttgart FamRZ 1989, 888; BLAH, § 91 ZPO Rdn. 274; Herget, in: Zöller, § 91 ZPO Rdn. 13; Meinungsumfragen: OLG München JurBüro 1987, 897; Testkaufkosten: 11  BLAH,

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

„ihrer nicht unmittelbar vor den Augen des Gerichts vorgenommenen, außerprozessualen Aktivitäten im Kostenfestsetzungsverfahren aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen für nicht zu den notwendigen Prozesskosten“17 gehörig gehalten werden.18 Hinzu kommt, dass die Auffassungen einzelner Oberlandesgerichtsbezirke zur Erstattungsfähigkeit bestimmter Posten voneinander abweichen.19 Weder in der Literatur noch in der Rechtsprechung sind Ausführungen darüber zu finden, ob prozessfinanzierungsbedingte Erfolgsbeteiligungen im prozessualen Kostenerstattungsverfahren erstattungsfähig sind. Es ist daher naheliegend, nach mit der Prozessfinanzierung vergleichbaren und von der Rechtsprechung bereits entschiedenen Fallgruppen Ausschau zu halten und diese hinsichtlich ihrer Ergebnisse und der zu diesen führenden Gründen zu untersuchen. Eventuell lassen sich daraus bereits Rückschlüsse auf die Frage nach der Erstattungsfähigkeit des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars ziehen. Bei der Suche nach vergleichbaren Sachverhalten ist vom Zweck des Prozessfinanzierungsvertrages auszugehen. Prozessfinanzierungsverträge werden – wie bereits dargestellt – zur Vorfinanzierung bzw. zur Übernahme des Unterliegensrisikos eines Gerichtsprozesses abgeschlossen. Die erfolgsbedingte Prozessfinanzierung stellt den „Preis“ für diese Risikoübernahme dar.20 Für einen Vergleich sind daher Entscheidungen über Kostenpositionen interessant, die Gegenleistungen für Instrumente zur Finanzierung bzw. zur Übernahme des Durchsetzungsrisikos darstellen. I. Darlehenszinsen und -kosten Im ersten Teil dieser Abhandlung wurde bereits darauf hingewiesen, dass auch die Aufnahme eines Darlehens ein geeignetes Instrument zur Finanzierung der Kosten der Rechtsverfolgung darstellt.21 In der Rechtsprechung zum Kostenerstattungsrecht finden sich diverse Entscheidungen zu der Frage der Festsetzungsfähigkeit von Zinsen und Kosten eines Darlehens. In sämtlichen Urteilen wird die Erstattungsfähigkeit von Kreditkosten im OLG Frankfurt WRP 1985, 349; OLG Koblenz JurBüro 1985, 1865; OLG Düsseldorf WRP 1986, 33. 17  Becker-Eberhard, S.  48 f. 18  Becker-Eberhard, S.  48 f. 19  Siehe dazu die alphabetische Übersicht der wichtigsten Fallgruppen bei Bork, in: Stein/Jonas, § 91 ZPO, Rdn. 57 ff. Bork weist an dieser Stelle auch noch einmal darauf hin, dass die im „Überfluss publizierte Rechtsprechung“ kaum noch überschaubar sei. 20  Vgl. 1. Teil, 2. Kapitel, C. 21  1. Teil, 1. Kapitel, B.III.



1. Kap.: Prozessual-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch201

Rahmen des prozessualen Kostenerstattungsverfahrens abschlägig entschieden.22 Die Begründungen für diese ablehnende Haltung bauen immer auf denselben Argumenten auf: Teilweise lassen die Entscheidungen eine dahingehende Auslegung zu, dass grundsätzlich nicht bezweifelt wird, dass Kreditkosten zu den Kosten des Rechtsstreits gehören und auch durchaus notwendig sein können. Ihre Berücksichtigung in dem förmlichen Kostenfestsetzungsverfahren würde jedoch dessen „Rahmen sprengen“ und den Urkundsbeamten überfordern.23 Insbesondere die Prüfung der Notwendigkeit der Kreditaufnahme gehe über den Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens hinaus. Dazu wäre es erforderlich, die gesamten Vermögensverhältnisse der Parteien zu erforschen. Insbesondere wäre zu prüfen, ob die Partei keine weiteren Geldmittel besaß, die sie zur Bezahlung der Kosten hätte verwenden können.24 Eine derartige materiell-rechtliche Prüfung vertrage sich jedoch nicht mit den Geboten der Einfachheit und der Praktikabilität, die das Kostenfestsetzungsverfahren ausmachten.25 So könne die Höhe eines Erstattungsanspruches, z. B. wegen eines Mitverschuldens der Partei, zweifelhaft sein. Die Klärung materiellrechtlicher Einwendungen sei jedoch nicht Zweck des Kostenfestsetzungsverfahrens.26 In einigen Fällen wurde eine Erstattungsfähigkeit der Kreditkosten mit der Begründung abgelehnt, diese entstünden aus der individuellen Vermögenslage der Antragsteller. Kosten oder Schäden, die sich anlässlich eines Rechtsstreits aus der besonderen Situation des Antragstellers ergäben, gehörten jedoch nicht zu den unmittelbaren Kosten des Rechtsstreits und könnten daher keine Berücksichtigung im Kostenfestsetzungsverfahren finden.27 Des Weiteren wird mit § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO argumentiert: Dieser sieht eine Verzinsung der festgesetzten Kosten in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB vom Eingang des Kostenfestsetzungsantrages bzw. im Falle des § 105 Abs. 3 ZPO von der Verkündung des Urteils vor. Durch die Regelung des § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO sei eine Verzinsung des zu erstattenden Betrages sowohl zeitlich als auch in der Höhe begrenzt. In einem Erst-Recht-Schluss wird argumentiert: Wenn weitere 22  Offengelassen von BGH BeckRS 2011, 1368; OLG Koblenz-NJW-RR 2006, 502; OLG München JurBüro 1991, 598. 23  Tschischgale, S. 222. 24  OLG Hamm MDR 1972, 960; OLG Stuttgart JurBüro 1976, 1694; OLG Kob­ lenz Rpfleger 1988, 161; NJW-RR 2006, 502, 503. 25  OLG Koblenz NJW-RR 2006, 502, 503; OLG Koblenz RPfleger 1988, 161. 26  OLG München Rpfleger 1980, 352. 27  OLG Frankfurt VersR 1978, 829; OLG München Rpfleger 1980, 352; OLG Koblenz RPfleger 1988, 161; OLG München NJW-RR 2000, 1096.

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

Zinsen gem. § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO nicht im Kostenfestsetzungsverfahren geltend gemacht werden könnten, so könne die Erstattung von Kosten für eine Kreditaufnahme und Zinsaufwendungen hierfür ebenfalls nicht im Kostenfestsetzungsverfahren verlangt werden.28 Zudem wird vereinzelt vorgebracht, dass sich der Erstattungsanspruch auf die im Zusammenhang mit der Durchführung von Gerichtsprozessen typischen Unkosten der Parteien beschränke. Solche typischen Kosten seien in der ZPO aufgezählt und durch den Gebrauch des Wortes „auch“ in § 91 Abs. 1 S. 3 ZPO im Sinne einer Grenzziehung zu weiteren Ansprüchen beschränkt.29 II. Erstattungsfähigkeit von Avalprovisionen Vergleichbar mit den Kosten der Prozessfinanzierung sind auch die sogenannten Avalprovisionen. Avalprovisionen entstehen hauptsächlich im Vollstreckungsverfahren, und zwar im Zusammenhang mit der Erbringung von Sicherheitsleistungen. Insbesondere die vorläufige Vollstreckbarkeit eines Urteils ist häufig mit der gerichtlichen Anordnung und Erbringung von Sicherheitsleistungen verbunden.30 Der Schuldner wiederum kann gem. § 711 ZPO unter Umständen seinerseits die Vollstreckung eines vorläufig vollstreckbaren Urteils durch die Leistung einer Sicherheitsleistung abwenden. Besteht keine besondere Parteivereinbarung, liegt es gem. § 108 Abs. 1 ZPO im Ermessen des Gerichts, die Art der Sicherheitsleistung zu bestimmen.31 Zugelassen werden können beispielsweise Garantieerklärung, Mitschuldnerschaft eines Dritten, Grundschuldbestellung, Sicherungsübereignung bzw. Sicherungsabtretung.32 Ist nichts anderes gerichtlich bestimmt, kann die Sicherheit gem. § 108 Abs. 1 S. 2 ZPO auch durch eine Bürgschaft bzw. durch Hinterlegung erbracht werden. Macht der die Sicherheit Leistende von dieser Option Gebrauch, wird er sich an ein Kreditinstitut wenden. Dieses übernimmt dann eine selbstschuldnerische Bürgschaft in Höhe des Betrages, der vom Gericht als Sicherheit bestimmt wurde. Für diese Risikoübernahme berechnet die Bank eine sogenannte „Avalprovision“. Diese besteht aus einem Risikoprämien- und einem Verwaltungskostenanteil. Meist liegt sie bei 1 % bis 3 % der Bürgschaftssumme.33 28  OLG

Stuttgart JurBüro 1976, 1694. München Rpfleger 1980, S. 352. 30  Gemäß § 709 ZPO sind Urteile gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. 31  Schulz, in: Müko/ZPO, § 108 Rdn.  6 ff. 32  BLAH, § 108 ZPO Rdn. 5. 33  Retemeyer, S. 15. 29  OLG



1. Kap.: Prozessual-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch203

Die Avalprovision ist damit zwar keine Gegenleistung für ein Instrument zur unmittelbaren Finanzierung von Kosten des Gerichtsprozesses. Vergleichbar mit dem Abschluss eines Prozessfinanzierungsvertrages ermöglicht jedoch erst der Abschluss eines Bürgschaftsvertrages mit einer Bank dem Anspruchsinhaber die zumindest vorläufige Durchsetzung seines Anspruches. Avalprovision und die prozessfinanzierungsbedingte Erfolgsbeteiligung stellen daher miteinander vergleichbare Kostenpositionen dar. Die Avalprovision gehört in der Regel zu den Kosten des Zwangsvollstreckungsverfahrens. Die Erstattungsfähigkeit von Zwangsvollstreckungskosten richtet sich nach § 788 ZPO. Je nach Sachlage richtet sich der Anspruch auf Erstattung der Avalprovision daher entweder auf § 788 Abs. 1. S. 1 ZPO oder aber auch auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. Beide Anspruchsgrundlagen weisen ähnliche Voraussetzungen auf, sodass für die Erstattungsfähigkeit dieselben Grundsätze gelten. Das Reichsgericht34 lehnte die Erstattungsfähigkeit der Avalprovision noch ab. Die hierfür vorgebrachten Gründe erinnern teilweise an die für die Nichtberücksichtigung von Darlehenskosten vorgebrachten Argumente. Die Avalprovision könne nicht den Kosten des Rechtsstreits zugeordnet werden. Die Beschaffung einer derartigen Sicherheit sei ein Vorgang, der sich außerhalb des eigentlichen Prozesses abspiele. Weder das Gericht noch der Gegner hätten Einfluss auf die Art und Weise der Sicherheitsleistung. Diese hänge nur von der die Sicherheit leistenden Partei ab. Die Möglichkeit der Stellung der Sicherheit bedeute lediglich ein Entgegenkommen. Die damit verbundenen Kosten könnten nicht dem Prozessgegner aufgebürdet werden.35 Entgegen der Auffassung des Reichsgerichtshofs ordnete der BGH36 1973 die Avalprovision den Kosten des Verfahrens zu. Die Zugehörigkeit der Kosten der Beschaffung einer zur Vollstreckung erforderlichen Sicherheit zu den Kosten des Rechtsstreits kann heute als gefestigte Ansicht in Rechtsprechung und Literatur betrachtet werden.37 Dafür werden verschiedene Gründe vorgebracht: Die Kosten der Sicherheitsleistung hätten ihren Sachgrund unmittelbar in dem zugrunde liegenden Prozessrechtsverhältnis und bedürften im Einzelfall keiner Rechtfertigung aus Normen des allgemeinen sachlichen Rechts.38 Ohne die Sicherheitsleistung könne nicht vollstreckt werden. Zwischen beidem bestehe daher ein so enger Zusammenhang, dass die Avalprovision für die Beschaffung der Sicherheit in Form einer Bankbürg34  RGZ

145, 296, 300 f. 145, 296, 300 f. 36  BGH NJW 1974, 693. 37  BGH NJW 2008, 515, 516; BGH NJW-RR 2006, 1001, 1002. 38  BGH NJW 1974, 693, 694. 35  RGZ

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

schaft zu den Kosten des Verfahrens gehöre.39 Zudem sollten Prozesse nicht weitere Prozesse verursachen.40 Darüber hinaus seien die Kosten einer Avalprovision gegenüber den Kosten der anderen Arten der Sicherheitsleistung, z. B. durch Verwendung eigenen Kapitals oder der Aufnahme eines Darlehens, am niedrigsten.41 III. Differenzierung überzeugt nicht Die unterschiedliche Behandlung von Darlehenskosten und Avalprovisionen ist nicht überzeugend. Zwar sind die für die Avalprovision entstehenden Kosten meist geringer als die für die Aufnahme eines Darlehens. Jedoch besteht zwischen beiden Fallgruppen ansonsten kein wirtschaftlicher Unterschied. Dies mussten auch die Richter des Kammergerichts zugeben.42 Zudem sind Prozesskosten grundsätzlich auch dann zu erstatten, wenn sie besonders hoch sind, solange sie nur zweckentsprechend sind und keine preiswerteren Möglichkeiten zur Verfügung stehen.43 Der entscheidende Unterschied bestehe nach Ansicht der Richter des Kammergerichts darin, dass ein durch Darlehen beschaffter Geldbetrag „fungibel“44 sei. Er werde nur durch den Einzahlungsentschluss des Vollstreckungsgläubigers Bestandteil der Hinterlegungsmasse. Im Gegensatz dazu sei die Bürgschaft von Anfang auf einen „bestimmten Prozess konkretisiert und nicht wie die Darlehensvaluta zunächst freier Bestandteil des Vermögens“45 des die Sicherheit Leistenden. Mit der hierfür geforderten Provision leiste der Vollstreckungsgläubiger daher direkt das Entgelt für die gerichtlich angeordnete prozessuale Sicherheit.46 Indes überzeugt diese Differenzierung nicht. Auch das Darlehen wird in der Regel vom Darlehensgeber für einen bestimmten Zweck – nämlich hier der Durchführung des Rechtsstreits – zur Verfügung gestellt. Zumindest im Innenverhältnis wird der Anspruchsinhaber daher verpflichtet sein, den Darlehensbetrag tatsächlich für die Rechtsverfolgung einzusetzen. Damit ist auch der Darlehensbetrag kein wirklich „freier“ Bestandteil des Vermögens, sondern von vornherein auf den bestimmten Rechtsstreit konkretisiert. 39  OLG

Frankfurt JurBüro 1977, Sp. 1768, 1769. Düsseldorf JurBüro 1988, Sp. 879, 878. 41  OLG Düsseldorf JurBüro 1974, Sp. 1443, 1444. 42  KG JurBüro 1975, Sp. 78, 80. 43  OLG Frankfurt JurBüro 1985, 1245. 44  KG JurBüro 1975, Sp. 78, 81. 45  KG JurBüro 1975, Sp. 78, 81. 46  KG JurBüro 1975, Sp. 78, 81. 40  OLG



1. Kap.: Prozessual-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch205

IV. Schlussfolgerungen Die Rechtsprechung ist als widersprüchlich anzusehen. Zwei miteinander vergleichbare Sachverhalte werden unterschiedlich behandelt. Daher können aus der Rechtsprechung keine Rückschlüsse auf die Festsetzungsfähigkeit der prozessfinanzierungsbedingten Erfolgsbeteiligung gezogen werden. Jedoch sind die von den Gerichten für oder gegen die Festsetzung dieser Kostenpositionen vorgebrachten Einwände wichtige Hinweise dafür, welche Aspekte bei der Auslegung des § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO Berücksichtigung finden müssen.

B. Gehört das Erfolgshonorar zu den Kosten des Rechtsstreits gem. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO? Wie bereits ausgeführt, hängt die prozessuale Erstattungspflicht gem. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO von zwei Voraussetzungen ab: Es muss sich zum einem um „Kosten des Rechtstreits“ handeln. Zum anderen müssen die Kosten zur „zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig“ gewesen sein. Demnach ist also zunächst einmal zu untersuchen, ob das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar zu den „Kosten des Rechtsstreits“ gehört. Hier ist ein unterschiedliches Begriffsverständnis denkbar. Die Ursache hierfür liegt darin, dass in der allgemeinen Sprachpraxis von dem Begriff des „Rechtsstreits“ in unterschiedlicher Art und Weise Gebrauch gemacht wird. So kann man hierunter zum einen die Auseinandersetzung zwischen zwei oder mehreren Personen in einem gerichtlichen Verfahren verstehen. Zum anderen kann hierunter jedoch nicht nur das gerichtliche Verfahren selbst, sondern der „gesamte rechtlich motivierte Konflikt“47 verstanden werden. Dieses unterschiedliche Begriffsverständnis hat Auswirkungen auf den Anwendungsbereich des § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. Verstünde man den Begriff „Rechtsstreit“ im ersten Sinne – nachfolgend als formeller Kostenbegriff bezeichnet – würden nur die Kosten, die unmittelbar aus dem gerichtlichen Prozess heraus erwachsen sind, zu den Kosten des Rechtsstreits gehören. Verstünde man den Begriff „Rechtsstreit“ im zweiten Sinne – nachfolgend als materieller Kostenbegriff bezeichnet –, würden alle Aufwendungen zu den Kosten des Rechtsstreits gehören, die durch den materiellen Streitgegenstand verursacht worden sind.48 Die nachfolgenden Ausführungen werden verdeutlichen, dass vor allem das das prozessuale Kostenerstattungsrecht beherrschende Unterliegensprinzip für den formellen Kostenbegriff spricht 47  Tilch/Arloth, 48  Ostermeier,

Begriff „Rechtsstreit“, S. 3502. S. 117.

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

und das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar nicht zu den „Kosten des Rechtsstreits“ gehört. I. „Formelles“ Verständnis des Begriffs der „Kosten des Rechtsstreits“ in Literatur und Rechtsprechung In einem ersten Schritt gilt es zu untersuchen, ob das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar nach dem engen formellen Verständnis des Begriffs „Kosten des Rechtsstreits“ vom Anwendungsbereich des § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO erfasst ist. Wäre dies der Fall, wäre eine Diskussion des materiellen Kostenbegriffs überflüssig. 1. Begriffsbestimmung Zur Beantwortung der Frage, ob die Kosten der Prozessfinanzierung vom formellen Kostenbegriff erfasst sind, muss die Reichweite des formellen Kostenbegriffs bestimmt werden. In Literatur und Rechtsprechung herrscht ein enges Verständnis des Begriffs der „Kosten des Rechtsstreits“ vor. Unter dem Begriff des Rechtsstreits i. S. d. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO ist danach das gerichtliche Erkenntnisverfahren zu verstehen, „das mit der Erhebung der Klage bzw. Widerklage, also der Rechtshängigkeit, beginnt und mit der Rechtskraft einer den Streitgegenstand erschöpfenden Entscheidung endet“.49 Kosten des Rechtsstreits sind danach nur die unmittelbaren mit Rücksicht auf den konkreten Rechtsstreit getätigten Aufwendungen.50 Bei der Klärung des Begriffs „Kosten des Rechtsstreits“ ist in zwei Schritten vorzugehen: Zunächst ist zu klären, ob der Verfahrensabschnitt, aus dem die Kosten entstanden sind, zum Rechtsstreit i. S. der Kostenentscheidung gehört. Sodann ist zu untersuchen, ob die Veranlassung der Aufwendung durch diesen Verfahrensabschnitt eng genug ist.51 2. Zugehörigkeit der Kosten der Prozessfinanzierung zu dem Verfahrensabschnitt des Erkenntnisverfahrens Erstere Teilfrage ist bereits dahingehend erläutert worden, dass nach diesem Begriffsverständnis nur die Kosten des gerichtlichen Erkenntnisverfah49  Schulz, in: Müko/ZPO, § 91 ZPO Rdn.  12; Bork, in: Stein/Jonas, § 91 ZPO Rdn. 19. 50  BGH NJW-RR 2006, 501; Bork, in: Stein/Jonas, § 91 ZPO Rdn.  29. 51  Bork, in: Stein/Jonas, § 91 ZPO Rdn.  19.



1. Kap.: Prozessual-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch207

rens vom Kostenbegriff des § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO erfasst sind. Bereits bei der Untersuchung der Frage, ob die Kosten der Prozessfinanzierung zu diesem Verfahrensabschnitt gehören, stößt man jedoch auf ein Problem: In den Prozessfinanzierungsverträgen ist vorgesehen, dass die Prozessfinanzierungsunternehmen auch das Kostenrisiko des Zwangsvollstreckungsverfahrens tragen, sofern eine Zwangsvollstreckung für notwendig und aussichtsreich erachtet wird.52 Dabei ist die Höhe der Erfolgsbeteiligung unabhängig davon, ob Zwangsvollstreckungsmaßnahmen durchgeführt werden müssen oder nicht. War die Durchführung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen tatsächlich erforderlich, stellt die Zahlung der Erfolgsbeteiligung an das Prozessfinanzierungsunternehmen also eine Gegenleistung sowohl für die Übernahme des Kostenrisikos des Erkenntnis- also auch des Zwangsvollstreckungsverfahrens dar. Die Schwierigkeit besteht nun darin, dass § 91 Abs. 1 ZPO nur die Kosten des Erkenntnis- und nicht die des Zwangsvollstreckungsverfahrens umfasst.53 Die Erstattung von im Zwangsvollstreckungsverfahren entstehenden Kosten – die sogenannten Vollstreckungskosten – ist in § 788 ZPO geregelt. Insofern kommt es zu Überschneidungen mit § 788 ZPO. a) Kostenerstattung nach § 788 ZPO Zwischen § 788 ZPO und § 91 ZPO besteht ein Gleichklang bezüglich des „Ob“ der Erstattungsfähigkeit von Aufwendungen. Nach beiden Vorschriften ist die Notwendigkeit der Kosten Voraussetzung für deren Erstattungsfähigkeit. Zusätzlich verweist § 788 Abs. 1 ZPO hinsichtlich des Begriffs der Notwendigkeit auf § 91 Abs. 1 ZPO. Ein Unterschied besteht jedoch hinsichtlich des „Wie“ der Erstattung von Aufwendungen. § 788 ZPO stellt eine im System des Zivilprozessrechts – speziell des Zwangsvollstreckungsrechts – besondere – eigentlich „systemwidrige54 – Norm dar. Die Besonderheit dieser Vorschrift besteht darin, dass im Falle des § 788 I ZPO eine Beitreibung der Kosten der Zwangsvollstreckung auch ohne das Vorliegen eines besonderen Vollstreckungstitels und damit ohne ein vorheriges gerichtliches Verfahren möglich ist. Die Beitreibung geschieht zusammen mit dem zu vollstreckenden Hauptanspruch. Eine Überschneidung ist nur dann zu befürchten, wenn die Erfolgsbeteiligung überhaupt zu den Kosten der Zwangsvollstreckung i. S. v. § 788 Abs. 1 S. 1 ZPO zählt.

52  1. Teil,

2. Kapitel, B.I.1. JurBüro 1989, Sp. 1577 ff.; Bork, in: Stein/Jonas, § 91 ZPO Rdn. 28. 54  Johannsen, S. 1; BLAH, § 788 ZPO Rdn. 10. 53  BayOblG

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

b) Kostenbegriff des § 788 Abs. 1 S. 1 ZPO Es gibt verschiedene Möglichkeiten, den Begriff der „Kosten des Rechtsstreits“ auszulegen. Nach der Auffassung der Vertreter einer engen Auslegung55 sind Kosten der Zwangsvollstreckung nur die Aufwendungen, die kausal auf die Durchführung der Zwangsvollstreckung zurückzuführen sind. Die Abgrenzung wird mittels des Begriffspaares „unmittelbar“ und „mittelbar“ vorgenommen. Nur die Aufwendungen, die der Gläubiger „unmittelbar“ zur Vorbereitung oder Durchführung der Vollstreckung macht, gehören danach zu den ersatzfähigen Kosten der Zwangsvollstreckung. Aufwendungen, die nur „mittelbar“ der Vollstreckung dienen bzw. aus „Anlass der Zwangsvollstreckung“ vorgenommen wurden, stellen nach dieser Auffassung keine Kosten der Zwangsvollstreckung dar.56 Das Prozessfinanzierungsunternehmen verpflichtet sich in dem Prozessfinanzierungsvertrag bei Vorliegen entsprechender Erfolgsaussichten zur Vorfinanzierung aller zur Zwangsvollstreckung notwendigen Maßnahmen sowie zur endgültigen Übernahme dieser Kosten im Falle der Fruchtlosigkeit. Hieraus wird deutlich, dass der Abschluss eines Prozessfinanzierungsvertrages der Durchführung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen nur „mittelbar“ und nicht wie nach dieser Ansicht erforderlich „unmittelbar“ dient. Nach anderer Auffassung57 sind Kosten der Zwangsvollstreckung alle Aufwendungen, die das Ziel haben, die Zwangsvollstreckung durchzuführen. Hierzu sollen alle Ausgaben gehören, die der Gläubiger macht, um eine zwangsweise Befriedigung seiner Urteilsforderung durchzusetzen. Danach kommt es also auf den Zweck der Aufwendung an. Da der Anspruchsinhaber mit dem Abschluss eines Prozessfinanzierungsvertrages auch die Sicherung der Finanzierung einer etwa erforderlich werdenden Vollstreckung des Urteils bezweckt, können die hierdurch entstehenden Aufwendungen bei einem derartigen Verständnis des § 788 Abs. 1 ZPO als Kosten der Zwangsvollstreckung eingeordnet werden. Es soll hier nicht diskutiert werden, welche Auffassung innerhalb des § 788 Abs. 1 ZPO mehr überzeugt. Es bleibt lediglich festzuhalten, dass es zu einer Überschneidung zwischen den Kosten des Erkenntnisverfahrens und denen der Zwangsvollstreckung kommen kann. Es bleibt zu untersuchen, wie bei Überschneidungen vorgegangen wird.

55  BGH NJW 2005, 2460, 2461; Schmidt/Brinkmann, in: Müko/ZPO, § 788 ZPO Rdn. 11; Saenger, in: Saenger, § 788 ZPO Rdn. 6. 56  Schmidt/Brinkmann, in: Müko/ZPO, § 788 ZPO Rdn.  11. 57  LG Bonn Rpfleger 1956, S. 44 f.; OLG Frankfurt JurBüro 1973, Sp. 346 f.; Stöber, in: Zöller, § 788 ZPO Rdn. 3; Haug, S. 1909.



1. Kap.: Prozessual-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch209

c) Vorgehensweise bei Überschneidungen Überschneidungen zwischen den Bereichen der Prozess- und der Vollstreckungskosten sind in der Praxis nicht ungewöhnlich.58 Eine solche Überschneidung ist sogar gesetzlich geregelt, und zwar in § 788 Abs. 1 S. 2. ZPO: Durch die Ausfertigung und Zustellung des Urteils wird das Erkenntnisverfahren abgeschlossen. Gleichzeitig werden hierdurch jedoch auch die Voraussetzungen für die Zwangsvollstreckung geschaffen. Gemäß § 788 Abs. 1 S. 2 ZPO gelten die Kosten der Ausfertigung und Zustellung des Urteils als Kosten der Zwangsvollstreckung. Eine ähnliche Problematik liegt vor, wenn bestimmte Aufwendungen für Maßnahmen getätigt wurden, deren Ergebnis nicht nur in einem, sondern in verschiedenen Gerichtsverfahren Eingang gefunden hat. Beispielhaft hierfür sind Gutachten. Nur vereinzelt wird im Falle einer Teilverwertung eine Erstattung in vollem Umfang bejaht bzw. völlig ausgeschlossen.59 Ansonsten besteht im Wesentlichen Einigkeit darüber, dass die Prozesskosten­ eigenschaft einer Aufwendung nicht bezweifelt werden könne, weil das Ergebnis der Aufwendung nicht nur in einem, sondern in verschiedenen Verfahren verwendet wurde.60 Voraussetzung sei jedoch, dass die Prozesspartei die Aufwendung zumindest auch im Hinblick auf ein weiteres Verfahren getätigt, also ein Gutachten beispielsweise von vornherein für mehrere Verfahren eingeholt habe.61 Bei der Prozessfinanzierung ist diese Voraussetzung gegeben. Der Prozessfinanzierungsvertrag wird von vornherein auch im Hinblick auf ein etwa erforderliches Zwangsvollstreckungsverfahren abgeschlossen. Aus alldem kann geschlossen werden, dass die Erstattungsfähigkeit der Erfolgsbeteiligung durch die Überschneidung von Kosten des Erkenntnisund denen des Vollstreckungsverfahrens nicht ausgeschlossen werden kann. Auch wenn es zu Überschneidungen kommt, sind die Kosten natürlich nur einmal zu erstatten.62 Generell kommt eine Zuordnung der Aufwendungen entweder zu § 91 Abs. 1 ZPO oder zu § 788 Abs. 1 ZPO oder eine Aufteilung in Betracht. Zwei besonders überzeugende Lösungsvorschläge sollen kurz vorgestellt werden:

58  BLAH,

§ 788 ZPO Rdn. 3. z. B. KG JurBüro 1975, Sp. 385, 386. 60  Siebert, S.  25 ff. 61  von Eicken, S. 17 weist im Allgemeinen darauf hin, dass für die Bewertung der Prozessbezogenheit eines Gutachtens eine Prüfung der Gesamtumstände des Einzelfalls vorgenommen werden müsse. 62  BLAH, § 788 ZPO, Rdn. 3. 59  Siehe

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

Eine Zuordnung wäre anhand des von Dorndörfer63 vorgeschlagenen Abgrenzungsmerkmals denkbar. Danach sind Zwangsvollstreckungskosten die Mehraufwendungen, die bei Erfüllung der titulierten Forderung ohne Zwangsvollstreckung nicht entstanden wären. Da die Höhe der Erfolgsbeteiligung des Prozessfinanzierungsunternehmens unabhängig davon ist, ob ein Zwangsvollstreckungsverfahren durchgeführt wird oder nicht, stellt die Erfolgsbeteiligung nach dieser Auffassung keine Mehraufwendung dar und wäre dem Erkenntnisverfahren und damit § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO zuzuordnen. Eine Aufteilung könnte dem Richter bzw. Vollstreckungsorgan überlassen werden. Eine entsprechende Grundlage hierfür bietet § 287 ZPO. Diesen Weg ist das Oberlandesgericht Koblenz64 gegangen. Streitig waren in dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall die Kosten einer beauftragten Detektei. Die Detektei sollte die Anschrift des Beklagten sowie vorhandene Vollstreckungsmöglichkeiten herauszufinden. Das OLG Koblenz stellt im Kostenfestsetzungsverfahren gem. § 104 ZPO fest, dass § 91 ZPO sich nicht auf die weitergehenden Aufwendungen erstrecke, die deshalb anfielen, weil die beauftragte Detektei außerdem Vollstreckungsmöglichkeiten gegenüber dem Beklagten erforschte. Diese Kosten könnten nur im Verfahren gem. § 788 ZPO berücksichtigt werden. Das Gericht beschränkte sich daher auf die Festsetzung der hälftigen Kosten der Detektei. d) Ergebnis Eine Überschneidung der Kosten des Erkenntnis- und des Zwangsvollstreckungsverfahrens steht einer möglichen Zuordnung der Kosten der Prozessfinanzierung zum Verfahrensabschnitt des Erkenntnisverfahrens nicht entgegen. 3. Veranlassung der Aufwendung durch den Gerichtsprozess? Zu klären ist indes noch, wie eng die Veranlassung der Aufwendung durch den Gerichtsprozess sein muss. Ziel der Abgrenzung ist es, eine Verteuerung des Prozesses dadurch zu verhindern, dass eine Partei „ihre allgemeinen Unkosten oder prozessfremden Kosten auf die gegnerische Partei abzuwälzen versucht“.65 Letztlich muss die Aufwendung also einen Prozessbezug aufweisen. Allerdings ist umstritten, unter welchen Voraussetzungen dies der Fall ist. 63  Dorndörfer,

in: von Eicken/Hellstab/Lappe u. a., S. 95 f., Rdn.  B 244. Koblenz VersR 2003, 1456. 65  BGH NJW 2003, 1398, 1399. 64  OLG



1. Kap.: Prozessual-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch211

a) Ersatzfähigkeit typischer Kosten eines Rechtsstreits Teilweise wird angenommen, dass nur die typischen Kosten eines Gerichtsverfahrens, also Kosten, die regelmäßig beim Prozessbetrieb anfallen, im prozessualen Kostenerstattungsverfahren Berücksichtigung finden könnten.66 Dogmatisch wird dies mit einem Umkehrschluss aus der Aufzählung in § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO begründet.67 Hier seien typische Kosten eines Gerichtsverfahrens aufgezählt und durch den Gebrauch des Wortes „auch“ in § 91 Abs. 1 S. 3 ZPO gegenüber weiteren Ansprüchen beschränkt.68 Der aus § 91 Abs. 1 S. 3 ZPO vorgenommene Umkehrschluss überzeugt jedoch nicht. Die in den verschiedenen Absätzen des § 91 ZPO aufgezählten möglichen Parteiaufwendungen sind nicht als typische Kosten eines Gerichtsprozesses zu verstehen. Vielmehr sei diese Aufzählung nur Ausdruck dessen, dass § 91 ZPO gerade kein Anspruch auf Schadloshaltung darstelle und die Prozessparteien mithin nicht für alle mit der Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung verbundenen Aufwendungen Erstattung verlangen könnten.69 Zudem ist fraglich, welche Kosten zu den typischen eines Prozesses gehören. Für die Beantwortung dieser Frage schlägt das Oberlandesgericht München vor, sich an dem sogenannten – aufgrund vergleichbarer Streitgegenstände festgelegten – Durchschnittsprozess zu orientieren. Hierdurch sei es möglich, Veränderungen in den Prozessführungsgewohnheiten der Parteien zu berücksichtigen. Somit könne auch auf die Verkehrsüblichkeit abgestellt werden.70 Unabhängig davon, wie man sich zu dieser Frage positioniert, kann wohl davon ausgegangen werden, dass die Kosten einer gewerblichen Prozessfinanzierung bislang nicht zu den typischen Kosten eines Rechtsstreits gehören. Dies zeigt die bisher eher geringe Verbreitung der Prozessfinanzierung in der Rechtspraxis.71 b) Abgrenzung mithilfe des Begriffspaares Unmittelbar / Mittelbar Zumeist erfolgt die Abgrenzung mithilfe des Begriffspaares „unmittelbar / mittelbar“. Kosten des Rechtsstreits sollen danach nur die unmittel­ 66  RGZ

150, 37, 41; OLG München RPfleger 1980, 352. 150, 37, 41. 68  OLG München Rpfleger 1980, 352. 69  BGHZ 66, 112, 114. Diskutiert wurde dieses Problem vor allem anhand der Frage, ob der eigene Zeitaufwand für die Rechtsverfolgung erstattungsfähig ist. Es besteht Einigkeit darüber, dass der Ersatzberechtigte für den eigenen Zeitaufwand bei Rechtsverfolgung keinen Ersatz verlangen kann, soweit der übliche Rahmen nicht überschritten wird. Siehe dazu BGHZ 75, 230, 231 f. 70  OLG München RPfleger 1980, 352. 71  1. Teil, 2. Kapitel, D.II. 67  RGZ

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

baren mit Rücksicht auf den konkreten Rechtsstreit getätigten Aufwendungen sein.72 Hingegen wird aus der Mittelbarkeit die Annahme weiterer durch den Rechtsstreit verursachter Schäden gefolgert und eine Erstattungsfähigkeit abgelehnt.73 Das Unmittelbarkeitskriterium dient also dazu, eine uferlose Ausweitung des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs zu verhindern.74 Die Qualifikation des Rechtsstreits als „Kosten des Rechtsstreits“ kann demnach selbst bei innerprozessualen Kosten entfallen, „wenn es sich um Generalunkosten, mittelbare Einbußen und sonstige, über die für die Prozessführung gemachten Aufwendungen hinausgehende, Kosten handelt“.75 Bei genauerem Hinsehen erweist es sich allerdings als wenig hilfreich, die Abgrenzung der erstattungsfähigen Kosten mittels des Begriffspaares „mittelbar“ bzw. „unmittelbar“ vornehmen zu wollen. Exemplarisch für dieses Problem ist die Einordnung der prozessfinanzierungsbedingten Erfolgsbeteiligung. Entsteht diese nun „unmittelbar“ oder „mittelbar“ durch die Einleitung und Führung eines Gerichtsprozesses? Die Finanzierung des Prozessfinanzierungsvertrages ermöglicht erst die Durchführung des Gerichtsverfahrens. Daher könnte man argumentieren, dass die prozess­ finanzierungsbedingte Erfolgsbeteiligung zu den „unmittelbaren“ Kosten eines Gerichtsprozesses gehört. Unter den „unmittelbaren“ Kosten eines Gerichtsprozesses könnte man jedoch auch nur die Kosten verstehen, die auf Maßnahmen beruhen, die zwingende Voraussetzung für die Einleitung und Führung eines Gerichtsprozesses sind, z. B. die Gerichtskosten. Der Abschluss eines Prozessfinanzierungsvertrages stellte dann keine zwingende Voraussetzung für die Einleitung und Durchführung eines Gerichtsverfahrens dar. Bei dieser Argumentation würden die Kosten des Prozessfinanzierungsvertrages keine unmittelbaren, sondern nur mittelbare Kosten des Rechtsstreits darstellen. Das Abgrenzungspaar „unmittelbar / mittelbar“ ist daher nicht eindeutig. Es lässt die Frage offen, nach welchen Kriterien zu entscheiden ist, ob eine Aufwendung „unmittelbar“ oder „mittelbar“ durch den Rechtsstreit entstanden ist. Vielmehr sei zu vermuten, dass durch den Begriff „unmittelbar“ die der Problematik zugrunde liegenden sachlichen Wertungen – ebenso wie in anderen Rechtsgebieten verdeckt76 – und die Verwendung des Begriffs „nur Ausdruck der dogmatischen und sachlichen Verlegenheit ist, nicht angeben zu können, was mit 150, 37, 40; Bork, in: Stein/Jonas, § 91 ZPO Rdn.  29. 7, 374, 377. 74  Siebert, S. 34. 75  Meller-Hannich, ZZP 2003, S. 504; siehe auch Bork, in: Stein/Jonas, § 91 ZPO Rdn. 17, 38 ff, 34 ff. 76  Nipperdey, NJW 1967, S. 1990. 72  RGZ 73  RGZ



1. Kap.: Prozessual-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch213

diesem Merkmal überhaupt gemeint ist“.77 Die Reichweite des formellen Kostenbegriffs lässt sich daher nicht mittels des Begriffspaares „unmittelbar / mittelbar“ bestimmen. c) Abgrenzung mithilfe der Rechtsfigur des Prozessrechtsverhältnisses Hier wird ein anderer Ansatzpunkt zur Frage des Prozessbezugs vertreten. Ausgangspunkt ist dabei der Begriff des Prozessrechtsverhältnisses. aa) Lehre vom Prozessrechtsverhältnis Die Lehre vom Prozessrechtsverhältnis wurde 1868 durch Oskar Bülow begründet78 und nimmt heute einen festen Platz in Literatur und Rechtsprechung79 ein. Bülow hat den Prozess als ein „Verhältnis gegenseitiger Berechtigung und Verpflichtung, d. h. ein Rechtsverhältnis“80, definiert. Dieses Rechtsverhältnis besteht zwischen den am Prozess Beteiligten, also den Prozessparteien, dem Gericht, den Streitgenossen etc.81 Mithin stellt es ein Dreiecksverhältnis dar.82 Zudem ist das Prozessrechtsverhältnis öffentlichrechtlicher Natur, da mit dem Gericht ein Träger öffentlicher Hoheitsgewalt am Zivilprozess beteiligt ist.83 Somit ist unter einem Prozessrechtsverhältnis das „öffentlich-rechtliche Rechtsverhältnis zwischen den Prozesssubjekten eines Zivilverfahrens“ zu verstehen.84 Das Prozessrechtsverhältnis entsteht mit der Zustellung der Klage an den Beklagten gem. § 253 Abs. 1 ZPO und endet mit dem Eintritt der formellen Rechtskraft.85 Aus dem Prozessrechtsverhältnis entspringen normalerweise keine echten Rechte und Pflichten.86 Ansonsten werden nur Lasten begründet, vor allem die, im eigenen Interesse für den eigenen Prozesserfolg tätig zu werden.87 77  Siebert,

S.  34 f. Lehre von den Prozesseinreden und die Prozessvoraussetzungen. 79  Vgl. z.  B. BGHZ 74, 9, 11; u.  a. Brehm, in: Stein/Jonas, vor § 1 ZPO RdNr.  204 ff. 80  Bülow, S. 1. 81  Lüke, ZZP 108, S. 436. 82  Schumann, JA 1976, S. 637. 83  Schumann, JA 1976, S. 638. 84  Musielak, Grundkurs ZPO, Rdn. 152. 85  Lüke, ZZP 108, S. 436. 86  Schumann, JA 1976, S. 638; Becker-Eberhard, S. 17. 87  Schumann, JA 1976, S. S. 638; a.A: Lüke, S. 441. 78  Die

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

Heute wird dem Prozessrechtsverhältnis oftmals jede praktische Bedeutung abgesprochen. Es handele sich dabei lediglich um eine „Denkfigur“.88 Jedoch erscheint es durchaus lohnenswert zur Lösung einiger juristischer Probleme zumindest zu überlegen, ob auch die Lehre vom Prozessrechtsverhältnis herangezogen werden kann.89 Als Zusammenfassung sämtlicher rechtlicher Beziehungen erschließe es nämlich – so Schumann – das Verständnis prozessualer Vorgänge und mache deutlich, „dass zwischen den Parteien trotz der Streitigkeiten und unabhängig von materiell-rechtlichen Rechtsbeziehungen ein rechtliches Verhältnis besteht“.90 bb) Ableitung des Kostenerstattungsanspruches aus dem Prozessrechtsverhältnis? Möglicherweise könnte der prozessuale Kostenerstattungsanspruch aus dem Prozessrechtsverhältnis abzuleiten sein. Dies ist jedoch nicht überzeugend. Gegen die Ableitung des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs aus dem Prozessrechtsverhältnis spricht zunächst, dass das Prozessrechtsverhältnis – wie bereits ausgeführt – bis auf wenige Ausnahmefälle keine echten Rechte und Pflichten der Parteien begründet.91 Wie Becker-Eberhard richtig feststellt, „stellte ein dem Prozessrechtsverhältnis entstammender prozessualer Kostenerstattungsanspruch eine auffällige Besonderheit dar, die ihrer Rechtfertigung bedürfte“.92 Weiterhin ergebe sich dies aus einem Vergleich mit den in den §§ 89 Abs. 1 ZPO, 302 Abs. 4 S. 3, 600 Abs. 2, 717 Abs. 2 und 3, sowie 945 ZPO geregelten Ausgleichansprüchen. Alle diese Ausgleichsansprüche verbinde, dass es bei diesen nicht mehr um die Ausgestaltung des eigentlichen Prozessrechtsverhältnisses, sondern nur um Nebenfolgen des Prozesses gehe.93 Diese Ausgleichsansprüche seien nur aus Zweckmäßigkeitsgründen – zur Wahrung des Sachzusammenhangs – in die ZPO aufgenommen worden. Ihre Rechtsnatur hätte auch eine Regelung im BGB zugelassen.94 Dies gelte auch für den Kostenerstattungsanspruch. Auch hier gehe es nicht darum, die rechtliche Auseinandersetzung selbst zu regeln. Vielmehr würden die weiteren Folgen des Streits geregelt und ein selbst88  Lüke,

ZZP 108, S. 427 f. überlegt Lüke, ZZP 108, S. 436 ff., ob das Prozess- bzw. Vollstreckungsrechtsverhältnis die Grundlage für eine vertragsähnliche Haftung bilden könnte. 90  Schumann, JA 1976, S. 637. 91  Becker-Eberhard, S. 17. 92  Becker-Eberhard, S. 17. 93  Becker-Eberhard, S. 18. 94  Becker-Eberhard, S. 19. 89  Beispielsweise



1. Kap.: Prozessual-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch215

ständig neben das Prozessrechtsverhältnis tretendes gesetzliches Schuldverhältnis begründet.95 cc) Zeitlicher / sachlicher Rahmen des Prozessrechtsverhältnisses Auch wenn der prozessuale Kostenerstattungsanspruch seinen Ursprung nicht im Prozessrechtsverhältnis hat, kann diese Rechtsfigur nach der hier vertretenen Auffassung trotzdem dogmatisch zur Begrenzung des Anwendungsbereichs des Kostenerstattungsanspruchs herangezogen werden, denn der Kostenerstattungsanspruch erwächst zumindest aus prozessualen Vor­ gängen,96 die vom Begriff des Prozessrechtsverhältnisses erfasst sind. Das Entstehen eines Kostenerstattungsanspruchs setzt immer voraus, dass zwischen den Parteien ein Prozessrechtsverhältnis durch Klagezustellung zu­ stande gekommen ist.97 Existiert zwischen den Parteien kein Prozessrechtsverhältnis, dann besteht auch kein Kostenerstattungsanspruch. Aus dieser Determiniertheit lassen sich Rückschlüsse auf den Anwendungsbereich des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs ziehen. Wenn der Kostenerstattungsanspruch durch das Bestehen eines Prozessrechtsverhältnisses bedingt ist, muss auch der Anwendungsbereich des Erstattungsanspruches hierdurch begrenzt sein. Die Grenzziehung erfolgt dabei in doppelter Hinsicht, nämlich zeitlich und sachlich. In zeitlicher Hinsicht ist die Grenze von der Begründung bis zur Beendigung des Prozessrechtsverhältnisses zu ziehen. Eine Aufwendung muss also in diesen Zeitraum entstanden sein, um überhaupt erst einmal zu den Kosten des Rechtsstreits zählen zu können. Weiterhin ist zu prüfen, ob die Kosten auch sachlich durch das Prozessrechtsverhältnis begründet sind. Dazu müssen sie ihren Grund in den zwischen den Prozessbeteiligten und dem Gericht bestehenden prozessualen Beziehungen haben. Die Aufwendungen müssen also im Rahmen des bestehenden Prozessrechtsverhältnisses entstanden sein. Gegeben ist dies beispielsweise bei den Kosten für die Fertigung und Zustellung der Klageschrift, den Gerichtsgebühren, den Kosten für Beweisaufnahmen bzw. für gerichtlich angeordnete Gutachten etc. Aufwendungen einer Partei, die ihren Grund nicht in den prozessualen Beziehungen der Prozessbeteiligten haben, stehen hingegen außerhalb des Prozessrechtsverhältnisses und sind nicht zu den Kosten des Rechtsstreits zu zählen. Es sind also nur die Kosten durch den Prozess veranlasst, die zwecks Begründung und im zeitlichen und sachlichen Rahmen des zwischen den Prozessparteien bestehenden Prozessrechtsverhältnisses entstanden sind. Diese 95  Becker-Eberhard,

S. 19. in: Stein/Jonas, vor § 91 ZPO Rdn.  10. 97  BGH NJW 1988, 3204, 3205; Becker-Eberhard ZZP 101, 307; Bork, in: Stein/ Jonas, vor § 91 ZPO Rdn. 15. 96  Bork,

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

Herangehensweise wird auch durch einen Verweis auf die Gesetzesbegründung des ehemaligen § 85 CPO begründet. Der Gesetzgeber ging davon aus, dass Forderungen in einem besonderen Prozess zu verfolgen sind, „deren Fundament nicht allein durch die Tatsache des Obsiegens im Rechtsstreits, sondern noch durch weitere Umstände begründet werden“.98 Stellt man zur Bestimmung des Prozessbezugs auf den durch das Prozessrechtsverhältnis vorgegebenen Rahmen ab, stellt man sicher, dass tatsächlich nur die durch Einleitung und Führung eines Gerichtsprozesses entstandenen Kosten vom prozessualen Kostenerstattungsanspruch erfasst sind. So wird verhindert, dass eine Partei ihre allgemeinen Unkosten oder prozessfremden Kosten auf den Gegner abwälzen kann und der Prozess so verteuert wird. Im Gegensatz zum Begriffspaar „unmittelbar / mittelbar“ werden klare Kriterien vorgegeben, wann eine Kostenposition zu den Kosten des Rechtsstreits gem. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO zählt. Verdeutlichen lässt sich dies wiederum anhand der Kosten der Prozessfinanzierung. Die Aufwendungen für die Prozessfinanzierung haben ihren Grund weder zeitlich noch sachlich in einem bestehenden Prozessrechtsverhältnis. Zudem ist die Prozessfinanzierung auch für die Begründung eines Prozessrechtsverhältnisses nicht zwingend erforderlich. Erforderlich hierzu ist lediglich die Fertigung und Zustellung einer Klageschrift. Zu den Kosten des Rechtsstreits i. S. d. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO gehören daher nur die den Parteien hierdurch entstandenen Kosten. Die prozessfinanzierungsbedingte Erfolgsbeteiligung liegt hingegen außerhalb des Prozessrechtsverhältnisses. dd) Ergebnis Nach diesem Verständnis gehört die prozessfinanzierungsbedingte Erfolgsbeteiligung nicht zu den Kosten des Rechtsstreits. d) Fazit Die Kosten der Prozessfinanzierung sind nach dieser Auffassung nicht durch den Rechtsstreit veranlasst. 4. Schlussfolgerungen Legt man der Auslegung des § 91 Abs. 1 S. ZPO den formellen Kostenbegriff zugrunde, gehört die prozessfinanzierungsbedingte Erfolgsbeteiligung nicht zu den Kosten des Rechtsstreits i. S. d. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. 98  Hahn,

S. 197.



1. Kap.: Prozessual-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch217

II. Ausnahme: Vorbereitungskosten als „Kosten des Rechtsstreits“ Ausnahmsweise werden die sogenannten Vorbereitungskosten in das prozessuale Kostenerstattungsverfahren einbezogen. Es ist daher zu untersuchen, ob die Kosten der Prozessfinanzierung zu diesen Vorbereitungskosten zählen und daher ebenfalls ausnahmsweise wie die Kosten des Rechtsstreits i. S. d. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO zu behandeln sind. 1. Begriff der Vorbereitungskosten Unter dem Begriff der „Vorbereitungskosten“ werden vor- bzw. außerprozessuale Aufwendungen verstanden, die zwar bereits im Hinblick auf einen künftigen – eventuell bereits anhängigen – Rechtsstreit, jedoch nicht in diesem selbst entstanden sind.99 Unter bestimmten Voraussetzungen wendet die Rechtsprechung das Kostenerstattungsverfahren gem. §§ 91 ff. ZPO auch auf solche Parteiaufwendungen an, die nicht innerhalb des „ ‚klassischen‘ Rahmens durch ‚in foro‘ vorgenommene Parteihandlungen“100 entstanden sind. Dies wird vor allem mit prozessökonomischen Erwägungen begründet. Auf diesem Wege könne ein zusätzlicher Prozess vermieden werden.101 Diese Kosten werden dann ausnahmsweise „wie“ prozessuale Kosten behandelt.102 Unklar ist, ob dies im Wege einer analogen Anwendung oder einer teleologischen Extension des § 91 Abs. 1 ZPO geschieht. Den sogenannten Vorbereitungskosten wird eine Doppelnatur zugesprochen. Grund hierfür ist, dass sie mit jeweils unterschiedlichen Voraussetzungen sowohl als prozessualer Kostenerstattungsanspruch als auch materiellrechtlich geltend gemacht werden können.103 Die Wahl des Verfahrens ist dem Gläubiger überlassen. Als Vorbereitungskosten kommen z. B. Aufwendungen für die Beschaffung von Urkunden, Detektivermittlungen, demoskopische Umfragen, Nachforschungen in Archiven, Porto- und Fotokopieraufwendungen sowie Privatgutachten zu Tatsachen- und Rechtsfragen in Betracht.104 99  LAG

Berlin NZA-RR 2002, 98, 99. S. 44. 101  Becker-Eberhard, S. 45. 102  BGH NJW 1990, 122, 123; 2003, 1398, 1399; Schulz, in: Müko/ZPO, § 91 ZPO Rdn. 38 ff. 103  Meller-Hannich, ZZP 2003, S. 501; LAG Berlin NZA-RR 2002, 98, 99. 104  Siehe dazu Bork: in Stein/Jonas, § 91 ZPO Rdn.  41 f. bzw. BLAH, § 91 ZPO Rdn.  271 ff. 100  Becker-Eberhard,

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

2. Aufwendungen für die Prozessfinanzierung als Vorbereitungskosten Wie nachfolgend zu zeigen sein wird, gehören die Aufwendungen der Prozessfinanzierung nicht zu den sogenannten Vorbereitungskosten a) Voraussetzung für die Erstattungsfähigkeit von Vorbereitungskosten Die Voraussetzungen der Erstattungsfähigkeit einzelner Vorbereitungskosten sind im Einzelnen umstritten. Jedoch kann zusammenfassend so viel gesagt werden: Bei der Frage, ob eine außergerichtliche Aufwendung im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens Berücksichtigung findet, sind grundsätzlich zwei Voraussetzungen zu prüfen: Zum einen ist es erforderlich, dass sich die der Aufwendung zugrunde liegende Maßnahme auf einen konkreten Rechtsstreit bezieht und zum anderen auch notwendig zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung war.105 Die Aufwendungen müssen demnach zunächst in Bezug auf einen bestimmten Rechtsstreit entstanden sein.106 Dazu müssen die entsprechenden Aufwendungen mit einem konkret bevorstehenden Rechtsstreit in unmittelbarer Beziehung stehen und seiner Vorbereitung dienen.107 Um die Unmittelbarkeit bejahen zu können, muss zunächst ein sachlicher Zusammenhang zwischen der Aufwendung und dem Rechtsstreit vorliegen. Dies ist gegeben, wenn sich der Gegenstand der außergerichtlichen Aufwendung mit dem Streitgegenstand des Prozesses deckt.108 Die Kosten für ein Gutachten sind beispielsweise dann erstattungsfähig, wenn dieses gerade mit Rücksicht auf den konkreten Prozess in Auftrag gegeben wurde.109 Aufwendungen ohne Prozessbezug können nicht als vorbereitend angesehen werden. Daher sind Aufwendungen, die veranlasst wurden, bevor sich der Rechtsstreit konkret abzeichnete, nicht erstattungsfähig.110 Für vorprozessuale Kosten ist damit entscheidend, ob im Zeitpunkt ihrer Entstehung ein konkreter Rechtsstreit drohte, ob also mit einem Prozess gerechnet werden musste. Dabei kann auf allgemeine Erfahrungssätze zurückgegriffen werden, unter welchen Umständen dies der Fall 105  BGH NJW 2003, 1398, 1399; Herget, in: Zöller, § 91 ZPO Rdn. 13, Stichwort: Vorbereitungskosten. 106  OLG Koblenz JurBüro 81, 1070; Herget, in: Zöller § 91 ZPO Rdn. 13, Stichwort: Vorbereitungskosten. 107  U. a.: BGH NJW 2003, 1398, 1399; WM 1987, 248 f.; OLG Bamberg Jur­Büro 1992, Sp. 335, 336; OLG Düsseldorf JurBüro 1993, 224. 108  Dittmar, S. 2089. 109  BGH NJW 2003, 1398, 1399. 110  BGH NJW 2003, 1398, 1399.



1. Kap.: Prozessual-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch219

ist. Es ist ausreichend, wenn sich die Situation üblicherweise zu einem Rechtsstreit zuspitzen wird.111 Des Weiteren muss die Aufwendung zur sachgerechten Vorbereitung des Verfahrens dienen.112 Bezüglich der Notwendigkeit der Vorbereitungskosten gelten prinzipiell dieselben Maßstäbe wie für die „gewöhnlichen“ Kosten des Rechtsstreits. Sie sind dann zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig, wenn eine verständige Partei sie im konkreten Einzelfall als sachdienlich ansehen konnte. Notwendig sind vor allem Kosten, ohne die die zweckentsprechenden Maßnahmen nicht hätten getroffen werden können.113 Um eine Ausuferung der Kostenerstattungsansprüche zu verhindern, ist jedoch eine strenge Prüfung am Maßstab der Notwendigkeit erforderlich.114 Zudem sind die Vorbereitungskosten nur in dem Umfang erstattungsfähig, der ausschließlich der Vorbereitung dieses bestimmten Prozesses dient.115 b) Vorliegen dieser Voraussetzungen bei der Prozessfinanzierung Der Abschluss eines Prozessfinanzierungsvertrages müsste sich also auf einen konkreten Rechtsstreit beziehen und zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig gewesen sein. Zum Zeitpunkt des Abschlusses eines Prozessfinanzierungsvertrages besteht zwischen den späteren Prozessparteien regelmäßig bereits eine rechtliche Auseinandersetzung über das Bestehen eines Anspruches. Nach allgemeinen Erfahrungssätzen ist in derartigen Situationen üblicherweise damit zu rechnen, dass die anspruchsberechtigte Partei ihren Anspruch gerichtlich verfolgen wird. Da das Prozessfinanzierungsunternehmen einen konkreten Rechtsstreit finanziert, dessen Erfolgsaussichten es vorher geprüft hat, ist im Ergebnis ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem Abschluss des Prozessfinanzierungsvertrages und dem Rechtsstreit gegeben. Trotzdem können die Aufwendungen für die Erfolgsbeteiligung nicht als Vorbereitungskosten angesehen werden. aa) Prozessfinanzierung als „Ob“ des Prozesses Die grundsätzliche Zulassung der prozessualen Erstattungsfähigkeit von Vorbereitungskosten wird dadurch gerechtfertigt, dass es sich bei diesen um Aufwendungen handelt, „die in der Hauptsache einer beschleunigten und 111  Zum

zeitlichen Abstand OLG Hamburg MDR 1992, 194, 195. Berlin NZA-RR 2002, 98, 99. 113  Siehe dazu LAG Berlin, MDR 2002, 238. 114  Bork, in: Stein/Jonas, § 91 ZPO Rdn.  41. 115  BLAH, § 91 ZPO Rdn. 270; Pfab, S. 413. 112  LAG

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

effektiveren Rechtsverwirklichung dienen sollen“.116 Dies ist rechtspolitisch erwünscht.117 Als nicht erstattungsfähig hingegen werden die Kosten für Maßnahmen angesehen, die dem Kostengläubiger den Entschluss darüber vorzubereiten helfen, ob ein Rechtsstreit überhaupt eingeleitet werden soll oder nicht.118 Grund für die Differenzierung ist, dass diese Maßnahmen im Gegensatz zu einem Gutachten nicht der Vorbereitung und effektiveren Gestaltung des Prozesses dienen, sondern der Entscheidung darüber, ob ein Prozess tatsächlich eingeleitet werden soll. Die unter dem Begriff „Vorbereitungskosten“ zusammengefassten Aufwendungen betreffen also das „wie“ des Prozesses. Ausnahmsweise können daher nur solche Aufwendungen wie Kosten des Prozesses behandelt werden, die die Durchführung des Prozesses regeln. Im Gegensatz dazu kommt eine Erstattungsfähigkeit nach den Grundsätzen der Vorbereitungskosten dann nicht in Betracht, wenn die Aufwendungen das „ob“ der Durchführung des Prozesses betreffen. Der Abschluss des Prozessfinanzierungsvertrages wird für den Anspruchsinhaber oftmals der wesentliche Beweggrund für die Entscheidung darüber darstellen, ob er den Anspruch gerichtlich verfolgt. Der Abschluss eines Prozessfinanzierungsvertrages betrifft also nur das „ob“ des Prozesses. Hingegen geht es nicht darum, den Prozess effektiver zu gestalten. Der Abschluss eines Prozessfinanzierungsvertrages dient damit gerade nicht einer effektiveren Rechtsverwirklichung. Im Ergebnis gehört die prozessfinanzierungsbedingte Erfolgsbeteiligung daher nicht zu den Vorbereitungskosten eines Prozesses. Dafür spricht auch die enge Handhabung der Kriterien des unmittelbaren Prozessbezuges und der Notwendigkeit durch die Praxis.119 bb) Notwendigkeit einer Nachliquidation Die Behandlung von Vorbereitungskosten als „Kosten des Rechtsstreits“ i. S. d. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO wurde vor allem mit prozessökonomischen Erwägungen begründet. Dies kommt bei den Kosten der Prozessfinanzierung jedoch nicht zum Tragen. Der Grund hierfür liegt in der Ausgestaltung des Prozessfinanzierungsvertrages. Eine Erfolgsbeteiligung ist nur dann zu zahlen, wenn dem Anspruchsinhaber tatsächlich ein Erlös aus dem Prozess zugeflossen ist. Der erfolgreiche Ausgang des Gerichtsprozesses stellt hierfür nur eine erste Voraussetzung dar. Zur Entstehung gelangt der Anspruch des Prozessfinanzierungsunternehmens auf Zahlung einer Erfolgsbeteiligung 116  Jäckle,

Dissertation, S. 110. Dissertation, S. 110. 118  OLG Hamm JurBüro 1985, 1401; Herget, in: Zöller § 91 ZPO Rdn. 13, Stichwort: Vorbereitungskosten. 119  Im Allgemeinen Becker-Eberhard, S. 46. 117  Jäckle,



1. Kap.: Prozessual-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch221

jedoch erst dann, wenn dem Anspruchsinhaber tatsächlich ein Ertrag aus dem Rechtsstreit zugeflossen ist – also erst nach Abschluss des Erkenntnisverfahrens. Zwar schließt dies die Möglichkeit der Erstattungsfähigkeit im prozessualen Kostenfestsetzungsverfahren nicht aus, denn der Kostenfestsetzungsantrag unterliegt keiner Frist.120 Der Antragsteller könnte die Kostenfestsetzung daher insgesamt erst nach erfolgreicher Vollstreckung des Urteils beantragen und die Kosten dann separat vollstrecken. Vorteilhafter wäre es jedoch für ihn, die bereits feststehenden Kosten sofort festsetzen und gemeinsam mit der Hauptforderung aus dem Urteil vollstrecken zu lassen. Bezüglich der Erfolgsbeteiligung käme dann eine Nachliquidation in Betracht.121 Dafür wäre jedoch ein weiteres Verfahren notwendig, sodass die Behandlung der Kosten der Prozessfinanzierung als Vorbereitungskosten nichts zur Prozessökonomie beitragen würde. 3. Ergebnis und Schlussfolgerungen Prozessfinanzierungskosten können nicht als sogenannte Vorbereitungskosten eingeordnet werden und daher auch nicht ausnahmsweise wie „Kosten des Rechtsstreits“ i. S. d. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO behandelt werden. III. „Materielles“ Verständnis des Begriffs der Rechtsverfolgungskosten Es ist bereits darauf hingewiesen worden, dass der Begriff „Kosten des Rechtsstreits“ auch dahingehend ausgelegt werden kann, dass „zu den Prozesskosten alle Kosten rechnen, die durch den Prozessgegenstand verursacht“122 worden sind. In der Literatur ist ein solches Verständnis des Begriffs der „Kosten des Rechtsstreits“ i.  S.  d. §  91 ZPO durchaus anzutreffen,123 sodass eine Auseinandersetzung mit dieser Problematik loh120  Eine

verspätete Antragstellung kann aber einen Rechtsmissbrauch darstellen. gehen auch Kostenfestsetzungsbeschlüsse in Rechtskraft über. Dies gilt aber nur für die einzelnen geforderten Posten, soweit sie aberkannt oder zugesprochen sind. Siehe dazu BVerfG JurBüro 1995, Sp. 583, 584; OLG München NJW-RR 2006, 1006. Bisher nicht geltend gemachte oder übergangene Posten können erstmals oder erneut zur Festsetzung angemeldet werden. Siehe dazu OLG München Rpfleger 1987, 262, 263. Eine Nachforderung ist grundsätzlich und ohne Einschränkungen zulässig. Siehe dazu OLG München NJW-RR 2006, 1006; BLAH, § 103 ZPO Rdn. 40; Herget, in: Zöller, § 104 ZPO Rdn. 21, Stichwort: Nachliquidation; Schulz, in: Müko, § 103 ZPO Rdn. 44. 122  Ostermeier, S. 117. 123  Haller, S. 342; Ostermeier, S. 117 f.; in diesem Sinne auch BLAH, § 91 ZPO Rdn. 270, 276. 121  Zwar

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

nenswert erscheint. Ginge man von einem solchen Begriffsverständnis aus, würden auch die Kosten der Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens zu den Kosten des Rechtsstreits i. S. d. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO gehören. Die nachfolgenden Ausführungen werden jedoch verdeutlichten, dass vor allem das das prozessuale Kostenerstattungsrecht beherrschende Unterliegensprinzip gegen eine Auslegung des Begriffs „Kosten des Rechtsstreits“ in diesem Sinne spricht. Dies würde zu einer allgemeinen Erhöhung der Kosten der Rechtsverfolgung und gerade nicht zu „selektiven Anreizen führen, die die Divergenz von subjektiven und sozialen Anreizen zur Klageführung korrigieren, also die prozessuale Geltendmachung eines Anspruches – je nach den Erfordernissen der ökonomischen Analyse im konkreten Fall – fördern oder unattraktiv machen“.124 1. Reichweite des materiellen Kostenbegriffs und Anwendung auf das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar Mit dem materiellen Prozesskostenbegriff – von diesem ist ausdrücklich bei Ostermeier die Rede125 – ist eine Auslegung des Begriffs „Kosten des Rechtstreits“ gemeint, die den Anwendungsbereich des prozessualen Kostenerstattungsrechts sehr weit ausdehnt. Im Grunde wird davon ausgegangen, dass ein Rechtsstreit bereits vor der gerichtlichen Geltendmachung beginnt. Dieser Begriff sei daher im Sinne von „Rechtsverfolgung“ zu verstehen.126 Zu den Kosten des Rechtsstreits würden dann alle Kosten rechnen, die durch den materiellen Gegenstand des Prozesses verursacht worden sind.127 Mithin würden nach dieser Auffassung alle mit der Rechtsverfolgung verbundenen Aufwendungen vom prozessualen Kostenerstattungsanspruch umfasst sein.128 Begreife man die Prozesskosten in diesem Sinne – so Ostermeier – sei auch die teleologische Extension, wie sie der BGH für die Vorbereitungskosten vornehme, überflüssig. Auch diese würden durch den materiellen Gegenstand des späteren Prozesses verursacht.129 Auch die Kosten der Prozessfinanzierung würden – ginge man von diesem Begriffsverständnis aus – zu den Kosten des Rechtsstreits i. S. d. § 91 124  Lewisch,

S. 112. S. 116, Fn. 12. 126  Ostermeier, S. 116, Fn. 12. 127  Ostermeier, S. 117. 128  Die Frage des Anwendungsbereichs des prozessualen Kostenerstattungsrechts wurde in jüngerer Zeit vor allem anhand der Frage diskutiert, ob und inwieweit vorgerichtliche Anwaltskosten zu den Kosten des Rechtsstreits gehören. Siehe dazu u. a. Steenbruck, S.  423 ff.; Ostermeier, S.  116 ff.; Junglas, S.  2707 ff. 129  Ostermeier, S. 117. 125  Ostermeier,



1. Kap.: Prozessual-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch223

Abs. 1 S. 1 ZPO gehören, denn sie sind durch den materiellen Gegenstand des Prozesses verursacht worden. Prozessgegenstand der prozessfinanzierten Gerichtsprozesse ist fast immer der Streit um das Bestehen eines Anspruches. Im Vorfeld dieses Gerichtsprozesses wird der Beklagte die Erfüllung dieses Anspruches verweigert haben. In derartigen Fällen ist der Anspruchsinhaber gezwungen, seinen Anspruch gerichtlich durchzusetzen. Fehlen ihm die dazu notwendigen finanziellen Mittel, muss er die verschiedenen Möglichkeiten einer Finanzierung des Rechtsstreits erwägen und eine solche in Anspruch nehmen. Der Abschluss eines Prozessfinanzierungsvertrages stellt eine solche Finanzierungsmöglichkeit dar. Bestünde zwischen den Prozessparteien kein Streit über das Bestehen dieses Anspruchs, müsste der Anspruchsinhaber diesen nicht gerichtlich durchsetzen und hätte hierfür auch keinen Prozessfinanzierungsvertrag abschließen müssen. Legt man § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO den materiellen Kostenbegriff zugrunde, wäre die prozessfinanzierungsbedingte Erfolgsbeteiligung also vom Anwendungsbereich des prozessualen Kostenerstattungsrechts erfasst. 2. Materieller Kostenbegriff nicht systemgerecht Wie nachfolgend zu zeigen sein wird, sprechen jedoch gewichtige Gründe gegen eine Auslegung des Begriffs „Kosten des Rechtsstreits“ i. S. d. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO im materiellen Sinne: a) Wörtliche und systematische Auslegung Bereits die wörtliche und systematische Auslegung des § 91 ZPO spricht gegen eine materielle Auslegung des Kostenbegriffs. aa) Regelung der Kostenerstattung in der Zivilprozessordnung Der materielle Kostenbegriff wird damit begründet, dass die Begriffe „Rechtsverfolgung“ bzw. „Rechtsverteidigung“ weiter seien als der der Prozessführung. Darunter sei jede Tätigkeit zu verstehen, die auf die Befriedigung bzw. Abwehr des Anspruchs ziele.130 Diese Überlegungen überzeugen nicht. Die Begriffe „Rechtsverfolgung“ bzw. „Rechtsverteidigung“ werden aus dem Kontext „gerissen“. Der Satzteil, wonach „insbesondere die dem Gegner erwachsenden Kosten zu erstatten sind, soweit sie zur entsprechenden Rechtsverfolgung bzw. Rechtsverteidigung notwendig waren“, bezieht sich 130  Dittmar,

S. 2090.

224

3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

auf den ersten Teil des § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO, wonach die unterliegende Partei „die Kosten des Rechtsstreits“ zu tragen habe. Der Wortlaut der Norm ist daher dahingehend zu verstehen, dass die Rechtsverfolgung bzw. Rechtsverteidigung im Rahmen des „Rechtsstreits“ gemeint ist. Die Verwendung der Begriffe „Rechtsverfolgung“ bzw. „Rechtsverteidigung“ kann daher kein Indiz für die Auslegung des Begriffs „Kosten des Rechtsstreits“ darstellen. Vielmehr ist eine Beschränkung des Kostenerstattungsanspruchs gewollt. Nicht alle Kosten sind dem Antragsteller zu erstatten, sondern nur die, die im Rahmen des Rechtsstreits zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung notwendig waren. Weiter wird argumentiert, dass der Gesetzgeber den fünften Teil des zweiten Abschnitts der allgemeinen Vorschriften der ZPO mit dem Begriff „Prozesskosten“ überschrieben habe. Der Begriff „Prozess“ wiederum meine Rechtsverfolgung und diese beginne schon vor der gerichtlichen Geltendmachung.131 Diese Argumentation ist ebenfalls nicht plausibel. Zunächst überzeugt es nicht, den Begriff „Prozess“ mit „Rechtsverfolgung“ gleichzusetzen. Im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung über rechtlich motivierte Konflikte ist zwischen beiden Begrifflichkeiten strikt zu unterscheiden. Der Begriff Rechtsverfolgung ist dabei als übergeordneter Begriff anzusehen und meint alle Maßnahmen, die zur Verfolgung eines Anspruchs ergriffen werden. Der Gerichtsprozess stellt eine solche Maßnahme zur Rechtsverfolgung dar. Daneben sind noch andere Wege der Rechtsverfolgung vorhanden, z. B. die außergerichtlichen Streitbeilegungsmaßnahmen. Der „Prozess“ bedeutet also nicht „Rechtsverfolgung“, sondern ist nur ein Mittel hierzu. Zudem verwendet der Gesetzgeber im fünften Teil des zweiten Abschnitts verschiedene Begrifflichkeiten, mit denen jedoch immer dasselbe gemeint ist. Teilweise ist von „Kosten des Rechtsstreits“ (§ 91 Abs. 1 ZPO) bzw. von „Kosten“ (z. B. §§ 91 a, 92 Abs. 1 ZPO) und mitunter von „Prozesskosten“ (z. B. §§ 91 Abs. 2, 93, 94 ZPO) die Rede. Es besteht jedoch Einigkeit darüber, dass hiermit in der Sache kein Unterschied gemacht werden soll.132 Der Begriff „Prozesskosten“ ist also mit dem Begriff „Kosten des Rechtsstreits“ gleichzusetzen. Der Begriff „Prozesskosten“ hilft daher bei der Auslegung des Begriffs „Kosten des Rechtsstreits“ nicht weiter. Wenn überhaupt, spricht die Verwendung des Begriffs „Prozesskosten“ in herausgehobener Position der ZPO, nämlich als Überschrift des Abschnitts über das Kostenerstattungsrecht, eher gegen eine materielle Auslegung des Kostenbegriffs. Wenn man Prozess naheliegenderweise als Gerichtsprozess 131  Ostermeier, 132  So

S.  117 f. auch Ostermeier, S. 117.



1. Kap.: Prozessual-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch225

versteht, stellt die Betitelung des Abschnitts mit „Prozesskosten“ ein Argument dafür dar, dass der Gesetzgeber beabsichtigte, nur die Erstattungsfähigkeit der Kosten des Gerichtsprozesses selbst zu regeln. Dies wird auch durch die Tatsache unterstützt, dass § 91 ZPO eine Norm der Zivilprozessordnung ist. In der Zivilprozessordnung ist die Durchführung des Gerichtsprozesses geregelt. Es ist daher auch naheliegend, dass in der Zivilprozessordnung nur Regelungen über die Kosten des Gerichtsverfahrens selbst zu finden sind. Ziel des Zivilprozesses sei es – so Vollkommer – bei Scheitern einer gütlichen Beilegung des Rechtsstreits unter Beteiligung eines Gerichts materiell-rechtlichen Rechte oder Rechtsverhältnisse im Erkenntnis- bzw. Urteilsverfahren festzustellen oder zu gestalten und diese Ansprüche sodann im sich anschließenden Zwangsvollstreckungsverfahren zu verwirklichen.133 Diese Definition verdeutlicht, dass der Rechtsstreit natürlich schon vor der Erhebung der Klage beginnt, und zwar mit dem Zeitpunkt, an dem zwischen den Parteien erstmals Meinungsverschiedenheiten bezüglich eines zwischen ihnen bestehenden rechtlichen Verhältnisses auftreten. Es wird jedoch auch deutlich, dass verschiedene Phasen eines Rechtsstreits zu unterscheiden sind, nämlich die Phase der vorgerichtlichen und die Phase der gerichtlichen Auseinandersetzung. Hinzu kommt noch ein weiterer Abschnitt, nämlich das Zwangsvollstreckungsverfahren. Folgte man dem materiellen Kostenbegriff, wären auch die hiermit verbundenen Kosten von § 91 ZPO umfasst, denn auch die Zwangsvollstreckungskosten sind vom Streitgegenstand verursacht. Der Regelung des § 788 ZPO hätte es dann nicht bedurft. Wie bereits ausgeführt134, unterscheidet das Gesetz jedoch zwischen der Erstattungsfähigkeit der Kosten der Zwangsvollstreckung und denen des Erkenntnisverfahrens. Dies ist umso mehr ein Argument dafür, dass von § 91 Abs. 1 ZPO nicht alle mit dem Streitgegenstand verbundenen Kosten erfasst sind. bb) Kosten des Güteverfahrens als Prozesskosten Für den materiellen Kostenbegriff wird § 91 Abs. 3 ZPO ins Feld geführt.135 § 91 Abs. 3 ZPO bestimmt ausdrücklich, dass die Kosten der Gütestelle i. S. d. § 91 Abs. 3 ZPO zu den Kosten des Rechtsstreits i. S. v. § 91 Abs. 1 und 2 ZPO gehören.136 Gemäß § 15 a Abs. 1 EGZPO kann durch 133  Vollkommer,

in: Zöller, Einleitung, Rdn. 39. 1. Kapitel, B.I.2. 135  Ostermeier, S. 119. 136  Umstritten ist, ob § 91 Abs. 3 ZPO nur die Kosten der Gütestelle erfasst oder ob auch eine Erstattung der übrigen im Güteverfahren entstehenden Aufwendungen verlangt werden kann. Siehe zu diesem Meinungsstreit Pfab, S. 412. 134  3. Teil,

226

3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

Landesgesetz bestimmt werden, dass bei bestimmten Streitigkeiten137 die Erhebung der Klage erst zulässig ist, wenn von einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle versucht worden ist, die Streitigkeit einvernehmlich beizulegen. Das Güteverfahren ist also ein vorgerichtliches Verfahren. Eine Erstattungsfähigkeit der entstehenden Kosten wäre nur bei einer materiellen Betrachtungsweise des § 91 Abs. 1 ZPO möglich. Bei einer formalen Deutung des § 91 Abs. 1 ZPO hingegen würde eine Erstattungsfähigkeit von Kosten vorgerichtlicher Verfahren eigentlich ausscheiden. Es stellt sich die Frage, ob § 91 Abs. 3 ZPO einen konstitutiven oder einen deklaratorischen Charakter aufweist. Ein konstitutives Verständnis dieser Vorschrift würde dafür sprechen, dass der Gesetzgeber von einer formellen Auslegung der „Kosten des Rechtsstreits“ gem. § 91 Abs. 1 ZPO ausgeht. Bei einem materiellen Begriffsverständnis wären die Kosten der Gütestelle jedoch auch ohne eine ausdrückliche gesetzliche Anordnung als Kosten des Prozessgegenstandes erstattungsfähig. Der Gesetzgeber hätte § 91 Abs. 3 ZPO nicht schaffen müssen. Gegen ein Verständnis des § 91 Abs. 3 ZPO als konstitutive Ausnahmevorschrift wird der Wortlaut der Vorschrift eingewandt. Der Gesetzgeber habe nicht angeordnet, dass die Kosten des Güteverfahrens wie Kosten des Rechtsstreits zu behandeln sind, sondern zu den Kosten des Rechtsstreits gehören. Dies spreche für den deklaratorischen Charakter des § 91 Abs. 3 ZPO.138 Diese Argumentation überzeugt nicht. Würde der Gesetzgeber von einem materiellen Verständnis des § 91 Abs. 1 ZPO ausgehen, hätte es – wie bereits ausgeführt – des § 91 Abs. 3 ZPO nicht bedurft. Für den Charakter des § 91 Abs. 3 ZPO als eine konstitutive Ausnahmevorschrift spricht auch, dass der Gesetzgeber nur die Kosten der amtlichen bzw. amtlich anerkannten Gütestellen berücksichtigt hat.139 Andere außergerichtliche Streitbeilegungsverfahren sind nicht berücksichtigt. Dies verdeutlich, dass die dem Gerichtsprozess vorgeschalteten Verfahren nicht zum Rechtsstreit i.  S.  d. § 91 Abs. 1 ZPO gehören. § 91 Abs. 3 ZPO kommt also ein konstitutiver Charakter zu. Nur aufgrund dieser gesetzlichen Anordnung sind die Kosten eines betreffenden Güteverfahrens erstattungsfähig. Dies wiederum zeigt deutlich, dass der Gesetzgeber nicht von einem materiellen Verständnis des Begriffs „Kosten des Rechtsstreits“ ausgeht. 137  Diese Streitigkeiten sind in einem abschließenden Katalog in § 15a EGZPO aufgeführt. 138  Ostermeier, S. 119. 139  Pfab, S. 412; Weglage/Pawliczek, S.  3101 f.



1. Kap.: Prozessual-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch227

cc) Kostenreglung des § 93 ZPO Für ein materielles Verständnis des § 91 Abs. 1 ZPO wird § 93 ZPO ins Feld geführt.140 Danach hat der Kläger die Kosten des Rechtsstreits dann zu tragen, wenn der Beklagte durch sein Verhalten keinen Anlass für die Erhebung der Klage gegeben hat. Die Vorschrift zeige, dass der Gesetzgeber von den Parteien erwartet, Handlungen zu ergreifen, die einen Prozess überflüssig machen. Dem komme eine Partei nach, wenn sie versuche, den Rechtsstreit außergerichtlich beizulegen. Es wäre widersprüchlich, wenn ein solches Verhalten im Rahmen von § 91 Abs. 1 ZPO für sie nachteilhaft und eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten im Rahmen des prozessualen Kostenerstattungsverfahrens ausscheiden würde.141 Solche außergerichtlichen Kosten müssten daher zu den Kosten des Rechtsstreits gemäß § 91 Abs. 1 ZPO gehören. Demnach begreife der Gesetzgeber außergerichtliche Kosten bezüglich des Streitgegenstandes als regelmäßig.142 Richtig an dieser Argumentation ist, dass der Gesetzgeber mit der Vorschrift des § 93 ZPO die außergerichtliche Streitbeilegung fördern möchte. Die Norm soll dazu beitragen, unnötige Prozesse zu vermeiden. Sie dient somit der Prozesswirtschaftlichkeit.143 Der Kläger soll die Kosten des Verfahrens dann tragen, wenn er ohne vorherige außergerichtliche Versuche der Streitbeilegung Klage erhoben hat und der Beklagte durch sein Verhalten – dem sofortigen Anerkenntnis des Anspruchs – zeigt, dass er von vornherein zur Erfüllung bereit gewesen wäre. Das vom Kläger eingeleitete Gerichtsverfahren war dann nicht notwendig und es ist gerecht, dem Kläger die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Letztlich dient die Vorschrift auch dem Schutz des Beklagten vor übereilten Klagen.144 Demgemäß ist § 93 ZPO als Ausnahmevorschrift zu § 91 Abs. 1 ZPO zu verstehen, und zwar als Abweichung vom Unterliegensprinzip145 aus Billigkeitsgründen.146 Die Frage, welche Kosten denn nun erstattungsfähig sind, ist hiervon hingegen streng zu unterscheiden. Somit lassen sich aus § 93 ZPO keine Rückschlüsse auf die Reichweite des § 91 ZPO ziehen. Die Regelung des § 93 ZPO spricht systematisch daher nicht für einen materiellen Kostenbegriff. 140  Ostermeier,

S. 119; Dittmar, S.  2089 f. S. 119. 142  Ostermeier, S. 119. 143  BPatG, GRUR 89, 588; BLAH, § 93 ZPO Rdn. 4. 144  BGH NJW 2006, 2490, 2491. 145  BGH NJW 1994, 2895, 2896; LG München KTS 1986, 508. 146  BGH NJW 2006, 2490, 2491. 141  Ostermeier,

228

3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

dd) § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO ist kein Anspruch auf „Schadloshaltung“ Ein weiteres Argument gegen den materiellen Kostenbegriff ergibt sich aus einer wertenden Abgrenzung, die sich durch einen Umkehrschluss aus der Aufzählung in § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO147 bzw. den in den Abs. 2 bis 4 getroffenen Ausführungen über einzelne Kostenpositionen gerechtfertigt sieht. Diese Aufzählungen sind nicht als abschließende Auflistung erstattungsfähiger Kostenpositionen zu verstehen. Vielmehr verdeutlichen die verschiedenen Absätze die das Kostenerstattungsrecht beherrschenden Grundsätze der Prozesswirtschaftlichkeit und Kostengerechtigkeit. Wie Hart­ mann ausführt, erkenne man in den Absätzen 1 bis 3 „das Bestreben, eine Partei nur entsprechend ihrem Anteil am Sieg und Verlust des Prozesses kostenmäßig zu beteiligen. Andererseits wird der Zwang deutlich, Kosten stets im Rahmen des Notwendigen zu halten, wenn man sie erstattet fordern will.“148 § 91 Abs. 2 ZPO stelle einen Versuch des Gesetzgebers dar, dies für Anwaltskosten beispielhaft durchzuführen. Diese Aufzählung sei mithin als Ausdruck des gesetzgeberischen Willens, nicht alle Aufwendungen einer Prozesspartei der Erstattungsfähigkeit zu unterwerfen, zu sehen.149 § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO ist kein allgemeiner Anspruch auf „Schadloshaltung“.150 Vielmehr kann der Kostengläubiger nur für bestimmte – dem Schutzzweck des § 91 ZPO entsprechende – Aufwendungen einen Ausgleich im prozessualen Kostenerstattungsverfahren verlangen. Der Anwendungsbereich des Kostenerstattungsanspruchs ist daher eng auszulegen. Durch eine Auslegung des Kostenbegriffs im materiellen Sinne würde der prozessuale Kostenerstattungsanspruch hingegen seinen Charakter verändern und gerade zu einem Anspruch auf „Schadloshaltung“ werden. ee) § 3 a I RVG Gegen den materiellen Kostenbegriff spricht auch die Regelung des § 3 a I RVG. Gemäß § 3 a Abs. 1 RVG muss eine zwischen einem Rechtsanwalt und Mandant getroffene Vergütungsvereinbarung einen Hinweis darauf erhalten, „dass die gegnerische Partei, ein Verfahrensbeteiligter oder die 147  BGHZ

75, 230, 231 f., BGHZ 66, 112, 114 ff. in: BLAH, § 91 ZPO Rdn. 3. 149  BGHZ 66, 112, 114. Diskutiert wurde dieses Problem vor allem anhand der Frage, ob der eigene Zeitaufwand für die Rechtsverfolgung erstattungsfähig ist. Es besteht Einigkeit darüber, dass der Ersatzberechtigte für den eigenen Zeitaufwand bei Rechtsverfolgung keinen Ersatz verlangen kann, soweit der übliche Rahmen nicht überschritten wird. Siehe dazu BGHZ 75, 230, 231 f. 150  BGHZ 66, 112, 114; BGHZ 75, 230, 231 f. 148  Hartmann,



1. Kap.: Prozessual-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch229

Staatskasse im Falle der Kostenerstattung regelmäßig nicht mehr als die gesetzliche Vergütung erstatten muss“. Dies gilt auch für die nunmehr gem. § 49 b Abs. 2 BRAO in Verbindung mit § 4 a RVG zulässige Vereinbarung anwaltlicher Erfolgshonorare. Zwar hat diese Norm keine Auswirkungen auf die hier zu klärende Problematik der Erstattungsfähigkeit des prozessfinanzierungsbedingtes Erfolgshonorars, denn § 3 a I RVG gilt nur für die Gebühren eines Rechtsanwalts und nicht für die Kosten der Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens. Jedoch spricht diese Regelung dafür, dass der Gesetzgeber grundsätzlich von einem engen – also formellen – Verständnis des Kostenbegriffs in § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO ausgeht. b) Historische Auslegung Auch eine historische Auslegung des § 91 ZPO unterstreicht die Ablehnung des materiellen Kostenbegriffes. Die Regelungsabsicht des Gesetzgebers ist für die Auslegung von Gesetzen bzw. für die Rechtsfortbildung maßgebend.151 Die Regelungsabsicht des Gesetzgebers der Zivilprozessordnung ist daher bei der Auslegung der Begriffsgruppe „Kosten des Rechtsstreits“ zu berücksichtigen. Die 1871 getroffenen Regelungen zum Kostenerstattungsrecht – die Zivilprozessordnung ist am 30. Januar 1877 in Kraft getreten – gelten im Wesentlichen noch bis heute. Insbesondere der Wortlaut des heutigen § 91 ZPO entspricht zumindest in seinen ersten beiden Absätzen dem des damaligen § 85 CPO. Die Begründung des Entwurfes der Zivilprozessordnung von 1871 spricht dafür, dass der historische Gesetzgeber nicht von einem materiellen Verständnis der Begriffsgruppe „Kosten des Rechtsstreits“ ausgegangen ist. In der Begründung des Entwurfes der Zivilprozessordnung heißt es zunächst152: „In Anwendung des allgemeinen Prinzips bestimmt der § 85 …, dass die unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat …“

In einem späteren Absatz heißt es dann153: „Gegenstand der Erstattungspflicht sind die durch den Prozess entstandenen Kosten der Partei …“

Der historische Gesetzgeber konkretisiert also die Begriffsgruppe „Kosten des Rechtsstreits“ durch die Begriffsgruppe „durch den Prozess entstandene Kosten“. Dies kann dahingehend verstanden werden, dass aus seiner Sicht der Begriff „Rechtsstreit“ mit dem Begriff „Prozess“ gleichzusetzen ist. Ein formales Begriffsverständnis des historischen Gesetzge151  Larenz/Canaris, 152  Hahn,

S. 197. 153  Hahn, S. 197.

S. 149.

230

3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

bers wird durch die weiteren Ausführungen in der Gesetzesbegründung unterstützt. Der Gesetzgeber ging davon aus, dass Forderungen, „deren Fundament nicht allein durch die Tatsache des Obsiegens im Rechtsstreit, sondern noch durch weitere Umstände begründet werden“, in einem besonderen Prozess zu verfolgen sind.154 Hierunter wurden vorwiegend Schadensersatzansprüche verstanden.155 Der Anwendungsbereich des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs sollte also offenbar eng verstanden werden und nur die unmittelbar mit der Durchführung des Prozesses verbundenen Kosten betreffen. c) Sinn und Zweck des prozessualen Kostenerstattungsverfahrens Die Zivilprozessordnung ist zweckmäßig, praktikabel und prozessökonomisch auszulegen.156 aa) Herstellung von Kostengerechtigkeit (1) Veranlassungs- bzw. Verursachungshaftung Die ganz überwiegende Auffassung im Schrifttum157 und in der Rechtsprechung158 sehen den Rechtsgedanken und inneren Haftungsgrund der Kostentragungspflicht in der Veranlassung bzw. Verursachung einer erfolglosen Prozessführung.159 Begründet wird dies damit, dass das Veranlassungsprinzip ausdrücklich in der ZPO genannt wird, nämlich als Grundlage der §§ 93, 94, 95 und 344 ZPO. Aus dieser ausdrücklichen Erwähnung des Veranlassungsprinzips wird geschlussfolgert, dass das Veranlassungsprinzip auch Grundlage aller anderen zivilprozessualen Kostenvorschriften ist – somit auch des § 91 ZPO.160 154  Hahn,

S. 197. S. 197. 156  Brehm, in: Stein/Jonas, vor § 1 ZPO Rdn.  112. 157  Siehe u. a.: Schulz, in: Müko/ZPO, Vorbemerkung zu den §§ 91 ff. ZPO Rdn. 26; Lackmann, in: Musielak, § 91, Rdn. 1; Becker-Eberhard, S. 27 ff., Schreiber, Alexander, S. 31, Teubel, Gliederungspunkt C. 158  Siehe u. a. BGHZ 60, 337, 343; 121, 397, 400; BGH NJW 2006, 2490, 2491; VersR 1992, 1281, 1285. 159  Daneben wurden insbesondere im älteren Schrifttum noch andere Haftungsmodelle vertreten, z. B. das Modell der Unrechtshaftung oder die Verschuldenshaftung, die die Kostentragungspflicht als Strafe für schuldhaftes Prozessieren angesehen hat. Siehe dazu den Überblick bei Fleddermann, S.  75 ff.; Becker-Eberhard, S.  11 ff.; Siebert, 73 ff. 160  Becker-Eberhard, S. 26. 155  Hahn,



1. Kap.: Prozessual-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch231

Die Idee der Veranlassungshaftung geht davon aus, „dass der, der den Prozess und damit dessen Kosten dadurch verursacht hat, dass er sich zu Unrecht eines Rechts berühmt, das Recht eines anderen verletzt hat oder seine Verpflichtungen nicht erfüllt“,161 die Kosten tragen soll. Der unterlegene Kläger hätte den Rechtsstreit daher gar nicht erst beginnen dürfen. Der unterlegene Beklagte hätte durch eine rechtzeitige Befriedigung des Klägers den Prozess vermeiden müssen.162 Im Unterliegen einer Partei komme damit zum Ausdruck, dass sie der eigentliche Veranlasser des Rechtsstreits sei.163 Für den Prozesssieger dagegen stelle der Rechtsstreit „eine letztlich allein durch das Verhalten des Verlierers veranlasste, unausweichliche Belästigung dar. Ihm nämlich wurde der Prozess im Grunde aufgezwungen.“164 Gehaftet wird damit für „die Veranlassung in der eigenen Sache nicht dienlicher und deshalb insoweit unnötiger Kosten“,165 denn die unterlegene Partei habe durch ihr Verhalten einen Prozess herbeigeführt, der angesichts seines Ausgangs „zur Durchsetzung oder Verteidigung ihrer im Prozess vertretenen Rechtspositionen objektiv nichts Förderliches“166 habe beitragen können.167 Mit diesem Rechtsgedanken ließe sich auch die Erstreckung des § 91 Abs. 1 ZPO auf alle durch den Streitgegenstand verursachten Kosten – und mithin der materielle Kostenbegriff – begründen. Die später im Prozess unterlegene Partei hat durch ihr Verhalten nicht nur die Kosten des Prozesses selbst verursacht. Bereits vor der Einleitung des Gerichtsprozesses war die siegreiche Partei aufgrund des Verhaltens der unterliegenden Partei gezwungen, bestimmte Maßnahmen zur Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung einzuleiten. Auch die hiermit verbundenen Kosten sind im Endeffekt durch die unterlegene Partei veranlasst worden. Auch diese haben sich insoweit als unnötig herausgestellt. Zunächst scheint es also nur gerecht zu sein, dass die unterliegende Partei alle Kosten trägt. (2) Unmöglichkeit der Prognostizierbarkeit der gerichtlichen Entscheidung Die Verpflichtung des § 91 ZPO beruht auf der eher idealistischen Annahme, die Rechtslage sei stets eindeutig und der sich gesetzestreu verhaltende Bürger könne vor Gericht niemals verlieren.168 Wäre dies so, müsste derje161  Bork,

in: Stein/Jonas, vor § 91 ZPO Rdn. 6. S. 26. 163  Fleddermann, S. 100. 164  Becker-Eberhard, S. 25. 165  Becker-Eberhard, S. 27. 166  Becker-Eberhard, S. 25. 167  Becker-Eberhard, S. 25. 168  Rehbinder, S. 405; Pawlowski, S. 198. 162  Becker-Eberhard,

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

nige, der sich gesetzestreu verhält seine Prozesse stets gewinnen und bräuchte niemals die Prozesskosten tragen.169 In der Rechtspraxis ist dies jedoch oft anders. Viele Streitigkeiten sind im Ergebnis gerade nicht prognostizierbar. Selbst der Fachmann kann keine eindeutige Prognose über den Ausgang eines Verfahrens tätigen. Ein Grund hierfür ist die gegenwärtige „artifizielle Ausgestaltung des Rechts“.170 Viele Rechtsgebiete bzw. -probleme sind neu. Ein Beispiel hierfür sind die mit Rechtsgeschäften im Internet verbundenen Gemengelagen. Gesetze sind zudem oft vieldeutig. In solchen Fällen ist sowohl die abstrakte Auslegung der Rechtsnorm als auch eine Subsumtion bestimmter Sachverhalte offen.171 Jederzeit abrufbare und damit auch im Voraus „kalkulierbare Konditionalprogramme der Entscheidungs­ findung“172 sind kaum vorhanden.173 Ein anderer Grund für die fehlende Prognostizierbarkeit stellt das Gerichtsverfahren selbst dar.174 Aufgrund von Problemen – etwa bei der Beweislage – ist auch dessen Verlauf ungewiss. Besonders deutlich wird dieses Problem bei unterschiedlichen Urteilstenören in den einzelnen Instanzen. Wenn verschiedene Gerichte unterschiedlich über denselben Sachverhalt entscheiden, war die Rechtslage nicht eindeutig. Dass dies in der Praxis nicht selten vorkommt, belegt eine von Müller175 durchgeführte Analyse von fünf ausgewählten Entscheidungsbänden des BGH. Nur in 33 % der Entscheidungen stimmten die drei Instanzen inhaltlich überein. In 19 % der Entscheidungen ist jede Instanz zu einem anderen rechtlichen Ergebnis gekommen. Wenn aber selbst mehrere Gerichte in demselben Rechtsstreit zu unterschiedlichen Beurteilungen kommen, erscheint es nicht gerechtfertigt, der in der letzten Instanz unterlegenen Parteien die Kosten des gesamten Rechtsstreits aufzubürden. Streng genommen haben in derartigen Fällen nicht nur beide Parteien ein Interesse am Ausgang des Rechtsstreits, sondern die gesamte Rechtsgemeinschaft.176 Wenn die Gerichte in mehreren Instanzen widersprechende Urteile fällen, können die Prozessparteien hierfür nicht als verantwortlich angesehen werden. War die Rechtslage nicht eindeutig, ist das Unterliegen im Prozess daher nicht durch ein Verschulden des Unterlegenen verursacht anzusehen.177 169  Pawlowski, 170  Müller,

S. 198. Prozesskostenrisiko, S. 2; so auch Redeker, S. 1159; Pawlowski,

S. 198. 171  Bork, in: Stein/Jonas, vor § 91 ZPO Rdn. 5; Ehrig, S.  251 f.; Redeker, S. 1159. 172  Bokelmann, S. 169. 173  Bokelmann, S. 169. 174  Ehrig, S. 252. 175  Müller, Prozesskostenrisiko, S. 3. 176  Bokelmann, S. 169; Ehrig, S. 252; Rehbinder, S. 405. 177  Seetzen, Prozesskosten, S. 36 f.



1. Kap.: Prozessual-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch233

(3) Rigorismus des Unterliegensprinzips Wie gezeigt wurde, ist die Lösung der entscheidungsrelevanten Rechtsfragen nicht selten so zweifelhaft, „dass sich auch bei einer gewissenhaften Prüfung die Erfolgsaussichten des Prozesses nicht sachgerecht prognosti­ zieren“178 lassen. Die Verknüpfung der Kostentragungspflicht mit dem Ausgang des Prozesses wurde daher immer wieder kritisiert. Diese entspreche nicht mehr unserem heutigen Rechtsverständnis, sondern sei ein Produkt des Individualismus und Positivismus des 19. Jahrhunderts.179 Es bleibe bei § 91 ZPO außer Betracht, dass wegen der Ungewissheit des Prozessausgangs wichtige Gesichtspunkte gegen eine Belastung des Unterliegenden mit den Kosten des Rechtsstreits sprechen könnten.180 Die Belastung der unterlegenen Partei mit den Verfahrenskosten aus der Überlegung, dass die Partei das gerichtliche Verfahren zu Unrecht in Anspruch genommen hat, ist aus diesem Blickwinkel betrachtet nicht gerechtfertigt. Nicht die unterlegene Partei hat dann den Rechtsstreit veranlasst. Vielmehr ist dieser durch die nicht eindeutige Rechtslage entstanden. Man kann den Unterliegenden dann nicht darauf verweisen, dass er den Prozess hätte vermeiden können.181 Geht es um die Klärung einer schwierigen Rechtsfrage kann auch nicht argumentiert werden, dass der Unterlegene die andere Partei in einen nicht erforderlichen Prozess verwickelt habe. Ganz im Gegenteil diente der Prozess dann zumindest der Rechtsfortbildung. Es wird daher als ungerecht angesehen, nachträglich den Unterliegenden dafür zu bestrafen, „dass er von seinem Recht auf Inanspruchnahme der Gerichte Gebrauch gemacht hat und ihm offenbar die hellseherische Begabung, das Ergebnis vorauszusehen, fehlte“.182 Es wird demnach als willkürlich angesehen, einer Partei nur unter dem Aspekt ihrer Erfolglosigkeit die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.183 Das Unterliegensprinzip mit der Folge einer verschuldensunabhängigen Haftung ohne Rücksicht auf den genauen Prozessverlauf sei zu starr und führe zu unbilligen Ergebnissen. Vielmehr rücke dieses „Alles-oder-(weniger als-)nichts-Prinzip“184 die Prozessführung in den „Bereich eines risikoreichen Glücksspiels“.185 178  Müller, Prozesskostenrisiko, S. 6; so auch Ehrig, S. 252; Grunsky, Rechtsverwirklichung, S. A 9. 179  Ehrig, S. 251. 180  Ehrig, S. 251. 181  Pawlowski, S. 198. 182  Bokelmann, S. 169. 183  Becker-Eberhard, S. 25; Fleddermann, S. 76. 184  Bokelmann, S. 164. 185  Bokelmann, S. 164.

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

(4) R  igorismus des Unterliegensprinzip als Argument gegen einen materiellen Kostenbegriff Es ist hier nicht der Ort, darüber zu diskutieren, ob das in § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO normierte Unterliegensprinzip noch zeitgemäß ist bzw. in welcher Art und Weise eine Neuregelung vorgenommen werden müsste. Die Ausführungen sollten lediglich verdeutlichen, dass die dem Unterliegensprinzip zugrunde liegende Idee der Veranlassungshaftung mit Vorsicht behandelt werden sollte. Nicht immer hat die unterliegende Partei sich von vornherein mutwillig zu Unrecht eines Rechts berühmt, das Recht eines anderen verletzt oder seine Verpflichtungen nicht erfüllt. Neuere Kostenbestimmungen sehen daher immer häufiger vor, dass die Kosten „nach Billigkeit“ verteilt (so z. B. § 62 PatG) oder gegeneinander aufgehoben (so die §§ 93 a, 93 c ZPO) werden sollen, oder dass die Kosten dem obsiegenden Kläger aufzuerlegen sind. Künftig ist zu diskutieren, ob nicht das gesamte Kostenrecht nach diesen Prinzipien geregelt werden müsste.186 Durch die verschuldensunabhängige Unterliegenshaftung des § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO ist es nicht möglich, bei der Verteilung der angefallenen Kosten auf die Besonderheiten des Ablaufs des Rechtsstreits Rücksicht zu nehmen. Die unterlegene Partei muss die Kosten des Rechtsstreits unabhängig vom Grund des Unterliegens tragen. Die Verpflichtung zur Tragung der Prozesskosten ist daher zum Teil gemessen am Verfahrensverlauf unbillig. Eine gewisse Ungerechtigkeit wurde vom Gesetzgeber zwar bewusst in Kauf genommen, „weil das einfache Prinzip der Kostenpflichtigkeit des Unterliegenden die Entscheidung vereinfacht und damit kostensparend ist“.187 Jedoch sollte man darauf bedacht sein, diese Ungerechtigkeit durch die Art und Weise der Auslegung des § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO nicht noch zu vertiefen. Von der Möglichkeit der Festsetzungsfähigkeit von Aufwendungen sollte daher nur in dem engsten mit dem Wortlaut des § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO zu vereinbarenden Rahmen Gebrauch gemacht werden. Eine materielle Auslegung des Kostenbegriffs ginge darüber hinaus. Nur die unmittelbaren Kosten der Durchführung und Einleitung des Prozesses sollten – sofern sie notwendig waren – erstattungsfähig sein. Möchte eine Prozesspartei weitere Aufwendungen geltend machen, müsste sie den „normalen“ Klageweg beschreiten. Voraussetzung wäre die Erfüllung der Voraussetzungen einer materiell-rechtlichen Anspruchsgrundlage. Da das Bestehen eines Anspruchs fast immer ein Verschulden voraussetzt, können Besonderheiten des Einzelfalles besser berücksichtigt und gerechtere Entscheidungen ermöglicht werden. 186  Pawlowski, 187  Pawlowski,

S. 198; Seetzen, Prozesskosten, S. 37. S. 198.



1. Kap.: Prozessual-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch235

(5) Schlussfolgerung Dem starren Unterliegensprinzip des Kostenerstattungsrechts ist die Gefahr ungerechter Entscheidungen immanent. Um Kostengerechtigkeit zu erreichen, muss der Anwendungsbereich des prozessualen Kostenerstattungsrechts eng gefasst werden. Eine Auslegung des § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO im materiellen Sinne stünde dem entgegen. bb) Praktikabilität des Kostenerstattungsverfahrens Auch die Art und Weise der Durchführung des Kostenfestsetzungsverfahrens spricht gegen eine Ausweitung des Anwendungsbereiches des Kostenerstattungsanspruchs. Das gesamte Kostenfestsetzungsverfahren ist – wie bereits ausgeführt – auf Vereinfachung bedacht. Es ist darauf angelegt, zügig und unkompliziert die Erstattungsfähigkeit der Aufwendungen der erstattungsberechtigten Partei für den Gerichtsprozess zu prüfen und dieser einen Vollstreckungstitel bezüglich der Verfahrenskosten zu verschaffen. Ungeeignet ist das Kostenfestsetzungsverfahren hingegen zur Klärung komplizierter rechtlicher und tatsächlicher Fragen. Dies zeigt sich bereits an der Zuständigkeit des Rechtspflegers für die Entscheidung über den Kostenfestsetzungsantrag (§ 104 Abs. 1, ZPO, § 21 I Nr. 1 RPflG). Im Gegensatz zu einem Richter ist ein Rechtspfleger nicht dafür ausgebildet, rechtlich bzw. tatsächlich schwierige Fragen zu klären. Dem Rechtspfleger kann daher nicht zugemutet werden, über schwierige materiell-rechtliche Voraussetzungen eines Erstattungsanspruches zu entscheiden.188 Ein weiterer Hinweis auf das Ziel des Gesetzgebers, im Kostenfestsetzungsverfahren zügig und unkompliziert die Erstattungsfähigkeit der Aufwendungen der erstattungsberechtigten Partei zu prüfen, ergibt sich aus der Tatsache, dass materiell-rechtliche Einwendungen oder Einreden des Gegners gegen den Erstattungsanspruch im Kostenfestsetzungsverfahren nicht berücksichtigt werden.189 Diese können erst bei der Zwangsvollstreckung des Beschlusses geltend gemacht werden, etwa durch eine Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO.190

188  Ostermeier,

S. 119; Weglage/Pawliczek, S. 3102. gilt auch für Gegenansprüche mit Wirkung einer Zug-um-Zug-Leistung oder eines Zurückbehaltungsrechts; siehe dazu Bork, in: Stein/Jonas, § 104 ZPO Rdn. 14. 190  Aus praktischen Gründen können jedoch offensichtliche oder unstreitige Einwendungen berücksichtigt werden, siehe dazu Schulz, in: Müko/ZPO, § 104 ZPO Rdn. 35. 189  Dies

236

3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

Diese Regelungen veranschaulichen, dass das Kostenfestsetzungsverfahren dafür bestimmt ist, eine „glatte Festsetzung der Kosten ohne langwierige Ermittlungen und ohne besondere Nachprüfungsmaßnahmen zu gewähr­ leisten“.191 Das Verfahren soll möglichst einfach und übersichtlich bleiben,192 damit der Kostenerstattungsanspruch schnell durchgesetzt werden kann.193 Ginge man von einer Festsetzungsfähigkeit aller durch den Prozessgegenstand verursachten Kosten aus, wäre eine schnelle und unkomplizierte Verwirklichung des Ersatzanspruches oftmals nicht möglich. Veranschaulichen lässt sich dies beispielsweise, wenn man überlegt, welche Voraussetzungen der Rechtspfleger bei der Prüfung der Notwendigkeit des Abschlusses eines Prozessfinanzierungsvertrages prüfen müsste. Es wären langwierige Ermittlungen notwendig. Der Rechtspfleger wäre gezwungen, die gesamten Vermögensverhältnisse zu erforschen, insbesondere die Frage, ob die Partei keine weiteren Geldmittel besaß, die zur Bezahlung der Kosten verwandt werden könnten.194 Weiterhin müsste der Rechtspfleger sich einen Überblick über den Prozessfinanzierungsmarkt verschaffen. Eine solche Prüfung ginge über die Möglichkeiten des Rechtspflegers hinaus und vertrüge sich gerade nicht mit den das Kostenfestsetzungsverfahren kennzeichnenden Geboten der Einfachheit und der Praktikabilität.195 Die Entscheidung über die Erstattungsfähigkeit solcher Aufwendungen sollte daher dem Richter vorbehalten bleiben196 und nicht im prozessualen Kostenfestsetzungsverfahren getroffen werden. cc) Prozesswirtschaftlichkeit Die Erstreckung des § 91 Abs. 1 ZPO auf alle mit dem Rechtsstreit im Zusammenhang stehenden Aufwendungen könnte aus Gründen der Prozesswirtschaftlichkeit angezeigt sein. Die Bedeutung des Grundsatzes der Prozesswirtschaftlichkeit – als Synonyme werden auch die „Prozess- bzw. Verfahrensökonomie“ verwandt197 – ist bis heute nicht eindeutig geklärt. Gleichwohl stellt die Prozessökonomie oft ein wichtiges Argument der Gerichte bei der Lösung prozessualer Prob191  Für die Frage der Erstattungsfähigkeit von Kosten für die Kreditaufnahme OLG Nürnberg RPfleger 1972, 179, 180. 192  BLAH, Einf §§ 103–107 ZPO Rdn. 6. 193  Bork, in: Stein/Jonas, vor § 91 ZPO Rdn.  6. 194  OLG Hamm MDR 1972, S. 960; OLG Koblenz NJW-RR 2006, 502, 503 – jeweils für die Frage der Erstattungsfähigkeit von Kosten für die Kreditaufnahme. 195  OLG Koblenz NJW-RR 2006, 502, 503. 196  Ostermeier, S. 119. 197  Schumann, Prozessökonomie, S. 272 f.



1. Kap.: Prozessual-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch237

leme dar.198 Bei der Definition dieses Begriffes kann auf die Begriffsklärung von Schöpflin zurückgegriffen werden. Dieser führt dazu aus199: „Ökonomie bedeutet Wirtschaftlichkeit im Sinne des ökonomischen Prinzips. Dieses besagt, dass ein gegebener Zweck mit geringstmöglichem Aufwand erreicht werden soll. Der Aufwand des Zivilverfahrens muss also auf ein Ziel bezogen werden. Entscheidend ist damit der Aufwand zum Erreichen des Prozesszieles.“

Umstritten ist, ob die Prozessökonomie zu den Prozessmaximen gehört.200 Einigkeit besteht jedoch insoweit, dass verfahrensökonomische Überlegungen bei der teleologischen Auslegung verfahrensrechtlicher Normen berücksichtigt werden müssten.201 Prozessökonomisch ist mithin eine Auslegung des § 91 Abs. 1 ZPO, durch die die „Zielrichtungen des Prozesses mit einem Minimum an Aufwand maximal verwirklicht werden“.202 Ziel der Prozessökonomie ist es daher, überflüssige Prozesse und Prozessdopplungen zu vermeiden.203 Der gesamte Konflikt soll möglichst in einem Prozess erledigt werden. Eine Auslegung des § 91 Abs. 1 ZPO im materiellen Sinn hätte den Vorteil, dass im Kostenfestsetzungsverfahren über alle mit dem Rechtsstreit verbundenen Kosten entschieden werden könnte. Sämtliche mit dem Streitgegenstand in Zusammenhang stehenden Aufwendungen könnten in das Kostenfestsetzungsverfahren einbezogen und eine zusätzliche gerichtliche Auseinandersetzung über die Kosten des Rechtsstreits vermieden werden. Der zwischen den Prozessparteien bestehende Konflikt würde sofort vollständig beseitigt und der Rechtsfrieden wieder hergestellt werden. Zwar bedeutete eine solche Vorgehensweise einen Mehraufwand für den Rechtspfleger, der im Vergleich zu einer formalen Auslegung über die Erstattungsfähigkeit von mehr Kostenpositionen entscheiden müsste. Ein solcher Mehraufwand im laufenden Verfahren müsste jedoch in Kauf genommen werden, wenn dadurch ein weiterer Prozess vermieden werden könnte.204 Prozessökonomisch betrachtet, scheint also ausschließlich eine materielle Auslegung des § 91 Abs. 1 ZPO in Betracht zu kommen. Im Unterschied zu einem „wirtschaftlichen Rationalisierungsvorhaben“205 – so Mettenheim – seien allerdings der Rationalisierung des Prozesses und damit der Prozess198  Schöpflin,

S. 485. S. 485. 200  Dafür: Schöpflin, S. 489. 201  Brehm, in: Stein/Jonas, vor § 1 ZPO Rdn.  111 ff.; Schumann, Prozessökonomie, S. 285. 202  Schumann, Prozessökonomie, S. 277 f. 203  RGZ 142, 223, 229; Schumann, Prozessökonomie, S. 277 f. 204  Schumann, Prozessökonomie, S. 279; von Mettenheim, S. 17. 205  von Mettenheim, S. 17. 199  Schöpflin,

238

3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

ökonomie Grenzen gesetzt.206 Über ein gewisses Maß hinaus können Verfahren nicht gekürzt bzw. zusätzliche Prozesse vermieden werden, ohne dass die Qualität gerichtlicher Entscheidungen hierunter leide. Mit schlechten Entscheidungen werden die Prozesszwecke jedoch selbst dann nicht gefördert, wenn sie schnell ergehen.207 Problematisch an § 91 Abs. 1 ZPO ist jedoch – wie bereits erörtert – die Verknüpfung des Prozessausgangs mit der Pflicht zur Tragung der Kosten des Verfahrens. Dieses Unterliegensprinzip birgt das Risiko „ungerechter“ Entscheidungen. Schon bei einer formalen Auslegung des § 91 Abs. 1 ZPO besteht die Gefahr, dass eine für den Gerichtsprozess bzw. dessen Verlauf weniger verantwortliche Partei die Verfahrenskosten aufgrund ihres Unterliegens tragen muss. Bei einer materiellen Auslegung wird dieses Risiko noch gesteigert, weil sich die Kostenlast der unterlegenen Partei erhöhen kann. Die Klärung des Regresses bezüglich weiterer Kostenpositionen in einem weiteren Prozess hat den Vorteil, dass dort auch Verschuldens­ aspekte geprüft werden. Es besteht zumindest die Chance einer dem Konfliktverlauf angemesseneren Entscheidung über die Kostentragungspflicht. Hinzu kommt, dass die Berufung auf die Prozessökonomie dann verfehlt sei, wenn sie dahingehend verstanden werde, dass nur einer Partei ein geringerer Aufwand bereitet werden soll. Vielmehr sei eine Gesamtbilanz zu erstellen. Dabei sei nicht der Nutzen für eine, sondern für alle Prozessparteien entscheidend. Ansonsten wäre die Prozessökonomie – so Schumann – nur ein Umverteilungsprinzip.208 Eine Auslegung des § 91 Abs. 1 ZPO im materiellen Sinne würde nur einer Partei, nämlich der siegreichen, einen Vorteil bringen. Für die unterlegene Partei bedeutet sie hingegen ein höheres Kostenrisiko. Aus der Prozesswirtschaftlichkeit – so auch Bork – ergäben sich daher keine hinreichenden Gründe zu einer generellen „weitherzigen Handha­bung“.209 d) Verfassungskonforme Auslegung Wie das Bundesverfassungsgericht immer wieder ausführt, ist die Auslegung einfachen Rechts und seine Anwendung Sache der Instanzgerichte. Dabei habe der Richter auch verfassungsrechtliche Vorgaben und deren Ausstrahlungswirkungen zu beachten. Dies gelte auch bei der Auslegung prozessualer Normen.210 Bei der Auslegung des § 91 Abs. 1 ZPO ist deshalb insbesondere der Justizgewährleistungsanspruch zu berücksichtigen: 206  von

Mettenheim, S. 17. in: Stein/Jonas, vor § 1 ZPO Rdn.  111; Schöpflin, S. 489. 208  Schumann, Prozessökonomie, S. 279. 209  Bork, in: Stein/Jonas, § 91 ZPO Rdn. 41; so aber BLAH, § 91 ZPO Rdn. 270. 210  BVerfG NJW 2006 136, 137 m. w. N. 207  Brehm,



1. Kap.: Prozessual-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch239

Dieser Justizgewährleistungsanspruch, also der Anspruch auf Rechtsschutz durch unabhängige Gerichte211, wird nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts durch das aus Art. 20 Abs. 3 GG hergeleitete Rechtsstaatsprinzip vermittelt212 und gewährleistet einen wirksamen Rechtsschutz auch in bürgerlich-rechtlichen Streitigkeiten.213 Zwar ist der Gesetzgeber hinsichtlich der Ausgestaltung des Zugangs zum Recht frei, darf diese aber nicht in „unzumutbarer aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschweren“.214 Der Justizgewährleistungsanspruch umfasst das Recht auf Zugang zu den Gerichten, eine umfassende tatsächliche und rechtliche Prüfung des Streitgegenstandes sowie eine verbindliche Entscheidung durch den Richter.215 Die Möglichkeit, private Rechte gerichtlich zu verfolgen, ist zudem auch im „Recht auf freie Entfaltung der Person“ enthalten (Art. 2 Abs. 1 GG).216 Der Zugang zu den Gerichten darf durch das Verfahrensrecht nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden.217 U. a. dürfen sich Kostenregelungen nicht so auswirken, dass der Rechtsschutz von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Prozesspartei abhängt.218 Dies ergibt sich auch aus dem in Art. 20 Abs. 1 GG verankerten Sozialstaatsprinzip.219 Dieses verpflichtet den Staat, innerhalb eines gewissen Gestaltungsspielraums eine gerechte soziale Ordnung zu schaffen220 und sozial schwächere Prozessbeteiligte nicht zu benachteiligen.221 Eine unzumutbare Erschwerung des Zugangs zu den Gerichten liegt vor, wenn das Kostenrisiko die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit übersteigt. Es besteht dann nämlich die Gefahr, dass nicht selten eigentlich berechtigte Ansprüche aufgrund wirtschaftlicher Erwägungen nicht durchgesetzt werden.222 In derartigen Fällen führt das Kostenrisiko zu einer Rechtswegsperre.223 211  Grzeszick,

in: Maunz/Dürig, GG, VII. Art. 20 GG Rdn.  133. 85, 337, 345; BVerfG NJW 2006, 136, 137; Grzeszick, in: Maunz/ Dürig, GG, VII. Art. 20 GG Rdn. 133. 213  BVerfGE 74, 228, 234; Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu, Art. 20 GG Rdn. 60. 214  BVerfGE 74, 228, 234. 215  BVerfGE 85, 337, 345. 216  Fechner, S. 349. 217  BVerfGE 10, 264, 267 f.; 74, 228, 234; 85, 337, 347. 218  BVerfGE 85, 337, 347; BVerfG NJW 136, 137. 219  Dimde, S.  36 f. 220  Meyer, Wandel, S. 1. 221  Brehm, in: Stein/Jonas, vor § 1 ZPO Rdn. 298. 222  BVerfG NJW 2006, 136, 137; Bork, in: Stein/Jonas, vor § 91 ZPO Rdn.  3. 223  Zur Rechtswegsperre siehe auch LG Siegen MDR 93, 1116; BLAH, Übers § 114 ZPO Rdn. 3. Siehe dazu auch die Ausführungen dieser Arbeit zu ökonomischen Analyse, insbesondere, in: 2. Teil, 3. Kapitel, C.I.3. 212  BVerfGE

240

3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

§ 91 Abs. 1 ZPO ist bei der Bewertung des Prozessrisikos zu beachten, denn dieses hängt von der Ausgestaltung der Kostenregelungen insgesamt ab.224 Zwar könnte man einwenden, dass eine rechtschaffene Prozesspartei die Kosten gemäß § 91 Abs. 1 ZPO von der Gegenseite erstattet erhält und diese Norm das Prozesskostenrisiko daher eher abmildert und nicht erhöht. Jedoch ist der Ausgang eines Gerichtsverfahrens – wie auch das Bundesverfassungsgericht in der Vergangenheit festgestellt hat225 – kaum mit absoluter Sicherheit vorherzusehen. Die in § 91 Abs. 1 ZPO normierte Erstattungspflicht ist daher eine entscheidende Ursache für die Höhe des Kostenrisikos226 und daher bei der Bewertung des Kostenrisikos zu berücksichtigen.227 Den vom Bundesverfassungsgericht zu dem Justizgewährleistungsanspruch entwickelten Grundsätzen ist daher bei der Auslegung und Anwendung des § 91 Abs. 1 ZPO Rechnung zu tragen. Diese Vorschrift ist so auszulegen, dass nicht die Gefahr besteht, dass der an sich gegebene gerichtliche Rechtsschutz aus finanziellen Gründen nicht in Anspruch genommen wird. Diese Gefahr besteht jedoch gerade bei einem materiellen Verständnis der „Kosten des Rechtsstreits“. Bereits die Verknüpfung des Prozessausgangs mit der Kostentragungspflicht stellt eine schwere Belastung für beide Prozessparteien dar, denn beide tragen das Risiko, im Fall des Unterliegens die Kosten der jeweils anderen Partei zu tragen. Ein materielles Verständnis des Begriffs „Kosten des Rechtsstreits“ würde diese Problematik noch verstärken. Es könnten nicht nur die mit dem Gerichtsprozess unmittelbar verbundenen Kosten ersetzt verlangt werden, sondern sämtliche notwendige Kosten des Rechtsstreits. Im Ergebnis würde ein materielles Verständnis der „Kosten des Rechtsstreits“ das mit der Rechtsverfolgung verbundene Kostenrisiko für beide Parteien noch weiter erhöhen. Mithin würde eine materielle Auslegung des § 91 ZPO zu einer unzumutbaren Erschwerung des Zugangs zu den Gerichten führen und daher einen Eingriff in das Justizgewährleistungsrecht darstellen. e) Zusammenfassung und Schlussfolgerungen Es mag im Einzelfall „unbillig“ erscheinen, dass bestimmte Aufwendungen nicht vom Anwendungsbereich des Kostenerstattungsanspruchs gemäß § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO erfasst sind. Wie gezeigt wurde, sprechen jedoch gewichtige Gesichtspunkte gegen eine materielle Auslegung des Kostenbegriffs. Durch eine materielle Auslegung des Kostenbegriffs würde der An224  BVerfGE

85, 337, 348. 85, 337, 348. 226  Redeker, S. 1160. 227  BVerfGE 85, 337, 348. 225  BVerfGE



1. Kap.: Prozessual-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch241

wendungsbereich des Kostenerstattungsrechts sehr weit – über die Kosten des eigentlichen Gerichtsprozesses hinaus – ausgedehnt werden. Dies ist – wie gezeigt wurde – vom Gesetzgeber so nicht gewollt. Insbesondere sprechen das starre Unterliegensprinzip sowie die damit verbundene Verschuldensunabhängigkeit des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs dafür, dessen Anwendungsbereich auf die Kosten des eigentlichen Gerichtsprozesses zu begrenzen. Dem starren Unterliegensprinzip ist die Gefahr ungerechter Entscheidungen immanent. Letztendlich stehen sich hier die Prinzipien der Prozesswirtschaftlichkeit sowie der Kostengerechtigkeit gegenüber. Natürlich wäre es prozessökonomisch sinnvoll, alle durch den Streitgegenstand verursachten Kosten im Kostenfestsetzungsverfahren zu erfassen. Noch gewichtiger erscheint es jedoch, die durch einen Prozess entstandenen Kosten zwischen den Parteien gerecht aufzuteilen. Aufgrund der Verschuldensunabhängigkeit des Kostenerstattungsanspruchs kann dieses Ziel im Wege des Kostenerstattungsverfahrens jedoch nur unzulänglich erreicht werden. Der Anwendungsbereich des § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO sollte daher generell auf die Kosten des Gerichtsprozesses beschränkt und die Parteien wegen der Erstattung darüber hinausgehender Kosten auf materiell-rechtliche Ansprüche verwiesen werden Im Ergebnis ist der materielle Kostenbegriff abzulehnen. Eine derartige Begrenzung ist nur durch den formellen Kostenbegriff möglich. Nur so wird eine uferlose und unberechenbare Auslegung des § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO verhindert. Ein restriktiver Umgang bietet zudem den Vorteil, dass die Parteien sich bei den Aufwendungen zurückhalten und so eine Verteuerung des Prozesses vermieden wird.228 3. Ergebnis Das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar gehört nicht zu den Kosten des Rechtsstreits gem. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. IV. Schlussfolgerungen Ein Regress für das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar auf dem Weg des prozessualen Kostenerstattungsverfahren gem. § 91 ff. ZPO kommt nicht in Betracht. Eine Auslegung des § 91 ZPO hat ergeben, dass der Begriff der „Kosten des Rechtsstreits“ gem. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO im formellen Sinne zu verstehen und mithin eng auszulegen ist. Nur durch eine formelle Auslegung des Begriffs „Kosten des Rechtsstreits“ ist es möglich, den Anwendungsbereich des prozessualen Kostenerstattungsanspruches zu begren228  BGH

ZZP 2003, 498, 499; Meller-Hannich, ZZP 2003, S. 501.

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

zen. Dies ist notwendig, weil der in § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO vorgesehenen verschuldensunabhängigen Unterliegenshaftung die Gefahr ungerechter Entscheidungen immanent ist. Die unterliegende Partei ist nicht immer Veranlasser des Rechtsstreits in dem Sinne, dass sie sich zu Unrecht auf ein ihr angeblich zustehendes Rechts berufen hat. Aufgrund der Starrheit des Unterliegensprinzips spiegeln sich Grund bzw. Ablauf des Gerichtsprozesses jedoch nicht in der Entscheidung über die Kostentragungspflicht wider. Von der Möglichkeit des Regresses im prozessualen Kostenerstattungsverfahren sollte daher nur im engsten mit dem Wortlaut des § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO zu vereinbarenden Rahmen Gebrauch gemacht werden. Daher sind nur die Kosten durch den Prozess veranlasst, die zwecks Begründung und im zeitlichen und sachlichen Rahmen des zwischen den Prozessparteien bestehenden Prozessrechtsverhältnisses entstanden sind. Dies trifft auf die Kosten der Einschaltung des Prozessfinanzierungsunternehmens nicht zu. Mithin handelt es sich im Ergebnis bei dem prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorar schon nicht um „Kosten des Rechtsstreits“ i. S. d. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. Auf eine Besprechung des Kriteriums der Notwendigkeit zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung soll deshalb im Rahmen dieser Abhandlung verzichtet werden. 2. Kapitel

Verzug gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB als Anspruchsgrundlage Ziel dieses Kapitels ist es, zu erörtern, ob der Verzug gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB als Anspruchsgrundlage für die Erstattung des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars in Betracht kommt und dazu geeignet ist, die „Divergenz von subjektiven und sozialen Anreizen“229 zur Rechtsdurchsetzung bzw. Rechtsbefolgung zu korrigieren. Dabei gilt es vor allem zu untersuchen, ob das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar überhaupt eine im Rahmen des Verzugs ersatzfähige Schadensposition darstellt. Dabei muss nicht nur erörtert werden, wie es sich auswirkt, dass der Anspruchsinhaber die Entscheidung, ein Prozessfinanzierungsunternehmen einzuschalten, allein trifft, sondern auch, ob die von einem Prozessfinanzierungsunternehmen übernommenen Risiken überhaupt vom Schutzzweck des § 286 BGB umfasst sind. Zudem stellt sich die Frage der erstattungsfähigen Höhe des durch die Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens entstandenen Schadens. An dieser Stelle sei noch einmal darauf hingewiesen, dass die materiell-rechtlichen Kostenerstattungsansprüche grundsätzlich 229  Lewisch,

S. 112.



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage243

neben dem prozessualen Kostenerstattungsanspruch des § 91 ZPO anwendbar sind.230 Zunächst soll ein Überblick über den Meinungsstand in Literatur und Rechtsprechung zur schadensersatzrechtlichen Erstattungsfähigkeit prozessfinanzierungsbedingter Erfolgshonorare bzw. vergleichbarer Schadenspositionen gegeben werden.

A. Meinungsstand in Literatur und Rechtsprechung Rechtsprechung und Literatur hatten in den vergangenen Jahren nur selten Gelegenheit, sich mit der Frage der schadenersatzrechtlichen Erstattungsfähigkeit von Erfolgshonoraren für Maßnahmen der Rechtsverfolgung zu befassen. Dies lag sicherlich vor allem daran, dass Rechtsanwälten bis zu der bereits erwähnten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 12. Dezember 2006231 die Vereinbarung von Erfolgshonoraren ausdrücklich verboten war. Aber auch hinsichtlich der Kosten der Prozessfinanzierung stellte sich diese Problematik bislang kaum. Im Vordergrund der Diskussion stand hier zunächst einmal die Frage der grundsätzlichen Zulässigkeit dieses Geschäftsmodells.232 Die Anzahl der zu der Frage der Erstattungsfähigkeit von Erfolgshonoraren für Maßnahmen der Rechtsverfolgungen ergangenen Urteile bzw. erschienenen Zeitschriftenbeiträge und Kommentierungen ist daher überschaubar. Jedoch soll ähnlich wie bei der im vorherigen Kapitel vorgenommenen Untersuchung der Erstattungsfähigkeit des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars im Wege des prozessualen Kostenerstattungsverfahren nach der juristischen Bewertung vergleichbarer Fallgruppen Ausschau gehalten und geprüft werden, ob und inwieweit sich hieraus Rückschlüsse auf die Frage der Erstattungsfähigkeit des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars ziehen lassen. Bei der Suche nach vergleichbaren Sachverhalten ist wiederum vom Zweck des Prozessfinanzierungsvertrages auszugehen. Von Interesse sind daher Urteile und Literaturansichten über Kostenpositionen, die eine Gegenleistung für Instrumente zur Finanzierung der Kosten der Rechtsdurchsetzung bzw. zur Übernahme des Unterliegensrisikos darstellen.233 Diese Problematik ist bei mehreren Fall230  Siehe

dazu die Ausführungen unter 1. Teil, 3. Kapitel, NJW 2007, 979 ff. 232  Siehe dazu ausführlich Sturm, S.  85 ff. m. w. N. 233  Neben den hier ausführlich dargestellten Fallgrupppen hatte die Rechtsprechung jüngst die Gelegenheit, sich zur Erstattungsfähigkeit von Erfolgshonoraren von Gutachtern zu äußern, deren Gutachten jeweils von der Klägerseite zur „Untermauererung“ ihrer Ansprüche eingeholt und im Prozess verwendet wurden – siehe hierzu: LG Düsseldorf, Urteil vom 07.  November 2014  – 22 O 208/12,  sowie OLG Düsseldorf, Urteil vom 05.  Mai 2014  – I-9 U 64/13, 9 U 64/13, jeweils abrufbar unter www.juris.de. Zwar hatten die Gerichte die grundsätzliche Erstat231  BVerfG

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

gruppen relevant, und zwar bei den Erfolgshonoraren von Inkassounternehmen, den anwaltlichen Kosten für die Einholung einer Deckungszusage bei der Rechtsschutzversicherung und der Frage der Erstattungsfähigkeit von Unfallersatztarifen. I. Prozessfinanzierungsbedingtes Erfolgshonorar Bislang ist nur eine Entscheidung eines Gerichts zur Problematik der Erstattungsfähigkeit des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars veröffentlicht, und zwar die des LG Aachen vom 22. Dezember 2009.234 Das LG Aachen hat die Erstattungsfähigkeit des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars im Wege des Schadensersatzes abgelehnt.235 Die Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens sei nicht erforderlich, da einem Anspruchsinhaber auch kostengünstigere Möglichkeiten der Finanzierung der Rechtsdurchsetzungskosten zur Verfügung ständen, z. B. die Prozesskostenhilfe. Zudem stehe der Schutzzweck des Schadensersatzrechts dem „mit der Übernahme des Kostenrisikos für den Fall des Unterliegens verbundenen Vorteils entgegen“.236 Dies ergebe sich vor allem aus den §§ 91 ff. ZPO. Danach müsse jeder Rechtssuchende das mit dem Unterliegen verbundene Kostenrisiko selbst tragen. Nicht einmal bedürftigen Parteien werde dieses abgenommen. Dies ergebe sich aus den §§ 122, 123 ZPO.237 Nach Auffassung des Gerichts liege außerdem in der Übernahme des Prozessrisikos durch den Prozessfinanzierer kein Schadensersatz, sondern die Zusage einer Erfolgsbeteiligung. Die späteren Aufwendungen zur Erfüllung dieser Zusage dienten der Erlangung eines wirtschaftlichen Vorteils, der über den bloßen Erwerb eines entstandenen Vermögensschadens hinausgehe. tungsfähigkeit derartiger privater Sachverständigengutachten jeweils angenommen. Jedoch gelte dies nicht für Erfolgshonorare. Das OLG Düsseldorf (Rdn. 86) führt dazu folgendes aus: „Insoweit fehlt es an der Notwendigkeit für eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung. Ein solches Erfolgshonorar war dem deutschen Rechtsund Geschäftsverkehr bis vor Kurzem fremd und führt auch in den Rechtsordnungen, in denen es (etwa bei der Rechtsanwaltsvergütung) eine lange Tradition hat, nicht etwa dazu, dass der berechtigte Anspruch nochmals um den Anteil des Erfolgshonorars erhöht wird. Vielmehr stammt es aus einem Rechtskreis, der im Grundsatz keine Kostenerstattung kennt, und bedeutet dort der Sache nach eine Teilung des erstrittenen Betrages zwischen dem Kläger und seinem Unterstützer (dort Rechtsanwalt, hier Privatsachverständiger), nicht aber eine weitere Belastung des Beklagten bzw. Schädigers.“ 234  LG Aachen BeckRS 2010, 28938. 235  LG Aachen BeckRS 2010, 28938. 236  LG Aachen BeckRS 2010, 28938. 237  LG Aachen BeckRS 2010, 28938.



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage245

Der Geschädigte übernehme hier den Erwerb eines Vermögenszuwachses und nicht lediglich „Kompensation einer erlittenen Einbuße“.238 In der Literatur hat sich bisher nur Hartmut Rensen ausdrücklich mit der Frage beschäftigt, ob die Kosten des Prozessfinanzierungsunternehmens als Schaden bei der Gegenseite geltend gemacht werden können.239 Dieser argumentiert ähnlich wie das LG Aachen. Seiner Auffassung nach scheidet ein Ersatz des Erfolgshonorars aus, weil die Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens seiner Auffassung nach generell nicht notwendig sei. Dem Anspruchsinhaber stehe die Möglichkeit offen, die Finanzierung eines Rechtsstreits aus eigenen Mitteln zu bestreiten, durch einen Kredit zu finanzieren bzw. Prozesskostenhilfe in Anspruch zu nehmen.240 Der wesentliche Vorteil der Prozessfinanzierung bestünde in der Verlagerung des mit dem Unterliegen verbundenen Kostenrisikos. Dies sei nach dem Zweck des Schadensersatzrechts nicht berücksichtigungsfähig.241 Schadensersatz in Höhe der fiktiven Kosten anderer Finanzierungsmöglichkeiten komme nur unter der Voraussetzung des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB in Betracht.242 II. Anwaltliches Erfolgshonorar Ein interessanter Hinweis ist einem Urteil des BGH aus dem Jahre 1992 zu entnehmen. In diesem ging es um die Vollstreckbarkeitserklärung eines US-amerikanischen Urteils auf Schadensersatz gem. § 328 ZPO.243 Ein Anerkenntnis ausländischer Urteile ist gem. § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO dann ausgeschlossen, wenn die Anerkennung zu einem Ergebnis führen würde, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts unvereinbar ist. In diesem Urteil des US-amerikanischen Gerichts wurden dem Geschädigten punitive damages zugesprochen. Zudem wurde angeordnet, dass 40 % aller eingehenden Gelder an den Rechtsanwalt des Klägers als Erfolgshonorar abzuführen seien. Es stellte sich nun die Frage, ob es einer Anerkennung dieses Urteils entgegenstehen könnte, dass die Höhe des Schadensersatzes durch das Erfolgshonorar zumindest mittelbar beeinflusst worden sein könnte.244 Der BGH hat in diesem Urteil die Auffassung vertreten, dass auch die eventuelle Beeinflussung der Höhe des Schadensersatzes durch das Erfolgs238  LG

Aachen BeckRS 2010, 28938. Kosten des Prozessfinanzierers als Schaden, S. 182 ff. 240  Rensen, S. 183. 241  Rensen, S. 183. 242  Rensen, S. 185. 243  BGH NJW 1992, 3096 ff. 244  BGH NJW 1992, 3096, 3101. 239  Die

246

3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

honorar kein Anerkennungshindernis darstellen würde.245 Auch in Deutschland – so der BGH – hätte der Beklagte den Kläger von den Prozesskosten freistellen müssen. Auf die Frage, wie diese im Einzelnen errechnet worden sind, komme es dabei nicht an.246 Mithin scheitere eine solche Erfolgshonorarvereinbarung auch nicht am ordre public.247 Hieraus lässt sich schließen, dass die Ersatzfähigkeit von Kosten der Rechtsverfolgung nach Auffassung des BGH nach den Maßstäben des deutschen Rechts nicht deshalb ausscheidet, weil diese einen Erfolgscharakter aufweisen. III. Erfolgshonorar bei Inkasso Die Frage der Erstattungsfähigkeit von Erfolgshonoraren wurde bisher vor allem im Zusammenhang mit der Tätigkeit von Inkassobüros diskutiert. 1. Begriff des „Inkassos“ Der Begriff des Inkassos wurzelt im italienischen Sprach- und Rechtskreis. Wörtlich übersetzt bedeutet es „in die Kasse nehmen“ oder „einkassieren“.248 Allgemein versteht man hierunter „das Einziehen von Außenständen, insbesondere von fälligen Rechnungen, Wechseln und Schecks“.249 Der Gläubiger kümmert sich also nicht mehr selbst um die Beitreibung seiner Forderung beim Schuldner, sondern überlässt dies einem hierauf spezialisierten Unternehmen. 2. Erfolgshonorar als Inkassovergütung Für die Inkassobranche besteht keine verbindliche Gebührenordnung. Vielmehr sind die Gebühren der freien Vereinbarung des Gläubigers und des Inkassobüros überlassen.250 § 138 BGB bildet die Grenze.251 Mithin ist es Inkassounternehmen auch nicht untersagt, neben oder statt der normalen Bearbeitungsgebühr ein Erfolgshonorar zu vereinbaren.252

245  BGH

NJW 1992, 3096, 3101. NJW 1992, 3096, 3101. 247  BGH NJW 1992, 3096, 3101. 248  Stahrenberg, S. 5; Martin, S. 26; Goebel, § 1, Rdn. 1, S. 33. 249  Martin, S. 26.; Goebel, § 1, Rdn. 1, S. 33. 250  Künkel, S. 892; Martin, S. 62. 251  Martin, S. 63. 252  Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 06.12.2013 – Az.: 17 U 48/13, abrufbar unter www.juris.de; David, S. 84. 246  BGH



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage247

3. Erstattungsfähigkeit des Erfolgshonorars? a) Diskussion über die generelle Erstattungsfähigkeit von Inkassokosten Bereits seit den 1930er Jahren gibt es in Literatur und Rechtsprechung Auseinandersetzungen über die Erstattungsfähigkeit der Kosten, die durch die Einschaltung eines Inkassobüros entstanden sind. Als problematisch wurde angesehen, dass der Schaden durch Inkassokosten nicht unmittelbar auf dem Verhalten des Schuldners, sondern auf einer davon unabhängigen Entscheidung des Gläubigers zur Einschaltung eines Inkassobüros beruhe. Der BGH stellte jedoch fest, dass die einem Gläubiger durch den Auftrag zur Einziehung einer Forderung entstandenen Kosten einen Verzugsschaden darstellen können, der nach § 286 BGB zu ersetzen sei.253 Der Verzug sei grundsätzlich die adäquate Ursache der Kosten, weil ein im Verzug befindlicher Schuldner mit Beitreibungskosten rechnen müsse. Dieser Auffassung folgen Rechtsprechung254 und Literatur255 bis heute und erkennen die Inkassokosten grundsätzlich als möglichen Verzugsschaden an. Mit dieser grundsätzlichen Feststellung ist die Einigkeit in Literatur und Rechtsprechung jedoch bereits am Ende. Über die einzelnen Voraussetzungen einer Erstattungsfähigkeit der Inkassokosten gibt es bis heute konträre Standpunkte.256 Unterschiedliche Auffassungen gibt es auch zu der Frage der Erstattungs­ fähigkeit einer Erfolgsprovision des Inkassounternehmens.

253  Urteil vom 24.05.1967 – Az.: VIII ZR 278/64, unveröffentlichte ­Entscheidung, zit. nach Bambeck S. 561, Fußnote 14; Martin, S. 90. 254  Siehe den Überblick bei Finger, S. 785  ff.; OLG Hamm MDR 1973, 497; OLG Köln OLGZ 1997, 411, 413; OLG München JurBüro 1989, Sp. 90 f.; OLG Frankfurt Urteil vom 31.03.1989  – Az.: 12 U 83/88, zit. nach Hummel JurBüro 1990, S. 281; OLG Nürnberg Urteil vom 16.09.1969  – Az.: 7 U 167/68, zit. nach Steinbild, S. 1387; OLG Bamberg NJW-RR 1994, 412 f.; a. A. OLG Dresden NJWRR 1994, 1139 ff.; LG Berlin Urteil vom 07.11.1995  – Az.: 20 O 63/95, abrufbar unter www.juris.de. 255  Löwisch, NJW, S. 1725; Stackelberg, S.  892 f.; Löwisch, in: Staudinger, § 286 BGB Rdn. 216 ff.; Michalski, S. 1501, 1503, 1504 erkennt Inkassokosten grundsätzlich als Verzugsschaden an. Ausgeschlossen seien jedoch Inkassokosten konzernabhängiger Inkassounternehmen bei Beitreibung von Forderungen der Muttergesellschaft. 256  Auf die Einzelheiten kann im Rahmen dieser Abhandlung nicht eingegangen werden, siehe dazu AG Brandenburg Urteil vom 27.08.2012  – Az.: 31 C 266/11, abrufbar unter www.juris.de; Martin, S.  85 ff.; Jäckle, Dissertation, S.  51 ff.; Rudloff, S.  81 ff.

248

3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

b) Überwiegende Ablehnung der Erstattungsfähigkeit des Erfolgshonorars Nach herrschender Auffassung stellt die Erfolgsprovision keinen ersatzfähigen Verzugsschaden dar.257 Vielmehr sei das Erfolgshonorar eine vom Gläubiger freiwillig gezahlte Prämie, die nicht auf den Schuldner abgewälzt werden könne. Nach anderer Auffassung ist auch die Erfolgsprovision als ersatzfähiger Verzugsschaden einzuordnen.258 An dieser Stelle sollen nur die Argumente der die Erstattungsfähigkeit ablehnenden Auffassung dargestellt werden. Diese begründen ihre Auffassung vor allem mit den folgenden Argumenten: Ihrer Auffassung nach sei die Erfolgsprovision nicht als adäquat kausal durch den Verzug des Schuldners verursacht anzusehen.259 Die Pflicht zur Zahlung einer erfolgsabhängigen Vergütung stehe regelmäßig unter der aufschiebenden Bedingung der Erfüllung der Forderung durch den Schuldner.260 Vorrangige Bedingung für die Erfolgsprovision sei daher nicht die Erfüllungsverzögerung des Schuldners, sondern die Tilgung der Schuld durch diesen. Nur hierdurch vollziehe sich der Bedingungseintritt und entstehe die Pflicht zur Bezahlung der Erfolgsprovision.261 Die Erfolgsprovision könne daher nicht als unmittelbare Folge der Erfüllungshandlung angesehen werden und stehe mit dem Verzug nicht in einem die Zurechenbarkeit begründenden Zusammenhang.262 Weiterhin wird damit argumentiert, dass es widersinnig wäre, „den gutwillig zahlenden Schuldner durch Auferlegung einer Erstattungspflicht für die durch seine Zahlung ausgelöste Erfolgsvergütung zu bestrafen“.263 An die Erfüllungshandlung könnten keine negativen Folgen, wie etwa ein Er257  OLG Köln OLGZ 1972, S. 411  ff.; OLG Dresden NJW-RR, 1994, 1139, 1140 ff.; LG Essen AnwBl. 1962, 287; AG Remscheid NJW 1959, 1879; AG Brandenburg, Urteil vom 27.  August 2012  – 31 C 266/11  –, abrufbar unter www.juris. de; Brangsch, S.  181 f.; David, S. 84; Jäckle, Dissertation, S. 94; Jäckle, JZ 1978, S. 677; Löwisch, in: Staudinger, § 286 BGB Rdn. 219; Rentsch/Bersiner, S. 1245; Lausen/Schueler, S. 18 ff.; Schmidt, Hebert, S. 84; Künkel, S. 893; Martin, S.  93 f.; Schueler, S. 287; Strohm, S.  1298 f. 258  LG Nürnberg-Fürth NJW 1959, 438 f.; Stackelberg, S. 895; Rieble, S.  203 f.; Rudloff, S.  88 ff.; Siegert, S.  1767 ff. 259  AG Remscheid NJW 1959, 1879; Jäckle, Dissertation, S. 94; ders., JZ 1978, S. 677; Künkel, S. 893; Schmidt, Herbert, S. 85; Lausen/Schüler, S. 18; Brangsch, S. 182; Martin, S. 93; Strohm, S.  1298 f. 260  Lausen/Schüler, S. 18. 261  Jäckle, Dissertation, S. 94. 262  Jäckle, JZ 1978, S. 677. 263  Brangsch, S. 182; so auch AG Remscheid NJW 1959, 1879; Jäckle, JZ 1978, S. 677; ders., Dissertation, S. 94; Rentsch/Bersiner, S. 1246; Lausen/Schüler, S. 20.



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage249

folgshonorar, geknüpft werden. Wer einer Rechtspflicht nachkomme, dürfe dadurch keinen Rechtsnachteil erleiden.264 Dies würde dazu führen, dass der frühzeitig zahlende Schuldner einer hohen Mehrbelastung ausgesetzt sei, während dies bei demjenigen, der dies nicht tue, nicht der Fall sei.265 Nach Ansicht der herrschenden Meinung liefe die Anerkennung der Ersatzfähigkeit von Erfolgshonoraren auf die Zulässigkeit eines Vertrages zu Lasten Dritter hinaus.266 Es stelle einen „nicht auflösbaren inneren Widerspruch dar, wenn ein Gläubiger durch Vertrag mit einem Dritten wirksam bestimmen darf, ob die Erfüllungshandlung des Schuldners irgendwelche Ersatzpflichten nach sich zieht oder nicht“.267 Gelegentlich wird eingewandt, dass eine Ersatzpflicht des Schuldners, dazu führen würde, dass dieser doppelt zahlen müsste.268 Teilweise wird die Erstattungsfähigkeit des Erfolgshonorars mit dem Argument abgelehnt, der zahlende Schuldner würde mit Kosten belastet werden, in die auch der Aufwand der erfolglosen Beitreibungen eingerechnet sei.269 Dieses Argument wird verständlich, wenn man bedenke – so Brangsch – dass Inkassobüros in vielen Fällen mit Verlust arbeiteten. Als Ausgleich dienten die aus den erfolgreich durchgesetzten Forderungen resultierenden Erfolgsvergütungen.270 Insbesondere betont Brangsch auch, dass der erfolgreich bearbeitete Schuldner nicht verpflichtet sein könne, die sich aus anderen erfolglosen Fällen ergebenden Verluste des Inkassobüros auszugleichen. Diesen Ausgleich müsse allein der Gläubiger durch seine mit dem Inkassobüro getroffene Vereinbarung übernehmen.271 IV. Unfallersatztarife: Anerkennung Erstattungsfähigkeit Prämie für Ausfallrisiko Im Rahmen der ökonomischen Analyse ist bereits auf die Problematik der Unfallersatztarife hingewiesen worden.272 Wird durch einen Verkehrsunfall ein Kraftfahrzeug beschädigt, kann der Eigentümer vom Unfallverursacher 264  Schueler,

S. 287; Martin, S. 94. Dissertation, S. 94. 266  OLG Dresden NJW-RR 1994, 1138, 1142; Jäckle, JZ 1978, S. 677; ders., Dissertation, S. 94; Lausen/Schüler, S.  18 f.; David, S. 84. 267  Jäckle, Dissertation, S. 94. 268  AG Remscheid NJW 1959, 1879; AG Brandenburg, Urteil vom 27. August 2012  – 31 C 266/11  –, abrufbar unter: www.juris.de; David, S. 84. 269  OLG Dresden, NJW-RR 1994, 1138, 1142. 270  Brangsch, S. 182. 271  Brangsch, S. 182. 272  2. Teil, 4. Kapitel, C.IV.2. 265  Jäckle,

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

gem. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB nicht nur den Ersatz der Reparaturkosten, sondern auch die Kosten eines Ersatzwagens verlangen.273 Wie bereits erörtert, hat sich in der Mietwagenbranche der sogenannte Unfallersatztarif entwickelt, der den Normaltarif übersteigt. Im Rahmen eines solchen Unfallersatztarifes werden bestimmte unfallbedingte Mehrleistungen angeboten.274 So muss der Geschädigte die Kosten der Vermietung nicht selbst vorfinanzieren bzw. auch nicht die ansonsten übliche Kaution hinterlegen. Zudem wird die Vermietung des Kraftfahrzeuges mit einer Sicherungsabtretung des Schadensersatzanspruches des Geschädigten gegenüber dem Schädiger verbunden. Auf dieser Grundlage setzt das Mietwagenunternehmen die dem Geschädigten zustehenden Schadensersatzansprüche oftmals unmittelbar gegenüber der Haftpflichtversicherung des Schädigers durch.275 Es wurde bereits darauf verwiesen, dass in der Vergangenheit eine große Schere zwischen dem Unfallersatztarif und dem Normaltarif bestand.276 Als Reaktion auf diese Fehlentwicklung änderte der BGH mit Urteil vom 12.10.2004 seine Rechtsauffassung.277 „Das Gericht konstatierte, die Preisbildung auf dem Markt für Ersatzmietwagen nach Unfällen erfolge nicht mehr anhand von Angebot und Nachfrage.“278 Den teilweise in der Literatur erhobenen Forderungen, Unfallersatztarife grundsätzlich nicht als erstattungsfähig anzusehen, ist der BGH jedoch nicht gefolgt.279 Allerdings ist die Erstattungsfähigkeit nur bei bestimmten Umständen vorzunehmen.280 Dabei unterliegt die Erstattungsfähigkeit einem zweistufigen Test:281 − „Auf der ersten Stufe steht ein objektives, betriebswirtschaftliches Kriterium: Es ist zu prüfen, ob der Kostenzuschlag, der den Unfallersatztarif vom Nor­ maltarif trennt, in seiner konkreten Höhe aus betriebswirtschaftlicher Sicht im Hinblick auf die besondere Unfallsituation gerechtfertigt ist. − Die zweite Stufe besteht aus einem subjektiven Kriterium: Ist der Unfallersatztarif nach dem Ergebnis der betriebswirtschaftlichen Prüfung nicht als erforderlicher Aufwand anzusehen, so kann ihn der Geschädigte dennoch ersetzt verlangen, wenn ihm ein günstigerer Normaltarif im konkreten Einzelfall nicht zugänglich war.“282 273  BGHZ 132, 373, 375; 160, 377, 382; BGH NJW 2005, 1041, 1042; Wagner, Unfallersatztarife, S. 2289. 274  2. Teil, 4. Kapitel, C.IV.2. 275  Wagner, Unfallersatztarife, S. 2289. 276  2. Teil, 4. Kapitel, C.IV.2.; zudem Wagner, Unfallersatztarife, S. 2290. 277  BGHZ 160, 377, 383 f. 278  Wagner, Unfallersatztarife, S. 2290; BGHZ 160, 377, 383 f.; BGH NJW 2005, 135, 137. 279  Wagner, Unfallersatztarife, S. 2290 m. w. N. 280  Wagner, Unfallersatztarife, S. 2290. 281  Wagner, Unfallersatztarife, S. 2290. 282  Wagner, Unfallersatztarife, S. 2290.



