Der Alte Orient: Geschichte und Archäologie 9783534219636, 9783806225600, 9783534727513, 9783534727520, 9783806226140, 9783806226157, 3534219635

Hochkultur im Zweistromland Vor tausenden Jahren schrieb Sin-leqe-unnini die Geschichte des Gilgamesch auf, Hammurabi er

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German Pages 209 Year 2012

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Table of contents :
Inhalt
Archäologie im Vorderen Orient
Geographisches Umfeld
Chronologie
Menschen und Sprachen
Vom Neolithikum bis etwa 4000 v. Chr.
Vom Beginn des 4. Jahrtausends bis zur Achämenidenzeit
Land, Städte und Städteplanung
Architektur
Religion und Tempel
Ausbildung und Arbeit
Bilder und Kunst
Alltag und Familie
Lebensgefühl im Alten Orient
Zur Chronologie
Auswahlbibliographie
Register
Abbildungsnachweis
Recommend Papers

Der Alte Orient: Geschichte und Archäologie
 9783534219636, 9783806225600, 9783534727513, 9783534727520, 9783806226140, 9783806226157, 3534219635

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Astrid Nunn

Der Alte Orient

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Astrid Nunn

Der Alte Orient Geschichte und Archäologie

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Für C., T., S., E., A. C., J., M., M. E., L.-M., P.-H., A.-S.

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung in und Verarbeitung durch elektronische Systeme. © 2012 by WBG (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), Darmstadt Die Herausgabe des Werkes wurde durch die Vereinsmitglieder der WBG ermöglicht. Karte: Peter Palm, Berlin Umschlaggestaltung, Layout und Satz: Peter Lohse, Heppenheim Die Herausgabe des Werkes wurde durch die Vereinsmitglieder der WBG ermöglicht. Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Papier Printed in Germany Besuchen Sie uns im Internet: www.wbg-wissenverbindet.de ISBN 978-3-534-21963-6 Die Buchhandels-Ausgabe erscheint beim Konrad Theiss Verlag ISBN 978-3-8062-2560-0 www.theiss.de Elektronisch sind folgende Ausgaben erhältlich: eBook (PDF): 978-3-534-72751-3 (für Mitglieder der WBG) eBook (epub): 978-3-534-72752-0 (für Mitglieder der WBG) eBook (PDF): 978-3-8062-2614-0 (Buchhandel) eBook (epub): 978-3-8062-2615-7 (Buchhandel)

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Inhalt

Vorwort

I.

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Archäologie im Vorderen Orient

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1. Die ersten Reisen in das antike Mesopotamien 12 2. Die ersten Ausgräber und ihre Entdeckungen 13 3. Die Entzifferung der Keilschrift 17 4. Der Streit um „Babel und Bibel“ 18 5. Beginn der Orientalistik als Wissenschaft 19 6. Wer gräbt heute im Vorderen Orient aus? 20 7. Wie wird heute gegraben? Theorien, Methoden und Ziele 21

II.

Geographisches Umfeld

24

1. Zur Terminologie 24 2. Wüsten und Oasen, Gebirge und Flachland 25 3. Die Gewässer 27 4. Das Klima 30 5. Klimaverschiebungen 31 6. Der Küstenverlauf am Golf 31 7. Bodenschätze und Rohstoffe 31 8. Fauna 32 9. Flora 33

Inhalt

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III. IV.

Chronologie

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Menschen und Sprachen

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1. Woher kommen die Völker des Vorderen Orients? 40 2. Sumerer 40 3. Semiten 42 4. Akkadisch, Babylonisch und Assyrisch 44 5. Weitere Völker und Sprachen 46 6. Mehrsprachigkeit 48

V.

Vom Neolithikum bis etwa 4000 v. Chr.

49

1. Der Weg zur Sesshaftigkeit 49 2. Die letzten Höhlen und das akeramische Neolithikum 52 3. Das keramische Neolithikum 55 4. Das Ende des keramischen Neolithikums 57 5. Organisierte Dorfgemeinschaften: Die Obeidzeit 61 6. Gesellschaftliche, wirtschaftliche und religiöse Strukturen zwischen dem 7. und dem 4. Jahrtausend v. Chr. 64

VI.

Vom Beginn des 4. Jahrtausends bis zur Achämenidenzeit 67 1. Aufbruch zur Stadt: Die Uruk- und Gaurazeit 67 2. Djemdet Nasr- und Gaurazeit 68 3. Die ersten Königshäuser: Frühdynastische und Ninive 5-Zeit 70 4. Der erste Versuch einer politischen Einheit: Akkadzeit 73 5. Verwaltung und Ordnung: Ur III-Zeit 79 6. Rivalisierende Städte: Altbabylonische Zeit 81 7. Rivalisierende Staaten: Zweite Hälfte des 2. Jahrtausends 83 8. Das Ende des 2. Jahrtausends: Isin II-Dynastie und Ende der mittelassyrischen Zeit 85 9. Die großen Reiche des 1. Jahrtausends: Neuassyrische Zeit 86 10. Spätbabylonische Zeit 88 11. Epilog: Achämenidische Zeit 91

VII.

Land, Städte und Städteplanung

92

1. Städtisches und ländliches Leben 92 2. Siedlungsmuster 92 3. Kommunikations- und Transportmittel 93

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4. Was ist eine Stadt? 94 5. Stadtgründung und Stadtplanung 95 6. Straßen und Plätze 98 7. Gärten 99 8. Landkarten 100 9. Zerstörung von Städten 100

VIII.

Architektur

101

1. Bauen 101 2. Baumaterial 102 3. Sakral contra profan 103 4. Mittelsaalhaus 103 5. Tempel: Allgemein 104 6. Tempelgrundrisse in der Geschichte 107 7. Ziqqurrat 111 8. Paläste 113 9. Wohnhäuser 120 10. Aufriss und Rekonstruktion 121

IX.

Religion und Tempel

122

1. Götterwelt 122 2. Die wichtigsten Götter und Götterfamilien 123 3. Mischwesen 126 4. Theologie und Glaube 127 5. Leben nach dem Tod 129 6. Tempel und religiöse Praxis 129 7. Tempelinventar, Götter- und Kultbilder 131

X.

Ausbildung und Arbeit

132

1. Schreiben 132 2. Schriftbild und Schriftsystem 133 3. Sprache und Inhalt der ältesten Tontafeln 135 4. Alphabet 135 5. Wie viele Tontafeln kennt man heute? 136 6. Schrifttum 137 7. Lernen 137 8. Schulstufen, Schulstoff und „Schulgebäude“ 138 9. Der arbeitende Mensch 139 10. Erfindungen und Wissen 143 11. Gelehrte und Geheimwissen 145

Inhalt

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12. Archive, Bibliotheken und Depots 145 13. Rationalität und Irrationalität 146

XI.

Bilder und Kunst

147

1. Das Viele und das Einzige 148 2. Formen und Material 148 3. Plastik 148 4. Flachkunst 154 5. Terrakotten 162 6. Stempelsiegel, Rollsiegel 163 7. Bilder 167

XII.

Alltag und Familie

172

1. Der Alltag 172 2. Die Familie 174 3. Die „Freizeit“ 175

XIII.

Lebensgefühl im Alten Orient

177

1. Die gemessene und die gefühlte Zeit 177 2. Lebenserwartung und Lebenseinstellung 178

Zur Chronologie

181

Auswahlbibliographie Karte

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Register

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Abbildungsnachweis

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Inhalt

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Vorwort

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bwohl das antike Mesopotamien dank der Bibel nie ganz aus dem europäischen Gesichtskreis verschwunden war und uns seine zahlreichen Erfindungen bereits über die Griechen vermittelt wurden, begann seine umfassende wissenschaftliche Erkundung erst nach dem Zweiten Weltkrieg, also wesentlich später als die Griechenlands und Ägyptens. Der Nachholbedarf und die Tatsache, dass die Zahl der meist im universitären System eingebundenen Spezialisten sehr klein ist, hatten zur Folge, dass der Alte Orient im Schulunterricht heute quasi fehlt und lediglich von einer sehr kleinen Lobby gefördert wird. Im Unterschied dazu steht eine beachtliche öffentliche Aufmerksamkeit. Große Ausstellungen oder Vorlesungen an den Universitäten erleben stets regen Zulauf. Das Ischtar-Tor im Vorderasiatischen Museum zu Berlin bleibt ein Publikumsmagnet. So verbuchte die letzte große Ausstellung in diesem Museum, „Babylon: Wahrheit und Mythos“, die im Sommer 2008 ihre Tore offen hielt, die Rekordzahl von 570 000 Besuchern. In den neueren Einführungen und gut lesbaren Veröffentlichungen über das antike Mesopotamien liegt die Betonung oft auf der Geschichte sowie auf wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Strukturen. In der hier vorgelegten Darstellung sollen archäologisches und kunsthistorisches Material einen großen Platz einnehmen, ohne den historischen und gesellschaftlichen Rahmen zu vernachlässigen. Das ergibt eine enorme Fülle. Daraus auszuwählen bedeutete die größte Herausforderung. Eine grundsätzliche Wahl betraf auch das geographische Gebiet. Ich habe es bevorzugt, die einzigartige mesopotamische Kultur etwas umfassender zu schildern, dafür musste ich aber bedauerlicherweise die umgrenzenden Gebiete vernachlässigen. Den gesamten Vorderen Orient zu behandeln, hätte den Charakter dieses Buches gesprengt oder zu einer nicht hinnehmbaren Oberflächlichkeit geführt.

Vorwort

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( (

Die Kapitelreihenfolge ist je nach Inhalt chronologisch oder diachronisch geordnet. Die gegebenen Informationen sollen dem heutigen Leser den Einstieg in die Materie, aber auch in die bisher veröffentlichte archäologische Literatur erleichtern. Andererseits verhehle ich nicht, dass für mich Archäologie nicht aus einer Datensammlung besteht, sondern die Rekonstruktion des damaligen materiellen und geistigen Lebens ist. Sicher werden meine Einschätzungen nicht immer auf Zustimmung stoßen, den Leser aber hoffentlich umso stärker anregen. Eine schwierige Frage betrifft die Umschrift der fremdsprachlichen Namen. Die meisten wurden ins Deutsche übertragen, bei sehr gebräuchlichen Umschriften wurden auch nicht-deutsche Schreibweisen übernommen. Einige akkadische Namen sind jedoch in der wissenschaftlichen Umschrift wiedergegeben. Dabei entsprechen die Buchstaben Ğ/ğ dem Laut „dj“, H/h dem „ch“ in Bach oder dem englischen „kh“ und Š/š dem „sch“ oder dem englischen „sh“. Ebenso problematisch ist die Wahl zwischen dem antiken und dem modernen Ortsnamen. Ein bestimmter Gebrauch für jeden Ort hat sich – gerechtfertigt oder nicht – in der Fachliteratur eingebürgert. Ich folge ihm. Schließlich bin ich Ursula Hellwag, Paul Kübel und Rudolf Nunn für ihre kritische Lektüre zu größtem Dank verpflichtet.

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Vorwort

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Archäologie im Vorderen Orient

I.

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chon lange schweifen die Gedanken der Menschen zurück in die ältesten Zeiten. Dabei ging es ihnen zunächst nicht darum, Fakten zu sammeln oder ihre Vergangenheit historisch zu rekonstruieren, sondern – im philosophischen Sinn – eine Ordnung zu schaffen, die sich auch zeitlich gliedern lässt. Diese Vergangenheitsbetrachtung betrifft nicht die eigene Geschichte und geschieht ohne archäologisches oder schriftliches Material. Eine solche Geschichte kann nur abstrakt erdacht werden und einer Typologie ähneln. Sie entspringt auch psychisch-geistigen Mustern, die wohl erklären, weswegen sich die Weltbilder der alten Völker nahekommen. So steht in allen antiken Kulturen am Anfang ein Zeitalter des Friedens und der Fülle, gleichsam ein Paradies der Menscheitsgeschichte. Dieses erste Zeitalter ist „golden“, weitere metallene Zeitalter folgen, das Silberne, das Bronzene und das Eiserne, die den unwiederbringlichen Abstieg des Menschen widerspiegeln. Im sumerischen „Mythos von Dilmun“ wird die anfänglich reine und ungefährliche Welt beschrieben. Dank der „sumerischen Königsliste“ wissen wir, dass „vor der Sintflut“ die Weisen regierten. Der erste Weise, der in der griechischen Überlieferung des im 3. Jahrhundert v. Chr. in Babylon lebenden Berossos Oannes heißt, war auch der Herr des Goldes und der Beschützer der Goldschmiede. Im 1. Jahrtausend v. Chr. geht dieses Interesse in konkrete Suche über. Der babylonische König Nabonid grub unter dem Boden des Schamasch-Tempels in Sippar und fand 18 Ellen tiefer den Gründungsstein „eines früheren Königs“, der den Namen Naram-Sin, Sohn des Sargon von Akkad, trug. Nabonid regierte zwischen 555 und 539 v. Chr., Naram-Sin zwischen 2291 und 2236. Das Sammeln älterer Gegenstände, womöglich der eigenen Vorfahren oder der eigenen Dynastie, hatte eine stark religiöse und politische Dimension. Der assyrische König Assurbani-

I. Archäologie im Vorderen Orient

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pal (668–627 v. Chr.) ist der berühmteste, aber nicht der erste, der in Ninive durch das Zusammentragen zahlreicher Texte die altorientalische Kultur überblicken wollte.

1. Die ersten Reisen in das antike Mesopotamien

Abb. 1 왔 Felsenrelief von Behistun. Der persische König Darius I. setzt den Fuß auf den besiegten Gaumata, davor die gefesselten neun „Lügenkönige“.

12

Unter den ältesten Reisenden in das Gebiet der altorientalischen Kulturen, die sich auch für die antike Geschichte interessierten, werden heute die beiden Rabbis Benjamin von Tudela (einem Ort in Spaniens nordöstlicher Provinz Navarra) und Petachiah aus Regensburg genannt, die 1166 und Ende des 12. Jahrhunderts ihre jüdischen Gemeinden bis hin nach Persien besuchten und Bücher darüber verfassten. Allerdings erschienen sie sehr viel später: Benjamins Bericht – 1178 in Hebräisch verfasst – erschien 1543 in Konstantinopel und etwas später in Antwerpen auf Lateinisch, Petachiahs Bericht wurde erst 1871 in Regensburg bekannt. Pietro della Valle (1586–1652) untersuchte 1616 als Erster die Ruinen in Babylon und im 20 km südwestlich liegenden antiken Borsippa genauer (Abb. 52). Ebenfalls als Erster brachte er einige Ziegel mit einer unbekannten Schrift – der Keilschrift – nach Europa. Um 1764 kopierte der niedersächsische Mathematiker Carsten Niebuhr (1733–1815) im Rahmen einer von der dänischen Krone finanzierten Expedition die äußerst berühmt gewordene Inschrift auf einem Felsen bei Behistun (Abb. 1). Behistun liegt etwa 30 km östlich von Kermanschah (Iran). In den Felsen hatte der achämenidische König Darius der Große (521–486 v. Chr.) anlässlich seines Sieges über die „Lügenkönige“ einen Text in Altpersisch, Elamisch und Babylonisch einmeißeln lassen.

I. Archäologie im Vorderen Orient

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2. Die ersten Ausgräber und ihre Entdeckungen Ende des 18. Jahrhunderts und zu Beginn des 19. Jahrhunderts änderte sich Europas politische Lage. Die Großmächte Großbritannien und Frankreich strebten nach größerem politischem und wirtschaftlichem Einfluss und interessierten sich für den Vorderen Orient, der zu diesem Zeitpunkt zum Osmanischen Reich gehörte. 1798 ernannte die East India Company in Bagdad den Briten Sir Harford Jones Brydges zum Vertreter ihrer Interessen: 1802 wurde er in den Rang eines Konsuls erhoben. Den ersten Konsuln, die aus verschiedenen Horizonten stammten, war gemeinsam, dass sie sich für Archäologie sehr aufgeschlossen zeigten. Claudius James Rich (1787–1821) studierte früh Türkisch, Persisch und Arabisch, Hebräisch, Altsyrisch und ein wenig Chinesisch. 1808 wurde er englischer Generalkonsul und Vertreter der East India Company in Bagdad, wo er sich mit seiner Frau Mary niederließ. Anlässlich des Besuches ihrer Schwester 1811 begaben sie sich nach Babylon. In den zehn Tagen dieses ausschlaggebenden Besuches entstand der erste Stadtplan. Im Laufe der folgenden Jahre zeichnete Claudius Rich weitere Ruinen. 1820 stand er, gegenüber von Mossul, vor den Hügeln Kuyundjik und Nebi Yunus und behauptete, dieser Ort habe dem antiken Ninive entsprochen. Dabei berief er sich auf eine seit dem Mittelalter bestehende Vorstellung sowie auf die Prophetenbücher des Alten Testaments: Im Buch Jona wird beispielsweise Ninive als die „Große Stadt“ tituliert. An dem Nebi Yunus genannten Hügel steht ein islamisches Heiligtum mit dem Grab des Propheten Jona, weil der Wal den „Nebi Yunus“, den „Propheten Jona“ also, nach dreitägigem Aufenthalt in seinem Bauch an dieser Stelle ausgespuckt haben soll. 1821 starb Claudius Rich im Alter von 35 Jahren in Schiraz an der Cholera. Das Ehepaar Rich hatte Antiquitäten gesammelt. Neben Münzen und altsyrischen Handschriften enthielt die Sammlung auch Kopien großer Inschriften, unter anderen die des Felsens bei Behistun, vier Zylinder, 22 teilweise fragmentarische Tontafeln, 13 gestempelte Ziegel – allesamt in Keilschrift geschrieben – und einige altorientalische Rollsiegel. Ein weiterer bedeutender englischer Wissenschaftler war Sir Henry Creswicke Rawlinson (1810–1895). Er studierte klassische Literatur und Sprachen. Im Gegensatz zu Claudius Rich ging er ohne Kenntnisse orientalischer Sprachen für die East India Company bereits 1827 nach Indien. 1833 wurde er nach Persien geschickt, um ab 1835 die Truppen des Schahs zu organisieren. Dabei stattete er auch Behistun Besuche ab und kopierte die Inschriften. Diese Kopierarbeiten dauerten bis 1847 und waren die Voraussetzung für eine erfolgreiche Entzifferung der drei Keilschriftsprachen Altpersisch, Babylonisch und Elamisch. 1843 wirkte er als Konsul in Bagdad, wo er bis 1855 blieb. Frankreich hatte ein Konsulat in Mossul, im irakischen Norden, eingerichtet, dessen Konsul von 1841 an Paul-Emile Botta war. Die französische

2. Die ersten Ausgräber und ihre Entdeckungen

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Abb. 2 왖 Victor Place, der französische Konsul in Mossul. Photographie von Gabriel Tranchand.

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Abb. 3 왔 Henry Layard in persischer Tracht.

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Öffentlichkeit und die Regierung befürworteten eine archäologische Arbeit, die Ruhm bringen könnte. Paul-Emile Botta (1802–1870), Sohn eines nach Frankreich geflohenen piemontesischen Historikers, hatte eine Medizin-Ausbildung absolviert und war bereits 1836 als Arzt am Roten Meer und im Jemen tätig. Im Dezember 1842 setzte er den Spaten auf dem Hügel Kuyundjik an. Mit diesem zunächst bescheidenen Schnitt beginnt die mesopotamische Archäologie. Obwohl Botta dort erfolgreich war, erzählten ihm Einheimische, dass es in einem 20 km nördlich liegenden Dorf namens Khorsabad mit Bildern versehene Steine gäbe. Im März 1843 verlegte er seine Arbeit auf diesen neuen Hügel, wo er wundervoll verzierte, Orthostaten genannte Steinplatten fand, so dass er diese Stadt für Ninive hielt und unter diesem Namen publizierte. Erst 1847 erkannte er seinen Irrtum: Er hatte nicht Ninive, sondern das antike Dur-Scharrukin, die ehemalige Hauptstadt des assyrischen Königs Sargon, ausgegraben. 1851 wurde Victor Place zum französischen Konsul in Mossul ernannt (Abb. 2). Er sorgte dafür, dass Reliefs und Funde aus Khorsabad nach Paris gelangten. 1855 wurden 149 Kisten auf Flöße verpackt und auf dem Tigris nach Basra geschickt. Unweit des Zusammenflusses von Euphrat und Tigris in Qurna wurden diese Flöße von Beduinen angegriffen. Nur wenig wurde gerettet, die meisten Flöße versanken. Was blieb, erreichte Paris 13 Monate später und kann heute im Louvre bewundert werden (Abb. 86). Austin Henry Layard (1817–1894) studierte Jura in London (Abb. 3). Nebenbei lernte er Arabisch und Persisch und erwarb sich Grundkenntnisse in der Schifffahrt und in der Medizin. 1839 startete er nach Osten und erreichte 1840 erstmals Mossul und die assyrischen Hügel. Er befreundete sich mit Paul-Emile Botta, der seit 1843 hauptsächlich in Khorsabad arbeitete. Beide Männer waren übereingekommen, gleichzeitig den Hügel von Kuyundjik ins Blickfeld zu nehmen. Im No-

I. Archäologie im Vorderen Orient

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vember 1845 begann Layard auch in Nimrud zu graben, wo er außerordentlich erfolgreich war. Die Ablösung Bottas durch Victor Place und Layards durch Henry C. Rawlinson 1851 änderte nichts an der Zusammenarbeit zwischen den Vertretern beider Länder. Erst als sich Rawlinson durch einen örtlichen Chaldäer namens Ormuz Rassam (1826–1910) vertreten ließ, verschlechterte sich die Lage. Zwischen Rassam und Place herrschte Abneigung. Ormuz Rassam ließ im Dezember 1853 nachts auf dem „französischen Sektor“ graben. Dabei kamen die berühmten Orthostaten mit Assurbanipals Jagdszenen sowie zahlreiche Tontafeln ans Licht, die heute das Britische Museum zieren. Place, durch diese Tätigkeit und durch die fehlende finanzielle Unterstützung seitens der französischen Regierung maßlos enttäuscht, verließ den Orient. Obwohl ihre Suche auf sensationelle Funde abzielte und obwohl ihre Grabungstechniken nach unseren heutigen Maßstäben zerstörerisch waren (Abb. 4), sind diese Männer durch ihren Idealismus und ihren unermüdlichen Einsatz unter schwierigsten Bedingungen, den sie allzu oft mit ihrem Leben bezahlten, echte Pioniere gewesen. Der Krimkrieg (1853–1856), in dem es auch um den Besitz der heiligen Stätten im Vorderen Orient ging, verursachte eine archäologische Pause von 20 Jahren. Der Schauplatz der ersten Ausgrabungen altorientalischer Städte war die historische Gegend Assyrien im Norden des heutigen Irak. Nach dem Krimkrieg verlagerte sich die archäologische Forschung nach Süden, wo es ebenfalls ausländische Vertretungen gab. Ernest Chocquin de Sarzec (1832–1901), Frankreichs Vizekonsul in Basra, erfuhr 1877 von einem Ort, an dem Statuen liegen sollten. Dort – in Tello, dem antiken Girsu – grub eine französische Mannschaft alsbald aus und legte die Statuen des durch sie berühmt gewordenen Königs Gudea von Lagasch frei. So wurden die sumerische Kultur und Sprache entdeckt. Die Bedeutung dieser Entdeckungen blieb niemandem verborgen. 1888 nahm ein amerikanisches Team unter der Leitung der University of Pennsylvania in Nippur seine Tätigkeit auf. Für Deutschland begann die archäologische Forschung im Vorderen Orient mit Heinrich Schliemann (1822–1890), der als erster Ausgräber Trojas in die Geschichte eingegangen ist. In Mesopotamien selbst begann die Erkundung durch deutsche Archäologen dank der Gründung der Deut-

2. Die ersten Ausgräber und ihre Entdeckungen

왖 Abb. 4 Tunnelgrabungen wie hier in Ninive auf der Zeichnung vor Ort von S. C. Malan sind nach heutigen Maßstäben zerstörerisch.

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schen Orient-Gesellschaft (DOG) am 24. Januar 1898 in Berlin. Sie sollte die Erforschung des Alten Orients ermöglichen und die dortige Arbeit logistisch und finanziell erleichtern. 1901 übernahm der an Archäologie interessierte Kaiser Wilhelm II. die Schirmherrschaft über die Gesellschaft und stellte große finanzielle Mittel zur Verfügung. Die ersten Grabungen der DOG galten Babylon, der wichtigen assyrischen Stadt Assur, der ehemaligen hethitischen Hauptstadt Boğazköy, der sumerischen Schlüsselstadt Uruk und der von Amenophis IV. / Echnaton neugegründeten Hauptstadt Tell el-Amarna. Robert Koldewey (1855–1925) leitete von 1899 bis 1917 die Grabungen in Babylon. Im nördlichen Irak verantwortete von 1903 bis 1914 der Architekt Walter Andrae (1875–1956) die Grabungen in Assur, nachdem er Assistent Koldeweys in Babylon gewesen war. Beiden galt als erklärtes Ziel, eine stratigraphische Sequenz darzulegen und ganze Gebäude auszugraben. In Assur wurde erstmals die Methode des Tiefschnitts im Ischtar-Tempel angewandt. Der Erste Weltkrieg brachte abermals eine mehrjährige Unterbrechung. 1918 wurde das Osmanische Reich aufgelöst; in Folge davon wurden seine ehemaligen östlichen Gebiete aufgeteilt. Irak, Jordanien und Palästina waren nun britische Mandate, Syrien und Libanon französische. Diese Aufteilung hatte zur Konsequenz, dass die meisten Grabungen britisch und französisch waren. So begannen Campbell Thompson 1918 in Ur und Eridu, 1923 Stephen Langdon (1876–1937) in Kisch und im Libanon von 1921 an Pierre Montet (1885–1966), dem Maurice Dunand (1898–1987) folgte, in Byblos. Unter den zahlreichen französischen Grabungen in Syrien zählen zu den wichtigsten Ras-Schamra (antik Ugarit) und Tell Hariri (antik Mari), wo jeweils 1930 und 1933 unter der Leitung von Claude Schaeffer (1898–1982) und André Parrot (1901–1980) die Arbeit begann. Von 1922 an war auch Leonard Woolley (1880–1960) im Irak tätig. 1926 entdeckte er in Ur den frühdynastischen „königlichen Friedhof “, dessen Prachtstücke heute im British Museum zu bewundern sind. 1912/13 begannen die Architekten Julius Jordan (1877– 1945) und Conrad Preußer (1881–1964) in Uruk und knüpften damit an die erste britische Untersuchung von William Kennet Loftus 1850 bis 1854 an. Unter der Leitung von Pinhas Delougaz (1901–1975) folgte 1930 das Oriental Institute von Chicago unweit östlich von Bagdad im Diyala-Gebiet. All diese für jene Zeit zum Teil vorbildlichen Grabungen bedeuteten mit den guten stratigraphischen Beobachtungen und ihrer Masse an gefundenem Material den Start der mesopotamischen Archäologie und der Rekonstruktion der Geschichte des Zweistromlandes. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Länder des Vorderen Orients unabhängig und bauten eigene Antikendienste auf. Danach erlebte die archäologische Forschung in dieser Gegend sowohl in der Zahl der Projekte wie auch in der Zahl der teilnehmenden Staaten einen enormen Aufschwung. Damit verbunden war und ist noch immer ein Wissenszuwachs, der dem eines naturwissenschaftlichen Faches in nichts nachsteht.

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I. Archäologie im Vorderen Orient

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3. Die Entzifferung der Keilschrift Der übliche Schriftträger im Alten Orient ist der Ton gewesen. Mit einem spitzen Griffel wurde in den noch feuchten, zu einer Tafel geformten Ton geschrieben. Das Eindrücken der Griffelspitze ergibt eine dreieckige Form, die an einen Keil erinnert (Abb. 5). Thomas Hyde und Engelbert Kaempfer aus dem westfälischen Lemgo, die im Dezember 1685 einige Tage in Persepolis weilten, sind die ersten Wissenschaftler, die Inschriften aus Persepolis in Europa bekannt machten und ihre Schriftzeichen in ihren 1700 und 1712 erschienenen Werken als „keilförmig“ beschrieben. Die Keilschrift konnten sie aber noch nicht lesen. 1802 hatte der junge Gymnasialprofessor für klassische Sprachen in Göttingen Friedrich Grotefend (1775–1853) der Göttinger Gesellschaft der Wissenschaften eine auf Latein geschriebene Abhandlung über die Übersetzung altpersischer Inschriften aus Persepolis vorgetragen und sie in den Göttingischen Gelehrten Anzeigen unter dem Titel De cuneatis, quas vocant, inscriptionibus persepolitanis legendis et explicandis relatio

왗 Abb. 5 Setzkasten einer Druckerei, Stichel und Lettern aus der Schrift „Ninive 16“, entworfen von Marcellin Legrand, 1846.

3. Die Entzifferung der Keilschrift

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veröffentlicht. Doch war die Zeit für diese großartige Leistung noch nicht reif. Sie wurde nicht gewürdigt und geriet in Vergessenheit. 1837 gelang es Rawlinson in London, die altpersische Keilschrift erneut zu entschlüsseln. Einen endgültigen Durchbruch erreichte er damit 1839, nachdem er eine zweite, verbesserte Übersetzung an die Royal Asiatic Society geschickt hatte. Bei der Entzifferung bedienten sich Grotefend und Rawlinson, genau wie 1822 auch Champollion für die ägyptischen Hieroglyphen, mehrsprachiger Texte. Grotefend zog eine Inschrift aus dem Palast des Darius in Persepolis hinzu. Die Genealogie im Altpersisch, Elamisch und Babylonisch verfassten Text „Darius, der Großkönig, König der Könige, König der Länder, des Vishtaspa Sohn, der Achämenide, der diesen Palast gemacht hat“ hatte bereits Herodot in seinen „Historien“ an verschiedenen Stellen tradiert. Zudem kannten Grotefend und Rawlinson das in denselben Sprachen geschriebene Felsenrelief Darius’ I. in Behistun. Dies waren die allerersten Schritte. Dank wichtiger Vorarbeiten von Edward Hincks (1792–1866) gelang Rawlinson 1850 die Übersetzung des babylonischen Teils der Behistun-Inschrift, die er 1851 veröffentlichte. Es sollte allerdings noch Jahrzehnte dauern, bis Babylonisch und Assyrisch im Großen und Ganzen verstanden und bis weitere Sprachen wie Sumerisch, Hethitisch, Ugaritisch oder Elamisch entdeckt und entziffert wurden.