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage251

Beim objektiven Kriterium ist die betriebswirtschaftliche Rechtfertigung eines Unfallersatztarifes zu untersuchen. Dabei dient der Normaltarif, also der übliche Preis für die Anmietung eines Kraftfahrzeuges, als Vergleichsmaßstab.283 Für die hier zu analysierende Problematik der Erstattungsfähigkeit prozessfinanzierungsbedingter Erfolgshonorare ergibt sich an dieser Stelle ein interessanter Aspekt aus der Rechtsprechung des BGH, und zwar aus der ersten Stufe des Zwei-Stufen-Tests des BGH (Kriterium der betriebswirtschaftlichen Rechtfertigung des Unfallersatztarifs). Der BGH musste sich natürlich auch mit der Frage auseinandersetzen, wann genau der dem Unfallersatztarif immanente Kostenzuschlag gegenüber dem Normaltarif gerechtfertigt ist. Der BGH stellte hierzu klar, dass es in der Unfallsituation besondere Umstände geben könne, die einen gegenüber dem Normaltarif erhöhten Preis rechtfertigen können. Beispielhaft verweist er auf zwei Punkte: – die Vorfinanzierung der Miete und – das Risiko eines Ausfalles mit der Ersatzforderung284 „wegen falscher Bewertung der Anteile am Unfallgeschehen durch den Kunden oder das Mietwagenunternehmen“.285 Der BGH erkennt damit an, dass den Mietwagenunternehmen zusätzliche Kosten entstehen können, weil sie zum einen nicht auf die Vorauszahlung des Mietzinses bestehen. Zum anderen erkennt der BGH an, dass zusätzliche Kosten auch dadurch entstehen können, dass sich die Mietwagenunternehmen den Anspruch gegenüber dem Anspruchsgegner abtreten lassen und dass Risiko tragen, dass die Ersatzpflicht nicht in vollem Umfang durchgesetzt werden kann.286 Darüber hinaus – und das ist viel entscheidender – erkennt der BGH jedoch die Mehrkosten, die sich aus dem Ausfallrisiko des Mietwagenunternehmens ergeben, als in der Differenzbilanz zu berücksichtigende und damit grundsätzlich erstattungsfähige Schadensposition an. Das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar und der Unfallersatztarif sind aus wirtschaftlicher Sicht vergleichbar: Das Mietwagenunternehmen finanziert die Kosten der Vermietung des Unfallwagens vor. Das Prozessfinanzierungsunternehmen finanziert die Kosten der Durchsetzung eines Anspruches seines Vertragspartners vor. Das Mietwagenunternehmen trägt das wirtschaftliche Risiko, dass der Ersatzanspruch des Geschädigten gegenüber dem Schädiger nicht in vollem Umfang durchgesetzt werden kann. Das Prozessfinanzierungsunternehmen übernimmt das wirtschaftliche Risiko der NJW 2005, 1933, 1934; Wagner, Unfallersatztarife, S. 2291. NJW 2005, 1041, 1042; 2005, 1933, 1934; 2006, 1506, 1507. 285  Wagner, Unfallersatztarife, S. 2291; siehe dazu auch Griebenow, S.  115 f. 286  So auch Wagner, Unfallersatztarife, S. 2292. 283  BGH 284  BGH

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

gerichtlichen Anspruchsdurchsetzung seines Vertragspartners. Sowohl das Prozessfinanzierungsunternehmen als auch das Vermietungsunternehmen erhalten die von ihnen vorfinanzierten Kosten also nur im Fall des Erfolgs, nämlich bei erfolgreicher Durchsetzung der Ansprüche ihrer Vertragsparteien. Damit ein solches Geschäftsmodell wirtschaftlich tragfähig ist, müssen die erfolgreich durchgesetzten Ansprüche die „verlorenen Fälle“ mitfinanzieren. Diese Aufgabe erfüllt der Risikozuschlag. Beiden Geschäftsmodellen ist also eine Quersubventionierung immanent. Folgerichtig müsste der BGH auch das Erfolgshonorar des Prozessfinanzierungsunternehmens als erstattungsfähigen Schadensposten anerkennen. V. Rechtsanwaltskosten für die Einholung der Deckungszusage bei Rechtsschutzversicherung Interessante Aspekte für die weitere Bearbeitung ergeben sich auch aus der Diskussion um die Erstattungsfähigkeit der Rechtsanwaltskosten für die Einholung der Deckungszusage bei einer Rechtsschutzversicherung. Hat der Anspruchsinhaber eine Rechtschutzversicherung abgeschlossen, wird er zunächst wissen wollen, ob der konkrete Rechtsstreit von dieser Rechtsschutzversicherung abgedeckt ist. In der Praxis wird oftmals der Rechtsanwalt des Anspruchsinhabers den Rechtsschutzfall melden und die Deckungszusage bei der Versicherung einholen. Es war in Literatur und Rechtsprechung umstritten, ob der Anspruchsinhaber einen Anspruch auf Ersatz der Rechtsanwaltskosten für die Einholung dieser Deckungszusage hat.287 Dabei wurden die Normen der §§ 286 BGB und 823 BGB als Anspruchsgrundlage in Betracht gezogen. Teilweise wurde dies abgelehnt, und zwar mit unterschiedlichen Begründungen. So wurde argumentiert, dass diese Kosten keine adäquat-kausale Schadensposition darstellten.288 Vielmehr scheue es der Geschädigte, auf eigenes Risiko prozessieren zu wollen. Stattdessen wolle er dies nur, wenn die Risiken durch die Rechtsschutzversicherung 287  Ablehnend u. a.: OLG Celle AGS 2011, 152 ff.; LG Erfurt zfs 2010, 345, 347; LG Nürnberg-Fürth, NZV 2012, 140; LG Schweinfurt NJW-RR 2009, 1254; LG Saarbrücken BeckRS 2011; OLG Celle NJW Spezial, 2011, 75; Grüneberg, in: Palandt, § 249 BGB Rdn. 57; Meinel, S. 315; Möhlenkamp, S. 191, Tomson, S. 1429; befürwortend LG Amberg NJW 2009, 2610; LG Ulm BeckRS 2010, 24860; AG Hersbruck Urteil vom 26.11.2009  – Az.: 2 C 474/09, abrufbar unter www.juris.de; Lensing, r+s 2012, S. 159 ff.; ders., Deckungsanfrage; Revilla, Gliederungspunkt D; befürwortend bei Verzug: u. a. BGH NJW 2011, 1222, 1224; BGH Urteil vom 13.12.2011  – Az.: VI ZR 274/10 BeckRS 2012, 03191; OLG Brandenburg BeckRS 2012, 04236; allerdings ist bei diesen Entscheidungen zu beachten, dass die Erforderlichkeit der Einschaltung eines Rechtsanwalts teilweise abgelehnt wurde. 288  LG Erfurt NZV 2010, 259; LG Hagen BeckRS 2010, 19751.



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage253

gedeckt seien.289 Mithin handle er also ausschließlich in seinem eigenen Interesse.290 Andere führten aus, dass diese Kosten außerhalb des haftungsrechtlichen Schutzzwecks lägen291 und dem allgemeinen Lebensrisiko bzw. dem Prozessrisiko zuzuordnen seien.292 Zudem wurde argumentiert, die Rechtsschutzversicherung diene „der Absicherung eines Kostenrisikos für ein Gerichtsverfahren, das im Endergebnis der Geltendmachung unberechtigter, da klageabweisend beschiedener Ansprüche des Geschädigten dienen sollte“.293 Der BGH hat am 09. März 2011 entschieden, dass die Kosten für die Einholung einer Deckungszusage zumindest vom Schutzzweck der § 286 BGB umfasst seien.294 Diese rechtliche Bewertung hat der BGH jedoch nicht näher begründet. Allerdings sieht der BGH die Erforderlichkeit der Einschaltung eines Rechtsanwalts nicht als gegeben an, sodass eine Erstattungsfähigkeit letztlich auch nach Auffassung des BGH regelmäßig nicht in Betracht kommen wird. Diese Auffassung hat der BGH mit Urteil 13. Dezember 2011 bekräftigt.295 Dieser in Literatur und Rechtsprechung ausgetragene Meinungsstreit ist von großem Interesse für die weitere Bearbeitung, da der Rechtsschutzversicherung ähnlich wie der Prozessfinanzierung sowohl eine Finanzierungsfunktion als auch eine Risikoübernahmefunktion zukommt.296 Die Diskus­ sion zeigt, dass die rechtliche Bewertung von Kostenpositionen, die der Vorfinanzierung eines Rechtsstreits bzw. der Übernahme des Prozessrisikos dienen, nicht einfach ist. Interessant ist, dass der BGH – wie bereits bei der Problematik der Erstattungsfähigkeit von Unfallersatztarife erkennbar – offenbar kein Problem darin sieht, die Kosten für die Verlagerung von Risiken der Rechtsverfolgung bzw. für die Vorfinanzierung auf einen Dritten als erstattungsfähige Schadensposition anzusehen. VI. Kreditkosten zur Finanzierung von Rechtsdurchsetzungskosten Literatur und Rechtsprechung haben sich bislang eher „stiefmütterlich“ mit der Frage der schadensrechtlichen Ersatzfähigkeit von Kreditkosten 289  OLG Celle NJW Spezial, 2011, 75; LG Erfurt NZV 2010, 259; AG Rostock Beck RS 2011, 17656. 290  LG Hagen BeckRS 2010, 19751. 291  AG Lebach Beck RS 2010, 32176. 292  LG Nürnberg-Fürth NZV 2012, 140, 142. 293  LG Nürnberg-Fürth NZV 2012, 140, 142. 294  BGH NJW 2011, 1222, 1224. 295  BGH BeckRS 2012, 03191. 296  LG Saarbrücken Beck RS 2011, 08214; Revilla, Gliederungspunkt D.

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

beschäftigt, die dem Anspruchsinhaber aufgrund der notwendigen Finanzierung von Gerichts- und Anwaltskosten für die Durchführung eines Gerichtsprozesses entstanden sind. Dies liegt mit einiger Wahrscheinlichkeit auch daran, dass sich der Rechtsprechung bislang kaum die Gelegenheit zur Auseinandersetzung mit dieser Problematik geboten hat. Dies ist durchaus verwunderlich.297 Zwar ist davon auszugehen, dass Banken – wenn überhaupt – eher zurückhaltend bei der Vergabe von Krediten zur Finanzierung von Rechtsdurchsetzungsmaßnahmen agieren. Jedoch wird es – so Braun­ schneider – des Öfteren vorkommen, dass Anspruchsinhaber einen Überziehungskredit für die Finanzierung der für die Einleitung des Gerichtsverfahrens notwendigen Vorschüsse in Anspruch nehmen müssen und dadurch Überziehungszinsen in beträchtlicher Höhe entstehen.298 Auch in einem solchen Fall ist es nicht abwegig, über die Möglichkeit der schadensersatzrechtlichen Ersatzfähigkeit von Überziehungskreditzinsen nachzudenken. Nicht umsonst sieht Gödicke diese Finanzierungskosten als eine bislang „vernachlässigte Schadensposition“299 an. Auffällig ist auch, dass es zumeist an einer dogmatischen Auseinandersetzung mit der Frage der Ersatzfähigkeit der für die Finanzierung der Anspruchsdurchsetzung entstandenen Kreditkosten fehlt. Vereinzelt wird die Frage der Ersatzfähigkeit von Kreditkosten zur Finanzierung der Rechtsverfolgung nicht nur im Zusammenhang mit dem Schuldnerverzug gem. § 286 BGB diskutiert, sondern auch mit anderen auf Schadensersatz gerichteten Anspruchsgrundlagen, z.  B. § 823 BGB. 1. Pro Erstattungsfähigkeit Bereits das OLG Hamburg hat 1931 die Zahlung von Zinsen ausdrücklich als Verzugsschaden anerkannt, die der Gläubiger leisten musste, um die Gerichts- und Anwaltskosten für einen Gerichtsprozess zu finanzieren.300 Ohne weitere Begründung hat der BGH die anwaltlichen Kosten für die Einholung einer Deckungszusage der Rechtsschutzversicherung als vom Schutzzweck des Verzugsschadens umfasst angesehen.301 Da der Rechtsschutzversicherung auch eine Vorfinanzierungsfunktion zukommt, lässt sich dazu auch Gödicke, S. 512. S. 212. 299  Titel des Aufsatzes von Gödicke. 300  JW 1931, 1822. 301  BGH Urteil vom 09.03.2001  – Az.: VII ZR 132/10; BGH Urteil vom 12.12.2011  – Az.: VI ZR 274/10. Allerdings hat der BGH in beiden Urteilen die Erstattungsfähigkeit der Kosten der Deckungszusage abgelehnt, weil es jeweils an der Erforderlichkeit der Einschaltung eines Rechtsanwalts fehlte. 297  Siehe

298  Braunschneider,



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage255

aus diesen Urteilen schlussfolgern, dass nach Auffassung des BGH auch Kosten zur Finanzierung der Anwalts- und Gerichtskosten eine erstattungsfähige Schadensposition darstellen. Dieser Auffassung haben sich einige Oberlandesgerichte angeschlossen.302 In der Literatur haben sich vor allem Tschischgale303, Gödicke304 und Braunschneider305 mit der Frage der schadensersatzrechtlichen Geltendmachung von Kreditkosten für die Finanzierung von Gerichts- und Anwaltskostenvorschüssen beschäftigt. Alle drei Autoren sind sich darüber einig, dass die durch die Kreditaufnahme entstandenen zusätzlichen Kosten vom Verzugsschaden gem. § 286 BGB umfasst und daher erstattungsfähig sind.306 Auch in der Literatur wird seit einiger Zeit über die Erstattungsfähigkeit der anwaltlichen Kosten für die Einholung einer Deckungszusage diskutiert und diese von einigen Autoren – auch unter Verweis auf die Vorfinanzierungsfunktion der Rechtsschutzversicherung307 – als erstattungsfähig angesehen.308 Goldmann309 und Köhler310 sehen Kreditkosten zur Finanzierung der Rechtsverfolgung als einen ersatzfähigen Schaden gem. § 9 UWG an. 2. Contra Erstattungsfähigkeit Soweit ersichtlich gibt es nur einige wenige die Erstattungsfähigkeit von Kosten für die Vorfinanzierung generell ablehnende Stimmen. Das LG Saarbrücken hat ausdrücklich darauf verwiesen, „dass das Risiko zur Durchsetzung seiner begründeten Ansprüche gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen und hierzu hinsichtlich der Gerichtsgebühren in Vorlage treten zu müssen, zu dem allgemeinen Prozessrisiko gehört und daher außerhalb des haftungsrechtlichen Schutzzwecks liegt“.311 Ansonsten lässt sich wiederum aus der dazu den Überblick bei Revilla. Gliederungspunkt C. Verzinsung des Kostenerstattungsanspruches, NJW 1969, S. 221 f. 304  Zur Verzinsung des Gerichtskostenvorschusses ab Rechtshängigkeit – eine vernachlässigte Schadensposition?, JurBüro 2001, S. 513 ff. 305  Wer ersetzt Kreditkosten auf Vorschüsse?, ProzRB 2005, S. 212 ff. 306  Tschischgale, S. 222; Gödicke, S. 513; Braunschneider, S.  212 ff. 307  Revilla, Gliederungspunkt C. 308  Hansens, S.  321 f.; Lensing, r+s 2012, S. 159 ff.; Der Verkehrsanwalt 2010, S.  125 f. 309  Goldmann, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, § 9 UWG Rdn.  124. 310  Köhler, in: GK-UWG, vor § 13 UWG a. F. Rdn. 311. 311  LG Saarbrücken AGS 2011, 150, 151. Das LG Saarbrücken hat zwar über § 823 BGB als Anspruchsgrundlage zu entscheiden. Die Äußerungen des LG Saarbrücken kann man allerdings so verstehen, dass das Gericht die Vorfinanzierung im Allgemeinen, also unabhängig von der konkreten Haftungsnorm, dem Bereich des Allgemeinen Lebensrisikos zuordnet. 302  Siehe 303  Die

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

ablehnenden Haltung vieler Gerichte312 zur Erstattungsfähigkeit der anwaltlichen Kosten für die Einholung einer Deckungszusage bei der Rechtsschutzversicherung schließen, dass diese die Kosten zur Vorfinanzierung von Anwalts- und Gerichtskosten nicht als erstattungsfähig ansehen. VII. Ergebnis Für die weitere Bearbeitung ist es vor allem von besonderem Interesse, dass der BGH Kosten, die dem Geschädigten durch die Verlagerung des mit der Rechtsdurchsetzung verbundenen Unterliegensrisikos auf einen Dritten bzw. für die Vorfinanzierung der Rechtsverfolgung durch einen Dritten als im Rahmen des Schadensrechts – insbesondere des Verzugs gem. § 280 Abs. 2, Abs. 2, 286 BGB – berücksichtigungsfähige Schadensposition ansieht.

B. Tatbestandliche Voraussetzungen des Schuldnerverzuges gem. §§ 280 Abs. 2, Abs. 2, 286 BGB Nach deutscher Rechtstradition muss der Schuldner Verspätungsschäden nicht immer ersetzen, sondern nur wenn die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs erfüllt sind. Diese Tradition wird durch § 280 Abs. 2 BGB bestätigt, nachdem nicht die allgemeinen Merkmale des § 280 Abs. 2 BGB für den Ersatz des Verzögerungsschadens genügen, sondern zusätzlich die Vo­ raussetzungen des § 286 BGB erfüllt sein müssen.313 Das abstrakte Tatbestandsmerkmal der Pflichtverletzung in § 280 Abs. 1 S. 1 BGB wird also durch die zusätzlichen Voraussetzungen des § 286 BGB konkretisiert.314 Danach kann der Schuldnerverzug „als die vom Schuldner zu vertretende Nichtleistung trotz Fälligkeit und Mahnung“315 definiert werden. Dies soll in der gebotenen Kürze nachfolgend dargestellt werden.316 I. Leistungspflicht des Schuldners Grundvoraussetzung eines Verzugs ist das Vorliegen einer wirksamen Leistungspflicht im Sinne von § 241 Abs. 1 BGB. Eine derartige Leistungs312  Siehe dazu den Überblick bei Revilla, Gliederungspunkt C. Allerdings ist zu beachten, dass es bei einigen der von Revilla aufgeführten Entscheidungen um § 823 BGB als Anspruchsgrundlage geht. 313  Looschelders, Schuldrecht AT, § 28, Rdn. 577. 314  Brox/Walker, SR AT, § 23, Rdn. 2 ff. 315  Looschelders, Schuldrecht AT, § 28, Rdn. 579. 316  Siehe ausführlich zum Verzug Huber, Leistungsstörungen, I; Huber, Leistungsstörungen II.



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage257

pflicht kann sich sowohl aus einem vertraglichen als auch aus einem gesetzlichen Schuldverhältnis ergeben.317 Ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des Verzugs ist die Wirksamkeit der Forderung.318 II. Nichtleistung trotz Möglichkeit der Leistung Voraussetzung des Verzugs ist es, dass der Schuldner nicht geleistet hat. Verzug kann jedoch nur dann eintreten, wenn die Leistung noch möglich ist. Ist eine Leistung im Sinne von § 275 BGB nicht mehr möglich, sind die Regelungen über die Unmöglichkeit anzuwenden. Die Unmöglichkeit der Leistung führt wiederum gem. § 275 BGB dazu, dass die Leistung nicht mehr geschuldet wird und Verzug aufgrund der fehlenden Leistungsverpflichtung nicht mehr eintreten kann. Verzug und Unmöglichkeit schließen sich demnach aus.319 Im Einzelfall kann die Abgrenzung des Verzugs von der Unmöglichkeit schwierig sein. Entscheidendes Abgrenzungskriterium ist die mögliche Nachholbarkeit der Leistung.320 III. Fälligkeit des Anspruches Der Schuldner kann nach der Regelung des § 286 Abs. 1 S. 1 BGB nur in Verzug geraten, wenn die Leistung bereits fällig ist. Fälligkeit bedeutet, dass der Gläubiger sie verlangen kann.321 Regelungen zur Fälligkeit einer Leistung sind in § 271 BGB zu finden. Danach ist die Leistung sofort fällig, wenn nichts anderes geregelt ist. Eine anderweitige Regelung kann sich sowohl aus dem Gesetz322 als auch aus einer Parteivereinbarung ergeben.

317  Haberzettl,

S. 214. in: Müko/BGB, § 286 BGB Rdn.  18; dieses ungeschriebene Tatbestandsmerkmal ergibt sich aus § 286 IV BGB, nach dem der Schuldner nur die Verzögerung einer an sich möglichen Leistungserbringung zu vertreten hat. Siehe dazu Emmerich, § 16, Rdn. 3, S. 230. Ernst, in: Müko/BGB, § 286 BGB Rdn.  19: „Eine wirksame Forderung liegt vor, wenn der Anspruch des Gläubigers nicht auf eine unvollkommene Verbindlichkeit gerichtet, nicht mit einer Einrede behaftet und nicht auf Grund fehlender Heilung oder fehlenden Eintritts einer aufschiebenden Bedingung unwirksam ist. Daneben muss der Anspruch hinreichend bestimmt sein und darf nicht von einer behördlichen Genehmigung abhängig sein.“ 319  Ernst, in: Müko/BGB, § 286 BGB Rdn.  34. 320  BGH NJW 1982, 2238, 239. 321  Goebel, § 2, Rdn. 41, S. 64. 322  Z. B. §§ 556 b, 579, 587 BGB. 318  Ernst,

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

IV. Mahnung bzw. Entbehrlichkeit einer Mahnung 1. Begriff der Mahnung Da die Verzugsfolgen den Schuldner sehr belasten können, soll er zuvor noch gesondert gewarnt werden.323 Diese Warnfunktion wird durch die sogenannte „Mahnung“ ausgeübt. Die Mahnung ist eine „einseitige, empfangsbedürftige Aufforderung des Gläubigers, an den Schuldner, die fällige Leistung zu erbringen“.324 Sie bedarf keiner bestimmten Form,325 kann also schriftlich, mündlich oder auch elektronisch erfolgen326 bzw. auch in schlüssiger Form.327 Aus der Mahnung muss eindeutig hervorgehen, dass eine bestimmte geschuldete Leistung unbedingt angefordert wird.328 Die Leistung muss also mit Bestimmtheit gefordert werden.329 Bei Geldforderungen muss grundsätzlich der geschuldete Betrag genau beziffert werden.330 Die Mahnung wird mit Zugang gem. §§ 130 ff. BGB an den Schuldner wirksam. Gemäß § 286 Abs. 1 S. 2 BGB stehen die Erhebung der Leistungsklage sowie die Zustellung eines Mahnbescheides der Mahnung gleich. 2. Entbehrlichkeit einer Mahnung Der Gläubiger wird oftmals an einer sofortigen Verwendung der Leistung bei deren Fälligkeit interessiert sein.331 § 286 Abs. 2 BGB zählt daher die wichtigsten Fälle auf, in denen der Schuldner auch ohne Mahnung in Verzug gerät. § 286 Abs. 3 BGB enthält eine Sonderregelung für Entgeltforderungen. Über diese gesetzlich geregelten Fallgruppen hinaus ist eine Mahnung auch dann entbehrlich, wenn die Parteien im Vertragsschluss bzw. der Schuldner einseitig darauf verzichtet haben.332

323  Westermann/Bydlinski/Weber,

S. 158. NJW 1998, 2132, 2133; Westermann/Bydlinski/Weber, S. 158. Zur dogmatischen Einordnung der Mahnung ist zu bemerken, dass es sich hierbei um eine geschäftsähnliche Handlung handelt. Auf diese sind die Vorschriften über Willens­ erklärungen analog anzuwenden. Sie dazu BGHZ 47, 352, 357. 325  Westermann/Bydlinski/Weber, S. 158. 326  Etwas anderes gilt nur, wenn ausdrücklich die Schriftform angefordert ist. Dies ist zum Beispiel bei § 38 VVG gegeben. Hier wird Textform verlangt. 327  Ernst, in: Müko/BGB, § 286 BGB Rdn.  49. 328  Goebel, § 2, Rdn. 54, S. 67; Westermann/Bydlinski/Weber, S. 158. 329  Goebel, § 2, Rdn. 54, S. 67. 330  Westermann/Bydlinski/Weber, S. 158. 331  Westermann/Bydlinski/Weber, S. 159. 332  BGH NJW 1959, 933. 324  BGH



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage259

V. Vertretenmüssen der Leistungsverzögerung durch den Schuldner Nicht selten wird ein Anspruchsgegner die Nichterfüllung seiner Leistungspflicht damit begründen, dass er rechtliche Zweifel am Bestehen der Schuld hat. In einem solchen Fall stellt sich die Frage, ob die Anspruchsvoraussetzungen des Verzuges eventuell von vornherein nicht vorliegen und der Anspruchsgegner trotz Unterliegens nicht zur Erstattung des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars verpflichtet sein könnte, wenn sein Rechtsstandpunkt vertretbar war – er also die Erfüllung des Anspruchs nicht aus strategischen Gründen „verweigert“ hat. Würde man dies annehmen, wäre sichergestellt, dass es nicht zu einer „Aushöhlung“ der Verteidigungsrechte des Anspruchsgegners kommt und kein strukturelles „Rechtsverteidigungsdefizit“ entsteht. Zwar werden sich Prozessfinanzierungsunternehmen aus betriebswirtschaftlicher Sicht eher zur Finanzierung juristisch unzweifelhafter Rechtsstreitigkeiten entscheiden. Aber es ist nicht ausgeschlossen, dass auch Rechtsstreitigkeiten finanziert werden, die nicht aufgrund einer höchstrichterlichen Rechtsprechung oder vollkommen gefestigten Meinung entschieden werden können und damit offen sind. Diese Überlegungen führen zu § 286 Abs. 4 BGB, der die Verantwortlichkeit des Schuldners für die Verzögerung der Leistung regelt. 1. Regelung des § 286 Abs. 4 BGB Zum Eintritt der Verzugsfolgen genügt die objektive Säumnis des Schuldners nicht.333 Vielmehr setzt der Verzug – in Fortsetzung der gemeinrechtlichen Culpa-Theorie334 – Verschulden voraus. Der Schuldner kommt daher nicht in Verzug, wenn die Leistung infolge eines Umstandes unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat. Ausdrücklich geregelt ist dies in § 286 Abs. 4 BGB. Auf die Frage des Verschuldens finden die allgemeinen Vorschriften der §§ 276 ff. BGB Anwendung. Mithin hat der Schuldner Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten.335 Ohne Verschulden haftet der Schuldner hingegen nur dann, wenn dies „vertraglich bestimmt ist oder sich aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos ergibt“.336 Aufgrund der negativen Formulierung des § 286 Abs. 4 BGB wird die Verantwortlichkeit des Schuldners für die Verzögerung der Leistung vermu333  Larenz,

SR AT I, S. 247.

334  Westermann/Bydlinski/Weber,

S. 164. ist die Haftung gem. § 278 BGB auf Erfüllungsgehilfen erweitert. 336  Löwisch, in: Staudinger, § 286 BGB Rdn. 130. 335  Zudem

260

3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

tet. Mithin obliegt es dem Schuldner zu behaupten und zu beweisen, dass er die Leistungsverzögerung nicht zu vertreten hat. Zu beachten ist, dass Unaufklärbarkeit allein dem Schuldner schadet.337 Grundsätzlich werden an den Schuldner hohe Anforderungen hinsichtlich einer rechtzeitigen Leistung gestellt. Dieser ist daher nur für solche Verzögerungen nicht verantwortlich, deren Ursachen er trotz größter Sorgfalt nicht voraussehen oder verhindern konnte.338 Dabei kommen etwa vorübergehende Leistungshindernisse tatsächlicher oder rechtlicher Art, entschuldbare Irrtümer oder auch ein bestehendes Leistungsverweigerungsrecht in Betracht.339 § 286 Abs. 4 BGB schränkt den Kreis derartiger Umstände nicht ein.340 Als zu prüfende Leistungshindernisse kommen deshalb „sowohl äußere Umstände wie Einwirkungen Dritter, Ausfall von Hilfspersonen, Betriebsstörungen, Krankheit des Schuldners, Beschaffungsschwierigkeiten oder andere tatsächliche Schwierigkeiten bei der Vorbereitung der Leistung in Betracht als auch innere Tatsachen, insbesondere die tatsächliche oder vermeintliche Ungewissheit über Bestehen und Umfang der Schuld oder über den Gläubiger.“341

Im Gegensatz dazu stellt die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners – gleich aus welchem Grund – niemals einen Umstand dar, aufgrund dessen die Verantwortlichkeit des Schuldners für die Leistungsverzögerung ausgeschlossen ist.342 2. Ungewissheit über die Auslegung einer Norm oder das Verständnis einer höchst- bzw. obergerichtlichen Rechtsprechung Fraglich ist nunmehr, ob das Bestehen rechtlicher Zweifel – also die rechtliche Ungewissheit über die Auslegung oder Anwendung einer Norm – als nicht zu vertretender Umstand im Sinne von § 286 Abs. 4 BGB zu qualifizieren ist343 und zu einem Ausschluss des Verschuldens des Anspruchsgegners führt. Eine Lösung dieses Problems ist deshalb so schwierig, weil „die Rechtslage nun einmal nicht selten so zweifelhaft ist, dass sie den als Schuldner in Anspruch Genommenen vor die Alternative stellt, möglicherweise auf eine Nichtschuld zu leisten und sich für später mit einem höchst fragwürdigen Kondiktionsanspruch zu trösten oder die harten Folgen des Verzugs in Kauf zu nehmen.“344 337  Westermann/Bydlinski/Weber, 338  Westermann/Bydlinski/Weber, 339  Larenz,

S. 164. S. 164.

SR AT I, S. 347. in: Staudinger, § 286 BGB Rdn. 131. 341  Löwisch, in: Staudinger, § 286 BGB Rdn. 131. 342  Larenz, SR AT I, S. 347. 343  Rittner, S. 413. 344  Rittner, S. 413. 340  Löwisch,



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage261

Ein entsprechendes Vorbringen des Anspruchsgegners wird daher oftmals nicht abwegig erscheinen. Gleichzeitig sind jedoch auch die Konsequenzen zu berücksichtigen, die die Nichterbringung der Leistung für den Gläubiger mit sich bringen kann. Dieser kann über den ihm geschuldeten Leistungsgegenstand nicht verfügen. Hierdurch können ihm Vermögenseinbußen entstehen. So kann die verspätete Lieferung von Rohstoffen, Ersatzteilen u. ä. zu einem Produktionsausfall führen. Zudem können einem Händler aufgrund der verspäteten Lieferung von Waren gewinnbringende Möglichkeiten der Weiterveräußerung entgehen.345 Vor allem jedoch ist der Anspruchsinhaber gezwungen, seinen Anspruch gerichtlich durchzusetzen und das damit verbundene Prozesskostenrisiko tragen zu müssen. Entscheidet das zuständige Gericht dann rechtskräftig, dass der Anspruch besteht, ist gleichzeitig gewiss, dass sich der Anspruchsgegner über die rechtliche Bewertung geirrt hat – also einem Rechtsirrtum erlegen ist. Es stellt sich dann die Frage, ob der Anspruchsgegner für die Folgen dieses Rechtsirrtums einzustehen und dem Anspruchsinhaber die durch die Leistungsverzögerung entstandenen Schäden zu ersetzen hat. Dieses Problem stellt sich umso deutlicher, wenn die rechtlichen Zweifel des Anspruchsgegners durch in Literatur und Rechtsprechung vertretene Rechtsauffassungen unterstützt wurden oder sogar vorinstanzliche Gerichte im Sinne des Anspruchsgegners entschieden haben. Zu berücksichtigen ist jedoch auch, dass der Anspruchsgegner die rechtlichen Zweifel eventuell nur „vorschieben“ könnte, um die Leistung hinauszuzögern346 bzw. „um die Entschlossenheit des Anspruchsinhabers zur Rechtsverfolgung zu erproben oder um zu versuchen, im Laufe des Prozesses vielleicht zu einem vorteilhaften Ausgleich zu kommen“.347 Berücksichtigte man derartige Zweifel zugunsten des Anspruchsgegners, würde man – darauf weist Huber hin – das Risiko des Prozesses dem Anspruchsinhaber zuweisen. Dieser müsste zwar nicht die Prozesskosten gem. § 91 ZPO, jedoch aber die „materiellen Kosten des Prozesses“ tragen.348 Er müsste die bis zum Prozessende eintretenden durch den Verzug begründeten Nachteile, soweit diese die Prozesszinsen bzw. die nach §§ 292 Abs. 2, 987 BGB zu erstattenden Nutzungen übersteigen, ohne einen Ausgleich tragen.349 Indem der Schuldner die Leistung bis zur gerichtlichen Klärung der 345  Medicus/Lorenz,

SR I AT, Rdn. 468. in: Staudinger, § 286 BGB Rdn. 152.; Rittner, S. 413. 347  Huber, Leistungsstörungen I, S. 711. 348  Huber, Leistungsstörungen I, S. 710; Häsemeyer, S.  88 ff. 349  Huber, Leistungsstörungen I, S. 710. 346  Löwisch,

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

Rechtsfrage hinausschieben könnte, käme der Irrtum zudem in seiner Wirkung einer aufschiebenden Einrede gleich.350 Auf der anderen Seite könnte eine zu strenge Beurteilung jedoch dazu führen, dass vor allem sozial schwächere Anspruchsgegner an der prozessualen Durchsetzung ihrer Ansprüche gehindert werden. Dies würde die Möglichkeit der Rechtsfortbildung einschränken.351 3. Grundsätzliche Anerkennung des Rechtsirrtums Es wurde bereits angemerkt, dass § 286 Abs. 4 BGB an und für sich keine Beschränkung der Ursachen kennt, aus denen sich ein Nichtvertretenmüssen der Leistungsverzögerung des Schuldners ergeben kann. Infolgedessen können auch innere Tatsachen, z. B. die tatsächliche oder rechtliche Ungewissheit über das Bestehen und den Umfang der Schuld, als berücksichtigungsfähige Umstände in Betracht kommen. Insbesondere wird in § 286 Abs. 4 BGB nicht danach unterschieden, ob der Schuldner zur Erfüllung des Anspruchs nicht in der Lage ist oder er die Leistung deshalb verweigert, weil er – beispielsweise aufgrund rechtlicher Zweifel – glaubt, zu dieser nicht verpflichtet zu sein.352 So gesehen, ist die Diskussion über die Berücksichtigungsfähigkeit von Rechtsirrtümern zunächst einmal erstaunlich, dürfte es doch unter bloßer Berücksichtigung des Wortlautes des § 286 Abs. 4 BGB an und für sich außer Zweifel stehen, dass der Schuldner die Leistungsverzögerung nicht zu vertreten hat, wenn er – ohne vorsätzlich bzw. fahrlässig zu handeln – aufgrund seiner rechtlichen bzw. tatsächlichen Beurteilung des Sachverhaltes davon ausgehen konnte, nicht zur Leistung verpflichtet zu sein. Dass über diese Frage trotzdem diskutiert wird, hat vor allem rechtshistorische Ursachen. Insbesondere im römischen Recht wurde zwischen Irrtümern über Tatsachen und solchen über rechtliche Fragen unterschieden. Nur der unverschuldete Irrtum über Tatsachen sollte den Schuldner entlasten. Die irrtümliche rechtliche Fehlbeurteilung dagegen sollte nicht oder nur bedingt zu einer Entlastung führen.353 Die Sonderbehandlung des Rechtsirrtums wurde damit begründet, dass „alles Recht finitum“354 sei. Das Gesetz enthalte das Recht klar und vollständig. Es bedürfe nur einer gewissen intellektuellen Anstrengung, dieses richtig zu erkennen.355 Auch Savigny ging 350  Huber,

Leistungsstörungen I, S. 711. Rechtsirrtum, S. 155. 352  Löwisch, in: Staudinger, § 286 BGB Rdn. 153; Häsemeyer, S. 89. 353  Rittner, S. 396 f., 399; Häsemeyer, S. 89; Mayer-Maly, S. 137. 354  Neratius, zit. nach Mayer-Maly, S. 139. 355  So die aus Zeiten der Aufklärung stammende Offenkundigkeitshypothese; siehe dazu Rittner, S. 396. 351  Mayer,



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage263

davon aus, dass bei dem „Rechtsirrtum nicht bloß die Schuldlosigkeit, sondern selbst das Dasein des Irrtums schwerer und seltener als bei dem faktischen anzunehmen ist“.356 Beide Arten des Irrtums – so Savigny weiter – ständen zwar nicht unter verschiedener Rechtsregel. Allerdings sei die Beweislast verschieden.357 Während die „Nachlässigkeit – das entscheidende Kriterium für die Berücksichtigung des Irrtums – bei dem faktischen Irrtum als eine besondere Tatsache erwiesen werden muss“, gelte, „dass sie sich bei dem Rechtsirrtum von selbst versteht und nur durch den Beweis ungewöhnlicher Umstände widerlegt werden kann“.358 Allerdings erkannte man bald, dass man „sich keiner Täuschung überlassen [dürfe], dass die Zumutung, welche an alle Staatsbürger gemacht [werde], das Recht zu erkennen, sodass ein Irrtum darin regelmäßig nicht entschuldigt wird, bei unseren Rechtszuständen in Deutschland auf reiner Fiktion beruht“.359 Bereits in der Spätpandektistik kam es daher zu Zweifeln über die Richtigkeit einer Unterscheidung zwischen Tatsachen- und Rechtsirrtümern. Vielmehr hielt man eine Differenzierung nach der Entschuldbarkeit des Irrtums für vorzugswürdig:360 „Nur ein entschuldbarer Irrtum wird berücksichtigt. Rechtsirrtum erscheint zwar an sich als unentschuldbar, kann aber entschuldbar sein und hindert dann den Verlust.“361 Der Entwurf I zum BGB bestimmte dann auch in seinem § 146 BGB a. F.: „Im Sinne des Gesetzes ist unter Irrtum sowohl der Irrtum über Thatsachen als auch der Rechtsirrthum, unter entschuldbarem Irrthume ein nicht auf Fahrlässigkeit beruhender Irrthum, unter Kennenmüssen oder Wissenmüssen ein auf Fahrlässigkeit beruhendes Nichterkennen oder Nichtwissen zu verstehen.“362

Zwar wurde in den Motiven hinzugefügt: „Der Umstand, dass in Ansehung der Rechtsnorm einem Jeden ein meist zum Ziele führender Weg zur Erkenntnis gewiesen ist, erschwert die Annahme der Entschuldbarkeit, schließt sie aber nicht unbedingt aus.“363 Auch wenn diese Aussage auf den ersten Blick den Anschein erweckt, dass „der alte Unterschied als Pferdefuß des so plausibel klingenden Rechtssatzes doch wieder zum Vorschein kommt“,364 stellt man bei einer genaueren Analyse fest, 356  Savigny,

zit. nach Rittner, S. 399. die allgemeinen Ausführungen und Nachweise zur Beweislast in 3. Teil, 2. Kapitel, G.I. 358  Savigny, zit. nach Rittner, S. 399. 359  Beseler, System des gemeinen deutschen Privatrechts I, Bd., 1847, S. 81, zit. nach Rittner, S. 391. 360  Mayer-Maly, S. 143. 361  Dernburg, Pandekten, 3. Aufl., I. Bd. 1892, § 87, zit. nach Rittner, S. 399. 362  Mugdan I, S. XCVI. 363  Mugdan I, S. 508. 364  Rittner, S. 400. 357  Siehe

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

„dass sie nur Voraussagen über das Ergebnis jener Entschuldbarkeitskriterien der Irrtumslehre darstellen, die einheitlich für alle Irrtumsarten gelten sollten. Dass sich bei einer Anwendung dieser Kriterien ein Rechtsirrtum relativ öfter als unentschuldbar erweisen würde als ein Tatsachenirrtum, war eine durchaus diskutable Annahme, die aber nicht als ein Festhalten an der Maxime error iuris nocet gedeutet werden darf.“365

Auch wenn der § 146 BGB a. F. durch die zweite Kommission gestrichen wurde, „weil die Auslegung nicht berechtigt sei, wenn das Gesetz nicht unterscheide, einen Unterschied zwischen tatsächlichem und rechtlichem Irrtum zu machen“366, kann man das BGB doch als „jene Privatrechtskodifikation bezeichnen, die sich stärker als jede andere gegen eine Diskriminierung des Rechtsirrtums wendet“.367 Es kann also resümierend festgestellt werden, dass das BGB in seiner Konzeption „von einer Ablehnung der Unentschuldbarkeit aller Rechtsirrtümer zur Ignorierung einer Sonderstellung des Rechtsirrtums gelangt ist“.368 Allerdings hat schon Kuhlenbeck prophezeit, „dass Wissenschaft und Praxis auf die dem natürlichen Billigkeitsgefühl entsprechenden römischen Grundsätze zurückkommen werde“.369 Dementsprechend wird in Rechtsprechung370 und Literatur371 heute ganz überwiegend davon ausgegangen, dass ein unverschuldeter Rechtsirrtum des Schuldners den Vorwurf des Verschuldens und damit den Verzug ausschließen kann.372 Lediglich eine Mindermeinung in der Literatur geht im Fall des Verzugs davon aus, dass der Schuldner sich zu seiner Entlastung nicht auf einen Rechtsirrtum berufen könne.373 365  Mayer-Maly,

S.  144 f. I, S. 766. 367  Mayer-Maly, S. 143. 368  Mayer-Maly, S. 147. 369  Kuhlenbeck, S. 419, zit. nach Mayer-Maly, S. 147. 370  RGZ 92, 376, 379 ff.; 96, 313, 316; BGH NJW 1951, 398; 1957, 1759, 1760; 1970, 463, 464; 1972, 1045 f.; 1983, 2318, 2320 f. 371  Larenz SR AT I, S. 347 f.; Löwisch, in: Staudinger, § 286 BGB Rdn. 152 ff.; Grüneberg, in: Palandt, § 286 BGB Rdn. 34; Rittner, S.  411 ff.; Mayer-Maly, S.  148 ff. 372  Huber, Leistungsstörungen I, S. 707 f., weist darauf hin, dass auch der Gesetzgeber offenbar vor allem im Hinblick auf die Verzugshaftung davon ausgehe, dass sich der Schuldner auf einen Rechtsirrtum berufen könne. Dies ergebe sich indirekt aus § 292 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 989 BGB. Danach hafte der „Schuldner eines Herausgabeanspruches ab Rechtshängigkeit für Verschlechterung, Untergang oder sonstige Unmöglichkeit der Herausgabe des Gegenstandes im Fall des Verschuldens, soweit sich nicht aus seinem Verzug zugunsten des Gläubigers ein anderes ergebe.“ Im Falle des Verzugs hafte der „Schuldner jedoch grundsätzlich schon für Zufall (§ 287 S. 2).“ § 292 BGB mache also nur dann Sinn, wenn es Fälle gäbe, in denen der Schuldner sich trotz bestehenden Herausgabeanspruches und Rechtshängigkeit nicht im Verzug befände. 373  Häsemeyer, S.  88 ff. 366  Mugdan



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage265

4. Maßstab für die Berücksichtigungsfähigkeit von Rechtsirrtümern Allerdings ist die Frage, wann ein Rechtsirrtum vom Schuldner nicht zu vertreten ist, nur schwierig zu beantworten. Unproblematisch sind lediglich die Fälle, in denen die Rechtsauffassung des Schuldners bei objektiver Betrachtung nicht vertretbar erscheint – der fehlerhafte Rechtsstandpunkt für den Schuldner also nur ein Vorwand ist – oder der Rechtsirrtum auf einer fehlerhaften Beurteilung der Rechtslage beruht. Nach einhelliger Auffassung scheidet ein Rechtsirrtum hier aus.374 Problematischer sind die Fälle, bei denen der Rechtsstandpunkt des Schuldners vertretbar erscheint.375 In Literatur und Rechtsprechung werden hinsichtlich der Berücksichtigungsfähigkeit von Rechtsirrtümern zwei „Linien“ vertreten. a) Strenger Maßstab Zum Teil werden besonders strenge Anforderungen an den Entlastungsbeweis gestellt.376 Ein Rechtsirrtum soll den Schuldner nur unter zwei Voraussetzungen entlasten: Zum einen muss der Rechtsstandpunkt des Schuldners vertretbar, fehlerfrei gebildet und in diesem Sinne nicht vorwerfbar sein. Zum anderen wird verlangt, dass sich der Schuldner unter Wahrung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt eine zutreffende Meinung von den Erfolgsaussichten seines Standpunktes gebildet hat und danach nicht mit dem Unterliegen im Rechtsstreit zu rechnen brauchte.377 Dabei komme es nicht auf die immer bestehende theoretische Möglichkeit der Prozessniederlage an.378 Der Schuldner müsse vielmehr die ernsthafte Möglichkeit sehen, dass der Rechtsstandpunkt des Gläubigers auch vom Gericht vertreten werden könnte.379 Hinsichtlich beider Voraussetzungen wird davon ausgegangen, dass der Schuldner rechtskundig beraten ist, wobei ihm eine fehlerhafte Beratung gemäß § 278 BGB zugerechnet wird. Es kommt in beiden Bezie374  Huber,

Leistungsstörungen I, S. 711. Leistungsstörungen I, S. 711. 376  BGHZ 119, 365, 369 f.; Ernst, in: Müko/BGB, § 286 BGB Rdn.  108 ff.; Alpmann, in: JurisPK-BGB, § 286 BGB, Rdn. 57; Huber, Leistungsstörungen I, S. 710 ff. 377  BGHZ 36, 344, 346 f.; BGH NJW 1951, 398; 1972, 1045, 1046; 1983, 2318, 2321. 378  Vgl. BGH NJW 1972, 1045, 1046: „Die genannten Sorgfaltsanforderungen dürfen freilich nicht dahin missverstanden werden, dass eine dem Schuldner ungünstige Entscheidung der Rechtsfrage undenkbar gewesen sein müsste; dies würde die Entschuldigung praktisch immer ausschließen.“ Siehe auch Huber, Leistungsstörungen I, S. 713. 379  Huber, Leistungsstörungen I, S. 713. 375  Huber,

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

hungen also nicht auf den Laienstandpunkt an.380 Insbesondere dieses vom BGH verwendete Kriterium führt in der Praxis dazu, dass ein Rechtsirrtum nur selten zu einer Entlastung des Schuldners führt. Dazu trägt auch bei, dass es nach Auffassung des BGH nicht einmal genüge, dass die Instanzgerichte die Rechtsauffassung des Schuldners teilten und erst in letzter Instanz das Bestehen des Anspruches festgestellt werde. Dies sei lediglich ein Indiz dafür, dass der Rechtsstandpunkt des Schuldners vertretbar sei, aber nicht dafür, dass er mit einem Unterliegen im Rechtsstreit nicht zu rechnen brauchte.381 Der Verschuldensvorwurf ist nach dieser Auffassung also nicht auf die Frage bezogen, „ob es schuldhaft war, einen derartigen Rechtsstandpunkt einzunehmen, sondern auf das für den Schuldner erkennbare Prozessrisiko“.382 Auch bei äußerst zweifelhaften Rechtsfragen trage der Schuldner das Risiko der Unrichtigkeit seines Rechtsstandpunktes – also das Prozessrisiko. Schon das Reichsgericht hat diesen Standpunkt vertreten und dahingehend zusammengefasst, dass eine fehlerhafte Rechtsauffassung den Schuldner grundsätzlich auch dann nicht von den Verzugsfolgen befreie, „wenn sie nicht auf Fahrlässigkeit beruht“.383 Vielmehr vertrete der Schuldner seine Rechtsauffassung grundsätzlich „auf eigene Gefahr“.384 b) Milderer Maßstab Weniger strenge Anforderungen an den Entlastungsbeweis stellen das Bundesarbeitsgericht385 und weite Teil der Literatur.386 Diese vertreten die Auffassung, dass es für den Ausschluss des Verschuldens genüge, dass der vom Schuldner eingenommene Standpunkt vertretbar sei. Zur Entlastung des Schuldners sei es ausreichend, wenn dieser „auch nur eine Minderheit von veröffentlichten Entscheidungen für sich hat und darauf vertraut, die ihm günstige Rechtsauffassung in der höchsten Instanz durchsetzen zu können“.387 380  Huber, 381  Vgl.

Leistungsstörungen I, S. 712. BGH NJW 1974, 1903, 1904 f.; 1983, 2318, 2321; BGH NJW-RR 1990,

160, 161. 382  Huber, Leistungsstörungen I, S. 711. 383  RGZ 130, 23, 28. 384  RGZ 118, 288, 292. 385  U. a. BAG NZA 1999, 500; 2000, 1348; BAG BeckRS 1999, 30778890. 386  Löwisch, in: Staudinger, § 286 BGB Rdn. 27; Mayer, Rechtsirrtum, S. 155 f.; Rittner, S.  415 f.; Mayer-Maly, S.  148 ff.; Walther, S. 282, der nach der Motivlage des Schuldners unterscheiden will. Es komme darauf an, ob „das Motiv des Schuldners, wenn er sich auf einen Rechtsirrtum beruft, erkennbar allein von dem Willen getragen war, nicht zu leisten, oder ob dieses Motiv über die bloße Nichtleistung hinausgeht […].“ 387  Löwisch, in: Staudinger, § 286 BGB Rdn. 160.



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage267

Der Schuldner könne also grundsätzlich auf die ihm günstigere Rechtsauffassung vertrauen.388 Der Schuldner müsse daher entgegen der vom BGH vertretenen Auffassung keine „Wahrscheinlichkeitshypothese“ über den möglichen Ausgang des Prozesses anstellen.389 Nur diese mildere Linie werde dem Verschuldensprinzip der §§ 276, 286 BGB gerecht.390 Es könne nie schuldhaft sein, eine zweifelhafte Rechtsfrage auszutragen.391 Die strengere Linie und die darin enthaltene „Diskriminierung des Rechtsirrtums“ sei lediglich als eine verdeckte Spätfolge des Prinzips „error iuris nocet“ anzusehen, das vom BGH eigentlich aufgegeben wurde.392 c) Stellungnahme Die beiden Auffassungen stimmen dahingehend überein, dass die entschuldigende Wirkung des Rechtsirrtums beim Verzug in jedem Fall nur dann eintritt, wenn der Schuldner seine Rechtsansicht unter Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt gebildet hat. Der Unterschied liegt in dem vom BGH zusätzlich geforderten Kriterium, wonach der Schuldner sich auch eine zutreffende Meinung über die Erfolgsaussichten seines Standpunktes bilden muss und danach nicht mit einer abweichenden Beurteilung durch das Gericht – also damit, dass die ihm ungünstige Rechtsansicht stimmen könnte – rechnen musste. Mithin ist zu entscheiden, ob man dieses zusätzliche Kriterium des BGH für gerechtfertigt hält. Dieses vom BGH verwendete Kriterium ist ein Versuch, die mit der Berücksichtigung von Rechtsirrtümern immer verbundene Gefahr des „bloßen Vorschiebens“ rechtlicher Zweifel durch den Schuldner zum Zwecke der Verzögerung der Erfüllung des Anspruches zu verhindern. Geht ein Schuldner davon aus, dass sich sein Rechtsstandpunkt – ist er auch an sich vertretbar – nicht durchsetzen lässt, ist es für ihn durchaus erkennbar, dass er letztlich zur Leistung verpflichtet sein und seine Leistungsverzögerung den Gläubiger im Ergebnis schädigen könnte. Daher erscheint es zunächst durchaus gerechtfertigt zu sein, ihn für den entstandenen Schaden haften zu lassen. So nachvollziehbar der hinter diesem Kriterium stehende Zweck auch ist, so zweifelhaft ist doch, ob es mit dem Konzept des Leistungsstörungsrechts des BGB im Einklang steht. Insbesondere gilt dies für das in § 276 BGB kodifizierte Verschuldensprinzip, wonach der Schuldner Vorsatz und Fahr388  Löwisch,

in: Staudinger, § 286 BGB Rdn. 160. S.  415 f. 390  Mayer-Maly, S. 150. 391  Löwisch, in: Staudinger, § 286 BGB Rdn. 160. 392  Rittner, S. 414; Huber, Leistungsstörungen I, S. 721. 389  Rittner,

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

lässigkeit zu vertreten hat. Die nachfolgenden Ausführungen zeigen, dass dem Schuldner ein fahrlässiges und damit schuldhaftes Handeln nur dann vorwerfbar ist, wenn die von ihm vertretene Rechtsauffassung im Gegensatz zur gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung steht und er deshalb im Prozess unterliegt. Existiert hingegen keine gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung zu dem strittigen Rechtsproblem, ist es dem Schuldner gar nicht möglich, die – vom BGH geforderte – sorgfältige Wahrscheinlichkeitshypothese über den Ausgang des Prozesses anzustellen. Bei derartigen Fällen ist die Wahrscheinlichkeitshypothese daher kein geeignetes Kriterium, um über das Verschulden eines Schuldners entscheiden zu können. Zunächst ist jedoch einmal festzustellen, dass es kein vorsätzliches Handeln des Schuldners begründet, bei einer zweifelhaften Rechtslage – ganz gleich ob mit oder ohne Wahrscheinlichkeitshypothese – die Leistung zu verweigern und es auf einen Prozess ankommen zu lassen. Der Schuldner verletzt dann vorsätzlich seine Pflichten aus dem Schuldverhältnis, „wenn er sich den Erfolg seines Handelns vorgestellt und ihn in Kenntnis der Pflichtwidrigkeit seiner Herbeiführung dennoch in seinen Willen aufgenommen hat“.393 Dabei bezieht die herrschende Meinung das Wissen im Zivilrecht meist auf die Norm.394 Im Falle des Verzögerungsschadens muss es der Schuldner also für möglich halten, dass dem Gläubiger durch die Leistungsverzögerung ein Schaden entsteht und er muss dies in Kauf nehmen. Dabei genügt ein bedingter Vorsatz.395 Der Schuldner muss die Tatbestandsverwirklichung also nicht erstreben oder als sicher ansehen, sondern nur billigend in Kauf nehmen.396 Huber geht davon aus, dass der Schuldner bedingt vorsätzlich handele, wenn er das Risiko in Kauf nehme, einen möglicherweise wirklich bestehenden, zumindest rechtskräftig und für ihn bindend festgestellten Anspruch nicht zu erfüllen.397 Um die eigene Prozesschance nicht zu gefährden, nehme der Schuldner es hin, seinem Gläubiger eventuell einen rechtswidrigen Schaden zuzufügen.398 Der bedingte Vorsatz sei immer gegeben, wenn der Schuldner mit der ernsthaften Möglichkeit seines prozessualen Unterliegens rechne.399 Dabei grenzt Huber jedoch den dolus eventualis nicht korrekt von 393  Larenz,

SR AT I, § 20, S. 279. in: Müko/BGB, § 276 BGB Rdn.  154. 395  Grundmann, in: Müko/BGB, § 276 BGB Rdn.  161; Ernst, in: Müko/BGB, § 286 BGB Rdn. 103. 396  Grundmann, in: Müko/BGB, § 276 BGB Rdn.  161; Alpmann, in: jurisPKBGB, § 276 BGB Rdn. 7. 397  Huber, Leistungsstörungen I, S. 721 f. 398  Huber, Leistungsstörungen I, S. 722. 399  Huber, Leistungsstörungen I, S. 722. 394  Grundmann,



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage269

der bewussten Fahrlässigkeit ab.400 Eine Möglichkeit der Abgrenzung bietet der BGH in seinem grundlegenden Urteil zur Frage der Körperverletzung durch ungeschützten Sexualverkehr mit einer an HIV-infizierten Person.401 Der BGH führt aus, dass es durchaus möglich sei, dass der Täter alle Umstände kenne, die sein Vorgehen zu einer das Leben gefährdenden Behandlung machen, ohne doch – infolge welcher Gegebenheiten der konkreten Situation auch immer – billigend in Kauf zu nehmen, dass sein Tun zum Tode des Opfers führt.402 Da für den zivilrechtlichen Vorsatz dieselben Grundsätze gelten wie im Strafrecht,403 muss auch für den Schuldner, der einen Rechtsstreit um die umstrittene Forderung führt, gelten, dass dieser – auch wenn er alle Umstände, also die zweifelhafte Rechtslage kennt – nicht automatisch billigend in Kauf nimmt, dass sein Vorgehen zum Entstehen eines Schadens beim Gläubiger führt, sondern auf ein für ihn positives Ende – also ein ihm günstiges Urteil – hofft.404 Nur wenn er ausschließlich zu dem Zweck handelt, die Zahlung zu verzögern, lasse sich – so richtigerweise Löwisch – von bedingtem Vorsatz sprechen.405 Entgegen der Auffassung des BGH kann eine – wie sich im Nachhinein herausstellt – fehlerhafte Wahrscheinlichkeitshypothese über den Ausgang des Prozesses auch kein fahrlässiges Verhalten des Schuldners begründen. Fahrlässigkeit wird durch das BGB in § 276 Abs. 2 BGB als „das Außerachtlassen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt“ definiert. Es gilt also ein objektiver Fahrlässigkeitsmaßstab.406 Ein Verstoß gegen das Sorgfaltsgebot liegt vor, „wenn nach einem objektivierten Beurteilungsmaßstab der Handelnde in seiner konkreten Lage den drohenden Erfolg seines Verhaltens voraussehen und ihn vermeiden konnte“.407 Erste Voraussetzung der Fahrlässigkeit ist die Erkennbarkeit der Gefahr vor deren Verwirklichung. Dies gilt auch für die Frage der Rechtswidrigkeit des eigenen Handelns.408 Ist also absehbar, dass die Gefahr der Schädigung eines anderen besteht und diesem dadurch Kosten entstehen können, müssen Anstrengungen unternommen werden, diese zu vermeiden.409 Die vom BGH geforderte Wahrscheinlichkeitshypothese über den Ausgang des Prozesses 400  Löwisch,

in: Staudinger, § 286 BGB Rdn. 163. 36, 1 ff. 402  BGHSt 36, 1, 9 ff. 403  Grundmann, in: Müko/BGB, § 276 BGB Rdn.  154 m. w. N. 404  Löwisch, in: Staudinger § 286 BGB Rdn. 160. 405  Löwisch, in: Staudinger, § 286 BGB Rdn. 160. 406  Löwisch, in: Staudinger, § 276 BGB Rdn. 28. 407  BGH NJW-RR 1996, 980 f.; Alpmann, in: JurisPK-BGB, § 276 BGB Rdn. 9. 408  Grundmann, in: Müko/BGB, § 276 BGB Rdn.  73. 409  Grundmann, in: Müko-BGB, § 276 BGB Rdn. 73. 401  BGHSt

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

ist als Ausfluss dieser Voraussetzung zu verstehen, denn die Gefahr einer Schädigung des Gläubigers besteht durchaus, wenn der Rechtsstandpunkt des Schuldners zwar sorgfältig gebildet wurde und vertretbar ist, dem Schuldner jedoch von vornherein klar ist, dass seine Rechtsauffassung nicht oder nur schwer durchzusetzen sein wird. Das Verhalten des Schuldners muss jedoch bereits an dieser Stelle differenziert betrachtet werden: Steht die vom Schuldner vertretene Rechtsauffassung im Gegensatz zur gefestigten höchst-richterlichen Rechtsprechung, ist diesem die Erstellung einer Wahrscheinlichkeitshypothese über den Ausgang des Prozesses ohne Weiteres möglich. Es ist für ihn durchaus erkennbar, dass er aufgrund der abweichenden höchstrichterlichen Rechtsprechung seinen Rechtsstandpunkt nicht wird durchsetzen können und den Gläubiger durch die Leistungsverzögerung schädigen wird. Natürlich ist es niemals ausgeschlossen, dass sich die höchstrichterliche Rechtsansicht zu einer umstrittenen Rechtsfrage auch ändert. Allerdings kann der Schuldner darauf nicht vertrauen. Dies bedeutet umgekehrt natürlich auch, dass der Schuldner nicht fahrlässig handelt, wenn er auf die Rechtsprechung des BGH vertraut hat, diese sich aber ändert.410 Mit einem solchen Wandel der Rechtsprechung muss der Schuldner auch dann nicht rechnen, wenn über diese bereits diskutiert wurde.411 Anders ist die Sachlage zu beurteilen, wenn keine gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung zu einer umstrittenen Rechtsfrage vorliegt. In einem solchen Fall ist es für den Schuldner schwierig, die vom BGH geforderte Wahrscheinlichkeitshypothese über den Ausgang des Prozesses zu erstellen, denn niemand kann wissen, wie höchsinstanzlich bei umstrittenen Rechtsfragen im Ergebnis entschieden wird.412 Selbst Juristen könnten dies – so Häsemeyer – nicht endgültig und ohne Zweifel einschätzen.413 Häsemeyer führt weiter an, dass die vom BGH geforderte Wahrscheinlichkeitshypothese über den Ausgang des Prozesses auch die Gerichte in einen schwierigen Konflikt bringe. In einem ersten Schritt müsse das Gericht die Entscheidung treffen. In einem zweiten Schritt müsste es prüfen, wie sich die unterlegene Partei im Hinblick auf die jetzt getroffene Entscheidung hätte verhalten müssen.414 Dabei müsse sich jedoch auch das Gericht der „relativen Richtigkeit“415 seiner Entscheidung bewusst sein, denn es gebe immer auch andere vertretbare Rechtsansichten.416 Angesichts der Vielzahl unterschied410  BGH

NJW 1972, 1045, 1046. NJW 1963, 651, 654; Ernst, in: Müko/BGB § 286 BGB Rdn.  111. 412  Häsemeyer, S. 89. 413  Rittner, S. 415. 414  Häsemeyer, S. 89. 415  Häsemeyer, S. 89. 416  Häsemeyer, S. 89. 411  BGH



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage271

licher Rechtsansichten zu juristischen Problemen könne der der unterlegenen Partei gemachte Vorwurf – eine wie sich im Nachhinein herausgestellt hat, unrichtige Prognose über den Ausgang des Prozesses getroffen zu haben – nicht präzisiert werden.417 Zweite Voraussetzung der Fahrlässigkeit ist die Vermeidbarkeit des schädigenden Verhaltens. Dabei ist zu fragen, ob die Tatbestandsverwirklichung vermieden werden kann und auch vermieden werden muss.418 Eine mög­ liche Schädigung des Gläubigers könnte der Schuldner bei zweifelhaften Rechtsfragen natürlich sehr einfach vermeiden. Er müsste nur auf die gerichtliche Klärung der Rechtsfrage verzichten und den Anspruch trotz der bestehenden rechtlichen Zweifel erfüllen. Genau darauf läuft es hinaus, wenn der BGH vom Schuldner verlangt, eine Wahrscheinlichkeitshypothese über den Ausgang des Prozesses anzustellen und dem Schuldner bei abweichendem Prozessausgang die Haftung für den Verzögerungsschaden auferlegt. Aus Furcht davor, den Verzögerungsschaden tragen zu müssen, werden viele Schuldner bei unklarer Rechtslage auf die gerichtliche Klärung der Rechtsfrage verzichten und die strittige Forderung sofort erfüllen. Es ist allerdings äußerst zweifelhaft, ob dies dem Schuldner tatsächlich zugemutet werden kann. Schädigendes Verhalten muss dann nicht vermieden werden, wenn dies unzumutbar ist.419 Wer Unzumutbares unterlässt und infolgedessen nicht die Verwirklichung der Gefahr vermeidet, handelt nicht fahrlässig.420 Bezüglich der Situation des Schuldners ist hier wiederum zu differenzieren: Steht die von diesem vertretene Rechtsauffassung im Gegensatz zur gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung, ist es dem Schuldner zuzumuten, den Anspruch sofort zu erfüllen und auf die gerichtliche Austragung des Konflikts zu verzichten. Schließlich ist die Rechtsfrage nicht wirklich strittig und es für den Schuldner klar, dass der Anspruch des Gläubigers berechtigt ist. Natürlich ist der Schuldner dann nicht an dem Versuch gehindert, seinen Rechtsstandpunkt gerichtlich durchzusetzen. Allerdings führt er den Prozess dann auf sein Risiko und muss im Fall des Unterliegens für den Verzögerungsschaden des Gläubigers eintreten. Anders ist die Sachlage wiederum dann zu beurteilen, wenn keine gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung zu einer umstrittenen Rechtsfrage vorliegt. In diesem Fall ist es – wie bereits ausgeführt –, schon unmöglich, eine fundierte Wahrscheinlichkeitshypothese über den Ausgang des Prozes417  Häsemeyer,

S. 89. in: Palandt, § 276 BGB Rdn. 21. 419  Grundmann, in: Müko-BGB, § 276 BGB Rdn. 80. 420  Grundmann, in: Müko-BGB, § 276 BGB Rdn. 80. 418  Grüneberg,

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

ses zu erstellen. Erst recht kann dem Schuldner nicht zugemutet werden, aus Furcht davor, den Verzögerungsschaden tragen zu müssen, auf die gerichtliche Klärung der umstrittenen Frage zu verzichten. Andernfalls würde man den Einzelnen dazu zwingen, – so Mayer – ein Handeln deshalb zu unterlassen, weil dessen rechtliche Zulässigkeit ohne sein Verschulden bislang ungeklärt sei.421 Es bestünde dann die Gefahr, dass der Einzelne auf die Rechtsverfolgung von vornherein verzichte und der „Rechtsschutz verkümmere“.422 Ansprüche dürfen jedoch nicht – dies ist im Rahmen der ökonomischen Analyse ausführlich dargestellt worden – undurchsetzbar sein.423 Mithin ist ein fahrlässiges Verhalten des Schuldners nur dann anzunehmen, wenn die von diesem vertretene Rechtsauffassung der höchstrichter­ lichen Rechtsprechung widerspricht. Die Rechtsfrage ist dann letztlich nicht strittig. Jedoch ist es nicht fahrlässig, eine zweifelhafte höchstrichterlich bislang nicht geklärte Rechtsfrage auszutragen. Die Erstellung einer Wahrscheinlichkeitshypothese über den Ausgang des Prozesses ist dem Schuldner dann gar nicht möglich. Von dieser grundsätzlichen Einschätzung unabhängig, könne es natürlich im Einzelfall notwendig sein, eine Abwägung des Maßes an Rechtsunsicherheit mit dem Gewicht des Interesses an einer sofortigen Rechtsverwirklichung vorzunehmen.424 Fehle ein besonderes Interesse an einer sofortigen Rechtsdurchsetzung, handele schon derjenige bei einem nur geringen Maß an Rechtsunsicherheit schuldhaft, wer – so formuliert dies Grundmann  – die Gefährdung sich realisieren lasse.425 Gegen die vom BGH vertretene „strenge“ Linie spricht weiterhin, dass sie zu einer Ungleichbehandlung von Schuldner und Gläubiger in durchaus vergleichbaren Situationen führt.426 An den Gläubiger einer Forderung würden – so Deckenbrock – nicht so hohe Anforderungen wie an den Schuldner im Falle des Verzugs gestellt.427 Macht der Gläubiger gegenüber dem Schuldner einen unsicheren Anspruch zu Unrecht geltend, muss der Gläubiger dies nach Ansicht des BGH nur dann gem. § 280 Abs. 1 BGB vertreten, wenn der geltend gemachte Anspruch einer „Plausibilitätskontrolle“ nicht standhält.428 Bestehen Unsicherheiten darüber, ob tatsächlich eine Pflichtverletzung der Gegenseite vorliegt, dann soll der Gläubiger die hieraus re421  Mayer,

Rechtsirrtum, S. 53. S. 1710; siehe auch BGHZ 74, 9, 17; 95, 10, 19. 423  Siehe dazu die Ausführungen im 2. Teil dieser Abhandlung. 424  Grundmann, in: Müko/BGB § 276 BGB Rdn.  74. 425  Grundmann, in: Müko-BGB, § 276 BGB Rdn. 74. 426  So auch Deckenbrock, S. 1249. 427  So auch Deckenbrock, S. 1249. 428  BGH NJW 2009, 1262, 1264. 422  Kaiser,



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage273

sultierenden Rechte geltend machen können. An anderer Stelle grenzen die Richter danach ab, ob der Anspruchsteller „seinen Rechtsstandpunkt in der Sache für vertretbar halten durfte“.429 Insbesondere die vom BGH verwendeten Worte „plausibel“ und „vertretbar“ machen deutlich, dass dieser gegenüber dem Gläubiger großzügiger ist als beim Schuldner einer Forderung.430 Genüge es bei diesem – so Deckenbrock – nicht einmal, dass der Rechtsstandpunkt vertretbar sei, lehnen die Richter beim Gläubiger eines unsicheren Anspruches im Zweifelsfall ein Vertretenmüssen ab. Dabei wird noch nicht einmal eine 50 %ige Erfolgswahrscheinlichkeit verlangt.431 Es ist jedoch kein sachlicher Grund dafür erkennbar, Gläubiger und Schuldner so unterschiedlich zu behandeln. Vielmehr ist dem Gerichtsverfahren eine derartige unterschiedliche Behandlung beider Seiten ansonsten fremd.432. d) Ergebnis Zusammenfassend ist festzustellen, dass die vom BGH vertretene „strenge Linie“ nicht in vollem Umfang überzeugend ist. Insbesondere steht sie nicht im Einklang mit dem Verschuldensprinzip. Dieses verlässe man – so Mayer –, wenn man jegliches Verhalten, das einer späteren richterlichen Entscheidung widerspreche, als Handeln auf eigene Gefahr „abtue“ und damit den gegenteiligen Rechtsstandpunkt als nicht beachtlich einstufe. Die Rechtsausübung „vor richterlicher Festlegung des ‚Richtigen‘ würde somit zu einem Risiko und die Haftung zu einer Gefährdungshaftung“.433 Die Auffassung des BGH steht daher – wie Mayer-Maly betont – „dem Gedanken der Risikozuweisung näher als einer Orientierung am Verschulden“.434 Dem Schuldner kann nur dann fahrlässiges und damit schuldhaftes Handeln vorgeworfen werden, wenn die von ihm vertretene Rechtsauffassung im Gegensatz zur gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung steht und er deshalb im Prozess unterliegt. Darüber hinaus – also bei noch nicht höchstrichterlich geklärten Rechtsfragen – soll der Auffassung des Bundesarbeitsgerichts und weiten Teilen der Literatur gefolgt werden, wonach es zur Entlastung des Schuldners genügt, dass der von diesem eingenommene Standpunkt vertretbar ist.

NJW 2009, 1262, 1264; siehe auch Deckenbrock, S. 1249. S. 1249. 431  Deckenbrock, S. 1249. 432  Deckenbrock, S. 1249. 433  Mayer, Rechtsirrtum, S. 53. 434  Mayer-Maly, S. 150. 429  BGH

430  Deckenbrock,

274

3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

5. Fazit Finanziert das Prozessfinanzierungsunternehmen eine Rechtsstreitigkeit, die nicht aufgrund einer höchstrichterlichen Rechtsprechung oder vollkommen gefestigten Meinung entschieden ist, kann dem Anspruchsinhaber unter Umständen kein Anspruch auf Erstattung der Erfolgsbeteiligung des Prozessfinanzierungsunternehmens als Verzögerungsschaden zustehen. Dies hängt davon ab, ob der vom Anspruchsgegner eingenommene Standpunkt vertretbar ist – dieser sich also gem. § 286 Abs. 4 BGB entlasten konnte. Muss der Anspruchsgegner in einer solchen Situation nicht für die Folgen des Verzuges einstehen, kann der Anspruchsinhaber auch keinen Anspruch auf Erstattung der Erfolgsbeteiligung des Prozessfinanzierungsunternehmens als Verzögerungsschaden haben. Genau hier liegt der entscheidende Unterschied zum Kostenerstattungsanspruch des § 91 ZPO. Während das bloße Unterliegen im Prozess dort den Kostenerstattungsanspruch begründet, kann es im Fall des Verzuges passieren, dass der Anspruchsgegner trotz Unterliegens nicht zur Erstattung des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars verpflichtet ist, nämlich wenn sein Rechtsstandpunkt vertretbar war – er also die Erfüllung des Anspruches nicht aus strategischen Gründen „verweigert“ hat. Auf diese Art und Weise wird sichergestellt, dass dem Anspruchsgegner nicht seine „Verteidigungsrechte“ abgeschnitten werden und kein strukturelles „Rechtsverteidigungsdefizit“ entsteht. Dieses Ergebnis steht auch mit den im Rahmen der ökonomischen Analyse gewonnenen Erkenntnissen in Einklang und trägt dazu bei, die Entwicklung einer Fehlsteuerung zu verhindern. VI. Verzug und Zession Im ersten Teil dieser Abhandlung wurde bereits darauf hingewiesen, dass der Anspruchsinhaber im Prozessfinanzierungsvertrag die strittigen Ansprüche durch Sicherungszession an das Prozessfinanzierungsunternehmen abtritt. Sicherungshalber mit abgetreten werden auch die mit der Rechtsdurchsetzung verbundenen Kostenerstattungsansprüche.435 Wie bereits im ersten Teil dieser Abhandlung dargestellt436, verpflichtet sich der Anspruchsinhaber, die Ansprüche für den Prozessfinanzierer treuhänderisch zu halten und die zur Rechtsdurchsetzung erforderlichen Schritte im eigenen Namen vorzunehmen. Zudem wird die Abtretung meist nicht offen gelegt. Demzufolge ist zumeist das Prozessfinanzierungsunternehmen Inhaber des Anspruches auf Ersatz des Verzugsschadens. Es ist zu untersuchen, wie sich dieser Umstand auswirkt. 435  § 6

des Mustervertrages der LEGIAL AG. 2. Kapitel, B.II.

436  1. Teil,



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage275

Mit der Sicherungsabtretung, also der „nur als vorüber gehend gedachten Abtretung einer Forderung gegen einen Dritten oder eines sonstigen Rechts durch den Sicherungsgeber (Zedenten) an den Sicherungsnehmer (Zessionar) zur Sicherung von Forderungen“437, tritt gem. § 398 S. 2 BGB der Zessionar an die Stelle des Zedenten.438 Der Zessionar – also das Prozessfinanzierungsunternehmen – erwirbt somit das Vollrecht an dem Anspruch auf Verzugsschaden. Der Anspruchsinhaber hingegen hat vom Zeitpunkt der Sicherungsabtretung – der Wechsel der Rechtszuständigkeit wirkt ex nunc439 – keinen originären Ausgleichsanspruch mehr. Ihm fehlt die „Grundlage der Forderungsinhaberschaft, aus der allein der Ersatzanspruch erwächst“.440 Daraus ergeben sich vor allem die beiden nachfolgend zu erörternden Problemkreise: 1. Geltendmachung der abgetretenen Forderung Die fehlende Forderungsinhaberschaft des Anspruchsinhabers hat zum einen zur Folge, dass dieser den Anspruch auf Verzugsschaden eigentlich nicht mehr geltend machen könnte. Allerdings vereinbaren das Prozessfinanzierungsunternehmen und der Anspruchsinhaber meist eine stille Zession.441 Die Abtretung wird dem Drittschuldner also nicht angezeigt.442 Die Vereinbarung einer stillen Sicherungsabtretung ist nach allgemeiner Auffassung dahingehend auszulegen, dass der Zessionar stillschweigend den Zedenten gem. § 185 BGB zur Einziehung und gerichtlichen Geltendmachung der abgetretenen Forderung ermächtigt.443 Auch der Prozessfinanzierungsvertrag ist also dahingehend auszulegen, dass das Prozessfinanzierungsunternehmen dem Anspruchsinhaber die Befugnis einräumt, die abgetretene Forderung im eigenen Namen einzuziehen und gerichtlich geltend zu machen. Der Anspruchsinhaber kann also Zahlung an sich verlangen, ohne die Abtretung offenlegen zu müssen.444 Zumeist ist dies in den Prozessfinanzierungsverträgen sogar ausdrücklich zwischen den Vertragsparteien vereinbart.445 Wird die abgetretene Forderung offengelegt – dies behält sich das 437  Ganter,

Rdn. 1. Rdn. 58. 439  Bursche, in: Staudinger, § 398 BGB Rdn. 27. 440  Allgemein dazu Seetzen, Sekundäre Gläubigerrechte, S. 355 ff. 441  Siehe dazu 1. Teil, 2. Kapitel, B.II. dieser Abhandlung. 442  Ganter, Rdn. 84.: Die stille Zession wird allgemein als zulässig angesehen. Sie wird in der Praxis vorwiegend angewandt, weil der Sicherungsgeber die Offenlegung häufig als „seinem Ruf abträglich empfindet.“ 443  Ganter, Rdn. 85, im Allgemeinen für die Sicherungsabtretung. 444  Seetzen, Sekundäre Gläubigerrechte, S. 356. 445  § 6 des Mustervertrages der LEGIAL AG. 438  Ganter,

276

3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

Prozessfinanzierungsunternehmen für gewöhnlich vor446 –, kann der Zedent – also hier der Anspruchsinhaber – auch ohne ausdrückliche Einwilligung des Zessionars – also hier des Prozessfinanzierungsunternehmens – die abgetretene Forderung zu dessen Gunsten geltend machen und diese als gewillkürter Prozessstandschafter einklagen.447 Mithin ist der Anspruchsinhaber trotz Sicherungsabtretung des Anspruchs auf Verzugsschadens berechtigt, diesen geltend zu machen. 2. Bemessung des Verzögerungsschadens Zum anderen ist der Frage nachzugehen, ob bei der Bemessung des Verzögerungsschadens nicht eventuell auf das Prozessfinanzierungsunternehmen als „aktuellem Forderungsinhaber“ abzustellen ist. Dafür spricht zunächst die allgemeine Annahme, dass die Höhe des Verzugsschadens grundsätzlich nach der Person des Zessionars zu berechnen ist,448 denn die Abtretung bewirkt einen Wechsel in der Gläubigerstellung.449 Allerdings kann dieser Grundsatz nach wohl herrschender Auffassung nicht ohne Weiteres auf die hier vorliegende Fallgruppe der Sicherungsabtretung übertragen werden.450 Würde man in derartigen Konstellationen tatsächlich davon ausgehen, dass nur der Schaden des Zessionars zu ersetzen sei, so ergäben sich hieraus ungünstige Folgen für die Rechtspraxis.451 Dies lässt sich am Beispiel der Sicherungsabtretung zwischen dem Prozessfinanzierungsunternehmen und dem Anspruchsinhaber anschaulich demonstrieren: Dem Prozessfinanzierungsunternehmen selbst entsteht durch den Verzug des Anspruchsgegners kein Schaden, denn der Anspruch des Prozessfinanzierungsunternehmens ist erst fällig, wenn der Erlös oder ein sonstiger Vermögensvorteil dem Anspruchsinhaber zufließt oder zusteht.452 Bis zur Fälligkeit dieses Anspruches ist das Prozessfinanzierungsunternehmen mangels „Verwertungsreife“ nicht befugt, auf die zur Sicherheit abgetretene Forderung zurückzugreifen. Würde man den dem Prozessfinanzierungsunternehmen entstandenen Verzögerungsschaden für die Schadensberechnung zugrunde legen, müsste der Anspruchsgegner lediglich für die Verzugszinsen einstehen. Dem Anspruchs­ inhaber hingegen entsteht durch die Leistungsverzögerung des Schuldners 446  § 6

des Mustervertrages der LEGIAL AG. NJW 1995, 1282, 1283; Ganter, Rdn. 74, im Allgemeinen für die Sicherungsabtretung. 448  BGH NJW-RR 1992, 219; Bursche, in: Staudinger, § 398 BGB Rdn. 82. 449  Roth, in: Müko/BGB, § 398 BGB Rdn.  93; Bursche, in: Staudinger, § 398 BGB Rdn. 82. 450  Bursche, in: Staudinger, § 398 BGB Rdn. 82. 451  Peters, S. 121. 452  § 6 des Mustervertrages der LEGIAL AG. 447  BGH



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage277

meist ein deutlich höherer Schaden, u. a. die Aufwendungen zur Rechtsverfolgung. Wirtschaftlich gesehen, ist also nur der Anspruchsinhaber als Zedent von der Pflichtwidrigkeit des Schuldners betroffen.453 Aus diesem Grund ist der Anspruchsinhaber – aus wirtschaftlicher Sicht – als Inhaber der Forderung anzusehen. Auch wenn das Prozessfinanzierungsunternehmen aus rechtlicher Sicht Vollrechtsinhaber der Forderung ist454, so ist es trotzdem nur Inhaber einer Art Pfand.455 „Als solche gehört die zur Sicherung zedierte Forderung nicht voll zu seinem Vermögen; sie gehört nur dazu, um den Anspruch zu sichern, dessentwegen an die Stelle der Pfandbestellung die nach außen weitergehende Sicherungsabtretung getreten ist.“456 Das Prozessfinanzierungsunternehmen hat also eine dem Pfandgläubiger entsprechende Stellung zum Anspruchsinhaber.457 Müsste der Schuldner nun tatsächlich nur für die Verzugszinsen einstehen, würde dies das gesamte „Institut der Sicherungszession“458 diskreditieren, denn ansonsten seien solch niedrige Zinsen nicht zu erhalten.459 Die Interessenlage gebietet daher eine vom Grundsatz abweichende Beurteilung der Sicherungszession. In diesem Sinne hat der BGH entschieden, dass es für die Höhe des nach §§ 280 Abs. 1, 2, 286 Abs. 1 BGB zu ersetzenden Verzugsschadens auf die Person des Zedenten ankommt, sofern dieser allein der wirtschaftlich durch den Schuldnerverzug Geschädigte ist.460 Das liegt vor Eintritt der Verwertungsreife zumeist vor. Aber auch für die Zeit danach ist dies nicht ausgeschlossen.461 Hiergegen spricht auch nicht der Aspekt des Schuldnerschutzes, denn es ist gerade der ursprüngliche Gläubiger, der einen Schaden erleidet.462 Auch bei dem vor der Zession entstandenen Verzögerungsschaden kommt es auf den Zedenten an.463 Im Ergebnis bedeutet dies, dass bei der Bemessung des Verzögerungsschadens nicht auf das Prozessfinanzierungsunternehmen, sondern auf die Person des Anspruchsinhabers abzustellen ist. 453  Peters,

S. 120, im Allgemeinen für die Zession. allgemein für die Zession Schwenzer, S. 237. 455  Schopp, S. 11, für die Sicherungszession im Allgemeinen. 456  Schopp, S. 11, für die Sicherungszession im Allgemeinen. 457  Siehe Schopp, S. 11, für die Sicherungszession im Allgemeinen. Dabei sei die Stellung des Zessionars – so Schopp – vergleichbar der eines Pfandgläubigers im Sachenpfandrecht gem. §§ 1204 ff. BGB bzw. der des Pfandgläubigers einer Forderung gem. § 1273 BGB. 458  Peters, S. 120. 459  Peters, S. 120. 460  BGH NJW 95, 1282, 1283 Dies entspricht auch der wohl herrschenden Auffassung in der Literatur, siehe nur Bursche, in: Staudinger, § 398 BGB Rdn. 82; Hoffmann, S. 1466; Peters, S. 120; Schwenzer, S.  236 ff. Seetzen, S. 357. 461  Ganter, Rdn. 57. 462  Schwenzer, S. 237. 463  Peters, S. 121; Schwenzer, S.  237 f. 454  So

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

VII. Ergebnis Eine Erstattungsfähigkeit des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars setzt voraus, dass zunächst einmal die Tatbestandsvoraussetzungen des Anspruches auf Verzug gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB erfüllt sind. Problematisch ist hierbei vor allem die Beantwortung der Frage, ob dem Schuldner unter bestimmten Voraussetzungen das Recht zusteht, die Leistung zu verweigern, bis über die rechtlichen Probleme entschieden ist bzw. ob rechtliche Zweifel als nicht zu vertretender Umstand im Sinne von § 286 Abs. 4 BGB zu qualifizieren sind. Nach hier vertretener Auffassung hängt dies davon ab, ob der vom Schuldner eingenommene Standpunkt vertretbar ist. Finanziert das Prozessfinanzierungsunternehmen eine Rechtsstreitigkeit, die nicht aufgrund einer höchstrichterlichen Rechtsprechung oder vollkommen gefestigten Meinung entschieden ist, kann dem Anspruchsinhaber demnach unter Umständen kein Anspruch auf Erstattung der Erfolgsbeteiligung des Prozessfinanzierungsunternehmens als Verzögerungsschaden zustehen. Die im Prozessfinanzierungsvertrag vorgesehene Sicherungsabtretung der mit der Rechtsdurchsetzung verbundenen Kostenerstattungsansprüche hat keine praktischen Auswirkungen.

C. Erfolgshonorar = Verzögerungsschaden? Das Gesetz knüpft an den Verzug verschiedene Rechtsfolgen, u. a. den Anspruch des Gläubigers auf Ersatz des Verzögerungsschadens.464 Kommt man zu dem Ergebnis, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des Verzugs vorliegen, ist also zu prüfen, ob das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar unter den Begriff des Verzögerungsschadens gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB subsumiert werden kann. Demgemäß soll nachfolgend der im Fokus dieser Abhandlung liegenden These nachgegangen werden, nach der das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar grundsätzlich als Verzögerungsschaden zu qualifizieren ist – dieses also kausal und adäquat sowie vom Schutzzweck der Norm umfasst ist. Des Weiteren wird deutlich werden, unter welchen Kriterien eine Erstattungsfähigkeit in Betracht kommt. Dies betrifft die Prüfungspunkte der Erforderlichkeit sowie des Mitverschuldens. Zudem sollen Ausführungen zur angemessenen Höhe des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars aus schadensersatzrechtlicher Sicht erfolgen. In einem ersten Schritt ist zunächst einmal zu überle464  Daneben sieht das Gesetz weitere Rechtsnachteile für den Schuldner vor. So trifft den Schuldner gem. § 287 BGB während des Verzugs eine verschärfte Haftung. Zudem ist Gem. § 288 Abs. 1 BGB eine Geldschuld während des Verzuges zu verzinsen.



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage279

gen, wie der Verzögerungsschaden aus dogmatischer Sicht im Allgemeinen zu ermitteln ist. I. Grundlagen der Ermittlung des Verzögerungsschadens Für Inhalt und Umfang des Verzögerungsschadens gelten die §§ 249 bis 255 BGB.465 Dabei kommt der Vorschrift des § 249 BGB, die auch als „Magna Charta“ des Schadensersatzrechts bezeichnet wird466, eine große Bedeutung zu. 1. Dualistischer Schadensbegriff a) § 249 BGB als Magna Charta des Schadensersatzrechts Nach § 249 Abs. 1 BGB hat der zum Schadensersatz Verpflichtete den Zustand herzustellen, der ohne das zum Ersatz verpflichtende Ereignis bestehen würde. § 249 Abs. 1 BGB enthält also „eine ‚Wenn-Komponente‘, die an die beliebige Anordnung einer Verpflichtung zum Schadensersatz anknüpft, und eine ‚Dann-Komponente‘, die den Ersatzpflichtigen anhält, den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre“.467 In den §§ 249 ff. BGB ist also das „Wie“ des Schadensersatzes geregelt, wohingegen das „Ob“ vo­ rausgesetzt wird.468 Mithin kommt den §§  249  ff. BGB „nur“ eine „Assistentenrolle“469 zu. Das ‚Ob‘ und ‚Wie‘ bilden – so Rüßmann – einen „Mechanismus zur Verteilung der sich aus und in sozialem Kontakt ergebenden materiellen und immateriellen Einbußen“.470 Den gesetzlichen Vorgaben folgend sind zwei Arten des Schadensausgleichs zu unterscheiden – zum einen der vorrangige Anspruch auf Naturalrestitution gem. § 249 Abs. 1 BGB und zum anderen der Anspruch auf Kompensation gem. § 251 BGB, wenn eine Restitution nicht möglich ist. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB gibt zudem einen Anspruch auf Geldersatz, wenn es um die Wiederherstellung bei der Verletzung einer Person oder der Beschädigung einer Sache geht.

465  Ernst,

in: Müko/BGB, § 286 BGB Rdn.  123. Alles oder nichts?, S. 1461. 467  Rüßmann, in: jurisPK-BGB, § 249 BGB Rdn. 11. 468  Rüßmann, in: jurisPK-BGB, § 249 BGB Rdn. 11. 469  Oetker, in: Müko/BGB, § 249 BGB Rdn.  2 ff., Schiemann, in: Staudinger, Vorbem. zu §§ 249 ff. BGB Rdn. 4. 470  Rüßmann, in: jurisPK-BGB, § 249 BGB Rdn. 3. 466  Müller,

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

b) Grundlagen der Differenztheorie Im Gegensatz zu einigen ausländischen Rechtsordnungen471 haben die Verfasser des BGB den Begriff des Schadens nicht definiert,472 sondern setzten ihn als bestehend voraus.473 Im BGB sind lediglich einige – nicht abschließende – Anhaltspunkte für die Berechnung des Schadensersatzes zu finden.474 Die Sachfragen sind also nur „mit groben Strichen und auf hohem Abstraktionsniveau“475 geregelt. Bei einem Blick in die gängigen Kommentare bzw. Lehrbücher zum Schadensrecht wird man auf die sogenannte Differenztheorie als Ausgangspunkt der Schadensberechnung verwiesen.476 Danach wird der Schaden „als Differenz zwischen dem hypothetischen Vermögensstand, der sich ohne das eventuell haftungsbegründende Ereignis ergeben hätte, und der infolge jenes Ereignisses tatsächlich eingetretenen Vermögenslage angesehen“.477 Mit der auf einen Vermögensvergleich abstellenden Differenztheorie scheine – so Rüßmann – eine Formel zur Verfügung zu stehen, durch die das Schadensrecht in ein einfaches Rechenexempel überführt werde478: „Man verfolgt zum Zeitpunkt des zum Ersatz verpflichtenden Ereignisses an zwei Vermögensentwicklungen: eine reale und eine hypothetische. Richtet man T-Kon­ ten für beide Entwicklungen ein, so werden Vermögensabflüsse auf der Passivseite der Realentwicklung und verhinderte Vermögenszuflüsse auf der Aktivseite der hypothetischen Entwicklung verbucht. Die Buchungsvorgänge beeinflussen die im Zeitpunkt der Schadensberechnung zu ermittelnden Salden, deren Vergleich den zu ersetzenden Vermögensschaden bestimmt. Bei Aktivsalden in beiden Bilanzen ist dies die Differenz, die nach dem Abzug des Saldos der Realentwicklung vom Saldo der hypothetischen Entwicklung verbleibt.“

Die Anwendung der Differenztheorie ermöglicht es also nicht nur zu ermitteln, ob überhaupt ein Schaden vorliegt, sondern zugleich auch dessen Höhe festzustellen.479 Das verletzte Vermögensobjekt taucht lediglich als Rechnungsposten im Rahmen einer Gesamtsaldierung auf, wobei die durch 471  Z. B. § 1293 AGBGB „Schaden heißt jeder Nachteil, welcher jemandem an Vermögen, Recht oder seiner Person zusteht.“ 472  Lange/Schiemann, S. 26. 473  Schlobach, S. 10; Larenz, SR AT I, S, 479. 474  Schlobach, S. 10; Lange/Schiemann, S. 27. 475  Wagner, Schadensbegriff, S. A 11. 476  U. a. Schiemann, in: Staudinger, § 249 BGB Rdn. 25; Grüneberg, in: Palandt, § 249 BGB Rdn. 10; Rüßmann, in: jurisPK-BGB, § 249 BGB Rdn. 5. 477  So die Definition der Differenztheorie von Mommsen in „Zur Lehre von dem Interesse“, zit. nach Schiemann, in: Staudinger, § 249 BGB Rdn. 25. 478  Rüßmann, in: jurisPK-BGB, § 249 BGB Rdn. 5. 479  Oetker, in: Müko/BGB, § 249 BGB Rdn.  16 f.



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage281

das schädigende Ereignis verursachten nach- und vorteilhaften Auswirkungen zu berücksichtigen sind. Dabei werden einzelne vermögenswerte Inte­ ressen jeweils mit dem Wert erfasst, den sie für den Geschädigten unter Berücksichtigung seiner konkreten, individuellen Verhältnisse und der von ihm beabsichtigten Verwendung haben.480 c) Dualistischer Schadensbegriff Allerdings entspricht es allgemeiner Auffassung, dass die Differenzhypothese481 als alleiniges Kriterium für die Feststellung eines Schadens nicht geeignet sei.482 Das Vorliegen eines Schadens könne nicht ausschließlich durch eine Subtraktion zweier Vermögenslagen – also durch eine „wertneutrale Rechenoperation“483 – festgestellt werden.484 Dem ist grundsätzlich zuzustimmen, denn in einer „Schadensbuchhaltung, die sich nur am Rechenwerk vergnügt“485, gehen – so Steffen – Haftungsgrund und Haftungszweck verloren.486 Zudem darf eine auf den Schadensausgleich gerichtete Differenztheorie nicht außer Acht lassen, dass „Wesen und Bedeutung des Vermögens sich nicht in dessen Bestand […] erschöpfen, sondern dass sie auch die im Vermögen verkörperten Möglichkeiten für den Vermögensträger umfasse, es zur Verwirklichung seiner Lebensziele zu nutzen“.487 Mithin ist 480  Schlobach,

S. 10. Differenztheorie ist einiger Kritik ausgesetzt. Es ist im Rahmen dieser Abhandlung nicht möglich auf die Einzelheiten einzugehen. Es sei daher verwiesen auf Mertens, in: Soergel, vor § 249 BGB Rdn. 43; Honsell; S. 69 ff:, Wilk, S.  50 ff., 68 f.; Magnus, 301 ff., Roussos, S. 169 ff. Zum einen wird die Schwäche der Differenzhypothese darin gesehen, dass sie auf das gesamte Vermögen abstellt. Die Bestimmung des § 249 Abs. 1 BGB ordne hingegen keinen Vergleich von Vermögensmassen an – so Wagner, Schadensbegriff, S. A 12 –, sondern verpflichte den Schädiger zur Herstellung des Zustandes, der bestehen würde, wenn das schädigende Ereignis nicht eingetreten wäre. Diese Verpflichtung sei nicht auf Vermögensmassen beschränkt, sondern gelte auch für Nichtvermögensschäden. Einige sind der Auffassung, dass die Differenztheorie uneingeschränkt nur auf den Kompensationsanspruch nach § 251 BGB und nicht auf den Restitutionsanspruch nach § 249 BGB Anwendung finden könne. Siehe dazu Lange/Schiemann, S.  248. m. w. N. 482  Mertens, in: Soergel, vor § 249 BGB Rdn. 43; Magnus, S.  301 ff.; Roussos, S.  169 ff. 483  Oetker in Müko/BGB, § 249 BGB Rdn.  21. 484  Oetker, in: Müko/BGB, § 249 BGB Rdn.  21. Beispielhaft verweist Oetker darauf hin, dass niemand die Ersatzpflicht des Diebes von Luxusverbrauchgütern allein deshalb bezweifele, weil der Bestohlene die Güter inzwischen seinerseits verbraucht habe. 485  Steffen, S. 2057. 486  Steffen, S. 2057. 487  BGHZ 98, 213, 217, 481  Die

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

es notwendig, die in die Differenzbilanz einzusetzenden Rechnungsposten wertend zu bestimmen. Dieser Ansatz der Schadensermittlung wird als „dualistischer Schadensbegriff“ bezeichnet.488 Er entspricht der ständigen Rechtsprechung des BGH.489 d) Erforderlichkeit von Wertungen Wie bewertet man nun, ob ein Rechnungsposten in die Differenzbilanz einzusetzen ist oder nicht? Stüdemann vergleicht diese Methode mit dem Vorgehen, das beim Erstellen von Bilanzen angewendet wird:490 „1.  Zunächst ist die Frage zu klären, ob nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung ein Gegenstand in die Bilanz aufgenommen werden muss oder aufgenommen werden darf oder nicht aufgenommen werden darf. Es ist dies die Frage nach der Bilanzierung dem Grunde nach. 2. Wird die erstgenannte Frage nach dem Bilanzierungsgrund bejaht und steht damit fest, dass der Gegenstand zu bilanzieren ist, sind anschließend die Fragen zu prüfen, mit welcher Wertart und mit welcher Werthöhe der Gegenstand in die Bilanz einzustellen ist. Sie können zusammengefasst werden zur Frage nach der Bilanzierung dem Werte nach.“

Ausgangspunkte für die Bewertung der in die Differenzbilanz einzusetzenden Rechnungsposten sind die Adäquanz sowie die Lehre vom Schutzzweck der Norm. Berücksichtigt werden müssen zudem die Funktionen des Schadensrechtes. Allerdings ist das Schadensrecht bei Anwendung des dualistischen Schadensbegriffs weit von einem „problemlosen und wertungsfreien Rechen- oder Bilanzierungsexempel entfernt“.491 Die Ersatzleistung ist dann nicht „einfach Spiegelbild eines gegebenen Schadens, sondern Ergebnis vielfältiger Überlegungen zur Festlegung einer angemessenen Ersatzleistung“.492 Im Ergebnis ist daher festzustellen, dass der Schadensbegriff normativ eingebunden ist und die Bestimmung des Schadens einer richterlichen Wertung bedarf.493

488  Oetker, in: Müko/BGB, § 249 BGB Rdn. 22; siehe dazu auch Mertens, S. 204 und Magnus, S.  301 f., 307 f. 489  BGHZ 98, 212, 217 ff. m. w. N. 490  Stüdemann, S. 1050. 491  Rüßmann, in: jurisPK-BGB, § 249 BGB Rdn. 6. 492  Schiemann, in: Staudinger, Vorbem. zu §§ 249 ff. BGB Rdn. 2. 493  Müller, Grundprinzipien, S. 62; Steffen, 2058.



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage283

e) Ergebnis Im Rahmen dieser Arbeit soll daher von der Differenztheorie als Methode zur Bestimmung des Schadens ausgegangen werden.494 Es gehe dann – so Wagner – um den Vergleich zweier Zustände – des tatsächlichen Zustandes und des Zustandes, der bestehen würde, wenn das Schadensereignis nicht eingetreten wäre. Schaden ist dann „jedwede Einbuße an rechtlich anerkannten Rechtsgütern und Interessen“.495 Jedoch ist es „Aufgabe rechtlicher Bewertung die Parameter der Bilanz für den Zweck des Schadensausgleichs mit festzulegen“.496 Daher sollen im Sinne des „dualistischen Schadensbegriffs“ die in die Differenzbilanz einzusetzenden Rechnungsposten wertend bestimmt werden. 2. Art und Zeitpunkt der Schadensberechnung In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass der Schaden grundsätzlich konkret zu berechnen ist. Maßgebend ist also die tatsächlich eingetretene Vermögensminderung bzw. die tatsächlich ausbleibende Vermögensmehrung.497 Zudem ist nach herrschender Auffassung der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung der maßgebende Beurteilungszeitpunkt für den vorzunehmenden Vergleich.498 Dies ist auch interessengerecht, denn nur auf diese Art und Weise wird eine „volle Wiedergutmachung“ gewährleistet.499 3. Abgrenzung des Verzögerungsschaden Des Weiteren ist zu bedenken, dass der Verzögerungsschaden i. S. d. § 286 BGB von dem durch eine sonstige Pflichtverletzung des Schuldners verursachten Schaden (§ 280 Abs. 1 BGB) abgegrenzt werden muss. Die Abgren494  Neben der Differenztheorie und dem subjektiven Schadensbegriff gibt es noch andere abweichende Bestimmungen des Schadensbegriffs. Einen Überblick mit weiteren Nachweisen ist bei Lange/Schiemann, S. 29 ff. zu finden. 495  Wagner, Schadensbegriff S. A 13. 496  BGHZ 98, 212, 217. 497  Grüneberg, in: Palandt, Vorb v. § 249 BGB Rdn. 22: Eine abstrakte Schadensberechnung ist in § 252 S. 2 BGB für den entgangenen Gewinn vorgesehen. Zudem wird auch im Rahmen der sogenannten abstrakt-normativen Schadensberechnung in besonderen Fällen der Schaden nach einem durchschnittlichen Maßstab – also abstrakt – ermittelt, so zum Beispiel bei Verletzungen des Urheberrechts. 498  RGZ 149, 135, 137; OLG Karlsruhe NJW 1971, 1809, 1810; BGH NJW 1980, 1742. 499  OLG Karlsruhe NJW 1971, 1809, 1810.

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

zung ist im Einzelnen umstritten.500 Feststehen dürfte, dass unter die §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB diejenigen Schäden zu subsumieren sind, die ausschließlich auf der Leistungsverzögerung beruhen und bei rechtzeitiger Leistung vermieden worden wären. Sind dem Schuldner hingegen noch andere Pflichtverletzungen „vorwerfbar“, so sind entweder § 280 Abs. 1 oder § 280 Abs. 1, Abs. 3. i. V. m. den §§ 281 oder 283 BGB anwendbar.501 Der Anspruch auf Zahlung des Verzögerungsschadens tritt neben den Erfüllungsanspruch.502 Es handelt sich daher um Schadensersatz neben der Leistung.503 Allerdings darf der Gläubiger, der Ersatz des Verzögerungsschadens verlangt, nicht denselben Schaden im Rahmen des Schadensersatzes statt der Leistung geltend machen. Er hat insofern lediglich ein Wahlrecht.504 4. Schlussfolgerungen für die weitere Bearbeitung Für die Ermittlung des Verzögerungsschaden sind die Vorschriften der §§ 249 ff. BGB maßgebend. Ausgangspunkt der Schadensberechnung ist die sogenannte Differenztheorie. Nach dieser sind zwei Vermögenslagen zu vergleichen. Dabei ist die hypothetische Vermögenslage, also die ohne Schadensereignis, mit der tatsächlichen Vermögenslage, also der mit Schadensereignis, zu vergleichen. Der Schaden ist dann die Differenz zwischen diesen Vermögenslagen. Mithin ist der Verzögerungsschaden in zwei Schritten zu ermitteln. In einem ersten Schritt ist zu prüfen, wie sich die Vermögenslage des Anspruchsinhabers bei einer rechtzeitigen Erfüllung seines Anspruches durch den Anspruchsgegner entwickelt hätte. In einem zweiten Schritt ist diese hypothetische Vermögenslage mit der tatsächlich eingetretenen Vermögenslage zu vergleichen. Ein Schaden ist dann gegeben, wenn der jetzige tatsächliche Wert des Vermögens des Anspruchsinhabers geringer 500  Siehe dazu Emmerich, § 17, Rdn. 3 ff., S. 261 ff. sowie Huber, Leistungsstörungen II, S. 6. 501  Emmerich, § 17, Rdn. 7, S. 263. 502  Löwisch, in: Staudinger, § 286 BGB Rdn. 3. 503  Unberath, in: Bamberger/Roth § 280 BGB Rdn.  45. 504  Löwisch, in: Staudinger, § 286 BGB Rdn. 4: „Verlangt er Ersatz des Verzögerungsschaden, so muss er für einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung im Fall des § 281 Abs. 1 S. 1 [BGB] den Zeitpunkt des Ablaufs der zur Leistung oder zur Nacherfüllung gesetzten Frist, im Falle des § 281 Abs. 2 [BGB] den Zeitpunkt der Leistungsverweigerung durch den Schuldner oder des Eintritts der besonderen Umstände für die sofortige Geltendmachung des Schadensersatzanspruches und im Falle des § 283 [BGB] den Zeitpunkt der Unmöglichkeit (§ 275 Abs. 1[BGB]) oder Leistungsverweigerung (§ 275 Abs. 2, 3[BGB]) zugrundelegen. Verzichtet er auf die Geltendmachung des Verzögerungsschadens, so kann er für die Berechnung des Schadensersatzes statt der Leistung den Zeitpunkt des Eintritts des Verzugs zugrundelegen.“



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage285

ist als der hypothetische Wert des Vermögens des Anspruchsinhabers bei einer rechtzeitigen Erfüllung des Anspruches durch den Anspruchsgegner. Da sich die hypothetische Vermögenslage in dem hier zu untersuchenden Kontext recht einfach ermitteln lässt – hätte der Anspruchsgegner den Anspruch rechtzeitig erfüllt, hätte sich das Vermögen des Anspruchsinhabers um den Wert dieses Anspruches erhöht – sollen sich die nachfolgenden Ausführungen im Schwerpunkt der Frage widmen, ob das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar als ein Rechnungsposten in der Differenzbilanz zu berücksichtigen ist. Dabei soll vom dualistischen Schadensbegriff ausgegangen werden, nach dem wertend zu bestimmen ist, ob ein Rechnungsposten in die Differenzbilanz einzusetzen ist. Es sind mehrere Aspekte als problematisch anzusehen. Zum einen ist das Vorliegen der haftungsausfüllenden Kausalität problematisch. Zum anderen ist die Zurechnung dieser Vermögenseinbuße zu diskutieren. Dabei wird unter „dem Begriff der Zurechnung die Frage verstanden, wofür ein Subjekt verantwortlich zu machen ist“.505 Zum Schluss ist noch darauf hinzuweisen, dass ein Erstattungsanspruch in Form der Naturalrestitution gem. § 249 Abs. 1 BGB in Betracht kommt, und zwar als Anspruch des Anspruchsinhabers auf Befreiung von der gegenüber dem Prozessfinanzierungsunternehmen durch den Abschluss des Prozessfinanzierungsvertrages begründeten Verbindlichkeit hinsichtlich des Erfolgshonorars. Dieser Befreiungsanspruch kann jedoch auch in einen Zahlunganspruch übergehen, und zwar zum einem bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 250 S. 2 BGB und zum anderen, wenn der Anspruchsinhaber selbst das Erfolgshonorar an das Prozessfinanzierungsunternehmen leistet.506 Dies hat jedoch keine Auswirkungen auf die Frage, ob das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar in der Differenzbilanz Berücksichtigung finden kann. II. Probleme der Kausalität Eine Voraussetzung für die Berücksichtigung der erfolgsorientierten Vergütung des Prozessfinanzierungsunternehmens in der Differenzbilanz ist die Kausalität zwischen dem Verzug des Anspruchsinhabers und dem prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorar.507 Der Schaden kann dem „haftbar505  Schramm,

S. 21; Larenz, Hegels Zurechnungslehre, S. 51, 63. noch ausführlich in 3. Teil, 2. Kapitel, F. dieser Arbeit. 507  Es ist zwischen der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität zu unterscheiden. Als haftungsbegründende Kausalität wird die Kausalität zwischen dem Verhalten des in Anspruch Genommenen und der Herbeiführung des Erfolgs bezeichnet. Der hier zu untersuchende Ursachenzusammenhang zwischen 506  Dazu

286

3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

machenden Tatbestand“508 nur zugerechnet werden, wenn er durch diesen verursacht wurde.509 Das Erfordernis der Kausalität ist eine – wie Spickhoff formuliert – „wohl allen Haftungsrechten eigene, offenbar archetypische Grundvoraussetzung der Haftung“.510 Es werde vom Grundsatz des Einstehens für die Folgen eigenen Verhaltens getragen und komme in der Ausgleichsfunktion des Schadensrechts zum Ausdruck.511 1. Definition der Kausalität Als Ausgangspunkt für eine Definition des Begriffs der Kausalität kann § 249 Abs. 1 BGB genommen werden, wonach der Zustand herzustellen ist, der ohne den zum Ersatz verpflichtenden Umstand bestünde. Danach kann also nur für Folgen Ersatz gewährt werden, die nicht eingetreten wären, würde man diesen Umstand hinweg denken. Das ersatzbegründende Verhalten muss daher notwendige Bedingung für den eingetretenen Schaden sein – also conditio sine qua non.512 Mithin beurteilt die herrschende Auffassung den Kausalzusammenhang nach der Formel von der conditio sine qua non und der Äquivalenztheorie.513 Ursache – so die conditio-sine-qua-non-Formel – ist jede Bedingung, die nicht hinweg gedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele.514 Die Äquivalenztheorie besagt, dass allen überhaupt in Betracht kommenden Ursachen der eingetretenen Folgen und allen Folgen der haftbar machenden Ursache das gleiche Gewicht zukommt.515 Die Kausalbetrachtung soll also ohne jede Wertung auskommen.516

dem herbeigeführten Erfolg – nämlich dem Leistungsverzug – und der Vermögenseinbuße des Geschädigten durch das Erfolgshonorar wird als haftungsausfüllende Kausalität bezeichnet, siehe dazu Schiemann, in: Staudinger § 249 BGB Rdn. 8. 508  Lange/Schiemann, S. 75. 509  Lange/Schiemann, S. 75. 510  Spickhoff, S. 13. 511  Spickhoff, S. 13. 512  Schiemann, in: Staudinger, § 249 BGB Rdn. 8; siehe auch Spickhoff, S. 12. 513  BGH NJW 1981, 983; 1995, 126, 127; 2005, 1420, 1422; Grüneberg, in: Palandt, Vorb. v. § 249 BGB Rdn. 25; Schieman, in: Staudinger, § 249 BGB Rdn. 8; Oetker, in: Müko/BGB, § 249 BGB Rdn.  103; Rüßmann, in: juris-PK-BGB, § 249 BGB Rdn. 7. 514  Gebauer, S. 2. 515  Schiemann, in: Staudinger, § 249 BGB Rdn. 8. 516  Schiemann, in: Staudinger, § 249 BGB Rdn. 8.



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage287

2. Entscheidungsfreiheit des Geschädigten zum Abschluss eines Prozessfinanzierungsvertrages Untersucht man die Frage, ob Kausalität zwischen dem Verzug des Anspruchsgegners und dem prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorar vorliegt, stößt man auf das Problem, dass der Abschluss des Prozessfinanzierungsvertrages auf einer eigenen Willensentscheidung des Geschädigten beruht. Es ist zu untersuchen, ob und wie sich dies auf den Kausalzusammenhang auswirkt. a) Problem der psychisch vermittelten Kausalität Die Besonderheit der zu untersuchenden Fragestellung besteht darin, dass der Schaden nicht unmittelbar durch das Handeln des Schädigers, sondern erst durch ein Handeln des Geschädigten eintritt. Erst der Geschädigte verursacht bzw. vergrößert den Schaden. Ist das „selbstschädigende“ Handeln des Geschädigten als eine Reaktion auf ein Handeln des Schädigers anzusehen, wird von der sogenannten „psychisch vermittelten Kausalität“ gesprochen.517 Die Rechtsgutverletzung wird dem Schädiger zugerechnet, wenn dieser das Handeln des Geschädigten provoziert hat.518 Mithin bildet der Entschluss eines Menschen – nämlich des Geschädigten – ein Glied in der zum Schaden führenden Kausalkette und der Eintritt des Schadens hängt auch von der menschlichen Psyche ab.519 Ist das selbstschädigende Handeln des Geschädigten als eine Reaktion auf das Verhalten des Schädigers anzusehen, haftet der Schädiger, „weil er eine Gefahr geschaffen hat, bei der Fehlentscheidungen und -handlungen anderer erfahrungsgemäß auftreten“.520 Es ist problematisch, unter welchen Umständen von der Schaffung einer derartigen Gefahrenlage durch den Schädiger auszugehen ist und welche Schadensfolgen des Geschädigten als „provoziert“ angesehen werden können. Rechtsprechung und Literatur behandeln das Problem der psychisch vermittelten Kausalität vor allem unter dem Aspekt der Zurechnung im Rahmen der Adäquanz bzw. der Schutzzwecklehre.521 An dem Vorliegen der äquivalenten Kausalität wird zumeist nicht gezweifelt. Vielmehr gehe es um die Frage, ob trotz bestehender äquivalen517  Schiemann,

in: Staudinger § 249 BGB Rdn. 47 ff.; Medicus, JuS 2005, 291. in: Bamberger/Roth, § 249 BGB Rdn.  64. 519  Medicus, JuS 2005, S. 291. 520  Schubert, in: Bamberger/Roth, § 249 BGB Rdn.  64. 521  Siehe dazu Oetker, in: Müko/BGB, § 249 BGB Rdn. 142; Schubert, in: Bamberger/Roth, § 249 BGB Rdn.  64. 518  Schubert,

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

ter Kausalität eine aus Wertungsgesichtspunkten als zu weitgehend angesehene Haftung522 verhindert werden müsse.523 b) Kausalität bei menschlichen Entschlüssen als Glied der Kausalkette Vollkommen unproblematisch ist die Prüfung der Kausalität bei menschlichen Entschlüssen als Glied der Kausalkette jedoch nicht:524 Ausgehend von der durch die conditio-sine-qua-non-Formel vorgegebenen „Wegdenk­ methode“525 wird von der herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur einfach davon ausgegangen, dass das selbstschädigende Handeln des Geschädigten – also der psychische Erfolg – ohne die Beeinflussung durch das Handeln des Schädigers nicht eingetreten wäre.526 Zwingend ist dies allerdings nicht, denn es ist nicht möglich, feststehende Bedingungen für die Fassung eines menschlichen Entschlusses zu geben.527 Vielmehr ist es naturwissenschaftlich gesehen überhaupt nicht möglich, genau zu prognostizieren, unter welchen Bedingungen eine bestimmte Person einen bestimmten Entschluss fasst.528 Die Humanwissenschaften kennen keine allgemeinen Regeln des Ablaufs psychischer Vorgänge.529 Weder sind hierfür allgemeingültige Gesetze vorhanden, noch kann deren Vorhandensein einfach vorausgesetzt werden.530 Im streng naturwissenschaftlichen Sinn liegt ein Kausalzusammenhang zudem nur dann vor, wenn ein bestimmter Vorgang unter sonst gleich bleibenden Bedingungen zwingend eine bestimmte naturgesetzliche Veränderung zur Folge hat.531 Es ist davon auszugehen, dass psychische, vom menschlichen Willen abhängige Faktoren von vornherein nicht einem solchen naturgesetzlichen Wiederholungstest unterliegen können.532 Vielmehr hat jeder Mensch die Möglich522  Oetker,

in: Müko/BGB, § 249 BGB Rdn.  142. NJW 2000, 947, 948; 2002, 504, 505; Deutsch, Haftungsrecht, S. 105, Rdn. 156; Esser/Schmidt, AT/2 § 33 II 2 b, S. 236 f.; Oetker, in: Müko/BGB, § 249 BGB Rdn. 142; Schubert, in: Bamberger/Roth, § 249  BGB Rdn.  64. 524  Spickhoff, S.  17 f. 525  Puppe, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, Vorbem. zu §§ 13 ff. StGB Rdn. 126. 526  Dies wird auch von Puppe kritisiert, siehe dazu Puppe, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, Vorbem. zu §§ 13 ff. StGB Rdn.  126. 527  Puppe, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, Vorbem. zu §§ 13 ff. StGB Rdn. 126. 528  Puppe, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, Vorbem. zu §§ 13 ff. StGB Rdn. 126. 529  Puppe, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, Vorbem. zu §§ 13 ff. StGB Rdn. 125. 530  Puppe, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, Vorbem. zu §§ 13 ff. StGB Rdn. 125. 531  Larenz, SR AT I, S. 433; siehe auch Schünemann, S. 22. 532  Spickhoff, S.  17 f.; Gottwald, S. 94; a.A: Steffen, in: RGRK/Steffen, § 823 BGB Rdn. 75: „Auch sie stehen unter Naturgesetzen.“ 523  BGH



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage289

keit, seinen Willen in einer identischen Situation jeweils anders zu betätigen.533 Eine andere Sichtweise würde zu einem „kausal-mechanischen Weltbild“534 führen. Allerdings ist zu überlegen, ob bei der Feststellung des Kausalzusammenhangs zwingend ein naturwissenschaftlicher Beweis erfolgen muss. Dies wird nach ganz überwiegender Auffassung abgelehnt535 und davon ausgegangen, dass die conditio-sine-qua-non-Formel auch ohne Beachtung zwingender Naturgesetze angewendet werden könne.536 Ein vollständiger naturgesetzlicher Beweis könne bei der Klärung der Frage, ob das Verhalten des in Anspruch Genommenen hinweg gedacht werden könne und damit zugleich auch der Erfolg entfallen würde, unterbleiben.537 Vielmehr könne ein rechtlicher Kausalzusammenhang auch da gegeben sein, wo keine naturwissenschaftliche Kausalität besteht.538 Diese Sichtweise ist auch richtig, denn nicht nur bei menschlichen Entschlüssen als Glied der Kausalkette besteht das Problem, dass dieser unter gleich bleibenden Bedingungen unterschiedlich getätigt werden kann. Vielmehr gleicht in der Praxis kein Geschehensablauf dem anderen.539 Die Bedingungen sind wechselhaft. Eine Feststellung, die strengen naturwissenschaftlichen Kriterien genügt, ist in der Praxis nicht möglich.540 Der rechtliche Ursachenbegriff muss daher als eine „juristische Zweckschöpfung“541 verstanden werden, ohne dass dieser über den Bereich der Rechtswissenschaft hinaus gilt.542 Von dieser Feststellung ausgehend ist zu resümieren, dass ein rechtlich relevanter Kausalzusammenhang keine Erklärung durch ein deterministisches Gesetz voraussetzt. Vielmehr „genügen statistische Gesetze oder Vernunftgründe ohne Gesetzescharakter, auch persönliche Motivationen […], aufgrund deren nach der Lebenserfahrung der Eintritt des Ereignisses zu erwarten war“.543 Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass die auf das Erfordernis einer naturwissenschaftlichen Kausalität verzichtende Bedingungstheorie ihre Schwächen hat.544 So wird immer wieder darauf 533  Spickhoff,

S. 18. S. 94. 535  Oetker, in: Müko/BGB, § 249 BGB Rdn.  103; Gottwald, S. 92. 536  Gottwald, S.  92 ff. 537  Oetker, in: Müko/BGB, § 249 BGB Rdn.  103. 538  Gottwald, S. 95. 539  Lange/Schiemann, S. 80. 540  Spickhoff, S. 19. 541  Gottwald, S. 95. 542  Lange/Schiemann, S. 79. 543  Gottwald, S. 95. 544  Siehe dazu Spickhoff, S.  16 f. 534  Gottwald,

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

hingewiesen, dass sie in „Grenzbereichen unscharf“545 werde und in bestimmten Bereichen versage. Beispielhaft sei auf die Fälle der Doppelkausalität hingewiesen.546 Auch führe eine solche Kausalitätsbetrachtung zu einer unendlichen Ausdehnung möglicher Bedingungen.547 Dies lasse sich aber angesichts der Vorteile der Bedingungstheorie akzeptieren. Die Bedingungstheorie stelle – so Larenz – eine „Faustformel“548 dar. Durch den Verzicht auf den Nachweis einer strengen naturwissenschaftlichen Kausalität erleichtere sie die Rechtsanwendung und biete eine „leicht fassliche und für die große Masse der Fälle zureichende Umschreibung“.549 Zudem habe ihr Gebrauch „bei allen Schwierigkeiten im Einzelnen zu grundsätzlichen Fehlentscheidungen nicht geführt“.550 In der Rechtsanwendung müsse jedoch natürlich berücksichtigt werden, dass die Bedingungstheorie keine exakte Definition der Kausalität darstelle,551 sondern nur ein erster Filter der Zurechnung sei, mit dem eine Untergrenze der Haftung ermittelt werde.552 Man müsse sich daher immer vergegenwärtigen, dass der Kausalzusammenhang allein aufgrund seiner Grenzenlosigkeit zu einer Zurechnung von Schadensfolgen nicht ausreiche.553 Es ist daher allgemein anerkannt, dass nach einer Prüfung und Bejahung des Kausalzusammenhangs die Grenzen des Verantwortungsbereichs des Schädigers und damit der Zurechenbarkeit von Schadensfolgen wertend zu ermitteln sind.554 Die Bedingungstheorie allein ist also nicht entscheidend für die Frage, ob der Schädiger für eine bestimmte Schadensfolge einzustehen hat. Davon ausgehend ist die Bedingungstheorie als „Faustformel“ für die Prüfung der Kausalität zu verstehen. Durch die „juristische Brille“ gesehen, sind daher als „ ‚ursächlich‘ für ein bestimmtes Ereignis all diejenigen Umstände oder Vorgängen anzusehen, die vorliegen mussten, damit es sich so, an diesem Ort, zu dieser Zeit, in dieser Weise ereignen konnte“.555 545  Spickhoff,

S. 17. S. 16. Problematisch ist die Kausalität etwa bei der Reparatur einer beschädigten Sache durch eigene Angestellte des Geschädigten, die schon vor dem Unfallereignis eingestellt worden sind. 547  Spickhoff, S. 16. 548  Larenz, SR AT I, S. 433. 549  Larenz, SR AT I, S. 433. 550  Lange/Schiemann, S. 80. 551  Larenz, SR AT I S. 433. 552  Lange/Schiemann, S. 80. 553  Larenz, SR AT I, S. 433. 554  Lange/Schiemann, S. 80. Auf die einzelnen Wertungsgesichtspunkte wird an späterer Stelle eingegangen. Siehe hierzu vor allem die Ausführungen zur Adäquanz (3. Teil, 2. Kapitel, C.III.) bzw. zum Schutzzweck der Norm (3. Teil, 2. Kapitel, C.IV.). 555  Larenz, SR AT I, S. 433. 546  Spickhoff,



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage291

Auch bei der Feststellung des Vorliegens einer psychisch vermittelten Kausalität kann also mit der „Wegdenkmethode“ gefragt werden, ob das selbstschädigende Handeln des Geschädigten auch ohne die Beeinflussung durch das Handeln des Schädigers eingetreten wäre. Dazu reicht eine „pragmatisch-kausale Erklärung des Geschehenen“.556 Dem Richter ist „mittels akzeptierbarer Argumente“557 zu erklären, dass das Handeln des Geschädigten durch das Handeln des Geschädigten „provoziert“ wurde. Da psychische Kausalität angesichts der „Variabilität der menschlichen Psyche“558 sowieso nicht sicher feststellbar sei – so Deutsch – genüge hier eine Wahrscheinlichkeit.559 c) Ergebnis Auch bei menschlichen Entschlüssen als Glied der Kausalkette ist die Kausalität mittels der conditio-sine-qua-non-Formel zu prüfen. Mit der „Wegdenkmethode“ ist zu fragen, ob das selbstschädigende Handeln des Geschädigten – also der psychische Erfolg – ohne die Beeinflussung durch das Handeln des Schädigers nicht eingetreten wäre. Dies wird in den meisten Fällen zu bejahen zu sein. Ein naturwissenschaftlicher Nachweis des Kausalzusammenhangs ist auch in Fällen der psychisch vermittelten Kausalität nicht notwendig. Die Kausalität wird also durch den eigenen Willensentschluss des Geschädigten nicht zwingend unterbrochen. Allerdings stellt die Bedingungstheorie nur einen ersten Filter dar. Ob dem Schädiger die aus dem eigenen Willensentschluss des Geschädigten resultierenden Folgen endgültig zuzurechnen sind, ist in einem zweiten Schritt wertend zu ermitteln. d) Schlussfolgerungen Bei der Prüfung der Kausalität zwischen dem Verzug des Anspruchsgegners und dem prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorar gelangt man zu dem Problem der psychisch vermittelten Kausalität, da der Abschluss des Prozessfinanzierungsvertrages auf einer eigenen Willensentscheidung des Geschädigten beruht. Es ist dann zu untersuchen, ob das Handeln des Geschädigten als eine Reaktion auf ein Handeln des Schädigers anzusehen ist. Auch in der Fallgruppe der psychisch vermittelten Kausalität ist die Bedingungstheorie anwendbar. Nach dieser Wegdenkmethode ist Ursache jede Bedingung, die nicht hinweg gedacht werden kann, ohne dass der Erfolg 556  Gottwald,

S. 96. S. 95. 558  Deutsch, Aufklärungspflichten, S. 2313. 559  Deutsch, Aufklärungspflichten, S. 2313. 557  Gottwald,

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

entfiele. Der Verzug des Anspruchsgegners müsste also Bedingung für den Entschluss des Anspruchsinhabers zum Abschluss des Prozessfinanzierungsvertrages sein. Wendet man die Wegdenkmethode an, kommt man zu dem Ergebnis, dass der Anspruchsinhaber den Entschluss zum Abschluss des Prozessfinanzierungsvertrags nicht gefasst hätte, wenn der Anspruchsgegner mit der Erfüllung seiner Leistung nicht in Verzug geraten wäre. Der Verzug des Anspruchsgegners kann also nicht hinweg gedacht werden, ohne dass der Erfolg, also der Entschluss des Anspruchsinhabers zum Abschluss eines Prozessfinanzierungsvertrages, entfiele. Der Verzug ist demnach Bedingung für den Entschluss des Anspruchsinhabers zum Abschluss eines Prozessfinanzierungsvertrags und mithin ursächlich im Sinne der conditio-sine-quanon-Formel. Im Prozess wird der Anspruchsinhaber dem Richter darlegen müssen, dass er durch den Verzug des Anspruchsgegners zum Abschluss des Prozessfinanzierungsvertrages motiviert wurde. Wie bereits ausgeführt, stellt die Prüfung der Kausalität daher nur einen ersten Filter dar. In einem zweiten Schritte sind die Wertungsgesichtspunkte zu ermitteln, die für oder gegen eine endgültige Zurechnung der Schadensfolgen zum Verantwortungsbereich des Anspruchsgegners sprechen.560 3. Aufschiebende Bedingtheit des Erfolgshonorars als Problem der Kausalität Ein weiteres Problem der Kausalität ergibt sich daraus, dass das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar unter der aufschiebenden Bedingung der Erfüllung des Anspruchs durch den Anspruchsgegner steht. Diese mit einer Erfolgshonorarvereinbarung verbundene aufschiebende Bedingung ist Ausgangspunkt des bereits angesprochenen Meinungsstreits bezüglich der Berücksichtigungsfähigkeit des Erfolgshonorars des Inkassounternehmens in der schadensrechtlichen Differenzbilanz. Dabei ist umstritten, ob diese aufschiebende Bedingung bereits zum Fehlen der einfachen Kausalität zwischen dem Verzug und der Erfolgsvergütung führt. Dies wird teilweise bejaht.561 Der Anspruch auf Erfolgsvergütung – so wird argumentiert – stelle sich nicht mehr als Ausfluss der für § 286 BGB typischen Erfüllungsverzögerung der Leistung dar, sondern vielmehr als unmittelbare Folge der Leistungserbringung selbst.562 Nicht der Zahlungs560  Derartige Wertungsgesichtspunkte ergeben sich aus der Adäquanzlehre bzw. der Lehre vom Schutzbereich der Norm. Ausführungen dazu sind unter 3. Teil, 2. Kapitel, C.III. und 3. Teil, 2. Kapitel, C.IV. dieser Arbeit zu finden. 561  Jäckle, Dissertation, S. 94; Lausen/Schüler, S. 18; AG Remscheid NJW 1959, 1879. 562  Jäckle, Dissertation, S. 94; Lausen/Schüler, S. 18.



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage293

verzug lasse den Anspruch des Gläubigers gegen den Schuldner auf Zahlung des Erfolgshonorars und damit den Vermögensschaden bei dem Gläubiger entstehen, sondern erst seine Zahlung.563 Andere räumen zwar ein, dass zwischen dem Verzug und dem Erfolgshonorar Kausalität bestehe, denn ohne den Schuldnerverzug wäre auch die durch die Erfüllungshandlung bedingte Verpflichtung zur Bezahlung der Erfolgsvergütung nicht entstanden. Jedoch sei der Verzug nur eine Ursache von vielen.564 Die ineinander greifenden Ursachen müssten hinsichtlich ihrer Relevanz für den Erfolgseintritt geordnet werden.565 Dabei sei festzustellen, dass die Zahlung durch den Schuldner zeitlich näher566 bzw. das allein rechtlich relevante Glied in der Kausalkette567 sei. Zudem sei die Erfüllung der Forderung durch eine Vereinbarung zwischen Gläubiger und Inkassounternehmen bewusst als Bedingung für die Entstehung des Erfolgshonorars vereinbart worden.568 Dies alles spreche dafür, dass das Erfolgshonorar mit dem Verzug nur in einen mittelbaren die Zurechnung nicht begründenden Zusammenhang stehe.569 Diese Bedenken können auch gegen die Kausalität zwischen Verzug und dem prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorar eingewandt werden. Allerdings ist festzustellen, dass beide Argumentationen nicht greifen: Beide Auffassungen gehen zutreffend davon aus, dass es mehrere Ursachen für das Anfallen des Erfolgshonorars gibt. Im Falle des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars sind dies u. a. die Nichterfüllung der Forderung durch den Anspruchsgegner, der Abschluss des Prozessfinanzierungsvertrages mit dem Prozessfinanzierungsunternehmen durch den Anspruchsinhaber sowie die Begleichung der Forderung durch den Anspruchsgegner. Bereits auf den ersten Blick fällt auf, dass die Ursachen aufeinander aufbauen. Hätte der Anspruchsgegner die Forderung sofort erfüllt, hätte der Anspruchsinhaber keinen Prozessfinanzierungsvertrag abschließen müssen. Hätte der Anspruchsinhaber keinen Prozessfinanzierungsvertrag abschließen müssen, hätte er sich nicht auf die Vereinbarung eines durch die Erfüllung der Forderung bedingten Erfolgshonorars einlassen müssen. Hätte der Anspruchsinhaber sich nicht auf die Erfolgshonorarvereinbarung einlassen müssen, wäre es bei der Erfüllung der Forderung durch den Anspruchsgegner nicht zur Entstehung des Erfolgshonorars gekommen. Es wird also deutlich, dass eine 563  AG

Remscheid NJW 1559, 1879. Dissertation, S. 94; Martin, S. 93. 565  Martin, S. 93. 566  Martin, S. 93. 567  Jäckle, Dissertation, S. 94. 568  Martin, S. 93. 569  Martin, S. 93; Jäckle, Disseration, S. 94. 564  Jäckle,

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

vollständige Kausalkette vom Verzug des Schuldners bis zur Entstehung des Erfolgshonorars vorliegt. Keines dieser „Glieder“ der Kausalkette kann hinweg gedacht werden, ohne dass der Erfolg – die Entstehung des Erfolgshonorars – entfiele. Somit ist Kausalität nach der coniditio-sine-qua-nonFormel gegeben. Dass mehrere Bedingungen vorliegen, ist nach der Äquivalenztheorie unproblematisch, denn allen Ursachen der eingetretenen Folgen kommt – ohne jegliche Wertung – das gleiche Gewicht zu.570 Auch die Tatsache, dass der Schaden nicht unmittelbar durch das schädigende Verhalten, sondern erst mittelbar durch das Hinzutreten anderer Umstände eingetreten ist, hat auf die Prüfung der Kausalität keinen Einfluss.571 Allerdings ist zu berücksichtigen, dass ein derartiges Kausalitätsverständnis zu einer uferlosen Ausdehnung der Schadensersatzersatzpflichten des Anspruchsgegners führt, denn „in der stetigen Verkettung der Geschehnisse lässt sich die Reihe der Ursachen eines Ereignisses durch die voraus liegenden Umstände hindurch immer weiter in die Vergangenheit, die der Wirkungen eines bestimmten Vorganges durch die Reihe der durch ihn bewirkten Folgen hindurch immer weiter in die zur Gegenwart gewordenen Zukunft verfolgen.“572

Es liegt also auf der Hand, dass eine Ausdehnung der Verantwortlichkeit des Schädigers auf sehr weit entfernte Schadensfolgen nicht interessengerecht ist. Nach herrschender Auffassung ist daher eine Begrenzung der Schadensersatzpflicht notwendig,573 wobei auch Einigkeit darüber besteht, dass diese Grenze nicht aus dem Kausalbegriff selbst gezogen werden kann.574 Vielmehr gehe es darum, eine als zu weit angesehene Haftung trotz eigentlich gegebener Kausalität aus Wertungsgesichtspunkten auszuschließen.575 Im Ergebnis ist festzustellen, dass trotz der aufschiebenden Bedingtheit der Entstehung des Erfolgshonorars Kausalität zwischen diesem und dem Verzug des Schuldners besteht. 4. Zusammenfassung und Ergebnis Es besteht Kausalität zwischen der erfolgsorientierten Vergütung des Prozessfinanzierungsunternehmens und dem Verzug. Die herrschende Auffassung beurteilt die Kausalität nach der conditio-sine-qua-non-Formel. Bei der Prüfung der Kausalität gelangt man zu dem Problem der psychisch vermit570  Schiemann, 571  Oetker,

572  Larenz, 573  Larenz, 574  Larenz, 575  Oetker,

in: Staudinger, § 249 BGB Rdn. 8. in: Müko/BGB, § 249 BGB Rdn.  135 m. w. N. SR AT I, S. 434. SR AT I, S. 434. SR AT I, S. 434. in: Müko/BGB, § 249 BGB Rdn.  142.



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage295

telten Kausalität, da der Abschluss des Prozessfinanzierungsvertrages auf einer eigenen Willensentscheidung des Geschädigten beruht. Auch in der Fallgruppe der psychisch vermittelten Kausalität ist – dies wurde gezeigt – die Bedingungstheorie anwendbar. Da der Verzug Bedingung für den Entschluss des Anspruchsinhabers zum Abschlusses des Prozessfinanzierungsvertrages ist, ist dieser mithin ursächlich im Sinne der conditito-sine-quanon-Formel. Auch die aufschiebende Bedingtheit der Entstehung des Erfolgshonorars steht der Kausalität zwischen diesem und dem Verzug des Anspruchsgegners nicht entgegen. III. Probleme der Adäquanz zwischen Schuldnerverzug und Erfolgshonorar Im ersten Teil dieser Abhandlung ist auf die bislang eher als gering einzuschätzende Verbreitung der Prozessfinanzierung in Deutschland hingewiesen worden. Vielen Personen wird das Dienstleistungsangebot der Prozessfinanzierungsunternehmen daher unbekannt sein. Eventuell haben sie etwa im Zusammenhang mit US-amerikanischen Fernsehserien schon einmal ­etwas von „Erfolgshonoraren“ gehört, besitzen jedoch keine Informationen über die Existenz bzw. das Dienstleistungsangebot der Prozessfinanzierungsunternehmen in Deutschland. Es ist daher vorstellbar, dass ein Anspruchsgegner geltend machen wird, schon deshalb nicht zum Schadensersatz bezüglich des Erfolgshonorars verpflichtet zu sein, weil er zum Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses – also des Verzugs – nicht mit der Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmen durch den Anspruchsinhaber rechnen konnte und dies auch nicht musste. Mithin stellt sich die Frage, ob und welche Kenntnisse des Anspruchsgegners zum Zeitpunkt der schädigenden Handlung über die Auswirkungen seiner schädigenden Handlung für eine Schadenszurechnung erforderlich sind. Eine Antwort auf diese Frage könnte die Adäquanztheorie bieten. 1. Problematik der Adäquanztheorie Die Adäquanztheorie „untergliedert die im Sinne der conditio-sine-quanon-Formel für den Schadenseintritt relevanten Ursachen danach, mit welcher Wahrscheinlichkeit jede von ihnen zu dem eingetretenen Erfolg führte“576 und schließt die Haftung des Schädigers für einen vollkommen unwahrscheinlichen Kausalverlauf aus. Der Schädiger könnte also behaupten, die Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens stelle einen 576  Oetker, in: Müko/BGB § 249 BGB Rdn.  109; Schiemann, in: Staudinger, § 249 BGB Rdn. 12 ff.

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

vollkommen unwahrscheinlichen Kausalverlauf dar und er müsse daher nicht für die dadurch entstehenden Kosten haften. a) Entwicklung und Definition des Adäquanzkriteriums Die Adäquanztheorie wurde von Rümelin577 und Träger578 entwickelt und fand in den Urteilen des Reichsgerichts erstmals im Jahr 1902 Erwähnung.579 Um möglichst nah am Wortlaut der haftungsrechtlichen Bestimmungen, aus denen sich lediglich das Erfordernis der Kausalität als Zurechnungskriterium ergibt, zu bleiben, wurde – so Larenz – versucht, eine Begrenzung der Haftungsfolgen durch die Anwendung eines nur vollkommen entfernte Folgen ausschließenden juristischen Kausalbegriffs zu erreichen.580 Dabei hat sich die Theorie des „adäquaten Kausalzusammenhangs“ durchgesetzt, nach der nur ein adäquater Kausalzusammenhang ein ursächlicher Zusammenhang im Rechtssinn sein soll.581 Danach sollen dem Ersatzpflichtigen solche Schäden nicht zugerechnet werden, „die nur auf Grund einer ganz ungewöhnlichen, vom Blick des gedachten Beobachters aus keinesfalls zu erwartenden Verkettung von Umständen eintreten konnte“.582 Später gelangte man zu der Erkenntnis, dass die Adäquanztheorie keine Aussage über die Kausalität treffe. Vielmehr sei sie ein Versuch, die Ergebnisse der Äquivalenztheorie durch eine Wertung zu korrigieren.583 Mithin handele es sich um ein Zurechnungsproblem.584 Die Adäquanztheorie existiert in einer negativen und einer positiven Ausprägung.585 Positiv wird danach gefragt, ob die Bedingung nach den bekannten Umständen die Möglichkeit des eingetretenen Erfolgs nicht unerheblich erhöht hat.586 Nach der negativen Version sollen solche Bedingungen ausscheiden, die ihrer Natur nach für die Entstehung des Schadens gleichgültig sind und nur durch eine Verkettung außergewöhnlicher Umstände den Erfolg herbeigeführt haben.587 Der BGH verwendet meist eine For577  Die

Verwendung des Causalbegriffs im Straf- und Civilrecht. Kausalbegriff im Straf- und Zivilrecht. 579  RGZ 50, 219, 222. 580  Larenz, SR AT I, S. 435. 581  Larenz, SR AT I, S. 435. 582  Larenz, SR AT I, S. 436. 583  BGHZ 3, 261, 267; 18, 286, 288; 261; Mertens, in: Soergel, vor § 249 BGB Rdn. 122; Oetker, in: Müko/BGB, § 249 BGB Rdn.  110; Lange/Schiemann, S. 81. 584  Larenz, SR AT I, S. 435. 585  Oetker, in: Müko-BGB, § 249 BGB Rdn. 110. 586  BGHZ 57, 242, 255. 587  Oetker, in: Müko/BGB, § 249 BGB, Rdn.  110. 578  Der



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage297

mel, die das positive und das negative Element vereint. Danach muss „das zum Schaden führende Ereignis im Allgemeinen und nicht nur unter besonders eigenartigen, unwahrscheinlichen und nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen geeignet sein, einen Erfolg dieser Art herbeizuführen“.588 Oft verwendet der BGH auch die Formulierung, dass der eingetretene Erfolg nicht außerhalb aller Wahrscheinlichkeit liegen dürfe.589 Bei der Beurteilung dieser Frage ist eine ex-antePerspektive einzunehmen. Es kommt mithin auf alle dem Schädiger zum Zeitpunkt des Eintritts der Bedingung bekannten oder erkennbaren Umstände an.590 b) Rechtfertigung der Adäquanztheorie Die Anwendung der Adäquanztheorie lässt sich wie folgt rechtfertigen: aa) Begrenzung der Schadensersatzpflichten Es ist bereits darauf hingewiesen worden, dass eine Berücksichtigung aller für den Schadenseintritt relevanten Ursachen im Sinne der conditiosine-qua-non-Formel zu einer uferlosen Ausdehnung der Schadensersatzpflichten führen würde. Selbst der „Erzeuger des Schädigers“ müsste in dem gleichen Umfang haften wie der Schädiger selbst.591 Zudem müsste der Schädiger unbeschränkt für alle – auch die ganz weit entfernten – Folgen seines Handelns einstehen.592 Jedoch sind bereits die Verfasser des BGB davon ausgegangen, dass es nicht Funktion des Haftungsrechts sein könne, alle entstandenen Schäden auszugleichen.593 Eine derartige unbegrenzte Erfolgshaftung wird vielmehr als nicht akzeptierbar angesehen594 und würde zudem dem verfassungsrechtlichen Übermaßverbot widersprechen.595 Zudem hätte dies eine „unvertretbare Einschränkung menschlicher Initiative“596 zur Folge. Mithin sei das Haftungsrecht von vornherein – so Frommhold – in einen „Konflikt zwischen Güterschutz und Handlungsfrei588  BGH NJW 2002, 2232, 2333; siehe auch BGHZ 137, 11, 19; VersR 1998, 1410, 1411; 2001, 1388, 1389. 589  BGHZ 43, 178, 181; 59, 139, 144; BGH NJW 1984, 41. 590  Siehe dazu BGHZ 3, 261, 266. 591  Oetker, in: Müko/BGB, § 249 BGB Rdn, 104. 592  Oetker, in: Müko/BGB, § 249 BGB Rdn, 107. 593  Jansen, S. 36; Frommhold, S. 66. 594  Larenz SR AT I, S. 434; Oetker, in: Müko/BGB, § 249 BGB Rdn.  107. 595  Oetker, in: Müko-BGB, § 249 BGB Rdn. 104. 596  Bentzien, S. 1097.

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

heit verstrickt“.597 Entweder wird „die Gütersphäre des Geschädigten mangels oder die des Schädigers kraft des Ausgleichs geschmälert und parallel wird mit Blick auf künftige Wiederholungen des Schadenseintritts die Handlungsfreiheit des Geschädigten oder des Schädigers eingeschränkt“.598 Der Möglichkeit, einen Schaden wirtschaftlich auf eine andere Person abzuwälzen, sind daher Grenzen zu setzen. Neben der Zuerkennung von Schadensersatzansprüchen einerseits ist die Begrenzung andererseits eine „wesentliche Anforderung an ein ausgewogenes und sinnvolles System zivilistischer Haftung“.599 Eine der Hauptfunktionen des Haftungsrechts ist es daher, den Schaden nach Gerechtigkeit und Billigkeit zuzuordnen. Die Verantwortungsbereiche der Beteiligten müssen so voneinander abgegrenzt werden, dass ein angemessener und gerechter Ausgleich der widersprechenden Interessen erreicht wird.600 Für den Bereich der haftungsbegründenden Kausalität wird die erforderliche Haftungseinschränkung durch das Erfordernis der Rechtswidrigkeit und des Verschuldens erzielt.601 Da im Bereich der Haftungsausfüllung ein Rückgriff auf diese Kriterien nicht möglich ist, wird hier auf andere Art und Weise versucht, eine Haftungseinschränkung zu erreichen.602 Neben der Adäquanztheorie ist hier vor allem noch die Theorie vom Schutzzweck der Norm von Bedeutung.603 bb) Ausklammerung von Zufallschäden Die Adäquanztheorie wird damit gerechtfertigt, dass ansonsten eine Belastung des Schädigers mit zufälligen Folgen drohe.604 Eine Erstreckung der Verantwortlichkeit des Schädigers auf derart weit entfernte Schadensfolgen sei trotz bestehender Kausalität nicht interessengerecht,605 da sich derartige Folgen der Beherrschbarkeit durch den menschlichen Willen derart entzögen, „dass sie nur noch als Spiel des ‚blinden Zufalls‘ erschienen, für das niemand mehr verantwortlich gemacht werden kann“.606 Eine Haftung für 597  Frommhold,

S. 67. S. 67. 599  Bentzien, S. 1097. 600  BGH WRP 1995, 393, 397; Schmidt, Kompensation, S. 396; Frommhold, S. 66, 80. 601  Oetker, in: Müko/BGB, § 249 BGB Rdn.  106 f.; Schiemann, in: Staudinger, § 249 BGB Rdn. 23. 602  Kolb, S. 24; Steffen, in: RGRK § 823 BGB Rdn. 469. 603  Müller, Grundprinzipien, S. 64. Siehe dazu 3. Teil, 2. Kapitel, C.IV. 604  Schiemann, in: Staudinger, § 249 BGB Rdn. 18. 605  Larenz, SR AT I, S. 434. 606  Larenz, SR AT I, S. 439. 598  Frommhold,



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage299

solche Folgen sei nicht mit der Selbstbestimmung der Menschen vereinbar und könne dessen Verhalten auch nicht beeinflussen.607 Auch aus der Ausgleichsfunktion des Schadensrechts ergebe sich, dass der Zusammenhang zwischen einem schädigendem Verhalten und dessen Folgen bei vollkommen unwahrscheinlichen Kausalverläufen nur gering sei.608 Diejenigen Bedingungen, die rechtlich als Zufall erscheinen, sollten deshalb keine Berücksichtigung im Rahmen der Zurechnung finden.609 Zur Ermittlung derartiger „Zufallsschäden“ gelte es  – so Lange / Schiemann  – die Begünstigungstendenz des schädigenden Ereignisses zu untersuchen.610 Diese sei dann gegeben, wenn das schädigende Ereignis die objektive Möglichkeit eines Erfolgs von der Art des eingetretenen nicht unerheblich erhöht habe.611 Im Gegensatz dazu liege eine Begünstigungstendenz dann nicht vor, wenn das schädigende Verhalten des in Anspruch Genommenen nur noch ein äußerer Anlass für die Schadensfolge gewesen sei.612 c) Kritik Im Schrifttum ist die Adäquanztheorie umstritten.613 Durch sie könnten die Probleme nicht gelöst werden.614 Zudem biete sie keine sinnvollen Kriterien für eine Haftungsbeschränkung.615 So sei es wenig überzeugend, die notwendigen Korrekturen der Ergebnisse der Anwendung der Kausalitätstheorie nur nach dem Maßstab der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts bzw. der Gefahrerhöhung vorzunehmen.616 Eine exakte Angabe des Grades der Wahrscheinlichkeit des Eintritts einer bestimmten Folge, der zur Bejahung der Adäquanz gerade noch genügt, sei zudem nicht möglich.617 Auch widerspreche die Anwendung eines rein quantitativen Maßstabes dem Ziel, über die Zurechnung einer Schadensfolge mittels eines Werturteils zu entscheiden.618 Kritik erfährt auch das vom BGH verwandte und noch ausführlich zu behandelnde Kriterium des „optimalen Beobachters“ zur Beurteilung 607  Schiemann, in: Staudinger, § 249 BGB Rdn. 18; zustimmend zum Adäquanzkriterium aus Sicht der ökonomischen Analyse des Rechts Schäfer/Ott, S.  289 ff. 608  Spickhoff, S.  39 f. 609  Steffen, in: RGRK, § 823 BGB Rdn. 81; Kolb, S. 25. 610  Lange/Schiemann, S. 83. 611  Kolb, S. 25. 612  BGHZ 58, 162, 167; Kolb, S. 31. 613  U. a. Huber, JZ 1969, S. 677 f.; Lang, S.  90 ff. 614  Huber, JZ 1969, S. 677 f. 615  Siehe dazu Oetker, in: Müko/BGB, § 249 BGB Rdn.  116 m. w. N. 616  Siehe dazu Oetker, in: Müko/BGB, § 249 BGB Rdn. 116. 617  Larenz, SR AT I, S. 437; Spickhoff, S. 39. 618  Sourlas, S. 30 ff.; siehe auch Friese, S. 22.

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

der Adäquanz einer bestimmten Ursache. Da einem optimalen Beobachter nichts entgehen könne, sei die Filterfunktion der Adäquanz nur gering.619 Des Weiteren wird gegen die Adäquanztheorie vorgebracht, dass es unangemessen sei, bei der Bestimmung des Schadensumfangs den Zweck der Haftungsnorm nicht zu berücksichtigen. Das jeweilige Ausmaß der Gefährdung lasse sich nur in Verbindung mit diesem ermitteln. Daher sei ein Vergleich des konkreten Geschehensablaufs mit dem verletzten Gefährdungsverbot notwendig.620 Teilweise wird daher vorgeschlagen, auf die Adäquanztheorie zugunsten der alleinigen Anwendung der Lehre vom Schutzzweck der Norm zu verzichten.621 Den Kritikern der Adäquanztheorie ist insoweit zuzustimmen, dass die Adäquanztheorie allein nicht in der Lage ist, den Haftungsumfang der Äquivalenztheorie zu korrigieren.622 Dieser kann nicht allein von der Wahrscheinlichkeit des Eintritts des konkret vorliegenden Schadens abhängen.623 Aber trotzdem ist die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts für die Zurechnung auch nicht völlig bedeutungslos.624 Dies wird auch von den Anhängern der Theorie vom Schutzzweck der Norm so gesehen, denn auch sie prüfen die Wahrscheinlichkeit des Eintritts des Schadens als einen Abwägungsgesichtspunkt.625 Dies macht auch Sinn, denn je unwahrscheinlicher der Schadenseintritt ist, umso weniger kann angenommen werden, dass die verletzte Norm auch diesen Schaden vermeiden möchte.626 Die Adäquanztheorie ist daher neben der Lehre vom Schutzzweck der Norm anzuwenden, sodass ein Schaden sowohl adäquat sein als auch unter den Schutzzweck der Norm fallen muss, um ersatzfähig zu sein.627 Der Adäquanztheorie wird dabei die Aufgabe eines „ersten Tests“ zugesprochen,628 dessen Ergebnisse durch die Anwendung der Theorie vom Schutzzweck der Norm korrigiert werden können.629 619  Spickhoff,

S. 38; Hasselblatt, S. 57. Kausalzusammenhang, S. 20. 621  Rüßmann, in: jurisPK-BGB, § 249 BGB Rdn. 28; Kötz/Wagner, Rdn. 191 ff. 622  Schiemann, in: Staudinger, § 249 BGB Rdn. 19. 623  Oetker, in: Müko/BGB, § 249 BGB Rdn.  117. 624  Larenz, SR AT I, S. 439. 625  Darauf weist Schiemann, in: Staudinger, § 249 BGB Rdn. 20, hin. 626  Oetker, in: Müko/BGB, § 249 BGB Rdn.  117; Grüneberg, in: Palandt, Vorb., § 249 BGB Rdn. 26; Larenz SR AT I, S. 445. 627  Grüneberg, in: Palandt, Vorb., §  249 BGB Rdn. 26; Lange/Schiemann, S.  92 f.; Fikentscher/Heinemann, § 51 III 3, Rdn. 592; Larenz, SR AT I, S. 467 f. 628  Oetker, in: Müko/BGB, § 249 BGB Rdn.  119; Schiemann, in: Staudinger, § 249 BGB Rdn. 20; Schulze, in: Schulze, Vorbemerkung zu §§ 249–253 BGB Rdn. 15. 629  Oetker, in: Müko/BGB, § 249 BGB Rdn.  119. 620  Stoll,



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage301

Zwar ist es zugegebenermaßen schwierig zu bestimmen, wann der Eintritt einer Schadensfolge gerade noch so wahrscheinlich ist, dass die Adäquanz zu bejahen ist. Aber auch aus dieser Schwierigkeit ergibt sich „kein durchschlagender Einwand gegen die Verwendung der Adäquanz des Kausalzusammenhangs als eines Zurechnungskriteriums […] [,denn] hier bleibt, wie bei jedem ‚unbestimmten Rechtsbegriff‘ dem Richter ein Beurteilungsspielraum, der im Wege der Vergleichung nahe liegender Fälle eingeengt zu werden vermag, in Grenzfällen aber vom Richter eine eigene Wertung verlangt.“630

Auch die vom BGH zur Beurteilung der Adäquanz verwandte Figur des – später noch ausführlich zu besprechenden – „optimalen Beobachters“ spricht nicht gegen die Adäquanztheorie. Betrachtet man die Urteile des BGH zur Adäquanz, stellt man fest, dass der BGH den optimalen Beobachter, nicht als „mythische Gestalt [ansieht], deren Fähigkeiten je nach Lehrmeinung zwischen überdurchschnittlichen, übermenschlichen und prophetischen schwanken,“631 sondern ihm zubilligt, nicht jede noch so abwegige Folge seines Handelns voraussehen zu können.632 Da – wie Oetker feststellt – die Adäquanztheorie in der Praxis überwiegend zu befriedigenden Ergebnissen führt,633 soll im Rahmen dieser Abhandlung von ihrer Anwendbarkeit ausgegangen werden. d) Anwendbarkeit im Schuldnerverzug Eventuell könnte sich aus § 287 S. 2 BGB ergeben, dass das Adäquanzkriterium bei der Frage der Zurechnung des Verzugsschadens keine Anwendung findet. § 287 BGB regelt die Verantwortlichkeit während des Verzugs. Normalerweise wird der Schuldner bei Unmöglichkeit der Leistung gem. § 275 BGB von jeder Verpflichtung frei. Ist der Schuldner bei Eintritt des zufälligen Ereignisses, das die Unmöglichkeit der Leistung verursacht hat, in Verzug, so haftet auch er für die Unmöglichkeit der Leistung.634 Es genügt also ein rein zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Verzug und der Unmöglichkeit der Leistung. Der Nachweis eines adäquaten Zusammenhangs sei dann nicht notwendig, da die Vorschrift des § 287 S. 2 BGB ansonsten überflüssig wäre.635 Der Normzweck dieser Vorschrift stehe daher der Anwendung der Adäquanzlehre von vornherein entgegen.636 Allerdings 630  Larenz,

SR AT I, S. 439. S. 601. 632  Kolb, S. 32. 633  Oetker, in: Müko/BGB, § 249 BGB Rdn.  119. 634  Löwisch, in: Staudinger, § 287 BGB Rdn. 14. 635  Schiemann, in: Staudinger, § 249 BGB Rdn. 26. 636  Spickhoff, S. 46. 631  Dunz,

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

bezieht sich § 287 S. 2 BGB nur auf die Leistung selbst und ist daher nur für den Schadensersatz statt der Leistung gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 283 BGB und §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 BGB relevant637 und nicht für den sonstigen Verzugsschaden.638 Der weitere Verzugsschaden ist nur bei Adäquanz ersatzfähig. Für die Zurechnung des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars zum Schädiger als Verzugsschaden kann daher auf das Merkmal der Adäquanz nicht verzichtet werden, denn es geht nicht um die Leistung selbst, sondern um die Erstattungsfähigkeit von Kosten zur Durchsetzung der vom Schuldner verzögerten Leistung. e) Zusammenfassung / Ergebnis Ein Schaden ist dann adäquat, wenn das zum Schaden führende Ereignis im Allgemeinen und nicht nur unter besonders eigenartigen, unwahrscheinlichen und nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen geeignet war, einen Erfolg dieser Art herbeizuführen. Im Rahmen dieser Abhandlung ist also zu überlegen, ob der Abschluss eines Prozessfinanzierungsvertrages durch den Anspruchsinhaber für den Anspruchsgegner außerhalb aller Wahrscheinlichkeit liegt und deshalb als vollkommen unwahrscheinlicher Kausalverlauf einzuordnen ist. 2. Vorhersehbarkeit der Prozessfinanzierung für den Anspruchsgegner Möchte man beurteilen, wann ein zum Schaden führendes Ereignis im Allgemeinen und nicht nur unter besonders eigenartigen, unwahrscheinlichen und nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen geeignet ist, einen bestimmten Erfolg herbeizuführen, stößt man auf das Problem, inwiefern es hierbei auf die individuellen Kenntnisse des Schädigers ankommt bzw. welche Perspektive für eine solche Bewertung einzunehmen ist. Aufgrund der nur unzureichenden Information weiter Bevölkerungskreise über die Prozessfinanzierung stellt sich diese Problematik im Rahmen dieser Abhandlung besonders. Aus Sicht einer Person, die noch nie etwas von der Existenz und dem Dienstleistungsangebot eines Prozessfinanzierers erfahren hat, werden die Einbindung eines derartigen Unternehmens durch den Anspruchsinhaber in den Prozess der Anspruchsdurchsetzung und die damit verbundene Entstehung eines Erfolgshonorars zweifellos einen unwahrscheinlichen und dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umstand darstellen. 637  Alpmann, in: JurisPK-BGB, § 287 BGB Rdn. 8, der Schuldner haftet verschuldensabhängig. 638  Löwisch, in: Staudinger, § 287 BGB Rdn. 16 ff.



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage303

a) Kenntnis über Geschäftsmodell der Prozessfinanzierung Mithin ist zu klären, inwiefern es bei der Beurteilung der Adäquanz auf die individuellen Kenntnisse des Anspruchsinhabers ankommt. Kann dieser sich auf den Standpunkt stellen, dass die Adäquanz zwischen dem Verzug und dem aus der Einschaltung eines Prozessfinanzierers durch den Anspruchsinhaber resultierenden Erfolgshonorar schon deshalb nicht gegeben ist, weil er bisher über das Dienstleistungsangebot der Prozessfinanzierungsunternehmen nicht informiert war? Die Beantwortung der Frage, ob das individuelle Wissen des Schädigers über den wahrscheinlichen Schadensverlauf entscheidend ist, ist von Bedeutung. Je mehr Kenntnisse über derartige im Moment des Schadensereignisses bereits vorliegende, aber nur schwer erkennbare Umstände dem gedachten Beobachter unterstellt werden, umso weiter wird der Bereich der noch als adäquat zu beurteilenden Folgen gefasst.639 Die Lösung dieses Problems ist umstritten. Hierzu werden mehrere Ansichten vertreten: aa) Individuelle Kenntnis nicht entscheidend Einigkeit besteht in Rechtsprechung und Literatur darüber, dass es nicht auf die individuellen Kenntnisse des Handelnden ankommen könne. Da dies schon für die Beurteilung der Schuldhaftigkeit eines Verhaltens nicht entscheidend sei, sei es nicht sinnvoll, die individuellen Kenntnisse nun bei der Frage der Zurechnung berücksichtigen zu wollen.640 Mithin kommt es bei der Beurteilung der Frage der Adäquanz der Einschaltung eines Prozess­ finanzierungsunternehmens und der damit verbundenen Entstehung eines Erfolgshonorars nicht darauf an, ob der Anspruchsgegner schon einmal etwas von der Prozessfinanzierung „gehört hat“ oder nicht. bb) Optimaler Beobachter Nach Auffassung der Rechtsprechung kommt es bei der Beurteilung der Adäquanz auf den Standpunkt eines Beobachters in der Situation des Schädigers zum Zeitpunkt der schädigenden Handlung an. Dieser Beobachter müsse nach Auffassung des BGH „optimal“ sein, also über die Lebenserfahrung einer sogenannten Optimalperson verfügen.641 Bei der Beurteilung der Adäquanz müssten alle zur Zeit der die Verantwortung begründenden 639  Larenz,

SR AT I, S. 437. S. 207. 641  BGHZ 3, 261, 266; NJW 1963, 1671, 1672; 1976, 1143, 1144; Grüneberg, in: Palandt, Vorb., § 249 BGB Rdn. 27. 640  Kolb,

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

Handlung einem optimalen Beobachter erkennbaren Umstände sowie zusätzlich die dem „Setzer der Bedingung“642 darüber hinaus bekannten Umstände berücksichtigt werden. Dabei habe die Prüfung unter Heranziehung des „gesamten im Zeitpunkt der Beurteilung zur Verfügung stehenden Erfahrungswissens“643 zu erfolgen. Nicht adäquat sind nach dieser Auffassung nur solche Folgen, die sich aus Sicht des optimalen Beobachters als vollkommen unwahrscheinliche Umstände zur Herbeiführung des Erfolgs darstellten.644 Folgte man dieser Auffassung, so wäre zu beurteilen, ob eine Optimalperson in der Situation des Anspruchsgegners zum Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses – also des Verzugs – um die Möglichkeit des Anspruchsinhabers, ein Prozessfinanzierungsunternehmen einzuschalten, gewusst hätte. Dazu ist zunächst einmal der Begriff des „optimalen Beobachters“ zu definieren. Eine erste Annäherung an den Begriff bietet die Rechtsprechung des BGH, nach der der optimale Beobachter das gesamte menschliche Erfahrungswissen zu berücksichtigen hat.645 Die nur durchschnittliche Lebenserfahrung eines Menschen genügt also nicht.646 Ein weiterer Hinweis ergibt sich, wenn man bedenkt, dass umgangssprachlich unter „optimal“ auch „bestmöglich“ bzw. „ideal“ verstanden wird.647 Ein optimaler Beobachter ist also die bestmögliche Person, die man sich in der Situation des Schädigers vorstellen kann. Bleibt man bei der Umschreibung „ideal“, stößt man zudem auf die Rechtsprechung des BGH zum „Idealfahrer“ im Zusammenhang mit § 17Abs. 3 StVG.648 § 17 StVG regelt den Ausgleich zwischen mehreren haftpflichtigen Kfz-Haltern. Eine Verpflichtung zum Schadensausgleich ist gem. § 17 Abs. 3 StVG dann ausgeschlossen, wenn der Unfall durch ein unabwendbares Ereignis verursacht wurde, das weder auf einem Fehler in der Beschaffenheit des Fahrzeugs, noch auf einem Versagen seiner Vorrichtungen beruht. Als unabwendbar gilt ein Ereignis gem. § 17 Abs. 3 StVG dann, wenn sowohl Halter als auch Führer des Fahrzeugs jede nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beobachtet haben. Nach der Rechtsprechung ist ein unabwendbares Ereignis dann anzunehmen, wenn auch ein „Idealfahrer“ den Unfall nicht hätte vermeiden können.649 Ein Idealfahrer wird umschrieben als ein Fahrer „von höchster Sorgfalt, Auf642  Siehe u. a. BGH NJW 1978, 2502, 2503; 1981, 983; BGH NZV 1990, 425, 427; Kolb, S. 29. 643  Ständige Rechtsprechung seit BGHZ 3, 261, 267. 644  BGHZ 3, 261, 267; Köhler, in: Köhler/Bornkamm § 9 Rdn 1.14. 645  Kolb, S. 35. 646  So Kolb, S. 30. 647  Kolb, S. 35. 648  Darauf weist Kolb, S. 35, hin. 649  Siehe dazu u. a. BGHZ 113, 164, 165.



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage305

merksamkeit, Geistesgegenwärtigkeit und Umsicht“.650 Verlangt wird also eine „über den gewöhnlichen Durchschnitt erheblich hinausgehende Aufmerksamkeit, Geschicklichkeit und Umsicht sowie geistesgegenwärtiges und sachgemäßes Handeln im Rahmen des Menschenmöglichen“.651 Dass auch ein Idealfahrer einen Unfall nicht in jedem Fall verhindern kann, zeigt, dass die Rechtsprechung von einem solchen Idealfahrer nichts „Menschenunmögliches“ verlangt.652 Den „optimalen Beobachter“ kann man also definieren als die nach menschlichem Ermessen in der Situation des Schädigers bestmögliche Person, die über das gesamte menschliche Erfahrungswissen verfügt und über den gewöhnlichen Durchschnitt hinaus vorausschauend, umsichtig und sachgemäß handelt.653 Da eine Optimalperson über das gesamte menschliche Erfahrungswissen verfügt, weiß sie auch um die Möglichkeit der Finanzierung der Kosten eines Rechtsstreits gegen eine Erfolgsbeteiligung durch darauf spezialisierte Unternehmen in Deutschland. Darüber hinaus verfügt sie auch über einen entsprechenden Marktüberblick. Die Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens seitens des Anspruchsinhabers stellt für sie also keinen außergewöhnlichen Kausalverlauf dar. cc) Erfahrener Beobachter Auch in der Literatur wird davon ausgegangen, dass es bei der Beurteilung der Adäquanz auf den Standpunkt eines Beobachters in der Situation des Schädigers zum Zeitpunkt der schädigenden Handlung ankommt. Allerdings müsse dieser Beobachter keine Optimalperson, sondern nur eine „erfahrene“ Person sein.654 Mithin soll die Prognose anhand eines erfahrenen Beobachters erstellt werden, „der außer die dem Ersatzpflichtigen schon bekannten Umstände diejenigen berücksichtigt, mit denen ein verständiger Mensch in dessen Lage nach der Lebenserfahrung rechnen musste“.655 Folgte man dieser Auffassung, wäre zu beurteilen, ob eine erfahrene Person in der Situation des Anspruchsgegners zum Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses – also des Verzugs – um die Möglichkeit des Anspruchsinhabers, ein Prozessfinanzierungsunternehmen einschalten zu können, gewusst hätte. Dazu ist zunächst einmal der Begriff des „erfahrenen Beobachters“ zu 650  BGH-NJW-RR

1987, 150. 86, 149, 151; BGHZ 113, 164, 165. 652  Kolb, S, 35. 653  Siehe auch Kolb, S. 35. 654  Larenz, SR AT I, S. 439 f.; zustimmend Medicus, SR I, § 55 II 2, Rdn. 638. 655  Kolb, S. 206. 651  RGZ

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

definieren. Unter dem Begriff „Erfahrung“ werden „die erworbene Fähigkeit sicherer Orientierung [und] das Vertrautsein mit bestimmten Handlungsund Sachzusammenhängen ohne Rekurs auf ein hiervon unabhängiges theoretisches Wissen“656 verstanden. Synonyme für das Wort „Erfahrung“ im Sinne von „Kenntnis“657 sind u. a. „Sachkenntnis“, „Übung“, „Vertrautheit“, „Praxis“, „Weitblick“ bzw. „Klugheit“.658 Aus diesem Verständnis des Wortes „Erfahrung“ lässt sich schließen, dass ein erfahrener Beobachter eine Person ist, die nicht zum ersten Mal mit einer dem Anspruchsgegner zum Zeitpunkt der schädigenden Handlung vergleichbaren Situation in Berührung kommt, sondern über eine gewisse Übung im Umgang mit derartigen Konstellationen verfügt. Aufgrund seiner Praxis besitzt der erfahrene Beobachter entsprechende Sachkenntnisse und kann die Folgen des Handelns des Anspruchsgegners aufgrund seines Weitblickes gut abschätzen. Vor allem weiß er auch um die typischen Handlungsoptionen des Anspruchsinhabers. Bei dem erfahrenen Beobachter handelt es sich also, im Gegensatz zum objektiv-typisierten Fahrlässigkeitsmaßstab, um keinen Durchschnittsmenschen, sondern um eine, im Umgang mit Situationen wie der des Anspruchsgegners zum Zeitpunkt der schädigenden Handlung, überdurchschnittliche sachkundige Person.659 Im Gesetz zum „optimalen Beobachter“ ist der „erfahrene Beobachter“ allerdings mit weniger Kenntnissen ausgestattet, die es ihm ermöglichen, besonders ungewöhnliche Schadensfolgen auszuschließen.660 Auf die hier zu untersuchende Problematik übertragen, bedeutet dies, dass bei der Beurteilung der Adäquanz des Abschlusses eines Prozessfinanzierungsvertrages von einer Person auszugehen ist, die bereits des Öfteren mit einer Situation, die der des Anspruchsgegners ähnelt, in Berührung gekommen ist. Sie weiß um die Folgen eines Zahlungsverzuges und kennt die verschiedenen Handlungsoptionen des Anspruchsinhabers. Aufgrund seiner Übung hat auch der erfahrene Beobachter bereits von der Möglichkeit der Prozessfinanzierung durch darauf spezialisierte Unternehmen gehört. Dies ist schon deshalb anzunehmen, weil die Zusammenarbeit mit einem Prozessfinanzierungsunternehmen zwar – wie im ersten Teil dieser Abhandlung 656  Mittelstraß,

S. 569. Wort „Erfahrung“ wird in verschiedenen Bedeutungen gebraucht: Zum einen im Sinne eines bestimmten Erlebnisses eines Menschen und zum anderen im Sinne von Lebenserfahrung. Siehe dazu Mittelstraß (Fn. 656), S. 569. 658  http://de.wikipedia.org/wiki/Erfahrung. 659  Würde man von der durchschnittlichen Lebenserfahrung bei der Beurteilung der Adäquanz ausgehen, dann näherte man sich dem für die Ermittlung der Fahrlässigkeit geltenden Maßstab und es wären weniger Schäden zurechenbar, so Kolb, S. 207. 660  Ackermann, S. 271. 657  Das



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage307

dargestellt noch nicht in jedem Fall üblich ist – jedoch auch nicht mehr nur in einigen wenigen Einzelfällen erfolgt.661 Beleg dafür sind verschiedene Urteile, die sich mit einigen rechtlichen Aspekten der Prozessfinanzierung befassen.662 Im Gegensatz zum optimalen Beobachter verfügt der erfahrene Beobachter zwar eventuell nicht über einen genauen Marktüberblick und kennt die einzelnen vertraglichen Bestimmungen eines Prozessfinanzierungsvertrages nicht genau. Aber es ist ausreichend, dass die Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens durch den Anspruchsinhaber für den erfahrenen Beobachter keine besonders eigenartige Schadensfolge darstellt. dd) Besonders erfahrener und äußerst sorgfältiger Beobachter In der Literatur wird auch vorgeschlagen, einen Mittelweg zwischen dem optimalen und dem erfahrenen Beobachter zu gehen und auf einen „besonders erfahrenen“ und „äußerst sorgfältigen Beobachter“ abzustellen.663 Da sowohl dem optimalen als auch dem erfahrenen Beobachter die Kenntnis der Prozessfinanzierung unterstellt werden kann, gilt dies erst recht für den besonders erfahrenen und äußerst sorgfältigen Beobachter. ee) Ergebnis Für die Adäquanz der Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens durch den Anspruchsinhaber kommt es nicht auf die individuelle Kenntnis des Schädigers über das „ob“ und „wie“ der Prozessfinanzierung an, sondern auf die Kenntnis eines – je nachdem welcher Auffassung man folgen möchte – „optimalen“, „erfahrenen“ oder „besonders erfahrenen und äußerst sorgfältigen“ Beobachter an. Nach allen Maßstäben ist die Kenntnis der Möglichkeit der Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens durch den Anspruchsinhaber zu bejahen. Mithin ist eine Auseinandersetzung mit den verschiedenen Auffassungen nicht erforderlich.

661  In seinem Urteil zur Ersatzfähigkeit von Fangprämien war die Feststellung der Tatsache, dass tatsächlich in weitem Umfang mit Fangprämien gearbeitet wird, ein Grund für den BGH, die Adäquanz dieses Schadensposten zu bejahen. Siehe dazu BGH NJW 1977, 1347, 1348. 662  U. a. Finanzgericht Berlin-Brandenburg EFG 2012, 1912, 1914 (Bewertung Beteiligung am Prozesserlös); Saarländisches Oberlandesgericht NJW-RR 2011, 1465 ff. (Sicherungsabtretung). 663  Mertens, in: Soergel, vor § 249 BGB Rdn. 120; Kolb, S. 207.

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

b) Mangelnder Wille bzw. mangelndes Können des Anspruchsinhaber zur Tragung des finanziellen Prozessrisikos Eine Untersuchung der Adäquanz verlangt zudem eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob es für den Anspruchsgegner nicht außerhalb aller Wahrscheinlichkeit liegen könnte, dass ein Anspruchsinhaber das finanzielle Risiko der Rechtsdurchsetzung seiner Forderung nicht tragen kann oder will. aa) Optimaler Beobachter Aus Sicht eines „optimalen“ Beobachters in der Situation des Anspruchsgegners zum Zeitpunkt der schädigenden Handlung ist es nicht unwahrscheinlich, dass zumindest natürliche Personen als Anspruchsinhaber die finanziellen Risiken der Rechtsdurchsetzung nicht tragen können oder wollen. Da eine Optimalperson über das gesamte menschliche Erfahrungswissen verfügt, ist sie auch mit den Einzelheiten der ökonomischen Entscheidungstheorie vertraut. Sie weiß also, dass zumindest natürliche Personen meist als risikoavers einzustufen sind und das finanzielle Risiko der Rechtsdurchsetzung nur unter bestimmten Umständen eingehen bzw. aus Angst vor dem Kostenrisiko von der Verfolgung ihrer Rechte absehen.664 Darüber hinaus kennt der optimale Beobachter die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 12. Dezember 2006 zum Verbot des anwalt­ lichen Erfolgshonorars.665 Ein gewichtiges Argument der Richter des Bundesverfassungsgerichts gegen das bis dahin geltende quota-litis-Verbot war die Erkenntnis, dass ein Rechtssuchender aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse die finanziellen Risiken eines Rechtsstreits nicht einzugehen bereit sein und von der Verfolgung seiner Rechte absehen könnte.666 Zudem stellt der optimale Beobachter auch in Rechnung, dass vor allem natürliche Personen eventuell von vornherein nicht über die für eine Rechtsdurchsetzung notwendigen finanziellen Mittel verfügen könnten. Zudem sei – so Lensing – zu berücksichtigen, dass es unter dem Blickwinkel des Schadensersatzrechts unerheblich ist, ob der Geschädigte kostenempfindlich oder ­risikofreudig ist.667

664  Siehe dazu ausführlich die Ausführungen zur ökonomischen Analyse unter 2. Teil, 3. Kapitel, C.I.1.d)bb). 665  BVerfG 979, 984. 666  BVerfG NJW 2007, S. 985. 667  Lensing, r+s 2012, S. 160.



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage309

bb) Erfahrener Beobachter Auch für den erfahrenen Beobachter, der über hinreichende Kenntnisse hinsichtlich der Folgen des Verzugs und der Handlungsoptionen des Anspruchsinhabers verfügt, ist es nicht vollkommen unwahrscheinlich, dass der Anspruchsinhaber das finanzielle Risiko der Rechtsdurchsetzung nicht tragen kann oder will. Im Gegensatz zum optimalen Beobachter hat der erfahrene Beobachter zwar keine genauen Kenntnisse über die ökonomische Entscheidungstheorie und kennt eventuell auch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Verbot anwaltlicher Erfolgshonorare nicht. Aber dem erfahrenen Beobachter sind zumindest die Kosten der Rechtsdurchsetzung bekannt und er weiß, dass der Anspruchsinhaber im Falle der Klageabweisung auch die Kosten der Gegenseite tragen muss. Der erfahrene Beobachter in der Situation des Anspruchsgegners zum Zeitpunkt des Verzuges ist sich also darüber bewusst, dass die Anspruchsdurchsetzung für den Anspruchsinhaber mit einem hohen finanziellen Risiko verbunden ist, das ihn sogar davon abhalten könnte, seine Rechte durchzusetzen. Dies wird er in seiner Praxis auch schon erlebt haben. Schließlich ist dem erfahrenen Beobachter auch die Möglichkeit einer Rechtsschutzversicherung und die Motivation für den Abschluss einer solchen bekannt. Diese ähnelt der Motivation des Anspruchsinhabers zur Entscheidung, mit einem Prozessfinanzierungsunternehmen zusammenzuarbeiten. In beiden Fällen möchte oder kann die betroffene Person das finanzielle Risiko der Rechtsdurchsetzung nicht tragen. cc) Äußerst erfahrener Beobachter Da es sowohl für den optimalen als auch für den erfahrenen Beobachter in der Situation des Anspruchsgegners zum Zeitpunkt der schädigenden Handlung nicht unwahrscheinlich ist, dass der Anspruchsinhaber das finanzielle Risiko der Rechtsdurchsetzung nicht tragen kann oder will, gilt dies erst recht für den äußerst erfahrenen Beobachter. dd) Ergebnis Nach allen Maßstäben ist es für einen Beobachter in der Situation des Anspruchsgegners zum Zeitpunkt der schädigenden Handlung nicht unwahrscheinlich, dass der Anspruchsinhaber das finanzielle Risiko eines Rechtsstreits nicht tragen kann bzw. will.

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

c) Eigener Willensentschluss des Geschädigten Bedenken hinsichtlich der Adäquanz können sich auch daraus ergeben, dass die Einschaltung des Prozessfinanzierungsunternehmens auf einem eigenen Willensentschluss des Anspruchsinhabers beruht. Vor der Auseinandersetzung mit dieser Frage ist darauf hinzuweisen, dass es an dieser Stelle noch nicht darauf ankommt, ob für die Handlung des Geschädigten ein rechtfertigender Anlass im Sinne der Herausforderungsformel besteht.668 Eine solche Prüfung verlässt „den Boden des adäquaten Kausalzusammen­ hangs“,669 bei der es nur auf die Beurteilung ankommt, ob die Handlung des Geschädigten außerhalb aller Wahrscheinlichkeit liegt. Die Grenze der Zurechnung liegt dort, wo das schädigende Verhalten des in Anspruch Genommenen nur noch äußerer Anlass für das freiwillige Verhalten des Geschädigten gewesen ist.670 Die Adäquanz ist hingegen dann zu bejahen, wenn durch das Verhalten des Schädigers eine gesteigerte Gefahrenlage geschaffen wurde, die generell geeignet ist, Schädigungen der eingetretenen Art herbeizuführen.671 Dies ist in jedem Einzelfall zu entscheiden.672 Bei der Frage der Erstattungsfähigkeit des Erfolgshonorars als Verzugsschaden ist jedoch in jedem Fall zu berücksichtigen, dass der Anspruchsgegner durch den Verzug mit der von ihm geschuldeten Leistung selbst eine Gefahrenlage geschaffen hat, die geeignet ist, den Anspruchsinhaber aus der Sicht eines „optimalen“, „erfahrenen“ bzw. „äußerst erfahrenen“ Beobachters zum Abschluss eines Prozessfinanzierungsvertrages verbunden mit der Verpflichtung zur Leistung eines Erfolgshonorars zu veranlassen. Nach allen Maßstäben liegt es – wie bereits herausgearbeitet wurde – für einen Beobachter in der Situation des Anspruchsgegners zum Zeitpunkt des Verzugs nicht außerhalb aller Wahrscheinlichkeit, dass der Anspruchsinhaber seinen Anspruch zwar durchsetzen möchte, aber das damit verbundene Kostenrisiko scheuen und dieses deshalb gegen ein Erfolgshonorar auf ein Prozessfinanzierungsunternehmen übertragen könnte. Hätte der Anspruchsgegner die Forderung hingegen sofort erfüllt, wäre der Anspruchsinhaber nicht zur Rechtsdurchsetzung mit dem damit verbundenen Kostenrisiko gezwungen gewesen. Der Verzug des Anspruchsgegners ist 668  Der BGH differenziert an dieser Stelle oft nicht, sondern prüft allgemein, ob der haftungsrechtliche Zusammenhang durch den eigenen Willensentschluss des Geschädigten unterbrochen ist. Siehe dazu u. a. BGH NJW 1956, 62, 63; 1993, 1587, 1589; siehe auch Köhler, in: Köhler/Bornkamm, § 9 UWG Rdn.  1.14. 669  Roessen, S. 63. 670  BGHZ 58, 162, 167; OLG Frankfurt a. M. VersR 2004, 1149 f. 671  BGH NJW 2002, 2232, 2233. 672  BGH NJW 1993, 1587, 1589 allerdings für die Rechtfertigung der Zweithandlung.



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage311

also nicht nur äußerer Anlass für die Entscheidung des Anspruchsinhabers zum Abschluss eines Prozessfinanzierungsvertrages, sondern Konsequenz der durch den Anspruchsgegner durch den Verzug geschaffenen Gefahrenlage. Die Adäquanz des Abschlusses eines Prozessfinanzierungsvertrages durch den Anspruchsinhaber aus Sicht eines optimalen bzw. erfahrenen Beobachters wird auch deutlich, wenn man berücksichtigt, dass mittels der Adäquanztheorie solche Bedingungen aussortiert werden sollen, die rechtlich als Zufall erscheinen. Nach allgemeinem Begriffsverständnis ist „Zufall“ „der Inbegriff für alles, was nicht als notwendig oder beabsichtigt erscheint oder dessen Eintritt durch keinen erkennbaren Grund verursacht wird“.673 Für den Abschluss eines Prozessfinanzierungsvertrages durch den Geschädigten gibt es aber – wie soeben ausgeführt – gerade einen Grund, nämlich den Verzug des Schädigers. Die Entscheidung des Geschädigten ist mithin keine zufällige Folge des Verzugs des Anspruchsgegners. Im Ergebnis ist festzustellen, dass von eventuellen Besonderheiten im Einzelfall abgesehen, der eigene Willensentschluss des Anspruchsinhabers zur Einschaltung eines Prozessfinanzierungsvertrages die Adäquanz zwischen Verzug und dem durch die Prozessfinanzierung bedingtem Erfolgshonorar im Allgemeinen nicht aufhebt. d) Höhe des Erfolgshonorars und Mitverschulden des Anspruchsinhabers Auch eine im Einzelfall eventuell unangemessene Höhe des Erfolgshonorars könnte Auswirkungen auf die Adäquanz haben. Die Erfolgshonorare der Prozessfinanzierungsunternehmen sind – wie sich aus der Darstellung der Rechtstatsachen im ersten Teil dieser Arbeit ergibt674 – oft sehr hoch. Der Anspruchsgegner könnte sich daher auf den Standpunkt stellen, dass er im Einzelfall mit einem Erfolgshonorar in dieser Höhe nicht habe rechnen müssen und die Adäquanz daher ausscheide. Mit diesem Einwand wird der Anspruchsgegner jedoch aufgrund der Reichweite des Adäquanzkriteriums nicht durchdringen. Bereits das Reichsgericht hat darauf hingewiesen, dass es für einen objektiven Beurteiler nicht außerhalb aller Wahrscheinlichkeit liege, dass der Schädiger – oder auch ein Dritter – nicht immer angemessen handele, sondern auch Fehler mache. Der Vertrauensgrundsatz gelte für den Schädiger nicht. Dieser müsse daher zunächst einmal die Auswirkungen möglicher Fehler des Geschädigten oder auch eines Dritten tragen. Erst im Rahmen der Prüfung des § 254 BGB – bzw. wie hier vertreten im Rahmen 673  Kolb,

S.  27 f. 2. Kapitel, D.I.

674  1. Teil,

312

3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

der Prüfung der „Erforderlichkeit“ – sei eine „Mitverantwortung“ des Geschädigten bei der Entstehung des Schadens zu berücksichtigen.675 Im Ergebnis ist also festzustellen, dass ein etwaiges Mitverschulden des Geschädigten bei der Schadensentstehung nichts an der Adäquanz zwischen dem schuldhaften Verhalten des Schädigers und einer Folge der eingetretenen Rechtsgutverletzung ändert.676 Mithin hat eine im Einzelfall unangemessene Höhe des vereinbarten Erfolgshonorars keine Auswirkungen auf die Adäquanz. e) Ergebnis Der Abschluss eines Prozessfinanzierungsvertrages durch den Anspruchsinhaber verbunden mit der damit einhergehenden Verpflichtung zur Leistung eines Erfolgshonorars wird in der Regel nicht außerhalb aller Wahrscheinlichkeit liegen. Dabei spielt es keine Rolle, ob dem Anspruchsgegner das Dienstleistungsangebot der Prozessfinanzierungsunternehmen im Einzelfall bekannt ist. Bei der Beurteilung der Frage, ob „das zum Schaden führende Ereignis im Allgemeinen und nicht nur unter besonders eigenartigen, unwahrscheinlichen und nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen geeignet ist, einen Erfolg dieser Art herbeizuführen“677, kommt es nicht auf die individuellen Kenntnisse des jeweiligen Schädigers, sondern auf die Perspektive eines – je nachdem welcher Ansicht man folgen möchte – „optimalen“, „erfahrenen“ bzw. „äußerst erfahrenen“ Beobachters an. Nach all diesen Maßstäben liegt die Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens durch den Anspruchsinhaber nicht außerhalb aller Wahrscheinlichkeit. Von einer anderen Beurteilung im Einzelfall abgesehen, wirkt es sich weder auf die Adäquanz aus, dass der Anspruchsinhaber die Entscheidung zur Zusammenarbeit mit einem Prozessfinanzierungsunternehmen selbst trifft, noch dass das Erfolgshonorar im Einzelfall eventuell unangemessen hoch sein könnte. 3. Fazit Eine Methode zur Begrenzung der Schadensersatzpflichten des Schädigers ergibt sich aus der Adäquanztheorie. Danach ist eine Vermögenseinbuße des Geschädigten dem Schädiger nur dann zuzurechnen, wenn das zum Schaden führende Ereignis im Allgemeinen und nicht nur unter besonders 168, 86, 88; Kolb, S. 29. 168, 86, 88; siehe auch BGH NZV 2006, 476. 677  BGH NJW 2002, 2232, 2233  ff.; BGHZ 137, 11, 19; VersR 2001, 1388, 1389. 675  RGZ 676  RGZ



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage313

eigenartigen, unwahrscheinlichen und nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen geeignet ist, einen Erfolg dieser Art herbeizuführen. Trotz aller zum Teil berechtigten Kritik des Adäquanzkriteriums ist es sinnvoll, eine Vermögenseinbuße dem Schädiger dann nicht zuzurechnen, wenn diese nur zufällig mit der schädigenden Handlung verbunden ist. Die Entscheidung des Anspruchsinhabers, ein Prozessfinanzierungsunternehmen verbunden mit der Verpflichtung zur Leistung eines Erfolgshonorars einzuschalten, wird in der Regel nicht außerhalb aller Wahrscheinlichkeit liegen und damit auch adäquat sein. Im Einzelfall kann allerdings eine andere Beurteilung angebracht sein. IV. Probleme der Begrenzung der Zurechnung durch die Lehre vom Schutzzweck der Norm Ein weiterer Ansatz zur Begrenzung der Schadensersatzpflichten ist die Lehre vom Schutzzweck der Norm, nach der „die Haftung nur Nachteile aus dem Bereich der Gefahren erfasse, zu deren Abwendung die verletzte Norm erlassen bzw. die verletzte Pflicht übernommen worden ist“.678 Demnach ist nunmehr zu untersuchen, ob das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar vom Schutzzweck der Norm erfasst ist – also zu den Nachteilen gehört, die durch § 286 BGB abgewendet werden sollen. 1. Einleitung a) Schutzzwecklehre als haftungsbegrenzendes Kriterium Die in den 1930er Jahren von Ernst Rabel in das deutsche Recht eingeführte Lehre vom Schutzzweck der Norm,679 wurde vom BGH erstmals 1958 als zusätzliches Kriterium neben der Theorie von der adäquaten Kausalität zur Haftungsbegrenzung anerkannt680 und entspricht heute einem für 678  Müller,

Grundprinzipien, S. 64. des Warenkaufs I, S. 495, 502 ff. Erste Anzeichen für eine Berücksichtigung von Normzweckerwägungen sind bereits in der Geltungszeit des preußischen ALR erkennbar, siehe dazu Rabel, S. 11. 680  BGHZ 27, 137, 140 ff.; Lang, S. 18, Fn. 29, hat den der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt wie folgt zusammengefasst: „Ein Motorradfahrer wurde von einem entgegenkommenden Personenwagen, der plötzlich in eine Seitenstraße einbiegen wollte, angefahren und verletzt. Gegen beide Fahrer wurde ein Strafbefehl eingeleitet. Der Motorradfahrer wurde im Strafverfahren freigesprochen. Er verlangte von den Erben des für den Unfall verantwortlichen Pkw-Fahrers Ersatz seiner Strafverteidigerkosten. Der BGH lehnte eine Ersatzpflicht ab: ‚Dieses jedermann treffende Risiko, in ein Strafverfahren verwickelt zu werden und deshalb 679  Recht

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

Schadensersatzansprüche aller Art anzuwendenden Grundprinzip.681 Es muss daher unabhängig von der konkreten Haftungsnorm immer untersucht werden, ob die Anspruchsgrundlage die Aufgabe hat, den eingetretenen Schaden zu verhindern – die Schäden also in den Schutzbereich der Norm fallen. Dies gilt sowohl für deliktische682 als auch für vertragliche bzw. quasivertragliche Haftungsnormen.683 Auch bei der Geltendmachung eines Anspruches auf Verzugsschaden ist daher immer zu untersuchen, ob die geltend gemachte Vermögenseinbuße in den Bereich der Gefahren fällt, um derentwillen die Rechtsnorm erlassen wurde.684 b) Bestimmung des Schutzbereichs einer Norm Wie wird nun der Schutzbereich einer Norm bestimmt? Dazu ist zunächst einmal festzustellen, dass sich der Schutzbereich einer Norm nicht nach einem generellen Maßstab festlegen lässt685. Es gibt hierzu also kein „Patentrezept“.686 Vielmehr weist die Schutzbereichslehre einen heuristischen Charakter auf.687 Aus dogmatischer Sicht betrachtet, wird der Schutzbereich einer Norm durch Auslegung ermittelt.688 Dabei sei zu beachten, dass die Schutzzweckfrage – so Lang – „methodisch ein Auslegungsproblem besonderer Art darstellt“.689 Man kann kein fertiges Ergebnis aus ihr ablesen. Dieses werde jedoch vorbereitet, indem der Richter auf die entscheidenden Probleme „gestoßen“ werde.690 Die Entscheidung, ob und welche Zurechnungsschranken in einer Norm angelegt sind und ob eine bestimmte Rechtsgutverletzung in den Schutzbereich dieser Norm fällt, ist immer das Ergebnis einer wertenden Abwägung der verschiedensten normativen und rechtspolitischen Gesichtspunkte.691 Kosten für die Verteidigung aufbringen zu müssen, gehört nicht zu den Gefahren, die das Gesetz abwenden will, indem es in § 823 Abs. 1 BGB die Unversehrtheit der Gesundheit und des Eigentums unter seinen Schutz stellt.‘ “ 681  BGH NJW 1999, 3203; Grüneberg, in: Palandt, Vorb v § 249 BGB Rdn. 30. 682  BGHZ NJW 1984, 2691; 1986, 837; 838; Schubert, in: Bamberger/Roth § 249 BGB Rdn. 53. 683  BGHZ 116, 209, 212; BGH NJW 1993, 2865, 2866; Schubert, in: Bamberger/Roth, § 249 BGB Rdn.  54. 684  OLG Köln BeckRS 2007, 14134. 685  Lang, S. 74. 686  Lang, S. 74. 687  Lang, S. 37. 688  Schramm, S. 31. 689  Lang, S. 75. 690  Lang, S. 37, 41. 691  Lang, S. 75; von Caemmerer, Bedeutung, S. 287; Huber, Verschulden, S. 318.



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage315

aa) Normzweck Eine wichtige Funktion bei der Ermittlung des Schutzbereichs einer Norm kommt zunächst einmal dem durch eine teleologische Auslegung zu ermittelnden Normzweck zu.692 Allerdings geht es der Schutzzwecklehre nicht um den abstrakten Normzweck allein, sondern „vor allem auch um die Zusammenhänge zwischen der im Einzelfall verletzten Verhaltenspflicht, der dadurch herbeigeführten Gefahrenlage und dem eingetretenen schädlichen Erfolg“.693 Daher müsse in jedem Einzelfall – so Schulze – die Bestimmung des Schadens mit der der Haftung zugrunde liegenden Anspruchsnorm verbunden694 und untersucht werden, ob ein Zusammenhang zwischen der geschaffenen Gefahrenlage, der geschaffenen Risikolage und dem eingetretenen Schaden bestehe. Dabei sei ein inhaltlicher Zusammenhang zwischen Norm und Schaden maßgeblich.695 Aus dem Zweck der verletzten Norm sind daher der geschützte Personenkreis, die geschützten Rechtsgüter und der abzuwendende Gefahrenbereich zu ermitteln.696 Diese Schranken­ trias – also die „Entfaltung des Schutzzwecks in dreifacher Richtung“697 – ist zunächst für § 823 Abs. 2 BGB entwickelt worden; ist aber auch bei anderen Haftungstatbeständen anzuwenden.698 bb) Normfunktion Neben dem Normzweck kommt auch einem anderen Kriterium eine wichtige Rolle bei der Ermittlung des Schutzzwecks einer Norm zu, und zwar der Normfunktion.699 Funktionales Denken meint die Herstellung eines „übergreifenden dynamischen Wirkungszusammenhangs“.700 Hiermit sind der Funktionszusammenhang des Rechtsgebietes, in dem sich die Norm befindet, und die Bedeutung der Norm in diesem gemeint.701 Auf die Ermittlung des Schutzbereiches einer Norm bezogen, bedeute dies – so 692  Pak,

S. 80.

693  Lange/Schiemann,

S. 113. in: Schulze, § 249 BGB Rdn. 16. 695  BGHZ 57, 245, 256; Oetker, in: Müko/BGB, § 249 BGB Rdn. 120 ff.; Schubert, in: Bamberger/Roth, § 249  BGB Rdn.  53 ff.; Lüer, S. 48; Lang, S. 74; Lange, JZ 1976, 203. 696  Lang, S. 113; Lange/Schiemann, S. 113. 697  Lang, S. 47. 698  Lange/Schiemann, S. 113. 699  Lange/Schiemann, S. 101; Lang, S.  108 ff.; von Caemmerer, Kausalzusammenhang, 16, 19. 700  Brecher, S. 129. 701  Lang, S. 81. 694  Schulze,

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

Lang –, dass die Zurechnungskriterien mit der gesetzlichen Gesamtregelung in Einklang gebracht werden müssen.702 Dabei sei zu beachten, dass der haftungsrechtliche Verantwortungsbereich dort ende, wo auch die Funktion der Norm im Haftungsrecht ende.703 Mithin wirke die Normfunktion auf deren Schutzbereich zurück.704 Zur Bestimmung des Schutzbereichs einer Norm sind daher Wertungsgesichtspunkte von außen heranzuziehen. Diese können sich dabei aus dem Sinn und Zweck des Haftungsrechts als solchem bzw. des Schadensersatzes705 oder auch aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen oder auch dem Ziel einer gerechten Risikoverteilung (auch als „rechtsethische Gerechtigkeitspostulate“706 bezeichnet) ergeben.707 Mithin präzisiere die Normfunktion – so Lang – den Schutzbereich der Norm und bestimme die objektive Zurechnung von ihren funktionalen Grenzen her.708 Die Funktion einer Norm könne daher nicht abstrakt, sondern nur im Einzelfall ermittelt werden.709 Ergänzend ist noch festzustellen, dass die Berücksichtigung des Funktionszusammenhangs es dem Richter ermöglicht, auch rechtspolitische Aspekte bei der Ermittlung des Schutzbereichs einer Norm zu berücksichtigen.710 c) Schlussfolgerungen und weiteres Vorgehen Bei der Frage, ob das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar zu den Nachteilen gehört, die durch § 286 BGB abgewendet werden sollen, müssen verschiedene von dem Zweck und der Funktion des § 286 BGB abzuleitende normative und rechtspolitische Gesichtspunkte abgewogen werden. Dazu ist in einem ersten Schritt zunächst einmal der Normzweck des § 286 BGB als Ausgangspunkt zu ermitteln. In einem zweiten Schritt kommt es darauf an, zu untersuchen, ob ein inhaltlicher Zusammenhang zwischen der schuldhaften Leistungsverzögerung des Anspruchsgegners, der dadurch herbeigeführten Gefahrenlage und dem eingetretenen Erfolg – näm702  Lang, S. 81. Dies lässt sich aus der generellen Ermittlung des Zwecks einer Nom ableiten. Dabei kommt es auf den Funktionszusammenhang des Rechtsgebiets an. Siehe dazu Larenz, Methodenlehre, S. 481 ff.; von Caemmerer, Kausalzusammen­ hang, S. 19. 703  Lang, S. 113. 704  Lang, S. 114. 705  Schramm, S.  29 f.; Lang, S.  80 ff., 116 ff.; von Caemmerer, Kausalzusammenhang, S. 19. 706  Lang, S. 121. 707  Lang, S. 109, 111; Lange/Schiemann, S. 101. 708  Lang, S. 113. 709  Lang, S. 115. 710  Lang, S. 114.



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage317

lich dem Abschluss des Prozessfinanzierungsvertrages durch den Anspruchsinhaber – besteht. Bei der Untersuchung der Frage, ob das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar vom Schutzbereich des § 286 BGB umfasst ist, kommt es vor allem darauf an, zu prüfen, ob eine „Kongruenz zwischen Verletzungsart und Normzweck“711 vorliegt. Dazu muss sich im konkreten Geschehensablauf die Gefahr verwirklicht haben, die § 286 BGB hat abwenden wollen. Dies könnte vor allem aus zwei Gründen problematisch sein: Zum einen könnte eine Zurechnung der Kosten der Prozessfinanzierung daran scheitern, dass die Gefahren bzw. Risiken, die vom Prozess­ finanzierungsunternehmen auf der Grundlage des Prozessfinanzierungsvertrages übernommen werden – nämlich das Vorfinanzierungs- und das Unterliegensrisiko – nicht zu den Gefahren gehören, die § 286 BGB abwenden will, sondern dem allgemeinen Lebensrisiko des Anspruchsinhabers zuzurechnen sind. Zum anderen könnte sich eine Zurechnungsbegrenzung aus dem Schutzbereich der Norm ergeben, weil der Schaden – nämlich die Kosten der Prozessfinanzierung – hier erst durch eine selbstständige Handlung des Anspruchsinhabers eingetreten ist. Daneben werden jedoch auch andere Aspekte zu berücksichtigen sein, die sich aus der Normfunktion des § 286 BGB ergeben, u. a. die Frage, ob eine Billigung des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars als erstattungsfähigen Nachteil des § 286 BGB mit den Grundsätzen des Schadensersatzrechts zu vereinbaren ist. 2. Normzweck des § 286 BGB Mithin ist es für die weiteren Ausführungen erforderlich, zunächst einmal den Normzweck des § 286 BGB zu ermitteln. Dieser bildet dann die Grundlage für die Untersuchung der Frage, ob das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar vom Schutzzweck des § 286 BGB erfasst ist. a) Ermittlung des Normzwecks Eine wichtige Funktion bei der Ermittlung des Schutzbereichs einer Norm kommt dem Normzweck zu.712 Durch eine teleologische Auslegung der Anspruchsnorm soll ermittelt werden, welche Schadensfolgen zu ersetzen sind.713 Ausgangspunkt dieser Lehre ist die Erkenntnis, dass der „Zweck die Grundlage jeglicher Rechtsfindung bildet“714 und sich die teleologische Auslegung daher nicht in der Beantwortung des „ob“ des Vorliegen des 711  Lang,

S. 85. S. 80. 713  Pak, S. 80. 714  Schramm, S. 25. 712  Pak,

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

Tatbestandes einer Norm erschöpfe, sondern darüber hinaus „auf einer zweiten Ebene deren Anwendung zweckreflexiv bestimmt“.715 Es bedürfe daher einer teleologischen Auslegung der Haftung am Normzweck, um diejenigen Schäden „herauszufiltern“, die dem Schädiger zuzurechnen sind.716 Erscheine eine Haftungsnorm zwar als tatbestandsmäßig einschlägig – so Schramm – „die jedoch nicht als das konkrete Verhalten normierend gedacht werden kann, weil der dem verletzten speziellen Verhaltensgebot zugrunde liegende Zweck nicht tangiert wird“717, sei die Normverletzung vor dem Hintergrund des „Normzweckprimats“718 unrelevant.719 In einem solchen Fall könne der Zweck der verletzten Norm die Zurechnung nicht rechtfertigen.720 Die „Rückkoppelung des konkreten Interesses“721 mit dem Zweck der betroffenen Norm diene also der Verwirklichung der „teleologischen Natur der Zurechnung“722 und stelle funktional gesehen ein Element der Risikoverteilung dar.723 Ausgangspunkt bei der Ermittlung des Schutzbereichs sind zunächst einmal die gesetzgeberischen Wertvorstellungen.724 Es kommt also auf „die ratio der schadenüberwälzenden Norm“725 an. Daher müssen Sinn und Zweck der entsprechenden Norm untersucht – also ausgelegt – werden.726 Anhaltspunkte hiefür bieten u. a. der Wortlaut und die Entstehungsgeschichte der Norm.727 Habe der historische Gesetzgeber beispielsweise eine Norm nur mit Rücksicht auf ganz bestimmte Gefahren aufgestellt, so könne der Geschädigte einen Schadensersatzanspruch nur dann auf diese Norm stützen, wenn sich der bei ihm eingetretene Schaden als Verwirklichung dieser Gefahr darstelle.728

715  Schramm,

S. 25. Haftungsrecht, S. 205; Schramm, S.  25 f. 717  Schramm, S. 26. 718  Schramm, S. 26. 719  Schramm, S. 26. 720  Schramm, S. 26. 721  Schramm, S. 26; Deutsch, Aufklärungspflicht, S. 3213, spricht von der „wertungsjuristischen Rückkoppelung des Schadensersatzes mit der Rechtswidrigkeit“. 722  Schramm, S. 26; Deutsch, Aufklärungspflicht, S. 3213. 723  Schramm, S. 26. 724  Lang, S. 8, 77. 725  von Caemmerer, Kausalzusammenhang, S. 19; so auch Lang, S. 16. 726  BGHZ 27, 137, 140. 727  Lang, S. 78 f. der darauf hinweist, dass bei der Ermittlung des Schutzzwecks nicht auf das Motiv, sondern auf die Zwecksetzungen des historischen Normgebers ankommt. 728  Lang, S. 79. 716  Deutsch,



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage319

b) Bestimmung des Normzweck des § 286 BGB Anhaltspunkte für den Normzweck des § 286 BGB ergeben sich nicht nur aus dem Wortlaut und der Entstehungsgeschichte der Norm, sondern auch aus der Richtlinie 2000 / 35 / EG vom 29.  Juni 2000 zur Bekämpfung des Zahlungsverkehrs im Geschäftsverkehr,729 die durch die Richtlinie 2011 / 7 /  EU vom 16. Februar 2011730 geändert wurde. Die Vorschriften der §§ 286 ff. BGB dienen auch der Umsetzung dieser Richtlinien.731 Das nationale Zivilrecht steht normhierarchisch unter dem Gemeinschaftsrecht und ist deshalb so auszulegen, dass es zu keinem Konflikt mit dem Gemeinschaftsrecht kommt.732 Dieser Umstand wird auch als Gebot der unionskonformen Auslegung bezeichnet, dem eine besondere Bedeutung als Gebot der richtlinienkonformen Auslegung zukommt.733 Dieses Gebot beschränkt sich nicht nur auf den Anwendungsbereich der jeweiligen Richtlinie, sondern wirke im Rahmen einer teleologischen und historischen Auslegung auch über diesen Bereich hinaus, „da der nationale Gesetzgeber im Zweifel keine gespaltene Auslegung des nationalen Rechts danach beabsichtigt, ob der konkrete Fall nur von einer Transformationsnorm, nicht aber von der Richtlinie selbst erfasst wird“.734 Der Schadensersatzanspruch des § 286 i. V. m. § 280 Abs. 1, Abs. 2 BGB muss daher auch von den Zielen dieser Richtlinie durchdacht und richtlinienkonform ausgelegt werden. Ausgangspunkt des Normzwecks des § 286 BGB ist die Feststellung, dass vor allem Geldforderungen in zunehmendem Maße zögerlich beglichen werden.735 Der Zahlungsverzug stellt einen Vertragsbruch dar, der für den Schuldner nicht nur durch niedrige Verzugszinsen sondern auch langwierige Beitreibungsverfahren finanzielle Vorteile bringt.736 Die Verzögerung von Schadensersatzleistungen führe zudem – so Haberzettl – zu einer Intensivierung des ursprünglichen Schadens, da der Ersatz für die Rechtsgutverletzung ausbleibe.737 Der Zahlungsverzug kann für den Gläubiger der Forderungen 729  Abl.

L 200 v. 08.08.2000, S. 35 ff. L 48 v. 23.02.2011, S. 1 ff. 731  Ernst, in: Müko/BGB, § 249 BGB Rdn.  1. 732  Mankowski/Hölscher/Gerhard, in: Rengelink/Middeke/Gellermann, § 38, Rdn. 127. 733  Mankowski/Hölscher/Gerhard, in: Rengelink/Middeke/Gellermann, § 38, Rdn. 127; Ruffert, in: Calliess/Ruffert, AEUV Art. 288 (ex-Art. 249) Rdn.  77. 734  Lorenz, in: Müko/BGB, Vorbemerkung zur Entstehung und Systematik des Verbrauchsgüterkaufrechts Rdn. 4. 735  Entwurf eines Gesetzes zur Beschleunigung fälliger Zahlungen, BT-Drs. 14/1246, S. 1. 736  Abl. L 48 v. 23.02.2011, S. 2, Erwägungsgrund 12. 737  Haberzettl, S. 215. 730  Abl.

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

zu schwerwiegenden Konsequenzen führen. So ist er infolge der mangelnden Liquidität oftmals Ursache von Insolvenzen und dem Verlust von ­Arbeitsplätzen.738 Zweck des § 286 i. V. m. § 280 Abs. 1, Abs. 2 BGB sowie auch der weiteren Verzugsregelungen ist daher die Sicherung des Anspruches als Vermögenswert für seinen Inhaber und die Verteilung der Verzögerungsrisiken zu Lasten des Schuldners.739 Der Gläubiger soll vor dem Schaden bewahrt werden, der dadurch entsteht, dass der Schuldner seine Leistungspflicht nicht rechtzeitig erfüllt.740 Dies soll auf zwei Wegen erfolgen, und zwar zum einen natürlich durch den Ausgleich des durch die verzögerte Leistung entstandenen Schadens. Der Gläubiger soll wirtschaftlich so gestellt werden, wie er stünde, wenn der Schuldner rechtzeitig geleistet hätte. Da es darauf ankommt, wie der Gläubiger ohne Verzugseintritt stünde, ist das positive Interesse von § 286 i. V. m. § 280 Abs. 1, Abs. 2 BGB geschützt.741 Der Verzögerungsschaden soll daher alle Vermögensnachteile umfassen, die dadurch entstehen, dass der Schuldner nicht rechtzeitig, sondern verspätet leistet.742 Zum anderen soll von § 286 i. V. m. § 280 Abs. 1, Abs. 2 BGB und den anderen Verzugsregelungen eine präventive Wirkung ausgehen, denn es ist notwendig durch die „Pönalisierung einer verzögerten Leistung“743 einen „durchgreifenden Wandel hin zu einer Kultur der unverzüglichen Zahlung“744 zu erreichen. Dem Schuldner muss der Anreiz genommen werden, fällige Zahlungen hinauszuzögern.745 Dies erfordert u. a. eine entsprechende Ausgestaltung des Schadensersatzanspruchs. Dieser soll „gerecht“ ausgestaltet sein und neben den Beitreibungskosten auch die aufgrund des Zahlungsverzugs entstandenen Verwaltungskosten und internen Kosten beinhalten.746 Dem Verzugsschaden kommt also sowohl eine Ausgleichs- als auch eine Präventivfunktion zu. Mit der Haftung des Schuldners für den Verzug der Leistung fasse man den – so Ha­ berzettl  – „Schutz des Anspruches als rechtliches Gut ins Auge“.747 Ein Anspruch sei ein „rechtliches Etwas“748 und habe einen be738  Heinrichs,

S. BB 2001, S. 157. S. 215. 740  OLG Köln BeckRS 2007, 14134; Bernands, S. 680. 741  Oetker, in: Müko/BGB, § 249 BGB Rdn.  127 f. 742  Stadler, in: Jauernig, § 280 BGB Rdn. 50. 743  Siehe auch Ciacchi, S.  306 ff. 744  Abl. L 48 v. 23.02.2011, S. 2, Erwägungsgrund 12. 745  Ernst, in: Müko/BGB, § 288 BGB Rdn.  3. 746  Abl. L 48 v. 23.02.2011, S. 3, Erwägungsgrund 19. 747  Haberzettl, S. 19. 748  Haberzettl, S. 85. 739  Haberzettl,



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage321

stimmten Wert für den Anspruchsinhaber.749 So könne dieser über den Anspruch verfügen und dessen Wert in einem entsprechenden Veräußerungsgeschäft realisieren.750 Dies gelte sowohl für vertragliche bzw. gesetzliche auf den Ausgleich einer Rechtsgutverletzung gerichtete Ansprüche als auch für solche, die auf die Rückabwicklung eines Vertrages abzielen. Derjenige, der einen Vertrag abschließt, möchte eine bestimmte Leistung erhalten, die für ihn einen bestimmten Wert hat.751 Der Inhaber eines gesetzlichen Anspruches wiederum möchte die durch eine Rechtsgutverletzung gestörten Wertverhältnisse durch einen Ausgleich wiederherstellen.752 Allerdings – so Haberzettl – sei jeder Anspruch bis zu seiner endgültigen Erfüllung bestimmten Gefahren ausgesetzt, die zu seiner Entwertung führen können.753 Dies werde deutlich, wenn man bedenke, dass sich der Wert eines Anspruches – von den Abtretungsfällen abgesehen – erst durch seine Erfüllung realisiere. Erst durch die Erfüllung der vertraglich vereinbarten Leistung kommt der Gläubiger tatsächlich in den „Genuss“ des Vertragsgegenstandes. Erst durch die Erfüllung des Schadensersatzanspruches ist die Rechtgutverletzung tatsächlich ausgeglichen. Bis zur Erfüllung eines Anspruches besteht immer das Risiko seines Ausfalles. So kann der Vertragsgegenstand untergehen und die Erfüllung somit unmöglich werden. Forderungen, die auf die Zahlung von Geld, gerichtet sind, beinhalten das Risiko einer Zahlungsunfähigkeit des Schuldners. Wie Haberzettl richtig feststellt, verwirklichen sich die Gefahren eines noch nicht erfüllten Anspruches mit der Verzögerung seiner Erfüllung.754 Die verspätete Leistung stelle daher eine Beeinträchtigung für den Anspruchsinhaber dar. Bei der Verzögerung von Schadensersatzleistungen komme es zusätzlich zu einer „Intensivierung des ursprünglichen Schadens“755, indem der Ersatz für die ursprüngliche Rechtsgutverletzung ausbleibe.756 Zudem sei die Erfüllung für den Anspruchsinhaber nun mit einem gewissen Aufwand und dem Risiko eines Ausfalls bei einer eventuellen Insolvenz des Anspruchsgegners oder dem Nichterfolg der Zwangsvollstreckung verbunden.757 Aufgrund dieser Gefahren sei – so Haberzettl – eine Sicherung des Anspruches durch Zuweisung bestimmter Risiken an den Schuldner erforderlich, die die mit 749  Haberzettl,

S. 85. S. 85. 751  Haberzettl, S. 19, 218 f. 752  Haberzettl, S.  218 f. 753  Haberzettl, S.  19 f. 754  Haberzettl, S. 215, betrachtet an dieser Stelle allerdings nur den gesetzlichen Schadensersatzanspruch. 755  Haberzettl, S. 215. 756  Haberzettl, S. 215. 757  Haberzettl, S. 215. 750  Haberzettl,

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

der Verzögerung einer Anspruchserfüllung verbundene Entwertung des Anspruches verhindert.758 3. Deckt die Prozessfinanzierung allgemeine Lebensrisiken ab? Ist ein Anspruchsgegner mit der Geltendmachung eines Anspruches auf Ersatz des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars konfrontiert, wird er einwenden, dass die von dem Prozessfinanzierungsunternehmen übernommenen Risiken in den Risikobereich des Anspruchsinhabers gehören und daher eine Schadensersatzpflicht nicht besteht. Diese Argumentation berührt den Bereich des allgemeinen Lebensrisikos. Der Topos allgemeines Lebensrisiko ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, mit dem die „normalen Schadensrisiken und Geschicke gemeint [sind], die dem Menschen im Alltag jederzeit widerfahren können und sich gleichsam als Bestandteil der von ihm praktizierten Lebensführung darstellen“.759 Für diese Risiken soll jeder selbst einzustehen haben.760 Es ist daher erforderlich, im Folgenden Überlegungen darüber anzustellen, ob die Risiken, in ein Prozess verwickelt zu werden und für die Prozesskosten aufkommen zu müssen, bzw. im Prozess zu unterliegen, in den Bereich des allgemeinen Lebensrisikos gehören. Ordnete man diese Risiken dem Bereich des allgemeinen Lebensrisikos zu, würde eine Haftung des Anspruchsgegners für das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar ausscheiden. a) Begriff und dogmatische Einordnung der Rechtsfigur des allgemeinen Lebensrisikos Möchte man eine interessengerechte Bestimmung der Risikosphären von Anspruchsinhaber und Anspruchsgegner erreichen, kommt man um eine dogmatische Auseinandersetzung mit dem Begriff des allgemeinen Lebensrisikos nicht umhin. aa) Entwicklung, Herleitung und rechtspolitische Bedeutung des Topos des allgemeinen Lebensrisikos Der Begriff des allgemeinen Lebensrisikos hat sich infolge der Grundsatzentscheidung des BGH761 zur Erstattungsfähigkeit der Strafverteidi758  Haberzettl,

S. 215, für den deliktischen Schadensersatzanspruch. S. 152. 760  Lange/Schiemann, S.  145 f. 761  BGHZ 27, 137, ff. 759  Lang,



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage323

gungskosten des Beteiligten eines Verkehrsunfalles aus dem Jahr 1958 he­ rausgebildet.762 Gegen den Unfallbeteiligten wurde ein Strafverfahren eingeleitet, bei dem dieser mangels Beweises freigesprochen wurde. Der Unfallbeteiligte verlangte nunmehr von demjenigen, der den Unfall schuldhaft herbeigeführt hatte, Ersatz der Strafverteidigungskosten. Dies wurde vom BGH abgelehnt. Die Gefahr, in ein Strafverfahren verwickelt zu werden und deshalb Strafverteidigungskosten aufbringen zu müssen, liege – so der BGH – im Rahmen eines Risikos, das jeden Staatsbürger treffe. Dieses gehöre nicht zu den Gefahren, die § 823 Abs. 1 BGB abwenden wolle.763 Seitdem hat die Bedeutung des allgemeinen Lebensrisikos als Zurechnungsfaktor immer weiter zugenommen.764 Dabei liegt dem Merkmal des allgemeinen Lebensrisikos die Vorstellung zugrunde, „dass jede Person in ihrem täglichen Leben bestimmten Schadensmöglichkeiten ausgesetzt ist, die ihn latent begleiten und denen er sich selbst unter Vornahme größter Anstrengungen nicht entziehen kann“.765 Für einen damit einhergehenden Verlust am Güterbestand soll jeder selbst einzustehen haben – auch wenn der Eintritt des aus einer „üblichen Daseinsgefährdung entspringenden Nachteils zufällig kausal auf eine unerlaubte Handlung oder das Halten bzw. Betreiben einer mit Wagnissen verbundenen Anlage zurückzuführen ist“.766 Ließe man den Schädiger hierfür haften, wäre das eine Haftung für „versari in re illicita“.767 bb) Kritik an dem Begriff des allgemeinen Lebensrisikos In der Lehre wird dem Begriff des allgemeinen Lebensrisikos teilweise keine eigenständige funktionale Bedeutung zugesprochen. Vielmehr solle das allgemeine Lebensrisiko von den Gründen der Nichthaftung bestimmt werden. „Wofür niemand zuständig ist, weil es zufällig eingetreten ist, das fällt dem Rechtsgutträger als allgemein Zuständigen zur Last.“768 Gegen diese Auffassung spricht, dass dem Begriff des allgemeinen Lebensrisikos dann lediglich eine „reflektorische Bedeutung“769 zukommen würde, denn die Absteckung des allgemeinen Lebensrisikos erfolgte durch andere 762  Mädrich,

S.  13 ff. 27, 137, 141. 764  Lange/Schiemann, S. 145  f.; OLG Nürnberg r+s 2006, 395; Lang, 152 ff.; Mädrich, S.  13 ff.; Deutsch, FS Jahr, S. 252 ff.; Luer, S.  124 ff. 765  Mädrich, S. 124; so auch Giesen, S. 1407. 766  Mädrich, S.  124 f. 767  Mädrich, S.  124 f. 768  Deutsch, VersR 1993, S. 1043. 769  Deutsch, VersR 1993, S. 1044. 763  BGHZ

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

„Rechtsfiguren“.770 Dies würde dem Begriff des allgemeinen Lebensrisikos jedoch jegliche Aussage nehmen und beinhalte zudem die Gefahr, zu einer falschen Aussage zu kommen.771 Deutsch verweist beispielhaft auf Fälle der Nichthaftung, weil der Verletzte entweder ein Kind bzw. geisteskrank ist, der Geschäftsherr den Entlastungsbeweis nach § 831 BGB führen kann oder bei der Amtshaftung des § 839 BGB eine andere Ersatzmöglichkeit besteht.772 Natürlich könnte man argumentieren, dass sich in diesen Fällen ein allgemeines Lebensrisiko verwirklicht habe. Allerdings weist Deutsch richtigerweise darauf hin, dass sich dieses nicht an dem gewöhnlichen Risiko eines Rechtsguts orientiere.773 Würde man nämlich „auf einen Erwachsenen, geistig Gesunden, einen normal für den Gehilfen einstehenden Herrn und eine Haftung der öffentlichen Hand“774 treffen, hätte sich das allgemeine Lebensrisiko gerade nicht verwirklicht.775 Für eine eigenständige funktionale Bedeutung der Rechtsfigur des allgemeinen Lebensrisikos spricht hingegen, dass unsere Rechtsordnung grundsätzlich von dem Bestehen einzelner Risikobereiche ausgeht und jedem Menschen bewusst gewisse Risiken zuordnet.776 Schon die Verfasser des BGB erachteten eine Abgrenzung der unterschiedlichen Rechtskreise als notwendig.777 Innerhalb des Privatrechts sind zudem einige Regelungen zu finden, die auf das Prinzip der Verantwortlichkeit für den eigenen Daseinsbereich zurückzuführen sind. Beispielsweise wird auf die im Arbeitsrecht vorherrschende sogenannte Sphärentheorie verwiesen,778 deren normative Wurzel von einigen in § 645 BGB gesehen wird.779 Diese Vorschrift wiederum entstamme dem römisch-rechtlichen Institut der locatio conductio. Diese ordne an – so Mädrich –, dass die Gefahr des Untergangs, der Verschlechterung bzw. der Unausführbarkeit des in Auftrag gegebenen Werkes schon vor der Abnahme vom Besteller zu tragen sei, wenn die Ursache hierfür in dessen persönlichem Lebensbereich gelegen habe.780 Auch das dem Schadensrecht unmittelbar vorgelagerte Prinzip des „casum sentit dominus“ spricht für eine Anwendung des Topos des allgemeinen Le770  Deutsch,

VersR 1993, S. 1044. VersR 1993, S. 1044. 772  Deutsch, VersR 1993, S. 1044. 773  Deutsch, VersR 1993, S. 1044. 774  Deutsch, VersR 1993, S. 1044. 775  Deutsch, VersR 1993, S. 1044. 776  Siehe dazu auch die Ausführungen bei Larenz/Wolf, S.  30 ff. 777  Mugdan II, S. S. 1073. 778  Mädrich, S. 119. 779  Mädrich, S. 119; siehe auch von Schenck, S.  44 ff. 780  Mädrich, S. 119.; von Schenck, S. 47. 771  Deutsch,



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage325

bensrisikos, denn dieses Prinzip drückt die Verantwortlichkeit für die eigene Rechtssphäre aus.781 Der Grundsatz des „casum sentit dominus“ geht davon aus, dass jede Person in ihrem täglichen Leben bestimmten Schadensmöglichkeiten – also einem allgemeinen Lebensrisiko – ausgesetzt ist und damit verbundene Schäden grundsätzlich selbst zu tragen hat. Die Möglichkeit, einen Schaden wirtschaftlich auf eine andere natürliche bzw. juristische Person abzuwälzen, stellt eine Ausnahme dar und ist nur bei Vorliegen konkreter Tatbestände gegeben.782 Begründen lässt sich dies vor allem mit dem Gedanken der Gefahrenbeherrschung.783 Wer die tatsächliche Gewalt über eine Sache besitze – so Mädrich –, könne diese nicht nur für sich nutzen, sondern auch deren Gefahrenpotential beeinflussen. Die damit verbundenen Chancen und Risiken seien also erheblich von der persönlichen Daseinsgestaltung jedes einzelnen Menschen abhängig.784 Etwaige aus der persönlichen Rechtssphäre, also der Gesamtheit der einem Rechtssubjekt zustehenden Rechte,785 erwachsende Schäden muss der Rechtsgutinhaber daher selbst tragen. Auch Schiemann / Lange weisen darauf hin, dass es Risiken gibt, „die mit unseren Formen des Zusammenlebens so allgemein verbunden sind, dass sie auch dann nicht als Unfallfolge empfunden werden, wenn sie sich aufgrund eines an sich zum Ersatz verpflichtenden Umstandes verwirklichen und mit ihm in adäquatem Kausalzusammenhang stehen“.786 Auch eine leichte Erhöhung des Risikos müsse verkehrsüblich in Kauf genommen werden.787 cc) Dogmatische Bedeutung und Gehalt des Topos des allgemeinen Lebensrisikos „Allgemeines Lebensrisiko kann alles sein.“788 Dieses Zitat verdeutlicht sehr gut die mit der inhaltlichen und dogmatischen Ausgestaltung des Begriffs des allgemeinen Lebensrisikos verbundenen Probleme. Tatsächlich ist es schwierig, den Bereich des allgemeinen Lebensrisikos, für den der Geschädigte immer selbst verantwortlich sein soll, zu bestimmen. Larenz789 verdeutlicht dies, indem er sich fragt, ob das allgemeine Lebensrisiko das „gleiche für einen Gesunden und einen Behinderten, einen Autofahrer und 781  von

Schenck, S.  80 ff.; Hübner, S.  55 ff. S. 1097; Hübner, S. 57. 783  von Schenck, S. 261, hinzu kommt noch das Moment des Risikointeresses. 784  Mädrich, S.  118 f. 785  Siehe zum Begriff der persönlichen Rechtssphäre von Schenck, S.  25 ff. 786  Lange/Schiemann, S. 146. 787  Lange/Schiemann, S. 146. 788  Lorenz-Meyer, S. 25. 789  Larenz, SR AT I, S. 448. 782  Bentzien,

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

einen Radfahrer, einen Stadt- und einen Landbewohner“ ist bzw. ob und wie differenziert werden soll. Bei einer genaueren Durchsicht von Literatur und Rechtsprechung zum Begriff des allgemeinen Lebensrisikos stellt man fest, dass es zwei unterschiedliche Herangehensweisen an die inhaltliche Ausgestaltung des Begriffs des allgemeinen Lebensrisikos gibt: (1) V  ersuch einer isolierten Bestimmung des Bereichs des allgemeinen Lebensrisikos Nach einer Auffassung handelt es sich bei dem allgemeinen Lebensrisiko um ein autonomes negatives Zurechnungskriterium.790 Dabei soll dem Begriff des allgemeinen Lebensrisikos eine gegenüber der Normzwecklehre selbstständige inhaltliche Funktion zukommen.791 Gemein ist dieser Auffassung, dass versucht wird, den Bereich des allgemeinen Lebensrisikos isoliert zu bestimmen. Eine derartige isolierte Bestimmung des Bereichs des allgemeinen Lebensrisikos ist jedoch abzulehnen. Dies zeigen die nachstehenden Definitionsversuche und deren Bewertung:792 (a) Wolf Wolf ist der Auffassung, dass sich das allgemeine Lebensrisiko bei Folgeschäden verwirkliche, bei denen sich eine vom ersten nachteiligen Ergebnis unabhängige Gefahr realisiere.793 Diese Definition gibt dem Begriff des allgemeinen Lebensrisikos allerdings keinen zusätzlichen Gehalt. Dass dem Schädiger nicht zugerechnet werden kann, was unabhängig von dem ersten nachteiligen Ereignis eingetreten ist, ergibt sich bereits aus der vorstehend erörterten Äquivalenztheorie. (b) Luer Nach Luer wird der Begriff des allgemeinen Lebensrisikos „geprägt durch Attribute wie persönliche Fähigkeiten und Schwächen, Beruf und Vermögen“.794 Jedoch ist auch dies nicht weiterführend. Zum einen ist nicht erkennbar, wie diese Attribute den Bereich des allgemeinen Lebensrisikos ausmachen sollen. Zum anderen steht dieser Definitionsversuch im Wider790  Mädrich, S. 96; Lange/Schiemann, S. 145 ff.; Deutsch, VersR 1993, S. 1041, 1043 f.; ders., FS Jahr, S. 259 ff. 791  Hasselblatt, S. 51. 792  Für einen umfassenden Überblick sei auf Mädrich. S. 21 ff. verwiesen. 793  Wolf, S.  47 ff. 794  Luer, S. 124.



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage327

spruch zur der ansonsten im Schadensersatzrecht herrschenden Auffassung, nach der bestimmte persönliche Eigenschaften des Geschädigten keinen Einfluss auf die Zurechnung des Schadens haben.795 (c) Mädrich Mädrich ist der Auffassung, dass zu dem Gesamtspektrum allgemeiner Lebensrisiken diejenigen Gefährdungen gehören, „die mit dem normalen Ablauf einer im Dasein des Betroffenen regelmäßig vorkommenden bzw. jederzeit zu erwartenden Verhaltensweise verknüpft sind, als auch solche Möglichkeiten, rechtlich relevante Nachteile zu erleiden, die unabhängig von einem gerade durch den Haftungsfaktor ausgelösten Tun oder Unterlassen des Geschädigten ganz allgemein mit der menschlichen Existenz in den jeweiligen Sozialisations- und Zivilisationsformen verbunden sind.“796

Für die gerechte Abgrenzung der Risikosphären komme es – so Mädrich  – dabei auf die Verkehrsauffassung und nicht auf die subjektive Auffassung des Einzelnen an.797 Entscheidend sei dabei jedoch nicht die Verkehrsauffassung der gesamten Rechtsgemeinschaft. Vielmehr komme es auf die Auffassung bestimmter nach der konkreten Art der Gefährdung festzulegender Personengruppen an.798 Es kämen also dieselben Grundsätze zur Anwendung wie bei der Fahrlässigkeitsbeurteilung.799 795  Siehe dazu die weiteren Ausführungen zum Unterpunkt „Besondere Schadensanfälligkeit“ – 3. Teil, 2. Kapitel, C.IV.7.b). 796  Mädrich, S. 130. 797  Mädrich, S. 46, begründet dies wie folgt: „Im BGB wird ein solcher verobjektivierter Maßstab […] vor allem für das Kriterium des Verschuldens verlangt. Dort ist diejenige Sorgfalt Maßstab der Zurechnung, die von einem normal veranlagten vernünftigen Menschen seines Berufs, Alters und Bildungsgrades erwartet werden konnte. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass es im Zivilrecht nicht um die individualistische, sondern um die sozialkommunikative Existenz des Einzelnen geht. Die Handlung einer Person wird stets in ihrer Relation zu den anderen Mitgliedern der Gemeinschaft gewertet, sie ist eine ‚Erscheinung des zwischenmenschlichen Bereichs‘ wobei es jeweils gilt, einen möglichst gerechten Ausgleich zwischen den im konkreten Einzelfall tangierten Interessensphären herzustellen. Zu jenem Zweck hat das Bürgerliche Gesetzbuch im Bereich des Verschuldens auf das Merkmal der Verkehrserforderlichkeit abgestellt. Damit soll dem Vertrauen, das jedermann in die Kompetenz und Sorgfalt seines Mitmenschen setzt, Rechnung getragen werden. Dieser Grundsatz, der eine besondere Art von Gewährleistung für das eigene Verhalten statuiert, hat im Zivilrecht übergeordnete Bedeutung. Auf die vorliegende Problematik angewendet, enthält er den allgemeinen Gesichtspunkt des Vertrauens der Rechtsgenossen untereinander auf ein Normalverhalten im Sozialleben. Im privaten Rechtsverkehr müssen individuelle Abweichungen grundsätzlich auf Kosten desjenigen gehen, der sich vom Normalstandard einer durchschnittlichen Lebensführung entferne.“ 798  Mädrich, S.  47 ff. 799  Mädrich, S. 46, Fn. 31.

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

Auch hier stellt sich wieder die Frage, welche Gefahren unabhängig vom Verhalten des Geschädigten mit der menschlichen Existenz verbunden und als täglicher Bestandteil dessen Lebens anzusehen sind bzw. welche nicht. Es lassen sich in jedem Fall Argumente dafür und dagegen finden. Im Ergebnis ist daher auch die Auslegung des Begriffs des allgemeinen Lebensrisikos von Mädrich nicht hilfreich. (d) Bildung von Fallgruppen Einige Autoren nähern sich dem Begriff des allgemeinen Lebensrisikos durch die Aufarbeitung der Rechtsprechung zu diesem Thema und eine darauf aufbauende Systematisierung und Bildung von Fallgruppen an.800 Die bisherige Rechtsprechung diskutiert unter dem Begriff des allgemeinen Lebensrisikos bislang insbesondere die allgemeinen Verwaltungskosten801, die Krankheit als Anlageschaden802, normale psychische Belastung beim Schockschaden803 und gewisse sozialadäquate Schäden.804 Eine derartige Systematisierung lässt zwar erkennen, wie die Rechtsprechung über die Zuordnung bestimmter Schadenspositionen entschieden hat. Es ergeben sich jedoch keine Ableitungsmöglichkeiten für „neue“ Schadenspositionen, wie beispielsweise das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar. Zudem wird nie begründet, warum eine bestimmte Gefahr dem eigenen Risikobereich zugeordnet wird und dem Geschädigten daher kein Schadensersatz zuerkannt werden kann. Dies wird immer nur festgestellt.805 Nachteilhaft an der Bildung von Fallgruppen ist also, dass diese kaum Rückschlüsse „hinsichtlich des übergeordneten Sinnzusammenhangs“806 der ihnen jeweils zugrunde liegenden Wertungen zuließen.807

800  U. a. Rüßmann, in: jurisPK-BGB, § 249 BGB Rdn. 36; Deutsch, VersR 1993, S.  1044 f. 801  BGHZ 66, 112, 117; 75, 230, 231 ff. 802  Siehe Deutsch, FS Jahr, S. 261 f. 803  BGHZ 56, 163, 165 ff.; VersR 1986, 240 f.; Deutsch, VersR 1993, S. 1045. 804  RGZ 105, 264, 266; Deutsch, VersR 1993, S. 1046; Huber, Verschulden, S. 321 ff. Zu den sozialadäquaten Schäden gehören z. B. geringste Verletzungen, Aufwendungen in rechtsstaatlichen Verfahren, Ansteckung des deliktisch Verletzten im Krankenhaus mit der Grippe usw. 805  Dies bemängelt auch Schiemann, in: Staudinger, § 249 BGB Rdn. 90. Mit dem Argument, ein Schaden sei vom allgemeinen Lebensrisiko umfasst, werde nur die Evidenz des Ergebnisses behauptet. 806  Mädrich, S. 113. 807  Mädrich, S. 113.



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage329

(e) Schlussfolgerung Der Versuch, den Bereich des allgemeinen Lebensrisikos isoliert zu bestimmen, ist also nicht weiterführend. Vielmehr zeigen die Versuche der vorgenannten Autoren die Schwierigkeiten, den Bereich des allgemeinen Lebensrisikos allgemeingültig festzulegen. Es fehlt letztlich an jeder Begrenzung.808 Oft wird zudem die Situation bestehen, dass alles, was für eine Haftung spricht, auch gleichzeitig gegen eine solche spricht. (2) A  llgemeines Lebensrisiko als „bildliche Umschreibung für ein Problem veränderlicher Wertungen“809 Diese mit der inhaltlichen Ausgestaltung des Begriffs des allgemeinen Lebensrisikos verbundenen Bedenken bzw. Schwierigkeiten lassen sich durch eine andere Herangehensweise an den Begriff des allgemeinen Lebensrisikos ausräumen.810 Nach anderer Auffassung sei der Bereich des allgemeinen Lebensrisikos nicht isoliert zu bestimmen. Ausgangspunkt seien vielmehr die verletzte Verhaltensnorm und deren Schutzbereich.811 Davon ausgehend sei die Abgrenzung der Risikosphären von Schädiger und Geschädigtem vorzunehmen und zu prüfen, ob sich ein allgemeines Lebensrisiko verwirklicht habe. Systematischer Anknüpfungspunkt für die Rechts­ figur des allgemeinen Lebensrisikos sei nach dieser Auffassung also die Lehre vom Schutzzweck der Norm,812 denn auf die Vermeidung allgemeiner Lebensrisiken ziele eine verletzte Verhaltensnorm niemals ab.813 Folgerichtig sei die Rechtsfigur des allgemeinen Lebensrisikos nach dieser Auffassung der Schutzzwecklehre zuzuordnen. Dieser Auffassung ist zuzustimmen. Für diese spricht, dass die Risikosphären von Schädiger und Geschädigten richtigerweise von der jeweiligen Lebenssituation abhängen. Das „casum sentit dominus“ des Geschädigten hängt also von den Umständen der Schadenssituation ab. So wird beispielsweise im Sportbereich die Risikosphäre des Geschädigten dadurch erweitert, dass das „casum sentit dominus“ der jeweiligen Sportsituation angepasst wird. Eine Verletzung, die durch einen leichten Regelverstoß herbeigeführt werde, sei dann eine Verwirklichung des auf den Lebensbe808  Larenz,

SR AT I, S. 448. S. 153. 810  Lang, S. 153. 811  Lang, S. 153; Huber, JZ 1969, S. 681. 812  Oetker, in: Müko/BGB, § 249 BGB Rdn.  194; Grüneberg, in: Palandt, Vorb v. § 249 BGB Rdn 54; Zimmermann, S. 501; Lang, S. 153. 813  Oetker, in: Müko/BGB, § 249 BGB Rdn.  194. 809  Lang,

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

reich Sport bezogenen allgemeinen Lebensrisikos, für den jeder Sportler selbst einzustehen habe.814 Diese für den Lebensbereich „Sport“ entwickelten Verhaltensnormen sollten jedoch nicht generell vor Sportrisiken schützen.815 Für einen anderen Lebensbereich, beispielsweise bei einer Bergtour oder auch in einer Siutation, in der der Anspruchsinhaber mit einem Verzug des Anspruchsgegners konfrontiert ist, muss das „casum sentit dominus“ anders bestimmt werden. Das Lebensrisiko des Opfers eines Verkehrsunfalles ist wiederum anders zu bewerten als das eines durch einen Schuldnerverzug Geschädigten. Insoweit ist die Rechtsfigur des allgemeinen Lebensrisikos als Beispiel einer „bildliche[n] Umschreibung für ein Problem veränderlicher Wertun­ gen“816 anzusehen. Seine theoretische und praktische Bedeutung – so Lang – erschließe sich erst aus der Beziehung zu der „casu verletzten Verhaltensnorm und deren Schutzbereich“.817 Von daher ist der Bereich des allgemeinen Lebensrisikos des Geschädigten zu bestimmen.818 Dazu sind einige Überlegungen anzustellen. Ein Anhaltspunkt kann sich aus der Überlegung ergeben, ob die Rechtsgutverletzung auch bei Einhaltung der Norm hätte eintreten können.819 Ein weiterer Anhaltspunkt – so v. Schenck – ergebe sich zudem aus dem folgenden Gedanken: Grundlage der Schadensersatz gewährenden Tatbestände sei immer die Tatsache, dass der Schädiger seine eigene Rechtssphäre auf Kosten einer fremden Rechtssphäre erweitert und die Gefahr, aus der der Schaden entstanden ist, beherrscht habe.820 Mit der Bejahung der Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruches gehe daher immer die Feststellung einher, dass der Schädiger durch sein Verhalten eine besondere von ihm beherrschte Gefahrensituation geschaffen und dadurch in den Lebensbereich einer anderen Person eingegriffen habe.821 Dann liege eine Ausnahme vom Grundsatz „casum sentit dominus“ vor. Diese berechtige dazu, den Schaden auf einen Dritten abzuwälzen.822 Dies sei als Ausgleich dafür zu verstehen, dass sich niemand einen Eingriff in seine Rechtssphäre gefallen lassen müsse und sich umgekehrt aber auch niemand vollumfänglich vor den Gefahren aus einer anderen Rechtssphäre schützen könne.823 Es sei also zu fragen, inwiefern der Schädiger die Ge814  Zimmermann,

S. 501. S. 152 f.; Fn. 645. 816  Lang, S. 153. 817  Lang, S. 153. 818  Lang, S. 153; Huber, JZ 1969, S. 681. 819  Lang, S. 153. 820  von Schenck, S.  171 f. 821  von Schenck, S. 167. 822  von Schenck, S. 167 ff., 181 f. 823  von Schenck, S. 172. 815  Lang,



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage331

fahr beherrschen konnte oder ob der Geschädigte diesen Gefahren in jedem Fall ausgesetzt wäre. Gegebenenfalls sei nicht mehr das allgemeine Lebensrisiko betroffen, sondern es liege ein besonderes Risiko vor. Darüber hinaus erfolgt die Abgrenzung der Risikosphären von Schädiger und Geschädigten in rechtspolitischer Wertung.824 (3) Ergebnis und Schlussfolgerungen Der Anspruchsinhaber muss solche Schäden nicht ersetzen, die als Verwirklichung des sogenannten allgemeinen Lebensrisikos zu bewerten sind. Dabei ist das allgemeine Lebensrisiko des Anspruchsinhabers ausgehend von der verletzten Norm und deren Schutzzweck zu bestimmen. Nachfolgend ist also ausgehend vom Schutzzweck des § 286 BGB durch eine normative Abgrenzung der Risikobereiche von Anspruchsinhaber und Anspruchsgegner festzustellen, ob die Gefahren, vor denen sich der Anspruchsinhaber durch den Abschluss eines Prozessfinanzierungsvertrages schützen möchte, dem Bereich seines allgemeinen Lebensrisikos zuzuordnen sind. Dabei soll zwischen den von den Prozessfinanzierungsunternehmen abgedeckten „Gefahrenbereichen“ – nämlich dem Vorfinanzierungs- und dem Unterliegensrisiko  –, differenziert werden. b) Gehört das Finanzierungsrisiko in den Bereich des allgemeinen Lebensrisikos? Zunächst soll untersucht werden, ob das Risiko, zur Durchsetzung seiner begründeten Ansprüche gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen und hierzu hinsichtlich der Durchsetzungskosten in Vorleistung treten zu müssen, zum allgemeinen Lebensrisiko gehört. aa) Relevanz der Vorfinanzierungsfunktion Die Richter des LG Itzehoe äußerten in ihrem Urteil zur Ersatzfähigkeit der Anwaltskosten für die Einholung einer Deckungszusage bei der Rechtsschutzversicherung die Auffassung, die Vorfinanzierungsfunktion sei nur von untergeordneter Bedeutung.825 Die wesentliche Funktion der Rechtsschutzversicherung liege darin, „das Kostenrisiko des Geschädigten für den Fall abzusichern, dass er mit seiner Forderung ganz oder teilweise nicht 824  Lang, 825  LG

juris.de.

S. 153, von Caemmerer, S. 976. Itzehoe Urteil vom 15.03.2011  – Az: 7 O 318/10, abrufbar unter www.

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durchdringt und insoweit die Prozesskosten selbst tragen müsste“.826 Diesen Einwand könnte man auch der Vorfinanzierungsfunktion der Prozessfinanzierung gegenüber erheben und diese für irrelevant für die Beurteilung der Ersatzfähigkeit des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars halten. Dieser Auffassung ist jedoch nicht zuzustimmen. Sicherlich ist es für den Anspruchsinhaber von erheblicher Relevanz, durch das Prozessfinanzierungsunternehmen bzw. die Rechtsschutzversicherung von dem Unterliegensrisiko im Prozess freigehalten zu werden. Aber genauso relevant ist es für den Anspruchsinhaber, die Anspruchsdurchsetzung nicht selbst vorfinanzieren zu müssen, sondern auch in dieser Hinsicht durch das Prozessfinanzierungsunternehmen bzw. die Rechtsschutzversicherung entlastet zu werden. Schließlich halte jeder wirtschaftlich denkende Mensch „das Kosten­ risiko im Auge“827. Wie bereits das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung zur Zulässigkeit von Erfolgshonoraren festgestellt hat, verfügen viele Rechtssuchende von vornherein nicht über die für die Anspruchsdurchsetzung notwendigen finanziellen Mittel und sehen aufgrund wirtschaftlicher Überlegungen von der Durchsetzung ihrer Ansprüche ab.828 Die Vorfinanzierung der Gerichts- und Anwaltskosten durch das Prozessfinanzierungsunternehmen hat daher einen erheblichen Einfluss auf die Motivation des Anspruchsinhabers zum Abschluss eines Prozessfinanzierungsvertrages und muss daher auch bei der rechtlichen Bewertung der Erstattungsfähigkeit des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars berücksichtigt werden. Im Ergebnis ist also festzustellen, dass der Vorfinanzierungsfunk­tion der Prozessfinanzierung eine erhebliche Bedeutung zukommt. bb) Meinungsstand in Rechtsprechung und Literatur Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass sich Literatur und Rechtsprechung bislang eher „stiefmütterlich“ mit der Frage der schadensrechtlichen Ersatzfähigkeit von Kreditkosten, die dem Anspruchsinhaber aufgrund der notwendigen Finanzierung von Gerichts- und Anwaltskosten für die Durchführung eines Gerichtsprozesses entstanden sind, beschäftigt haben. Es ist daher nicht verwunderlich, dass bisher nur selten darüber diskutiert wurde, ob das Risiko zur Durchsetzung seiner begründeten Ansprüche gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen und hierzu hinsichtlich der Durchsetzungskosten in Vorlage treten zu müssen, zum allgemeinen Lebensrisiko gehört. Da auch der Rechtsschutzversicherung eine Vorfinanzierungsfunktion zukommt, lässt 826  LG Itzehoe Urteil vom 15.03.2011  – Az: 7 O 318/10, abrufbar unter www. juris.de. 827  Lensing, r+s 2012, S. 160. 828  BVerfG NJW 2007, 979, 984.



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage333

sich aus den bereits vorgestellten Urteilen des BGH829 zur Erstattungsfähigkeit der anwaltlichen Kosten für die Einholung einer Deckungssage zwar schlussfolgern, dass der BGH davon ausgeht, dass das Risiko zur Durchsetzung seiner begründeten Ansprüche gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen und hierzu hinsichtlich der Anwalts- und Gerichtskosten in Vorlage treten zu müssen, in den Bereich der Gefahren gehört, die vom Schutzbereich des § 286 i. V. m. § 280 Abs. 1, Abs. 2 BGB umfasst sind. Ausdrücklich diskutiert hat der BGH diese Frage jedoch nicht. Lediglich das LG Saarbrücken hat darauf verwiesen, „dass das Risiko zur Durchsetzung seiner begründeten Ansprüche gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen und hierzu hinsichtlich der Gerichtsgebühren in Vorlage treten zu müssen, zu dem allgemeinen Prozessrisiko gehört und daher außerhalb des haftungsrechtlichen Schutzzwecks liegt.“830

Mithin ist festzustellen, dass zu dieser Frage bislang keine gefestigten Ansichten in Literatur und Rechtsprechung vorliegen. Es besteht daher die Notwendigkeit, ausgehend vom Schutzzweck des § 286 BGB eine Abgrenzung der Risikosphären von Schädiger und Geschädigtem vorzunehmen und zu prüfen, ob sich ein allgemeines Lebensrisiko verwirklicht hat. cc) Abgrenzung der Risikobereiche Nachfolgend wird zu zeigen sein, dass das Risiko, zur Durchsetzung seiner begründeten Ansprüche gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen und hierzu hinsichtlich der Durchsetzungskosten in Vorlage treten zu müssen, vom Schutzbereich des § 286 BGB umfasst ist und nicht zum allgemeinen Lebensrisiko gehört. (1) Vorfinanzierung führt zur Entwertung des Anspruches Hierfür spricht, dass das Risiko, zur Durchsetzung seiner begründeten Ansprüche gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen und hierzu hinsichtlich der Durchsetzungskosten in Vorlage treten zu müssen, zu einer Entwertung des Anspruchs des Anspruchsinhabers führt. Bei der Abgrenzung der Risikobereiche ist – darauf wurde bereits hingewiesen – vom Normzweck des § 286 i. V. m. § 280 Abs. 1, Abs. 2 BGB 829  Siehe

3. Teil, 2. Kapitel, A.V. Saarbrücken AGS 2011, 150, 151. Das LG Saarbrücken hat zwar über § 823 BGB als Anspruchsgrundlage zu entscheiden. Die Äußerungen des LG Saarbrücken kann man allerdings so verstehen, dass das Gericht die Vorfinanzierung im Allgemeinen, also unabhängig von der konkreten Haftungsnorm, dem Bereich des allgemeinen Lebensrisikos zuordnet. 830  LG

334

3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

auszugehen. Dieser ist bereits ausführlich dargestellt worden.831 An dieser Stelle sei daher nur noch einmal darauf hingewiesen, dass die Verzögerungshaftung der Sicherung und des Schutzes des Anspruches als Vermögenswert des Gläubigers vor bestimmten Erfüllungsrisiken dient.832 Mithin muss sich die Zuweisung typischer Verzögerungsrisiken an den säumigen Schuldner aus dem Gedanken der Sicherung des Wertmoments des Anspruches rechtfertigen.833 Jeder Anspruch hat für den Anspruchsinhaber einen bestimmten Wert. Dieser Wert verwirklicht sich jedoch erst durch dessen Erfüllung. Bis dahin besteht immer die Gefahr eines Ausfalles des Anspruches und dessen Entwertung. Diese Gefahren verwirklichen sich mit dem Schuldnerverzug. Die Erfüllung des Anspruches ist für den Anspruchsinhaber nun mit einem gewissen Aufwand verbunden,834 z. B. die für die gerichtliche Durchsetzung notwendigen Gerichts- und Anwaltsgebühren vorfinanzieren zu müssen.835 Ist der Anspruchsinhaber nicht in der Lage, die für die gerichtliche Durchsetzung notwendigen Gerichts- und Anwaltsgebühren vorzufinanzieren, kann er seinen Anspruch nicht durchsetzen. Wie im ersten Teil dieser Abhandlung ausführlich dargestellt, kann die theoretische Möglichkeit der Inanspruchnahme von Prozesskostenhilfe dies nicht immer auffangen, da die Bewilligung einer solchen Unterstützung gem. § 115 ZPO von engen wirtschaftlichen Voraussetzungen abhängig ist.836 Vor diesem Hintergrund – so das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung zur Zulässigkeit von Erfolgshonoraren – können auch Rechtssuchende, die auf Grund ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse keine Prozesskostenhilfe beanspruchen können, aus wirtschaftlichen Überlegungen von der Durchsetzung ihrer Ansprüche absehen.837 Aber selbst wenn der Anspruchsinhaber über die notwendigen finanziellen Mittel zur Zahlung der Gerichts- und Anwaltskostenvorschüsse verfügt, könnte er von der Durchsetzbarkeit seiner Forderung absehen, weil er Gefahr läuft, auch noch zusätzliches Geld „zu verlieren“. Erst mit erfolgreichem Abschluss des Gerichtsverfahrens hat er Anspruch auf Kostenfestsetzung gem. § 104 Abs. 1 ZPO und kann auf den Ausgleich der vorfinanzierten Ansprüche durch die Gegenseite hoffen. Bis zum endgültigen Kostenausgleich können jedoch mehrere Jahre vergehen. Bis zu diesem Zeitpunkt ist der Anspruchsinhaber gezwungen, das Bonitäts831  3. Teil,

2. Kapitel, C.IV.2.b). S. 20, 218. 833  Haberzettl, S. 222. 834  Haberzettl, S. 215. 835  1. Teil, 1. Kapitel, A.I. 836  1. Teil, 1. Kapitel, B.I. 837  BVerfG NJW 2007, 979, 984. 832  Haberzettl,



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage335

risiko des Anspruchsgegners zu tragen. Dies wird noch dadurch verstärkt, dass den Anspruchsinhaber eine eigene sekundäre Kostenlast trotz Obsiegens trifft. Wie bereits ausgeführt, haftet der Geschädigte, der ein Gerichtsverfahren in Gang gesetzt hat, nämlich neben dem zur Kostentragungslast verurteilten Unterlegenen als Gesamtschuldner für die Gerichtskosten.838 Kann der Anspruchsinhaber seinen Anspruch aufgrund wirtschaftlicher Erwägungen nicht durchsetzen, verwirklicht sich ein typisches Erfüllungsrisiko, nämlich das der Entwertung des Anspruches. Dieser bleibt zwar bestehen, kann aber nicht realisiert werden und fällt damit faktisch aus. Selbst wenn der Schuldner nach einiger Zeit die wirtschaftlichen Mittel zur Anspruchsdurchsetzung aufbringen kann, besteht die Gefahr, dass der Anspruch mit der Einrede der Verjährung behaftet ist und damit zusätzlich entwertet wird. Der Anspruchsinhaber erhält also in jedem Fall nicht das, was ihm zusteht. Was dem Anspruchsinhaber eigentlich zusteht, ergibt sich aus der Bewertung des vertraglichen Schuldverhältnisses durch die Rechtsordnung.839 Diese Bewertung müsse sich wiederum an den Wertungen der Vertragspartner bei Abschluss des Vertrages als Austauschverhältnis orientieren. Bei Abschluss des Vertrages legten die Vertragspartner – so Haberzettl – bestimmte Annahmen zur Bewertung von Leistung und Gegenleistung zugrunde. Dabei spielten auch die Leistungsmodalitäten eine Rolle.840 So gehen die Vertragspartner trotz bestimmter „typischer Risikosituationen von einer reibungslosen Abwicklung des Vertrages aus. Entsprechend dieser Annahmen erfolgt dann die Ausgestaltung des Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung, das eine Risikoverteilung entsprechend der typischen Wertungen der Vertragspartner enthält.“841

Bei der Zuweisung bestimmter Verzögerungsrisiken gehe es dann um die Erhaltung dieses Verhältnisses.842 Der Gläubiger soll so viel erhalten, wie es seiner Bewertung entspricht – ihm also zusteht. Dafür trägt der Schuldner das entsprechende Risiko.843 Die gilt auch für gesetzliche Ansprüche, z. B. für den Schadensersatzanspruch. Dieser müsse einen bestimmten Wert haben, damit das deliktische Recht ausgeglichen werde.844 Auch hier trägt der Schuldner das Risiko dafür, dass der Gläubiger so viel erhält, wie ihm zusteht. 838  Siehe

dazu 1. Teil, 1. Kapitel, A.I.3. S. 224. 840  Haberzettl, S. 218. 841  Haberzettl, S. 218. 842  Haberzettl, S. 218. 843  Haberzettl, S. 218. 844  Haberzettl, S. 218 f., 224. 839  Haberzettl,

336

3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

(2) D  rittfinanzierungsbedarf als Verwirklichung des spezifischen Verzugsrisikos Hierfür spricht des Weiteren, dass auch ansonsten das Entstehen eines Drittfinanzierungsbedarfs als eine typische Folge der Verzögerung eines vertraglichen oder gesetzlichen Anspruches angesehen wird. So entspricht es herrschender Auffassung, dass der zu ersetzende Verzögerungsschaden auch die Kreditkosten umfasst, die der Gläubiger für die Zeit aufwenden musste, in der er die Leistung des Schuldners nicht bekommen hat.845 Typischerweise wird sich ein Drittfinanzierungsbedarf daraus ergeben, dass der Anspruchsinhaber im Vertrauen auf den Erhalt der Leistung bereits entsprechende Dispositionen getroffen hat bzw. aus anderen Gründen auf eine pünktliche Erfüllung angewiesen ist. Bei Säumnis des Schuldners ist der Gläubiger gezwungen, das wirtschaftliche Ziel des Vertrages durch ein Ersatzgeschäft zu erreichen, z. B. durch das Anmieten oder Kaufen einer Ersatzsache.846 Dazu muss er gegebenenfalls aufgrund fehlender finanzieller Mittel einen Kredit in Anspruch nehmen.847 Auch bei dem Gläubiger eines deliktsrechtlichen Anspruches ist es vorstellbar, dass dieser auf eine kurzfristige Behebung des Schadens angewiesen ist und sich daher bei einem Verzug des Schuldners die hierfür notwendige Liquidität durch die Aufnahme eines Kredits verschaffen muss. Die Tatsache, dass ein auf die Zahlung wartender Gläubiger oftmals gezwungen sein wird, zu marktüblichen Konditionen ein Darlehen aufzunehmen, war auch Grund für die Neuregelung des § 288 BGB. Mit der Erhöhung des gesetzlichen Zinssatzes auf fünf Prozentpunkte über dem jeweiligen Basiszinssatz sollte auf den Marktzins reagiert werden.848 Sieht man den Drittfinanzierungsbedarf als eine vom Verzug umfasste Schadensfolge an, muss dies erst Recht für den Vorfinanzierungsbedarf gelten, der dem Drittfinanzierungsbedarf vorausgeht. Ein solcher Vor- bzw. Drittfinanzierungsbedarf kann aber auch deshalb entstehen, weil der Gläubiger, um den endgültigen Ausfall seines Anspruches zu verhindern, gezwungen ist, den Rechtsweg zu beschreiten und beispielsweise die Gerichtskosten vorzufinanzieren. Ist er aus wirtschaft­ lichen Gründen nicht in der Lage, diese Kosten aus eigenen Mitteln vorzufinanzieren, muss er die Möglichkeit der Finanzierung der Rechtsdurchsetzungskosten durch einen Dritten in Betracht ziehen. Mithin ist der Bedarf 845  Löwisch,

in: Staudinger, § 286 BGB Rdn. 232. Deckungsgeschäfte, S. 1328; Löwisch, in: Staudinger, § 286 BGB

846  Haberzettl,

Rdn. 232. 847  Löwisch, in: Staudinger, § 286 BGB Rdn. 232. 848  LG Dortmund Urteil vom 18.06.2008  – Az.: 22 O 189/07, Rdn.  45, abrufbar unter www.juris.de; Grüneberg, in: Palandt, § 288 BGB Rdn. 2.



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage337

der Vorfinanzierung und daraus folgend der Drittfinanzierung der Rechtsdurchsetzungskosten auch als eine typische Folge der Verzögerung eines vertraglichen oder gesetzlichen Anspruches anzusehen. Fällt der Drittfinanzierungsbedarf des Anspruchsinhabers in den Risikobereich des Schuldners, müssen auch die dem Anspruchsinhaber infolge der Verwirklichung dieses Risikos entstehenden Vermögensnachteile der Risikosphäre des Schuldners zugeordnet werden. Dies ergibt sich auch daraus, dass der Gläubiger infolge der Drittfinanzierungskosten zur Anspruchsdurchsetzung zumindest mittelbar nicht so viel erhält, wie es der vertraglichen Wertung entspricht. Trägt der Schuldner das Risiko dafür, dass der Gläubiger so viel erhält, wie es dieser Wertung entspricht, muss er auch für die Kosten der Drittfinanzierung der Rechtsverfolgung einstehen. Letztlich dient die Zuweisung des Vor- bzw. Drittfinanzierungsbedarfs des Gläubigers zur Risikosphäre des Schuldners also dazu, eine Entwertung bzw. einen Ausfall der Forderung zu verhindern. Damit dient er dem Zweck der Regelungen des Verzugs, den Anspruch als Vermögenswert des Gläubigers zu sichern. (3) Schutz vor Anlageverlust Dafür, dass das Risiko zur Durchsetzung seiner begründeten Ansprüche gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen und hierzu hinsichtlich der Durchsetzungskosten in Vorlage treten zu müssen, vom Schutzzweck des § 286 BGB umfasst ist, spricht auch, dass nach herrschender Auffassung ein Verlust von Anlagezinsen als vom Schutzzweck des § 286 BGB umfasst angesehen wird.849 Dem Verlust von Anlagezinsen geht ebenfalls der Bedarf einer Vorfinanzierung voraus. Auch wirtschaftlich patente Gläubiger können sich zum Abschluss eines Prozessfinanzierungsvertrages entschließen, weil sie verhindern wollen, einen Teil ihres Vermögens zur Finanzierung ihrer Rechtsdurchsetzung verwenden zu müssen, und dadurch nicht gewinnbringend anlegen zu können. Es entspricht herrschender Auffassung, dass Vermögenseinbußen durch einen solchen Verlust zum Verzugsschaden gehören.850 Dies ist auch richtig, denn die Verzugsregelungen sollen nicht nur vor einer Entwertung des Anspruches selbst, sondern auch vor weiteren Folgeschäden, die sich aus der Differenz der Vermögenslage bei pünktlicher Erfüllung und der durch den Schuldnerverzug eingetretenen Vermögenslage ergeben, schützen. Auch diese Folgeschäden mindern im Ergebnis den Wert des Anspruches. Infolge der Lücke in seinem Vermögen erhält der Anspruchsinhaber zumindest mittelbar nicht das, was ihm eigentlich zusteht. Sind die Vermögenseinbußen durch den Verlust von Anlagezinsen vom Verzug umfasst, muss dies erst 849  BGH

850  Siehe

NJW 1981, 1732; Ernst, in: Müko/BGB, § 286 BGB Rdn.  128 ff. u. a. BGH BeckRS 2001 30196797; BGH NJW 2012, 2446.

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

recht für Kosten des Anspruchsinhabers gelten, die ihm zur Abwendung eines derartigen Anlageverlustes entstanden sind. Dies gilt dann auch für die Kosten einer Drittfinanzierung der Gerichts- und Anwaltsgebühren. Ob dies wirtschaftlich sinnvoll ist, ist dann eine Frage des Mitverschuldens des Geschädigten gem. § 254 BGB bzw. der „Erforderlichkeit“ der Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens. (4) K  osten für Einleitung rechtsstaatlicher Verfahren sozialadäquat? Gegen eine derartige Abgrenzung der Risikobereiche kann nicht eingewendet werden, dass die Kosten, die mit der Verwicklung in ein rechtsstaatliches Verfahren verbunden sind, immer als sozialadäquat angesehen werden müssen. Tatsächlich nehmen die Autoren, die sich dem Begriff des allgemeinen Lebensrisikos durch die Bildung von Fallgruppen annähern, das Bestehen eines solchen für Kosten an, die im Zusammenhang mit der Einleitung rechtsstaatlicher Verfahren entstanden sind. Derartige Kosten sollen aus Gründen der Sozialadäquanz zum Bereich des allgemeinen Lebensrisikos gehören und nicht dem Haftungsrecht unterliegen.851 Rechtsstaatlichen Verfahren habe sich grundsätzlich jedermann mit seinem Vermögen ohne Anspruch auf Kostenausgleich zu stellen.852 In diesem Zusammenhang wird auf einige Entscheidungen des BGH verwiesen, z. B. auf die Nichtersatzfähigkeit von Strafverteidigerkosten853 oder die Kosten einer Nebenklage.854 Sicherlich ist es richtig, derartige Kosten, im Einzelfall als sozialadäquat anzusehen und nicht dem Regime des Haftungsrechts zu unterwerfen. Offensichtlich ist dies für den gutgläubigen Strafanzeigenerstatter. Dieser soll natürlich nicht mit dem Risiko des Schadensersatzes für den Fall, dass seine Anzeige nicht zum Erweis des behaupteten Vorwurfes führt, belastet sein. Jedoch lässt sich dies nicht in dem Sinne verallgemeinern, dass die Kosten, die mit der Verwicklung in ein rechtsstaatliches Verfahren verbunden sind, aus Gründen der Sozialadäquanz niemals schadensersatzfähig sein können. Die im Zusammenhang mit dieser Fallgruppe angeführten Entscheidungen betreffen sämtlichst den Schutzbereich deliktischer Normen.855 Wie bereits ausgeführt, ist der Bereich des allgemeinen Lebensrisikos ausgehend von der verletzten Norm zu bestimmen und daher bei jeder Norm anders zu 851  BGH NJW 1979, 1351, 1352; BVerfG NJW 87, 1929; Lange/Schiemann, S. 147; Deutsch, VersR 1993, S. 1046; Nipperdey, S.  1777 ff. 852  Deutsch, NJW 1993, S. 1046. 853  BGHZ 27, 137, 141. 854  BGH NJW 1957, 1953; LG Köln NJW 1964, 2064, 2065. 855  BGH VersR 1998, 1036 1037; BGHZ 27, 137, 141; 24, 263, 267.



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage339

bewerten.856 Daher können die Abgrenzungskriterien der deliktischen Haftungsnormen nicht auf § 286 i. V. m. § 280 Abs. 1, Abs. 2 BGB übertragen werden. Hier gelten andere Maßstäbe für die Bestimmung des allgemeinen Lebensrisikos. So hat beispielsweise der BGH die Nichterstattungsfähigkeit der Strafverteidigerkosten damit begründet, dass § 823 BGB nur die Unversehrtheit der Gesundheit und des Eigentums schütze.857 Im Gegensatz dazu wird durch § 286 i. V. m. § 280 Abs. 1, Abs. 2 BGB gerade auch das Vermögen geschützt, sodass der Risikobereich des Anspruchsinhabers hier anders abgegrenzt werden muss. Insofern ist dies auch als ein anschauliches Beispiel für die Untauglichkeit der Fallgruppenbildung zur Abgrenzung des allgemeinen Lebensrisikos des Geschädigten anzusehen. Die Kosten, die im Zusammenhang mit der Verwicklung des Anspruchsinhabers in ein rechtsstaatliches Verfahren entstehen, das der Durchsetzung eines begründeten Anspruches gegenüber einem säumigen Schuldner dient, werden daher auch nicht als sozialadäquat angesehen. So geht die Europäi­ sche Kommission in ihren Erwägungen zur Zahlungsverzugsrichtlinie davon aus, dass dem Anspruchsinhaber ein Anspruch auf gerechten Ausgleich der Beitreibungskosten gegenüber dem Schuldner zustehen soll.858 Daher ist es nur folgerichtig, dass der Gläubiger als Verzugsschaden also auch den Ersatz der Kosten verlangen können soll, die ihm im Zusammenhang mit der Rechtsdurchsetzung entstanden sind.859 Dazu gehören insbesondere die Prozesskosten, die gerade Folge der unpünktlichen Zahlung sind,860 aber auch die Kosten, die für deren Vorfinanzierung entstanden sind. Voraussetzung ist jedoch, dass die Aufwendungen zur Wahrung der Rechte des Gläubigers erforderlich und zweckmäßig sind.861 Auf diese Problematik ist an späterer Stelle noch genauer einzugehen. (5) A  llgemeines Lebensrisiko als quasi immer mögliche Rechtsverletzung? Zuletzt ist noch auf die vorstehend genannte Auffassung des LG Saarbrücken einzugehen. Dieses hat seiner die Erstattungsfähigkeit der Vorfinanzie856  3. Teil,

2. Kapitel, C.IV.3.a)cc)(2). 27, 137, 141. 858  Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 2011/7. 859  BGH NZM 2011, 34; BeckRS 2011, 14956 Tz. 24; Ernst, in: Müko/BGB, § 286 BGB; Rdn. 154; Unberath, in: Bamberger/Roth, § 286 BGB; Rdn.  72. 860  Bernards, S. 680. 861  BGH WuM 2010, 740, Tz. 9; BGH BeckRS 2011, 14956 Tz. 24; Ernst, in: Müko/BGB, § 286 BGB Rdn.  154; Unberath, in: Bamberger/Roth, § 286 BGB Rdn. 72. 857  BGHZ

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

rungskosten ablehnenden Rechtsauffassung ein fehlerhaftes Verständnis des Begriffs des allgemeinen Lebensrisikos zugrunde gelegt. Offensichtlich meinen die Richter, dass das Risiko zur Durchsetzung seiner begründeten Ansprüche gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen und hierzu hinsichtlich der Durchsetzungskosten in Vorlage treten zu müssen, deshalb zum allgemeinen Lebensrisiko gehöre, weil derjenige, der sich im Rechtsverkehr betätigt, immer damit rechnen müsse, einem säumigen Schuldner gegenüberzustehen. Natürlich kommt es nicht selten vor, dass Schuldner ihre Ansprüche nicht ordnungsgemäß erfüllen. Nicht umsonst ist die Europäische Kommission in ihren Erwägungen zur Notwendigkeit einer überarbeiteten Zahlungsverzugsrichtlinie davon ausgegangen, dass viele Rechnungen erst lange nach Ablauf der Zahlungsfrist beglichen werden und „das Risiko solcher Beeinträchtigungen in Zeiten eines Wirtschaftsabschwungs erheblich zunimmt“.862 Insofern könnte tatsächlich argumentiert werden, dass das Risiko, begründete Ansprüche durchsetzen und deshalb mit den Gerichtskosten in Vorleistung treten zu müssen, dem Bereich des allgemeinen Lebensrisikos des Anspruchsinhabers zuzuordnen ist. Allerdings geht diese Auffassung von einem fehlerhaften Gehalt des Begriffs des allgemeinen Lebensrisikos aus. Dieser wird dahingehend verstanden, dass hierunter „eine Rechtsgüterbeeinträchtigung, die nahe liegt, die quasi ‘immer mal möglich ist‘ “,863 fällt. Dass eine derartige Auslegung des Begriffs des allgemeinen Lebensrisikos nicht richtig sein kann, wurde durch das AG Hamburg eindrücklich ausgeführt. Dies verwies auf die Haftung für Verkehrsunfälle bzw. Diebstähle. Natürlich gehöre es zum allgemeinen Lebensrisiko, in einen Verkehrsunfall verwickelt oder Opfer eines Einbruchdiebstahls zu werden. Dies ändere jedoch nichts daran, dass berechtigterweise ausnahmslos vertreten werde, dass sowohl der Verursacher des Verkehrsunfalls als auch der Einbrecher auf Schadensersatz in Anspruch ­ genommen werden können.864 Dem stehe – so die Richter des AG HamburgAltona – auch nicht die Auffassung des BGH entgegen. Dieser habe zwar formuliert, mit unberechtigten Forderungen konfrontiert zu werden, gehöre zum allgemeinen Lebensrisiko.865 Jedoch habe der BGH dies ausdrücklich dahingehend eingeschränkt, dass es nur gelte, wenn nicht die Voraussetzungen einer speziellen Haftungsnorm vorliegen.866

862  Abl.

L 48 v. 23.02.2011, S. 2, Erwägungsgrund 3. Hamburg-Altona BeckRS 2007, 19922. 864  AG Hamburg-Altona BeckRS 2007, 19922. 865  BGH NJW 2007, 1458, 1459. 866  AG Hamburg-Altona Beck RS 2007, 19922. 863  AG



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage341

dd) Ergebnis Bei der Abgrenzung der Risikobereiche ist vom Normzweck des § 286 BGB auszugehen. Die Verzögerungshaftung dient der Sicherung und des Schutzes des Anspruches als Vermögenswert des Gläubigers vor bestimmten Erfüllungsrisiken.867 Bei Berücksichtigung der verschiedensten Gesichtspunkte wurde vorstehend gezeigt, dass das Risiko, zur Durchsetzung seiner begründeten Ansprüche gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen und hierzu hinsichtlich der Durchsetzungskosten in Vorlage treten zu müssen, zu einer Entwertung des Anspruches des Gläubigers führt. Mithin handelt es sich um ein typisches Verzögerungsrisiko, das dem säumigen Schuldner zuzuweisen ist. Mithin verwirklicht sich in dieser Hinsicht kein allgemeines Lebensrisiko. c) Unterliegensrisiko als allgemeines Lebensrisiko? Im Weiteren ist zu untersuchen, ob Aufwendungen, die dem Geschädigten als Gegenleistung für die Übernahme des im Falle des Unterliegens im Rechtsstreit um den verzögerten Anspruch bestehenden Kostenrisikos durch einen Dritten entstehen, vom Schutzzweck des § 286 i. V. m. § 280 Abs. 1, Abs. 2 BGB umfasst sind. Für die Beantwortung dieser Frage ist entscheidend, ob das Risiko des Geschädigten (Anspruchsinhabers), im Rechtsstreit um den verzögerten Anspruch zu unterliegen und deshalb die Kosten der Rechtsdurchsetzung tragen zu müssen, vom Verzug, als den die Haftung des Schädigers (Anspruchsgegners) auslösenden Umstand, unabhängig ist oder nicht. Diese Problematik war jüngst Gegenstand einer Auseinandersetzung von Wissenschaft und Rechtsprechung, und zwar wiederum im Zusammenhang mit der bereits vorgestellten Diskussion um die Erstattungsfähigkeit der anwaltlichen Kosten für die Einholung der Deckungszusage bei einer Rechtsschutzversicherung.868 In Literatur und Rechtsprechung werden hierzu verschiedene Ansichten vertreten. aa) Unterliegensrisiko ist nicht vom Schutzweck des § 286 BGB umfasst Nach einer in Literatur869 und Rechtsprechung870 vertretenen Auffassung steht der Schutzzweck des § 286 i.v.m. § 280 Abs. 1, Abs. 2 BGB der Be867  Haberzettl,

S. 20, 218. dazu 3. Teil, 2. Kapitel, A.V. 869  Grüneberg, in: Palandt, § 249 BGB Rdn. 58; Rensen, S.  182 ff.; Schöller, Anm. 3; Möhlenkamp, S. 191; Schmitt, S. 150; Hansens, S. 243. 870  OLG Celle AGS 2011, 152  ff.; LG Nürnberg-Fürth NZV 2012, 140; LG Saarbrücken Urteil vom 17.12.2010  – Az.: 13 S 129/10 AGS 2011, 150 f.; LG Itze868  Siehe

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

rücksichtigung der mit der Übernahme des Kostenrisikos im Falle des Unterliegens durch einen Dritten verbundenen Vermögensnachteile des Anspruchsinhabers entgegen. Dies folge bereits aus den §§ 91 ff. ZPO und dem diesen Bestimmungen zugrunde liegenden Veranlasserprinzip. Diese Regelungen ließen darauf schließen, dass der Gesetzgeber prinzipiell jedem Rechtssuchenden das mit einem Unterliegen verbundene Kostenrisiko unabhängig von einem Verschulden zumute.871 Vor allem fehle es jedoch am inneren Zusammenhang zwischen dem Vermögensnachteil, der dem Anspruchsinhaber infolge der Risikoübernahme durch einen Dritten entstehe, und der vom Anspruchsgegner durch die verzögerte Anspruchserfüllung geschaffenen Gefahrenlage.872 Dem Anspruchsinhaber gehe es darum, nicht auf eigenes Kostenrisiko prozessieren zu wollen.873 Ein Kostenrisiko bestehe jedoch nur dann – so wird argumentiert –, wenn die geltend gemachten Ansprüche nicht berechtigt sind. Seien die Ansprüche hingegen berechtigt, müsse der Anspruchsinhaber überhaupt kein Kostenrisiko tragen, da die ihm entstandenen Auslagen vom unterliegenden Anspruchsgegner erstattet werden.874 Im Ergebnis diene die Risikoübernahme durch einen Dritten also nicht der Geltendmachung berechtigter Ansprüche, sondern vor allem der risikolosen Geltendmachung unberechtigter Forderungen durch den Anspruchsinhaber.875 Der Anspruchsgegner müsse aber nicht das Risiko tragen, das sich daraus ergebe, dass der Anspruchsinhaber unberechtigte Forderungen gegen ihn erhebe876 und sich das Prozesskostenrisiko realisiere. Dieses Risiko sei vom konkreten Schadensereignis unabhängig877 und gehöre zum allgemeinen Lebensrisiko. Argumentiert wird zudem, dass eine solche Risikoübernahme allein im Eigeninteresse des Anspruchsinhabers liege und ausschließlich dessen eigener Vorsorge diene878 – jedoch nicht den Ausgleich des entstandenen Schadens fördere.879

hoe BeckRS 2011, 13908; LG Erfurt zfs 2010, 346; AG Lebach Beck RS 2010, 32176; AG Rastatt BeckRS 2010, 18793; LG Berlin DAR 2000, 361. 871  Rensen, S. 183. 872  AG Lebach, a. a. O. 873  OlG Celle, a.  a.  O.; LG Nürnberg-Fürth, a.  a.  O.; LG Berlin, a.  a.  O.; LG Nürnberg-Fürth, a. a. O.; LG Saarbrücken, a. a. O.; LG Itzehoe, a. a. O.; AG Lebach, a. a. O. 874  OLG Celle, a. a. O.; LG Itzehoe, a. a. O.; LG Nürnberg-Fürth, a. a. O.; LG Saar­ brücken, a. a. O. 875  LG Itzehoe, a. a. O. 876  LG Itzehoe, a. a. O. 877  Schmitt, S. 150. 878  AG Rastatt, a. a. O. 879  AG Lebach, a. a. O.



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage343

bb) Unterliegensrisiko ist vom Schutzweck des § 286 BGB umfasst Nach einer anderen in Literatur880 und Rechtsprechung881 vertretenen Auffassung sind die Vermögensnachteile, die dem Anspruchsinhaber infolge der Übernahme des Prozesskostenrisikos durch einen Dritten entstehen, vom Schutzzweck des § 286 i. V. m. § 280 Abs. 1, Abs. 2 BGB umfasst. Auch der BGH hat sich dieser Auffassung angeschlossen. Allerdings hat er seine Auffassung nicht weiter begründet, sondern lediglich darauf hingewiesen, dass nicht auf Schutzzweckerwägungen abgestellt werden könne, wenn sich der in Anspruch genommene Anspruchsgegner in Verzug befände und sich dann ein Erstattungsanspruch aus den §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB ergeben könne.882 Andere begründen ihre Auffassung damit, dass die Art und Entstehung derartiger Vermögensnachteile eng mit dem Regulierungsverhalten des Schädigers verbunden sei. Sobald der Schädiger mit der Erstattung des Schadensersatzes in Verzug sei, helfe häufig nur noch eine Klage, um den Anspruch durchsetzen zu können.883 Die Erfahrung – so Revilla – zeige jedoch, dass auch derjenige, der eigentlich berechtigte Ansprüche geltend mache, in der Rechtspraxis nicht immer Recht bekomme.884 Aus Sicht des Anspruchstellers sei es daher durchaus sinnvoll, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um den eigenen Schaden nicht noch zu vergrößern.885 cc) Stellungnahme Eine Abgrenzung der Risikobereiche ausgehend vom Schutzzweck des § 286 i. V. m. § 280 Abs. 1, Abs. 2 BGB zeigt, dass die Aufwendungen, die dem Geschädigten als Gegenleistung für die Übernahme des im Falle des Unterliegens im Rechtsstreit um den verzögerten Anspruch bestehenden Kostenrisikos durch einen Dritten entstehen, nicht dem allgemeinen Lebensrisiko des Anspruchsinhabers zuzuordnen, sondern vom Schutzzweck des § 286 i. V. m. § 280 Abs. 1, Abs. 2 BGB umfasst sind. 880  Revilla, Gliederungspunkt D.; Lensing, Mandat, S. 334; Krug, S. 126; Lensing, r+s 2012, S. 159 f.; Nugel, Anm. 2; Lensing, Deckungsanfrage, S. 690. 881  BGH NJW-Spezial 2012, 105; LG Würzburg Verkehrsrecht aktuell 2010, 5; LG Würzburg BeckRS 2011, 13278; AG Montabaur Urteil vom 26.01.2010 – Az.: 5 C 142/09, abrufbar unter juris; LG Berlin BeckRS 2011, 09391; LG Würzburg Verkehrsrecht aktuell 2011, 5; AG Schwandorf AnwBl. 2009, 239; AG Nürnberg ZFSch 2010, 523. 882  BGH NJW-Spezial 2012, 105. 883  Krug, S. 126. 884  Revilla, Gliederungspunkt D. 885  Lensing, Mandat, S. 334.

344

3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

(1) Entwertung des Anspruches aufgrund des Unterliegensrisikos Auf den „ersten Blick“ scheint gegen die Zuordnung eines solchen Risikos zum Schutzbereich des § 286 i. V. m. § 280 Abs. 1, Abs. 2 BGB tatsächlich zu sprechen, dass der Schädiger dann das Risiko dafür tragen müsste, dass der Geschädigte eine unberechtigte Forderung gegen ihn erhebt. Dies erscheint zunächst einmal wenig interessengerecht zu sein. ­ Allerdings ist zu bedenken, dass der Schädiger durch seine Entscheidung, den Anspruch trotz Mahnung nicht zu erfüllen, selbst eine Gefahrenlage für den Anspruchsinhaber geschaffen hat. Wende sich der Anspruchsinhaber nämlich – so Haberzettl – mit einer Mahnung an den Anspruchsgegner, stelle nunmehr auch die Nichtleistung des Schuldners eine Äußerung dar.886 Durch die Nichtleistung auf die Mahnung des Anspruchsinhabers hin, mache der Anspruchsgegner deutlich, dass er sich dem Leistungsverlangen des Anspruchsinhabers widersetzen werde.887 „Keine Antwort des Schuldners ist dann eben auch eine Antwort, und zwar eine negative.“888 Sobald der Anspruchsgegner in Verzug sei, helfe daher häufig nur noch die Beschreitung des Rechtswegs, um den Anspruch tatsächlich durchsetzen zu können.889 Dies führt dazu, dass der Anspruch mit dem Risiko seines Ausfalles behaftet ist. Dieses besteht, weil das Risiko, im Prozess zu unterliegen, mit jeder Rechtsdurchsetzung verbunden ist, und zwar vollkommen unabhängig davon, ob der Anspruch berechtigt ist oder nicht. Vielmehr sind mit der Erhebung einer Klage zwangsläufig – und unabhängig von der Berechtigung des geltend gemachten Anspruches – Gefahren für den Anspruchsinhaber verbunden890: (a) Fehler des Rechtsanwalts So kann das Unterliegen des Anspruchsinhabers unabhängig von der Berechtigung des Anspruches durch eine unsachgemäße Vertretung des Rechtsanwalts begründet sein. Es besteht die Verpflichtung des Rechtsanwalts zu versuchen, das Gericht von der Richtigkeit der rechtlichen Auffassung seines Mandanten zu überzeugen. Dazu muss er alles vorbringen, was die Entscheidung des Richters im Sinne des Mandanten positiv beeinflussen kann.891 Der 886  Haberzettl,

S. 104. S. 104. 888  Haberzettl, S. 104. 889  Krug, S. 125. 890  So auch Dimde, S.  103 ff. 891  BGH NJW 1974, 1865, 1866; BGH VersR 2009, 1497, 1498; BGH NJW 1996, 2648, 2650; Zugehör, S. 3226. 887  Haberzettl,



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage345

BGH führt dazu in seiner Entscheidung vom 18. Dezember 2008892 Folgendes aus: „Nach gefestigter Rechtsprechung des BGH ist der mit der Prozessführung betraute Rechtsanwalt seinem Mandanten gegenüber verpflichtet, dafür einzutreten, dass die zugunsten des Mandanten sprechenden tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte so umfassend wie möglich ermittelt und bei der Entscheidung des Gerichts berücksichtigt werden […]. Zwar weist die ZPO die Entscheidung und damit die rechtliche Beurteilung des Streitfalls dem Gericht zu; dieses trägt für sein Urteil die volle Verantwortung. Es widerspräche jedoch der rechtlichen und tatsächlichen Stellung des Prozessbevollmächtigten in den Tatsacheninstanzen, würde man ihre Aufgabe allein in der Beibringung des Tatsachenmaterials sehen. Der Möglichkeit, auf die rechtliche Beurteilung des Gerichts Einfluss zu nehmen, entspricht im Verhältnis zum Mandanten die Pflicht, diese Möglichkeit zu nutzen […]. Mit Rücksicht auf das auch bei Richtern nur unvollkommene menschliche Erkenntnisvermögen und die niemals auszuschließende Möglichkeit eines Irrtums ist es Pflicht des Rechtsanwalts, nach Kräften dem Aufkommen von Irrtümern und Versehen des Gerichts entgegenzuwirken …]. Dies entspricht auch dem Selbstverständnis der Anwaltschaft (§ 1 Abs. 3 BORA).“

Die Vielzahl von Urteilen zu Vermögensschäden, die einer Prozesspartei durch eine unsachgemäße Vertretung des Rechtsanwalts entstanden sind,893 sind ein Beleg dafür, dass nicht nur die Berechtigung eines Anspruches, sondern auch die Qualität der anwaltlichen Tätigkeit Einfluss auf die Entscheidung des Gerichts hat. (b) Fehler des Gerichts Die Abweisung eines berechtigten Anspruches kann auch Folge eines Gerichtsfehlers sein. Wie bereits ausgeführt, können auch dem Richter Fehler aller Art unterlaufen. Zudem ist auch die Möglichkeit eines richterlichen Irrtums nicht auszuschließen.894 Eine Vielzahl von Urteilen belegt die immer bestehende Gefahr gerichtlicher Fehler. Hinzu kommen dann nicht selten noch Fehler des Rechtsanwalts des Mandanten. Eventuell hat dieser den gerichtlichen Fehler nicht erkannt bzw. ist nicht gegen diesen vorgegangen.895 Dem Artikel von Zugehör896 sind als Beleg hierfür die folgenden Beispielfälle entnommen worden, bei denen gerichtliche Fehler gemeinsam mit einem anwaltlichen Fehler aufgetreten sind: 892  BGH

VersR 2009, 1497. BGH NJW 1987, 3255 f.; siehe zudem den Überblick bei Adam, Kausalität, S. 809; Zugehör, S.  3225 ff. 894  Siehe dazu den vorherigen Abschnitt (c). 895  Siehe zum Beispiel BGH NJW 1988, 3013, 3016; 1996, 48, 50; 1996, 2648, 2650; 1998, 2048, 2050. 896  S. 3228. 893  Siehe

346

3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

„(1) Nach einem fehlerhaften Beweisbeschluss eines Gerichts hatte die falsche Partei – die Klägerin – einen Vorschuss zur Einholung eines Sachverständigengutachtens einzuzahlen; der anwaltliche Prozessbevollmächtigte der Klägerin hatte keine Berechtigung des von ihm erkannten Fehlers zu Gunsten seiner Auftraggeberin veranlasst.897 (2) […] (3) Ein Rechtsanwalt hatte einen Schadensersatzanspruch gegen einen anderen Rechtsanwalt zu Gunsten seiner Mandantin pfänden und zur Einziehung überweisen lassen, diesen Anspruch aber nicht in der Primärverjährungsfrist (§ 51 BRAO a. F. = § 51 b BRAO) eingeklagt. In einem Rechtsstreit gegen die Mandantin hatte das Gericht zu Unrecht deren Schadensersatzpflicht aus § 842 ZPO angenommen, weil der gepfändete Anspruch verjährt sei; tatsächlich war die Verjährung des gepfändeten Anspruches aber während einer Sekundärverjährungsfrist rechtzeitig unterbrochen worden.898 (4) Ein Rechtsanwalt, der einen langjährigen Leasingvertrag seines Mandanten beenden sollte, hatte die Anfechtung des Vertrages und den Vertragsrücktritt, nicht aber eine Kündigung des Vertrages erklärt. Im Rechtsstreit der Leasinggeberin gegen den Mandanten hatte das Gericht die Anfechtung und den Rücktritt für unwirksam gehalten, diese Erklärungen aber nicht als ordentliche Kündigung des Vertrages ausgelegt.899 (5) Ein Rechtsanwalt hatte an Stelle einer Abänderungsklage gem. § 323 ZPO eine Klage auf Zahlung von Unterhalt gegen den geschiedenen Ehemann seiner Auftraggeberin erhoben; das Gericht hatte Leistungsklage nicht in eine Abänderungsklage umgedeutet.“900

(c) Schwierigkeiten bei der Beweisführung Das Unterliegen des Anspruchstellers im Prozess trotz eines eigentlich berechtigten Anspruches kann auch durch Schwierigkeiten bei der Beweisführung begründet sein. Nach der allgemeinen Grundregel der Verteilung der Beweislast trägt der Anspruchsinhaber die Beweislast für die rechtsbegründenden Tatbestandsmerkmale und der Anspruchsgegner für die rechtshindernden, rechtsvernichtenden und rechtshemmenden Merkmale.901 So muss beispielsweise der Kläger, der einen Anspruch auf Zahlung eines Kaufpreises 897  BGH

NJW 1988, 3013, 3016. NJW 1996, 48, 50. 899  BGH NJW 1996, 2648, 2650. 900  BGH NJW 1998, 2048, 2050. 901  Prütting, in: Müko/ZPO, § 286 ZPO Rdn.  110 f., Prütting führt noch ergänzend aus, dass diese Grundregel im ersten Entwurf des BGB von 1888 sogar enthalten war, aber gestrichen wurde, weil der Gesetzgeber diese für selbstverständlich hielt. Siehe zur Beweislast die Ausführungen und Nachweise in 3. Teil, 2. Kapitel, G.I. dieser Abhandlung. 898  BGH



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage347

geltend macht, die Tatsachen des § 433 Abs. 1 BGB beweisen, etwa den Abschluss des Kaufvertrages. Dazu muss die beweisbelastete Partei konkrete Beweismittel für ihre Behauptungen benennen oder Beweisanträge stellen.902 Die Beweisführung des Anspruchsinhabers kann aus mehreren Gründen scheitern. So ist es denkbar, dass der Anspruchsinhaber die notwendigen Beweismittel nicht vorlegen kann, obwohl ihm die Beweislast903 obliegt. Denkbar ist weiterhin, dass der Anspruchsinhaber die Beweismittel gem. §§ 282, 296 ZPO verspätet vorlegt. Angriffs- und Verteidigungsmittel, die verspätet vorgebracht wurden, können unter bestimmten Umständen vom Gericht zurückgewiesen werden904 und dürfen dann nicht bei der gerichtlichen Entscheidung berücksichtigt werden. Dies kann zu einer Abweisung der Klage führen. Außerdem ist der Grundsatz der freien Beweiswürdigung gem. § 286 ZPO zu berücksichtigen. Gemäß § 286 Abs. 1 ZPO hat das Gericht „unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei“. Es besteht daher die Gefahr, dass es dem Anspruchsinhaber nicht gelingt, den Richter von der Wahrheit einer tatsächlichen Behauptung zu überzeugen. Dies ist durchaus vorstellbar, denn der Beweis ist – worauf Prütting richtigerweise hinweist – immer ein subjektives Kriterium und die 902  Prütting,

in: Müko/ZPO, § 286 ZPO Rdn.  110 f. ist zwischen der subjektiven und der objektiven Beweislast zu unterscheiden. Die subjektive Beweislast ist die den Parteien obliegende Last, „durch eigenes Tätigwerden den Beweis der streitigen Tatsache zu führen, um den Prozessverlust zu vermeiden“, Prütting, in: Müko/ZPO, § 286 ZPO Rdn.  98. Demgegenüber gibt die objektive Beweislast „dem Richter Antwort auf die Frage, zu wessen Nachteil im Falle eines non liquet die Entscheidung zu fallen ist.“ Prütting, in: Müko/ZPO, § 286 ZPO Rdn. 100. Ein non liquet liegt vor, wenn der Richter trotz aller Beweismittel bis zum Abschluss des Prozesses nicht zu einer gesicherten Überzeugung bezüglich der Tatsachenbehauptung kommt – so Prütting, in: Müko/ZPO, § 286 ZPO Rdn. 93. 904  Wortlaut des § 296 ZPO: (1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die erst nach Ablauf einer hierfür gesetzten Frist (§ 273 Abs. 2 Nr. 1 und, soweit die Fristsetzung gegenüber einer Partei ergeht, 5, § 275 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, 4, § 276 Abs. 1 S. 2, Abs. 3, § 277) vorgebracht werden, sind nur zuzulassen, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt. (2) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die entgegen § 282 Abs. 1 nicht rechtzeitig vorgebracht oder entgegen § 282 Abs. 2 nicht rechtzeitig mitgeteilt werden, können zurückgewiesen werden, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und die Verspätung auf grober Nachlässigkeit beruht. (3) Verspätete Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen und auf die der Beklagte verzichten kann, sind nur zuzulassen, wenn der Beklagte die Verspätung genügend entschuldigt. (4) In den Fällen der Absätze 1 und 3 ist der Entschuldigungsgrund auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen. 903  Es

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

Wahrheit im Verfahren eine „prozessordnungsgemäß gewonnene Wahr­ heit“905. Der Richter wird daher zwar immer danach streben, der objektiven Wahrheit möglichst nahe zu kommen, dieses Ziel jedoch nicht immer erreichen können.906 Genau darin besteht jedoch eine Gefahrenlage für den Anspruchsinhaber, in die er sich bei einer ordnungsgemäßen Erfüllung des Anspruches durch den Anspruchsgegner nicht hätte begeben müssen. (d) Mangelnde Bonität des Anspruchsgegners Die Nichtleistung trotz Mahnung bringt für den Anspruchsinhaber noch ein weiteres Risiko mit sich. Zwischen der Entscheidung des Anspruchsgegners, den Anspruch trotz Mahnung nicht zu erfüllen, und der Erlangung eines vollstreckbaren Titels durch den Anspruchsinhaber kann ein langer Zeitraum liegen. In dieser Zeit kann sich die Vermögenslage des Anspruches verschlechtern, und zwar sogar soweit, dass ein Insolvenzverfahren über dessen Vermögen eröffnet werden muss. Der Anspruchsinhaber läuft also nicht nur Gefahr, seinen Anspruch aufgrund der eventuell mangelnden Bonität des Anspruchsgegners nicht durchsetzen zu können, sondern ihn trifft sogar – worauf bereits hingewiesen wurde – eine eigene sekundäre Kostenlast für die Gerichtskosten. (e) Ergebnis An anderer Stelle wurde bereits genauer ausgeführt, dass die Verzögerungshaftung der Sicherung sowie dem Schutz des Anspruches als Vermögenswert des Gläubigers vor bestimmten Erfüllungsrisiken dient.907 Dieses Ziel rechtfertigt es, bestimmte Verzögerungsrisiken dem säumigen Schuldner zuzuweisen. Dies gilt insbesondere für die Risiken der Entwertung und des Ausfalls der Forderung. Die Entscheidung des Anspruchsgegners, einen berechtigten Anspruch trotz Mahnung nicht zu erfüllen, bringt für den Anspruchsinhaber die Gefahr des – auch teilweisen – Unterliegens im Prozess mit sich. Die Gefahr des Unterliegens im Prozess besteht nicht nur, wenn der Anspruch unberechtigt ist, sondern auch bei einer eigentlich berechtigten Forderung. So kann das Unterliegen im Prozess verschiedene Ursachen haben. Beispielsweise können Fehler des Gerichts, des Anwalts sowie Probleme bei der Beweisführung zur Klageabweisung führen. Sogar bei einer erfolgreichen gerichtlichen Rechtsdurchsetzung besteht noch immer ein Ausfallrisiko, denn die Forderung könnte aufgrund einer möglichen Insol905  Prütting,

in: Müko/ZPO, § 284 ZPO Rdn.  8. in: Müko/ZPO, § 284 ZPO Rdn.  8. 907  3. Teil, 2. Kapitel, C.IV.2.b). 906  Prütting,



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage349

venz des Anspruchsgegners nicht durchsetzbar sein. Diese Risiken mindern den Wert des Anspruches für den Anspruchsinhaber. Diese Wertminderung würde sich etwa bei einer Veräußerung des Anspruches realisieren. Dies alles führt zu einer Entwertung bzw. des Ausfalls des Anspruches des Gläubigers. Mithin handelt es sich bei dem Unterliegensrisiko um ein typisches Verzögerungsrisiko. Wendehorst fasst dies wie folgt zusammen: „Indem der Schädiger die ihm obliegende Kooperation verweigert, wälzt er jedoch zugleich das Risiko der Beweisbarkeit der Anspruchsvoraussetzungen sowie die sonstigen mit der Rechtsverfolgung verbundenen Risiken in vollem Umfang auf den Geschädigten ab. Während ein kooperationsbereiter Schädiger gleichsam spiegelbildlich einen Teil des Beweisrisikos sowie des Risikos einer Fehleinschätzung der Sach- und Rechtslage selbst trägt, hat ein nicht kooperationsbereiter Schädiger sogar gute Aussichten, der Inanspruchnahme ganz zu entgehen: Der Geschädigte hat schließlich stets die Kosten der Rechtsverfolgung mit dem bestenfalls erreichbaren Ergebnis abzuwägen und läuft in jedem Stadium des Verfahrens Gefahr, seine Rechte doch nicht durchsetzen zu können.“908

(2) Vermögensgefährdung Die vorbezeichneten mit der Rechtsdurchsetzung verbundenen Risiken führen zu einer Vermögensgefährdung. Eine solche Vermögensgefährdung kann bereits einen Schaden darstellen. Dies hat der BGH im Zusammenhang mit der Erstattungsfähigkeit von Unfallersatztarifen ausdrücklich an­ erkannt, wenn er ausführt, „dass ein Risiko, das der Geschädigte auf sich nehmen muss, für die Schadensbehebung notwendige Aufwendungen begründen kann, ist im Grundsatz anzuerkennen, weil auch eine starke Vermögensgefährdung bereits einen Schaden darstellen kann“.909 (3) Eigeninteresse des Geschädigten als ungeeignetes Abgrenzungskriterium Natürlich – und insoweit ist den Vertretern der ablehnenden Auffassung zuzustimmen – schließt ein Anspruchsinhaber eine Rechtsschutzversicherung oder auch einen Prozessfinanzierungsvertrag ab, weil er das Risiko der Rechtsdurchsetzung – gleich aus welchen Gründen – nicht selbst tragen kann oder will. Richtig ist auch, dass die Übernahme des Prozesskosten­ risikos durch eine Rechtsschutzversicherung oder auch ein Prozessfinan­ zierungsunternehmen im Interesse des Geschädigten liegt. Aber allein aus dieser Tatsache lassen sich keine überzeugenden Argumente für die Beant908  Wendehorst, 909  BGHZ

S. 159. 61, 325, 329; siehe auch Himmelreich, NJW 1973, 673, 675 ff.

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

wortung der Frage gewinnen, ob das Risiko des Geschädigten, im Rechtsstreit um den verzögerten Anspruch zu unterliegen und deshalb die Kosten der Rechtsdurchsetzung tragen zu müssen, vom Schutzzweck des Verzuges umfasst ist oder nicht. Auch die Einschaltung eines Rechtsanwalts, eines Gutachters oder eines Detektivs in den Prozess der Rechtsdurchsetzung erfolgen allein im Interesse der auftraggebenden Partei, ohne dass grundsätzliche Zweifel daran bestehen, dass die hierdurch entstehenden Kosten vom Schutzzweck des Verzugs gem. § 286 BGB umfasst sind. (4) S  chutz des Anspruchsgegners vor unterschiedlichen Rechtsansichten Die Zuordnung des Unterliegensrisikos bzw. des Prozessrisikos zum Bereich des allgemeinen Lebensrisikos wird damit begründet, dass der Anspruchsgegner nicht mit den Folgen divergierender Rechtsansichten belastet werden könne.910 Dieses Argument ist durchaus nachvollziehbar. Allerdings wird ein Schutz des Anspruchsgegners nach hier vertretener Auffassung bereits dadurch erreicht, dass das Bestehen berechtigter rechtlicher Zweifel bezüglich des Anspruchs bereits im Tatbestand des § 286 i. V. m. § 280 Abs. 1, Abs. 2 BGB Berücksichtigung findet. So sind die rechtlichen Zweifel unter bestimmten Voraussetzungen als nicht zu vertretender Umstand im Sinne des § 286 Abs. 4 BGB einzuordnen.911 Ist dies der Fall, sind bereits die Anspruchsvoraussetzungen des Verzugs nicht erfüllt. Hierdurch wird gewährleistet, dass der Geschädigte nicht mit den Folgen divergierender Rechtsansichten belastet wird. (5) Unterliegensprinzip als allgemeiner Rechtsgrundsatz? Des Weiteren ist zu untersuchen, ob sich aus unserer Rechtsordnung tatsächlich ein allgemeines Rechtsprinzip ableiten lässt, nach dem jedem Rechtssuchenden das mit einem prozessualen Unterliegen verbundene Kostenrisiko unabhängig von einem Verschulden zugewiesen wird und die §§ 91 ff. ZPO lediglich eine gesetzlich fixierte Ausnahme zu diesem Grundsatz darstellen. (a) §§ 91 ff. ZPO Teilweise wird den Bestimmungen der §§ 91 ff. ZPO der Grundsatz entnommen, dass der Gesetzgeber jedem Rechtssuchenden das mit einem 910  OLG

Nürnberg BeckRS 1998, 31336861. 2. Kapitel, B.V.

911  3. Teil,



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage351

prozessualen Unterliegen verbundene Kostenrisiko unabhängig von einem Verschulden zumute.912 Dafür sprächen zum einen das diesen Bestimmungen zugrunde liegende Veranlasserprinzip913 und zum anderen die Regelungen der §§ 122, 123 ZPO, nach denen auch bedürftigen Parteien das Kostenrisiko im Falle der Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht abgenommen werde.914 Die Vertreter dieser Auffassung sehen die Regelungen der §§ 91 ff. ZPO als Ausdruck einer bewussten Risikoverteilung durch den Gesetzgeber an. Dieser gehe grundsätzlich davon aus, dass die Rechtsverfolgungskosten dem allgemeinen Risiko des Lebens zuzurechnen seien. Dass der Gesetzgeber die Erstattungsfähigkeit einzelner Kosten – nämlich der „notwendigen Kosten des Rechtsstreits“ – vorsehe, sei lediglich als Ausgleich dafür zu verstehen, dass der Staat die Rechtsdurchsetzung im Wege der Selbsthilfe verboten und stattdessen das Gerichtsverfahren zur Verfügung gestellt habe. Soweit über die notwendigen Kosten des Rechtsstreits hinausgehende Nachteile entstünden, gehörten diese zum allgemeinen Lebensrisiko des Einzelnen.915 Würde man dieser Auffassung folgen, wäre das Unterliegensprinzip tatsächlich Ausdruck einer bewussten Risikoverteilung durch den Gesetzgeber. Allerdings geht – wie bereits dargestellt – aus den Materialien zur Zivilprozessordnung hervor, dass § 91 ZPO (damals § 85 CPO) gerade nicht Ausdruck einer bestimmten Risikoverteilung durch den Gesetzgeber ist. Vielmehr ist bereits der historische Gesetzgeber ausdrücklich davon ausgegangen, dass die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen neben dem Prozesskostenrecht möglich sein soll.916 Dies entspricht auch heute noch herrschender Auffassung.917 So vertritt der BGH in ständiger Rechtsprechung die Ansicht, dass der prozessuale Kostenerstattungsanspruch nicht abschließend sei, sondern daneben auch materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche angewendet werden könnten. Je nach Sachlage könne der materiell-rechtliche Kostenerstattungsanspruch dem Anspruch aus § 91 ZPO sogar entgegengerichtet sein. Dies kann der Fall sein, wenn zusätzliche Umstände hinzukommen, die bei der prozessualen Kostenentscheidung nicht berücksichtigt werden konnten.918 Dies wird jedoch – so Becker-Eberhard – Aachen BeckRS 2010, 28938; Rensen, S. 183. Aachen BeckRS 2010, 28938. 914  Rensen, S. 183. 915  Auf dieses Argument weist Pühmeyer, S. 76 ff. hin. 916  Siehe 1. Teil, 3. Kapitel, D. 917  BGHZ 45, 256, 257; 111, 168, 178; Hüßtege, in: Thomas/Putzo, Vorbem. § 91 ZPO Rdn. 14; BLAH, Übers. § 91 ZPO Rdn. 43 ff.; Hösl, S.  13 ff.; BeckerEberhard, S.  139 ff.; ders., JZ, S. 814 ff.; Schnitzer, S.  27 ff.; Schneider, 353 ff.; Haller, S. 342. 918  BGH NJW 1966, 1513, 1515; 1990, 2060, 2062. 912  LG 913  LG

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

regelmäßig der Fall sein.919 Dem Unterliegensprinzip kommt daher keine über die §§ 91 ff. ZPO hinausgehende Geltung zu. Dafür spricht letztlich auch, dass das dem prozessualen Kostenerstattungsrecht zugrunde liegende Unterliegensprinzip – wie bereits ausführlich dargestellt wurde920 – inhaltlich nicht befriedigend ist. Das prozessuale Kostenerstattungsverfahren dient allein der Prozessökonomie. Der obsiegenden Partei soll eine einfache und vor allem kostenlose Möglichkeit eingeräumt werden, gegen die unterlegene Partei einen vollstreckungsfähigen Titel bezüglich der Prozesskosten erlangen zu können.921 Die Voraussetzungen des Kostenerstattungsanspruches sind daher nur wenig differenziert. Dies gehe jedoch zu Lasten der materiellen Gerechtigkeit.922 An dieser Stelle kann das materielle Recht eingreifen und für materielle Gerechtigkeit und eine endgültige Befriedigung unter den Beteiligten sorgen. (b) Bundesverfassungsgericht Dass unserer Rechtsordnung kein allgemeines Rechtsprinzip entnommen werden kann, nach dem jeder Rechtssuchende das mit einem Unterliegen verbundene Kostenrisiko unabhängig von seinem Verschulden zu tragen hat, wird auch durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bestätigt.923 Zwar sei es jedenfalls in kontradiktorisch ausgestalteten Verfahren, in denen eine Partei eine Verletzung in ihren Rechten durch die Gegenpartei geltend macht, naheliegend, dass die unterlegene Partei die Verfahrenskosten trage.924 Ein allgemein gültiges Prinzip der Kostenerstattung zugunsten des Obsiegenden habe der Gesetzgeber jedoch nicht festgeschrieben. Hierzu sei er auch aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht verpflichtet.925 (c) § 3 a Abs. 1 RVG Auch § 3 a Abs. 1 RVG ist der Hinweis zu entnehmen, dass die Regelungen der §§ 91 ff. ZPO vom Gesetzgeber nicht als abschließend angesehen werden. Gem. § 3 a Abs. 1 RVG muss eine zwischen Rechtsanwalt und Mandant getroffene Vergütungsvereinbarung – also auch eine Erfolgshono919  Becker-Eberhard, JZ, S. 817; siehe dazu auch Becker-Eberhard, S. 152, 183; Loritz, S.  119 f. 920  3. Teil, 1. Kapitel, B.III.2.c)aa)(3). 921  3. Teil, 1. Kapitel, B.III.2.c)aa). 922  Becker-Eberhard, S. 167. 923  BVerfG NJW 1987, 2569, 2570. 924  BVerfG NJW 1987, 2569, 2570; 1967, 2151, 2152. 925  BVerfG NJW 1987, 2569, 2570.



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage353

rarvereinbarung – einen Hinweis darauf enthalten, „dass die gegnerische Partei, ein Verfahrensbeteiligter oder die Staatskasse im Falle der Kosten­ erstattung regelmäßig nicht mehr als die gesetzliche Vergütung erstatten muss“. Aus der Formulierung „regelmäßig“ kann man schließen, dass der Gesetzgeber Ausnahmen von dieser Regel für denkbar hält – also auch die Erstattung von Erfolgshonoraren nicht von vornherein für ausgeschlossen ansieht.926 Diese Einschränkung ist gerade dahingehend zu verstehen, dass die geltenden Grundsätze zum materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch nicht berührt sein sollen.927 Auch aus dieser Vorschrift lässt sich also schließen, dass es kein generelles Rechtsprinzip gibt, nach dem jeder Rechtssuchende das Unterliegensrisiko selbst tragen muss. (d) Ergebnis Unserer Rechtsordnung ist kein allgemeines Rechtsprinzip zu entnehmen, nach dem jedem Rechtssuchenden das mit einem Unterliegen verbundene Kostenrisiko grundsätzlich zugewiesen wird. (6) Fehlerhaftes Verständnis des Begriff des allgemeinen Lebensrisikos Gegen eine Erstattungsfähigkeit der Kosten des Anspruchsinhabers für eine Übernahme des Prozesskostenrisikos durch einen Dritten scheint zunächst einmal zu sprechen, dass viele Gerichte das Risiko des Unterliegens im Prozess und die Belastung mit Prozesskosten unter den Begriff des allgemeinen Lebensrisikos subsumieren. Das Prozessrisiko wird sehr häufig als allgemeines Lebensrisiko angesehen und entsprechende Schadensersatzansprüche werden demensprechend abgelehnt. So wird etwa die Auffassung vertreten, dass Prozessrisiko gehöre nicht in den Schutzbereich des Anwaltsvertrages,928 weil der Rechtsanwalt davor geschützt werden müsse, dass unterschiedliche Rechtsansichten zu seinen Lasten ausgetragen werden.929 In einem anderen Urteil wird ausgeführt, dass es zum allgemeinen Lebensrisiko gehöre, von einer armen Partei in einen Rechtsstreit hineingezogen zu werden und im Falle eines Obsiegens einen Kostenerstattungsanspruch nicht durchsetzen zu können.930 In 926  So auch der Deutsche Richterbund in einer Stellungnahme zum Gesetzesentwurf zur Neuregelung des Verbots der Vereinbarung von Erfolgshonoraren – siehe dazu www.drb.de/cms/index.php?id=464 – letzter Abruf am 14. Juli 2016. 927  Schlosser, S. 2379. 928  OLG Nürnberg, BRAK-Mitt. 1998, 268; OLG Hamm Urteil vom 04.11.1999 – Az.: 28 U 147/99, abrufbar unter www.juris.de. 929  Adams, Kausalität, S. 809. 930  Brandenburgisches Oberlandesgericht, Rpfleger 2006, 440 f.

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

einer anderen Entscheidung argumentiert das OLG Celle, dass die Belastung mit Verfahrenskosten sich als allgemeines Lebensrisiko darstelle.931 In diesem Zusammenhang kann auch auf die häufige Argumentation zur Ablehnung der Erstattungsfähigkeit von Kosten zur Abwendung unberechtigter Ansprüche hingewiesen werden. Danach gehöre es zum allgemeinen Lebensrisiko, dass derjenige, der sich im Rechtsverkehr betätige, sich damit konfrontiert sehen könnte, dass Ansprüche gegen ihn geltend gemacht würden, die auch unbegründet sein könnten.932 Grundstein für diesen Umgang mit Prozessrisiken ist die Auffassung, dass jeder Bürger der Gefahr ausgesetzt sei – so Pühmeyer –, gegenüber Dritten eigene Rechte geltend zu machen oder sich gegen einen Angriff in seine Rechtssphäre wehren zu müssen.933 Die mit der Rechtsverfolgung verbundenen Aufwendungen gehörten daher grundsätzlich dem allgemeinen Risiko des Lebens an, für das jeder selbst verantwortlich sei.934 Dieser Auffassung liegt wiederum ein fehlerhaftes Verständnis des Begriffs des allgemeinen Lebensrisikos zugrunde. Es wird nicht von der Zuordnung zu verschiedenen Verantwortungssphären ausgegangen, sondern der Begriff des allgemeinen Lebensrisikos wird dahingehend verstanden, dass hierunter „eine Rechtsgüterbeeinträchtigung, die nahe liegt, die quasi ‘immer mal möglich ist‘ “,935 fällt. Es wurde bereits dargestellt, dass eine derartige Auslegung des Begriffs des allgemeinen Lebensrisikos nicht richtig ist. Auf die entsprechenden Ausführungen wird verwiesen.936 (7) Bedeutung von Prozessschäden Zuletzt soll noch auf Pühmeyer hingewiesen werden. Dieser verweist zum einen auf die „gravierende Bedeutung von Prozessschäden“937 für den einzelnen Bürger und zum anderen darauf, dass der Schädiger die zum Schadensersatz verpflichtende Handlung oftmals bereits im vorprozessualen Stadium begangen haben wird. Dieser Bereich unterliege jedoch gerade den Vorschriften des bürgerlichen Rechts, also dem BGB. Dies spreche gegen eine generelle Qualifizierung des Prozessrisikos als allgemeines Lebensrisiko.938

931  OLG Celle Urteil vom 20.06.2007– Az.: 9 U 125/06, abrufbar unter www. juris.de. 932  Siehe dazu auch Pühmeyer, S. 77. 933  Pühmeyer, S. 77. 934  AG Hamburg-Altona BeckRS 2007, 19922. 935  AG Hamburg-Altona BeckRS 2007, 19922. 936  3. Teil, 2. Kapitel, C.IV.3.b)cc)(5). 937  Pühmeyer, S.  82 f. 938  Pühmeyer, S.  82 f.



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage355

(8) Ergebnis Bei Berücksichtigung der verschiedensten Gesichtspunkte ist im Ergebnis feststellbar, dass zwischen dem Unterliegensrisikos und der durch die Nichtleistung trotz Mahnung durch den Schädiger geschaffenen Gefahrenlage ein innerer Zusammenhang besteht. Der Bereich des allgemeinen Lebensrisikos ist nicht berührt. Die Kosten zur Inanspruchnahme von Dienstleistungen zur Übernahme dieses Unterliegensrisikos durch einen Dritten sind daher vom Schutzzweck des § 286 BGB umfasst. d) Fazit Im Ergebnis ist festzustellen, dass sowohl das Risiko, in einen Prozess verwickelt zu werden und für die Prozesskosten aufkommen zu müssen, als auch das Risiko, im Prozess zu unterliegen, nicht dem Bereich des allgemeinen Lebensrisikos zuzuordnen ist. Ist ein Anspruchsgegner mit der Geltendmachung eines Anspruches auf Ersatz des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars konfrontiert, kann er also nicht einwenden, dass die von dem Prozessfinanzierungsunternehmen übernommenen Risiken zum Risikobereich des Anspruchsinhabers gehören und daher eine Schadensersatzpflicht nicht besteht. 4. Entscheidungsfreiheit des Anspruchsinhabers Auch bei der Frage, ob das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar vom Schutzzweck der Norm umfasst ist, stößt man auf das bereits angesprochene Problem, dass der Abschluss des Prozessfinanzierungsvertrages auf einer eigenen Willensentscheidung des Geschädigten beruht. Es ist zu prüfen, wie sich dieser Umstand auf die Zurechenbarkeit des durch die Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens entstandenen Schadens auswirkt. Es wurde bereits ausgeführt, dass es sich bei den Kosten der Prozessfinanzierung um Aufwendungsschäden handelt. Diese unterscheiden sich gegenüber anderen Schadensersatzansprüchen dadurch, dass die Entstehung eines solchen Schadens immer durch einen eigenen Willensentschluss des Geschädigten vermittelt wird.939 Bei den Aufwendungen des Geschädigten zur Schadensbeseitigung, deren Unterfall die Rechtsverfolgungskosten darstellen, kommt hinzu, dass deren Entstehung – und damit die weitere Schadensentwicklung nach Eintritt des schädigenden Ereignisses – vor allem durch den Geschädigten beeinflusst wird. Der Schädiger hat hierauf hingegen keinen 939  Siehe

dazu Wagner, Christian, S. 3244.