4. Der Streit um „Babel und Bibel“ Einen Schub erlebte das Verständnis der assyrischen Sprachstufe des Akkadischen, als die Textsammlungen, die der neuassyrische Herrscher Assurbanipal im 7. Jahrhundert v. Chr. angelegt hatte, ab 1850 in Ninive ausgegraben wurden. Auf diese Weise wurden die ersten altorientalischen mythologischen und epischen Texte bekannt. Wie groß war die Überraschung, als George Smith, ihr Übersetzer, 1872 einen Vortrag vor der Society of Biblical Archaeology in London hielt, in dem er erstmals eine mesopotamische Geschichte über die Sintflut mit Einzelheiten der Erzählung in der Genesis verglich. Die Reaktionen des Fachpublikums und der breiten Öffentlichkeit waren scharf, entweder voller Enthusiasmus oder voller Entsetzen – enthusiastisch wegen der neuen Forschungsergebnisse; entsetzt, weil die Geschichte des Alten Testaments durch diese viel ältere Version ihre Einmaligkeit und damit ihren Charakter als Grundlage der christlichen Religion verlor. Ähnlich erging es dem Assyriologen Friedrich Delitzsch (1850–1922), als er 1902 einen ersten und 1903 einen zweiten Vortrag in Anwesenheit Kaiser Wilhelms II. vor der Deutschen Orient-Gesellschaft in Berlin hielt. Er vertrat die Meinung, die Bibel sei vollkommen von „Babel“ abhängig. Der sich daran entzündende „Babel-Bibel-Streit“ dauerte zwei Jahrzehnte. Auf der einen Seite standen die Wissenschaftler, die der Meinung waren, die altori-

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entalische Kultur sei der Ursprung aller weiteren kulturellen Entwicklungen, auf der anderen Seite die Verfechter der Einmaligkeit des Judentums und des Christentums. Eine Parallelerscheinung war der von Hugo Winkler (1863– 1913) initiierte „Panbabylonismus“. Er ging von einem weitreichenden Einfluss des sumerisch-babylonischen astralmythologischen Systems etwa auf den römischen Kalender, unsere Zeitrechnung, den Karneval oder sogar den Sängerkrieg auf der Wartburg aus.

5. Beginn der Orientalistik als Wissenschaft 1875 wurde mit der Berufung Eberhard Schraders als „Professor für Semitische Sprachen“ an die Berliner Friedrich-Wilhelms-Universität erstmals die „Keilschriftforschung“ als universitäres Lehrfach eingeführt. Als die Vorderasiatische Abteilung der Königlichen Museen zu Berlin 1899 gegründet wurde, erhielt das Fach ein archäologisches Gegengewicht. Ihr erster Direktor war der Philologe Friedrich Delitzsch. Äußerst wichtig für die heutige Gestalt des Vorderasiatischen Museums in Berlin war das Wirken Walter Andraes, des Ausgräbers von Assur. Er war es, der mit voller Energie das Ischtar-Tor (Abb. 33), die Prozessionsstraße und die Palastfassade aus den in 900 Kisten aus Babylon transportierten Ziegelfragmenten pünktlich zur Eröffnung 1930 rekonstruieren ließ1. 1920 wurde ein Lehrstuhl für die „Altertumskunde des Orients“ in Berlin eingerichtet. Sein Inhaber Ernst Herzfeld (1879–1948) ist vor allem für seine Forschung in Iran bekannt. Im Jahre 1935 musste er emigrieren; 1937 wurde er von Eckhard Unger (1884–1966) abgelöst. Von 1938 an arbeitete Anton Moortgat (1897–1977) als Kustos an der Vorderasiatischen Abteilung der Staatlichen Museen zu Berlin. 1941 wurde er Honorarprofessor für Vorderasiatische Archäologie an der Berliner Friedrich-Wilhelms-Universität und schließlich 1948 (bis 1967) Inhaber des Lehrstuhls für „Vorderasiatische Altertumskunde“ an der neu gegründeten Freien Universität in Westberlin. Außerhalb Berlins richteten die Universitäten in Marburg und in Frankfurt/Main jeweils 1934 und 1943 Professuren für Vorderasiatische Archäologie ein. Heute umfasst das Forschungsgebiet der Vorderasiatischen Archäologie die Türkei, Syrien, Libanon, Israel, Palästina, Jordanien, Irak und Iran. Zu ihren Randgebieten gehören Zypern, Saudi-Arabien, die Golfstaaten, Oman, Jemen, die zentralasiatischen Staaten, Afghanistan und Pakistan. Die Fundamente der historischen Zeit Mesopotamiens, die man mit der Schrift um etwa 3200 v. Chr. beginnen lässt, wurden bereits lange zuvor gelegt. Die archäologischen Quellen erlauben es, die Entwicklung von den neolithischen Dorfstrukturen bis zu den königlichen Dynastien des 3. Jahrtausends – wenn auch mit vielen unbeantworteten Einzelfragen, so doch in

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groben Zügen – zu verstehen. Diese einzigartige Entwicklung von der Zeit um 10 000 v. Chr. an kann hier nur schemenhaft wiedergegeben werden: Der Schwerpunkt unserer Darstellung liegt auf dem Zeitraum vom Ende des 4. bis zum 1. Jahrtausend v. Chr. Am 12. Oktober 539 v. Chr. wurde Babylon kampflos durch Ugbaru, dem Stellvertreter Kyros des Großen, eingenommen. Damit begann die Herrschaft der Achämeniden. Ihr Ende wurde im November 333 v. Chr. mit dem Sieg Alexanders des Großen über den persischen König Darius III. Kodomannus eingeleitet. Das Ende der altorientalischen oder mesopotamischen Kultur verläuft naturgemäß nicht geradlinig und ist daher gewissermaßen akademisch künstlich festgelegt. Traditionellerweise wird die Eroberung Alexanders des Großen als eine so große Zäsur betrachtet, dass man die hellenistische Zeit (333–64 v. Chr. in Westvorderasien) als den Beginn einer neuen Ära ansieht. In Wirklichkeit sind die Übergänge fließend – Alexander wurde als der letzte Achämenide bezeichnet – und viele Aspekte des altorientalischen Kulturgutes fließen in die nachalexandrinische Zeit hinein2. Die vermeintliche Zäsur spiegelt sich aber in der universitären Fächereinteilung der „Vorderasiatischen“ und der „Klassischen“ Archäologie wider, die für den Vorderen Orient mit dem Hellenismus beginnt. Die Nachfahren Alexanders des Großen etablierten sich nicht überall im Orient. Den Achämeniden folgten in Ostsyrien, Irak und Iran ab 312 v. Chr. die Seleukiden, spätestens seit 129 v. Chr bis 224 n. Chr. die Parther und zuletzt von 224 bis 642 n. Chr. die Sasaniden, die bis zum Eindringen des Islams regierten. Sie werden in diesem Buch nicht mehr berücksichtigt, obwohl sie heute ein Teilgebiet der Vorderasiatischen Archäologie bilden.

6. Wer gräbt heute im Vorderen Orient aus? Auch in moderner Zeit ist die Grabungsgeschichte sehr bewegt. Die iranische Revolution zu Beginn des Jahres 1979 bedeutete eine Jahrzehnte andauernde Unterbrechung aller archäologischen Tätigkeiten. Dies hatte eine Verlagerung nach Syrien zur Folge, dessen Archäologie – auch wegen mehrerer Staudammprojekte gefördert – seit den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts eine wahre Explosion erlebte. Im Libanon verhinderte der Bürgerkrieg von 1974 bis 1990 jede archäologische Tätigkeit. Für den Irak galt nach dem „Zweiten Golfkrieg“ 1991 ein internationales Embargo, das auch archäologische Arbeit verbot. Zwar wurde es nach 2003 aufgehoben, aber Unruhen schränken dort bis heute jede Tätigkeit erheblich ein. Zur Zeit beteiligen sich sämtliche wohlhabenden Länder der westlichen Welt sowie Russland an Grabungen.

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7. Wie wird heute gegraben? Theorien, Methoden und Ziele Theorien, also das abstrakte Gerüst, mit dem man arbeitet, und Methoden, also die Art und Weise, wie man diese Theorien umsetzt, sind ein unverzichtbares Arbeitsinstrument jeglicher Wissenschaft. Theorien, Methoden und Ziele haben sich nach dem Zweiten Weltkrieg, insbesondere wegen der schnellen Entwicklung der Naturwissenschaften, sehr verändert. Ziel einer Ausgrabung ist eine Menschen und Kultur umfassende und vernetzte Rekonstruktion der Siedlung in ihrer Umwelt. Vor einer Grabung wird heute eine Geländebegehung auf dem auszugrabenden Areal gemacht, ein sogenannter Survey. Die Oberfläche wird zu Fuß genauestens betrachtet und das verstreut herumliegende Material – in erster Linie Keramikscherben – wird gesammelt. Um aber einige Meter unter die Oberfläche „sehen“ zu können, werden ausgeklügelte geophysikalische Messmethoden angewandt. Sie beruhen auf Messungen des Bodenwiderstands, entweder der elektrischen Spannungen (geoelektrische Methode) oder des natürlichen Erdmagnetfeldes (geomagnetische Methode), die je nach Material – Gestein, Metallen oder Keramik – sehr unterschiedlich sind. Schließlich können durch Änderung der magnetischen Felder entstandene elektrische Spannungen (Induktion) im elektrogeomagnetischen Verfahren gemessen werden. Diese drei geophysikalischen Methoden werden je nach Bodenbeschaffenheit angewandt. Bei einem guten Ergebnis kann man schon vor dem ersten Spatenstich etwas über die Gebäude- und Straßenverteilung in Erfahrung bringen. Hat die Grabung begonnen, werden neben den archäologischen Grabungsmethoden zahlreiche weitere naturwissenschaftliche Analysen an so unterschiedlichem Material wie Pollen, Tier- und Menschenknochen (mit möglichen DNA-Analysen), Ton, Metall, Glas oder Holz vorgenommen, um ihr Alter oder ihre Zusammensetzung zu bestimmen. Für diese Vernetzung aller naturwissenschaftlichen Methoden wird der Begriff „Archäometrie“ gebraucht. Dies hat große Auswirkungen auf die Klärung historischer Fragestellungen. Im Idealfall können Klima, Fauna, Flora und Umwelt, Essgewohnheiten, Krankheiten, Handelsbeziehungen, Produktionszentren, kurzum die Geschichte und Entwicklung einer Siedlung erfasst werden. Was auf diese Weise weniger erforscht werden kann, sind geistige und religiöse Strömungen, Arbeitsvorgänge, soziale Strukturen, historische Fakten und Feinchronologien. Obwohl eine genaue Befundbeobachtung – etwa die exakte Freilegung eines Tempels und seines Materials – sehr viel zur Religion aussagt, bilden geschriebene Zeugnisse die sicherste Wissensquelle. Ist das Material geborgen, muss es geordnet und ausgewertet werden. Computergestützte Datenverarbeitung, Datenbanken und digital bearbeitete Fotos bilden den technischen Rahmen. Auch die Konservierung oder

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Restaurierung sowohl der Funde als auch der freigelegten Bauten stellt die Ausgräber vor große Herausforderungen. Die Fund- und Befundanalyse unterliegt jedoch anderen Kriterien aus sehr unterschiedlichen geisteswissenschaftlichen Richtungen. Da das mesopotamische Material erst seit dem 19. Jahrhundert und im Rhythmus der Grabungen bekannt wurde, haben die kunsthistorischen Ansätze eines Johann Joachim Winkelmann (1717–1768) oder des großen Kunsthistorikers Erwin Panofsky (1892–1968) nie eine große Rolle gespielt. Eine umso größere Rolle spielten die stilistische Einordnung und die Chronologie. Genau erarbeitete Stilkriterien erlauben es, das archäologische Material in eine Zeitabfolge zu bringen. Auch in der Vorderasiatischen Archäologie gibt es die Einteilung in Neolithikum, Chalkolithikum, Bronzezeit und Eisenzeit. Für Mesopotamien werden jedoch noch feinere Einteilungen verwendet, die nach völlig anderen Kriterien benannt wurden. Im 19. Jahrhundert prägten einige geistige Strömungen – etwa der Evolutionismus, der Diffusionismus und der Kulturhistorismus – auch die archäologische Forschung. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts blieben viele der auf dem Feld des Alten Orients arbeitenden Wissenschaftler den nationalsozialistischen, völkisch geprägten Strömungen fern. Dennoch gab es auch überzeugte Anhänger unter ihren Vertretern, Julius Jordan etwa, der als Gauleiter noch vor 1933 eine Nazi-Zelle in Bagdad und das Deutsche Orientkorps organisierte. Dieses Korps, zu dessen Mitgliedern auch Adam Falkenstein und Heinrich Lenzen zählten, sollte den deutschen Vormarsch in den arabischen Raum vorbereiten3. Andererseits wurden die Gründungsväter der altorientalistischen Wissenschaften, der Assyriologe Benno Landsberger, der Hethitologe Hans G. Güterbock oder der für Iran spezialisierte Archäologe Ernst Herzfeld auf Grund ihrer jüdischen Herkunft ins Exil gezwungen. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde den herrschenden, aus dem 19. Jahrhundert übernommenen Theorien vorgeworfen, sich zu sehr mit Entwicklungen und der Einordnung von Kulturstufen zu beschäftigen und dabei die Kulturen nicht als ein organisches Ganzes, sondern als mechanisch zusammengefügte Elemente zu betrachten. Herausragende Bedeutung erlangte hier die soziale Anthropologie, in deren Mittelpunkt das integrierte System einer Gesellschaft stand. Gordon Childe (1892–1967) setzte sich hinsichtlich des Alten Orients am stärksten mit den bekannten Theorien auseinander. 1935 erklärte er den kulturellen Wandel durch wirtschaftliche Prozesse, Umwelt und Technik. Er prägte den Ausdruck „Neolithische Revolution“, mit der er die Sesshaftwerdung und den Übergang zu Ackerbau und Tierzucht mit allen Folgen für die menschliche Gesellschaft meinte. Vom Strukturalismus beeinflusst – einem System, das überindividuelle Grundprinzipien in Form und Symbolik erkennt – entstand schon 1948 in den USA und Großbritannien die New Archaeology, die über die chronologische Beschreibung

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der konventionellen Archäologie hinaus Kulturen und kulturellen Wandel, also Prozesse, von innen erfassen und dafür Gesetze aufstellen möchte. Deswegen werden ihre Vertreter auch Prozessualisten genannt. Eine Stratigraphie soll zum Beispiel nicht als Sequenz von Aufbau und Zerstörungen analysiert werden, ohne sich mit deren Ursachen auseinanderzusetzen. Um sie zu erklären, muss man nach Gesetzen, Logik, Hypothese und die Kontrolle darüber suchen. Eine Kultur wird als funktionaler Zusammenhang oder ein dynamisches Netzwerk von Subsystemen verstanden. Die Kritik, nicht so sehr am System, aber vielmehr an seiner Anwendung, folgte alsbald: Diese Sicht der Geschichte sei zu einseitig und führe zur Vernachlässigung der Chronologie; Gesetze könne man gerade für entfernte Perioden zwar aufstellen, aber nicht einhalten; die Rekonstruktion der achäologischen Daten sei einem zu starken Determinismus unterworfen. Heute gehen einige Archäologen vom Modell aus hypothetisch-deduktiv vor. In der Regel jedoch arbeiten sie, vom Fund ausgehend, induktiv. Generell können sämtliche Geisteswissenschaften zu Rate gezogen werden. Ethnologische Beobachtungen an noch lebenden Gesellschaften oder Menschengruppen fließen analog in die Rekonstruktion nicht mehr lebender Gesellschaften (Ethnoarchäologie) ein. Psychologie, Verhaltensforschung, Religionswissenschaft, feministische Ansätze, Philosophie oder kunsthistorische Theorien können dazu beitragen, den Entstehungsprozess und den Ablauf oder Teilaspekte einer Kultur zu verstehen.

1 Marzahn – Schauerte (2008) 91–98. 2 Briant (2002) 876, 1051. 3 Englund (1998) Anm. 78. Stadnikow (2007).

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II. Geographisches Umfeld 1. Zur Terminologie Die Terminologie um die Erforschung des alten Mesopotamien ist vielfältig, ja verwirrend. Den Namen „Mesopotamien“, also „das Land zwischen zwei Flüssen“, wenden wir heute auch auf die Gegend an, die das Gebiet zwischen Euphrat und Tigris umfasst und ungefähr dem heutigen Irak entspricht. Tatsächlich taucht das Wort in seiner griechischen Form erstmals unter Alexander dem Großen auf, wo es das Gebiet von Bagdad bis zur südlichen Türkei umfasst. Dieser Sprachgebrauch deckt sich mit dem aramäischen des 1. Jahrtausends v. Chr. Für die Assyrer des ausgehenden 3. Jahrtausends, die diesen Begriff prägten, war das Land „māt birītim“ oder „birīt nārim“, also „das Land dazwischen“ oder „zwischen den Flüssen“, viel kleiner und deckte nur den Abschnitt von Mossul bis zum syrischen Euphratknie und dem Chabur-Gebiet. „Mesopotamien“ ist demnach zuerst die Gegend gewesen, die sich zwar zwischen Euphrat und Tigris befand, nicht aber im südlichen, sondern im nördlichen Irak. Die Erweiterung auf den Südirak ist in der Antike nur bei dem griechischen Geographen Claudius Ptolemaeus im 2. Jahrhundert n. Chr. belegt. Die Ausdehnung Mesopotamiens auf den gesamten Irak ist eine Konvention der neuzeitlichen europäischen Wissenschaft. Dank der großartigen Entdeckungen der letzten 40 Jahre in Syrien ist unser Bild der antiken Kulturen in dieser Gegend viel genauer. Wir wissen heute, dass der geographisch zusammenhängende Landstrich vom Nordirak über den südtürkisch-nordsyrischen Streifen bis hin zur Mittelmeerküste in vielen Epochen gemeinsame kulturelle Züge aufwies. Nordostsyrien wird deswegen auch noch zu Mesopotamien gezählt.

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Babylonien ist die in der Neuzeit geläufig gewordene Benennung für die nach Babylon benannte und von Babyloniern bewohnte Gegend zwischen Bagdad und dem Persischen Golf. Da aber Babylon und Babylonier erst ab dem 2. Jahrtausend v. Chr. bestehen, spricht man für den Zeitraum davor von Sumer (s. Kapitel IV). Vom Ende des 1. Jahrtausends an benutzten die Griechen die Bezeichnung Chaldäa. Die Chaldäer waren semitische Nomaden, die sich um die Wende des 2. zum 1. Jahrtausend den ebenfalls kurz zuvor in Babylonien eingedrungenen Aramäern zugesellten. Einige spätbabylonische Könige mit ihrer Hauptstadt Babylon waren sicher chaldäischen Ursprungs. Infolge der großen Bedeutung dieser Dynastie nannten die Griechen, die Römer und später die europäische Wissenschaft die Gegend um Babylon Chaldäa. Dabei gab es aber auch schon in der griechischen Geographie und Historiographie den Terminus „Babylonien“. Die historische Bezeichnung der Gegend, die dem heutigen Nordirak entspricht, ist Assyrien, eine gräzisierte Form, die auf das Akkadische māt Aššur, „Land Assur“, zurückgeht. Erst im Aramäischen und endgültig ab der Partherzeit ist mit „Assyrien“ das geographische und nicht ein religiös-politisches Gebiet zwischen Euphrat und Tigris in Obermesopotamien gemeint. Der Name „Zweistromland“ bezieht sich meistens auf den heutigen Irak. „Alter Orient“ und „Westvorderasien“ sind Begriffe, die das weite Feld des gesamten „Vorderen Orients“ vom Mittelmeer bis nach Iran historisch und flächenmäßig umfassen. Auch die Levante wird unterschiedlich gedeutet. In ihrer weiten Ausdehnung umfasst sie vom türkischen Hatay bis nach Südisrael einen Streifen der Mittelmeerküste, der sich weit bis ins Binnenland ausdehnen kann. Legt man die Levante in einer engeren Weise aus, dann besteht sie aus einem schmalen Küstenstreifen an der heutigen libanesischen und nordisraelischen Küste. Ebenso uneinheitlich ist die heutige Fachbezeichnung. Während sich der Terminus „Altorientalistik“ mehr auf die Lehre altorientalischer Sprachen bezieht, decken universitäre Institutsnamen wie „Vorderasiatische Altertumskunde“, „Vorderasiatische Archäologie“ oder „Archäologie und Kulturgeschichte des Vorderen Orients“ mehr den materiellen Aspekt der altorientalischen Kulturen ab.

2. Wüsten und Oasen, Gebirge und Flachland Der Vordere Orient ist im Gegensatz zu Ägypten nach allen Himmelsrichtungen offen und damit eine Kontaktzone für Menschen und Kulturgüter aus Europa, Asien und Afrika. Betrachtet man außerdem die geographischen Gegebenheiten des gesamten Vorderen Orients, so muss zuerst die erstaunliche Vielfalt betont werden. Grüne Zonen in den nordmesopotamischen Bergen, an den Gebirgsflanken des Zagros im westlichen Iran, des Taurus in der süd-

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Abb. 6 왘 Behausungen im Marschland zwischen Euphrat und Tigris im September 2003.

lichen Türkei oder in den westsyrischen Gebirgsketten umgeben den wüstenartigen Kern Südostsyriens und Südwestiraks. Auf die levantinische Küste fällt ausreichend Regen. Einige Gegenden sind wegen ihrer Seen, ihrer Quellen – etwa die Oase Palmyra – oder wegen leicht möglicher Bewässerung – etwa das Yarmuk-Tal – sehr vegetationsreich. Es sind diese durch ausreichende Regenfälle bewohnbaren Gegenden, welche die Form eines Halbmondes bilden und fruchtbar sind. Bei weniger als 200 bis 250 mm Regen im Jahr – dies gilt für die mesopotamische Alluvialebene – ist Bewässerung notwendig, um überhaupt sesshaftes menschliches Leben zu ermöglichen. Während mit der Sesshaftwerdung vor allem die grünen Randgebiete besiedelt wurden, kamen mit dem Beginn der künstlichen Bewässerung nach dem Neolithikum das künstlich bewässerte Gebiet zwischen Euphrat und Tigris hinzu. Der „natürliche“ Fruchtbare Halbmond verschob sich etwas nach innen. Einen weiteren geographischen Einzelfall stellt das Sumpfgebiet der Marschen nach dem Zusammenfluss von Euphrat und Tigris dar (Abb. 6). Es reichte früher sehr viel weiter nach Norden. In das 7. Jahrtausend zu datierende Binsen und Schilfreste aus Tell el-Uweili erlauben es, die Ausläufer der Marschen bis zu dieser Höhe zu rekonstruieren. Wasserflächen gab es überall in Sumer, heute noch sind sie bis auf die Höhe von Uruk zu sehen. Stark ist der Kontrast zwischen höheren und flachen Landschaften. Der höchste Berg des Vorderen Orients ist mit 5671 m der nordöstlich von Teheran liegende Demawend. Östlich von Rowanduz, an der iranischen Grenze, steigt der irakische „Hadji Ibrahim“ bis zu 3600 m an. Der südsyrische Her-

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mon, heute wegen seiner häufigen, an einen Turban erinnernden Schneekalotte „Berg des Scheichs“ genannt, ist 2814 m hoch. Etwa ab Samarra beginnt die Alluvialebene, die durch die Sedimentablagerung der sich ständig verlagernden Flüsse Euphrat und Tigris entstand. Sie erstreckt sich bis zum Persischen Golf und weist über diese 600 km ein Gefälle von 45 Metern auf. Assyrien hingegen ist gebirgig. Diese entgegengesetzten geographischen Verhältnisse bedingen sehr unterschiedliche Lebensarten. In regenreichen oder bewässerten Gegenden werden Sesshafte und Viehzucht treibende Hirten in zumindest zeitweilig wüstenartigen Gegenden auch in historischen Zeiten eine nicht immer reibungslose, dennoch notwendige Symbiose eingehen.

3. Die Gewässer In Babylonien ist der Wasserspender nicht der Regen, sondern die Flüsse Euphrat (Abb. 7) und Tigris. Der Euphrat ist mit 2850 km der längste vorderorientalische Fluss. Der Strom, der spätestens nach dem Zusammenfluss von Murat und Kara-Su Euphrat heißt, fließt zunächst nach Süden durch den Taurus und knickt an der Stelle nach Osten, wo sich heute der syrische Assad-Stausee befindet. Von dieser Stelle an etwa bewegt er sich stetig nach Südosten durch Landschaften, die außerhalb des Uferstreifens immer kahler werden und sehr flach sind. Seine wichtigsten Nebenflüsse Balich und Chabur liegen im nördlichen Syrien.

3. Die Gewässer

왔 Abb. 7 Der Euphrat in Babylon. Der Euphrat ist der längste vorderorientalische Fluss.

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Der Tigris ist mit 1950 km wesentlich kürzer. Seine Quelle entspringt unweit des Euphrats südöstlich von Elazığ. Im Gegensatz zum Euphrat speisen ihn mehr Nebenflüsse – Großer Zab, Kleiner Zab im Zagros und Diyala –, die alle dem Gebirge entströmen. Euphrat und Tigris erhalten Wasser nur durch ihre Nebenflüsse. Ihre Fülle hängt also von der Schneemenge und dem Frühlingsniederschlag in den Bergen ab. Sie führen im März und April am meisten, im Oktober am wenigsten Wasser. Im Durchschnitt sind es 838 m3/Sekunde für den Euphrat in Höhe der Stadt Hit und 1236 m3/ Sekunde für den Tigris in Bagdad. Dabei variiert die geführte Wassermenge erheblich von Jahr zu Jahr. Der Euphrat kann bis zu 5000 m3/Sekunde und der Tigris bis zu 13 000 m3/Sekunde führen. An ihrem Zusammenfluss bei Qurna führen sie im Durchschnitt 500 m3/Sekunde. Beide Flüsse sind sehr unterschiedlich. Der Euphrat bekommt weniger Wasser, fließt auch wegen des geringen Gefälles langsamer und hat daher eine viel stärkere Verdunstung. Seine Ufer sind sanfter. Das Gefälle des Tigris hingegen ist steiler, er bekommt wegen seiner Gebirgszuflüsse mehr Wasser und fließt schneller. Er grub sich ein tieferes Bett, besitzt deshalb steilere Ufer und einen schwierigeren Zugang. Wegen der Wassermengen ist er unberechenbar und gefährlich. Unvergessen bleibt eine Überschwemmung des Tigris, die 1954 im Osten Bagdads einen 70 km großen und bis zu 24 m tiefen See hinterließ. Dieser See benötigte sieben Monate, um auszutrocken. Die Geschichte der Sintflut im Gilgamesch-Epos oder in der Genesis wurde bisher durch eine besonders gefährliche Überschwemmung im Zweistromland erklärt. Eine in den letzten Jahren entwickelte neue Theorie beruht auf Entdeckungen am Schwarzen Meer. Zunächst war dieses ein vom Mittelmeer durch eine Landbrücke auf der Höhe des Bosporus getrennter, tiefer liegender Süßwassersee. Um 6800 oder 6300 v. Chr. soll diese Brücke gebrochen sein, was eine gewaltige, 34 Jahre anhaltende Flut vom Mittelmeer ins Schwarze Meer zur Folge hatte. Dabei wurden zahlreiche Dörfer überschwemmt. In den letzten Jahren konnten die alten Wasserläufe von Donau und Dnjepr am Grund des Schwarzen Meeres sowie Reste menschlicher Siedlungen in 91 m Tiefe erkannt werden. Diese Naturkatastrophe hat sicherlich die menschliche Fantasie lange angeregt. Dennoch liegt der Bosporus weit vom südlichen Irak entfernt, und eine solche „Geschichte“ muss hautnah erlebt worden sein, um zum Gründungsmythos einer Kultur zu gehören. Eine besonders starke Überflutung durch die überbordenden Gewässer des Euphrat oder des Tigris und eine dadurch verursachte Verlagerung ihres Bettes, die Dörfer oder gar Städte zerstört hätte, bietet daher noch immer eine ausgezeichnete Erklärung. Ein Vergleich mit dem Nil vergegenwärtigt Unterschiede, die eine kulturhistorische Relevanz aufweisen. Der Nil stand für Ägypten mit dem landwirtschaftlichen Rhythmus im Einklang. Dank der vom Delta mehrere tausend Kilometer entfernten Quelle und der Zuflüsse gelangte das Hochwasser erst

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im September nach Assuan. Im Frühling hatte es wieder einen tieferen Stand erreicht. Euphrat und Tigris hingegen sind, weil unberechenbar, viel gefährlicher als der Nil. Der Rhythmus ihres Wasserstandes steht dem der Landwirtschaft entgegen. Denn im Herbst, zur Saatzeit, führen sie am wenigsten Wasser. Im Frühling, wenn die Erntezeit naht, rollen ihre gewaltigen Wassermassen an und zerstören die Felder. Diese Unruhe der vorderasiatischen Flüsse wohnte der Kultur inne, die sich an ihren Ufern entfaltete. Von Anbeginn an waren alle Anrainer gezwungen, mit ihren lebensnotwendigen Wasserspendern zurechtzukommen und sie durch überlegene Technik zu überlisten. Heute sind diese zwei Lebensadern des Vorderen Orients durch Dämme, die auch der Wasser- und Stromversorgung dienen, reguliert. Auch schon in der Antike gab es zu wenig Wasser. Vom 3. Jahrtausend v. Chr. an bezeugen Texte Wasserstreitigkeiten zwischen Nachbarn. Ein weiteres Problem war und ist die Bodenversalzung. Sie entsteht, weil die gebirgigen Zuflüsse Salze und Mineralien transportieren, die bei einer Bewässerung ohne ausreichende Drainage nach einer gewissen Zeit an der Erdoberfläche eine regelrechte Salzkruste bilden. Vor dem 1. Jahrtausend gab es keine Entwässerungsgräben. Ein Mittel dagegen war die Brache. Drei Jahre wurde der Boden beackert, das vierte Jahr durfte er ruhen. Untersuchungen haben gezeigt, dass die Kornproduktion um 2400 v. Chr. etwa 16 % Weizen neben 84 % der salzunempfindlichen Gerste betrug. Um 2100 v. Chr. waren es nur noch 2 % Weizen. Erbrachte der Gerstenanbau um 2400 etwa 2500 Liter je Hektar, so waren es nur noch 1460 Liter um 2100 und 900 Liter um 1700. Die effektive Nutzungsdauer eines frischen Bodens beträgt für Gerste auf der Höhe von Bagdad 1200 Jahre und für Weizen 600 Jahre. 200 bis 300 km weiter südlich, auf der Höhe von Lagasch und Ur, waren es nur noch 400 Jahre für Gerste und 200 für Weizen. Es ist sicher, dass die sumerischen und babylonischen Bauern unter der Versalzung der Erde und der damit stark zurückgehenden Ertragsfähigkeit zu leiden hatten. Ein Gedicht aus der Ur III-Zeit sagt: „Die Kanäle bitteres Wasser bringen, die guten Getreidefelder (nur) Gras wachsen lassen, die Steppe ,Weh-Kraut‘ hervorbringt … Euphrat und Tigris an den verödeten Ufern böses Kraut wachsen lassen.“ Die Bodenversalzung wird sogar für das Ende der altbabylonischen Zeit um 1500 v. Chr. und für das Ende der Glanzzeit Anfang des 13. Jahrhunderts n. Chr. verantwortlich gemacht. Von den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts an versuchten Forscher die „Wanderung“ der altorientalischen Kulturzentren von Süden nach Norden auf diese Weise zu erklären.