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

Einfluss mehr.940 So trifft z. B. allein der Anspruchsinhaber die Entscheidung, ein Prozessfinanzierungsunternehmen einzuschalten oder auch nicht. Bei Aufwendungsschäden ist daher immer fraglich, ob sie vom Schutzzweck einer Norm – hier des § 286 BGB – umfasst sind. Dazu muss – wie bereits ausgeführt – ein inhaltlicher Zusammenhang zwischen der schuldhaften Leistungsverzögerung des Anspruchsgegners, der dadurch herbeigeführten Gefahrenlage und dem eingetretenen Erfolg – nämlich dem Abschluss des Prozessfinanzierungsvertrages durch den Anspruchsinhaber – bestehen.941 Nach dem in unserer Rechtsordnung verankerten Eigenverantwortlichkeitsprinzip fallen die aus einer frei verantwortlichen Selbstschädigung resultierenden Folgen prinzipiell in den alleinigen Verantwortungsbereich des Geschädigten.942 Der Schädiger hingegen ist grundsätzlich für „das Tun einer anderen Person und deren Auswirkungen nicht verantwortlich“943. Das Eigenverantwortlichkeitsprinzip basiert zum einen auf dem Gedanken, dass der Einzelne prinzipiell nur für beherrschbare Kausalabläufe haftet. Das Verhalten einer anderen Person ist jedoch nur selten beherrschbar.944 Zum anderen ist das Eigenverantwortungsprinzip Grundlage der §§ 830, 831, 832 und 840 BGB, wonach eine Haftung für fremdes Handeln nur in Ausnahmefällen anzunehmen ist und ansonsten ausscheidet.945 Auch die Entscheidung des Anspruchsinhabers, ein Prozessfinanzierungsunternehmen einzuschalten, beruht zunächst auf dessen freier Entscheidung, „einen anderen mit der Wahrung der eigenen Interessen zu beauftragen“.946 Allerdings werden von diesem Grundsatz für bestimmte Fallgruppen Ausnahmen zugelassen. Diese werden oftmals unter dem Begriff „Herausforderungsfälle“ zusammengefasst.947 Diese Fallgruppen weisen die Gemeinsamkeit auf, dass die Verkehrsauffassung aus bestimmten Gründen ausnahms940  Looschelders,

Mitverantwortlichkeit, S. 485. dazu die Ausführungen zum Schutzzweck der Norm im 3. Teil, 2. Kapitel, C.IV.1. dieser Abhandlung. 942  Looschelders, Mitverantwortlichkeit, S. 434; Niebaum, S. 1673; Haberhausen, S. 1309. 943  Niebaum, 1673. 944  Niebaum, S. 1673; Roth-Stielow, S.  180 ff.; Martens, 742  f.; a.  A. Hübner, S. 69. 945  Niebaum, S. 1673. So auch Keuk, S.  183 ff. 946  Wendehorst, S. 111, im Allgemeinen. 947  Als „Herausforderungsfälle“ werden Sachverhalte bezeichnet, bei denen die Entstehung des Schadens durch einen eigenen Willensentschluss des Geschädigten vermittelt wird, der durch das haftungsbegründende Verhalten des Schädigers hervorgerufen wurde. Beispielhaft sei auf die Haftung des flüchtenden Rechtsbrechers für Körperschäden seines Verfolgers (sog. Verfolgungsfälle) hingewiesen – so Looschelders, Mitverantwortlichkeit, S. 432 f. Siehe zu den Verfolgungsfällen BGHZ 57, 25, 30; 63, 189, 191 ff.; BGH NJW 1964, 1363 f.; Larenz/Canaris, SR AT, S. 545 ff. 941  Siehe



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage357

weise auch eine Pflicht zum Einstehen für fremdes Handeln fordert.948 Mithin bedarf es zur Durchbrechung des Eigenverantwortlichkeitsprinzips des Vorliegens besonderer Gründe. Diese müssen eine Einstandspflicht des Schädigers für das Handeln eines anderen rechtfertigen.949 Ein solcher Grund kann nicht allein darin gesehen werden, dass der Willensentschluss des Geschädigten durch das Verhalten des Schädigers hervorgerufen wurde. Schließlich ist es grundsätzlich nicht verboten, frei verantwortlich handelnde Menschen zu einem selbstschädigenden Handeln zu motivieren.950 Zu einer Durchbrechung des Eigenverantwortlichkeitsprinzips kommt es vielmehr nur dann, wenn das durch das Verhalten des Schädigers vermittelte selbstschädigende Handeln des Geschädigten rechtlich erwünscht ist,951 „weil es der Erhaltung oder Förderung übergeordneter Interessen dient“.952 Bei den Verfolgungsfällen liegt die entscheidende Erwägung etwa darin, „dass die Rechtsgemeinschaft an derartigen Verfolgungsaktionen interessiert ist, während sie die Flucht als deren Anlass missbilligt“.953 Das entscheidende Zurechnungskriterium stellt also das Interesse der Allgemeinheit an derartigem Verfolgungshandeln dar.954 Allerdings erfährt die Zurechnung selbstschädigenden Verhaltens eine Beschränkung durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.955 Unverhältnismäßiges Handeln ist von der Rechtsordnung nicht gewollt.956 Ein rechtliches Erwünschtsein ist wiederum nur dann gegeben, wenn die durch den Schädiger veranlasste Selbstgefährdung bzw. Selbstschädigung als „vernünftig“ zu bewerten ist, „weil das eingegangene Risiko in einem angemessenen Verhältnis zu dem Gewicht der damit geschützten Interessen steht“.957 Im Ergebnis ist festzustellen, dass die aus einer frei verantwortlichen Selbstschädigung des Geschädigten resultierenden Folgen grundsätzlich dann vom Schutzzweck der Norm umfasst und dem Schädiger zuzurechnen sind, wenn das selbstschädigende Verhalten des Geschädigten als rechtlich erwünscht und damit auch als verhältnismäßig anzusehen ist. 948  Niebaum,

S. 1673; Martens, S. 746. Mitverantwortlichkeit, S. 434 f.; siehe dazu auch Haberhausen,

949  Looschelders,

S. 1309. 950  Looschelders, S. 434; siehe auch BGHZ 101, 215, 220; BGH NJW 1978, 421, 422; Steffen, in: RGRK, § 823 BGB Rdn. 93. 951  Looschelders, Mitverantwortlichkeit S. 435. 952  Looschelders, Mitverantwortlichkeit, S. 435. 953  Niebaum, S. 1673; siehe auch Luer, S.  145 ff. 954  Niebaum, S. 1673. 955  Niebaum, S. 1674. 956  Niebaum, S. 1674. 957  Looschelders, Mitverantwortlichkeit, S. 436; siehe auch BGHZ 101, 215, 221; OLG Karlsruhe VersR 1991, 353 f.; Lang, S.  156 f.

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

Diese Grundsätze sind auch auf die hier zu diskutierenden Aufwendungsschäden als eigenständige Fallgruppe des selbstschädigenden Verhaltens des Geschädigten anzuwenden. Selbstveranlasste Aufwendungen des Geschädigten sind also dann vom Schutzbereich einer Norm – hier des § 286 i. V. m. § 280 Abs. 1, Abs. 2 BGB – umfasst, wenn sie rechtlich erwünscht sind. Liegen diese Voraussetzungen vor, kommt es zu einer Durchbrechung des Eigenverantwortlichkeitsprinzips und die Aufwendungen des Geschädigten sind dem Schädiger zuzurechnen. Dann liegt eine „Kongruenz zwischen Verletzungsart und Normzweck“958 vor. Die Zurechnung des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars zum Risikobereich des Schädigers setzt also voraus, dass das durch das Verhalten des Schädigers vermittelte selbstschädigende Handeln des Geschädigten rechtlich erwünscht ist, weil es der „Erhaltung oder Förderung übergeordneter Interessen“959 dient. Auf die hier zu beurteilende Rechtsfrage übertragen, bedeutet dies, dass die Rechtsgemeinschaft an der Durchsetzung berechtigter Ansprüche interessiert sein müsste, während sie den Zahlungsverzug missbilligt. Dies lässt sich relativ problemlos feststellen: Der Zahlungsverzug stellt einen Vertragsbruch dar,960 der negative Auswirkungen auf die gesamte Gesellschaft hat. So wirkt sich der Zahlungsverzug negativ auf die Liquidität von Unternehmen aus. Er beeinträchtigt zudem nicht nur deren Wettbewerbsfähigkeit, sondern mindert auch deren Wirtschaftlichkeit. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn der Gläubiger aufgrund des Zahlungsverzuges eine Fremdfinanzierung in Anspruch nehmen muss.961 Aber auch private Personen werden durch den Verzug der Erfüllung berechtigter Ansprüche beeinträchtigt, denn auch sie können hierdurch in eine „finanzielle Schieflage“ geraten und im schlimmsten Fall sogar auf die Inanspruchnahme der staatlichen Sozialsysteme angewiesen sein. Nicht zuletzt ist auf die negativen Auswirkungen des Zahlungsverzuges auf die öffentliche Hand hinzuweisen. Hierbei ist zum einen an die hierdurch verursachte Belastung der Gerichte zu denken, aber natürlich auch an die Auswirkungen auf die staatlichen Sozialsysteme im Fall der durch einen Zahlungsverzug verursachten Insolvenz eines Unternehmens oder die hierdurch entstehende Bedürftigkeit einer Privatperson. Der Zahlungsverzug und seine Auswirkungen sind also als gesamtgesellschaftliches Problem anzusehen. Mithin verwundert es nicht, dass es seitens der staatlichen Institutionen erhebliche Bemühungen gibt, durch den Erlass entsprechender Maßnahmen vom Zahlungs958  Lang,

S. 85.

959  Looschelders,

Mitverantwortlichkeit, S. 435. L 48 v. 23.02.2011, S. 2, Erwägungsgrund 12. 961  Abl. L 48 v. 23.02.2011, S. 1, Erwägungsgrund 3. 960  Abl.



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage359

verzug abzuschrecken und ein „rechtliches und wirtschaftliches Umfeld für mehr Zahlungsdisziplin“ zu schaffen.962 In diesem Zusammenhang ist wiederum auf die Richtlinien 2000 / 35 / EG vom 25. Juni 2000963 und 2011 / 7 / EU vom 16. Februar 2011964 des Europäischen Parlamentes zu verweisen. Erklärtes Ziel dieser Richtlinien war es, Bestimmungen festzulegen, um vom Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr abzuschrecken und zu einem „durch­ greifende[n] Wandel hin zu einer Kultur der unverzüglichen Zahlung“965 zu gelangen. Auf diese Zielsetzung hat auch die Bundesregierung in dem Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr vom 15. August 2012, das der Umsetzung der Richtlinie 2001 / 7 / EU dient, ausdrücklich hingewiesen.966 Aus alldem lässt sich schließen, dass die Rechtsgemeinschaft den Zahlungsverzug eines Schuldners missbilligt. Die Rechtsgemeinschaft missbilligt nicht nur den Zahlungsverzug. Sie ist auch an der Durchsetzung der betreffenden Ansprüche durch den Gläubiger interessiert. Nur wenn der Gläubiger den fälligen Anspruch auch durchsetzt, kann dem Schuldner der Anreiz genommen werden, zukünftig fällige Zahlungen hinauszuzögern. Nur dann können der gewünschte Wandel zu einer Kultur der unverzüglichen Zahlung erreicht und die vorstehend geschilderten negativen Auswirkungen des Zahlungsverzuges verhindert werden. Die Durchsetzung fälliger unbestrittener Ansprüche ist also für ein gutes Zusammenleben in unserer Gesellschaft wichtig und daher auch als rechtlich erwünscht anzusehen. Insoweit ist es auch erklärtes Ziel der vorgenannten Richtlinie 2011 / 7 / EU, die juristische Durchsetzung von Forderungen bei Zahlungsverzug zu erleichtern.967 Zudem wurde in dieser Richtlinie ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Folgen des Zahlungsverzuges nur 962  Abl.

L 48 v. 23.02.2011, S. 1 ff. L 200 v. 08.08.2000, S. 35 ff. 964  Abl. L 48 v. 23.02.2011, S. 1 ff. 965  Abl. L 48 v. 23.02.2011, S. 1 ff., Erwägungsgrund 2. Ergänzend kann hier noch auf die Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22.12.2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Abl. L 12 vom 16.1.2001, S. 1, die Verordnung (EG) Nr. 805/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 zur Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen (Abl. L 143 vom 30.04.2004, S. 15), die Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (Abl. L 399 vom 30.12.2006, S. 1 und die Verordnung (EG) Nr. 861/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.  Juli 2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen (Abl. L 199 vom 31.07.2007, S. 1) hingewiesen werden, die allesamt der Erleichterung der juristischen Durchsetzbarkeit von Forderungen dienen. 966  Entwurf eines Gesetzes zur Beschleunigung fälliger Zahlungen, BT-Drs. 14/1246, S. 1. 967  Abl. L 48 v. 23.02.2011, S. 1 f., Erwägungsgrund 3. 963  Abl.

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

abschreckend wirken könnten, wenn sie mit einem Beitreibungsverfahren gekoppelt seien, das für den Gläubiger schnell und wirksam sei.968 Aber auch außerhalb der besonderen Regelungen des Zahlungsverzuges ist zu erkennen, dass die Rechtsgemeinschaft der Wahrnehmung und Durchsetzung von Rechten des Einzelnen gegenüber Dritten im Allgemeinen einen hohen Rang einräumt. So hat das Bundesverfassungsgericht das quota-litisVerbot des § 49 b Abs. 2 BRAO a.F vor allem deshalb für verfassungswidrig erklärt, weil es zu nachteiligen Folgen für die Wahrnehmung und Durchsetzung der Rechte Einzelner führe und ein Hindernis für den Zugang zum Recht sei. Dies habe negative Auswirkungen auf die Interessen der Allgemeinheit.969 Auch der Vorschrift des § 4 a RVG, die als Folge des vorgenannten Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 12. Dezember 2006 entstanden ist, ist der Wille des Gesetzgebers zu entnehmen, Rechtssuchenden unabhängig von ihrer finanziellen Situation den Zugang zum Recht970, und damit die Durchsetzbarkeit ihrer Forderungen zu ermöglichen. In diesem Zusammenhang ist auch auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Prozesskostenhilfe zur Durchsetzung bestehender Ansprüche hinzuweisen. Schlussendlich ist auch dem im Grundgesetz verankerten Justizgewähranspruch der hohe Stellenwert zu entnehmen, den die Rechtsgemeinschaft den wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz971 und damit der Durchsetzbarkeit von Ansprüchen zuspricht. Im Ergebnis ist festzustellen, dass die Tatsache, dass der Abschluss eines Prozessfinanzierungsvertrages auf einer eigenen Willensentscheidung des Geschädigten beruht, nicht gegen eine Berücksichtigung des aus der Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens entstandenen Schadens in der Differenzbilanz spricht. Hierfür lässt sich vor allem anführen, dass die Rechtsgemeinschaft den Zahlungsverzug missbilligt und an der Durchsetzung der betreffenden Ansprüche durch den Gläubiger interessiert ist. Entsprechende Vermögensnachteile des Anspruchsinhabers müssen daher dem Anspruchsgegner zugerechnet werden. 5. Verstoß gegen Grundprinzipien des Schadensersatzrechts Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass bei der Bestimmung des Schutzzwecks einer Norm auch deren Funktion zu berücksichtigen ist. „Funktionsbedingte Zurechnungskriterien“ können sich beispielsweise aus dem Sinn 968  Abl.

L 48 v. 23.02.2011, S. 1 ff., Erwägungsgrund 33. NJW 2007, 979, 984. 970  Mayer, in: Mayer/Winkler, Erfolgshonorar, S. 48. 971  Siehe zum Justizgewähranspruch ausführlich Degenhardt, in: Isensee/Kirchhof, S.  731 ff. 969  BVerfG



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage361

und Zweck des Haftungsrechts als solchem bzw. des Schadensersatzes972 ergeben. Nachfolgend ist deshalb zu untersuchen, ob die Einbeziehung des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars in den Schutzbereich der Norm gegen Grundprinzipien des Schadensersatzrechts verstoßen würde. a) Erfolgshonorar ist keine Bestrafung Die Verknüpfung der Entstehung des Erfolgshonorars mit dem Ausgleich der Forderung durch den Schuldner ist das Fundament eines gegen die Einstellung von Erfolgshonoraren in die schadensrechtliche Differenzbilanz vorgetragenen Arguments. Eine Erstattungspflicht würde dazu führen, dass der Schuldner dafür bestraft würde, dass er seiner Rechtspflicht – der Erfüllung der gegen ihn gerichteten Forderung – nachgekommen sei. Der Haftungsbereich des Schuldners dürfe sich jedoch nicht deshalb vergrößern, weil er seiner Zahlungsverpflichtung nachkomme.973 Zudem belaste die Pflicht zur Erstattung einer Erfolgsprovision allein den schließlich zahlenden Schuldner und verschone seinen „hartnäckigen Widerpart“.974 Es könne aber nicht Sinn und Zweck der Schadensersatznormen sein, einen Anreiz für die Erfüllungsverweigerung zu bieten, indem die Erfüllungshandlung mit einer Vergrößerung des Umfangs des Schadens bestraft werde.975 Wer einer Rechtspflicht nachkomme, dürfe keinen Rechtsnachteil erleiden – so Schueler.976 Es stellt sich also die Frage, ob eine Qualifizierung des Erfolgshonorars als Schaden eine „Bestrafung“ des letztlich doch zahlungswilligen Schuldners bedeuten würde. In der Tat ist es nicht befriedigend, wenn ein letztlich zahlungswilliger Schuldner mit dem prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorar belastet werden würde, wohingegen dies bei dem Schuldner einer nicht eintreibbaren Forderung nicht der Falle wäre, denn dieser könnte seine Verbindlichkeit ohnehin nicht begleichen.977 Allerdings ist dies kein Problem, das spezifisch das Erfolgshonorar betrifft.978 Vielmehr tangiert dies alle Rechtsverfolgungskosten des Anspruchsinhabers – beispielsweise dessen Gerichts- und 972  Schramm,

S. 19.

S.  29 f.; Lang, S.  108 ff., von Caemmerer, Kausalzusammenhang,

973  LG Essen AnwBl. 1962, 287; Brangsch, S. 182, Jäckle, JZ 1978, S. 677; ders., Dissertation, S. 94; Lausen/Schüler, S. 20; AG Remscheid NJW 1959, S. 1879; Martin, S. 94; Rentsch/Bersiner, S. 1246. 974  Lausen/Schüler, S. 20. 975  Lausen/Schüler, S. 20. 976  Schueler, S. 287. 977  Rudloff, S. 89. 978  Rudloff, S. 89.

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

Rechtsanwaltskosten. Auch wenn hier die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit nicht bestritten wird, muss ein insolventer im Gegensatz zum letztlich zahlungswilligen Schuldner für diese Kosten nicht aufkommen, ohne dass hieraus auf eine Bestrafung des solventen Schuldners geschlossen wird. Vielmehr ist dies eine Tatsache, die unserem Rechts- und Wirtschaftskreis immanent ist.979 Eine Erstattungsfähigkeit des Erfolgshonorars würde trotz der Verknüpfung der Entstehung des Erfolgshonorars mit dem Ausgleich der Forderung durch den Schuldner noch aus einem anderen Grund keine Bestrafung des Schuldners bedeuten: Es kommt nicht deshalb zu einer Vergrößerung des Haftungsbereiches des Schuldners, weil dieser letztlich doch seiner Pflicht zur Erfüllung des Anspruches nachgekommen ist und hierdurch quasi die Bedingung für die Entstehung des Erfolgshonorars ausgelöst hat. Vielmehr ist dies Folge dessen, das der Schuldner bereits vorher nicht seiner Pflicht zur Erfüllung des Anspruchs nachgekommen ist. Vor allem aufgrund dieser Nichterfüllung des Anspruches ist der Anspruchsinhaber zum Abschluss des Prozessfinanzierungsvertrages und der damit verbundenen Erfolgshonorarvereinbarung veranlasst worden. Wie Rudloff richtigerweise betont, sind grundlegende Eckpfeiler unserer Rechts- und Wirtschaftsordnung die Grundsätze „pacta sunt servanda“ und „Geld muss man haben“. Diese Grundsätze habe der Schuldner verletzt, indem er den Anspruch nicht pflichtgemäß erfüllt hat.980 Nur aufgrund dieser Pflichtverletzung ist der Schuldner verpflichtet, die Rechtsverfolgungskosten des Anspruchsinhabers zu tragen. Dies gilt auch für das Erfolgshonorar. Darüber hinaus hat es der Schuldner in der Hand, die Entstehung von Kosten für die Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens zu verhindern. Ist es dem Anspruchsgegner nicht möglich, den Anspruch zu erfüllen, müsste er den Anspruchsinhaber über seine derzeitige Vermögenssituation informieren und mit diesem über neue Zahlungsmodalitäten bzw. Ratenzahlungsvereinbarungen etc. verhandeln.981 Mithin kann nur dann eine Pflicht zur Erstattung des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars bestehen, wenn dem Anspruchsgegner ein doppelter Vorwurf gemacht werden kann, nämlich dass er neben seiner Säumnis den Gläubiger nicht über seine Zahlungsschwierigkeiten aufgeklärt hat.982 Resümierend ist festzustellen, dass eine Erstattungspflicht keine Bestrafung des Schuldners dafür bedeuten würde, dass er seiner Pflicht zur Erfüllung des Anspruchs nachgekommen ist. 979  Rudloff,

S. 89. S. 89. 981  Rudloff, S. 90, für die Frage der Erstattungsfähigkeit von Inkassokosten. 982  Rudloff, S. 90, für die Frage der Erstattungsfähigkeit von Inkassokosten. 980  Rudloff,



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage363

b) Erfolgshonorar führt nicht zu einem Vertrag zu Lasten Dritter Gegen die Einstellung eines Erfolgshonorars in die schadensrechtliche Differenzbilanz wird oftmals eingewandt, dass dies auf eine Anerkennung eines Vertrages zu Lasten eines Dritten hinausliefe.983 Es stelle einen „nicht auflösbaren inneren Widerspruch dar, wenn ein Gläubiger durch Vertrag mit einem Dritten wirksam bestimmen darf, ob die Erfüllungshandlung des Schuldners irgendwelche Ersatzpflichten nach sich zieht oder nicht“.984 Es ist unbestreitbar, dass der Abschluss des Prozessfinanzierungsvertrages in der Hand des Anspruchsinhabers liegt. Jedoch ist es dem Aufwendungsschaden im Allgemeinen immanent, dass die Einflussmöglichkeiten des Schädigers auf diesen beschränkt sind und dieser mitunter für Schäden einstehen muss, die er im Zeitpunkt der Gefahrschaffung nicht vorhersehen konnte. Daher entspricht es allgemeiner Auffassung, dass diese unterschiedlichen Einflussmöglichkeiten bei der Frage, ob und in welchem Umfang der Schädiger für Aufwendungen des Geschädigten im Rahmen der Schadensabwicklung einstehen muss, zu berücksichtigen sind.985 Allerdings – und dies verkennen die Vertreter dieser Argumentation – vereinbaren etwa das Prozessfinanzierungsunternehmen und der Anspruchsinhaber gerade nicht zu Lasten des Anspruchsgegners, dass dieser die Kosten des Prozessfinanzierungsunternehmens zu tragen habe. Aus dem Prozessfinanzierungsvertrag selbst ergibt sich vielmehr die Verpflichtung des Anspruchsinhabers dem Prozessfinanzierungsunternehmen ein Erfolgshonorar als Gegenleistung für dessen Vorfinanzierung und Übernahme des Prozessrisikos zu zahlen. Der Anspruchsgegner bzw. Schädiger wird durch den Vertrag also nicht unmittelbar belastet, sondern nur der Anspruchsinhaber. Eine Verpflichtung des Anspruchsgegners zur Tragung des Erfolgshonorars kann sich nur aus schadensersatzrechtlichen Grundsätzen ergeben. Würde der Anspruchsinhaber einen Rechtsanwalt mit der Vertretung seiner rechtlichen Interessen beauftragen und einen entsprechenden Geschäftsbesorgungsvertrag abschließen, aus dem sich ein Honoraranspruch des Rechtsanwalts ergibt, würde auch niemand davon ausgehen, dass es sich hierbei um einen Vertrag zu Lasten Dritter handele. Dabei wird zumindest bei berechtigter Anspruchsstellung in der Regel letztlich der Anspruchsgegner für den Honoraranspruch des Rechtsanwalts aufkommen müssen. Nichts anderes kann für die Kosten gelten, die durch die Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens entstehen. 983  OLG Dresden NJW-RR 1994, 1038, 1042; Jäckle, JZ 1978, S. 677; ders., Dissertation, S. 94; Lausen/Schüler, S. 18; David, S.  84 f. 984  Jäckle, Dissertation, S. 94. 985  Siehe dazu nur Looschelders, Mitverantwortlichkeit, S. 485, m. w. N.

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

Die Einstellung eines Erfolgshonorars in die schadensrechtliche Differenzbilanz läuft also nicht auf die Anerkennung eines Vertrages zu Lasten eines Dritten hinaus. c) Keine Doppelzahlung durch Erfolgshonorar Gelegentlich wird eingewandt, eine Pflicht des Schuldners zum Ersatz des Erfolgshonorars könne dazu führen, dass dieser einen Teil der einzuziehenden Forderung doppelt zahlen müsse, nämlich einmal zur Begleichung der ursprünglichen Forderung und das zweite Mal als Verzögerungsschaden für den Gläubiger.986 Dies trifft jedoch nicht zu. Das Erfolgshonorar ist die Vergütung des Prozessfinanzierungsunternehmens für die Vorfinanzierung und die Übernahme des Prozessrisikos. Es ist lediglich eine Besonderheit der Vergütung des Prozessfinanzierungsunternehmens, dass diese sich an der Höhe des Prozesserlöses bemisst. Von dieser Vergütung zu unterscheiden ist die den Rechtsstreit auslösende Hauptforderung des Anspruchsinhabers. Eine Qualifizierung des Erfolgshonorars als erstattungsfähige Schadensposition würde also lediglich dazu führen, dass der Schuldner auf der einen Seite die Hauptforderung und auf der anderen Seite das Erfolgshonorar als Teil des dem Gläubiger entstandenen Schadens zahlen müsste. Der Schuldner müsste also zwei unterschiedliche Forderungen (Hauptforderung und Schadensersatz) begleichen. Letztlich unterscheidet sich die Situation nicht von der Inanspruchnahme des Schuldners für die Rechtsanwalts- bzw. Gerichtskosten des Anspruchsinhabers. Auch diese Kosten sind von der Hauptforderung zu unterscheiden. Auch hier geht niemand davon aus, dass eine Pflicht zur Erstattung dieser Kostenpositionen zu einer Doppelzahlung des Schuldners führen würde. Die Qualifizierung des Erfolgshonorars als erstattungsfähigen Schadensposten würde also nicht dazu führen, dass der Schuldner die von ihm geschuldete Leistung zweimal zahlen müsste.987 d) Widerspruch zu präventiven Zwecken des Schadensrechts Gelegentlich wird eingewandt, dass eine Verpflichtung des Schuldners zum Ersatz des Erfolgshonorars dem Präventionscharakter des Schadens986  AG Remscheid NJW 1959 S. 1879; AG Brandenburg, Urteil vom 27. August 2012  – 31 C 266/11  –, abrufbar unter: www.juris.de; David, S. 84; Löwisch, NJW, S. 1726. 987  So auch Rudloff für die Frage der Erstattungsfähigkeit des Erfolgshonorars des Inkassounternehmens, S. 90.



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage365

rechts widersprechen würde.988 So gibt Kilian989 zu bedenken, dass der unterlegene Beklagte stets dann mehr Kosten erstatten müsste, wenn der Kläger ein besonders hohes Risiko eingegangen und die im Erfolgshonorar enthaltene Risikoprämie entsprechend hoch sei.990 War die Nichterfüllung des Anspruchs durch den Beklagten hingegen von Anfang an willkürlich und mutwillig, würde dies aufgrund des geringen Verlustrisikos des Klägers und der entsprechend geringeren Risikoprämie zu niedrigen erstattungsfähigen Kosten führen. Infolgedessen würde ein „vernünftiges Handeln“ des Beklagten durch eine Erstattungsfähigkeit des Erfolgshonorars nicht belohnt, sondern sogar bestraft. Diese Konsequenz ließe sich nur schwer mit dem Grundsatz rechtfertigen, dass eigentlich der „Rechtsverletzer“ die Kosten eines Rechtsstreits zu tragen habe. Es widerspreche zudem dem präventiven Gesichtspunkt des Schadensersatzrechts, wenn der vom Schädiger zu tragende Schaden umso höher würde, je unwahrscheinlicher die gerichtliche Feststellung einer Rechtsverletzung sei.991 Dieses Argument ist durchaus nachvollziehbar. Allerdings sind zwei Aspekte zu berücksichtigen: Zum einen wird nach hier vertretener Auffassung ein Schutz des Anspruchsgegners bereits dadurch erreicht, dass das Bestehen berechtigter rechtlicher Zweifel bezüglich der Berechtigung des Anspruchs bereits im Tatbestand des § 286 i. V. m. § 280 Abs. 1, Abs. 2 BGB zugunsten des Anspruchsgegners Berücksichtigung findet. Diese rechtlichen Zweifel werden unter bestimmten Voraussetzungen als ein nicht zu vertretener Umstand im Sinne des § 286 Abs. 4 BGB angesehen. Das Bestehen derartiger rechtlicher Zweifel wird der Anspruchsgegner geltend machen können, wenn der Anspruchsinhaber mit seiner Klage ein besonders hohes Risiko eingegangen ist bzw. diese sogar mutwillig war. Im Ergebnis wäre dann der Tatbestand des Verzugs nicht erfüllt und der Anspruchsgegner müsste nicht für das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar haften. Zum anderen ist an die Ergebnisse der im Rahmen dieser Abhandlung durchgeführten ökonomischen Analyse zu erinnern. Dort wurde herausgearbeitet, dass von einer Haftung des Anspruchsgegners für das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar unter bestimmten Voraussetzungen durchaus präventive Anreize ausgehen.992 Im Ergebnis greift der Einwand daher nicht durch. 988  Ähnlich auch Kilian, Erfolg und Vergütung, S. 442 (für das anwaltliche Erfolgshonorar). 989  Ähnlich auch Kilian, Erfolg und Vergütung, S. 442 (für das anwaltliche Erfolgshonorar). 990  Beispielsweise, weil die Beweis- und Rechtslage für den Beklagten ursprünglich positiv ausgesehen hat. 991  So auch Kilian, Erfolg und Vergütung, S. 442. 992  Siehe dazu 2. Teil, 4. Kapitel.

366

3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

e) Quersubventionierung Ein beachtenswerter Einwand gegen die Berücksichtigung des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars als Schadensposten ergibt sich aus dem folgenden Aspekt: Aus betriebswirtschaftlicher Sicht basieren Erfolgshonorare auf dem Gedanken der Risikoselektion und der Quersubventionierung.993 Auf das Geschäftsmodell der Prozessfinanzierung bezogen, bedeutet dies, dass der Prozessfinanzierer Prozesse auswählt, die er auf Erfolgshonorarbasis finanziert. Bereits bei der Auswahl der zu finanzierenden Prozesse ist jedoch klar, dass nicht alle ausgewählten Prozesse tatsächlich erfolgreich – mit einem Prozesserlös und damit auch einem Honorar für den Prozessfinanzierer – ausgehen werden, sondern dass das Prozessfinanzierungsunternehmen bei einigen finanzierten Rechtsstreitigkeiten auch kein Honorar erzielen wird. Einen Gewinn kann das Prozessfinanzierungsunternehmen daher nur erwirtschaften, wenn die erfolglosen Prozesse durch die erfolgreichen mitfinanziert werden. Eine solche Quersubventionierung wird durch die Risikoprämie, die Bestandteil des Erfolgshonorars ist, erreicht. Nur durch diese Risikoprämie ist es möglich, den Verlust, den der Prozessfinanzierer in einem Fall erhält, durch den Gewinn in einem anderen Fall auszugleichen.994 Würde man das Erfolgshonorar in der schadensrechtlichen Differenzrechnung berücksichtigen, würde der im Rechtsstreit unterlegene Anspruchsgegner mit Kosten belastet werden, in die durch den Risikozuschlag auch die Aufwendungen für die erfolglos finanzierten Ansprüche des Prozessfinanzierungsunternehmens eingerechnet werden.995 Der Anspruchsgegner müsste also einen Zuschlag bezahlen, der die Kosten widerspiegelt, die dem Prozessfinanzierungsunternehmen durch die Finanzierung unberechtigter Ansprüche entstehen. Es wird daher geltend gemacht, dass der Anspruchsgegner nur für die Kosten in Anspruch genommen werden könne, die für die Rechtsdurchsetzung des gegen ihn gerichteten Anspruchs entstanden sind. Ansonsten käme es zu einem „Schadensausgleich ohne Haftung“.996 Diesen Risikoausgleich müsse allein der Gläubiger durch seine mit dem Prozessfinanzierungsunternehmen freiwillig getroffene Erfolgshonorarvereinbarung übernehmen.997 Es handelt sich hierbei um keine Aufwendung, für die der Schädiger aufzukommen habe.998 993  Mayer,

Erfolgshonorar, S. 566. zur Risikoprämie 1. Teil, 2. Kapitel, C.II. 995  OLG Dresden NJW-RR 1998, 1038, 1042; Brangsch, S. 182 für das Erfolgshonorar des Inkassounternehmens. 996  Wagner, Unfallersatztarife, S. 2292 (für Unfallersatztarife). 997  So auch Brangsch, S. 182 für die Frage der Erstattungsfähigkeit von Erfolgshonoraren von Inkassounternehmen. 994  Siehe



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage367

Diese Diskussion wird auch hinsichtlich des von den Mietwagenunternehmen im Rahmen des Unfallersatztarifs übernommenen Ausfallrisikos geführt.999 Wagner ist auch bei dieser Kostenposition der Auffassung, dass das Ausfallrisiko keine Angelegenheit der Gegenseite und damit auch keine Aufwendung sei, für die der Schädiger aufkommen müsse. Soweit der Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherung zu Unrecht in Anspruch genommen werde, gehe dies zu Lasten des Geschädigten. Bei anderen Schadenspositionen als den Mietwagenkosten werde es auch als selbstverständlich erachtet, dass der Geschädigte seine Herstellungskosten allein tragen müsse, wenn sich herausstelle, dass der Anspruchsgegner nicht bzw. nicht vollständig für den eingetretenen Schaden aufzukommen habe. Daran könne auch eine Abtretung des Anspruches – so Wagner – an das Mietwagenunternehmen nichts ändern. Die Anerkennung des Ausfallrisikos als Schadensposten ermögliche es den Mietwagenunternehmen die Kosten, für die die Versicherung eigentlich nicht einstehen müsste, weil ihre Versicherungsnehmer insoweit nicht hafteten, doch ersetzt zu bekommen. Im wirtschaftlichen Ergebnis müssten die Versicherungen auf die gegen sie erhobenen, berechtigten Ansprüche einen Zuschlag bezahlen. Dieser spiegele die Kosten unberechtigt in Anspruch genommener Mietwagen wider. Eine Rechtfertigung für diese Art von „Schadensausgleich ohne Haftung“1000 sei nicht ersichtlich – so Wagner.1001 Der Einwand der Quersubventionierung ist nicht von der Hand zu weisen. Es ist richtig, dass der Anspruchsgegner, der zur Zahlung des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars verurteilt wird, mit Kosten belastet werden würde, in die durch den Risikozuschlag auch der Aufwand der erfolglos finanzierten Ansprüche des Prozessfinanzierungsunternehmens eingerechnet werden würde. Allerdings ist eine solche Art von Quersubventionierung unserer Wirtschaftsordnung nicht fremd und auch nicht vermeidbar. So betreffe das „Phänomen der Quersubventionierung“1002 oftmals auf vertraglichen Vereinbarungen beruhende Schadensersatzansprüche.1003 Aus ökonomischer Sicht werde der Verkäufer bzw. Dienstleister bei der Kalkulation des Preises für seine Dienstleistung bzw. der Kaufsache immer auch die Kosten von Schutz- bzw. Versicherungsmaßnahmen für den Fall des Eintritts eines möglichen Schadens berücksichtigen. Normalerweise würden die Verkäufer 998  So auch Wagner, Unfallersatztarife, S. 2292, für die Frage, inwieweit der Schädiger für Unfallersatztarife aufkommen muss. 999  2. Teil, 4. Kapitel, C.IV.2. sowie 3. Teil, 2. Kapitel, A.IV. 1000  Wagner, Unfallersatztarife, S. 2292. 1001  Wagner, Unfallersatztarife, S. 2292. 1002  Xynopoulo, S. 59. 1003  Xynopoulo, S. 59.

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

bzw. Dienstleister ihre Leistungen jedoch zu einem einheitlichen Preis anbieten, diesen also nicht nach dem jeweiligen individuellen Risikopotential jedes ihrer Kunden in jedem Einzelfall – also bei jedem Vertragsabschluss – differenzieren.1004 Dies führe dazu, dass im Fall eines Rechtsstreits die Partei einen überproportionalen Schadensersatz zu zahlen habe, bei der bei Vertragsschluss aus individueller Sicht eigentlich nur ein niedriges Risiko für die Entstehung eines Schadens bestand.1005 Auch die Fälle, bei denen eine vertragsbrüchige Partei unabhängig von ihrem individuellen Risiko vollen Schadensersatz zu tragen hat, führen also zu einer Quersubventionierung. Eine solche Quersubventionierung muss in einem bestimmten Ausmaß hingenommen werden. Würde von unserer Rechtsordnung verlangt werden, den Preis in jedem Einzelfall – also bei jedem Vertragsabschluss – nach dem individuellen Risikopotential der anderen Vertragspartei zu bemessen, würde es zum einen zu einer unnötigen Steigerung von Transaktionskosten kommen. Zum anderen – darauf weist Koller hin – werde der einzelne Dienstleister bzw. Verkäufer auch gar nicht in der Lage sein, seine Kunden nach ihrem jeweiligen Risikopotential zu unterscheiden.1006 Koller schlägt vor, das Problem der Quersubventionierung bei dem Mitverschuldenseinwand des § 254 BGB zu berücksichtigen.1007 Durch bestimmte an den Geschädigten zu stellende Sorgfaltsanforderungen – bei Vertragsabschluss auf bestimmte Risiken hinweisen zu müssen – und die entsprechende Berücksichtigung im Rahmen des Mitverschuldens gem. § 254 BGB könnte die Quersubventionierung zumindest eingedämmt werde.1008 Dem ist im Ergebnis zuzustimmen und an dieser Stelle zunächst einmal festzustellen, dass die Quersubventionierung der Einbeziehung des Schadens in die Differenzbilanz nicht entgegensteht. f) Entfremdung des Schadensrechts Nach Auffassung des LG Aachen würde eine Berücksichtigung der Kosten eines Prozessfinanzierungsunternehmens als ersatzfähiger Schaden zu einer Zweckentfremdung des Schadensrechts führen. Nicht nur der eigent­ liche Prozess, sondern auch Folgeprozesse könnten auf diese Art und Weise finanziert werden. Dies ließe sich – so das LG Aachen – beliebig fortset1004  Xynopoulo,

S. 59. S. 59. 1006  Xynopoulo, S. 59. 1007  Koller, S.  417 ff. Im Rahmen dieser Abhandlung wird die erstattungsfähige Höhe des Erfolgshonorars im Rahmen des Kriteriums der „Erforderlichkeit“ geprüft. 1008  Müssen die Auftraggeber auf eine bestimmte Gefährdung ihres Gutes hinweisen, kann der Frachtführer entsprechende Sicherungsmaßnahmen ergreifen und diese bei der Bestimmung des Preises berücksichtigen – so Koller, S. 418. 1005  Xynopoulo,



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage369

zen.1009 Dieses Argument ist nicht verständlich. Es ist gerade Zweck des Schadensrechts, den Geschädigten so zu stellen, wie er ohne das, die Schadensersatzpflicht auslösende Ereignis stehen würde.1010 Hätte der Anspruchs­ gegner den berechtigen Anspruch des Anspruchsinhabers sofort erfüllt, hätte dieser kein Prozessfinanzierungsunternehmen einschalten müssen und ihm wären hierfür keine Kosten entstanden. Macht der Anspruchsinhaber diese Kosten nun als Schaden geltend, handelt er also gerade dem Zweck des Schadensrechts gemäß, nämlich einen Ausgleich für den ihm entstandenen Schaden zu verlangen. Insofern ist eine Zweckentfremdung des Schadensrechts nicht zu erkennen. g) Ergebnis Eine Berücksichtigung des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars in der Differenzbilanz würde nicht gegen Grundsätze des Schadensersatzrechts verstoßen. 6. Berücksichtigung rechtspolitischer Erwägungen Die Möglichkeit der Berücksichtigung funktionsbedingter Aspekte zur Bestimmung des Schutzzwecks der Norm erlaubt es auch, rechtspolitische Erwägungen bei der Ermittlung des Schutzbereichs einer Norm anzustellen. a) Gefahr einer Prozessflut Eine solche rechtspolitische Erwägung könnte sich zunächst aus der Befürchtung ergeben, dass die grundsätzliche Zurechenbarkeit des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars zu einer Prozessflut führen würde. Gegen die Berücksichtigung dieses Arguments könnte man zunächst einwenden, dass der Staat gerade dazu verpflichtet ist, „für eine hinreichende Ausstattung der Justiz zu sorgen, damit diese ihre Aufgaben in rechtsstaatlicher Weise erfüllen könne“.1011 Allerdings – so Riehm – ist zu berücksichtigen, dass der Zugang zum Gericht ein nicht unbegrenzt vorhandenes Gut sei und aus dem öffentlichen Staatshaushalt finanziert werde. Daher seien Begrenzungen der „Ressource Rechtsprechung“1012 in gewissen Grenzen 1009  LG

Aachen BeckRS 2010, 28938. Punitive Damages, S. 71. 1011  Riehm, Abwägungsentscheidungen, S. 225. 1012  Riehm, Abwägungsentscheidungen, S. 225. 1010  Müller,

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

zulässig.1013 Es ist daher lohnenswert, dieses Argument bei der Schutzzweckanalyse als rechtspolitisches Argument zu berücksichtigen. Tatsächlich könnte die prinzipielle Berücksichtigung des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars als Schaden zu einer Zunahme von Prozessen führen, und zwar auf zweierlei Weise: Zum einen könnte sich die Anzahl der Gerichtsverfahren dadurch erhöhen, dass Anspruchsinhaber nun auch versuchen könnten, nur wenig aussichtsreiche Ansprüche gerichtlich zu verfolgen. Zum anderen könnte sich die Anzahl der Gerichtsverfahren auch dadurch erhöhen, dass es verstärkt zu „Prozessen nach dem Prozess“1014 kommt. aa) Gefahr wenig aussichtsreicher Prozesse? Bereits mit Markteintritt des ersten Prozessfinanzierungsunternehmens in Deutschland wurde die Befürchtung geäußert, es werde nun zu einer Prozessflut kommen. Diese Gefahr hat sich nicht bestätigt. Der Prozessfinanzierung kommt – wie bereits ausgeführt1015 – in der Praxis bislang nur eine geringe Bedeutung zu. Diese geringe Relevanz der Prozessfinanzierung ist – wie bereits dargestellt wurde – auch durch die vorsichtige Auswahl der zu finanzierenden Prozesse seitens der Prozessfinanzierungsunternehmen begründet. Die Prozessfinanzierungsunternehmen haben schon aus eigenen wirtschaftlichen Erwägungen ein Interesse daran, nur aussichtsreiche Prozesse zu finanzieren, sodass selbst bei einer grundsätzlichen Berücksichtigung des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars als erstattungsfähiger Schaden nicht zu befürchten wäre, dass es zu einer Prozessflut kommen würde. In diesem Zusammenhang kann zudem auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 16. Dezember 2006 zum Verbot des anwaltlichen Erfolgshonorars hingewiesen werden. Das Bundesverfassungsgericht hat auch zu der Frage Stellung genommen, ob sich das Verbot der Vereinbarung eines anwaltlichen Erfolgshonorars mit dem Argument rechtfertigen lasse, eine starke Zunahme aussichtsloser Prozesse müsse verhindert werden. Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts sei jedoch nicht zu erwarten, dass es durch die Zulässigkeit anwaltlicher Erfolgshonorare zu einer Prozessflut komme, „denn der die Sache betreuende Rechtsanwalt hat gerade wegen der Abhängigkeit seiner Vergütung vom Ausgang des Rechtsstreits ein gesteigertes Eigeninteresse daran, nur hinlänglich aussichtsreiche Rechtsstreitigkeiten zu vertreten“1016.

1013  Riehm,

Abwägungsentscheidungen, S. 225. dazu Hau, S. 1053. 1015  Siehe dazu die Ausführungen unter 1. Teil, 2. Kapitel, D.II. 1016  BVerfG 2007, 979, 981.

1014  Siehe



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage371

bb) Gefahr des „Prozesses nach dem Prozess“ Fraglich ist nun, ob eine Berücksichtigung des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars tatsächlich dazu führt, dass es verstärkt zu „Prozessen nach dem Prozess“ kommt. Diese Befürchtungen wurden auch hinsichtlich des anwaltlichen Erfolgshonorars geäußert. Gemäß § 3 Abs. 1 S. 2 RVG ist – wie bereits dargestellt – die materiell-rechtliche Erstattungsfähigkeit des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars nicht grundsätzlich ausgeschlossen.1017 Der Streit um das Vorliegen der Ausnahme – so der Deutsche Richterbund in einer Stellungnahme zum Gesetz zur Neuregelung des Verbots der Vereinbarung von Erfolgshonoraren – lasse eine zusätzliche Belastung der Gerichte erwarten.1018 Auch gegen eine materiell-rechtliche Erstattungsfähigkeit anwaltlicher Sonderhonorare wurde die damit verbundene Gefahr der Zunahme zusätzlicher Gerichtsverfahren eingewendet. Dies würde den Steuerzahler – so Hau – „teuer zu stehen kommen“.1019 Als abschreckendes Beispiel hierfür verweist Hau auf die Situation in England. Dort werde bemängelt, dass dem Hauptsachenprozess viel zu oft ein weiterer Rechtsstreit über die zu erstattenden Kosten folge.1020 Die geäußerten Befürchtungen lassen sich auf die hier zu diskutierende Problematik übertragen. Allerdings ist nach hier vertretener Auffassung die Gefahr, dass es zu einem Prozess nach dem Prozess kommt, nicht als so hoch einzuschätzen. Wie im vierten Teil dieser Abhandlung noch ausführlich dargestellt werden wird, kann der materiell-rechtliche Kostenerstattungsanspruch bezüglich des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars unter Umständen in Verbindung mit der Hauptforderung gem. § 260 ZPO geltend gemacht werden, und zwar entweder im Wege einer Klage gem. § 259 ZPO oder als Feststellungsklage gem. § 256 ZPO. Es bedarf also nicht in jedem Fall eines weiteren Prozesses. cc) Ergebnis Es ist nicht zu erwarten, dass die grundsätzliche Möglichkeit der Erstattung des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars zu einer Prozessflut führen würde. In diesem Zusammenhang kann wiederum auf die Ergebnisse der im Rahmen dieser Abhandlung durchgeführten ökonomischen 1017  Siehe

dazu 3. Teil, 2. Kapitel, C.IV.3.c)cc)(5)(c). des Deutschen Richterbundes zum Gesetz zur Neuregelung des Verbots der Vereinbarung von Erfolgshonoraren, abrufbar unter beck-online. beck.de. 1019  Hau, S. 1053. 1020  Hau, S. 1047. 1018  Stellungnahme

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

Analyse verwiesen werden. In dieser wurde erörtert, dass eine Haftung des Anspruchsgegners für das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar letztlich dafür sorgen würde, die Präventionsfunktion der Zivilgerichtsbarkeit zu stärken, sodass es im Ergebnis sogar zu weniger Prozessen kommen würde. b) Vereinbarkeit mit dem deutschen System der Kostenerstattung Des Weiteren ist zu bedenken, ob durch eine Berücksichtigung des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars als schadensersatzfähige Posi­ tion das in Deutschland verankerte System der Kostenerstattung ins „Wanken geraten“1021 könnte. Diese Befürchtung wird im Zusammenhang mit der Diskussion um die Schadensersatzfähigkeit anwaltlicher Sonderhonorare geäußert.1022 Hau führt dazu aus: „Wer meint, entweder § 91 ZPO erweitern oder das materielle Recht mobilisieren zu müssen, um das Erstattungsprinzip zu verwirklichen, verkennt dabei, dass somit das gesamte Kostenrecht ins Wanken geriete: Deutschland kann sich den Grundsatz vollständiger Kostenerstattung nur leisten, weil und solange zugleich an gesetzlicher Gebührenfixierung festgehalten wird.“1023

Dem ist zunächst zu entgegnen, dass es in Deutschland den Grundsatz einer vollständigen Kostenerstattung nicht gibt. Es ist anzunehmen, dass Hau das Unterliegensprinzip des § 91 ZPO meint. Dieses besagt jedoch nur – dies ist im Rahmen dieser Abhandlung bereits ausführlich besprochen worden1024 –, dass die im Prozess unterlegene Partei als Veranlasser des Prozesses angesehen wird und deshalb für die Kosten aufzukommen hat. Damit ist jedoch bereits im Rahmen des § 91 ZPO nicht gemeint, dass die obsiegende Partei die gesamten von ihr aufgewendeten Kosten erstattet bekommt. Vielmehr erhält sie nur – auch dies wurde bereits ausgeführt – die unmittelbar durch die Prozessführung entstandenen Kosten, sofern diese gemäß § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO zweckmäßig und notwendig waren. Auch jetzt erhält eine Prozesspartei also keinen vollständigen Kostenersatz. Darüber hinaus kommt nach der hier vertretenen Auffassung eine Erstattung des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars im Rahmen des prozessualen Kostenerstattungsverfahren gem. §§ 91 ff. ZPO auch nicht in Betracht.

1021  Hau,

S. 1047. S. 1047. 1023  Hau, S. 1047. 1024  3. Teil, 1. Kapitel. 1022  Hau,



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage373

7. Weitere Argumente Des Weiteren können noch folgende Erwägungen berücksichtigt werden. a) Beschränkung durch § 3 a Abs. 1. S. 2 RVG Eine Beschränkung materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche ergibt sich auch nicht aus dem bereits erwähnten § 3 a Abs. 1 S. 2 RVG. Diese Norm – darauf wurde bereits hingewiesen1025 – ordnet eine Belehrungspflicht des Rechtsanwalts an. Dieser muss seinen Mandanten beim Abschluss einer Vergütungsvereinbarung darauf hinweisen, dass die gegnerische Partei, ein Verfahrensbeteiligter oder die Staatskasse im Falle der Kostenerstattung regelmäßig nicht mehr als die gesetzliche Vergütung erstatten muss. Zwar findet § 3 a Abs. 2 S. 2 RVG unmittelbar nur auf anwaltliche Vergütungsvereinbarungen Anwendung. Jedoch könnte man eventuell aus dieser Vorschrift ableiten, dass der Gesetzgeber grundsätzlich nur von der Erstattungsfähigkeit der „gewöhnlichen“ Kosten der Rechtsverfolgung ausgeht und darüber hinausgehende Kosten daher von der obsiegenden Partei selbst getragen werden müssen. Allerdings kann diese Schlussfolgerung gerade nicht aus § 3 a Abs. 1 S. 2 RVG gezogen werden. Grund hierfür ist die Einschränkung „regelmäßig“ im Wortlaut des § 3 a Abs. 1 S. 2 RVG. Diese Einschränkung ist dahingehend zu verstehen, dass die geltenden Grundsätze zum materiellrechtlichen Kostenerstattungsanspruch nicht berührt sein sollen.1026 b) Besondere Schadensanfälligkeit des Geschädigten Möglicherweise könnte man argumentieren, dass eine Zurechnung der durch die Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens entstandenen Vermögenseinbuße schon deshalb ausscheidet, weil ein Fall der besonderen Schadensanfälligkeit vorliegt. Dies könnte man damit begründen, dass die Anlage zum Schaden, nämlich die schlechte Vermögensausstattung des Anspruchsinhabers, bereits vorhanden war. Diese Fragestellung wird vor allem in Bezug auf das Vorhandensein „konstitutionsbedingter Mängel“ des Geschädigten diskutiert.1027 Allerdings 1025  3. Teil,

2. Kapitel, C.IV.3.c)cc)(5)(c). S. 2379. 1027  BGH VersR 1968, 804, 805; BGH NJW 1997, 1640, 1641, OLG Karlsruhe VersR 1966, 741, 742; Lang, S. 140. Dies wird z. B. bezüglich der Blutereigenschaft, von Glasknochen oder einer besonders dünnen Schädeldecke diskutiert. 1026  Schlosser,

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

entspricht es herrschender Auffassung, dass es zum Risiko des Schädigers zähle, auf einen Geschädigten zu treffen, der nicht gesund ist. Schließlich könne sich der Schädiger den Verletzten „bezüglich dessen Konstitution nicht aussuchen“.1028 Diese Auffassung wird auch hinsichtlich der Vermögensausstattung des Geschädigten vertreten. In diesem Sinne lehnte beispielsweise der BGH 1989 die generelle Verpflichtung des Geschädigten ab, ein Deckungsgeschäft aus eigenen Mitteln vorzunehmen.1029 Es obliege grundsätzlich dem Risiko des Schädigers, auf einen Geschädigten zu treffen, der selbst finanziell nicht in der Lage sei, den Schaden aus eigenen Mitteln vorzufinanzieren.1030 Im Ergebnis ist festzustellen, dass eine Zurechnung des Schadens nicht aufgrund einer bereits vorhandenen Schadensanlage des Anspruchsinhabers in Form einer schlechten Vermögensausstattung ausscheidet. 8. Ergebnis Bei Berücksichtigung der vorstehend diskutierten Aspekte ist das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar vom Schutzzweck der Norm erfasst – gehört also grundsätzlich zu den Nachteilen, die durch § 286 BGB abgewendet werden sollen. Insbesondere sind weder das Risiko in einen Prozess verwickelt zu werden und für die Prozesskosten aufkommen zu müssen, noch das Risiko, im Prozess zu unterliegen, dem Bereich des allgemeinen Lebensrisikos zuzuordnen. Ganz im Gegenteil stellen diese Risiken typische Verzögerungsrisiken dar und sind daher gerade dem Schutzzweck des § 286 BGB zuzuordnen. V. Einschränkung der Schadensersatzpflicht aus höherrangigem Recht Des Weiteren ist auch höherrangiges Recht zu berücksichtigen. Aus diesem könnte sich möglicherweise eine Einschränkung der Schadensersatzpflicht ergeben.1031

1028  Siehe

dazu auch OLG Köln MDR 1968, 1008. NJW 1989, 291. 1030  AG Magdeburg Urteil vom 21.09.2009 – Az.: 140 C 2459/08, abrufbar unter www.juris.de. 1031  Spickhoff, S. 11. 1029  BGH



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage375

1. Richtlinienkonforme Auslegung des § 286 BGB Es wurde bereits auf die Richtlinien 2000 / 35 / EG vom 25. Juni 2000 und 2011 / 7 / EU vom 16.  Februar 2011 des Europäischen Parlamentes und des Rates zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Rechtsverkehr hingewiesen. Dabei wurde erörtert, dass die Vorschriften der §§ 286 ff. BGB auch der Umsetzung dieser Richtlinien dienen und daher richtlinienkonform auszulegen sind.1032 Gemäß Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 2011 / 7 EU hat der Gläubiger einen Anspruch „auf angemessenen Ersatz aller durch den Zahlungsverzug des Schuldners bedingten Beitreibungskosten“. Das nationale Recht muss also darauf hinwirken, dass der Gläubiger Ersatz für die angemessenen Beitreibungskosten erhält. Die Kosten für die Einschaltung eines Prozess­ finanzierungsunternehmens sind durch die Beitreibung des verzögerten ­Anspruches entstanden. Eine Erstattungsfähigkeit dieser Kosten im Rahmen des Verzugsschadens würde also mit dieser Richtlinie nicht in Konflikt stehen. Vielmehr entspräche eine Auslegung des § 286 i. V. m. § 280 Abs. 1, Abs. 2 BGB in diesem Sinne gerade dem Zweck dieser Richtlinie. Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass es Ziel dieser war, Bestimmungen festzulegen, um vom Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr abzuschrecken und die juristische Durchsetzbarkeit von Forderungen im Fall des Verzugs zu erleichtern.1033 Durch eine Berücksichtigung der Kosten für die Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens würde dies erreicht werden. Ob die Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens auch „angemessen“ ist, ist ein von der generellen Zurechenbarkeit unabhängiger und deshalb separat zu klärender Aspekt. 2. Sind besonders hohe Schäden vom Schutzbereich der Norm umfasst? Auch die einfachen Gesetze sind verfassungskonform auszulegen.1034 Unter mehreren möglichen Auslegungen kommt derjenigen der Vorrang zu, die den verfassungsrechtlichen Vorgaben am besten entspricht.1035 Der mit der Geltendmachung eines Anspruches auf Ersatz des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars konfrontierte Anspruchsinhaber könnte gegen seine Inanspruchnahme den Einwand erheben, dass das Erfolgshonorar zu einem besonders hohen Schaden führen würde und deshalb nicht erstattungsfähig sei. 1032  Vgl.

3. Teil, 2. Kapitel, C.IV.2.b). 2. Kapitel, C.IV.2.b). 1034  Larenz/Canaris, S. 160. 1035  Larenz/Canaris, S. 160. 1033  3. Teil,

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

Tatsächlich sind Überlegungen darüber zu finden, ob ein besonders hoher Schaden eventuell nicht vom Schutzzweck der Norm erfasst sein könnte.1036 So könne dem Gedanken, uferlose Schadensersatzansprüche zu verhindern, bei der Entscheidung über den Schutzbereich einer Norm eine wichtige Rolle zukommen.1037 Nachvollziehbar werden diese Überlegungen dann, wenn man berücksichtigt, dass die Grundrechte Ausstrahlungswirkung auf das Privatrecht haben und damit auch die Rechtsprechung an diese gebunden ist.1038 Daher darf keine bürgerlich-rechtliche Vorschrift im Widerspruch zum Wertesystem des Grundgesetzes stehen und muss grundgesetzkonform ausgelegt werden.1039 Im Zusammenhang mit außerordentlich hohen Schadensersatzpflichten ist zu bedenken, dass diese nicht nur die Handlungsfreiheit des Schädigers gem. Art. 2 Abs. 1 GG, sondern auch dessen Persönlichkeitsrecht gem. Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 GG bzw. die Eigentumsgarantie gem. Art. 14 GG berühren.1040 Beispielhaft verweist Canaris darauf, dass seiner Einschätzung nach weder die Ausgleichs- noch die Präventionsfunktion des Schadensersatzrechts es vor dem Hintergrund des Persönlichkeitsrechts gem. Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG legitimierten, einem jungen Menschen, der etwa ein Kunstwerk oder einen Wertgegenstand zerstört habe, den Rest seines Lebens mit einer für diesen nicht erfüllbaren Schadensersatzforderung zu „verderben“.1041 Die Verhältnismäßigkeit von Haftungsfolgen werde über § 242 BGB „ins BGB transportiert“.1042 Zwar wird die Möglichkeit, sehr hohe Schadensersatzansprüche im Hinblick auf die Vermögensverhältnisse von Schädiger und Geschädigten herabzusetzen, de lege ferenda immer wieder diskutiert.1043 Allerdings wird dies nicht als Bestandteil der lex lata angesehen.1044 Dem ist zuzustimmen. Zum einen wird die Problematik ruinöser Schadensersatzforderungen durch die Möglichkeit der Restschuldbefreiung1045 im Verbraucherinsolvenzverfahren gem. §§ 304 ff. InsO abgemildert.1046 Zum anderen 1036  Siehe dazu Schimmel, S. 949; Oetker, in: Müko/BGB, § 249 BGB Rdn.  139; Looschelders, Grenzen, S. 143 ff. 1037  Lang, S. 81. 1038  Siehe BVerfG NJW 1958, S. 257 ff. – (Lüth). 1039  BVerfG NJW 1958, S. 258 f. 1040  Canaris, Übermaßverbot, 995. 1041  Canaris, Übermaßverbot, S. 1001. 1042  Spickhoff, S. 11. 1043  Deutsch, Haftungsrecht, Rdn. 629 ff.; Stoll, RabelsZ 481 ff. Diskutiert wurde über die Einführung einer allgemeinen Reduktionsklausel. 1044  Looschelders, Mitverantwortlichkeit, S.  171; Deutsch, Haftungsrecht, Rdn. 632. 1045  Siehe ausführlich zur Restschuldbefreiung Paulus, Insolvenzrecht, Rdn. 270 ff. 1046  Spickhoff, S. 11.



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage377

weist Schimmel auf die Schwierigkeiten eines solchen Zurechnungskriteriums hin,1047 denn derjenige, der „sich auf eine dahingehende Argumenta­tion einließe, sähe sich umgehend mit der Frage konfrontiert, bei welcher Schadenshöhe die Grenze des Schutzbereichs verlaufen solle“1048. Zudem könne der Schutzzweck nicht darin bestehen – so Oetker –, besonders hohe Schäden den Geschädigten tragen zu lassen.1049 Dementsprechend ist im Ergebnis festzustellen, dass nicht ersichtlich ist, warum ein ungewöhnlich hoher Schaden nicht vom Schutzbereich der Norm umfasst sein sollte. Zudem besteht spätestens im Rahmen der Prüfung des Mitverschuldens gem. § 254 BGB bzw. – wie hier vertreten – im Rahmen der „Erforderlichkeit“ die Gelegenheit die Angemessenheit der Schadenshöhe zu prüfen. Mithin wird der Anspruchsgegner mit einer solchen Argumentation nicht durchdringen. 3. Beeinträchtigung des Prinzips der prozessualen Waffengleichheit Ist ein Anspruchsgegner mit der Geltendmachung eines Anspruches auf Ersatz des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars konfrontiert, wird er einwenden, dass ein derartiger Schadensersatzanspruch nicht mit dem Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit vereinbar sei, weil es in der Rechtspraxis bislang an Prozessfinanzierungsangeboten für Beklagte fehle.1050 Der Beklagte könne daher von vornherein die mit der Rechtsdurchsetzung verbundenen Risiken nicht auf einen Dritten übertragen.1051 Tatsächlich richten sich die Angebote der auf dem Markt tätigen Prozessfinanzierungsunternehmen nur an Anspruchsinhaber und nicht an die Anspruchsgegner.1052 Eine Erstattungsfähigkeit des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars könnte daher tatsächlich zu einem prozessualen Ungleichgewicht führen. Der Grundsatz der Waffengleichheit ist zwar nicht ausdrücklich im Grundgesetz verankert, wird jedoch von Rechtsprechung und Literatur als Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips gem. Art. 103 GG und des allgemei1047  Schimmel,

S. 949. S. 949. 1049  Oetker, in: Müko/BGB, § 249 BGB Rdn.  139. 1050  Auf diesen Aspekt weist auch Breyer, S. 108, hin. 1051  Gemeint sind damit der Prozessfinanzierung vergleichbare Angebote. Natürlich ist es auch einem Beklagten möglich, mit einem Verwandten etc., zu vereinbaren, dass dieser die Kosten des Prozesses trägt, oder eine bestehende Rechtsschutzversicherung einzuschalten. 1052  Siehe u. a. https://www.legial.de/prozessfinanzierung/mandant/finanzierungsvo raussetzungen.html bzw. http://www.roland-prozessfinanz.de/fueranwaelte/vorausset zungen/allgemein/– jeweils letzter Abruf am 15. Juli 2016. 1048  Schimmel,

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

nen Gleichheitsgrundrechts gem. Art. 3 Abs. 1 GG anerkannt.1053 Der materielle Gehalt des Begriffs der Waffengleichheit ist nicht eindeutig.1054 Im Allgemeinen wird hierunter die „verfassungsrechtlich gewährleistete Gleichwertigkeit der prozessualen Stellung der Parteien vor dem Richter, der […] den Prozessparteien im Rahmen der Verfahrensordnung gleichermaßen die Möglichkeit einzuräumen hat, alles für die gerichtliche Entscheidung Erhebliche vorzutragen und alle zur Abwehr des gegnerischen Angriffs erforderlichen prozessualen Verteidigungsmittel selbstständig geltend zu machen“1055

verstanden. Dem Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit kommt nicht nur rechtsethische Bedeutung zu.1056 Vielmehr ist dieses Prinzip sowohl für den Gesetzgeber als auch im Rahmen der Auslegung für den Richter praktisch relevant.1057 Der Grundsatz der Waffengleichheit könnte deshalb berührt sein, weil dieses Prinzip auch eine gleichmäßige Verteilung des Risikos am Verfahrensausgang fordert.1058 Es ist nicht abzustreiten, dass eine gleichmäßige Verteilung des Risikos am Verfahrensausgang dann nicht vorliegt, wenn es faktisch nur dem Anspruchsinhaber möglich ist, die mit der Rechtsdurchsetzung verbundenen Risiken auf einen Dritten zu übertragen und die damit verbundenen Kosten als Schaden beim Anspruchsgegner geltend zu machen. Allerdings fordert der Grundsatz der Waffengleichheit keine völlige Angleichung der Rechte von Kläger und Beklagtem,1059 „sondern eine dem materiellen subjektiven Recht freundliche Praxis“1060, durch die gewährleistet wird, dass die Rechte der Parteien nicht durch prozessuale Barrieren behindert werden.1061 Die Waffengleichheit dürfe keinesfalls als Selbstzweck gesehen werden.1062 Man könne – so Platz – die Überlegenheit eines Beteiligten, die ihre Ursache im vor- oder außerprozessualen Bereich habe, beim Vergleich der Stellung im Prozess nicht unberücksichtigt lassen. Vielmehr müsse dies berücksichtigt werden, soweit die Möglichkeit der Rechtsdurch1053  BVerfG NJW 1979, 1925, 1927; Safferling, S. 183; Schlosser, EMRK, S. 1405; Platz, S. 378. 1054  Safferling. S. 184. 1055  BVerfGE NJW 1979, 1925, 1927; siehe auch Platz, S. 379. 1056  Tettinger, S. 54. 1057  Tettinger, S.  54 ff.; Safferling, S. 184. 1058  BVerfG NJW 1988, 2597. 1059  BVerfGE 63, 45, 67 für das Strafprozessrecht. 1060  Wagner, in: Müko/BGB, § 823 BGB Rdn.  840; siehe zudem Wagner, Prozessverträge, S.  151 ff. 1061  Wagner, in: Müko/BGB, § 823 BGB Rdn.  840; siehe zudem Wagner, Prozessverträge, S.  151 ff. 1062  Safferling, S. 184.



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage379

setzung hierdurch beeinflusst werde.1063 Die Überlegenheit eines Beteiligten – beispielsweise aufgrund eines sozialen Gefälles – müsse daher durch entsprechende Mittel ausgeglichen werden.1064 Dies ergebe sich bereits aus dem Sozialstaatsprinzip.1065 Ein allgemeines Kriterium der Waffengleichheit stellt es also dar, „den Parteien sowohl innerhalb des Prozesses als auch vor Prozessbeginn grundsätzlich gleiche Voraussetzungen zu schaffen“.1066 Stellt man in diesem Sinne weitere Überlegungen an, kommt man zu dem Ergebnis, dass der Anspruchsgegner in den Fällen, die für eine Prozessfinanzierung typischerweise in Betracht kommen, z.B im Schadensrecht, im Gegensatz zum Anspruchsinhaber oftmals keines Schutzes durch den Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit bedarf.1067 Bei derartigen Prozessen – so Baetge1068 – liege typischerweise von vornherein ein Ungleichgewicht zwischen den Parteien vor. Der Anspruchsinhaber sei meist eine Privatperson, die von Anfang an über weniger liquide Mittel verfüge.1069 Der Anspruchsgegner sei im Gegensatz dazu meist ein Unternehmen, das über ausreichend Kapital verfüge. Dieses müsse es zudem meist nicht einmal für den Prozess einsetzen, weil es eine Rechtsschutzversicherung habe.1070 Dazu komme – so Rieble –, dass der Schuldner, „der nicht zahlt, weil er nicht will oder kann, nicht aber, weil er die Forderung bestreitet“1071, keinen Kostenschutz verdiene – und damit auch keinen Schutz durch den Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit.1072 Der Anspruchsinhaber hingegen könnte durch das bestehende Ungleichgewicht davon abgehalten werden, seinen Anspruch durchzusetzen.1073 Er bedarf also gerade des Schutzes durch den Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit. Dieser fordert jedoch auch, jeder Partei den Zugang zu Gericht zu ermöglichen, indem sie nicht aus Kostengründen von der prozessualen Verfolgung ihres Anspruches abgehalten wird.1074 Der Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit kann daher sogar als ein Argument für die grundsätzliche An­ erkennung der Erstattungsfähigkeit des prozessfinanzierungsbedingten Er1063  Platz,

S. 379. S. 379. 1065  Platz, S. 379. 1066  Platz, S. 380. 1067  Baetge, S. 680, für das anwaltliche Erfolgshonorar. 1068  Baetge, S. 680, für das anwaltliche Erfolgshonorar. 1069  Baetge, S. 680, für das anwaltliche Erfolgshonorar. 1070  Baetge, S. 680, für das anwaltliche Erfolgshonorar. 1071  Rieble, S. 203. 1072  Rieble, S. 203. 1073  Dies ist, wie die Ergebnisse der im Rahmen dieser Abhandlung durchgeführten ökonomischen Analyse zeigen, nicht selten der Fall. 2. Teil, 3. Kapitel, C. 1074  BVerfG BeckRS 2005, 29635. 1064  Platz,

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

folgshonorars herangezogen werden. Dies würde dazu beitragen, dass auch Privatpersonen mit einer geringen Vermögensausstattung ihre Ansprüche durchsetzen könnten und es bei Rechtsstreitigkeiten mit größeren Unternehmen zu einem ausgewogenen Gerichtsverfahren komme.1075 Darüber hinaus ist noch darauf hinzuweisen, dass erfolgsbasierte Erfolgshonorarvereinbarungen des Beklagten nicht schlechthin ausgeschlossen sind. Hierauf weist das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung zur Verfassungswidrigkeit des anwaltlichen Erfolgshonorars ausdrücklich hin. Zwar sei es für den Beklagten „verglichen mit dem Kläger faktisch schwieriger, einen Erfolg – etwa durch den Umfang der Klageabweisung – zu definieren und zum Maßstab für Grund und Höhe der Anwaltsvergütung zu machen“.1076 Jedoch ist es nicht ausgeschlossen, dass zukünftig auch Prozessfinanzierungsangebote für einen Beklagten entstehen werden. Im Ergebnis ist festzustellen, dass eine Berücksichtigung des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars als erstattungsfähiger Schaden nicht gegen den Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit verstößt. 4. Erschwerung des Zugangs zum Recht? Es stellt sich die Frage, ob der aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip folgende Justizgewährleistungsanspruch es gebietet, das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar in der Differenzbilanz zu berücksichtigen. Der Justizgewährleistungsanspruch ist im Rahmen dieser Abhandlung bereits besprochen worden, und zwar im Zusammenhang mit der Frage der Auslegung des § 91 ZPO. Auf die Ausführungen soll verwiesen werden.1077 An dieser Stelle soll nur noch einmal daran erinnert werden, dass aus dem Justizgewährleistungsanspruch die Aufgabe des Staates folgt, die Durchführung und Sicherung bürgerlicher Ansprüche zu gewährleisten.1078 Diese Gewährleistung könnte durch ein zu hohes Kostenrisiko beeinträchtigt werden.1079 Im Rahmen der ökonomischen Analyse ist bereits dargestellt worden, dass das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar durch die hohe Kostenbelastung zu einer Erosion des materiellen Rechts führt und viele Anspruchsinhaber aufgrund ökonomischer Überlegungen von einer Durchsetzung ihres 1075  So Baetge, S. 680, für die Beurteilung der Zulässigkeit eines anwaltlichen Erfolgshonorars. 1076  BVerfG NJW 2007, 979, 981. 1077  Vgl. 3. Teil, 1. Kapitel, B.III.2.d). 1078  BLAH, Einl. III, Rdn. 1. 1079  Becker-Eberhard, Kostenerstattung, S.  177; Dietz, S. 132, 156; Grunsky, Rechtsverwirklichung, S. A 9; Langer, S. 78.



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage381

Anspruches absehen. Insofern könnte man argumentieren, dass die Entscheidungsfreiheit des Anspruchsinhabers ohne eine Kostenerstattung so eingeengt wäre, dass dieser von einer gerichtlichen Durchsetzung seines Rechtes absehen könnte. Hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit anwaltlicher Erfolgshonorare bzw. sonstiger Sonderhonorare wird geltend gemacht, dass eine Ablehnung der Kostenerstattung den Zugang zum Recht erschweren würde.1080 Hierdurch würde eine „inakzeptable Rechtsschutzweigerung drohen“.1081 Nur der Abschluss einer solchen Vergütungsvereinbarung ermögliche dem Mandanten den Zugang zum Recht.1082 Verweigerte man die Kostenerstattung, würde jedem Geschädigten, der die Gebühren eines für den Fall geeigneten Anwalts nicht selbst leisten könne, die Geltendmachung seines Schadens „faktisch mit der Begründung unmöglich gemacht, dass er die Kosten für den Schädiger möglichst gering halten müsse“1083. Der Geschädigte wäre dann nicht in der Lage, sich der fachgerechten Hilfe eines Rechtsanwalts zu bedienen.1084 Zudem stünde ein solcher Anspruchsinhaber schlechter da als einer, der bedürftig sei und daher einen Anspruch auf Prozesskostenhilfe ­habe. Dies könne – so Lensing – vom Schadensersatzrecht nicht gewollt sein.1085 Diese Argumentation trifft auch auf das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar zu. Auch eine Nichterstattung des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars würde tatsächlich das Kostenrisiko des Anspruchsinhabers erhöhen und könnte dazu führen, dass dessen „Entscheidungsfreiheit so eingeengt [ist], dass er möglicherweise von einer gerichtlichen Durchsetzung seiner materiellen Rechtsposition absieht“.1086 Allerdings ist zu berücksichtigen, dass jeder Kostenersatz auch zu einer Erhöhung des Prozesskostenrisikos führt.1087 Insofern ist an dieser Stelle auch zu überlegen, ob der Kostenerstattungsanspruch nicht auch den Justizgewährleistungsanspruch des Anspruchsgegners berührt. Dieser könnte durch die mit der Erstattung des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars verbundene hohe Kostenbelastung in seiner Entscheidung dahingehend eingeengt werden, dass er von einer Verteidigung seiner Rechte absehen könnte. Eine Berücksichtigung des Erfolgshonorars in der Differenzbilanz und die daraus folgende einseitige Belastung des Anspruchsgegners würde daher dann gegen den Justizgewährleistungsanspruch verstoßen, 1080  Lensing,

r+s 2012, S. 162. S. 1053. 1082  Fölsch, S. 731. 1083  Knott/Gottschalk/Ohl, S. 749. 1084  Knott/Gottschalk/Ohl, S. 749. 1085  Lensing, r+s 2012, S. 162. 1086  Dietz, S. 156, für behördliche Aufwendungen. 1087  Dietz, S. 157 f.; siehe auch Lorenz, FS Menger, S. 147. 1081  Hau,

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

„wenn die Kosten zu dem mit dem Verfahren angestrebten wirtschaftlichen Erfolg derart außer Verhältnis stünden, dass die Anrufung der Gerichte nicht mehr sinnvoll erschiene“1088. Ob eine Kostenregelung oder deren Anwendung den Zugang zu den Gerichten unzumutbar einschränkt, hängt von der Ausgestaltung der Kostenregelung insgesamt ab.1089 Solange eng begrenzte Voraussetzungen dafür festgelegt werden, wann der Anspruchsinhaber ein Prozessfinanzierungsunternehmen „auf Kosten“ des Anspruchsgegners einschalten kann – also ein „maßvoller Rahmen“ vorliegt1090 – „versperrt“ eine Einbeziehung des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars in die Differenzbilanz jedoch auch nicht den Zugang zum Recht für den Anspruchsgegner. Dies wird u. a. schon durch die im Rahmen dieser Abhandlung vorgenommene Auslegung des § 286 Abs. 4 BGB gewährleistet,1091 aber auch durch die noch zu erörternden Aspekte der „Erforderlichkeit“ bzw. des Mitverschuldens gem. § 254 BGB. 5. Ergebnis Eine Berücksichtigung des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars ist mit höherrangigem Recht vereinbar. VI. Erforderlichkeit und Zweckmäßigkeit der Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens dem Grunde nach Ein Anspruch auf Erstattung des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars ist – wie bereis ausführlich erörtert – aus ökonomischer Sicht nur sinnvoll, wenn die Haftungsregelung so ausgestaltet ist, dass dem Anspruchsinhaber der Anreiz vermittelt wird, ein Prozessfinanzierungsunternehmen immer nur dann einzuschalten, wenn andere kostengünstigere Finanzierungsmöglichkeiten – sei es aus einem einsetzbaren Vermögen oder durch eine Rechtsschutzversicherung – nicht vorhanden sind.1092 Nur unter dieser Voraussetzung gehen von einem Erstattungsanspruch wohlfahrtstheoretisch wünschenswerte Anreize aus. Dem Anspruchsinhaber ist es dann möglich, seinen Anspruch unabhängig von seiner Vermögensausstattung und seiner Risikoeinstellung durchzusetzen. Jedoch ist ihm gleichzeitig auch verwehrt, die Möglichkeit der Prozessfinanzierung als strategisches Mittel der „Zer1088  BerfGE

NJW 1992, 1673. NJW 1992, 1673; NVwZ 2008, 772, 773. 1090  BverfG NVwZ 2008, 772, 773. 1091  Vgl. 3. Teil, 2. Kapitel, B.V. 1092  Dies ist im zweiten Teil dieser Abhandlung ausführlich dargestellt worden. Siehe dazu 2. Teil, 4. Kapitel, C.V. 1089  BVerfG



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage383

mürbung“ der Gegenseite einzusetzen. Es gilt also, die persönlichen Voraussetzungen, unter denen ein Anspruchsinhaber ein Prozessfinanzierungsunternehmen „zu Lasten“ des Anspruchsgegners einschalten kann, festzulegen. Im Rahmen dieser Abhandlung wird die These vertreten, dass neben dem Mitverschulden gem. § 254 BGB auch das Zurechnungskriterium der „Erforderlichkeit“ bzw. „Notwendigkeit“ und der „Zweckmäßigkeit“ der Rechtsverfolgungskosten des Geschädigten dazu geeignet ist, die interessengerechte Festlegung eines solchen Sorgfaltsmaßstabes zu ermöglichen. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH hat der Schädiger nicht „schlechthin alle durch das Schadensereignis adäquat verursachten Rechtsverfolgungskosten zu ersetzen, sondern nur solche, die aus der Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren“.1093 Auch in der Literatur wird überwiegend davon ausgegangen, dass die Erstattungsfähigkeit auf die erforderlichen Kosten der Rechtsverfolgung zu beschränken ist.1094 Da die Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens zweifellos zweckmäßig sein dürfte – wird hierdurch doch die Rechtsdurchsetzung erst ermöglicht –, soll nachfolgend lediglich das Kriterium der „Erforderlichkeit“ ausführlich diskutiert werden. Allerdings ist bereits die dogmatische Verortung dieser Zurechnungsbeschränkung umstritten. Zudem ist der Begriff der „Erforderlichkeit“ eher als „konturenlos“1095 zu betrachten, sodass auch die Bestimmung des inhaltlichen Gehalts mit Schwierigkeiten verbunden ist. Bevor die Kriterien für die Erforderlichkeit der Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens erarbeitet werden können, sind daher zunächst die dogmatische Verortung sowie die inhaltliche Ausgestaltung dieses Kriteriums zu klären. Wie zu zeigen sein wird, gehört dieses Zurechnungskriterium aus dogmatischer Sicht in den Bereich der Lehre vom Schutzzweck der Norm. Zur besseren Übersicht soll die Darstellung dieses Kriteriums jedoch in einem separaten Abschnitt erfolgen. Des Weiteren ist zu beachten, dass das Kriterium der Erforderlichkeit auch die Höhe der Aufwendung betrifft.1096 Im Rahmen dieser Abhandlung soll daher danach differenziert werden, ob die Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens dem Grunde und der Höhe nach erforderlich war. Der erforderlichen Höhe des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars wird dann ein separater Abschnitt gewidmet werden. 1093  BGH NJW 2006, 1065; ständige Rechtsprechung siehe daher nur BGHZ 30, 154, 156; 66, 182, 192; 127, 348, 350; Streyl/Wietz, S. 475; Wagner, Christian, S. 3245. 1094  Oetker, in: Müko/BGB, § 249 BGB Rdn. 180; Teichmann, in: Jauernig, § 249 BGB Rdn. 4; Mertens, in: Soergel, § 249 BGB Rdn. 59; Roussos, S.  370 ff.; Nixdorf, S.  257 f. 1095  Krüger/Rapp, S. 423. 1096  BGH NJW 1990, 2060, 2062; 2007, 1450, 1451; Vuia, S. 183.

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

1. Dogmatische Herleitung des Kriteriums der Erforderlichkeit bei materiell-rechtlichen Kostenerstattungsansprüchen Es gibt unterschiedliche Auffassungen darüber, ob das Kriterium der Erforderlichkeit und Notwendigkeit § 249 BGB oder § 254 BGB zuzuordnen ist. Diese Fragestellung ist nicht nur theoretischer Natur. Vielmehr hat sie praktische Auswirkungen, z. B. auf die Beweis- und Darlegungslast.1097 a) „Erforderlichkeit“ als objektive Zurechnungsgrenze Nach einer Auffassung geht es bei der Begrenzung der Schadensersatzpflicht auf die erforderlichen Kosten der Rechtsverfolgung nicht erst um die Obliegenheit zur Geringhaltung des Schadens i. S. v. § 254 Abs. 2 BGB. Vielmehr bestehe eine Schadensersatzpflicht von vornherein nur insoweit, als sich die Aufwendung im Rahmen des Vorgehens eines verständigen Menschen halte.1098 Verstöße gegen die Erforderlichkeit der Rechtsverfolgungskosten führen demnach bereits auf der Tatbestandsebene zum Ausschluss des materiellen Kostenerstattungsanspruches.1099 Die Vertreter dieser Auffassung verweisen auf den Aufwendungscharakter der Rechtsverfolgungskosten.1100 Bei selbstveranlassten Aufwendungen des Geschädigten zur Schadensbeseitigung, deren Unterfall die Rechtsverfolgungskosten darstellen, könne eine Ersatzfähigkeit generell nur dann angenommen werden, wenn der Geschädigte sie in seiner konkreten Lage und nach den Umständen des Einzelfalls als wirtschaftlich denkender Mensch für notwendig erachten durfte.1101 Die Schadensminderungspflicht des § 254 Abs. 2 BGB komme insoweit nicht zur Anwendung.1102 b) „Erforderlichkeit“ als Obliegenheit zur Geringhaltung des Schadens § 254 Abs. 2 BGB Nach anderer Auffassung wird aus der Schadensminderungspflicht gem. § 254 Abs. 2 BGB hergeleitet, dass Rechtsverfolgungskosten nur dann zu ersetzen sind, soweit sie zur Durchsetzung des Schadensersatzanspruches 1097  Streyl/Wietz,

S. 475. 111, 168, 178; BGH NJW 1990, 2060, 2062; 2010, 3035, 3036; 2011, 3657, 3658; Michalski, S. 1502; Streyl/Wietz, S. 475; Rieble, S. 200; Wollschläger, S. 15; Schlüszler, S. 759. 1099  Wagner, Christian, S. 3245; Nixdorf, 258. 1100  BGH NJW 1990, 2060, 2062; Wagner, Christian, S. 3245. 1101  Nixdorf, S. 258. 1102  Nixdorf, S. 258. 1098  BGH



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage385

notwendig waren. Sie müssten dann – so die Ansicht – als entsprechende Verstöße im Rahmen des Mitverschuldens behandelt werden.1103 Eine Beschränkung des objektiven Tatbestandes auf die „erforderlichen“ Aufwendungen des Anspruchsinhabers wird hingegen abgelehnt.1104 Auf das Kriterium der Erforderlichkeit könne nur dann zurückgegriffen werden, wenn ein Fall des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB vorliege, es also um die Verletzung einer Person oder die Beschädigung einer Sache gehe.1105 Ansonsten genüge § 254 Abs. 1 BGB zur Begrenzung der Höhe der Rechtsverfolgungskosten.1106 Die von der herrschenden Meinung vorgeschlagene Vorgehensweise führe letztlich dazu, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 254 Abs. 1 BGB in den objektiven Tatbestand übertragen würden; wohingegen die Rechtsfolgenanordnung des § 254 Abs. 1 BGB durch die allgemeinen Grundsätze der Schadenszurechnung verdrängt werde.1107 Folgte man dieser Auffassung, würde man erst im Rahmen der Prüfung des Mitverschuldens gem. § 254 Abs. 1 BGB zu der Frage gelangen, ob und inwieweit den Anspruchsinhaber ein Mitverschulden an der Entstehung der Kosten des Prozessfinanzierungsunternehmens trifft und der Schadensersatzanspruch des Anspruchsgegners deshalb zu kürzen ist. c) Relevanz für Beweislast und Umfang des Anspruches Eine sachgerechte dogmatische Zuordnung hat erhebliche praktische ­ elevanz für die weitere Prüfung der Erstattungsfähigkeit des prozessfinanR zierungsbedingten Erfolgshonorars. Ginge man davon aus, dass Verstöße gegen das Kriterium der Erforderlichkeit bereits auf Tatbestandsebene zum Ausschluss des Anspruches führten, würde der materiell-rechtliche Kostenerstattungsanspruch dem „Alles-oder-Nichts-Prinzip“ folgen.1108 Waren die Rechtsverfolgungskosten erforderlich, muss der Schädiger sie vollständig ersetzen. Eine Herabsetzung des Schadensersatzanspruches gemäß § 254 Abs. 1 BGB kommt dann nicht mehr in Betracht. Waren die Rechtsverfolgungskosten jedoch nicht als erforderlich anzusehen, ist ein Schadensersatzanspruch ohne Rückgriff auf § 254 BGB ausgeschlossen.1109 NJW 1986, 2243, 2245; 2011, 296; Löwisch, NJW, S. 1726. Mitverantwortlichkeit, S. 490 ff.; Löwisch, NJW, S. 1726. 1105  Bauerschmidt, S. 603. 1106  Bauerschmidt, S.  602 ff.; von Caemmerer, S. 974, kann dahingehend verstanden werden. 1107  Looschelders, Mitverantwortlichkeit, S. 490. 1108  Looschelders, Mitverantwortlichkeit, S. 489. 1109  Looschelders, Miterantwortlichkeit, S. 489 f. 1103  BGH

1104  Looschelders,

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

Zudem sind die Auswirkungen auf die Beweislastverteilung zu berücksichtigen. Den Geschädigten trifft die Beweislast für die tatbestandlichen Voraussetzungen des Schadensersatzanspruches.1110 Ginge man davon aus, dass Verstöße gegen das Kriterium der Erforderlichkeit bereits auf Tatbestands­ ebene zum Ausschluss des Anspruches führen, müsste der Anspruchsinhaber die Erforderlichkeit der Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens beweisen. Andernfalls obläge dem Anspruchsgegner die Darlegungsund Beweislast hinsichtlich der Erforderlichkeit der Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens, denn die Darlegungs- und Beweislast für ein Mitverschulden des Geschädigten gem. § 254 BGB trägt der Schädiger.1111 d) Stellungnahme Weder § 249 Abs. 1 BGB noch § 251 Abs. 1 BGB sehen eine Beschränkung des Schadensersatzanspruches auf die erforderlichen Aufwendungen des Geschädigten vor, sodass zunächst einmal zu untersuchen ist, ob und wie eine solche Anspruchsbeschränkung überhaupt dogmatisch hergeleitet werden kann. Sollte dies nicht möglich sein, würde eine objektive Beschränkung des Schadensersatzanspruches ausscheiden. Die Frage der Erforderlichkeit der Rechtsverfolgungskosten wäre dann im Rahmen des § 254 BGB zu prüfen. aa) Analoge Anwendung des Kriteriums der „Erforderlichkeit“ gem. § 249 Abs. 2. S. 1 BGB Möglicherweise könnte man durch eine analoge Anwendung des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB auf § 249 Abs. 1 BGB zu einer Anwendbarkeit des Zurechnungskriteriums der „Erforderlichkeit“ kommen. Gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB kann der Geschädigte statt der Herstellung den erforderlichen Geldbetrag verlangen, wenn es um Schadensersatz wegen der Beschädigung einer Sache oder der Verletzung einer Person geht. Unter einer Analogie ist die Übertragung „der für einen Tatbestand (A) oder für mehrere untereinander ähnliche Tatbestände im Gesetz gegebenen Regel auf einen vom Gesetzgeber nicht geregelten, ihm ‚ähnlichen‘ Tatbestand“1112 zu verstehen. Voraussetzung für eine Analogie ist also zunächst das Vorliegen einer Gesetzeslücke. Unter einer Gesetzeslücke ist eine „planwidrige Unvollständigkeit“1113 1110  Grüneberg,

in: Palandt, Vorb V. § 249 BGB, Rdn. 128. NJW 2007, 1063, 1064; Grüneberg, in: Palandt, § 254 BGB Rdn. 72. 1112  Larenz/Canaris, S. 202. 1113  Elze, S. 6. 1111  BGH



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage387

des Gesetzes zu verstehen.1114 Vollkommen unabhängig davon, ob § 249 Abs. 1 BGB tatsächlich eine planwidrige Gesetzeslücke enthält, kommt eine analoge Anwendung des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB schon deshalb nicht in Betracht, weil es an einer vergleichbaren Interessenlage fehlt.1115 Die analoge Anwendung einer Norm auf einen ähnlichen Tatbestand ist nur dann möglich, wenn beide in den für die „rechtliche Bewertung maßgebenden Hinsichten übereinstimmen“.1116 Dabei kommt es vor allem auf die ratio legis der Norm an. Zweck des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB ist es, sicherzustellen, dass der Geschädigte das verletzte Rechtsgut nicht dem Schädiger zur Schadensbeseitigung im Wege der Naturalrestitution anvertrauen muss.1117 In den Protokollen der Zweiten Kommission heißt es dazu1118: „Es gehe nicht an, dem Gläubiger nur das Recht auf Naturalrestitution einzuräumen. Denn in vielen Fällen entspreche es seinem Interesse, die beschädigte Sache, statt ihre Herstellung zu verlangen, durch eine neue zu ersetzen, und sehr oft würde die Herstellung eine Einwirkung des Schuldners oder der von ihm gewählten Werkleute auf die Sache erfordern, deren Gestattung dem Gläubiger billiger Weise nicht zugemutet werden könne. Dazu komme, dass über die Frage, ob die Herstellung gelungen sei und vom Gläubiger als Ersatzleistung angenommen werden müsse, nur zu leicht Streit entstehe. Deswegen müsse der Gläubiger das Recht haben, den Betrag, welchen die Herstellung erfordere, in Geld zu verlangen.“

Der Entstehungsgeschichte der Norm und dem daraus erkennbaren Willen des historischen Gesetzgebers kann man also entnehmen, dass § 249 Abs. 2 S. 1 BGB nur die Fälle betreffen soll, in denen der Geschädigte von dem Schädiger die Vorauszahlung eines Geldbetrages zur Schadensbeseitigung verlangen kann.1119 Dann kann nur der Betrag der Aufwendungen gefordert werden, „welche der Ersatzpflichtige [hätte] machen müssen, um die Herstellung zu bewirken“.1120 § 249 Abs. 2 S. 1 BGB hat also schon in seinem originären Anwendungsbereich nicht die Funktion, den Ersatzanspruch für entstandene Herstellungskosten zu beschränken. Vielmehr betrifft das Erforderlichkeitskriterium des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB nur die Frage, welchen Betrag der Geschädigte vom Schädiger als Vorauszahlung verlangen kann.1121 Im Ergebnis kann das Zurechnungskriterium der „Erforderlichkeit“ nicht durch eine analoge Anwendbarkeit des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB hergeleitet werden. 1114  Larenz/Canaris,

S. 202. S. 603. 1116  Larenz/Canaris, S. 202. 1117  BGHZ 63, 182, 184; Bauerschmidt, S. 603; Grüneberg, in: Palandt, § 249 BGB Rdn. 5. 1118  Prot. II, S. 595, zitiert nach Mugdan, S. 513. 1119  Looschelders, Mitverantwortlichkeit, S. 491. 1120  Mugdan, Änderungsantrag 1 zu § 219 E I, Prot. I, S. 293. 1121  Looschelders, Mitverantwortlichkeit, S. 490 f. 1115  Bauerschmidt,

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

bb) Einwirkende Anspruchskonkurrenz § 91 ZPO Eine Beschränkung der erstattungsfähigen Kosten könnte sich aus einer Begrenzung des Schadensersatzanspruches auf die notwendigen Kosten gem. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO ergeben. Im ersten Teil dieser Arbeit wurde das Konkurrenzverhältnis zwischen dem prozessualen Kostenerstattungsanspruch und materiell-rechtlichen Erstattungsansprüchen bereits untersucht.1122 Dabei wurde bereits herausgearbeitet, dass die prozessuale Kostenregelung nicht erschöpfend ist, sondern daneben noch materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche Anwendung finden können.1123 Allerdings wird in Literatur und Rechtsprechung davon ausgegangen, dass es zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen in der Rechtsordnung notwendig sein kann, eine Art „einwirkende Anspruchskonkurrenz“ zwischen zwei Normen anzunehmen.1124 Dabei werden die Normen nicht völlig unabhängig voneinander angewendet, sondern es wird darauf geachtet, dass sie sich nicht gegenseitig „ausschalten“.1125 Dies wird dadurch gewährleistet, dass bestimmte Voraussetzungen bzw. Rechtsfolgen der einen Norm auch bei der anderen angewendet werden.1126 Insoweit ist zu überlegen, ob das Kriterium der „Notwendigkeit“ im Wege der einwirkenden Anspruchskonkurrenz auf den materiell-rechtlichen Schadensersatzanspruch zu übertragen ist. Dabei stellt sich die Frage, ob der weitergehende Anspruch1127 entgegen seinem Wortlaut begrenzt werden muss. Wie bestimmt man nun das Rangverhältnis zwischen den konkurrierenden Ansprüchen? In Literatur und Rechtsprechung wird zur Beschränkung des weitergehenden durch den engeren Anspruch meist auf Sinn und Zweck des Gesetzes bzw. darauf verwiesen, dass ansonsten ein anderer Anspruch bedeutungslos werden könnte.1128 Es werden also teleologische Argumente verwendet.1129 Loritz schlägt vor, zur Lösung des Konkurrenzproblems von der Funktion auszugehen, die der weniger weit reichenden Norm in der Rechtsordnung zukomme:1130 Dazu sei zunächst zu klären, welches Merkmal die Beschränkung des Anspruchs1122  Vgl.

1. Teil, 3. Kapitel, D. 45, 251, 256 f.; 66, 111, 114 f.; NJW 1990, 2060, 2062. 1124  BGHZ 17, 214, 217; 46, 140, 141 f.; Bachmann, in: Müko/BGB § 241 BGB Rdn.  41 ff.; Georgiades, S.  86 f.; Becker-Eberhard, S.  174 ff. 1125  Siehe zum Beispiel BGH NJW 1985, 794 ff.; BB 1985, 1355 f. Siehe zudem Bachmann, in: Müko/BGB § 241 BGB Rdn.  41 ff. 1126  Georgiades, S. 87. 1127  Unter „weitergehender Norm“ wird diejenige verstanden, die dem Gläubiger günstiger ist und ihm mehr Rechte gewährt. 1128  Z. B. BGH NJW 1976, 1505 ff. 1129  Becker-Eberhard, S. 175. 1130  Loritz, S.  56 ff. 1123  BGHZ



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage389

umfangs bewirke. Danach sei zu untersuchen, ob diese Begrenzung abschließend in der Rechtsordnung sein soll und damit auch bezüglich konkurrierender Ansprüche wirken müsse. Sei davon auszugehen, dass die engere Norm im Rang höher stehe, sei der weitergehende Anspruch im Wege der teleologischen Reduktion entsprechend zu beschränken. Dem Begriff der „Notwendigkeit“ von Kosten kommt zweifellos im gesamten Kostenerstattungsrecht eine große Bedeutung zu. Wenn die unterliegende Partei grundsätzlich die gesamten Kosten der Rechtsverfolgung tragen muss, dann sollen die anderen Parteien keine überhöhten Erstattungsansprüche stellen dürfen.1131 Der unterliegende Teil soll also davor geschützt werden, mit Kosten überzogen zu werden, die zur Rechtsdurchsetzung nicht angemessen waren. Nach Auffassung des BGH ergebe sich dies „als Sub­ strat aus den gesetzlichen Regelungen der §§ 249 S. 21132, 254 Abs. 2, 670 BGB sowie § 91 Abs. 1 ZPO und § 13 a Abs. 1 S. 1 FGG, in denen jeweils in vergleichbarem Zusammenhang, nämlich bei Aufwendungen des Ersatzbzw. Erstattungsberechtigten, zum Ausdruck kommt, dass diese auch dem Umfang nach erforderlich gewesen sein müssen“.1133 Auch wenn dem Begriff der „Notwendigkeit“ im gesamten Kostenerstattungsrecht eine wichtige Bedeutung zukommt, lässt sich hieraus jedoch nicht schlussfolgern, dass dem Kriterium der „Notwendigkeit“ in § 91 Abs. 1 ZPO eine abschließende und in der gesamten Rechtsordnung geltende Begrenzung zukommen soll, die auch bei konkurrierenden Ansprüchen wirken muss. Vielmehr – dies räumt auch der BGH ein – unterscheide sich das Maß der Erforderlichkeit in dem jeweiligen Regelungszusammenhang. So müsse dieses auch unter Einbeziehung von Schutzzweckgesichtspunkten ermittelt werden.1134 Auch Looschelders verweist darauf, dass die Interessenwertung des § 91 Abs. 1 ZPO nicht auf das besondere Verhältnis zwischen Schädiger und Geschädigtem zutreffe.1135 Im Ergebnis ist daher zwar nicht von einer einwirkenden Anspruchskonkurrenz des § 91 Abs. 1 ZPO auszugehen. Allerdings spreche die von dieser Vorschrift ausgehende Wertung dafür, dass es bei Aufwendungsschäden „nicht erst um die Obliegenheit zur Geringhaltung des Schadens im Sinne von § 254 Abs. 2 BGB, deren Verletzung der Schädiger darzutun hat“1136, handele. Da der Geschädigte – so auch der BGH – den Schaden selbst beseitige und somit sowohl die Entstehung als auch den Umfang des Schadens „allein in der Hand habe“, könne ihm auch zugemu1131  BLAH,

§ 91 ZPO Rdn. 27 ff. § 249 Abs. 2 BGB. 1133  BGHZ 111, 168, 178 f. 1134  BGHZ 111, 168, 179. 1135  Looschelders, Mitverantwortlichkeit, S. 494. 1136  BGHZ 111, 168, 179. 1132  Nunmehr

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

tet werden, sich „hierbei in den Grenzen des Angemessenen zu halten und unter diesem Aspekt gegebenenfalls die entstandenen Kosten gegenüber dem Schädiger zu rechtfertigen“.1137 cc) Schutzzweck der Norm gem. § 286 BGB Das entscheidende Argument für die Beschränkung der Ersatzfähigkeit auf die erforderlichen Kosten der Rechtsverfolgung ergibt sich jedoch aus der Tatsache, dass es sich hierbei um einen Aufwendungsschaden handelt. Wie bereits ausführlich dargestellt, unterscheiden sich Aufwendungsersatzansprüche gegenüber anderen Schadensersatzansprüchen dadurch, dass die Entstehung eines solchen Schadens immer durch einen eigenen Willensentschluss des Geschädigten vermittelt wird.1138 Dies schließt die Zurechnung des „selbstschädigenden“ Handelns des Geschädigten zwar nicht aus. Allerdings ist die Zurechnung durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt.1139 Diese Grundsätze sind auch auf die hier zu diskutierenden Aufwendungsschäden als eigenständige Fallgruppe des selbstschädigenden Verhaltens des Geschädigten anzuwenden. Selbstveranlasste Aufwendungen des Geschädigten sind also dann vom Schutzbereich einer Norm – hier des § 286 BGB – umfasst, wenn sie als rechtlich erwünscht und – damit auch als verhältnismäßig – anzusehen sind. Liegen diese Voraussetzungen vor, sind die Aufwendungen des Geschädigten dem Schädiger zuzurechnen. Bei der Beurteilung, ob eine Aufwendung des Geschädigten als rechtlich erwünscht und – damit auch als verhältnismäßig – anzusehen ist oder nicht, gelangt man schließlich zum Kriterium der „Erforderlichkeit“ bzw. „Notwendigkeit“, denn ein rechtliches Erwünschtsein ist – wie bereits ausgeführt – dann gegeben, wenn die durch den Schädiger veranlasste Selbstgefährdung bzw. Selbstschädigung als „vernünftig“ zu bewerten ist, „weil das eingegangene Risiko in einem angemessenen Verhältnis zu dem Gewicht der damit geschützten Interessen steht“.1140 Ein unvernünftiges und damit rechtlich unerwünschtes Verhalten liege hingegen dann vor, wenn der Geschädigte ein unvernünftiges Risiko eingegangen sei. Dies sei beispielsweise bei einer falschen Einschätzung der Sachlage oder der Gefahren für die eigenen Rechtsgüter des Geschädigten der Fall.1141 Mithin ergibt sich das 1137  BGHZ

111, 168, 179. dazu Wagner, Christian, S. 3244. 1139  Siehe dazu bereits die Ausführungen in 3. Teil, 2. Kapitel, C.IV.4. 1140  Looschelders, Mitverantwortlichkeit, S. 436; siehe auch BGHZ 101, 215, 221. 1141  Looschelders, Mitverantwortlichkeit, S. 436; siehe auch BGHZ 101, 215, 221. 1138  Siehe



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage391

Zurechnungsmerkmal der „Erforderlichkeit“ als Konsequenz der Notwendigkeit einer Beurteilung dessen, was „rechtlich erwünscht“ und damit auch als verhältnismäßig anzusehen ist. Kann der Aufwendungsschaden dem Schädiger – beispielsweise wegen der fehlenden Erforderlichkeit – nicht zugerechnet werden, enfällt bereits der Haftungsgrund. Im Ergebnis ist festzustellen, dass eine „Kongruenz zwischen Verletzungsart und Normzweck“1142 bei Aufwendungsschäden – also auch den Rechtsverfolgungskosten – nur dann vorliegt, wenn diese als „rechtlich erwünscht“ anzusehen sind. Dazu müssen die Aufwendungen erforderlich gewesen sein. Der Umfang des materiellen Kostenerstattungsanspruches ist mithin nach Schutzzweckgesichtspunkten zu bestimmen. dd) Zwischenergebnis Als Zwischenergebnis ist festzustellen, dass Verstöße gegen die Erforderlichkeit der Rechtsverfolgungskosten bereits auf der Tatbestandsebene zum Ausschluss des materiellen Kostenerstattungsanspruches führen. Grund hier­ für ist die Qualifizierung der Rechtsverfolgungskosten als Aufwendungsschäden. Aufwendungsschäden sind nur dann vom Schutzzweck der Norm – hier des § 286 BGB – umfasst, wenn sie „rechtlich erwünscht“ und damit als „erforderlich“ anzusehen sind. ee) Kontrollüberlegungen In einem zweiten Schritt ist zu überprüfen, ob eine Prüfung des Kriteriums der „Erforderlichkeit“ im objektiven Tatbestand es ermöglicht, die Interessen von Schädiger und Geschädigtem angemessen berücksichtigen zu können. (1) S  trengere Behandlung von Aufwendungsschäden als sonstige Folgeschäden Zunächst ist abzuwägen, ob es interessengerecht ist, Aufwendungsschäden nach strengeren Kriterien als sonstige Schadensersatzansprüche – z. B. Folgeschäden – zu behandeln.1143 So lehnen es Rechtsprechung und Literatur bei den ähnlich gelagerten Herausforderungsfällen ab, das Risiko unvernünftiger Entscheidungen allein dem Geschädigten zuzuweisen und begrün1142  Lang,

S. 85. auch Looschelders, Mitverantwortlichkeit, S. 488: Bei Folgeschäden wird die Zurechnung nur dann abgelehnt, wenn sie als unvernünftig und unverhältnismäßig anzusehen sind. 1143  So

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

den dies mit dem „Überraschungseffekt“: Der Schädiger stelle den Geschädigten meist überraschend vor die Entscheidung, ob und in welcher Weise er das von der Rechtsordnung geforderte oder „gewünschte“ Ziel verwirklichen soll. Dies bringe ein erhebliches Irrtumsrisiko mit sich. Dieses könne man jedoch nicht allein dem Geschädigten zuweisen.1144 Ein derartiger Überraschungseffekt entfällt jedoch bei den vom Geschädigten selbst veranlassten Aufwendungsschäden. Ganz im Gegenteil wird dem Geschädigten bei der Entscheidung, ob er eine bestimmte Aufwendung zur Schadensbeseitigung tätigt oder nicht, meist ein gewisser Zeitraum zur Verfügung stehen. Der Geschädigte ist mithin in der Lage, abzuwägen, ob die Aufwendung in einem angemessenen Verhältnis zu dem eingetretenen Schaden steht – ob also z. B. die Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens der angemessene Weg zur Durchsetzung der Forderung und zur Erreichung des von der Rechtsordnung gewünschten Ziels – etwa der Bekämpfung des Zahlungsverzuges – ist. (2) Einheitliche Behandlung von Aufwendungsschäden Der BGH hält die Beschränkung der Ersatzpflicht von selbstveranlassten Aufwendungen des Geschädigten zur Schadensbeseitigung auch unter Verweis auf die gesetzlichen Regelungen der §§ 249 Abs. 2, 254 Abs. 2, 670 BGB sowie § 91 Abs. 1 ZPO und § 13 a Abs. 1 S. 1 FGG für sachgerecht.1145 Der Grundsatz, dass die Ersatzpflicht von Aufwendungen zur Beseitigung der Rechtsgutverletzung, deren Untergruppe die Rechtsverfolgungskosten darstellen, hinsichtlich der Erforderlichkeit zu beschränken sei, ergebe sich als Substrat aus den vorgenannten Vorschriften. Bei diesen komme jeweils in vergleichbarem Zusammenhang, nämlich bei Aufwendungen des Ersatzbzw. Erstattungsberechtigten, zum Ausdruck, dass diese auch dem Umfang nach erforderlich gewesen sein müssten.1146 Letztlich spreche also eine einheitliche Behandlung der Erstattungsfähigkeit von Aufwendungen für eine Anwendung des Zurechnungskriteriums der „Erforderlichkeit“.1147 Schulz verweist zusätzlich darauf, dass es sich bei dem in § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO verankerten Kostenschonungsgebot um eine Ausprägung des Prinzips von Treu und Glauben gem. § 242 BGB handele. Dieses wiederum beherrsche sowohl das Privat- als auch das Prozessrecht.1148 1144  Looschelders, Mitverantwortlichkeit, S.  437; siehe auch BGHZ 63, 189, 193 f.; Hübner, JuS, 498 ff. 1145  BGHZ 111, 168, 178 f. 1146  BGH NJW 1990, 2060, 2062 f. 1147  Köhnken, S. 789; Wagner, Christian, S. 3245. 1148  Schulz, in: Müko/ZPO, § 91 ZPO Rdn.  18.



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage393

(3) Angemessene Verteilung der Beweislast? Prüfte man das Zurechnungsmerkmal der Erforderlichkeit tatsächlich bereits im objektiven Tatbestand, würde es dem Geschädigten obliegen, die Erforderlichkeit der von ihm getätigten Aufwendungen darzulegen und zu beweisen. Grund hierfür ist, dass der Geschädigte nach den allgemeinen Grundsätzen der Beweislast nicht nur die haftungsbegründenden Tatsachen, sondern auch Eintritt und Höhe des Schadens darlegen und beweisen muss.1149 Demnach müsste also der Geschädigte – so Köhnken – darlegen und beweisen, dass ihm keine fehlerhafte Prognose vorgeworfen werden könne, ihn kein Auswahlverschulden treffe und er selbst zur Finanzierung der Schadensbeseitigungsmaßnahmen aus eigenen Mitteln nicht in der Lage gewesen sei, etc.1150 Dies wird teilweise als unbillige Verschiebung der Beweislast zu Lasten des Geschädigten empfunden.1151 Tatsächlich führt das Zurechnungsmerkmal der Erforderlichkeit im objektiven Tatbestand zu einer Verschiebung der Beweislast. Verzichtete man auf dieses Zurechnungsmerkmal im objektiven Tatbestand, würde erst im Rahmen des Mitverschuldens gem. § 254 Abs. 1 BGB geprüft werden, ob der Geschädigte die Schadensminderungspflicht verletzt hat, indem er nicht die wirtschaftlichste Finanzierungsart gewählt hat usw. In diesem Fall müsste nicht der Geschädigte beweisen, dass er keine falsche Prognose getroffen bzw. die wirtschaftlichste Art der Finanzierung der Schadensbeseitigung gewählt hat. Vielmehr obläge es dem Schädiger, darzulegen und zu beweisen, dass der Geschädigte seine Schadensminderungspflicht verletzt hat.1152 Entgegen der Auffassung der Mindermeinung würde jedoch gerade eine solche Beweislastverteilung zu unbilligen und nicht sachgerechten Ergebnissen führen, denn schließlich geht es um Tatsachen aus der eigenen Sphäre des Geschädigten.1153 Es geht „um von ihm veranlassten Aufwand, seine subjektiven Vorstellungen und Entscheidungen sowie seine persönlichen Möglichkeiten zur Beeinflussung und Kontrolle“.1154 Für den Schädiger ist die Sphäre des Geschädigten meist nicht einsehbar,1155 sodass es ihm oft nicht möglich sein wird, seiner Beweis- und Darlegungslast ausreichend 1149  Oetker, in: Müko, § 249 BGB Rdn. 480 ff.; Schiemann, in: Staudinger, Vorbem. zu §§ 249 ff. BGB Rdn. 88. Siehe die allgemeinen Ausführungen und Nachweise zur Beweislast in 3. Teil, 2. Kapitel, G.I. 1150  Köhnken, S. 791. 1151  Looschelders, Mitverantwortlichkeit, S. 490; Born, Mietwagenkosten, S. 784. 1152  Köhnken, S. 791. 1153  Köhnken, S. 791. 1154  Köhnken, S. 791. 1155  Köhnken, S. 791.

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

nachzukommen. Dies wird selbst von der Gegenmeinung anerkannt und vorgeschlagen, dass erkennbare Unbilligkeiten durch die Anwendung der für Beweislastprobleme entwickelten Sphärentheorie entschärft werden.1156 Eine Beweislast des Geschädigten entspricht daher vielmehr einem sachgerechten und billigen Ergebnis. Mithin ist festzustellen, dass die „Verschiebung“ der Beweislast „zuungunsten“ des Geschädigten als Folge einer Prüfung der „Erforderlichkeit“ der schadensbeseitigenden Aufwendungen im objektiven Tatbestand sogar für eine Anwendung dieses Zurechnungskriteriums spricht. (4) Hinwendung zum „Alles-oder-Nichts-Prinzip“ Eine Prüfung der „Erforderlichkeit“ der schadensbeseitigenden Aufwendungen im objektiven Tatbestand hätte nach Auffassung der Gegenmeinung zur Konsequenz, dass der Anspruch des Geschädigten dem „Alles-oderNichts-Prinzip“ folgen würde. Dies wird für unbillig gehalten, da die „unvernünftigen“ Aufwendungen in diesem Fall nur dem Geschädigten zur Last fallen würden.1157 Diese Auffassung ist insoweit richtig, als dass der Schädiger tatsächlich nur die Aufwendungen des Geschädigten ersetzen muss, die als erforderlich anzusehen sind. Die über das erforderliche Maß hinausgehenden Aufwendungen werden dem Schädiger hingegen nicht zugerechnet und sind damit nicht vom Schadensersatz umfasst. Allerdings ist zu beachten, dass die Rechtsprechung durchaus berücksichtigt, ob eine Aufwendung bereits dem Grund oder nur der Höhe nach nicht erforderlich war. Ist eine Aufwendung nur der Höhe nach als „unvernünftig“ zu beurteilen, greift die Rechtsprechung auf das Instrument der Schadensschätzung gem. § 287 ZPO zurück und rechnet dem Schädiger die Aufwendung in dem als „erforderlich“ anzusehenden Umfang zu. Beispielhaft kann auf die Rechtsprechung des BGH zur Schätzung der erforderlichen Höhe der Unfallersatztarife gem. § 287 ZPO hingewiesen werden.1158 Mithin führt auch die Auffassung der herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur nicht zu einer Hinwendung zum „Alles-oder-Nichts-Prinzip“. Zudem kommt auch die Gegenmeinung zu einer Anspruchskürzung bzw. sogar zu einem vollständigen Ausschluss der Ersatzfähigkeit „unvernünftiger“ Aufwendungen, und zwar über die Anwendung des § 254 BGB. Im Ergebnis kommt der von der Gegenmeinung angenommenen Hinwendung zum „Alles-oder-Nichts-Prinzip“ als Folge des Zurechnungskriteriums der „Erforderlichkeit“ im objektiven Tatbestand praktisch kaum Relevanz zu.1159 1156  Köhnken,

S. 792. Mitverantwortlichkeit, S. 489 f. 1158  BGH NJW 2007, 588, 589; 2009, 3713; BGH r+s 2006, 346. 1157  Looschelders,



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage395

(5) Abgrenzung zu § 254 BGB? Ein Rückgriff auf das Zurechnungskriterium der „Erforderlichkeit“ zur Begrenzung der Schadensersatzpflicht des Schädigers könnte – wie von Teilen der Literatur angenommen – entbehrlich sein, weil diese Fragen auf der Grundlage des § 254 BGB zu erörtern sind.1160 Tatsächlich wird der Geschädigte auch durch die sogenannte Schadensminderungspflicht gem. § 254 Abs. 2 S. 1 BGB, die sowohl die Entstehung als auch den Umfang des Schadens betrifft,1161 dazu veranlasst, den Schaden gering zu halten. Zwischen beiden Problemkreisen gibt es Überschneidungen, denn, „wer es versäumt, den Schaden zu mindern, produziert zugleich im Ergebnis höhere Kosten“.1162 So ist es nicht verwunderlich, dass in der Praxis bei der Ermittlung der Erforderlichkeit ähnliche Erwägungen eine Rolle spielen, wie im Zusammenhang mit der Pflicht zur Schadensminderung.1163 Die Grenzen zwischen der Erforderlichkeit einer Aufwendung und dem Mitverschulden gem. § 254 Abs. 2 S. 1 BGB sind daher fließend.1164 Trotz dieser engen Verbindung liegen der Schadenminderungspflicht des § 254 Abs. 2 S. 1 BGB sowie den Überlegungen, die zur „Erforderlichkeit“ anzustellen sind, unterschiedliche Ausgangspunkte zugrunde.1165 Fricke hat es übernommen, diese unterschiedlichen Ausgangspunkte darzustellen und eine griffige Abgrenzungsformel beider Problemkreise zu entwickeln1166: Ausgangspunkt der Abgrenzung ist die Feststellung, dass ein eingetretener Schaden endgültig sein oder sich weiter entwickeln könne. Dem Geschädigten obliege es, eine Vergrößerung des Schadens zu verhindern. Unterlasse er dies, verstoße er gegen die Schadensminderungspflicht gem. § 254 Abs. 2 S. 1 BGB. Diene eine Handlung des Geschädigten hingegen der Beseitigung des Schadens, gehe es um das Erfordernis, die Restitutionskosten in einem wirtschaftlich angemessenen Rahmen zu halten.1167 Daraus ergebe sich die folgende Abgrenzungsformel1168: „Alle Handlungen und Unterlassungen, die eine Schadensexpansion zulassen und dadurch den ursprünglichen, primären Restitutionsbedarf erweitern, bedeuten eine 1159  Dies wird im Übrigen auch von Looschelders, Mitverantwortlichkeit, S. 490, so gesehen. 1160  Looschelders, Mitverantwortlichkeit, S. 492. 1161  Alexander, S. 1175; Fricke, S. 966. 1162  Fricke, S. 966. 1163  Rentschler, S. 67. 1164  Alexander, S. 1175; in diesem Sinne auch Lange/Schiemann, S. 547. 1165  Rentschler, S. 67. 1166  Fricke, S.  966 f. 1167  Fricke, S.  966 f. 1168  Fricke, S. 967.

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

Verletzung der Schadensminderungspflicht. Bei einer unwirtschaftlich durchgeführten Restitution geht es um eine Überschreitung des für die Schadensbeseitigung erforderlichen Geldbetrages (‚zu teuer‘).“

Nehme der Geschädigte etwa einen Kredit zur Finanzierung der Schadensbeseitigung auf und vereinbare schlechte Darlehensbedingungen, gehe es um die Erforderlichkeit. Unterlasse der Geschädigte es im Gegensatz dazu, den Schädiger vor der Kreditaufnahme zu informieren, um diesem so etwa Gelegenheit zur Vorschussleistung zu geben, sei die Schadensminderungspflicht des § 254 Abs. 2 S. 1 BGB betroffen.1169 Ähnlich argumentiert auch Alexander. Bei dem Zurechnungskriterium der „Erforderlichkeit“ gehe es um das das „richtige Marktverhalten“1170 bei der Inanspruchnahme der Dienstleistungen Dritter zur Schadensbeseitigung – bei § 254 Abs. 2 BGB hingegen um zusätzliche schadens- bzw. kostenmindernde Handlungen.1171 Auch der BGH grenzt beide Problemkreise ähnlich ab. Besonders plastisch wird diese Abgrenzung anhand der Problematik der Unfallersatztarife.1172 Danach habe die Erforderlichkeitsprüfung die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit bestimmter Mehrleistungen des Unfallersatztarifs zum Gegenstand, während bei der Schadensminderungsobliegenheit des § 254 Abs. 2 BGB die besonderen Umstände des Einzelfalls Berücksichtigung fänden und etwa geprüft werde, ob den Geschädigten im Einzelfall die Obliegenheit zum Einsatz seiner Kredit- oder EC-Karte treffen könne.1173 Im Ergebnis ist festzustellen, dass ein Rückgriff auf das Zurechnungskriterium der „Erforderlichkeit“ zur Begrenzung der Schadensersatzpflicht des Schädigers nicht aufgrund der Schadensminderungspflicht gem. § 254 Abs. 2 S. 1 BGB entbehrlich ist. Das Zurechnungsmerkmal der „Erforderlichkeit“ statuiert eine Kostenminderungspflicht im Gegensatz zur Schadensminderungspflicht des § 254 Abs. 2 S. 1 BGB. „Die Schadensminderungspflicht endet und die Kostenminderungspflicht beginnt, sobald die Entstehung des Schadens beendet ist, mit seiner Beseitigung im Rahmen der Restitution begonnen wurde und dafür finanzieller Aufwand entsteht.“1174 Da die Rechtsverfolgungskosten grundsätzlich der Schadensbeseitigung dienen, muss deren Angemessenheit im Rahmen der Prüfung der „Erforderlichkeit“ geprüft werden.1175

1169  Fricke,

S. 967. S. 1175. 1171  Alexander, S. 1175. 1172  BGH NJW 2005, 1933, 1935. 1173  BGH NJW 2006, 1508, 1509; siehe dazu auch Herrler, Schadensminderungsobliegenheit, S. 338; Alexander, S. 1175. 1174  Fricke, S. 972. 1175  A. A. Haertlein, S. 78. 1170  Alexander,



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage397

(6) Ungerechte Verteilung des Prognoserisikos? Gegen eine Begrenzung der Schadenszurechnung auf die objektiven Aufwendungen des Anspruchsinhabers wird zudem eingewandt, dass dem Geschädigten damit zu Unrecht das Risiko auferlegt würde, die Erforderlichkeit etwaiger Aufwendungen richtig zu prognostizieren.1176 Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass der Geschädigte – folgte man der herrschenden Auffassung – tatsächlich Gefahr laufen kann, eine falsche Prognose über die Erforderlichkeit einer bestimmten Aufwendung zur Schadensbeseitigung zu treffen. Diese Kosten würden dann als nicht erforderlich zu beurteilen sein und infolgedessen der Geschädigte die ihm tatsächlich entstandenen Kosten nicht in vollem Umfang ersetzt bekommen. Folgte man der herrschenden Auffassung, wäre es für den Geschädigten mit einem wirtschaftlichen und rechtlichen Risiko verbunden, Aufwendungen zum Schadensausgleich in Anspruch zu nehmen. Allerdings ist es jedoch durchaus als billig und sachgerecht anzusehen, dem Geschädigten das „Irrtumsrisiko“ aufzuerlegen, denn nur er ist nach Eintritt des schädigenden Ereignisses in der Lage, die Schadensentwicklung zu beeinflussen. Allein der Geschädigte tritt als „Nachfrager von Waren und Dienstleistungen auf“.1177 Der Schädiger hat hierauf hingegen keinen Einfluss mehr. Insoweit kann auf die Ausführungen zur dogmatischen Herleitung des Zurechnungskriteriums der „Erforderlichkeit“ verwiesen werden.1178 Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass dieses Prognoserisiko des Geschädigten durch die Rechtsprechung dahingehend „abgemildert“ wird, dass bei der Beurteilung der Erforderlichkeit von einem „verständigen“ Menschen ausgegangen wird. Darüber hinaus erfolgt die Beurteilung der Erforderlichkeit nach Auffassung der Rechtsprechung ex ante, wobei die besondere Lage des Geschädigten sowie die bei ihm gegebenen Möglichkeiten, seine Kenntnisse und Fähigkeiten angemessen zu berücksichtigen sind.1179 Prognosefehler gehen also dann nicht zu Lasten des Geschädigten, wenn sie dem verständigen Menschen ebenso unterlaufen wären. Bei der Diskussion darf zudem nicht unberücksichtigt bleiben, dass eine falsche Prognose des Geschädigten durchaus auch als ein Mitverschulden gem. § 254 BGB beurteilt werden kann und der Geschädigte auch nach 1176  Bauerschmidt, S. 602. Dieser weist zudem auf die Rechtsprechung zum Prognoserisiko bei der Wahl des Geschädigten zwischen Reparatur und Ersatzbeschaffung eines beschädigten Kfz hin. Der BGH bürde hier dem Schädiger das Risiko einer Fehlbeurteilung des Geschädigten zwischen den Kosten der beiden Formen der Naturalrestitution auf, es sei denn dem Geschädigten falle ein Auswahlverschulden zu. 1177  Alexander, S. 1171. 1178  3. Teil, 2. Kapitel, C.VI.1.d)cc). 1179  BGH VersR 1970, 832, 833; 1972, 1024, 1025; 1975, 184, 185; vgl. hierzu auch Thiele, FS Felgenträger, S. 396 ff.; Köhnken, S. 790.

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

der Auffassung der Gegenmeinung ein Prognoserisiko trägt und Gefahr läuft, seine Aufwendungen nicht in vollem Umfang ersetzt zu bekommen. Im Ergebnis ist also festzustellen, dass es billig und sachgerecht ist, dem Geschädigten das Prognoserisiko zuzuweisen. (7) Zwischenergebnis Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass eine Prüfung des Zurechnungskriteriums der „Erforderlichkeit“ im objektiven Tatbestand zu billigen und sachgerechten Ergebnissen führt. Dies gilt insbesondere für die Verschiebung der Beweislast „zuungunsten“ des Geschädigten, denn dem Schädiger ist es kaum möglich, die aus der Sphäre des Geschädigten stammenden Tatsachen, die eine „Vernünftigkeit“ der Aufwendungen zur Schadensbeseitigung belegen, zu beweisen. ff) Ergebnis Im Ergebnis ist der herrschenden Meinung in Literatur und Rechtsprechung zu folgen. Vom Schutzzweck des § 286 BGB sind damit nur die erforderlichen Aufwendungen des Geschädigten zur Schadensbeseitigung umfasst. e) Fazit Nach dem Schutzzweck der Norm ergibt sich also eine Einschränkung der Erstattungsfähigkeit, wenn die Inanspruchnahme nicht erforderlich war.1180 Vom Schutzzweck des § 286 BGB sind damit nur die erforderlichen Aufwendungen des Geschädigten zur Schadensbeseitigung umfasst. Damit stellt die „Erforderlichkeit“ ein wichtiges Kriterium zur Bestimmung des Anspruchsinhaltes dar.1181 Mithin ist das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar nur dann in der Differenzbilanz zu berücksichtigen, wenn die Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens erforderlich war. 2. Inhaltliche Ausgestaltung des Prüfungskriteriums In einem nächsten Schritt geht es darum, einen Maßstab für die Beurteilung der „Erforderlichkeit“ einer Aufwendung zu finden. Zunächst soll ein Überblick über die Auslegung dieses Begriffes in Rechtsprechung und Literatur gegeben werden. 1180  OLG 1181  In

Düsseldorf BeckRS 2010, 21424. diesem Sinne auch Alexander, S. 1169.



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage399

a) Definition Erforderlichkeit in Rechtsprechung und Literatur Im Zusammenhang mit materiell-rechtlichen Kostenerstattungsansprüchen wird der Begriff der „Erforderlichkeit“ der Kosten der Rechtsverfolgung durch Literatur und Rechtsprechung oft nicht ausgelegt. Die Ausführungen beschränken sich meist auf den Hinweis, dass die Erforderlichkeit bzw. Zweckmäßigkeit nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen ist. Es komme also darauf an, ob im konkreten Fall vertretbare sachliche Gründe für die Rechtsverfolgungsmaßnahmen vorlagen.1182 In einem Urteil vom 24. April 1990 geht der BGH etwas konkreter davon aus, dass eine Schadensersatzpflicht von vornherein nur insoweit entsteht, „als sich die Aufwendungen im Rahmen des Vorgehens eines verständigen Menschen hal­ ten“.1183 Oftmals wird mit Fallgruppen bzw. negativen Abgrenzungen gearbeitet1184 oder auf die inhaltliche Ausgestaltung der Begriffe „Erforderlichkeit“ bzw. „Notwendigkeit“ in anderen gesetzlichen Regelungen Bezug genommen.1185 So wird beispielsweise auf die Begriffsbestimmung der „Notwendigkeit“ in § 91 ZPO verwiesen, denn die Kostenvorschriften der ZPO „können zwar nicht entsprechend zur Begründung des materiellen Kostenerstattungsanspruches, wohl aber zur Ausfüllung des einmal entstandenen Anspruches angewendet werden“.1186 Andere verweisen auf die Auslegung des Begriffs der „Erforderlichkeit“ in § 249 Abs. 2 S. 1 BGB1187 bzw. subsumieren die Rechtsverfolgungskosten „direkt“ unter die „zur Schadensbeseitigung erforderlichen Kosten“ gemäß dieser Norm.1188 Allerdings enthalten auch diese Normen nur wenige feste Aussagen zur Ausfüllung des Begriffs der „Erforderlichkeit“ bzw. „Notwendigkeit“,1189 sodass Rechtsprechung und Literatur auch hier um eine Auslegung bemüht sind. Als „erforderlich“ bzw. „notwendig“ werden nach der „üblichen Formel“1190 die Aufwendungen angesehen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens als zweckmäßig und angemessen erscheinen.1191 1182  BGH

NJW 2011, 3657, 3658; OLG Düsseldorf BeckRS 2010, 21424. NJW 1990, 2060, 2062. 1184  Allgemein für das Schadensrecht Müller, Punitive Damages, S. 92. 1185  BGH NJW 1990, 2060, 2062. 1186  Haller, S. 345. 1187  Bauerschmidt, S. 602. 1188  Darauf weist Schiemann, in: Staudinger, § 249 BGB Rdn. 231 ausdrücklich hin. 1189  Steiner, in: Wieczorek/Schütze, § 91 ZPO Rdn.  8. 1190  Fricke, S. 968. 1191  BGHZ 61, 346, 349 f.; Grüneberg, in: Palandt, § 249 BGB Rdn. 12; Fricke, S. 968. 1183  BGH

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

In der Praxis werden zur Ermittlung des nach § 249 Abs. 2 BGB erforderlichen Geldbetrages ähnliche Kriterien wie bei der Prüfung der Schadensminderungspflicht gem. § 254 Abs. 2 BGB herangezogen.1192 Hierdurch – so wird kritisiert – erfolge im Rahmen der Erforderlichkeit bereits eine vorgezogene Prüfung der Schadensminderungspflicht.1193 Insoweit bleibe für den § 254 Abs. 2 BGB kein unmittelbarer Anwendungsbereich mehr.1194 Fricke weist darauf hin, dass die Pflichtwidrigkeit im Rahmen des § 254 BGB keinen Verstoß gegen eine Rechtsnorm voraussetze. Vielmehr gehe es um ein „Verschulden gegen sich selbst“.1195 Einschlägig – so Fricke – sei in diesem Zusammenhang die Norm des § 276 BGB. Allerdings dürfe die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nicht mit der im Allgemeinen üb­ lichen Sorgfalt gleichgesetzt werden. Im Ergebnis sei derjenige Geldbetrag erforderlich, den der Geschädigte ohne Verschulden für erforderlich halten durfte.1196 Nach dieser „(wenig griffigen) Formel“1197 gilt es also bei jeder Aufwendung zu klären, ob ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch diese getätigt – also etwa ein Prozessfinanzierungsunternehmen eingeschaltet – hätte. Stellt man Überlegungen zu dieser Frage an, kommt man schnell zu dem Ergebnis, „dass mit den genannten Kriterien jedoch gerade für den Bereich der Rechtsverfolgungskosten nicht allzu viel gewonnen ist“.1198 Es ließen sich – so Nixdorf – kaum verallgemeinerungsfähige Aussagen dazu treffen, ob eine Aufwendung noch als zweckmäßig und angemessen anzusehen sei oder nicht. Letztlich wird immer eine differenzierte Betrachtung erforderlich sein.1199 Beispielhaft hierfür stehen die Anforderungen an die Erforderlichkeit der Einschaltung eines Rechtsanwalts. Hier erfolgt eine „differenzierende Betrachtung je nach rechtlichem Schwierigkeitsgrad des Falles sowie der Rechtsgewandtheit des Geschädigten“.1200 Eine solche Differenzierung führt zu erheblichen Unsicherheiten.1201 So ist fraglich, wann ein sachlich und rechtlich einfacher Fall vorliegt. Liegt ein solcher 1192  Alexander,

S. 790.

1193  Köhnken,

S. 1175; Oetker, in: Müko/BGB, § 249 BGB Rdn.  386; Köhnken,

S. 790. S. 791. 1195  Fricke, S. 968. 1196  Fricke, S. 968. 1197  Wagner, Christian, S. 3245. 1198  Nixdorf, S. 258. 1199  Nixdorf, S. 258. 1200  Nixdorf, S. 258. 1201  Nixdorf, S. 258. 1194  Köhnken,



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage401

auch dann noch vor, wenn der Anspruchsgegner Einwendungen bezüglich des Anspruchs andeutet?1202 Im Ergebnis führt diese differenzierende Betrachtung zu einer gewissen „Konturenlosigkeit“1203 des Begriffs der „Erforderlichkeit“ und zu „Handhabungsschwierigkeiten“1204 bei der praktischen Anwendung. Die Offenheit des Begriffs der „Erforderlichkeit“ habe dann auch – so Wagner – zu einer „mannigfaltigen und ‚vielseitigen‘ Rechtsprechung“ geführt.1205 b) Auslegung des Begriffs der Erforderlichkeit Im Zusammenhang mit arbeitsrechtlichen Rechtsstreitigkeiten wird vorgeschlagen, den Begriff der „Erforderlichkeit“ als Verhältnismäßigkeit im weiteren Sinne zu verstehen.1206 Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wurde ursprünglich im Polizeirecht entwickelt und dient der Durchführung einer Zweck- / Mittel-Relation.1207 Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit setzt sich aus den folgenden drei Unterprinzipien zusammen: – Geeignetheit (Ist die Maßnahme zur Erreichung des Zwecks geeignet?), – Erforderlichkeit (Stellt die Maßnahme das mildeste Mittel dar?), – Verhältnismäßigkeit i. e. S. (Ist die Maßnahme angemessen?). Der Einsatz eines Mittels ist dann verhältnismäßig i. w. S., wenn er diesen drei Teilgrundsätzen entspricht.1208 Im Gegensatz dazu verletzt eine Maßnahme den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz dann, wenn sie gegen eines dieser Unterprinzipien verstößt.1209 Berücksichtigt man die bereits herausgearbeiteten tragenden Erwägungen für eine Zurechnung selbstschädigenden Verhaltens des Geschädigten, liegt eine Auslegung des Begriffs der Erforderlichkeit im Sinne des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit i. w. S. tatsächlich nahe. Selbstschädigendes Verhalten des Geschädigten – daran sei an dieser Stelle kurz erinnert – wird dem Schädiger nämlich dann zugerechnet, wenn es der Förderung übergeordneter Interessen dient und verhältnismäßig ist – also das vom Schädiger einge1202  Nixdorf,

S. 258. S. 423. 1204  Wagner, Christian, S. 3245. 1205  Wagner, Christian, S. 3245. 1206  Herbert/Oberrath, S. 2938; Stückmann/Kohlepp, S. 332. 1207  Bieder, S. 1; Köhler, Begrenzung, S. 82; Stückmann/Kohlepp, S. 333; Hanau, S. 97; Gentz, S. 1600. 1208  BVerfGE 19, 330, 337; 26, 215, 228; Hanau, S. 96; Schnapp, S. 852; Herbert/Oberrath, S. 2939. 1209  Köhler, Begrenzung S. 82. 1203  Krüger/Rapp,

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

gangene Risiko in einem angemessenen Verhältnis zu dem Gewicht der damit geschützten Interessen steht.1210 Es kommt also darauf an, ob das Handeln des Geschädigten eine angemessene Reaktion auf den Schadensfall darstellt.1211 Legte man den Begriff der Erforderlichkeit i. S. d. Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes i. w. S. aus, wäre eine selbstschädigende Aufwendung des Geschädigten dann als erforderlich anzusehen, wenn sie geeignet, erforderlich i. e. S. und proportional, also verhältnismäßig i. e. S., ist. aa) Anwendbarkeit des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes? Es ist jedoch zunächst einmal fraglich, ob und inwieweit der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im privaten Recht Anwendung finden kann. Wäre dies nicht der Fall, würde eine Auslegung des Begriffs der Erforderlichkeit i. S. d. Verhältnismäßigkeitsprinzips i.  w.  S.  zu einem „methodisch unzulässigen Gebrauch des allgemeinen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes“1212 führen. Zu erörtern ist insbesondere, ob der Gesamtgrundsatz insgesamt oder nur Teilprinzipien in das Privatrecht transformiert werden können.1213 Dazu werden unterschiedliche Auffassungen in Literatur und Rechtsprechung vertreten. (1) A  nwendbarkeit des Prinzips der Verhältnismäßigkeit im Privatrecht Nach einer Auffassung kann das Prinzip der Verhältnismäßigkeit auf privatrechtliche Sachverhalte übertragen werden.1214 Auch im Privatrecht komme es bei der Ausübung von Rechten zu Kollisionen mit Rechten Dritter. Daher suche die Rechtspraxis auch im Zivilrecht nach Instrumenten zur Vermeidung oder Beilegung dieser Konflikte.1215 Allerdings erfolge die Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Privatrecht oftmals „ohne dogmatische Absicherung, ohne Kontakt zum Gesetz, ohne inhalt­ liche Konkretisierung und ohne jede Differenzierung“1216. Oftmals werde der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ohne weitere Begründung mit dem Grundsatz der Erforderlichkeit gleichgesetzt.1217 1210  3. Teil,

2. Kapitel, C.IV.4. in: Bamberger/Roth, § 249 BGB Rdn.  79. 1212  Stückmann/Kohlepp, S. 333. 1213  Stückmann/Kohlepp, S. 332. 1214  Canaris, ZHR, 128 ff.; ders., AcP 184, 214 ff.; Medicus, AcP 192 S. 35 ff.; Preis, FS Dieterich, S. 429 ff.; Fröhlich, S. 468. 1215  Bieder, S. 5. 1216  Stückmann/Kohlepp, S. 331. 1217  Stückmann/Kohlepp, S. 332, die insbesondere auf die Rechtsprechung des BAG zum Kündigungsschutzrecht verweisen: „In der Entscheidung vom 29.3.1990 1211  Schubert,



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage403

(2) K  eine Anwendbarkeit des Prinzips der Verhältnismäßigkeit im Privatrecht Nach einer anderen Auffassung stellt die Übertragung des Verhältnismäßigkeitsprinzips einen unzulässigen Akt der Rechtsfortbildung dar,1218 vor allem wenn eine Beeinträchtigung der Privatautonomie drohe. Die private Rechtsausübung sei grundsätzlich nicht mit hoheitlichen Eingriffen vergleichbar.1219 Zudem – so Bieder – begründe der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit weitreichende Obliegenheiten zur Informationsbeschaffung und weise dem Adressaten erhebliche Prognoserisiken zu.1220 Dies stünde jedoch im Widerspruch zu den allgemein geltenden Prinzipien des privatrechtlichen Lastenausgleichs.1221 (3) Stellungnahme Die Anwendung des Verhältnismäßigkeitsprinzips im öffentlichen Recht wird durch die besondere Schutzbedürftigkeit des Bürgers im Hinblick auf staatliche Eingriffe in seine Grundrechtssphäre als gerechtfertigt angesehen.1222 Der Grund für diese besondere Schutzbedürftigkeit liegt in dem Subordinationsprinzip, welches es dem Staat ermöglicht, den Bürger einseitig mit Akten der öffentlichen Gewalt zu belasten.1223 Aufgabe des Verhältnismäßigkeitsprinzips ist es, diese einheitliche Belastung des Bürgers durch staatliche Eingriffe zu begrenzen1224 und „den Schutz der Freiheitsrechte vor zu intensiven hoheitlichen Eingriffen zu gewährleisten“.1225 Eine hoheitliche Maßnahme muss daher immer dahingehend untersucht werden, ob auch für den Bürger weniger belastende Möglichkeiten vorhanden sind. [des BAG, BAG AP Nr. 50 zu § 1 KSchG 1960] findet sich der Satz „Voraussetzung für das Kündigungsrecht ist somit zunächst das Vorliegen eines den Arbeitnehmer unmittelbar betreffenden dringenden betrieblichen Erfordernisses nach Abs. 2 des § 1 KSchG; allein dieser Vorschrift ist der Grundsatz der Erforderlichkeit und durch das Tatbestandsmerkmal ‚dringend‘ der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit konkretisiert. Demnach liegt der BAG-Rechtsprechung die folgende Gleichung zugrunde: Grundsatz der Verhältnismäßigkeit = ultima-ratio-Prinzip = Grundsatz der Erforderlichkeit.“ 1218  Bieder, S. 333. 1219  Bieder, S. 333. 1220  Bieder, S. 333. 1221  Bieder, S. 333. 1222  Bieder, S.  3 f. 1223  Stückmann/Kohlepp, S. 333. 1224  Stückmann/Kohlepp, S. 333. 1225  Bieder, S. 1.

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

Zudem ist zu prüfen, ob die mit dem staatlichen Eingriff verbundenen Vorund Nachteile angemessen berücksichtigt worden sind.1226 Auf den ersten Blick scheint ein solcher Schutz im Privatrecht nicht notwendig zu sein. Das Privatrecht ist zum einen durch das Gleichordnungsverhältnis zwischen den Rechtssubjekten sowie den Grundsatz der Privatautonomie geprägt.1227 Man geht davon aus, dass privatautonomes Handeln am besten zu einem gerechten Interessenausgleich zwischen den Parteien führe.1228 Allerdings wird in der Literatur darauf hingewiesen, dass auch im Privatrecht Rechtsverhältnisse zwischen zwei Rechtssubjekten zu finden sind, die faktisch eine strukturelle Ähnlichkeit mit dem Subordinationsverhältnis im Öffentlichen Recht aufweisen und die erhöhte Schutzbedürftigkeit einer Partei zur Folge haben.1229 Beispielhaft hierfür wird auf das Arbeitsrecht verwiesen. Arbeitnehmer sind wirtschaftlich und sozial vom Arbeitgeber abhängig.1230 Dem Arbeitgeber ist es möglich, durch die Ausübung seiner Gestaltungsrechte, z. B. einer Kündigung, in die Lebensgestaltung des Arbeitnehmers einzugreifen.1231 Für den Betroffenen – so Stückmann / Kohlepp – bestehe letztlich kein Unterschied, ob die „unbeschränkte Rechtsmacht“1232 von einem Hoheitsträger oder einem Privaten ausgehe.1233 Liege ein strukturell ähnliches Problem vor,  – so argumentieren Stückmann / Kohlepp überzeugend  – sollte es möglich sein, den in einem Rechtsgebiet „bewährten Konfliktlösungsme­ chanismus“1234 auf ein anderes Rechtsgebiet zu übertragen.1235 Danach sei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit also immer dann im Privatrecht anzuwenden, wenn es um die Kollision verschiedener Rechtskreise gehe und rechtlich die Möglichkeit zum einseitigen Eingriff in die Rechtssphäre eines anderen bestehe.1236 Dem ist zuzustimmen. Denn letztendlich geht es immer darum bei der Ausübung von Rechten eine Kollision mit Rechten Dritter zu vermeiden bzw. auf diese zumindest angemessen zu reagieren.1237 Mithin ist im Ergebnis festzustellen, dass bei Vorliegen bestimmter Vo­ raussetzungen der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auch im Privatrecht Anwendung finden kann. 1226  Bieder,

S. 3.

1227  Stückmann/Kohlepp,

S. 333. S. 333. 1229  Stückmann/Kohlepp, S. 333. 1230  Stückmann/Kohlepp, S. 333. 1231  Stückmann/Kohlepp, S. 333. 1232  Stückmann/Kohlepp, S. 333. 1233  Stückmann/Kohlepp, S. 333; siehe dazu auch Boewer, S. 27. 1234  Stückmann/Kohlepp, S. 333. 1235  Stückmann/Kohlepp, S. 333; so im Ergebnis auch Löwisch, ZfA, S. 324 f. 1236  Stückmann/Kohlepp, S. 333; Preis, Prinzipien S. 285 ff.; siehe auch Dey, S. 45. 1237  Bieder, S. 5. 1228  Stückmann/Kohlepp,



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage405

bb) Auslegung des Begriffs der Erforderlichkeit als Verhältnismäßigkeit i. w. S. Auch bei Aufwendungsschäden könnte man zunächst einmal argumentieren, dass eine erhöhte Schutzbedürftigkeit des Schädigers gegeben ist. Die Maßnahmen zur Schadensbeseitigung, deren Unterfall die Kosten der Rechtsverfolgung darstellen, sind dem die Haftung begründenden Ereignis zeitlich nachgeordnet und beruhen auf einem freien Willensentschluss des Anspruchsinhabers des Geschädigten. Der Schädiger hat im Gegensatz zum Geschädigten zu diesem Zeitpunkt keinen Einfluss darauf, ob und welche Aufwendungen der Schädiger zur Schadensbeseitigung tätigt. Die weitere Schadensentwicklung ist für den Schädiger zum Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses also nicht vorhersehbar. Geht man nun mit der herrschenden Meinung davon aus, dass auch die allein durch psychische Kausalität vermittelten Aufwendungsschäden auf den Schädiger verlagert werden können, führt dies in der Praxis dazu, dass derjenige, dem die Aufwendungen zugutekommen – der Geschädigte – und derjenige, der sie letztendlich bezahlen muss – der Schädiger – auseinanderfallen. Faktisch besteht damit ein Rechtsverhältnis, bei dem eine Partei – der Geschädigte – in die Rechtssphäre der anderen Partei – des Schädigers – eingreifen kann, und zwar durch die Belastung mit eventuell auch übermäßigen Ersatzpflichten. Dies birgt die Gefahr, dass der Geschädigte kein eigenes Interesse daran hat, die Kosten für die Maßnahmen der Schadensbeseitigung in einem angemessenen Kostenrahmen zu halten. Beispielhaft für diese Gefahr ist die „Kostenexplosion“ bei den Unfallersatztarifen, die erst durch eine geänderte Rechtsprechung des BGH „aufgehalten“ werden konnte.1238 In dieser Situation ist daher der Schädiger schutzbedürftig. Trotz dieser grundsätzlichen Schutzbedürftigkeit gibt es einige dogmatische Bedenken gegen ein Verständnis des Begriffs der Erforderlichkeit als Verhältnismäßigkeit i. w. S. Diese Bedenken ergeben sich vor allem aus dem Teilprinzip der Erforderlichkeit. Nach diesem Grundsatz muss aus mehreren gleich geeigneten Mitteln die für den anderen Teil mildeste Maßnahme gewählt werden.1239 Für eine Auslegung des Begriffs der Erforderlichkeit als Verhältnismäßigkeit i. w. S. und damit auch eine Anwendbarkeit des Teilprinzips der Erforderlichkeit scheint zunächst einmal das Ziel des Schadensrechts zu sprechen, einen gerechten Schadensausgleich zu erreichen und unnötige wirtschaftliche Belastungen des Schädigers zu vermeiden. Der Schädiger soll nicht einer unbeschränkten Haftung ausgesetzt werden.1240 Dogmatisch 1238  Vgl.

2. Teil, 4. Kapitel, C.IV.2. S. 51. 1240  Alexander, S. 1169; Born, Mietwagenkosten, S. 783. 1239  Bieder,

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

verankert ist dieses Ziel zum einen in dem Wirtschaftlichkeitspostulat. Nach diesem ist der Geschädigte verpflichtet, die Aufwendungen zur zweckentsprechenden Schadensbeseitigung so niedrig wie möglich zu halten. So soll unter mehreren zum Schadensausgleich führenden Möglichkeiten diejenige gewählt werden, die den geringsten Aufwand fordert.1241 Zum anderen ergibt sich dieses Ziel des Schadensrechts bereits aus dem Begriff des Schadens selbst.1242 „Denn die Einbuße des Geschädigten ist unter Berücksichtigung des für § 249 BGB in Frage stehenden Interesses an dem Erhalt seines Vermögens in dessen gegenständlicher Zusammensetzung nicht größer, als das, was aufgewendet werden muss, um das Vermögen auch mit Blick auf den beschädigten Bestandteil in zumutbarer Weise in einen dem früheren wirtschaftlich gleichwertigen Zustand zu versetzen.“1243

Darüber hinaus ergibt sich – wie bereits ausgeführt – ein solches Kostenschonungsgebot als Substrat aus den gesetzlichen Regelungen der §§ 249 Abs. 2 S. 1, 254 Abs. 2, 670 BGB sowie § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO und § 13 a Abs. 1 FGG. Alle diesen Normen setzen die Erforderlichkeit von Aufwendungen eines Erstattungsberechtigten voraus.1244 Zudem ergibt sich dies gar als allgemeiner Rechtsgedanke, der über das Prozessrecht hinaus Wirkung entfaltet.1245 Insbesondere im Kostenerstattungsrecht kommt der Erforderlichkeit von Kosten eine überragende Rolle zu.1246 Der unterliegende Teil soll davor geschützt werden, mit Kosten „überzogen“ zu werden, die zur Rechtsdurchsetzung nicht angemessen waren. Letztlich ergibt sich dies auch aus § 242 BGB.1247 Diese Norm gilt auch für andere Bereiche des Schadensrechts. Auch dort wird dem Geschädigten eine eigene Mitwirkung bei der Schadensbeseitigung nur in den Grenzen des § 242 BGB zugemutet.1248 Die Inanspruchnahme entgeltlicher Dienste darf im Angesicht eventuell vorhandener eigener kostengünstigerer Maßnahmen nicht als unvernünftig bzw. „als bloße schikanöse Ausnutzung von Ersatzansprüchen erscheinen […]“.1249 Allerdings darf dieses Ziel des Schadensrechts, unnötige, wirtschaftliche Belastungen des Schädigers zu vermeiden, nicht dahingehend verstanden 1241  Alexander,

S. 1169. S. 654. 1243  Mohr, S. 654; siehe dazu auch BGH NJW 1987, 2741, 2742. 1244  BGH NJW 1990, 2060, 2062. 1245  Schulz, in: Müko-ZPO/Schulz, § 91 ff. ZPO Rdn.  18. 1246  BLAH, § 91 ZPO Rdn. 27. 1247  Thiele, FS Felgenträger, S. 399. 1248  Wagner, Christian, S. 3248. 1249  Nixdorf, S. 260; so auch Wagner, Christian, S. 3248. 1242  Mohr,



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage407

werden, dass der Geschädigte „gleichsam in die Tasche des Schädigers sparen“1250 und immer die kostengünstigere Variante des Schadensausgleichs wählen muss. Vielmehr bedarf es einer umfassenden wertenden Betrachtung unter Abwägung der schützenswerten Interessen von Schädiger und Geschädigtem.1251 Eine solche Interessenabwägung wäre bei einer Anwendung des Teilgrundsatzes der Erforderlichkeit nicht möglich. Bei dem Teilgrundsatz der Erforderlichkeit handelt es sich um eine „scharfe Entscheidungsregel“.1252 Durch diese wird der Einsatz des in dem konkreten Fall mildesten Mittels angeordnet. Der Einsatz aller weiteren Mittel wird „verboten“. Eine Interessenabwägung findet nicht statt.1253 Zudem wird im Schadensrecht – darauf weist Bieder hin – den Interessen des Geschädigten am unversehrten Erhalt seiner Rechtsgüter Vorrang vor den Interessen des Schädigers eingeräumt. Immerhin treffe diesen aufgrund ­ seines rechtswidrigen Verhaltens die Verantwortung für den Schaden.1254 ­ Im Gegensatz dazu sei mit der Erforderlichkeit die Tendenz verbunden, zu einseitig die Interessen des Eingriffsopfers – hier wäre dies der Schädiger – zu berücksichtigen.1255 Im Ergebnis ist festzustellen, dass der Begriff der Erforderlichkeit nicht im Sinne der Verhältnismäßigkeit i. w. S. ausgelegt werden kann. cc) Auslegung des Begriffs der Erforderlichkeit als Verhältnismäßigkeit i. e. S.  Es besteht jedoch weitgehend Einigkeit darüber, dass der Teilgrundsatz der Verhältnismäßigkeit i. e. S. – auch als Proportionalität bezeichnet –1256 im Zivilrecht anwendbar ist, da er sich auf die im Privatrecht verankerte allgemeine Interessenabwägungslehre zurückführen lässt.1257 Diese dient dem Ausgleich der entgegengesetzten Interessen der Parteien – führt jedoch nicht zu einer Beschränkung bei der Auswahl der Mittel,1258 sondern sorgt für „materielle Gerechtigkeit in Konfliktsituationen“.1259 1250  Alexander,

S. 1169. S. 1169. 1252  Stürner, Verhältnismäßigkeit, S. 319. 1253  Stürner, Verhältnismäßigkeit, S. 319. 1254  Bieder, S. 229. 1255  Bieder, S.  51 f. 1256  Bieder, S. 191. 1257  Hubmann, 127 ff.; Preis, Prinzipien, S. 269 ff. 1258  Stürner, Verhältnismäßigkeit, S. 326. 1259  Bieder, S. 51. 1251  Alexander,

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

Die Abwägung ist eine Methode juristischer Entscheidungsfindung, die in vielen Bereichen des Rechts Anwendung findet.1260 Dabei sind Abwägungsentscheidungen immer gleich aufgebaut1261: Sie bestehen aus zwei Stufen: Auf der ersten Stufe wird die Grundlage für die eigentliche Wertung geschaffen. Dazu werden die Elemente der Abwägungsentscheidung zusammengestellt und gewichtet.1262 Auf der zweiten Stufe wird die Abwägungsentscheidung vorgenommen. Dies erfolge – so Riehm – in zwei Schritten: Auf der ersten Stufe sei das abstrakte Gewicht und auf der zweiten Stufe das Gewicht des Kriteriums im konkreten Sachverhalt zu bestimmen.1263 Die Gewichtung kann dabei in ordinalen Skalen erfolgen. Diese ermöglichen eine „Einordnung der Aspekte relativ zu anderen Aspekten, d. h. eine geordnete Reihe nach dem Muster „A ist wichtiger als B, B ist wichtiger als C, D ist genauso wichtig wie A“.1264 Abschließend ist das Ergebnis der Abwägungsentscheidung zu ermitteln. Die Frage der Erforderlichkeit der Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens erforderte etwa ein binäres Abwägungsergebnis, denn diese kann nur entweder abgelehnt oder befürwortet werden.1265 Dazu müssen die Kriterien abgewogen und ein „Abgleich des nach der Überzeugung des Entscheiders bestehenden Verhältnisses mit dem nach der jeweils einschlägigen Norm erforderlichen Verhältnis, dem sogenannten Abwägungsmaß“,1266 vorgenommen werden. Kennzeichnend für den Abwägungsvorgang ist also, „dass der Rechtsanwender vor der Entscheidung zwischen verschiedenen Alternativen steht und sich anhand rationaler Kriterien für eine davon entscheiden muss, indem er Argumente sammelt, gewichtet und vergleicht“.1267 Damit ermöglicht dieses Prinzip die notwendige Berücksichtigung der Interessen des Schädigers bei der Zurechnung selbstschädigenden Verhaltens des Geschädigten im Rahmen der Schadensbeseitigung. Durch dieses Gebot der Abwägung – so Bieder – sei sichergestellt, dass die Belange aller Beteiligter – und nicht nur eines der Beteiligten – bei der Lösung des Konflikts berücksichtigt werden.1268 Auf 1260  Stürner, Verhältnismäßigkeit, S. 347 f.; siehe dazu im Allgemeinen ausführlich Riehm, Abwägungsentscheidungen. 1261  Stürner, Verhältnismäßigkeit, S. 350. 1262  Stürner, Verhältnismäßigkeit, S. 350; Coester, in: Staudinger, § 307 BGB, Rdn.  107 ff. 1263  Riehm, Abwägungsentscheidungen, S. 61 ff. Auf Riehm soll auch in Bezug auf die Methodik der Gewichtung der Abwägungskriterin verwiesen werden. 1264  Riehm, Abwägungsentscheidungen, S. 63. 1265  Das Abwägungsergebnis lautet ja oder nein; Riehm, Abwägungsentscheidungen, S. 80. 1266  Riehm, Abwägungsentscheidungen, S. 81. 1267  Stürner, Verhältnismäßigkeit, S. 348. 1268  Bieder, S. 51.



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage409

diesem Wege könnten zudem nicht nur wirtschaftliche Gesichtspunkte, sondern auch die schadensrechtlich geschützten Interessen der Parteien berücksichtigt werden.1269 Eine solche Vorgehensweise wird letztlich durch die Systematik des Schadensrechts bestätigt. So wird auch der Begriff der Verhältnismäßigkeit in § 251 Abs. 2 S. 1 BGB nicht im Sinne des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit i. w. S. verstanden. Vielmehr gebietet die Norm eine Abwägung der Interessen von Schädiger und Geschädigtem.1270 Im Ergebnis ist also festzustellen, dass die Prüfung der Verhältnismäßigkeit i. e. S. ein Anwendungsfall der allgemeinen Abwägungsentscheidung darstellt.1271 c) Perspektive der Beurteilung der Erforderlichkeit Die Erforderlichkeit eines Geldbetrages gem. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB ist grundsätzlich ex ante1272 nach objektiven Kriterien zu bestimmen. Allerdings hat der Geschädigte nach dem Grundsatz der sogenannten subjektbezogenen Schadensbetrachtung1273 die Möglichkeit, im Einzelfall Gründe dafür darzulegen, warum er „nach seinen Fähigkeiten und Erkenntnismöglichkeiten auch Aufwendungen tätigen durfte, die über den objektiv erforderlichen Kosten gem. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB liegen“.1274 Insoweit ist das Merkmal der Erforderlichkeit „subjektiv eingefärbt“.1275 Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat daher ein abgestuftes Verfahren zur Beurteilung der Erforderlichkeit entwickelt. Bei diesem bilden die Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten des Geschädigten den Ausgangspunkt.1276 Diese Vorgehensweise führt zu großzügigeren Ergebnissen als im prozessualen Kostenerstattungsverfahren gem. § 91 ZPO, bei dem ein strenger, objektivierter Maßstab gilt.1277 d) Ergebnis Der Begriff der „Erforderlichkeit“ ist dahingehend zu verstehen, dass eine Abwägung der Interessen von Schädiger und Geschädigten bei der Zurechnung selbstschädigenden Verhaltens des Geschädigten zu erfolgen 1269  Alexander,

S. 1169. S.  231 f. 1271  So auch Stürner, Verhältnismäßigkeit, S.  347 ff. 1272  BGH VersR 1970, 832, 833; 1972, 1024, 1025; 1975, 184, 185; vgl. hierzu auch Thiele, FS Felgenträger, S. 396 ff.; Köhnken, S. 790. 1273  BGHZ 61, 346, 349 f.; 182, 184; BGH NJW 2005, 1112, 1113. 1274  Alexander, S. 1174; Born Mietwagenabkommen, S. 883. 1275  Born, Mietwagenabkommen, S. 883. 1276  BGH NJW 2005, 1112, 1113; Alexander, S. 1172. 1277  Schulz, in: Müko/ZPO, Vorbem. zu §§ 91 ff. ZPO Rdn.  18. 1270  Bieder,

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

hat. Materielle Gerechtigkeit wird also dadurch erzielt, dass die schützenswerten Interessen von Schädiger und Geschädigten abgewogen und auf diesem Wege die Erforderlichkeit beurteilt wird. Dazu sind die Aufwendungen in Beziehung zu dem abzuwendenden Schaden zu setzen. Dabei gelten ein objektiver Beurteilungsmaßstab sowie eine ex-ante-Betrachtung, Jedoch hat der Geschädigte nach dem Grundsatz der subjektbezogenen Schadensbetrachtung die Möglichkeit, im Einzelfall darzulegen, warum eine objektiv eigentlich nicht erforderliche Aufwendung nach seiner Auffassung als erforderlich anzusehen ist. 3. Ermittlung der abwägungsrelevanten Gesichtspunkte Für die weitere Bearbeitung bedeutet dies, dass die abwägungsrelevanten Gesichtspunkte für die Beurteilung der Erforderlichkeit der Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens durch den Geschädigten zu ermitteln sind. Allerdings ist es im Rahmen dieser Abhandlung nicht möglich, alle abwägungsrelevanten Kriterien zu diskutieren, denn jede Abwägung ist eine Einzelfallentscheidung. Daher muss sich die Darstellung auf einige wichtige Kriterien beschränken: Zur Herleitung der Abwägungskriterien müssen die im Einzelfall berührten Interessen vollständig bestimmt werden.1278 Anhaltspunkte dafür, welche Interessen von der Rechtsordnung geschützt werden, können sich beispielsweise aus den gesetzlichen Bestimmungen, aus parteilichen Abreden oder einer vertraglichen Risikoverteilung ergeben.1279 Bei der Auswahl der abwägungsrelevanten Gesichtspunkte sind zudem sowohl immaterielle Interessen als auch Grundrechte zu berücksichtigen.1280 Ausgangspunkt für die Auswahl der für die Abwägungsentscheidung relevanten Gesichtspunkte soll zunächst § 4 a RVG sein. Zwar kann – worauf das LG Aachen richtigerweise hinweist1281 – die Frage der Zulässigkeit eines Erfolgshonorars nicht mit der Frage der Erstattungsfähigkeit desselben nach den §§ 249 ff. BGB gleichgesetzt werden. Gleichwohl gibt § 4 a RVG Auskunft darüber, dass auch der Gesetzgeber davon ausgeht, dass nicht jeder Anspruchsinhaber aufgrund seiner wirtschaftlichen Situation in der Lage 1278  Stürner,

Verhältnismäßigkeit, S. 350; siehe auch Riehm, S. 59. Verhältnismäßigkeit, S. 350 f. 1280  Stürner, Verhältnismäßigkeit, S. 351. Allerdings weist Stürner darauf hin, dass Auswirkungen der konkreten Abwägung auf die Allgemeinheit nur dann zu berücksichtigen sind, wenn eine bestimmte abgrenzbare Gruppe anderer Personen hiervon betroffen ist. 1281  LG Aachen Urteil vom 22.12.2009  – Az.: 10 I 277/09, abrufbar unter BeckRS 2010, 28938. 1279  Stürner,



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage411

ist, einen bestehenden Anspruch durchsetzen zu können und deshalb die Vereinbarung von Erfolgshonoraren für Rechtsdienstleistungen grundsätzlich erforderlich sein kann, um Zugang zum Recht zu erlangen. Zum anderen ist in dieser Norm geregelt, unter welchen Voraussetzungen der Gesetzgeber die Möglichkeit der Vereinbarung erfolgsbasierter Anwaltsvergütungen als geboten ansieht. Des Weiteren könnten sich auch aus § 286 BGB Hinweise darauf ergeben, welche Interessen von der Rechtsordnung geschützt und daher als abwägungsrelevante Kriterien Berücksichtigung finden müssen. Auch aus den Prinzipien des Schadensrechts lassen sich bei der Abwägung zu berücksichtigende Interessen von Schädiger und Geschädigtem ableiten. Das Schadensersatzrecht des BGB beruht auf dem Ausgleichsgedanken.1282 Danach soll der Verletzte einen Anspruch auf Ausgleich erhalten.1283 Die Schadensersatzleistung soll also die dem Geschädigten entstandenen Nachteile ausgleichen. Geschützt wird zudem das Integritätsinteresse des Geschädigten, also dessen Interesse am Erhalt seiner materiellen und immateriellen Güter.1284 Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass im Schadensrecht das Prinzip der Totalreparation gilt. Nach diesem Grundsatz hat der Schädiger auch bei leichtester Fahrlässigkeit den gesamten Schaden zu ersetzen. Dies gilt auch dann, wenn dies die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit überschreitet.1285 a) Möglichkeit der Finanzierung des Rechtsstreits aus eigenen Mitteln Gemäß § 4 a RVG dürfen anwaltliche Erfolgshonorare nur dann vereinbart werden, wenn der Auftraggeber ansonsten aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse von der Rechtsverfolgung abgehalten werden würde. Aus dieser Voraussetzung ergeben sich die ersten beiden zu berücksichtigenden Abwägungskriterien. Es ist immer zu beurteilen, ob die Erteilung von Fremdaufträgen aus Sicht eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Situation des Anspruchsinhabers notwendig gewesen ist.1286 Dabei kommt es vor allem auf die Beurteilung zweier Problemkreise an. Zum einen ist zu fragen, ob von einem verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen hätte erwartet werden können, eigene Mittel zur Finanzierung des Rechtsstreits einzusetzen. Zum anderen ist zu prüfen, ob kostengünstigere Möglichkeiten 1282  Grüneberg,

in: Palandt, Vorb v § 249 BGB Rdn. 2. in: Jauernig, Vor §§ 249–253 BGB Rdn. 2. 1284  Oetker, in: Müko/BGB, § 249 BGB Rdn.  325. 1285  Grüneberg, in: Palandt, Vorb v § 249 BGB Rdn. 3. Es wird immer wieder über den Grundsatz der Totalreparation diskutiert; siehe dazu auch Canaris, Übermaßverbot, S. 1002. 1286  Fricke, S. 968; Rieble, S. 200 f. für Inkassokosten. 1283  Teichmann,

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

der Finanzierung des Rechtsstreits zur Verfügung gestanden hätten, denn von einem verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Situation des Anspruchsinhabers ist bei der Erteilung von Fremdaufträgen immer zu erwarten, einen möglichst effektiven und kostengünstigen Weg zu wählen.1287 Zunächst soll erörtert werden, ob und unter welchen Umständen von einem verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Situation des Anspruchsinhabers hätte erwartet werden können, eigene Mittel zur Finanzierung des Rechtsstreits einzusetzen. aa) Grundsätzliches Bestehen einer Obliegenheit zum Einsatz eigener Mittel zur Prozessfinanzierung Die nachfolgenden Ausführungen werden verdeutlichen, dass der Anspruchsinhaber grundsätzlich dazu verpflichtet ist, eigene Mittel zur Prozessfinanzierung einzusetzen, wenn ihm dies ohne Einschränkung seiner gewohnten Lebensführung möglich ist. Mithin ist die Obliegenheit nicht dahingehend zu verstehen, dass der Anspruchsinhaber sein gesamtes Einkommen und Vermögen zur Prozessfinanzierung einsetzen muss. Vielmehr muss der Einsatz eigenen Vermögens zur Prozessfinanzierung dem Anspruchsinhaber zumutbar sein. (1) Ergebnisse der ökonomischen Analyse Dafür sprechen zunächst einmal die Ergebnisse der im Rahmen dieser Abhandlung durchgeführten ökonomischen Analyse. Ein Anspruch auf Erstattung des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars ist aus ökonomischer Sicht nur dann als sinnvoll anzusehen, wenn die Haftungsregelung so ausgestaltet ist, dass dem Anspruchsinhaber der Anreiz vermittelt wird, ein Prozessfinanzierungsunternehmen immer nur dann einzuschalten, wenn andere kostengünstigere Finanzierungsmöglichkeiten nicht vorhanden sind.1288 Dabei ist auch das zur Prozessführung einsetzbare eigene Vermögen des Anspruchsinhabers zu berücksichtigen. Würde man den Einsatz eigenen Vermögens im Rahmen des Zumutbaren nicht verlangen, würde auch der vermögende Anspruchsinhaber ein Prozessfinanzierungsunternehmen „zu Lasten“ des Anspruchsgegners einschalten. Dies belegt anschaulich der bereits vorgestellte Fall von Naomi Campell.1289 Der Anspruchsinhaber könnte die gewerbliche Prozessfinanzierung dann als strategisches Mittel 1287  Rieble,

S. 200 f. für Inkassokosten. ist im zweiten Teil dieser Abhandlung ausführlich dargestellt worden. Siehe dazu 2. Teil, 4. Kapitel, C.V. 1289  2. Teil, 4. Kapitel, C.III.2.b). 1288  Dies



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage413

der „Zermürbung“ der Gegenseite einsetzen. Dies würde zu wohlfahrtstheo­ retisch ungünstigen Anreizen führen. (2) Wertung des § 4 a RVG Auch dem § 4 a RVG lässt sich eine solche Wertung entnehmen. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht die Verfassungswidrigkeit des Verbots der Vereinbarung anwaltlicher Erfolgshonorare u. a. damit begründet, dass auch nicht vollkommen vermögenslose Anspruchsinhaber vor der Frage stehen können, ob es ihnen ihre wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben, ihre Ansprüche durchzusetzen.1290 Diese Argumentation lässt den Rückschluss zu, dass das Bundesverfassungsgericht den Einsatz sämtlichen vorhandenen Einkommens und Vermögens des Anspruchsinhabers zur Erbringung der Rechtsverfolgungskosten für nicht zumutbar hält. In der Gesetzesbegründung zu § 4 a RVG, der als Reaktion auf den vorbezeichneten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts erlassen wurde, wird auf diese Argumenta­ tion des Bundesverfassungsgerichts hingewiesen.1291 Auch in der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages wird explizit ausgeführt, dass die Vereinbarung eines anwaltlichen Erfolgshonorars auch dann in Betracht kommen kann, wenn der Antragsteller eine Alternative hat1292 – also über ein gewisses Einkommen oder Vermögen verfügt. Folgerichtig verlangt der Gesetzgeber in § 4 a RVG, anders als bei der Prozesskostenhilfe, keine Bedürfnisprüfung.1293 Vielmehr steht der Weg zum Erfolgshonorar nach dem Willen des Gesetzgebers nicht nur völlig mittellosen Personen, sondern auch der so genannten Mittelschicht offen.1294 Des Weiteren hat der Gesetzgeber die Zulässigkeit eines Erfolgshonorars gerade nicht an eine Pflicht zur vollständigen Verwertung von Vermögen gekoppelt.1295 Jedoch ist der Gesetzgeber auch im Zusammenhang mit § 4 a RVG nicht davon ausgegangen, dass der Rechtsschutzsuchende unter keinen Umständen eigenes Vermögen zur Finanzierung der Rechtsanwaltskosten einsetzen müsse. Vielmehr müsse im Einzelfall entschieden werden, ob der Einsatz eigenen Vermögens und Einkommens dem Antragsteller zumutbar sei. Davon hänge auch die Zulässigkeit der Vereinbarung eines Erfolgshonorars ab.

1290  BVerfG

NJW 2007, 979, 984. 16/8384, S. 11. 1292  BT-Drs. 16/8916, S. 14. 1293  Kilian, Neuregelung, S. 1907; Blattner, S. 564. 1294  Fölsch, S. 729. 1295  Kilian, Neuregelung, S. 1907; Blattner, S. 564. 1291  BT-Drs.

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

Anknüpfungspunkt für eine solche Prüfung sind die in § 4 a RVG aufgeführten Begriffe „wirtschaftliche Verhältnisse“ und „bei verständiger Betrachtung“. Für die Zulässigkeit der Vereinbarung eines Erfolgshono­ rars ist danach entscheidend, „dass der Auftraggeber aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse bei verständiger Betrachtung ohne die Vereinbarung eines Erfolgshonorars von der Rechtsverfolgung abgehalten werden würde“.1296 Bei dem Begriff „wirtschaftliche Verhältnisse“ handelt es sich um einen auslegungsbedürftigen1297, unbestimmten Rechtsbegriff.1298 Nach der gesetzgeberischen Vorstellung sei nicht maßgebend, ob eine durchschnittliche, rechtssuchende Person in einer bestimmten Rechtsangelegenheit ohne die Vereinbarung eines Erfolgshonorars davon abgehalten werden würde, ihre Rechte durchzusetzen. Vielmehr komme es hierbei auf die einzelne rechtssuchende Person in ihrer jeweiligen Lebenslage an.1299 Dem Auftraggeber wird daher eine subjektive Einschätzungsprärogative eingeräumt.1300 Es muss also nach der subjektiven Einschätzung des Auftraggebers nicht möglich sein, die Rechtsverfolgung aus eigenen vorhandenen Mitteln zu finanzieren.1301 Dies ist nach der gesetzgeberischen Vorstellung beispielsweise dann der Fall, wenn um den einzigen oder wesentlichen Vermögensbestandteil des Auftraggebers gestritten wird.1302 Auch der Begriff der „verständigen Betrachtung“ ist ein unbestimmter Rechtsbegriff und muss daher ausgelegt werden.1303 Das Kriterium der „verständigen Betrachtung“ wirkt in zwei Richtungen regulierend, und zwar zum einen auf die subjektive Einschätzungsprärogative und zum anderen als „Einfallstor“1304 zur Berücksichtigung weiterer Kriterien.1305 Demzufolge kommt es für die Beurteilung, ob ohne Vereinbarung eines Erfolgshonorars aufgrund der gegebenen wirtschaftlichen Verhältnisse ein Auftraggeber von der Rechtsverfolgung abgehalten würde, nicht allein auf die subjektive Auffassung des Auftraggebers an, sondern auf eine verständige Betrachtung. Somit ist es nicht ausreichend, wenn der Auftraggeber 1296  Teubel,

in: Mayer/Kroiß, § 4 a RVG Rdn.  27. S. 22. 1298  Kleine-Cosack, S. 505. 1299  BT-Drs. 16/8384, S. 10 f.; Mayer, in: Gerold/Schmidt, § 4 a RVG Rdn.  6. 1300  Mayer, in: Gerold/Schmidt, § 4 a RVG Rdn.  6; Mayer, in: Mayer/Winkler S. 49. 1301  Baumgärtel, in: Baumgärtel/Hergenörder/Houben, § 4 a RVG Rdn.  4. 1302  BT-Drs. 16/8384, S. 11. 1303  Bischof, in: Bischof, § 4 a RVG Rdn. 11. 1304  Mayer, in: Mayer/Winkler, Erfolgshonorar, S. 49. 1305  Mayer, in: Mayer/Winkler, Erfolgshonorar, S. 49. 1297  Mann/Wolf,



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage415

subjektiv der Auffassung ist, nur mit der Vereinbarung eines Erfolgshonorars sein Recht verfolgen zu können.1306 Unzureichend sind vielmehr die „subjektive Auffassung des Auftraggebers, seine besondere Risikoscheu, seine subjektiven Befürchtungen oder die alleinige Erklärung des Auftraggebers, er werde ohne die Vereinbarung eines Erfolgshonorars sein Recht nicht verfolgen können“.1307 Die subjektive Einschätzung des Auftraggebers wird daher am objektiven Kriterium der „verständigen Würdigung“ überprüft – muss also „bei verständiger Betrachtung nachvollziehbar und plausibel sein“.1308 Des Weiteren erfordert die „verständige Betrachtung“ nach Auffassung des Gesetzgebers, dass neben den wirtschaftlichen Verhältnissen andere Aspekte Berücksichtigung bei der Bewertung der Zulässigkeit einer Erfolgshonorarvereinbarung finden. Die Entscheidung muss sich dabei unter Berücksichtigung aller Umstände als nachvollziehbar und plausibel erweisen.1309 So können besondere tatsächliche Gegebenheiten der Sache bzw. besondere persönliche Umstände des Auftraggebers bei verständiger Betrachtung die Vereinbarung eines Erfolgshonorars rechtfertigen.1310 Insbesondere sollen auch die finanziellen Risiken und deren Bewertung durch den jeweiligen Auftraggeber bei der Entscheidung über die Zulässigkeit eines anwaltlichen Erfolgshonorars Berücksichtigung finden können.1311 Das Kriterium der verständigen Betrachtung lasse also auch dann – so Vogeler – die Möglichkeit der Vereinbarung eines Erfolgshonorars zu, wenn die wirtschaftlichen Verhältnisse des Mandanten isoliert betrachtet einer Rechtsverfolgung eigentlich nicht entgegenstehen würden, die Vereinbarung eines Erfolgshonorars bei Berücksichtigung der mit der Rechtsdurchsetzung verbundenen finanziellen Risiken und der Erfolgsaussichten aber trotzdem als „vernünftig“ erscheine.1312 So könne selbst bei einem hohen Vermögen des Auftraggebers die Vereinbarung eines Erfolgshonorars zulässig sein, wenn dieser bei verständiger Betrachtung sein Recht ansonsten nicht verfolgt hätte. In einer solchen Situation unterscheide sich der vermögende Auftraggeber – so Baetge  – nicht von einem Vermögenslosen.1313 Zu beachten ist zudem, dass auf der einen Seite zwar ein flexibler Maßstab bei der Beurteilung gelten soll. Auf der anderen Seite darf die Kontrolle jedoch

1306  Teubel,

in: Mayer/Kroiß, § 4 a RVG Rdn.  29. S. 323. 1308  LG Berlin BeckRS 2010, 30448; Bischof, in: Bischof, § 4 a RVG Rdn. 10; Vogeler, S. 323; Fölsch, S. 729. 1309  Vogeler, S. 323. 1310  Hänsch, S. 21. 1311  BT-Drs. 16/8384, 10 f.; Mayer, in: Gerold/Schmidt, § 4 a RVG Rdn.  7. 1312  Vogeler, S. 323. 1313  Baetge, S. 681. 1307  Vogeler,

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

nicht allzu großzügig ausfallen, da die Vereinbarung eines Erfolgshonorars auch weiterhin grundsätzlich weiterhin die Ausnahme sein soll.1314 Im Ergebnis ist festzustellen, dass auch die Zulässigkeit der Vereinbarung eines Erfolgshonorars gem. § 4 a RVG an die Vermögenssituation des Rechtsschutzsuchenden anknüpft und diesem im Einzelfall unter bestimmten Umständen auch den Einsatz eigenen Vermögens abverlangt. Letztlich geht es bei § 4 a RVG darum, dem Rechtsschutzsuchenden die Vereinbarung eines Erfolgshonorars zu ermöglichen, wenn ihm nur auf diesem Weg der Zugang zum Recht eröffnet werden kann. Hierfür sollen allerdings enge Grenzen gelten, und zwar die des verfassungsmäßig unabdingbar Gebotenen.1315 Im Ergebnis lässt sich § 4 a RVG nicht die Wertung entnehmen, dass der Anspruchsinhaber unter keinen Umständen zum Einsatz eigener Mittel zur Schadensbeseitigung verpflichtet ist. (3) S  chutz des Anspruchsgegners vor ausufernden Schadensersatzansprüchen Allerdings geht es bei § 4 a RVG darum, die Vereinbarung von anwalt­ lichen Erfolgshonoraren zum Schutz des Mandanten in engen Grenzen zu halten.1316 Es ist daher richtig, wenn das LG Aachen1317 darauf hinweist, dass die Frage der Zulässigkeit eines Erfolgshonorars nicht mit der Frage der Erstattungsfähigkeit desselben nach den §§ 249 ff. BGB gleichgesetzt werden kann. Jedoch geht es auch aus schadensersatzrechtlicher Perspektive darum, die Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens in engen Grenzen zu halten, und zwar zum Schutz des Anspruchsgegners vor unnötig hohen Kosten der Schadensbeseitigung. Grund hierfür ist das im Schadensrecht verankerte Wirtschaftlichkeitsgebot. Trotz dieser grundsätzlichen Zielrichtung des Schadensersatzrechtes ist es umstritten, ob eine Obliegenheit des Geschädigten besteht, den Schaden zunächst aus eigenen Mitteln zu beseitigen. So stellt sich die Frage, inwieweit ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch zunächst eigene Mittel zur Schadensbeseitigung einsetzen würde, etwa im Zusammenhang mit Kfz-Reparaturen. Hier wird u. a. darüber diskutiert, ob und unter welchen Voraussetzungen der Geschädigte einen Kredit zur Finanzierung der Schadensbeseitigung aufnehmen darf. Der Schwerpunkt der Auseinanderset1314  Fölsch,

S. 729. 16/8384, S. 10 f. 1316  Weyland in Feuerich/Weyland § 49 b BRAO Rdn.  67 a. 1317  LG Aachen Urteil vom 22.12.2009  – Az.: 10 I 277/09, abrufbar unter BeckRS 2010, 28938. 1315  BT-Drs.



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage417

zung liegt dabei auf der Frage, inwieweit der Geschädigte vor einer Kreditaufnahme eigene Mittel zur Schadensbeseitigung einsetzen muss. Eine ähnliche Problematik taucht außerdem im Zusammenhang mit der Schadensersatzfähigkeit von Unfallersatztarifen auf. Auch hier wird darüber diskutiert, ob und inwieweit es dem Geschädigten zur Vermeidung des teuren Unfallersatztarifes zugemutet werden könne, seine Kreditkarte einzusetzen oder in einer sonstigen Art zur Vorleistung verpflichtet zu sein.1318 Die bezüglich dieser Fallgruppen vertretenen Auffassungen zum Einsatz eigener Mittel zur Schadensbeseitigung sollen vorgestellt und diskutiert werden. (a) Keine Vorleistungspflicht Teilweise wird die Auffassung vertreten, der Geschädigte sei nur unter bestimmten besonderen Umständen bzw. überhaupt nicht verpflichtet, den Schaden zunächst aus eigenen Mitteln zu beseitigen.1319 Schließlich habe der Geschädigte Anspruch auf einen sofortigen Ersatz.1320 Es sei daher grundsätzlich Sache des Schädigers, die Schadensbeseitigung vorzufinanzieren.1321 In diesem Sinne lehnte beispielsweise der BGH 1989 die generelle Verpflichtung des Geschädigten ab, ein Deckungsgeschäft aus eigenen Mitteln vornehmen zu müssen.1322 Ein besonderer, den Geschädigten zur Vorfinanzierung „verpflichtender“, Umstand wird beispielsweise dann angenommen, wenn mit dem Einsatz eigener Mittel in geringem Umfang ein verhältnismäßig hoher Schaden vermieden werden könne.1323 Es obliege jedoch grundsätzlich dem Risiko des Schädigers, auf einen Geschädigten zu treffen, der selbst finanziell nicht in der Lage ist, den Schaden aus eigenen Mitteln vorzufinanzieren.1324 Folgte man dieser Auffassung, wäre eine Obliegenheit des Geschädigten zur Vorfinanzierung der Schadensbeseitigung nur ausnahmsweise bei Vorliegen entsprechender besonderer Umstände anzunehmen. Dem Geschädigten wäre es nach dieser Auffassung für gewöhnlich möglich, einen Dritten einzuschalten und die damit entstehenden Kosten dem Schädiger aufzubürden. 1318  Siehe

u. a. BGH NJW 2005, 1933, 1935; NZV 2007, 290, 291. NJW 1989, 290, 291; 2002, 2553, 2554; OLG München VersR 1964, 442; 1969, 1098. 1320  BGH NJW 1989, 290, 291. 1321  BGH NJW 1974, 34, 35; 1989, 290, 291. 1322  BGH NJW 1989, 291 f. 1323  Herrler, Schadensminderungsobliegenheit, S. 339. 1324  AG Magdeburg Urteil vom 21.09.2009  – Az.: 140 C 2459/2008, abrufbar unter www.juris.de. 1319  BGH

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

(b) Vorleistungspflicht Nach anderer Auffassung ist es dem Geschädigten grundsätzlich zuzumuten, den zur Schadensbehebung erforderlichen Betrag aus eigenen Mitteln vorzufinanzieren, wenn dies ohne Einschränkung seiner gewohnten Lebensführung möglich ist.1325 Dies sei immer dann der Fall, wenn die zur Schadensbeseitigung notwendigen Mittel nicht zum Unterhalt des Geschädigten und seiner Familie benötigt würden bzw. der Geschädigte bereits getroffene Dispositionen nicht ändern oder geplante Ausgaben zurückstellen müsse.1326 Vom Geschädigten könne eine vorübergehende Zweckbindung eigener Geldmittel zur Schadensminderung erwartet werden.1327 Konsequenz dieser Auffassung ist, dass es dem Anspruchsinhaber, sofern eine Vorfinanzierung aus eigenen Mitteln möglich ist, nicht erlaubt ist, die durch die Einschaltung eines Dritten entstehenden Kosten dem Anspruchsgegner aufzubürden.1328 Dieser Auffassung zufolge können die Kosten für gebotene und übliche Eigenbemühungen des Anspruchsinhabers nicht dem Anspruchsgegner aufgebürdet werden, indem Dritte beauftragt werden.1329 (c) Stellungnahme Für die Abwägung der beiden Auffassungen kommt es daher darauf an, welchen Interessen der Vorrang gegeben wird – dem Interesse des Schädigers an einer Geringhaltung des Schadens oder dem Interesse des Geschädigten, die bei ihm vorhandenen Ressourcen zu schonen und nicht zur Schadensbeseitigung einsetzen zu müssen.1330 Gegen eine grundsätzliche Vorleistungspflicht des Geschädigten spricht der in § 249 Abs. 1. BGB verankerte Grundsatz der Naturalrestitution als Regelfall des Schadensersatzes. Nach dem Willen des Gesetzgebers ist es grundsätzlich Sache des Schädigers, den Schadensersatzanspruch des geschädigten Anspruchsinhabers durch die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes zu erfüllen.1331 Damit sei der Naturalrestitution immer eine Vorleistungspflicht des Schädigers immanent.1332 Anderenfalls würde der 1325  BGHZ 61, 346, 350 f.; BGH NJW 1974, 34, 36; 1989, 290, 291; 2002, 2553; OLG Düsseldorf, NJW-RR 687, 688; Schiemann, in: Staudinger, § 254 BGB Rdn. 91; Otting, S. 291. 1326  Klimke, S. 890. 1327  BGH NJW 1974, 34, 36. 1328  Rieble, S. 200. 1329  Rieble, S. 200. 1330  So Bär, S. 29. 1331  Bär, S. 29. 1332  Bär, S. 29.



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage419

Anspruch auf Naturalrestitution von der Zahlungsfähigkeit des Geschädigten abhängen – was mit den Zwecken des Schadensersatzrechtes nicht im Einklang stehen dürfte.1333 Zudem ist auch an dieser Stelle noch einmal zu betonen, dass die mit dem berechtigten Schadensersatzanspruch konfrontierte Partei den Rechtsstreit letztlich veranlasst hat.1334 Insoweit kann von dem Geschädigten nicht erwartet werden, vorhandene Geldmittel einzusetzen, nur um den Schädiger beispielsweise vor den mit der Aufnahme eines Kredits oder der Anmietung eines Fahrzeuges zu einem Unfallersatztarif verbundenen Kosten zu bewahren. Auf der anderen Seite ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber dem Geschädigten in bestimmten Fällen (§ 249 Abs. 2 S. 1 BGB) gerade das Recht einräumt, seinen Schaden selbst zu beheben. Damit nimmt er auch in Kauf, dass der Geschädigte mit dem Aufwand zunächst gegebenenfalls in Vorlage tritt und mutet ihm den Einsatz eigener Mittel zu.1335 Zwar kommt der Einsatz besonderer Fähigkeiten des Geschädigten oder von dessen Freizeit bei der Schadensbeseitigung dem Schädiger grundsätzlich nicht zugute. Jedoch könne daraus nicht – so der BGH – geschlossen werden, dass von dem Geschädigten nicht eine vorübergehende Zweckbindung eigener finanzieller Mittel zwecks Schadensminderung erwartet werden könne.1336 Dem ist zuzustimmen. Zudem ist an dieser Stelle an die Ausführungen zur rechtlichen Bewertung des Zurechnungskriteriums der Erforderlichkeit zu erinnern. Danach haftet der Schädiger für selbstschädigendes Verhalten nur dann, wenn der Geschädigte ein vernünftiges und damit rechtlich erwünschtes Risiko eingegangen ist – mithin eine „Kongruenz zwischen Verletzungsart und Normzweck“1337 vorliegt.1338 Es wäre nicht als vernünftig und rechtlich erwünscht anzusehen, erteilte der Geschädigte Fremdaufträge zur Finanzierung der Schadensbeseitigung, obwohl er ohne Weiteres selbst in der Lage gewesen wäre, die finanziellen Mittel selbst aufzubringen. Des Weiteren ist auch das Interesse des Schädigers an der Geringhaltung des von ihm zu ersetzenden Schadens zu beachten. Lehnte man eine grundsätzliche Obliegenheit des Geschädigten ab, die Schadensbeseitigung – soweit zumutbar, zunächst aus eigenen Mitteln vorzufinanzieren, liefe man tatsächlich Gefahr, den Schädiger mit unverhältnismäßig hohen Kosten zu belasten. Eventuell würde der Geschädigte immer darauf verzichten, auf eigene Ressourcen zur Schadensbeseitigung zurückzugreifen und stattdessen einen 1333  Bär,

S. 29.

1334  Braunschneider,

S. 216. NJW 1974, 34, 36. 1336  BGH NJW 1974, 34, 36. 1337  Lang, S. 85. 1338  Vgl. 3. Teil, 2. Kapitel, C.VI.1.d)cc). 1335  BGH

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

Kredit aufnehmen, wenn er von einer Kostentragungspflicht des Schädigers ausgehen könne. Die Entwicklung der Unfallersatztarife bis in das Jahr 2004 ist ein gutes Beispiel für die Gefahr einer solchen Fehlsteuerung. Da der Geschädigte die Kosten der Schadensbeseitigung nicht selbst tragen musste, hatte er kein Interesse daran, diese gering zu halten. Dieser Umstand spricht dafür, von einer grundsätzlichen Obliegenheit des Geschädigten auszugehen, sofern dies zumutbar ist, zunächst eigene finanzielle Mittel zur Schadensbeseitigung einzusetzen, wenn hierdurch beispielsweise hohe Finanzierungs- oder Mietkosten verhindert werden können. Zudem berücksichtigen auch die Vertreter dieser Auffassung die Interessen des Geschädigten in ausreichendem Maße, indem sie das Bestehen der Obliegenheit des Geschädigten, notfalls auch eigene Mittel zur Schadensbeseitigung einzusetzen, von der Zumutbarkeit abhängig machen. Die Frage der Zumutbarkeit wird wiederum nicht schematisch beantwortet, sondern hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Ist es dem Geschädigten nicht zumutbar, die Kosten aus eigenen Mitteln zunächst vorzufinanzieren, weil er nicht liquide ist, besteht die Vorleistungspflicht auch nicht. Es besteht damit nicht die Gefahr der Abhängigkeit der Naturalrestitution von der Zahlungsfähigkeit des Geschädigten. Die Interessen des Geschädigten werden des Weiteren dadurch berücksichtigt, dass diesem ein Schadensersatzanspruch bezüglich des durch die Vorfinanzierung entstandenen Zinsschadens zugesprochen wird. Auch obliegt es weiterhin dem Risiko des Schädigers, auf einen Geschädigten zu treffen, der selbst finanziell nicht in der Lage ist, den Schaden aus eigenen Mitteln zu bezahlen. Bei der Beurteilung der Zumutbarkeit könnten zudem auch andere Aspekte berücksichtigt werden. So schlägt Bär vor, danach zu unterscheiden, ob dem Schädiger eindeutig die Alleinschuld anzulasten sei oder die Schuldfrage zumindest „prima facie“1339 unklar erscheine. Im ersten Fall sei der Geschädigte als besonders schutzwürdig anzusehen, sodass es gerechtfertigt erscheine, die Leistungspflicht hier besonders zu betonen.1340 Etwas anderes müsse natürlich – so Bär – bei einer unklaren Schuldfrage gelten. Hier sei die Schadensminderungspflicht des Geschädigten stärker hervorzuheben.1341 Im Ergebnis berücksichtigt die Auffassung, nach der es dem Geschädigten grundsätzlich zuzumuten ist, den zur Schadensbehebung erforderlichen Betrag aus eigenen Mitteln vorzufinanzieren, wenn dies zumutbar – also ohne Einschränkung seiner gewohnten Lebensführung – möglich ist, besser die Interessen beider Parteien. Daher ist dieser Auffassung zu folgen. 1339  Bär,

S. 29. S. 29. 1341  Bär, S. 29. 1340  Bär,



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage421

(d) Ergebnis Auch bei anderen schadensersatzrechtlichen Fallgruppen ist also davon auszugehen, dass es dem Geschädigten grundsätzlich obliegt, den zur Schadensbehebung erforderlichen Betrag aus eigenen Mitteln vorzufinanzieren, wenn ihm dies zumutbar, also ohne Einschränkung seiner gewohnten Lebensführung, möglich ist. Der Schädiger soll vor unwirtschaftlichen Kosten der Schadensbeseitigung, deren Höhe er nicht beeinflussen kann, geschützt werden. Im Zusammenhang mit materiell-rechtlichen Kostenerstattungsansprüchen kommt dem Kriterium der Erforderlichkeit der Rechtsverfolgungskosten ein ähnlicher Zweck zu. Der Schädiger soll nicht mit unnötigen und überhöhten Rechtsverfolgungskosten belastet werden. Letztlich geht es immer darum, bei der Bestimmung des ersatzfähigen Schadens einen sachgerechten Interessenausgleich zwischen Geschädigtem und Schädiger zu finden. Insofern sind keine Gründe dafür ersichtlich, warum für den Anspruchsinhaber, der über die Einschaltung eines Prozessfinanzierungsvertrages nachdenkt, eine andere Bewertung hinsichtlich der Vorleistungspflicht gelten sollte als für den Schädiger, der über die Finanzierung der Schadensbeseitigung mittels eines Bankkredits nachdenkt. (4) Wertung des § 12 GKG i. V. m. § 6 Abs. 1 GKG Auch § 12 Abs. 1 GKG spricht für das Bestehen einer Obliegenheit zum Einsatz eigener Mittel zur Prozessfinanzierung. Gem. § 12 Abs. 1 GKK soll in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten die Klage erst nach Zahlung der Gebühr für das Verfahren zugestellt werden. In bürgerlich-rechtlichen Streitigkeiten wird die Verfahrensgebühr gem. § 6 Abs. 1 S. 1 GKG „mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig“. Der Gesetzgeber selbst mutet es dem Anspruchsinhaber also zu, die Kosten der Rechtsverfolgung zunächst einmal aus der „eigenen Tasche“ vorzufinanzieren. (5) Ergebnis Die vorangegangenen Ausführungen zeigen, dass von einem verständigen, wirtschaftlich denkenden Geschädigten grundsätzlich eine vorübergehende Zweckbindung eigener Geldmittel im Rahmen der Schadensbeseitigung erwartet werden kann. Dies gilt auch für die Finanzierung der Kosten der Rechtsverfolgung. Dies ergibt sich – wie ausgeführt – bereits aus den Wertungen des § 4 a RVG und des § 12 GKG i. V. m. § 6 Abs. 1 GKG sowie aus den im Schadensrecht geltenden Prinzipien, nach denen die Erteilung von Fremdaufträgen aus Sicht eines verständigen, wirtschaftlich denkenden

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

Menschen in der Situation des Anspruchsinhabers notwendig gewesen sein muss.1342 Allerdings sind der Obliegenheit, die Rechtsdurchsetzungskosten aus eigenen Mitteln vorzufinanzieren, Grenzen zu setzen. Eine solche Obliegenheit ist nur dann anzunehmen, wenn der Einsatz eigener Mittel dem Anspruchsinhaber möglich und zumutbar ist. Von dem Anspruchsinhaber ist also nicht zu verlangen, sein gesamtes Einkommen und Vermögen zur Prozessführung einzusetzen, sondern nur soweit dies ohne erhebliche Einschränkung seiner gewohnten Lebensführung möglich ist. Ist der Einsatz eigenen Vermögens als möglich und zumutbar anzusehen, ist die Notwendigkeit der Erteilung von Fremdaufträgen zur Übernahme des Vorfinanzierungs- bzw. Rechtsdurchsetzungsrisikos von vornherein abzulehnen. Auf diese Weise lassen sich die Interessen von Anspruchsinhaber und Anspruchsgegner am besten berücksichtigen und in Einklang bringen, und zwar auf der einen Seite das sowohl vom Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil zum anwaltlichen Erfolgshonorar als auch vom Gesetzgeber bei der Normierung des § 4 a RVG ausdrücklich anerkannte berechtigte Interesse des Anspruchsinhabers, die mit der Rechtsverfolgung verbundenen Kosten und Risiken nicht in jedem Fall selbst tragen und sämtliches Einkommen und Vermögen hierzu einsetzen zu müssen, sondern auf einen Dritten abwälzen zu können. Andererseits ist das Interesse des Anspruchsgegners zu berücksichtigen, nur für „vernünftige“ selbstveranlasste Aufwendungen des Geschädigten einstehen zu müssen. Zudem können auf diese Weise Fehlsteuerungen vermieden werden, denn der Anspruchsinhaber kann die Übertragung der finanziellen Risiken der Rechtsverfolgung auf einen Dritten nicht immer, sondern nur bei Vorliegen bestimmter Umstände für erforderlich halten. Mithin ist von einem verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Situation des Anspruchsinhabers daher zu verlangen, erst dann die Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens zu erwägen, wenn es ihm sein Einkommen und Vermögen nicht erlauben, die Kosten der Rechtsdurchsetzung selbst tragen zu können. bb) Voraussetzungen der Vorleistungspflicht Mithin ist in einem zweiten Schritt zu untersuchen, unter welchen Vo­ raussetzungen es dem Anspruchsinhaber zumutbar ist, eigenes Einkommen und Vermögen zur Rechtsdurchsetzung einzusetzen. Die Grenze der Zumutbarkeit dürfte dann erreicht sein, wenn die Gefahr besteht, dass der Anspruchsinhaber aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse von der Rechtsverfolgung abgehalten werden könnte. Die Entscheidung, ob die Finanzierung der Rechtsverfolgungskosten aus eigenen Mitteln vorgenommen 1342  Fricke,

S.  968 f.



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage423

werden kann, ist immer im Einzelfall festzustellen. Insofern verbietet sich jedes schematische Vorgehen. Vielmehr kommt es immer auf die individuellen Gegebenheiten des Einzelfalls – vor allem auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Anspruchsinhabers – an. Dabei ist die Beurteilung aus einer objektiven Sicht vorzunehmen. Dies ergibt sich sowohl aus den Grundsätzen des Schadensersatzrechts, nach denen es auf die Sicht eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Situation des Anspruchs­ inhabers ankommt, als auch aus § 4 a RVG, nach dem die subjektive Einschätzung anhand des objektiven Kriteriums der verständigen Würdigung überprüft wird. (1) Beurteilungsmaßstab Zunächst ist zu untersuchen, nach welchen Kriterien die Zumutbarkeit des Einsatzes eigener Mittel zur Finanzierung der Rechtsdurchsetzungskosten zu überprüfen ist. (a) Anwendung der Voraussetzungen des § 115 ZPO Möglicherweise könnte § 115 ZPO entnommen werden, unter welchen Voraussetzungen der Anspruchsinhaber zum Einsatz eigenen Vermögens verpflichtet ist. Die Vorschrift ist im ersten Teil dieser Abhandlung bereits vorgestellt worden.1343 Hierauf soll verwiesen werden. Die Vorschrift des § 115 ZPO lässt Rückschlüsse darauf zu, wann ein Antragsteller vom Gesetzgeber als bedürftig und nicht in der Lage angesehen wird, einen Rechtsstreit aus eigenen Mitteln zu finanzieren. Es scheint daher naheliegend zu sein, diese Kriterien auch für die Beurteilung der Frage anzuwenden, wann ein vernünftiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Situation des Anspruchsinhabers vorrangig eigenes Einkommen und Vermögen zur Finanzierung des Rechtsstreits einsetzen würde. Allerdings verbietet sich dieser Rückschluss vor allem aus zwei Gründen: Zum einen liegen der Beurteilung der Bedürftigkeit bei der Prozesskostenhilfe bzw. der Erforderlichkeit im Schadensersatzrecht qualitativ unterschiedliche Situationen zugrunde.1344 Die Prozesskostenhilfe ist eine Form der Sozialhilfe im Bereich der Rechtspflege.1345 Es geht darum, den am Rechtsstreit unbeteiligten Staat – und damit den Steuerzahler – in die Fi1343  1. Teil,

1. Kapitel, B.I. S. 216. 1345  Reichling, in: Vorwerk/Wolf/Reichling, § 115 ZPO, Vorbemerkung zur Kommentierung. 1344  Braunschneider,

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

nanzierung des gerichtlich ausgetragenen Rechtsstreits einzubinden.1346 Obwohl der Staat den Rechtsstreit nicht veranlasst hat, soll er zumindest teilweise für die Kosten der Rechtsverfolgung einstehen. Hieraus folge selbstverständlich – so Braunschneider –, dass an das Vorliegen der Bedürftigkeit eines Antragstellers enge Anforderungen gestellt werden müssten. Es sei folgerichtig, von diesem zu verlangen, zunächst das bei ihm vorhandene – die Freigrenzen überschreitende – Einkommen und Vermögen zur Finanzierung des Rechtsstreits einsetzen zu müssen. Erst dann könne er auf die Hilfe des Staates zurückgreifen.1347 Im Schadensersatzrecht stellt sich diese Situation jedoch anders dar. Im Gegensatz zum Staat hat die mit einem erfolgreichen Schadensersatzanspruch konfrontierte Partei den Rechtsstreit veranlasst. Es geht hier also darum, „eine letztlich rechtsstreitauslösende Partei für die Folgen ihres Verhaltens verantwortlich zu machen“.1348 Es ist daher folgerichtig, in dieser Situation andere – vor allem geringere Anforderungen – an den Anspruchsinhaber bezüglich des Einsatzes vorhandenen Einkommens und Vermögens zu stellen. So könne von dem Anspruchsinhaber nicht verlangt werden, Einkommen und Vermögen in demselben Umfang wie bei § 115 ZPO zur Finanzierung des Gerichtsprozesses einzusetzen. Schließlich verweigere eine andere Person ihm die Erfüllung eines bestehenden Anspruches.1349 Zum anderen ist auf den Zweck des § 4 a RVG hinzuweisen. Bei der Einführung des anwaltlichen Erfolgshonorars hat der Gesetzgeber auf die Begründung des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungswidrigkeit des Verbots anwaltlicher Erfolgshonorare1350 Bezug genommen.1351 Dieses hatte darauf verwiesen, dass auch Rechtssuchende, die keine Prozesskosten- oder Beratungshilfe beanspruchen können, aus wirtschaftlichen Gründen von der Verfolgung ihrer Rechte absehen könnten, weil es ihnen die eigene wirtschaftliche Situation nicht erlaube, die Risiken eines Rechtsstreits einzugehen. Für solche Rechtssuchende sei das Bedürfnis anzuerkennen, eine erfolgsbasierte Vergütung abzuschließen.1352 Die Möglichkeit des Abschlusses anwaltlicher Erfolgshonorare dient also der Schließung der Rechtsdurchsetzungslücke, die sich daraus ergibt, dass viele Rechtssuchende zwar nicht bedürftig im Sinne von § 115 ZPO, aber dennoch wirtschaftlich nicht in der Lage sind, eigenes Einkommen bzw. Vermögen zur Finanzierung eines 1346  Braunschneider,

S. 216. S. 216. 1348  Braunschneider, S. 216. 1349  Braunschneider, S. 216. 1350  BVerfG NJW 2007, 979 ff. 1351  BT-Drs. 16/8384, S. 11. 1352  BVerfG NJW 2007, 979, 984. 1347  Braunschneider,



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage425

Rechtsstreits einzusetzen. Diesen Rechtssuchenden soll nach dem Willen des Gesetzgebers erlaubt sein, ein Erfolgshonorar abzuschließen, um ihr Recht durchsetzen zu können. Daraus ist zu schlussfolgern, dass der Gesetzgeber an die wirtschaftlichen Voraussetzungen der Zulässigkeit des Abschlusses einer erfolgsbasierten Vergütung weniger strenge Anforderungen stellt, als in § 115 ZPO vorgesehen. § 4 a RVG betrifft zwar nur die Zulässigkeit anwaltlicher Erfolgshonorare. Jedoch ist die Situation eines Anspruchsinhabers, der über den Abschluss eines Prozessfinanzierungsvertrages nachdenkt, mit der desjenigen zu vergleichen, der ein anwaltliches Erfolgshonorar zu vereinbaren gedenkt. Mithin kann § 115 ZPO nicht zur Beurteilung der Frage herangezogen werden, unter welchen Umständen ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Situation des Anspruchsinhabers eigenes Einkommen bzw. Vermögen zur Finanzierung der Rechtsdurchsetzung einsetzen würde. (b) § 4 a RVG Auch § 4 a RVG können keine bestimmten Kriterien entnommen werden, unter welchen Voraussetzungen eigenes Einkommen und Vermögen zur Finanzierung der Rechtsdurchsetzung eingesetzt werden kann. Der Vorschrift kann lediglich der Hinweis entnommen werden, dass es für die Zulässigkeit der Vereinbarung eines Erfolgshonorars auch auf die wirtschaftlichen Verhältnisse ankommt. Bei dem Begriff der „wirtschaftlichen Verhältnisse“ handelt es sich – wie bereits ausgeführt – um einen auslegungsbedürftigen,1353 unbestimmten Rechtsbegriff.1354 Dies führt zu Rechtsunsicherheiten bei der Beurteilung, unter welchen Umständen ein Auftraggeber aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse ohne Vereinbarung eines Erfolgshonorars von der Verfolgung seiner Rechte abgehalten werden kann. Wie bereits ausgeführt, ist der Vorschrift lediglich die Wertung zu entnehmen, dass eine Partei nicht ihr gesamtes Vermögen zur Prozessfinanzierung einsetzen muss. Bestimmte Kriterien sind bisher von Rechtsprechung und Literatur jedoch noch nicht „erarbeitet“ worden. (c) Schadensrechtliche Kriterien Ausgangspunkt zur Beurteilung der Frage, unter welchen Umständen von einem verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Situation des Anspruchsinhabers zu erwarten ist, eigene Mittel zur Finanzierung des 1353  Mann/Wolf,

S. 22. S. 505.

1354  Kleine-Cosack,

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

Rechtstreits einzusetzen, sollen die im Schadensersatzrecht zur Erforderlichkeit der Aufnahme eines Kredits zur Schadensbeseitigung gem. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB entwickelten Grundsätze sein, die jedoch entsprechend zu modifizieren sind. Wie bereits ausgeführt, hat das Erforderlichkeitskriterium des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB dieselbe Zielrichtung wie das Zurechnungskriterium der „Erforderlichkeit“ im Zusammenhang mit den materiell-rechtlichen Kostenerstattungsansprüchen. In beiden Fällen geht es darum, den Schädiger vor ausufernden Schadensersatzansprüchen zu schützen und den Geschädigten zu einer wirtschaftlichen Schadensbeseitigung zu veranlassen. Daraus ergeben sich die nachfolgend zu prüfenden Kriterien. (2) Höhe der zu verauslagenden Kosten Neben den wirtschaftlichen Verhältnissen kommt es auf die Höhe der zu erwartenden Rechtsdurchsetzungskosten an. Daher ist die Höhe des Streitwerts zu berücksichtigen und zu erwägen, ob Sachverständigenkosten oder Kosten einer Beweisaufnahme anfallen würden. Neben den wirtschaftlichen Verhältnissen spielt auch die Höhe der durch die Schadensbeseitigungsmaßnahme entstehenden Kosten eine Rolle. So wird eine Vorfinanzierung durch den Geschädigten immer dann geboten sein, wenn nicht erhebliche Summen im Raum stehen, die den Geschädigten überfordern. In diesem Sinne geht der BGH davon aus, dass dem Geschädigten bei kleineren Unfallschäden eine Vorfinanzierung in der Regel zuzumuten ist, da sich der Eigentümer eines Kraftfahrzeuges von vornherein auf solche Vermögensdispositionen einstellen könne.1355 Aber auch bei größeren Schäden könne eine Vorfinanzierung der Schadensbeseitigung durch den Geschädigten geboten sein, und zwar immer dann, wenn das Einkommen des Geschädigten dies zulasse.1356 So wird das Einkommen der „gehobenen Berufsschicht“1357 eine Vorfinanzierung bei nicht übermäßig hohen Schäden in der Regel wohl zulassen.1358 (3) Keine Einschränkung der gewohnten Lebensführung Hinsichtlich der Finanzierungskosten besteht Einigkeit darüber, dass von dem Geschädigten nicht verlangt werden könne, alle ihm verfügbaren Mittel einzusetzen. Der BGH vertritt insoweit in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass der Einsatz eigener Mittel dem Geschädigten nur dann 1355  BGH

NJW 1974, 34, 36. Alptraum, S. 979. 1357  LG Aachen VersR 1973, 650, 652. 1358  LG Aachen VersR 1973, 650, 652. 1356  Himmelreich,



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage427

zuzumuten sei, wenn ihm dies ohne besondere Einschränkung der Lebensführung möglich sei.1359 Dies sei immer dann der Fall, wenn der Geschädigte „ohne Beeinträchtigung seines sowie seiner Familie angemessenen Unterhalts und ohne schon getroffene Dispositionen zu ändern oder geplante Ausgaben zurückzustellen, kurzfristig die erforderlichen Schadensbeiträge abzweigen könne“.1360 Diese Grundsätze gelten auch hinsichtlich der Beurteilung der Frage, ob ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Situation des Anspruchsinhabers, eigene Mittel zur Finanzierung der Rechtsdurchsetzungskosten einsetzen würde. (4) „Notgroschen“ muss nicht eingesetzt werden Des Weiteren entspricht es herrschender Auffassung, dass es dem Geschädigten nicht zugemutet werden könne, auf geringe Ersparnisse oder Rücklagen, also den sogenannten „Notgroschen“, zurückzugreifen.1361 Damit würde der Geschädigte für sich und seine Familie ein unangemessenes ­Risiko eingehen. Er würde sich auf diesem Wege jeder Reserve für plötzlich eintretende Notfälle, z.  B. eine Krankheit oder auch Arbeitslosigkeit, „berauben“.1362 Diese könne nicht vom Geschädigten verlangt werden, nur um den Schädiger vor etwaigen Finanzierungskosten zu bewahren.1363 (5) Liquidität ist entscheidend Des Weiteren stellt sich – ähnlich wie bei der Erforderlichkeit anderer Finanzierungskosten – die Frage, ob und inwieweit der Anspruchsinhaber nur sofort und frei verfügbare Mittel einsetzen muss oder gegebenenfalls auch zur Auflösung von Festgeldern, Veräußerung von Aktien oder anderen Vermögensgegenständen verpflichtet ist. Im Gegensatz zur Prozesskostenhilfe wird der Einsatz eigener Mittel des Geschädigten nur dann als möglich angesehen, wenn dieser liquide, also im Besitz sofort frei verfügbarer und ausreichender eigener, flüssiger Mittel ist, oder sich diese problemlos beschaffen kann.1364 Es spielt also keine Rolle, wie viel Vermögen der Ge1359  BGH

S. 291.

VersR 1963, 1161, 1162; siehe auch Lange/Schiemann, S. 587; Otting,

1360  Himmelreich,

Alptraum, S. 979. Köln VersR 1973, 323, 324; LG Köln VersR 1974, 67, 68; Himmelreich, Alptraum, S. 979. 1362  BGH VersR 1963, 1161, 1162; LG Köln VersR 1974, 67, 68. 1363  Himmelreich, Alptraum, S. 979. 1364  OLG Köln VersR 1973, 323, 324; LG Köln VersR 1974, 67, 68; Himmelreich, Alptraum, S. 979; Klimke, S. 890; Braunschneider, S. 216. 1361  OLG

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

schädigte hat, solange dieses fest gebunden ist.1365 So werde der Geschädigte etwa nicht als verpflichtet angesehen, Wertpapiere zu einem ungünstigen Zeitpunkt mit Verlust zu verkaufen, um die Kosten der Schadensbeseitigung vorfinanzieren zu können.1366 Dies macht auch Sinn, denn man wird „schwerlich verlangen können, dass sich jemand an den Verkauf seiner Sachwerte begibt, nur um einen Kredit zu vermeiden, den er z. B. zur Zahlung der Gerichtskosten aufnehmen muss, weil ein anderer ihm eine berechtigte Rechtsposition verweigert“.1367 Aufgrund der mit dem Abschluss eines Prozessfinanzierungsvertrages einhergehenden hohen Kosten sind in dieser Hinsicht allerdings hohe Anforderungen an den Anspruchsinhaber zu stellen. Es ist davon auszugehen, dass von einem verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Situation des Anspruchsinhabers unter bestimmten Umständen durchaus erwartet werden kann, auch auf Festgelder, Aktien bzw. andere Vermögensgegenstände zur Finanzierung der Rechtsverfolgungskosten zurückzugreifen, also auch den Einsatz gebundenen Vermögens zu erwägen. Dies dürfte für den Anspruchsgegner oftmals billiger sein. Sicherlich können hier nicht dieselben strengen Maßstäbe wie bei der Prozesskostenhilfe gestellt werden. Gleichwohl ist eine enge Beurteilung geboten. Die Erforderlichkeit der Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens muss als Ausnahme betrachtet und nur dann angenommen werden, wenn eine andere Möglichkeit der Finanzierung des Prozesses dem Anspruchsinhaber nicht offen steht. Natürlich bestehen auch hier Grenzen der Zumutbarkeit. So kann von einem verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Situation des Anspruchsinhabers nicht erwartet werden, zur Altersabsicherung bestimmte finanzielle Reserven oder einen einzigen oder wesentlichen Vermögensgegenstand zur Prozessfinanzierung einsetzen zu müssen. Auch hier gilt es zu berücksichtigen, dass letztlich der Anspruchsgegner den Rechtsstreit durch seine Weigerung, den Anspruch zu erfüllen, ausgelöst hat. Von dem Anspruchsinhaber kann daher nicht erwartet werden, alle seine Wertgegenstände etc. zu verkaufen, nur um den ihm von der Gegenseite quasi aufgezwungenen Prozess finanzieren zu können. (6) Inanspruchnahme eines Dispositionskredits? Unter Umständen kann zudem eine Obliegenheit des Geschädigten bestehen, auch ein Kontokorrentkonto bei seinem Geldinstitut in Anspruch zu 1365  Braunschneider,

S. 216. S. 890. 1367  Braunschneider, S. 216. 1366  Klimke,



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage429

nehmen oder auf einen ihm eingeräumten Dispositionskredit zurückzugreifen.1368 Inwieweit dies dem Geschädigten tatsächlich als zumutbar angesehen wird, ist eine Frage der Beurteilung des Einzelfalls. So wird ihm bei schon vorhandener größerer Verschuldung wohl nicht zugemutet werden können, sich durch die Ausschöpfung eines ihm eingeräumten Dispositionskredits noch mehr zu verschulden.1369 cc) Ergebnis Von einem wirtschaftlich denkenden Menschen in der Situation des Anspruchsinhabers ist zu erwarten, eigenes Vermögen und Einkommen zur Finanzierung des Rechtsstreits einzusetzen, sofern ihm dies möglich und zumutbar ist. Die Grenze der Zumutbarkeit ist anhand einiger Kriterien zu ermitteln, z. B. der Höhe der Kosten. Zudem kann von dem Anspruchsinhaber nicht verlangt werden, sein gesamtes vorhandenes Vermögen zur Prozessfinanzierung einzusetzen. b) Vorhandensein günstigerer Finanzierungsbzw. Rechtsschutzzugangsmöglichkeiten Wie bereits ausgeführt, ist des Weiteren zu prüfen, ob kostengünstigere Möglichkeiten der Finanzierung des Rechtsstreits zur Verfügung gestanden hätten, denn von einem verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Situation des Anspruchsinhabers ist bei der Erteilung von Aufträgen an Dritte im Rahmen der Schadensbeseitigung zu erwarten, einen effektiven und kostengünstigen Weg zu wählen.1370 Es wurde bereits herausgearbeitet, dass die Erforderlichkeit der Vereinbarung eines Erfolgshonorars davon abhängt, ob und welche anderen – kostengünstigeren – Finanzierungsinstrumente bzw. Instrumente des Rechtsschutzzugangs dem Anspruchsinhaber zur Verfügung stehen. Dies ergibt sich vor allem aus dem allgemeinen für die Erstattungsfähigkeit von Aufwendungsschäden geltenden Wirtschaftlichkeitsgebot. Danach ist der Geschädigte verpflichtet, unter mehreren zum Schadensausgleich führenden Möglichkeiten diejenige zu ergreifen, die den geringsten Aufwand erfordert.1371 Auch § 91 ZPO geht von einem Kostenschonungsgebot aus. Danach sollen Parteien zu Köln VersR 1973, 323; so auch Himmelreich, Alptraum, S. 979. Köln VersR 1973, 323; so auch Himmelreich, Alptraum, S. 979. 1370  Rieble, S. 201, für Inkassokosten. 1371  BGH NJW 1976, 1396, 1398; 1992, 302, 303; 2005, 2541, 2542; Oetker, in: Müko/BGB, § 249 BGB Rdn.  385. 1368  OLG 1369  OLG

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

einer kostenbewussten Prozessführung und Vermeidung nicht notwendiger Kosten angehalten werden.1372 Es ist demnach zu prüfen, ob von einem verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Situation des Anspruchsinhabers zu erwarten ist, eine andere – unter Umständen kostengünstigere – Möglichkeit der Finanzierung der Rechtsverfolgungskosten durch Dritte in Anspruch zu nehmen. Dabei ist an die Inanspruchnahme der Rechtsschutzversicherung, die Aufnahme eines Privatkredits oder eines Darlehens bei einem Kreditinstitut bzw. an die Prozesskostenhilfe gem. §§ 114 ff. ZPO oder auch den unterhaltsrechtlichen Prozesskostenvorschuss gem. § 1360 a Abs. 4 BGB zu denken. Bei der Beantwortung dieser Frage stößt man auf mehrere Probleme: Zum einen bestehen – wie zu zeigen sein wird – zwischen den verschiedenen vorgenannten Finanzierungsinstrumenten erhebliche funktionale Unterschiede. Es ist also zu untersuchen, ob diese Instrumente überhaupt Berücksichtigung finden können. Zum anderen stellt sich die Frage, welcher Aufwand von einem verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Situation des Anspruchsinhabers zu erwarten ist, um sich über alternative Finanzierungsmöglichkeiten zu informieren bzw. diese gegebenenfalls in Anspruch nehmen zu können. Die Frage, unter welchen Umständen von einem verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Situation des Geschädigten zu erwarten ist, eine kostengünstigere Möglichkeit der Schadensbeseitigung zu wählen, stellt sich auch bei anderen schadensrechtlichen Fallgruppen, und zwar immer dann, wenn der Geschädigte die Schadensbeseitigung auf die eine oder andere Weise „selbst in die Hand nimmt“. Beispielhaft sei hier auf die bereits angesprochene Problematik der Erforderlichkeit von Unfallersatztarifen verwiesen.1373 Von Interesse ist zudem die Diskussion in Rechtsprechung und Literatur über das Bestehen einer Obliegenheit des Geschädigten zur Aufnahme eines Kredits zur Finanzierung der Schadensbeseitigung. Ein ähnliches Problem ist bei der Diskussion über die Frage zu finden, ob ein Geschädigter für die Berechnung der Höhe fiktiver Schadenskosten auch auf die Möglichkeit der Reparatur seines Autos in einer freien Werkstatt statt einer – meist kostenintensiveren – markengebundenen Werkstatt verwiesen werden kann.1374 Wie immer im Schadensersatzrecht geht es bei der rechtlichen Bewertung dieses Problems darum, die Interessen von Schädiger und Geschädigten zu 1372  Schulz, 1373  Siehe

in: Müko/ZPO, § 91 ZPO Rdn.  48. dazu die bereits vorgestellte Diskusstion unter Punkt 3. Teil, 2. Kapi-

tel, A.IV. 1374  Siehe dazu u. a. LG Hildesheim NJW-RR 2008, 1714; Reisert, in: Balke/ Reisert, § 96 ZPO Rdn. 2 ff.; Metz, S.  119 ff.; Handschuhmacher, S.  2622 ff.; Figgener, S.  1349 ff.; Ullmann, S.  270 ff.



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage431

einem sachgerechten Ausgleich zu bringen. Als Ausgangspunkt für diese Abwägung dient in Rechtsprechung und Literatur der Begriff der „Zumutbarkeit“. Es wird also beurteilt, ob dem Geschädigten die Inanspruchnahme einer bestimmten – kostengünstigeren – Schadensbeseitigungsmaßnahme zumutbar ist.1375 Auch wenn sich die Grenzen der Zumutbarkeit bei den einzelnen Fallgruppen unterscheiden, sind es immer dieselben unbestimmten Rechtsbegriffe, die von der Rechtsprechung zur Vornahme der erforderlichen Interessenabwägung herangezogen werden. So wird eine Schadensbeseitigungsmaßnahme dann als zumutbar angesehen, wenn sie als „gleichwertig“ sowie „mühelos und ohne Weiteres zugänglich“ angesehen wird.1376 Es bietet sich mithin an, die Frage, ob ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Situation des Geschädigten eine Rechtschutzversicherung in Anspruch nehmen, einen Kredit aufnehmen, Prozesskostenhilfe gem. §§ 114 ff. ZPO beantragen oder einen unterhaltsrechtlichen Prozesskostenvorschuss gem. § 1360 a Abs. 4 BGB bzw. ein anwaltliches Erfolgshonorar erwägen müsste, anhand des Kriteriums der „Zumutbarkeit“ zu beurteilen. Als weiteres Kriterium wird durch die Rechtsprechung erörtert, ob durch die „kostengünstigere“ Möglichkeit der Schadensbeseitigung ein verhältnismäßig hoher Schaden verhindert wird.1377 Im Folgenden sollen zunächst die unbestimmten Rechtsbegriffe „gleichwertig“ und „mühelos und ohne Weiteres zugänglich“ sowie „Verhinderung eines verhältnismäßig hohen Schadens“ untersucht werden. Sodann sollen die Besonderheiten einiger ausgewählter Finanzierungsinstrumente geprüft werden. aa) Kriterien der „Zumutbarkeit“ und „Verhinderung eines verhältnismäßig hohen Schadens“ Nachstehend sollen die vorgenannten unbestimmten Rechtsbegriffe näher definiert werden. (1) Begriff der „Gleichwertigkeit“ Zunächst soll der Begriff der „Gleichwertigkeit“ ausgelegt werden. Das Wirtschaftlichkeitspostulat verlangt – wie bereits ausgeführt – vom Geschä1375  Ullmann,

VW-Urteil, S.  490 f. dazu u. a. LG Hildesheim NJW-RR 2008, 1714; Oetker, in: Müko/ BGB, § 249 BGB Rdn. 325; Schubert, in: Bamberger/Roth, § 249 BGB Rdn.  246; Thole, S. 429; Figgener, S.  1349 ff.; Ullmann, S.  270 ff.; Metz, S.  119 ff. 1377  Oetker, in: Müko/BGB, § 254 BGB Rdn.  99; Schlüszler, S. 759. 1376  Siehe

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

digten unter gleichwertigen bzw. gleichartigen Alternativen zur Wiederherstellung der durch den Schadensfall beeinträchtigten Interessen, die kostengünstigste Variante auszuwählen. Dies führt zu dem Problem der funktionalen Unterschiede zwischen den verschiedenen Instrumenten des Rechtsschutzzugangs, auf das in der Einleitung zu diesem Abschnitt bereits hingewiesen wurde. Mithin stellt sich die Frage, ob die Instrumente des Rechtsschutzzugangs trotz der bestehenden Unterschiede als „gleichwertig“ zur Prozessfinanzierung angesehen werden können. Zur Veranschaulichung der Problematik sollen vorab die Divergenzen der aufgeführten Finanzierungsinstrumente dargestellt werden: (a) Funktionale Unterschiede der Rechtsschutzzugangsinstrumente Ausgangspunkt der Darstellung ist die Wirkungsweise der Prozessfinanzierung. Die Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens erleichtert dem Anspruchsinhaber den Zugang zum Recht, indem diesem die finanziellen Risiken eines Rechtsstreits vollständig abgenommen werden. So verpflichtet sich das Prozessfinanzierungsunternehmen durch den Abschluss des Prozessfinanzierungsvertrages sowohl zur Vorfinanzierung der Kosten der Rechtsdurchsetzung als auch zur Übernahme des Kostenrisikos für den Fall des prozessualen Unterliegens. Bei den weiteren Instrumenten der Finanzierung bzw. des Rechtsschutzzugangs ist also zu untersuchen, inwieweit diese dem Anspruchsinhaber das Vorfinanzierungs- bzw. das Unterliegens­ risiko abnehmen. Dabei ist festzustellen, dass lediglich die Rechtsschutz­ versicherung dem Anspruchsinhaber die finanziellen Risiken in demselben Umfang abnimmt wie ein Prozessfinanzierungsunternehmen. Soweit Versicherungsschutz besteht, übernimmt die Rechtsschutzversicherung sowohl die Vorfinanzierung der Rechtsdurchsetzungskosten als auch das Unterliegensrisiko.1378 Die Prozesskostenhilfe entlastet den Anspruchsinhaber hingegen nicht in demselben Maße. Vor allem führt die Prozesskostenhilfe gem. § 123 ZPO nicht zu einer Einschränkung des gegnerischen Kostenerstattungsanspruches gem. § 91 ZPO. Die Vereinbarung einer Pro-Bono-Vereinbarung bzw. eines Erfolgshonorars mit einem Rechtsanwalt erleichtert dem Anspruchsinhaber den Zugang zum Recht zwar, denn ihm wird die Verpflichtung zur Zahlung der Rechtsanwaltskosten – (zumindest im Fall des Unterliegens) – abgenommen. Jedoch sind gemäß § 49 b BRAO Vereinbarungen, durch die sich ein Rechtsanwalt verpflichtet, Gerichtskosten, Verwaltungskosten oder Kosten anderer Beteiligter zu tragen, unzulässig, sodass 1378  Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass die Versicherungsbedingungen des Rechtsschutzversicherungsvertrages eventuell die Verpflichtung des Anspruchsinhabers zu einer Selbstbeteiligung in einer bestimmten Höhe vorsehen können.



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage433

der Anspruchsinhaber im Fall des Unterliegens die gegnerischen Anwaltssowie die Gerichtskosten tragen muss. Der Anspruchsinhaber wird also nur teilweise von den finanziellen Risiken eines Rechtsstreits befreit. Auch die Inanspruchnahme eines Kredits bzw. eines Prozesskostenvorschusses gem. § 1360 a Abs. 4 BGB erleichtert einem Anspruchsinhaber den Zugang zum Recht nur in einem eingeschränkten Umfang. Dem Anspruchsinhaber wird zwar die Vorfinanzierung der Gerichts- und Rechtsanwaltskosten ermöglicht. Jedoch bleibt er im Unterliegensfall mit dem gegnerischen Kostenerstattungsanspruch gem. § 91 ZPO belastet. Die funktionalen Unterschiede der einem Anspruchsinhaber zur Verfügung stehenden Instrumente zur Ermöglichung des Rechtsschutzzugangs sollen in der nachfolgenden Übersicht noch einmal in vereinfachter Form zusammenfassend dargestellt werden: Tabelle 11 Funktionale Unterschiede Finanzierungsinstrumente Finanzierungsinstrument

Übernahme Vorfinanzierung Vollständig

Teilweise

Übernahme Unterliegensrisiko Vollständig

Prozessfinanzierung

X

X

Rechtsschutzversicherung

X

X

Prozesskostenhilfe

X

Teilweise

X

Vereinbarung gem. § 4 a RVG

X

X

Pro-Bono-Vereinbarung mit Rechtsanwalt

X

X

Prozesskostenvorschuss gem. § 1360 a BGB

X

Aufnahme Kredit

X

Streitwertherabsetzung

Mittelbar

Mittelbar

Mittelbar

Mittelbar

Die Finanzierungsinstrumente unterscheiden sich also in ihrer unterschiedlichen Art und Weise der Entlastung des Anspruchsinhabers von den Risiken der Rechtsverfolgung. (b) Begriff der Gleichwertigkeit Um zu klären, wie sich diese funktionalen Unterschiede auswirken, gilt es, den Begriff der „Gleichwertigkeit“ auszulegen.

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

Die „Gleichwertigkeit“ alternativer Maßnahmen könnte eine Leistungsidentität voraussetzen, also nur dann als vorliegend angesehen werden, wenn von diesen Maßnahmen der gleiche Erfolg zu erwarten ist. Von einem derartigen Begriffsverständnis wird im öffentlichen Recht ausgegangen.1379 Dort wird auf die naturgesetzliche Wirkungsweise des Mittels abgestellt, nach der der Wirkungsgrad maßgeblich ist, mit dem der angestrebte Zweck verwirklicht werden kann.1380 Danach sind solche Mittel nicht gleich geeignet, „von denen eines den angestrebten Erfolg vollständig, das andere dagegen nur in einem geringeren Umfang realisieren kann“.1381 Die Kosten des Einsatzes des Mittels haben hingegen keine oder nur eine geringe Relevanz.1382 Auch im Zivilrecht wird teilweise davon ausgegangen, dass solche Maßnahmen kein milderes Mittel darstellen, die nicht so effektiv sind wie die vom Geschädigten ausgewählten.1383 Würde man diese Herangehensweise übertragen, käme es für die Vergleichbarkeit der Maßnahmen der Schadensbeseitigung darauf an, ob von diesen der gleiche Erfolg zu erwarten ist. Folgte man diesem Verständnis des Begriffs der „Gleichwertigkeit“, könnte nur die Rechtsschutzversicherung in den Vergleich einbezogen werden, denn nur diese nimmt dem Anspruchsinhaber die mit der Rechtsdurchsetzung verbundenen finanziellen Risiken in demselben Umfang ab wie die gewerbliche Prozessfinanzierung. Allerdings ist eine solche Auslegung des Begriffs der „Gleichwertigkeit“ abzulehnen. Zum einen sei – so Bieder – eine ausschließliche Beurteilung der Gleichwertigkeit anhand des Wirkungsgrades der Maßnahmen als lebensfremd anzusehen. In unserer arbeitsteiligen Welt stehe einem Bürger oftmals eine fast unbegrenzte Auswahl alternativer Möglichkeiten zur Verfügung. Diese unterschieden sich manchmal nur in kleinen Einzelheiten, etwa hinsichtlich des notwendigen Realisierungszeitraums oder durch abweichende positive oder negative Nebenfolgen neben dem eigentlichen Hauptzweck der Maßnahme.1384 Die verschiedenen Alternativen könnten daher unter Umständen nur schwer vergleichbar sein. Daher sei eine Betrachtungsweise zu einseitig – so Bieder  –, „die nur auf den Wirkungsgrad für die Zielerreichung abstellt und danach fragt, ob das Ziel überhaupt vollständig erreicht werden kann oder infolge der Wahl eines anderen Mittels, Abstriche bei der Zweckrealisierung gemacht werden müssen“.1385 dazu Bieder, S.  73. m. w. N. dazu Bieder, S.  73. m. w. N. 1381  Bieder, S.  73 m. w. N. 1382  Bieder, S. 75; kritisch auch Stückmann/Kohlepp, S. 331, 336 f. 1383  Siehe u. a. LAG Rheinland-Pfalz BB 2000, 155. 1384  Bieder, S. 76. 1385  Bieder, S. 76. 1379  Siehe 1380  Siehe



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage435

Zum anderen verkennt eine solche Herangehensweise das vorrangige Ziel des Schadensrechts, dem Geschädigten bei voller Haftung des Schädigers einen möglichst umfassenden Schadensausgleich zukommen zu lassen.1386 Der Geschädigte kann verlangen, wirtschaftlich so gestellt zu werden, wie er hypothetisch stünde, wenn das schädigende Ereignis nicht eingetreten wäre.1387 Der hierzu erforderliche Aufwand ist dem Geschädigten zu ersetzen.1388 Bei der Bewertung einer schadensersatzrechtlichen Leistung ist immer darauf abzustellen, inwieweit diese das Integritätsinteresse des Geschädigten ausgleicht. Naturgemäß unterscheiden sich das Integritätsinteresse des Geschädigten und somit auch der Restitutionsbedarf von Schadensfall zu Schadensfall. Bei der Beurteilung der „Gleichwertigkeit“ ist daher eine differenzierte Betrachtung erforderlich,1389 die vom spezifischen Integritätsinteresse des Geschädigten auszugehen hat. Es ist also auf die spezielle Situation des Geschädigten abzustellen. Dafür spricht bereits auch, dass eine subjektbezogene Schadensbetrachtung anzustellen ist.1390 Zudem ist aufgrund der im Integritätsinteresse enthaltenen materiellen Komponente die „individuelle Wertschätzung“1391 hinsichtlich der beschädigten Sache zu berücksichtigen, sofern die Verkehrsauffassung dies zulässt.1392 So wird beispielsweise bei der Frage, ob ein Geschädigter für die Berechnung der Höhe fiktiver Schadenskosten auch auf die Möglichkeit der Reparatur seines Autos in einer freien Werkstatt statt einer – meist kostenintensiveren – markengebundenen Werkstatt verwiesen werden kann, u. a. auf das Alter des zu reparierenden Autos oder auf die bisherigen Gepflogenheiten bei der Reparatur (bislang auch immer in Markenwerkstatt?) abgestellt.1393 Kommt man zu dem Ergebnis, dass das Integritätsinteresse auch durch eine kostengünstigere Maßnahme der Schadensbeseitigung mit einem geringeren Leistungsumfang ausgeglichen werden kann, ist diese als gleichwertig anzusehen. Andernfalls bestünde sogar die Gefahr des Verstoßes gegen den schadensrechtlichen Grundsatz des Bereicherungsverbotes.1394 Eine solche Auslegung des Begriffs der „Gleichwertigkeit“ wird durch die in Literatur und Rechtsprechung überwiegend vertretene Auffassung zur 1386  Schlüszler,

S. 759. BGHZ 154, 395, 397 m. w. N. 1388  Ullmann, S. 272. 1389  BGH NJW 2010, 606, 607; Oetker, in: Müko/BGB, § 249 BGB Rdn.  330. 1390  BGH NJW 2003, 2086, 2087. 1391  Weitzel, S. 210. 1392  Weitzel, S. 210. 1393  BGH NJW 2010, 606, 608; 2118, 2119; LG Hildesheim NJW-RR 2008, 1174; LG Potsdam Urteil vom 23.01.2008 – Az.: 13 S 102/07; Ullmann, VW-Urteil, S. 488; Metz, S. 120; Kappus, S. 582. 1394  BGHZ 154, 395, 398 f.; siehe auch Ullmann, S. 271. 1387  Beispielhaft

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

Naturalrestitution bei unvertretbaren Sachen, z. B. Unikaten, bestätigt.1395 Hier stellt sich regelmäßig die Frage, ob Schadensersatz in Form der Naturalrestitution gem. § 249 BGB oder in Form der Entschädigung gem. § 251 BGB zu leisten ist. Auf den ersten Blick scheint eine Naturalrestitution gem. § 249 BGB grundsätzlich unmöglich zu sein, da „eine vollständige Wiederherstellung in Gestalt einer identischen Ersatzsache nicht vorstell­ bar“1396 ist. Mithin wäre der Geschädigte stets auf den Kompensationsanspruch gem. § 251 BGB zu verweisen. Dies sei jedoch nicht „mit der vom Gesetz in § 249 Abs. 1 BGB bewusst in den Vordergrund gerückten Befriedigung des Integritätsinteresses“1397 vereinbar. Deshalb ist allgemein anerkannt, dass es für die Befriedigung des Integritätsinteresses und damit für eine dem Gesetz entsprechende Naturalrestitution ausreicht, wenn ein Zustand herbeigeführt wird, der dem schadensfreien möglichst nahe kommt.1398 Ausgangspunkt für die hiernach erforderliche Abgrenzung ist wiederum das Integritätsinteresse des Geschädigten.1399 Aus Sicht eines verständigen Geschädigten sei immer zu fragen, ob trotz der Unterschiede zwischen dem zerstörten Gegenstand und der Ersatzsache durch diese das Integritätsinteresse des Geschädigten befriedigt werden könne.1400 Der BGH führt die Abgrenzung mittels des Begriffspaars der „Gleichartigkeit und Gleichwertigkeit“ durch.1401 Das Kriterium der Gleichartigkeit erfordert einen objektiven Vergleich der Eigenschaften.1402 Ein solcher objektiver Vergleich der verschiedenen Instrumente zur Erleichterung des Rechtsschutzzugangs ist vorstehend durchgeführt worden. Bei der Beurteilung der Gleichwertigkeit ist hingegen „eine differenzierende Betrachtung erforderlich, die den unterschiedlichen Faktoren des Integritätsinteresses Rechnung trägt“.1403 1395  Siehe dazu ausführlich und mit weiteren Verweisen Oetker, in: Müko/BGB, § 249 BGB Rdn. 325. 1396  Oetker, in: Müko/BGB, § 249 BGB Rdn.  325. 1397  Oetker, in: Müko/BGB, § 249 BGB Rdn.  325. 1398  BGH NJW-RR 2003, 1042, 1043; Schiemann, in: Staudinger, § 249 BGB Rdn. 182; Picker, S. 162. 1399  Oetker, in: Müko/BGB, § 249 BGB Rdn.  328. 1400  Oetker, in: Müko/BGB, § 249 BGB Rdn.  328. 1401  BGHZ 92, 85, 87 ff.; BGH NJW-RR 2003, 1042, 1043; Oetker, in: Müko/ BGB § 249 BGB Rdn. 328. 1402  Oetker, in: Müko/BGB, § 249 BGB Rdn.  329. 1403  Oetker, in: Müko/BGB, § 249 BGB Rdn.  330. Oetker gibt dort auch noch folgendes zu bedenken: „Wegen der im Integritätsinteresse enthaltenen immateriellen Komponente ist die Gleichwertigkeit jedoch nicht stets ausschließlich mittels einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise zu konkretisieren. Vielmehr kann – wie z. B. bei gebrauchten Kfz – die Gleichwertigkeit auch dann zu verneinen sein, wenn



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage437

Auch bei der Beurteilung der Ersatzfähigkeit anderer selbstveranlasster Aufwendungen des Geschädigten geht die herrschende Auffassung in Literatur und Rechtsprechung nicht davon aus, dass die Gleichwertigkeit zweier zu vergleichender Schadensbeseitigungsmaßnahmen deren Leistungsidentität voraussetzt. Beispielhaft soll hier wiederum auf die Problematik der Erstattungsfähigkeit von Unfallersatztarifen verwiesen werden. Auch wenn zwischen dem „Normaltarif“ und dem „Unfallersatztarif“ – wie bereits ausgeführt – keine Leistungsidentität besteht,1404 wird letztlich auch hier geprüft, ob der Unfallgeschädigte in jedem Einzelfall die unfallbedingten Mehrleistungen des Mietwagenunternehmens tatsächlich benötigt,1405 um sein „Mobilitätsinteresse“1406 befriedigen zu können. Mithin wird wiederum auf die spezielle Situation des Geschädigten abgestellt. Resümierend ist festzustellen, dass der Begriff der Gleichwertigkeit keine Leistungsidentität der einem Anspruchsinhaber zur Verfügung stehenden Schadensbeseitigungsmaßnahmen voraussetzt – in dem hier zu prüfenden Zusammenhang also der Instrumente zur Erreichung des Rechtsschutzzugangs. Vielmehr ist die spezielle Situation des Geschädigten – aufbauend auf dessen Integritätsinteresse – als Ausgangspunkt für die Beurteilung der Gleichwertigkeit einer Maßnahme der Schadensbeseitigung anzusehen. Verschiedene Maßnahmen der Schadensbeseitigung können also trotz funktionaler Unterschiede als gleichwertig anzusehen sein, wenn sie gleichermaßen geeignet sind, das Integritätsinteresse des Geschädigten zu befriedigen. Für die Beurteilung der Gleichwertigkeit zweier Alternativen bedarf es also einer Gesamtschau von Wirkungsgrad und anderen Faktoren, z. B. den Kosten1407 und der individuellen Lage des Anspruchsinhabers.1408 (c) Prozessrisiken für Anspruchsinhaber zumutbar? Die gegenüber der Prozessfinanzierung teilweise bestehenden funktionalen Unterschiede der anderen Instrumente des Rechtsschutzzugangs stehen nach der Verkehrsauffassung auch immaterielle Aspekte die individuelle Wertschätzung hinsichtlich der beschädigten Sache beeinflussen.“ 1404  Schlüszler, S. 759. 1405  Allerdings – darauf weist Schlüszler, S. 759, noch einmal hin – besteht die Schadensersatzpflicht von vornherhein nur insoweit, als sich die Aufwendungen im Rahmen wirtschaftlicher Vernunft halten. Eine Prüfung der Schadensminderungsobliegenheiten nach § 254 Abs. 2 S. 1 BGB sei demnach nicht vorzunehmen. Vielmehr seien die Fragen der Schadensminderungsobliegenheit unter dem Aspekt des Wirtschaftlichkeitsgebots zu klären. 1406  Ullmann, S. 272. 1407  Bieder, S.  76 f. 1408  Alexander, S. 1174.

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

einer Berücksichtigung bei der Beurteilung der Erforderlichkeit der Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens demnach zunächst einmal nicht entgegen. Vielmehr kommt es darauf an, zu untersuchen, inwiefern diese trotz der funktionalen Unterschiede als gleichwertig angesehen werden können. Dazu ist auf die Situation des Anspruchsinhabers im Einzelfall abzustellen. Ausgangspunkt ist dabei – wie im Allgemeinen bei der Beurteilung der Erforderlichkeit von Maßnahmen der Rechtsverfolgung – die Frage, ob diese aus Sicht des Geschädigten mit Rücksicht auf seine spezielle Situation zur Wahrnehmung seiner Rechte notwendig waren.1409 Die zu vergleichenden Instrumente des Rechtsschutzzugangs dienen insoweit der Wahrnehmung der Rechte des Anspruchsinhabers als sie diesem überhaupt erst einmal – wenn auch auf funktional verschiedene Art und Weise – den Zugang zum Recht ermöglichen. Mithin sind die verschiedenen Instrumente des Rechtsschutzzugangs dann als gleichwertig gegenüber der Prozessfinanzierung anzusehen, wenn sie dem Anspruchsinhaber in seiner speziellen Situation den Zugang zum Recht ermöglichen. Letztlich ist zu untersuchen, ob der Anspruchsinhaber zur Wahrnehmung seiner Rechte in vollem Umfang auf die Inanspruchnahme der Dienstleistungen eines Prozessfinanzierungsunternehmens angewiesen war oder beispielsweise auch die bloße Vorfinanzierung durch einen Dritten dem Anspruchsinhaber den Zugang zum Recht bereits ermöglicht hätte. Ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten hätte in diesem Fall die Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens nicht in Betracht gezogen. Dazu bedarf es einer umfassenden Beurteilung der Lage des Geschädigten, beispielsweise seiner wirtschaftlichen Situation und der Besonderheiten der Rechtsstreitigkeit. Mithin ist die Zumutbarkeit auch unter dem Gesichtspunkt zu prüfen, ob es dem Anspruchsinhaber aus wirtschaftlicher Sicht möglich ist, das Unterliegens- bzw. Vorfinanzierungsrisiko allein zu tragen. Diese Frage wird sich nicht schematisch beantworten lassen. Vielmehr sind die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Hier kann an die Voraussetzungen des § 4a RVG angeknüpft werden. Es kommt also zum einen auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Anspruchsinhabers sowie die Bewertung der mit der Rechtsverfolgung verbundenen Risiken an. Dabei ist jedoch zu beachten, dass nicht die subjektive Einschätzung des Anspruchsinhabers ausschlaggebend ist. Dieser kann also nicht einfach anführen, dass ihm die Rechtsverfolgung zu riskant sei.1410 Vielmehr muss die subjektive Entscheidung des Anspruchsinhabers bei verständiger Betrachtung nachvollziehbar und plausibel sein. Dabei sind auch die finanziellen Risiken und deren Bewertung 1409  Siehe 1410  In

dazu die Ausführungen unter 3. Teil, 2. Kapitel, C.VI.2.b). diesem Sinne auch Bischof, in: Bischof, § 4a RVG Rdn. 11.



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage439

zu berücksichtigen.1411 Beispielhaft sei hier auf die vom Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung zu § 4a RVG angeführten Lebenssachverhalte verwiesen, bei denen um Vermögenswerte gestritten wird, die den einzigen oder wesentlichen Vermögensbestandteil einer rechtssuchenden Person ausmachen, etwa bei einem Streit um einen Erbteil, einen Entschädigungsbetrag oder ein Schmerzensgeld.1412 Die vorgenannten Instrumente des Rechtschutzzugangs sind der Prozessfinanzierung dann als gleichwertig anzusehen, wenn sie dem Anspruchsinhaber in derselben Weise den Zugang zum Recht ermöglichen. (2) „Ohne Weiteres Zugänglich“ Die Schadensbeseitigungsmaßnahmen müssen dem Anspruchsinhaber darüber hinaus „ohne Weiteres zugänglich“ gewesen sein. Das Kriterium der „Zugänglichkeit“ spielt in vielen Entscheidungen des BGH über die Erforderlichkeit selbstveranlasster Aufwendungen des Geschädigten zur Schadensbeseitigung eine tragende Rolle, so z. B. bei der Erstattungsfähigkeit von Unfallersatztarifen1413 bzw. Werkstattkosten1414 oder auch bei der Frage des Bestehens einer Obliegenheit des Geschädigten, einen Kredit zur Schadensbeseitigung aufzunehmen.1415 Fraglich ist, welche Anforderungen an die Bejahung der Zugänglichkeit gestellt werden. Es fehlt eine Definition dieses Begriffs. Allerdings ist in den Urteilen zur Ersatzfähigkeit von Unfallersatztarifen zumeist – immer fast wortgleich – die Formulierung zu finden, wonach der Geschädigte darlegen und beweisen müsse, „dass ihm unter Berücksichtigung seiner individuellen Erkenntnisund Einflussmöglichkeiten sowie der gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten unter zumutbaren Anstrengungen kein wesentlich günstigerer Tarif auf dem in seiner Lage zeitlich und örtlich relevanten Markt zumindest auf Nachfrage zugänglich war“.1416 Aus dem Kriterium der Zugänglichkeit kann mithin eine Obliegenheit des Geschädigten abgeleitet werden, sich über das Bestehen anderer kostengünstigerer Maßnahmen der Schadensbeseitigung zu informieren und diese – soweit zumutbar – auch in Anspruch nehmen zu müssen.

diesem Sinne auch Bischof, in: Bischof, § 4a RVG Rdn. 11. 16/8384, S. 11. 1413  U. a. BGH r+s 2006, 346, 348; 2006, 478. 1414  U. a. BGH DS 2010, 323, 324; NZV 2010, 133. 1415  3. Teil, 2. Kapitel, C.VI.3.b)cc). 1416  BGH r+s 2006, 346, 348; 2006, 478. 1411  In

1412  BT-Drs.

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

(a) Allgemein Bei dem Kriterium der „Zugänglichkeit“ geht es um die Frage, welche Anstrengungen der Geschädigte unternehmen muss, um an Informationen über die verschiedenen Möglichkeiten der Schadensbeseitigung zu gelangen, bzw. von einer kostengünstigen Alternative Gebrauch machen zu können. Die Formulierung „ohne Weiteres zugänglich“ könnte – so Fricke – bedeuten, dass der Geschädigte eine ihm angebotene Maßnahme der Schadensbeseitigung akzeptieren dürfe und nicht verpflichtet sei, weitere erhebliche Anstrengungen zu unternehmen.1417 Gegen eine solche Auslegung der Formulierung sprechen jedoch die folgenden überzeugenden Überlegungen Frickes: Dieser weist darauf hin, dass bei der Ermittlung der erforderlichen Kosten der Rechtsgedanke des § 254 Abs. 2 BGB angewandt werde. Bereits aus dem Wortlaut des § 254 Abs. 2 BGB ergebe sich, dass der Geschädigte in jedem Fall aktiv werden müsse. Berücksichtige man zusätzlich noch die von Literatur und Rechtsprechung gebildeten Fallgruppen zur Auslegung der Formulierung „ohne Weiteres zugänglich“, werde deutlich, dass der Geschädigte nicht nur tätig werden müsse, sondern auch erhebliche Anstrengungen schulde.1418 So verweist Fricke u. a. auf die Rechtsprechung zum Mitverschulden bei Gesundheitsschäden, wonach der Geschädigte sich bei Beeinträchtigung der Gesundheit einer ärztlichen Behandlung unterziehen müsse. In anderen Fällen sei der Geschädigte dazu verpflichtet, sich nicht nur arbeitslos zu melden, sondern möglicherweise sogar den Wohnort zu wechseln. Zudem müsse der Geschädigte bei entsprechender Sachlage mögliche Rechtsbehelfe einlegen, wenn dadurch der Schaden verringert oder vermieden werden könne.1419 Betrachte man diese Obliegenheiten des Geschädigten – so Fricke – sei es konsequent, vergleichbare Anforderungen auch dann zu stellen, wenn es um die Erforderlichkeit des Aufwands gehe. Gründe für eine Ungleichbehandlung und ein „reduziertes Anforderungs­profil“1420 bei der Beurteilung der Erforderlichkeit der Kostenminderungspflicht seien nicht ersichtlich.1421 Verallgemeinernd kann daher an dieser Stelle bereits fest­ gestellt werden, dass von dem Geschädigten gefordert wird, gewisse Anstrengungen hinsichtlich des Vorhandenseins etwaiger kostengünstigerer Möglichkeiten zur Schadensbeseitigung zu unternehmen. Im Folgenden soll er­örtert werden, welche Anstrengungen von dem Anspruchsinhaber im Zusammenhang mit der Erforderlichkeit der Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens verlangt werden können. 1417  Fricke,

S. 969. S. 969. 1419  Fricke, S. 969. 1420  Fricke, S. 969. 1421  Fricke, S. 969. 1418  Fricke,



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage441

(b) Obliegenheit zur Information Weiten Teilen der Einwohner Deutschlands werden viele der vorgestellten Zugangserleichterungen nicht bekannt sein. Der größte Bekanntheitsgrad dürfte noch von der Prozesskostenhilfe sowie der Rechtsschutzversicherung zu erwarten sein. Es stellt sich deshalb die Frage, ob und inwieweit eine Obliegenheit des Anspruchsinhabers besteht, sich über weitere kostengünstigere Möglichkeiten der Erleichterung des Rechtsschutzzugangs zu erkundigen. Es besteht Konsens über das grundsätzliche Bestehen einer Obliegenheit zur Information.1422 Eine solche ergibt sich schon aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot. Ist der Geschädigte verpflichtet, unter mehreren zum Schadensausgleich führenden Möglichkeiten diejenige mit dem geringsten Aufwand auszuwählen, setzt dies zwangsläufig eine Pflicht des Geschädigten voraus, sich über mögliche Alternativen zu erkundigen. Des Weiteren gehöre – so Alexander – eine vorvertragliche Erkundigung auch zu den üblichen Verhaltensweisen eines Nachfragers auf dem Markt1423 und sei ein „Ausdruck der Sorgfalt gegen sich selbst“.1424 Fraglich ist jedoch, welchen Aufwand der Anspruchsinhaber betreiben muss, um überhaupt festzustellen, ob Alternativen bestehen. Immerhin entstehen dem Anspruchsinhaber hierdurch Transaktionskosten. Auch diese müssten jedoch – so Alexander – bei der wirtschaftlichen Betrachtung der Schadenslage mit berücksichtigt werden.1425 Es kann daher von einem Geschädigten nicht verlangt werden, sich immer einen allgemeinen Marktüberblick zu verschaffen.1426 Zwar könnten hierdurch die Kosten der Schadensbeseitigung unter Umständen tatsächlich gesenkt werden. Allerdings würde dies zu einer unverhältnismäßigen Steigerung der Transaktionskosten führen.1427 Zudem darf die Rechtsordnung keine überhöhten und lebensfremden Anforderungen an den Geschädigten stellen.1428 Im Allgemeinen wird von dem Geschädigten verlangt, sich auf den für ihn zeitlich und örtlich erreichbaren Markt zu begeben.1429 Welche genauen Anforderungen an den Anspruchsinhaber zu stellen sind, kann nur unter Berücksichtigung des konkre1422  BGH r+s 2006, 348; 346; 478, 479; SVR 2006, 422; Alexander, S. 1173; Thole, S. 426. 1423  Alexander, S. 1173. 1424  Thole, S. 426. 1425  Alexander, S. 1173. 1426  BGHZ 132, 373, 378 m. w. N. 1427  Alexander, S. 1173. 1428  Alexander, S. 1173. 1429  BGH NJW 2006, 360, 361; BGHZ 132, 373, 377.

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

ten Einzelfalls bestimmt werden.1430 Dabei spielen verschiedene Faktoren eine Rolle, so z. B. die Höhe der durch die Maßnahme entstehenden Kosten. Je höher diese sind, desto mehr Anstrengungen sind von dem Geschädigten zu erwarten.1431 Ein anderer Faktor ist beispielsweise die Dringlichkeit. Auch die Frage, welcher Markt dem Anspruchsinhaber offensteht, bedarf einer Ermittlung im Einzelfall.1432 Die Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens durch den Geschädigten ist mit der Entstehung hoher Kosten verbunden. Daher ist von dem Anspruchsinhaber grundsätzlich zu verlangen, vor dem Abschluss eines Prozessfinanzierungsvertrages einen hohen Aufwand zu betreiben, um sich einen genauen Überblick über die ihm zur Verfügung stehenden kostengünstigeren Zugangserleichterungen und deren Voraussetzungen zu verschaffen. Dabei kann sicherlich von einem durchschnittlichen Anspruchsinhaber nicht verlangt werden, selbst alle Arten der Zugangserleichterung und deren Vo­ raussetzungen zu kennen. Einem durchschnittlichen Anspruchsinhaber kann lediglich die Kenntnis der am meisten verbreiteten Zugangserleichterungen unterstellt werden, nämlich der Rechtsschutzversicherung und der Prozesskostenhilfe. Von einem durchschnittlichen Anspruchsinhaber kann deshalb erwartet werden, sich darüber zu vergewissern, ob er über eine Rechtsschutzversicherung verfügt, die den Rechtsstreit abdeckt, bzw. ob die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gegeben sind. Dazu kann er sich an die Rechtsschutzversicherung bzw. im Falle der Prozesskostenhilfe an die Rechtsantragstellen der Gerichte, wenden, die Hilfe bei der Stellung von Anträgen bei Gericht, z. B. bei dem Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe, anbieten.1433 Ansonsten ist von einem durchschnittlichen Anspruchsinhaber zu erwarten, sich an geeigneter Stelle über die verschiedenen Formen der Zugangserleichterung Kenntnis zu verschaffen und sich beraten zu lassen, ob diese Finanzierungsmöglichkeiten für ihn in Frage kommen. Dazu kann er beispielsweise eine Rechtsberatungsstelle aufsuchen. Wie weit diese Informationspflicht reicht, 1430  Alexander,

S. 1173. Düsseldorf NZV 1996, 496, 498; Oetker, in: Müko/BGB, § 249 BGB Rdn. 406: Danach habe der Geschädigte bei der Aufnahme von Krediten grundsätzlich keine umfangreichen Informationen auf dem Kreditmarkt einzuholen, es sei denn, es handelt sich um extrem hohe Schäden. 1432  Alexander, S. 1173. 1433  So gibt es beispielsweise in Berlin bei dem Kammergericht, dem Landgericht Berlin und den Berliner Amtsgerichten jeweils eine Rechtsantragstelle. Auf den Internetseiten der Gerichte kann man erfahren, wo sich diese befinden und wann sie geöffnet haben. In der Rechtsantragstelle sind Rechtspfleger bzw. R ­ echtspflegerinnen bei der Stellung von Anträgen behilflich. Nähere Informationen für das Land Berlin sind zu finden unter: http://www.berlin.de/sen/justiz/gerichte/ag/rechtsantragsstelle. html. 1431  OLG



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage443

ist von den Umständen des Einzelfalles abhängig. In jedem Fall muss der Anspruchsinhaber darlegen und beweisen, dass er sich unter Berücksichtigung seiner individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie der gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten unter zumutbaren Anstrengungen über kostengünstigere Alternativen zur Prozessfinanzierung informiert hat. Kommt der Anpruchsinhaber dieser Informationsobliegenheit nicht nach, kann das Gericht davon ausgehen, dass die Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens nicht erforderlich war. Fraglich ist, inwiefern eine Obliegenheit des Geschädigten besteht, das Internet als Informationsquelle zu benutzen. Der BGH zeigt sich hier bislang sehr zurückhaltend.1434 Diese Zurückhaltung des BGH ist allerdings nicht überzeugend. Schließlich ist die Benutzung des Internets „heute fast so selbstverständlich wie die eines Telefons“.1435 Zudem – so Fricke – sei der Gebrauch der üblichen Portale und Suchmaschinen mittlerweile so schnell und einfach, dass die hierdurch ermittelbaren Informationen als „ohne Weiteres“ verfügbar anzusehen seien.1436 Natürlich könne jedoch nicht von jedem Rentner verlangt werden, nunmehr etwa einen entsprechenden Computerkurs zu absolvieren, um den Umgang mit dem Internet zu erlernen. Sind aber entsprechende Fähigkeiten beim Geschädigten vorhanden, müssen diese auch genutzt werden.1437 Es besteht mithin eine Obliegenheit des Anspruchsinhabers auf das Internet als Informationsquelle zurückzugreifen, sofern die entsprechenden technischen Fähigkeiten hierzu bei diesem vorhanden sind. (c) Zumutbarer Aufwand zur Inanspruchnahme Hohe Anforderungen sind an den Geschädigten auch bezüglich der Inanspruchnahme kostengünstigerer Alternativen zur Prozessfinanzierung zu stellen. So ist es zumutbar, einen Antrag auf Prozesskostenhilfe zu stellen, sofern deren Voraussetzungen vorliegen. Dies gilt auch für die anderen Alternativen zur gewerblichen Prozessfinanzierung, sofern diese dem Anspruchsinhaber zumutbar sind. Prinzipiell ist dem Geschädigten ein hoher Aufwand zumutbar. Eine Ausnahme gilt nur in besonderen Eil- oder Not­ situationen. Fraglich ist, ob mehrere Prozessfinanzierungsangebote eingeholt werden müssen. Dies wird dem Anspruchsinhaber jedoch meist nicht mög1434  Im Zusammenhang mit Restwertangeboten hat der BGH den Geschädigten nicht für verpflichtet gehalten, auf Internetangebote einzugehen – BGH VersR 2007, 1145, 1146. 1435  Fricke, S. 969. 1436  Fricke, S. 969. 1437  Fricke, S. 969.

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

lich sein. Wie bereits dargestellt, verpflichtet sich dieser, bei Stellung der Finanzierungsanfrage keine Verhandlungen mit einem anderen Prozessfinanzierungsunternehmen durchzuführen.1438 Zu überlegen ist jedoch, ob der Anspruchsinhaber verpflichtet ist, zunächst das Prozessfinanzierungsunternehmen mit der niedrigsten Beteiligungsquote zu kontaktieren. Allerdings ist zu beachten, dass der Anspruchsinhaber selbstverständlich nicht dazu verpflichtet ist, sich mit zweifelhaften Anbietern einzulassen.1439 (3) Verhinderung eines verhältnismäßig hohen Schadens Gelegentlich findet sich in der Rechtsprechung als weiteres Prüfungskriterium die Frage, ob die alternative Schadensbeseitigungsmaßnahme geeignet ist, einen unverhältnismäßig hohen Schaden zu verhindern.1440 Da mit der Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens hohe Kosten verbunden sind, bietet es sich an, dieses Kriterium auch hier zu prüfen. (4) Ergebnis Von einem verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Situation des Anspruchsinhabers ist zu erwarten, eine andere – u. U. kostengünstigere – Möglichkeit der Finanzierung der Rechtsverfolgungskosten durch Dritte in Anspruch zu nehmen, sofern hierdurch ein verhältnismäßig hoher Schaden vermieden wird und die Art der Finanzierung dem Anspruchsinhaber zumutbar ist. Nachfolgend sollen noch die Besonderheiten einiger ausgewählter Finanzierungsinstrumente untersucht werden. bb) Inanspruchnahme Rechtsschutzversicherung Es ist zu prüfen, ob von einem wirtschaftlich denkenden Menschen in der Situation des Anspruchsinhabers zu erwarten ist, eine bestehende Rechtsschutzversicherung anstelle der Prozessfinanzierung in Anspruch zu nehmen. Dies ist dann der Fall, wenn hierdurch ein verhältnismäßig hoher Schaden verhindert wird und dem Anspruchsinhaber die Inanspruchnahme einer Rechtsschutzversicherung zumutbar ist, diese also „mühelos und ohne Weiteres zugänglich“ sowie „gleichwertig“ ist. Durch die Inanspruchnahme einer Rechtsschutzversicherung entstehen dem Anspruchsinhaber – abgesehen 1438  Siehe

dazu 1. Teil, 2. Kapitel, A.II. S. 969. 1440  OLG Nürnberg VersR 1965, 246  f.; Oetker, in: Müko/BGB, § 254 BGB Rdn. 99. 1439  Fricke,



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage445

von den Kosten der Deckungsanfrage – keine weiteren Kosten.1441 Es wird also in jedem Fall ein verhältnismäßig hoher Schaden verhindert. Wie bereits herausgearbeitet wurde, ist die Rechtsschutzversicherung der gewerb­ lichen Prozessfinanzierung gleichwertig, weil der Anspruchsinhaber sowohl von dem Vorfinanzierungs- als auch von dem Unterliegensrisiko befreit wird. Um eine Rechtsschutzversicherung, die den Rechtsstreit abdeckt, in Anspruch nehmen zu können, muss der Anspruchsinhaber eine Deckungsanfrage stellen, bei der die tatsächlichen und rechtlichen Aspekte der Klage erörtert werden. Meist sendet der Rechtsanwalt der Rechtsschutzversicherung vorab einen Entwurf seiner Klage mit der Bitte um Prüfung der Deckung zu. Dieser Aufwand ist dem Anspruchsinhaber zumutbar, sodass die Rechtsschutzversicherung als „ohne Weiteres zugänglich“ anzusehen ist. Eine andere Frage ist, ob die mit der Inanspruchnahme eventuell verbundene Hochstufung des Versicherungsbeitrages als ersatzfähiger Schaden in Betracht kommt.1442 Eine bestehende Rechtsschutzversicherung muss also vorrangig in Anspruch genommen werden. cc) Kreditfinanzierung Fraglich ist, ob und unter welchen Voraussetzungen von einem verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Situation des Geschädigten erwartet werden kann, alternativ zur gewerblichen Prozessfinanzierung ein Darlehen gem. § 488 BGB zur Finanzierung der Rechtsverfolgungskosten aufzunehmen. Das Bestehen einer solchen Obliegenheit könnte problematisch sein, weil der Geschädigte durch die Aufnahme zusätzliche Verpflichtungen eingeht – vor allem die Verpflichtung zur Rückzahlung des Darlehens. (1) Grundsätze in Literatur und Rechtsprechung In Rechtsprechung und Literatur wird ganz überwiegend davon ausgegangen, dass eine Obliegenheit des Geschädigten, zur Schadensbeseitigung einen  Kredit aufzunehmen, nur unter besonderen Umständen angenommen werden könne. Der Geschädigte sei hierzu grundsätzlich nicht verpflichtet.1443 1441  Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass die Versicherungsbedingungen des Rechtsschutzversicherungsvertrages eventuell die Verpflichtung des Anspruchsinhabers zu einer Selbstbeteiligung in einer bestimmten Höhe vorsehen können. 1442  Siehe dazu u. a. OLG Karlsruhe Urteil vom 18.07.2013  – Az.: 9 U 23/12, abrufbar unter www.juris.de; AG Gelsenkirchen-Buer BeckRS 2010, 13863; AG Potsdam BeckRS 2007, 31602. 1443  BGH NJW 1989, 290, 291; OLG Naumburg NZV 2005, 198, 199; OLG Saarbrücken NZV 1990, 388, 399; AG Magdeburg Urteil vom 21.01.2009, Az.: 140 C 2459/08, abrufbar unter www.juris.de.

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

Ähnlich wie bei der Problematik des Bestehens einer Obliegenheit des Ge­ ­ schädigten zur Finanzierung der Schadensbeseitigung aus eigenen ­Mitteln wird argumentiert, der Geschädigte habe Anspruch auf sofortigen Ersatz und es sei Sache des Schädigers, die Schadensbeseitigung zu fi­ ­ nanzieren.1444 Aus dem Recht des Geschädigten, unter bestimmten Um­ ständen einen Kredit zur Schadensbeseitigung aufnehmen zu dürfen, könne nicht der Umkehrschluss gezogen werden, eine solche Verpflichtung bestehe immer.1445 Dem ist grundsätzlich zuzustimmen. Anders als bei der Vorfinanzierung der Schadensbeseitigung aus eigenen Mitteln des Geschädigten entsteht hier nicht nur ein Zinsverlust, sondern eine zusätzliche Verpflichtung. Der Geschädigte wird mit dem Anspruch des Kreditgebers auf Rückzahlung und Verzinsung der Darlehenssumme belastet. Zudem obliegt es dem Risiko des Schädigers, auf einen Geschädigten zu treffen, der selbst finanziell nicht in der Lage ist, aus eigenen Mitteln die Beseitigung des Schadens vorfinanzieren zu können.1446 Eine Obliegenheit des Geschädigten, zur Behebung des Schadens einen Kredit aufzunehmen, kann daher nur ausnahmsweise1447 angenommen werden. Dazu müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein: Zum einen muss eine solche Maßnahme zur Verhinderung eines unverhältnismäßig hohen Schadens geeignet sein. Zum anderen muss die Inanspruchnahme eines Kredits dem Geschädigten zumutbar sein. Wie auch bei der Obliegenheit zur Finanzierung der Schadensbeseitigungskosten aus eigenen Mitteln verbietet sich eine schematische Beurteilung der Zumutbarkeit einer Kreditaufnahme. Vielmehr muss dies nach den individuellen Umständen des Einzelfalls bewertet werden. (2) Verhinderung eines unverhältnismäßig hohen Schadens Zunächst ist also zu klären, ob durch den Abschluss eines Darlehensvertrages die Entstehung eines unverhältnismäßig hohen Schadens verhindert werden kann. Mit Abschluss eines Darlehensvertrages gem. § 488 Abs. 1 BGB verpflichtet sich der Darlehensgeber, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag zur Verfügung zu stellen. Der Darlehensnehmer verpflichtet sich im Gegenzug zur Zahlung eines vereinbarten Zinses sowie zur Rückerstattung der Darlehenssumme.1448 Darüber hinaus verpflichtet sich der An1444  BGH

NJW 1989, 290, 291. Gliederungspunkt C. 1446  AG Magdeburg Urteil vom 21.01.2009 – Az.: 140 C 2459/08, abrufbar unter www.juris.de. 1447  Schlüszler, S. 759. 1448  Fandrich, in: Graf von Westphalen, Rdn. 1 zum Darlehensvertrag. 1445  Krämer,



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage447

spruchsinhaber zur Zahlung von Bearbeitungsgebühren.1449 Die Kosten der Prozessfinanzierung – also das Erfolgshonorar – sind mit der Höhe der entstehenden Zinsen sowie der Bearbeitungsgebühr zu vergleichen, die als erstattungsfähiger Schaden in Betracht kommen. Schon das Oberlandesgericht Hamburg hat 1931 die Ersatzfähigkeit von Zinsen für die Aufnahme von Krediten zur Finanzierung der Rechtsverfolgungskosten ausdrücklich anerkannt.1450 In den meisten Fällen werden durch die Aufnahme eines Darlehens erheblich geringere Kosten entstehen als durch die Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens. Somit würde in den meisten Fällen durch den Abschluss eines Darlehensvertrages ein erheblich höherer Schaden verhindert werden. (3) Zumutbarkeit der Aufnahme eines Kredits Der Abschluss eines Darlehensvertrages zur Finanzierung der Rechtsverfolgung ist einem verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Situation des Geschädigten dann zumutbar, wenn dies eine gleichwertige Alternative zur Prozessfinanzierung darstellt und dem Anspruchsinhaber mühelos und ohne Weiteres zugänglich ist. Die Zumutbarkeit liegt nach ständiger Rechtsprechung des BGH dann vor, wenn sich der Geschädigte den Kredit ohne weitere Schwierigkeiten beschaffen kann und durch die Rückzahlung des Darlehens nicht über seine wirtschaftlichen Verhältnisse hinaus belastet wird.1451 Dabei ist zu untersuchen, ob es dem Geschädigten zugemutet werden kann, sich durch die Kreditbelastungen zu verschulden und ob er überhaupt in der Lage ist, den Kredit bedienen zu können. So wird es dem Geschädigten bei schon vorhandener Verschuldung nicht zugemutet werden können, sich noch mehr zu verschulden.1452 Dasselbe gilt für eine vermögenslose Partei, die regelmäßig nicht auf die Aufnahme eines Kredits verwiesen werden kann. Anders kann hingegen – je nach den Umständen des Einzelfalls – die Beurteilung der Situation eines Unternehmers ausfallen. Arbeitet ein Unternehmer regelmäßig mit Fremdkapital und ist dessen Kreditrahmen noch nicht ausgeschöpft, wird es ihm meist zumutbar 1449  Fandrich, in: Graf von Westphalen, Rdn. 48, zum Darlehensvertrag: „Bearbeitungsgebühren sind pauschalierte Vergütungen für den mit der Bearbeitung des Darlehensantrags verbundenen betriebsinternen Verwaltungsaufwand des Kreditinstitutes.“ 1450  OLG Hamburg, JW 1931, 1822; siehe auch Tschischgale, S. 222; Braunschneider, S.  212 ff. 1451  BGH NJW 1989, 290, 291; 2002, 2553, 2555; BGH NJW-RR 2006, 394, 397; AG Magdeburg Urteil vom 21.01.2009  – Az.: 140 C 2459/08, abrufbar unter www.juris.de; Oetker, in: Müko/BGB, § 254 BGB Rdn.  97 ff. m. w. N. 1452  OLG Köln VersR 1973, 323, 324.

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

sein, zusätzlich noch einen Kredit zur Finanzierung der Rechtsverfolgung aufzunehmen.1453 Auch der Einsatz einer Kreditkarte wird dem Geschädigten zugemutet, sofern hierdurch seine gewöhnliche Lebensführung nicht eingeschränkt wird.1454 Bei der Beurteilung der Frage ist weiterhin zu berücksichtigen, ob es dem Anspruchsinhaber zumutbar ist, das Unterliegensrisiko allein tragen zu können – es ihn also nicht über seine wirtschaftlichen Verhältnisse hinaus belastet. Weiterhin ist zu klären, welchen Aufwand ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Situation des Anspruchsinhabers betreiben muss, um sich über die Möglichkeiten einer Kreditfinanzierung zu informieren bzw. den Abschluss eines Darlehensvertrages herbeizuführen. Aus der häufig anzutreffenden Formulierung „wenn sich der Geschädigte den Kredit ohne Schwierigkeiten beschaffen kann“1455, lässt sich schlussfolgern, dass an den Geschädigten in dieser Hinsicht keine hohen Anforderungen gestellt werden. Dies legt auch die in diesem Zusammenhang ebenfalls anzutreffende Formulierung „leicht [zu] beschaffen“1456 nahe. Allerdings fordert beispielsweise das LG Koblenz vom Geschädigten, sich nicht nur bei seiner Hausbank, sondern auch bei anderen Banken um eine Kreditaufnahme zu bemühen.1457 Wie bereits herausgearbeitet wurde, sind aufgrund der hohen mit der Prozessfinanzierung verbundenen Kosten strenge Anforderungen an den Anspruchsinhaber zu stellen, sich über die Möglichkeit einer Kreditaufnahme zu informieren und sich zu bemühen, einen Kredit aufzunehmen. Letztlich wird es auf eine Bewertung der Umstände des Einzelfalls ankommen. So wird die Situation bei unternehmerisch tätigen Personen, die tagtäglich mit Banken in Berührung kommen, anders zu beurteilen sein als beispielsweise bei vermögenslosen Personen, die sich noch nie mit der Bitte um Gewährung eines Darlehens an eine Bank gewandt haben. Eine Rolle wird auch die Frage spielen, ob der Geschädigte überhaupt in der Lage ist, Sicherheiten zu stellen1458 bzw. die Höhe des möglicherweise durch die Kreditaufnahme (im Gegensatz zur Prozessfinanzierung) zu verhindernden Schadens. 1453  Für die Zulässigkeit der Prozesskostenhilfe wird dies vertreten von Motzer, in: Müko/ZPO, § 115 ZPO Rdn.  73. 1454  BGH NJW 2005, 1933, 1935; NZV 2007, 290, 291; siehe dazu auch Otting, S. 292, der sich auch mit der interessanten Frage beschäftigt, ob der Geschädigte sich auf die Bezahlung mit seiner Kreditkarte über das Internet einlassen muss. 1455  Siehe u. a. OLG Köln VersR 1973, 323, 324. 1456  Schlüszler, S. 759. 1457  LG Koblenz NJOZ 2008, 281, 284. 1458  Auf die Problematik der fehlenden Sicherheiten verweist Vuia, S. 2369.



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage449

Es bleibt noch darauf hinzuweisen, dass in der Praxis der Möglichkeit der Inanspruchnahme von Krediten zur Finanzierung der Rechtsverfolgungskosten keine große Rolle zukommt. Dies liegt daran, dass Banken in der Regel keine Kredite zum Zweck der Prozessfinanzierung vergeben. Eine Ausnahme sind wohl Kredite zur Schadensbeseitigung bei Unfällen. Im Ergebnis werden daher meist nur Kredite von Privatpersonen in Betracht kommen. dd) Inanspruchnahme von Prozesskostenhilfe Des Weiteren ist zu prüfen, wann von einem verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Situation des Geschädigten zu erwarten ist, Prozesskostenhilfe anstelle der gewerblichen Prozessfinanzierung in Anspruch zu nehmen. Dies ist dann der Fall, wenn hierdurch ein verhältnismäßig hoher Schaden verhindert wird und die Inanspruchnahme von Prozesskostenhilfe dem Anspruchsinhaber zumutbar ist. (1) Verhinderung eines verhältnismäßig hohen Schadens Durch die Inanspruchnahme der staatlichen Prozesskostenhilfe entstehen dem Anspruchsinhaber keine zusätzlichen Kosten.1459 Daher ist relativ leicht festzustellen, dass ein verhältnismäßig hoher Schaden verhindert werden würde, wenn der Anspuchsinhaber anstelle der gewerblichen Prozessfinanzierung die staatliche Prozesskostenhilfe in Anspruch nehmen würde. (2) Zumutbarkeit der Inanspruchnahme der staatlichen Prozesskostenhilfe Die Inanspruchnahme staatlicher Prozesskostenhilfe ist einem verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Situation des Geschädigten dann zumutbar, wenn dies eine gleichwertige Alternative zur Prozessfinanzierung darstellt, und dem Anspruchsinhaber mühelos und ohne Weiteres zugänglich ist. Es soll mit der Erörterung der Frage begonnen werden, unter welchen Umständen die Inanspruchnahme von Prozesskostenhilfe einem verständigen und wirtschaftlich denkenden Menschen in der Situation des Anspruchsinhabers mühelos und ohne Weiteres zugänglich ist. Die Zugänglichkeit der Prozesskostenhilfe kann problematisch sein: Wie bereits ausführlich erörtert, steht die Prozesskostenhilfe gem. § 114 ZPO nicht jedem Anspruchsinhaber 1459  Allerdings entsteht bei der Ablehnung eine 1,0 Gebühr beim Rechtsanwalt (Nr. 3335 VV RVG).

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

offen, sondern nur einem bestimmten Personenkreis, deren Einkommen bzw. Vermögen eine bestimmte Grenze nicht überschreitet.1460 Liegen die Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe gem. § 114 ZPO nicht vor, ist dieses Finanzierungsinstrument dem Anspruchsinhaber nicht zugänglich. Liegen die Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe beim Anspruchsinhaber vor, kann – in Anbetracht des durch die Einschaltung eines Prozessfinan­ zierungsunternehmens entstehenden hohen Schadens – von diesem grundsätzlich verlangt werden, einen gewissen Aufwand zu betreiben, um die Prozesskostenhilfe auch tatsächlich zu erhalten. Der Anspruchsinhaber ist also – wie bereits ausgeführt – gehalten, die entsprechenden Antragsfor­ mulare auszufüllen bzw. Auskunft über seine Vermögensverhältnisse zu erteilen.1461 Fraglich ist zudem, ob die Prozesskostenhilfe als gleichwertig gegenüber der gewerblichen Prozessfinanzierung anzusehen ist. Wie bereits dargestellt, bestehen funktionale Unterschiede zwischen beiden Finanzierungsinstrumenten. Bei Inanspruchnahme der Prozesskostenhilfe ist es dem Anspruchsinhaber nicht möglich, seine Rechte ohne jedes finanzielle Risiko durchzusetzen. Keinen Einfluss hat dieses Institut nämlich auf die Kosten, die im Falle des Prozessverlustes dem Gegner zu erstatten sind. Diese muss der Kläger im Fall des Unterliegens gegebenenfalls selbst aufbringen. Zudem erfolgt die Bewilligung der Prozesskostenhilfe gem. § 115 Abs. 2 ZPO – je nach einzusetzendem Einkommen – mit der Verpflichtung zur Zahlung von monatlichen Raten, die der Beteiligung des Antragstellers an den Prozesskosten dienen. Im Zusammenhang mit § 4 a RVG war umstritten, ob der Auftraggeber vorrangig Prozess- bzw. Beratungshilfe in Anspruch nehmen muss, sofern die Voraussetzungen zu deren Gewährung gem. §§ 114 ff. ZPO gegeben sind. Nach einer Auffassung war der Wunsch des Auftraggebers zu beachten, keine Prozesskosten- oder Beratungshilfe in Anspruch nehmen zu wollen.1462 Nach anderer Auffassung wurde vertreten, dem Anspruchsinhaber sei kein Bedürfnis auf die Vereinbarung einer Erfolgshonorarvereinbarung zuzubilligen, wenn die Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskosten- bzw. Beratungshilfe gegeben seien.1463 Dieser Meinungsstreit ist jedoch inzwischen entschieden worden: Der Gesetzgeber hat durch das Gesetz zur Änderung des Prozesskosten- und Beratungshilferechts mit Wirkung zum 01. Januar 2014 bestimmt, dass die Möglichkeit, Beratungs- oder Pro1460  1. Teil,

1461  3. Teil,

(2)(c).

1462  Kilian,

1. Kapitel, B.I.1. 2. Kapitel, C.VI.3.b)aa)(2)(b) sowie 3. Teil, 2. Kapitel, C.VI.3.b)aa) Neuregelung, S. 1907. S. 323.

1463  Vogeler,



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage451

zesskostenhilfe in Anspruch nehmen zu können, bei der Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen des anwaltlichen Erfolgshonorars unberücksichtigt zu bleiben habe.1464 Da das anwaltliche Erfolgshonorar im Gegensatz zur gewerblichen Prozessfinanzierung nur das Vor- bzw. Unterliegensrisiko bezüglich der eigenen Rechtsanwaltskosten abdeckt, kann die Bestimmung des § 4 a RVG nicht in vollem Umfang auf die hier zu klärende Frage übertragen werden. Dies ergibt sich schon daraus, dass es hier nicht um die Beurteilung der Zulässigkeit der Vereinbarung eines Erfolgshonorars geht, sondern um die Frage, unter welchen Umständen der Anspruchsinhaber dies „zu Lasten“ des Anspruchsgegners tun darf. Insofern müssen andere Maßstäbe gelten. Es kommt daher – ähnlich wie bei der Zumutbarkeit der Inanspruchnahme eines Kredits – darauf an, zu prüfen, ob der Anspruchsinhaber durch eine etwaige Ratenzahlungsverpflichtung und das durch die Prozesskostenhilfe nicht abgedeckte Unterliegensrisiko nicht über seine wirtschaftlichen Verhältnisse hinaus belastet wird. Die Zahlung der Raten wird dem Anspruchsinhaber in der Regel zumutbar sein. Zweck des § 115 ZPO ist es schließlich, das finanzielle Risiko eines Gerichtsprozesses für den Antragsteller zu beschränken.1465 Dementsprechend ist auch die Höhe der von dem Antragsteller zu zahlenden Raten von vornherein anhand des von diesem einzusetzenden Vermögens geregelt.1466 Die Höhe der monatlichen Raten ist also den wirtschaftlichen Verhältnissen des Anspruchsinhabers angepasst und entsprechend begrenzt. Die im Fall des Unterliegens vom Antragsteller zu tragenden außergerichtlichen Kosten der Gegenseite sind von der Prozesskostenhilfe nicht umfasst. Es ist also zu untersuchen, ob es dem Anspruchsinhaber zumutbar ist, dieses Unterliegensrisiko allein zu tragen. Insoweit kann auf die vorherigen Ausführungen zu dieser Problematik verwiesen werden. Es kommt also auf die Beurteilung der Umstände des Einzelfalls an. Bei der Entscheidung dieser Frage ist zudem noch ein weiterer Aspekt zu berücksichtigen: Gemäß der §§ 45 ff. RVG deckt die Prozesskostenhilfe die Gebühren des Rechtsanwalts nur nach abgesenkten Sätzen ab. Der Rechtsanwalt, der ein Prozesskostenhilfe-Mandat betreut, erhält also nicht die vollen Gebühren. Aufgrund dieser niedrigeren Gebühren sind Rechtsanwälte mitunter nicht bereit, entsprechende Mandate anzunehmen. Ist es dem Anspruchsinhaber aus einem solchen Grund – beispielsweise bei einem 1464  BT-Drs.

17/11472. in: Müko/ZPO, § 115 ZPO Rdn.  48; siehe auch OLG Düsseldorf, Rpfleger 1991, 425. 1466  Motzer, in: Müko/ZPO, § 115 ZPO Rdn.  48. 1465  Motzer,

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

Rechtsstreit, der ein spezielles Rechtsgebiet betrifft – nicht möglich, einen entsprechend qualifizierten Anwalt zu finden, der bereit ist, zu den geringeren Gebühren zu arbeiten, kann er seinen Anspruch faktisch nicht durchsetzen.1467 Von einem verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Situation des Anspruchsinhabers kann dann nicht erwartet werden, Prozesskostenhilfe in Anspruch zu nehmen. Allerdings muss der Anspruchsinhaber angemessene Bemühungen anstellen, einen qualifizierten Anwalt zu finden, der auch bereit ist, zu den reduzierten PKH-Gebühren tätig zu werden.1468 ee) Inanspruchnahme eines anwaltlichen Erfolgshonorars Es ist zu prüfen, ob von einem wirtschaftlich denkenden Menschen in der Situation des Anspruchsinhabers zu erwarten ist, ein anwaltliches Erfolgshonorar anstelle der Prozessfinanzierung in Anspruch zu nehmen. Dies ist zunächst dann der Fall, wenn hierdurch ein verhältnismäßig hoher Schaden verhindert wird. Bislang gibt es keine statistischen Angaben darüber, in welcher Höhe Anwälte in der Regel Erfolgshonorarvereinbarungen treffen. Insofern kann hier keine Aussage darüber getroffen werden, ob durch die Inanspruchnahme eines anwaltlichen Erfolgshonorars in der Regel ein verhältnismäßig hoher Schaden verhindert wird. Zudem wird zu berücksichtigen sein, dass es dem Rechtsanwalt gem. § 49 a Abs. 2 S. 2 BRAO verboten ist, Vereinbarungen zu treffen, durch die der Rechtsanwalt sich verpflichtet, Gerichtskosten, Verwaltungskosten oder Kosten anderer Beteiligter zu tragen. Mithin kann der Rechtsanwalt nicht in demselben Umfang das Unterliegensrisiko übernehmen wie das Prozessfinanzierungsunternehmen. Demgemäß ist die Zumutbarkeit wiederum im Einzelfall zu prüfen. Auch ist im Einzelfall zu prüfen, ob der Anspruchsinhaber dazu verpflichtet ist, mit seinem Rechtsanwalt die Möglichkeit der Vereinbarkeit eines Erfolgshonorars zu treffen. ff) Inanspruchnahme des unterhaltsrechtlichen Prozesskostenvorschuss gem. § 1360 a BGB Es ist zu prüfen, ob von einem wirtschaftlich denkenden Menschen in der Situation des Anspruchsinhabers zu erwarten ist, einen Prozesskostenvorschuss anstelle der Prozessfinanzierung in Anspruch zu nehmen. Durch die Inanspruchnahme eines Prozesskostenvorschusses entstehen dem Anspruchs1467  Siehe die Paralleldiskussion zu den Sonderhonoraren, beispielsweise Hau, S.  147 ff. m. w. N. 1468  Hinsichtlich der Intensität der notwendigerweise anzustellenden Bemühungen kommt es auf die Umstände des Einzelfalles an.



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage453

inhaber keine zusätzlichen Kosten, sodass im Gegensatz zur gewerblichen Prozessfinanzierung ein unverhältnismäßig hoher Schaden verhindert werden kann. Die Inanspruchnahme eines Prozesskostenvorschusses ist einem verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Situation des Geschädigten dann zumutbar, wenn dies eine gleichwertige Alternative zur Prozessfinanzierung darstellt und dem Anspruchsinhaber mühelos und ohne Weiteres zugänglich ist. Zunächst soll wieder die Frage geklärt werden, unter welchen Umständen der Prozesskostenvorschuss dem Anspruchsinhaber mühelos und ohne Weiteres zugänglich ist. Eine Zugänglichkeit ist nur gegeben, wenn die bereits angeführten Voraussetzungen des Anspruchs gem. § 1360 a BGB erfüllt sind,1469 u. a. der Inanspruchgenommene leistungsfähig ist. Fraglich ist, wie es sich auswirkt, wenn der Inanspruchgenommene den Prozesskostenvorschuss nicht leistet, sondern dieser erst gerichtlich geltend gemacht werden muss. Ist der Prozesskostenvorschuss auch dann noch mühelos und ohne Weiteres zugänglich? Wie bereits ausgeführt, sind aufgrund der mit der Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens verbundenen erheblichen Kosten hohe Anforderungen an den Anspruchsinhaber zu stellen, sich über mögliche Finanzierungsalternativen zu informieren. Problematisch könnte es sein, dass die Durchsetzung des Prozesskostenvorschusses mit einem hohen zeitlichen und finanziellen Aufwand verbunden sein könnte. Allerdings wird der Prozesskostenvorschuss in der Praxis fast immer im Weg des einstweiligen Rechtsschutzes geltend gemacht.1470 So hat eine von Glassmacher durchgeführte Umfrage bei Familienrichtern ergeben, dass entsprechenden Klagen keine große Bedeutung in der Praxis zukommt.1471 Durch die Geltendmachung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes entstünde dem Berechtigten auch kein hoher Mehraufwand, da er zur Glaubhaftmachung des Verfügungsgrundes sowieso die auch für die spätere Klage notwendigen Angaben bei Gericht vortragen müsse.1472 Ein solcher Aufwand ist dem Anspruchsinhaber zumutbar. Fraglich ist des Weiteren die Gleichwertigkeit des Prozesskostenvorschusses. Dazu ist zu klären, ob für den Antragsteller durch den Prozesskostenvorschuss zusätzliche Verpflichtungen entstehen bzw. von diesem auch die Kosten des Unterliegens umfasst sind. Nach herrschender Auffassung muss ein Prozesskostenvorschuss nur dann zurückgezahlt werden, wenn sich die 1469  Siehe

1. Teil, 1. Kapitel, B.IV. S. 167. 1471  Glassmacher, S. 167. 1472  Glassmacher, S. 169. 1470  Glassmacher,

454

3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

wirtschaftlichen Verhältnisse des Empfängers wesentlich gebessert haben oder sonstige Billigkeitsgründe vorliegen. Dies sei in der Regel nicht der Fall.1473 Lediglich der in einem Rechtsstreit obsiegende Empfänger des Prozesskostenvorschusses sei insoweit zur Rückzahlung verpflichtet, als ihm die gegnerische Partei erstattungspflichtig sei und er diese Erstattungsansprüche auch tatsächlich beitreiben könne.1474 Der Vorschussempfänger muss den Vorschuss also nur im Fall des Obsiegens zurückzahlen. Dies ist ihm zumutbar. Entgegen einiger in der Literatur vorzufindender Formulierungen umfasst der Prozesskostenvorschuss nicht die dem Gegner im Fall des Unterliegens zu erstattenden Kosten.1475 Insofern gelten hier die vorab aufgestellten Grundsätze zu der Frage, inwiefern es dem Anspruchsinhaber zumutbar ist, das Unterliegensrisiko zu tragen. gg) Inanspruchnahme des günstigsten Angebots Des Weiteren ist zu prüfen, ob von einem wirtschaftlich denkenden Menschen in der Situation des Anspruchsinhabers zu erwarten ist, nur mit dem Prozessfinanzierungsunternehmen mit dem günstigsten Angebot (also der niedrigsten Erfolgsbeteiligung) zusammenzuarbeiten. Immerhin verlangt das Wirtschaftlichkeitspostulat vom Geschädigten, unter mehreren gleichwertigen Alternativen die günstigste Variante auszuwählen.1476 Aus diesem Gebot könnte man ableiten, dass ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Situation des Anspruchsinhabers den günstigsten Prozessfinanzierer auswählen würde. Dazu müsste der Markt der Anbieter sinnvoll abgegrenzt werden. Bei der Prozessfinanzierung gibt es jedoch keinen Markt, der es dem Anspruchsinhaber ermöglicht, zwischen mehreren Angeboten frei zu wählen. Meist wird es nur ein Prozessfinanzierungsunternehmen sein, das ernsthaft bereit ist, mit dem Anspruchsinhaber einen Prozessfinanzierungsvertrag abzuschließen. Ein solcher Sachverhalt liegt auch bei den sogenannten Erbenermittlern vor. Auch für diese gibt es – so erst kürzlich vom Oberlandesgericht Brandenburg entschieden – keinen Markt, der es dem potentiellen Erben ermöglichen könnte, zwischen mehreren Angeboten zu wählen.1477 Vielmehr sei das Zustandekommen des Erbensuchvertrages dadurch gekennzeichnet, dass sich üblicherweise nur ein Erbenermittler ausschließlich an diejenige Person wende, 1473  BGH FamRZ 1971, 360 ff.; OLG Hamburg MDR 1973, 51; OLG München FamRZ 1994, 1605, 1606; siehe dazu ausführlich Glassmacher, S.  151 ff. 1474  Glassmacher, S.  154 m. w. N. 1475  Siehe dazu ausführlich Glasmacher, S.  134 m. w. N. 1476  Alexander, S. 1174. 1477  Brandenburgisches Oberlandesgericht Zerb 2008, 278 ff.



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage455

die als Erbe in Betracht komme.1478 Mithin sind diese Überlegungen nicht weiterführend. hh) Ergebnis Von einem verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Situation des Anspruchsinhabers ist zu erwarten, eine andere – unter Umständen kostengünstigere – Möglichkeit der Finanzierung der Rechtsverfolgungskosten durch Dritte in Anspruch zu nehmen, sofern hierdurch ein verhältnismäßig hoher Schaden verhindert wird und die Art der Finanzierung dem Anspruchsinhaber zumutbar ist. Dies wird bei der Rechtsschutzversicherung immer der Fall sein. Die anderen Finanzierungsinstrumente erfordern eine Prüfung des Einzelfalls. c) Erfolgsaussichten des geltend gemachten Anspruches Möglicherweise könnten die Erfolgsaussichten der Durchsetzung des ursprünglichen – von der Prozessfinanzierung umfassten – Anspruches als weiteres Kriterium für die Beurteilung der Erforderlichkeit der Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens durch den Anspruchsinhaber dienen. Dies scheint zunächst abwegig zu sein, da die Entstehung des Erfolgshonorars – und damit auch des hier zu prüfenden Schadensersatzanspruches – davon abhängt, dass der ursprünglich geltend gemachte Anspruch erfolgreich durchgesetzt werden konnte. Jedoch ist es trotzdem angebracht, die Erfolgsaussichten der Rechtsdurchsetzung – aus einer ex-ante-Perspektive betrachtet – bei der Beurteilung der Erforderlichkeit der Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens zu berücksichtigen und diese dann abzulehnen, wenn die Beschreitung des Rechtsweges durch den Anspruchsinhaber ex-ante gesehen nur wenig erfolgversprechend erschien, weil erhebliche rechtliche oder tatsächliche Zweifel am Bestehen des Anspruches vorlagen. Hierfür spricht, dass der Gesetzgeber „immer wieder auf die begrenzte Ressource Recht hingewiesen“ und „vielfältig versucht [hat], den Bürger davon abzubringen nicht hinreichend erfolgversprechende Verfahren durchzuführen“.1479 Beispielhaft sei hier auf das Unterliegensprinzip bzw. auf die Norm des § 119 Abs. 1 ZPO verwiesen, wonach die Bewilligung von Prozesskostenhilfe von den Erfolgsaussichten des Anspruches abhängig gemacht wird. „Wenn die Allgemeinheit im Wege der Prozesskostenhilfe 1478  Brandenburgisches 1479  Teubel,

Oberlandesgericht Zerb 2008, 278 ff. in: Mayer/Kroiß, § 4 a RVG Rdn.  32.

456

3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

nicht bereit ist, Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung zu finanzieren“,1480 besteht kein Grund die Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens durch den Anspruchsinhaber in „Zockermanier“1481 für erforderlich im schadenersatzrechtlichen Sinne zu halten. Des Weiteren hat Bär darauf hingewiesen, dass unterschieden werden müsse, ob dem Schädiger eindeutig die Alleinschuld treffe oder die Schuldfrage nicht eindeutig sei. Im ersten Fall sei der Geschädigte besonders schutzwürdig, sodass es gerechtfertigt erscheine, die Leistungspflicht des Schädigers hier besonders zu berücksichtigen und Verzögerungen aus dieser Sphäre diesem auch anzulasten. Etwas anderes müsse bei einer unklaren Schuldfrage gelten. Hier sei die Pflicht des Geschädigten, den Schaden „klein zu halten“, besonders hervorzuheben.1482 Zudem wurde bereits im Rahmen der Tatbestandsvoraussetzungen des Verzugs gem. § 286 BGB darüber diskutiert, ob ein Verschulden des Schuldners auch dann vorliegt, wenn dieser die Nichterfüllung seiner Leistungspflicht mit rechtlichen Zweifeln begründet. Im Ergebnis wurde festgestellt, dass ein Verschulden des Schuldners dann nicht vorliegt, wenn seine rechtlichen Zweifel vertretbar, er also im Einklang mit der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung handelt.1483 Insofern ist es nur konsequent, eventuell mangelnde Erfolgsaussichten „zu Lasten“ des Anspruchsinhabers zu berücksichtigen.1484 Auf die hier zu prüfende Rechtsfrage übertragen, bedeutet dies, dass die „Schuldfrage“ bei unklaren Erfolgsaussichten ungeklärt und die Erforderlichkeit der Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens um so eher abzulehnen ist, je geringer die Erfolgsaussichten sind. Für diese Betrachtungsweise spricht auch die für die Beurteilung der Erforderlichkeit einzunehmende Perspektive eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen. Ein solcher wird die Verfolgung eines Anspruches, dessen Bestehen rechtlich und tatsächlich zweifelhaft ist, für unvernünftig halten und von der gerichtlichen Verfolgung absehen. Zudem spielen die Erfolgsaussichten auch bei der Beurteilung der Erforderlichkeit anderer Maßnahmen der Rechtsverfolgung oder Schadensbeseitigung eine Rolle, z. B. bei der Einschaltung eines Privatdetektivs bei geringem Streitwert der Angelegenheit. Dabei wird argumentiert, dass eine verständige Partei keinen Privatdetektiv einschalten wird, wenn die Erfolgsaussichten nur als gering einzuschätzen sind. Erscheint es hingegen ex-ante als sicher, dass die Ermittlungen des Privatdetektivs zu einer Aufklärung der 1480  Teubel,

1481  Teubel,

in: Mayer/Kroiß, § 4 a RVG Rdn.  32. in: Mayer/Kroiß, § 4 a RVG Rdn.  32  – für das anwaltliche Erfolgs-

honorar. 1482  Bär, S. 29. 1483  3. Teil, 2. Kapitel, B.V.4.d). 1484  Allerdings werden nach hier vertretener Auffassung bereits die Voraussetzungn des Verzuges nicht vorliegen.



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage457

Angelegenheit führen werden, so wird auch bei einem geringen Streitwert die Einschaltung eines Privatdetektivs als erforderlich angesehen.1485 Darüber hinaus werden die Erfolgsaussichten der Anspruchsdurchsetzung vom BGH in ständiger Rechtsprechung auch bei der Beurteilung der Erforderlichkeit der erstmaligen Einschaltung eines Rechtsanwalts berücksichtigt. Hier wird argumentiert, dass die Erforderlichkeit dann nicht gegeben sei, wenn Grund und Höhe der Haftung so eindeutig seien, dass aus Sicht des Geschädigten kein Zweifel daran bestehen könne, dass der Schädiger ohne Weiteres seiner Verpflichtung zum Schadensersatz nachkommen werde.1486 Auch wenn die Erfolgsaussichten hier einen anderen Einfluss auf die Bewertung der Erforderlichkeit haben (gute Aussichten = keine Erforderlichkeit), liegt der Bewertung dieselbe Perspektive eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen zugrunde, der einen Rechtsanwalt dann nicht einschalten würde, wenn keine berechtigten Zweifel hinsichtlich Grund und Höhe der Haftung sowie der Verantwortung des Schädigers bestehen – die Erfolgsaussichten also als sehr gut einzuschätzen sind. Im Ergebnis ist demnach festzustellen, dass die Erfolgsaussichten bei der Beurteilung der Erforderlichkeit der Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens zu berücksichtigen sind. Die Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens ist aus der ex-ante-Sicht eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Situation des Anspruchsinhabers nur dann als notwendig anzusehen, wenn keine berechtigten Zweifel hinsichtlich des Bestehens und der Höhe des Anspruches vorlagen – die Erfolgsaussichten der Durchsetzung des Anspruches also als sehr gut einzuschätzen waren. Je geringer die Erfolgsaussichten aus der ex-ante-Sicht einzuschätzen waren, je eher ist die Erforderlichkeit der Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens abzulehnen. d) Umfang und Bedeutung des Anspruchsgegenstandes Bei der Beurteilung der Erforderlichkeit der Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens durch den Anspruchsinhaber hat der Richter Umfang und Bedeutung des ursprünglichen – von der Prozessfinanzierung umfassten – Anspruches zu berücksichtigen. Zum einen ist an dieser Stelle noch einmal auf die Motive des Gesetzgebers zu § 4 a RVG hinzuweisen. Der Gesetzgeber hat bei den Regelungen zur Zulässigkeit der Vereinbarung anwaltlicher Erfolgshonorare vor allem an Lebenssachverhalte gedacht, „bei denen um Vermögenswerte gestritten wird, 1485  Jaspersen/Wache, 1486  BGH

in: Vorwerk/Wolf, BeckOK, § 91 ZPO Rdn.  120. NJW-RR 2007, 856 f.

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

die den einzigen oder wesentlichen Vermögensbestandteil einer rechtssuchenden Person ausmachen, etwa bei einem Streit um einen Erbteil, einen Entschädigungsbetrag oder ein Schmerzensgeld“.1487 Diese Wertung kann auf die Beurteilung der Erforderlichkeit der Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens übertragen werden. Stehen derartige Vermögenswerte „im Raum“, wird dies für die Erforderlichkeit der Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens aus Sicht eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Situation des Anspruchsinhabers sprechen. Zum anderen ist verallgemeinernd darauf hinzuweisen, dass der Wert des vom Schädiger verletzten Rechtsgutes Einfluss auf die Verhältnismäßigkeitsgrenze und damit auf die Beurteilung der Erforderlichkeit einer Maßnahme der Schadensbeseitigung hat.1488 Geht es um die Rechtsgüter „Leben“ und „Gesundheit“, müsse die „Opfergrenze für den Schädiger“1489 weiter gefasst werden, als wenn es nur um Vermögensschäden gehe.1490 Entsprechend der Wertigkeit des durch den Schädiger verletzten Rechtsgutes muss die Verhältnismäßigkeitsgrenze demnach zu Lasten des Ersatzpflichtigen verschoben werden, wenn es um höherwertige Rechtsgüter geht. e) Entwicklung des Schadensfalles aus Sicht   des Geschädigten /Regulierungsverhalten des Anspruchsgegners Fraglich ist, ob der Richter das Regulierungsverhalten des Anspruchsgegners bei der Beurteilung der Erforderlichkeit der Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens durch den Anspruchsgegner zu berücksichtigen hat. Im Allgemeinen wird bei der Beurteilung der Erforderlichkeit einer Maßnahme der Schadensbeseitigung bzw. Rechtsverfolgung berücksichtigt, wie sich die voraussichtliche Entwicklung des Schadensfalls aus Sicht des Geschädigten darstellt.1491 So wird die Erforderlichkeit der Einschaltung eines Rechtsanwalts dann abgelehnt, wenn der Schädiger seine Ersatzpflicht dem Grunde und der Höhe nach anerkannt hat und an seiner Zahlungsbereitschaft und -fähigkeit keine Zweifel bestehen.1492 Allerdings wird diesem Aspekt im Rahmen des Verzugsschadens nur eine geringe Rolle bei der Beurteilung durch den Richter zukommen können, 1487  Schons,

in: Hartung, § 4 a RVG Rdn. 32. Schwimmbad, S. 548; Thiele, FS Felgenträger, S. 399 f. 1489  Thiele, FS Felgenträger, S. 400. 1490  Thiele, FS Felgenträger, S. 400. 1491  BGH NJW 2005, 1112; Lensing, Kosten Rechtsschutzmandat, S. 159. 1492  BGHZ 127, 348, 352; BGH NJW 2005, 1112; Mertens, in: Soergel, § 249 BGB Rdn. 62. 1488  Huber,



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage459

denn das Regulierungsverhalten des Anspruchsgegners findet bereits im Rahmen der Haftungsbegründung Berücksichtigung. Voraussetzung des Anspruchs auf Verzögerungsschaden ist die Verzögerung der Erfüllung des Anspruches durch den Anspruchsgegner. Der Anspruchsgegner hat also bereits signalisiert, dass er den Anspruch nicht freiwillig zu erfüllen gedenkt. Das Regulierungsverhalten gehört also schon zu den Anspruchsvoraussetzungen und kann im Rahmen der Haftungsausfüllung nur noch eine verstärkende Wirkung haben. Dabei ist an Sachverhalte zu denken, bei denen der Anspruchsgegner die Erfüllung des Anspruches „hartnäckig“ verweigert, obwohl die Voraussetzungen des Anspruchs zweifellos und offensichtlich gegeben sind. Beispielsweise sei auf Sachverhalte verwiesen, bei denen ein Anspruchsgegner die Leistungsverweigerung offensichtlich als strategisches Mittel einsetzt und einkalkuliert, dass viele Anspruchsinhaber ihre berechtigten Ansprüche aus Angst vor den mit der Rechtsverfolgung verbundenen Risiken nicht durchsetzen werden.1493 Im Ergebnis ist festzustellen, dass das Regulierungsverhalten des Anspruchsgegners bei der Beurteilung der Erforderlichkeit der Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens durch den Anspruchsinhaber zu berücksichtigen ist. f) Herstellung von Waffengleichheit Bei der Beurteilung der Erforderlichkeit von Maßnahmen des Anspruchsinhabers zur gerichtlichen Durchsetzung seines Anspruches ist immer wieder das Argument der Waffengleichheit anzutreffen. Dies gilt insbesondere für die Beurteilung der Erforderlichkeit der Einschaltung eines Rechtsanwalts1494 bzw. eines Privatgutachters.1495 Die Waffengleichheit – so wird argumentiert – gebiete die Einschaltung eines Rechtsanwalts bzw. die Beauftragung eines Privatgutachters.1496 Es wurde bereits herausgearbeitet, dass das Prinzip der prozessualen Waffengleichheit einem materiell-recht­ lichen Kostenerstattungsanspruch bezüglich des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars grundsätzlich nicht entgegensteht.1497 Eine andere Frage ist es jedoch, ob die Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmen durch den Anspruchsinhaber als erforderlich anzusehen ist, weil auf 1493  Siehe

dazu 2. Teil, 3. Kapitel, D.III. NJW 1986, 2243, 2245; AG Frankfurt a. M. zfs 1993, 278; AG Darmstadt zfs 2002, 71, 72. 1495  OLG Karlsruhe BeckRS 2010, 26556 (im Rahmen des § 91 ZPO); OLG Stuttgart NJW-RR 1999, 1374; VGH München BeckRS 2011, 53103. 1496  OLG Stuttgart NJW-RR 1999, 1374. 1497  Siehe dazu 3. Teil, 2. Kapitel, C.V.3. 1494  BGH

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

diesem Wege ein eventuelles finanzielles Ungleichgewicht zwischen den Parteien beseitigt und damit prozessuale Waffengleichheit hergestellt werden kann. Bedeutung und Gehalt des Grundsatzes der prozessualen Waffengleichheit sind bereits erörtert worden. Darauf soll verwiesen1498 und zunächst geklärt werden, ob es Aufgabe des Schadensrechts sein kann, zur Herstellung der prozessualen Waffengleichheit beizutragen. aa) Waffengleichheit als Zurechnungskriterium im Schadensrecht Zu dieser Frage sind verschiedene Auffassungen in Literatur und Rechtsprechung vorhanden: (1) Waffengleichheit als Zurechnungskriterium Teilweise wird das Argument der Waffengleichheit zur Begründung der Erforderlichkeit herangezogen. Dies sei dann der Fall, wenn die Gefahr bestehe, dass der Kläger oder auch der Beklagte wegen bestehender – z. B. fachlicher – Defizite gegenüber der gegnerischen Prozesspartei seinen Anspruch nicht ohne Weiteres durchsetzen bzw. abwehren und dadurch sein Recht nicht verwirklichen könne. So wird beispielsweise die Einholung eines Privatgutachtens dann als erforderlich angesehen, wenn eine „prozessuale Notlage“ vorliegt.1499 Dies wird dann angenommen „wenn der betreffende Beteiligte mangels genügender Sachkunde die sein Begehren tragenden Behauptungen nur mit Hilfe des eingeholten Gutachtens darlegen oder unter Beweis stellen kann“.1500 Bei der Erforderlichkeit der Einschaltung eines Rechtsanwalts wird mitunter auch argumentiert, es müsse das Ungleichgewicht ausgeglichen werden, dass sich daraus ergebe, dass es sich bei der Gegenseite um eine Versicherung oder Behörde handle.1501 Mitunter wird sogar argumentiert, der auf § 249 BGB gestützte materiell-rechtliche Kostenerstattungsanspruch beruhe auf dem Prinzip der prozessualen Waffengleichheit.1502

1498  Siehe

dazu 3. Teil, 2. Kapitel, C.V.3. NJW 1986, 2243, 2245; Lensing, r+s 2012, 157. 1500  Kunze, in: Posser/Wolff, § 162 VwGO Rdn. 58; VGH München BeckRS 2011 für das verwaltungsgerichtliche Verfahren. 1501  BGH NJW 1986, 2243, 2245; Lensing, r+s 2012, 157. 1502  Jahnke, S. 272. 1499  BGH



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage461

(2) Waffengleichheit ist kein Zurechnungskriterium Nach anderer Auffassung ist die Annahme, Waffengleichheit gebiete die Erstattungsfähigkeit von Rechtsverfolgungskosten, verfehlt.1503 Die Erstattungsfähigkeit hänge gerade nicht von der Person des Geschädigten ab, sondern sei jedem eröffnet. Dies folge nicht aus der Waffengleichheit, sondern dem Schadensrecht selbst. Mithin sei die Waffengleichheit Folge des Schadensrechts, nicht etwa Bedingung zur Herstellung eines Gleichgewichts.1504 Nixdorf verweist zudem auf die Unsicherheiten eines solchen Prüfungskriteriums.1505 Stellte man etwa im Rahmen der Prüfung der Erforderlichkeit der Einschaltung eines Rechtsanwalts – so Nixdorf – „auf eine Beziehung zwischen Einrichtung und Fähigkeiten des Geschädigten auf der einen Seite sowie Schwierigkeiten der Sach- und Rechtslage auf der anderen“ ab, so führe dies „in letzter Konsequenz zu kaum noch zu vermittelnden Ergebnissen“ und würde „die mit der Schadensregulierung befassten Kreise für die Frage nach dem Bestehen eines Kostenerstattungsanspruchs zu übertriebenen und praxisfremden Darlegungen veranlassen“.1506 (3) Stellungnahme Der zuletzt dargestellten Auffassung ist insoweit zuzustimmen, dass es tatsächlich Unsicherheiten in der Rechtspraxis mit sich bringen würde, machte man die Erstattungsfähigkeit von Rechtsverfolgungskosten von einem Ungleichgewicht zwischen Anspruchsinhaber und Anspruchsgegner abhängig. Es geht daher tatsächlich zu weit, einen Erstattungsanspruch von dem Bestehen einer solchen Ungleichgewichtslage als Bedingung abhängig zu machen. Möglicherweise kann es jedoch geboten sein, die Herstellung von Waffengleichheit zumindest als ein Kriterium zur Beurteilung der Erforderlichkeit einer Rechtsverfolgungsmaßnahme heranzuziehen. Da eine generelle Beantwortung dieser Problematik nicht möglich ist, soll sich an dieser Stelle auf die Beantwortung der Frage beschränkt werden, ob es der im Rahmen der Schutzzwecklehre zu berücksichtigende Normzweck des § 286 BGB gebietet, die Waffengleichheit als ein Kriterium zur Beurteilung der Erstattungsfähigkeit von Rechtsverfolgungsmaßnahmen heranzuziehen, und zwar insbesondere von solchen, die der Beseitigung eines finanziellen Ungleichgewichts zwischen den Parteien dienen, wie etwa die gewerbliche Prozessfinanzierung. Der Normzweck des § 286 BGB ist bereits ausführlich 1503  Wagner,

Christian, S. 3247; Nixdorf, S. 257. Christian, S. 3247. 1505  Nixdorf, S, 258 f. 1506  Nixdorf, S. 258. 1504  Wagner,

462

3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

erörtert worden. An dieser Stelle soll daher nur noch einmal kurz daran erinnert werden, dass es Zweck des § 286 BGB ist, den Gläubiger vor dem Schaden zu bewahren, der dadurch entsteht, dass der Gläubiger seine Leistungspflicht nicht rechtzeitig erfüllt. Dies soll nicht nur durch den Ausgleich des Verzugsschadens erreicht werden, sondern auch dadurch, dass von den Verzugsregelungen eine präventive Wirkung ausgeht.1507 Es ist ebenfalls bereits ausführlich erörtert worden, dass das Bestehen einer finanziellen Ungleichgewichtslage zwischen Gläubiger und Schuldner oftmals sowohl zu einem Rechtsdurchsetzungsdefizit seitens des Gläubigers als auch zu einem Rechtsbefolgungsdefizit seitens des Anspruchsgegners führen kann. Der Gläubiger wird seinen Anspruch aufgrund der mit der Rechtsdurchsetzung verbundenen Kosten nicht durchsetzen und der Schuldner wird dies einkalkulieren und aus strategischen Gründen von der Erfüllung des Anspruchs absehen.1508 Das Bestehen einer finanziellen Ungleichgewichtslage zwischen Schuldner und Gläubiger behindert die präventive Wirkung des § 286 BGB. Anspruchsinhaber werden oftmals aufgrund des Kostenrisikos von der Durchsetzung ihrer Ansprüche absehen. Dem Anspruchsinhaber werden hierdurch wiederum Anreize gegeben, die Begleichung fälliger Ansprüche zu verzögern. Daher spricht der Normzweck des § 286 BGB dafür, die Herstellung prozessualer Waffengleichheit – trotz der damit verbundenen Unsicherheiten für die Rechtspraxis – als ein Kriterium bei der Beurteilung der Erforderlichkeit von Rechtsverfolgungsmaßnahmen im Rahmen dieser Vorschrift zu berücksichtigen. Dies steht auch mit dem materiellen Gehalt des Grundsatzes der prozessualen Waffengleichheit im Einklang. Wie bereits erörtert, geht es bei der Waffengleichheit darum, jeder Partei den Zugang zu Gericht zu ermöglichen, indem sie nicht aus Kostengründen von der Rechtsdurchsetzung abgehalten wird.1509 Durch die Herstellung von Chancengleichheit soll die Durchsetzbarkeit von Ansprüchen bzw. anderen Rechten ermöglicht bzw. erleichtert werden. Beispielhaft zeigt sich dies am Institut der Prozesskostenhilfe, das als Ausfluss des Prinzips der prozessualen Waffengleichheit anzusehen ist und der Herstellung prozessualer Chancengleichheit dient.1510 Safferling argumentiert gar, „die Waffengleichheit als Rechtsprinzip diene der Wahrheitsfindung“.1511 Dabei ist jedoch zu beachten, dass das Bestehen einer finanziellen Ungleichgewichtslage ein zu beachtendes Kriterium darstellen kann. Dies ist etwa vorstellbar, wenn das Vorliegen eines finanziellen Un1507  Siehe

lung.