3. Die Gewässer

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Abb. 8 왖 Uruk. Blick auf die Ziqqurrat im Stadtteil Eanna.

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4. Das Klima Die südliche Hälfte Mesopotamiens unterliegt einem warm-gemäßigten subtropischen Klima. Die Winter sind feucht und kühl, die Sommer heiß und trocken. Hier variieren die Regenfälle zwischen 100 und 400 mm im Jahr. Die meisten Niederschläge werden im Januar und Februar verzeichnet. Dennoch gibt es große Schwankungen. In Bagdad fallen jährlich durchschnittlich 149 mm Regen. 1899–1900 fielen jedoch 439 mm, dagegen waren es 1908–1909 nur 51 mm. Die Niederschlagsmenge ist ausschlaggebend für die Art der Landwirtschaft, denn ab einer Mindestmenge von 200–250 mm Regen aufwärts im Jahr ist schon Trockenanbau oder Regenfeldbau, also eine Landwirtschaft ohne Bewässerung, möglich. Allerdings bieten 300 bis 350 mm Regen mehr Wachstumssicherheit. Die Grenze der 400-mm-Niederschlagslinie (Isohyete) verläuft entlang der halbmondförmigen Gebirgsflanken, der türkischsyrischen Grenze, an Aleppo und Damaskus vorbei. Regenfeldbau ist in der Levante, in Nordsyrien und im kernassyrischen Gebiet möglich. Südlich des mittleren Euphrats und entlang des Tigris südlich von Assur kann landwirtschaftlich ohne künstliche Wasserzufuhr nichts produziert werden (Abb. 8).

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5. Klimaverschiebungen Dank der Analyse im Boden konservierter und Jahrtausende alter Pollen lässt sich die Klima- und Vegetationsgeschichte annähernd rekonstruieren. Das Klima war nicht immer so trocken wie heute. Vor 35 000 Jahren soll es verhältnismäßig niederschlagsreich gewesen sein. Zwischen 30 000 und 13 000 v. Chr. war es trockener und vor allem wegen der letzten Kaltzeit kühler als heute. Die letzte Kaltzeit erreichte ihren Höhepunkt um 18 000 v. Chr. Die Temperaturen lagen um etwa 10 Grad niedriger. Eine Zunahme an Eichenpollen in Nordisrael kündigte ab 12 000 v. Chr. den Wandel zu feuchteren Lebensbedingungen an. Die Wärme verursachte die Schmelze des Polareises, das Wasserniveau stieg. Um 9000 sind überall im Vorderen Orient vermehrte Niederschläge nachweisbar. Zwischen 9000 und 6000 – einem Klimaoptimum – waren die Temperaturen bei gleichbleibenden Niederschlägen noch immer um einige Grade niedriger als heute. Um 6000 v. Chr. setzte erneut eine trockenere und wärmere Phase ein. Sie hielt bis 4000–3500 v. Chr. an, dem Zeitpunkt, zu dem in etwa die heutigen Klimaverhältnisse eintraten. Dennoch waren die Landschaften noch lange grüner als heute. Die letzten 6000 Jahre ist das Klima stabil geblieben.

6. Der Küstenverlauf am Golf Das Wasserniveau des Persischen Golfs interessiert hier nur im Zusammenhang mit der ersten Besiedlung Sumers (s. Kapitel IV). Um 70 000 v. Chr., zwischen der Riss- und Würmeiszeit, lag das Golfniveau acht Meter höher, in Folge dessen stand Mesopotamien bis zum Zusammenfluss von Euphrat und Tigris unter Wasser. Mit der Klimaabkühlung sank der Wasserspiegel erneut. Beim Höhepunkt der Würmeiszeit um 15 000–14 000 lag der Wasserspiegel des Golfes 100 bis 120 m tiefer als heute; damals befand sich dort eine Ebene, durch die Tigris und Euphrat flossen und in den Golf von Oman mündeten. Mit der Klimaerwärmung stieg nach 14 000 v. Chr. der Wasserpegel erneut. Um 4000–3000 v. Chr. entsprach sein Niveau dem heutigen. Danach stieg das Wasser auch wegen der Sedimentablagerungen weiter an und erreichte um 3000 v. Chr. etwa die Nähe der Stadt Ur.

7. Bodenschätze und Rohstoffe In Mesopotamien gibt es kaum Bodenschätze. Die heute erschlossenen Erdölquellen erschienen in altorientalischen Zeiten in Form von Bitumen an der Erdoberfläche. Eine wichtige Quelle liegt bei Hit am Euphrat. Schon Hammurapi von Babylon und Zimri-Lim von Mari stritten um die Herrschaft über

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diese Stadt. Hammurapi schrieb an Zimri-Lim: „Die Stärke Deines Landes, das sind die Esel und die Wagen, die Macht des Landes von Hit, das sind die Schiffe. Wegen des Bitumens und des Erdöls möchte ich diese Stadt wirklich besitzen. Aus welchem anderen Grund möchte ich diese Stadt sonst noch besitzen? Im Tausch gegen Hit schenke ich Zimri-Lim mein Gehör für alles, was er mir schreiben wird.“1 Die Alluvialebene birgt vor allem Lehm, der die allgegenwärtige Lehmziegelarchitektur ermöglicht. Als 1930 der wegen seines Baumaterials sogenannte „Kalksteintempel“ in Uruk ausgegraben wurde, fragten sich die Ausgräber, woher das Material für dieses späturukzeitliche Gebäude stamme und fanden schon 50 km westlich von Uruk die nächsten Steinbrüche, deren Gestein völlig dem in Uruk verwendeten entspricht. Im Norden hingegen wird die assyrische Landschaft überwiegend durch Steinablagerungen geprägt. So lagen die Steinbrüche, aus denen die Steinplatten für die Paläste oder die kolossalen Wächterfiguren gemeißelt wurden, für die neuassyrischen Könige vor Ort. Sämtliche weiteren Rohstoffe mussten sich die Einwohner Mesopotamiens von weit her besorgen. Die wichtigsten waren Metalle, Bauholz und Halbedelsteine für Schmuck oder Rollsiegel. Kupfer kam zunächst aus Anatolien und Oman, später aus Zypern und Jordanien. Eisen wurde in den Gebirgszügen vom Taurus bis zum Zagros gefördert. Gold gab es im Taurus, im Kaukasus, in Iran, in Ägypten und Nubien. Die begehrtesten Baumstämme waren in der Levante gewachsen und Halbedelsteine lagerten in den umliegenden gebirgigen Regionen (Abb. 101). Lapislazuli wurde aus der Gegend Badachschan, im heutigen Afghanistan, geholt. Türkis stammte aus Ostiran und dem Sinai, Chlorit aus Südostiran. Karneol gab es in Iran und im Indus-Tal und Muscheln in der Golfregion. Die Fundstätten des im Neolithikum wichtigen Obsidians befanden sich in Ost- und Zentralanatolien.

8. Fauna Der Vordere Orient ist reich an wilden Tieren und Pflanzen, die ebenso wie Wasser die Voraussetzung zum Leben sind. Die Rekonstruktion der antiken Tierwelt erfolgt durch die von Archäozoologen oder Osteoarchäologen durchgeführte Analyse der ausgegrabenen Knochen. An wilden Tieren gab es Gazellen, Hirsche, Esel, Onager, Rinder, Schafe, Ziegen, Wildschweine, Schakale, Wölfe, Bären, Luchse, Leoparden, Löwen, Hasen, Füchse, Schlangen, Kröten, Fische, Insekten, Vögel, Strauße, Enten und Gänse, dazu in der Levante Elefanten und Flusspferde. Im Gegensatz zu Babylonien streiften am Mittleren Euphrat und in Assyrien so viele Löwen umher, dass sie gelegentlich zu einer ernsthaften Plage wurden. Bis 1942 leb-

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ten Löwen nahe Dizful (Iran) und bis etwa 1910 sollen noch einige Löwen an den Flussauen „Arabistans“ und des Chaburs gesichtet worden sein2. Ein Teil der oben genannten Tiere wurde domestiziert: als Erstes um 11 000 v. Chr. der Hund. Dem folgte die Domestikation der Bezoar-Ziege zur Hausziege um 8500–8000 v. Chr., des asiatischen Mufflons (ovis orientalis) zum Hausschaf um 8000 v. Chr., des Wildschweins zum Hausschwein um 8000 v. Chr. und schließlich des Auerochsen (bos primigenius) zum Rind um 7000 v. Chr. Tiere müssen ein Minimum an Eigenschaften mitbringen, um sie domestizieren zu können: Sie müssen normale Kost in annehmbaren Mengen fressen, sie dürfen nicht zu langsam wachsen, keine Fortpflanzungsprobleme in Gefangenschaft haben, kein zu unberechenbares Naturell besitzen und nicht zu panikartiger Flucht neigen. Die meisten wilden Vorfahren der domestizierten Tiere lebten in Herden, hatten schon eine entwickelte Dominanzordnung und beanspruchten kein Revier. Es gab eine anerkannte Hierarchie in der Herde mit einem sogenannten Alpha-Tier. Eine solche Dominanzordnung ist ideal für den Menschen, da er das Alpha-Tier ersetzen kann. Weil die Wildpferde keine Alpha-Tiere kennen, erfolgte ihre Domestikation erst um 4000 v. Chr. in der Ukraine.

9. Flora Auch die Pflanzenwelt wird seit dem Zweiten Weltkrieg in den Grabungen konsequent erforscht. Die Spezialisten, Paläobotaniker oder Palynologen, ziehen ihre Erkenntnisse aus den naturwissenschaftlichen Analysen von Pflanzenresten und Pollen. Ebenso wie bei den Tieren bietet der Vordere Orient eine reichhaltige Palette an Bäumen und Sträuchern: Palmen, Kiefernarten (Nadelbäume), Zypressen, Platanen, Ahornbäume, Eschen und Eichen (Laubbäume), Wein, Pistazien- und Mandelbäume. Um 4000 v. Chr. wurden die ersten Bäume kultiviert: Oliven, Feigen, Granatäpfel und Nüsse. Erst sehr viel später, in der Klassischen Antike, wurden Apfel-, Birn-, Pflaumen- und Kirschbäume domestiziert. Sie können nicht aus Ablegern gezogen werden und das Einpflanzen von Samenkörnern bleibt meistens erfolglos. Zur Fortpflanzung bedürfen sie der Kreuzbestäubung durch Pflanzen einer genetisch verschiedenen Unterart. In Sumer lieferten Tamarisken und Pappeln das Alltagsholz. Beide sind salzresistent und gedeihen an Fluss- oder Kanalufern. Die Königin der Bäume war im südlichen Mesopotamien die Palme. In einem Gedicht des beginnenden 2. Jahrtausends wird sie gepriesen und dankend gelobt. Die Palme lieferte sämtliche Produkte, die ein Mesopotamier für den Alltag brauchte. Außer ihrer Frucht, der Dattel, mit der man Wein, Essig, Honig und Mehl produzierte, lieferte sie Fasern für verschiedene Mattenarten,

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Viehfutter und Brennmaterial. Mehr als 45 Palmenarten waren in der Antike bekannt. In „Baumschulen“ ließ sich durch Umpflanzung von Schösslingen die ertraglose Zeit von acht bis 15 Jahren auf vier bis fünf Jahre verkürzen. In der Natur sind es Wind und Insekten, die männliche und weibliche Blüten verbinden. Um jedoch eine regelmäßige ertragreiche Ernte zu gewährleisten, gab es im Palmenhain einen Spezialisten, der damit beschäftigt war, in der günstigsten Jahreszeit – zwischen Januar und März – die weiblichen Blütenstände und die vom Baum herausgelösten männlichen Blüten gegeneinander zu reiben. Von der Qualität dieser Arbeit hing zu einem guten Teil die Erntemenge ab. Über diese Kunst hinaus entwickelten die Altorientalen ein Verfahren zur künstlichen Reifung. Bei der Ernte, die normalerweise in den Herbst fällt, sind die Datteln desselben Büschels gewöhnlich ungleich reif. Um einen Verlust zu vermeiden, wurden die Früchte, bevor sie völlig reif waren, gepflückt und künstlich durch Einschnitte zur gewünschten Reifung gebracht. Insgesamt konnte ein Palmbaum bis zu 300 Liter Datteln pro Ernte hervorbringen. Ein Palmbaum lebt etwa 70 Jahre. Der Abstand zwischen den Bäumen betrug sieben bis zehn Meter. In ihrem Schatten wurden Obstbäume und Nutzpflanzen angebaut. Die Herkunft der Palme bleibt im Dunkeln. Die älteste mesopotamische Palme wurde vor nicht langer Zeit in Tell el-Uweili ausgegraben und geht auf das 5. Jahrtausend zurück3. Die bis dato bekannten und jüngeren Proben stammen aus Eridu, Teleilat Ghassul und Jericho. Wilde Palmen kennen wir aus Iran, Pakistan und Ostafrika, jedoch nicht aus der Gegend von Tell el-Uweili, weil die Alluvialebene über so viele Jahrtausende kultiviert wurde, dass jegliche Spur eines wilden Baumes verschwunden sein muss. So kann vorerst nicht entschieden werden, ob es sie in Tell el-Uweili, also in Sumer, jemals gegeben hat. Palmen mögen „den Kopf in der Sonne und den Fuß im Wasser“. Nichts spricht dagegen, dass dies in Tell el-Uweili der Fall war und dass daher auch hier wilde Palmen gedeihen konnten. Obwohl es in den letzten 6000 Jahren keine Klimaverschiebung gab, bildet die heutige Waldrodung möglicherweise den größten Unterschied zur antiken Umwelt. Die Rodung begann vor Jahrtausenden. Schon Sargon, der akkadische König (2343–2314 v. Chr.), berichtet stolz, die Zedernwälder des Libanon erreicht zu haben4. Grundsätzlich ließen sämtliche Herrscher Mesopotamiens große Baumstämme aus dem Westen kommen. Im 2. Jahrtausend, vor allem aber im 1. Jahrtausend und später noch in römischer Zeit, wurde viel Holz zum Schiffsbau gebraucht. Die natürliche Vegetation war durch die Abholzung bereits vor 2000 Jahren nachhaltig verändert. Trotzdem bleibt die radikalste Veränderung ein neuzeitliches Phänomen, das mit der schnell anwachsenden Bevölkerungszahl zusammenhängt.

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Das wichtigste Nahrungsmittel der Menschen ist Getreide. Vergleichbar den Tier- und Baumarten bot der Vordere Orient seinen Bewohnern eine Vielfalt an wilden Pflanzen. Die ältesten Getreidearten sind Einkorn (Triticum boeoticum, in seiner domestizierten Form Triticum monococcum), Emmer (Triticum dicoccoides, domestiziert als Triticum dicoccum), Hafer (Avena sativa), Roggen (Secale) und Gerste (Hordeum spontaneum). Wildes Getreide ist in der Chromosomenzusammensetzung einfacher (meist diploid) als domestiziertes (meist tetraploid oder hexaploid) und trägt weniger Körner. Zudem besitzt es einen Halm, der in der Reifezeit leicht bricht. Die Körner werden auf den Boden abgeworfen. Diese Besonderheit ist für die Ausbreitung der Art nützlich, behindert aber das Ernten und den Gebrauch der Sichel. Mit der Domestikation verdichtete sich die Zahl der Körner und der Halm wurde flexibel. Nach unseren jetzigen Kenntnissen wurden Einkorn und Hafer bereits im 9. Jahrtausend domestiziert. Als weitere Pflanzensorten gibt es außerdem Linsen, Knöterich, Tragant (astragalus), Pfriemengras (stipa), Erbsen, Kichererbsen, Wicke und Flachs. Sie alle wurden ab 8000 in einem Landstreifen gezüchtet, der von Nordmesopotamien über das Chabur-Dreieck, das BalichTal zum Mittelmeer und zum Toten Meer reicht. Obwohl die Pflanzendomestikation mangels wilder Pflanzen nicht in Sumer stattgefunden haben kann, beweisen die großartigen Funde von Tell el-Uweili, dass es schon im 7. Jahrtausend Ackerbau in der Alluvialebene gab.

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Charpin u. a. (1988) 392, Brief Nr. 468, Zeilen 21–26. Kinnear (1920) 37. Neef (1991) 323. Frayne (1993) 28–30.

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ie Chronologie ist das Rückgrat der Geschichte – ob es sich um vergangene Kulturen ohne schriftliche Hinterlassenschaften handelt oder um Epochen, für die wir Textzeugnisse besitzen. Herkömmlicherweise spricht man von „historischen“ Kulturen von dem Zeitpunkt an, von dem an Schriftquellen für die entsprechende Kultur erhalten sind. Die schriftlosen Kulturen werden demgegenüber als vorgeschichtlich oder prähistorisch bezeichnet. Diese Einteilung ist freilich künstlich, denn gerade in Mesopotamien gibt es schon lange vor der Schrift Entwicklungen, Erfindungen oder archäologisch fassbare Hinweise auf hierarchische Strukturen, die „Geschichte“ sind. Politische Geschehnisse oder königliche Dynastien lassen sich dennoch nur dank schriftlicher Zeugnisse rekonstruieren. Die Chronologie ist nach wie vor einer der schwierigsten Bereiche der Altorientalistik. Diese Unsicherheit erklärt, weshalb es für nahezu jedes Ereignis mehrere zeitliche Vorschläge gibt. Kohärenz erlangt man jedoch, wenn man innerhalb eines Datensystems bleibt. „1492 entdeckte Christoph Columbus Amerika“ ist ein absolutes Datum. Ist aber lediglich bekannt, dass ein bestimmtes Ereignis X Jahre vor oder nach einem anderen Ereignis stattgefunden hat oder dass ein ägyptischer Herrscher zur selben Zeit regierte wie ein gewisser babylonischer König oder auch, dass eine ganze Periode vor einer anderen anzusetzen ist, spricht man von relativer Chronologie. So kann man zeitliche Ketten bilden, die sich eines Tages vielleicht an ein absolutes Datum anhängen lassen. Eine Koordination mit unserem Datensystem setzt auch ein Jahr von 365 Tagen, also einen Sonnenkalender, voraus. Im Alten Orient ist dies der Fall, obgleich im Alten Orient der Sonnen- und der Mondkalender benutzt wurden und bei manchen Daten aus dem Mondkalender schwierige Berechnungen nötig sind.

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Für die prähistorischen Zeiten spielen sowohl relative als auch absolute Datierungen eine große Rolle. Die Perioden werden meist an Utensilien – etwa Steingeräten oder später Keramik – festgemacht und tragen den Namen des Ortes, wo diese erstmals gefunden wurden. Absolute Daten können nur durch naturwissenschaftliche Methoden herausgefunden werden. Wichtigste Methode ist die 14C- oder Radiokarbonmethode. Sie misst den radioaktiven Zerfall des Kohlenstoff-Isotops in der Materie, dessen Halbwertzeit 5730 Jahre beträgt. Allerdings birgt diese Methode eine Ungenauigkeitsmarge von einigen Jahrzehnten, die für jüngere Epochen zu hoch ist. Für die Vorgeschichte ist sie aber unverzichtbar. Für das neolithische westliche Vorderasien ist das chronologische Gerüst erst 25 Jahre alt und wird ständig durch neue 14C-Daten verbessert1. In den Gegenden, in denen es ausreichend Holz gab, ist die Jahresringanalyse (Dendrochronologie) ebenfalls eine Hilfe: Sie beruht darauf, dass die Baumstämme jedes Jahr um einen Ring wachsen, dass diese unterschiedlich breit sind, und dass man deswegen sich überlappende Jahresringketten bilden kann. Inzwischen konnten der Wissenschaftler Peter Ian Kuniholm und sein Team (Cornell University, Ithaca, New York State) eine 9000 Jahre umfassende Chronologie für Anatolien und das östliche Mittelmeer erstellen2. Für die Chronologie der historischen Zeit spielt die schriftliche Überlieferung eine maßgebliche Rolle. Den Aufbau der Chronologie muss man für den Alten Orient gleichsam von heute her aufrollen3. Der bereits im ersten Abschnitt erwähnte Berossos war im 3. Jahrhundert v. Chr. Marduk-Priester in Babylon. Er verfasste eine Geschichte seines Landes, die er „Babyloniaca“ nannte und dem seleukidischen Herrscher Antiochos I. (etwa 281–260 v. Chr.) widmete. Diese Geschichte ist heute nur durch die Zusammenfassung des griechischen Gelehrten Alexander Polyhistor aus dem 1. Jahrhundert n. Chr. bekannt. Diese Zusammenfassung übernahmen wiederum der zeitgleiche Historiker Flavius Josephus sowie nach ihm, im 4. Jahrhundert, der Bischof Eusebius von Caesarea. Berossos hatte lange, bis ins 7. Jahrhundert v. Chr. reichende Listen altorientalischer Herrscher aufgestellt. Eine weitere Liste, von Antoninus Pius aus dem 2. Jahrhundert n. Chr. überliefert, reicht bis 747 v. Chr. Die erwähnten Daten sind astronomisch errechnet und somit auf unseren Kalender übertragbar. Seit dem 24. Jahrhundert v. Chr. haben zahlreiche altorientalische Könige ihre Regierungsjahre nach einem bedeutsamen Ereignis benannt. Hammurapis neuntes Regierungsjahr hieß „Der Kanal Hammurapi-hegal wurde gegraben“, sein zehntes Jahr „Heer und Bevölkerung von Malgû wurden vernichtet“ oder sein 14. Jahr „Den Thron der Inanna von Babylon stellte er (der König) her“4. So können Königslisten rekonstruiert werden. Außerdem nennen die Herrscher häufig ihren Vater und Großvater. Für Assyrien gilt die „Assyri-

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sche Königsliste“, welche die assyrischen Könige „von Anbeginn“ um 1950 v. Chr. verzeichnet5. Assyrische Könige hatten weiterhin die Gewohnheit, jedes Jahr nach einem hohen Beamten zu benennen. Die so entstandenen Listen nennt man Jahreseponymenlisten (akkadisch limū): Sie führen uns mit einer Fehlergrenze von höchstens zehn Jahren bis zum ersten Regierungsjahr des assyrischen Königs Adad-nirari II. im Jahr 911 v. Chr. Allgemein erlauben uns die assyrischen und babylonischen Königslisten die Chronologie bis etwa 1450 v. Chr. festzulegen. Um 1450 v. Chr. enden dann die Angaben für eine absolute Chronologie. Für den Zeitraum davor zwischen dem Beginn der Ur-III-Zeit und dem Ende der altbabylonischen Zeit konnte ein 500-jähriger Block mit der relativen Königsabfolge rekonstruiert werden. Für die Regierungsdaten der einzelnen Könige gilt heute als erstes Regierungsjahr jenes, das dem Tod des Vorgängerkönigs folgt. Dies ist eine Konvention, die freilich nicht immer den historischen Abläufen entspricht. Denn für viele Könige des 1. Jahrtausends ist das genaue Datum der Thronbesteigung bekannt, davor jedoch nicht. Während die bisher erwähnten Listen uns als historische Grundlage dienen können, verfolgten andere einen politisch-ideologischen Zweck. Eine berühmte Liste ist die um 2100 v. Chr. verfasste sogenannte „Sumerische Königsliste“. Gleich zu Beginn heißt es, in fünf Städten hätten acht Könige 241 200 Jahre geherrscht. Hinter solchen Zahlen verbirgt sich die Botschaft, dass Sumer und Akkad schon immer zusammengehörten. Die je nach Wissenschaftler unterschiedliche Rekonstruktion und Einpassung der bekannten Listenteile erklärt die unterschiedlichen Regierungsdaten in der heutigen Forschung. Zudem werden ständig weitere Erkenntnisse durch neue Texte oder Neuübersetzung altbekannter Texte gewonnen. Das Gerüst der altorientalischen absoluten Chronologie wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts erstellt. Dafür bedienten sich die Historiker astronomischer Daten6. In neuassyrischen Texten des 7. Jahrhunderts v. Chr., die aber Kopien altbabylonischer Vorzeichen-Texte sind, wird unter vielen astronomischen Beobachtungen eine aus dem achten Regierungsjahr des babylonischen Königs Ammisaduqa vermerkt, wonach der Venusfrühaufgang sich mit dem Neulicht des Mondes deckte. Heutige Berechnungen vermögen das genaue Datum festzulegen. Da sich dieses Phänomen in der altbabylonischen Zeit jedoch mehrfach wiederholte, bieten sich mehrere Daten für das erste Regierungsjahr des Ammisaduqa an: 1702, 1646 und 1582. Nun wissen wir, dass 51 Jahre nach Ammiaduqas Regierungsantritt, also 1651, 1595 oder 1531, der hethitische König Mursili Babylon zerstörte und zugleich das Ende der altbabylonischen Dynastie besiegelte. Der Zeitraum zwischen 1450 und dem Ende Babylons bestimmt den Namen der Chronologie. Weil aus diesem Zeitraum keine schriftlichen Quellen vorhanden sind und auch kein sicher

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datierbares archäologisches Material, wird er als „Dunkles Zeitalter“ betitelt. Ein langes „Dunkles Zeitalter“ von 200 Jahren (1651–1450) ergibt die sogenannte „Lange Chronologie“, von 144 Jahren (1595–1450) die „Mittlere Chronologie“ und von 80 Jahren (1531–1450) die „Kurze Chronologie“. Während die lange Chronologie generell nicht mehr in Betracht gezogen wird, sprach sich nach neuen Berechnungen der Venusdaten sowie der Berücksichtigung anderer astrologischer Daten und keramischer Abfolgen ein in Gent, Chicago und Harvard angesiedeltes Forscherteam für die „Ultrakurze Chronologie“ aus7. Demnach beträgt der Zeitraum zwischen 1450 und dem Fall Babylons 1499 lediglich 48 Jahre. Nach der Mittleren Chronologie regierte Hammurapi von 1792 bis 1750, nach der Kurzen Chronologie von 1728 bis 1686 v. Chr. Auch wenn diese Vorzeichen-Texte heute als reine Wahrsagungen, also nicht mehr als astronomische Beobachtungen und deshalb auch nicht mehr als „wissenschaftlich“ betrachtet werden, prägen sie den Aufbau der Chronologie nach wie vor. Obwohl keine Chronologie völlig „sitzt“, stützen wir uns im Folgenden auf die fast überall benutzte „Mittlere Chronologie“.

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Aurenche – Evin – Hours (1987). Manning – Jaye Bruce (2009). Eder – Renger (2004) 6–8. Ungnad (1938) 178–179. Pruzsinsky (2009) 45–67, 83–92. Pruzsinsky (2009) 69–82. Gasche u. a. (1998).

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IV. Menschen und Sprachen 1. Woher kommen die Völker des Vorderen Orients? Wegen der nach allen Seiten offenen Geographie war und ist der Vordere Orient ein Ort der Einwanderungen und der Verschmelzungen von Völkern und Kulturen. Hinzu kommt die Verlockung, welche die hochstehenden, technisch entwickelten und reichen mesopotamischen Kulturen seit jeher auf Menschen ausübten, die in Wanderungen aus allen Himmelsrichtungen das Gebiet betraten. Sie brachten Unruhe, passten sich an, hinterließen dabei aber eigene Kulturmerkmale, prägten möglicherweise eine neue Kultur, bis der nächste Strom kam. Wer die allerersten Bewohner des Alten Orients gewesen sind, wissen wir nicht. Die ersten, denen wir einen Namen geben können, sind die Sumerer.

2. Sumerer Die Bezeichnung Sumer und sumerisch stammt nicht vom Sumerischen, sondern vom akkadischen šumeru. Die Sumerer selbst nannten ihre Sprache eme-gir15 und ihr Land ki.en.gi-r (akkadisch māt šumerim). Während emegir15 vielleicht „einheimische Sprache“ bedeutet, entzieht sich die Bedeutung von šumeru unserer Kenntnis. Sumerisch ist eine agglutinierende Sprache, das heißt statt der in den indoeuropäischen Sprachen geläufigen Flexion werden Suffixe an einen festen Wortstamm angehängt; genetisch ist das Sumerische mit keiner anderen Sprache verwandt. Die ältesten sumerischen

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Texte gehen auf das Ende des 4. Jahrtausends zurück (s. Kapitel XII). Sumerisch wurde vom Akkadischen erstmals in der Akkadzeit ab 2350 und endgültig um 1800 v. Chr. abgelöst. Woher kommen die Sumerer? Um die Mitte des 19. Jahrhunderts, nach den ersten Ausgrabungen in Khorsabad und Ninive, wussten die Ausgräber und Philologen genug, um festzustellen, dass die gefundenen Texte in einer semitischen Sprache geschrieben waren, die als Assyrisch oder Babylonisch bezeichnet wurde. Es wurden aber auch vereinzelt Texte gefunden, die offensichtlich nicht in dieser Sprache verfasst worden waren. 1852 hatte der britische Assyriologe Sir Henry Creswicke Rawlinson vorgeschlagen, diese Sprache „Akkadisch“ zu nennen. Er konnte herausfinden, dass ihr Pronominalsystem dem der mongolischen Sprache ähnelte. Erst 1869 schlug der deutsch-französische Assyriologe Jules Oppert (1825–1905) vor, sie „sumerisch“ zu nennen. Er bezog sich auf den Titel „König von Sumer und Akkad“. Im Ausschlussverfahren vermutete er auch, dass Sumer im Süden Mesopotamiens gelegen haben musste. 1877 begannen die ersten Ausgrabungen auf dem sumerischen Hügel Tello, dem antiken Girsu. 1899 wurde in Nippur der Spaten angesetzt, wo Hunderte von sumerischen Tafeln ans Licht kamen. Die Verwendung des Zeichens „Gebirge“ für das Land Sumer und die stufenförmigen Tempel wurden zu Beginn des 20. Jahrhunderts als Beweis für eine Herkunft aus einer gebirgigen Region herangezogen. Von allen Mesopotamien umgebenden Gebirgsketten bevorzugten der britische Archäologe und Assyriologe Leonard W. King (1869–1919) sowie der amerikanische Orientalist Morris Jastrow (1861–1921) den Zagros. Er lag näher als der Taurus im Norden oder der Amanus im Westen, und die Franzosen waren gerade dabei, in Susa eine wichtige alte Kultur auszugraben. Außerdem wurden Berossos’ „Babyloniaca“ herangezogen. Er hatte geschrieben, dass Babyloniens Einwohner zu Beginn „ohne Gesetze wie wilde Tiere“ lebten. Dann entstieg ein seltsames Wesen namens Oannes, halb Fisch, halb Mensch, dem Golf. Es besaß einen Fischkörper mit Kopf, Füßen und einer Menschenstimme, es brachte den Wilden Technik und Wissenschaft, Architektur und Landwirtschaft, Gesetze und geistiges Leben. Dann verschwand es wieder ins Meer. Waren die Sumerer etwa zu einem Zeitpunkt über den Golf gekommen, als er trocken lag? Lange galt Karl Wittvogels Theorie als wahrscheinlich, wonach sich die sumerische Kultur erst mit einem ausgeklügelten Bewässerungssystem entfalten konnte. Da dieses wiederum nur bei einer straff organisierten Herrschaftsform möglich gewesen sein konnte, seien die Sumerer erst spät eingewandert und die sumerische Kultur habe ihren ersten Höhepunkt nicht vor der Städtebildung des 4. Jahrtausends erreicht. Nach dem Zweiten Weltkrieg stieg die Zahl der Ausgrabungen sprunghaft an. Dadurch wurde Sumers Besiedlung immer früher angesetzt. Entscheidend war die Entdeckung des Tell el-Uweili, der etwa 40 km östlich von

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Uruk liegt. Die dortigen Befunde zeigen, dass Sumers Kultur des 7. Jahrtausends genau dieselben Züge trägt wie noch drei Jahrtausende später. Sie haben aber darüber hinaus neue Perspektiven eröffnet, wonach Menschen Stichkanäle in einer Gegend, die ohnehin wasserreicher war als heute, auch schon ohne komplizierte Organisation graben konnten. Weil man heute die agglutinierende Sprache Sumerisch mit keiner anderen Sprache mehr verbindet, von der vieltausendjährigen Besiedlung Sumers weiß und die Bewässerung nicht die angenommene Organisation verlangte, ist die Frage nach dem Ursprung der Sumerer zweitrangig geworden. Obwohl ihre Herkunft immer noch im Ungewissen liegt, neigen die meisten Wissenschaftler heute zu der Annahme, die Sumerer könnten schon sehr lange in Sumer gewesen sein.