1508  Siehe

dazu die Ausführungen in 3. Teil, 2. Kapitel, C.IV.2.b) dieser Abhand-

dazu die Ausführungen in 2. Teil, 3. Kapitel, E. BeckRS 2005, 29, 635 (Kostenerstattung im Strafverfahren als Nebenkläger); Wagner, Prozessverträge 1998, S. 151 ff. 1510  Rauscher, in: Müko/ZPO, Einleitung Rdn.  238. 1511  Safferling, S. 187. 1509  BVerfG



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage463

gleichgewichts zwischen den Parteien offensichtlich ist – etwa bei Streitigkeiten zwischen Privatpersonen und großen Unternehmen oder einer Behörde – und der Kläger dazu substantiiert vorgetragen hat. bb) Waffengleichheit und Prozessfinanzierung Bei der Prüfung eines Verzugsschadens sollte der Richter den Aspekt der Herstellung von Waffengleichheit als ein Abwägungskriterium bei der Beurteilung der Erforderlichkeit der Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens berücksichtigen. Bei Rechtsstreitigkeiten, die für die Vereinbarung eines Erfolgshonorars in Betracht kommen, liegt – wie bereits ausgeführt1512 – typischerweise von vornherein eine Ungleichgewichtslage zwischen Kläger und Beklagten vor.1513 Es besteht also typischerweise die Gefahr, dass der Anspruchsgegner den Anspruch von vornherein nicht erfüllt und der Anspruchsinhaber diesen nicht durchsetzt. Die Herstellung prozessualer Waffengleichheit und die Beseitigung des finanziellen Ungleichgewichts zwischen den Parteien werden daher oftmals für eine Erforderlichkeit der Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens durch den Anspruchsinhaber streiten. Es ist natürlich – darauf wurde schon hingewiesen – nicht von der Hand zu weisen, dass die Berücksichtigung von Ungleichgewichtslagen zwischen Anspruchsinhaber und Anspruchsgegner bei der Beurteilung der Erforderlichkeit der Einschaltung eines Prozess­ finanzierungsunternehmens zu Unsicherheiten führt. So ist fraglich, wann eine solche Ungleichgewichtslage anzunehmen ist. Jedoch sind diese Unsicherheiten hinzunehmen, meint man es mit der präventiven Wirkung des § 286 BGB ernst. Es obliegt also der Beurteilung des Richters im Einzelfall, ob eine die Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens rechtfertigende Ungleichgewichtslage zwischen den Parteien vorliegt und eine Erstattungsfähigkeit des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars aus Gründen der prozessualen Waffengleichheit geboten erscheint. g) Allgemeine Verkehrsanschauung Häufig wird auch das Argument der „allgemeinen Verkehrsanschauung“ für die Frage der Erforderlichkeit der Kosten zur Schadensbeseitigung bemüht. Dabei werden solche Kosten als erforderlich angesehen, die nach der allgemeinen Verkehrsanschauung objektiv erforderlich und aufzuwenden waren.1514 Allerdings ist bereits dieses Kriterium zweifelhaft. Fraglich ist 1512  3. Teil,

2. Kapitel, C.V.3. S. 680. 1514  Haller, S. 345. 1513  Baetge,

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

nämlich, wie man die „allgemeine Verkehrsanschauung“ bestimmt. Wann ist eine solche als gegeben anzusehen? Besonders deutlich wird die Unbrauchbarkeit dieses Kriteriums bei neuen Kostenpositionen, wie z. B. dem prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorar. Hier kann es keine Verkehrsanschauung geben. Insofern ist dieses Kriterium nicht hilfreich. h) Ergebnis Als abwägungsrelevant ist anzusehen, ob der Anspruchsinhaber den Rechtsstreit auch aus eigenen Mitteln finanzieren könnte bzw. ob kostengünstigere Möglichkeiten der Finanzierung der Rechtsdurchsetzung vorhanden sind. Daneben werden die Erfolgsaussichten, Bedeutung und Umfang des Anspruchsgegenstandes sowie das Regulierungsverhalten des Anspruchsgegners zu berücksichtigen sein. Auch dem Aspekt der Herstellung von Waffengleichheit kommt eine hohe Bedeutung bei der Abwägung zu.1515 4. Rechtsmissbrauch gem. § 242 BGB als Grenze der Erforderlichkeit Möglicherweise könnte der mit der Geltendmachung eines Anspruches auf Ersatz des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars konfrontierte Anspruchsgegner einwenden, die Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens durch den Anspruchsinhaber sei gem. § 242 BGB rechtsmissbräuchlich gewesen. Tatsächlich wird die Erforderlichkeit durch den Rechtsmissbrauch gem. § 242 BGB begrenzt.1516 Ein Rechtsmissbrauch gem. § 242 BGB liegt in diesem Zusammenhang immer dann vor, „wenn die Inanspruchnahme entgeltlicher Leistungen […] als geradezu unvernünftig oder als bloße schikanöse Ausnutzung von Ersatzansprüchen erscheinen muss“.1517 Eine derartige Begrenzung des Erstattungsanspruches ist notwendig, um einer nicht notwendigen Verursachung von Rechtsverfolgungskosten und einem missbräuchlichen Ausnutzen von Ersatzansprüchen vorzubeugen.1518 Außerdem werde auch in den übrigen Bereichen des Schadensrechts dem Geschädigten – so Nixdorf – eine „irgendwie geartete, maßgebliche eigene Mitwirkung bei der Schadensbeseitigung nur in den Grenzen des § 242 BGB 1515  Neben diesen Kriterien sind noch weitere denkbar, die jedoch im Rahmen dieser Abhandlung nicht vorgestellt werden können. 1516  AG Frankfurt a. M. zfs 1995, 148, 149; Nixdorf, S. 260; Wagner, Christian, S. 3248. 1517  Nixdorf, S. 260. 1518  Nixdorf, S. 260.



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage465

zugemutet“.1519 Die Begrenzung der Erforderlichkeit durch den Rechtsmissbrauch gem. § 242 BGB ist daher systematisch konsequent.1520 Der Einwand des Anspruchsgegners, die Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens sei als rechtsmissbräuchlich anzusehen, ist also vom Richter grundsätzlich zu beachten. Von entscheidender Bedeutung – so Wagner1521 – sei aber die rechtliche Ausfüllung dieses Begriffs. Im Ergebnis müsse anhand einiger einfach handhabbarer Kriterien festgestellt werden können, wann die Aufwendung von Rechtsverfolgungskosten ausnahmsweise nicht notwendig gewesen sei. Es ist also fraglich, unter welchen Umständen die Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens als rechtsmissbräuchlich anzusehen ist. Die Beauftragung eines Rechtsanwalts wird beispielsweise dann als mutwillig angesehen, wenn sie „statt Vorteilen für den Geschädigten allein Kosten zulasten des Schädigers verursacht, gegebenenfalls noch gerade zu dem Zweck, einem Rechtsanwalt eine Einnahmequelle zu verschaffen“.1522 Auf die hier zu prüfende Rechtsfrage übertragen bedeutet dies, dass die Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens dann als rechtsmissbräuchlich zu betrachten wäre, wenn sie dem Anspruchsinhaber keine Vorteile bringt, sondern nur den Anspruchsgegner mit zusätzlichen Kosten in Form des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars belasten soll. Dies muss aus einer ex-ante-Perspektive beurteilt werden.1523 Geht man von einer grundsätzlichen Erstattungsfähigkeit des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars aus, wäre es durchaus vorstellbar, dass ein Anspruchsinhaber die Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens aus rechtsmissbräuchlichen Motiven erwägen könnte. Dies würde dann der Fall sein, wenn der Anspruchsinhaber die Kosten und Risiken des Prozesses eigentlich selbst tragen könnte und ein Prozessfinanzierungsunternehmen nur deshalb einschaltet, um den Anspruchsgegner mit dem prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorar zu belasten. Allerdings werden derartige Aspekte bereits im Rahmen der Erforderlichkeit geprüft, und zwar bei der Beurteilung der Frage, ob die Erteilung von Fremdaufträgen aus Sicht eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Situation des Anspruchsinhabers notwendig gewesen ist. Dort wurde u. a. geprüft, ob von einem verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen hätte erwartet werden können, eigene Mittel zur Finanzierung des Rechtsstreits einzusetzen.1524 Insofern 1519  Nixdorf,

S. 260. Christian, S. 3248. 1521  Wagner, Christian, S. 3248. 1522  AG Frankfurt a. M., zfs 1995, 148, 149. 1523  Wagner, Christian, S. 3248, im Allgemeinen. 1524  3. Teil, 2. Kapitel, C.VI.3.a).

1520  Wagner,

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

wird es eines Rückgriffs auf das Kriterium des Rechtsmissbrauchs gem. § 242 BGB in der Regel nicht bedürfen. In diesem Zusammenhang soll noch auf ein Urteil des Kammergerichts vom 03. August 2010 hingewiesen werden.1525 Das Kammergericht hatte dort über die missbräuchliche Geltendmachung wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsansprüche bei Einsatz eines Prozessfinanzierungsunternehmens zu entscheiden. Die Klägerin hatte für die Verfolgung einer Vielzahl wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsansprüche einen Prozessfinanzierungsvertrag abgeschlossen, und zwar mit einem Prozessfinanzierungsunternehmen, das ihr zusätzlich einen Rechtsanwalt vermittelte, mit dem es immer wieder zusammenarbeitete. Das Kammergericht sah hierin eine rechtsmissbräuch­ liche Geltendmachung wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsansprüche gem. § 8 Abs. 4 UWG begründet. Die Klägerin verfolgte hier nach Auffassung des Kammergerichts sachfremde Ziele i. S. d. § 8 Abs. 4 UWG.1526 Die Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens – so das Kammergericht – sei deshalb rechtsmissbräuchlich gewesen, weil „die Klägerin damit jeglichem Kosten- und Verlustrisiko enthoben wurde und somit das eigene Gewinnerzielungsinteresse (etwa aus späteren Vertragsstrafen) und das Gewinnerzielungsinteresse ihres in fortlaufender Geschäftsbeziehung mit diesem Prozessfinanzierer zusammenarbeitenden Rechtsanwalts […] in den Vordergrund trat“.1527 5. Ergebnis Im Ergebnis ist festzustellen, dass die Kosten der Prozessfinanzierung dem Anspruchsgegner nur dann zuzurechnen sind, wenn die Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens erforderlich war. Eine Haftungsregelung muss so ausgestaltet sein, dass dem Anspruchsinhaber der Anreiz vermittelt wird, ein Prozessfinanzierungsunternehmen immer nur dann einzuschalten, wenn andere kostengünstigere Finanzierungsmöglichkeiten – sei es aus einem einsetzbaren Vermögen oder durch eine Rechtsschutzversicherung – nicht vorhanden sind.1528 Nur unter dieser Voraussetzung gehen von einem Erstattungsanspruch wohlfahrtstheoretisch wünschenswerte Anreize sowohl auf den Anspruchsinhaber als auch auf den Anspruchsgegner aus. Das Kriterium der Erforderlichkeit begrenzt bereits den Tatbestand des ma1525  KG

MMR 2010, 688. Rechtsmissbrauch gem. § 8 Abs. 4 UWG siehe dazu BGH GRUR 2006, 243 f.; KG MMR 2010, 688. 1527  KG MMR 2010, 689. 1528  Dies ist im zweiten Teil dieser Abhandlung ausführlich dargestellt worden. Siehe dazu 2. Teil, 4. Kapitel, C.V.3. 1526  Zum



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage467

teriellen Kostenerstattungsanspruches. Insofern besteht eine Schadensersatzpflicht von vornherein nur im Rahmen des Vorgehens eines verständigen Menschen. Grund hierfür ist der Aufwendungscharakter des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars. Der Maßstab für die Beurteilung der Erforderlichkeit ergibt sich aus dem Verhältnismäßigkeitsprinzip i. e. S. Es ist also in jedem Einzelfall zu prüfen, ob die Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens angemessen war. Dazu bedarf es einer umfassenden und wertenden Betrachtung unter Abwägung der schützenswerten Interessen des Schädigers und des Geschädigten. Dabei gilt grundsätzlich ein objektiver Beurteilungsmaßstab, sodass es auf die Sicht eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Situation des Anspruchsinhabers ankommt. Allerdings hat der Anspruchsinhaber nach dem Grundsatz der subjektbezogenen Schadensbetrachtung die Möglichkeit, im Einzelfall auch darzulegen, dass er aufgrund seiner individuellen Situation auch Aufwendungen tätigen durfte, die über den objektiv erforderlichen Kosten liegen. Insbesondere ist bei der Abwägung zu berücksichtigen, ob der Anspruchsinhaber den Rechtsstreit auch aus eigenen Mitteln hätte finanzieren können bzw. ob ihm auch andere kostengünstigere Mittel zur Verfügung gestanden hätten. Daneben sind jedoch auch noch andere Aspekte abzuwägen, z. B. Umfang und Bedeutung des Anspruchsgegenstandes oder der Aspekt der Herstellung der Waffengleichheit.

D. Höhe des Schadensersatzes Würde man einen Anspruch auf Erstattung des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars annehmen, so wäre schon jetzt absehbar, welches Problem zukünftig im Zentrum der Diskussion stehen würde – nämlich die Höhe des zwischen dem Anspruchsinhaber und dem Prozessfinanzierungsunternehmen vereinbarten Erfolgshonorars. Es wäre zu erwarten, dass der unterlegene Anspruchsgegner typischerweise geltend machen wird, dass das Prozessfinanzierungsunternehmen bei Abschluss des Prozessfinanzierungsvertrages das Risiko zu hoch angesetzt habe – das Erfolgshonorar damit nicht notwendig sei und nicht erstattet werden müsse. Dieser Einwand kann nicht von der Hand gewiesen werden, denn bei einer Erstattungsfähigkeit des Erfolgshonorars hat der obsiegende Anspruchsinhaber nur wenig Anreiz, dieses niedrig zu halten, da er dessen wirtschaftliche Folgen nicht tragen muss.1529 Teilweise wird in Erfolgshonorarvereinbarungen deshalb eine Benachteiligung zu Lasten der erstattungspflichtigen Prozesspartei gesehen.1530 1529  So auch Kilian für die Frage der Erstattungsfähigkeit anwaltlicher Erfolgs­ honorare in England, in: Erfolg und Vergütung, S. 240. 1530  Zander, S.  26 ff.

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

Die durch zwei Vertragsparteien getroffene Vereinbarung würde eine Einschränkung der Rechte eines Dritten nach sich ziehen.1531 Dass das Auseinanderfallen von demjenigen, der eine Leistung in Anspruch nimmt, und demjenigen, der sie letztendlich bezahlen muss, die Gefahr der Übervorteilung des zur Zahlung Verpflichteten birgt, wurde bereits ausführlich dargestellt.1532 Des Weiteren ist noch an die im Rahmen der ökonomischen Analyse gewonnene Erkenntnis zu erinnern, dass von einer Haftungsregelung Anreize auf den Anspruchsinhaber zur Kostenbegrenzung ausgehen müssen und dies auch für die Höhe des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars gilt.1533 Zuletzt wurde bereits darauf hingewiesen, dass es auch notwendig ist, die mit dem prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorar zwangsläufig erfolgende Quersubventionierung zu beachten.1534 Fraglich ist jedoch, in welcher Form eine solche Begrenzung erfolgen kann, die zudem mit den schadensrechtlichen Grundsätzen in Einklang steht. I. Allgemeine Ausführungen zur Höhe des Schadensersatzes Auch hinsichtlich der Höhe bzw. des Umfang des zu ersetzenden Schadens ergeben sich Anhaltspunkte aus den §§ 249 ff. BGB.1535 Liegt – wie im Fall des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars – ein Aufwendungsschaden vor, muss jedoch noch geprüft werden, ob der Geschädigte die Aufwendungen in dem konkreten Fall in der gemachten Höhe für erforderlich halten durfte.1536 Dabei gilt das bereits vorgestellte Wirtschaftlichkeitspostulat auch für die Höhe des Schadens.1537 Mithin ist zu prüfen, ob ein Aufwendungsschaden der Höhe nach als erforderlich angesehen werden kann. Eine derartige Begrenzung ist auch notwendig. Ansonsten würde eine uferlose Einstandspflicht des Schädigers drohen. Zudem würde dem Geschädigten ein Anreiz fehlen, die Kosten der Schadensbeseitigung in einem wirtschaftlich vernünftigen Rahmen zu halten.

1531  Schepke,

S. 92. 4. Kapitel, C.IV. 1533  2. Teil, 4. Kapitel, C.V.3. 1534  3. Teil, 2. Kapitel, C.IV.5.e). 1535  Oetker, in: Müko-BGB, § 249 BGB Rdn. 18.; Herbert/Oberrath, S. 2936. 1536  AG Brandenburg Urteil vom 27.08.2012 – Az.: 31 C 266/122, abrufbar unter www.juris.de. 1537  BGH NJW 1990, 2060, 2062; Vuia, S. 183 (für Gutachter). 1532  2. Teil,



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage469

II. Bestimmung der Angemessenheit Erfolgshonorar im Einzelfall Wie stellt man nun die erforderliche Höhe eines prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars fest? Grundsätzlich entspricht es der Idee einer spekulativen Vergütung, dass die Höhe der Erfolgsbeteiligung dem übernommenen Risiko entspricht.1538 Man könnte daher die Auffassung vertreten, dass ein verständig denkender Mensch in der Lage des Anspruchsinhabers sich nur auf die Vereinbarung eines Erfolgshonoras einlassen würde, wenn dessen Höhe proportional den vom Prozessfinanzierungsunternehmen übernommenen Risiken entspricht. Nur in dieser Höhe wäre das Erfolgshonorar dann im Wege des Schadensersatzes als erforderlich und damit als erstattungsfähig anzusehen. Um die angemessene Höhe eines Erfolgshonorars feststellen zu können, wäre in jedem Fall eine einzelfallbezogene Analyse notwendig. Es ist jedoch fraglich, ob und wie im Einzelfall die angemessene Höhe des Erfolgshonorars eines Prozessfinanzierungsunternehmens kalkuliert werden kann. Daher soll zunächst gezeigt werden, dass es durchaus möglich ist, die Höhe eines Erfolgshonorars zu kalkulieren. Dazu ist eine entsprechende Kosten-Leistungs-Rechnung vorzunehmen. Ziel dieses Abschnittes ist es, die betriebswirtschaftlichen Voraussetzungen des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars zu untersuchen und eine KostenLeistungs-Rechnung zu konzeptualisieren. 1. Erfolgshonorar: Berechnungsmodell oder Spekulation? Erfolgshonorare werden – vermutlich verursacht durch gelegentliche Berichte über Erfolgshonorare US-amerikanischer Rechtsanwälte – in der öffentlichen Meinung oftmals negativ betrachtet. Erfolgshonorare würden – so Kilian – als wesentliches Element der US-amerikanischen „lawsuit hell“ angesehen und „in einem Atemzug“ mit weiteren Charakteristika des USamerikanischen Rechts wie „punitive damages“ oder dem „jury trial“ genannt werden.1539 a) Outputbasierte Vergütung Bei dieser Diskussion wird oftmals übersehen, dass das Erfolgshonorar entgegen „populärer Vorstellungen keine diffuse Belohnung des Rechtsanwalts ist, die undefinierbaren Kriterien folgt, sondern ein auf einem klar defi1538  Kilian,

Erfolg und die Vergütung, S. 431, für das anwaltliche Erfolgshonorar,

1539  Kilian,

Erfolgshonorare: „contingent fee“, S. 751.

S. 427.

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

nierten betriebswirtschaftlichen Modell basierendes Finanzierungsinstru­ ment“.1540 Die Entlohnung des Prozessfinanzierungsunternehmens in Form des Erfolgshonorars entspricht dem Modell der output-basierten Vergütung einer Dienstleistung. Eine output-basierte Vergütung ist aus betriebswirtschaftlicher Perspektive betrachtet eine Möglichkeit, eine Dienstleistung in der Art und Weise zu entlohnen, dass sich die Vergütung an dem tatsächlich realisierten Mehrwert der erbrachten Dienstleistung für den Auftraggeber orientiert.1541 Genauso verhält es sich bei der Prozessfinanzierung: Ob und in welcher Höhe das Prozessfinanzierungsunternehmen für seine Dienstleistung – die Vorfinanzierung und Übernahme des Prozesskostenrisikos – entlohnt wird, hängt von dem wirtschaftlichen Zuwachs ab, den der Anspruchsteller aufgrund des fremdfinanzierten Gerichtsprozesses erhält. Dass die am Ende erfolgreiche Prozesspartei, die eine erfolgsabhängige Vergütung vereinbart habe, mehr zahle, als diejenige mit einem erfolgsunabhängigen Vergütungsmodell, erkläre sich damit, dass er auch ein „Mehr an Leistungen“ erhalten habe, nämlich eine versicherungsähnliche Risikoübernahme und eine Kreditierung.1542 Aus ökonomischer Perspektive betrachtet sind Erfolgshonorare also etwas ganz Normales – wie Kilian immer wieder betont –, nämlich das Ergebnis einer betriebswirtschaftlichen Betrachtung einer Dienstleistung.1543 Eine solche output-orientierte Vergütung empfehle sich – so Kilian – aus ökonomischer Sicht immer dann, wenn ein Laie einen Experten vergüten müsse. Dann liege oft eine asymmetrische Informationsverteilung vor. Der Laie könne den Experten nicht effektiv kontrollieren.1544 Insbesondere könne dieser nicht prüfen, ob der „aufgewendete oder abgerechnete ‚input‘ des Experten tatsächlich notwendig war oder überhaupt angefallen ist“.1545 b) Doppelte Erfolgsabhängigkeit als Merkmal der quota-litis-Vereinbarung Bei dem prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorar kommt jedoch noch eine Besonderheit hinzu. Wie bereits ausgeführt, ist die Vergütung des 1540  Kilian,

Detailprobleme, S. 1906. Spekulative Vergütung, S. 515; ders., Gestaltungsalternativen, S. 1065. 1542  Kilian, „contingent fee“, S. 758. Gem. § 9 RVG kann der Rechtsanwalt einen Vorschuss für seine Tätigkeit nehmen. Bei der Vereinbarung eines Erfolgshonorars verzichtet er auf diesen Vorschuss und kreditiert die Gebühren seines Mandanten. Indem der Rechtsanwalt das Entstehen seiner eigenen Vergütung vom Erfolg der Rechtsdurchsetzung abhängig macht, übernimmt er Risiken, die ansonsten der Mandant tragen würde. 1543  Kilian, Gestaltungsalternativen, S. 1065; ders., Spekulative Vergütung, S. 515. 1544  Kilian, Gestaltungsalternativen, S. 1065. 1545  Kilian, Gestaltungsalternativen, S. 1065. 1541  Kilian,



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage471

Prozessfinanzierungsunternehmens quasi doppelt erfolgsabhängig, und zwar zum einen dem Grunde und zum anderen auch der Höhe nach.1546 Mithin ist die Vergütung nicht nur dem Grunde, sondern auch der Höhe nach „output-basiert“.1547 Dieser „doppelte Nexus“1548 bringt besondere Probleme mit sich. Diese betreffen auch die Kalkulation des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars. So wird bezweifelt, dass eine Berechnung bzw. Kalkulation einer quota litis überhaupt möglich sei.1549 Begründet wird dies damit, dass die quota-litis kein Honorar, sondern eine gesellschaftsrechtliche Gewinnbeteiligung sei. Als Gewinnbeteiligung beruhe sie nicht auf dem Gedanken der Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung, sondern auf einer willkürlich bestimmten Rechengröße, und zwar der „Quote“. Diese sei ausschließlich mit dem Streitgegenstand verkoppelt.1550 Diese Argumente könnten auch der Berechenbarkeit des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars entgegengehalten werden. Jedoch greifen diese, wie nachfolgend zu zeigen sein wird, nicht durch. 2. Prozessfinanzierung als partiarisches Austauschverhältnis Zum einen können auch bei einem Gesellschaftsvertrag Äquivalenzstörungen auftreten, die sogar zu einer Nichtigkeit des Vertrages führen können.1551 Zum anderen führt die Vereinbarung einer quotalen Erfolgsbeteiligung nicht zur Begründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zwischen den Beteiligten. Vielmehr ist in dem Prozessfinanzierungsvertrag nach hier vertretener Auffassung ein partiarisches Austauschverhältnis zu sehen, bei dem die Erfolgsbeteiligung als Vergütung des Prozessfinanzierungsunternehmens für die erbrachten Dienstleistungen zu sehen ist.1552 Als partiarische 1546  1. Teil,

2. Kapitel, C.III. Erfolg und Vergütung, S. 19; Kilian, Spekulative Vergütung, S. 516. 1548  Kilian, Erfolg und Vergütung, S. 20, für das anwaltliche Erfolgshonorar. 1549  Kilian, Detailproblem, S. 1907, für das anwaltliche Erfolgshonorar. 1550  Kilian, Detailprobleme, S. 1907, für das anwaltliche Erfolgshonorar. 1551  BGH DB 1976, 2106. 1552  Allerdings ist die Rechtsnatur des Prozessfinanzierungsvertrages seit dem Markteintritt des ersten Prozessfinanzierungsunternehmens umstritten. Das OLG Hamburg hat in einer Entscheidung aus dem Jahr 1916 den Prozessfinanzierungsvertrag als Gesellschaft bürgerlichen Rechts eingeordnet, da er auf die Durchführung eines gemeinsamen Zwecks – Durchsetzung oder Feststellung eines Anspruchs – gerichtet sei. Die Förderung des gemeinsamen Zwecks liege in der Anstrengung eines Prozesses, die Beitragsleistung in der Bereitstellung der hierfür erforderlich, siehe dazu OLG Hamburg OLGZ 33, 119, zitiert nach Böttger, S. 190, Fn. 589. Auch in der Literatur wird mehrheitlich die Auffassung vertreten, dass es durch den Abschluss eines Prozessfinanzierungsvertrages zur Entstehung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts in Form einer Innengesellschaft zwischen dem Prozessfinanzie1547  Kilian,

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

Austauschverhältnisse werden Schuldverhältnisse bezeichnet, bei denen die Vergütung nicht als ein fester Betrag, sondern erfolgsabhängig vereinbart ist.1553 Die Vergütung besteht in diesem Fall in einem Anteil des mit Unterstützung der anderen Vertragspartei erzielten Gewinns.1554 Derartige Schuldverhältnisse werden überwiegend als echte Austauschverhältnisse angesehen.1555 Durch die Aufnahme der Quotallohnform wird dabei jedoch eine ansonsten für das Gesellschaftsrecht typische „Spielart“ in das Synallagma eingebracht.1556 Quotalbeteiligungen als Art der Vergütung haben sich durch die Bedürfnisse des Rechtsverkehrs bei verschiedenen Rechtsverhältnissen entwickelt.1557 Sieht man den Prozessfinanzierungsvertrag als partiarisches Austauschverhältnis an, ist das Erfolgshonorar keine Gewinnbeteiligung im gesellschaftsrechtlichen Sinne, sondern eine Vergütung für die Dienstleistungen des Prozessfinanzierungsunternehmens. Somit stehen die Verpflichtung des Anspruchsinhabers zur Zahlung eines Erfolgshonorars und die Verpflichtung des Prozessfinanzierungsunternehmens zur Vorfinanzierung und Übernahme des Kostenrisikos des Prozesses im Gegenseitigkeitsverrungsunternehmen und dem Anspruchsinhaber komme. Siehe dazu Homberg, S. 141; Kochheim, S. 100; Maubach, S. 104; Grunewald, S. 731, Kilian, Drittfinanzierung, S. 43. Nach anderer Auffassung ist in dem Prozessfinanzierungsvertrag ein partiarisches Austauschverhältnis zu sehen. So stuft das LG Bonn den Prozessfinanzierungsvertrag als partiarisches Austauschverhältnis ein, siehe dazu LG Bonn NJWSpezial 2006, S. 575, 576. Das Niedersächsiche Finanzgericht hat den Prozessfinanzierungsvertrag in einem Urteil vom 21.06.2007 als entgeltlichen Vertrag eingeordnet, bei dem die eine Seite eine Prämie als Gegenleistung für die Übernahme eines Risikos annimmt. Siehe dazu Niedersächsisches FG DStRE 2008, 269, 270 f., wobei dieses Urteil in zweiter Instanz vom Bundesfinanzhof, zwar im Ergebnis bestätigt, aber in den Entscheidungsgründen abgelehnt wurde – siehe BeckRS 2007, 25011175. Auch in der Literatur wird davon ausgegangen, dass es sich bei der Prozessfinanzierung nicht um einen Gesellschaftsvertrag, sondern um ein partiarisches Austauschverhältnis handelt. Siehe dazu Sturm, S. 66; Skrzepski, S. 195. Im Rahmen dieser Abhandlung ist es nicht möglich, ausführlich auf diesen Meinungsstreit einzugehen. Insoweit sei auf Sturm, S. 49 ff. und Skrzepski, S. 139 ff., verwiesen. 1553  Ulmer/Schäfer, in: Müko/BGB, vor § 705 BGB Rdn.  107. 1554  Ulmer/Schäfer, in: Müko/BGB, vor § 705 BGB Rdn.  107. 1555  Ulmer/Schäfer, in: Müko/BGB, vor § 705 BGB Rdn.  107; Huffer, S. 2. 1556  Derartige Gewinnbeteiligungen sind für gesellschaftsrechtsrechtliche Verträge typisch und im Gesetz auch normiert, z. B. die Gesellschaft bürgerlichen Rechts gem. §§ 705 ff. BGB. Fast zwangsläufig ergeben sich Abgrenzungsprobleme zwischen einer solchen GbR und einem partiarischen Rechtsgeschäft – siehe dazu Ulmer/Schäfer, in: Müko/BGB, vor § 705 BGB Rdn.  107; Huffer, S. 2. 1557  Die partiarische Ausgestaltung von Vertragsverhältnissen ist unterschiedlich verbreitet. Oft besteht sie im Darlehens- und Dienstvertragsrecht. Typisch ist sie bei den sogenannten Filmverwertungsverträgen, Bühnenaufführungsverträgen und Verlagsverträgen. Ferner werden patentrechtliche Lizenzverträge und Herausgeberverträge in der Regel partiarisch ausgestaltet. Siehe dazu Huffer, S. 3.



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage473

hältnis.1558 Auch die quota litis beruht also auf dem Gedanken der Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung und ist nicht nur das Ergebnis „reiner Spekulation“. Insbesondere ist sie eine der methodischen Berechnung zugängliche Vergütungsform.1559 Wie das Erfolgshonorar berechnet werden kann, soll nachfolgend gezeigt werden: 3. Ökonomische Bewertung von Dienstleistungen des Prozessfinanzierungsunternehmens Nachfolgend ist zu überlegen, wie das Erfolgshonorar kalkuliert werden kann. Der angemessene Preis einer Dienstleistung bestimmt sich nach den wirtschaftlich gerechtfertigten Selbstkosten zuzüglich eines angemessenen Gewinns.1560 Es ist also notwendig, die Dienstleistungen des Prozessfinanzierungsunternehmens zu bewerten. Im ersten Teil dieser Abhandlung wurden die „Bausteine“ des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars bereits vorgestellt. Es soll an dieser Stelle daher nur noch einmal daran erinnert werden, dass das Prozessfinanzierungsunternehmen als Gegenleistung für die Erfolgsbeteiligung eine Finanzierungs- und eine Versicherungsleistung, also die Bereitstellung der Prozesskostenvorschüsse und die Übernahme des Kostenrisikos übernimmt.1561 Diese Dienstleistungen müssen bewertet werden.1562 a) Bewertung der Finanzierungsfunktion Die Bewertung der Finanzierungsleistung lässt sich ohne besondere Schwierigkeiten durchführen: Hierfür muss das Prozessfinanzierungsunternehmen die voraussichtliche Höhe der von ihm zu verauslagenden Kosten und die voraussichtliche Dauer des Rechtsstreits ermitteln.1563 aa) Schätzung der voraussichtlichen Höhe der verauslagten Kosten durch Prozessfinanzierungsunternehmens Die Höhe der voraussichtlich zu verauslagenden Kosten lässt sich recht einfach ermitteln: Die Höhe der zu verauslagenden Gerichtskosten ergibt 1558  Sturm,

S. 66. auch Breyer, wobei auch dieser die praktischen Schwierigkeiten einräumt. 1560  OLG Hamm MDR 1952, 696, 697; OLG Bremen BB 1952, 477; Jung, S.  124 ff. 1561  Vgl. 1. Teil, 2. Kapitel, C. 1562  Siehe Breyer, S. 18 ff., für das anwaltliche Erfolgshonorar. 1563  Breyer, S. 20, für das anwaltliche Erfolgshonorar. 1559  So

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

sich aus dem GVG. Da sich die Prozessfinanzierungsunternehmen nur zur Vorfinanzierung der Rechtsanwaltskosten in Höhe der im RVG vorgesehenen Gebühren verpflichten, lassen sich auch diese Kosten ohne Weiteres ermitteln. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass sich der Rechtsstreit eventuell über mehrere Instanzen erstrecken kann und das Prozessfinanzierungsunternehmen durch den Prozessfinanzierungsvertrag auch zur Vorfinanzierung der weiteren Instanzen verpflichtet ist. Schließlich muss auch berücksichtigt werden, dass der Prozesserlös eventuell erst im Wege der Zwangsvollstreckung beigetrieben werden kann. Auch zur Übernahme dieser Zwangsvollstreckungskosten verpflichtet sich das Prozessfinanzierungsunternehmen für gewöhnlich und muss daher auch diese eventuellen Kosten in seine KostenLeistungs-Rechnung einkalkulieren. Je nach den Gegebenheiten des Einzelfalls ist noch zu überlegen, ob eventuelle Gutachten und damit verbundene Kosten anfallen könnten. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht sind natürlich noch kalkulatorische Kosten zu berücksichtigen. bb) Voraussichtliche Verfahrensdauer Weiterhin muss das Prozessfinanzierungsunternehmen die voraussicht­ liche Verfahrensdauer schätzen. Hilfestellung kann hierbei die vom Statistischen Bundesamt geführte Statistik über die vor den deutschen Gerichten geführten Zivilprozesse geben. Aus dieser sind auch Angaben über die für die einzelnen Instanzen erfasste durchschnittliche Gesamtdauer des Verfahrens enthalten.1564 Dabei ist natürlich auch zu berücksichtigen, dass Prozesse mitunter erst ab einem Zeitpunkt finanziert werden, zu dem das Verfahren bereits läuft – möglicherweise sogar erst ab der zweiten Instanz. Zudem müsse berücksichtigt werden – so Rochon –, dass die Prozessfinanzierungsunternehmen sich vertraglich das Recht zur Beendigung der Finanzierung der Rechtsdurchsetzung eingeräumt haben, sollten sich die Erfolgsaussichten verschlechtern.1565 Das Prozessfinanzierungsunternehmen müsse bei der Schätzung der Verfahrensdauer also auch auf die eigenen Erfahrungen zurückgreifen.1566

1564  https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/Rechtspflege/ Rechtspflege.html;jsessionid=9A596B05FCB7E289999BE772D9282D86.cae4 – letzter Abruf am 22. August 2016. 1565  Rochon, S. 44. 1566  Rochon, S. 44.



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage475

cc) Angemessene Verzinsung Hinsichtlich der Höhe einer angemessenen Verzinsung sollte das Prozessfinanzierungsunternehmen die jeweils aktuellen Rahmenbedingungen des Kapitalmarktes berücksichtigen und eine marktübliche Verzinsung einkalkulieren.1567 dd) Ergebnis Die Finanzierungsleistung des Prozessfinanzierungsunternehmens lässt sich anhand der Höhe der Finanzierungssumme und der durchschnittlichen Verfahrensdauer sowie weiterer Aspekte ermitteln.1568 b) Bewertung der Versicherungsleistung Weitaus schwieriger ist es, die Übernahme des Kostenrisikos im Unterliegensfall ökonomisch zu bewerten. Die Schwierigkeit bei der Bewertung einer vertraglichen Risikoübernahme besteht darin, dass „erst bei Durchführung des Vertrages oder zu einem noch späteren Zeitpunkt festgestellt werden kann, welche Vorteile die Parteien erzielen bzw. welche Verluste sie erwirtschaftet haben. Selbst ein bei einer ex ante-Betrachtung ungünstiger Vertrag kann sich im Nachhinein doch als vorteilhaft für den Risikoträger herausstellen. Dies ist der Fall, wenn sich eine zunächst unwahrscheinliche Gewinnchance realisiert.“1569

aa) Ökonomische Bewertung einer vertraglichen Risikoübernahme Eine methodische Darstellung zur ökonomischen Bewertung einer vertraglichen Risikoübernahme ist bei Hennsler zu finden.1570 Danach muss bei Verträgen, die eine bewusste Risikoübernahme enthalten, das Wertverhältnis der gegenseitigen Leistungen im Wege einer ex-ante-Betrachtung auf der Grundlage von Wahrscheinlichkeitsüberlegungen ermittelt werden.1571 Bei der Ermittlung des objektiven Wertverhältnisses sei zu berücksichtigen, dass der einprozentigen Chance, einen Gewinn in einer bestimmten Höhe zu erzielen, genauso ein wirtschaftlicher Wert zukomme wie dem Risiko, einen 1567  Breyer,

S. 21, für das anwaltliche Erfolgshonorar. S. 126, weist daraufhin, dass dies der Ermittlung anhand der Konditionen üblicher Bankkredite ähnelt. 1569  Henssler, Risiko, S. 230. 1570  Henssler, Risiko, S. 231 ff. 1571  Henssler, Risiko, S. 231. 1568  Skrzepski,

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

Verlust in einer bestimmten Höhe zu erleiden.1572 Je höher das Verlustrisiko sei, desto höher müsse der Preis für die Risikoübernahme kalkuliert werden. Für die Bewertung einer solchen Risikoübernahme könne auf die Forschungsergebnisse der Entscheidungstheorie zurückgegriffen werden.1573 bb) Ökonomische Bewertung der Risikoübernahme durch das Prozessfinanzierungsunternehmen Die Bewertung des vom Prozessfinanzierungsunternehmen übernommenen Risikos hängt von verschiedenen Faktoren ab, vor allem von der Reaktion des Anspruchsgegners, der Entscheidung des Gerichts und nicht zuletzt auch von der Bonität des Anspruchsgegners. Verfügt dieser nicht über die finanziellen Mittel, die Forderung des Anspruchsinhabers erfüllen zu können, geht der Anspruchsinhaber – und damit auch das Prozessfinanzierungsunternehmen – trotz Vorliegen eines günstigen Urteils „leer aus“. cc) Prognose über den Ausgang eines Gerichtsverfahrens Das Prozessfinanzierungsunternehmen muss also eine Prognose über den Ausgang des Gerichtsverfahrens treffen. Dazu muss die Sach- und Rechtslage genau geprüft werden. Nicht ausreichend – so Rochon – sei eine nur quantitative Schätzung in dem Sinne, die „Erfolgsaussichten seien sehr gut, gut, eher schlecht etc“.1574 Die Notwendigkeit der Erstellung einer belastbaren Prognose über den Ausgang des Gerichtsverfahrens ergibt sich zudem daraus, dass die Beteiligten eines Konflikts ihre eigene Position und damit auch die Chancen des Erfolgs ihrer Rechtsdurchsetzung oft überschätzen.1575 Daher ist es erforderlich, eine präzise Prozessrisikoanalyse vorzunehmen. Dazu gibt es verschiedene Methoden: (1) Prozessrisikoanalyse Methoden zur präzisen quantitativen Prozessrisikoanalyse werden von US-amerikanischen Rechtsanwälten schon lange angewandt.1576 Wer sich 1572  Henssler,

Risiko, S. 231. Risiko, S. 232. Die Grundlagen der Entscheidungstheorie wurden bereits ausführlich dargestellt. Vgl. 2. Teil, 3. Kapitel, A. 1574  Rochon, S. 46. 1575  Breidenbach, S. 83: „Dieses kognitive Defizit ist wohl ein allgemein menschliches Muster, das u. a. in der Kognitionspsychologie Gegenstand vielfältiger Experimente war.“ 1576  Eidenmüller, Prozessrisikoanalyse, S. 7. 1573  Henssler,



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage477

entscheidet, einen Prozess zu führen, trifft – wie bereits ausgeführt – eine Entscheidung unter Unsicherheit. Es müssen deshalb Erwartungswerte gebildet werden. Der Erwartungswert eines unsicheren Ereignisses – auch dies wurde bereits ausgeführt1577 – ist das „Produkt aus dem Wert dieses Ereignisses und der Wahrscheinlichkeit seines Eintretens“.1578 Bei der Ermittlung des Erwartungswertes eines Prozesses ist zu beachten, dass ein Prozesserfolg häufig von mehreren Voraussetzungen abhängig ist, die kumulativ erfüllt sein müssen. In einem solchen Fall muss die für die Berechnung des Erwartungswerts entscheidende Wahrscheinlichkeit durch eine Multiplika­ tion der einzelnen Wahrscheinlichkeiten ermittelt werden.1579 Sind beispielsweise die Wahrscheinlichkeiten zweier wichtiger Voraussetzungen für den Erfolg der Rechtsdurchsetzung jeweils mit 2 / 3 zu bewerten, beträgt die Gewinnwahrscheinlichkeit insgesamt ca. 44 %.1580 Wegen der oft bestehenden Komplexität der Sach- und Rechtsfragen ist es vorteilhaft, die Kumulation der Wahrscheinlichkeiten mit Hilfe graphischer Darstellungen zu ermitteln, und zwar durch einen sogenannten Entscheidungsbaum.1581 Ein derartiger Entscheidungsbaum „stellt die in einem Prozess zu treffenden Entscheidungen eines Entscheidungsträgers sowie die Ereignisse, von denen der Prozessausgang abhängt, in ihrer logischen Verknüpfung dar“.1582 Wie die Prozessrisikoanalyse im Einzelnen funktioniert, soll anhand eines von Neuenhahn erdachten Beispielfalles gezeigt werden1583: „A wird von Fahrradfahrer B auf der Grenze zwischen einem Rad- und Fußweg mit hohem Tempo angefahren. Der Anzug des A ist beschädigt. Es entsteht ein Sachschaden in Höhe von 400,00 €. Es ist fraglich, ob den A ein Mitverschulden trifft und wenn ja, in welcher Höhe. Nach längerem Schriftverkehr bietet B dem A 100,00 € an. A überlegt, ob er Klage erheben soll. Die Verfahrenskosten sollen unberücksichtigt bleiben.“

Wie Neuenhahn ausführt, gilt es in einem ersten Schritt die logische Verknüpfung der Entscheidungen bis zu bestimmten Endpunkten in einem Entscheidungsbaum darzustellen. Danach müsse sich A zunächst entscheiden, entweder einen Prozess zu führen oder auf das Vergleichsangebot des B einzugehen (rechteckiger Entscheidungsknoten). Würde sich A für einen Prozess entscheiden, sei nun fraglich, wie das Gericht bezüglich des Mitverschuldens des A urteilen würde (runder Ereignisknoten). Ginge das Gericht von einem Mitverschulden des A aus, müsse es dann über dessen 1577  2. Teil,

3. Kapitel, C.I.1. Prozessrisikoanalyse, S. 7. 1579  Rochon, S. 47. 1580  Eidenmüller, Prozessrisikoanalyse, S. 8. 1581  Rochon, S. 48; Eidenmüller, Prozessrisikoanalyse, S. 8. 1582  Eidenmüller, Prozessrisikoanalyse, S. 8. 1583  Neuenhahn, S. 245. 1578  Eidenmüller,

478

3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

Höhe entscheiden. Hiervon hinge die Höhe des Schadensersatzes ab, den A zu erwarten habe. Die verschiedenen möglichen Schadensersatzbeträge müssten durch dreieckige Endknoten markiert werden. Im Beispielsfall wurden die Schadensersatzbeträge bei voller Haftung mit 400,00 €, bei niedrigem Mitverschulden mit 350,00 €, bei mittlerem mit 200,00 € und bei hohem Mitverschulden mit 50,00 € angenommen.1584 Bei der Erstellung des Entscheidungsbaums werden also immer folgende Symbole verwendet1585: Tabelle 12 Symbole Entscheidungsbaum ■

Entscheidungspunkt



Unsicherheitspunkt



Wert

Daraus ergibt sich die folgende Struktur des Entscheidungsbaums1586: Einigung hoch

Anspruch auf 400 € Mitverschulden

mittel niedrig

Prozess Kein Mitverschulden

Szenario 1

100 €

Szenario 2

50 €

Szenario 3

200 €

Szenario 4

350 €

Szenario 5

400 €

Abbildung 2: Muster Entscheidungsbaum

In einem zweiten Schritt müssen den alternativen Ereignissen an jedem Ereignisknoten Wahrscheinlichkeiten zugeordnet werden. Erst dadurch kann der Erwartungswert des Prozesses berechnet werden.1587 Die Ermittlung dieser Wahrscheinlichkeiten dürfte die größte Schwierigkeit bei der Erstellung dieses Entscheidungsbaumes darstellen. Ziel sollte es sein, zu einer 1584  Neuenhahn,

S. 245. Prozessrisikoanalyse, S. 9. 1586  Neuenhahn, S. 246. 1587  Eidenmüller, Prozessrisikoanalyse, S. 10. 1585  Eidenmüller,



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage479

möglichst genauen Prognose des Entscheidungsverhaltens des Gerichts zu gelangen. Dazu ist es erforderlich, eine sorgfältige Analyse aller entscheidungsrelevanten Faktoren vorzunehmen.1588 Bei zweifelhaften Rechtsfragen muss die Prognose der gerichtlichen Einschätzung „anhand der Gesetzeslage, der existierenden Rechtsprechung, der Stellungnahmen im Schrifttum, der bisherigen Entscheidungen des mit der Sache befassten Gerichts und ähnlicher Gesichtspunkte auf eine möglichst solide Basis“1589 gestellt werden. Bei tatbestandlichen Problemen gilt es vor allem die Beweislage – etwa nach Art und Gewicht der vorliegenden Beweismittel – zu analysieren.1590 Die den Ereignisknoten zugeordneten Wahrscheinlichkeiten müssen jeweils „1“ ergeben, da sich die Ereignisse jeweils gegenseitig ausschließen.1591 Für den Beispielsfall ergibt sich damit der folgende Ereignisbaum1592: Einigung Anspruch auf 400 € Mitverschulden 0,50 Prozess

hoch 0,50 mittel 0,25 niedrig 0,25

Kein Mitverschulden 0,50

Szenario 1

100 €

Szenario 2

50 €

Szenario 3

200 €

Szenario 4

350 €

Szenario 5

400 €

Abbildung 3: Muster Ereignisbaum

In einem dritten Schritt muss der Erwartungswert des Prozesses errechnet werden. Dazu sind die Erwartungswerte der verschiedenen Ereignisvarianten zu berechnen und anschließend zu summieren. Der Entscheidungsbaum im Beispielsfall führt zu vier Ereignisvarianten1593:

1588  Eidenmüller,

Prozessrisikoanalyse, S. 10. Prozessrisikoanalyse S. 10. 1590  Eidenmüller, Prozessrisikoanalyse, S. 10; Rochon, S. 49. 1591  Eidenmüller, Prozessrisikoanalyse, S. 10. 1592  Neuenhahn, S. 246. 1593  Neuenhahn, S. 246. 1589  Eidenmüller,

480

3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung Tabelle 13 Ereignisvarianten

1.

kein Mitverschulden / Schadensersatz in Höhe von 400 € / Wahrscheinlichkeit

2.

geringes Mitverschulden / Schadensersatz in Höhe von 350 € / Wahrschein­ lichkeit

3.

mittleres Mitverschulden / Schadenersatz in Höhe 200 € / Wahrscheinlichkeit

4.

hohes Mitverschulden / Schadensersatz in Höhe von 50 € / Wahrscheinlichkeit

Für die verschiedenen Ereignisvarianten ergeben sich die folgenden Erwartungswerte1594: Tabelle 14 Erwartungswerte Ereignisvarianten Ereignisvarianten

Errechnung des Erwartungswerts

Erwartungswert

0,5 × 400,00 €

200,00 €

geringes Mitverschulden / Schadensersatz 350,00 € / Wahrscheinlichkeit

0,5 × 0,5 × 35,00 €

  87,50 €

mittleres Mitverschulden / Schadenersatz 200,00 € / Wahrscheinlichkeit

0,5 × 0,25 × 200,00 €

  25,00 €

hohes Mitverschulden / Schadensersatz 50,00 € / Wahrscheinlichkeit

0,5 × 0,25 × 50,00 €

  6,25 €

kein Mitverschulden / Schadensersatz 400,00 € / Wahrscheinlichkeit

Der Erwartungswert des Prozesses ergibt sich aus der Summierung der einzelnen Erwartungswerte1595:

1594  Neuenhahn, 1595  Neuenhahn,

S. 246. S. 246.



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage481 Tabelle 15 Erwartungswert Prozess Ereignisvarianten

Erwartungswert

kein Mitverschulden / Schadensersatz 400,00 € / Wahrscheinlichkeit

200,00 €

geringes Mitverschulden / Schadensersatz 350,00 € / Wahrscheinlichkeit

  87,50 €

mittleres Mitverschulden / Schadenersatz 200,00 € / Wahrscheinlichkeit

  25,00 €

hohes Mitverschulden / Schadensersatz 50,00 € / Wahrscheinlichkeit

  6,25 €

Summe = Erwartungswert Prozess

318,75 €

In einem nächsten Schritt muss zusätzlich zur Prozesskostenrisikoanalyse noch eine Kosten-Nutzen-Rechnung vorgenommen werden. In dieser muss der Nutzen eines Prozesses korrigiert werden.1596 Dazu muss zum einen die Risikoneigung berücksichtigt werden.1597 Da Zahlungen erst in Zukunft erwartet werden können, ist daher noch der Zeitwert des Geldes dadurch zu berücksichtigen, dass der Erwartungswert bzw. bei risikoscheuen Personen der Erwartungsnutzenwert auf einen Gegenwartswert abgezinst wird. Eine solche Abzinsung kann mit Hilfe der allgemeinen Abzinsungsformel: Formel 12: Abzinsungsformel X / (1 + i)n

durchgeführt werden. Das Zeichen i steht dabei für den Zinssatz (interest ­rate). Das Zeichen n steht für die Anzahl der Jahre. X steht für den nach Ablauf dieser Jahre zu erwartenden Geldbetrag. Als Zinssatz ist der risikolose Opportunitätszinssatz zu berücksichtigen, den der Anspruchsinhaber erzielen könnte.1598 Ginge man in dem Beispielsfall davon aus, dass der Zahlungszeitraum bei ca. 2 Jahren liegt, der Opportunitätszinssatz 0,1 (= 10 %) beträgt und das Sicherheitsäquivalent mit 200 € anzusehen ist, dann ergibt sich für den Beispielsfall folgender Gegenwartswert:

1596  Eidenmüller,

Prozessrisikoanalyse, S. 11. dazu 2. Teil, 3. Kapitel, C.I.1.d)bb). 1598  Eidenmüller, Prozessrisikoanalyse, S. 12. 1597  Vgl.

482

3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung Formel 13: Berechnung Gegenwartswert Gegenwartswert = X / (1 + i)n Gegenwartswert = 200,00 € / (1 + 0,1)2 Gegenwartswert = 166,00 €

Von dem ermittelten Gegenwartswert müssten noch die Kosten einer Prozessführung abgezogen werden. Sofern diese nicht mit Sicherheit anfallen, sind wiederum Erwartungswerte und Sicherheitsäquivalente zu bilden.1599 Zu berücksichtigen sind zudem Unsicherheiten der Zwangsvollstreckung1600 sowie hinsichtlich der Bonität des Anspruchsinhabers. Durch eine derartige Risikoanalyse kann das Risiko eines Gerichtsprozesses rational bewertet werden. Erforderlich sind jedoch sowohl eine sorgfältige Erhebung der notwendigen Informationen als auch praktische Erfahrungen mit solchen Analyseinstrumenten.1601 Übersehe der Ersteller einer Prozessrisikoanalyse hingegen wichtige Ereignisknoten, schätze deren Zusammenhänge falsch ein oder beurteile die Wahrscheinlichkeiten der einzelnen Ereignisse nicht richtig, „suggeriert eine Prozessrisikoanalyse nur eine Scheingenauigkeit“.1602 (2) knowledgeTools Eine andere Methode der Prozessrisikoanalyse stellen die sogenannten knowledgeTools dar. Diese können als eine Art „Weiterentwicklung“ der Entscheidungsbäume angesehen werden. Ziel der knowledgeTools ist es, Recht visuell darzustellen.1603 Ausgangspunkt sind die Erkenntnisse der Lernpsychologie und -biologie. Danach könne das Verständnis komplexer Zusammenhänge durch deren Visualisierung gefördert werden.1604 Derartige knowledgeTooles gibt es bereits für verschiedene Rechtsgebiete vorgefertigt. Ein knowledgeTool beginnt meist mit einem Überblick, etwa über die einschlägigen Anspruchsgrundlagen. Dann erfolgt eine Annäherung an die Fragen des konkreten Falls durch das Öffnen jeweils „nur eines relevanten Astes des Wissensbaumes“.1605 Man kann durch verschiedene Filterebenen navigieren.1606 Breidenbach beschreibt dies wie folgt1607: 1599  Eidenmüller,

Prozessrisikoanalyse, S. 12. Prozessrisikoanalyse, S. 11, Fn. 10. 1601  Rochon, S. 51; Eidenmüller, Prozessrisikoanalyse, S. 15. 1602  Eidenmüller, Prozessrisikoanalyse, S. 13. 1603  Breidenbach, S. 84. 1604  Breidenbach, S. 85. 1605  Breidenbach, S. 86; vgl. www.knowledgetools.de. 1606  Breidenbach, S. 86; vgl. www.knowledgetools.de. 1600  Eidenmüller,



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage483 „Von der spezifischen Fragestellung aus öffnen sich die Details der Regelungsantwort in der visuellen Sprache. Sie bildet die von Gesetz und Rechtsprechung vorgegebene Mechanik des gedanklichen Vorgehens eines geschulten Juristen in dem jeweiligen Rechtsgebiet ab. Regeln und Ausnahmen, Streitfragen und unterschiedliche Lösungsmöglichkeiten erscheinen nur dort, wo sie für die Prüfung einer Frage relevant sind […]. Jeder Prüfungspunkt wird dabei stets in seinem Verhältnis zu allen anderen Regelungspunkten abgebildet. Anders als bei herkömmlichen Schemata kann so eine Reihenfolge von Denk- bzw. Prüfungsschritten bis in das kleinste Detail dargestellt werden.“

Das Ergebnis der einzelnen Prüfungsschritte kann farblich markiert werden, z. B. grün = liegt vor; rot = liegt nicht vor.1608 Mit Hilfe der knowledgeTools ist es auch möglich, die rechtliche Beurteilung eines konkreten Rechtsstreits aufzuarbeiten. Hierzu kann entweder auf ein bereits publiziertes knowledgeTool zurückgegriffen1609 oder „die Visualisierung durch ein Autorenwerkzeug für die rechnergestützte Darstellung angegangen bzw. – etwas schlichter – eine Zeichnung auf Papier mit demselben methodischen Ansatz entwickelt werden“.1610 c) Ergebnis Im Ergebnis ist festzustellen, dass sich die vom Prozessfinanzierungsunternehmen angebotenen Dienstleistungen betriebswirtschaftlich kalkulieren lassen. d) Berechnung der Höhe der Erfolgsbeteiligung Nachdem gezeigt wurde, dass sich die vom Prozessfinanzierungsunternehmen übernommenen Dienstleistungen betriebswirtschaftlich kalkulieren lassen, gilt es nun darzulegen, wie sich die rechnerische Gesamtvergütung des Prozessfinanzierungsunternehmens – also das Erfolgshonorar – ergibt. Dies soll anhand des in der Einleitung zu dieser Abhandlung dargestellten Falles demonstriert werden, auf den verwiesen werden soll.1611 Es soll an dieser Stelle nur noch einmal daran erinnert werden, dass die Anspruchstellerin 1,7 Mio € Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen eines ärztlichen „Kunstfehlers“ von der behandelnden Klinik fordert. Die Klinik verweigerte trotz der eindeutigen Gutachten die Zahlung. Die Anspruchsinhaberin 1607  Breidenbach,

S. 87. S.  87 f. 1609  Übersicht unter www.knowledgetools.de – letzter Abruf am 06. Juni 2014. 1610  Breidenbach, S. 88, 89. 1611  Siehe den Beispielsfall in der Einleitung. 1608  Breidenbach,

484

3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

entschließt sich, den Anspruch gerichtlich durchzusetzen. Um das Prozesskostenrisiko nicht tragen zu müssen, schaltet sie ein Prozessfinanzierungsunternehmen ein. Mit diesem ist vereinbart, dass das Prozessfinanzierungsunternehmen − das Prozesskostenrisiko für 3 Instanzen sowie die Zwangsvollstreckung übernimmt, − die zu leistenden Vorschusszahlungen für Gerichte, Anwälte (RVG-Gebühren) und Gutachten übernimmt, − die vorfinanzierten Kosten im Fall des Unterliegens nicht von der Anspruchsinhaberin zurückfordert, − im Fall des Unterliegens die gem. § 91 ZPO der Gegenseite zu erstattenden Kosten zahlt, − im Fall des Obsiegens von der Anspruchsinhaberin die vorfinanzierten Kosten zurückerstattet bekommt. Nachfolgend soll gezeigt werden, wie bei der Ermittlung eines der Höhe nach angemessenen Erfolgshonorars vorgegangen werden kann. Dazu müssen – wie vorstehend ausgeführt – die erbrachten Dienstleistungen des Prozessfinanzierungsunternehmens, also die Finanzierung und die Risikoübernahme, bewertet werden. aa) Bewertung der Finanzierungsleistung Um die angemessene Höhe des Erfolgshonorars berechnen zu können, ist es demnach erforderlich, in einem ersten Schritt die vom Prozessfinanzierungsunternehmen übernommene Finanzierungsleistung zu bewerten. Hierfür muss dieses die voraussichtliche Höhe der von ihm zu verauslagenden Kosten und die Dauer des Rechtsstreits ermitteln. (1) S  chätzung der voraussichtlichen Höhe der verauslagten Kosten durch Prozessfinanzierungsunternehmen Das Prozessfinanzierungsunternehmen hat sich zur Finanzierung der Anwalts- und Gerichtskosten für alle drei Instanzen sowie etwaiger Kosten für Gutachten verpflichtet. Die Höhe der voraussichtlich zu verauslagenden Kosten des Anwalts bzw. des Gerichts ergeben sich aus dem RVG bzw. dem GKG. Zudem wird tatsächlich mit der Notwendigkeit der Einholung eines zusätzlichen Gutachtens gerechnet. Die Höhe der anfallenden Gebühren bzw. die Höhe der Kosten für das einzuholende Gutachten sollen in der nachfolgenden Tabelle dargestellt werden:



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage485 Tabelle 16 Kostenschätzung Höhe Vorschuss

1. Instanz

2. Instanz

3. Instanz

Zwangsvollstreckung

Anwaltskosten (AK)

20.292 €

22.725 €

30.832 €

2.000 €

Gerichtskosten (GK)

23.568 €

31.424 €

39.280 €

2.000 €

Gutachtenkosten (G)

  3.000 €

Gesamt

46.860 €

54.149 €

70.112 €

4.000 €

Das Prozessfinanzierungsunternehmen finanziert also insgesamt Gerichtsund Anwaltskosten in Höhe von 175.121 € vor. (2) Ermittlung der voraussichtlichen Verfahrensdauer Die voraussichtliche Verfahrensdauer soll wie folgt eingeschätzt werden: Tabelle 17 Schätzung Verfahrensdauer Instanz

Voraussichtliche Dauer

1. Instanz

2 Jahre

2. Instanz

2 Jahre

3. Instanz

2 Jahre

Zwangsvollstreckung

1 Jahr

Gesamtdauer

7 Jahre

(3) Nebenkosten Bei der Bewertung müssen auch die Nebenkosten (NK) des Prozessfinanzierungsunternehmens als kalkulatorische Kosten berücksichtigt werden. Schließlich muss das Prozessfinanzierungsunternehmen während der Zeit des Prozesses seine Angestellten bezahlen, Büroräume mieten, etc. Zudem fallen allgemeine Verwaltungskosten an. Für die Berechnung soll angenommen werden, dass kalkulatorische Kosten in Höhe von 10.000 € pro Jahr anfallen. Auch diese Kosten finanziert das Prozessfinanzierungsunternehmen zunächst einmal vor.

486

3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

(4) Angemessene Verzinsung Als angemessener marktüblicher Zinssatz sollen 10 % angenommen werden. (5) Berechnung des Wertes der Gesamtfinanzierungsleistung Das Prozessfinanzierungsunternehmen muss nicht alle Vorschussleistungen sofort erbringen, sondern nur die jeweils für die einzelnen Instanzen anfallenden Gerichts- und Anwaltskosten. Da der Anspruchsinhaber die Kosten erst bei Erhalt eines Prozesserlöses zurückerstatten muss, entstehen unterschiedliche Finanzierungszeiten für die einzelnen Instanzen. Daher muss die Finanzierungsleistung des Prozessfinanzierungsunternehmens für die einzelnen Instanzen separat berechnet und die entstehenden Beträge dann summiert werden. Hinzu kommen die Nebenkosten pro Jahr sowie die für die Vorfinanzierung entstehenden Zinsen. Daraus ergibt sich die folgende Formel: Formel 14: Gesamtfinanzierung (AK + GK + G) + (NK * Z) + {[(AK + GK + G) + (NK * Z)] * 10 % * Z}

Daraus ergibt sich rechnerisch folgende Gesamtfinanzierungslast: Tabelle 18 Berechnung Gesamtfinanzierung Instanz

Finanzierungszeitraum (Z)

Gesamt(AK + GK + G) + (NK * Z) + {[(AK + GK + G) + (NK * Z)] *  finanzierungs10 % * Z last / Instanz

1. Instanz

7 Jahre

66.860 € + 46.802 €

113.662 €

2. Instanz

5 Jahre

74.149 € + 37.074 €

111.223 €

3. Instanz

3 Jahre

90.112 € + 27.034 €

117.146 €

Zwangsvollstreckung

1 Jahr

14.000 € +   1.400 €

  15.400 €

Gesamtfinanzierungslast

357.431 €

Die Gesamtfinanzierungslast beträgt damit 357.431 €. Darin sind Zinsen in Höhe von 112.310,00 € enthalten. Diese Zinsen stellen die Kreditierungskosten dar.



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage487

bb) Bewertung der Risikoübernahme In einem zweiten Schritt muss der Wert der von dem Prozessfinanzierungsunternehmen übernommenen Risiken ermittelt werden. (1) Erwartungswert des Prozesses Dazu muss zunächst der Erwartungswert des Prozesses ermittelt werden. Wie vorstehend ausgeführt, bietet es sich an, zunächst einen Entscheidungsbaum zu erstellen. Es soll an dieser Stelle darauf verzichtet werden, die genauen Schritte zur Ermittlung eines solchen Entscheidungsbaums im Einzelnen darzustellen. Vielmehr soll davon ausgegangen werden, dass das Prozessfinanzierungsunternehmen bei seinen Überlegungen zu dem folgenden Entscheidungsbaum gekommen ist. Dieser ist stark vereinfacht. In der Praxis wäre ein solcher Entscheidungsbaum natürlich wesentlich komplizierter. Kein Behandlungsfehler Anspruch auf 1,7 Mio €

Schadenshöhe

0€

0,1

Kausalität Verschulden Behandlungsfehler

0,9

0,9 Keine Kausalität 0,1

0,9 Kein Verschulden 0,1

0,1 Schadenshöhe 0,5 Schadenshöhe 0,4

1,7 Mio. € 1,5 Mio. € 1,2 Mio. €

0€

0€

Abbildung 4: Entscheidungsbaum Beispielsfall

Daraus kann folgender Erwartungswert berechnet werden: Tabelle 19 Erwartungswert Beispielsfall Ereignisvarianten

Errechnung Erwartungswert

Erwartungswert

Schadenshöhe: 1,7 Mio. €

0,9 × 0,9 × 0,9 × 0,1 × 1,7 Mio. €

  123.930 €

Schadenshöhe: 1,5 Mio. €

0,9 × 0,9 × 0,9 × 0,5 × 1,5 Mio. €

  546.750 €

Schadenshöhe 1,2 Mio. €

0,9 × 0,9 × 0,9 × 0,4 × 1,2 Mio. €

  349.920 €

Erwartungswert Prozess

1.020.600 €

488

3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

Der Erwartungswert des Prozesses beträgt damit 1.020.600 €.1612 Daraus kann abgeleitet werden, dass die Erfolgswahrscheinlichkeit des Prozesses 60 % beträgt. Dies ergibt sich, wenn man den Erwartungswert durch den Anfangswert teilt (1.020.600 € / 1.700.000 €) Im Umkehrschluss ergibt sich daraus eine Wahrscheinlichkeit des Unterliegens in Höhe von 40 %. Diese Prozentzahl soll die Basis für die weiteren Berechnungen sein. (2) Risikoprämie für die Nichtrückerstattung der verauslagen Kosten (Investitionsrisiko) Daraus ergibt sich, dass das Prozessfinanzierungsunternehmen die von ihm verauslagten Gesamtfinanzierungskosten in Höhe von 357.431 € mit einer Wahrscheinlichkeit von 40 % nicht zurückerstattet bekommt. Unter Berücksichtigung dieser Werte lässt sich hierfür die folgende Risikoprämie berechnen: Risikoprämie = Unterliegenswahrscheinlichkeit * Gesamtfinanzierungskosten Risikoprämie = 0,4 * 357.431 € Risikoprämie = 142.972

Das Prozessfinanzierungsunternehmen muss also bei der Kalkulation des Erfolgshonorars eine Risikoprämie in Höhe von 142.972 € berücksichtigen. Diese wird auch als Investitionsrisiko bezeichnet.1613 (3) R  isikoprämie für Kosten der Übernahme der Gegenseite (­Haftungsrisiko) Bei seinen Berechnungen muss das Prozessfinanzierungsunternehmen außerdem noch berücksichtigen, dass es sich dazu verpflichtet hat, im Fall des Unterliegens die Kosten der Gegenseite zu tragen. Dies werden vor allem die Kosten der Einschaltung eines Rechtsanwaltes sein. Somit muss das Prozessfinanzierungsunternehmen die der Gegenseite entstehenden Anwaltskosten zunächst kalkulieren. Dabei soll wiederum von den im RVG vorgesehenen Gebühren ausgegangen werden. Daraus ergeben sich die folgenden Kosten:

1612  Auf die Darstellung des abgezinsten Gegenwartswertes soll zur besseren Übersichtlichkeit verzichtet werden. Auch die Risikoneigung soll unberücksichtigt bleiben. Allerdings dürfte bei einem Prozessfinanzierungsunternehmen zumindest von Risikoneutralität auszugehen sein. 1613  Breyer, S. 18.



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage489 Tabelle 20 Kosten bei Unterliegen Beispielsfall Instanz

Kosten Anwalt

1. Instanz

20.292 €

2. Instanz

22.725 €

3. Instanz

30.832 €

Gesamtkosten

73.849 €

Wie bereits ermittelt, beträgt die Wahrscheinlichkeit des Unterliegens im Prozess 40 %. Damit beträgt die Wahrscheinlichkeit, dass das Prozessfinanzierungsunternehmen die Kosten der Gegenseite übernehmen muss also 40 %. Daraus ergibt sich die folgende Risikoprämie: Risikoprämie = Niederlagewahrscheinlichkeit × Kosten Gegenseite Risikoprämie = 0,4 × 73.849 € Risikoprämie = 29.540 €

Das Prozessfinanzierungsunternehmen muss also bei der Kalkulation des Erfolgshonorars eine weitere Risikoprämie in Höhe von 29.540 € berücksichtigen. Diese wird auch als Haftungsrisiko bezeichnet.1614 (4) Berechnung der Gesamtrisikoprämie Aus den beiden einzelnen Risikoprämien lässt sich nun die Gesamtrisikoprämie, also die Prämie des Prozessfinanzierungsunternehmens für die Übernahme des Unterliegensrisikos, berechnen. Diese ergibt sich aus der Summe der beiden Einzelprämien für das Investitions- sowie das Haftungsrisiko. Gesamtrisikoprämie = Investitionsrisiko + Haftungsrisiko Gesamtrisikoprämie = 142.975 € + 29.540 € Gesamtrisikoprämie = 172.515 €

Die vom Prozessfinanzierungsunternehmen bei der Kalkulation des Erfolgshonorars zu berücksichtigende Gesamtrisikoprämie beträgt damit 172.515 €. 1614  Breyer,

S. 18.

490

3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

cc) Berechnung der Gesamtprämie Aus den ermittelten Kreditierungskosten sowie der ebenfalls berechneten Risikoprämie lässt sich nunmehr eine Gesamtprämie berechnen. Diese ergibt sich aus der Summe der Kreditierungskosten sowie der Gesamtrisikoprämie: Gesamtprämie = Kreditierungskosten + Gesamtrisikoprämie Gesamtprämie = 112.310 € + 172.515 € Gesamtprämie = 284.825 €

Zuletzt muss die anhand der voraussichtlichen Kosten ermittelte Vergütung als Quote am erstrittenen Betrag ausgedrückt werden.1615 Das Erfolgshonorar berechnet sich damit wie folgt: Erfolgshonorar = Gesamtprämie / Erwartungswert * 100 Erfolgshonorar = 284.825 € / 1.020.600 € * 100 Erfolgshonorar = 28 %

Ein dem Risiko angemessenes Erfolgshonorar würde also 28 % betragen. e) Ergebnis Das Erfolgshonorar des Prozessfinanzierungsunternehmens stellt die Vergütung für die Vorfinanzierung der Rechtsverfolgungskosten sowie die versicherungsähnliche Übernahme des Prozesskostenrisikos dar. Es besteht die theoretische Möglichkeit, die angemessene Höhe eines Erfolgshonorars im Einzelfall zu kalkulieren. Bei der Kalkulation ist es erforderlich, die Höhe der zu verauslagenden Kosten abzuschätzen sowie Dauer und Ausgang des Gerichtsverfahrens zu prognostizieren. 4. Fazit Es ist möglich, die Höhe einer Erfolgsbeteiligung im Einzelfall zu kalkulieren. Daher ist es auch denkbar, ein prozessfinanzierungsbedingtes Erfolgshonorar nur in der Höhe als erstattungsfähig anzusehen, in der es proportional der Höhe der im Einzelfall vom Prozessfinanzierungsunternehmen übernommenen Risiken entspricht.

1615  Breyer,

S. 20, für das anwaltliche Erfolgshonorar.



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage491

III. Überprüfbarkeit durch den Tatrichter? Wie nachfolgend zu zeigen sein wird, ist es jedoch wenig praktikabel, die erstattungsfähige Höhe des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars auf dem vorbeschriebenen Weg zu bestimmen. Insbesondere wird es einem Tatrichter nicht möglich sein, die Angemessenheit des Erfolgshonorars so genau zu „kontrollieren“. 1. Maßstab des § 286 ZPO Gemäß § 286 ZPO hat das Gericht unter Berücksichtigung der mündlichen Verhandlung und des Ergebnisses einer Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob es eine tatsächliche Behauptung als erwiesen erachtet. Demnach müsste sich der Richter eine Überzeugung über die Höhe des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars bilden und entscheiden, ob dieses der Höhe nach angemessen im Verhältnis zu den von dem Prozessfinanzierungsunternehmen tatsächlich übernommenen Risiken ist. Nach den allgemeinen Regeln der Beweislast müsste der Anspruchsinhaber dem Richter entsprechende Behauptungen darlegen und beweisen.1616 2. Überprüfung von Marktpreisen durch den Richter Zunächst einmal ist es bereits generell als äußerst fragwürdig anzusehen, Marktpreise einer gerichtlichen Kontrolle zu unterziehen. Es wird einem Tatrichter generell kaum möglich sein, Preise eines Unternehmens kalkulatorisch nachzuvollziehen bzw. zu prüfen. Die Preispolitik sei – so Alexander – eine autonome Angelegenheit eines jeden Unternehmens und wichtiger Bestandteil unternehmerischer Handlungsfreiheit. Zudem sei sie komplex, da sie von zahlreichen unterschiedlichen Faktoren abhänge. Diese könnten zudem bei verschiedenen Unternehmen auch unterschiedlich zu gewichten sein. So könne es etwa von Bedeutung sein, ob ein Unternehmen auf einem Markt etabliert oder neu sei. Eine Rolle könne es auch spielen, „ob auf dem Markt ein starker Preiswettbewerb herrscht oder ob durch hohe Preise in einem Marktsegment niedrige Preise in einem anderen Marktsegment gestützt werden“.1617 Mithin sei eine solche Preiskontrolle „wegen der Autonomie und Komplexität unternehmerischer Preispolitik im zivilprozessualen Erkenntnisverfahren nicht praktikabel [bzw.] mit 1616  Siehe dazu die Ausführungen zur Beweislast in 3. Teil, 2. Kapitel, G.I. Siehe auch BGHZ 3, 342, 345 f.; 113, 222; 225; BGH NJW 1993, 1716, 1717; 1995, 49, 50. 1617  Alexander, S. 1176, allgemein.

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

einem im Verhältnis zum Streitwert unzumutbaren Aufwand nicht zu bewerkstelligen“.1618 Bei der Beurteilung der angemessenen Höhe des Erfolgshonorars kommt noch hinzu, dass sich der Tatrichter in die Situation des Anspruchsinhabers bei Abschluss des Prozessfinanzierungsvertrages versetzen müsste. Es sei jedoch schwierig – so Kilian – „ein Risiko nachträglich zu einem Zeitpunkt zu definieren, in dem es sich offensichtlich nicht realisiert hat“.1619 Im Zeitpunkt der Entscheidung über die Erstattungsfähigkeit sind dem Richter sowohl die Beweislage als auch sämtliche Angriffs- und Verteidigungsmittel bzw. -vorbringen der Parteien bekannt.1620 Es wird jedoch von ihm verlangt, sich in die Situation des Anspruchsinhabers zu Beginn des Rechtsstreits hinein zu versetzen. Diese Situation wird auch als „perspective of ignorance“ umschrieben.1621 Auch Kunzlik weist richtigerweise darauf hin, dass Gerichte sich nicht in der Position quasikommerzieller Risikoversicherer befänden1622 und daher kaum in der Lage seien, sich in die Position des Anspruchsinhabers bei Abschluss einer solchen Erfolgshonorarvereinbarung zu versetzen. 3. Überhöhte Anforderungen an den Anspruchsinhaber Zudem müssten vom Anspruchsinhaber genaue Überlegungen zur Kalkulation des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars verlangt werden, denn der Tatrichter müsste sämtliche Umstände, aus denen sich die erforderliche Höhe des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars bestimmt, berücksichtigen und würdigen.1623 Es ist dem Anspruchsinhaber jedoch nicht zuzumuten, sich alle diese internen Informationen über die Kalkula­ tion des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars durch das Prozessfinanzierungsunternehmen zu verschaffen und diese sodann zu offenbaren.1624 Zwar könnte sich das Prozessfinanzierungsunternehmen in dem Prozessfinanzierungsvertrag dazu verpflichten, dem Anspruchsinhaber diese Informationen zur Verfügung zu stellen, sodass diesem eine entsprechende Darstellung der betriebswirtschaftlichen Kalkulation möglich wäre.1625 Al1618  Alexander,

S. 1176; so auch Greger, S. 5. Erfolg und Vergütung, S. 442, für das anwaltliche Erfolgshonorar. 1620  Kilian, Erfolg und die Vergütung, S. 443, für das anwaltliche Erfolgshonorar. 1621  Kilian, Erfolg und die Vergütung, S. 443, für das anwaltliche Erfolgshonorar. 1622  Kunzlik, S. 870. 1623  Alexander, S. 1175 f., für die betriebswirtschaftliche Kalkulation des Unfall­ ersatztarifs. 1624  Alexander, S. 1176, für die betriebswirtschaftliche Kalkulation des Unfall­ ersatztarifs. 1625  Alexander, S. 1176, für die betriebswirtschaftliche Kalkulation des Unfall­ ersatztarifs. 1619  Kilian,



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage493

lerdings – darauf weist auch Kilian bezüglich der rechtlichen Beurteilung der Erstattungsfähigkeit rechtsanwaltlicher Erfolgshonorare hin – würde die Erteilung entsprechender Auskünfte den Anspruchsinhaber in erhebliche Schwierigkeiten bringen1626: „In seinem eigenen Interesse an einer möglichst hohen erstattungsfähigen Vergütung muss der Klagevertreter die ursprünglichen Erfolgsaussichten der letztlich erfolgreichen Klage möglichst gering erscheinen lassen, indem er auf entgegenstehende Rechtsprechung, eine schwierige Beweislage, denkbare Einwendungen der Gegenseite usw. hinweist. Kurzum: der Anwalt muss seine eigene Klage nachträglich in möglichst schwachem Licht erscheinen lassen, um möglichst hohe erstattungsfähige Kosten zu erzielen.“

Mithin ist es dem Geschädigten nicht zumutbar, hier Beweis gem. § 286 BGB zu erbringen.1627 4. Einsatz eines Gutachters Für die Feststellung, ob ein Aufwendungsschaden der Höhe nach nicht mehr als erforderlicher Herstellungsaufwand angesehen werden kann, könnte sich der Richter auch sachverständiger Hilfe bedienen.1628 Einem Sachverständigen dürfte es möglich sein, die Höhe eines prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars zu begutachten und festzustellen, ob dieses proportional der Höhe der im Einzelfall vom Prozessfinanzierungsunternehmen übernommenen Risiken entspricht. Allerdings ist die Einholung von Gutachten in der Praxis mit hohen Kosten verbunden.1629 Zwar wird bei rechtsstaatlichen Verfahren eher Zurückhaltung bei der Bewertung einer KostenNutzen-Analyse geübt.1630 Jedoch wird es gerade als Zweck des § 287 ZP0 angesehen, einen unverhältnismäßigen Prozessaufwand zu vermeiden.1631 In diesem Sinne soll dem Richter die Möglichkeit der Schadensschätzung eingeräumt werden, und zwar auch in Fällen, „bei denen vernünftigerweise Beweise nicht mehr erhoben werden können“.1632 Gerade die durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens entstehenden Kosten können je nach Einzelfall jedoch als unverhältnismäßig hoch anzusehen sein.1633 Zu berücksichtigen ist zudem der hohe Zeitaufwand, der mit der Erstellung 1626  Kilian,

Erfolg und Vergütung, S. 443, für das anwaltliche Erfolgshonorar. dazu Hunke, S. 90. 1628  BGH NJW 2007, 1449, 1450; 2012, 3658, 3659 f. 1629  Vuia, S. 186. 1630  Hunke, S. 91. 1631  Hunke, S. 91. 1632  Hunke, S. 91. 1633  Hunke, S. 91. 1627  Siehe

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

eines Gutachtens verbunden sein kann.1634 Im Ergebnis könnte die Beauftragung eines Gutachters zur Feststellung der erforderlichen Höhe des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars als unverhältnismäßig und damit nicht prozessökonomisch angesehen werden. Allerdings kann dies im Einzelfall auch anders einzuschätzen sein. Dem Richter ist also auch die Möglichkeit einer anderen Beurteilung zuzusprechen, sodass dieser sich im Einzelfall natürlich auch sachverständiger Hilfe bedienen kann. 5. Ergebnis Zwar ist es im Ansatz richtig, davon auszugehen, dass ein verständig denkender Mensch in der Situation des Anspruchsinhabers sich nur auf die Vereinbarung eines Erfolgshonorars einlassen würde, dessen Höhe propor­ tional den vom Prozessfinanzierungsunternehmen übernommenen Risiken entspricht. Allerdings ist es nicht praktikabel, die erstattungsfähige Höhe des Erfolgshonorars von einer Einzelfall-Kalkulation abhängig zu machen. Insbesondere wird es einem Tatrichter nicht möglich sein, die Angemessenheit des Erfolgshonorars gem. § 286 ZPO zu würdigen. IV. Schadensschätzung gem. § 287 Abs. 1 ZPO Zuletzt soll noch untersucht werden, ob eine Schätzung der erforderlichen und damit erstattungsfähigen Höhe des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars gem. § 287 ZPO in Betracht kommt. Dazu ist es erforderlich, den Anwendungsbereich des § 287 ZPO sowie die Art und Weise der Schadensermittlung zu erläutern. 1. Zweck des § 287 ZPO Gemäß § 287 ZPO hat der Richter die Möglichkeit, die Höhe eines Schadensersatzanspruches zu schätzen.1635 Zweck des § 287 ZPO ist es, die „normalen Darlegungs- und Beweisanforderungen insbesondere im Falle der Entstehung und der Höhe eines Schadens in mehrfacher Hinsicht [zu] ermäßigen und so [zu] verhindern, dass materiell berechtigte Schadensersatzansprüche an prozessualen Anforderungen scheitern“.1636 Insbesondere sind das Beweismaß bzw. der Grad der richterlichen Überzeugung bei § 287 1634  Hunke,

S. 91. NJW-RR 2010, 1251. 1636  Prütting, in: Müko-ZPO, § 287 ZPO Rdn. 1; siehe dort auch den ausführlichen Überblick über die einzelnen Voraussetzungen des § 287 ZPO. 1635  BGH



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage495

Abs. 1 ZPO geringer als bei § 286 ZPO.1637 Welche Anforderungen hier genau zu stellen sind, ist umstritten. Allerdings ist eine Ausbreitung des gesamten Meinungsstandes im Rahmen dieser Abhandlung nicht möglich.1638 Nachfolgend soll davon ausgegangen werden, dass es im Ermessen des Gerichts liegt, über die dem § 287 ZPO zugewiesenen Fragen zu entscheiden, und zwar auch dann, wenn dieses noch nicht in jedem einzelnen Punkt zu einer vollen Überzeugung gelangt ist.1639 2. Anwendung des § 287 ZPO auf die Schadenshöhe Der Anwendungsbereich des § 287 ZPO ist im Einzelnen umstritten.1640 Allerdings entspricht es allgemeiner Auffassung, dass von § 287 ZPO in jedem Fall die Umstände umfasst sind, die für die Höhe des Schadens von Bedeutung sind.1641 Somit kann der Richter die Höhe des erstattungsfähigen Erfolgshonorars des Prozessfinanzierungsunternehmens im Wege des § 287 ZPO ermitteln. 3. Schadensschätzung als Instrument zur Ermittlung der Schadenshöhe Für die Ermittlung des Schadens im Wege des § 287 ZPO hat sich der Begriff der „Schadensschätzung“ eingebürgert.1642 Ziel dieser Schätzung ist es, „gleichmäßig und rechtmäßig Schadensersatz zuzusprechen“.1643 Im Rahmen dieser Schätzung muss das Gericht von der Höhe des Schadens überzeugt sein.1644 Mithin ist es dem Gericht nicht möglich, zwischen verschiedenen Schadenshöhen zu wählen.1645 Allerdings gibt § 287 ZPO die Art der Schätzungsgrundlage nicht vor. Fest steht allerdings, dass die Schadenshöhe nicht auf der Grundlage falscher oder offenbar unsachlicher Erwägungen geschätzt werden darf. Zudem müssen alle für die Schätzung entscheidenden Tatsachen berücksichtigt werden. Darüber hinaus darf das Gericht bei den für die Schätzung wichtigen Fragen nicht auf fachliche Erkenntnisse verzichten.1646 Es ist also festzustellen, dass das Gericht die 1637  Hunke,

S. 100. dazu Hunke, S.  100 ff. m. w. N. 1639  Prütting, in: Müko-ZPO, § 287 ZPO Rdn. 23. 1640  Siehe dazu den Überblick bei Hunke, S.  60 ff. 1641  Saenger, in: Saenger, § 287 ZPO Rdn. 8; Hunke, S. 60 ff. – jeweils m. w. N. 1642  Hunke, S. 125. 1643  Hunke, S. 132. 1644  Hunke, S. 132. 1645  Hunke, S. 134. 1646  BGH NJW-RR 2010, 1251. 1638  Siehe

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

erforderliche Höhe des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars schätzen kann. Fraglich ist, wie dabei vorzugehen ist: a) Pauschale Schätzung Zunächst ist zu klären, ob es vom Gericht zu verlangen ist, im Rahmen des § 287 ZPO die genaue Kalkulation eines Unternehmens nachzuvollziehen. Dies ist jedoch nicht der Fall. Das Instrument der Schadensschätzung lässt eine pauschale Schätzung zu. So hat der BGH in einem Urteil zur Erforderlichkeit von Unfallersatztarifen ausdrücklich darauf verwiesen, dass je nach den Umständen des Einzelfalls auch ein pauschaler Aufschlag auf den „Normaltarif“ in Betracht kommen könne.1647 Dabei sieht der BGH es nicht als erforderlich an, die Kalkulation eines Unternehmens nachzuvollziehen. Es genüge, wenn der Richter prüfe, ob „spezifische Leistungen bei der Vermietung an Unfallgeschädigte den Mehrpreis rechtfertigen“.1648 Einen ähnlichen Weg ist der BGH bei der Frage der Erforderlichkeit von Reparaturkosten gegangen. Dabei stellte sich die Frage, „ob und gegebenenfalls in welchem Maß die Reparaturkosten die Kosten für die Anschaffung eine Ersatzfahrzeuges übersteigen dürfen, ohne deshalb aus der Finanzierungspflicht des Schädigers nach § 249 S. 2 BGB1649 herauszufallen“.1650 Hier hat sich ein pauschaler Toleranzbereich entwickelt. So wird es vom BGH in ständiger Rechtsprechung gebilligt, dass „Tatrichter in Ausübung ihres Ermessens nach § 287 Abs. 1 ZPO einen Zuschlag von 30 % zugebilligt haben“.1651 Das Gericht muss also die genaue Kalkulation des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars nicht nachvollziehen. b) Üblichkeit der Vergütung als Anknüpfungspunkt für die Schadensschätzung Um einen Schaden schätzen zu können, benötigt das Gericht sogenannte Anknüpfungstatsachen.1652 Eine vollkommen abstrakte Berechnung des Schadens kommt nicht in Betracht. Ein „bloßes Raten“ oder ein „Schätzen auf Verdacht“ – so Hunke1653 – wäre mit den Grundsätzen der Schadensermittlung gem. § 287 ZPO nicht vereinbar.1654 Eine Schätzung darf also 1647  BGH

VersR 2006, 133. r+s 2006, 346. 1649  Nunmehr § 249 Abs. 2 BGB. 1650  BGH VersR 1992, 61, 63. 1651  BGH VersR 1992, 61, 63; siehe dazu auch BGH VersR 85, 865, 866. 1652  Hunke, S. 170. 1653  Hunke, S. 170. 1648  BGH



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage497

nicht nur „oberflächlich oder schablonenhaft“1655 sein. Vielmehr muss es dem Gericht aufgrund der Anknüpfungstatsachen möglich sein, den Schaden i. S. d. § 287 ZPO schätzen zu können.1656 Diese Tatsachen muss der Geschädigte darlegen und beweisen.1657 Die Art der Anknüpfungspunkte ist von Fall zu Fall verschieden.1658 Hunke unterscheidet insoweit zwischen inneren und äußeren Parametern. Innere Parameter ergäben sich aus dem zu untersuchenden Schaden selbst. Äußere Parameter seien die Rahmenbedingungen, beispielsweise der Absatzmarkt oder die Konkurrenzsituation.1659 aa) Übliche Vergütung als Anknüpfungspunkt Es wird als hilfreich angesehen, zur Ermittlung des Schadens auf Durchschnittswerte abzustellen.1660 Die übliche Vergütung ist als ein solcher Durchschnittswert anzusehen. Voraussetzung ist, dass entweder Daten über einen längeren Zeitraum bekannt oder entsprechende statistische Auswertungen vorhanden sind.1661 Können Durchschnittswerte gebildet werden, können diese als Schaden angenommen werden.1662 Die Höhe der „üblichen“ Vergütung wird daher von den Gerichten bei einigen Fallgruppen als Maßstab der Überprüfung der Erforderlichkeit einer Aufwendung herangezogen.1663 Ein solcher Sachverhalt liegt – wie bereits ausgeführt – auch bei den sogenannten Erbenermittlern vor. Wie schon erörtert, existiert auf diesem Geschäftsfeld kein wirklicher Markt. Mithin ist es dem potentiellen Erben nicht möglich, zwischen mehreren Angeboten zu wählen.1664 Vielmehr sei das Zustandekommen des Erbensuchvertrages dadurch gekennzeichnet, dass sich üblicherweise nur ein Erbenermittler ausschließlich an diejenige Person wende, die als Erbe in Betracht komme.1665 Eine solche Anknüpfung an Durchschnittswerte bringt jedoch auch einige Nachteile mit sich. 1654  Hunke,

S. 170. S. 170. 1656  Hunke, S. 170. 1657  BGH NJW 2012, 2267, 2268; BGH NZBau 2012, 494, 495. 1658  Hunke, S. 170. 1659  Hunke, S. 170. 1660  Hunke, S. 170. 1661  Eine solche Tabelle stellt beispielsweise der Mietpreisspiegel der Firma „Eurotax Schwacke“ dar. 1662  Hunke, S. 176. 1663  BAG NJW 1999, 308, 310; Brandenburgisches Oberlandesgericht Zerb 2008, 278 ff., LG Leipzig DS 2007, 318, 319; LG Hamburg BeckRS 2011, 03410; AG Hagen r+s 1985, 88; AG Starnberg FD-StrVR 2013, 348791; Fröhlich, S.  465 f. 1664  Brandenburgisches Oberlandesgericht Zerb 2008, 278 ff. 1665  Brandenburgisches Oberlandesgericht Zerb 2008, 278 ff. 1655  Hunke,

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

Gehe man nur von den durchschnittlichen Kosten aus, werde – so Alexander – der individuelle Zusammenhang zwischen dem geschädigten Subjekt und dem entstandenen Schaden in Frage gestellt. Dem Geschädigten würde nur eine pauschalisierte Entschädigung gewährt. Dies widerspreche jedoch dem Grundgedanken der §§ 249 ff. BGB, nach dem der Geschädigte einen Ausgleich für sein „durch das Schadensereignis beeinträchtigtes individuelles Interesse“1666 erhalten soll.1667 Eine solche Verobjektivierung berge zudem die Gefahr, dass der Geschädigte „Steine statt Brot“1668 be­ käme, da „er unabhängig von seiner persönlichen Schadenslage und insbesondere von seinen individuellen Anstrengungen zum Zeitpunkt des Schadensausgleichs von vornherein keinen vollen Schadensausgleich erwarten könnte“.1669 Vor allem jedoch – und dieses Argument ist noch viel gewichtiger – zeigt auch die bereits vorgestellte Problematik der Entwicklung der Unfallersatztarife, dass das Wissen um die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit einer bestimmten Kostenposition zu einer erheblichen Erhöhung der üblichen Preise ­führen kann. Jedoch werden diese Nachteile durch ein hohes Maß an Rechtssicherheit, Transparenz und Vorhersehbarkeit für alle am Rechtsstreit beteiligten Parteien1670 bezüglich der Höhe des erstattungsfähigen, prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars aufgewogen. Auch aus prozessökono­ mischer Sicht wäre eine solche Vorgehensweise vorteilhaft. Der Tatrichter müsste nicht in jedem Einzelfall die Höhe des Erfolgshonorars überprüfen, sondern nur jeweils pauschal feststellen, ob sich das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar in dem Rahmen des für diese geltenden Toleranzbereiches befindet bzw. dieses nur in einem zulässigen Maße übersteigt.1671 Eine solche Vorgehensweise wäre also verhältnismäßig einfach handhabbar. Aufgrund der erläuterten Vorteile erscheint eine solche Vorgehensweise der Schadensschätzung vorteilhaft. Darüber hinaus ist noch darauf hinzuweisen, dass es dem Anspruchsinhaber nach dem Grundsatz der subjektbezogenen Schadensbetrachtung nicht verwehrt ist, im Einzelfall Gründe dafür darzulegen, warum er auch höhere Aufwendungen tätigen durfte.

1666  Alexander,

S. 1172. S. 1172, für die Erforderlichkeit des Unfallersatztarifs. 1668  Alexander, S. 1172, für die Erforderlichkeit eines Unfallersatztarifs. 1669  Alexander, S. 1172, für die Erforderlichkeit eines Unfallersatztarifs. 1670  Alexander, S. 1172, für die Erforderlichkeit des Unfallersatztarifs. 1671  Siehe dazu die Überlegungen von Alexander zur Berechnung der Höhe des Unfallersatztarifs, S. 1177. 1667  Alexander,



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage499

bb) Übliche Vergütung bei Prozessfinanzierung Somit könnte also die übliche Vergütung eines Prozessfinanzierungsunternehmens als Anknüpfungspunkt zur Schadensschätzung gem. § 287 ZPO herangezogen werden. (1) Übliche Höhe Erfolgshonorar vorhanden? Dazu ist zunächst zu prüfen, ob es eine übliche Vergütung für die Dienstleistungen eines Prozessfinanzierungsunternehmens gibt. Dazu ist zu untersuchen, ob sich für die Leistungen, die einem „als einheitlich empfundenen Wirtschaftsbereich“1672 zugeordnet werden können, eine übliche Vergütung entwickelt hat.1673 Es ist festzustellen, dass Deutschland als einheitlicher Wirtschaftsbereich für die Dienstleistungen eines Prozessfinanzierungsunternehmens zu betrachten ist. Da es für die übliche Vergütung meist eine bestimmte Bandbreite geben werde, komme es auf den Bereich an, indem sich die Mehrzahl der Werte befinde.1674 Orientiere sich die Vergütung prozentual an einem bestimmten Ausgangswert – etwa der Schadenshöhe – müsse, so Vuia, ein Vergleich der jeweiligen Prozentsätze erfolgen.1675 Den im ersten Teil dieser Abhandlung getätigten Marktüberblick ist zu entnehmen, dass sich durchaus eine übliche Höhe des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars zwischen 20 und 30 % entwickelt hat. Allerdings gibt es auch „Ausreißer“. So werden auch Erfolgshonorare von 10 bzw. 75 % angeboten. Derartige Ausreißer müssen bei der Ermittlung des durchschnitt­ lichen Marktpreises unberücksichtigt bleiben.1676 Mithin ist im Einzelfall zu prüfen, ob sich die Höhe des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars innerhalb der Bandbreite der üblichen Vergütung der anderen Prozessfinanzierungsunternehmen befindet. (2) Risiko als Vertragsgegenstand bzw. Behandlung von Ausreißern Fraglich ist jedoch, ob einer solchen Vorgehensweise entgegensteht, dass bei der Prozessfinanzierung auch eine Risikoübernahme Vertragsge­genstand ist. Dies ist jedoch nicht der Fall, denn auch für eine vertragliche Risikoübernahme kann ein Marktpreis bestehen.1677 Hierfür sprechen etwa – so 1672  Vuia,

S. 185. S. 185. 1674  Vuia, S. 185. 1675  Vuia, S. 185. 1676  Vuia, S. 185. 1677  Henssler, Risiko, S. 256. 1673  Vuia,

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

Henssler – die an der Londoner Warenterminbörse ermittelten Prämien für die Warenterminoptionen.1678 Der Optionspreis verkörpere „den Wert der Gewinnchance, der der Warenterminoption zugrunde liegt“.1679 Sei ein solcher Marktpreis für eine vertragliche Risikoübernahme vorhanden, sei ­ dieser bei jeder Äquivalenzkontrolle als Vergleichsmaßstab heranzuziehen. Auf eine komplizierte Einzelfallberechnung könne dann verzichtet werden.1680 Es ist also festzustellen, dass die übliche Vergütung als Anknüpfungspunkt der Schadensschätzung auch dann herangezogen werden kann, wenn es um die Vergütung einer Risikoübernahme geht. Eine Anwendung bei dem prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorar ist mithin möglich. (3) Ergebnis Bei dem prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorar könnte die Üblichkeit der Vergütung als Anknüpfungspunkt für eine Schadensschätzung in Betracht kommen. Allerdings ist zu beachten, dass die Bestimmung der erforderlichen Höhe des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars anhand des üblichen Preises – wie bereits ausgeführt – die Gefahr eines künstlichen Anstieges der Höhe des Erfolgshonorars mit sich bringen könnte. Dies wird in der praktischen Anwendung zu beachten sein. Dies bedeutet, dass die Entwicklung des Marktpreises beobachtet werden muss. Sollte es zu einem künstlichen Anstieg der Marktpreise kommen, müsste dem – ähnlich wie dies bei den Unfallersatztarifen der Fall war – entsprechend entgegengesteuert werden. 4. Fazit Im Ergebnis ist festzustellen, dass eine Schätzung der erforderlichen und damit erstattungsfähigen Höhe des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars gem. § 287 ZPO in Betracht kommt. Anknüpfungspunkt für die Schätzung kann die durchschnittliche Höhe des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars der Anbieter in Deutschland sein. V. Schlussfolgerungen Bei Aufwendungsschäden ist immer zu prüfen, ob der Geschädigte die Aufwendungen im konkreten Fall in der gemachten Höhe für erforderlich 1678  Henssler,

Risiko, S. 256. Risiko, S. 256; BGH DB 1988, 1158 f.; BGH WM 1984, 961, 962. 1680  Henssler, Risiko, S. 256. 1679  Henssler,



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage501

halten durfte. Dabei gilt das Wirtschaftlichkeitspostulat, d. h. der Anspruchsinhaber darf nur das verlangen, was ein verständig denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und angemessen halten durfte. Die Frage, wann ein verständig denkender Mensch in der Lage des Anspruchsinhabers ein prozessfinanzierungsbedingtes Erfolgshonorar der Höhe nach nicht mehr als erforderliche Aufwendung ansehen konnte, ist nicht einfach zu beantworten. Bei der Untersuchung dieser Problematik muss der Fokus darauf liegen, den Anspruchsgegner vor uferlosen Schadensersatzanforderungen zu schützen, deren Entstehung und Höhe er nicht beeinflussen kann. Nicht zuletzt ergibt sich das Erfordernis einer Begrenzung der Höhe des Aufwendungsschadens – wie gezeigt – auch aus ökonomischer Perspektive bzw. aus der Erforderlichkeit der Eindämmung der übermäßigen Quersubventionierung. Zwar könnte man die Interessen von Anspruchsinhaber und Anspruchsgegner am besten durch eine Bestimmung der Erforderlichkeit der Höhe des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars anhand einer proportionalen Berücksichtigung der im Einzelfall durch das Prozessfinanzierungsunternehmen übernommenen Risiken schützen. Allerdings ist es nicht praktikabel, die erstattungsfähige Höhe des Erfolgshonorars von einer Einzelfall-Kalkulation abhängig zu machen. Insbesondere wird es einem Tatrichter nicht möglich sein, die Angemessenheit des Erfolgshonorars gem. § 286 ZPO zu würdigen. Vielmehr sollte die Höhe des erstattungsfähigen, prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars gem. § 287 ZPO ermittelt werden. Anknüpfungspunkt für die Schätzung kann die durchschnittliche Höhe des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars der Anbieter in Deutschland sein. Wird die durchschnittliche Höhe des Erfolgshonorars überschritten, müsste der Geschädigte diese Differenz selbst tragen. Der Anspruchsinhaber würde also bei einer erhöhten Erfolgsbeteiligung seinen Schadensersatzanspruch nicht vollständig verlieren. Stattdessen ist der Schadensersatzanspruch auf den nach Maßgabe des Wirtschaftlichkeitspostulates „erforderlichen“ Betrag beschränkt.1681 VI. Exkurs „Jedermann weiß, was Schaden ist – nur die Juristen offenbar nicht.“1682 Diese Bemerkung bringt das gesamte Dilemma zum Ausdruck, vor dem ein Geschädigter steht, möchte er wissen, ob ihm für eine bestimmte Vermögens­ einbuße ein Schadensersatzanspruch gegenüber dem Schädiger zusteht oder nicht. Ursache für diese Unsicherheit ist die bereits angedeutete Unbe1681  BGH

NJW 2007, 588, 589; BGH NJW 2009, 3713. Schadensbegriff, S. A 11.

1682  Wagner,

502

3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

stimmtheit des Schadensersatzrechts im BGB.1683 Die Klärung der Detailfragen ist der Rechtsprechung überlassen worden. Diese habe einen Gestaltungsspielraum.1684 Dabei sei sie jedoch – so kritisiert Wagner – oftmals selbst uneinig und müsse, „egal was sie entscheide, stets mit Angriffen der Literatur rechnen“.1685 Die Hauptschwäche des Schadensersatzrechts wird daher darin gesehen, dass es kaum möglich sei, zuverlässige Anhaltspunkte für die Rechtspraxis zu finden.1686 Aus diesem Grunde könnte ein Gericht, das über die Erstattungsfähigkeit des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars zu entscheiden hat, entgegen der hier vertretenen Ansicht durchaus auch zu der Auffassung gelangen, dass das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar nicht in vollem Umfang in die Differenzbilanz eingestellt werden kann. So könnte entgegen der hier vertretenen Auffassung argumentiert werden, das Risiko, im Prozess zu unterliegen, sei dem Bereich des allgemeinen Lebensrisikos zuzuordnen. Auch der Einwand der Quersubventionierung könnte entgegen der hier vertretenen Auffassung als Argument hierfür herangezogen werden. Würde man tatsächlich von dieser Auffassung ausgehen, stände dies jedoch einer – zumindest teilweisen – Zurechnung des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars nicht entgegen. Vielmehr würde auch eine solche im Gegensatz zu der hier vertretenen Ansicht stehende Auffassung dazu führen, dass zumindest die in dem Erfolgshonorar enthaltenen Kosten für die Vorfinanzierung der Aufwendungen für die Rechtsdurchsetzung in die Differenzbilanz aufzunehmen wären. Dem Anspruchsinhaber würde in diesem Fall also ein Anspruch auf Erstattung des Anteils des Erfolgshonorars zustehen, der der Vorfinanzierung der Rechtsdurchsetzungskosten durch das Prozessfinanzierungsunternehmen entspricht. Es wurde ausführlich dargelegt, dass Kreditkosten als typische Verzögerungsschäden erstattungsfähig sind.1687 Der Anspruchsinhaber sollte also hilfsweise zu den im Erfolgshonorar enthaltenen Kreditkosten vortragen sowie darlegen, dass ihm keine günstigere Finanzierungsmöglichkeit zugänglich war.

E. Probleme des Mitverschuldens gemäß § 254 BGB Auch die Norm des § 254 BGB dient der Begrenzung der Haftung des Schädigers. So liegt dieser Vorschrift der „allgemeine Rechtsgedanke zugrunde, dass der Geschädigte für jeden Schaden mitverantwortlich ist, bei 1683  3. Teil,

2. Kapitel, C.I.1.c). Grundprinzipien, S. 62. 1685  Wagner, Schadensbegriff, S. A 11. 1686  Roussos, S. 2. 1687  3. Teil, 2. Kapitel, C.IV.3.b). 1684  Müller,



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage503

dessen Entstehung er in zurechenbarer Weise mitgewirkt hat“.1688 Mithin ist auch durch Anwendung des § 254 BGB eine derartige Ausgestaltung der Haftungsregel möglich, dass durch diese wohlfahrtstheoretisch günstige Anreize sowohl auf den Anspruchsgegner als auch auf den Anspruchsinhaber ausgehen. Die Norm des § 254 BGB enthält vier Alternativen, und zwar das Mitwirken des Geschädigten bei der Rechtsgutverletzung (§ 254 Abs. 1 BGB), das Unterlassen einer Warnung durch den Geschädigten (§ 254 Abs. 2 S. 1 1. Alt. BGB) sowie das Unterlassen einer Schadensabwendung oder -minderung (§ 254 Abs. 2. S. 1 2. Alt.).1689 Die dogmatische Struktur des § 254 BGB ist umstritten. Insbesondere ist es streitig, wie der Begriff des „Verschulden des Beschädigten“ zu verstehen ist. Eine ausführliche Darstellung dieses Meinungsstreits ist im Rahmen dieser Abhandlung allerdings nicht möglich.1690 Nach Auffassung der herrschenden Meinung handelt es sich nicht um ein „echtes Verschulden im rechtstechnischen Sinn“.1691 § 254 BGB enthält also keine Verpflichtung, sich nicht zu schädigen.1692 Vielmehr werden die sich aus § 254 BGB ergebenden Verpflichtungen als Obliegenheit bezeichnet,1693 also als eine „Verpflichtung minderer Intensität“.1694 Diese Obliegenheit ist verletzt, „wenn jemand in zurechenbarer Weise gegen sein eigenes wohlverstandenes Interesse handelt“.1695 Daher wird das Verschulden gem. § 254 BGB oft auch als „Verschulden gegen sich selbst“1696 bezeichnet. Fraglich ist zudem, in welchem Verhältnis die beiden Absätze der Vorschrift stehen.1697

1688  Grüneberg, in: Palandt, § 254 BGB Rdn. 8; siehe auch BGHZ 34, 355, 363 f.; 50, 112, 115; 135, 235, 240; Schiemann, in: Staudinger, § 254 BGB Rdn. 4. 1689  Teichmann, in: Jauernig, § 254 BGB Rdn. 4. 1690  Eine genaue Darstellung des Streitstandes bei Looschelders, Mitverantwortlichkeit, S.  38 ff. 1691  Looschelders, Mitverantwortlichkeit, S. 38. 1692  Teichmann, in: Jauernig, § 254 BGB Rdn. 4. 1693  Schiemann, in: Staudinger, § 254 BGB Rdn. 30; Oetker, in: Müko/BGB, § 254 BGB Rdn. 3; Teichmann, in: Jauernig, § 254 BGB Rdn. 4; siehe auch Schmidt, Obliegenheit, 05 ff. 1694  BGH NJW-RR 2010, 909, 910; Teichmann, in: Jauernig, § 254 BGB Rdn. 4. 1695  Teichmann, in: Jauernig, § 254 BGB Rdn. 4; siehe auch BGHZ 57, 137, 145 m. w. N. 1696  Schiemann, in: Staudinger, § 254 BGB Rdn. 30. 1697  Da dieser Meinungsstreit für die weitere Abhandlung keine Auswirkungen hat, wird auf eine Darstellung verzichtet. Siehe dazu Schiemann, in: Staudinger, § 254 BGB Rdn. 45 m. w. N.

504

3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

I. Anwendbarkeit Der Anwendbarkeit des § 254 BGB auf die Aufwendungen des Geschädigten zur Prozessfinanzierung könnte möglicherweise problematisch sein. 1. Anwendung bei Dispositionsfällen Folgte man einer in der Literatur teilweise vertretenen Ansicht1698, wäre das Mitverschulden gem. § 254 BGB auf die Aufwendungen des Geschädigten zur Prozessfinanzierung nicht anwendbar. Nach Auffassung dieser Literaturvertreter passe § 254 BGB bei den sogenannten Dispositionsfällen nicht immer. Wie bereits ausführlich erörtert, gehört die Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens durch den Geschädigten zu der Fallgruppe der Dispositionsfälle. Deren Besonderheit bestehe darin, dass der Geschädigte selbst den Schaden durch – eventuell auch unverhältnismäßige – Aufwendungen zur Herstellung des schadensfreien Zustandes vergrößert habe.1699 Bei derartigen Aufwendungen bestehe das Mitverschulden des Geschädigten u. U. jedoch gerade „nicht in einer unverständigen und törichten Vernachlässigung der eigenen Interessen, sondern gerade umgekehrt in einer übermäßigen Wahrnehmung derselben“.1700 § 254 BGB passe daher eigentlich nicht. Daher müsse die Vorschrift auf den Gedanken der schadensrechtlichen Soziabilitätsschranke zurückgeführt werden.1701 Mit dieser solle verhindert werden, dass der Geschädigte „die Kosten einer die zumutbare Soziabilität gegenüber dem Schädiger überschreitenden Lebensführung als Schaden“1702 liquidiere. Dieser Auffassung ist nicht zuzustimmen. Gegen eine solche Soziabilitätsschranke spricht bereits – so richtigerweise Mertens –, dass eine Prüfung, ob und wie weit sich das Verhalten des Geschädigten von einer „durchschnittlichen Lebensführung“ entfernt habe, nicht zu den Aufgaben eines Richters gehöre.1703 Zudem knüpft § 254 BGB – wie bereits ausge1698  Siehe

S. 459.

dazu die Ausführungen bei Looschelders, Mitverantwortlichkeit,

1699  Looschelders, Mitverantwortlichkeit, S. 459. Beispielhaft sei hier auf die Arosa-Entscheidung des LG Düsseldorf VersR 1966, 95 f. verwiesen. Der Geschädigte hatte nur leichte Unfallverletzungen. Auf Empfehlung seines behandelnden Arztes unternahm er zur Unterstützung des Heilungsprozesses Kuren in Arosa und Meran. Das LG Düsseldorf hatte einen Schadensersatz bezüglich dieser Kuren unter Rückgriff auf § 254 BGB abgelehnt. 1700  Looschelders, Mitverantwortlichkeit, S.  459; Mertens, Vermögensschaden, S.  174 ff.; Looschelders, Mitverantwortlichkeit, S. 459. 1701  Looschelders, Mitverantwortlichkeit, S. 459. 1702  Mertens, S. 174; siehe auch Mertens, in: Soergel, § 254 BGB Rdn. 3. 1703  Mertens, in: Soergel, § 254 BGB Rdn. 3; ähnlich Lange/Schiemann, S. 554.



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage505

führt – nach herrschender Auffassung nicht an ein schuldhaftes Verhalten des Geschädigten an.1704 Vielmehr ist immer eine Abwägung der Interessen von Schädiger und Geschädigtem notwendig. Diese kann ergeben, dass ein an sich vernünftiges Verhalten des Geschädigten nicht mehr dem alleinigen Verantwortungsbereich des Schädigers zugerechnet werden könne. Dann müsse eine quotale Aufteilung des Schadens erfolgen.1705 Aber natürlich ist es nicht zu bestreiten, dass die juristische Behandlung der Dispositionsfälle recht schwierig ist. Diese Probleme – darauf weist Looschelders noch einmal ausdrücklich hin – stellten sich jedoch schon bei der dem § 254 BGB vorgelagerten Frage der Zurechenbarkeit – eventuell unverhältnismäßiger – Aufwendungen des Geschädigten.1706 Dies entspricht auch der Vorgehensweise im Rahmen dieser Abhandlung. Die mit den Dispositionsfällen einhergehenden Probleme wurden bereits im Rahmen der Erforderlichkeit ausführlich erörtert. Im Ergebnis ist festzustellen, dass § 254 BGB grundsätzlich anwendbar ist. 2. Abgrenzung zum Kriterium der Erforderlichkeit Allerdings stellt sich die Frage, ob eine Prüfung des Mitverschuldens entbehrlich sein könnte, weil die Problematik der Zurechenbarkeit von Folgen einer Disposition des Anspruchsinhabers – nämlich der Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens – bereits im Zusammenhang mit dem Zurechnungskriterium der Erforderlichkeit erörtert wurde. Somit wurden auch für die Beurteilung des Mitverschuldens gem. § 254 BGB maßgebliche Abwägungskriterien bereits im Rahmen der Schadenszurechnung besprochen. Jedoch wurde bereits darauf hingewiesen, dass es zwischen beiden Problemkreisen – also dem Zurechnungskriterium der Erforderlichkeit und dem Mitverschulden gem. § 254 BGB – eine sachlich und begrifflich enge Verbindung gibt, denn, „wer es versäumt, den Schaden zu mindern, produziert zugleich im Ergebnis höhere Kosten“.1707 So ist es nicht verwunderlich, dass in der Praxis bei der Ermittlung der Erforderlichkeit ähnliche Erwägungen eine Rolle spielen, wie im Zusammenhang mit der Pflicht zur Schadensminderung.1708 Die Grenzen zwischen der Erforderlichkeit einer Aufwendung und dem Mitverschulden gem. § 254 Abs. 2 S. 1 BGB sind da1704  Looschelders,

Mitverantwortlichkeit, S. 460. Mitverantwortlichkeit, S. 460. 1706  Looschelders, Mitverantwortlichkeit, S. 460. 1707  Fricke, S. 967. 1708  Rentschler, S. 67. 1705  Looschelders,

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

her – wie bereits ausgeführt – fließend.1709 Trotzdem ist es – dies wurde ausführlich erläutert – möglich, beide Problemkreise abzugrenzen. So gehe es bei dem Zurechnungskriterium der Erforderlichkeit um das richtige Marktverhalten. § 254 BGB gelange hingegen bei Handlungen und Unterlassungen zur Anwendung, durch die der ursprüngliche Restitutionsbedarf erweitert werde.1710 Mithin ist es dem Anspruchsgegner nicht mehr möglich, sich auf die allgemeine Schadensminderungspflicht des § 254 Abs. 2. S. 1 1. Alt BGB zu berufen und zu argumentieren, die Aufwendungen des Anspruchsinhabers zur Prozessfinanzierung seien unverhältnismäßig. Die auch für die Beurteilung des Mitverschuldens gem. § 254 BGB maßgeblichen Abwägungskriterien wurden bereits bei der Erörterung der „Erforderlichkeit“ der Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens besprochen. Gemäß der vorstehenden Abgrenzung kann der mit der Geltendmachung eines prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars konfrontierte Anspruchsgegner jedoch noch einwenden, den Anspruchsinhaber treffe ein Mitverschulden gem. § 254 BGB, weil er den ursprünglichen Restitutionsbedarf erweitert habe. So könnte er argumentieren, der Anspruchsinhaber hätte ihn gem. § 254 Abs. 2 S. 1 1. Alt BGB vor der Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens warnen müssen. Zudem könnte er einwenden, den Anspruchsinhaber treffe ein Mitverschulden, weil dieser keine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen habe. 3. Ergebnis § 254 BGB ist grundsätzlich auch bei Dispositionsfällen anwendbar. Nach hier vertretener Auffassung wird jedoch das richtige Marktverhalten des Geschädigten bei der Disposition bereits im Rahmen des Zurechnungskriteriums der Erforderlichkeit geprüft. § 254 BGB gelangt hingegen bei Handlungen und Unterlassungen zur Anwendung, durch die der ursprüngliche Restitutionsbedarf erweitert wird. Mithin ist nachfolgend zu prüfen, ob der Anspruchsinhaber den Anspruchsgegner vor Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens gem. § 254 Abs. 2 S. 1 1. Alt BGB hätte warnen müssen bzw. ob ihn deshalb ein Mitverschulden trifft, weil er keine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen hat.

1709  Siehe dazu die Ausführungen und Nachweise im 3. Teil, 2. Kapitel, C.VI.1.d) ee)(5) dieser Abhandlung. 1710  Siehe dazu die Ausführungen und Nachweise unter 3. Teil, 2. Kapitel, C.VI.1.d)ee)(5) dieser Abhandlung.



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage507

II. Warnpflicht gem. § 254 Abs. 2 S. 1 1. Alt. BGB Demnach ist zunächst zu prüfen, ob der Anspruchsinhaber den Anspruchsgegner vor Abschluss eines Prozessfinanzierungsvertrages gem. § 254 Abs. 2 S. 1. 1. Alt. BGB auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam machen muss. Die Warnpflicht stellt eine besondere Ausprägung der Pflicht zur Schadensabwendung dar.1711 Da der Abschluss eines Prozessfinanzierungsvertrages tatsächlich die Entstehung eines hohen Aufwendungsschadens mit sich bringt, könnte dieser Einwand des Anspruchsgegners berechtigt sein. Nachfolgend sollen daher die Voraussetzungen sowie die Art und Weise der Warnpflicht vorgestellt und untersucht werden, ob der Abschluss eines Prozessfinanzierungsvertrages von dieser Warnpflicht umfasst ist. 1. Voraussetzungen der Warnpflicht Die Warnpflicht setzt voraus, „dass ein ungewöhnlich hoher Schaden einzutreten droht und dass der Schädiger diese Gefahr weder kannte noch kennen musste, während der Geschädigte sie erkannt hat oder erkennen musste“.1712 Unter Umständen – darauf wird ebenfalls einzugehen sein – kann die Warnpflicht entfallen. a) Ungewöhnliche Höhe des Schadens Die Warnpflicht gem. § 254 Abs. 2 S. 1 BGB bestünde nur dann, wenn durch den Abschluss eines Prozessfinanzierungsvertrages ein ungewöhnlich hoher Schaden einzutreten drohte. Fraglich ist, wann von einem ungewöhnlich hohen Schaden die Rede sein kann. Dies lasse sich jedoch – so Schiemann – nicht in einem bestimmten Betrag oder einer bestimmten Wertrelation angeben.1713 Sinn und Zweck der Vorschrift sprechen jedoch dafür, von dem Bestehen einer Warnpflicht nur dann auszugehen, wenn anzunehmen ist, dass der Schaden einen sehr hohen Betrag erreichen wird.1714 Allerdings kann unter Umständen auch bei eher geringen Schäden eine Warnung erforderlich sein. Dies ist der Fall, wenn dem Schädiger 1711  Grüneberg, in: Palandt, § 254 BGB Rdn. 37; Schulze, in: Schulze, § 254 BGB Rdn. 7. 1712  Schulze, in: Schulze, § 254 BGB Rdn. 7. 1713  Schiemann, in: Staudinger, § 254 BGB Rdn. 75. 1714  BGH NJW 2006, 1426, 1428; NJW-RR 2008, 347; 349; OLG München NJW-RR 2011, 1039.

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

einzelne Schadenspositionen nicht erkennbar sind.1715 Ob ein ungewöhnlich hoher Schaden droht, kann daher nur unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. Dabei ist auf die Sicht des Schädigers abzustellen.1716 Es ist also in jedem Einzelfall zu entscheiden, ob ein ungewöhnlich hoher Schaden droht. Bei der gewerblichen Prozessfinanzierung wird man diese Voraussetzung in der Regel bejahen können. Dafür sprechen vor allem zwei Gründe: Zum einen ist zu berücksichtigen, in welcher Höhe Schäden erfahrungsgemäß und nicht nur selten auftreten.1717 Wie den im ersten Teil dieser Abhandlung getätigten rechtstatsächlichen Ausführungen zu entnehmen ist, ist die gewerbliche Prozessfinanzierung noch nicht so weit verbreitet, dass im konkreten Fall grundsätzlich mit der Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens gerechnet werden muss.1718 Zum anderen werden die Kosten der Rechtsverfolgung durch die Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens tatsächlich deutlich erhöht. Zu den „normalen“ Kosten, wie z. B. den Gerichts-, Anwalts- oder Beweiskosten, kommt noch das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar hinzu. Mithin wird die Voraussetzung der möglichen Entstehung eines ungewöhnlich hohen Schadens zumeist erfüllt sein. b) Erkennbarkeit des Schadenseintritts für den Geschädigten Das Unterlassen der Warnung muss auf Vorsatz oder Fahrlässigkeit beruhen.1719 Demgemäß muss der Geschädigte selbst den Schaden voraussehen können.1720 Dies gilt nicht nur für die Höhe des Schadens, sondern auch für das eventuelle Drohen seines Eintritts.1721 Bei den Prozessfinanzierungskosten handelt es sich um einen Aufwendungsschaden, also um einen Schaden, der durch das eigenverantwortliche Handeln des Anspruchsinhabers entstanden ist. Der Anspruchsinhaber hat den Eintritt des Schadens somit „in der Hand“. Allerdings stellen sich hier zwei Probleme: 1715  Oetker, in: Müko/BGB, § 254 BGB Rdn.  71; Schiemann, in: Staudinger, § 249 BGB Rdn. 75. 1716  BGH NJOZ 2006, 4472, 4475. 1717  BGH NJOZ 2006, 4472, 4475. 1718  Die Prüfung der Adäquanz ist zwar zu einem anderen Ergebnis gelangt. Dies hängt jedoch mit dem dort anzuwendenden Prüfungsmaßstab eines optimalen bzw. erfahrenen Beobachters zusammen. 1719  RGZ 54, 407, 411; Oetker, in: Müko/BGB, § 254 BGB Rdn. 70; Schiemann, in: Staudinger, § 254 BGB Rdn. 76. 1720  Schiemann, in: Staudinger, § 254 BGB Rdn. 76; RGZ 54, 407, 411. 1721  Schiemann, in: Staudinger, § 254 BGB Rdn. 76; BGH VersR 1964, 950, 951.



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage509

Zum einen ist fraglich, zu welchem Zeitpunkt der Schadenseintritt für den Geschädigten erkennbar ist. Ist der Schadenseintritt dem Geschädigten bereits erkennbar, wenn er eine Prozessfinanzierungsanfrage stellt oder erst nach Erhalt der Finanzierungszusage vom Prozessfinanzierungsunternehmen? Berücksichtigt man die hohe Ablehnungsquote der Prozessfinanzierungs­ anfragen,1722 dürfte es zu weitgehend sein, eine Warnpflicht des Anspruchsinhabers schon vor der Finanzierungsanfrage anzunehmen. Stellt der Anspruchsinhaber eine Finanzierungsanfrage bei einem Prozessfinanzierungsunternehmen muss er noch nicht damit rechnen, dass es zum Abschluss eines Prozessfinanzierungsvertrages kommt. Zu diesem Zeitpunkt ist die Gefahr des Schadenseintritts durch das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar für ihn also noch nicht erkennbar. Allerdings ist es auch nicht praktikabel, erst kurz vor Abschluss des Prozessfinanzierungsvertrages von der Erkennbarkeit der Gefahr durch den Anspruchsinhaber auszugehen. Betrachtet man den – bereits vorgestellten1723 – typischen Ablauf einer Prozessfinanzierung, bietet sich vielmehr ein anderer Zeitpunkt an: Typischerweise stellt der Anspruchsinhaber zunächst eine Finanzierungsanfrage. Die Juristen des Prozessfinanzierungsunternehmens prüfen diese und übersenden bei positiver Einschätzung dem Anspruchsinhaber einen Prozessfinanzierungsvertrag, den dieser unterzeichnet an das Prozessfinanzierungsunternehmen zurücksenden muss. Dann erfolgt eine zweite Prüfung durch das Prozessfinanzierungsunternehmen. Geht das Prozessfinanzierungsunternehmen von einem wahrscheinlichen Erfolg aus, übersendet es den unterschriebenen Prozessfinanzierungsvertrag als bindende Finanzierungszusage an den Anspruchsinhaber zurück.1724 Für den Anspruchsinhaber ist die Gefahr des Schadenseintritts also dann konkret erkennbar, wenn er den Prozessfinanzierungsvertrag und damit eine erste positive Einschätzung der Erfolgsaussichten durch das Prozessfinanzierungsunternehmen erhalten hat und diesen Vertrag an das Prozessfinanzierungsunternehmen unterzeichnet zurücksenden soll. Zudem bindet er sich selbst mit Unterzeichnung des Prozessfinanzierungsvertrages an das Prozessfinanzierungsunternehmen und kann nicht mehr ohne Zutun des Prozessfinanzierungsunternehmens von dem Abschluss eines Prozessfinanzierungsvertrages absehen. Mithin muss der Anspruchsinhaber vor Unterzeichnung und Rücksendung des Prozessfinanzierungsvertrages an das Prozessfinanzierungsunternehmen den Anspruchsgegner vor der Gefahr des Eintritts eines hohen Schadens 1722  Siehe

dazu die Ausführungen im ersten Teil dieser Abhandlung. dazu 1. Teil, 2. Kapitel, A.II. 1724  Siehe beispielsweise zur typischen Vorgehensweise bei der Prozessfinanzierung zudem https://www.legial.de/prozessfinanzierung/anwalt/vorgehensweise-pro zessfinanzierung.html – letzter Abruf am 15. Juli 2016. 1723  Siehe

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

warnen.1725 Eine solche Beurteilung steht auch mit dem Ziel des § 254 Abs. 2 S. 1 BGB in Einklang. Ziel dieser Vorschrift ist es, den Eintritt eines Schadens zu verhindern, indem der anderen Seite, also dem Schädiger, die Möglichkeit eingeräumt wird, entsprechende Gegenmaßnahmen zu treffen. Streng genommen weist § 254 Abs. 2 S. 1 BGB also einen präventiven Charakter auf. Wird der Anspruchsgegner darüber informiert, dass der Anspruchsinhaber einen Prozessfinanzierungsvertrag abzuschließen gedenkt und bereits eine erste positive Einschätzung der Erfolgsaussichten durch das Prozessfinanzierungsunternehmen erhalten hat, könnte er dazu veranlasst sein, den Anspruch entweder zu erfüllen oder bei Vorliegen rechtlicher Zweifel dem Anspruchsinhaber beispielsweise anzubieten, die Vorfinanzierung der Rechtsdurchsetzung zu übernehmen. Auf diese Art und Weise würde eine Erweiterung des ursprünglichen Restitutionsbedarfs durch die Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens verhindert werden. Zum anderen stellt sich die Frage, wie es sich auswirkt, dass das Entstehen des Anspruchs auf Zahlung des Erfolgshonorars bedingt durch die erfolgreiche Durchsetzung der Forderung ist. Ist die Gefahr des Eintritt eines hohen Schadens für den Anspruchsinhaber erkennbar, obwohl das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar nur dann entsteht, wenn sowohl das Gerichts- also auch das eventuell erforderlich Zwangsvollstreckungsverfahren erfolgreich waren – die Forderung also durchgesetzt werden konnte? Hier ist wiederum auf das Ziel des § 254 Abs. 2 S. 1 BGB hinzuweisen, den Eintritt eines Schadens zu verhindern, indem dem Schädiger die Möglichkeit eingeräumt wird, entsprechende Gegenmaßnahmen zu treffen. Dies spricht dafür, an die Erkennbarkeit der Gefahr des Eintritts eines Schadens keine übertriebenen Anforderungen zu stellen, sondern von einer solchen auch dann auszugehen, wenn der Geschädigte die Auswirkungen der Gefahr noch nicht genau einschätzen kann. Die Warnung des Geschädigten muss dann die ihm bekannten Informationen enthalten.1726 Dem Schädiger ist es dann möglich, geeignete Gegenmaßnahmen zu ergreifen und den Eintritt des Schadens zu verhindern. Es ist also abschließend festzustellen, dass die Obliegenheit zur Warnung nicht deshalb entfällt, weil eine exakte Präzisierung des drohenden Schadens nicht möglich ist.1727 In dem hier zu untersuchenden Sachverhalt dürfte es als ausreichend anzusehen sein, wenn der Anspruchsinhaber darauf hinweist, dass er einen Prozessfinanzierungsvertrag abzuschließen gedenkt. 1725  Eventuell müssten die Prozessfinanzierungsunternehmen ihre vertraglichen Bestimmungen zur Schweigepflicht (etwa § 11 des als Anhang beigefügten Prozessfinanzierungsvertrages der LEGIAL AG) entsprechend modifizieren. 1726  Oetker, in: Müko/BGB, § 249 BGB Rdn.  74. 1727  Oetker, in: Müko/BGB, § 249 BGB Rdn.  74.



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage511

c) Nichterkennbarkeit des Schadens für den Schädiger Der Geschädigte muss den Schädiger dann nicht gem. § 254 Abs. 2 S. 1 BGB warnen, wenn der Schaden für diesen erkennbar war bzw. dieser ihn erkennen musste.1728 In einem solchen Fall würde es an der Kausalität des Mitverschuldens fehlen.1729 Es bedarf also keiner Warnung gem. § 254 Abs. 2 S. 1 BGB, wenn Schädiger und Geschädigter über gleich gute Erkenntnismöglichkeiten verfügen.1730 Wie bereits ausgeführt, entsteht der durch die Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens entstehende Schaden nicht unmittelbar durch das Handeln des Anspruchsgegners, sondern erst durch ein selbstschädigendes Handeln des Anspruchsinhabers. Zwar wird ein Anspruchsgegner bei bestimmten Konstellationen immer das Bestehen eines Rechtsdurchsetzungsdefizits beim Anspruchsinhaber einkalkulieren.1731 Ob die finanzielle Ausstattung des Anspruchsinhabers im Einzelfall jedoch die Übertragung der mit der Rechtsverfolgung verbundenen Kosten auf einen Dritten tatsächlich gebietet, ist für den Anspruchsgegner nicht ohne Weiteres erkennbar. Vielmehr handelt es sich dabei um eine Angelegenheit aus der Sphäre des Anspruchsinhabers. Im Ergebnis ist festzustellen, dass die mit der Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens entstehenden Kosten in der Regel für den Anspruchsinhaber im konkreten Einzelfall nicht erkennbar waren und dieser sie auch nicht erkennen musste.1732 d) Entfallen der Warnpflicht wegen Aussichtslosigkeit Zuletzt ist noch zu prüfen, ob die Warnpflicht eventuell entfallen könnte. Dies ist immer dann der Fall, wenn die Warnung aussichtslos erscheint.1733 Eine Warnung erscheint dann als aussichtslos, wenn es dem Schädiger von vornherein nicht möglich ist, Gegenmaßnahmen zu ergreifen1734 oder der Schädiger die Warnung nicht beachtet hätte.1735 Ein Indiz für Letzteres ist NJW 2006, 1426, 1427; Oetker, in: Müko/BGB, § 254 BGB Rdn.  72. NJW 2006, 1426, 1427. 1730  Grüneberg, in: Palandt, § 254 BGB Rdn. 37; Oetker, in: Müko/BGB, § 254 BGB Rdn. 72. 1731  Siehe dazu die Ausführung der ökonomischen Analyse. 2. Teil, 3. Kapitel, D. 1732  Bei der Adäquanz ging es im Gegensatz dazu um die Frage, ob die Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens eine so ungewöhnliche, überraschende Folge ist, dass der Anspruchsgegner mit dieser im Allgemeinen nicht rechnen musste. 1733  Schiemann, in: Staudinger, § 254 BGB Rdn. 78. 1734  BGH VersR 1996, 380, 381; Grüneberg, in: Palandt, § 254 BGB Rdn. 37; Oetker, in: Müko/BGB, § 254 BGB Rdn.  73. 1735  Oetker, in: Müko/BGB, § 254 BGB Rdn.  73; Schiemann, in: Staudinger, § 254 BGB Rdn. 78; Grüneberg in Palandt, § 249 BGB Rdn. 37. 1728  BGH 1729  BGH

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

es, wenn der Schädiger die Verpflichtung noch im Prozess bestreitet.1736 Erscheint eine Warnung als aussichtslos, muss der Geschädigte geltend machen, dass diese nichts genützt hätte.1737 Allerdings trägt er hierfür auch die Beweislast.1738 Es ist also in jedem Fall auch unter diesem Aspekt zu untersuchen, ob der Anspruchsinhaber den Anspruchsgegner vor der Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens und auf den damit verbundenen hohen Schaden hinweisen muss. Dabei sind vor allem zwei Aspekte zu untersuchen: Zum einen soll die Warnung dem Schädiger Gelegenheit geben, Gegenmaßnahmen zu ergreifen.1739 Sind derartige Maßnahmen nicht möglich, kann die Warnung entfallen, weil sie ihren Zweck nicht erreichen kann.1740 Hieraus ergibt sich die Frage, ob eine Warnung deshalb entfallen könnte, weil der Anspruchsgegner eventuell von vornherein keine adäquate Maßnahme gegen die Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens durch den Anspruchsinhaber ergreifen kann. Allerdings gelangt man bei weiteren Überlegungen zu dem Schluss, dass es dem Anspruchsgegner durchaus möglich ist, entsprechende Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Zum einen könnte er – wie bereits ausgeführt – den berechtigen Anspruch erfüllen und somit einen Prozess verhindern. Hat der Anspruchsgegner rechtliche oder tatsächliche Zweifel bezüglich des Anspruches und möchte eine gerichtliche Klärung herbeiführen, könnte er beispielsweise mit dem Anspruchsinhaber vereinbaren, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt und die Gerichtskosten zwischen den Parteien aufgeteilt werden. So ist das Prozessrisiko für beide Seiten niedriger und besser kalkulierbar. Zudem könnte er dem Anspruchsinhaber auch vorschlagen, die Vorfinanzierung der Rechtsdurchsetzungskosten zu übernehmen. Zum anderen könnte der Anspruchsinhaber vortragen, eine Warnung hätte deshalb nichts genützt, weil der Anspruchsgegner die Warnung nicht beachtet hätte. Eine derartige Konstellation ist im Einzelfall durchaus denkbar. Allerdings muss dies vom Anspruchsinhaber dargelegt und bewiesen werden.

DB 1956, 110; Schiemann, in: Staudinger, § 254 BGB Rdn. 78. in: Staudinger, § 254 BGB Rdn. 78. 1738  Schiemann, in: Staudinger, § 254 BGB Rdn. 73; Oetker, in: Müko/BGB, § 254 BGB Rdn. 73. Siehe die allgemeinen Ausführungen und Nachweise zur Beweislast in 3. Teil, 2. Kapitel, G.I. 1739  BGH NJW 2006, 1426, 1427; NJW-RR 2006, 1108, 1110. 1740  BGH VersR 1996, 380, 381; Grüneberg, in: Palandt, § 249 BGB Rdn. 37. 1736  BGH

1737  Schiemann,



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage513

e) Ergebnis In der Regel werden die Voraussetzungen der Warnpflicht des § 254 Abs. 2 S. 1 BGB erfüllt sein, sodass der Anspruchsinhaber den Anspruchsgegner entsprechend warnen muss. 2. Art und Weise der Warnung Abschließend ist noch kurz auf Art und Weise der Warnung einzugehen. Diese bedarf keiner Form.1741 Wie genau gewarnt werden muss, ergibt sich aus den Umständen.1742 Der Geschädigte müsse in dieser Warnung zwar nicht auf die drohende Schadensersatzpflicht hinweisen. Jedoch müsse der Geschädigte den im Einzelfall konkret drohenden Schaden näher bezeichnen.1743 In der Regel wird es genügen, wenn der Anspruchsinhaber den Anspruchsgegner darüber informiert, dass er einen Prozessfinanzierungsvertrag abzuschließen gedenkt und sich die Rechtsverfolgungskosten um das Erfolgshonorar erhöhen könnten. Dabei hat der Anspruchsinhaber die Höhe des Erfolgshonorars anzugeben. Auf die Einzelheiten des Instituts der Prozessfinanzierung bzw. des Prozessfinanzierungsvertrages muss er nicht eingehen. Ist der Geschädigte eine Privatperson, die nicht anwaltlich vertreten ist, obliegt es dieser sich über das Instrument der Prozessfinanzierung allein zu informieren. Bei anwaltlich vertretenen Anspruchsgegnern, Behörden bzw. großen Unternehmen ist davon auszugehen, dass diesen die Möglichkeit der gewerblichen Prozessfinanzierung bekannt ist. Gerade gegenüber einer Behörde kann jedoch davon ausgegangen werden, dass schon der „bloße Hinweis auf das Drohen eines hohen Schadens ausreicht, die Behörde von der Verletzung weiterer Amtspflichten abzuhalten“.1744 3. Ergebnis In der Regel werden die Voraussetzungen der Warnpflicht des § 254 Abs. 2 S. 1 BGB erfüllt sein, sodass der Anspruchsinhaber den Anspruchsgegner entsprechend warnen muss. Dabei wird es grundsätzlich genügen, wenn der Anspruchsinhaber den Anspruchsgegner darüber informiert, dass er einen Prozessfinanzierungsvertrag abzuschließen gedenkt. Dabei muss er die Höhe des Erfolgshonorars angeben. 1741  Oetker,

in: Müko/BGB, § 254 BGB Rdn.  74. in: Staudinger, § 254 BGB Rdn. 77. 1743  BGH VersR 1960, 526, 527; Mertens, in: Soergel, § 254 BGB Rdn. 66; Oetker, in: Müko/BGB, § 254 BGB Rdn. 74. 1744  BGH VersR 1965, 484, 488; Schiemann, in: Staudinger, § 254 BGB Rdn. 77. 1742  Schiemann,

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

III. Abschluss einer Versicherung Des Weiteren ist zu untersuchen, ob der Anspruchsgegner dem Anspruchsinhaber entgegenhalten kann, dass diesen ein Mitverschulden gem. § 254 BGB treffe, weil er sich den Zugang zum Recht „ökonomisch vernünftig“1745 durch den Abschluss einer kostengünstigeren Rechtsschutzversicherung hätte absichern können. Die Erstattungsfähigkeit würde dazu führen – so wird argumentiert –, dass eine weniger vorausschauend handelnde Person durch die Erstattungsfähigkeit eines Erfolgshonorars belohnt werden würde.1746 Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen der Nichtabschluss einer Versicherung dem Geschädigten nach § 254 BGB entgegengehalten werden kann, wurde bislang nur wenig erörtert.1747 Ausführlich haben sich Fuchs1748 und v. Bar1749 mit dieser Problematik befasst.1750 Andere Autoren haben diese Frage zumindest „am Rande“ erörtert.1751 Die Rechtsprechung musste sich bei bestimmten Fallgruppen mit dem Argument der Versicherbarkeit auseinandersetzen.1752 Fuchs und v. Bar vertreten die Auffassung, dass der Anspruchsgegner dem Anspruchsinhaber die unterbliebene Versicherung eines versicherbaren typischen Risikos unter Umständen entgegenhalten könne. Dabei soll zum einen zu berücksichtigen sein, ob sich der Geschädigte einfacher und preiswerter als der Schädiger gegen ein bestimmtes Risiko versichern lassen könne. Zum anderen sei zu beurteilen, ob dem Schädiger der Abschluss einer solchen Versicherung zumutbar sei. Zuletzt sei zu fragen, ob der Abschluss einer solchen Versicherung üblich sei – man im Rechtsverkehr also erwarten dürfe, dass der jeweils andere versichert sei.1753 Fuchs verweist in seinen Ausführungen auf Ehrenzweig, der den Gedanken einer „assurabiliteé oblige“ bereits in den 1950er Jahren diskutiert hatte, und zwar als Reaktion auf Entscheidungen amerikanischer Gerichte. Diese hatten die Haftung eines Fabrikanten allein darauf gestützt, dass dieser sich durch den Abschluss einer Versicherung gegen die Folgen der 1745  Kilian, Der Erfolg und die Vergütung des Rechtsanwalts, S. 431 (für das anwaltliche Erfolgshonorar). 1746  Kilian, Der Erfolg und die Vergütung des Rechtsanwalts, S. 431 (für das anwaltliche Erfolgshonorar). 1747  Looschelders, Mitverantwortlichkeit, S. 482. 1748  Fuchs, S.  318 ff. 1749  von Bar, S.  293 ff. 1750  Fuchs, 339 ff. 1751  Looschelders, Mitverantwortlichkeit, S. 482. 1752  BGH NJW 1972, 1363 f.; 1979, 643, 644; 1980, 1681, 1682 f. 1753  Fuch, S.  339 ff.



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage515

eingetretenen Gefahr hätte schützen können.1754 Für den Einwand der Versicherbarkeit sprächen ökonomische Erwägungen. Wenn eine Selbstversicherung des Geschädigten praktikabler, kostengünstiger oder gerechter sei, müsse – so v. Bar  – das Haftungsrecht dies berücksichtigen und einen Anspruch auf Schadensersatz verwehren.1755 Des Weiteren spreche das unsere Rechtsordnung beherrschende – bereits besprochene1756 – Eigenverantwortlichkeitsprinzip dafür, die Möglichkeit der Versicherbarkeit im Rahmen des Schadensrechts zu bedenken.1757 Zudem werde auf diesem Wege der Überlagerung des Schadensrechts durch die „Weiterwälzung“ des Schadens auf Solidargemeinschaften Rechnung getragen. Eine kollektive Schadensverteilung sei – so Fuchs – außerdem als ein erstrebenswertes Ziel einer gerechten Schadensverteilung anzusehen.1758 Der soeben vorgetragenen Auffassung ist insoweit zuzustimmen, dass der Einwand der fehlenden Versicherung immer dann Erfolg hat, wenn eine gesetzlich angeordnete Versicherungspflicht besteht oder eine Pflicht zur Versicherung als vertragliche Verpflichtung anzusehen ist, „weil eben der Vertragspartner darauf vertrauen durfte, dass im Hinblick auf das verwirklichte Risiko Vorsorge getroffen wurde“.1759 Aber darüber hinaus ist es zu weitgehend, von dem Vorhandensein einer Obliegenheit auszugehen, „die eigenen Rechtsgüter durch Abschluss einer Versicherung vor Fremdschädigungen zu schützen, sofern das in Frage stehende Risiko durch den Inhaber der Rechtsgüter einfacher oder billiger als durch den potentiellen Schädiger versichert werden kann“.1760 Unsere Rechtsordnung kennt keine allgemeine Obliegenheit „gegenüber potentiellen Schädigern, die eigenen Rechtsgüter im Hinblick auf mögliche schädigende Ereignisse zu versichern“.1761 Vielmehr handle der Geschädigte – sofern weder eine vertragliche noch eine gesetzliche Versicherungspflicht bestehe – nur im eigenen Interesse, wenn er eine Versicherung zum Schutz seiner Rechtsgüter abschließe.1762 Sach-, Lebens-, Unfall- oder Krankenversicherungen komme nämlich nicht die Funktion zu, potentielle Schädiger vor einer Belastung mit etwaigen Schadensersatzansprüchen zu schützen.1763 1754  Ehrenzweig,

S.  256 f. Bar, S. 326. 1756  3. Teil, 2. Kapitel, C.IV.4. 1757  Fuchs, S. 340. 1758  Fuchs, S. 340. 1759  Fuchs, S. 331. 1760  Looschelders, Mitverantwortlichkeit, 1761  Looschelders, Mitverantwortlichkeit, 1762  Looschelders, Mitverantwortlichkeit, 1763  Looschelders, Mitverantwortlichkeit, 1755  von

S. 483. S. 483. S. 483. S. 483.

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

Zudem komme der Abschluss einer Versicherung – auf diesen Aspekt weist Looschelders hin – dem Schädiger oftmals nicht einmal zugute. Im Anwendungsbereich des § 67 Abs. 1 VVG gehe der Schadensersatzanspruch des Geschädigten im Wege der cessio legis auf den Versicherer über. Außerhalb des Anwendungsbereichs dieser Versicherung müsse sich der Geschädigte die Versicherungsleistung nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung nicht auf seinen Schadensersatzanspruch anrechnen lassen.1764 Komme der Abschluss einer Versicherung durch den Geschädigten dem Schädiger jedoch überhaupt nicht zugute – so Looschelders weiter –, könne der Nichtabschluss der Versicherung auch nicht als Verletzung der Schadensminderungspflicht betrachtet werden.1765 Nicht zuletzt spricht gegen eine Berücksichtigung der Versicherbarkeit eines Risikos als Mitverschulden – darauf weist selbst Fuchs hin – der Wortlaut des § 254 Abs. 2 BGB, da es sich hierbei weder um eine Maßnahme der Schadensabwendung noch der Schadensminderung handelt.1766 Selbst wenn man der Auffassung von Fuchs und v. Bar im Allgemeinen zustimmen würde, wäre es fraglich, ob es sich bei einem Rechtsstreit um ein typisches Risiko handelt bzw. der Abschluss einer Rechtsschutzversicherung üblich ist. Dies zeigen schon die statistischen Auswertungen, aus denen hervorgeht, dass nur ein geringer Teil der Bevölkerung über eine Rechtsschutzversicherung verfügt.1767 Zudem ist an dieser Stelle noch einmal darauf hinzuweisen, dass es überhaupt nicht möglich ist, sich gegen alle rechtlichen Risiken abzusichern, weil diese nicht von der Rechtsschutzversicherung umfasst sind.1768 Im Ergebnis ist also festzustellen, dass der Anspruchsgegner dem Anspruchsinhaber nicht den Einwand des Mitverschuldens gem. § 254 Abs. 2 BGB entgegenhalten kann, dass dieser keine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen habe. IV. Ergebnis und Rechtsfolgen Dem Mitverschulden gem. § 254 BGB kommt eine hohe Relevanz bei der Prüfung der Frage zu, ob dem Anspruchsinhaber gegenüber dem Anspruchsgegner ein Anspruch auf Erstattung der Kosten der Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens aus Verzug gem. § 280  Abs. 1, Abs. 2, 1764  Looschelders, 1765  Looschelders, 1766  Fuchs,

Mitverantwortlichkeit, S. 483; Lange/Schiemann, S. 521. Mitverantwortlichkeit, S. 483.

S. 340. dazu die Ausführungen in 1. Teil, 1. Kapitel, B.II.1. 1768  Siehe dazu die Ausführungen in 1. Teil, 1. Kapitel, B.II.2. 1767  Siehe



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage517

286 BGB zusteht. Gemäß der im Rahmen dieser Abhandlung vertretenen Auffassung hinsichtlich der Abgrenzung des Anwendungsbereichs des Mitverschuldens gem. § 254 BGB von dem des Zurechnungskriteriums der Erforderlichkeit ist im Rahmen des Mitverschuldens lediglich noch zu prüfen, ob der Anspruchsinhaber Handlungen und Unterlassungen vorgenommen hat, „die eine Schadensexpansion zulassen und dadurch den ursprünglichen primären Restitutionsbedarf erweitern“.1769 Dabei ist vor allem zu prüfen, ob der Anspruchsinhaber den Anspruchsgegner gem. § 254 Abs. 2 S. 1 BGB vor der Gefahr eines ungewöhnlichen hohen Schadens durch die Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens hätte warnen müssen. Die Voraussetzungen dieser Warnpflicht werden meist erfüllt sein, sodass es in der Regel einer entsprechenden Warnung bedarf. Keinen Erfolg wird der Anspruchsgegner mit der Einwendung haben, den Anspruchsinhaber treffe ein Mitverschulden, weil er sich durch den Abschluss einer Rechtsschutzversicherung vor den nachteiligen wirtschaftlichen Auswirkungen einer etwaig notwendig werdenden Rechtsverfolgung hätte schützen können. Wird ein Mitverschulden des Geschädigten gem. § 254 BGB festgestellt, ist der Umfang der Schadensersatzpflicht im Wege der Abwägung zu ermitteln. Dabei sind die einzelnen Verursachungsbeiträge zu würdigen.1770 Insbesondere ist zu berücksichtigen, mit welchem Wahrscheinlichkeitsgrad die Beiträge von Schädiger und Geschädigten zur Herbeiführung des Schadens geeignet sind.1771 Zudem ist das Maß des Verschuldens der Beteiligten bei der Abwägung zu berücksichtigen.1772 Rechtsfolge des § 254 BGB kann eine Teilung nach Quoten sein. Möglicherweise kann die Abwägung jedoch zu dem Ergebnis kommen, dass der Schaden dem Schädiger oder Geschädigten voll aufzuerlegen ist.1773 Bei dem Mitverschulden gem. § 254 BGB handelt es sich um eine Einwendung. Das Gericht hat das Mitverschulden also dann zu berücksichtigen, wenn von einer Partei entsprechende Tatsachen vortragen werden.1774

1769  Fricke,

S. 967. in: Staudinger, § 254 BGB Rdn. 111 ff.; Schulze, in: Schulze, § 254 BGB Rdn. 10. 1771  BGH NJW 1998, 1138; Schulze, in: Schulze, § 254 BGB Rdn. 10. 1772  Schulze, in: Schulze, § 254 BGB Rdn. 10. 1773  BGH NJW 1998, 1137, 1138; Schiemann, in: Staudinger, §  254 BGB Rdn. 111; Schulze, in: Schulze, § 254 BGB Rdn. 10. 1774  BGH NJW 1991, 166 167; 2000, 217, 219; Oetker, in: Müko/BGB, § 254 BGB Rdn. 143; Grüneberg, in: Palandt, § 254 BGB Rdn. 72. 1770  Schiemann,

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

F. Art und Weise des Schadensersatzes Des Weiteren ist zu klären, in welcher Form der Anspruchsgegner den Schadensausgleich herbeizuführen hat. I. Naturalrestitution und Kompensation als Formen des Schadensausgleichs Für die Herbeiführung des Schadensausgleichs sind grundsätzlich zwei Wege denkbar, und zwar zum einen die Naturalrestitution gem. § 249 Abs. 1 BGB, „durch die das verletzte Rechtsgut bzw. die Gesamtheit der Rechtsgüter in ihrem konkreten Bestand in die hypothetisch ohne das Schadensereignis bestehende Situation versetzt“1775 werden soll und zum anderen die Schadenskompensation gem. § 251 BGB. Ziel dieser ist es, „die Minderung des Gesamtvermögens im Wege einer dem Wertverlust entsprechenden Geldzahlung“1776 zu beseitigen. Von diesen beiden Formen des Schadensausgleichs kommt der Naturalrestitution der Vorrang zu.1777 Die Schadenskompensation ergänzt die Naturalrestitution lediglich und greift nur dann ein, wenn die Naturalrestitution nicht möglich oder ungenügend ist.1778 Dies bedeutet, dass zunächst einmal zu prüfen ist, ob ein Ausgleich der dem Anspruchsinhaber durch die Einschaltung des Prozessfinanzierungsunternehmens entstandenen Nachteile im Wege der Naturalrestitution möglich ist. II. Befreiung von einer Verbindlichkeit als Form der Naturalrestitution gem. § 249 Abs. 1 BGB Tatsächlich kommt eine Naturalrestitution gem. § 249 Abs. 1 BGB in Betracht, und zwar als Anspruch des Anspruchsinhabers auf Befreiung von 1775  Picker,

S. 42. S.  42 f. 1777  Picker, S. 44. 1778  Dies ergibt sich aus dem Wortlaut und der Systematik des Gesetzes: Gem. § 249 Abs. 1 S. 1 BGB ist der Schädiger verpflichtet, den hypothetisch schadensfreien Zustand tatsächlich herzustellen. Nur wenn die Herstellung nicht möglich oder zur Entschädigung des Gläubigers nicht ausreichend ist, besteht gem. § 251 Abs. 1 BGB ein Anspruch des Geschädigten auf Schadenskompensation. Siehe ausführlich dazu Picker, S. 44 ff. Es soll hier nur noch darauf hingewiesen werden, dass – so Picker mit Verweis auf die historischen Quellen – das Rangverhältnis auf einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers beruht. Dieser wollte – so Picker, S. 45, – „auf diese Weise eine im Vergleich zum Wertersatz als rein wirtschaftlichem Ausgleich weitergehende Befriedigung der Bedürfnisse des Gläubigers etablieren und gerade auch die ideellen, nicht vermögensmäßigen Interessen des Geschädigten wahren.“ 1776  Picker,



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage519

der gegenüber dem Prozessfinanzierungsunternehmen durch den Abschluss des Prozessfinanzierungsvertrages begründeten Verbindlichkeit hinsichtlich des Erfolgshonorars. Unter einem Befreiungsanspruch ist das Recht zu verstehen, von einem anderen die Befreiung von einer Verbindlichkeit verlangen zu können.1779 Der Befreiungsanspruch wird also dadurch charakterisiert, dass dessen Inhaber – der Befreiungsgläubiger – einer Verbindlichkeit ausgesetzt ist und von einem anderen – dem Befreiungsschuldner – verlangen kann, ihn von dieser zu befreien. Zumeist handelt es sich um eine Verbindlichkeit gegenüber einem Dritten – dem Drittgläubiger –, sodass in den meisten Fällen drei Personen beteiligt sind.1780 Bei einem Befreiungsanspruch handelt es sich nicht um einen Zahlungsanspruch. Gegenstand ist vielmehr die Vornahme einer vertretbaren Handlung.1781 Der Befreiungsgläubiger könne also keine Zahlung des zur Erfüllung des Anspruches notwendigen Geldbetrages an sich oder an den Dritten verlangen, sondern nur die Beseitigung der sein Vermögen belastenden Verbindlichkeit gegenüber dem Dritten.1782 Dies entspreche dem Wortlaut der §§ 257 S. 1, 738 Abs. 1 S. 2, 775 Abs. 1 BGB. Dort sei von „Befreiung“ die Rede.1783 Es obliegt der Entscheidung des Befreiungsschuldners, auf welche Art und Weise er den Befreiungsgläubiger von dessen Verbindlichkeit gegenüber dem Drittgläubiger befreien will. Naheliegend ist eine Leistung an den Drittgläubiger, durch die dessen Forderung gem. §§ 267, 362 Abs. 1 BGB getilgt wird. Denkbar ist jedoch auch der Abschluss eines Erlassvertrages mit dem Drittgläubiger gem. § 397 BGB oder eine befreiende Schuldübernahme gem. §§ 414 ff. BGB.1784 Es bleibt zu klären, ob ein Befreiungsanspruch als Schadensersatzanspruch denkbar ist. Dies wird einhellig in Rechtsprechung und Literatur angenommen.1785 Ein Befreiunganspruch könne seine Rechtsgrundlage in allen denkbaren Rechtsbeziehungen haben.1786 Mithin entspricht es herrschender Auffassung, dass schon die Belastung des Vermögens des Anspruchsinhabers mit einer Verbindlichkeit einen Schaden darstellt und sich 1779  Kliege,

S. 2.; Wilhelm, Birgit, S. 353. S. 5. Befreiungsschuldner und Drittgläubiger können allerdings auch

1780  Görmer,

identisch sein. 1781  Bischoff, Georg, S. 237. 1782  Görmer, S. 24. 1783  Görmer, S. 24. 1784  Görmer, S.  25 f. 1785  BGH VersR 1972, 1051 f.; NJW 1992, 2221, 2222; Zahn, S. 627; Kliege, S. 5.; Wilhelm, Birgit, S. 354; Görmer, S. 13. 1786  Kliege, S. 3.

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

daraus ein schadensersatzrechtlicher Befreiungsanspruch ergeben kann.1787 Besteht der Schaden des Geschädigten in einer Belastung des Vermögens mit einer Verbindlichkeit, ist der Schadensersatzanspruch gemäß den vorstehend dargestellten Grundsätzen der Naturalrestitution zunächst auf Befreiung von dieser Verbindlichkeit gerichtet, d. h. „auf Beseitigung des auf dem Vermögen des Geschädigten lastenden Passivums“.1788 Der Geschädigte ist also so zu stellen, wie er ohne die Belastung mit der Verbindlichkeit stünde. Mithin ist er vom Risiko der Inanspruchnahme zu befreien.1789 Mit einem solchen Befreiungsanspruch werden die Interessen von Geschädigtem und Schädiger auch angemessen berücksichtigt. Dem Geschädigten sei, – so Muthorst  – mit jeder Handlung geholfen, durch die die eingegangene Verbindlichkeit das eigene Vermögen nicht weiter belaste.1790 Der Schädiger könne hingegen selbst wählen, auf welchem Weg er den Geschädigten von dessen Verbindlichkeit befreien möchte.1791 Resümierend ist festzustellen, dass der Anspruchsinhaber gegenüber dem Anspruchsgegner als Schadensersatz geltend machen kann, ihn im Wege der Naturalrestitution gem. § 249 Abs. 1 BGB von der gegenüber dem Prozessfinanzierungsunternehmen durch den Abschluss des Prozessfinanzierungsvertrages eingegangen Verbindlichkeit hinsichtlich des Erfolgshonorars zu befreien. III. Übergang des schadensersatzrechtlichen Befreiungsanspruchs in einen Zahlungsanspruch Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass es sich bei einem Befreiungsanspruch nicht um einen Zahlungsanspruch handelt und der Befreiungsgläubiger mithin keine Zahlung des zur Tilgung seiner Verbindlichkeit erforderlichen Geldbetrages an sich verlangen kann. Allerdings kann der schadensersatzrechtliche Befreiungsanspruch in einen Zahlungsanspruch übergehen. Dies ist auf zwei Wegen möglich: Zum einen ist die Regelung des § 250 S. 2 BGB zu beachten. Danach geht der schadensersatzrechtliche Befreiungsanspruch in einen Zahlungsanspruch an den bisherigen Freistellungsgläubiger über, wenn der Geschädigte erfolglos eine Frist zur Herstellung mit Ablehnungsandrohung gesetzt hat. Zum anderen geht der schadensersatzrechtliche Befreiungsanspruch auch dann in einen Zahlungsanspruch über, wenn der Befreiungsgläubiger selbst an den Drittgläubiger leistet und 1787  Görmer,

S. 13; Zahn, S. 627. S. 13; siehe auch BGH NJW 1985, 1152, 1154. 1789  Görmer, S.  27 f. 1790  Muthorst, S. 215; siehe auch Gerhardt, S.  9 f. 1791  Muthorst, S. 215; Gerhardt, S.  9 f. 1788  Görmer,



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage521

die Verbindlichkeit somit erfüllt.1792 Der Befreiungsanspruch wird dann zu einem Zahlungsanspruch. Die Erhöhung der Passiva – so Zahn – werde also durch eine Verminderung der Aktiva ersetzt.1793 Dabei ist allerdings zu beachten, dass der Befreiungsgläubiger sich bei einer solchen Vorgehensweise eventuell dem Befreiungsschuldner gegenüber schadensersatzpflichtig machen kann. Dies könne beispielsweise der Fall sein, weil der Befreiungsgläubiger hierdurch in das Wahlrecht des Befreiungsschuldners bezüglich der Art und Weise der Befreiung eingreife.1794 IV. Ergebnis Dem Anspruchsinhaber steht zunächst ein schadensersatzrechtlicher Befreiungsanspruch zu, d. h., er kann von dem Anspruchsinhaber verlangen, ihn im Wege der Naturalrestitution gem. § 249 Abs. 1 BGB von der gegenüber dem Prozessfinanzierungsunternehmen bestehenden Verbindlichkeit bezüglich des Erfolgshonorars zu befreien. Dieser Befreiungsanspruch kann in einen Zahlungsanspruch übergehen, und zwar zum einem bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 250 S. 2 BGB und zum anderen, wenn der Anspruchsinhaber selbst das Erfolgshonorar an das Prozessfinanzierungsunternehmen leistet.

G. Beweislasten und Verjährung I. Darlegungs- und Beweislasten Geht es um die Durchsetzbarkeit eines Anspruches, stellt sich auch immer die Frage der Verteilung der Darlegungs- und Beweislasten. Unter Beweislast wird die Obliegenheit verstanden, „für streitige erheb­ liche Behauptungen Beweis anzutreten und zu führen“.1795 Aus ihr folgt „das eine Partei treffende Risiko des Prozessverlustes wegen Nichterweislichkeit der ihr Begehren tragenden Tatsachen“.1796 Die Beweislast folgt aus dem im Zivilprozessrecht geltenden Beibringungsgrundsatz. Nach diesem ist es nicht Sache des Gerichts den Sachverhalt zu ermitteln. Vielmehr müssen die Parteien selbst die notwendigen Tatsachen von sich aus vortragen.1797 In der ZPO 1792  Görmer,

S. 25. S. 630. 1794  Wilhelm, Birgit, S. 353. 1795  Schellhammer, Rdn. 20. 1796  Anders/Gehle, S. 249. 1797  Schellhammer, Rdn. 20; Anders/Gehle, S. 249. 1793  Zahn,

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

selbst sind keine Beweislastregeln zu finden. Hierfür sind vielmehr die Vorschriften des materiellen Rechts maßgebend.1798 Zwar ist auch im BGB keine ausdrückliche Grundregel der Beweislastverteilung zu finden. Jedoch gilt im Allgemeinen, dass jede Partei die Anspruchsvoraussetzungen zu beweisen hat, deren Rechtsfolgen sie für sich geltend macht.1799 Mithin trägt also jede Partei für die ihr günstigen Tatsachen die Darlegungs- und Beweislast.1800 Der Anspruchsinhaber kann seinen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch bezüglich des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars nach hier vertretener Auffassung auf den Verzug gem. §§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB stützen. Diese Norm begründet demnach den Anspruch. Daher ist vom Anspruchsinhaber darzulegen und zu beweisen, dass die Voraussetzungen des Verzuges vorliegen.1801 Die Beweislast für das fehlende Vertretenmüssen trägt allerdings der Anspruchsgegner. Zudem muss der Anspruchsinhaber – wie vorstehend ausgeführt – die Erforderlichkeit der Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens darlegen. Insbesondere wird der Anspruchsinhaber zu seiner Liquidität vortragen müssen. „Das bedeutet die Darlegung von Kontensalden und die Angabe von Barvermögen unter Vorlage entsprechender Belege.“1802 Natürlich erhält der Anspruchsgegner hierdurch „einen vielleicht unerwünschten Einblick in die wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei […] Das ist aber nicht vermeidbar, wenn man von der Gegenseite eben wegen dieser Verhältnisse einen Ersatz begehrt.“1803 Darüber hinaus muss der Anspruchsinhaber darlegen, dass er sich – soweit zumutbar – um eine kostengünstigere Möglichkeit, Rechtsschutzzugang zu erlangen, bemüht hat, indem er dies dokumentiert. So wird es dem Anspruchsinhaber beispielsweise möglich sein, im Internet zu recherchieren und dies entsprechend zu dokumentieren.1804 Im Schadensrecht sind hinsichtlich des Beweismaßes noch einige Besonderheiten zu beachten. Diese ergeben sich aus dem bereits erörterten § 287 ZPO.1805 Im Anwendungsbereich dieser Norm wird dem Geschädigten die Beweisführung erleichtert.1806 Es sind lediglich hinreichende, greifbare An3, 342; 345; BGH NJW 1983, 820, 821; Schellhammer, Rdn. 22. 3, 342, 345 f.; 113, 222, 225; BGH NJW 1993, 1716, 1717; 1995, 49, 50; Schellhammer, Rdn. 22 f. Anders/Gehle, S. 250. 1800  BGH NJW 1999, 352, 353; Anders/Gehle, S. 250. 1801  Grüneberg, in: Palandt, § 286 Rdn. 49. 1802  Braunschneider, S. 216. 1803  Braunschneider, S. 216. 1804  Braunschneider, S. 216. 1805  Siehe dazu die Ausführungen und Nachweise im 3. Teil, 2. Kapitel, D.IV. dieser Arbeit. 1806  Laumen, in: Prütting/Gehrlein, § 287 ZPO Rdn.  1. 1798  BGHZ 1799  BGHZ



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage523

haltspunkte darzulegen.1807 In den Anwendungsbereich des § 287 ZPO fällt – wie bereits ausgeführt – die Höhe des erstattungsfähigen Schadens. Hier gelten also Beweiserleichterungen für den Anspruchsinhaber. Allerdings sind die für die Schadensschätzung erforderlichen Anknüpfungstatsachen vom Anspruchsinhaber möglichst umfassend darzulegen. Hinsichtlich der Höhe des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars ist also zu den durchschnittlichen Preisen der Anbieter in Deutschland vorzutragen. Ein Mitverschulden des Anspruchsinhabers gem. § 254 BGB ist hingegen vom Schädiger darzulegen und zu beweisen.1808 Auch im Rahmen des Mitverschuldens kommt § 287 ZPO zur Anwendung.1809 Zudem ist noch die sogenannte Sphärentheorie zu beachten. Nach der Sphärentheorie ist der Geschädigte zunächst eingeschränkt darlegungspflichtig. Erst dann setzt die Beweislast des Schädigers sein.1810 II. Verjährung Schadensersatzansprüche verjähren nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB in drei Jahren nach Entstehung des Schadens sowie der Kenntnis des Geschädigten von den anspruchsbegründenden Tatsachen. Dabei gilt der Grundsatz der Schadenseinheit,1811 d. h. sobald aus einem schädigenden Ereignis einmal ein Schaden entstanden und der Geschädigte hiervon Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen, beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren nach den §§ 195, 199 Abs. 1 BGB für den gesamten Schadensersatzanspruch zu laufen.1812 Die Fristen in den Absätzen 2 und 3 des § 199 BGB stellen nur Höchstfristen dar. Innerhalb dieser Fristen verjährt ein Schadensersatzanspruch ohne Rücksicht auf die Kenntnis des Gläubigers.1813

1807  BLAH,

§ 287 ZPO Rdn. 2. in: Müko/BGB, § 254 BGB Rdn.  145. Dies ergibt sich daraus, dass die Regelung günstig für den Schädiger ist, durchbricht sie doch den Grundsatz des § 249 BGB, nach dem der Schädiger den Schaden vollständig zu ersetzen hat. 1809  BGH NJW-RR 2005, 897, 899; Laumen, in: Prütting/Gehrlein, § 287 ZPO Rdn. 10. 1810  LG Frankfurt ZMR 2011, 125, 126; Köhnken, S. 792; siehe auch Born, S. 1795. 1811  BGHZ 50, 21, 23 f. 1812  Schwab, Rdn. G 78. 1813  Schwab, G 78. 1808  Oetker,

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

H. Zusammenfassung und Ergebnis Ziel dieses Kapitels war es zu zeigen, dass der Verzug gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB als Anspruchsgrundlage für die Erstattung des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars in Betracht kommt. Insbesondere erlaubt es ein auf dem Verzug gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB aufbauendes Haftungsmodell, sowohl die Interessen des Anspruchsinhabers als auch die des Anspruchsgegners in einem ausreichenden Maße gemäß den erarbeiteten ökonomischen Vorgaben zu berücksichtigen und entsprechende Anreize zu wohlfahrtstheoretisch günstigem Verhalten beider Parteien zu geben. Den Interessen des Anspruchsgegners dient die im Rahmen der Tatbestandsvoraussetzungen des Anspruchs auf Verzug vorgenommene Auslegung des § 286 Abs. 4 BGB. Es stellte sich hier vor allem die Frage, ob dem Anspruchsgegner unter bestimmten Voraussetzungen das Recht zusteht, die Leistung zu verweigern, bis über die rechtlichen Probleme entschieden ist bzw. ob rechtliche Zweifel als nicht zu vertretender Umstand im Sinne von § 286 Abs. 4 BGB zu qualifizieren sind. Dies wurde dahingehend beantwortet, dass das Bestehen rechtlicher Zweifel zu berücksichtigen ist. Der Anspruchsgegner kann sich dann auf § 286 Abs. 4 BGB berufen, wenn der von ihm eigenommene Standpunkt vertretbar ist. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass dem Anspruchsinhaber unter Umständen dann kein schadensersatzrechtlicher Erstattungsanspruch zusteht, wenn er sich hinsichtlich seiner Rechtsauffassung nicht auf eine höchstrichterliche Rechtsprechung oder vollkommen gefestigte Literaturmeinung berufen kann. Im Unterschied zum Kostenerstattungsanspruch des § 91 ZPO kann es im Fall des Verzuges also vorkommen, dass der Anspruchsgegner trotz Unterliegens im Prozess nicht zur Erstattung des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars verpflichtet ist. Vielmehr findet eine differenzierte Bewertung seines Verhaltens statt. Auf diese Art und Weise wird sichergestellt, dass dem Anspruchsgegner nicht seine „Verteidigungsrechte“ abgeschnitten werden und kein strukturelles „Rechtsverteidigungsdefizit“ entsteht. Ein Schwerpunkt der Ausführungen lag auf der Frage, ob das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar überhaupt einen Verzögerungsschaden darstellen kann. Dazu wurde zunächst erörtert, dass Ausgangspunkt für die Ermittlung des Verzögerungsschadens die Differenztheorie ist. Mithin ging es vor allem darum, zu klären, ob das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar als Rechnungsposten in der Differenzbilanz zu berücksichtigen ist. Dabei wurden dem dualistischen Schadensbegriff folgend auch wertende Aspekte berücksichtigt. In einem ersten Schritt wurde gezeigt, dass das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar grundsätzlich als Verzögerungsschaden zu qualifizie-



2. Kap.: Verzug gem. §§ 280, 286 BGB als Anspruchsgrundlage525

ren ist – dieses also kausal und adäquat sowie vom Schutzzweck der Norm umfasst ist. Dazu wurde zunächst erörtert, dass nach Maßstab der von der herrschenden Meinung vertretenen conditio-sine-qua-non-Formel grundsätzlich Kausalität besteht. Dem steht weder die Tatsache entgegen, dass der Abschluss des Prozessfinanzierungsvertrages auf einer eigenen Willensentscheidung des Geschädigten beruht noch die aufschiebende Bedingtheit der Entstehung des Erfolgshonorars. Des Weiteren wurde der Frage nachgegangen, ob die Entscheidung des Anspruchsinhabers, ein Prozessfinanzierungsunternehmen verbunden mit der Verpflichtung zur Leistung eines Erfolgshonorars einzuschalten, adäquat ist. Dabei wurde festgestellt, dass dies in der Regel nicht außerhalb aller Wahrscheinlichkeit liegen und somit auch adäquat sein wird. Zudem gehört das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar auch – dies wurde im Weiteren erörtert – grundsätzlich zu den Nachteilen, die durch § 286 BGB abgewendet werden sollen, ist also vom Schutzzweck der Norm umfasst. Insbesondere sind weder das Risiko, in einen Prozess verwickelt zu werden und für die Prozesskosten aufzukommen zu müssen, noch das Risiko, im Prozess zu unterliegen, dem Bereich des allgemeinen Lebensrisikos zuzuordnen. Ganz im Gegenteil stellen diese Risiken nach der hier vertretenen Auffassung typische Verzögerungsrisiken dar und sind damit dem Schutzzweck des § 286 BGB zuzuordnen. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Einschaltung eines prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars auf einem eigenen Willensentschluss des Anspruchsinhabers beruht. Daraus ergibt sich, dass das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar dem Anspruchsinhaber grundsätzlich als schadensersatzfähige Position zugerechnet werden kann. Infolgedessen ist es dem Anspruchsinhaber also prinzipiell möglich, seinen Anspruch unabhängig von seiner Vermögensausstattung und seiner Risikoeinstellung durchzusetzen. Im Rahmen der ökonomischen Analyse wurde erarbeitet, dass von dem Haftungsmodell auch Anreize auf den Anspruchsinhaber ausgehen müssen, nicht immer ein Prozessfinanzierungsunternehmen einzuschalten und diese Möglichkeit nicht als strategisches Mittel der „Zermürbung“ der Gegenseite einzusetzen. Mithin muss die Möglichkeit der Erstattungsfähigkeit begrenzt sein. In diesem Sinne wurde in einem zweiten Schritt herausgearbeitet, dass die Erstattungsfähigkeit des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars nur unter bestimmten Voraussetzungen in Betracht kommt. Entscheidende Prüfungspunkte waren hier die Erforderlichkeit sowie das Mitverschulden gem. § 254 BGB. So wurde erörtert, dass die Kosten der Prozessfinanzierung dem Anspruchsgegner nur dann zuzurechnen sind, wenn die Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens erforderlich war. Das Krite­ rium der Erforderlichkeit – das dogmatisch dem Zurechnungskriterium des Schutzzwecks der Norm zuzuordnen ist – begrenzt vor allem aufgrund des

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

Aufwendungscharakters des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars bereits den Tatbestand. Der Maßstab für die Beurteilung der Erforderlichkeit ergibt sich aus dem im Privatrecht anwendbaren Verhältnismäßigkeitsprinzip i. e. S., sodass in jedem Einzelfall zu prüfen ist, ob die Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens angemessen war. Dazu bedarf es einer umfassenden wertenden Betrachtung unter Abwägung der schützenswerten Interessen von Anspruchsinhaber und Anspruchsgegner. Dabei gilt grundsätzlich ein objektiver Beurteilungsmaßstab, sodass es auf die Sicht eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Situation des Anspruchsinhabers ankommt. Allerdings ist der Grundsatz der subjektbezogenen Schadensbetrachtung zu beachten. Bei einer Abwägung – so wurde herausgearbeitet – ist insbesondere zu berücksichtigen, ob der Anspruchsinhaber den Rechtsstreit auch aus eigenen Mitteln hätte finanzieren können bzw. ob ihm andere kostengünstigere Mittel zur Verfügung gestanden hätten. Daneben sind jedoch auch noch andere Aspekte abzuwägen, z. B. Umfang und Bedeutung des Anspruchsgegenstandes, der Aspekt der Waffengleichheit u. a. Zudem ist in jedem Einzelfall zu prüfen, ob der Anspruchsinhaber die Aufwendungen im konkreten Fall in der gemachten Höhe für erforderlich halten durfte. Dies ist – wie ebenfalls erörtert – auch zur Begrenzung der Quersubventionierung erforderlich. Dabei gilt das Wirtschaftlichkeitspostulat, d. h. der Anspruchsinhaber darf nur das verlangen, was ein verständig denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und angemessen halten durfte. Zwar könnte man die Interessen von Anspruchsinhaber und Anspruchsgegner am besten durch eine Bestimmung der Erforderlichkeit der Höhe des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars anhand einer proportionalen Berücksichtigung der im Einzelfall durch das Prozessfinanzierungsunternehmen übernommenen Risiken schützen. Jedoch ist eine solche Herangehensweise nicht praktikabel. Nach hier vertretener Auffassung ist die erstattungsfähige Höhe des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars gem. § 287 ZPO zu schätzen. Als Anknüpfungspunkt für die Schätzung kann die durchschnittliche Höhe des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars der Anbieter in Deutschland herangezogen werden. Allerdings sind mit einer solchen Vorgehensweise auch Nachteile verbunden, die ebenfalls dargestellt wurden. Es ist zu beachten, dass es dem Anspruchsinhaber nach dem Grundsatz der subjektbezogenen Schadensbetrachtung jedoch im Einzelfall nicht verwehrt sein darf, auch ein höheres Erfolgshonorar geltend zu machen. Infolge der hier vertretenen Auffassung hinsichtlich der Abgrenzung des Anwendungsbereichs des Mitverschuldens gem. § 254 BGB von dem des Zurechnungskriteriums der Erforderlichkeit muss im Rahmen des Mitverschuldens lediglich noch erörtert werden, ob der Anspruchsinhaber Hand-



3. Kap.: Deliktsrechtliche Haftung gem. § 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB527

lungen und Unterlassungen vorgenommen hat, „die eine Schadensexpan­ sion zulassen und dadurch den ursprünglichen primären Restitutionsbedarf erweitern“.1814 Dabei wurde erarbeitet, dass der Anspruchsinhaber den ­Anspruchsgegner grundsätzlich gem. § 254 Abs. 2 S. 1 BGB vor der Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens durch die Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens warnen muss. Im Gegensatz dazu stellt es kein Mitverschulden des Anspruchsinhabers dar, sich nicht durch den Abschluss einer Rechtsschutzversicherung vor den nachteiligen wirtschaftlichen Auswirkungen einer etwaig notwendig werdenden Rechtsverfolgung zu schützen. Dem Anspruchsinhaber steht zunächst ein schadensersatzrechtlicher Befreiungsanspruch zu, d. h., er kann von dem Anspruchsinhaber verlangen, ihn im Wege der Naturalrestitution gem. § 249 Abs. 1 BGB von der gegenüber dem Prozessfinanzierungsunternehmen bestehenden Verbindlichkeit bezüglich des Erfolgshonorars zu befreien. Dieser Befreiungsanspruch kann jedoch in einen Zahlungsanspruch übergehen. Abschließend ist festzuhalten, dass eine Haftung des Anspruchsgegners für das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar auf dieser Grundlage aus ökonomischer Sicht geeignet ist, die „Divergenz von subjektiven und sozialen Anreizen“1815 zur Rechtsdurchsetzung bzw. Rechtsbefolgung zu korrigieren. Infolgedessen käme es zu einer Verringerung unnötiger Kosten durch nicht notwendige Rechtsstreitigkeiten und einer Stärkung der Präventionsfunktion der Zivilgerichtsbarkeit. 3. Kapitel

Deliktsrechtliche Haftung gem. § 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB In diesem Kapitel soll die These überprüft werden, nach der das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar nicht als Folgeschaden der §§ 823 Abs. 1, 823 Abs. 2 BGB ersetzt werden kann. Dabei soll in der gebotenen Kürze auf die haftungsbegründenen Voraussetzungen der §§ 823 Abs. 1, 823 Abs. 2 BGB eingegangen werden. Der Schwerpunkt der weiteren Ausführungen soll in der Beantwortung der Frage liegen, ob das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar grundsätzlich als Folgeschaden einer deliktischen Handlung gem. §§ 823 Abs. 1, 823 Abs. 2 BGB in Betracht kommt. 1814  Fricke,

S. 967. S. 112.

1815  Lewisch,

528

3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

A. Anspruchsvoraussetzungen der §§ 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB In den §§ 823 Abs. 1 und Abs. 2 BGB sind die Voraussetzungen und Rechtsfolgen unerlaubter Handlungen geregelt. Dabei betrifft § 823 Abs. 1 BGB die Verletzung eines absoluten Rechts oder Rechtsgutes und § 823 Abs. 2 BGB die Verletzung eines besonderen Schutzgesetzes.1816 I. § 823 Abs. 1 BGB Der Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB hat folgende Voraussetzungen:1817 − Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit, des Eigentums oder eines sonstigen Rechts; − Verletzungshandlung, d. h. entweder aktives Tun oder pflichtwidriges Unterlassen; − haftungsbegründende Kausalität zwischen der Verletzungshandlung und der Rechtsgutverletzung; − Verschulden, d. h. Vorsatz oder Fahrlässigkeit und − Schaden sowie haftungsausfüllende Kausalität zwischen der Rechtsgutverletzung und dem Schaden. § 823 Abs. 1 BGB schützt lediglich die aufgezählten Rechtsgüter. Bei diesen handelt es sich um Grundrechte und Grundwerte der Verfassung (Artt. 2 Abs. 2, 14 GG).1818 Zu den sonstigen Rechten zählen nur absolute Rechte, beispielsweise die beschränkten dinglichen Rechte.1819 II. § 823 Abs. 2 BGB Anspruchsvoraussetzung des § 823 Abs. 2 BGB ist die „Schädigung eines anderen durch Verletzung eines Gesetzes, das den Schutz des Geschädigten bezweckt“.1820 § 823 Abs. 2 BGB knüpft also an die handlungsbezogene Verletzung eines Schutzgesetzes an.1821 Unter einem Schutzgesetz wird jede Rechtsnorm i.  S.  d. § 2 EGBGB verstanden.1822 Dazu gehören Gesetze, 1816  Spindler,

in: Bamberger/Roth, § 823 BGB Rdn.  1. Rdn. 952. Siehe auch Spindler, in: Bamberger/Roth, § 823 BGB Rdn. 2 ff.; Staudinger, in: Schulze, § 823 BGB, Rdn. 1 ff. 1818  Schellhammer, Rdn. 953. 1819  Schellhammer, Rdn. 964: Dies orientiert sich am Eigentum. 1820  Schellhammer, Rdn. 1053. 1821  Spindler, in: Bamberger/Roth, § 823 BGB Rdn.  146. 1822  Spindler, in: Bamberger/Roth, § 823 BGB Rdn.  147. 1817  Schellhammer,



3. Kap.: Deliktsrechtliche Haftung gem. § 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB529

Rechtsverordnungen oder öffentlich-rechtliche Satzungen.1823 Voraussetzung ist, dass diese Rechtsnorm den Schutz eines anderen bezweckt und nicht nur dem Schutz der Allgemeinheit dient.1824 Der Schädiger muss nur das Schutzgesetz schuldhaft verletzen. Ob Vorsatz oder Fahrlässigkeit gefordert sind, richtet sich nach dem Schutzgesetz.1825 Die Rechtswidrigkeitsverletzung wird durch die Verletzung des Schutzgesetzes indiziert.1826

B. Prozessfinanzierungsbedingtes Erfolgshonorar als Aufwendungsfolgeschaden Rechtsfolge jeder unerlaubten Handlung ist ein Anspruch auf Schadensersatz. Es ist der Schaden zu ersetzen, „den die unerlaubte Handlung angerichtet hat“.1827 In welchem Umfang ein Schaden zu ersetzen ist, regeln wiederum die Vorschriften der §§ 249 ff. BGB.1828 I. Abgrenzung Folgeschaden vom Verletzungsschaden Bei dem prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorar handelt es sich um einen Aufwendungsfolgeschaden. Folgeschäden sind vom Verletzungsschaden abzugrenzen. Als Verletzungsschaden wird der „durch die Verletzungshandlung unmittelbar herbeigeführte schädigende Erfolg bezeichnet“.1829 Folgeschäden entwickeln sich erst nach dem schädigenden Ereignis.1830 Mithin handelt es sich bei Folgeschäden um an die Verletzungshandlung anknüpfende weitere Schadensfolgen.1831 Das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar entsteht nicht unmittelbar durch den durch die Verletzungshandlung herbeigeführten Erfolg, sondern erst in dessen Anschluss. Dass es sich um einen Aufwendungsschaden handelt, weil der Abschluss des Prozessfinanzierungsvertrages auf einem eigenen Willensentschluss des Anspruchsinhabers beruht, ist bereits mehrfach erörtert worden. Prinzipiell 1823  Schellhammer,

Rdn. 1054. in: Bamberger/Roth, § 823 BGB Rdn.  155. 1825  Schellhammer, Rdn. 1055; Spindler, in: Bamberger/Roth, § 823 BGB Rdn. 155. 1826  Spindler, in: Bamberger/Roth, § 823 BGB Rdn.  162; siehe auch Staudinger, in: Schulze, § 823 BGB Rdn. 85. 1827  Schellhammer, Rdn. 927. 1828  Schellhammer, Rdn. 928. 1829  Schubert, in: Bamberger/Roth, § 249 BGB Rdn.  46; Schiemann, in: Staudinger, § 249 BGB Rdn. 44; Lange/Schiemann, S.  67 f. 1830  Schubert, in: Bamberger/Roth, § 249 BGB Rdn.  98; Schiemann, in: Staudinger, § 249 BGB Rdn. 44; Lange/Schiemann, S.  67 f. 1831  Lange/Schiemann, S. 68. 1824  Spindler,

530

3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

schuldet der Schädiger auch Ersatz für die Folgeschäden.1832 Problematisch ist jedoch die Zurechnung derartiger Folgeschäden. II. Herstellungsaufwand (§ 249 Abs. 2 S. 1 BGB) oder selbstständiger Vermögensfolgeschaden (§ 249 Abs. 1 i. V. m. § 251 BGB)? Aufwendungsschäden sind zunächst von den üblichen Herstellungsaufwendungen im Sinne des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB abzugrenzen.1833 Mithin ist also zu untersuchen, ob das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar unter den Begriff der „Herstellungskosten“ gem. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB subsumiert werden kann.1834 Nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB kann der Gläubiger, also der Geschädigte, statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen, wenn es um Schadensersatz wegen der Verletzung einer Person oder der Beschädigung einer Sache geht.1835 Es ist in Literatur und Rechtsprechung – wie bereits ausgeführt – umstritten, ob die Kosten der Rechtsverfolgung dem Herstellungsaufwand gem. § 249 Abs. S. 1 BGB zuzurechnen sind.1836 Da auch das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar den Kosten der Rechtsverfolgung zugerechnet werden kann, kommt diesem Meinungsstreit für die weitere Bearbeitung Relevanz zu. 1. Einordnung als Herstellungsaufwand gem. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB Nach Auffassung der Rechtsprechung und weiten Teilen der Literatur gehören die Rechtsverfolgungskosten zum Herstellungsaufwand gem. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB.1837 Zwar wird in den Urteilen des BGH oder auch anderer Gerichte oft nicht genau angegeben, auf welcher Anspruchsgrundlage Schadensersatz zu zahlen ist. Häufig gehe es nur darum – so Schiemann –, dass die Kosten der Rechtsverfolgung überhaupt ersetzt werden sollten. Dabei werde die Einordnung bei § 249 Abs. 2 S. 1 BGB wohl als selbstverständlich erachtet.1838 Um dies zu erreichen, werde § 249 Abs. 2 S. 1 BGB 1832  Staudinger,

in: Schulze, § 823 BGB Rdn. 85. S. 41. 1834  Dies ist bei Kosten der Rechtsverfolgung generell umstritten. Siehe dazu Schiemann, in: Staudinger, § 249 BGB Rdn. 230 ff. 1835  § 249 Abs. 2 S. 1 BGB: „Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen.“ 1836  3. Teil, 2. Kapitel, C.VI.1.d)aa). 1837  BGHZ 61, 346, 348; 61, 325, 328; 76, 216, 221; BGH NJW 1990, 2060, 2062; OLG Stuttgart NJW 1974, 951. 1838  So kritisch Schiemann, in: Staudinger, § 249 BGB Rdn. 232. 1833  Roussos,



3. Kap.: Deliktsrechtliche Haftung gem. § 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB531

in der höchstrichterlichen Judikatur weit ausgelegt1839 Es werde davon ausgegangen, dass der Herstellungsaufwand des § 249 Abs. 1 S. 2 BGB über den der reinen Schadensbeseitigung im Sinne des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB hinausgehe.1840 So werden nach Ansicht des BGH von der weiten Auslegung des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB alle Aufwendungen erfasst, die „als notwendige Vorstufe der eigentlichen Schadensbeseitigung“1841 entstehen. Im Ergebnis wird § 249 Abs. 2 S. 1 BGB vom BGH auf alle Aufwendungen angewendet, die der Geschädigte im Rahmen der Schadensabwicklung getätigt hat, – so auch auf die Aufwendungen des Geschädigten für Maßnahmen zur rechtlichen Durchsetzung seines Schadensersatzanspruches.1842 2. Einordnung als selbstständiger Vermögensfolgeschaden gem. § 249 Abs. 1 i. V. m. § 251 Abs. 1 BGB Nach anderer – vor allem in der Literatur – vertretener Auffassung ist die Einordnung der Aufwendungen des Geschädigten für die Maßnahmen zur rechtlichen Durchsetzung seines Schadensersatzanspruches unter den Begriff des Herstellungsaufwandes gem. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB abzulehnen.1843 Durch eine derart weite – alle Aufwendungen des Geschädigten im Rahmen der Schadensabwicklung erfassende – Auslegung würde der Begriff der Herstellung konturenlos.1844 Vielmehr müsse § 249 Abs. 2 S. 1 BGB eng ausgelegt und auf die unmittelbaren Kosten der Schadensbeseitigung begrenzt werden. Alle anderen Aufwendungen müssten als selbstständige Begleitschäden bewertet werden, die ihrerseits nach den §§ 249 ff. BGB auszugleichen wären. Der dogmatische Anknüpfungspunkt für den Schadensersatzanspruch des Geschädigten für die Kosten aus der zivilrechtlichen Verfolgung eines Schadensersatzanspruches ergebe sich nach dieser Auffassung aus § 251 Abs. 1 BGB.1845 3. Stellungnahme Eine Zuordnung der Kosten der Rechtsverfolgung zu den Herstellungskosten gem. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB ist abzulehnen. Nachfolgend wird zu 1839  Schiemann, 1840  BGHZ

951.

1841  Siehe

in: Staudinger, § 249 BGB Rdn. 231. 61, 346, 348; 61, 325, 328; 76, 216, 221; OLG Stuttgart NJW 1974,

beispielsweise BGH NJW 1983, 2815, 2816. in: Staudinger, § 249 BGB Rdn. 230 ff. 1843  Schiemann, in: Staudinger, § 249 BGB Rdn. 230 ff. 1844  Schiemann, in: Staudinger, § 249 BGB Rdn. 230 ff.; Medicus, VGT, S.  59 f.; Lipp, S. 1920, für die allgemeinen Bearbeitungskosten; Köhnken, S. 789. 1845  Schiemann, in: Staudinger, § 249 BGB Rdn. 230 m. w. N. 1842  Schiemann,

532

3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

zeigen sein, dass einige grundsätzliche dogmatische wie auch rechtspolitische Überlegungen dafür sprechen, den erstattungsfähigen Herstellungsaufwand des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB auf den der reinen Schadensbeseitigung im Sinne des § 249 Abs. 1 BGB zu begrenzen. a) Wortlaut des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB Bereits der Wortlaut des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB spricht für eine Begrenzung der Anwendung dieser Norm auf die Kosten der reinen Schadensbeseitigung. Herstellung ist ein Verbalsubstantiv, das aus dem Verb „herstellen“ gebildet wurde und „das gemeinte Geschehen als Ding bezeichnet“.1846 Das Verb „herstellen“ wird im allgemeinen Sprachgebrauch immer dann verwendet, wenn es um die Erschaffung, Schöpfung bzw. Produktion eines Gegenstandes geht.1847 Synonyme für das Wort „Herstellung“ sind daher auch Begriffe wie „Anfertigung“, „Bau“, „Fabrikation“, „Fertigung“, „Schaffung“, „Verfertigung“, „Hervorbringung etc“1848. Daraus ist zu schlussfolgern, dass mit dem Wort „Herstellung“ immer der unmittelbare Akt der Erschaffung eines Gegenstandes mittels Maschinen oder Handarbeit gemeint ist. Nicht gemeint ist hiermit hingegen der mit der Erschaffung eines Gegenstandes verbundene administrative Verwaltungsaufwand. Von diesem Begriffsverständnis ausgehend ist der Wortlaut des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB so auszulegen, dass „Herstellung“ nur den unmittelbaren Akt der Beseitigung des Schadens, also z. B. der Reparatur des Kfz, meint und nicht den mit der Schadensbeseitigung verbundenen mittelbaren Verwaltungsaufwand, z.  B. die Kosten der Rechtsverfolgung. b) § 249 Abs. 2 S. 1 BGB ist kein Erstattungsanspruch Es ist bereits auf die Entstehungsgeschichte des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB eingegangen worden. Der Entstehungsgeschichte der Norm und dem daraus erkennbaren Willen des historischen Gesetzgebers kann man entnehmen, dass § 249 Abs. 2 S. 1 BGB nur die Fälle betrifft, in denen der Geschädigte von dem Schädiger die Vorauszahlung eines Geldbetrages zur Schadensbeseitigung verlangen kann.1849 Dieses Normverständnis des historischen Gesetzgebers ist auch heute noch maßgeblich für die Auslegung des § 249 1846  So

die Erläuterung des Begriffs „Verbalsubstantiv“ auf www.wikipedia.de. Synonymwörterbuch. 1848  Duden, Synonymwörterbuch sowie https://freemailng2004.web.de/jump.htm? goto=http %3A %2F %2Fwortschatz.uni-leipzig.de %2Fcgi-bin %2Fwort_www.exe %3 Fsite %3D1 %26Wort %3DHerstellung – letzter Abruf am 05. Juni 2014. 1849  Vgl. 3. Teil, 2. Kapitel, C.VI.1.d)aa). 1847  Duden,



3. Kap.: Deliktsrechtliche Haftung gem. § 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB533

Abs. 2 S. 1 BGB. Auch aus heutiger Sicht ist § 249 Abs. 2 S. 1 BGB daher eher als ein Anspruch auf Vorauszahlung einzuordnen.1850 Zweck des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB ist lediglich – wie bereits ausgeführt – eine Privilegierung des Gläubigers. Diesem wird die Möglichkeit eingeräumt, die Herstellung selbst zu veranlassen, und nicht dem Schädiger zu übertragen. Auf diesem Wege soll er davor geschützt werden, einen weiteren Eingriff des Schädigers in seine Sphäre erdulden zu müssen.1851 Da der Geschädigte insoweit einer Tätigkeit nachkomme, die eigentlich dem Schädiger obliege und die dieser auch finanzieren müsse, ordne § 249 Abs. 2 S. 1 BGB die Finanzierungspflicht des Schädigers an.1852 c) Dispositionsfreiheit des Geschädigten Gegen einen weiten Herstellungsbegriff und für eine Begrenzung der Anwendung des § 249 Abs. 1 S. 2 BGB auf die Aufwendungen des Geschädigten für die reine Schadensbeseitigung spricht auch die sogenannte Dispositionsfreiheit des Geschädigten. Nach herrschender Auffassung hat der Schädiger als den zur Herstellung „erforderlichen Geldbetrag“ gerade nicht die konkret entstandenen oder entstehenden Kosten des Geschädigten zu ersetzen, sondern einen „objektiv“ und „ex ante“ zu bemessenen Betrag. Dieser Betrag soll dem Gläubiger unabhängig davon zustehen, ob und wie er tätig wird.1853 Der BGH gesteht dem Geschädigten im Rahmen des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB also zu, Dispositionen über sein Vermögen zu treffen. Daraus wird die Freiheit des Geschädigten abgeleitet, auf eine Schadensbeseitigung auch verzichten zu können.1854 So oder so steht dem Schädiger der zur Herstellung „erforderliche Geldbetrag“ zu, über dessen Verwendung er nach eigenem Willen verfügen kann. Dies hat dazu geführt, dem Geschädigten „fiktive“ Herstellungskosten zuzusprechen.1855 Infolgedessen – dies kritisiert Picker1856 – sei die Bemessung der Ersatzleistung von der tatsächlichen Fortentwicklung des Schadens losgelöst. Sie beruhe vielmehr nur noch auf einer Fiktion.1857 1850  Looschelders,

Mitverantwortlichkeit, S. 491. S.  90 ff. 1852  Picker, S.  2 f. 1853  Siehe dazu Picker, S.  92 ff. m. w. N. 1854  Lipp, S. 1920. 1855  U. a. BGH NJW 2009, 3713 f.; NZV 2003, 371, 372; vgl. zudem zum Nachweis des gegenwärtigen Meinungsstandes in Rechtsprechung und Literatur Grüneberg, in: Palandt, § 249 BGB Rdn. 14.; Bursche, S.  182 ff. 1856  Picker, S.  4 f. 1857  Der BGH betont in einigen Entscheidungen sogar ausdrücklich, dass dem Anspruch aus § 249 Abs. 2 BGB „schon insgesamt ein fiktiver oder besser abstrak1851  Picker,

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3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

Vor diesem Hintergrund kommt der Frage, wie weit man den Begriff der „Herstellung“ auslegt, eine entscheidende Rolle zu. Je großzügiger dieser Begriff ausgelegt wird, „desto umfangreicher ist auch ein Schadensausgleich für lediglich potentiell erforderliche und angemessene (eigene oder fremde) Herstellungs-Tätigkeiten in Form des dafür ‚erforderlichen‘, jedoch disponiblen Geldbetrages“.1858 Ordnete man die „Rechtswahrung“ grundsätzlich der Herstellung zu, könnte man es dem Geschädigten nicht verwehren, auf die tatsächliche Rechtsverfolgung zwar zu verzichten, jedoch gleichzeitig die erforderlichen fiktiven Kosten einer solchen beim Schädiger geltend zu machen.1859 Der Ersatz bloß fiktiver Kosten sollte jedoch möglichst vermieden werden,1860 da ansonsten die Gefahr einer Überdehnung des Schadensersatzes bestehe.1861 d) Notwendigkeit einer einheitlichen Lösung Gegen eine Einordnung von Aufwendungen zur Rechtsverfolgung zu den Kosten der Herstellung gem. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB spricht weiterhin die Tatsache, dass § 249 Abs. 2 S. 1 BGB nur in Fällen einer Personenverletzung oder Sachbeschädigung Anwendung findet. Aus Wortlaut und Gesetzeszweck ergibt sich, dass die Bestimmung bei Sachzerstörung und Tötung nicht eingreift.1862 Die Norm würde also bei Rechtsverfolgungskosten im Zusammenhang mit derartigen Verletzungshandlungen nicht anwendbar sein. Ferner kann auf § 249 Abs. 1 S. 2 BGB auch nicht zurückgegriffen werden, wenn die Rechtsverfolgung der Durchsetzung einer anderen als einer schadensersatzrechtlichen Forderung dient.1863 Die Einordnung von Rechtsverfolgungskosten als Herstellungsaufwand würde also dazu führen, dass eine einheitliche Problematik unterschiedlichen Regeln unterworfen werden müsste – „Herstellungsaufwand“ im einen bzw. „Folgeschaden“ im anderen Fall. Man sollte deshalb ein einheitliches Lösungsmodell vorziehen. Eine Möglichkeit ist es, von der weiten Auslegung des „Herstellungsbegriffs“ in § 249 Abs. 2 BGB abzusehen. Vielmehr sollten die nicht der unmittelbaren Beseitigung des Schadens dienenden Aufwendungen als Folgeschäden anerkannt werden, die dann nach § 249 Abs. 1 i. V. m. § 251 Abs. 1 ter Charakter“ zukommt, so BGHZ 61, losgelöst ist von im Einzelfall von dem tatsächlich aufgewendeten Beträgen“, so 1858  Lipp, S. 1920. 1859  Lipp, S. 1920. 1860  Schiemann, in: Staudinger, § 249 1861  Medicus, VGT 1979, S. 60. 1862  Köhnken, S. 789. 1863  Lipp, S. 1919.

56, 58, oder dass „der Ersatz in Grenzen Geschädigten für die Schadensbeseitigung BGH NJW 1989, 3009. BGB Rdn. 232.



3. Kap.: Deliktsrechtliche Haftung gem. § 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB535

BGB auszugleichen wären.1864 Damit stünde ein einheitliches Lösungsmodell zur Verfügung. e) Ergebnis § 249 Abs. 2 S. 1 BGB ist dahingehend auszulegen, dass unter den Begriff der „Herstellung“ nur solche Maßnahmen einzuordnen sind, die der reinen Schadensbeseitigung i. S. d. § 249 Abs. 1 BGB dienen. Die Abgrenzung von Folgeschaden und Herstellungsaufwand sollte danach vorgenommen werden, dass alles, was auch der Schuldner in eigener Person zur Beseitigung des Schadens aufwenden müsste, originäre „Schadensbeseitigung“ und damit „Herstellung“ i. S. d. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB ist. Alle übrigen Maßnahmen sollten nicht unter den Begriff der „Herstellung“ im Sinne des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB subsumiert werden. Vielmehr sollten sie als Folgeschäden qualifiziert werden. Dies gilt auch für die Aufwendungen des Geschädigten zur rechtlichen Durchsetzung seines Anspruchs. Demzufolge kann auch das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar nicht unter den Herstellungsaufwand gem. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB subsumiert werden. 4. Fazit Im Ergebnis ist festzustellen, dass auch das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar nicht unter den Herstellungsaufwand gem. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB subsumiert werden kann. III. Zurechnung Demzufolge ist zu erörtern, ob das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar dem Anspruchsgegner als Folgeschaden einer ursprünglichen Deliktshandlung zugerechnet werden könnte. Zunächst einmal ist zu beachten, dass sich das Verschuldenserfordernis nicht auf den Folgeschaden bezieht, sondern nur auf die ursprüngliche Verletzungshandlung.1865 Zum anderen ist zu beachten, dass sich Rechtsverfolgungskosten im Allgemeinen dadurch auszeichnen, dass sie nur „einen entfernten Zusammenhang zum Zwecke der Schadensbeseitigung aufweisen. Rosussos bezeichnet sie daher als herstellungsbegleitende Aufwendungen.1866 Die Beurteilung der Zurechenbarkeit derartiger Folgeschäden ist daher nicht leicht zu beantworten. Natürlich 1864  Lipp,

S. 1919.

1865  Lange/Schiemann, 1866  Roussos,

S. 41.

S. 68.

536

3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

ist auch bei Folgeschäden zunächst einmal die Kausalität zur ursprünglichen Rechtsgutverletzung zu untersuchen. Auch wenn die Beurteilung der Ursächlichkeit im Sinne der conditio-sine-qua-non-Formel – wie bereits im Rahmen des Verzögerungsschadens dargestellt – durchaus problematisch ist, ließe sich diese wohl noch bejahen, denn das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar entfiele, wenn man die ursprüngliche Verletzungshandlung hinweg denken würde.1867 Auch eine Zurechnung nach den Wahrscheinlichkeitskriterien der Adäquanz wäre noch denkbar.1868 Allerdings kommt nach hier vertretener Auffassung eine Zurechenbarkeit des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars als Folgeschaden einer ursprünglichen Deliktshandlung nicht in Betracht. Dies wird nachfolgend zu begründen sein. 1. Grundlagen der Zurechnung von Folgeschäden Gemäß dem die §§ 249 ff. BGB kennzeichnenden Prinzip der Totalreparation wird Schadensersatz in voller Höhe gewährt. Eine Beschränkung auf Schäden, die an dem unmittelbar verletzten Rechtsgut entstanden sind, ist gerade nicht vorgesehen.1869 Allerdings besteht Einigkeit darüber – dies wurde bereits ausführlich erörtert1870 –, dass demjenigen, der unerlaubt handelt, nicht alle Risiken zugerechnet werden können, die sich infolge der ursprünglichen Rechtsgutverletzung verwirklicht haben.1871 Dies ergebe sich auch aus dem Gedanken, dass eine Rechts- und Wirtschaftsordnung, deren Grundprinzip auch die allgemeine Handlungsfreiheit sei, keinen umfassenden Vermögensschutz garantieren könne.1872 Auch für die Zurechnung von Folgeschäden bedarf es daher einer normativen Wertung.1873 Allerdings ist umstritten, nach welcher dogmatischen Methode die Zurechnung von Folgeschäden zu bestimmen bzw. zu begrenzen ist. Eine umfassende Darstellung des Meinungsstreits ist im Rahmen dieser Abhandlung nicht möglich.1874 Es soll daher nur darauf hingewiesen werden, dass nach hier vertretener Auffassung, die Begrenzung der Zurechnung von Folgeschäden nach der Normzwecklehre zu erfolgen hat.1875 Die 1867  Vgl.

3. Teil, 2. Kapitel, C.II.2.a). 3. Teil, 2. Kapitel, C.III.1. 1869  Schiemann, in: Staudinger, § 249 BGB, Rdn. 43. 1870  Siehe u. a. 3. Teil, 2. Kapitel, C.III.1.b)aa). 1871  Lang, S. 92. 1872  Siehe dazu ausführlich Picker, AcP, S.  470 ff. 1873  Stoll, Kausalzusammenhang, S. 28 ff. 1874  Im Rahmen dieser Abhandlung ist eine ausführliche Darstellung des Meinungsstreits nicht möglich. Siehe dazu beispielsweise Lang, Normzweck, S. 92 ff. 1875  So auch Lang, S. 94; a. A. Stoll, Kausalzusammenhang, S. 27. 1868  Vgl.



3. Kap.: Deliktsrechtliche Haftung gem. § 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB537

Grundlagen der Normzwecklehre sind bereits ausführlich erörtert worden.1876 Mithin ist bei jedem Folgeschaden zu fragen, ob dieser nach dem Schutzzweck der Norm bzw. nach Sinn und Zweck des Schadensersatzes dem Haftpflichtigen zuzurechnen ist.1877 Es muss ein innerer Zusammenhang zwischen dem Nachteil und der von dem Schädiger geschaffenen Gefahrenlage bestehen.1878 2. Prozessfinanzierungsbedingtes Erfolgshonorar und Schutzzweck der § 823 Abs. 1 bzw. § 823 Abs. 2 BGB Somit ist zu untersuchen, ob das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar zum einen zu den Nachteilen gehört, die aus dem Bereich der Gefahren stammen, zu deren Abwendung die verletzte Norm erlassen worden ist, und zum anderen zu der vom Anspruchsgegner geschaffenen Gefahrenlage in einem inneren Zusammenhang steht. Die nachfolgenden Ausführungen werden jedoch verdeutlichen, dass sich hier nicht mehr das spezifische Risiko, das die Verletzungshandlung mit sich bringt, verwirklicht hat. a) Erforderlichkeit einer Zäsur Der Anspruchsinhaber muss nur deshalb ein Prozessfinanzierungsunternehmen zur Finanzierung der Rechtsdurchsetzung einschalten, weil der Anspruchsgegner den gegen ihn gerichteten – hier deliktischen – Anspruch nicht freiwillig erfüllen will. Das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar wird also nicht unmittelbar durch die Verletzung der deliktischen Haftungsnorm verursacht, sondern erst durch ein nachfolgendes Verhalten des Anspruchsgegners, beispielsweise eine Verzögerung der Leistung.1879 Dies hat mit der ursprünglichen Rechtsgutverletzung nichts mehr zu tun und ist mithin als erneutes Unrechtsverhalten des Deliktschuldners anzusehen.1880 Auch Wendehorst weist – ganz allgemein für die Kosten der Rechtsverfolgung darauf hin, dass der Eintritt solcher Nachteile nicht von den „Charakteristika des anspruchsbegründenden Tatbestandes und damit auch nicht von den Charakteristika der Rechtsgutverletzung ab[hänge], sondern vielmehr von dem Verhalten der Beteiligten bei der Abwicklung des Anspruches: Erkennt der Schädiger den gegen ihn begründeten Anspruch sofort an und erfüllt er ihn ent1876  Siehe

dazu 3. Teil, 2. Kapitel, C.IV. Caemmerer, S.  975 f. 1878  Haberzettl, S. 214, im Allgemeinen. 1879  Im Allgemeinen Wendehorst, S. 108; Stoll, Folgeschaden, S. 466  ff., allgemein für Rechtsverfolgungskosten zudem Gödicke, S. 513. 1880  Haberzettl, S. 215, im Allgemeinen. 1877  von

538

3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

weder oder bietet zumindest entsprechende Sicherheiten, sind kostspielige Rechtsverfolgungsmaßnahmen nicht notwendig.“1881

Der Deliktsanspruch sollte daher als „eigenes Rechtsgut“1882 begriffen werden, das der Deliktschuldner durch eine Verzögerung der Erfüllung verletzten kann.1883 Mithin sollte man – so Haberzettl – den deliktischen Schadensersatzanspruch als „Zäsur begreifen und Störungen dieses Anspruches von einer Folgeschadensbetrachtung abschneiden“.1884 Zudem spreche auch das System des Leistungsstörungsrechts gegen eine Zuordnung typischer Verzögerungsrisiken in den Bereich des Deliktsrechts.1885 Gerade das Leistungsstörungsrecht nehme eine eigene Bewertung eines solchen Verhaltens vor.1886 In diese Richtung geht auch die überzeugende Argumentation von Wendehorst. Diese verweist darauf, dass es charakteristisch für die Kostenerstattung sei, dass sie von „Faktoren wie Gesinnung, Fairness, Kooperationsbereitschaft usw. des Schädigers“1887 abhänge, die nichts mit dem Haftungstatbestand selbst zu tun hätten. Schäden, die aus einer Verzögerung der Erfüllung des deliktsrechtlichen Schadenersatzanspruches entstanden sind, sollten daher richtigerweise nicht deren Schutzbereich zugeordnet werden.1888 b) Argument der Waffengleichheit bzw. des Schutz des Geschädigten Oftmals wird argumentiert, eine Zuordnung von Kosten, die erst durch eine Verzögerung der Erfüllung des deliktischen Schadensersatzanspruches entstanden sind, diene dem Schutz des Geschädigten. Eine solche Argumentation ist vor allem bei der rechtlichen Einordnung von Kreditkosten zur Schadensbeseitigung zu finden. Eine Verweisung des Geschädigten auf die Vorschriften über den Verzug schränke dessen Recht ein, die Schadensbeseitigung selbst statt von dem Schädiger vornehmen zu lassen. Dies zeige sich besonders deutlich, wenn der Verzug nicht herbeigeführt werden könne, weil der Schädiger – etwa bei Verkehrsunfällen – erst nach langer Zeit vom Geschädigten ermittelt werden könne.1889 Auch ansonsten könne es einige 1881  Wendehorst,

S. 108 allgemein für Rechtsverfolgungskosten. S. 215, im Allgemeinen. 1883  Haberzettl, S. 215, im Allgemeinen. 1884  Haberzettl, S. 219, im Allgemeinen. 1885  Haberzettl, S. 215, im Allgemeinen. 1886  Haberzettl, S. 215. 1887  Wendehorst, S. 112. 1888  So auch Haberzettl, S. 215. Dies wird auch für Allgmeine Rechtsverfolgungskosten vertreten. Siehe dazu Rüßmann, in: jurisPK-BGB, § 249 BGB Rdn. 92; Wendehorst, S. 108. 1889  BGH NJW 1974, 34, 35; 1989, 290, 291; Klimke, S. 884. 1882  Haberzettl,



3. Kap.: Deliktsrechtliche Haftung gem. § 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB539

Zeit dauern, bis der Schädiger in der Lage sei, dem Geschädigten die erforderlichen finanziellen Mittel zur Verfügung zu stellen. Diese könne dem Schädiger nicht in jedem Fall angelastet werden.1890 Zudem sei es grundsätzlich Sache des Schädigers, die vom Geschädigten zu veranlassende Schadensbeseitigung zu finanzieren. Daher sei er auch für die Nachteile verantwortlich, die dadurch entstanden sind, dass der Schaden mangels sofortiger Ersatzleistung nicht beseitigt worden sei und sich dadurch erweitert habe.1891 In dieselbe Richtung geht es, wenn argumentiert wird, das Prinzip der Waffengleichheit gebiete es, die Kosten für die Einschaltung eines Rechtsanwalts auch dann zu erstatten, wenn die Verzugsvoraussetzungen nicht vorliegen.1892 Dieser Auffassung ist insoweit zuzustimmen, dass es beispielsweise bei der Regulierung von Verkehrsunfällen tatsächlich zu unbilligen Ergebnissen führen kann, würde man etwa die Finanzierungskosten dem Gläubiger nur unter dem Gesichtspunkt des Verzugs zubilligen. Der Gläubiger wäre dann eventuell über mehrere Wochen nicht in der Lage, die notwendigen Reparaturarbeiten durchzuführen. In einer solchen Situation befindet sich der Anspruchsinhaber jedoch nicht, wenn er über die Durchsetzung seiner deliktischen Ansprüche befinden und dabei erwägen muss, ob er zur Finanzierung der Rechtsdurchsetzung ein Prozessfinanzierungsunternehmen einschaltet. Die Verfolgung rechtlicher Ansprüche setzt zwingend voraus, dass der Anspruchsgegner bekannt ist. Nur dann ist diesem eine Klage zustellbar. Zudem macht auch das Prozessfinanzierungsunternehmen den Abschluss eines Prozessfinanzierungsvertrages von dem individuellen Anspruchsgegner abhängig, z. B. von dessen Bonität. Darüber hinaus wird der Anspruchsinhaber schon wegen der Kostenfolge des § 93 ZPO keine Klage erheben und zu dessen Finanzierung ein Prozessfinanzierungsunternehmen einschalten, ohne der Gegenseite vorher Gelegenheit zur Erfüllung des Anspruches gegeben zu haben.1893 Es liegt also kein Sachverhalt vor, der es gebietet, von dem in unserem Zivilsystem vorgesehenen zweistufigen System – von dem Primärschaden auf der ersten Stufe und dem Verzögerungsschaden auf der zweiten Stufe – abzuweichen. Kann der Geschädigte keine eigenen Mittel zur Finanzierung der Rechtsdurchsetzung einsetzen, ist er darauf zu verweisen, die Vorschriften des Schuldnerverzuges zu beachten und den durch die Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens entstandenen Schaden – also das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar – als Verzugsschaden geltend zu machen. Mithin ist der Anspruchsinhaber nicht NJW 1974, 34, 35; 1989, 290, 291; Klimke, S. 884. NJW 1974, 34, 35; 1989, 290, 291; Klimke, S. 884. 1892  AG München VersR 1999, 332, 334. 1893  Auf diesen Aspekt weist Braunschneider, S. 218, hin. 1890  BGH 1891  BGH

540

3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

als so schutzwürdig anzusehen, dass auf die Voraussetzungen des Verzug verzichtet werden sollte. c) Existenz eines generellen schadensersatzrechtlichen Zwecks Wendehorst stellt im Zusammenhang mit der rechtlichen Einordnung der Kosten der Rechtsverfolgung als deliktischer Folgeschaden Erwägungen darüber an, ob nicht ein genereller schadensersatzrechtlicher Schutzzweck existiere, der die Überwälzung bestimmter Nachteile vom Geschädigten auf den Schädiger bei allen Schadensersatzansprüchen gebiete.1894 Dies sei jedoch – so Wendehorst – abzulehnen, da nicht einzusehen sei, warum die Erstattung von Rechtsverfolgungskosten dem Zweck schadensersatzrechtlicher Haftungsnormen in höherem Maße entsprechen sollte als dem anderer Anspruchsgrundlagen.1895 d) Ergebnis Im Ergebnis ist festzustellen, dass das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar nicht vom deliktischen Schutzbereich umfasst ist. Die Kosten der Prozessfinanzierung sollten daher erst dann ersetzt werden, wenn der Anspruchsgegner mit seiner Leistung in Verzug gekommen ist.1896 3. Ergebnis Das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar kann dem Anspruchsgegner nicht als Folgeschaden einer ursprünglichen Deliktshandlung zugerechnet werden. IV. Fazit Das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar kommt nicht als Folgeschaden der §§ 823 Abs. 1, 823 Abs. 2 BGB in Betracht

1894  Wendehorst,

S. 109. S. 110. 1896  Siehe dazu Rüßmann, in: jurisPK-BGB, § 249 BGB Rdn. 92; Haberzettl, S.  214 ff.; Wendehorst, S. 150. 1895  Wendehorst,



4. Kap.: Zusammenfassung und Ergebnis541

C. Schlussfolgerungen Die These, wonach das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar nicht als Folgeschaden der §§ 823 Abs. 1, 823 Abs. 2 BGB ersetzt werden kann, konnte bestätigt werden. Dies macht auch aus ökonomischer Sicht durchaus Sinn. Da sich das Verschuldenserfordernis des § 823 BGB nur auf die ursprüngliche Verletzungshandlung beziehen muss, können auf der Grundlage dieser Norm keine sinnvollen, wohlfahrtstheoretisch günstigen Anreize auf den Anspruchsgegner ausgeübt werden, strategisches Verhalten zu vermeiden und berechtigte Ansprüche zu erfüllen. Eine andere Frage ist, ob nicht auch § 826 BGB als Anspruchsgrundlage für die Erstattung des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars in Betracht kommt. Ein solcher Anspruch kommt in Betracht, wenn die Voraussetzungen einer mutwilligen oder schikanösen Rechtswahrnehmung vorliegen.1897 Hierauf soll jedoch im Rahmen dieser Abhandlung nicht eingegangen werden. 4. Kapitel

Zusammenfassung und Ergebnis Ziel des zweiten Teils dieser Abhandlung war es, zu untersuchen, ob die in unserem Zivilrechtssystem vorhandenen Kostenerstattungsansprüche eine „Überwälzung“ des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars auf den Anspruchsgegner in der Art und Weise ermöglichen, dass von einer Haftung die im Rahmen der ökonomischen Analyse beschriebenen wohlfahrtstheoretisch günstigen Anreize sowohl auf den Anspruchsinhaber als auch auf den Anspruchsgegner ausgehen. Aufgrund der Vielzahl der vorhandenen mate­ riell-rechtlichen Kostenerstattungsansprüche wurde die Untersuchung auf die in der Rechtspraxis relevanten Normen der §§ 91 ZPO, 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB und 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB beschränkt. Im Ergebnis ist festzustellen, dass von den untersuchten Anspruchsgrundlagen nur der Verzug gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB unter bestimmten Voraussetzungen eine Erstattung des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars ermöglicht. Stützt man den Erstattungsanspruch bezüglich des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars auf den Verzug, ist es möglich, sowohl auf den Anspruchsgegner als auch auf den Anspruchsinhaber die im Rahmen der ökonomischen Analyse beschriebenen wohlfahrtstheoretisch günstigen Anreize auszuüben. Bei dem Anspruchsinhaber gelingt dies vor allem durch die Kriterien der Erforderlichkeit und des Mitverschuldens gem. § 254 BGB. Zudem stellt das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar aus 1897  Stoll,

Folgeschaden, S. 470 m. w. N.

542

3. Teil: Verankerung des Erstattungsanspruchs in der Rechtsordnung

dogmatischer Sicht bei Verzug grundsätzlich eine dem Anspruchsgegner zurechenbare Schadensposition dar und ist mithin in der schadensrechtlichen Differenzbilanz zu berücksichtigen. So besteht grundsätzlich Kausalität zwischen dem Verzug des Anspruchsgegners und dem prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorar im Sinne der conidito-sine-qua-non-Formel. Dem steht weder die Tatsache entgegen, dass der Abschluss des Prozessfinanzierungsvertrages auf einer eigenen Willensentscheidung des Geschädigten beruht, noch die aufschiebende Bedingtheit der Entstehung des Erfolgshonorars. Des Weiteren ist Adäquanz anzunehmen, denn die Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens durch den Anspruchsinhaber wird in der Regel nicht außerhalb aller Wahrscheinlichkeit liegen. Nicht zuletzt gehört das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar grundsätzlich zu den Nachteilen, die durch § 286 BGB abgewendet werden sollen, und ist somit auch vom Schutzzweck dieser Norm umfasst. Sowohl § 91 ZPO als auch die §§ 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB kommen hingegen als Anspruchsgrundlage für eine Erstattung des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars nicht in Betracht. Bei § 91 ZPO ist der Grund hierfür vor allem das Unterliegensprinzip als Ausgangspunkt der Haftung und die damit verbundene Gefahr ungerechter Entscheidungen. Aufgrund dieses Unterliegensprinzips ist der Begriff der „Kosten des Rechtsstreits“ in § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO eng auszulegen, sodass das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar vom Anwendungsbereich dieser Norm nicht erfasst ist. Auch aus ökonomischer Sicht ist die Norm aufgrund des Unterliegensprinzips nicht dazu geeignet, eine „Überwälzung“ des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars auf den Anspruchsgegner in der Art und Weise zu ermöglichen, dass von einer Haftung die im Rahmen der ökonomischen Analyse beschriebenen wohlfahrtstheoretisch günstigen Anreize sowohl auf den Anspruchs­ inhaber als auch auf den Anspruchsgegner ausgehen. Eine deliktische Haftung für das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar gemäß § 823 Abs. 1 BGB bzw. § 823 Abs. 2 BGB kommt bereits aus dogmatischer Sicht nicht in Betracht, weil das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar nicht vom deliktischen Schutzbereich umfasst ist. Aber auch aus ökonomischer Sicht gehen von dieser Norm keine wohlfahrtstheoretisch günstigen Anreize auf den Anspruchsgegner aus, strategisches Verhalten zu vermeiden und berechtigte Ansprüche zu erfüllen. Im Gegensatz zum Verzug gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB umfasst das Verschulden bei der deliktsrechtlichen Haftung gem. §§ 823 Abs. 1, 823 Abs. 2 BGB nicht die Verzögerung der Erfüllung des deliktischen Anspruches durch den Anspruchsgegner.

4. Teil

Mehrbelastung für die Gerichte? Im Zusammenhang mit der Erörterung der Frage, ob das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar vom Schutzzweck des § 286 BGB umfasst ist, wurde bereits auf einen gegen die Erstattungsfähigkeit von Erfolgshonoraren sowie anwaltlichen Sonderhonoraren vorgebrachten Aspekt hingewiesen. So wurde die Befürchtung geäußert, die materiell-rechtliche Erstattungsfähigkeit derartiger Honorare würde zu einer Zunahme von Gerichtsverfahren führen. Hau fürchtet gar eine „Lawine von Rechtsstreitigkeiten“1 und verweist als abschreckendes Beispiel für derartige „Missstände“2 auf die Situation in England. Dort werde bemängelt, dass dem Hauptsacheprozess viel zu häufig ein weiterer Rechtsstreit über die zu erstattenden Kosten folge.3 Die geäußerten Befürchtungen lassen sich auf die hier zu diskutierende Problematik übertragen. Allerdings ist nach hier vertretener Auffassung die Gefahr, dass es zu einem „Prozess nach dem Prozess“ kommt, nicht als so hoch einzuschätzen. Vielmehr wird die These vertreten, dass ein Anspruch auf Erstattung nicht unbedingt zu einer Mehrbelastung der Gerichte führt.

A. Möglichkeiten der Durchsetzbarkeit des Anspruches Ob es tatsächlich zu einer Mehrbelastung der Gerichte kommt, hängt zunächst einmal von der Art und Weise der Durchsetzbarkeit des materiellrechtlichen Kostenerstattungsanspruches bezüglich des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars ab. Zu einer Mehrbelastung der Gerichte würde es tatsächlich dann kommen, wenn die Geltendmachung des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars stets eines separaten Prozesses bedurfte. Dies scheint zunächst einmal nicht abwegig zu sein, weil der Anspruch des Prozessfinanzierungsunternehmens auf Erhalt des Erfolgshonorars durch die Erfüllung des zu finanzierenden Anspruches bedingt ist. Der 1  Hau, S. 1053 sowie auch Stellungnahme des Deutschen Richterbundes zum Gesetz zur Neuregelung des Verbots der Vereinbarung von Erfolgshonoraren, ab­ rufbar unter http://www.drb.de/stellungnahmen/2008/erfolgshonorare-fuer-ra.html – letzter Abruf am 15. Juli 2016. 2  Hau, S. 1053. 3  Hau, S. 1047. An dieser Stelle sei noch einmal darauf hingewiesen, dass sich die rechtliche Situation in England inzwischen geändert hat.

544

4. Teil: Mehrbelastung für die Gerichte

Anspruch ist mithin erst dann fällig, wenn der Ertrag oder ein sonstiger Vermögensvorteil dem Anspruchsinhaber zugeflossen ist. Dies ist zu dem Zeitpunkt, an dem über die Hauptforderung entschieden wird, noch nicht der Fall. Nachfolgend soll daher zunächst untersucht werden, welche Möglichkeiten der Durchsetzbarkeit des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars bestehen. Dabei soll geprüft werden, ob der materiell-rechtliche Kostenerstattungsanspruch bezüglich des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars eventuell in Verbindung mit der Hauptforderung gem. § 260 ZPO geltend gemacht werden kann. I. Zulässige Klageart Der Anspruchsinhaber müsste keinen zusätzlichen Prozess hinsichtlich des materiell-rechtlichen Anspruches auf Erstattung des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars anstrengen, wenn er diesen zugleich mit dem Hauptanspruch einklagen könnte, und zwar hilfsweise für den Fall, dass der Hauptsacheantrag Erfolg hat. Ob dies möglich ist, soll nachfolgend untersucht und dabei die verschiedenen Klagemöglichkeiten vorgestellt werden. Die Darstellung soll sich jedoch jeweils auf die als problematisch anzusehenden Zulässigkeitsvoraussetzungen beschränken. Auf die weiteren Prozess- bzw. Sachurteilsvoraussetzungen wird nicht eingegangen. 1. Leistungsklage Zunächst einmal soll geprüft werden, ob zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Hauptsache die Durchsetzung des materiell-rechtlichen Kosten­ erstattungsanspruches im Wege der Leistungsklage möglich ist. Die Leistungsklage bietet dem Kläger die Möglichkeit, materiell-rechtliche Ansprüche im Sinne des § 194 Abs. 1 BGB durchzusetzen.4 Der Kläger verlangt also vom Beklagten das Tun oder Unterlassen bzw. das Dulden einer Handlung.5 Die hohe Bedeutung der Leistungsklage ergibt sich aus der doppelten Wirkung des Leistungsurteils: In diesem wird zum einen festgestellt, dass der Beklagte dem Kläger eine Leistung schuldet. Es wird also Rechtsklarheit hergestellt. Zum anderen befiehlt das stattgebende Leistungsurteil dem Beklagten die Erbringung der Leistung und ermöglicht dessen Durchsetzung mittels staatlicher Gewalt.6 Die Prüfung der Zulässigkeit soll sich auf die Erörterung des Rechtsschutzbedürfnisses beschränken: 4  Murach

S. 13. in: Zöller, vor § 253 ZPO Rdn. 3; Murach, S. 13. 6  Murach, S. 13. 5  Greger,



4. Teil: Mehrbelastung für die Gerichte545

a) Rechtsschutzbedürfnis Einer Leistungsklage hinsichtlich des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars in Verbindung mit der Geltendmachung des Hauptanspruches könnte das Rechtsschutzbedürfnis fehlen. Das Rechtsschutzbedürfnis ist eine Prozessvoraussetzung.7 Sie liegt dann vor, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der „Inanspruchnahme eines Zivilgerichts zur Durchsetzung seines Anspruches“8 hat. Bei der Leistungsklage besteht das Rechtsschutzbedürfnis dann, wenn der Kläger schlüssig behauptet, dass sein Anspruch bei Fälligkeit nicht erfüllt worden ist.9 Vor der Fälligkeit ist eine Rechtsverletzung hinsichtlich der Erfüllung des Anspruches nicht möglich.10 Mithin ist Voraussetzung für die materiell-rechtliche Durchsetzbarkeit eines Anspruches dessen Fälligkeit. aa) Fälligkeit des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruches Demnach ist die Fälligkeit des Schadensersatzanspruches bezüglich des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars zu prüfen. Unter dem Begriff der Fälligkeit ist der Zeitpunkt zu verstehen, von dem an der Gläubiger die Leistung verlangen kann.11 Ist für die Erbringung der Leistung weder ein Zeitpunkt bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen, kann der Gläubiger gem. § 271 Abs. 1 BGB die Leistung sofort verlangen. Schadensersatzansprüche gem. § 249 BGB sind in der Regel sofort im Zeitpunkt der Rechtsgutverletzung fällig.12 Der sofortigen Fälligkeit des Schadensersatzanspruches im Zeitpunkt der Rechtsgutverletzung steht auch nicht entgegen, dass der Umfang des Schadensersatzes in der Praxis regelmäßig erst nach einiger Zeit festgestellt werden kann bzw. dass die Berechtigung einzelner Schadenspositionen noch gerichtlich zu klären ist.13 Der Schadensersatzanspruch muss sich nur später als gerechtfertigt erweisen.14 Bei einem Schadensersatz aus Verzug gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB besteht die Rechtsgutverletzung des Schädigers in der Nichterfüllung des Anspruches trotz Möglichkeit und Fälligkeit. Ansprüche auf Verzugsschaden sind demnach prinzipiell dann fällig, wenn die Voraussetzungen des Verzugs vorliegen. 7  Bacher,

in: Vorwerk/Wolf, § 253 ZPO Rdn.  28; Murach, S. 14. S. 14. 9  BLAH, Grundz § 253 ZPO Rdn. 48. 10  Murach, S. 14. 11  BGH-NJW 2007, 1581, 1582; 2009, 910, 910. 12  BGH NJW 2009, 910, 910. 13  BGH NJW 2009, 910, 910. 14  BGH NJW 2009, 910, 910. 8  Murach,

546

4. Teil: Mehrbelastung für die Gerichte

bb) Fälligkeit von Befreiungsansprüchen Es stellt sich jedoch die Frage, ob möglicherweise deshalb eine andere rechtliche Beurteilung angebracht ist, weil dem Anspruchsinhaber zunächst ein schadensersatzrechtlicher Befreiungsanspruch zusteht – er von dem Anspruchsinhaber also verlangen kann, ihn im Wege der Naturalrestitution gem. § 249 Abs. 1 BGB von der gegenüber dem Prozessfinanzierungsunternehmen bestehenden Verbindlichkeit bezüglich des Erfolgshonorars zu befreien.15 Grundsätzlich entstehen Befreiungsansprüche bereits dann, wenn die Verbindlichkeit gegenüber dem Drittgläubiger begründet wird.16 Zu diesem Zeitpunkt sind sie auch fällig.17 Der Anspruchsinhaber ist die Verbindlichkeit bezüglich des Erfolgshonorars mit Abschluss des Prozessfinanzierungsvertrages eingegangen. Insofern könnte man zu dem Schluss gelangen, dass der gegenüber dem Anspruchsgegner bestehende schadensersatzrechtliche Befreiungsanspruch spätestens seit Abschluss des Prozessfinanzierungsvertrags fällig ist. cc) Fälligkeit der Drittverbindlichkeit als Voraussetzung für die Fälligkeit des Befreiungsanspruches Allerdings besteht bei der Prozessfinanzierung die bereits erörterte Besonderheit, dass gemäß den Bestimmungen des Prozessfinanzierungsvertrages der Anspruch des Prozessfinanzierungsunternehmens auf Zahlung der Erfolgsbeteiligung erst dann entsteht, wenn der erlangte Erlös der finanzierten Rechtsdurchsetzung endgültig bei dem Anspruchsinhaber eingetreten ist.18 Darüber hinaus ist zu beachten, dass auch die konkrete Höhe des dem Prozessfinanzierungsunternehmens zustehenden Erfolgshonorars unsicher ist, da dieses von der Höhe des dem Anspruchsinhaber tatsächlich zugeflossenen Erlöses aus dem finanzierten Prozess abhängt.19 Die Verpflichtung des Anspruchsinhabers zur Zahlung der Erfolgsbeteiligung ist also aufschiebend bedingt gem. § 158 Abs. 1 BGB.20 Es ist mithin unklar, 15  Siehe zum schadensersatzrechtlichen Befreiunganspruch auch 3. Teil, 2. Kapitel, F.II. 16  Görmer, S. 56. 17  Bischoff, Georg, S. 241. 18  Siehe § 5 Abs. 4 des als Anlage beigefügten Prozessfinanzierungsvertrages der Legial AG. 19  Siehe § 5 Abs. 3 des als Anlage beigefügten Prozessfinanzierungsvertrages der Legial AG. 20  Sturm, S. 46; Dimde, S. 162.



4. Teil: Mehrbelastung für die Gerichte547

ob und in welcher Höhe der Anspruchsinhaber tatsächlich vom Prozessfinanzierungsunternehmen in Anspruch genommen und ihm hierdurch ein Schaden entstehen wird. Zudem sind auch Dauer von Gerichts- und einem etwaigen Vollstreckungsverfahren unsicher. Fließt dem Anspruchsinhaber kein Erlös aus dem Prozess zu, gelangt der Anspruch des Prozessfinanzierungsunternehmens auf Zahlung des Erfolgshonorars nicht zur Entstehung. Mithin stellt sich die Frage, welchen Einfluss es auf den Befreiungsanspruch hat, dass die Hauptverbindlichkeit, auf deren Befreiung er sich richtet, gemäß § 158 Abs. 1 BGB aufschiebend bedingt ist. In Literatur und Rechtsprechung wird die Frage diskutiert, ob die Fälligkeit des Befreiungsanspruches die Fälligkeit der Drittverbindlichkeit voraussetzt. Für die gesetzlich geregelten Befreiungsansprüche (z. B. §§ 738 Abs. 1 S. 3 und 775 Abs. 2 BGB) ergibt sich dies aus einem Umkehrschluss aus § 257 S. 2 BGB. Durch diese Norm wird dem Befreiungsschuldner bei fehlender Fälligkeit der Drittschuld die Möglichkeit eingeräumt, zunächst nur eine Sicherheit zu leisten. Daraus ist zu schließen, dass der Befreiungsanspruch auch schon vor Fälligkeit der Drittschuld fällig ist.21 Für die Fälligkeit des gesetzlichen Befreiungsanspruches genügt es also, dass die Drittforderung überhaupt entstanden ist.22 In Literatur und Rechtsprechung wird nun darüber diskutiert, ob die Regelungen in den §§ 257 S. 2, 738 Abs. 1 S. 3, 775 Abs. 2 BGB, soweit sie die sofortige Fälligkeit vorsehen, analog auf alle anderen gesetzlichen oder vertraglichen Befreiungsansprüche anwendbar sind.23 Allerdings kann an dieser Stelle auf eine ausführliche Problematisierung der Angelegenheit verzichtet werden. Grund hierfür ist, dass die Verpflichtung des Anspruchsinhabers zur Zahlung der Erfolgsbeteiligung nicht nur erst später fällig wird, sondern sogar aufschiebend bedingt gem. § 158 Abs. 1 BGB ist. Es ist zwischen der Entstehung und der Fälligkeit eines Anspruches zu unterscheiden. Das aufschiebend bedingte Rechtsgeschäft ist zwar ein tatbestandlich vollendetes Rechtsgeschäft. Allerdings fehlt diesem noch eine Wirksamkeitsvoraussetzung.24 Erst wenn die Bedingung eintritt, entsteht der Anspruch als Vollrecht.25 Mithin entstehen aufschiebend bedingte Ansprüche als Vollrecht erst im Zeitpunkt des Eintritts des künftigen Ereignisses.26 Dies gilt auch für den Anspruch des Prozessfinanzierungsunternehmens auf Zahlung des Erfolgshonorars gegenüber dem Anspruchsinhaber. Dieser entsteht gemäß den Bedingungen des 91, 73, 77 f.; Gerhardt, S. 22; Rimmelspacher, S. 89. 91, 73, 77 f.; Wilhelm, Birgit, S. 355; Görmer, S. 57 f. 23  Siehe zu dieser Frage die Ausführungen bei Görmer, S.  57 ff. m. w. N. 24  Siehe Meller-Hannich, S. 163. 25  Westermann, in: Müko/BGB, § 158 BGB Rdn.  38. 26  Siehe Meller-Hannich, S. 163. 21  BGHZ 22  BGHZ

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4. Teil: Mehrbelastung für die Gerichte

Prozessfinanzierungsvertrages erst dann, wenn der erlangte Erlös der finanzierten Rechtsdurchsetzung endgültig bei dem Anspruchsinhaber eingetreten ist.27 Sowohl zum Zeitpunkt der Klageerhebung als auch zum Zeitpunkt des Urteils über die Hauptforderung ist dieser bedingte Anspruch also nicht entstanden. dd) Auswirkungen der aufschiebenden Bedingtheit des Erfolgshonorars Vorstehend wurde festgestellt, dass der Anspruch des Prozessfinanzierungsunternehmens auf Zahlung des Erfolgshonorars gem. § 158 Abs. 1 BGB aufschiebend bedingt ist und erst dann zur Entstehung gelangt, wenn der erlangte Erlös der Rechtsdurchsetzung endgültig bei dem Anspruchsinhaber eingetreten ist. Mithin stellt sich die Frage, ob auch der schadensersatzrechtliche Befreiungsanspruch erst dann zur Entstehung gelangt, wenn auch die Drittverbindlichkeit endgültig entstanden ist, oder ob ein Befreiungsanspruch auch den Anspruch auf Eventualbefreiung umfassen kann. (1) Eventualbefreiung als geschuldete Befreiung In Literatur und Rechtsprechung ist die Frage, welchen Einfluss es auf den Befreiungsanspruch hat, dass die Hauptverbindlichkeit, auf deren Befreiung sie gerichtet ist, in ihrer Entstehung gem. § 158 Abs. 1 BGB aufschiebend bedingt ist, bislang überhaupt nicht systematisch erörtert. Lediglich Muthorst hat – soweit ersichtlich – sich der mit dieser Thematik eng verbundenen Frage angenommen, wie es sich auf den Befreiungsanspruch auswirkt, dass die Hauptverbindlichkeit, auf deren Befreiung sie gerichtet ist, möglicherweise gar nicht besteht – es sich also um eine Eventualverbindlichkeit handelt.28 Auch bei einem bedingten Rechtsgeschäft ist ungewiss, ob der Anspruch jemals entstehen wird.29 Dies hängt von der weiteren Entwicklung der Ereignisse ab – „die Parteien liefern sich in Bezug auf ihre endgültige Bindung gleichsam dem Gang der Dinge aus“.30 Da eine bedingte Forderung also letztlich nichts anderes als eine Eventualforderung darstellt, können die Argumente von Muthorst für die hier zu diskutierende Frage fruchtbar gemacht werden. Für die Beantwortung der Frage ist zu klären, ob das Bestehen eines Befreiungsanspruches das Bestehen einer Verbindlichkeit, von der zu befreien ist, voraussetzt. 27  Siehe § 5 Abs. 4 des als Anlage beigefügten Prozessfinanzierungsvertrages der Legial AG. 28  Muthorst, S.  212 ff. 29  So auch Roth, ZZP, S. 294. 30  Wolf, in: Soergel, § 158 BGB Rdn. 8.



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Die rechtliche Bewertung dieser Problematik ist – wie auch Muthorst31 feststellt – nicht einfach: Auf der einen Seite spricht die Rechtsnatur eines Befreiungsanspruches tatsächlich dafür, das Bestehen eines Befreiungsanspruches von dem Bestehen einer Verbindlichkeit abhängig zu machen – also Akzessorietät zwischen der Drittverbindlichkeit und dem Befreiungsanspruch zu verlangen.32 Immerhin sind Befreiungsansprüche auf die Herstellung des Zustandes gerichtet, der ohne Belastung mit der Verbindlichkeit bestehen würde.33 Das Vermögen des Befreiungsgläubigers ist also von einem Passivum zu entlasten.34 Dies scheint jedoch nur dann möglich, wenn das Vermögen überhaupt mit dem Passivum belastet ist. Auf der anderen Seite besteht jedoch weitgehend Einigkeit darüber, dass der Befreiungsanspruch „nicht der Wiederauffüllung des Aktivvermögens nach Eintritt eines Verlustes, sondern schon der Abwehr eines drohenden Verlustes“35 diene,36 sodass der Befreiungsgläubiger von dem Befreiungsschuldner verlangen könne, ihn von dem Risiko einer Inanspruchnahme durch den Gläubiger zu befreien.37 Dazu gehört auch die Abwehr unbegründeter bzw. nicht bestehender Forderungen. Dies hat der BGH erst kürzlich in einem Urteil bestätigt. Dort heißt es:38 „[…] die Pflicht zur Freistellung umfasst nicht nur die Verpflichtung, begründete Ansprüche zu erfüllen, sondern auch die Verpflichtung, unbegründete Ansprüche von dem Freistellungsgläubiger abzuwehren. Der Gefahr, eine unbegründete Forderung zu erfüllen oder sich wegen einer begründeten Forderung mit einer Klage überziehen zu lassen, soll der Freizustellende im Sinne der Freistellung enthoben werden.“

Bei einem solchen Verständnis des Befreiungsanspruches ist dessen Bestehen nicht von dem Bestehen der Verbindlichkeit abhängig.39 Diese Auffassung wird durch eine ökonomische Betrachtung bestätigt. Aus ökonomischer Sicht – so Muthorst – sei „eine Verbindlichkeit nichts anderes als ein In-Anspruch-genommen-werden-Können durch den Gläubiger“.40 Ob die Verbindlichkeit wirklich bestehe, sei hingegen – so Muthorst weiter – für 31  Muthorst,

S. 216. S. 216. 33  Muthorst, S. 216. 34  Muthorst, S.  216 m. w. N. 35  Muthorst, S. 217. 36  von Thur, S. 89. 37  BGHZ 55, 117, 120; 91, 73, 76  f.; siehe auch Görmer, S.  27 f.; Muthorst, S. 217. 38  BGH JZ 2008, 362, 364. 39  Muthorst, S. 213. 40  Muthorst, S. 216. 32  Muthorst,

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4. Teil: Mehrbelastung für die Gerichte

den Schuldner wirtschaftlich unbedeutend, soweit dieser hieraus keine für sich vorteilhaften Rechtsfolgen ableiten könne.41 Vielmehr sei die Entscheidung, ob der Befreiungsgläubiger mit einer Verbindlichkeit belastet sei, immer eine Prognoseentscheidung dahingehend, ob der Gläubiger ihn erfolgreich in Anspruch nehmen könne oder nicht.42 Aus Sicht des Befreiungsschuldners bedeute Befreiung von einer Verbindlichkeit also auch das Recht, von dem Befreiungsschuldner verlangen zu können, auf „belastbare Weise den Tatbestand eines dauernden Gegenrechts schaffen […], das der Befreiungsgläubiger dem Gläubiger der Hauptverbindlichkeit zur künftigen Abwehr des Leistungsverlangens mit Erfolg wird entgegenhalten können“.43 Auch eine Berücksichtigung der Interessen von Befreiungsgläubiger und Befreiungsschuldner hilft bei der Lösung des Problems nicht weiter: Dem Befreiungsgläubiger wird stets an einer möglichst weitgehenden Ausgestaltung des Befreiungsanspruches gelegen sein44 und damit auch an einer Eventualbefreiung.45 Er wird daher stets daran interessiert sein, künftige Auseinandersetzungen hinsichtlich der Drittforderung zu vermeiden.46 Darüber hinaus ist er mit dem Insolvenzrisiko des Befreiungsschuldners belastet, das er natürlich auch nicht tragen möchte.47 Demgegenüber sind die Interessen des Befreiungsschuldners vollkommen diametral. Diesem wird stets daran gelegen sein, „seine liquiden Mittel zu erhalten und nicht vor Fälligkeit der Drittforderungen durch deren Erfüllung, Abfindung oder Sicherheitsleistung zu binden.“48 Eine interessengerechte Lösung schlägt Muthorst vor: Seiner Auffassung nach komme es für die Bestimmung der Reichweite eines Befreiungsanspruches auf das den Befreiungsanspruch tragende Rechtsverhältnis an.49 Dabei bezieht er sich auf den BGH. Dieser selbst habe für die Bestimmung der Reichweite eines vertraglichen Befreiungsanspruches zutreffend auf den privatautonom gebildeten Parteiwillen abgestellt und sich dafür ausgesprochen, diesen durch eine Auslegung des zwischen den Parteien bestehenden vertraglichen Verhältnisses zu ermitteln.50 Dieser Auffassung ist zu folgen: 41  Muthorst,

S. 216. S. 216. 43  Muthorst, S.  216 f. 44  Muthorst, S. 220. 45  Muthorst, S. 220. 46  BGHZ 91, 73, 78. 47  BGHZ 91, 73, 78; Görmer, S. 60. 48  BGHZ 91, 73, 78; Görmer, S. 60. 49  Muthorst, S.  219 ff. 50  BGH NJW 1970, 1594, 1595; 1981, 870; 1983, 1729, 1730; 1990, 1366, 1367. Auf diese Argumentation weist Muthorst, S. 219, hin. 42  Muthorst,



4. Teil: Mehrbelastung für die Gerichte551

Auf eine Auslegung des Rechtsverhältnisses kommt es jedoch nicht nur bei vertraglichen, sondern auch bei gesetzlichen Befreiungansprüchen an, sodass für die „Frage danach, ob der Befreiungsanspruch die Eventualbefreiung umfasst, […] das den Befreiungsanspruch tragende Rechtsverhältnis sedes materiae [ist]“.51 Hierfür spricht der folgende von Muthorst vorgetragene überzeugende Aspekt: Ginge man davon aus, dass der Befreiungsanspruch den Bestand der Verbindlichkeit voraussetzt, müsste der Befreiungsgläubiger den Bestand der Verbindlichkeit darlegen und beweisen. Anderenfalls wäre der Befreiungsschuldner hierfür zuständig.52 Es sei deshalb durch eine Auslegung des Rechtsverhältnisses zu untersuchen, ob sich der Befreiungsschuldner gegenüber dem Befreiungsgläubiger auch verpflichtet habe, diesem das Risiko für den Bestand der Verbindlichkeit, von der er befreit werden soll, abzunehmen.53 Dabei gehe es also vor allem um die Frage, ob der Bestand des Befreiungsanspruches vom Bestand der Verbindlichkeit unabhängig sein soll. In diesem Fall wäre der Befreiungsgläubiger gegenüber dem Befreiungsschuldner nicht mit dem Risiko belastet, den Bestand der Verbindlichkeit darlegen und beweisen zu müssen. Mithin müsse aus der „Vorgeschichte des Befreiungsanspruches“54 geschlossen werden, ob der Befreiungsanspruch auch die Eventualbefreiung umfasse.55 (2) Reichweite der Naturalrestitution als tragendes Rechtsverhältnis Somit ist zu untersuchen, ob bei schadensersatzrechtlichen Befreiungsansprüchen der Bestand des Befreiungsanspruches vom Bestand der Verbindlichkeit unabhängig sein soll, sodass der Befreiungsgläubiger gegenüber dem Befreiungsschuldner nicht mit dem Risiko belastet ist, den Bestand der Verbindlichkeit nicht darlegen und beweisen zu können. Bei schadensersatzrechtlichen Befreiungsansprüchen wird vom BGH in ständiger Rechtsprechung die Auffassung vertreten, ein Schadensersatzanspruch wegen einer Belastung mit einer Verbindlichkeit setzte voraus, dass der Geschädigte tatsächlich mit der Verbindlichkeit belastet sei.56 Diese Auffassung wird in der Literatur geteilt. So trage der Geschädigte das Risiko, das ein Schaden nicht „erweislich“ sei.57 Diesen treffe die „Pflicht gegen sich selbst, den Schuldenstand gegenüber dem Gläubiger so transparent zu 51  Muthorst,

S. 219. S. 221. 53  Muthorst, S. 221. 54  Muthorst, S. 221. 55  Muthorst, S. 221. 56  RGZ 147, 248, 251; BGH NJW-RR 1987, 43, 44; BGH NJW 1974, 34, 34. 57  Muthorst, S. 222. 52  Muthorst,

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4. Teil: Mehrbelastung für die Gerichte

halten, dass er seine Belastung nach Grund und Höhe im Verhältnis zum Befreiungsschuldner darlegen und beweisen kann“.58 Daraus lasse sich – so Muthorst – schließen, dass dem Geschädigten bei der Naturalrestitution das Risiko für den Bestand der Verbindlichkeit nicht abgenommen werde und diese damit Voraussetzung für den Bestand des Befreiungsanspruches sei.59 Dem ist zuzustimmen. (3) Ergebnis Der Befreiungsanspruch ist zum Zeitpunkt der Erhebung der Klage bzw. des Urteils über den Hauptanspruch nicht nur nicht fällig, sondern auch noch nicht entstanden. ee) Fazit Das Rechtsschutzbedürfnis für eine Leistungsklage liegt nicht vor. b) Schlussfolgerungen Eine Leistungsklage ist nicht zulässig. 2. Klage wegen Besorgnis nicht rechtzeitiger Leistung gem. § 259 ZPO Verschafft man sich einen Überblick über die Klagearten der ZPO, stößt man auf die Klage wegen Besorgnis nicht rechtzeitiger Leistung gem. § 259 ZPO. Die Klage wegen Besorgnis nicht rechtzeitiger Leistung gem. § 259 ZPO gehört zu den in den §§ 257 bis 259 ZPO geregelten besonderen Arten der Leistungsklage, die es einem Kläger ermöglichen, unter bestimmten Umständen auch für künftige Ansprüche ein Leistungsurteil zu erhalten.60 Gem. § 259 ZPO kann eine derartige Klage auf zukünftige Leistung dann erhoben werden, wenn den Umständen nach die Besorgnis gerechtfertigt ist, dass der Schuldner sich der rechtzeitigen Leistung entziehen werde. Insofern stellt die sogenannte Klage auf künftige Leistung nach den §§ 257 bis 259 ZPO eine Ausnahme zur Leistungsklage61 und eine besondere Form des 58  Muthorst,

S.  222 f. S. 223. 60  Murach, S. 25. 61  Murach, S. 13. 59  Muthorst,



4. Teil: Mehrbelastung für die Gerichte553

„vorsorgenden“62 Rechtsschutzes dar.63 § 259 ZPO fördert also die effektive Rechtsdurchsetzung zugunsten des Klägers, der „bei Gefährdung seines Anspruches nicht, wie ansonsten erforderlich, mit der Erhebung der Klage warten muss, bis der Anspruch fällig ist, sondern diesen bereits gerichtlich geltend machen darf, wenn er – etwa mangels Ablauf einer Frist oder mangels Eintritt einer Bedingung – noch nicht fällig ist“.64 Das Rechtsschutzbedürfnis setzt mithin die Befürchtung voraus, dass der Schuldner bei Fälligkeit nicht leisten könnte.65 Letztlich sind die in den §§ 257 bis 259 ZPO enthaltenen Voraussetzungen Ausprägungen eines besonderen Rechtsschutzbedürfnisses und damit bedingte Prozessvoraussetzungen.66 Dies bedeutet, dass die Klage als unzulässig abzuweisen ist, wenn die Voraussetzungen des § 259 ZPO nicht vorliegen.67 Auf den ersten Blick scheint diese Klageart wie geschaffen für den Anspruchsinhaber zu sein, der nach einer Möglichkeit sucht, den zukünftigen Anspruch auf Prozesskostenerstattung – hier einen Anspruch auf Befreiung von der gegenüber dem Prozessfinanzierungsunternehmen eingegangenen Verbindlichkeit – schnell, sicher und kostengünstig in einem Verfahren gemeinsam mit der Hauptforderung einklagen zu können. Dieser Auffassung ist auch Siegert, der die Klage wegen der Besorgnis nicht rechtzeitiger Leistung gem. § 259 ZPO als die geeignete Art der gerichtlichen Geltendmachung von Erfolgshonoraren ansieht.68 Allerdings ist – wie zu zeigen sein wird – die Anwendbarkeit dieser Klageart auf die Durchsetzung des zukünftigen Erstattungsanspruch hinsichtlich eines Erfolgshonorars problematisch. Dabei sind zwei Problemkreise hervorzuheben: Zum einen ist zu erörtern, ob der erst in Zukunft – nämlich nach Erfüllung der Hauptforderung durch den Anspruchsgegner – entstehende schadensersatzrechtliche Befreiungsanspruch eine künftige Leistung i. S. d. § 259 ZPO darstellt. Zum anderen könnte sich ein Problem daraus ergeben, dass weder bei Klage­ erhebung noch zum Schluss der mündlichen Verhandlung feststeht, in welcher Höhe der Anspruchsgegner die Hauptforderung erfüllen wird. Da die 62  Henckel,

S. 105. S. 28. 64  BGH NJW-RR 2006, 1485, 1486. 65  Reichold, in: Thomas/Putzo, § 259 ZPO Rdn.  2. 66  Becker-Eberhard, in: Müko/ZPO, § 259 ZPO Rdn.  2; Murach, S. 24, 26. Allerdings ist dies umstritten. So vertritt vor allem Roth die Auffassung, bei den Voraussetzungen der §§ 257 bis 259 ZPO handele es sich nicht um prozessuale, sondern um materiell-rechtliche Voraussetzungen. Diese seien Gegenstand der Sachverhandlung und führten bei Nichtvorliegen zu einer Klageabweisung durch Sach­ urteil. Siehe dazu Roth, ZZP, S. 306 ff.; Roth, in: Stein/Jonas, § 259 ZPO Rdn.  1. 67  Murach, S. 24. 68  Siegert, S. 1770. 63  Murach,

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4. Teil: Mehrbelastung für die Gerichte

Höhe des Erfolgshonorars und damit auch der Umfang des Befreiungsanspruches prozentual von diesem Betrag abhängen, könnte dies Auswirkungen auf das Erfordernis der Bestimmtheit des Klageantrages gem. §§ 253 Abs. 2 Nr. 2, 308 Abs. 1 ZPO haben. a) Künftige Leistung gem. § 259 ZPO Zunächst gilt es zu erörtern, ob der erst in Zukunft – nämlich nach Erfüllung der Hauptforderung durch den Anspruchsgegner – entstehende schadensersatzrechtliche Befreiungsanspruch eine künftige Leistung i. S. d. § 259 ZPO darstellt. Dem Wortlaut des § 259 ZPO ist nicht eindeutig zu entnehmen, von welcher Qualität eine künftige Leistung sein muss, um von dieser Vorschrift erfasst zu sein. Ist es ausreichend, dass der Kläger auf den Erwerb einer derartigen Rechtsposition hoffen kann oder muss die künftige Leistung zum Zeitpunkt der Klageerhebung auf einer gesicherten Rechtsgrundlage beruhen? aa) Erfordernis einer starken Position des künftigen Gläubigers Die §§ 257 bis 259 ZPO sollen verhindern, „dass der Kläger mit dem Rechtsschutz zu spät kommt“69 und dienen somit der „Vermeidung von Wartezeiten und der Effektivitvät des Rechtsschutzes“.70 Der Rechtsschutz des Klägers wird quasi erweitert, da dieser, sofern die Voraussetzungen der in den §§ 257 bis 259 ZPO geregelten Klagearten vorliegen, nicht auf die Feststellungsklage angewiesen ist,71 sondern ihm die für ihn praktischere Leistungsklage offensteht. Allerdings – darauf weist Roth ausdrücklich hin – bringe jede Verurteilung zu einer künftigen Leistung eine Beschränkung des Verteidigungsrechts des Beklagten mit sich.72 Zwar könne der Beklagte nachträglich entstandene Einwendungen mit Hilfe der Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO oder der Abänderungsklage geltend machen. Jedoch sei ihm darüber hinaus die verteidigungsweise Geltendmachung seiner Rechte nicht möglich.73 Zudem sei nicht sicher, ob der Anspruch hinsichtlich der ausgeurteilten künftigen Leistung tatsächlich jemals entstehe oder fällig werde.74 Sei dies nicht der Fall – so Berkowsky – müs69  Murach,

S. 25. S. 25. 71  Becker-Eberhard, in: Müko/ZPO, § 259 ZPO Rdn.  1. 72  Roth, ZZP, S. 290. 73  Roth, ZZP, S. 290. 74  Berkowsky, S. 77. 70  Murach,



4. Teil: Mehrbelastung für die Gerichte555

se sich der Schuldner dagegen wehren, nicht aus dem „Zukunftstitel“ in Anspruch genommen werden zu können.75 Daher könne nur ein wichtiges Bedürfnis eine derartige Beeinträchtigung der Rechte des beklagten Schuldners rechtfertigen.76 Ein solch wichtiges Bedürfnis besteht nur dann, „wenn der künftige Gläubiger eine Rechtsposition innehat, die diesen Namen verdient“.77 Über eine solche starke Rechtsposition verfügt der künftige Gläubiger dann nicht, wenn er lediglich über eine Erwerbschance, also die Hoffnung auf den Anspruch auf eine künftige Leistung, verfügt. Der Anspruch auf die künftige Leistung muss daher auf einem „festen Rechtsboden“ bzw. einer „verfestigte[n] Rechtposition“78 beruhen. Mithin wird die bloße Erwartung bzw. Hoffnung auf den Erwerb einer bestimmten Rechtsposition nicht vom Anwendungsbereich des § 259 ZPO erfasst.79 bb) Anforderungen an die Qualität einer künftigen Leistung i. S. d. § 259 ZPO Das Erfordernis des „festen Rechtsbodens“ bzw. der verfestigten „Rechtsposition“ bedarf einer näheren Konkretisierung. (1) Anspruch muss bereits entstanden sein Das Erfordernis eines „festen Rechtsbodens“ könnte bedeuten, dass der Anspruch bereits entstanden sein muss und nur die Fälligkeit noch nicht gegeben sein darf. Auf den ersten Blick wird diese Auffassung durch den oftmals in Literatur und Rechtsprechung zu findenden Hinweis bestätigt, wonach § 259 ZPO nicht anwendbar sei, wenn ein Anspruch erst künftig entstehe.80 Vielmehr – so wird gefordert – müsse der Anspruch entstanden sein.81 Allerdings steht dies im Widerspruch zu der Tatsache, dass § 259 ZPO nach herrschender Auffassung „auch eine Verurteilung zur künftigen Leistung eines Anspruches, dessen Fälligkeit von einem künftigen Ereignis abhängt“,82 ermöglicht. Gegenstand einer Klage auf künftige Leistung nach § 259 ZPO können daher auch aufschiebend bedingte Ansprüche gem. 75  Berkowsky,

S. 77. ZZP, S. 290. 77  Preuß, S. 588. 78  Preuß, S. 588. 79  Murach, S. 146. 80  BLAH, § 259 ZPO Rdn. 4. 81  BGH NJW 2001, 2178, 2180; BGH NJW-RR 2003, 850, 856; OLG Karlsruhe OLGZ 1991, 448, 449. 82  Murach, S. 144. 76  Roth,

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4. Teil: Mehrbelastung für die Gerichte

§ 158 BGB sein.83 Aber auch bedingte Ansprüche entstehen als Vollrecht erst in der Zukunft, sind also noch nicht entstanden und mithin als eine Art künftige Ansprüche anzusehen.84 Das Erfordernis eines „festen Rechtsbodens“ bedeutet also nicht, dass der Anspruch bereits entstanden sein muss. (2) Vorliegen einer nicht mehr einseitig lösbaren Bindung Im bürgerlichen Recht findet sich des Öfteren der Begriff des künftigen Anspruches, so z. B. in den §§ 765 Abs. 2, 883 Abs. 1 S. 2, 1113 Abs. 2, 1204 Abs. 2, 1209 BGB. Auch hier stellt sich immer wieder die Frage, welche Qualität ein solcher künftiger Anspruch haben muss. Zumeist wird versucht, eine Parallele zwischen bedingten und zukünftigen Ansprüchen zu ziehen.85 Tatsächlich – so Meller-Hannich – entsprächen zukünftige und bedingte Ansprüche einander insoweit, als beide nicht entstanden sind. Beide entständen als Vollrecht erst in der Zukunft. Ein Recht sei jedoch nun einmal entweder entstanden oder nicht. Eine bedingte Schuld sei daher keine Schuld.86 Allerdings unterscheiden sie sich insoweit, dass es für bedingte Rechte Regelungen in den §§ 158 ff. BGB gibt. Nach diesen Regelungen ist ein bedingtes Recht dasjenige Recht, das durch ein bedingtes Rechtsgeschäft entstanden ist. In Abgrenzung dazu ist ein künftiges Recht ein Recht, für deren Entstehung es an einer oder mehreren Voraussetzungen fehlt.87 Mithin wird es als Merkmal eines künftigen Anspruchs angesehen, dass zwar noch kein gültiges Rechtsgeschäft vorliege, jedoch schon einzelne Elemente davon.88 Bedingte Ansprüche werden durch viele Regelungen geschützt. In diesen Zusammenhang sind beispielsweise die §§ 765 Abs. 2, 883 Abs. 1 S. 2, 1113 Abs. 2 BGB zu nennen. Hieraus folgt die Überlegung, dass künftige Ansprüche gleichermaßen schützenswert sind, wenn ihre Entstehungsvoraussetzungen denen des bedingten Rechtsgeschäfts strukturell ähneln89 und sie ähnliche Wirkungen entfalten wie bedingte Rechte.90 Hierfür spreche auch, dass die Abgrenzung zwischen künftigen und bedingten Ansprüchen kaum möglich sei und auch bei anderen künftigen Ansprüchen ein Sicherungsinteresse vorliegen könne, das nicht geringer als bei 83  RGZ 51, 243, 244; 90, 177, 181; 94, 227, 228, BGHZ 5, 342, 344; 147, 225, 231; BLAH, § 259 ZPO Rdn. 1; weitere Nachweise bei Roth, ZZP, S. 288, Fn. 12. 84  Meller-Hannich, S. 163. Siehe dazu auch die weiteren Ausführungen. 85  Meller-Hannich, S. 163. 86  Meller-Hannich, S. 174. 87  Meller-Hannich, S.  163 f. 88  Roth, ZZP, S. 295. 89  Preuß, S.  587 ff.; Meller-Hannich, S.  174 f. 90  Meller-Hannich, S. 174,



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bedingten Ansprüchen sei.91 Bei näherer Betrachtung der Rechtsposition des bedingt Berechtigten lassen sich tatsächlich einige Kriterien ausmachen. Als wichtigstes Kriterium ist es dabei anzusehen, „dass eine von dem Verpflichteten nicht mehr einseitig zerstörbare Bindung vorliegt“92 und der Anspruch bei Eintritt der Bedingung „ohne weitere Einflussmöglichkeiten des künftig Verpflichteten entsteht“.93 Demnach ist „also die Bindung des Verpflichteten das ausschlaggebende Moment, um einen hinreichend festen Rechtsboden für den künftigen Anspruch anzunehmen“.94 Der Verpflichtete darf nicht mehr in der Lage sein, die Verpflichtung einseitig lösen zu können.95 Weitere Kriterien sind bei Meller-Hannich zu finden. Nach deren Auffassung müssten aus dem Rechtsverhältnis auch Treue- und Erhaltungspflichten zwischen den Parteien erwachsen.96 Im Ergebnis ist also festzustellen, dass ein schützenswertes künftiges Recht nur dann vorliegt, wenn zwischen den Parteien eine Bindung vorliegt, die der Verpflichtete nicht mehr einseitig lösen kann und aus der der künftige Anspruch bei Eintritt bestimmter Vo­ raussetzungen ohne weitere Einflussmöglichkeiten des künftig Verpflichteten besteht. Allerdings wird es auch als ausreichend angesehen, wenn sich der eingeklagte Anspruch aus einem schon bestehenden Rechtsverhältnis allein aufgrund des eigenen Verhaltens des Beklagten entwickelt.97 Mithin liegt eine künftige Leistung i. S. d. § 259 ZPO dann vor, wenn der eingeklagte Anspruch seine Grundlage in einem Rechtsverhältnis findet, „dessen rechtserzeugende Tatsachen schon eingetreten sind“.98 Dieses Begriffsverständnis wird auch durch den Wortlaut und die Systematik des § 259 ZPO gestützt. Zum einen lässt die Verwendung des Begriffs der „künftigen Leistung“ in § 259 ZPO darauf schließen, dass die Verfasser des ZPO davon ausgegangen sind, dass zwischen den Parteien bereits eine Bindung vorliegen muss. Unter dem Begriff der Leistung ist „jede gewollte und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens“99 zu verstehen. Eine Leistung dient immer der Erfüllung eines bestimmten Zwecks und setzt daher eine zwischen den Parteien bestehende Bindung voraus.

91  Grunsky,

in: Stein/Jonas, § 916 ZPO Rdn.  9. S. 591. 93  Preuß, S. 589. 94  Meller-Hannich, S.  163 f. 95  Meller-Hannich, S.  174 f. 96  Meller-Hannich, S.  174 f. 97  BGH NJW 1999, 954, 955; BGH NJW-RR 2003, 850, 856. 98  BGH NJW-RR 2003, 850, 856; siehe auch BGH NJW-RR 2001, 957, 957, zu § 256 ZPO. 99  Sprau, in: Palandt, § 812 BGB Rdn. 14. 92  Preuß,

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4. Teil: Mehrbelastung für die Gerichte

(3) Unsicherheit bezüglich des Entstehens Es ist fraglich, ob ein Sicherungsbedürfnis des künftigen Gläubigers auch dann besteht, wenn die Entstehung des künftigen Anspruches von einem in der Zukunft liegenden Ereignis abhängt. Hängt die Entstehung eines Anspruches von einem in der Zukunft liegenden Ereignis ab, ist es immer unsicher, ob dieses Ereignis tatsächlich eintreten und der Anspruch tatsächlich entstehen wird. Mithin stellt sich die Frage, ob es angesichts dieser Unsicherheiten gerechtfertigt ist, die prozessualen Verteidigungsrechte des Beklagten durch die Zulässigkeit einer Klage gem. § 259 ZPO einzuschränken. Künftigen Ansprüchen ist jedoch immer eine gewisse Unsicherheit immanent. Dies wird im Anwendungsbereich des § 259 ZPO auch in Kauf genommen. „Niemand hat prophetische Gaben, auch nicht der entschei­ dende Richter.“100 So sind nach heute herrschender Auffassung auch aufschiebend bedingte Ansprüche vom Anwendungsbereich des § 259 ZPO umfasst,101 „sofern sie in einem bereits bindend vorgenommenen Rechtsgeschäft oder in einem bereits bestehenden Rechtsverhältnis ihre Grundlage finden“,102 obwohl der Eintritt einer Bedingung nicht sicher ist, jedoch von den Parteien oder einem Dritten beeinflusst werden kann.103 Zudem wird davon ausgegangen, dass es nicht erforderlich ist, dass eine Leistung mit Sicherheit geschuldet wird. Es wird lediglich verlangt, dass die Leistung geschuldet bleibt, sofern sich nicht etwas Unerwartetes ereignet.104 Eine Klage gem. § 259 ZPO ist also auch dann zulässig, wenn die künftige Leistung von einem ungewissen in der Zukunft liegenden Ereignis abhängt – die Leistung also beispielsweise gem. § 158 BGB aufschiebend bedingt ist. Zudem ist zu berücksichtigen, dass der Schuldner auch dadurch geschützt wird, dass das „Zukunftsurteil“ zunächst nicht vollstreckbar ist. Die Vollstreckungsklausel wird erst im Klauselerteilungsverfahren gem. § 726 ZPO erteilt, in dem der Eintritt der für die Anspruchsentstehung noch offenen Tatsachen zu erbringen ist.105 Diese am Schluss der mündlichen Verhandlung immer noch bestehende Ungewissheit schadet einer Anwendbarkeit des § 259 ZPO also nicht. Vielmehr sollen die §§ 257 bis 259 ZPO gerade verhindern, „dass der Kläger mit dem Rechtsschutz zu spät kommt“.106 Bei einer Gefährdung seines 100  Berkowsky,

S. 77. die Nachweise in Fn. 83. 102  Roth, ZZP, S. 303. 103  Murach, S. 149. 104  Vossen, S. 386. 105  Siehe dazu genauer 4. Teil, A.I.2.e). 106  Murach, S. 25. 101  Siehe



4. Teil: Mehrbelastung für die Gerichte559

Anspruches soll es dem Kläger ermöglicht werden, einen Anspruch auch schon dann gerichtlich geltend machen zu können, wenn dieser etwa erst in Zukunft fällig wird.107 § 259 ZPO ist als eine „Art Generalklausel für sämtliche zwar nach Grund und Höhe auf einem gegenwärtigen Rechtsverhältnis nach § 256 [ZPO] beruhenden, aber noch nicht fälligen Ansprüche aller Arten“108 zu verstehen. (4) Gegenwärtiger Vermögenswert des Anspruches Im Rahmen des § 259 ZPO kommt es für die Beurteilung der Festigkeit eines künftigen Rechts noch auf ein weiteres Kriterium an: In Rechtsprechung und Literatur besteht Einigkeit darüber, dass nicht alle künftigen Leistungsrechte es rechtfertigen, die prozessualen Rechte des Beklagten durch die Zulässigkeit einer Klage gem. § 259 ZPO zu beschränken.109 Vielmehr muss dem Anspruch ein gewisser Vermögenswert zukommen – so eine Auffassung in der Literatur110 – bzw. muss dieser – so die Rechtsprechung111 – mit Ausnahme von einer in das Urteil aufzunehmenden Bedingung – in seinem Bestand gewiss sein. Da die Abgrenzungskriterien der Rechtsprechung recht unkonkret sind, scheint es sinnvoll zu sein, für die Frage der Zulässigkeit des § 259 ZPO mit der Literatur darauf abzustellen, ob dem geltend gemachten Anspruch ein Vermögenswert zukommt. Die Literatur wendet hier § 916 Abs. 2 ZPO analog an.112 Gemäß § 916 Abs. 2 ZPO scheidet ein Arrestanspruch nicht dadurch aus, dass ein Anspruch bedingt ist, „es sei denn, dass der bedingte Anspruch wegen der entfernten Möglichkeit des Eintritts der Bedingung einen gegenwärtigen Vermögenswert nicht hat“. Ein bedingter Anspruch ist nach dieser Auffassung also dann nicht gem. § 259 ZPO einklagbar, wenn er wirtschaftlich wertlos ist. (5) Prozessökonomische Erwägungen Darüber hinaus können ergänzend prozessökonomische Erwägungen bei der Entscheidung über die grundsätzliche Anwendbarkeit des § 259 ZPO herangezogen werden, und zwar immer unter dem Blickwinkel, dass der

107  BGH

NJW-RR 2006, 1485, 1486. § 259 ZPO Rdn. 1. 109  Roth ZZP, S. 304. 110  Roth, ZZP, S. 304; Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 89, Rdn. 18, S. 488; BeckerEberhard, in: Müko/ZPO § 259 ZPO Rdn. 4. 111  RGZ 168, 321, 325; BGHZ 43, 28, 31. 112  Roth, ZZP, S. 304; Rosenberg/Schwab, § 89, Rdn. 18, S. 488. 108  BLAH,

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4. Teil: Mehrbelastung für die Gerichte

Kläger nicht zwei Prozesse bezüglich desselben Sachverhalts führen muss.113 Auch in Entscheidungen des BGH sind prozessökonomische Erwägungen im Zusammenhang mit der Prüfung der Zulässigkeit der Klage gem. § 259 ZPO zu finden.114 (6) Ergebnis Im Ergebnis ist festzustellen, dass der künftige Gläubiger eine solche starke Rechtsposition innehaben muss, die eine Beeinträchtigung der Rechte des Beklagten durch die Zulässigkeit einer Klage gem. § 259 ZPO rechtfertigt. Eine solche starke Rechtsposition hat der Gläubiger nur dann, wenn zwischen den Parteien eine Bindung besteht, die der Verpflichtete nicht mehr einseitig lösen kann und aus dem der künftige Anspruch bei Eintritt bestimmter Voraussetzungen ohne weitere Einflussmöglichkeiten des künftig Verpflichteten entsteht. Mithin muss der eingeklagte Anspruch seine Grundlage in einem Rechtsverhältnis finden, „dessen rechtserzeugende Tatsachen schon eingetreten sind“.115 Dabei schadet es nicht, wenn der Eintritt der Voraussetzungen für die Entstehung des Anspruchs unsicher ist. Das Vorliegen einer gewissen Unsicherheit wird im Anwendungsbereich des § 259 ZPO in Kauf genommen. Allerdings muss dem künftigen Anspruch auf künftige Leistung ein Vermögenswert zukommen. Darüber hinaus können ergänzend prozessökonomische Erwägungen zur Auslegung herangezogen werden. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bewertung ist der Schluss der mündlichen Verhandlung. Liegen zu diesem Zeitpunkt die allgemeinen Prozessvoraussetzungen vor, genügt dies für die Zulässigkeit der Klage.116 b) Schadensersatzrechtlicher Anspruch auf Befreiung von der gegenüber dem Prozessfinanzierungsunternehmen bestehenden Verbindlichkeit = eine künftige Leistung i. S. d. § 259 ZPO? Demzufolge ist zu prüfen, ob der Anspruchsinhaber als künftiger Inhaber eines schadensersatzrechtlichen Befreiungsanspruches bezüglich des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars eine solch starke Rechtsposition innehat, die eine Beeinträchtigung der Rechte des Beklagten durch die Zulässigkeit einer Klage gem. § 259 ZPO rechtfertigt.

Murach, S. 154. NJW 1965, 440, 441; 1999, 954, 955. 115  BGH NJW-RR 2003, 850, 856; siehe auch 2001, 957, 957 zu § 256 ZPO. 116  Greger, in: Zöller, vor § 253, Rdn. 9. 113  Siehe 114  BGH



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aa) Vorliegen einer nicht mehr einseitig lösbaren Bindung Zwischen Anspruchsinhaber und Anspruchsgegner liegt zum Schluss der mündlichen Verhandlung über die Hauptforderung eine Bindung vor, die der Anspruchsgegner nicht mehr einseitig lösen kann. Zu diesem Zeitpunkt sind nämlich die Tatbestandsvoraussetzungen des Verzugs gem. §§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB – soweit ein solcher gegeben ist – bereits erfüllt. Der Verzug setzt gem. §§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB voraus, dass der Schuldner eine geschuldete Leistung bei Fälligkeit nicht erbracht hat. Das einen Verzug auslösende schädigende Verhalten des Schädigers liegt also in der Vergangenheit und ist zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung bereits abgeschlossen. Zum Schluss der mündlichen Verhandlung über die Hauptforderung des Anspruchsinhabers kann also vom Richter bereits entschieden werden, ob die Voraussetzungen des Verzugs gem. §§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB vorliegen und in welchem Umfang der Anspruchsgegner grundsätzlich für den Verzögerungsschaden einzustehen hat. Die Schädigungshandlung ist zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschlossen.117 Dem steht auch nicht entgegen, dass der Umfang der Ersatzpflicht erst nach einiger Zeit festgestellt werden kann. Ganz im Gegenteil ist dies in der Praxis nicht ungewöhnlich.118 Das aus dem Verzug des Anspruchsgegners resultierende gesetzliche Schuldverhältnis zwischen Anspruchsinhaber und Anspruchsgegner bildet die Grundlage für den Befreiungsanspruch hinsichtlich des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars. Wie im Rahmen dieser Abhandlung bereits festgestellt wurde, handelt es sich bei den Kosten der Prozessfinanzierung um eine dem Anspruchsgegner grundsätzlich zurechenbare Schadensposition, die zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung über die Hauptforderung lediglich unter der aufschiebenden Bedingung des Eingangs des Prozesserlöses beim Anspruchsinhaber steht. Sobald diese Bedingung gem. § 158 BGB eintritt, entsteht auch der schadensersatzrechtliche Befreiungsanspruch. Insofern ist zwischen dem schadensersatzrechtlichen Rechtsverhältnis als Grundlage des Befreiungsanspruches und dem Befreiungsanspruch als eine Form der Naturalrestitution zum Ausgleich des Schadens zu unterscheiden. 117  Und zwar anders als in einem vom OLG Düsseldorf (OLG Düsseldorf ­ RUR-RR 2002, 48, 48) entschiedenen Fall, bei dem es um einen Anspruch auf G Rechnungslegung zur Bezifferung von Schadensersatz für eine Patentverletzung nach § 139 Abs. 2 PatG ging. U. a. hatte die Klägerin eine Verurteilung des Beklagten gem. § 259 ZPO zur Vorlage künftiger Rechnungen für in der Zukunft liegende Verletzungen beantragt. Das OLG Düsseldorf hatte die Klage insoweit abgewiesen. Die Voraussetzungen eines gesetzlichen Schuldverhältnisses seien nicht erfüllt, da die Schädigungshandlungen in der Zukunft lägen. Siehe dazu Murach, S. 147, der auf diese Entscheidung hingewiesen hat. 118  BGH NJW 2009, 910, 910.

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4. Teil: Mehrbelastung für die Gerichte

Zu überlegen bleibt, welche Auswirkungen der Tatsache zukommt, dass der Anspruchsgegner direkten Einfluss auf den Eintritt der Bedingung und der Fälligkeit des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars hat, denn beides tritt – wie bereits ausgeführt – erst in dem Augenblick ein, in dem der Anspruchsgegner die Hauptforderung freiwillig oder im Wege der Zwangsvollstreckung erfüllt. Es liegt also allein in der Hand des Anspruchsgegners die Fälligkeit und den Bedingungseintritt des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars herbeizuführen. Bei bedingten Rechtsgeschäften wird eine Bedingung, deren Eintritt vom Verhalten des bedingt Verpflichteten abhängt, als Potestativbedingung bezeichnet und als ausreichend betrachtet.119 Demzufolge wird es auch im Zusammenhang mit § 259 ZPO als ausreichend angesehen, wenn sich der eingeklagte Anspruch aus einem schon bestehenden Rechtsverhältnis allein aufgrund des eigenen Verhaltens des Beklagten entwickelt.120 Letztlich ist zu berücksichtigen, dass auch, wenn formal gesehen nicht der Befreiungsanspruch, sondern nur die Drittforderung bedingt ist, eine Parallele zu den gem. § 158 BGB aufschiebend bedingten Ansprüchen besteht. Auch der Befreiungsanspruch entsteht in der juristischen Sekunde, in der der Anspruchsgegner die Hauptforderung erfüllt und der Anspruch des Prozessfinanzierungsunternehmens gegenüber dem Anspruchsinhaber auf Zahlung des vereinbarten Erfolgshonorars entsteht. Somit ist auch der Befreiungsanspruch quasi bedingt. Diese Tatsache rechtfertigt es mithin ebenso, einen solchen Anspruch in diesem Zusammenhang wie einen bedingten Anspruch zu behandeln und als künftige Leistung gem. § 259 ZPO anzusehen. Zwar erwachsen aus einem schadensersatzrechtlich geprägten Schuldverhältnis keine Treue- und Erhaltungspflichten. Hier wird jedoch die Auffassung vertreten, dass das Vorhandensein von Treue- und Erhaltungspflichten nur ein Indiz darstellt. Für die Bewertung kommt es entscheidend darauf an, dass eine von dem Verpflichteten nicht mehr einseitig zerstörbare Bindung vorliegt. bb) Wahrscheinlichkeit der Entstehung des künftigen Anspruches Des Weiteren ist fraglich, wie es sich auf das Sicherungsbedürfnis des Gläubigers auswirkt, dass zum Schluss der mündlichen Verhandlung noch nicht endgültig feststeht, ob das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar und damit der Befreiungsanspruch zur Entstehung gelangen werden. Jedoch steht am Schluss der mündlichen Verhandlung mit einer hohen Wahrscheinlichkeit fest, ob der Befreiungsanspruch zur Entstehung gelan119  Preuß, 120  BGH

S. 588 – m. w. N. NJW 1999, 954, 955; BGH NJW-RR 2003, 850, 856.



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gen wird oder nicht. Zum einen entscheidet das Gericht über die Berechtigung der Hauptforderung. Ist diese berechtigt und wird erfolgreich durchgesetzt, tritt die Bedingung für die Entstehung des Anspruches des Prozessfinanzierungsunternehmens bezüglich des Erfolgshonorars ein. Zum anderen kann das Gericht – sofern eine Klage gemäß § 259 ZPO für zulässig gehalten wird – auch eine Entscheidung darüber treffen, ob die dem Anspruchsinhaber durch die Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens entstandenen Kosten grundsätzlich vom erstattungsfähigen Verzugsschaden umfasst sind – und damit überhaupt ein Befreiungsanspruch entstehen kann. Zum Schluss der mündlichen Verhandlung besteht daher lediglich noch eine Ungewissheit darüber, ob und wann die Hauptforderung vom Anspruchsgegner freiwillig gezahlt bzw. im Wege der Zwangsvollstreckung vom Anspruchsinhaber erlangt und damit die Bedingung für die Entstehung des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars eintreten wird. Wie bereits ausgeführt, schadet eine am Schluss der mündlichen Verhandlung immer noch bestehende Ungewissheit der Anwendbarkeit des § 259 ZPO nicht. Eine gewisse Unsicherheit ist künftigen Ansprüchen also immanent und wird im Anwendungsbereich des § 259 ZPO auch in Kauf genommen. Vielmehr wird es nicht für erforderlich gehalten, dass eine Leistung mit Sicherheit geschuldet wird. Es wird lediglich verlangt, dass die Leistung geschuldet bleibt, sofern sich nicht etwas vollkommen Unerwartetes ereignet.121 Dabei ist jedoch zu beachten, dass der Grad der Ungewissheit auch von der Art des Anspruchsgegners abhängt. Ist dieser eine Bank, eine Behörde oder ein großes Unternehmen kann mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass die Hauptforderung auch durchgesetzt werden kann. Aber auch bei anderen Anspruchsgegnern kann zunächst einmal Bonität vorausgesetzt und damit von einer erfolgreichen Vollstreckung des Urteils über die Hauptforderung ausgegangen werden. cc) Vermögenswert Des Weiteren ist zu prüfen, ob dem Befreiungsanspruch zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung ein Vermögenswert zukommt. Ein Vermögenswert kommt einem Anspruch dann zu, wenn der Bedingungseintritt wahrscheinlich ist.122 Der Bedingungseintritt darf also nicht weit entfernt liegen.123 Vorstehend wurde bereits ausgeführt, dass das Gericht zum Schluss der mündlichen Verhandlung sowohl über die Berechtigung der Hauptforderung als auch über die grundsätzliche Zurechenbarkeit 121  Vossen,

S. 386. in: Müko/ZPO, § 916 ZPO Rdn.  9. 123  Mayer, in: Vorwerk/Wolf, § 916 ZPO Rdn.  25. 122  Drescher,

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4. Teil: Mehrbelastung für die Gerichte

des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars entscheiden kann. Zum Schluss der mündlichen Verhandlung besteht daher lediglich noch eine Ungewissheit darüber, ob und wann die Hauptforderung vom Anspruchsgegner freiwillig gezahlt bzw. im Wege der Zwangsvollstreckung vom Anspruchsinhaber erlangt wird und damit die Bedingung für die Entstehung des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars eintritt bzw. damit auch der Befreiungsanspruch entsteht. Dabei ist jedoch zu beachten, dass der Grad der Ungewissheit auch von der Art des Anspruchsgegners abhängt. Ist dieser eine Bank, eine Behörde oder ein großes Unternehmen, kann – wie bereits ausgeführt – mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass die Hauptforderung auch durchgesetzt werden kann. Aber auch bei anderen Anspruchsgegnern kann zunächst einmal Bonität vorausgesetzt und damit von einer erfolgreichen Vollstreckung des Urteils über die Hauptforderung ausgegangen werden. In der Regel wird dem Befreiungsanspruch also ein Vermögenswert zukommen. dd) Prozessökonomische Erwägungen Darüber hinaus sprechen prozessökonomische Gründe für eine grundsätzliche Anwendbarkeit des § 259 ZPO. Es liegt zum einen im Interesse des klagenden Gläubigers, den materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch bereits im Prozess um die primäre Leistungspflicht geltend zu machen. Der Anspruchsinhaber erhält hierdurch einen Zeitgewinn und muss nicht zwei Prozesse hinsichtlich derselben Sachverhaltsfeststellungen betreiben.124 Zum anderen ist es dem Gericht so möglich, in einem Prozess über die Voraussetzungen und alle dem Anspruchsgegner zurechenbaren Schadensfolgen des Verzuges – auch das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar – zu entscheiden. Es müsste bezüglich des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars kein zweiter Prozess angestrengt werden. Insofern fördert die Anwendbarkeit des § 259 ZPO die Prozessökonomie. ee) Ergebnis Im Ergebnis ist festzustellen, dass der Anspruchsinhaber als künftiger Inhaber eines schadensersatzrechtlichen Befreiungsanspruches bezüglich des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars eine solch starke Rechtsposition innehat, die eine Beeinträchtigung der Rechte des Beklagten durch die Zulässigkeit einer Klage gem. § 259 ZPO rechtfertigt.

124  Siehe

Murach, S. 154.



4. Teil: Mehrbelastung für die Gerichte565

ff) Fazit Eine künftige Leistung i. S. d. § 259 ZPO liegt vor. c) Bestimmtheit gem. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO Da weder bei Klageerhebung noch zum Schluss der mündlichen Verhandlung feststeht, in welcher Höhe der aus dem zwischen Anspruchsinhaber und Anspruchsgegner bestehenden schadenseratzrechtlichen Schuldverhältnis resultierende Befreiungsanspruch entstehen wird, könnte die Bestimmtheit des Klageantrages problematisch sein. aa) Anforderungen an die Bestimmtheit eines Klageantrages Die Zulässigkeit einer Leistungsklage setzt gem. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO einen bestimmten Klageantrag voraus. Der geltend zu machende Anspruch muss im Klageantrag inhaltlich und umfänglich konkret bezeichnet werden, denn das Gericht ist gemäß § 308 ZPO an den Parteiantrag gebunden.125 Dies gilt auch für eine Klage wegen Besorgnis nicht rechtzeitiger Leistung gem. § 259 ZPO. Auch bei dieser Klageart muss der Anspruch nach Grund und Inhalt bestimmt sein.126 Ein Klageantrag ist dann hinreichend bestimmt, „wenn er den erhobenen Anspruch konkret bezeichnet, dadurch den Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) absteckt, Inhalt und Umfang der materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung (§ 322 ZPO) erkennen lässt, das Risiko eines Unterliegens des Klägers nicht durch vermeidbare Ungenauigkeit auf den Beklagten abwälzt und schließlich eine Zwangsvollstreckung aus dem Urteil ohne eine Fortsetzung des Streits im Vollstreckungsverfahren erwarten lässt.“127

Fehlt ein bestimmter Klageantrag, muss die Klage als unzulässig abgewiesen werden.128 bb) Andere Anforderung an die Bestimmtheit des Klageantrages bei einer Befreiungsklage? Es ist umstritten, welche Anforderungen an die Bestimmtheit eines Klageantrages bei einer Klage auf Befreiung von einer Verbindlichkeit zu stellen sind. 125  Görmer, S. 78; Wilhelm, Birgit, S. 355, siehe dazu auch Paulus, Zivilprozessrecht, S.  75 ff. 126  BLAH, § 259 ZPO Rdn. 12. 127  BGH NJW 1999, 954, 954; siehe auch Greger, in: Zöller, § 253 ZPO Rdn. 13. 128  Geisler, in: Prütting/Gehrlein, § 253 ZPO Rdn.  16.

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4. Teil: Mehrbelastung für die Gerichte

(1) Weite Auffassung: Geringere Anforderungen bei Befreiungsklage Zum einen wird die Auffassung vertreten, dass an die Bestimmtheit des Klageantrages bei einer Befreiungsklage weniger strenge Anforderungen als üblich zu stellen seien.129 Anders als bei einer Zahlungsklage sei eine „Klage auf Befreiung von einer Verbindlichkeit nicht auf die Zahlung einer bestimmten Geldsumme gerichtet, sondern auf die Befreiung“130 von dieser. Die Probleme, die sich aus einer noch unbestimmten Hauptforderung ergeben, kämen – so Bischoff – erst bei der Vollstreckung zum Tragen.131 Zudem sei in dem Erfordernis eines bestimmten Antrages „nur eine saubere prozessuale These“132 zu sehen. Bischoff – so versteht Görmer ihn – sieht also das Bestimmtheitserfordernis nicht als begründetes, zwingendes Zulässigkeitserfordernis an.133 Folgte man dieser Auffassung, hätte es auf die Zulässigkeit einer Klage gem. § 259 ZPO keine Auswirkungen, dass zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht feststeht, in welcher Höhe der aus dem zwischen Anspruchsinhaber und Anspruchsgegner bestehenden schadensersatzrechtlichen Schuldverhältnis resultierende Befreiungsanspruch entstehen wird. Die Bestimmung der Höhe des zu vollstreckenden Betrages würde im Vollstreckungsverfahren nachgeholt werden können. Mithin würde die Zulässigkeit einer Klage gem. § 259 ZPO nicht am Bestimmtheitserfordernis der §§ 253 Abs. 2 Nr. 2, 308 Abs. 1 ZPO scheitern. (2) E  nge Auffassung: Notwendigkeit einer genauen Bestimmung der Verbindlichkeit auch bei Befreiungsklage Nach anderer Auffassung muss die Verbindlichkeit, von der Befreiung verlangt wird, nach Grund und Höhe eindeutig bestimmt sein.134 Es sei anzugeben, „gegenüber wem, aus welchem Grund und insbesondere in welcher Höhe die Verbindlichkeit besteht“.135 Dem § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO komme ein unbedingter Geltungsanspruch zu. Dies ergebe sich nicht nur 129  Bischoff, Hans-Helmut, S.  1444 ff.; Bischoff, Georg, S. 240 ff.; Rimmelspacher, S. 89, hält die Leistungsklage bei Befreiungsansprüchen auch dann für statthaft, wenn die Drittschuld in ihrem Umfang noch unbestimmt ist. Daraus ist zu schließen, dass er an die Bestimmtheit eines Klageantrages bei einer Befreiungsklage keine hohen Anforderungen stellt. 130  Bischoff, Georg, S.  240 f. 131  Bischoff, Georg, S. 241. 132  Bischoff, Hans-Helmut, S.  1449 f. 133  Görmer, S. 83. 134  OLG Düsseldorf MDR 1982, 942; Görmer, S. 79; Wilhelm, Birgit, S.  355 f. 135  Görmer, S. 79.