3. Semiten Die Menschen, die den Vorderen Orient nach den Sumerern besiedelten, waren Semiten, die ihren Namen nach Sem, einem der Söhne Noahs, tragen. In der Genesis (10,21–31 und 11,10–26), dem ersten Buch des Alten Testaments, ist er der Stammvater unter anderem der Assyrer, der Aramäer und der Hebräer. Während die arabische Halbinsel oder Nordwestafrika lange als ihre Urheimat galten, werden heute beide in Frage gestellt. Nordafrika wurde vorgeschlagen, weil die semitischen Sprachen zur selben afroasiatischen (oder hamito-semitischen) Sprachgruppe gehören wie das Altägyptische, die Berbersprachen oder Kuschitisch. Möglicherweise siedelte sich eine semitische Bevölkerung schon um 3000 in Nordbabylonien an. Semitische Namen werden in der sumerischen Königsliste schon für die erste Dynastie von Kisch genannt (27. Jh.). Ihre Verbreitung erkennt man jedoch in den Personennamen der noch sumerisch geschriebenen Verwaltungstexte aus Kisch, Fara, dem antiken Schuruppak, und verstärkt aus Abu Salabikh. Eine Inschrift von Ur aus der Zeit Mesanepadas nennt Puabi und Dadailum, beides semitische Namen. Hier sei auf die Rolle der Namensforschung, der Onomastik, verwiesen. Über sie erfährt man etwas über den Ursprung der Namensträger, bei einem Gottesnamen oft auch etwas über ihre Religion oder über ihre soziale Stellung. Die Semiten sprechen die älteste bekannte semitische Sprache – Akkadisch –, das mit seinen jüngeren Entwicklungen, Babylonisch im Süden und Assyrisch im Norden, möglicherweise die einzige Sprache des ostsemitischen Sprachzweiges bildet. Der Name Akkad stammt von einer Stadt, die Sargon zu seiner Hauptstadt machte. Akkadzeitliche und im sogenannten Sargonisch-Akkadischen geschriebene Archive fand man nordwestlich im syrischen Tell Brak, dem antiken Nagar, in Tell Mozan, dem antiken Urkisch sowie nördlich in Yorghan Tepe, dem akkadischen Gasur und östlich in Susa. Etwa 1975 wurde in Ebla, dem

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modernen Tell Mardich nahe Aleppo in Nordsyrien, ein sehr großes, um 2400 zu datierendes Archiv entdeckt, dank dessen die neue Sprache Eblaitisch ans Licht kam. Seine Beziehung zur zeitgleich in Nordmesopotamien gesprochenen Sprache ist umstritten. Entweder ist Eblaitisch ein akkadischer Dialekt oder eine dem Akkadischen nah verwandte ostsemitische Sprache. Ein vergleichbarer Sprachhorizont zeigt sich in Tell Beydar, dem antiken Nabada. Schon um 2600 war in Mesopotamien das Diyala-Gebiet, die Gegend bis etwa Nippur (Abb. 9), 200 km südlich von Bagdad, semitisiert, während die Gegend südlich davon von Sumerern bewohnt war und Sumerisch sprach. In diesem nördlich und südlich von Bagdad gelegenen Bereich und möglicherweise dank zugewanderter Nomaden entstand das von uns so genannte Akkad-Reich. Migrationsströme von Nomaden in den Vorderen Orient waren nichts Außergewöhnliches. In der zweiten Hälfte des 23. Jahrhunderts wurden erstmals die semitischen Nomadenstämme der Amurriter erwähnt, die sumerisch mar.tu und akkadisch Amurû heißen, was in beiden Sprachen „Westen“ bedeutet. Amurritisch ist eine der Sprachen, die zum westsemitischen Zweig, dem zweiten Zweig der semitischen Sprachen, gehört. Die Amurriter wurden nach und nach sesshaft, übernahmen Vieles von der sumerischakkadischen Kultur und bildeten mit den Einheimischen die als Babylonier bezeichnete und in Babylonien wohnende Bevölkerung. Ihre Sprache ist vor allem durch ihre Namen bekannt, die schon in den akkadzeitlichen Texten auftauchen. Bereits in den Texten des beginnenden 2. Jahrtausends sind die Amurriter überwiegend im militärischen Bereich gut eingeführt. Sie gründeten selbst die altbabylonische Dynastie, deren Vertreter Hammurapi als berühmtester gesetzgebender König in die Geschichte eingehen sollte. Die Einwanderung und die Begegnung der Nomaden mit den Sesshaften ist nicht

3. Semiten

왖 Abb. 9 Nippur. Blick auf die Ziqqurrat und das am Ende des 19. Jhs. darauf gebaute Grabungshaus.

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immer reibungslos vonstatten gegangen. Lange war die heutige Sicht dieses Prozesses durch einen sumerischen Text geprägt, wonach der Beduinengott Mardu und sein Volk, die Amurriter, „Trüffel (am Rande) des Hochlands ausgruben, ihr Knie nicht zu beugen wußten, rohes Fleisch aßen, zeitlebens kein Haus kannten und nach ihrem Tod nicht (richtig) bestattet wurden“1. Somit galten sie in den Augen der sesshaften Bevölkerung kaum als Menschen. Auch später wird es neben den sesshaft gewordenen Nomaden immer Hirten- oder Kleinviehnomaden geben, die in den leeren Gegenden zwischen den Siedlungen lebten. In Wirklichkeit aber waren wohl beide Gruppen aufeinander angewiesen und ergänzten sich.

4. Akkadisch, Babylonisch und Assyrisch Das ostsemitische Akkadisch ist eine flektierende Sprache. Die typische Wortbildung aller semitischen Sprachen fußt auf drei Radikalen, die meist Konsonanten sind. Diese Wurzel gibt die Grundbedeutung des Wortes wieder. Der konkrete Wortsinn ergibt sich aus den verschiedenen Vokalen und der Hinzufügung von Prä- und Suffixen. Als Beispiel seien die akkadischen Wurzeln r-k-b, „reiten“ und dazugehörig „Narkabtum“, der „Wagen“ genannt sowie d-m-q „gut sein“ und „dumqum“, „das Gute“. Nachdem Akkadisch von etwa 2250 an bis 2100 mehrheitlich gesprochen und geschrieben worden war, setzt sich für die 100 Jahre danach zum letzten Mal Sumerisch durch. Wann genau Sumerisch außer Gebrauch gerät, ist umstritten. Zwischen 2000 und 1800 verschwinden jedoch Alltägliches wie sumerische Briefe, Rechts- und Verwaltungsurkunden schrittweise, während formelle Textgattungen wie Königsinschriften und literarische Texte weiter bestehen. Die Muttersprache des sumerischen Königs Schulgi um 2100–2050 ist möglicherweise schon Akkadisch. Jedenfalls werden ab 2000 v. Chr. sumerische Muttersprachler immer weniger. Von etwa 1800 an wird ihre Sprache ausschließlich für kultische und wissenschaftliche Texte von Gelehrten gebraucht. Die älteste Sprachstufe des nunmehr Babylonisch genannten Akkadischen heißt Altbabylonisch und wurde zwischen 1900 und 1500 v. Chr. in Babylonien, Westiran und Nordsyrien gesprochen. Sprachkraft und große Einheit charakterisieren sie, so dass sie in den nachfolgenden Epochen oft kopiert und schon in der Antike als das „klassische“ Akkadisch angesehen wurde. Die zeitgleiche Sprachstufe im Norden ist Altassyrisch (1900–1750 v. Chr.), dessen Texte zum Großteil aus der altassyrischen Handelskolonie Kültepe stammen. Die nachfolgende Sprachstufe ist die mittelbabylonische und parallel dazu die mittelassyrische (1500–1000 v. Chr.). Zu dieser Zeit ist Akkadisch die lingua franca des Vorderen Orients. 1887 fand eine Bäuerin bei Feldarbeiten

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im mittelägyptischen Tell el-Amarna einige Tafeln in Keilschrift. Es stellte sich heraus, dass sie aus dem Palast der durch Amenophis IV./Echnaton (1353– 1335 v. Chr.) neugegründeten und nach seinem Tod verlassenen Hauptstadt Achet-Aton stammten. Die etwa 350 dort gefundenen Briefe bildeten den diplomatischen Briefwechsel, den Amenophis III. in seinen letzten Jahren, Echnaton und seine zwei Nachfolger Tutanchamun und Aya mit babylonischen, assyrischen, mittanischen, hethitischen und levantinischen Königen führten. Die neubabylonische Sprachstufe ist durch Wirtschafts- und Verwaltungstafeln sowie Bauinschriften und Briefe bekannt (1000–600 v. Chr.). Die unzähligen Texte aus allen Bereichen spiegeln die größere Wichtigkeit der zeitgleichen neuassyrischen Sprachstufe wider. Die letzten derzeit bekannten neuassyrischen Texte stammen aus dem ostsyrischen Ort Dur-Katlimmu und datieren auf 603–600 v. Chr. Dem Untergang des neuassyrischen Reiches folgt ein wichtiger Abschnitt in Babylonien, deren Sprachstufe Spätbabylonisch genannt wird. Er beginnt um 600 v. Chr. Akkadisch wurde bis zur Jahrtausendwende gesprochen, aber wie Sumerisch bis in die nachchristliche Zeit geschrieben. Zum westsemitischen Zweig gehört neben anderen Sprachen Ugaritisch, das durch die Grabung in Ugarit ab 1929 und den Fund zahlreicher Tontafeln aus dem 14. und 13. Jahrhundert v. Chr. bekannt wurde. Diese Entdeckung wurde von einem ungeheuren theologischen Interesse begleitet, erkannte man doch in der ugaritischen Literatur auffallende Ähnlichkeiten zu zahlreichen biblischen Texten wie den Psalmen, zu biblischen Figuren wie dem Seher Daniel oder zum Ungeheuer Leviathan. Sie gelten als Vorläufer der Bibel und gehören zu einem gemeinsamen kulturellen Fundament. Zu Beginn des 1. Jahrtausends werden im Westen die westsemitischen Sprachen Aramäisch, Phönizisch und Hebräisch wichtig. Unter ihnen erfährt Aramäisch die größte Expansion. Die letzte große Einwanderungswelle semitischer Nomaden war die der Aramäer. Sie lebten, vielleicht seit dem 13. Jahrhundert v. Chr., im ChaburGebiet, dem Nordosten des heutigen Syrien, und waren Kleinviehzüchter. Die älteste bekannte Nennung finden wir in den Texten Tiglatpilesars I. (1114– 1076 v. Chr.). Dort heißen sie Ahlamū, daraus wurde Aramū. Aus noch nicht bekanntem Grund breiteten sich diese aramäischen Nomaden aus ihrer angestammten Gegend ab dem Ende des 12. Jahrhunderts zum Mittleren Euphrat, nach Palmyra, Nordbabylonien und schließlich nach Assyrien aus, wo sie im 11. und 10. Jahrhundert überall sesshaft wurden. Assyriens Kontrolle bis zum Mittelmeer trug paradoxerweise zur Ausbreitung der aramäischen Sprache bei. Besonders ab der Zeit Salmanassars III. bis zu Tiglatpilesar III. mehrten sich die aramäischen Namen unter den nichtassyrischen Herrschern, Statthaltern, Heerführern, Priestern, Gelehrten und vielen anderen. Vielleicht trug auch die alphabetische Schrift des Aramäischen zu seiner Verbreitung bei, die ungleich einfacher ist als die Keilschrift.

4. Akkadisch, Babylonisch und Assyrisch

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Abb. 10 왖 Steinplatte aus dem Palast Tiglatpilesars III. in Nimrud. British Museum, London. Gefangene und Viehherden beim Auszug aus einer babylonischen Stadt. Der vordere Schreiber schreibt auf eine Tafel, der hintere Aramäisch auf eine Rolle.

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Assyrien war teilweise zweisprachig. Mehrere neuassyrische Bilder – darunter eine Steinplatte Tiglatpilesars III. (Abb. 10) – zeigen zwei Schreiber, die wohl jeweils Keilschrift auf eine Tontafel und Aramäisch auf eine Papyrusoder Pergamentrolle schreiben. Wie viele Nomaden vor ihnen integrierten sich die Aramäer in die babylonische Bevölkerung. Auch die Namen der Dörfer, also der ländlichen Gegenden, weisen auf eine starke Aramäisierung. Aramäisch wurde weiterhin in der achämenidischen Zeit gesprochen und geschrieben. Dank des trockenen ägyptischen Klimas blieb ein wichtiges Archiv aus achämenidischer Zeit in Elephantine erhalten (5. Jh. v. Chr.). In Syrien und Palästina sprach man Aramäisch. Der christlichen Welt ist Aramäisch noch heute ein Begriff, weil Jesus Christus es gesprochen hat. Einzelne Textpassagen des Alten Testaments wurden in Aramäisch geschrieben (Buch Daniel, Buch Ezra), und auch in dem auf Griechisch verfassten Neuen Testament haben sich aramäische Wendungen erhalten. Schließlich wird Aramäisch heute noch als Altsyrisch in einigen Dörfern nördlich von Damaskus gesprochen.

5. Weitere Völker und Sprachen Nach heutigen Kenntnissen tauchen in einem Text, der in das 53. Regierungsjahr von Rim-Sin I. datiert wird (1770 v. Chr.), Namen von Angehörigen einer neuen störenden Volksgruppe auf. Es waren die Kaššû, welche die Griechen Kossaioi und wir Kassiten nennen. Zu diesem Zeitpunkt werden sie als Feldarbeiter, Söldner oder Angreifer genannt: Auch diese Kassiten waren eingewandert. Mangels kassitisch geschriebener Texte beschränkt sich unsere

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Kenntnis des Kassitischen auf Götter- und Personennamen. Dies aber reicht aus, um festzustellen, dass Kassitisch mit keiner anderen altorientalischen Sprache verwandt ist und daher die Frage nach ihrem Ursprung unbeantwortet bleibt. Zu den schwer einzuordnenden Sprachen zählen auch Hurritisch und Urartäisch. In den spätakkadischen Texten von Urkisch (Tell Mozan) und Nagar (Tell Brak) tauchen erstmals hurritische Namen auf. Da hurritische Namen in den etwas älteren Texten (2400 v. Chr.) von Ebla und Tell Beydar fehlen, müssen die Hurriter während der Akkadzeit ab 2300 v. Chr. nach Syrien eingewandert sein. Diese neue, nicht semitische Bevölkerungsgruppe kam wohl aus den östlich von Syrien liegenden Gebirgszügen des Taurus oder des Zagros. Das Hurritische ist, wie das Urartäische, eine agglutinierende und ergative Sprache (d. h. sie unterscheidet zwischen dem Subjekt eines transitiven und dem Subjekt eines intransitiven Verbums), die keine genetische Verbindung zu irgendeiner anderen Sprache des Alten Orients aufweist. Das Wort „hurritisch“ selbst stammt von einer Einwohnerbezeichnung in hethitischen Texten. Eine akkadzeitliche Rollsiegelabrollung aus dem Palast in Tell Mozan zeigt den König von Urkisch, hurritisch endan. Er trug den hurritischen Namen Tupkisch, seine Frau jedoch den akkadischen Uqnitum, was „Lapislazuli-Mädchen“ bedeutet. Der älteste hurritische Text ist die Anfang des 2. Jahrtausends datierende Inschrift des Königs Tischatal, endan von Urkisch. Im 2. Jahrtausend prägten Hurriter die Kultur des geographisch einheitlichen Streifens vom südöstlichen Anatolien, über Nordsyrien nach Nordirak. Die wichtigsten hurritisch-geschriebenen oder hurritisch-beeinflussten Texte datieren in das 15. und 14. Jahrhundert und stammen aus Yorghan Tepe (antik Nuzi) im Nordirak, aus Alalakh in der türkischen Provinz Hatay um Antakya, aus dem Amarna-Archiv und Ugarit. Weniger gut bezeugt ist Urartäisch. In dieser Sprache verfasste Inschriften und wenige Tontafeln finden sich zwischen dem späten 9. Jahrhundert und etwa 600 v. Chr. vor allem in Ostanatolien. In der Elam genannten westiranischen Region, die vom heutigen Irak geomorphologisch nicht zu trennen ist und die deswegen stets dem mesopotamischen Einfluss ausgesetzt war, wurde häufig Sumerisch und Akkadisch geschrieben. Die einheimischen Elamiter sprachen jedoch Elamisch, vielleicht weitläufig mit den Drawiden-Sprachen verwandt. Es ist erst seit den 1960er Jahren besser bekannt, obwohl Texte in dieser Sprache immer noch selten sind. Die älteste Stufe des Elamischen ist durch Namen in sumerischen und akkadischen Texten (2600–1500 v. Chr.) bezeugt. Erst von 1500 an gibt es Inschriften auf Ziegeln, Statuen oder Reliefs aus Susa und Choga Zanbil. In der Achämenidenzeit schrieben die Könige offizielle Inschriften wie auf dem Behistun-Felsrelief oder Verwaltungstafeln auf Elamisch. „Protoela-

5. Weitere Völker und Sprachen

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misch“ ist eine noch nicht entzifferte Schrift auf Texten, die mehrheitlich in Susa, aber auch in Sistan gefunden worden sind und die zwischen 3100 und 2900 v. Chr. datieren. Die Bezeichnung ist in diesem Fall geographisch und nicht linguistisch. Die achämenidischen Könige sprachen und schrieben das indogermanische Altpersisch. Viele der in Kleinasien gesprochenen Sprachen gehörten zum anatolischen Zweig der indoeuropäischen Sprachen. Die älteste gut bekannte unter ihnen ist Hethitisch. Die moderne Bezeichnung Hethiter/hethitisch geht auf Luthers Übersetzung des Namens des im Alten Testament genannten Volkes hittīnu zurück. Die Hethiter nannten ihren Staat „Land Hatti“ und ihre Sprache nešili nach der Stadt Neša (Kanisch, heute Kültepe), die als Herkunftsort der hethitischen Dynastie gilt. In den altassyrischen Texten aus der Handelsstadt Kanisch finden sich einige der ältesten hethitischen Sprachreste (18. Jh. v. Chr.). Die Hauptfunde stammen jedoch aus dem Archiv der hethitischen Hauptstadt Hattusa (modern Boğazköy) und erstrecken sich über den Zeitraum von 1600 bis 1200 v. Chr. Vor den Hethitern sprachen die Menschen in Zentralanatolien Hattisch, dessen Verbindung zu Hethitisch jedoch unklar ist. Luwisch, Lydisch, Lykisch und Karisch sind wichtige indoeuropäische Sprachen des 1. Jahrtausends.

6. Mehrsprachigkeit Mehrsprachigkeit ist sicher ein Charakteristikum des Alten Orients. Nicht nur an historischen Schnittstellen – etwa als die Semiten die Sumerer ablösten –, sondern auch in den vielen ethnisch gemischten Gebieten waren viele Menschen mehrerer Sprachen mächtig. Der Fall, dem sich heutige Gelehrte am häufigsten gewidmet haben, ist die Zweisprachigkeit von Sumerisch und Akkadisch. In einem Text antwortet der König Schulgi auf Amurritisch den amurritischen Boten und auf Elamisch den elamischen Boten. In einem anderen Text desselben Königs steht, dass man ihn nicht täuschen kann, denn er kenne fünf Sprachen, die einem weiteren Text zufolge Sumerisch, Elamisch, Amurritisch, Subaräisch (wahrscheinlich Hurritisch) und Meluhhäisch (Sprache der Indus-Tal-Kultur) sind. Dazu kommt wohl die nicht erwähnte Muttersprache, die nur Akkadisch sein kann.

1 Römer (1990) 505–506.

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Vom Neolithikum bis etwa 4000 v. Chr.

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ieses Kapitel beschreibt von der Sesshaftwerdung bis etwa 4000 v. Chr. die gesellschaftliche, wirtschaftliche und religiöse Entwicklung, die die Fundamente der mesopotamischen Hochkulturen bildet. Mit Beginn des 4. Jahrtausends, vom nächsten Kapitel an, werden die einzelnen Aspekte in unterschiedlichen Kapiteln geschildert. Die Zäsur ist künstlich, trägt aber dem breiteren Informationsfluss Rechnung und zeichnet die Kontinuität in den Einzelgebieten besser auf.

1. Der Weg zur Sesshaftigkeit Die meisten Menschen sind heute sesshaft. Im Blick auf die Menschheitsgeschichte aber ist die Sesshaftwerdung ein sehr spätes und nach wie vor ungeklärtes Phänomen. Wahrscheinlich wanderten die ersten Menschen – sie gehörten zur Gruppe des homo erectus – vor etwa eineinhalb Millionen Jahren aus Afrika in den Vorderen Orient und an die Mittelmeerküste. Die ältesten derzeit bekannten Skelettreste – ein Schädel und zwei Zähne – kamen in Ubaidiya, drei Kilometer südlich des Sees Genezareth, ans Licht und werden auf eine halbe Million Jahre angesetzt. Im Irak ist Masnaa in der Haditha-Region, etwa 250 km nordwestlich von Bagdad, der Ort, an dem der älteste bearbeitete Feuerstein gefunden wurde. Mehrere Orte aus dem Moustérien (150 000–100 000) deuten auf eine menschliche Präsenz im Nordirak und im Euphrat- und Tigristal. Die frühesten Skelette auf irakischem Boden sind hingegen jünger. In der nahe von Rowanduz liegenden SchanidarHöhle wurden neun Skelette – sieben Erwachsene und zwei Kleinkinder –

1. Der Weg zur Sesshaftigkeit

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Abb. 11 왘 In der nordirakischen SchanidarHöhle wurden neun Skelette von Neandertalern gefunden.

von Neandertalern aus dem Zeitraum zwischen 60 000 und 45 000 entdeckt (Abb. 11). Stockrosen-Pollen, die neben einem Skelett lagen, haben sie berühmt gemacht. Sollten diese Pollen tatsächlich ursprünglich mit bestattet und nicht von Mäusen eingeschleppt worden sein, stellten sie ein Beispiel für eine sehr frühe symbolische Handlung dar. Alle waren damals Jäger und Sammler, bis spätestens zwischen 14 000 und 12 000 v. Chr. die sesshaften Phasen im „natürlichen“ Fruchtbaren Halbmond immer länger wurden. Mit der Sesshaftwerdung begann die Suche nach anderen Ernährungsstrategien, die in Pflanzen- und Tierdomestikation mündeten. Um 6000 v. Chr. sprechen wir von Bauern und Viehzüchtern. In den dazwischen liegenden Jahrtausenden haben die Menschen des Vorderen Orients den Prozess zwischen Nomadentum und Ackerbau sehr schnell durchlaufen. Es ist dieser wegweisende Prozess, den Gordon Childe „Neolithische Revolution“ nannte und den man heute, auch weil man ihn besser kennt, als „Evolution“ bezeichnet. Die Forschungen der letzten Jahrzehnte haben Entwicklungen aufgedeckt, welche die Übergänge viel differenzierter darstellen: Eine Vorratswirschaft gab es schon in der Jägergesellschaft, die ersten sesshaften Menschen waren Jäger und Sammler zugleich. Landwirtschaft und Tierdomestikation gelangten über Anatolien nach Griechenland, wo sie in Europa die Voraussetzung für ihren weiteren Fortgang bildeten. Wie kann diese folgenreiche Umstellung erklärt werden? Zeigen doch Studien, dass es in einer umweltfreundlichen Gegend viel einfacher ist, Jäger und Sammler zu sein als Bauer? Drei Arbeitsstunden täglich reichen einem Jäger und Sammler, um seine Familie zu ernähren. Der Bauer hingegen muss ununterbrochen arbeiten und kämpft gegen zahlreiche Unwägbarkeiten. Der Verlust der Jäger- und Sammlergesellschaften hinterließ möglicherweise sogar eine so große Sehnsucht im kulturellen Gedächtnis der Menschheit, dass diese Frühzeit in fast allen Kulturen religiös oder mythisch als „Goldenes Zeitalter“ verankert wurde.

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Die verschiedenen Erklärungsmuster zur Domestikation betonen unterschiedliche Ursachen. Sicher bietet die klimatisch für Vegetation und Tierleben äußerst günstige Lage des Vorderen Orients die allerbeste Voraussetzung für das Vorpreschen dieser Gegend. Vielleicht zwang aber auch ein zwar sehr reiches, aber von Jägern und Sammlern doch zu arg ausgebeutetes Umfeld zu neuen Strategien. Dennoch: Auch wenn die Umwelt bestimmte Lebensweisen begünstigt, kann sie allein die sehr unterschiedliche Menschheitsentwicklung nicht ausreichend erklären. Die Menschen haben schon zu diesem frühen Zeitpunkt aktiv neue Lebensformen erprobt. Das Studium der ältesten Entwicklungen hat für die Levante, Syrien und Anatolien in den letzten Jahrzehnten sprunghafte Fortschritte gemacht, anders als für den Irak, wo das Studium der ältesten Epochen durch den Golfkrieg jäh unterbrochen wurde. Die Phaseneinteilung beruht auch hier vor dem Auftauchen der Keramik auf der Entwicklung der Steinwerkzeuge.

Exkurs: Der Hausbau Der Prozess der Sesshaftwerdung und die damit verbundene Wohnarchitektur hinterlassen kaum Spuren. In der Höhle von Iraq ez-Zigan, östlich von Haifa, beobachtet man, wie in der kebarischen Zeit (18 000–12 000) der Vorplatz erstmals zu einer Terrasse ausgebaut und sogar mit Mauern umgeben wurde. So verfügten die Menschen über 25 bis 50 m2 bedeckter Wohnfläche und zusätzlich 100 m2 Bewegungsfläche unter freiem Himmel. Lange dachte man, Höhlen seien die ältesten und häufigsten Wohnräume. Im Jahre 1989, als der Wasserspiegel des Sees Genezareth besonders niedrig war, wurden im Ort Ohalo runde Hütten entdeckt. Dieser Ort datiert auf 20 000 v. Chr. und nimmt sämtliche Merkmale vorweg, die man bisher von wesentlich jüngeren Orten kannte. In Ein Gev zum Beispiel, das am selben See liegt, war schon eine runde Hütte mit einem Durchmesser von etwa 6 Metern freigelegt worden. Sie war in den sandigen Boden eingetieft. Ihre mit Steinen ausgekleideten Grubenwände waren noch auf 40 cm Höhe erhalten. Vermutlich hörten sie auch tatsächlich bei dieser Höhe auf und gingen in einen Aufsatz aus Ästen, Schilf und Lehm über. Für das 13. Jahrtausend sind mindestens fünf vergleichbare Orte in der Levante

bekannt, die allerdings noch keine Dörfer bilden. Heute können wir feststellen, dass es vor der ständigen Sesshaftwerdung schon Hütten gab, und wir können nur vermuten, dass Menschen vielleicht doch häufiger in selbst gebauten Hütten als in Höhlen wohnten. Der Startschuss für den Hausbau und für die Entstehung von Dörfern wird in der natufischen Zeit gegeben, also ab etwa 12 000 v. Chr. Die besterhaltene Häusergruppe stammt aus Ain Mallaha, das am Westufer des nordisraelischen, heute ausgetrockneten Hule-Sees liegt. Die Häuser sind rund und zum abfallenden Hang hin geöffnet. Die steigende Hangseite bietet eine willkommene Stütze, woran sich die Mauer – hier aus Stein, verputzt und rot bemalt – lehnen kann. Bodenlöcher dienten dazu, Pfosten aufzunehmen, die das leichte Dach aus Ästen und Schilf trugen. Innen gab es einen Ofen. In den syrischen Orten Mureybet und Jerf el-Ahmar kann man beobachten, wie im 10. Jahrtausend 0,70 m bis zu 1,35 m hohe Holz- oder Steintrennwände eingeführt wurden. Sie teilten das Haus in Zellen, die sich zu einem mittleren Gang öffneten. Die Hauseinteilung war der erste Schritt zur Rechteckigkeit, die bald danach zum Standard in der Architektur wurde.