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aus dem System der ZPO, sondern auch unter Berücksichtigung der Inte­ ressen von Befreiungsgläubiger und Befreiungsschuldner.136 Folgte man dieser Auffassung, müsste der Klageantrag genau beziffert sein.137 Die Notwendigkeit einer Bezifferung des Klageantrages gilt grundsätzlich auch bei einem Schadensersatzanspruch.138 Eine Berechnung kann ausnahmsweise dann offen bleiben, wenn eine Ermittlung auf der Grundlage allgemein zugänglicher und bekannter Faktoren möglich ist. Dazu gehören beispielsweise der Mehrwertsteuersatz, der Basiszinssatz und sonstige Indizes.139 Bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung ist es jedoch nicht möglich, den Befreiungsanspruch genau zu beziffern. Zudem kann er auch nicht anhand allgemein zugänglicher und bekannter Faktoren ermittelt werden. Folgte man dieser Auffassung, würde es an einem bestimmten Klageantrag fehlen und die Klage müsste als unzulässig abgewiesen werden. Allerdings müsste das Gericht gem. § 139 ZPO prüfen, ob der Antrag in einen Feststellungsanspruch umgedeutet werden kann.140 (3) Vermittelnder Lösungsansatz des BGH Einen vermittelnden Ansatz vertritt der BGH. Dieser hält zwar prinzipiell am Bestimmtheitsprinzip fest, sieht jedoch bei Befreiungsklagen anstelle einer exakten Bezifferung des Klageantrages einen sogenannten „Anhalt“ über den Umfang der Verbindlichkeit als ausreichend an.141 Der BGH stellt also bei Befreiungsansprüchen etwas geringere Anforderungen an das Bestimmtheitserfordernis. Folgte man dieser Auffassung, wäre zu untersuchen, ob es einen ausreichenden Anhalt über den Umfang der Verbindlichkeit darstellt, den Streitgegenstand als einen konkreten Prozentsatz entweder der Hauptforderung oder des vom Beklagten hiervon gezahlten Teilbetrages zu beziffern. Bei der Beurteilung sind Sinn und Zweck des Bestimmtheitsgebots des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zu beachten. Auch wenn bei einem Befreiungsanspruch ein Anhalt über den Umfang der Verbindlichkeit als ausreichend erachtet wird, muss dieser doch so konkret sein, dass den Funktionen des Bestimmtheitsgebots des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO Rechnung getragen wird. Dabei 136  Görmer,

S.  83 ff. in: Prütting/Gehrlein, § 253 ZPO Rdn.  18. 138  BLAH, § 253 ZPO Rdn. 50. 139  Geisler, in: Prütting/Gehrlein, § 253 ZPO Rdn.  18. 140  BLAH, § 253 ZPO Rdn. 65. 141  BGH NJW 1980, 1450, 1450; 1981, 870; 1990, 1366, 1367. Zudem auch BLAH, § 253 ZPO Rdn. 65; siehe auch Görmer, S. 93, 95, der sich dieser Auffassung jedoch nicht anschließt. 137  Geisler,

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sollen zwei Aspekte in den Vordergrund gerückt werden, und zwar zum einen der der Vollstreckbarkeit des Urteils sowie zum anderen der der Erkennbarkeit des Risikos der Klage für den Beklagten. Zunächst darf eine Anwendung des § 259 ZPO nicht dazu führen, dass strittige Punkte in die Zwangsvollstreckung verlagert werden. Vielmehr ist aus systematischer Sicht die funktionelle Trennung von Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren zu beachten.142 Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren sind selbstständige, voneinander unabhängige Teile des Zivilprozesses, die unterschiedlichen Zwecken dienen und für die jeweils eigene Grundsätze gelten.143 Dem gerichtlichen Erkenntnisverfahren kommt die Funktion zu, eine Entscheidung herbeizuführen, wohingegen das Vollstreckungsverfahren die Aufgabe hat, die bereits getroffene Entscheidung durchzusetzen.144 Dieses Prinzip wird auch als das vollstreckungsrechtliche Formalisierungsgebot bezeichnet.145 Demnach ist die Entscheidung über die Höhe eines Anspruches also dem Erkenntnisverfahren vorbehalten. Das Vollstreckungsverfahren hingegen – so Görmer – sei weder auf eine Ermittlung des Leistungsinhalts „zugeschnitten“ noch biete es die notwendigen Rechtsgarantien hierfür.146 Das Vorliegen eines Rechtsschutzinteresses des Klägers ist daher in der Regel dann abzulehnen, wenn die Klage auf ein nicht vollstreckungsfähiges Urteil hinauslaufen würde.147 Eine gerichtliche Entscheidung über die Erstattungsfähigkeit des Erfolgshonorars müsste also gewährleisten, dass eine Zwangsvollstreckung aus dem Urteil ohne eine Fortsetzung des Rechtsstreits im Vollstreckungsverfahren möglich ist. Maßstab hierfür ist die Frage, ob zur Vollstreckbarkeit ein weiterer den Umfang des Anspruchs klärender Prozess notwendig wäre.148 Der Antrag auf Verurteilung zur Freistellung muss die Forderung so genau bezeichnen, dass der Beklagte notfalls im Wege der Zwangsvollstreckung zur Befriedigung des Drittgläubigers angehalten werden kann.149 Entstehen und Höhe des Befreiungsanspruches des Anspruchsinhabers sind davon abhängig, dass dem Anspruchsinhaber ein Prozesserlös in einer bestimmten Höhe vom Anspruchsgegner endgültig zufließt. Das Erfolgshonorar des Prozessfinanzierungsunternehmens bemisst sich nach einem bestimmten 142  Görmer,

S.  88 f. S. 89. 144  Görmer, S. 89. 145  OLG Oldenburg NJW 1991, 1187, 1187. 146  Görmer, S. 89. 147  BGHZ 97, 178, 181; Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 89 Rdn. 34, S. 492; BAG NZA-RR 2009, 79, 83. 148  BLAH, § 253 ZPO Rdn. 65. 149  BGH NJW 2001, 155, 156. 143  Görmer,



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Prozentsatz des Prozesserlöses, in der Regel 25 bis 30 %.150 Fließen dem Anspruchsinhaber beispielsweise 250.000 € zu und ist ein Erfolgshonorar in Höhe von 30 % vereinbart, beträgt dieses 75.000 €. Der Befreiungsanspruch hängt also vom Nachweis entsprechender Zahlungen auf die Klageforderung ab. Fraglich ist, ob dieses Berechnungserfordernis gegen das vollstreckungsrechtliche Formalisierungsgebot verstößt. Dies ist jedoch nicht der Fall. Vielmehr wird nicht nur die Durchführung einfacher Rechenoperationen, sondern auch die selbstständige Feststellung von Tatsachen dem Vollstreckungsorgan, z. B. dem Gerichtsvollzieher, als zumutbar angesehen.151 Eine andere Beurteilung würde zu einer „sinnlosen Förmelei“152 führen.153 So haben die Gerichte die Durchführung einer einfachen Rechenoperation zur genauen Bezifferung des Streitgegenstandes durch das Vollstreckungsorgan auch in anderen Fällen als zumutbar angesehen.154 Zur Veranschaulichung der Problematik sollen zwei Fälle kurz vorgestellt werden: − In dem ersten Fall155 ging es um einen Befreiungsanspruch. Der Kläger verlangte von der Beklagten u. a. von einer gegenüber dem Finanzamt bestehenden Verbindlichkeit, in deren Höhe die Forderung des Klägers bereits gepfändet war, befreit zu werden.156 Darüber hinaus verlangte der Kläger die Leistung des nach Befriedigung der Pfändungsgläubiger verbleibenden Restes an sich. Der BGH hat es als ausreichend angesehen, die Forderungen der Drittgläubiger genau zu beziffern und mit diesem Begehren einen Antrag auf Zahlung an den Kläger zu verbinden, „der den Gesamtbetrag des geltend gemachten Anspruches bezeichnet und zugleich zum Ausdruck bringt, dass der Drittschuldner daraus nur den Restbetrag an den Kläger zu leisten hat, der diesem nach Erfüllung der Ansprüche der Pfändungsgläubiger noch zusteht“.157 Auch hier liegen letztlich nur Anhaltspunkte vor und dem Vollstreckungsorgan wird die Durchführung einer einfachen Rechenoperation zugemutet. − In dem zweiten Fall158 ging es um die Rückabwicklung eines KfzKaufvertrages. U. a. sollte der Beklagte zur Zahlung von 6.250 DM an 150  Siehe

dazu 1. Teil, 2. Kapitel, D.I. Oldenburg NJW 1991, 1187, 1187. 152  LG Berlin ZWE 2011, 97, 99. 153  LG Berlin ZWE 2011, 97, 99. 154  BGHZ 147, 225, 231 f.; 43, 29, 31; BGH NJW 1999, 954 f.; siehe auch OLG Oldenburg NJW 1991, 1187, 1187. 155  BGHZ 147, 225 ff. 156  So wurde das Klägerbegehren vom Gericht auslegt. Siehe dazu BGHZ 147, 225, 229. 157  BGHZ 147, 225, 231 f. Der BGH hält dies auch in anderen Fällen für ausreichend. 158  OLG Oldenburg NJW 1991, 1187, 1187. 151  OLG

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den Kläger Zug um Zug gegen Rückgabe des Pkw abzüglich 0,15 DM pro Kilometer ab Kilometerstand 74.000 bis zu dem Kilometerstand bei Rückgabe verurteilt werden. Der Klageantrag wurde hier als hinreichend bestimmt gem. § 253 ZPO angesehen, obwohl der Gerichtsvollzieher bei der Vollstreckung noch den Kilometerstand feststellen muss, um dann selbst die beizutreibende Zahlungsforderung zu errechnen. Dies verstoße jedoch – so das OLG Oldenburg – weder gegen „das Gebot einer aus sich selbst heraus gegebenen Verständlichkeit des Titels noch gegen das vollstreckungsrechtliche Formalisierungsgebot, das im Verhältnis zwischen Prozessgericht und Vollstreckungsorgan Letzteres prinzipiell auf den Vollzug der im Titel vorgegebenen Aussagen beschränkt“.159 Das Berechnungserfordernis sei damit vereinbar. Der Gerichtsvollzieher müsse oftmals wesentlich schwierigere Ermittlungen anstellen, als in diesem Fall „der bloßen Augenscheineinnahme und der daran anknüpfenden Berechnung“.160 Auch in dem hier zu beurteilenden Fall müsste das Vollstreckungsorgan lediglich feststellen, welche Beträge der Anspruchsinhaber auf seine Klageforderung erhalten hat und dann selbstständig berechnen, welche Höhe damit das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar haben wird. Die Feststellung, welche Beträge der Anspruchsinhaber auf seine Klageforderung erhalten hat, erfolgt im Wege des Klauselerteilungsverfahrens gem. § 726 ZPO. Für die Berechnung des sich daraus ergebenden Erfolgshonorars ist nur eine einfache Rechenoperation notwendig, nämlich die Anwendung der Regeln der Prozentrechnung. Die Anwendung einer derart einfachen Rechenoperation zur genauen Bezifferung des Streitgegenstands ist jedoch zumutbar und erfordert nicht die Einleitung eines zweiten Prozesses zur genauen Bestimmung des zu vollstreckenden Streitgegenstandes. Im Ergebnis ist also festzustellen, dass zur Vollstreckbarkeit kein weiterer den Umfang des Anspruchs klärender Prozess notwendig wäre. Vielmehr wird der Streitgegenstand genau abgegrenzt. Es besteht nicht die Gefahr einer Verlagerung des Streits in das Vollstreckungsverfahren. Des Weiteren dient § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO auch der Information und dem Schutz des Beklagten.161 Der Befreiungsschuldner als Beklagter habe ein berechtigtes Interesse daran, zu wissen – so Görmer162  –, welches Risiko auf ihn zukomme, um sein prozessuales Verhalten dementsprechend 159  OLG

Oldenburg NJW 1991, 1187, 1187. Oldenburg NJW 1991, 1187, 1187. 161  Görmer, S. 86. 162  Görmer, S. 84. 160  OLG



4. Teil: Mehrbelastung für die Gerichte571

planen zu können.163 Um zu wissen, welches Risiko auf ihn zukommt, muss der Beklagte vor allem die Höhe des ihm gegenüber geltend gemachten Anspruches kennen.164 In dem für einen Befreiungsanspruch typischen Drei-Personen-Verhältnis ist der Beklagte besonders schutzwürdig, da er den Drittgläubiger oft nicht kennen wird.165 In dem hier zu untersuchenden Fall ist es für den Anspruchsgegner jedoch genau erkennbar, welches Risiko auf ihn zukommt. Er kann dem Klageantrag entnehmen, wie hoch die Verbindlichkeit ist, von der er den Anspruchsinhaber befreien soll. Im Klageantrag ist der konkrete Prozentsatz des zwischen Anspruchsinhaber und Prozessfinanzierungsunternehmen vereinbarten Erfolgshonorars angegeben. Der Anspruchsgegner kann sich also genau errechnen, wie hoch die Erfolgsvergütung maximal – nämlich bei vollständiger Erfüllung der Hauptforderung durch ihn – sein wird. Da zunächst einmal von einer vollständigen Erfüllung der Hauptforderung durch den Anspruchsgegner auszugehen ist, ist dies als ausreichend anzusehen. Der Klageantrag lässt für den Anspruchsgegner jedoch auch erkennen, dass bei einer teilweisen Erfüllung des Hauptantrages das Erfolgshonorar prozentual von dem gezahlten Teilbetrag abhängt. Letztlich ist die Höhe des konkret entstandenen Erfolgshonorars für ihn zu jedem Zeitpunkt transparent und erkennbar, denn er selbst weiß genau, in welcher Höhe er die Hauptforderung des Anspruchsinhabers erfüllt hat. Mithin ist festzustellen, dass durch die im Klageantrag gegebenen Anhaltspunkte bezüglich des Umfangs des Erfolgshonorars das Risiko für den Anspruchsgegner in ausreichendem Maße erkennbar ist. Im Ergebnis ist festzustellen, dass es einen ausreichenden Anhalt bezüglich des Umfangs der Verbindlichkeit darstellt, den Streitgegenstand als einen konkreten Prozentsatz entweder der Hauptforderung oder des vom Beklagten hiervon gezahlten Teilbetrages zu beziffern. Folgte man also der vermittelnden Auffassung des BGH, würde die Zulässigkeit einer Klage gem. § 259 ZPO nicht am Bestimmtheitserfordernis der §§ 253 Abs. 2 Nr. 2, 308 Abs. 1 ZPO scheitern. (4) Stellungnahme Dem Bestimmtheitsgebot der §§ 253 Abs. 2 Nr. 2, 308 Abs. 1 ZPO kommt zweifellos eine hohe Relevanz zu. So dient § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO – wie bereits ausgeführt – auch dem Schutz des Beklagten. Dieser habe ein be­rechtigtes Interesse daran, zu wissen, welches Risiko auf ihn zukom163  Siehe

dazu auch BGH NJW 1966, 780, 780. S. 84. 165  Görmer, S. 85. 164  Görmer,

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4. Teil: Mehrbelastung für die Gerichte

me.166 Allerdings darf die Anwendung bzw. Auslegung des Bestimmtheitsgebots auch nicht dazu führen, dass ohne Grund eine Vielzahl von Prozessen geführt werden muss. Vielmehr sind die Anforderungen an die Bestimmtheit des Klageantrages „in Abwägung des zu schützenden Interesses des Beklagten, sich gegen die Klage erschöpfend verteidigen zu können sowie seines Interesses an Rechtsklarheit und Rechtssicherheit hinsichtlich der Wirkungen mit dem ebenfalls schutzwürdigen Interesse der klagenden Partei an einem wirksamen Rechtsschutz festzulegen“.167 Es kommt daher darauf an, ob die Interessen beider Parteien – vor allem jedoch des Beklagten – durch einen Anhalt über den Umfang der Verbindlichkeit ausreichend gewahrt sind. Grundsätzlich kann dies nur im Einzelfall entschieden werden. Die vorherigen Ausführungen zeigen jedoch, dass durch konkrete Anhalte sowohl die Vollstreckung eines Titels ermöglicht als auch das Interesse des Beklagten daran, zu wissen, was auf ihn zukommt, ausreichend gewahrt sein können. Sind diese Voraussetzungen gegeben, entspricht es den Bedürfnissen einer wirtschaftlichen Prozessführung, unnötige Prozesse durch eine „Überdehnung“ des Bestimmtheitsgebots des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zu vermeiden. Eine andere Beurteilung der Dinge würde jedoch genau dazu führen. Der Kläger müsste in diesem Fall auf eine Feststellungsklage gem. § 256 ZPO ausweichen. Dies birgt bei einer fehlenden Bereitschaft des Schuldners zur Erfüllung des Anspruches die Gefahr der Notwendigkeit eines zusätzlichen Prozesses. Hierdurch würde man jedoch gerade eine zusätzliche Belastung der Gerichte provozieren.168 Vor allem aus prozessökonomischen Gründen ist daher der vermittelnden Auffassung des BGH zu folgen und es als ausreichend anzusehen, wenn der Klageantrag einen Anhalt für den Umfang der Verbindlichkeit, von der zu befreien ist, enthält. An den Anhalt sind jedoch gewisse Anforderungen zu stellen. Dieser muss so konkret sein, dass zum einen die Vollstreckbarkeit des Urteils möglich ist und zum anderen die Interessen des Beklagten ausreichend gewahrt sind – dieser also genau einschätzen kann, was auf ihn zukommt. cc) Ergebnis Im Ergebnis ist festzustellen, dass es für die Bestimmtheit des Klageantrages gem. §§ 253 Abs. 2 Nr. 2, 308 Abs. 1 ZPO ausreicht, den Streitgegenstand als einen konkreten Prozentsatz entweder der Hauptforderung oder des vom Beklagten hiervon gezahlten Teilbetrages zu beziffern. Mithin 166  Görmer,

S.  84 f. in Prütting/Gehrlein, § 253 ZPO Rdn.  16; siehe auch BGH NJW 2003, 668, 669; GRUR 2002, 1088, 1089. 168  BGH NJW 1999, 954, 955. 167  Geisler



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würde die Zulässigkeit einer Klage gem. § 259 ZPO nicht am Bestimmtheitserfordernis der §§ 253 Abs. 2 Nr. 2, 308 Abs. 1 ZPO scheitern. d) Besorgnis nicht rechtzeitiger Leistung Für eine Anwendung des § 259 ZPO muss ein besonderes Rechtsschutzbedürfnis bei dem Anspruchsinhaber bestehen.169 Dieses liegt vor, wenn die Besorgnis gerechtfertigt ist, der Schuldner werde sich der rechtzeitigen Leistung bei Fälligkeit entziehen.170 Dem Kriterium der „Besorgnis der Leistungsentziehung“ komme dabei die Aufgabe zu, in der Art und Weise einen Interessenausgleich zwischen den Parteien sicherzustellen, dass nur dann vor Fälligkeit geklagt werden könne, wenn der Schuldner keinen Schutz mehr vor einem Rechtsverlust benötige.171 Dabei geht es vor allem um die Zumutbarkeit der Einschränkung der Beklagtenrechte bei Verurteilung zu einer zukünftigen Leistung.172 Es müsste also die Besorgnis des Anspruchsinhabers gegeben sein, der Anspruchsgegner werde sich bei Fälligkeit des Anspruchs des Prozessfinanzierungsunternehmens auf Zahlung des Erfolgshonorars der Erfüllung des Befreiungsanspruches entziehen. Der Begriff des „Sich-Entziehens“ ist mehrdeutig.173 „So kann sich jemand ‚einer Pflicht entziehen‘, indem er ihrer Erfüllung ‚entflieht‘, was ein morali­ sches Unwerturteil enthält in dem Sinne, dass jemand eine erkannte und wohl unbestrittene Verpflichtung im Bewusstsein der Pflichtwidrigkeit nicht er­ füllt.“174 Auf solch ein voluntatives Element kommt es jedoch nicht an.175 § 259 ZPO fordert weder ein schuldhaftes noch ein böswilliges Verhalten. Die inneren Motive des Schuldners sind also unerheblich.176 Vielmehr ist ein bestimmtes Verhalten des Schuldners erforderlich, das die Besorgnis der Leistungsentziehung begründet.177 So kann sich aus den Erklärungen des Schuldners178 bzw. den Umständen179 dessen Wille ergeben, bei Fälligkeit 169  Murach,

S.  56 ff. S. 58. 171  Murach, S. 26. 172  Roth, ZZP. S. 289. 173  Berkowsky, S. 79. 174  Berkowsky, S. 79. 175  Saenger, in: Saenger, § 259 ZPO Rd. 4. 176  Murach, S. 58; siehe zu dem LG Hamburg WuM 1979, 170; BLAH, § 259 ZPO Rdn. 5; Becker-Eberhard, in: Müko/ZPO § 259 ZPO Rdn.  13. 177  AG Kerpen WuM 1991, 439; Murach, S.  58 f., Murach, S. 58. 178  OLG Karlsruhe NJW 1984, 2953, 2953; LG Aachen MDR 1976, 848; Murach, S. 58. 179  RGZ 132, 338, 339  f.; BAG FamRZ 1983, 899, 900; LG Hamburg WuM 1979, 170; BLAH, § 259 ZPO Rdn. 5. 170  Murach,

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4. Teil: Mehrbelastung für die Gerichte

des Anspruches nicht leisten zu wollen.180 Auf einen solchen Willen lassen etwa Erklärungen181 des Schuldners schließen, er wolle nicht leisten.182 Ein ernstliches Bestreiten des Anspruches nach Grund, Fälligkeit oder Betrag ist nicht erforderlich.183 Liegt eine solche ausdrückliche Erklärung nicht vor, können die Umstände zur Beurteilung der Besorgnis der Leistungsentziehung herangezogen werden. Maßstab hierbei ist die Sorge des Klägers, der Beklagte werde bei Fälligkeit nicht leisten, obwohl er dazu imstande wäre.184 Die Besorgnis der Leistungsentziehung ist also zum einen dann gerechtfertigt, wenn der Anspruchsgegner ausdrücklich bestreitet, zur Erstattung des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars verpflichtet zu sein und zum Ausdruck bringt, er werde nicht leisten. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass eine solche ausdrückliche Erklärung des Anspruchsgegners tatsächlich vorliegt, denn – wie vorstehend ausgeführt – ist der Anspruchsinhaber verpflichtet, diesen vor Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens gem. § 254 Abs. 2 S. 1 BGB zu „warnen“ und auf den damit entstehenden „Mehr“-schaden hinzuweisen. Möglicherweise wird der Anspruchsgegner daher bereits vor Einschaltung des Prozessfinanzierungsunternehmens durch den Anspruchsinhaber seine Zweifel an dem Bestehen eines materiellrechtlichen Kostenerstattungsanspruches hinsichtlich des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars zum Ausdruck gebracht haben. Durch ein ernsthaftes Bestreiten gibt der Anspruchsgegner zu erkennen, bei Fälligkeit nicht freiwillig leisten zu wollen, sodass der Anspruchsinhaber dann genötigt sein würde, eine Leistungsklage zu erheben.185 Liegt eine solche ausdrückliche Erklärung des Anspruchsgegners nicht vor, kommt es auf die Beurteilung der Umstände des Einzelfalls an. Aus diesen muss der Schluss gezogen werden können, der Anspruchsgegner wolle den schadenersatzrechtlichen Befreiungsanspruch zum Fälligkeitstermin nicht rechtzeitig erfüllen. Dies wird jedoch oft schwierig sein.186 So ist insbesondere fraglich, ob aus dem bloßen Bestreiten der Hauptforderung geschlossen werden kann, der Anspruchsgegner werde sich auch der Erfüllung des Sekundäranspruches – also des schadensersatzrechtlichen Befreiungsanspruches – entziehen. 180  Murach,

S.  58 f. in: Stein/Jonas, § 259 ZPO Rdn.  14. 182  OLG Karlsruhe NJW 1984, 2953, 2953; LG Aachen MDR 1976, 848; Murach, S. 58. 183  BGHZ 5, 342, 344; 43, 28, 31; BGH NJW 1978, 1262, 1263; Foerste, in: Musielak, § 259 ZPO Rdn. 5. 184  Murach, S. 58. 185  Siehe im Allgemeinen dazu Murach, S. 58. 186  Murach, S. 59. 181  Roth,



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Teilweise wird die Auffassung vertreten, das Bestreiten der Hauptforderung begründe die Annahme der Besorgnis der Leistungsentziehung.187 Demgegenüber ist Foerste der Auffassung, aus dem Bestreiten der Hauptforderung folge nicht automatisch eine Besorgnis i. S. d. § 259 ZPO in Bezug auf die Sekundäransprüche.188 Es ist tatsächlich „immer schwer […], aus dem Vorverhalten der Parteien Rückschlüsse auf die Besorgnis der Leistungsentziehung zu ziehen“.189 Auf der einen Seite spricht viel dafür, dass derjenige, der die Hauptforderung ausdrücklich oder konkludent bestreitet, auch der Erfüllung der Sekundäransprüche ablehnend gegenüber stehen wird. Ist wegen der Hauptforderung ein gerichtliches Verfahren erforderlich geworden, lässt sich daher grundsätzlich nicht die Besorgnis bezweifeln, der Schuldner werde bei Leistung der Hauptforderung die Erfolgsvergütung des Prozessfinanzierungsunternehmens eventuell nicht zahlen.190 Auf der anderen Seite sei aber auch vorstellbar, dass das Bestreiten der Primäransprüche des Beklagten unter dem Vorbehalt der gerichtlichen Klärung stehe.191 Es könne sein, dass der Beklagte die Verpflichtung zur Zahlung eventueller Sekundäransprüche im Fall des Unterliegens von vornherein erwäge und dieser auch nachzukommen bereit sei. Allerdings gibt Foerste zu bedenken, dass die Besorgnis der Leistungsentziehung auch ansonsten nicht durch die Zusage des Beklagten entfalle, den Anspruch nach einer Verurteilung zu erfüllen.192 Foerste schlägt daher vor, im Zweifel davon auszugehen, dass die Besorgnis der Leistungsentziehung vorliege.193 Dem ist grundsätzlich zuzustimmen. Letztlich wird es jedoch immer auf die Beurteilung der Umstände des Einzelfalls ankommen. Dabei ist zu prüfen, ob der Schuldner tatsächlich keines Schutzes mehr vor einem Rechtsverlust bedarf und ob der Kläger ohne Verurteilung zur künftigen Leistung voraussichtlich gezwungen sein würde, im Zeitpunkt der Fälligkeit eine Leistungsklage zu erheben.194 Im Ergebnis ist festzustellen, dass die Besorgnis der Leistungsentziehung i. S. d. § 259 ZPO zum einen dann vorliegt, wenn der Anspruchsgegner ausdrücklich bestreitet, zur Erstattung des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars verpflichtet 187  Murach,

S. 152. in: Musielak, § 259 ZPO Rdn. 5. 189  Murach, S. 59. 190  So Siegert, S. 1770, für die die Anwendbarkeit des § 259 ZPO bei der ­Geltendmachung eines Erstattungsanspruches für die Erfolgsvergütung des Inkassobüros. 191  Foerste, in: Musielak, § 259 ZPO Rdn. 5. 192  Foerste, in: Musielak, § 259 ZPO Rdn. 5. 193  Foerste, in: Musielak, § 259 ZPO Rdn. 5. 194  Siehe Roth, in: Stein/Jonas, § 259 ZPO Rdn.  15; Murach, S. 26. 188  Foerste,

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4. Teil: Mehrbelastung für die Gerichte

zu sein bzw. sich aus den Umständen ergibt, der Anspruchsgegner werde nicht freiwillig bei Beitreibung der Hauptforderung die Erfolgsvergütung des Prozessfinanzierungsunternehmens zahlen. Dabei kommt es nicht auf die inneren Motive des Anspruchsgegners an. Dieser muss also weder schuldhaft noch böswillig handeln. e) Vollstreckbarkeit Künftige Ansprüche sind zwar klagbar, aber noch nicht vollstreckbar.195 Vollstreckbar sind sie erst dann, wenn die zukünftigen Tatsachen, die zu ihrer Entstehung führen, eingetreten sind. Der Nachweis des Eintritts dieser Bedingung erfolgt im Klauselerteilungsverfahren gem. §§ 726 ff. ZPO. Gem. § 726 ZPO darf von Urteilen, deren Vollstreckung nach ihrem Inhalt von dem durch den Gläubiger zu beweisenden Eintritt einer anderen Tatsache als einer dem Gläubiger obliegenden Sicherheitsleistung abhängt, eine vollstreckbare Ausfertigung nur dann erteilt werden, wenn der Beweis durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde geführt werden kann. Dem Gläubiger ist es in diesem Fall also möglich, Tatsachen, für die er die Beweislast trägt, erst im Verfahren nach § 726 ZPO nachweisen zu müssen.196 Dies bedeutet, dass der Nachweis des Eintritts der Bedingung im Klausel­ erteilungsverfahren gem. §§ 726 ff. ZPO möglich sein muss. Ist ein solcher Nachweis im Klauselerteilungsverfahren nicht möglich, müsste der Gläubiger gem. § 731 ZPO die Erteilung der Vollstreckungsklausel durch eine entsprechende Klage beim Prozessgericht des ersten Rechtszuges geltend machen. Dies würde bedeuten, dass alle notwendigen materiell-rechtlichen Voraussetzungen, „deren Vorliegen in der Form von Bedingungen im Rahmen der Klage auf zukünftige Leistungen ‚zurückgestellt‘ worden sind,“197 nunmehr zum Gegenstand eines Gerichtsverfahrens im Rahmen der Zwangsvollstreckung gemacht werden müssten.198 Eine Vollstreckung wäre also ohne gerichtliche Klärung der sonstigen Anspruchsvoraussetzungen unmöglich. In einem solchen Fall könne eine Klage auf zukünftige Leistung jedoch keinen Rechtsfrieden bewirken.199 Ihr wäre das Rechtsschutzbedürfnis daher abzusprechen.200 § 259 ZPO ist daher nur dann anwendbar ist, wenn bei195  Meller-Hannich,

S. 169. in: Musielak, § 726 ZPO Rdn. 1 f. 197  BAG NZA-RR 2009, 79, 83. 198  BAG NZA-RR 2009, 79, 83. 199  BAG NZA-RR 2009, 79, 83. 200  BGHZ 97, 178, 181; Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 89 Rdn. 30, 34; BAG NZA-RR 2009, 79, 83. 196  Kroppenberg,



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spielsweise eine Bedingung so ausgestaltet ist, dass der Richter sie in der Weise in das Urteil aufnehmen kann, dass dieses vollstreckbar ist.201 Schließlich dürfen Gerichte nicht zur Erlangung eines Titels bemüht werden, der nicht vollstreckt werden kann,202 weil etwa der Nachweis des Eintritts der Bedingung nicht im Klauselerteilungsverfahren gem. §§ 726 ff. ZPO geführt werden kann. Folglich müsste die Erfüllung der Hauptforderung durch den Anspruchsgegner als Voraussetzung der Entstehung des Befreiungsanspruches im Klauselerteilungsverfahren gem. § 726 ZPO nachweisbar sein. An dieser Stelle lohnt es sich, zunächst einmal Überlegungen über die praktische Vorgehensweise anzustellen. Erfüllt der Anspruchsgegner die Hauptforderung nicht freiwillig, müsste der Anspruchsinhaber diese vollstrecken. Dazu würde er eine vollstreckbare Ausfertigung des Urteils benötigen. Dabei ist es unproblematisch, dass zunächst nur die Hauptforderung vollstreckbar ist. Der Gläubiger kann auf Antrag auch nur eine vollstreckbare Ausfertigung des Urteils für einen bestimmten Teils des Anspruchs im prozessualen Sinn beantragen.203 Möglicherweise wird der Anspruchsinhaber nun einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gem. § 829 ZPO beantragen oder einen Gerichtsvollzieher gem. §§ 802 ff. ZPO mit der Vollstreckung der Hauptforderung beauftragen. Ist die Vollstreckung erfolgreich und hat der Anspruchsinhaber sein Geld erhalten, sind die Voraussetzungen für die Entstehung des Befreiungsanspruches gegeben. Dies müsste i. S. d. § 726 Abs. 1 ZPO nachweisbar sein: Dazu müsste zum einen eine Tatsache i. S. d. § 726 ZPO vorliegen. Das Merkmal der Tatsache meint nicht nur Bedingungen i. S. v. § 158 BGB,204 sondern „sowohl vergangene wie aktuelle tatsächliche Vorgänge als auch deren rechtliche Ergebnisse“.205 Bei Zahlungen auf die Hauptforderung handelt es sich um einen tatsächlichen Vorgang, sodass eine Tatsache i. S. d. § 726 ZPO vorliegt. Die Beweislast hierfür müsste zudem beim Gläubiger liegen.206 Dies ist der Fall, denn im Schadensrecht trifft den Gläubiger die Pflicht, den Schaden dem Grunde und der Höhe nach darzulegen und zu beweisen.207 Des Weiteren müsste es möglich sein, den Beweis durch eine öffentlich oder öffentlich beglaubigte Urkunde zu führen. Der Begriff der öffentlichen u. a. Foerste, in: Musielak, § 259 ZPO Rdn. 2. 97, 178, 181; BAG NZA-RR 2008, 78, 83. 203  BGH NJW 1995, 1162, 1163; Ulrici, in: Vorwerk/Wolf, § 726 ZPO Rdn.  15; Wolfsteiner, in: Müko/ZPO, § 726, Rdn.  25. 204  Kroppenberg, in: Musielak, § 726 ZPO Rdn. 3. 205  Kroppenberg, in: Musielak, § 726 ZPO Rdn. 3. 206  Wolfsteiner, in: Müko/ZPO, § 726 ZPO Rdn.  14. 207  Siehe dazu die Ausführungen zur Beweislast in 3. Teil, 2. Kapitel, G.I. 201  Siehe

202  BGHZ

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4. Teil: Mehrbelastung für die Gerichte

Urkunde ist in § 415 ZPO geregelt. Eine öffentliche Urkunde liegt danach dann vor, wenn sie von einer öffentlichen Behörde innerhalb der Grenzen ihrer Amtsbefugnisse oder von einer mit öffentlichem Glauben versehenen Person innerhalb des ihr zugewiesenen Geschäftskreises in der vorgeschriebenen Form aufgenommen ist. Hat ein Vollstreckungsorgan die Forderung eingetrieben, wird dieses eventuell eine entsprechende Urkunde i. S. d. § 415 ZPO208 ausgestellt haben. Ansonsten verbleibt dem Anspruchsinhaber noch die Möglichkeit, den Zahlungseingang durch eine öffentlich beglaubigte Urkunde i. S. d. § 40 BeurkG nachzuweisen. Dabei wird es akzeptiert, wenn der Gläubiger eine öffentliche beglaubigte Bestätigung seiner Bank vorlegt.209 So lag einem Urteil des OLG Bamberg vom 27. März 1998 der Sachverhalt zugrunde, dass eine Gläubigerin durch eine öffentlich beglaubigte Bestätigung einer Bank im Klauselerteilungsverfahren gem. § 726 Abs. 1 ZPO nachgewiesen hat, dass diese aufgrund eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses einen bestimmten Geldbetrag gezahlt hat.210 Demnach könnte der Anspruchsinhaber im Klauselerteilungsverfahren eine öffentlich beglaubigte Bestätigung seiner Bank vorlegen, dass auf seinem Konto ein bestimmter Betrag des Anspruchsgegners eingegangen ist. Wie bereits ausgeführt, ist es darüber hinaus auch unproblematisch, wenn der Anspruchsgegner zunächst nur einen Teilbetrag leistet. Das Vollstreckungsorgan müsste anhand dieses Betrages die Höhe des Erfolgshonorars berechnen. Die Anwendung einer derart einfachen Rechenoperation zur genauen Bezifferung des Streitgegenstand ist dem Vollstreckungsorgan jedoch zumutbar und erfordert – wie bereits ausgeführt – nicht die Einleitung eines zweiten Prozesses zur genauen Bestimmung des zu vollstreckenden Streitgegenstandes. Darüber hinaus kann sich der Titelgläubiger – wie ebenfalls bereits ausgeführt – eine vollstreckbare Ausfertigung nur für einen bestimmten Teil des Anspruches ausstellen lassen. Im Ergebnis ist auch die Vollstreckbarkeit gewährleistet.

208  Bei dem Vollstreckungsgericht handelt es sich um eine öffentliche Behörde, nämlich um „ein in den allgemeinen Organismus der Behörden eingefügtes Organ der Staatsgewalt, das dazu berufen ist, unter öffentlicher Autorität für die Erreichung der Zwecke des Staates oder der von ihm geförderten Zwecke tätig zu sein, wobei […].“  – Schreiber, in: Müko/ZPO, § 415, Rdn. 14. Bei einem Gerichtsvollzieher handelt es sich um eine mit öffentlichem Glauben versehene Person. Siehe dazu Preuß, in: Prütting/Gehrlein, § 415 ZPO Rdn.  12 f. 209  OLG Bamberg BeckRS 1998, 11402. 210  OLG Bamberg BeckRS 1998, 11402.



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f) Rechtsschutzbedürfnis Da es sich bei dem prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorar nicht um Kosten des Rechtsstreits i. S. d. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO handelt, kommt der Geltendmachung dieser Kostenposition im prozessualen Kostenerstattungsverfahren kein Vorrang zu. Einer Klage gem. § 259 ZPO würde es daher – zumindest aus diesem Grund – nicht an einem Rechtsschutzbedürfnis fehlen.211 g) Ergebnis Liegen die allgemeinen Prozessvoraussetzungen vor, ist eine Klage gem. § 259 ZPO zulässig. 3. Feststellungsklage gem. § 256 Abs. 1 ZPO Des Weiteren soll geprüft werden, ob es dem Anspruchsinhaber möglich ist, im Wege der Feststellungsklage gem. § 256 Abs. 1 ZPO vorzugehen. Mit einer Feststellungsklage macht der Kläger keine konkrete Leistung geltend,212 sondern ersucht das Gericht vielmehr um eine Entscheidung darüber, ob ein bestimmtes Rechtsverhältnis gegeben ist oder nicht. Ziel der Feststellungsklage ist es demnach, „Rechtsgewissheit zwischen den Parteien zu schaffen“.213 In der Praxis kommt der Feststellungsklage vor allem im Bereich des Schadensrechts eine große Bedeutung zu, und zwar vor allem dann, „wenn es um die Haftung von Folgeschäden geht, deren Ausmaß noch nicht absehbar ist“.214 Die Feststellungsklage unterliegt zunächst den allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen. Darüber hinaus bestehen jedoch noch besondere in § 256 Abs. 1 ZPO geregelte Zulässigkeitsvoraussetzungen. a) Zulässiger Gegenstand einer Feststellungsklage Zunächst müsste die Klärung der Frage, ob dem Anspruchsinhaber gegenüber dem Anspruchsgegner ein schadensrechtlicher Anspruch auf Befreiung von der gegenüber dem Prozessfinanzierungsunternehmen bestehenden Verbindlichkeit bezüglich des Erfolgshonorars zusteht, zulässiger Gegen211  1. Teil,

3. Kapitel, D.II. Klagearten S. 756. 213  Murach, S. 68; siehe auch Roth, in: Stein/Jonas § 256 ZPO Rdn.  1, siehe zur Feststellungsklage auch Paulus, Zivilprozessrecht, S. 50 ff. 214  Anders/Gehle, S. 394. 212  Schreiber,

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4. Teil: Mehrbelastung für die Gerichte

stand einer Feststellungsklage sein können. Es könnte sich hierbei um eine Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses gem. § 256 Abs. 1 ZPO handeln. Mithin ist zunächst zu erörtern, ob zwischen Parteien ein Rechtsverhältnis vorliegt. Dieses Rechtsverhältnis müsste gegenwärtig sein.215 aa) Vorliegen eines Rechtsverhältnisses Unter einem Rechtsverhältnis i. S. d. § 256 ZPO ist „jede bestimmte, rechtlich geregelte Beziehung einer Person zu anderen Personen oder einer Person zu einer Sache zu verstehen“.216 Hierzu gehören alle vertraglichen oder gesetzlichen Schuldverhältnisse217 und auch einzelne Folgen solcher Rechtsbeziehungen, u.a einzelne Ansprüche.218 Bei der Frage, ob dem Anspruchsinhaber gegenüber dem Anspruchsgegner ein schadensrechtlicher Anspruch auf Befreiung von der gegenüber dem Prozessfinanzierungsunternehmen bestehenden Verbindlichkeit bezüglich des Erfolgshonorars zusteht, handelt es sich um ein Rechtsverhältnis i. S. d. § 256 ZPO. Festgestellt werden soll die Frage, ob zwischen den Parteien ein gesetzliches Schuldverhältnis besteht und aus diesem ein Anspruch des Anspruchsinhabers auf Ersatz einer einzelnen Schadensposition abgeleitet werden kann, also eine einzelne Folge dieser Rechtsbeziehung. Mithin liegt zwischen den Parteien zumindest ein Rechtsverhältnis vor. bb) Gegenwärtigkeit des Rechtsverhältnisses Fraglich ist allerdings, ob dieses Rechtsverhältnis auch gegenwärtig ist. Wie bereits ausführlich erörtert, ist die Verpflichtung des Anspruchsinhabers zur Zahlung des Erfolgshonorars aufschiebend bedingt gem. § 158 Abs. 1 BGB. Auch der schadensersatzrechtliche Befreiungsanspruch entsteht erst mit Eintritt dieser Bedingung. Es entspricht jedoch herrschender Auffassung, dass das Erfordernis des gegenwärtigen Rechtsverhältnisses nicht bedeute, dass der dem Kläger möglicherweise zustehende Anspruch zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bereits bestehen müsse.219 215  Anders/Gehle,

S. 396, BLAH, § 256 ZPO Rdn. 16. in: Prütting/Gehrlein, § 256 ZPO Rdn.  3; siehe auch RGZ 144, 54, 56; BGHZ 22, 43, 47; BGH GRUR 2009, 83, 84; Reichold, in: Thomas/Putzo § 256 ZPO Rdn. 5. 217  Schreiber, Klagearten, S. 756. 218  Geisler, in: Prütting/Gehrlein, § 256 ZPO Rdn.  3; siehe auch RGZ 126, 234, 237; BGH NJW 1984, 1556, 1556; 1995, 1097, 1097. 219  Anders/Gehle, S. 396. 216  Geisler,



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Ein Rechtsverhältnis könne auch durch einen gem. § 158 BGB bedingten Anspruch entstehen. Dies gelte auch dann, wenn der Eintritt der Bedingung ungewiss sei.220 Erforderlich sei nur, „dass für die Entstehung des Anspruches der Grund in der Art gelegt sei, dass eine gegenwärtige Rechtsbeziehung schon bestehe und sie die Grundlage bestimmter Ansprüche bilden könne“.221 Es ist also ausreichend, wenn der Kläger geltend machen kann, dass sich aus einem bereits bestehenden Rechtsverhältnis unter bestimmten Voraussetzungen ein Ersatzanspruch ergeben kann. Dies gilt auch, wenn der Eintritt dieser Voraussetzungen noch ungewiss ist.222 So ermöglicht eine Feststellungsklage gem. § 256 ZPO sogar die Feststellung eines betagten oder bedingten Rechtsverhältnisses.223 Es kommt also nur darauf an, ob zwischen den Parteien bereits eine gegenwärtige Rechtsbeziehung besteht. Eine solche liegt hier vor, nämlich ein aus dem Verzug gem. § 286 i. V. m. § 280 Abs. 1, Abs. 2 BGB resultierendes gesetzliches Schuldverhältnis. Dass noch ungewiss ist, ob und wann aus diesem ein Befreiungsanspruch bezüglich des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars entstehen könnte, schadet der Gegenwärtigkeit des Rechtsverhältnisses nicht. cc) Ergebnis Zwischen Anspruchsinhaber und Anspruchsgegner liegt ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis i. S. d. § 256 Abs. 1 ZPO vor. Im Rahmen der Zulässigkeit ist es ausreichend, dass der Kläger das Bestehen des Rechtsverhältnisses darlegt. Ob dieses tatsächlich besteht, ist dann eine Frage der Begründetheit.224 Der Anspruchsinhaber müsste also vortragen, dass zwischen ihm und dem Anspruchsinhaber ein aus dem Verzug gem. § 286 i. V. m. § 280 Abs. 1, Abs. 2 BGB resultierendes gesetzliches Schuldverhältnis vorliegt und sich aus diesem unter Umständen ein schadensersatzrechtlicher Befreiungsanspruch bezüglich des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars entwickeln könnte.

220  Anders/Gehle, S. 396 f.; siehe auch Saenger, in: Saenger, § 256 ZPO Rdn. 7; Murach, S. 68. 221  Anders/Gehle, S. 396 f.; siehe auch Saenger, in: Saenger, § 256 ZPO Rdn. 7; Murach, S. 68. 222  BGH NJW 1992, 436, 437; Saenger, in: Saenger, § 256 ZPO Rdn. 7. 223  BGH NJW 1952, 539, 539; 1992, 436, 437. 224  Anders/Gehle, S. 394.

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4. Teil: Mehrbelastung für die Gerichte

b) Bestimmtheit Bezüglich der Bestimmtheit des Klageantrages kann auf die vorherigen Ausführungen verwiesen werden.225 c) Vorliegen eines Feststellungsinteresses Neben den allgemeinen Prozessvoraussetzungen erfordert die Zulässigkeit einer Feststellungsklage das Vorliegen eines Feststellungsinteresses beim Kläger.226 Durch diese Zulässigkeitsvoraussetzung soll verhindert werden, dass Rechtsverhältnisse zum Gegenstand einer Feststellungsklage gemacht werden, obwohl dies auf einfacherem Wege möglich wäre oder eine Feststellung nicht erforderlich ist.227 Nach herrschender Auffassung besteht ein Feststellungsinteresse daher vor allem dann, „wenn dem Recht oder der Rechtslage des Klägers eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht und wenn das angestrebte Urteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen, wenn der Streit insgesamt beseitigt und das Rechtsverhältnis geklärt werden kann“.228 Dabei entscheidet ein persönlicher Maßstab.229 Zudem findet eine weite Auslegung im Interesse des Klägers statt.230 aa) Gefahr einer Unsicherheit des Rechtsverhältnisses Zunächst müsst eine Gefährdung des Rechtsverhältnisses vorliegen. Eine Gefährdung eines Rechtsverhältnisses ist immer dann gegeben, wenn der Beklagte das Recht des Klägers ernstlich bestreitet.231 Hier kann auf die Ausführungen zur Besorgnis der Leistungsentziehung gem. § 259 ZPO verwiesen werden. Die Umstände, die in diesen Fällen das Feststellungsinte­ resse ergeben, begründen auch die Besorgnis der Leistungsentziehung gem. § 259 ZPO.232

225  Vgl.

4. Teil, A.I.2.c). Klagearten, S. 756. 227  Anders/Gehle, S. 400; siehe auch Klappstein, S. 609. 228  Geisler, in: Prütting/Gehrlein, § 256 BGB Rdn.  9; siehe auch BLAH, § 256 ZPO Rdn. 25. 229  BLAH, § 256 ZPO Rdn. 26. 230  OLG Hamm VersR 2001, 1169, 1171; BLAH, § 256 ZPO Rdn. 26. 231  Roth, in: Stein/Jonas, § 256 ZPO Rdn.  47; Murach, S. 71. 232  Murach, S. 71. 226  Schreiber,



4. Teil: Mehrbelastung für die Gerichte583

bb) Fehlendes Feststellungsinteresse wegen Möglichkeit der Leistungsklage? Das Feststellungsinteresse könnte problematisch sein, wenn man von der Zulässigkeit einer Klage wegen Besorgnis der Leistungsentziehung gem. § 259 ZPO ausginge. Da ein Leistungsurteil im Gegensatz zu einem Feststellungsurteil nicht vollstreckungsfähig ist, wird einem Kläger in der Regel das Feststellungsinteresse fehlen, wenn eine Leistungsklage zulässig ist.233 Da die Klage wegen der Besorgnis der Leistungsentziehung gem. § 259 ZPO eine Unterart der Leistungsklage ist, könnte die Feststellungsklage dieser gegenüber subsidiär sein. Wie bereits angedeutet, haben die Klage auf zukünftige Leistung gem. § 259 ZPO sowie die Feststellungsklage gem. § 256 ZPO einen überschneidenden Anwendungsbereich.234 Die Frage, ob aus einem bereits vorliegenden Rechtsverhältnis künftig ein Anspruch entstehen kann, kann sowohl Gegenstand einer Feststellungsklage als auch einer Klage gem. § 259 ZPO sein.235 Parallelen bestehen auch zwischen dem Feststellungsinteresse gem. § 256 ZPO und dem Zulässigkeitskriterium der Besorgnis der Leistungsentziehung gem. § 259 ZPO. Bestreitet der Schuldner einen Anspruch, kann dies sowohl ein Feststellungsinteresse als auch die Besorgnis der Leistungsentziehung gem. § 259 ZPO begründen.236 Das Verhältnis zwischen beiden Klagearten ist umstritten: Nach herrschender Auffassung kann der Kläger zwischen der Feststellungsklage und der Klage gem. § 259 ZPO wählen. Danach ist die Feststellungsklage also einer Klage gem. § 259 ZPO gegenüber nicht subsidiär.237 Nach anderer Auffassung besteht kein generelles Wahlrecht. Vielmehr müsse im Einzelfall geprüft werden, welche Klageart aus prozessökonomischer Sicht sinnvoller sei.238 Dem kann nicht zugestimmt werden. Gemäß dem Wortlaut des § 259 ZPO „kann“ der Kläger eine Klage auf zukünftige Leistung gem. § 259 ZPO erheben. Der Wortlaut des § 259 ZPO suggeriert also 233  Hierbei ist allerdings zu beachten, dass die Feststellungsklage nicht immer subsidiär ist. Vielmehr kommt es im Einzelfall darauf an, zu prüfen, ob auch eine Feststellungsklage unter dem Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit zu einer Erledigung des Rechtsstreits führen kann. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn zu erwarten ist, dass sich der Beklagte dem Feststellungsurteil beugen wird. Siehe dazu BGH NJW 1978, 1520, 1521; BGHZ 130, 115, 120; BGH NJW 1997, 2320, 2321. 234  Murach, S. 68. 235  Murach, S. 68. 236  Murach, S. 68, 71. 237  RGZ 113, 410, 411; BGH NJW 1986, 2507, 2507; Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 90, Rdn. 25, S. 498. 238  Murach, S.  69 f.; Becker-Eberhard, in: Müko/ZPO, § 258 ZPO Rdn.  15.

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4. Teil: Mehrbelastung für die Gerichte

bereits das Bestehen eines Wahlrechts beim Kläger.239 Zudem ist es mitunter fraglich und nicht vorhersehbar, ob das Gericht eine Zulässigkeit der Klage gem. § 259 ZPO annimmt. Dem Kläger kann daher nicht zugemutet werden, den unsicheren Weg der Klage auf zukünftige Leistung hinzunehmen, wenn er auch damit rechnen kann, mit der Feststellungsklage erfolgreich zu sein.240 Mithin ist der herrschenden Meinung zu folgen und davon auszugehen, dass die Zulässigkeit einer Klage gem. § 259 ZPO das Feststellungsinteresse nicht entfallen lässt. Dem Kläger kommt insoweit ein Wahlrecht zwischen beiden Klagearten zu. cc) Feststellungsinteresse bei künftigem Schaden Das Vorliegen eines Feststellungsinteresses beim Anspruchsinhaber könnte noch aus einem weiteren Grund problematisch sein. Es ist bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung ungewiss, ob, wann und in welchem Umfang das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar und damit der Befreiungsanspruch entstehen werden. Soll die Ersatzpflicht für einen künftigen Schaden festgestellt werden, ist umstritten, welche Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts zu stellen sind. Nach einer Auffassung reicht die bloße Möglichkeit eines Schadenseintritts aus.241 Folgte man dieser Auffassung, bestünde ein Feststellungsinte­ resse beim Anspruchsinhaber, und zwar unabhängig davon, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass dieser mit der Verbindlichkeit bezüglich des Erfolgshonorars gegenüber dem Prozessfinanzierungsunternehmen belastet sein wird. Im Gegensatz dazu wird angenommen, es müsse eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür gegeben sein, dass der Schaden tatsächlich eintreten wird.242 Folgte man dieser Auffassung, müsste es mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit sicher sein, dass der Anspruchsinhaber mit der Verbindlichkeit gegenüber dem Prozessfinanzierungsunternehmen belastet sein wird. Allerdings führt die zweite Auffassung zu Abgrenzungsschwierigkeiten und Unsicherheiten in der Rechtspraxis. Von welchem Grad der Wahrscheinlichkeit müsste man ausgehen, um ein Feststellungsinteresse bejahen 239  RGZ

113, 410, 411. 113, 410, 412. 241  BGH NJW 2001, 1431, 1432. 242  BGHZ 166, 84, 91. Erst am 02. April 2014 hat der BGH zum Az.: VIII ZR 19/13 entschieden, dass ein Feststellungsinteresse dann fehlt, wenn kein Grund besteht, mit einem künftigen Schaden zu rechnen. Siehe dazu die Mitteilung Nr. 057/2014 der Pressestelle des BGHs vom 02. April 2014. 240  RGZ



4. Teil: Mehrbelastung für die Gerichte585

zu können? Es ist eine Eigenart aller in der Zukunft liegender Ereignisse, dass deren Eintritt ungewiss und mit Unsicherheiten verbunden ist. Besteht aus Sicht des Klägers kein Grund dafür, nicht mit dem Eintritt eines Schadens rechnen zu müssen, kann diesem auch nicht das Vorliegen eines Feststellungsinteresses abgesprochen werden.243 Ziel der Feststellungsklage ist es gerade, in Zukunft Rechtsgewissheit zwischen den Parteien zu schaffen. Liegt bereits eine Rechtsgutverletzung vor, ist es daher für das Vorliegen des Feststellungsinteresses als ausreichend anzusehen, wenn die Möglichkeit des Eintritts eines künftigen Schadens besteht. dd) Ergebnis Im Ergebnis ist festzustellen, dass in der Regel ein Feststellungsinteresse des Anspruchsinhabers vorliegen wird. d) Rechtsschutzbedürfnis Da es sich bei dem prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorar nicht um Kosten des Rechtsstreits i. S. d. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO handelt, kommt der Geltendmachung dieser Kostenposition kein Vorrang zu. Einer Feststellungsklage würde es daher – zumindest aus diesem Grund – nicht an einem Rechtsschutzbedürfnis fehlen.244 e) Ergebnis Liegen auch die allgemeinen Prozessvoraussetzungen vor, ist von einer Zulässigkeit einer Feststellungsklage auszugehen. 4. Schlussfolgerungen Nach der hier vertretenen Auffassung steht dem Anspruchsinhaber vor Eintritt der Bedingung für die Entstehung des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars sowohl die Klage gemäß § 259 ZPO als auch die Feststellungsklage gem. § 256 ZPO zur Verfügung. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Klagemöglichkeit gem. § 259 ZPO mit einigen Unsicherheiten verbunden ist. Überhaupt führt diese Klageart in der „Rechtspraxis ein Schattendasein“.245 In der Praxis sind derartige Kla243  So

auch BGH NJW 2001, 1431, 1432. 3. Kapitel, D.II. 245  Henssler, Klage, S. 138. 244  1. Teil,

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4. Teil: Mehrbelastung für die Gerichte

gen nur selten anzutreffen.246 So besteht die Gefahr, dass das Gericht der hier vertretenen Auffassung nicht folgt und den künftigen Befreiungsanspruch nicht als künftige Leistung gem. § 259 ZPO ansieht bzw. nicht zu der Überzeugung gelangt, der Anspruchsgegner werde sich der künftigen Leistung entziehen. Allerdings kann eine Klage nach § 259 ZPO in eine Klage nach § 256 ZPO umgedeutet werden.247 Bei Unsicherheiten sollte der Weg der Feststellungsklage gewählt werden. § 259 ZPO schließt diese – wie bereits dargestellt – nie aus,248 weil sie der sicherere Weg ist. II. Vorliegen der Voraussetzungen des § 260 ZPO Bei einer Klageverbindung müssen neben den allgemeinen Prozessvoraussetzungen noch die besonderen Voraussetzungen des § 260 ZPO, der der Prozessökonomie dient249, vorliegen.250 Danach können mehrere Ansprüche des Klägers gegen denselben Beklagten in einer Klage verbunden werden, auch wenn sie auf verschiedenen Gründen beruhen. Die Anspruchshäufung kann bereits mit Erhebung der Klage oder aber auch erst später im weiteren Verlauf des Prozesses erfolgen.251 1. Kein Verbindungsverbot Eine Anspruchshäufung gem. § 260 ZPO ist nur dann zulässig, wenn keine entgegenstehenden Vorschriften zur Anwendung kommen. In der Regel werden der Verbindung des Hauptantrages mit einem materiell-recht­ lichen Kostenerstattungsanspruch keine derartigen Verbote entgegenstehen. Problematisch könnte lediglich sein, dass der Anspruch auf Befreiung von der gegenüber dem Prozessfinanzierungsunternehmen bestehenden Verbindlichkeit des Anspruchsinhabers bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung noch nicht fällig ist. Grundsätzlich ist es nicht möglich, einen fälligen mit einem noch nicht fälligen Anspruch zu verbinden. Eine Ausnahme gilt jedoch, sofern die §§ 257 ff. ZPO Anwendung finden.252 Nach der hier vertretenen Auffassung ist die Geltendmachung des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruches im Wege des § 259 ZPO zulässig. Mithin besteht die Möglichkeit der Verbindung beider Ansprüche gem. § 260 ZPO. 246  Berkowsky,

S. 77. NJW-RR 2006, 1485, 1486. 248  BLAH, § 259 ZPO Rdn. 12. 249  Geisler, in: Prütting/Gehrlein, § 260 ZPO Rdn.  1. 250  Saenger, in: Saenger, § 260 ZPO Rdn. 16. 251  Geisler, in: Prütting/Gehrlein, § 260 ZPO Rdn.  3. 252  BLAH, § 260 ZPO Rdn. 6. 247  BGH



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2. Identität der Parteien Gemäß § 260 ZPO können nur mehrere Ansprüche eines Klägers gegen denselben Beklagten geltend gemacht werden. Es muss also Parteiidentität vorliegen. Dies könnte im Fall der Prozessfinanzierung problematisch sein, weil gemäß den Bestimmungen des Prozessfinanzierungsvertrages der Anspruchsinhaber die Hauptforderung zumeist sicherungshalber an das Prozessfinanzierungsunternehmen abgetreten haben und von diesem gleichzeitig zur Durchsetzung des Anspruches im eigenen Namen ermächtigt worden sein wird.253 Bezüglich der Hauptforderung wird also meist ein Fall der gewillkürten Prozessstandschaft, also die „Prozessführung im eigenen Namen über Rechte auf Grund einschlägiger Ermächtigung“254 vorliegen. Die Zulässigkeit einer gewillkürten Prozessstandschaft ist heute allgemein anerkannt.255 Formell gesehen, ist der Kläger jedoch in diesem Fall nicht Inhaber der Hauptforderung, sondern das Prozessfinanzierungsunternehmen. Es entspricht jedoch einhelliger Auffassung, dass es im Rahmen des § 260 ZPO nicht erforderlich ist, dass die Ansprüche materiell unter den Parteien bestehen. Daher könne auch der gewillkürte Prozessstandschafter einen im eigenen Namen geltend gemachten Anspruch des Gläubigers mit einen zu seinem eigenen Vermögen gehörenden Anspruch verbinden.256 Mithin kann der Kläger Ansprüche, die er teils aus eigenem und teils aus fremdem Recht erhebt, im Wege des § 260 ZPO miteinander verbinden.257 Somit steht es der Verbindung des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruches mit der Hauptforderung gem. § 260 ZPO nicht entgegen, dass der Anspruchsinhaber die Hauptforderung sicherungshalber an das Prozessfinanzierungsunternehmen abgetreten hat. Allerdings wird sich diese Problematik oft gar nicht stellen, weil in den meisten Fällen der Anspruchsinhaber mit Abschluss des Prozessfinanzierungsvertrages auch die Ansprüche auf Kostenerstattung sowie u. a. auch die Schadensersatzansprüche wegen nicht oder nicht rechtzeitig erfolgter Erfüllung der streitigen Ansprüche sicherungshalber an das Prozessfinanzierungsunternehmen abgetreten hat, sodass auch hinsichtlich des Prozesskosten­ erstattungsanspruchs oftmals ein Fall der gewillkürten Prozessstandschaft vorliegen wird.258 253  Siehe

dazu 3. Teil, 2. Kapitel, B.VI. in: Müko/ZPO, Vorbem. zu den §§ 50 ff. ZPO Rdn.  55. 255  Roth, in: Stein/Jonas, § 260 ZPO Rdn.  25. 256  Roth, in: Stein/Jonas, § 260 ZPO Rdn.  25. 257  BLAH, § 260 ZPO Rdn. 6. 258  Siehe dazu die Ausführungen unter 3. Teil, 2. Kapitel, B.VI. dieser Abhandlung. 254  Lindacher,

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4. Teil: Mehrbelastung für die Gerichte

3. Dasselbe Prozessgericht und dieselbe Prozessart Des Weiteren müssten für die gehäuften Ansprüche dasselbe Prozessgericht und dieselbe Prozessart zulässig sein. Es müsste also in jedem Einzelfall geprüft werden, ob für beide Ansprüche dasselbe Prozessgericht sachlich und örtlich zuständig ist. Zudem wird eine Verbindung nur dann als zulässig angesehen, wenn beide Ansprüche derselben Prozessart unterliegen.259 4. Vorliegen mehrerer Streitgegenstände Es müssen mindestens zwei verschiedene Streitgegenstände im prozes­ sualen Sinn vorliegen.260 Dies ist nach dem zweigliedrigen Streitgegenstand dann gegeben, wenn „mehrere Ansprüche auf denselben oder verschiedene Lebenssachverhalte (Klagegründe) gestützt werden“.261 Stellt der Anspruchsinhaber einen Antrag auf Erfüllung der Hauptforderung und einen Antrag auf Befreiung von der gegenüber dem Prozessfinanzierungsunternehmen entstandenen Verbindlichkeit in Form des Erfolgshonorars, verfolgt er mit diesen Anträgen unterschiedliche, selbstständige Rechtsfolgen, zum einen die Erfüllung und zum anderen Schadensersatz aus Verzug. Mithin liegt eine Mehrheit von Rechtsschutzbegehren vor. 5. Zulässigkeit einer unechten Eventualklagenhäufung Letztlich ist noch zu untersuchen, ob § 260 ZPO es gestattet, den Befreiungs- bzw. Feststellungsantrag als sogenannten Hilfsantrag in der Weise zu stellen, dass über den „zweiten Antrag (= Hilfsantrag) nur entschieden werden soll, wenn der erste Antrag (= Hauptantrag) in einer bestimmten Art beschieden wird“.262 Mit einem Hilfsantrag führt der Kläger einen neuen Streitgegenstand in den Rechtsstreit ein, obwohl er diesen auch in einem separaten Prozess hätte geltend machen können.263 Merkmal eines Hilfsantrages ist es, dass er unter der auflösenden Bedingung einer positiven Ent259  Saenger, in: Saenger, § 260 ZPO Rdn. 23. Dies ist beispielsweise nicht der Fall, wenn ein Haupt- und ein Arrestprozess oder das ordentliche Verfahren mit einem Wechselprozess verbunden werden sollen. 260  Saenger, in: Saenger, § 260 ZPO Rdn. 3. 261  Saenger, in: Saenger, § 260 ZPO Rdn. 4. Im Gegensatz dazu steht die sogenannte alternative Klagenhäufung, bei der derselbe Anspruch aus verschiedenen rechtlichen Gesichtspunkten hergeleitetet wird, z. B. aus Vertrag, unerlaubter Handlung etc. – siehe dazu BLAH, § 260 ZPO Rdn. 2, m. w. N. 262  Rütter, S. 1242. 263  Anders/Gehle, S.  325 f.



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scheidung über den Hauptantrag steht.264 Dies würde dazu führen, dass das Gericht nicht mehr über den Befreiungs- bzw. Feststellungsantrag bezüglich des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars entscheiden müsste, wenn bereits der Hauptantrag hinsichtlich der Verurteilung des Anspruchsgegners zur Erfüllung der Hauptforderung abgewiesen wurde. Eine derartige Konstellation wird als unechte Eventualklagenhäufung bezeichnet.265 Es war lange Zeit umstritten, ob eine unechte Eventualklagenhäufung zulässig ist.266 Grund hierfür ist die Bedingungsfeindlichkeit des Prozessrechts.267 Bei der unechten Eventualklagenhäufung wird jedoch argumentiert, dass lediglich eine sogenannte innerprozessuale Bedingung vorliege, denn das Gericht selbst führe ihren Eintritt durch die Entscheidung über den Hauptanspruch herbei.268 Der Hilfsantrag ist also nicht von dem Eintritt eines außerhalb des Prozesses liegenden, ungewissen Ereignisses abhängig, sodass auch der Prozessgegner nicht einwenden kann, „das Vorgehen des Klägers belaste ihn mit einer nicht zumutbaren Ungewissheit“.269 Eine solche innerprozessuale Bedingung – damit auch eine unechte Eventualklagenhäufung – wird daher als zulässig erachtet.270 6. Folge Die Voraussetzungen des § 260 ZPO liegen vor. Der Anspruchsinhaber kann den materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch hinsichtlich des Erfolgshonorars im Verfahren über die Hauptsache einklagen. III. Ergebnis Der materiell-rechtliche Kostenerstattungsanspruch bezüglich des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars kann in Verbindung mit der Hauptforderung gem. § 260 ZPO geltend gemacht werden, und zwar entweder im Wege einer Klage gem. § 259 ZPO oder der Feststellungsklage gem. 264  Anders/Gehle,

S. 327. in: Stein/Jonas, § 260 ZPO Rdn.  12; BLAH, § 260 ZPO Rdn.  8; Reichold, in: Thomas/Putzo, § 260  ZPO Rdn.  8; Rütter, S. 1242, siehe dazu auch Paulus, Zivilprozessrecht, S. 57. 266  Auf eine ausführliche Darstellung des Streitgegenstandes wird verzichtet und auf die umfangreiche Darstellung der Problematik bei Roth, in: Stein/Jonas, § 260 ZPO Rdn. 12 verwiesen. 267  Anders/Gehle, S. 324. 268  Anders/Gehle, S. 324. 269  Anders/Gehle, S. 324. 270  BGH NJW 2001,1285, 1286; Anders/Gehle, S. 324. 265  Roth,

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4. Teil: Mehrbelastung für die Gerichte

§ 256 ZPO. Dies hat für den Anspruchsinhaber den Vorteil, dass er nur einmal einen Gerichtsprozess anstrengen müsste.

B. Keine Mehrbelastung für die Gerichte Im vorherigen Abschnitt konnte gezeigt werden, dass der materiellrechtliche Anspruch auf Erstattung des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars in Verbindung mit der Hauptforderung gem. § 260 ZPO geltend gemacht werden kann, und zwar entweder im Wege einer Klage gem. § 259 ZPO oder der Feststellungsklage gem. § 256 ZPO. Damit steht fest, dass es nicht unbedingt eines weiteren Prozesses bezüglich des Vorliegens der Voraussetzungen des Erstattungsanspruches bedarf. Vielmehr ist es nach hier vertretener Auffassung möglich, sowohl das Bestehen des Primäranspruches als auch des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruches in einem Prozess zu klären. Zwar kann der Anspruchsinhaber, sollte er die Feststellungsklage gem. § 256 ZPO wählen, kein Leistungsurteil erlangen. Allerdings ist damit zu rechnen, dass ein Anspruchsgegner schon aufgrund des Feststellungsurteils den schadensersatzrechtlichen Befreiungsanspruch freiwillig erfüllen wird und es auch in diesem Fall keines weiteren Prozesses bedarf. Dies gilt umso mehr, wenn der Anspruchsgegner eine Behörde, eine Bank oder ein großes Unternehmen sein sollte. Mithin besteht von vorherein nicht die Gefahr einer zusätzlichen Belastung der Gerichte bzw. des Entstehens einer „Prozesslawine“.

C. Zusammenfassung und Fazit Es ist keine Mehrbelastung der Gerichte aufgrund des Erstattungsanspruches zu befürchten. Der Anspruchsinhaber kann den materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch hinsichtlich des Erfolgshonorars schnell und kostengünstig durchsetzen, indem er ihn mit dem Hauptanspruch geltend macht. Dazu steht ihm nach der hier vertretenen Auffassung die Möglichkeit der Klage gem. § 259 ZPO offen. In Betracht kommt jedoch auch die Feststellungsklage gem. § 256 ZPO. Zwar kann der Anspruchsinhaber auf diesem Weg kein Leistungsurteil erlangen. Jedoch ist es nicht unwahrscheinlich, dass der Anspruchsgegner schon aufgrund des Feststellungsurteils den Befreiungsanspruch erfüllen wird. Dies hat für den Anspruchsinhaber den Vorteil, dass eventuell nur ein Prozess erforderlich ist (problematisch bei Feststellungsklage). Liegen Anhaltspunkte für eine Leistungsentziehung gem. § 259 ZPO vor, sollte zunächst diese Klagemöglichkeit gewählt werden. Allerdings sind mit dieser Klage erhebliche Unsicherheiten verbunden. So ist unklar, ob ein Gericht der hier vertretenen Auffassung, dass der künftige Befreiungsanspruch eine künftige Leistung i. S. d. § 259 ZPO dar-



4. Teil: Mehrbelastung für die Gerichte591

stellt, folgen wird. Zudem ist die Bestimmtheit des Klageantrages problematisch. Wird ein solcher Klageantrag gestellt, sollte beim Gericht gleichzeitig beantragt werden, den Klageantrag gegebenenfalls in eine Feststellungsklage gem. § 256 ZPO umzudeuten. Eine Feststellungsklage ist auch bei der Frage anwendbar, ob ein Schaden entstehen kann, sodass die Zulässigkeitsvoraussetzungen regelmäßig vorliegen werden. Die Feststellungsklage ist in diesem Verfahrensstadium für den Anspruchsinhaber der sicherste Weg. Nachteil für den Anspruchsinhaber ist es jedoch, dass er kein Leistungsurteil erhält, sodass er möglicherweise doch noch einen zweiten Prozess führen muss. Allerdings ist zu erwarten, dass sich ein Anspruchsgegner einem solchen Feststellungsurteil beugen und den Schadensersatzanspruch freiwillig erfüllen wird.

Wesentliche Ergebnisse der Arbeit und Gesamtwürdigung I. Rechtstatsachen und Rechtsrahmen Unter dem Geschäftsmodell der Prozessfinanzierung ist die Übernahme des Kostenrisikos eines Verfahrens zur Durchsetzung materieller Rechte durch einen Dritten – einem Prozessfinanzierungsunternehmen – gegen eine Beteiligung am erzielten Erlös – das Erfolgshonorar – zu verstehen. Die Hauptpflicht des Prozessfinanzierungsunternehmens besteht in der Verpflichtung, sämtliche Kosten des Rechtsstreits vorzuschießen bzw. im Fall des Unterliegens oder der Uneinbringlichkeit der Forderung die Kosten des Rechtsstreits endgültig zu tragen. Das Prozessfinanzierungsunternehmen erbringt also sowohl eine Finanzierungs- also auch eine Versicherungsleistung. Als Hauptpflicht des Anspruchsinhabers ist die Auskehr des vertraglich vereinbarten Erfolgshonorars an das Prozessfinanzierungsunternehmen anzusehen. Dabei stellt das Erfolgshonorar den „Preis“ für die von dem Prozessfinanzierungsunternehmen zu erbringende Finanzierungs- bzw. Versicherungsdienstleistung dar. Die Erfolgsbeteiligung beträgt durchschnittlich 30 %. Das Bedürfnis eines Anspruchsinhabers zum Abschluss eines Prozessfinanzierungsvertrages ergibt sich aus dem mit der Rechtsverfolgung verbundenen hohen Kostenrisiko sowie der Unzulänglichkeit der vorhandenen „traditionellen“ Instrumente zur Erleichterung des Rechtsschutzzugangs. Die Finanzierung der Rechtsdurchsetzung durch ein Prozessfinanzierungsunternehmen mit den damit verbundenen Konsequenzen wird nicht selten die einzige Möglichkeit eines Anspruchsinhabers darstellen, sein Recht auch durchsetzen zu können. Allerdings kommt der Prozessfinanzierung in der Praxis bislang nur eine untergeordnete Rolle zu. In unserer Rechtsordnung ist ein Kostenerstattungssystem, bestehend aus prozessualen bzw. materiell-rechtlichen Kostenerstattungsansprüchen, verankert. Ein Anspruch auf Erstattung der einer Partei durch die Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung entstandenen Aufwendungen kann sich zum einen aus dem in den §§ 91 ff. ZPO geregelten prozessualen Kostenerstattungsverfahren und zum anderen aus den Normen des materiellen Rechts, z. B. aus Verzug gem. §§ 280 Abs. 2, Abs. 2, 286 BGB, ergeben.



Wesentliche Ergebnisse der Arbeit und Gesamtwürdigung593

II. Ökonomische Grundlagen des Erstattungsanspruches Eine Haftung des Anspruchsgegners für das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar ist bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen aus ökonomischer Sicht – unter Berücksichtigung rechtsvergleichender Aspekte – als sinnvoll anzusehen. Dem Recht kommt aus ökonomischer Sicht die Aufgabe zu, zur Reduzierung von Transaktionskosten beizutragen, um die Funktionsfähigkeit des Tauschmechanismus zu erhalten und eine effiziente Ressourcenallokation zu ermöglichen. Mithin soll auch das Prozessrecht das Verhalten der Akteure dahingehend beeinflussen, sich rechtstreu zu verhalten, um Prozesse, die Geld kosten und somit transaktionskostenerhöhend sind, möglichst zu vermeiden. Infolge dieser Präventionseffekte gibt es in Utopia eine Zivilgerichtsbarkeit, jedoch keine Prozesse.1 Dieses Ziel kann nur dann erreicht werden, wenn für jedes Rechtssubjekt tatsächlich die Möglichkeit besteht, das System der Rechtspflege auch tatsächlich in Anspruch nehmen zu können. Nur dann wird für alle Akteure der Anreiz geschaffen, sich rechtstreu zu verhalten und berechtigte Ansprüche zu erfüllen. Im Gegensatz dazu fördert unser System des Rechtsschutzzugangs aus ökonomischer Sicht jedoch strategisches Verhalten, das zu einem Rechtsdurchsetzungs- und einem Rechtsbefolgungsdefizit führt. Hierdurch kommt es im Ergebnis zu mehr ineffizienten Rechtsstreitigkeiten und einer Erhöhung der Transaktionskosten. Dies hat negative Auswirkungen auf die Volkswirtschaft. Das Instrument der Prozessfinanzierung allein ist aus ökonomischer Sicht nicht in der Lage, in einem ausreichenden Maße zu einem Abbau des Rechtsdurchsetzungs- bzw. -befolgungsdefizits beizutragen und für mehr Effizienz zu sorgen. Grund hierfür ist die mit dem prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorar verbundene Erosion des materiellen Rechts des Anspruchsinhabers. Da Prozesse durch die Prozessfinanzierung unwirtschaftlich werden können, verzichten viele Anspruchsinhaber auf den Abschluss eines Prozessfinanzierungsvertrages und die gerichtliche Geltendmachung der Forderung. Ein Indiz hierfür stellt die geringe Verbreitung der gewerblichen Prozessfinanzierung in der Rechtspraxis dar. Soll verhindert werden, dass aussichtsreiche Prozesse aus einem ökonomischen Kalkül heraus nicht geführt werden und es zu einer ineffizienten Umverteilung von Ressourcen kommt, muss die Rechtsordnung zum Schutz des materiellen Rechts dafür sorgen, dass die Höhe der nicht ersetzten Kosten der Rechtsverfolgung gering ist. Abhilfe kann aus ökonomischer Sicht daher eine modifizierte Haftung des Anspruchsgegners für das prozessfinan1  Adams,

Ökonomische Analyse, S. 76.

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Wesentliche Ergebnisse der Arbeit und Gesamtwürdigung

zierungsbedingte Erfolgshonorar schaffen. Allerdings würde ein bedingungsloser Anspruch auf Ersatz des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars zu Fehlsteuerungen zu Lasten des Anspruchsgegners und sogar zu einer Erhöhung von Transaktionskosten führen. Um dies zu verhindern, ist eine Modifizierung der Haftungsregelung notwendig. Von dieser müssen Anreize sowohl auf den Anspruchsinhaber als auch den Anspruchsgegner ausgehen, sich effizient zu verhalten. Dabei muss die Haftungsregelung einem NashGleichgewicht entsprechen. Voraussetzung hierfür ist, dass die Haftungsregelung das Verschulden beider Beteiligter berücksichtigt und entsprechende Sorgfaltsanforderungen aufgestellt werden. Insbesondere muss die Pflicht zur Erstattung des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars mit dem Vorliegen bestimmter persönlicher Voraussetzungen des Anspruchsinhabers, z. B. einer unzureichenden Vermögensausstattung, verknüpft werden. Entspricht ein Haftungsmodell diesen Voraussetzungen, gehen von diesem wohlfahrtstheoretisch günstige Anreize sowohl auf den Anspruchsinhaber als auch den Anspruchsgegner aus, die zu einem Abbau des Rechtsdurchsetzungs- bzw. -befolgungsdefizits und damit zu einer Stärkung der Präventionsfunktion der Zivilgerichtsbarkeit führen. Hierdurch können im Ergebnis Rechtsstreitigkeiten verhindert und Transaktionskosten reduziert werden. Mithin stellt das Instrument der gewerblichen Prozessfinanzierung verbunden mit der Möglichkeit der Erstattungsfähigkeit des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars einen Weg dar, dem aus ökonomischer Sicht optimalen Zustand, in dem es zwar eine Zivilgerichtsbarkeit gibt, jedoch keine Prozesse, zumindest näher zu kommen. III. Verankerung des Kostenerstattungsanspruches in unserer Rechtsordnung 1. Prozessualer Kostenerstattungsanpruch § 91 ZPO Ein Regress für das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar im Wege des prozessualen Kostenerstattungsverfahrens kommt nicht in Betracht. Grund hierfür ist vor allem das in § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO verankerte Unterliegensprinzip als Ausgangspunkt des prozessualen Kostenerstattungsverfahrens. Da die unterliegende Partei nicht immer als Veranlasser des Rechtsstreits angesehen werden kann, ist der verschuldensunabhängigen Unterliegenshaftung die Gefahr ungerechter Entscheidungen immanent. Mithin kommt § 91 ZPO bereits aus dogmatischer Sicht nicht als Anknüpfungspunkt einer Erstattungspflicht in Betracht. Aufgrund des Unterliegensprinzips ist der Begriff der „Kosten des Rechtsstreits“ in § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO eng auszulegen, sodass das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar vom Anwendungsbereich dieser Norm nicht erfasst ist. Auch aus ökonomischer



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Sicht ist die Norm aufgrund des Unterliegensprinzips nicht dazu geeignet eine „Überwälzung“ des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars auf den Anspruchsgegner in der Art und Weise zu ermöglichen, dass von einer Haftung die im Rahmen der ökonomischen Analyse beschriebenen wohlfahrtstheoretisch günstigen Anreize sowohl auf den Anspruchsinhaber als auch auf den Anspruchsgegner ausgehen. 2. Verzug gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB Interessengerechter Anknüpfungspunkt eines Erstattungsanspruch hinsichtlich des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars ist die Anspruchsgrundlage des Verzugs gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB. Aus dogmatischer Sicht stellt das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar bei Verzug grundsätzlich eine dem Anspruchsgegner zurechenbare Schadensposition dar und ist mithin in der schadensrechtlichen Differenzbilanz zu berücksichtigen. So besteht grundsätzlich Kausalität zwischen dem Verzug des Anspruchsgegners und dem prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorar im Sinne der coniditio-sine-qua-non-Formel. Dem steht weder die Tatsache entgegen, dass der Abschluss des Prozessfinanzierungsvertrages auf einer eigenen Willensentscheidung des Geschädigten beruht, noch die aufschiebende Bedingtheit der Entstehung des Erfolgshonorars. Des Weiteren ist Adäquanz anzunehmen, denn die Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens durch den Anspruchsinhaber wird in der Regel nicht außerhalb aller Wahrscheinlichkeit liegen. Nicht zuletzt gehört das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar grundsätzlich zu den Nachteilen, die durch § 286 BGB abgewendet werden sollen und ist somit auch vom Schutzzweck dieser Norm umfasst. Insbesondere sind weder das Risiko, in einen Prozess verwickelt zu werden und für die Prozesskosten aufzukommen zu müssen, noch das Risiko, im Prozess zu unterliegen, dem Bereich des allgemeinen Lebensrisikos zuzuordnen. Der Verzug gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB „gestattet“ zudem eine „Überwälzung“ des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars auf den Anspruchsgegner in der Art und Weise, dass von einer Haftung die im Rahmen der ökonomischen Analyse beschriebenen wohlfahrtstheoretisch günstigen Anreize sowohl auf den Anspruchsinhaber als auch auf den Anspruchsgegner ausgehen: So knüpft die Vorschrift anders als § 91 ZPO nicht an das Unterliegen im Prozess, sondern gem. § 286 Abs. 4 BGB an das Vertretenmüssen der Verzögerung der Erfüllung des Anspruchs an, sodass eine differenzierte Bewertung des Verhaltens des Anspruchsgegners möglich ist. Den Interessen des Anspruchsgegners dient dabei bereits die im Rahmen der Tatbestandsvo­

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raussetzungen des Verzuges vorgenommene Auslegung des § 286 Abs. 4 BGB. Danach ist das Bestehen rechtlicher Zweifel als nicht zu vertretender Umstand im Sinne von § 286 Abs. 4 BGB zu berücksichtigen. Der Anspruchsgegner kann sich dann auf diese Norm berufen, wenn der von ihm eingenommene rechtliche Standpunkt vertretbar ist. Konsequenz daraus ist, dass bereits die Tatbestandsvoraussetzungen des Verzuges nicht vorliegen und eine Haftung des Anspruchsgegners für das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar ausscheidet. Die Regelungen der Verzugshaftung ermöglichen es zudem, auch auf den Anspruchsinhaber die aus ökonomischer Sicht erforderlichen Anreize zu effizientem Verhalten auszuüben. Entscheidende Anknüpfungspunkte sind zum einen die bereits im Tatbestand zu prüfende „Erforderlichkeit“ der Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens und zum anderen das Mitverschulden gem. § 254 BGB. So ist das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar dem Anspruchsgegner nur dann zurechenbar, wenn die Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach als erforderlich anzusehen ist. Der Maßstab für die Beurteilung der Erforderlichkeit ergibt sich aus dem im Privatrecht anwendbaren Verhältnismäßigkeitsprinzip i. e. S. Somit ist in jedem Einzelfall durch eine umfassende wertende Betrachtung unter Abwägung der schützenswerten Interessen von Anspruchsinhaber und Anspruchsgegner zu prüfen, ob die Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens durch den Anspruchsinhaber „angemessen“ war. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, ob der Anspruchsinhaber den Rechtsstreit auch aus eigenen Mitteln hätte finanzieren können bzw. ob ihm andere kostengünstigere Mittel zur Verfügung gestanden hätten. Daneben sind jedoch auch noch andere Aspekte abzuwägen, z. B. Umfang und Bedeutung des Anspruchsgegenstandes etc. Zwar entspräche es am ehesten den Interessen des Anspruchsgegners, die erstattungsfähige Höhe des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars anhand einer proportionalen Berücksichtigung der im Einzelfall durch das Prozessfinanzierungsunternehmen übernommenen Risiken zu bestimmen. Jedoch ist eine solche Herangehensweise im Gerichtsprozess nicht praktikabel. Mithin ist die erstattungsfähige Höhe des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars gem. § 287 ZPO zu schätzen. Als Anknüpfungspunkt für die Schätzung kann die durchschnittliche Höhe des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars der Anbieter in Deutschland herangezogen werden. Gemäß § 254 Abs. 2 S. 1 BGB muss der Anspruchsinhaber den Anspruchsgegner grundsätzlich vor der Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens durch die Einschaltung eines Prozessfinanzierungsunternehmens warnen. Im Gegensatz dazu stellt es kein Mitverschulden des Anspruchsinhabers dar, sich nicht durch den Abschluss einer Rechtsschutzversicherung vor den nachteiligen wirtschaftlichen Auswirkungen einer etwaig notwendig werdenden Rechtsverfolgung zu schützen.



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3. Deliktische Haftung gem. § 823 BGB Eine deliktische Haftung für das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar gemäß § 823 Abs. 1 BGB bzw. § 823 Abs. 2 BGB kommt nicht in Betracht. Bereits aus ökonomischer Sicht „gestatten“ diese Normen keine „Überwälzung“ des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars auf den Anspruchsgegner in der Art und Weise, dass von einer Haftung die im Rahmen der ökonomischen Analyse beschriebenen wohlfahrtstheoretisch günstigen Anreize sowohl auf den Anspruchsinhaber als auch auf den Anspruchsgegner ausgehen. Im Gegensatz zum Verzug gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB umfasst das Verschulden bei der deliktsrechtlichen Haftung gem. §§ 823 Abs. 1, 823 Abs. 2 BGB nicht die Verzögerung der Erfüllung des deliktischen Anspruches durch den Anspruchsgegner. Daher kann auf der Grundlage dieser Norm kein Anreiz auf den Anspruchsgegner ausgeübt werden, strategisches Verhalten zu vermeiden und berechtigte Ansprüche zu erfüllen. Auch aus dogmatischer Sicht kommt eine Haftung des Anspruchsgegners für das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar nicht in Betracht. Vor allem ist das prozessfinanzierungsbedingte Erfolgshonorar nicht vom deliktischen Schutzbereich umfasst. IV. Keine Mehrbelastung der Gerichte Es ist keine Mehrbelastung der Gerichte aufgrund des Erstattungsanspruches zu befürchten. Der Anspruchsinhaber kann den materiell-rechtlichen Anspruch auf Erstattung des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars schon im Hauptsacheprozess geltend machen, und zwar gemäß § 260 ZPO in Verbindung mit der Hauptforderung. Zulässig sind sowohl eine Klage wegen der Besorgnis nicht rechtzeitiger Leistung gem. § 259 ZPO als auch die Feststellungsklage gem. § 256 ZPO. Es bedarf also nicht unbedingt eines weiteren Prozesses bezüglich des Vorliegens der Voraussetzungen des Erstattungsanspruches. V. Gesamtwürdigung und Ausblick Obgleich Prozessfinanzierungsunternehmen seit mehr als 15 Jahren in Deutschland ihre Dienstleistungen anbieten und es sogar Rechtsanwälten seit 2008 erlaubt ist, Erfolgshonorare mit ihren Mandanten zu vereinbaren, ist die Skepsis gegenüber dieser Art der Vergütung von Dienstleistungen, die im Zusammenhang mit der Rechtsverfolgung stehen, noch immer nicht verschwunden. Daher verwundert es nicht, dass auch der kostenrechtlichen Erstattungsfähigkeit des prozessfinanzierungsbedingten Erfolgshonorars bislang eher ablehnend gegenüber gestanden wird, wie die wenigen Äußerun-

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gen in Literatur und Rechtsprechung zu dieser Frage belegen. In der vorstehenden Abhandlung konnte jedoch gezeigt werden, dass diese skeptische Haltung nicht berechtigt ist. Die Erstattungsfähigkeit einer solchen Kostenposition ist – wie diese Abhandlung zeigen konnte – bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen zumindest als Verzögerungsschaden gem. §§  280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB möglich und darüber hinaus sogar mit positiven ökonomischen Auswirkungen verbunden.

Anhang: Vertragstext der LEGIAL AG1 PROZESSFINANZIERUNGSVERTRAG zwischen der LEGIAL AG Thomas-Dehler-Straße 2 81737 München – nachfolgend „LEGIAL“ genannt – und ………………………………………… ………………………………………… ………………………………………… ‒ nachfolgend auch bei mehreren Personen „ANSPRUCHSINHABER“ genannt ‒ INHALTSÜBERSICHT Präambel § 1 Erklärungen des ANSPRUCHSINHABERS § 2 Finanzierungsprüfung § 3 Finanzierungsleistungen der LEGIAL § 4 Zwangsvollstreckung § 5 Erlösbeteiligung / Abrechnung § 6 Sicherung der Ansprüche auf Erlösbeteiligung § 7 Pflichten des ANSPRUCHSINHABERS § 8 Vergleichsvorschlag, Kündigungsrecht § 9 Kündigungsrecht der LEGIAL § 10 Kündigungsrecht des ANSPRUCHSINHABERS § 11 Geheimhaltung / Schweigepflicht § 12 Salvatorische Klausel / Ersetzungsklausel § 13 Schlussbestimmungen

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1  Mustervertrag der LEGIAL AG, abrufbar unter https://www.legial.de/fileadmin/ Legial/Infomaterial/1511_LEGIAL_PF_Prozessfinanzierung_Mustervertrag_web.pdf – letzter Abruf am 13. Juli 2016.

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Anhang: Vertragstext der LEGIAL AG Anlagen: Abtretungsvereinbarung und Vollmacht Anweisung Präambel

Gegenstand dieses Vertrages ist die Übernahme des Kostenrisikos des ANSPRUCHSINHABERS für die außergerichtliche und gerichtliche Durchsetzung der STREITIGEN ANSPRÜCHE einschließlich etwa notwendiger Zwangsvollstreckungsmaßnahmen durch die LEGIAL nach Maßgabe der nachfolgenden Vertragsbestimmungen. 1. Die STREITIGEN ANSPRÜCHE sind diejenigen Ansprüche, die in der Vorkorrespondenz zu diesem Vertrag und insbesondere in dem von der LEGIAL zur Einreichung bei Gericht gebilligten Klageentwurf unter ausführlicher Darlegung des aus seiner Sicht maßgeblichen Lebenssachverhaltes im Einzelnen beschrieben hat. 2. Beiden Parteien ist bewusst, dass im Rahmen der außergerichtlichen und gerichtlichen Durchsetzung der STREITIGEN ANSPRÜCHE ein enges und vertrauliches Zusammenwirken und die wechselseitige Verpflichtung zu laufender Information Voraussetzung für einen Erfolg der gemeinsamen Bemühungen ist. 3. Dem ANSPRUCHSINHABER ist bekannt, dass er ggf. die außergerichtliche oder gerichtliche Durchsetzung seiner Ansprüche auch durch Inanspruchnahme von Beratungs- oder Prozesskostenhilfe sicherstellen könnte. 4. Rechtsberatung ist nicht Gegenstand dieses Vertrages. Der ANSPRUCHSINHABER gibt nachstehendes Angebot zum Abschluss eines Prozessfinanzierungsvertrages ab. Der ANSPRUCHSINHABER ist an dieses Angebot ab dem Zeitpunkt des Zugangs bei der LEGIAL gebunden. Die Angebotsbindung erlischt, sobald der ANSPRUCHSINHABER sein Angebot durch schriftliche Erklärung gegenüber der LEGIAL widerruft. Innerhalb der ersten drei Wochen ab Zugang des Angebots bei der LEGIAL ist der Widerruf ausgeschlossen. Eines Widerrufs bedarf es nicht, wenn die LEGIAL dem ANSPRUCHSINHABER mitteilt, dass sie das Angebot nicht annehmen wird. § 1  Erklärungen des ANSPRUCHSINHABERS Der ANSPRUCHSINHABER versichert hiermit, dass 1. alle in den „Angaben zur Prüfung einer Prozessfinanzierung“ zu diesem Vertrag enthaltenen Erklärungen richtig und vollständig sind; 2. ihm keine Tatsachen bekannt sind, die der Rechtswirksamkeit oder Durchsetzbarkeit der STREITIGEN ANSPRÜCHE entgegenstehen könnten, insbesondere aufrechenbare Gegenforderungen, Zurückbehaltungs- oder sonstige Gegenrechte, soweit sie in den „Angaben zur Prüfung einer Prozessfinanzierung“ nicht ausdrücklich aufgeführt sind;



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  3. er ohne Einschränkungen über die STREITIGEN ANSPRÜCHE verfügungsberechtigt ist, dass sie insbesondere nicht an Dritte abgetreten, verpfändet oder von Dritten gepfändet oder sonst mit Rechten Dritter belastet sind;  4. hinsichtlich der STREITIGEN ANSPRÜCHE kein Abtretungsverbot vereinbart ist und die Abtretung der STREITIGEN ANSPRÜCHE nicht von der Zustimmung eines Dritten abhängt;   5. die Unterlagen, die er selbst oder über den von ihm beauftragten Rechtsanwalt der LEGIAL übergeben hat, den Sachverhalt wahrheitsgemäß und vollständig wiedergeben;   6. zwischen ihm und dem Anspruchsgegner kein anderer Rechtsstreit anhängig ist, war oder zu erwarten ist, der die STREITIGEN ANSPRÜCHE berühren könnte;  7. kein vollstreckbarer Titel gegen ihn besteht, aus dem die Zwangsvollstreckung droht;   8. er dem von ihm beauftragten Rechtsanwalt Prozessvollmacht sowie Vertretungsmacht im Zusammenhang mit der Durchführung dieses Prozessfinanzierungsvertrages erteilt hat.   9. Der ANSPRUCHSINHABER erteilt hiermit dem von ihm beauftragten Rechtsanwalt die Vertretungsmacht, Erklärungen der LEGIAL bezüglich des Prozessfinanzierungsvertrages entgegenzunehmen. 10. Er erteilt hiermit auch dem von ihm beauftragten Rechtsanwalt Geldempfangsvollmacht. 11. Der ANSPRUCHSINHABER garantiert selbständig, dass alle vorgenannten Ansprüche und Rechte, die nicht ihm selbst, sondern von ihm beherrschten, ihm konzernverbundenen oder nahestehenden Dritten zustehen, durch diese Dritten an die LEGIAL abgetreten werden, soweit diese Ansprüche und Rechte auf den Bestand der STREITIGEN ANSPRÜCHE Einfluss haben oder für deren außergerichtliche oder gerichtliche Durchsetzung erforderlich oder dienlich sind. § 2  Finanzierungsprüfung 1.  Kostenlose Prüfung Die LEGIAL prüft kostenlos, ob sie das Kostenrisiko für die Durchsetzung der STREITIGEN ANSPRÜCHE übernehmen will. Die Prüfung wird die LEGIAL in dem aus ihrer Sicht erforderlichen Umfang selbst oder unter Beauftragung weiterer, rechts- und sachkundiger Personen (z. B. Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Sachverständige, nachfolgend die „PRÜFER“ genannt) durchführen. Die LEGIAL wird die Angelegenheit vertraulich behandeln und die PRÜFER zur Verschwiegenheit verpflichten, soweit diese nicht ohnehin einer gesetzlichen Verschwiegenheitspflicht unterliegen. Die Prüfung dient ausschließlich der Finanzierungsentscheidung der LEGIAL Eine rechtliche Beratung des ANSPRUCHSINHABERS findet nicht statt. 2. Auskünfte Dritter Der ANSPRUCHSINHABER ist damit einverstanden, dass die LEGIAL oder die PRÜFER gegebenenfalls bei Dritten Auskünfte zu Sach- und Rechtsfragen einholen,

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die mit den STREITIGEN ANSPRÜCHEN in Zusammenhang stehen, und befreit diese Dritten von etwa bestehenden Schweigepflichten. Der ANSPRUCHSINHABER bevollmächtigt mit der in der Anlage enthaltenen Vollmacht die LEGIAL und die PRÜFER, alle erforderlichen und zweckdienlichen Auskünfte bei Dritten einzuholen sowie die STREITIGEN ANSPRÜCHE betreffenden oder mit ihnen in Zusammenhang stehenden Gerichts- und Behördenakten einzusehen und sich daraus Ablichtungen oder Abschriften anzufertigen oder anfertigen zu lassen. § 3  Finanzierungsleistungen der LEGIAL 1. Finanzierungsumfang Die LEGIAL trägt die dem ANSPRUCHSINHABER nach Wirksamwerden dieses Vertrages entstehenden notwendigen Kosten der gerichtlichen Durchsetzung der STREITIGEN ANSPRÜCHE nach Maßgabe der nachfolgenden Regelungen. Sämtliche Zahlungen werden von der LEGIAL unmittelbar zu Händen des vom ANSPRUCHSINHABER beauftragten Rechtsanwalts geleistet. Diesem erteilt der ANSPRUCHSINHABER hiermit Geldempfangsvollmacht und weist ihn unwiderruflich an, die Zahlungen an den jeweiligen Endempfänger weiterzuleiten. Eine Zahlung der LEGIAL an den ANSPRUCHSINHABER ist ausgeschlossen, es sei denn dieser weist unter Vorlage von Belegen nach, dass er die entsprechende Zahlung an den Kostengläubiger bereits selbst vorgenommen hat. 2.  Gerichts- und Rechtsanwaltskosten Die LEGIAL trägt die gesamten anfallenden Gerichtskosten, einschließlich etwaiger Zeugen- und Sachverständigenauslagen, sowie die nach gerichtlicher Festsetzung gegebenenfalls an den Klagegegner zu zahlenden Kosten. Die im gerichtlichen Verfahren anfallenden Kosten des vom ANSPRUCHSINHABER beauftragten Rechtsanwalts trägt die LEGIAL gemäß RVG (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz). Reisekosten des Rechtsanwalts werden gemäß dem Vergütungsverzeichnis (VV) zum RVG Nr. 7003–7006 ersetzt, jedoch maximal bis zur Höhe von € 1.000. Nicht übernommen werden zusätzliche Kosten für einen Unterbevollmächtigten oder Korrespondenzanwalt, Hebegebühren, Reisekosten des ANSPRUCHSINHABERS sowie Schreibauslagen und Kopierkosten des Rechtsanwalts für die Unterrichtung der LEGIAL. 3. Nebenverfahren Kosten etwaiger Nebenverfahren (z. B. Arrestverfahren, Einstweilige Verfügungsverfahren usw.) trägt die LEGIAL nur aufgrund gesonderter schriftlicher Vereinbarung mit dem ANSPRUCHSINHABER. 4.  Zusätzliche Gebühr Für den dem Rechtsanwalt des ANSPRUCHSINHABERS durch die Einschaltung der LEGIAL entstandenen zusätzlichen Aufwand erstattet die LEGIAL dem ANSPRUCHSINHABER einmalig für den Rechtsstreit eine gesonderte 1,0 Gebühr gemäß RVG (bezogen auf den Streitwert des von der LEGIAL finanzierten Prozesses), sofern der ANSPRUCHSINHABER mit seinem Rechtsanwalt eine entsprechen-



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de Gebühr schriftlich vereinbart hat. Dem ANSPRUCHSINHABER ist bekannt, dass bei Zahlung der zusätzlichen Gebühr der gesetzliche Gebührenrahmen überschritten wird und deshalb in diesem Umfang ein Kostenerstattungsanspruch gegen den oder die Beklagten nicht besteht. Werden die STREITIGEN ANSPRÜCHE ganz oder teilweise durchgesetzt, dann wird die zusätzliche Gebühr aus einem etwaigen Erlös gemäß Ziffer § 5 Ziffer 2 dieses Vertrages an die LEGIAL erstattet. 5.  Widerklage oder Aufrechnung Kosten, die dem ANSPRUCHSINHABER durch die Verteidigung gegen eine Widerklage oder durch eine streitwerterhöhende Aufrechnung des Beklagten entstehen, trägt die LEGIAL nur dann, wenn und soweit dies gesondert schriftlich vereinbart wurde. Die Regelungen des § 7 und des § 9 dieses Prozessfinanzierungsvertrages bleiben unberührt. 6. Umsatzsteuer Die auf die Kosten entfallende Umsatzsteuer übernimmt die LEGIAL nur, soweit der ANSPRUCHSINHABER nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Der ANSPRUCHS-INHABER ist ggf. zur unmittelbaren Zahlung der Umsatzsteuer direkt an den jeweiligen Rechnungssteller verpflichtet. 7. Fälligkeit Die LEGIAL erstattet die Verfahrensgebühr (VV zum RVG Nr. 3100) und den gemäß GKG (Gerichtskostengesetz) anfallenden Gerichtskostenvorschuss nach Einreichung der von ihr gebilligten Klageschrift bei Gericht. Die Terminsgebühr (VV zum RVG Nr. 3104 oder 3202) erstattet die LEGIAL nach Vorlage des schriftlichen Terminsbericht durch den Anwalt. Die 1,0 Gebühr nach § 3 Ziffer 4 erstattet die LEGIAL nach Abschluss der ersten finanzierten Instanz. § 4  Zwangsvollstreckung 1.  Kosten der Zwangsvollstreckung Die LEGIAL trägt die Kosten der Zwangsvollstreckung aus rechtskräftigen Titeln, wenn und soweit ihr die Zwangsvollstreckung erfolgversprechend erscheint. Voraussetzung ist, dass der ANSPRUCHSINHABER die konkrete Zwangsvollstreckungsmaßnahme und die die Zwangsvollstreckung betreibende Person mit der LEGIAL vor Einleitung der Maßnahme abstimmt. Im Falle von Forderungspfändungen übernimmt die LEGIAL die gemäß RVG anfallenden Rechtsanwaltsgebühren. Dabei wird als Gegenstandswert der Wert der gepfändeten Forderungen zugrunde gelegt. Sind mehrere ANSPRUCHSINHABER Gesamttitelgläubiger, dann erstattet die LEGIAL die Kosten der Zwangsvollstreckung nur insoweit, als diese bei Betreiben der Zwangsvollstreckung nur durch einen der ANSPRUCHSINHABER anfallen würden. Erhöhungsgebühren nach dem VV zum RVG Nr. 1008 werden in diesem Fall von der LEGIAL nicht erstattet. Stellt die LEGIAL eine Sicherheit zur Durchführung der Zwangsvollstreckung, dann sind die aus der Zwangsvollstreckung erlangten Beträge in voller Höhe an die LEGIAL abzuführen und solange dort zu belassen, bis die Sicherheit zurückgegeben wurde.

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Anhang: Vertragstext der LEGIAL AG

2. Sicherungsvollstreckung Die LEGIAL ist berechtigt, im Falle eines vorläufig vollstreckbaren Urteils die für die Zwangsvollstreckung erforderliche Sicherheit bereitzustellen. Für Schadensersatzansprüche, die aufgrund der Aufhebung eines vorläufig vollstreckbaren Titels entstehen, übernimmt die LEGIAL weder im Außenverhältnis gegenüber Dritten, noch im Innenverhältnis zum ANSPRUCHSINHABER die Haftung, es sei denn, dies wurde zuvor ausdrücklich zwischen den Vertragsparteien schriftlich vereinbart (sog. Schadenübernahmeerklärung). Der ANSPRUCHSINHABER ist zur Durchsetzung des Titels im Wege der Zwangsvollstreckung verpflichtet, sobald und soweit ihn die LEGIAL dazu auffordert. In diesem Fall hat der ANSPRUCHSINHABER bei vorläufig vollstreckbaren Titeln das Recht, von der LEGIAL die vorstehend genannte Schadenübernahmeerklärung zu verlangen. § 5 Erlösbeteiligung / Abrechnung 1.  Definition des Erlöses Zum Erlös der finanzierten Rechtsdurchsetzung gehört jeder unmittelbar durch eine gerichtliche oder behördliche Entscheidung, einen Vergleich, ein Anerkenntnis oder durch sonstige Rechtsgeschäfte bei einem, mehreren oder allen ANSPRUCHSINHABERN eintretende Vermögensvorteil einschließlich der Befreiung von Verbindlichkeiten sowie jede Leistung auf die STREITIGEN ANSPRÜCHE, auf die im Zusammenhang mit der finanzierten Rechtsdurchsetzung entstandenen Ansprüche oder auf solche Ansprüche, die an die Stelle solcher Ansprüche getreten sind. Zinsen aus den STREITIGEN ANSPRÜCHEN und Umsatzsteuerbeträge, die in den STREITIGEN ANSPRÜCHEN enthalten sind, gehören ebenfalls zum Erlös. Der Erlös wird durch Steuerverbindlichkeiten des ANSPRUCHSINHABERS nicht gemindert. Werden die ANSPRUCHSINHABER aufgrund der finanzierten Rechtsdurchsetzung von einer Verbindlichkeit befreit, z. B. durch wirksame Aufrechnung, Verrechnung oder erfolgreiche Widerklage des Klagegegners, so ist der Nominalbetrag der Verbindlichkeit, von der sie befreit werden, dem Erlös zuzurechnen. Hat die Verbindlichkeit keinen Nominalbetrag, so ist ihr Verkehrswert anzusetzen. Zum Erlös gehören auch solche wirtschaftlichen und rechtlichen Vorteile, die im Zusammenhang mit der finanzierten Rechtsdurchsetzung und mit Billigung der ANSPRUCHSINHABER einem Dritten zugute kommen. 2.  Erstattung der notwendigen und vereinbarten Kosten Der Erlös des Rechtsstreits (und der damit verbundenen Verfahren) dient zunächst zur Deckung aller nach diesem Vertrag entstandenen notwendigen und / oder vereinbarten Kosten. Der LEGIAL werden demzufolge zunächst aus dem Erlös die von ihr gemäß § 3 und § 4 sowie die gegebenenfalls aufgrund gesonderter Vereinbarung verauslagten Kosten erstattet. 3. Erlösbeteiligung Von dem nach der Kostenerstattung gemäß Ziffer 2 verbleibenden Erlös stehen der LEGIAL zu,



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30 % bis zu einem Betrag von € 500.000 und zusätzlich 20 % aus den über € 500.000 hinausgehenden Beträgen. Sofern ein Erlös vor Einleitung eines Gerichtsverfahrens realisiert wird, ermäßigt sich die Erlösbeteiligung der LEGIAL auf 20 % des gemäß Ziffer 2 verbleibenden Erlöses. Besteht der Erlös nicht aus Zahlungsmitteln, dann hat die LEGIAL Anspruch auf Zahlung in Höhe eines den vorgenannten Prozentsätzen entsprechenden Anteils des Verkehrswertes des Vermögensgegenstandes oder sonstigen Vermögensvorteils, den der ANSPRUCHSINHABER durch die finanzierte Rechtsdurchsetzung erlangt. Mehrere ANSPRUCHSINHABER sind hinsichtlich vorstehender Verbindlichkeiten Gesamtschuldner. 4.  Fälligkeit der Erlösbeteiligung und der Kostenerstattung Der Anspruch der LEGIAL auf Kostenerstattung und auf Zahlung der Erfolgsbeteiligung ist fällig, sobald der Erlös der finanzierten Rechtsdurchsetzung einem, mehreren oder allen ANSPRUCHSINHABERN oder dem von ihm / ihnen beauftragten Rechtsanwalt zufließt oder bei einem, mehreren oder allen ANSPRUCHSINHABERN ein sonstiger Vermögensvorteil im Sinne der Ziffer 1 eintritt. 5.  Auskunftsverpflichtung des ANSPRUCHSINHABERS Der ANSPRUCHSINHABER ist verpflichtet, der LEGIAL unaufgefordert und unverzüglich Auskunft darüber zu geben, ob und in welchem Umfang ihm oder Dritten Erlöse im Zusammenhang mit der finanzierten Rechtsdurchsetzung zugeflossen sind. Er wird der LEGIAL oder einem PRÜFER zu diesem Zweck Einsicht in sämtliche Unterlagen gewähren, die Aufschluss über die Realisierung und den Umfang der Erlöse oder sonstiger Vermögensvorteile geben können. 6.  Einziehung der Erlöse Der ANSPRUCHSINHABER wird in der Weise die streitigen Ansprüche einziehen oder über sie verfügen, dass er Zahlung zu Händen des von ihm beauftragten Rechtsanwalts verlangt. Der Rechtsanwalt wird diese Erlöse und eine eventuelle Kostenerstattung gemäß den Abrechnungsbestimmungen an die Vertragsparteien auszahlen. Der ANSPRUCHSINHABER wird dem von ihm beauftragten Rechtsanwalt eine entsprechende unwiderrufliche Anweisung erteilen (Anlage 2 zum Prozessfinanzierungsvertrag). 7. Aufrechnungsverbot Der ANSPRUCHSINHABER kann gegenüber dem Anspruch der LEGIAL auf Auszahlung der Erfolgsbeteiligung und Erstattung der verauslagten Kosten nur mit solchen Ansprüchen aufrechnen oder Zurückbehaltungsrechte geltend machen, die sich aus diesem Vertrag selbst ergeben und unbestritten oder rechtskräftig festgestellt sind.

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8. Umsatzsteuer Die Vertragsparteien gehen davon aus, dass die Erlösansprüche der LEGIAL nach diesem Vertrag nicht umsatzsteuerpflichtig sind. Sollte wider Erwarten dennoch ganz oder teilweise Umsatzsteuer anfallen, steht der LEGIAL zusätzlich zu den Erlösansprüchen ein Anspruch auf Zahlung des Umsatzsteuerbetrages aus dem Erlös zu. Im übrigen trägt jede Vertragspartei ihre Steuerverpflichtungen, insbesondere solche, die durch die Realisierung der STREITIGEN ANSPRÜCHE entstehen, allein. Wird die LEGIAL von den Finanzbehörden zur Zahlung von Umsatzsteuerverbindlichkeiten des ANSPRUCHSINHABERS nach § 13c UStG herangezogen, dann hat sie einen Ausgleichsanspruch gegen den ANSPRUCHSINHABER in voller Höhe. 9. Abrechnung nach Offenlegung Die vorgenannten Regeln gelten entsprechend, sofern die LEGIAL Abtretungen ganz oder teilweise offengelegt hat. § 6  Sicherung der Ansprüche auf Erlösbeteiligung 1. Sicherungsabtretung Zur Sicherung der Erstattungsansprüche der LEGIAL nach § 5 Ziffer 2 dieses Vertrages tritt der ANSPRUCHSINHABER hiermit vorrangig die STREITIGEN ANSPRÜCHE sowie sämtliche Ansprüche auf Prozesskostenerstattung gegen den Anspruchsgegner und Dritte gemäß der Anlage 1 an die LEGIAL ab. Nachrangig dazu tritt der ANSPRUCHSINHABER hiermit die STREITIGEN ANSPRÜCHE sowie sämtliche Ansprüche auf Prozesskostenerstattung gegen den Anspruchsgegner und Dritte auch zur Sicherung der Erlösansprüche der LEGIAL nach § 5 Ziffer 3 dieses Vertrages und eventueller Schadensersatzansprüche der LEGIAL gemäß der Anlage 1 an die LEGIAL ab. Die Abtretung wird mit Abschluss des Vertrages wirksam. Mit abgetreten werden sämtliche in der Anlage 1 genannten Rechte. Der ANSPRUCHSINHABER sichert zu, dass die abzutretenden Ansprüche nicht bereits an Dritte abgetreten sind, insbesondere nicht an eine Bank des ANSPRUCHSINHABERS im Rahmen einer Globalzession. Der ANSPRUCHSINHABER hat ein Recht auf Freigabe der abgetretenen Forderungen, wenn die vorstehend genannten Erstattungsansprüche der LEGIAL vollständig befriedigt sind, neue Erstattungsansprüche im weiteren Verlauf des finanzierten Verfahrens nicht mehr entstehen können und keine Schadensersatzansprüche der LEGIAL gegen den ANSPRUCHSINHABER bestehen. Die Freigabe erfolgt bis zur Höhe der weiterhin zu sichernden Ansprüche der LEGIAL auf Erlösbeteiligung nach § 5 Ziffer 3 dieses Vertrages. 2.  Einziehung der Forderung durch den ANSPRUCHSINHABER Solange die Abtretung von Ansprüchen und Rechten nicht offengelegt wird, ist der ANSPRUCHSINHABER verpflichtet, außergerichtlich und gerichtlich als Berechtigter der abgetretenen Ansprüche und Rechte aufzutreten und insofern alle für die Zwecke dieses Vertrages erforderlichen Erklärungen und Handlungen vorzunehmen. Gegenüber Dritten, Behörden und Gerichten handelt der ANSPRUCHSINHABER



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im eigenen Namen und für eigene Rechnung, soweit in diesem Vertrag nichts anderes bestimmt ist. Solange die Abtretung nicht offengelegt ist, wird der ANSPRUCHSINHABER nur in der Weise die STREITIGEN ANSPRÜCHE einziehen oder über sie verfügen, dass er Zahlung zu Händen des von ihm beauftragten Rechtsanwaltes verlangt. 3.  Offenlegung der Abtretung Die LEGIAL kann die vorgenannte Abtretung während der Dauer dieses Vertrages offen legen, wenn der Erlösanspruch der LEGIAL anderenfalls vereitelt zu werden droht oder einer erheblichen Gefährdung ausgesetzt ist. Dies ist insbesondere bei Verstößen des ANSPRUCHSINHABERS gegen seine Verpflichtung nach Ziffer 2 Satz 3 der Fall. 4.  Folgen der Offenlegung Die LEGIAL ist im Fall der Offenlegung verpflichtet, dies dem ANSPRUCHSINHABER unverzüglich mitzuteilen. Der ANSPRUCHSINHABER ist verpflichtet, unverzüglich alle Rechtshandlungen auf entsprechende Anforderung der LEGIAL vorzunehmen, die eventuell noch zum Wirksamwerden der Rechteübertragungen auf die LEGIAL bzw. zur Vervollständigung des bezweckten Abtretungserfolges erforderlich sein sollten. Auch nach der Offenlegung zieht nur der ANSPRUCHSINHABER die STREITIGEN ANSPRÜCHE ein. Er wird die STREITIGEN ANSPRÜCHE ab diesem Zeitpunkt aber nur noch in der Weise einziehen oder über sie verfügen, dass er Zahlung an die LEGIAL verlangt. Sobald der LEGIAL aufgrund der Offenlegung Vermögenswerte zufließen, gelten die Abrechnungsbestimmungen. § 7  Pflichten des ANSPRUCHSINHABERS 1.  Verpflichtung zur risikobewussten und sparsamen Prozessführung Der ANSPRUCHSINHABER verpflichtet sich zu einer sparsamen, wirtschaftlichen und risikobewussten Prozessführung. Unter mehreren gleich erfolgversprechenden Verfahrensarten wird er diejenige wählen, die die geringsten Prozesskosten und -risi­ ken verursacht. Der ANSPRUCHSINHABER verpflichtet sich weiter, den von ihm beauftragten Rechtsanwalt entsprechend anzuweisen. 2.  Verpflichtung zur Prozessförderung Der ANSPRUCHSINHABER ist verpflichtet, seiner gesetzlichen Prozessförderungspflicht nachzukommen und den von ihm beauftragten Rechtsanwalt rechtzeitig und umfassend zu informieren. Er steht dafür ein, dass auch von ihm beherrschte, ihm konzernverbundene oder nahestehende Dritte die Rechtsverfolgung nach Maßgabe dieses Vertrages unterstützen. 3. Informationspflicht a) Der ANSPRUCHSINHABER ist verpflichtet, die LEGIAL ‒ bei neuen Erkenntnissen auch fortlaufend ‒ unaufgefordert und unverzüglich über sämtliche Um-

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Anhang: Vertragstext der LEGIAL AG

stände zu informieren, die für die Beurteilung und / oder Durchsetzung der STREITIGEN ANSPRÜCHE von Bedeutung sind. b) Der ANSPRUCHSINHABER stellt der LEGIAL sämtliche ihm im Zusammenhang mit den STREITIGEN ANSPRÜCHEN zugänglichen Dokumente zur Verfügung, insbesondere sämtliche Schriftsätze nebst Anlagen, jegliche Verfügungen und Hinweise des Gerichts, alle Vergleichsangebote der Gegenseite und Vergleichsvorschläge des Gerichts. c) Soweit der Sachverhalt nicht ausreichend dokumentiert ist, wird der ANSPRUCHSINHABER alle für eine erfolgversprechende Rechtsverfolgung erforderlichen Erläuterungen und Aufklärungshandlungen gegenüber der LEGIAL und / oder den PRÜFERN in der von diesen gewünschten Form (mündlich oder schriftlich) vollständig und wahrheitsgemäß vornehmen. d) Der ANSPRUCHSINHABER entbindet den von ihm beauftragten Rechtsanwalt gegenüber der LEGIAL von der Schweigepflicht, soweit es Informationen über die STREITIGEN ANSPRÜCHE betrifft. Er hat den von ihm beauftragten Rechtsanwalt zu verpflichten, die LEGIAL über den Gang des Prozesses auf dem Laufenden zu halten und der LEGIAL alle wesentlichen Prozessunterlagen zu übermitteln. 4.  Verpflichtung zur Einholung der vorherigen Zustimmung der LEGIAL Ohne vorherige Zustimmung oder gegen ausdrücklichen Widerspruch der LEGIAL ist der ANSPRUCHSINHABER nicht berechtigt, ∷ kostenerhöhende Maßnahmen prozessualer oder außerprozessualer Art zu ergreifen, ∷ auf die streitigen Ansprüche ganz oder zum Teil zu verzichten,

∷ eine Klage oder ein Rechtsmittel ganz oder teilweise zurückzunehmen, ∷ ein Rechtsmittel vollumfänglich oder teilweise einzulegen,

∷ Gegenansprüche, die durch Widerklage oder im Wege der Aufrechnung geltend gemacht werden, ganz oder teilweise anzuerkennen,

∷ über die streitigen Ansprüche einen unwiderruflichen Vergleich abzuschließen, einen widerruflich abgeschlossenen Vergleich zu widerrufen oder die Widerrufsfrist verstreichen zu lassen, ohne zu widerrufen. Der ANSPRUCHSINHABER hat den von ihm beauftragten Rechtsanwalt zu verpflichten, die vorstehend genannten Zustimmungserfordernisse zu beachten. 5.  Rechtsfolgen eines Pflichtverstoßes a) Unterbleibt eine vorherige Abstimmung von kostenauslösenden Maßnahmen mit der LEGIAL, entfällt die Verpflichtung der LEGIAL zur Zahlung der entsprechenden Kosten. b) Bei einem Verstoß gegen die unter § 7 Ziffer 1–4 genannten Pflichten hat der ANSPRUCHSINHABER die LEGIAL so zu stellen, wie diese ohne die Pflichtverletzung stände. Der ANSPRUCHSINHABER hat der LEGIAL jedoch zumindest alle von dieser im Rahmen dieses Prozessfinanzierungsvertrages aufgewandten Kosten zu erstatten. Dies gilt nicht, wenn der ANSPRUCHSINHABER



Anhang: Vertragstext der LEGIAL AG609 nachweisen kann, dass durch seinen Pflichtverstoß der LEGIAL kein Schaden oder nur ein wesentlich geringerer Schaden als die aufgewandten Kosten entstanden ist. Darüber hinaus ist die LEGIAL zur Kündigung des Prozessfinanzierungsvertrages berechtigt.

c) Nimmt der ANSPRUCHSINHABER im Laufe des Prozesses ohne Zustimmung der LEGIAL eine Klageerweiterung vor, so hat er alle dadurch entstehenden Kosten im Verhältnis der Erweiterung zu dem ursprünglich mit Billigung der LEGIAL eingeklagten Betrag selbst zu tragen. Mit dieser Berechnungsweise wird sichergestellt, dass die Degression im Gebührenrecht nicht nur einseitig einer Vertragspartei zugute kommt. 6.  Rechtsfolgen bei unrichtigen oder unvollständigen Angaben Bei unrichtigen oder unvollständigen Angaben gemäß § 1 des Prozessfinanzierungsvertrages hat die LEGIAL das Recht zur Kündigung dieses Vertrages und zur Geltendmachung von Schadenersatz. § 7 Ziffer 5 gilt entsprechend. § 8  Vergleichsvorschlag, Kündigungsrecht Zum Abschluss eines Vergleichs über die STREITIGEN ANSPRÜCHE ist der ANSPRUCHSINHABER nur mit Zustimmung der LEGIAL berechtigt. Empfiehlt die LEGIAL den Abschluss eines Vergleichs, weil sie diesen unter Berücksichtigung der Sach- und Rechtslage für angemessen hält, ist der ANSPRUCHSINHABER hierdurch in seiner Entscheidung nicht gebunden. Nimmt der ANSPRUCHSINHABER den vom Gericht oder vom Anspruchsgegner vorgeschlagenen Vergleich nicht an, obwohl die LEGIAL dies empfohlen hat, so ist die LEGIAL zur unverzüglichen Kündigung dieses Vertrages berechtigt. Der ANSPRUCHSINHABER hat die LEGIAL in diesem Fall so zu stellen, wie sie bei Abschluss des empfohlenen Vergleiches stehen würde. Die LEGIAL wird in diesem Falle die abgetretenen Ansprüche Zug um Zug gegen Befriedigung der Ansprüche der LEGIAL freigeben. § 9  Kündigungsrecht der LEGIAL 1. Recht zur Kündigung durch die LEGIAL Die LEGIAL kann den Vertrag mit sofortiger Wirkung durch schriftliche Erklärung kündigen und die Finanzierung des Prozesses einstellen, wenn und soweit eine weitere Rechtsverfolgung nicht mehr überwiegend erfolgversprechend erscheint. Dies ist insbesondere der Fall, wenn folgende Umstände eintreten: ∷ Gerichts- oder Behördenentscheidungen, mit denen die STREITIGEN ANSPRÜCHE ganz oder teilweise abgelehnt werden, ∷ gerichtliche Hinweise mit nachteiligem Inhalt für die Erfolgsaussichten, ∷ für die LEGIAL neue Tatsachen, ∷ neue Rechtsprechung, ∷ Gesetzesänderungen,

∷ Wegfall von Beweismöglichkeiten,

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Anhang: Vertragstext der LEGIAL AG

∷ wesentliche Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Anspruchsgegners, ∷ eine nachteilig verlaufene Beweisaufnahme,

∷ die Weigerung des ANSPRUCHSINHABERS das finanzierte Verfahren einzuleiten oder weiterzubetreiben. 2.  Recht zur teilweisen Kündigung

Bei Vorliegen der in Ziffer 1 genannten Gründe steht der LEGIAL auch das Recht zur teilweisen Kündigung des Prozessfinanzierungsvertrages zu. Die weitere Finanzierung beschränkt sich dann auf den nicht gekündigten Teil der STREITIGEN ANSPRÜCHE. 3.  Rechtsfolgen einer Kündigung durch die LEGIAL Der ANSPRUCHSINHABER kann bei Kündigung des Vertrages durch die LEGIAL die Durchsetzung der STREITIGEN ANSPRÜCHE auf eigene Kosten weiterverfolgen. Die LEGIAL zahlt die bis dahin entstandenen Kosten in der Höhe, wie sie bei einer unverzüglichen, möglichst kostengünstigen (Teil-)Beendigung des Verfahrens anfallen würden. Fließen dem ANSPRUCHSINHABER Erlöse im Sinne des § 5 Ziffer 1 zu, ist er verpflichtet, der LEGIAL die von dieser nach § 3 und § 4 erbrachten und die gegebenenfalls aufgrund gesonderter Vereinbarung verauslagten Zahlungen zu erstatten. § 5 Ziffer 5 und § 7 Ziffer 3b) und d) gelten entsprechend. Die LEGIAL wird die ihr übertragenen Sicherheiten zurückgewähren, soweit kein Sicherungsbedürfnis mehr besteht. § 10  Kündigungsrecht des ANSPRUCHSINHABERS 1.  Kündigungsrecht nur aus wichtigem Grund Der ANSPRUCHSINHABER ist nur aus wichtigem Grund berechtigt, diesen Vertrag zu kündigen. Im Falle der Kündigung des Vertrages aus wichtigem Grund hat der ANSPRUCHSINHABER der LEGIAL alle nach § 3 und § 4 geleisteten und die gegebenenfalls aufgrund gesonderter Vereinbarung verauslagten Zahlungen zurückzuerstatten. Die LEGIAL ist zur Rückübertragung der an sie gemäß § 6 abgetretenen Ansprüche und Rechte nur Zug um Zug gegen Rückerstattung der Finanzierungsleistungen gemäß Satz 2 verpflichtet. 2.  Änderung der Vermögensverhältnisse des ANSPRUCHSINHABERS Die Vertragsparteien schließen ausdrücklich als Kündigungsgrund den Fall aus, dass es dem ANSPRUCHSINHABER nach Abschluss dieses Vertrages gelingt, die Prozessfinanzierung aus eigenen Mitteln, durch Kredit oder Erhalt von Prozesskostenhilfe sicherzustellen. § 11  Geheimhaltung / Schweigepflicht 1. Geheimhaltungspflicht Wird dieser Vertrag bekannt, kann dies erhebliche negative Auswirkungen auf das Ergebnis der Geltendmachung der STREITIGEN ANSPRÜCHE sowie auf das Ergebnis anderer durch die LEGIAL finanzierten Prozesse haben. Auch können sowohl



Anhang: Vertragstext der LEGIAL AG611

der Abschluss dieses Vertrags als auch der Verlauf des damit finanzierten Prozesses eine Insidertatsache im Sinne des Wertpapierhandelsgesetzes darstellen. Der ANSPRUCHSINHABER ist deshalb verpflichtet, über die Tatsache und den Inhalt dieses Vertrages, sowie die damit in Zusammenhang stehenden Umstände Stillschweigen zu bewahren und darüber Dritte nur mit vorheriger schriftlicher Zustimmung der LEGIAL zu unterrichten. 2. Ausnahmen Dritte im Sinne der Ziffer 1 sind nicht der anwaltliche Vertreter des ANSPRUCHSINHABERS und die PRÜFER nach § 2 Ziffer 1. Die LEGIAL ist berechtigt, im Rahmen der ihr nach dem Aktiengesetz, dem Wertpapierhandelsgesetz oder anderer gesetzlicher Bestimmungen obliegenden Berichtspflichten in anonymisierter Form über den von ihr finanzierten Prozess zu berichten. Die LEGIAL ist berechtigt, zum Zweck der Absicherung des von ihr vertragsgemäß zu übernehmenden Risikos Informationen zum Finanzierungsvertrag und zum finanzierten Anspruch einem (Rück-)Versicherer offenzulegen. LEGIAL wird die vorgenannte Stelle ihrerseits zur Vertraulichkeit verpflichten und auf berechtigte Belange des ANSPRUCHSINHABERS Rücksicht nehmen. Der ANSPRUCHSINHABER stimmt hiermit auch ausdrücklich der Weitergabe seiner persönlichen Daten an den (Rück-)Versicherer der LEGIAL zu. Eine Weitergabe der persönlichen Daten zum Zweck der Kontaktaufnahme oder Werbung ist ausdrücklich ausgeschlossen. § 12  Salvatorische Klausel / Ersetzungsklausel Sollten eine oder mehrere Bestimmungen dieses Vertrages ganz oder teilweise unwirksam sein oder werden oder der Vertrag eine Lücke enthalten, so bleibt die Rechtswirksamkeit des Vertrages und seiner übrigen Bestimmungen hiervon unberührt. Anstelle der unwirksamen oder undurchführbaren Bestimmungen oder zur Ausfüllung der Lücken soll eine angemessene Regelung gelten, die, soweit möglich, dem am nächsten kommt, was die Vertragsparteien gewollt haben oder nach dem Sinn und Zweck des Vertrages gewollt hätten, sofern sie bei Abschluss dieses Vertrages den Punkt bedacht hätten. Ist eine Ersetzung durch geltungserhaltende Anpassung, ergänzende Auslegung oder Umdeutung nach Maßgabe von Abs. 2 nicht möglich, weil mehrere gleichwertige Ersetzungsvarianten zur Verfügung stehen, haben sich die Vertragsparteien über eine angemessene und zumutbare Ersatzklausel zu einigen. § 13  Schlussbestimmungen 1.  Schriftform / Anlagen Mündliche Nebenabreden zu diesem Vertrag bestehen nicht. Änderungen und / oder Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform. Dies gilt auch für einen Verzicht auf dieses Schriftformerfordernis selbst. Alle Anlagen sind wesentliche Bestandteile des Vertrages.

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Anhang: Vertragstext der LEGIAL AG

2. Anzuwendendes Recht Bei einem Streit zwischen den Vertragsparteien über die Wirksamkeit dieses Vertrages oder über die sich aus diesem Vertrag ergebenden Rechte und Pflichten findet deutsches Recht Anwendung. 3. Gerichtsstandsvereinbarung Als Gerichtsstand für die Streitigkeiten nach Ziffer 2 wird, soweit zulässig, das Landgericht München I vereinbart. Dies gilt insbesondere auch für den Fall, dass die im Klagewege in Anspruch zu nehmende Partei nach Vertragsschluss ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort aus dem Geltungsbereich der ZPO verlegt oder ihr Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt im Zeitpunkt der Klageerhebung nicht bekannt ist. 4.  Versterben des ANSPRUCHSINHABERS Der Tod des ANSPRUCHSINHABERS führt nicht zu einer Beendigung dieses Prozessfinanzierungsvertrages. Vielmehr treten die gesetzlichen oder testamentarisch bestimmten Erben in alle Rechte und Pflichten aus diesem Vertrag ein. ………………………………………… …………………………………………… Ort, Datum

Ort, Datum

………………………………………… …………………………………………… ANSPRUCHSINHABER

LEGIAL AG

Anlage 1 ABTRETUNGSVEREINBARUNG UND VOLLMACHT zwischen der LEGIAL AG Thomas-Dehler-Straße 2 81737 München – nachfolgend „LEGIAL“ genannt – und ………………………………………… ………………………………………… ………………………………………… ‒ nachfolgend auch bei mehreren Personen „ANSPRUCHSINHABER“ genannt  –



Anhang: Vertragstext der LEGIAL AG613

1. [Die STREITIGEN ANSPRÜCHE sind ‒ wie Ziffer 1 der Präambel des Finanzierungsvertrages] 2. Der ANSPRUCHSINHABER tritt hiermit die STREITIGEN ANSPRÜCHE sowie sämtliche Ansprüche auf Prozesskostenerstattung gegen den Anspruchsgegner an die LEGIAL ab, soweit eine solche Abtretung nicht der notariellen Form bedarf. Mit übertragen werden sämtliche Erlöse des Prozesses sowie sämtliche mit den STREITIGEN ANSPRÜCHEN in Zusammenhang stehenden Sicherungs-, Gestaltungs- und sonstige Nebenrechte. Soweit Ansprüche nicht dem ANSPRUCHSINHABER selbst, sondern einem von ihm beherrschten, ihm konzernverbundenen oder nahestehenden Dritten zustehen und diese auf den Bestand der STREITIGEN ANSPRÜCHE Einfluss haben, so steht der ANSPRUCHSINHABER selbstschuldnerisch dafür ein, dass auch diese Dritten ihre Ansprüche in diesem Umfang an die LEGIAL abtreten. 3. Mit abgetreten werden alle Ansprüche, die zu den Erlösen im Sinne des § 5 Ziffer 1 des Prozessfinanzierungsvertrages gehören, insbesondere alle Forderungen und Rechte an Sachen, die der ANSPRUCHSINHABER durch eine Leistung auf die STREITIGEN ANSPRÜCHE oder auf Ansprüche aus Vergleichen über die STREITIGEN ANSPRÜCHE erlangt. Insbesondere mitumfasst von der Abtretung sind die dadurch entstehenden Ansprüche des ANSPRUCHSINHABERS auf die jeweiligen Saldoforderungen aus Kontokorrentverhältnissen. 4. Die LEGIAL nimmt die Abtretungen und Übertragungen an. 5. Der ANSPRUCHSINHABER bevollmächtigt hiermit die LEGIAL unwiderruflich (1) sämtliche mit der Rechtsstreitigkeit

…………………………………….. / ……………………………………………



in Zusammenhang stehenden Gerichts- und Behördenakten einzusehen und sich daraus Ablichtungen oder Abschriften anzufertigen oder anfertigen zu lassen. (2) von den von ihm beauftragten Rechtsanwälten alle Auskünfte, Informationen etc. zu verlangen und zu erhalten. Zu diesem Zweck befreit der ANSPRUCHSINHABER den von ihm beauftragten Rechtsanwalt gegenüber der LEGIAL von der Schweigepflicht. ………………………………………… …………………………………………… Ort, Datum

Ort, Datum

………………………………………… …………………………………………… ANSPRUCHSINHABER

LEGIAL AG

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Anhang: Vertragstext der LEGIAL AG Anlage 2 ANWEISUNG zwischen der LEGIAL AG Thomas-Dehler-Straße 2 81737 München – nachfolgend „LEGIAL“ genannt – und ………………………………………… ………………………………………… …………………………………………

‒ nachfolgend auch bei mehreren Personen „ANSPRUCHSINHABER“ genannt ‒ wurde ein Prozessfinanzierungsvertrag zur Finanzierung eines Rechtsstreites gegen ……………………………………………..……….. geschlossen. Die streitigen Ansprüche nach § 6 Ziffer 1 dieses Prozessfinanzierungsvertrages sind sicherungshalber an die LEGIAL abgetreten. Hiermit erteile ich, ……………………………………………..……….. (Name, Anschrift) Frau Rechtsanwältin / Herrn Rechtsanwalt ……………………………………………..……….. (Name, Kanzlei, Anschrift des beauftragten RA) Vollmacht zur Entgegennahme aller Zahlungen im Zusammenhang mit dem finanzierten Rechtsstreit. Ich weise ihn / sie unwiderruflich an, sämtliche aus dem Rechtsstreit erzielten Erlöse gemäß § 5 Ziffer 1 des Prozessfinanzierungsvertrages auf ein von Herrn Rechtsanwalt / Frau Rechtsanwältin ……………………………………………..………. einzurichtendes Anderkonto ein­ zu­zie­hen. Darüber hinaus weise ich Herrn Rechtsanwalt / Frau Rechtsanwältin ……………… ……………………………..……….. an, nach Abrechnung der Erfolgsbeteiligung



Anhang: Vertragstext der LEGIAL AG615

und der Kostenerstattung auf der Grundlage von § 5 des Prozessfinanzierungsvertrages die Erlösbeteiligungen und die Kostenerstattungsansprüche an die Parteien des Prozessfinanzierungsvertrages auszukehren. Zur Kenntnis genommen: ………………………………………… …………………………………………… Ort, Datum

Ort, Datum

………………………………………… …………………………………………… ANSPRUCHSINHABER

Rechtsanwalt / Rechtsanwältin

Literaturverzeichnis Ackermann, Thomas: Der Schutz des negativen Interesses, Tübingen 2007 (zitiert: Ackermann, S.) Adam, Roman F.: Die Kausalität der fehlerhaften Rechtswahrnehmung durch Anwälte und Steuerberater für den eingetretenen Schaden, VersR 2001, S. 809 ff. (zitiert: Adam, Kausalität, S.) Adams, Michael: Irrtümer und Offenbarungspflichten im Vertragsrecht, AcP 186 (1986), S. 453 ff. (zitiert: Adams, AcP, S.) – Der Zivilprozess als Folge strategischen Verhaltens, Zeitschrift für Rechtssoziologie, Bd. 7, 1986, S. 212 ff. (zitiert: Adams, Strategisches Verhalten, S.) – Ökonomische Analyse des Rechts, 2. Aufl., Frankfurt a. M. 2004 (zitiert: Adams, Theorie, S.) – Ökonomische Analyse der Gefährdungs- und Verschuldenshaftung 1985, S. 150 ff., Heidelberg 1985 (zitiert: Adams, Gefährdungs- und Verschuldenshaftung, S.) – Ökonomische Analyse des Zivilprozesses, Königstein 1981 (zitiert: Adams, Ökonomische Analyse, S.) Alexander, Christian: Die Erforderlichkeit von Aufwendungen des Geschädigten für schadensausgleichende Maßnahmen gem. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB, VersR 2006, 1168 ff. (zitiert: Alexander, S.) Anders, Monika / Gehle, Burkhard: Das Assesorexamen im Zivilrecht, 11. Aufl., München 2013 (zitiert: Anders / Gehle, S.) Assmann, Heinz-Dieter / Kirchner, Christian / Schanze, Erich: Ökonomische Analyse des Rechts, Tübingen 2013 (zitiert: Assmann / Kirchner / Schanze, S.) Baetge, Dietmar: Erfolgshonorare wirtschaftlich betrachtet. Eine ökonomische Analyse der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Zulässigkeit anwaltlicher Erfolgshonorare, RabelZ, Bd. 73, 2009, S. 669 ff. (zitiert: Baetge, S.) Bälz, Kilian / Moelle, Henning / Zeidler, Finn: Rechtsberatung pro bone publico in Deutschland – eine Bestandsaufnahme, NJW 2008, S. 3383 ff. (zitiert: Bälz / Moelle / Zeidler, S.) Bambeck, Klaus: Nebenforderungen, insbesondere Verzugsschäden gem. § 286 BGB in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, JurBüro 1989, S. 562 ff. (zitiert: Bambeck, S.) Bamberger, Heinz Georg / Roth, Herbert (Hrsg.): Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch: BGB, 3. Aufl., München 2012, Bd. 1: §§ 1–610, München 2007 (zitiert: Bearbeiter, in: Bamberger / Roth, S.) Bar, Christian, von: Das „Trennungsprinzip“ und die Geschichte des Wandels der Haftpflichtversicherung, AcP 181 (1981), S. 289 ff. (zitiert: von Bar, S.)

Literaturverzeichnis617 Bär, Fred G.: Anspruch auf Nutzungsausfall und Schadensminderungspflicht, DAR 2001, S. 27 ff. (zitiert: Bär, S.) Bauerschmidt, Jonathan: Der materiell-rechtliche Anspruch auf Erstattung von Rechtsanwaltskosten, JuS 2011, S. 602 ff. (zitiert: Bauerschmidt, S.) Baumbach, Adolf / Lauterbach, Wolfgang / Albers, Jan / Hartmann, Peter: Zivilprozessordnung, 72. Aufl., München 2014 (zitiert: BLAH, § Rdn.) Baumgärtel, Gundel / Hergenröder, Carmen Silvia / Houben, Peter: RVG Kommtar zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 16. Aufl., Köln 2014 (zitiert: Bearbeiter, in: Baumgärtel, § Rdn.) Baums, Theodor: Empfiehlt sich eine Neuregelung des aktienrechtlichen Anfechtungs- und Organhaftungsrechts, insbesondere der Klagemöglichkeiten von Ak­ tio­nären?, Gutachten F für den 63. Deutschen Juristentag, in: Verhandlungen des dreiundsechzigsten deutschen Juristentages Leipzig 2000, Bd. I Gutachten, München 2000 (zitiert: Baums, S.) Becker-Eberhard, Ekkehard: Besprechung der Entscheidung des BGH vom 04.11.1987  – IV b ZR 83 / 86, ZZP 101 (1988), S. 298 ff. (zitiert: Becker-Eberhard, ZZP 101, S.) – Grundlagen der Kostenerstattung bei der Verfolgung zivilrechtlicher Ansprüche, Bielefeld 1985 (zitiert: Becker-Eberhard, S.) – Neben- und Gegeneinander von materiell-rechtlicher und prozessualer Kostenhaftung, JZ 1995, 814 ff. (zitiert: Becker-Eberhard, JZ, S.) Bentzien, Wolf-Rainer: Gibt es eine zivilrechtliche Haftung für genetische Schäden?, VersR 1972, S. 1095 ff. (zitiert: Bentzien, S.) Berkowsky, Wilfried: Die Klage auf zukünftige Leistung im Arbeitsverhältnis, RdA 2006, S. 77 ff. (zitiert: Berkowsky, S.) Bernands, Roland: Haftung der Gesamtschuldner aus Verzug, NJW 1988, S. 680 ff. (zitiert: Bernands, S.) Beuthien, Volker: Leistung und Aufwendung im Dreiecksverhältnis – Grenzen des Handelns im Doppelinteresse, JuS 1987, S. 841 ff. (zitiert: Beuthien, S.) Bieder, Marcus: Das ungeschriebene Verhältnismäßigkeitsprinzip als Schranke privater Rechtsausübung, München 2007 (zitiert Bieder, S.) Bier, Christoph: Die volkswirtschaftlichen Kosten der Justiz, in: Schmidtchen, Dieter / Weth, Stephan (Hrsg.), Der Effizienz auf der Spur. Die Funktionsfähigkeit der Justiz im Lichte der ökonomischen Analyse des Rechts, Baden-Baden 1999 (zitiert: Bier, S.) Bigus, Jochen / Schäfer, Hans-Bernd: Die Haftung des Wirtschaftsprüfers am Primärund Sekundärmarkt – eine rechtsökonomische Analyse, ZfB 77 (2007), S. 19 ff. (zitiert: Bigus / Schäfer, S.) Bischof Hans-Helmut / Jungbauer, Sabine, Bräuer, Antje: RVG-Kommentar, 4. Aufl., Köln 2012 (zitiert: Bearbeiter, in: Bischof, § Rdn.) Bischoff, Georg: Der Befreiungsanspruch – materielle und prozessuale Probleme, ZZP 2007, S. 237 ff. (zitiert: Bischoff, Georg, ZZP, S.)

618 Literaturverzeichnis Bischoff, Hans-Helmut: Der Freistellungsanspruch, ZIP 1984, S. 1444 ff. (zitiert: Bischoff, Hans-Helmut, S.) Blankenburg, Ehrhard: Mobilisierung des Rechts. Eine Einführung in die Rechtssoziologie, Berlin 1995 (zitiert: Blankenburg, S.) Blattner, Jessica: Die outputbasierte Vergütung – worauf es beim Erfolgshonorar ankommt, AnwBl. 2012, S. 562 ff. (zitiert: Blattner, S.) Boettger, Dirk: Gewerbliche Prozessfinanzierung und Staatliche Prozesskostenhilfe, Berlin 2008 (zitiert: Boettger, S.) Boewer, Dietrich: Das Prinzip der Verhältnismäßigkeit in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG, in: Boewer, Dietrich / Gaul, Björn (Hrsg.), Festschrift Dieter Gaul zum 80. Geburtstag, Neuwied / Kriftel / Berlin 1992, S. 19 ff. (zitiert: Boewer, S.) Bokelmann, Erika: „Rechtswegsperre“ durch Prozesskosten, ZRP 1973, S. 164 ff. (zitiert: Bokelmann, S.) Borggräfe, Julia: Effizienz und Verteilungsgerechtigkeit bei den Prozessgebühren im US-amerikanischen und europäischen Recht, in: Schmidtchen, Dieter / Weth, Stephan (Hrsg.), Der Effizienz auf der Spur. Die Funktionsfähigkeit der Justiz im Lichte der ökonomischen Analyse des Rechts, Baden-Baden 1999 (zitiert: Borggräfe, S.) Born, Renate: Mietwagenabkommen, VersR 1978, S. 877 ff. (zitiert: Born, Miet­ wagenabkommen, S.) – Mietwagenkosten, VersR 1978, S. 777 ff. (zitiert: Born, Mietwagenkosten, S.) Born, Winfried: Ehebedingter Nachteil und Beweislast – Kurswechsel durch die Hintertür, NJW 2010, 1793 ff. (zitiert: Born, S.) Brangsch, Heinz: Die Vergütungen der Inkassobüros, Anwaltsblatt 1952 / 1953, S.  181 ff. (zitiert: Brangsch, S.) Braunschneider, Hartmut: Wer ersetzt die Kreditkosten auf Vorschüsse?, ProzRB 2005, S. 212 ff. (zitiert: Braunschneider, S.) Brecher, Fritz: Funktionsaufteilung als Zivilrechtsproblem, in: Kuchinke, Kurt (Hrsg.), Rechtsbewahrung und Rechtsentwicklung, Festschrift für Heinrich Lange, München 1970, S. 123 ff. (zitiert: Brecher, S.) Breidenbach, Stephan: Vermittlung von Recht im Konflikt, in: Birgit Bachmann u. a. (Hrsg.), Grenzüberschreitungen. Beiträge zum Internationalen Verfahrensrecht und zur Schiedsgerichtsbarkeit, Festschrift für Peter Schlosser zum 70. Geburtstag, Tübingen 2005 (zitiert: Breidenbach, S.) Breyer, Michael: Kostenorientierte Steuerung des Zivilprozesses, Freiburg 2006 (zitiert: Breyer, S.) Brox, Hans / Walker, Wolf Dieter: Allgemeines Schuldrecht, 28. Aufl., München 2014 (zitiert: Brox / Walker, SR AT, S.) – Zwangsvollstreckungsrecht, 10. Aufl., München 2012, Vahlen (zitiert: Brox / Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, S.)

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Literaturverzeichnis625 Honsell, Heinrich: Herkunft und Kritik des Interessebegriffs im Schadensersatzrecht, Jus 1973, 69 ff. (zitiert: Honsell, S.) Hösl, Thomas: Kostenerstattung bei außerprozessualer Verteidigung gegen unberechtigte Rechtsverfolgung, München 2004 (zitiert: Hösl, S.) Huber, Christian: Umfasst der Anspruch wegen vermehrter Bedürfnisse auch die Errichtungskosten eines privaten Schwimmbades? – zugleich Anmerkung zum Urteil des OGH vom 10.04.1991 (2 Ob 10 / 91), in: VersR 92, 545 (zitiert: Huber, Schwimmbad, S.) Huber, Ulrich: Leistungsstörungen, Bd. I, Tübingen 1999 (zitiert: Huber, Leistungsstörungen I, S.) – Leistungsstörungen, Bd. II, Tübingen 1999 (zitiert: Huber, Leistungsstörungen II, S.) – Normzweck und Adäquanztheorie, JZ 1969, S. 677 ff. (zitiert: Huber, JZ 1969, S.) – Verschulden, Gefährdung und Adäquanz, in: Müller, Klaus / Soell, Hermann (Hrsg.), Rechtswissenschaft und Gesetzgebung, Festschrift für Eduard Wahl zum 70. Geburtstag, Heidelberg 1973, S. 301 ff. (zitiert: Huber, Verschulden, S.) Hubmann, Heinrich: Grundsätze der Interessenabwägung, AcP 155 (1956), S. 85 ff. (zitiert: Hubmann, S.) Hübner, Jürgen: „Schadensverteilung“ bei Schäden anlässlich der Verfolgung festzunehmender Personen durch Beamte – eine Wiederkehr der Culpa-Kompensation?, OLG Düsseldorf, NJW 1973, 1929 (zitiert: Hübner, JuS, S.) – Schadenszurechnung nach Risikosphären, Berlin 1974 (zitiert: Hübner, S.) Huffer, Henning: Das partiarische Geschäft als Rechtstypus. Zugleich eine Studie über die Grundlagen der Typuslehre, Karlsruhe 1970 (zitiert: Huffer, S.) Hummel, Walter: Zur Erstattunsgsfähigkeit von Inkassokosten, JurBüro 1990, S.  282 ff. (zitiert: Hummel, S.) Hunke, Mark: Die Schadensschätzung nach § 287 ZPO unter besonderer Berücksichtigung des Verkehrsunfalles, Hamburg 2012 (zitiert: Hunke, S.) Isensee, Josef / Kirchof, Paul: Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. V, Rechtsquellen, Organisation und Finanzen, Heidelberg 2007 (zitiert: Bearbeiter, in: Isensee / Kirchof, S.) Jäckle, Wolfgang: Die Erstattungsfähigkeit der Kosten eines Inkassobüros, Berlin 1978 (zitiert: Jäckle, Dissertation, S.) – Die Erstattungsfähigkeit der Kosten eines Inkassobüros, JZ 1978, S. 675 ff. (zitiert: Jäckle, JZ 1978, S.) Jahnke, Jürgen: Anfall und Erstattung der Besprechungsgebühr (§ 118 Abs. 1 Nr. 2 BRAGebO) bei der Regulierung von Schadensfällen, VersR 1991, 264 ff. (zitiert: Jahnke, S.) Jansen, Nils: Struktur des Haftungsrechts, Tübingen 2003 (zitiert: Jansen, S.) Jaskolla, Jürgen: Prozessfinanzierung gegen Erfolgsbeteiligung, Karlsruhe 2004 (zitiert: Jaskolla, S.)

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Sachverzeichnis Abwägung  408, 505 –– § 4 a RVG  410 –– Abwägungskriterien  410 –– Finanzierung aus eigenen Mitteln  411 –– Vorgehensweise  408 –– Waffengleichheit  463 Abzinsung  481 Adäquanztheorie  295 –– Definition  296 –– Eigener Willensentschluss  310 –– Höhe Erfolgshonorar  311 –– Optimaler Beobachter  303 –– Prozessrisiko  308 –– Verzug  301 –– Vorhersehbarkeit Prozessfinanzierung  302 –– Zweck  297 Alles-oder-Nichts-Prinzip  385, 394 Allgemeines Lebensrisiko  322, 329, 333, 339, 353 –– Begriff  324, 325 –– Finanzierungsrisiko  331 –– Unterliegensrisiko  341 American Rule  162 Analogie  386 Angemessenheit  377, 396, 469, 491, 494, 501 Anreize  100, 105, 110, 113, 149, 151, 161, 162, 185–195, 197, 365, 382, 462, 466, 468, 503, 524, 525, 541, 542, 594, 595, 596, 597 Anspruchsgegner – Entscheidungs­ modell  133, 138, 158, 172 Anspruchsinhaber – Entscheidungs­ modell  117, 126, 152, 167 Äquivalenztheorem  187, 189

ATE-Versicherung  174 Aufwand zur Inanspruchnahme  443 Aufwendungsschaden  183, 355, 384, 390, 529 –– Herausforderungsfälle  358 –– Verzug  358 Austauschgeschäft  104 Auszahlungswert  123 Avalprovision  202 Bayes-Regel  122, 137 Befreiungsanspruch  285, 519–521, 527, 546, 549, 561 –– Bedingtheit Erfolgshonorar  548 –– Bestimmtheit  565 –– Entstehung  580 –– Eventualbefreiung  548, 550 –– Fälligkeit  546 –– Fälligkeit Drittverbindlichkeit  547 –– Feststellungsklage  584 –– Klage gem. § 259 ZPO  553 –– Künftiger Anspruch  553, 562 –– Rechtsverhältnis  550 –– Schadensersatzanspruch  519 –– Vermögenswert  563 –– Zahlungsanspruch  520 Beibringungsgrundsatz.  521 Bernoulli  122, 123 Besondere Schadensanfälligkeit  373 Beweis  263, 289, 347, 365, 384, 386, 393, 460, 493, 521, 576, 577 –– Erforderlichkeit  386 –– Kausalität  289 –– Mitverschulden  386 –– Rechtsirrtum  260 Beweislast  259, 347, 384, 385, 491, 512, 521, 576

Sachverzeichnis643 Bilaterale Schadenssituationen  186, 187 Bonität  482 Bonitätsrisiko  81, 82, 335 Bundesverfassungsgericht  43, 58, 71, 72, 238, 239, 240, 243, 308, 309, 332, 352, 413, 424 casum sentit dominus  325 cheapest cost avoider  185 Coase-Theorem  104 Culpa-Theorie  259 Darlehen  66, 81, 200, 204, 254, 336, 396, 430, 445, 446, 448 Deckungszusage  244, 252, 254, 255, 256, 331, 341 –– BGH  253 Degression  129 Differenztheorie  280, 281, 282, 283, 284 Dispositionsfälle  504 Doppelte Erfolgsabhängigkeit  82 Doppelzahlung  364 Dualistischer Schadensbegriff  279, 281 Effizienz  101, 102, 104, 110, 147, 194, 195, 593, 621, 628 Eigennutztheorem  113 Eigenverantwortlichkeitsprinzip  356, 515 Einkommen  59, 60, 122 Einsatz eigener Mittel  412, 416, 417, 419, 421, 422, 427 Eintrittswahrscheinlichkeit  118 England / Wales  174 Entscheidung –– unter Risiko  118 –– unter Unsicherheit  118, 477 Entscheidungsmodell  115–117, 123, 125, 133, 135, 138, 151–154, 157–159, 166–169, 171–173 –– Modifizierte Haftung  188 Entscheidungstheorie  110, 477

–– Auszahlungswert  122 –– Deskriptive  110 –– Entscheidungsmodell  115 –– Erwartungswert  122 –– homo oeconomicus  111 –– Präskriptive  110, 115 Entscheidungsverhalten  110, 127, 140, 151, 154, 159, 161, 166, 173, 479 Erbenermittler  454, 497 Erfahrener Beobachter  309 Erfolgsaussichten  49, 60, 67, 73, 119, 129, 155, 156, 180, 233, 265, 415, 455, 474, 476, 493, 509 Erfolgshonorar  228, 371, 410 –– Adäquanz  311 –– Angemessenheit  469 –– Aufschiebende Bedingtheit  293, 548 –– Aufwendungsschaden  184, 355 –– Berechnung  469 –– Doppelte Erfolgsabhängigkeit  471 –– Entwertung materielles Recht  156 –– Folgeschaden  537 –– Gerichtliche Überprüfbarkeit  491 –– Gesellschaftsrechtliche Gewinn­ beteiligung  472 –– Grundprinzipien Schadensersatzrecht  361 –– Inkasso  246 –– Kreditfunktion  79 –– Outputbasierte Vergütung  470 –– Prozessfinanzierung  245 –– quota-Litis-Vergütung  82 –– Rechtsanwalt  48, 245, 373 –– Versicherungsfunktion  80 Erforderlichkeit  386, 387, 426 –– § 249 Abs. 2 S. 1 BGB  387 –– Abgrenzung Mitverschulden  395 –– Abwägungskriterien  410 –– Alles-oder-Nichts-Prinzip  394 –– als Abwägung  407 –– Aufwand  443 –– Bedeutung Anspruchsgegenstand  457 –– Beweis  393

644 Sachverzeichnis –– Darlehen  445 –– Definition  399, 401 –– Dispositionskredit  429 –– Dogmatische Einordnung  386 –– Einsatz eigener Mittel  422 –– Einwirkende Anspruchskonkurrenz  388 –– Erfolgsaussichten  455 –– Erfolgshonorar Rechtsanwalt  452 –– Finanzierung aus eigenen Mitteln  411 –– Gewohnte Lebensführung  426 –– Günstigere Finanzierungsmöglich­ keiten  429 –– Günstigstes Angebot  454 –– Liquidität  427 –– Notgroschen  427 –– Perspektive  409 –– Prognoserisiko  397 –– Prozesskostenhilfe  449 –– Rechtsanwaltskosten  400 –– Rechtsmissbrauch  464 –– Rechtsschutzversicherung  444 –– Regulierungsverhalten  458 –– Schutzzweck § 286 BGB  390 –– Übliche Formel  400 –– Unterhaltsrechtlicher Prozesskostenvorschuss  452 –– Verhältnismäßigkeit i. e. S.  407 –– Verhältnismäßigkeitsgrundsatz  401 –– Verhinderung hoher Schaden  444 –– Verkehrsanschauung  463 –– Waffengleichheit  459 –– Zumutbarkeit  431 Erwartungsnutzen  117, 122, 123, 125–128, 137, 152–154, 167, 168, 481 –– Berechnung  123 –– Risikoaversität  123 Erwartungswert  117, 122, 123, 133, 137, 138, 144, 187, 477–481, 487, 488, 490 Fälligkeit  51, 256–258, 276, 545–547, 553, 555, 561, 562, 573, 575

Feststellungsinteresse – Befreiungs­ anspruch  584 Feststellungsklage  579 –– Abgrenzung Klage § 259 ZPO  583 –– Feststellungsinteresse  582 –– Gegenstand  579 –– Künftiger Schaden  584 –– Rechtsverhältnis  580 Finanzierung  411 –– Dispositionskredit  428 –– Einsatz eigener Mittel  412 –– Gewohnte Lebensführung  426 –– Liquidität  427 –– Notgroschen  427 –– Vorleistungspflicht  417, 422 Finanzierungsfunktion – Bewertung  473, 484, 487 Finanzierungsrisiko  331 Folgeschaden  527, 529–531, 534, 540 –– Zurechnung  535, 536 Gerichtliche Überprüfbarkeit  491 Gerichtskosten  49, 53 Gerichtsvollzieher  53 Gesellschaftsrechtliche Gewinn­ beteiligung  471 Gewohnte Lebensführung  426 Gleichwertigkeit  378, 431, 433–437, 453 –– Rechtsschutzzugangsinstrumente  432 Grundsatz der freien Beweiswürdigung  347 Günstigere Finanzierungsmöglichkeiten  190, 191, 382, 412, 429, 466 Gutachter  243, 350, 459, 493, 494 Haftungsrecht  148, 186, 253, 286, 296, 297, 338, 361, 515 –– Ökonomische Analyse  150 Haftungsrisiko  489 Handlungsalternativen  113, 115, 117, 123, 133, 134, 136, 137, 149, 152, 157, 169 Handlungsfreiheit  376, 536

Sachverzeichnis645 Herausforderungsfälle  356, 391 –– Eigenverantwortlichkeitsprinzip  356 –– Verfolgungsfälle  357 homo oeconomicus  111, 112, 114, 121, 138, 143, 148 –– Eigennutztheorem  113 –– Rational-Choice-Paradigma  114 –– Rationalkalkül  113 –– REM-Hypothese  112 Information  176, 191, 295, 302, 403, 440, 441, 443, 482, 492, 510, 570 Informationsobliegenheit  443 Informationsverteilung  470 Inkasso  292, 293 –– Begriff  246 –– Erfolgshonorar  246 –– Erstattungsfähigkeit  247 Integritätsinteresse  411, 435–437 Investitionsrisiko  488 Jackson Review  175 Juristische Person  60, 325 Justizgewährleistungsanspruch  238, 240, 380, 381 Kausalität  286, 293, 294, 296, 298, 313, 405, 511 –– Aufschiebende Bedingtheit Erfolgs­ honorar  292 –– Beweis  289 –– Psychisch vermittelte Kausalität  287 Klageantrag – Bestimmtheit  565 Klage wegen Besorgnis nicht recht­ zeitiger Leistung  552 –– Abgrenzung Feststellungsklage  583 –– Besorgnis nicht rechtzeitiger Leistung  573 –– Bestimmtheit Klageantrag  565 –– Künftige Leistung  554 –– Rechtsschutzbedürfnis  579 –– Vollstreckbarkeit  576 Klauselerteilungsverfahren  558, 576, 577

knowledgeTools  482 Konkurrenz  388 Kostenbegriff § 91 ZPO –– Erkenntnisverfahren  207 –– Formelles Verständnis  206 –– Materielles Verständnis  221 –– Mittelbar / Unmittelbar  212 –– Prozessrechtsverhältnis  215 –– Typische Kosten  211 –– Überschneidung Zwangsvollstreckungskosten  209 –– Vorbereitungskosten  217 Kostenfestsetzungsverfahren  93 Kostengrundentscheidung  92 Kostenrisiko  35, 44, 45, 52–55, 57, 58, 72, 99, 116, 128, 144, 182, 185, 198, 207, 238–240, 244, 253, 261, 308, 310, 331, 332, 341–343, 349–353, 380, 381, 432, 462, 472, 473, 475, 592 –– Erkenntnisverfahren  45 –– Rechtswegsperre  128 –– Vollstreckungsverfahren  53 Kostenschuldner  48, 51, 53 Kreditfunktion  79, 80 Künftiger Anspruch  556, 562 Leistungsklage  544, 565 –– Bestimmtheit  565 –– Rechtsschutzbedürfnis  545 Liquidität  136, 146, 336, 358, 427, 522 Mahnung  258 Materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch  91, 94, 98 –– Anwendbarkeit  95 –– Konkurrenz  96 Mehrbelastung  38, 41, 76, 249, 543, 590, 597 Mitverschulden  503 –– Abgrenzung Erforderlichkeit  395, 505 –– Abschluss Versicherung  514

646 Sachverzeichnis –– Abwägungskriterien  505 –– Beweislast  393 –– Dispositionsfälle  504 –– Kausalität  511 –– Nichterkennbarkeit Schaden  511 –– Warnpflicht  507 Mutwilligkeit  60 Naomi Campbell-Entscheidung  176 Nash-Gleichgewicht  186–188, 191, 194, 195, 594 Naturalrestitution  279, 285, 387, 397, 418, 420, 436, 518, 520, 546, 551, 552, 631 –– Befreiungsanspruch  521, 527, 551, 561 Natürliche Personen  122, 308 –– Risikoaversität  123 Notgroschen  427 Nutzen  60, 111, 113, 114, 121–125, 127–129, 132, 133, 136–138, 144, 145, 149–152, 160, 167, 168, 171, 173, 192, 238, 481, 493 –– Justizsystem  107 Nutzenfunktion  121, 136 Nutzenmaximierung  113 Obliegenheit  384, 389, 396, 412, 416, 417, 419–422, 428, 430, 439, 441, 443, 445, 446, 503, 510, 515, 521 Obsiegen  52 Ohne Weiteres zugänglich  439 Ökonomische Analyse  106, 174, 412 –– Äquivalenztheorem   186 –– cheapest cost avoider  185 –– Coase-Theorem  104 –– Entscheidungstheorie  110 –– Erwartungsnutzen  123 –– Haftungsrecht  148 –– homo oeconomicus  111 –– Sanktionen  148 –– Spieltheorie  140, 186 –– Zivilprozess  106 –– Zweck  101

Optimaler Beobachter  308 Output-basierte Vergütung  470 Pareto-Kriterium  102 Partiarisches Austauschverhältnis  471 Persönlichkeitsrecht  376 Petersburger Spiel  122 Prävention  39, 100, 107, 109, 147, 150, 188, 194, 197, 364, 372, 376, 527, 593 Privatperson  117, 127, 135, 139, 145, 358, 379, 380, 513 Pro-bono-Tätigkeit Rechtsanwalt  69 Prognoserisiko  397, 398 property rights  103, 105, 106 Prozessfinanzierung –– Ablauf  74 –– Anbieter  83 –– Erfolgshonorar  79, 245 –– Geringe Bedeutung  154 –– Geschäftsmodell  73 –– Geschäftsvolumen  87 –– Höhe Erfolgshonorar  83 –– Rechtsgebiete  89 –– Übliche Vergütung  499 –– Verbreitung  85 –– Vertragliche Regelungen  75 Prozessflut  180, 369, 370, 371 Prozesskostenhilfe  43, 44, 57–62, 72, 244, 334, 351, 360, 381, 413, 423, 427, 428, 430–433, 441–443, 448–451, 455, 462, 626 Prozess nach dem Prozess  38, 371, 543 Prozessrechtsverhältnis  203, 213–216 Prozessrisiko  437 Prozessrisikoanalyse  119, 476 –– knowledgeTools  482 Prozessuales Kostenerstattungsverfahren  92, 198, 351, 372 –– Avalprovision  202 –– Begriff der Kosten  206, 209 –– Historische Auslegung  229 –– Justizgewährleistungsanspruch  238, 240

Sachverzeichnis647 –– Konkurrenzen  95, 96, 388 –– Kosten Darlehen  200 –– Kostenfestsetzungsverfahren  93 –– Kostengrundentscheidung  92 –– Unterliegensprinzip  92, 233, 352 Quersubventionierung  80, 252, 366, 468, 501, 502, 526 quota-litis-Vereinbarung  71, 82, 166, 308, 360, 470 rational-choice-Paradigma  111, 114 Rationalkalkül  113 Rechtsanwalt –– § 4 a RVG  229, 360, 410, 411, 413, 414, 416, 421, 423–425, 438, 450, 451, 457 –– Erfolgshonorar  48, 70, 228, 352, 371, 373, 452 –– Erforderlichkeit Einschaltung  400 –– Gebührenvereinbarung  47 –– Gesetzliche Gebühren  46 –– Kosten Deckungszusage  252 –– Pro-bono-Tätigkeit  69 Rechtsanwaltsvergügungsgesetz  411 Rechtsbefolgungsdefizit  100, 132, 138, 144, 161, 193, 195, 462, 593 –– Empirische Daten  141 –– Entscheidungsmodell Anspruchs­ gegner  133 –– Strategisches Verhalten  139 –– Überwindung  166 Rechtsdurchsetzung  107, 145, 152, 154, 156, 164 Rechtsdurchsetzungsdefizit  110, 116, 128, 132, 135, 138, 144, 160, 168, 462, 511 –– Empirische Daten  129 –– Entscheidungsmodell Anspruchs­ inhaber  117 –– Unterbewertung  138 Rechtsirrtum  261, 262, 264, 267 –– Berücksichtigungsfähigkeit  265 –– Beweislast  260, 263

–– Milder Maßstab  266 –– Strenger Maßstab  265 Rechtsmissbrauch  221, 464, 466 Rechtsschutzbedürfnis  97, 545, 553, 573, 576, 579, 585 Rechtsschutzversicherung  43, 44, 57, 63–66, 72, 131, 174, 191, 244, 252, 254–256, 309, 331, 332, 341, 349, 377, 379, 382, 430, 432–434, 441, 442, 444, 455, 466, 506, 514, 516, 517, 527, 596 –– Kosten Deckungszusage  252 Rechtsunsicherheit  272, 425 Rechtswegsperre  72, 128, 129, 132, 145, 239 Regulierungsverhalten  142, 343, 458, 459, 464 REM-Hypothese  112, 152, 155, 167 Reziprozitätskonzept  184 Richtlinienkonforme Auslegung  319, 375 Risikoneutralität  137 Risikoselektion  80, 366 Sachverständiger  243, 350, 493, 494 Sanktionen  148, 149 Schadenshöhe  377, 467 –– § 287 ZPO  495 –– Allgemein  468 –– Erforderlichkeit  469 Schadensschätzung  394, 493–496, 498–500, 523 –– Anknüpfungstatsache  496 –– Risikoübernahme  499 Schutzzwecklehre  313 –– Allgemeines Lebensrisiko  329 –– Bestimmung Schutzbereich Norm  314 –– Finanzierungsrisiko  331 –– Hoher Schaden  376 –– Normfunktion  315, 360 –– Unterliegensrisiko  341 Sicherungszession  79 Sonderhonorare  452, 543

648 Sachverzeichnis Sorgfaltsmaßstab  189 Spieltheorie  140, 186 Strategisches Verhalten  40, 110, 139, 144, 191, 195, 541, 542, 593 Streitwertherabsetzung  71 Subjektbezogene Schadensbetrachtung  409, 410, 435, 467, 498, 526 Tauschgeschäft  102, 104 Transaktionskosten  40, 104–109, 144, 145, 150, 188, 193–195, 368, 441, 593, 594 Umwelteinflüsse  115, 117, 118, 133, 134, 158 Unfallersatztarif  181, 244, 250, 251, 349, 367, 394, 396, 405, 417, 419, 420, 430, 439, 496 Unsicherheit  118, 144, 187, 199, 272, 461, 477, 482, 558, 560, 563, 582, 584, 585 Unterhaltsrechtlicher Prozesskosten­ vorschuss  67, 430, 452 Unterliegensprinzip  92, 205, 222, 227, 233, 234, 238, 241, 351, 352, 372, 455 Unterliegensrisiko  200, 243, 317, 331, 332, 341, 344, 350, 353, 432, 445, 448, 451, 454, 489 –– Schwierigkeiten Beweisführung  346, 348, 349 Unternehmen – Risikoneutralität  136 Verfolgungsfälle  356, 357 Verfügungsrechte  103 Verhältnismäßigkeitsgrundsatz  401 –– Anwendbarkeit Privatrecht  402 –– Teilgrundsätze  401 –– Teilprinzip der Erforderlichkeit  405 Verhinderung eines verhältnismäßig hohen Schadens  444 Verjährung  523 Verkehrsansschauung  463 Vermögensausstattung  73, 129, 132, 154, 190–192, 194, 195, 373, 380, 382, 525, 594

Versicherungsfunktion  80, 91 –– Bewertung  475 Versicherungsunternehmen  133 Vertrag zu Lasten Dritter  363 Vertretenmüssen  259, 262, 273, 595 –– Culpa-Theorie  259 –– Rechtliche Zweifel  260 Verzug –– Aufwendungsschaden  358 –– Mahnung  258 –– Normzweck § 286 BGB  317 –– Rechtliche Zweifel  260 –– Rechtsirrtum  262 –– Schaden  276, 278, 279 –– Tatbestandliche Voraussetzungen  256 –– Vertretenmüssen  259 –– Zession  274 Verzugsschaden  301, 302, 310, 314, 337, 375, 458, 462, 463, 539, 545, 563 –– Adäquanztheorie  295 –– Allgemeines Lebensrisiko  322 –– Differenztheorie  280 –– Dualistischer Schadensbegriff  281 –– Kausalität  286 –– Zeitpunkt Schadensberechnung  284 Vorbereitungskosten  217 Vorfinanzierungsrisiko  331, 332, 438 Vorleistungspflicht  417, 418, 420–422 Vorschuss  45, 48, 51, 54, 55, 57, 346, 454, 470, 485 Waffengleichheit  377, 459, 462, 538 –– Prozessfinanzierung  463 –– Schadensrecht  460 –– Zurechnungskriterium  461 Warnpflicht  507 Wohlfahrt  102 Wohlfahrtsgewinne  184, 186, 187 Wohlfahrtsverluste  184 Zahlungsverzugsrichtlinie  319, 359, 375

Sachverzeichnis649 Zession  275 Zivilprozess  106, 108, 154, 161, 175, 207, 213, 223, 351, 491, 521, 568 –– Janusköpfigkeit  109 –– Zweck  107 Zufallsschäden  299 Zugänglichkeit  73, 439, 440, 449, 453 Zugangserleichterungen –– Darlehen  66 –– Erfolgshonorar Rechtsanwalt  70 –– Pro-bono-Tätigkeit Rechtsanwalt  69 –– Prozesskostenhilfe  58 –– Rechtsschutzversicherung  63 –– Streitwertherabsetzung  71

–– Unterhaltsrechtlicher Prozesskostenvorschusses  67 –– Unzulänglichkeit  72 Zumutbarkeit  420, 422, 423, 428, 429, 431, 438, 446, 447, 449, 451, 452, 573 –– Gleichwertigkeit  431 –– Ohne Weiteres Zugänglich  439 Zwangsvollstreckung  53, 54, 57, 207, 482, 510, 562, 563, 568, 576 –– Avalprovision  203 –– Kostenbegriff  208 –– Kostenerstattung  207 –– Prozessfinanzierung  77, 474, 484 –– Überschneidung Prozesskosten  209