1. Der Weg zur Sesshaftigkeit

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2. Die letzten Höhlen und das akeramische Neolithikum Die Zarzische Zeit, die bis etwa 10 200 v. Chr. währte, ist der letzte Zeitabschnitt vor Beginn des Neolithikums im Irak. Namensgeber war die nahe Kirkuk gelegene Höhle von Zarzi, in der eine im Gegensatz zur Levante wahrscheinlich noch nicht völlig sesshafte Jägergesellschaft zeitweilig wohnte. Über ihre weitere Behausung in den sogenannten Summer camps weiß man nichts. Auch die bereits erwähnte Höhle von Schanidar war noch bewohnt. Neben den Höhlen gab es aber auch gebaute Siedlungen. Zawi Chemi Schanidar liegt unweit von Schanidar auf 425 m Höhe am linken Ufer des großen Zab bei Rowanduz. Eine runde Struktur mit 2,20 m Durchmesser war wahrscheinlich eine Hütte. In der Nähe davon lagen 17 Raubvogelflügel, 15 Wildziegenschädel und über 250 Reibsteine. Der nahe Zagros lieferte viele wilde Körner, die möglicherweise schon zu einem „Proto“-Ackerbau anregten. Auch ohne domestizierte Pflanzen und ohne zu säen, überwachten die Menschen Felder und ernteten das darauf wachsende Wildgetreide. Zeitgleich liegt, 200 km südlich von Schanidar und auf 850 m Höhe, der Ort Karim Shahir. Eine gepflasterte Fläche von mindestens 500 m2 war von elf runden Gruben durchbrochen, die mit Kohle und zersprungenen Steinen gefüllt waren. Eine davon besaß einen rotbemalten Boden, worauf eine sehr grobe Menschenfigur aus wenig gebranntem Ton lag. Zeitgleich mit der Klimaerwärmung ab etwa 10 000 v. Chr. lässt sich eine verbesserte Kontrolle der Umwelt durch die Menschen beobachten, eine Voraussetzung für die Entwicklung zum Ackerbau und zur Tierdomestikation. Im „Hausbau“, in der Werkzeugtechnologie und in der Vorratswirtschaft gibt es nun deutliche Fortschritte. Mit diesen Bemühungen beginnt das Neolithikum. Es wird in eine Phase „ohne Keramik“ (akeramisch) und mit Keramik (keramisch) eingeteilt. Der Zarzischen Zeit folgt im Irak ein Zeitabschnitt, der „Nemrikien“ oder „Mléfatien“ genannt wird (10 200–7000 v. Chr.). In dieser Umbruchsphase lösten Dörfer die Höhlen ab. Die Bevölkerung war nunmehr sesshaft, lebte aber nach wie vor vom Jagen und Sammeln. Ihre Pfeilspitzen ähnelten denen, die erstmals im israelischen Ort el-Khiam gefunden wurden und daher el-Khiam-Pfeilspitzen heißen. In Mlefaat, unweit von Mossul, legten polnische Archäologen etwa zehn runde Häuser frei (s. Exkurs Hausbau), die aus modellierten Lehmziegeln bestanden (s. Exkurs Ziegel). Diese sind vorerst die ältesten in Mesopotamien und wie in Jericho „zigarrenförmig“ (Abb. 14a). Zeitgleiche Häuser wurden in Qermez Dere, 60 km westlich von Mossul, ausgegraben. Eines davon war ebenfalls rund, aber mit vier mehrmals erneuerten Pfeilern versehen. Vieles erinnert hier an die Levante, doch Pfeiler gab

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왗 Abb. 12 Nemrik, Schicht IV: Rundes Haus aus Lehmziegeln mit vier Pfeilern, ca. 8000 v. Chr.

es dort nicht. Nemrik, 50 km nördlich von Mossul, ist der einzige Ort im Irak, dessen archäologische Abfolge über den langen Zeitraum von 1500 Jahren im 9. und 8. Jahrtausend bezeugt ist. Die älteren Häuser – etwa zehn an der Zahl – waren rund, aus „zigarrenförmigen“ Ziegeln gebaut und im Durchmesser 7 bis 8 m groß. Die Wände waren innen verputzt. Von Steinen umgebene Löcher innen deuten auf Pfosten, die ein Dach trugen, das aus Lehm über Holzbalken bestand. In den jüngeren Phasen von Nemrik ersetzten gebaute Pfeiler die Holzpfosten (Abb. 12) und Schaf, Ziege, Rind und Schwein wurden domestiziert. Jagd und wilde Tiere spielten jedoch weiterhin eine herausragende Rolle. Davon zeugen fünf Vogelköpfe aus Flussgestein, die zu den bemerkenswertesten Funden des frühen Irak gehören (Abb. 13). Diese allerfrüheste Kultur in der Nähe von Mossul zeigt mit der Bauweise und den Pfeilspitzen gemeinsame Züge mit der Levante. Aus Zentralanatolien wurde Obsidian schon in der Zarzischen Zeit geholt. All dies deutet auf Kontakte zwischen West und Ost. Dennoch blieb das irakische Neolithikum eigenständig.

왗 Abb. 13 Nemrik, Schicht IV: Vogelköpfe, H. 10,4 cm und 11,4 cm, Flussgestein, ca. 8000 v. Chr., Bagdad, Iraq Museum.

2. Die letzten Höhlen und das akeramische Neolithikum

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Abb. 14 왘 Verschiedene Ziegelformen. a: Jericho,„zigarrenförmige“ Ziegel, ca. 50 cm, 9. Jt. v. Chr. b:„Plankonvexe“ Ziegel, hier aus dem Abu-Tempel von Tell Asmar, in Fischgrätenmuster gelegt, ca. 2700 v. Chr. c: Tell Rimah, Tempelfassade mit spiralenförmig angelegten Halbsäulen, Beginn des 18. Jhs. v. Chr. d: Türlaibung aus dem SchamaschTempel in Larsa, kassitisch. e: Quadratische Ziegel aus Nippur, ca. 30  30 cm, kassitisch bis achämenidisch.

a

b

c

e

d

Kurz vor der Keramikerfindung findet der ebenso folgenreiche Übergang von der runden zur eckigen Architektur statt, den wir unter anderem in Nemrik, Jarmo und in Umm Dabaghiya beobachten können. In Maghzalia bestehen die ältesten eckigen Wohnbauten aus einem 10 bis 12 m2 großen Raum, die jüngeren hingegen aus mehreren Räumen, die insgesamt eine bis zu 100 m2 große Fläche bilden. In den jüngsten Phasen sind ihre Bauweise mit Kalksteinsockel und ihr Grundriss, bestehend aus zwei Langräumen mit einem Querraum, bemerkenswert. Weiterhin umfasst die jüngere Siedlung eine außergewöhnliche, noch 60 m lange Mauer, deren Sockel aus Kalkstein-

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Exkurs: Ziegel Die ältesten Ziegel kamen im Westen in Jericho und Netiv Hagdud nahe Jericho und im Osten in Mlefaat und Nemrik ans Licht. Wahrscheinlich wurden sie unabhängig voneinander in diesen beiden Gegenden im 9. Jahrtausend entwickelt. Diese Ziegel erreichen bis zu 70 cm Länge. Wegen ihrer Form bezeich-

neten sie einige Ausgräber als „Zigarren“ (Abb. 14a). Die bisher genannten Ziegel waren handgeformt. Sollten die Ziegel aus den drei syrischen Orten Tell Buqras, Ramad und Tell el-Kowm wirklich in einem Model hergestellt worden sein, so geht diese Technik auf die Zeit zwischen 7500 und 7000 v. Chr. zurück.

blöcken besteht und bis zu 1,80 m Höhe erhalten geblieben ist. Diente sie der Abwehr? In Maghzalia wurden zahlreiche Frauen- und Tierterrakotten, Steinschmuck und Steingefäße gefunden. Keramik fehlte noch, aber Gefäße der sogenannten „Weißen Ware“, einer aus erhitztem Kalkstein hergestellten „Keramik“, (siehe Exkurs: Beginn der Keramik) sowie ein Gefäß aus ungebranntem Ton kündigten die Keramik bereits an. Mit Tell Rihan III verlassen wir gebirgige oder hügelige Landschaften. Dieser Ort liegt im Hamrin-Gebiet, 120 km nördlich von Bagdad, und ist die älteste Siedlung, die nahe an der Grenze zu Bewässerungsgebieten bisher gefunden wurde. Der Architekturwandel von den runden, später ovalen Häusern zu solchen, deren Wände bereits gerade, die Ecken aber noch abgerundet sind, kann besonders gut beobachtet werden.

3. Das keramische Neolithikum Neben Ackerbau und Tierdomestikation ist die Erfindung der aus gebranntem Ton bestehenden Keramik eine wegweisende technische Erneuerung. Nach der neuesten Forschung wurde diese um 7000 v. Chr. in Zentral- und Südanatolien entwickelt und verbreitete sich zunächst nach Nord- und Mittelsyrien, dann über den gesamten Vorderen Orient. Der Gebrauch von Keramik setzte sich langsam durch und diente zunächst mehr zum Kochen als zum Aufbewahren. Zu den ältesten Keramiken gehören die Dark Faced Burnished Ware und die Coarse Ware. Mit zunehmendem Wissen wird klar, dass trotz einheitlicher Grundelemente schon zu Beginn des 7. Jahrtausends zahlreiche lokale Stile bestanden. Am Ende des 7. Jahrtausends trug die Keramik über weite Gebiete ähnliche Züge, die auf einen bereits relativ ausgedehnten Handel weisen. Vom Neolithikum an werden trotz einer ziemlich einheitlichen Kultur regionale Kulturfacetten im Norden, Zentrum und Süden Iraks unterschieden, die eigene Bezeichnungen tragen.

3. Das keramische Neolithikum

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Exkurs: Der Beginn der Keramik

Abb. 15 왔 Umm Dabaghiya, Schicht III. Wandmalerei, auf der eine Onagerjagd abgebildet ist, Länge ca. 70 cm, 1. Hälfte des 7. Jts. v. Chr.

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Der Ton muss bei mindestens 500 bis 600 Grad gebrannt werden, um wasserresistent zu sein. Bis vor kurzem galt weltweit Japan als die Gegend, in der die erste Keramik hergestellt worden war. Neuen Erkenntnissen nach liegen die Ursprünge der Töpferei aber möglicherweise in der chinesischen Provinz Hunan. Ein Forscherteam der Bar-IlanUniversität in Ramat Gan (Israel) hat mit Hilfe der Radiokarbonmethode (siehe S. 37) ein Alter von 17 500 bis 18 300 Jahren für Tonscherben bestimmt. Vor der Verbreitung von Keramik hatte es in Vorderasien eine andere Art gegeben, feste Nahrung und Flüssigkeit zu fassen. Bei mindestens 800 Grad erhitzte man Kalk- oder Kreidestein, der dadurch weich wurde. Wie bei einem Keramikgefäß baute man mehrere Kalkwülste

aufeinander und glättete sie dann. Wegen des Materials spricht man von „Weißer Ware“ (white ware). Sobald das Gefäß trocken war, wurde es wasserundurchlässig. Diese Technik setzte sich aber nicht durch. Ein wichtiger technischer Fortschritt ist die Erfindung der Drehscheibe, die für den Alten Orient nur durch die Machart der Keramik, nicht aber durch Funde belegt werden kann. Die einfachste besteht aus einer Holz- oder Tonscheibe, die über einem Sockel mit der Hand gedreht wird. Diese langsame Drehscheibe, auch tournette genannt, gibt es spätestens seit dem 6. Jahrtausend. Die sogenannte schnelle Drehscheibe – eine auf einer Achse montierte Scheibe – wurde vielleicht zu Beginn des 2. Jahrtausends eingeführt1.

Unter den irakischen Orten ist Jarmo sowohl für die Entwicklung zur eckigen Architektur als auch für die Einführung von Keramik aufschlussreich. Einer der Hausgrundrisse zeigt den sogenannten „Grill-Plan“, der aus schmalen, langen Räumen besteht. Diese bildeten, wie man heute weiß, nicht das Haus selbst, sondern seine Substruktur. Insgesamt wurden in Jarmo 5500

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Tonfigurinen gefunden, die vor allem fettleibige Frauen und Tiere abbilden. Mit der Keramikverbreitung sind ebenso die Siedlungen Umm Dabaghiya und Sotto verbunden. In Umm Dabaghiya fällt die außergewöhnlich große Onagerzahl auf. 65 bis 70 % der dort gefundenen Tierknochen stammen von diesem Tier, dessen Jagd auch auf einer Wandmalerei dargestellt wird (Abb. 15). Möglicherweise lieferte der Onager die wirtschaftliche Subsistenz dieser Siedlung. Im keramischen Neolithikum sind die Menschen sesshafte Bauern, die in kleinen Dörfern von Ackerbau und Tierzucht leben. Es sind sehr egalitäre Stammesgesellschaften, in denen die Ältesten entscheiden. Die Erträge werden gesammelt und gleichmäßig verteilt, ein Vorgehen, das als häusliche Produktionsweise bezeichnet wird.

Exkurs: Der Obsidianhandel Obsidian – ein vulkanisches Glasprodukt, dessen Kanten besonders scharf abgeschlagen werden können – stellt die wichtigste Ware des frühesten Handels dar. Für den Vorderen Orient liegen die ältesten ausgebeuteten Quellen um Çiftlik im südlichen Zentralanatolien und weiter im Osten um den Van-See. Obsidian wurde seit dem 12. Jahrtausend gehandelt. Geographisch bedingt fand sich der zentralanatolische Obsi-

dian in der Levante, während der ostanatolische überwiegend in den Nordirak gelangte. Wie genau der Warentransport in dieser frühen Zeit organisiert war, können wir nur ahnen. Möglicherweise transportierte jeweils eine Person die Ware bis zu einem nicht allzu entfernten Dorf, wo sie abgelöst wurde. Jedenfalls waren Ent-fernungen von 1000 km zwischen dem Ursprungsund dem Ankunftsort keine Seltenheit.

4. Das Ende des keramischen Neolithikums Die Hassunazeit Der Ort Hassuna liegt 30 km südlich von Mossul. Mit ihrer typischen geritzten und gemalten Keramik ist die nach diesem Ort benannte Kultur die Weiterentwicklung der Umm Dabaghiya-Kultur. Zum ersten Mal gibt es viele kleine Dörfer mit „Einfamilienhäusern“. Darüberhinaus tauchen Stempelsiegel in Mesopotamien auf. Aus den bereits im 12. Jahrtausend vorhandenen Amuletten leiten sich in einigen syrischen Orten Objekte ab, die man ab 7000 zunächst in Gips und ab dem 6. Jahrtausend in Ton abdrückt. In dieser frühesten Phase sind Stempelsiegel Schutzobjekte und Eigentumsmarken, die der Kontrolle in der Vorratswirtschaft dienen. Im Handel spielen sie noch keine Rolle2.

4. Das Ende des keramischen Neolithikums

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Die Halafzeit

Abb. 16 왔 Tell Hassan: Keramikvase mit geometrischen Mustern, Ende der Halafzeit. Bagdad, Iraq Museum.

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Der Hassunazeit folgt die Halafzeit, die sich von Nordsyrien-Südanatolien nach Nordirak erstreckt. Die Halaf-Kultur ist hauptsächlich durch die zwei Merkmale „Tholos“ und „bemalte Keramik“ charakterisiert, die Baron Max von Oppenheim kurz vor dem Ersten Weltkrieg im nordsyrischen Tell Halaf fand. Tholoi sind nach der griechischen Architekturform benannt worden, weil es sich um Rundbauten mit einem eckigen Zugangskorridor handelt. Gute Beispiele auf irakischem Boden wurden von Max Mallowan in Tell Arpatchiyah ausgegraben. Ihre Fundamente waren aus Stein, die Wände aus Stampflehm und nicht aus den üblichen Lehmziegeln. Sie dienten häuslichen Aktivitäten, aber auch als Vorratsräume und Gemeinschaftsbauten. Über die Hälfte der Keramik war bemalt (Abb. 16). Die Muster waren oft schlicht geometrisch, aber zugleich zu raffinierten und farbigen rot-weißschwarzen Kompositionen kombiniert. Anders als die serien- und berufsmäßige jüngere Keramikproduktion der Obeid- und Urukzeit war die halafzeitliche Keramik noch „individuell“ und hausgemacht. Das erstaunlich große Verbreitungsgebiet dieser Keramik vom Mittelmeer bis nach Westiran erklärt sich vielleicht durch den Handel oder durch heiratsbedingte Ortsveränderungen von Frauen, die diese Keramik in die Familie ihres Mannes mitnahmen. Auch Steine, Obsidian und Werkzeuge wurden gehandelt. Die wegen ihrer Tropfen-, Sichel-, Hand- oder Kreuzform genannten Amulettsiegel und die runden Stempelsiegel zeigten fast immer geometrische Muster. In Tell Arpatchiyah wurden die Siegel auf Gefäßdeckel und auf Tonbullen abgedrückt, die an einem verschlossenen Gefäß hingen. 14 der 26 Siegelungen zeigten den Abdruck ein- und desselben handförmigen Stempelsiegels. Der burnt room genannte Raum, wo man die Abdrücke fand, muss eine wirtschaftliche Funktion besessen haben. Das einem oder mehreren Besitzern gehörende Siegel liefert einen eindeutigen Hinweis auf die Rolle der Siegel im Warenaustausch. All dies war völlig neu. Die Halaf-Kultur war aber in vielen anderen Punkten – etwa der ziegellosen Bauweise, der Keramikherstellung ohne Drehscheibe oder der Ikonographie mit dickleibigen Frauen – sehr traditionell. Sie übernahm immer mehr von der südlichen „moderneren“ Obeid-Kultur, bis sie selbst eine Facette der Obeid-Kultur wurde.

V. Vom Neolithikum bis etwa 4000 v. Chr.

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Die Samarrazeit Während sich im westlichen Nordirak die Halaf-Kultur verbreitete, galt zwischen Nordirak und Westiran die etwa zeitgleiche Samarra-Kultur. Der Ort Samarra, der 100 km nördlich von Bagdad liegt, wurde von Ernst Herzfeld 1911–1913 ausgegraben. Auch hier war zunächst die Keramik das „Wahrzeichen“. Sie ist durch eine braune oder hellgraue Tonfarbe sowie, als Dekor, durch dynamische Kompositionen mit Vögeln, Fischen, Kapriden im Kreis, Ziegen, Schlangen, Skorpionen aber auch durch Menschendarstellungen charakterisiert. Bemerkenswert ist die Architektur. Tell es-Sawwan, wenige Kilometer von Samarra entfernt, ist der Ort, wo man sie am besten beobachten kann. In den vier Schichten Tell es-Sawwan I–IV fanden sich Häuser, die aus ungebrannten, in einem Model geformten Lehmziegeln gebaut worden waren. Diese Lehmziegel waren etwa 59 bis 70 cm lang und 21 bis 30 cm breit. In den Schichten I (Abb. 17) und II war der Grundriss dieser etwa 150 m2 großen Häuser mit seiner dreigeteilten Grundstruktur ziemlich einheitlich. Dieser Typus war neu und konnte nur mittels eines durchdachten Planes entstanden sein. Etwa 400 Gräber, fast ausschließlich von Kindern, wurden in den Boden eines Hauses der Schicht I eingetieft. Unter den zahlreichen Bei-

왗 Abb. 17 Tell es-Sawwan: Schichten I (in der linken Hälfte) und III. 6200–5900 v. Chr.

4. Das Ende des keramischen Neolithikums

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Abb. 18 왖 Tell es-Sawwan: Frauenfigur aus Alabaster. H. 5,4 cm. Paris, Louvre.

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gaben gab es einige Frauen- und Männerfiguren sowie Gefäße aus Ton und viele aus Alabaster (Abb. 18). Die etwa 6 bis 11 cm großen Figuren besitzen bisweilen eingelegte Augen. Dies ist der erste Beleg für die später äußerst übliche Art und Weise, ein Gesicht zu gestalten. Einige Statuetten tragen Ketten mit Muschel-, Alabaster-, Türkis-, Karneol- oder Knochenperlen. In den Schichten III (Abb. 17) und IV waren die Häuser nur noch halb so groß wie vorher. Ihr Grundriss bestand nunmehr aus einem T-förmigen Kopfbau. Für diese wie für viele andere Bauten aus allen Zeiten ist die Frage des Stockwerks ungeklärt. Schmale Räume stellten zwar Treppenaufgänge dar, die aber bisweilen zum Dach führten. Sollte es ein Stockwerk gegeben haben, war eine Ebene dem Magazinieren und die andere dem Wohnen vorbehalten. In jedem Haus wohnte eine Kernfamilie von fünf bis sechs Personen, im Dorf also 50 bis 60 Personen. Die Siedlung war in der Schicht IIIA von einem Graben und einer Umfassungsmauer von etwa 50 m  60 m umgeben. Wofür die Umfassung diente – Schutz im Krieg oder vor Tieren – bleibt wie für alle sehr frühen „Verteidigungsanlagen“ ungeklärt. Samarra selbst gehört nicht mehr zum Regenfeldbaugebiet, sondern benötigt Bewässerung. Im 6. Jahrtausend waren die Bauern so weit, dass sie die Bewässerung in ariden Gegenden beherrschten. In dieser Anfangszeit scheint der Unterschied in den Erträgen zwischen einem Regenfeldbau und einer bewässerten Landwirtschaft nicht groß zu sein. Wichtig war lediglich, dass sich Menschen nunmehr in Gegenden ansiedeln konnten, wo es kaum regnet. Für diese Erkenntnis spielte die Grabung in Choga Mami, wo Spuren von etwa zwei Meter breiten Kanälen mit einem breiteren Hauptkanal gefunden wurden, eine große Rolle. Dank Bewässerung bauten die Menschen Weizen, Gerste, Emmer und Flachs an. Dazu lebten sie von Schaf- und Ziegenzucht und jagten Gazellen, Hirsche und Auerochsen. Anders als in Tell es-Sawwan zeigen die Häuser von Choga Mami nur wenige Quadratmeter große Zellen, die jedoch für Substrukturen von Kornspeichern gehalten werden. Die Wohnhäuser lagen möglicherweise um die Kornspeicher. Die sehr charakteristischen Frauenterrakotten aus Choga Mami zeigen längliche „Kaffeebohnenaugen“.

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Die Wichtigkeit der Samarrazeit liegt im Beginn der bewässerten Landwirtschaft, in der neuen Architekturform mit Dreiteilung und im verbreiteten Gebrauch von modelgeformten Lehmziegeln. All dies bedeutet Planung und Uniformisierung, die mit gesellschaftlichen Veränderungen einhergehen.

5. Organisierte Dorfgemeinschaften: Die Obeidzeit Die Bezeichnung Chalkolithikum wird für den Zeitraum von 5500 v. Chr. ab für weite Gebiete, unter ihnen Westvorderasien, nicht aber für Mesopotamien gebraucht. Die griechische Bedeutung von „Kupferzeitalter“ verweist darauf, dass man in diesem Zeitalter Kupfer brauchte, obwohl es Kupferobjekte bereits im 10. Jahrtausend gibt. Sie bleiben jedoch bis in die Mitte des 3. Jahrtausends sehr selten, einer Epoche, die schon Bronzezeit genannt wird. Bronze wiederum ist im 2. Jahrtausend weit verbreitet.

Die Obeidzeit im Süden Im südlichen Irak trägt die Kultur den Namen des etwa 6 km von Ur entfernten Orts Tell el-Obeid, der zwischen 1919 und 1937 von Harry Reginald Hall und Sir Leonard Woolley ausgegraben wurde. Gezielt die ältesten Schichten der Geschichte Sumers in den meterhohen Ablagerungen des Euphrats und des Tigris, die zudem ihren Lauf ständig wechselten, zu suchen und zu finden, ist unmöglich. Sämtliche Funde sind deswegen Zufallsfunde, die häufig während Kanalbauten gemacht wurden. Um etwa 1940 wurde die Obeid-Kultur in vier Stufen eingeteilt: die Obeid 1-zeitlichen Schichten fanden sich unter anderem in Tell el-Obeid und Eridu und die Obeid 2-zeitlichen in Uruk. In ihren jüngeren Stufen 3 und 4 verbreitete sich diese Kultur im Irak, Syrien und Iran mit lokalen Facetten. Dies war der Kenntnisstand bis zum zufälligen Fund von Tell el-Uweili. Dieser Ort wurde ab 1970 von der Grabung in Larsa aus erkundet und ab 1976 ausgegraben. Dort entdeckte man eine Kulturstufe, die sämtliche Kulturmerkmale der späteren Obeidzeit aufwies, jedoch älter war. Die Entdeckung der allerältesten Kultur des späteren Sumer kam einer Sensation gleich. Wie aber sollte diese neue Phase benannt werden? Der Ausgräber JeanLouis Huot entschied sich für die Bezeichnung Obeid-0. Eine absolute Datierung dieser Kultur ist schwierig. 14C-Daten legten den Ausgräbern nahe, den Beginn der Obeidzeit in die erste Hälfte des 7. Jahrtausends zu setzen. Diese älteste künstlich bewässerte Landwirtschaft im Alluvialgebiet ist somit teilweise zeitgleich mit der Hassuna- und Samarrazeit.

5. Organisierte Dorfgemeinschaften: Die Obeidzeit

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Mehrere Häuser wurden in Tell el-Uweilis Obeid 0-Schicht ausgegraben. Sie bestanden aus meist in zwei Reihen gesetzten Lehmziegeln, die zwischen zwei Holzplanken hergestellt wurden. Der Grundriss war dreigeteilt und durch eine große Symmetrie charakterisiert. Die Wohnfläche betrug 150 bis 200 m2. Auf Lehmziegelbasen gesetzte Holzstämme trugen das Dach. Im mittleren Raum gab es einen Herd und eine zweite Feuerstelle. Etwa zwölf Personen bewohnten ein Haus. Die Keramik bestand aus beige-grünem hellem Ton mit sepiafarbenem Dekor. Becher, Schüsseln, Teller oder Vasen waren mit einfachen geometrischen Mustern von geraden oder welligen Linien und Dreiecken auf der oberen Gefäßhälfte versehen. Abgesehen von der Keramik ist nur wenig Material bekannt. Terrakotten stellen meist nackte Frauen dar. Ihre Gesichter zeigen nach wie vor Kaffeebohnenaugen. Wer waren diese Menschen, die in einer unwirtlichen Umgebung diese hochstehende Kultur entwickelten? Die kulturelle Beziehung zur Samarrazeit ist überdeutlich, genau wie die Kontinuität bis zur Urukzeit. Obwohl auch die Bewohner Uruks im 4. Jahrtausend eine für uns nicht sicher identifizierbare Sprache sprachen, deutet Vieles darauf hin, dass es sich um Sumerer handelt. Demnach liegt es nahe, Sumerer in Tell el-Uweili zu vermuten. Die in der Obeid 0-Zeit vorhandenen Merkmale bestanden weiterhin. Obeid 3-4-zeitliche Orte gab es überall in Sumer. Die Hausgrundrisse waren weiterhin dreiteilig. Eine beeindruckende Sequenz lieferte der Ort Eridu. Die Mauern waren außen mit vorspringenden Pfeilern und im Mittelraum die Türlaibungen mit Nischen und Abtreppungen versehen. Nischen und Abtreppungen blieben ein Zeichen der Sakralität bis zum Ausklang der alt-

Abb. 19 왘 Obeidzeitliche Keramik (5. Jt. v. Chr.) mit einem typischen geometrischen Muster.

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orientalischen Kulturen. In Uruk erstaunte der Fund eines obeidzeitlichen Tempels. Er beweist, dass diese Stadt, die später ein Hort großartiger Erfindungen wurde, bereits 1000 Jahre zuvor eine aktive Siedlung war. Die jüngere obeidzeitliche Keramik bestand aus gelblich-grünlichem Ton und war mit Schach-, Gitter-, Zickzack- und Kreuzmustern sowie Schraffuren verziert (Abb. 19). Das Gebiet, in dem Obeid-Keramik oder Obeid-ähnliche Keramik gefunden wurde, erstreckt sich vom Mittelmeer bis zu den heutigen Emiraten am Persischen Golf. Ein in die späte Obeidzeit zu datierendes, 25 cm langes Bootsmodell aus Eridus Friedhof zeigt, dass spätestens seit dieser Zeit kleine Segelschiffe im Persischen Golf verkehrten (Abb. 36). Auf dem Schalenboden deutet eine Fassung auf einen Mast, wogegen die seitlichen Löcher der Befestigung der Takelage dienten. Typisch für die Obeidzeit waren Sicheln aus gebranntem Ton (Abb. 20). Sie dienten zum Sammeln der Körner oder zum Schneiden des Schilfs. Der größte Fund mit mehr als 1600 Sicheln in Abu Salabikh stammt aus dem Ende der Urukzeit um 3000 v. Chr. Aus einem unbekannten Grund verschwand dieser Sicheltyp in der frühdynastischen Zeit. So häufig wie Sicheln fanden sich nagelförmige Tonobjekte, deren weicher Ton sich vielleicht zum Fleischoder Lederklopfen eignete. Es gab auch Spinnwirteln und Netzgewichte. Terrakotten zeigten schlanke nackte Frauen und Männer sowie Tiere, deren Details mit Farbe untermalt waren. Von der Halafzeit an wurden Siegel abgedrückt und dienten der Kontrolle bei wirtschaflichen Transaktionen. Frühe Original-Stempelsiegel bleiben selten. Obeidzeitliche Siegel waren häufiger aus Marmor und Alabaster im Süden und aus Steatit und Serpentin im Norden. Neben Obsidian wurden Bergkristall, Lapislazuli und Achat gehandelt.

왖 Abb. 20 Irak: Sichel aus gebranntem Ton, ca. 20–25 cm breit, 5./4. Jt. v. Chr.

Die Obeidzeit im Norden Im Nordirak erachtete Max Mallowan den Übergang von der Halaf- zur Obeid-Kultur als gewalttätig, weil er in seiner Grabung in Tell Arpatchiyah diesen Übergang an einer Brandschicht festgemacht hatte. Heute ist klar, dass es einen langsamen Übergang von der einen in die andere Kultur gegeben hat. In Tepe Gaura, Hassuna oder Ninive wird die Halaf-Keramik immer einfacher und seltener, bis die Obeid-Keramik überhandnimmt. Die aus dem Süden stammende Obeid-Kultur wird an- und übernommen. Da dies aber nicht als blinde Kopie des Südens geschah, wurde diese Phase auch als Nord-Obeid bezeichnet.

5. Organisierte Dorfgemeinschaften: Die Obeidzeit

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Abb. 21 왖 Tell Abada, Schicht II. Ca. 190  150 m, ca. 5000 v. Chr.

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Die Nord-Obeid-Kultur wird an den Orten Tepe Gaura, Ninive und Tell Arpatchiyah festgemacht, die alle in der Nähe von Mossul liegen, wo Bewässerung nicht nötig ist. Ähnliche Keramik war von Syrien bis ins Hamrin-Gebiet verbreitet. Tepe Gauras beeindruckendste Schicht war die Schicht XIII. Drei mit Pfeilern geschmückte Mittelsaalhäuser verteilten sich um einen „Platz“ von etwa 15  18 m (270 m2). Die Räume des Nordbaus waren weiß und die des Zentral- und Ostbaus rot bemalt. Die obeidzeitliche Kultur im HamrinGebiet entwickelte eigenständige Züge. Ein außergewöhnlicher Fund war der Ort Tell Abada (Abb. 21). Die mit Tepe Gaura XIII zeitgleiche Schicht II bestand innerhalb einer Umfassungsmauer aus zehn gut erhaltenen Gebäuden und Straßen. Die Häuser zeigten einen Mittelraum mit T-förmigem Kopfbau. Das Haus A besaß drei Einheiten mit Mittelraum, seine Wände waren mit Pfeilern versehen und eine Mauer schützte die Nordseite. Des Weiteren befanden sich darin kaum Haushaltsgegenstände, dafür aber 56 der 127 in der Schicht begrabenen Kinderurnen und alle 90 aus Tell Abada stammende tokens. Tokens sind kleine Tonobjekte, die wirtschaftlichen Aufzeichnungen dienten (siehe Kapitel X).

6. Gesellschaftliche, wirtschaftliche und religiöse Strukturen zwischen dem 7. und dem 4. Jahrtausend v. Chr. Die Besiedlung in der Alluvialebene, die Entwicklung der Bewässerung und der neue dreigeteilte Hausgrundriss der Samarrazeit gingen sicherlich mit sozialen und wirtschaftlichen Veränderungen einher, die auf lange Sicht zu Hierarchie, Arbeitsteilung und Spezialisierung führten. Die Obeidzeit war eine agrare, noch sehr egalitäre Gesellschaft. Aber die besonderen Funde in einigen dreigeteilten Bauten und die reicheren Beigaben in wenigen Gräbern weisen auf eine Gesellschaft von chiefdom und big man. Diese Begriffe stammen aus der Anthropologie. Chiefdom ist eine mehrere Dörfer und Klans umfassende Gesellschaftsform, die komplexer als ein Stamm, aber noch weit entfernt von jeglicher Staatsform ist. Der big man besitzt zwar Einfluss,

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jedoch keine formale Autorität, es sei denn durch seine Erfahrenheit und seine Weisheit. Nicht mehr alle Stammesältesten entscheiden, sondern immer weniger werdende, nach Alter und Klan ausgewählte Männer, die möglicherweise schon am Ende der Obeidzeit eine gesonderte Gruppe bilden. Damit einher läuft auch die Entwicklung zum Abgabensystem und zur „tributären Produktionsweise“. Den Abgaben oder dem Tribut der einzelnen Familien folgt eine Rückgabe, die mit der Zeit von Familie zu Familie nicht mehr gleichmäßig sein wird. Die mit der Produktion der Grundnahrungsmittel und Tierzüchtung verbundene Lebensform fördert diese gesellschaftlich-politische Entwicklung. Denn das (zentralisierte) Speichern des Korns und die Verteilung von Saatgut, die Abwechslung von Perioden mit intensiver Arbeit (säen und ernten) und von jenen ohne Arbeit verlangt eine Organisation, die eine gesellschaftliche Ungleichheit schneller vorantreibt als das Jagen. Im Neolithikum bestatteten die Menschen ihre Verstorbenen teils in ihren Häusern, teils verstreut außerhalb. Die ersten heute bekannten Nekropolen gehen auf die späte Obeidzeit zurück. In den etwa 50 Gräbern der Nekropole in Ur und den 200 Gräbern in Eridu befanden sich bis zu 13 Gefäßen am Kopf und an den Füßen der Bestatteten. Diese Gräber unterscheidet wenig, ausgenommen die seltenen Steinkeulen, Steinäxte, Kupferlanzen und Bergkristall- und Obsidianperlen. In Tepe Gaura wurden durch alle Schichten hindurch 800 Gräber inner- oder außerhalb von Bauten freigelegt. Von den Schichten XIV bis XIII an werden die Beigaben zahlreicher und aufwändiger. Es mehren sich zwar die Anzeichen für Veränderungen in den sozialen Strukturen, dennoch deuten die Beigaben auf eine noch sehr geringe soziale Differenzierung. Diese wird erst am Ende des 4. Jahrtausends eindeutig. Denken wir an altorientalische Götter, so fallen uns zahllose Bilder mit anthropomorphen Darstellungen und vielleicht auch noch ihre Symbole ein (siehe Kapitel IX). Um etwa 2700 v. Chr. taucht als charakteristischstes Merkmal die Hörnerkrone auf. Wissenschaftliche Abhandlungen über mesopotamische Religion beginnen stets mit dem 3. Jahrtausend v. Chr., einem Zeitpunkt, wo die Götter in einer Form vorhanden sind, die sich nicht mehr grundsätzlich ändern wird. Aber seit wann existieren die bekannten Götter An oder Inanna? Mit „Gott“ ist hier ein Wesen gemeint, das angerufen wird, dem geopfert wird, eine gestaltete Macht, die eine bestimmte Identität besitzt. Im Neolithikum abgebildete, verwandtschaftlich verbundene Wesen, unpersönliche Mächte, allgemeine magische Geisteswesen und Dämonen werden in der Ethnologie als „Höchste Wesen“ angesprochen. Die Verschiebung religiöser Bilder – Tiere verlieren ihre vorherrschende Rolle und werden durch symbolische und menschliche Götterdarstellungen ersetzt – zeugt von dem Religionswechsel, der in Mesopotamien mit dem Frühdynastikum um 3000 abgeschlossen ist.

6. Gesellschaftliche, wirtschaftliche und religiöse Strukturen

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Abb. 22 왘 Susa: Beidseitig graviertes Stempelsiegel, Ende 5. Jt. v. Chr. Auf einer Seite bändigt ein Mensch mit Hörnern zwei Löwen, auf der anderen ist ein Mensch in einer Kultszene zu sehen.

Während der Obeidzeit sind die Gesichter und die Schädel der männlichen und weiblichen Terrakottafiguren länglich. In der Obeid 3-Zeit erscheint das erste aus menschlichen und tierischen Elementen gemischte Wesen. Es besteht aus einem nackten menschlichen Körper und einem gehörnten Kopf mit länglichem Gesicht. Auf der ältesten heute bekannten Darstellung – sie stammt aus Tell el-Uweili – bändigt dieser Mann mit Hörnern zugleich zwei Tiere. Dies ist das älteste altorientalische Beispiel für den so geläufigen Bildtyp des „Herrn der Tiere“. Zeitgleich ist ein zweiter nackter Mann, der dasselbe längliche tierische Gesicht wie der „Mann mit Hörnern“, aber keine Hörner besitzt. Auch er ist von Tieren umgeben, kommt aber auch in anderen Szenen mit ähnlichen Menschen vor. Die längliche Verformung scheint die Inanspruchnahme und Einverleibung tierischer positiver Eigenschaften in den Menschen darzustellen. So wie Hörner offensichtlich den „Mann mit Hörnern“ mit der Tierwelt verbinden, verbindet sich das Längliche mit der Kraft eines Tieres, das eine Schlange sein könnte. Aus Susa stammt ein um 4000 v. Chr. zu datierendes Siegel, dessen zwei Seiten bebildert sind (Abb. 22). Eine Seite zeigt den Menschen mit Hörnern, der zwei Löwen bändigt. Auf der anderen Seite erscheint der auf einem Hocker sitzende Mensch ohne Hörner in einer Szene, die als Kultszene gedeutet werden kann. Er hebt seine Arme nach oben im Sinne einer Darbietung. Die Götter, die man etwas später mit der Schrift besser fassen kann, sind im Begriff zu entstehen. Um 3500 v. Chr. verschwinden Tiermensch und längliche Gesichter. Die neuen Götter weisen keine so enge Verbindung mehr zu Tieren auf, die älteren tiernahen Figuren überleben gleichwohl, übernehmen aber als Helden oder Mischwesen eine völlig neue Rolle. 1 Moorey (1994) 146–148. 2 von Wickede (1990) 71, 78–92.

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V. Vom Neolithikum bis etwa 4000 v. Chr.

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Vom Beginn des 4. Jahrtausends bis zur Achämenidenzeit

VI.

1. Aufbruch zur Stadt: Die Uruk- und Gaurazeit Das letzte Kapitel endete mit der Obeidzeit um 4300 v. Chr. Die Ereignisse des nächsten Jahrtausends bis zur späten Urukzeit sind nach wie vor äußerst schlecht bekannt. Am Ende der Obeidzeit wurden zahlreiche Siedlungen verlassen. Danach wuchsen wenige, dafür aber große urbane Zentren. Maßgeblich beim chronologischen Aufbau des 4. Jahrtausends ist für den irakischen Süden Uruks und für den Norden Tepe Gauras Schichtabfolge. Deswegen spricht man von Urukzeit im Süden und Gaurazeit im Norden. Die späte Urukzeit ist in vielen Orten – im Süden in Abu Salabikh, Nippur, Adab, Tell Uqair, Eridu, Ur oder im Norden in Tepe Gaura, Ninive und Arpatchiya – vorhanden. Uruk war jedoch der alles überragende Ort. Der Zeitraum ab 3500 v. Chr. ist durch eine atemberaubende Entwicklung im Bereich der Technik, der Wissenschaft und der Kunst charakterisiert. In dieser Zeit wurde auch die Schrift erfunden. Die großen Bauten (Abb. 45), die kunstvollen Gegenstände, seien es Statuen (Abb. 23, 78), Rollsiegel (Abb. 98a, b), Steinvasen, eingelegte Steinobjekte wie Tiere oder Vasen oder der großartige Bauschmuck mit Steinstiften zeigen zur Genüge, dass sich in der Stadt gegen Ende des 4. Jahrtausends eine Arbeitsspezialisierung durchgesetzt hat. Dies setzte voraus, dass ausreichend Nahrungsmittel produziert wurden, um Menschen zu ernähren, die selbst keine erzeugten. Für ihre Arbeit wurden die Arbeiter mit Naturalien entlohnt (siehe Exkurs: Die antiken Wirtschaftssysteme). Nach der Erfindung der Schrift (siehe Kapitel X) waren etwa 85 % der urukzeitlichen Tafeln Wirtschaftstafeln und Verwaltungsaufzeichnungen mit Eintragungen über Güter- und Personenbewegungen. Die Güter bestan-

1. Aufbruch zur Stadt: Die Uruk- und Gaurazeit

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Abb. 23 왖 Uruk: Mann mit unbekleidetem Oberkörper und Rock, der als En gedeutet wird. H. 18 cm, Alabaster. Ende des 4. Jts. Bagdad, Iraq Museum.

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den aus Weizen, Gerste und Gemüsepflanzen, die die Menschen im 4. Jahrtausend anbauten und Schafen, Ziegen, Rindern und Schweinen, die sie hielten. In der späten Urukzeit ist das Keramikrepertoire einigermaßen standardisiert. Aus diesem Rahmen fallen die Glockentöpfe, im gesamten Vorderen Orient verbreitete, in einem Model hergestellte unterschiedlich große Schalen. Welche Funktion sie besaßen, ist unklar. Häufig werden sie als Gefäße angesehen, worin Rationen verteilt wurden. Zentralisierungstendenzen, eine Hierarchisierung der Gesellschaft und komplexer werdende Verwaltung und Wirtschaft brauchen eine lenkende Hand. An erster Stelle stand in Uruk der häufig abgebildete En (Abb. 23), der die politisch und religiös noch ungetrennten Ämter ausübte. In den Listen tauchen weitere Ämternamen von „Beamten“ auf, die den En umgaben und wohl mitbestimmen durften. Schon die obeidzeitliche Kultur erfuhr eine weite geographische Ausdehnung, die von der Urukzeit nicht übertroffen wurde. Dennoch scheint die Expansion etwas anders verlaufen zu sein. Groß war die Überraschung, als in den 1970–80ern im Zuge von Staudammbauten am Euphrat in Syrien und in der Türkei Orte entdeckt wurden, in denen die Kultur derart der urukäischen entsprach, dass sie ganz offensichtlich vom Süden in den Norden gebracht worden war. In Anlehnung an das Konzept von Immanuel Wallerstein war die Rede vom „Uruk World System“, in dessen Rahmen Material, Produktionsweisen und gesellschaftliche Vorstellungen gewandert wären. Ein plausibler Grund für diese Expansion könnten wirtschaftliche Belange gewesen sein. Das Ende der Urukzeit bleibt ungeklärt. Die Siedlungen in Syrien und Südanatolien wurden verlassen. Am Ende der Schicht IVa wurden in Uruk selbst alle Gebäude abgebrochen und die kultischen Gegenstände im sog. Riemchengebäude gesammelt (Abb. 45). All dies deutet auf eine große Krise.

2. Djemdet Nasr- und Gaurazeit Der neue Abschnitt der sumerischen Geschichte verdankt dem Ort Djemdet Nasr seinen Namen und verläuft zwischen 3100–2900 v. Chr. zeitgleich mit der Uruk III-Schicht. Im assyrischen Norden entspricht dieser Zeithorizont der Schicht VIII in Tepe Gaura.

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Djemdet Nasr liegt 26 km nordöstlich von Kisch und wurde 1925 entdeckt. Dort fand eine britische Mannschaft eine neue bemalte Keramik, die qualitätsvolle pflaumenfarbene sogenannte „Scharlach-Ware“ (Scarlet Ware), und mindestens 245 beschriftete Tontafeln mit einer bisher unbekannten Schriftart. Auch die Rollsiegel-Abrollungen auf diesen Tafeln konnte man nicht einordnen. Dies veranlasste 1983 in Tübingen eine Konferenz, die durch Schriftart und Keramikformen definierte Djemdet Nasrzeitliche Kultur endgültig einzuführen. Ihr Kern lag zwischen Nippur und dem DiyalaGebiet. Die gefundenen Tafeln berichten über Arbeitskraft-, Nahrungsmittelund Landverteilung, über Kornverarbeitung und Tierverwaltung. Dies alles geschah hierarchisch innerhalb komplizierter und umfangreicher Verwaltungsstrukturen. Der Sanga war der Tempelverwalter, der Ugula é-gal der „Vorsteher des großen Hauses“. Hier taucht wohl der älteste Beleg für das sumerische Wort Egal „großes Haus“ im Sinne von Palast (Akkadisch ekallum) auf, wo sich auch diese Vorgänge abspielten. 13 Tafeln von Djemdet Nasr tragen die Abrollung eines sogenannten Städtesiegels mit Städtenamen (Abb. 24). Wie in der Urukzeit bestand Sumer wahrscheinlich aus unabhängigen Städten, die Städtesiegel deuten jedoch auf einen Städtebund. Die Djemdet Nasrzeit ist eine nach wie vor schwer zu fassende Epoche, was auch an der Materialarmut liegt. Immerhin verweisen die Objekte auf weitreichende Kontakte und die Keilschrifttafeln auf ein (relativ) dichtes Handelsnetz. Einiges, was wir ab der frühdynastischen II-Zeit besser fassen können – etwa die Durchsetzung einer königlichen Hierarchie mit Dynastie, einer gut organisierten Verwaltung oder einer endgültigen Festlegung des Pantheons –, muss sich in dieser Phase weiter entwickelt haben.

2. Djemdet Nasr- und Gaurazeit

왖 Abb. 24 Djemdet Nasr: Abrollung eines Siegels mit Städtenamen. Um 3000 v. Chr.

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3. Die ersten Königshäuser: Frühdynastische und Ninive 5-Zeit Die frühdynastische Zeit erhielt ihren Namen, weil in diesen Abschnitt der altorientalischen Geschichte die ersten Königsinschriften fallen, die auf eine zumindest theoretisch geregelte dynastische Abfolge deuten. Sie wird in drei Abschnitte geteilt, deren erster, die frühdynastisch I-Zeit, nur wenig bekannt ist. Die Anzahl der Siedlungen wuchs stetig. Surveys deuten in Sumer darauf, dass 80 % der Menschen in „städtischen“ Siedlungen wohnten, die größer als 40 ha waren und 10 % in Siedlungen mit weniger als 4 ha. Wichtig waren unter ihnen Kisch, Nippur, Abu Salabikh, Larsa, Isin, Umma, Lagasch, Girsu, Uruk, Ur, Eridu oder Mari sowie die Orte im Diyala-Gebiet Tell Asmar und Chafadje. Im Norden und in Ost-Syrien ist die in Ninives 5-Schicht gefundene „Ninive 5-Keramik“ nunmehr so geläufig, dass sie diesem Zeitabschnitt in Nordmesopotamien ihren Namen gegeben hat. Ihre Motive sind geritzt oder eingekerbt. Die Menge des archäologischen Materials steigt für die frühdynastische Zeit sprunghaft an. Neben Archiven (siehe Kapitel X) sind bisweilen beschriftete Steinobjekte wie „Beterstatuetten“, „Weiheplatten“, Rollsiegel und Weihgaben aller Arten, Metallobjekte, etwa als Tempelzierde dienende Tierplastiken, Schmuck, intarsierte Objekte (siehe Kapitel XI) oder auch die keramische Leitform des Solid Footed Goblet charakteristisch. Von der frühdynastisch III-Zeit an kennen wir einige dynastische Abfolgen, unter ihnen am genauesten die Dynastien von Ur und Lagasch. Der wichtigste Herrschertitel heißt auf sumerisch Lugal, was „große Person“ oder „der Große“ bedeutet. Wir übersetzen diesen Titel mit „König“. Der zumindest in Uruk sehr wichtige Titel En wird mit „Priesterherr“ wiedergegeben. Der „Stadtfürst“ in Lagasch hieß Ensi. Dabei deuten die sogenannten Reformtexte des Urukagina aus Lagasch auf einen Konflikt zwischen weltlicher und religiöser Macht und somit auf eine zumindest strukturell immer stärker werdende Trennung. Diesem König missfiel, dass das Herrscherhaus und sein Verwaltungsapparat sich Rechte und Eigentum angemaßt hatten, die den Göttern und den Tempeln zustanden. Urukagina setzte den Stadtgott Ningirsu, seine Frau Baba und ihren Sohn in sein Haus und seine Felder wieder ein. Ein wesentliches Stichwort für die frühdynastische Zeit ist der „sumerische Stadtstaat“. Die Städte waren unabhängig. Ihre territoriale Ausdehnung ist kaum bekannt und bei ihrer Festlegung ging es nicht immer friedlich zu. Wahrscheinlich im 26. Jahrhundert regierte über Adab und Lagasch der König Mesilim von Kisch. Auf der berühmten, in Tello gefundenen Geierstele (Abb. 25) schildert Eanatum von Lagasch bildlich und schriftlich

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왗 Abb. 25 Tello: Geierstele des sumerischen Königs Eanatum, 180  130 cm, Kalkstein, um 2420 v. Chr. Paris, Louvre.

einen Vorfall, der wohl kein Einzelfall war. Mesilim hatte etwa 100 Jahre davor den Grenzverlauf zwischen den Städten Umma und Lagasch geregelt und eine Stele errichtet. Einige Generationen später durchbrach Usch von Umma diese Grenze und warf den Stein um. Es kam zur Schlacht zwischen beiden Staaten, in der Eanatum von Lagasch trotz Verletzung siegte. Es wurde ein neuer Graben gezogen, in dem man die alte Mesilim-Stele wieder errichtete. Daneben stellte Eanatum seine eigene Stele auf. Im Laufe der frühdynastischen Zeit zeichneten sich Bestrebungen ab, größere Territorien zusammenzubringen. Ideologisch waren solche Feldzüge immer vom Willen des jeweiligen Stadtgottes untermauert. Der letzte große Herrscher des sumerischen Südens hieß Lugalzagesi. Dem Namen seines Vaters Bubu nach zu urteilen, war er akkadischer Herkunft. Lugalzagesi eroberte Uruk, wo er den Titel „König von Uruk und König des Landes Sumer“ annahm. Er war somit ein Vorläufer Sargons von Akkad, der ihn dann auch besiegte. Die frühdynastische Zeit ist ein maßgebender Abschnitt in der Entwicklung der Merkmale, die trotz aller späteren Veränderungen die altorientalischen Kulturen bis zu ihrem Ausklang prägen werden. Im Religiösen existieren viele Götter nunmehr in ihrer „klassischen“ Form (siehe Kapitel IX). Die dynastische Herrschaftsform setzte sich durch. Dank der Schrift konnten kulturelles Gedächtnis und das sich daraus entwickelnde Geschichtsbewusstsein den nachkommenden Generationen vermittelt werden. Heute erfahren wir von diesem neuen Selbstbewusstsein der Könige und sogar der Männer und Frauen (Abb. 26) der Elite durch ihr Abbild auf Stelen und durch ihre Statuen (Kapitel XI).

3. Die ersten Königshäuser: Frühdynastische und Ninive 5-Zeit

왖 Abb. 26 Ur: Frühdynastische Statue einer Frau, H. 25,5 cm. Alabaster, um 2500 v. Chr. Bagdad, Iraq Museum.

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Exkurs: Die antiken Wirtschaftssysteme Produktion und Handel bildeten das Rückgrat des altorientalischen Wohlstandes. Die lokalen Produkte entstammten der Landwirtschaft und der Tierzucht. Neben Nahrungsmitteln wurden zahlreiche Fertigprodukte, etwa Stoffe aus Wolle oder Flachs, Lederwaren oder Flechtwerk hergestellt und verteilt. Die Rohstoffe Metall, Stein und Edelsteine mussten zwar importiert werden, wurden aber in Mesopotamien verarbeitet und weiterverkauft. Diese technische Überlegenheit brachte Reichtum, auch ohne selbst Rohstoffe zu besitzen. Unter den zahlreichen Steinimporten standen allen voran Lapislazuli aus Afghanistan und Chlorit aus Ostiran. Die Pracht der im frühdynastischen königlichen Friedhof von Ur gefundenen Objekte zeigt, wie wertvolle Steine eine Prestigequelle darstellten. Etwa 200 000 Verwaltungs- und Wirtschaftstexte geben Einblick in die Veränderungen zwischen 3200 und 300 v. Chr. Die drei Pole sind der Tempel, der Palast und Privatpersonen. Ende des 19. Jahrhunderts wurde in Tello, dem antiken Girsu, im Tempel der Göttin Bau ein Lugalanda- und Urukagina-zeitliches Archiv von 1600 Tafeln gefunden. Diese Tontafeln, die lange das einzige Fundament sämtlicher Theorien zur sumerischen Wirtschaft bildeten, weisen auf eine Tempelwirtschaft. Die Bearbeitung zahlreicher neuer Texte hat diese Meinung nuanciert. Von der frühdynastischen Zeit an übte der König die oberste Wirtschaftskontrolle aus. Neben Palast und Tempel als Großgrundbesitzer gab es bereits zu Beginn des 3. Jahrtausends Privateigentum an Ackerland. Gleichgültig bei wem man arbeitete, wurde bis zum 2. Jahrtausend die produzierte Ware ohne Marktmechanismen und von einer Institution verteilt. Sie funktionierte ohne Marktplatz, ohne Geld und ohne Preisbindung. Arbeitende erhielten Naturalrationen, deren Höhe sich nicht nach der Leistung richtete, sondern die lediglich den Mindestbedarf deckten und aus Gerste, Öl, Wolle, Bier, vielleicht auch

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aus verarbeiteten Textilien bestanden. Ab und zu – etwa zum Jahresbeginn – gab es Sonderzuteilungen in Form von teureren Naturalien oder sogar ein wenig Silber. Vom Beginn des 2. Jahrtausends an, vielleicht auf Druck der einsickernden Nomaden und der fortschreitenden Bodenversalzung, verallgemeinerte sich eine andere Wirtschaftsform. Tausende von Urkunden weisen auf Geschäfte zwischen den Grundbesitzern Tempel, Palast und Privatpersonen, die ein Stück Land oder ein Amt als Lehen oder zur Pacht bekamen und die dafür dem Besitzer einen Teil der Produktion überlassen mussten. Privat konnten auch die handwerkliche Produktion und der Handel sein. 20 000 Briefe und Geschäftsurkunden assyrischer Kaufleute, die in Familienfirmen eine Handelsniederlassung im Karum Kanisch, dem heutigen türkischen Kültepe nahe Kayseri, gegründet hatten, unterrichten uns über den „freien“ Handel. Von etwa 1940 bis 1735 brachten assyrische Kaufleute Zinn und Textilien nach Kanisch und im Austausch dafür Silber nach Assur zurück. Das Zinn kam wahrscheinlich aus Nordiran und die Stoffe aus Babylonien. Im 1. Jahrtausend häuften eigenständig handelnde Kaufleute einen teilweise enormen Reichtum an. Sowohl Naturalrationen wie auch Versorgungsfelder waren knapp bemessen. Fast alles wurde aufgebraucht und der Spielraum für Neuanschaffungen war eingeschränkt. Deswegen spielte der Tausch eine wichtige Rolle. Da aber dieser Vorgang meist mündlich vonstatten ging, sind Informationen darüber selten. Laut altbabylonischen Briefen wurden in 63 % der Fälle Nahrungsmittel, in 19 % Wolle und Textilien und in 5 % Haushaltsutensilien gegen Silber oder andere Güter getauscht. Geld war noch unbekannt. Der Naturalienpreis, in erster Linie der des Korns, war jedoch in Silber konvertierbar. Er unterlag erheblichen Schwankungen.

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4. Der erste Versuch einer politischen Einheit: Akkadzeit Die Akkadzeit brachte mit einer eigenen, semitischen Sprache, der zentralen Herrschaft über ein größeres Territorium, neuen Bild- und Kunstformen große Veränderungen, wenngleich dies auch in Frage gestellt wird. Schließlich sei damals Nordbabylonien bereits semitisiert und Lugalzagesi, der letzte frühdynastische König von Umma, habe auch schon mehrere Städte seinem Gebiet zugeschlagen. Weil die Akkadzeit nicht lange währte, ist sie archäologisch an nur wenigen Orten bezeugt. Zu ihnen gehören Eschnunna (Tell Asmar), Yorghan Tepe, Tepe Gaura, Tell Brak und Mari. Der sagenumwobene erste König heißt Sargon, Akkadisch Šarru-kīn „der König ist legitim“. Sein Aussehen kennen wir durch eine Stele (Abb. 27). Vor dem König steht in Keilschrift geschrieben „Sargon der König“ und unterhalb des Massakerbilds „eine Schlacht hat er gewonnen … sein Samen möge vernichtet werden“. Um seine wenig glanzvolle nomadische Abstammung zu verbergen, ließ Sargon die sogenannte „Sargonlegende“ erfinden, wonach er als Kind der Flut ausgesetzt und – Zeichen der göttlichen Zuneigung – gerettet wurde. Zunächst wurde Sargon Adoptivsohn eines Palmgärtners, später bekam er das hohe Amt des Mundschenks am Hofe des Urzababa, Königs von Kisch. Diese Geschichte ist aus zahlreichen späteren Abschriften bekannt. Dem Abendland ist sie inhaltlich allerdings als Moses-Geschichte vertraut (Exodus 2,1–10). In der sumerischen Königsliste heißt es weiter: „Er wurde dann selbst in Akkade König. Er erbaute Akkade und regierte als König 56 Jahre.“ Von Kisch aus besiegte er Lugalzagesi, den er mit einem Halsstock nach Nippur brachte und im Enlil-Tor nackt zur Schau stellte. Sargon vereinigte unter seiner Herrschaft, so scheint es, ein Gebiet zwischen

4. Der erste Versuch einer politischen Einheit: Akkadzeit

왔 Abb. 27 Susa: Stele des akkadischen Königs Sargon, H. 91 cm, Diorit, links: Sargon schreitet vor Würdenträgern, rechts (Rückseite): Geier und Hunde fressen die Leichen der Besiegten. Paris, Louvre.

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Abb. 28 왘 Susa: Stele des Königs NaramSin, H. 2 m, Der König und Soldaten im Kampf gegen die Lulubäer. Sandstein. Paris, Louvre.

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Syrien und dem Persischen Golf. Zur Hauptstadt erkor er den bereits vorhandenen aber bisher unwichtigen Ort Akkade. Für seine Lokalisierung wurden schon zahlreiche Vorschläge gemacht. Texten sowie politisch- und wirtschaftlich-strategischen Überlegungen zufolge könnte Akkade unter oder in der Nähe von Bagdad1 oder in der Gegend von Samarra2 gelegen haben. Als Herausforderung für Sargon und seine Nachfolger stellte sich die Aufgabe, die sumerische und akkadische Kultur in Einklang zu bringen. Die Stadtfürstentümer wurden mit „Söhnen von Akkad“ besetzt. Er nutzte ebenfalls die Begabung seiner Tochter Enheduana, die er als Priesterin im sumerischen Zentrum Ur einsetzte. Ihre in einem höchst literarischen Sumerisch komponierten „Preislieder“ auf semitische Gottheiten sollten Konflikte etwa zwischen Nanna, dem sumerischen Stadtgott von Ur, und Inanna, der Göttin von Kisch und Akkade, lösen helfen. Trotzdem prägte die städtische und technisch fortgeschrittenere sumerische Kultur die akkadische. Unzählige akkadische Wörter, darunter viele Fachbegriffe, sind sumerischen Ursprungs. Von den sumerischen Stadtstaaten bis zu den assyrischen und babylonischen Reichen des ersten Jahrtausends wurde das Staatsgebiet immer größer. Dennoch prägten starke Abspaltungstendenzen die gesamte altorientalische Geschichte. So hatte es Sargons Sohn Rimusch nicht leicht, die Unabhängigkeitstendenzen nach dem gewaltigen Triumph seines Vaters in Schach zu halten. Ihre Kontrolle scheint ihm aber gelungen zu sein. Nach Rimuschs gewaltsamem Ende wurde Manischtusu Herrscher. Auch er berichtet über Feldzüge und über eine Schiffsexpedition zum „Unteren Meer“, dem Persischen Golf. Dieser Vorstoß zielte auf den Zugang zu den Rohstoffen Kupfer sowie Diorit und Gabbro aus Magan, dem heutigen Oman. Er erweiterte sein Herrschaftsgebiet bis nach Elam und Assur. Auch er starb eines gewaltsamen Todes. Sein Sohn Naram-Sin zählt zu den berühmtesten Herrschern der gesamten altorientalischen Geschichte. Der Grund dafür ist zum einem seine große Bekanntheit in der Antike selbst und zum anderen trägt eines der interessantesten altorientalischen Denkmäler seinen Namen (Abb. 28). Darauf sehen wir ihn als starken Vorkämpfer, der über flehende Besiegte hinweg einsame Gipfel erklimmt. Naram-Sin nennt sich „König der vier (Welt-)Ufer“, ein Titel, den Könige nach ihm noch lange tragen werden. An der Gratwanderung zwischen königlichem Tun und Gotterergebenheit scheiterte Naram-Sin. Zunächst konnte er sich auf die Unterstützung der Göttin Ischtar verlassen, die aus seiner Hauptstadt die schönste und einflussreichste der Welt machen wollte. Aber nach einer Weile erklärte sich Ischtar mit ihren Opfereinnahmen unzufrieden und entzog ihm ihre Hilfe. Das geschah auf Geheiß des Ekur, Enlils Tempel in Nippur. Die Stadt Akkade büßte ihre Macht und ihren Reichtum ein. Sieben Jahre lang beugte sich

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Naram-Sin seinem Schicksal. Dann wollte er den Ekur restaurieren, erhielt aber kein eindeutiges Omen von den Göttern. Als Reaktion mobilisierte er seine Truppen und zerstörte den Tempel, worauf Enlil die wilden Gutäer aus den Bergen rief und den aufsässigen Naram-Sin mit der Zerstörung seines Reiches bestrafte. Diese Geschichte, heute als „Fluch gegen Akkade“ bekannt, wurde über 1500 Jahre immer wieder abgeschrieben und diente als Beispiel für eine zu vermeidende Anmaßung. Naram-Sin hätte sich der ihm ungünstigen Entscheidung des Ekur ohne Widerrede fügen sollen. So ging Naram-Sins Bild zwischen Fähigkeit und Größenwahnsinn in die Geschichte ein. Scharkalischarri, Naram-Sins Sohn, restaurierte das Enlil-Heiligtum in Nippur. Auch er führte zahlreiche Kriege oder Feldzüge, die ihn bis an die Quellen des Euphrat und Tigris brachten. Er kämpfte gegen die Gutäer, die etwas später das Ende der eigenen Dynastie besiegeln sollten. Erstmals wurden die Amurriter erwähnt, die er im Gebirge Basar, dem heutigen zentralsyrischen Djebel Bischri, bekämpfte. Scharkalischarri starb eines gewaltsamen Todes. Die Zentralisierung hatte eine Standardisierung des Gewichtssystems, des Kalenders und der Wirtschaft zur Folge. Die Funde weisen auf ein weites, sich nach Elam, zum Golf und zum Mittelmeer hin ausbreitendes Handelsnetz. In der sumerischen Königsliste heißt es für die Zeit nach Scharkalischarri: „Wer war König? Wer war nicht König?“, und weiter, dass Dudu und Schudurul als letzte Könige 36 Jahre regierten. Zu ihrer Zeit bestand das Akkad-Reich nur noch als Rumpfstaat. Seine Konkurrenten hießen Ur mit Urnammu und Lagasch mit Gudea. Zwischen diesen letzten Königen und dem Beginn der Herrschaft Urnammus werden 40 Jahre angesetzt. Die Zerstörer der altorientalischen Reiche waren entweder semitische Nomaden aus dem Westen und dem Südwesten oder Bergvölker aus dem Osten, zu denen die Gutäer zählten. Sie werden für den Untergang des Akkad-Reiches verantwortlich gemacht. Wer dieses Volk war, bleibt weitgehend unbekannt. Auch ihre Sprache kann noch nicht eingeordnet werden. Aber wie immer bei Eroberern gibt es neben Zerstörung auch Anpassung. Eine akkadzeitliche und akkadisch geschriebene Inschrift berichtet, dass der Gutäer-Herrscher Erridupizir dem Gott Enlil in Nippur Statuen weihte, auf denen er sich „König von Gutium und der vier (Welt-)Ufer“ nennt. Die Akkadzeit zählt zweifelsohne zu den Glanzzeiten der altorientalischen Kultur. Die in Akkad gesprochene Sprache hieß lišanum akkadītum, eine Bezeichnung, die sich nach der modernen Entzifferung des Akkadischen für diese Sprache einbürgerte. Es wurde eine neue Keilschriftform entworfen und die in Stein gemeißelte Keilschrift galt noch Jahrhunderte als Vorbild für Monumentalschriften. Neue, nach unseren Maßstäben realistische und freie Kunstformen wurden entwickelt.

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Für die Altorientalen selbst ging die Akkadzeit als kulturelle Referenz in die Nachwelt ein. Sargon I. (etwa 1920–1880 v. Chr), König in Assur und Naram-Sin I. (etwa 1818 – ? v. Chr.), König in Eschnunna, stellten durch ihren Namen einen Bezug zur Akkadzeit her. Zu den großen Verehrern Sargons zählt der altassyrische König Schamschi-Adad (1808–1776 v. Chr.), der die akkadische Herrschertitulatur übernahm und den Tempel des Manischtusu in Ninive renovierte. Sargon „II.“ von Assyrien (721–705 v. Chr.), ahmte die altakkadische Plastizität auf den Orthostatenreliefs seines neuen Palasts in Khorsabad nach. Bis zur Achämenidenzeit wurden Statuen akkadischer Herrscher verehrt.

Exkurs: Das Königtum „Menschen ohne König sind (wie) Schafe ohne Hirten“ besagt ein babylonisches Sprichwort3. Für den Altorientalen gehörte das Königtum zur menschlichen Ordnung. In der Liste der me, jener von den Göttern den Menschen geschenkten zivilisatorischen Einrichtungen, stehen das Hirtentum und das Königtum mit den königlichen Insignien Krone, Thron, Zepter, Stab, Leitseil und Gewand ganz oben (siehe Kapitel X). Als Vermittler zwischen Göttern und Menschen waren Könige und Königtum auch notwendig, um die Fürsorge der Götter zu garantieren und die ungeordneten irdischen Verhältnisse

zu ordnen. Könige waren nicht frei, insofern als von ihrem Verhalten die göttliche Gnade abhing. In seiner Stadt achtete der König auf Tempelbau und -pflege, Palast, Stadtmauer und Verteidigung und sorgte für das Bewässerungssystem und den wirtschaftlichen Ertrag, um die Bevölkerung zu ernähren. Er verpflichtete sich, die Schwachen vor den Starken und besonders die Witwen und die Waisen zu schützen. Der König war ein „König der Gerechtigkeit“ und, seit dem frühdynastischen König Lugalzagesi von Uruk, ein „Hirte“ (rē’û).

König und Götter Altorientalische Könige unterhielten eine privilegierte Beziehung zu den Göttern, ein Gott wurden sie aber dadurch nicht. Der König Mesilim (um 2530 v. Chr.) nannte sich in einer Inschrift „geliebter Sohn der Ninhursag“. Erstmals stellten Naram-Sin und sein Sohn Scharkalischarri ihrem Namen das Schriftzeichen für Gott dingir voran. Nach Schulgi ließen die Könige, der Ur III-Zeit, vereinzelt auch noch altbabylonische und kassitische Könige ihren Namen mit dingir schreiben. Dabei wurde vielmehr das Amt als der König selbst als göttlich angesehen. Der neuassyrische König war Stellvertreter des Gottes Assur und hieß iššiakku. Der „gute Schutzgott“ šēdu und der „gute Genius“ lamassu wohnten seinem Leib inne.

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Wahl des Königs Theoretisch war nicht fest geregelt, wer König wurde. Am allerwichtigsten war die Zustimmung der Götter, die den König wählten und „an die Hand nahmen“. Nirgends stand geschrieben, dass der Königssohn König werden musste. Aber meistens wurde er es doch. Ein natürlicher Tod, ein gewaltsamer Tod durch Mord oder Kampf oder eine Usurpation läuteten das Ende einer Regierungszeit ein. Bei der Erbfolge mussten die Königsfamilie und der Hof häufig mit den Göttern feilschen, damit diese sich mit dem „richtigen“ Sohn einverstanden erklärten. Neuassyrische Texte zeigen, dass die Verhandlungen mit den Göttern und ihre Befragung durch den König oft sehr lange andauerten. Darin spiegeln sich natürlich dynastische Machtkämpfe, da nicht immer der ältere Sohn bevorzugt wurde.

Regierungsform Ob En, Lugal oder Ensi, der altorientalische König verfügte selten über absolute Macht. Das Königtum ist im Laufe der historischen Entwicklung sicherlich immer despotischer geworden. Dennoch gab es stets Versammlungen, die lokale Belange regelten, oder, vermehrt im 1. Jahrtausend v. Chr., Einschränkungen seitens des Militärs, des Klerus, der Großgrundbesitzer und der reichen „adeligen“ Familien4.

Ersatzkönig Wurde in einem Omen etwas Negatives für den König und sein Territorium vorausgesagt, machte man vorübergehend einen anderen zum Ersatzkönig, übertrug ihm Amt und vorhergesagte Gefahr für eine gewisse Zeit und tötete ihn anschließend. In den Babylonischen Chroniken wird von einem einmaligen Fall berichtet, der wahrscheinlich schon damals die Menschen beeindruckte. Eine Gefahr schwebte über Erra-imitti, König von Isin (1862– 1839 v. Chr.), so dass der Gärtner Enlil-bani als Ersatzkönig auf den Thron gesetzt wurde. Aber während dieser Zeit aß Erra-imitti einen so heißen Brei, dass er davon starb. Enlil-bani blieb König und regierte noch 24 Jahre.

Königsdarstellungen Die ältesten für uns erkennbaren Königsdarstellungen zeigen den späturukzeitlichen En in rituellen Handlungen (Abb. 98b), in Kriegsszenen und als Löwenjäger. Der Herrscher erscheint hier wie auch später Hammurapi auf seiner Kodex-Stele (Abb. 30) in zeitlosen Bildern, die aber einen historischen Bezug nicht ausschließen. Ein umgekehrtes Verhältnis erkennen wir auf

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den Stelen Eanatums (Abb. 25), Naram-Sins (Abb. 28) oder Urnammus (Abb. 29) und selbst noch auf den neuassyrischen Orthostaten. Trotz des inschriftlich bezeugten historischen Bezugs verweisen die Bilder auf die andauernde Fähigkeit des Herrschers zu bauen, kultische Handlungen auszuführen und sich, auch mittels Krieg, um die Belange seines Königtums zu kümmern.

왖 Abb. 29 Ur: Stele des Königs Ur-Nammu. H. ca. 3m. Kalkstein. Philadelphia, University Museum.

5. Verwaltung und Ordnung: Ur III-Zeit Die Ur III-Zeit ist wie die Akkadzeit ein kurzer Abschnitt in der altorientalischen Geschichte. Ohne ein „Feuerwerk“ zu sein, brachte sie dennoch viele Neuerungen, die man bisweilen als „ordnend“ bezeichnen kann. Die Verwaltung wurde straff organisiert. Es entstanden als literarische Gattung die Königshymne, in der Architektur die Ziqqurrat und in der Alltagskunst die modelgeformte Terrakotta. In vielen Städten bauten die Könige Tempel neu oder um. Nachdem die Gutäer, die die akkadische Dynastie zu Fall gebracht hatten, selbst vertrieben worden waren, gründete Urnammu eine Dynastie, die wir als die dritte von Ur bezeichnen, weil in der Sumerischen Königsliste schon zwei vorausgehende Herrscherfamilien für Ur erwähnt werden.

5. Verwaltung und Ordnung: Ur III-Zeit

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Zum „Staatsbauer“ wurde allerdings sein Sohn Schulgi, der den sumerischen Süden mit Babylonien um Sippar und Akkad vereinigte. Allgemein zogen die Könige der Ur III-Dynastie diplomatische Bemühungen dem Krieg vor, etwa durch die Vermählung ihrer Töchter an fremde Könige. Einer der berühmtesten altorientalischen Herrscher ist Gudea. Er verdankt seinen Ruhm den vom ihm überlieferten Hymnen und den zahlreichen ihn darstellenden Statuen aus Tello (Abb. 83). Er ist der zweite Herrscher der II. Dynastie von Lagasch und scheint kurz vor Urnammus Machtantritt mindestens elf Jahre regiert zu haben. Zahllose Berichte belegen seine Freude am Bauen, aber auch an dem schönen und kostbaren Diorit seiner Statuen. Zwei Klagelieder und ein Archiv aus Isin (30 km südlich von Nippur) informieren uns über das Ende der dritten Ur-Dynastie. Darin wird beschrieben, wie Ischbi-Erra von Ibbi-Sin, dem letzten Herrscher, zunächst zum Statthalter in Mari ernannt worden war. Ischbi-Erra baute Isin zu seiner Residenz aus und eroberte Ur, während die Elamiter Ur zerstörten. Ibbi-Sin wurde gefangen und nach Anschan in Elam gebracht. Das Königtum ging an Isin über. Wir kennen heute über 30 000 Ur III-zeitliche Verwaltungstafeln. Archive sind in Ur, Nippur, Puzrisch-Dagan, Umma oder Tello bezeugt. Diese hohe Zahl ist die Folge einer straffen Strukturierung aller Verwaltungsbereiche. Von Schulgi an unterstanden 40 Provinzen jeweils einem Ensi. Ensis waren für die Verwaltung der „Haushalte“ und ihrer Angestellten, die Finanzen, die Rechtsprechung und die Feste zuständig. Jede Provinz musste Abgaben leisten, mit denen der König seinen Staatsapparat und seine Bauvorhaben finanzierte. Schreiberschulen wurden eingeführt, Schrift, Maß- und Gewichtssystem, Kalender und Steuersystem zwischen Sumer und Babylonien vereinheitlicht. Kerninstitution der Wirtschaft war das „bala“-System. Trotz zahlreicher Studien bleibt die Definition des „bala“ unklar: Waren und Dienstleistungen, die eine Provinz abliefern muss, Wert des Abgelieferten oder Art der verteilten Waren? Das staatliche, 1908 oder 1909 von Raubgräbern geplünderte Archiv von Puzrisch-Dagan (modern Drehem) gewährt Einblick in die tägliche Buchführung eines gigantischen Viehhofs in der Nähe von Nippur, der dessen Tempel mit Schlachtopfern belieferte. Die Tiere – hauptsächlich Schafe und Ziegen, aber auch Rinder (10 : 1) und Gazellen – wurden eingeliefert, zur Ausgabe vorbereitet und an Tempel und Paläste überwiesen. Im Jahre 5 von Amar-Sin wurden beispielsweise je nach heutiger Berechnung zwischen 60 000 und 77 000 Stück Vieh verwaltet. Auch in der Ur III-Zeit herrschte reger Handel. Ur hatte einen Hafen, von wo aus die Schiffe bis nach Tilmun (Bahrein) und Magan (Oman) segelten. Auf dem Landweg führte der Handel ebenfalls in die Susiana.

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6. Rivalisierende Städte: Altbabylonische Zeit Die altbabylonische Zeit besteht aus den drei Abschnitten mit jeweils in Isin, Larsa und Babylon vorherrschenden Dynastien. Nachdem Ur von den Elamitern eingenommen worden war, gründete Ischbi-Erra in Isin eine Dynastie, mit der die Isinzeit beginnt. Das Territorium der Isin-Dynastie war jedoch nie sehr groß, da viele wichtige Städte unabhängig blieben. Parallel zu Isin gründete Naplanum eine Dynastie in Larsa. Ihr fünfter König Gungunum eroberte Ur und setzte Larsa als babylonisches Zentrum durch. In Babylon wiederum hatte der Amurriter Sumuabum eine Königsdynastie gegründet. Ihr sechster König Hammurapi besiegte den letzten König der Larsa-Dynastie Rim-Sin und dehnte sein Reich auf Babylonien, Akkad, das Diyala-Gebiet, Mari und Assyrien aus. Texte weisen auf unaufhörliche Kriegszüge. Mit Hammurapi beginnt Babylons Dominanz. Aber schon unter Hammurapis Sohn Samsuiluna brach das Territorium wieder auseinander. Die alten sumerischen Städte revoltierten. Außerdem störte abermals ein neues, diesmal das aus dem Osten einwandernde Volk der Kassiten. Samsuiluna bekam die Lage zwar in den Griff, dennoch folgte alsbald der Zerfall. Die Ursachen dafür waren vielfältig. Die Größe des Territoriums war den logistischen Möglichkeiten nicht angemessen und Ernten fielen der Bodenversalzung wegen aus. Babylons I. Dynastie währte 300 Jahre. Unter ihrem letzten König Samsuditana nahm der hethitische König Mursili Babylon ein und zerstörte es. Parallel zur altbabylonischen Zeit wurde für Assyrien die Bezeichnung „altassyrisch“ geprägt. Zeitlich erstreckt sich diese Epoche zwischen dem Beginn des 2. Jahrtausends und dem Wiedererstarken des assyrischen Reiches in der sogenannten Mittelassyrischen Zeit im 14. Jahrhundert. Die alles prägende Persönlichkeit der altassyrischen Zeit war Schamschi-Adad. Er stammte aus Ekallatum, einer nicht lokalisierten Stadt am Tigris unweit von Assur. Nach etwa 25-jähriger Regierung eroberte er Assur und regierte weitere 33 Jahre. Er starb vermutlich im 17. Regierungsjahr des Königs Hammurapi von Babylon. Sein Reich umfasste in seiner größten Ausdehnung ein Territorium zwischen Samarra und dem Euphrat bis zu seinem syrischen Zufluss Balich. Wohl einige Jahre nach Maris Eroberung vertraute er seinem Sohn Ischme-Dagan die Gegend um Ekallatum an. Seinem zweiten Sohn Jasmach-Addu hingegen, der sich als sehr unfähig erwies, oblag die Verwaltung von Mari. Als Schamschi-Adad starb, war niemand in der Lage, das von ihm aufgebaute Reich weiterzuführen. Zahlreiche Texte informieren uns über die altbabylonische Gesellschaft. Sie war in Freie und Unfreie eingeteilt. Frei waren die Bürger der Städte, Bauern und Hirten. Im Kodex Hammurapi heißen sie awīlum, was „Mensch“ bedeutet und im Gegensatz zu Göttern und Tieren steht. Sie waren reich oder

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Exkurs: Das Recht

Abb. 30 왔 Susa: Kodex Hammurapi. H. 2,25 m. Basalt. Paris, Louvre.

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Was wir unter „Recht“ verstehen, deckt sich mit dem sumerischen Wort níĝ-gi-na „das Richtige, das Wahre“ und dem akkadischen kittum„das Feste, das Beständige“. Die ältesten heute bekannten Gesetzestexte sind Paragraphensammlungen oder einzelne Gesetze. Urnammu hinterließ 40 kurze Paragraphen, in denen es zumeist um Straftaten geht. Vom 20. Jahrhundert v. Chr. an gibt es dann Gesetzessammlungen, unter denen der „Kodex Lipit-Ischtar“ die älteste ist (etwa 1930 v. Chr.) und der „Kodex Hammurapi“ (Abb. 30) die berühmteste. Sie werden Kodizes genannt, obwohl sie nach heutiger Definition keine sind. Denn ein Kodex behandelt sämtliche Rechtsgebiete in einer systematisch geordneten Form. Selbst der Kodex Hammurapi behandelt in seinen 282 Paragraphen nur Personen-, Ehe-, Adoptions-, Erb-, Eigentumsund Strafrecht sowie die Regelung bei Diebstahl, Verleumdung, Inzest und Vergewaltigung. Die Gesetze sind kasuistisch formuliert und leiten mit šumma,„wenn“, die Konsequenz ein. Die meisten Delikte wurden mit Silber abgegolten. Das Strafrecht ist ungleich schärfer als in den älteren Gesetzen. Ob und wie der Kodex Hammurapi angewandt wurde, ist jedoch unbekannt. In Fällen, in denen man keiner Partei

Schuld oder Unschuld nachweisen konnte, setzte man das Ordal ein. Im Alten Orient gab es wohl nur das Flussordal. Man nahm an, dass die Menschen nicht schwimmen konnten. Da die Flüsse als Götter galten, würde der Flussgott den Unschuldigen ans Land werfen und den Schuldigen ertrinken lassen. Anders als heute, wo der Kläger sein Recht nachweisen muss, musste sich der Beschuldigte dem Ordal unterziehen. Hatte der Flussgott nachgewiesen, dass der Beschuldigte unschuldig war, wurde die angedrohte Strafe am Kläger vollzogen. In der Praxis handelte es sich besonders häufig um Hexerei, Mordfälle und um Ehebruch. Sämtliche wichtigen Geschäfte und Vereinbarungen wurden schriftlich abgeschlossen. So gab es neben den Gesetzessammlungen zahlreiche Privatverträge und Gerichtsurkunden über Darlehen, Haus- Land- oder Sklavenkauf, Feldpacht oder Adoption sowie – meist in der Spätzeit – Pfründenverkäufe und Schuldscheine. Die Tafeln wurden mit den Namen der Parteien und der Zeugen versehen, mit einem Datum, das Monat, Tag und Jahr angab, mit einer Siegelabrollung oder ab und zu mangels Siegel mit dem Abdruck des Gewandsaumes oder eines Fingernagels. Alle, Männer, Frauen und Sklaven, konnten Rechtsgeschäfte vornehmen, nur Minderjährige mussten sich vertreten lassen. Die Menschen konnten leicht durch Tod, Krankheit oder Missernte von einem Tag auf den anderen ihre Existenzgrundlage verlieren. Dann waren sie verpflichtet, Kredite aufzunehmen. Um einer völligen Verarmung der Bevölkerung vorzubeugen, gewährten Könige regelmäßig Schuldenerlasse, so auch Samsuiluna und Ammisaduqa.

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arm, übten unterschiedliche Berufe aus, konnten frei heiraten und durften Grund besitzen. Aus dieser Schicht rekrutierte der König seine Beamten und Militärs. Handwerker, Angestellte im Dienst des Palastes, Händler oder kleine Grundbesitzer bildeten die nicht grundsätzlich mittellose Hauptmasse der Bevölkerung und hießen muškēnū. Am unteren Rande der gesellschaftlichen Skala gab es Sklaven (wardum) und Sklavinnen (amtum). Das Wort wardum bedeutet „Diener“ und wurde auch für Könige im Angesicht vor den Göttern benutzt. Sklaven gehörten dem Tempel, dem Palast oder Privatpersonen. Ihre Zahl scheint ziemlich hoch gewesen zu sein. Sklave wurden man qua Geburt oder durch Strafen, wegen Schulden oder Kriegsgefangenschaft. Sklaven mussten besondere Sklavenzeichen tragen – etwa einen halb geschorenen Kopf –, um ihre Flucht zu erschweren. Sie waren jedoch nicht ohne Rechte. Sie konnten mit Zustimmung ihrer Herren auch geschäftlich tätig sein, sich freikaufen oder auch freigelassen werden. Sie durften Töchter von freien Bürgern heiraten. Kinder aus einer solchen Ehe waren freie Bürger. Wenn Sklavinnen ihrem Herrn Kinder gebaren, entschied der Vater über die Stellung der Kinder. Am Ende der Regierung Hammurapis war Sumerisch endgültig ausgestorben. In der altbabylonischen Zeit sprach man das gepflegteste Akkadisch. Aus dieser Zeit stammen sämtliche Textgattungen, die wir kennen (siehe Kapitel X). Zahlreiche Tafeln sind Abschriften älterer Texte, die altbabylonischen Texte wurden wiederum lange kopiert. Überlegungen zur Alphabetisierung fallen heute jedoch anders aus als noch vor einem Jahrzehnt. Die Keilschrift bot zwar Schwierigkeiten, jedoch konnte man in der altbabylonischen Zeit schon mit 82 Zeichen einen normalen Text schreiben. Neue Studien über den Wortgebrauch von „zuhören“ und „sehen“, zeigen, dass die Schreib- und Lesefähigkeit zumindest einfacher Texte seit dem Ende des 3. Jahrtausends und zunehmend bis ins 1. Jahrtausend unter Beamten, Höflingen, in Familien, zwischen Geschäftspartnern und selbst unter Königen weiter verbreitet war als bisher vermutet.

7. Rivalisierende Staaten: Zweite Hälfte des 2. Jahrtausends Der altbabylonischen Zeit folgte die kassitische (oder mittelbabylonische) und der altassyrischen die mittelassyrische Zeit. Nachdem die Hethiter 1595 v. Chr. Babylon zerstört hatten, verließen sie es und hinterließen politisches Chaos. In dieser Situation etablierten die Kassiten ihre Macht. Seit dem 18. Jahrhundert v. Chr. bildeten sie kleine Gruppen, die als Landarbeiter oder als Söldner in der babylonischen Armee

7. Rivalisierende Staaten: Zweite Hälfte des 2. Jahrtausends

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dienten. 36 kassitische Könige, von denen nur wenige gut bekannt sind, regierten etwa 450 Jahre. Ab etwa 1225 v. Chr. tragen sie nur noch babylonische Namen. Neben den Kassiten in Babylonien wurden auch die Hethiter, die Ägypter und die mittanischen Könige in Nordmesopotamien und Nordsyrien, an deren Stelle um etwa 1350 v. Chr. die Assyrer traten, in ein ebenso raffiniertes wie kompliziertes Beziehungsnetz verwickelt. Äußerst modern mutet die Koalitionspolitik der unterschiedlichen Parteien an, die lediglich nach taktischen Gesichtspunkten agierten, durch Kriege, Allianzen oder Heirat ihre Ziele erreichten und die Schwäche ihres Rivalen bedenkenlos ausnutzten. Agum II., „König der Kassiten und Akkader“, herrschte von Babylon aus über Babylonien und das iranische Randgebiet. Die Kontrolle über den Weg nach Elam und die Handelsroute am Diyala waren den Kassiten so wichtig, dass Kurigalzu I. um 1400 die Hauptstadt von Babylon nach Dur-Kurigalzu, dem modernen Aqr Quf in einem westlichen Vorort Bagdads, verlagerte. Er nannte sich „König der Gesamtheit“ und pflegte Beziehungen zum Pharao Tutmosis IV. Mit Tutmosis IV. hatte auch der mittanische König Kontakte. Mittanisch bezeichnet ein Land und nicht eine Sprache oder ein Volk. Das Wort Maittu ist weder hurritisch noch indoarisch, auch wenn einige der Herrschernamen indoarisch sind (Kapitel IV). Sie deuten lediglich auf Kontakte zwischen dem in Mittani lebenden Volk und den Indoariern in ihrem Ursprungsland oder während ihrer Wanderung. Vom 15. Jahrhundert an verschmelzen die mittanische und die hurritische Kultur. Ihr zentrales Gebiet lag im ostsyrischen Chabur-Gebiet. Der mittanische König Sauschtatar plünderte Assur und näherte sich Ägypten an, um gemeinsam gegen die Hethiter zu agieren. Sein Sohn Aratarma I. schloss Frieden mit Tutmosis IV., der dessen Tochter heiratete. Aratarmas Sohn Schutarna II. wiederum heiratete eine Tochter Amenophis’ III. Zuvor hatte Kurigalzus Nachfolger Kadaschman-Enlil I. eine Tochter Amenophis’ III. und dieser eine Tochter Kadaschman-Enlils zur Frau genommen. Burnaburiasch II. stand in Briefwechsel mit Amenophis III., später mit Echnaton und Tutanchamun. Auch er heiratete eine Tochter Amenophis’ III. Tuschrata aus Mittani, ein Nachfolger Schutarnas, hatte ebenso enge Beziehungen zu Amenophis III., der als weitere Frau Tuschratas Tochter Taduhepa wählte. Tuschrata wurde ermordet, was einen Bürgerkrieg in Mittani und dessen Ende bedeutete. Der hethitische König Suppiluliuma I. nutzte dieses Vakuum aus und der assyrische König Assur-uballit erweiterte Assyriens Territorium über Assur hinaus. Hethiter und Assyrer fanden einen Modus Vivendi: der hethitische Einfluss reichte bis zur Euphrat-Kurve, der Süden verblieb in der ägyptischen, der Nordosten in der assyrischen Einflusssphäre.

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Assur-uballit war der erste starke König der mittelassyrischen Zeit, die man um 1000 v. Chr mit der nächsten Schwächezeit Assyriens enden lässt. Nach Assur-uballits Tod war es zunächst schwierig, das Erreichte zu halten. Einige Jahrzehnte später festigte Salmanassar I. die assyrische Kontrolle über Obermesopotamien wieder. Sein Nachfolger Tukulti-Ninurta I. war noch ein energischer König mit Expansionswünschen. Nach ihm jedoch verfielen Assyrien und Babylonien in eine Schwächephase, die der elamische König Schutruk-Nahhunte um 1165 v. Chr. ausnutzte. Er eroberte etwa 700 Städte in Mesopotamien, aus denen er unzählige repräsentative Objekte als Tribut nach Susa verschleppte. Wir verdanken diesem Raubzug den Fund zahlreicher äußerst wertvoller Objekte in Susa, die sonst vielleicht verschwunden wären. Die wichtigsten sind die Naram-Sin-Stele (Abb. 28), der KodexHammurapi (Abb. 30) und die Statuen der Herrscher in Eschnunna (Abb. 85). Schutruk-Nahhuntes Sohn machte 1155 v. Chr. der kassitischen Dynastie ein Ende. Obwohl einige kassitische Fachwörter für Pferdefarben und Pferdemarkierungen in die babylonische Sprache eingingen, wird heute die Ansicht abgelehnt, wonach sie auf Pferde, Karren oder den Waffengebrauch spezialisiert waren. Denn zu dem Zeitpunkt, als die Kassiten an der Macht waren, verbreitete sich der Gebrauch von Pferden und Wagen. Charakteristisch für die kassitische Zeit sind die „Kudurrus“ genannten Steine, worauf Landschenkungsurkunden und Angaben über Landbesitz und Privilegien privater Personen eingraviert sind. Sie weisen darauf hin, dass privatem Land eine zunehmende Wichtigkeit zukam (siehe Kapitel XI). Die außergewöhnliche Heiratspolitik zwischen Babylonien und Ägypten hatte zur Folge, dass die Kassitenzeit die einzige Epoche war, in der Gold und nicht Silber den Standard im Handel bildete. Geschenke waren ein wohl kalkuliertes und dosiertes Politikum. Aus Ägypten kamen neben Gold Schmuck, Silber, Bronze, Elfenbein, Ebenholz, Möbel, hochwertige Gewänder sowie Steingefäße mit erstklassigem Öl. Die Kassiten hingegen schenkten afghanischen Lapislazuli, schöne und trainierte Pferde und dazu die Wagen.

8. Das Ende des 2. Jahrtausends: Isin II-Dynastie und Ende der mittelassyrischen Zeit Elamische und assyrische Eroberungszüge besiegelten die kassitische Dynastie. Darauffolgende Konflikte zwischen Assyrien und Elam wurden teilweise auf babylonischem Territorium ausgetragen. Isin lag in Südbabylonien, möglicherweise abseits des Kriegsschauplatzes und konnte sich deswegen als Sitz einer neuen Dynastie – der Isin-II-Dynastie – behaupten. Sie währte von 1157 bis 1026 v. Chr. Nebukadnezar I., ihr wichtigster König, kämpfte erfolgreich gegen Elam und holte Marduks Kultbild zurück, das die Elamiter aus

8. Das Ende des 2. Jahrtausends: Isin II-Dynastie und Ende der mittelassyrischen Zeit

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dem Marduk-Tempel von Babylon geraubt hatten. In Assyrien schrieb Tiglatpilesar I. als Erster Annalen über seine Feldzüge. Ein halbes Jahrhundert später um 1000 v. Chr. befanden sich sowohl Babylonien wie auch das assyrische Reich in einer Schwächephase.

9. Die großen Reiche des 1. Jahrtausends: Neuassyrische Zeit

Abb. 31 왖 Nimrud: Statue Assurnasirpals II. H. 1,06 m, Kalkstein. London, British Museum.

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Nach Jahrzehnte andauernden Problemen mit den Aramäern setzte sich die zweite „Meerland“-Dynastie in Babylonien durch. In Assyrien begann die neuassyrische Zeit, charakterisiert durch territoriale Expansion und den damit verbundenen wirtschaftlichen Nutzen. Er erlaubte große königliche Projekte wie die Errichtung der Stadt- und Palastbauten (siehe Kapitel VIII), die Herstellung von Orthostaten (siehe Kapitel XI), die Urbarmachung weitläufiger Landflächen oder die Anlage großer Parkanlagen mit ausgeklügelten Bewässerungssystemen. Auch das Straßennetz musste aus logistischen Gründen verbessert werden. Unter Tukulti-Ninurta II. blühte Assyrien erneut auf. Zahlreiche Bauten in Assur gehen auf ihn zurück. Sein äußerst aktiver Nachfolger Assurnasirpal II. (Abb. 31) gründete Nimrud neu, wo es seit der Mitte des 3. Jahrtausends nur eine bescheidene Besiedlung gegeben hatte. Er ließ den Schutthügel terrassieren, eine acht km lange Umfassungsmauer und, als erster assyrischer König, einen großen Palast bauen, den er mit bebilderten Steinplatten schmückte (Abb. 35, 74). Von Salmanassar III. besitzen wir einen chronologischen Bericht über seine Feldzüge, in denen Meder und Araber erstmals erwähnt werden. Unter Tiglatpilesar III. wurde das nunmehr sehr große assyrisch kontrollierte Territorium organisiert und die eroberten Provinzen gezwungen, festgelegte Tributzahlungen zu leisten. Sargon gründete erneut eine Hauptstadt. Er kämpfte

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gegen Urartu und beschrieb diesen „achten Feldzug“ in einer bemerkenswerten, an die Götter adressierten Schilderung. Er kämpfte ebenso gegen Babylonien, dessen König Marduk-apla-iddina II. er 710 v. Chr. vertrieb. Weil sein Tod während eines Feldzugs als schlechtes Vorzeichen gedeutet werden musste, verlegte sein Sohn Sanherib die Hauptstadt seines Vaters auf Ninive. Sanherib stieß auf Widerstand in der Levante, Israel und Babylon. Nachdem sein Sohn umgebracht worden war, beschädigten 689 v. Chr. assyrische Soldaten Babylon schwer und verschleppten Marduks Kultbild. Nach Sanheribs Ermordung durch seinen zweiten Sohn Urdu-Mullissi bestieg Asarhaddon, der jüngste Sohn, den Thron. Er machte sich sofort an Babylons Wiederaufbau. Anders als sein energischer Vater war er abergläubisch und ängstlich, führte dennoch zahlreiche Feldzüge durch und starb auf dem Weg nach Ägypten, wo er eine Rebellion niederschlagen wollte. Sein Nachfolger und Sohn Assurbanipal (Abb. 32) ist mit Nebukadnezar II. der berühmteste König des Alten Orients. Als Sardanapal kommt er in unzähligen Opern, Romanen und historisierenden Bildern vor. Er war ein gelehrter und kulturbeflissener Herrscher, der viele Feldzüge anführte. Sein Bruder Schamasch-schumu-ukin, den er als Gouverneur in Babylon eingesetzt hatte, rebellierte 652 und wurde 648 v. Chr. getötet. Von 639 v. Chr. an gibt es kaum noch Nachrichten über Assurbanipal. Er starb im Jahre 630 oder 627 v. Chr. Ihm folgten noch zwei Könige. 626 v. Chr. machte sich Babylonien unabhängig, Nabupolassar wurde König und gründete die letzte babylonische Dynastie. Die Babylonier und die Meder vereinten ihre Kräfte gegen Assyrien. 612 v. Chr. belagerten sie Ninive, das nach drei Monaten eingenommen wurde. Über das Schicksal des letzten assyrischen Königs in Ninive Sin-schar-ischkun wissen wir nichts. Eine griechische Sage besagt, dass sich „Sarakos“ in seinem Palast verbrannt habe. Nach dem Fall Ninives ließ sich als allerletzter assyrischer König Assur-uballit II. in Harran krönen und regierte bis 609 v. Chr.

9. Die großen Reiche des 1. Jahrtausends: Neuassyrische Zeit

왖 Abb. 32 Ninive: Orthostatenrelief aus dem Palast Assurbanipals, ca. 645 v. Chr. Königliches Mahl im Garten nach einer Schlacht gegen die Elamiten. London, British Museum.

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Abb. 33 왘 Babylon: Rekonstruktion des Ischtar-Tors. Ursprünglich erbaut unter König Nebukadnezar II., um 600–580 v. Chr. Berlin, Vorderasiatisches Museum.

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Den Niedergang des neuassyrischen Reiches verursachten sicherlich mehrere Faktoren: die logistisch schwer handzuhabende Größe, ständige Rebellionen, Interessenskonflikte innerhalb Assyriens, vielleicht auch die Unfähigkeit der letzten assyrischen Könige und schließlich die Entschiedenheit der Babylonier.

10. Spätbabylonische Zeit Schon Nabopolassar hatte die babylonische Macht über Assyrien verstärkt. Nebukadnezar II. wurde 605 v. Chr. babylonischer König. Probleme bekam er vor allem im Westen und mit Ägypten. 597 v. Chr. eroberte er Jerusalem, zerstörte den im 10. Jahrhundert v. Chr. von Salomon erbauten ersten Tempel und deportierte die jüdische Oberschicht nach Babylonien. Das zweite, uns nur durch die Bibel bekannte Exil fand im Jahre 586 statt und ist als „Babylonische Gefangenschaft“ bekannt. Der achämenidische König Kyros II. gestattete 538 den Juden, nach Jerusalem zurückzukehren. Nebukadnezar war ein großer Bauherr. In Babylon selbst baute er den Marduk-Tempel und seine Ziqqurrat, die Prozessionsstraße mit dem Ischtar-Tor (Abb. 33), Paläste und die Stadtmauer. Nach einem kurzen Intermezzo usurpierte Nabonid die Herrschaft, vielleicht mit der Hilfe seines Sohnes Bel-schara-usur, der als Belschazzar in das Buch Daniel einging. Auch Nabonid renovierte überall in Babylonien Tempel und Ziqqurrate. Aber er war ein Sonderling. Seine Mutter Addaguppi war Priesterin in Harran gewesen. Zu Beginn seiner Regierung hatte er einen Traum, wonach er den Sin-Tempel in Harran wieder aufbauen solle. Nabonid führte diesen Traum etwa 553 v. Chr. aus. Es brachen schlechte wirtschaftliche Jahre und eine Hungersnot in Babylonien aus, die Nabonid angelastet wurde, weil er den Staatsgott Marduk vernachlässigt habe. Daraufhin ging Nabonid freiwillig ins nordarabische Teima ins Exil, wo er etwa 10 Jahre blieb. Die Abwesenheit des Königs tat Babylonien nicht gut. Er kehrte 543 v. Chr. zurück, zu spät jedoch, um die sich zu einer Weltmacht formierenden Perser und Meder aufzuhalten. Am 12. Oktober 539 v. Chr. nahm die persische Armee von Kyros dem Großen kampflos Babylon ein. Wir kennen das Schicksal, das Nabonid und Belschara-usur ereilte, nicht. Das neubabylonische Reich war so groß wie das neuassyrische. Es konnte nur durch ständige militärische Eingriffe gehalten werden. Obwohl man über die Reichsorganisation nicht viel weiß, lief das Tributsystem weiter. In den babylonischen Städten spielten die großen und reichen Tempel eine herausragende politische und wirtschaftliche Rolle. Die Spannung zwischen Priesterschaft und Königtum war jedoch wesentlich geringer als zwischen König und städtischer Elite.

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10. Spätbabylonische Zeit

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Abb. 34 왘 Persepolis, Palast des Darius: Relief Darius I. mit zwei Schirmträgern, 5. Jh. v. Chr.

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11. Epilog: Achämenidische Zeit Mit der Einnahme Babylons durch Kyros II. wurde das gesamte spätbabylonische Territorium achämenidisch. Für Mesopotamien währte dieses letzte große Reich vor Alexander dem Großen bis 331 v. Chr. Darius I. (Abb. 34) begründete eine neue Dynastie und organisierte das von Thrakien und Makedonien bis hin zum Pandschab reichende Territorium in Satrapien. Allgemein bekannt sind der „Ionische Aufstand“ (500–494 v. Chr.) sowie unter ihm und seinem Sohn und Nachfolger Xerxes I., die persischen Niederlagen 490 bei Marathon und 480 v. Chr. bei Salamis, die allerdings die persische Macht nicht erschütterten. Im Bruderstreit zwischen Artaxerxes II. und Kyros dem Jüngeren wurde dieser 401 v. Chr. in Kunaxa bei Babylon besiegt. Unter den griechischen Söldnern, die an Kyros’ Seite gekämpft hatten, befand sich Xenophon (ca. 430–ca. 350 v. Chr.), der ihren abenteuerlichen Rückmarsch nach Westen in der „Anabasis” beschrieb und so diese Niederlage in der Weltliteratur verewigte. Babylon blieb während der Perser-Zeit ein äußerst aktives „multikulturelles“ Zentrum, wo die altorientalischen Götter noch verehrt werden und Mythen, Epen, Omina oder astronomische Texte weiterhin auf akkadisch und sumerisch in Keilschrift geschrieben wurden. Es wurde sogar ein Pavillon nach persischer Art im Westen der Südburg gebaut. Jede Satrapie musste von ihr produzierte Waren in einer Menge abliefern, die ihrer Wirtschaftskraft entsprach. Dazu kamen Steuern, die als Luxusgüter oder zur Münzprägung in den Schatzhäusern der zentralen Residenzen gehortet wurden. Darius I. prägte ab 510 v. Chr. die ersten altorientalischen Münzen. In Babylonien gewannen Familienunternehmen an Wichtigkeit. Die Egibi-Familie aus Babylon und die Muraschu-Familie aus Nippur besaßen so viel Land, dass sie durch Agrarverträge, Pacht, Darlehen oder Pfand unermesslich reich wurden und wie „Bankhäuser“ etwa die königlichen Feldzüge vorfinanzierten. Die persischen Provinzen wurden jedoch durch Abgaben ausgesaugt und der angehäufte Reichtum nicht ausreichend investiert. Rebellionen und interne Probleme schwächten das Reich. Im Jahre 333 v. Chr. besiegte Alexander der Große Darius III. bei Issos. 331 zog er in Babylon ein. Dort starb er am 10. Juni 323 v. Chr. abends. Alexanders ungeklärte Nachfolge löste langanhaltende Kämpfe aus. Mit der Achämenidenzeit endet eine glanzvolle Kultur, deren Religion und Architektur bis heute in Iran fortleben. 1 2 3 4

Wall-Romana (1990). Reade (2002). Lambert (1960) 232. Yoffee (2005) 109–112.

11. Epilog: Achämenidische Zeit

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VII. Land, Städte

und Städteplanung

1. Städtisches und ländliches Leben Die Stadtbewohner des antiken Mesopotamien empfanden ihr Leben als äußerst kultiviert. Städte waren religiöse, politische, militärische, wirtschaftliche und kulturelle Zentren und Sitz der Zivilisation. Durch die Natur streifende Hirtennomaden galten als „nicht domestizierte“ und unkultivierte Menschen, eine bukolische Betrachtung der Landschaft war allen fremd. Wahrscheinlich eignete sich das Land seiner Kargheit wegen auch nicht zu „romantischen“ Beschreibungen. Doch schätzte man Bäume und Pflanzen als Schutz vor der mörderischen Hitze.

2. Siedlungsmuster In Sumer und Babylonien bedingte die Kanalbewässerung kleine bebaubare Fluren, auf denen die Menschen dicht zusammenleben mussten. In Assyrien, wo es Regenfeldbau gab, war die Besiedlungsart viel lockerer. Die Lage im Flachland, in einem Tal oder auf einem Gebirgshang, in Wassernähe, die Erreichbarkeit über (Handels-)Wege, der Rohstoffzugang und die geopolitische Lage, die sich im Laufe der Geschichte verschob, erklären, weshalb Siedlungen an einem bestimmten Ort entstanden sind und nur einige zu Jahrtausende überdauernden Knotenpunkten wurden. Siedlungen standen im Mittelpunkt oder am Rande einer Region. Im Mittelpunkt zu stehen, bedeutete bisweilen nicht im geographischen Zentrum zu liegen, sondern funktional wichtig zu sein. Solche Orte versorgten andere mit Gütern oder Dienstleistungen, waren dabei aber nicht unbedingt groß oder politisch von Bedeutung.

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VII. Land, Städte und Städteplanung

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3. Kommunikations- und Transportmittel In der Antike spielten Kommunikation und Kommunikationswege dieselbe Rolle wie heute. Durch sie verbreiteten sich Menschen und ihre Sprachen, Religionen und Waren, dazu aber auch ihre Techniken, Ideen und Erfindungen. Der bequemste Transportweg ging über Wasser (Abb. 35). In Babylonien lagen die Städte in Fluss- und/oder Kanalnähe. Wegen Überbauung und Abfall stieg das Niveau der Städte, also lagen die Kanäle immer tiefer, und ihre Hänge wurden immer steiler. Die Kanäle, die in Kriegszeiten abgeschnitten werden konnten, wurden am Stadtrand durch Tore bewacht. Auf den Kanälen und den Flüssen verkehrten segellose, runde Schiffe, die aus über ein Holzgerüst gespannten und mit Bitumen abgedichteten Häuten bestanden. Sie wurden durch Staken mit Stöcken oder Treideln flussaufwärts bewegt und ließen sich flussabwärts treiben oder tragen. Diese Arabisch genannten Guffa, die einen Durchmesser von einem bis 5,5 Meter hatten, konnten zwölf bis 16 Tonnen Last befördern. Auf neuassyrischen Reliefs sind Flöße abgebildet, die aus Holzbalken über aufgeblasenen Schläuchen bestanden und bis zu fünf Tonnen Last trugen. Für Sumer und Babylonien war das wichtigste Meer der Persische Golf. Ein ins 5. Jahrtausend zu datierendes Bootsmodell aus Eridu zeigt, dass es hier seit dieser Zeit kleine Segelschiffe

3. Kommunikations- und Transportmittel

왔 Abb. 35 Nimrud, Palast Assurnasirpals II. König im Streitwagen beim Übersetzen. London, British Museum.

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Abb. 36 왖 Eridu: Bootsmodell, Ton, 5. Jt. v. Chr.

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gab (Abb. 36). Erst in neuassyrischer Zeit ließen die Könige große, von Rudern bewegte Holzschiffe für das Mittelmeer bauen. In jeder größeren Siedlung muss es Kais zum Be- und Entladen gegeben haben, die heute aber nur schwer erkennbar sind. In Larsa, MaschkanSchapir und Ur wurden dank sorgfältiger Grabung mögliche Häfen innerhalb der Stadtmauern lokalisiert. Nach den überlieferten Texten lag in Ur jedoch der wichtigste Hafen außerhalb der Mauern. In Babylon verlief auf der Höhe des MardukTempels eine Brücke über dem Euphrat (Abb. 50). Sieben neun Meter dicke, stromlinienförmige Pfeiler wurden ausgegraben, die auf eine Brückenlänge von 123 Meter schließen lassen. Die Breite der Brücke, deren Gehfläche aus Balken bestand, dürfte 21 Meter betragen haben. Wege verliefen entlang der Kanäle. Lediglich für kurze Entfernungen wurden von Tieren gezogene Karren verwendet. Esel konnten eine schwere Last über längere Strecken tragen und legten dabei täglich 25 bis 30 km, im Gebirge nicht mehr als neun bis zehn Kilometer zurück. Wie die Logistik im Detail funktionierte, wissen wir nicht. Die Straßen waren schlecht. Ihr Ausbau erfolgte erst, als sich großflächige Reiche im 1. Jahrtausend v. Chr. bildeten. Die Achämeniden rühmten sich ihres Postsystems, das zugleich ein Kontrollsystem war. Schnelleres Reisen wurde im 1. Jahrtausend mit Speichenrädern (Abb. 74), welche die bis dahin verwendeten Scheibenräder ablösten, möglich. Dennoch konnten leicht verderbliche Waren nicht über längere Strecken transportiert werden.

4. Was ist eine Stadt? Große Siedlungen spielten im Alten Orient eine entscheidende Rolle. Die ersten Orte, die als „Stadt“ bezeichnet wurden, sind die beiden neolithischen Siedlungen Jericho und Çatal Hüyük. Bei beiden Orten konnten sich die Ausgräber nicht vorstellen, dass ihre Bewohner Bauern waren und vermuteten, dass es unter den Einwohnern bereits eine Spezialisierung sowie eine ausgeprägte Hierarchie gegeben haben müsse. Aber schon 1957 betrachtete Robert Braidwood beide als neolithische Dorfgemeinschaften. Was definiert also eine Stadt? Zu den formalen Kriterien gehört die Fläche. Jericho ist im 8. Jahrtausend v. Chr. drei ha, Uruk um 3000 v. Chr. 500 ha und Susa zur selben Zeit 25 ha groß. Bis etwa 2500 v. Chr. überschreiten die Siedlungen kaum eine Fläche von 50 ha. Zwischen 2500 und 1000 v. Chr. messen sie

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durchschnittlich 50 bis 100 ha. Danach erreichen sie viel größere Ausmaße, Ninive etwa 775 ha in neuassyrischer und Babylon 975 ha in neubabylonischer Zeit. Die Methode Henry Frankforts und Robert McAdams, die Einwohnerzahlen zu errechnen, gilt noch heute. Für das künstlich bewässerte Mesopotamien vermuteten sie 200 Personen pro Hektar, für Assyrien wahrscheinlich nicht mehr als 100. Diese Vermutung beruhte auf Texten wie Lohnlisten und auf modernen ethno-archäologischen Beobachtungen. Es ist anzunehmen, dass die Wohndichte in Stadt und Dorf unterschiedlich war. Außerdem war im Vergleich zu heute die allgemeine Bevölkerungszahl außerordentlich gering. Die Bevölkerung von Sumer um 2500 v. Chr. schätzt man auf 200 000 Einwohner. Da die genaue Siedlungsfläche meist unbekannt ist, gehen die wenigen Schätzungen der Einwohnerzahlen bisweilen stark auseinander. Die vorgeschlagene Zahl für das neuassyrische Ninive etwa schwankt zwischen 75 000 und 300 000 Einwohnern. Erst um 3000 v. Chr. werden Stadtmauern üblich, aber sie sind nicht in jeder Siedlung vorhanden. Eine 15 m breite und sehr sorgfältig gebaute Mauer schützte die urukzeitliche kleine Siedlung von Abu Salabikh. Nach unserem heutigen Verständnis stand diese Mauer in keinem Verhältnis zur Größe der befestigten Siedlung. Offenbar stellten Mauern bereits sehr früh auch einen symbolischen Wert für Stärke und Macht dar. Eine 9,5 km lange, sieben Meter hohe und durch über 900 eckige und runde Türme versehene Mauer schützte Uruk. Teile davon sind altbabylonisch, andere dank der plankonvexen Ziegel als frühdynastisch erkennbar (siehe Abb. 146 S. 102). Aus diesem Grunde wird gemutmaßt, dass Gilgamesch sie gebaut haben könnte. Der australische Archäologe und Theoretiker Gordon Childe hat zehn Punkte als Kriterium für eine Stadt zusammengefasst: die Erweiterung der bewohnten Fläche, die Hierarchisierung der Gesellschaft, die Anwesenheit von ganztags arbeitenden Spezialisten, das Vorhandensein staatlicher Organisation, Überproduktion und organisierte Landwirtschaft, Handel über weite Entfernungen, große Architektur, Standardisierung der Kunstideale, Schrift und Entwicklung der Wissenschaft. Entsprechend dieser Definition kann Uruk am Ende des 4. Jahrtausends als Stadt bezeichnet werden.

5. Stadtgründung und Stadtplanung Die Gründung einer Stadt ist im Augenblick des Geschehens oder auch im Rückblick eine sehr wichtige Tat. Deshalb gibt es weltweit dazu zahlreiche, oft gewalttätige Geschichten. Im Alten Testament tötete der Ackerbauer Kain den Hirten Abel, seinen Bruder (Genesis 4,1–8, 17). Kain gründete später eine Stadt, die er nach seinem Sohn Henoch nannte. Die erste Stadt war also das Werk einer Untat und zugleich das Ergebnis des Kampfes zwischen

5. Stadtgründung und Stadtplanung

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Abb. 37 왘 Tell Harmal: Stadtplan, altbabylonisch.

einem Nomaden und einem siegreichen – sesshaften – Bauern. Ebenso mit einem Makel behaftet ist die Gründung Roms: Romulus erschlug Remus im Streit, weil dieser spottend den entstehenden Mauerring übersprungen hatte. In Mesopotamien war die Stadt das Werk der Götter, auch wenn die Durchführung der Bautätigkeiten dem König oblag. Lediglich der Götterwille sicherte nach ihrer Gründung ihren Fortbestand. In dem „Fluch über Akkade“ genannten Text1 wird geschildert, wie die Göttin Inanna die Stadt Akkade baute. Solange sie über die Stadt wachte, gedieh sie. Als sich Inanna aber von ihr abwandte, versank sie, und selbst der große akkadische König Naram-Sin blieb machtlos. Die meisten Siedlungen entwickelten sich an günstigen Lagen. Dennoch gab es einige politisch gewollte Stadtgründungen; es fällt auf, dass ihre Zahl nach 1500 v. Chr. zunimmt. Dies hängt mit dem stärker werdenden „Großmachtgehabe“ mehrerer Staaten zusammen. Ägyptische Neugründungen, die in denselben Zeitraum fallen, sind Malqata bei Theben durch Amenophis III., die politisch-religiös motivierte Gründung Achet-Atons (heute Tell el-Amarna) durch Amenophis IV./Echnaton und Piramesse durch Ramses II. Während in Mesopotamien die Neugründungen des 2. Jahrtausends – etwa Dur-Kurigalzus und Kar-Tukulti-Ninurtas – vor allem durch aufwändige Tempelanlagen auffallen, stechen die neuassyrischen Gründungen des 1. Jahrtausends durch Palastanlagen hervor. Der neuassyrische König Sargon II. träumte von einer eigenen Residenz. Dafür wählte er einen Ort 16 km nördlich von Ninive und nannte ihn Dur-Scharrukin, „Sargons Festung“. Er erzählt, dass es an diesem Ort bereits ein Dorf gab, dessen Einwohner er mit Silber und Kupfer entschädigte. Denjenigen, die kein Geld von ihm annehmen wollten, schenkte er Felder. Sargon beschränkte sich nicht nur auf die Errichtung von Mauern, Palästen und Tempeln, sondern ließ große

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Flächen Brachland kultivieren und ausgedehnte Olivenbaumplantagen anlegen. Idealstädtische Planungen im moralischen Sinne wie Platos Staat oder Thomas Morus’ Utopia fehlten wohl im Alten Orient. Ebenso wenig gab es wie im Hellenismus eine Vereinheitlichung des Urbanismus über ein gesamtes Reich. Streben nach Symmetrie, die möglicherweise einen Machtanspruch symbolisiert, sowie regelmäßige Planung als Ordnungsa faktor fanden aber durchaus statt, wie die altbabylonische Stadt Schaduppum, der moderne Tell Harmal in Bagdad, zeigt (Abb. 37). Eine besondere Neugründung bietet das antike Haradum, eine vor etwa 30 Jahren entdeckte Soldatensiedlung, die von den altbabylonischen Königen als Befestigung der Westgrenze am Euphrat ausgebaut wurde. Die Gesamtanlage misst 100  100 m. Ein regelmäßiges Straßennetz teilte die Fläche in quadratische Inseln, in deren Mitte der Tempel und um ihn herum die größeren Häuser standen. Erst seit kurzem versuchen Archäologen, den Gesamtplan einer Siedlung, also die sakralen und profanen Areale, Wohn- und Arbeitsgebiete sowie Straßen und Kanäle zu rekonstruieren. Im Gilgamesch-Epos (I.17–22) lesen wir über Uruk: „Ein Sar die Stadt, ein Sar die Palmengärten, ein Sar die Flussniederung.“ Uruk war also dreigeteilt: Ein Drittel war bewohnt und ein Drittel wurde beackert. Das letzte Drittel diente als Weidefläche für Tiere oder für Obsthaine und Gärten. Bemerkenswerterweise finden wir diese Einteilung auch auf der Karte von Nippur eingezeichnet (Abb. 38a, b). Diese außergewöhnliche Tontafel wurde 1899 durch die Expedition der Universität von Pennsylvanien (Philadelphia) in Nippur gefunden. Der deutsch-amerikanische Assyriologe Hermann Hilprecht kaufte die Tafel und vermachte sie 1925 der Universität Jena, wo sie sich noch heute befin-

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b 왖 Abb. 38 a: Tontafel mit dem Stadtplan von Nippur, 23,5  17,5 cm, um 1300 v. Chr. b: Umzeichnung der Tontafel. Die

5. Stadtgründung und Stadtplanung

Hauptgebäude sind auf der Tafel mit Beischriften (akkadisch) angegeben. Jena, HilprechtSammlung.

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Abb. 39 왔 Chafadje: Stadtplan, frühdynastisch bis altbabylonisch.

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det. Die Tafel ist 21  18 cm groß. Sie wird um 1300 v. Chr. datiert und stellt somit den ältesten Stadtplan der Welt dar. Ein Vergleich zwischen den mit akkadischer Beischrift beschriebenen Bauten und Einrichtungen auf der Karte und den tatsächlichen Ausgrabungen zeigt, dass die Karte nicht nach NordSüd, sondern in einem Winkel von 54º zu dieser Achse orientiert ist. Sie ist aber korrekt und gibt die Entfernungen richtig wieder. Im Normalfall gab es ein „Zentrum“ mit Tempel und Palast, das erhöht sein konnte, sich aber nicht zwangsläufig in der Siedlungsmitte befand. In Assyrien waren Tempel und Palast eindeutig von den Wohngebieten getrennt, während sich die größeren und reicheren Häuser in Babylonien in Tempelnähe befanden. Zahlreiche Wohnviertel waren aber auch gemischt. Soweit sich dies erschließen lässt, lagen die Werkstätten innerhalb der Stadtmauer.

6. Straßen und Plätze Straßen teilten sich in Haupt- und Nebenstraßen, die gerade oder winkelig verliefen. Die geraden und regelmäßigen Straßen dienten der Anbindung wichtiger Gebäude, etwa als Prozessionsstraßen zwischen Haupttempel und Neujahrsfesthaus. Die winkeligen Straßen waren im Laufe der Wohnbebauung eher zufällig entstanden und oft nur zwei bis drei Meter breit. Für dieses an unsere mittelalterlichen Städte erinnernde Straßengewirr liefern Ur und Tutub (Chafadje) (Abb. 39) zwei schöne Beispiele. Straßen trugen oft einen Namen. Juristische Dokumente, die Grundbesitz lokalisieren, zeigen, dass sie häufig nach Göttern oder nach der Herkunft ihrer Bewohner benannt worden waren. Für die Straßen war keine „Stadtverwaltung“ zuständig. Vorschriften über Anlage und Erhaltung der öffentlichen Wege gab es nicht. In Abu Salabikh wurden Schweinezähne auf den Straßen gefunden. Daraus schließt man, dass frei herumlaufende Schweine den Unrat fraßen.

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Öffentlicher Raum fiel bescheiden aus. Gab es ihn, lag er im zentralen Bereich, nicht aber in Wohnvierteln. Weite Plätze als Handelszentrum waren in den altorientalischen Städten unbekannt. Produkte aus dem städtischen Hinterland wurden wahrscheinlich an Toren getauscht oder verkauft.

7. Gärten Der biblische „Garten Eden“ oder die „Hängenden Gärten von Babylon“ – eines der Sieben Weltwunder – bringen zum Ausdruck, welche Bedeutung das Grüne im alltäglichen Leben der Altorientalen besaß. Die altorientalischen Gärten waren nicht alle gleich. Es gab Nutz- und Wirtschaftsgärten, Lustgärten zum Vergnügen und zur Erholung, Landschaftsgärten mit botanischem Charakter und heilige Gärten. Zur Versorgung der städtischen Bevölkerung wurden Gemüse und Obststräucher im Schatten großer Bäume gepflanzt. Assyrische Hauptstädte waren von gartenähnlichen Landschaften umgeben, wo Sanherib (704–681 v. Chr.) etwa sogar einen Pavillon einrichten ließ. Für die Wasserzufuhr legte man Kanäle und Aquädukte an. Der am besten erhaltene Aquädukt wurde ebenfalls von Sanherib gebaut und brachte das Wasser vom 40 km Luftlinie weiter südwestlich gelegenen Jerwan nach Ninive (Abb. 40). Um das Wasser vom Fluss hinauf in den Garten zu befördern, bediente man sich eines Hebebrunnens, eines sogenannten Schadufs. Die berühmtesten Gärten des Alten Orients sind zweifellos die Hängenden Gärten von Babylon. Sie gerieten dank der griechischen Überlieferung nie in Vergessenheit, wenngleich man bis zu den Ausgrabungen von Robert Koldewey in Babylon nichts Genaues mehr wusste. Der Palast, in dem die Gär-

7. Gärten

왖 Abb. 40 Ninive, Nordpalast: Orthostat des Königs Assurbanipal, auf dem ein Aquädukt zu sehen ist, mit dessen Hilfe das Wasser nach Ninive transportiert wurde. London, British Museum.

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ten vermutet werden, wurde von Nebukadnezar II. (605–562 v. Chr.) gebaut. Spätestens von der Achämenidenzeit an wurden Gärten geplant und zeigten ein subtiles Spiel zwischen Natur, Vegetation und Wasser. In Pasargadae sind die verschiedenen Bauten und die umfangreichen Gärten, die Kanäle und die Becken in der Planung aufeinander abgestimmt. Die achämenidischen und sasanidischen Könige besaßen weite Jagdparkanlagen mit einer großen rechteckigen, von einer Lehmmauer umgebenen Grünfläche. Auf Avestisch hießen sie pairi-daeza, auf Altpersisch paridaida. Dieses Wort, das eigentlich „umzäunt, ummauert“ bedeutet, wurde zum griechischen paradeisos – unserem „Paradies“.

Abb. 41 왖 Tontafel mit der Umgebung von Nuzi, ca. 7,5  6,5 cm, akkadzeitlich. In der Mitte ist der Fluss Rahium mit seinen drei Nebenarmen zu sehen; Gebirge sind schuppenförmig dargestellt. Cambridge/Mass.

8. Landkarten Der „Stadtplan“ von Nippur wurde oben erwähnt (Abb. 38 a, b). Aus dem Alten Orient sind zwölf Landkarten, darunter fünf Stadtpläne bekannt. Allgemein dienten sie der Anfertigung von Katastern, um Eigentumsverhältnisse sicherzustellten. Die besterhaltene und zugleich älteste Karte stellt die Umgebung von Nuzi dar und geht auf etwa 2250 v. Chr. zurück (Abb. 41). Schuppen geben zwei Gebirgszüge wieder, Wellen den Hauptfluss und drei Nebenflüsse, sowie Kreise die Felder.

9. Zerstörung von Städten Unzählige Städte sind im Laufe ihrer Geschichte untergegangen. Doch ist bei einigen die Zerstörung zugleich ein Symbol für das verdiente oder unverdiente Ende einer Kultur. Die Geschichte des trojanischen Pferdes gilt in der europäischen Kultur als Symbol für die List der Griechen. So galt die Zerstörung des akkadischen Reichs im 21. Jahrhundert durch das Bergvolk der Gutäer als göttliche Bestrafung Naram-Sins. Viele Städte erlitten irgendwann eine Zerstörung, etwa Babylon am Ende der altbabylonischen Zeit oder Ninive 612 v. Chr. Babylon erlebte jedoch eine weitere, 700 Jahre anhaltende Blütezeit, Ninive hingegen blieb dünn besiedelt. Die meisten Städte wurden nach und nach aufgegeben, weil ihre Existenzgrundlage verschwunden war. 1 S. unter Kapitel VI. Sallaberger – Westenholz (1999), 23 Anm. 31.

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VIII.

Architektur

1. Bauen Bauen war ein vielfältiger öffentlicher oder privater Vorgang, verbunden mit materiellem und geistigem Aufwand. Gleichgültig, ob das zu bauende Gebäude ein Tempel, ein Palast oder ein Haus war, seine Errichtung erforderte die Einhaltung zahlreicher Vorschriften. Es wurden Omina eingeholt, um die Stelle des zukünftigen Tempels und den günstigsten Zeitpunkt zu ermitteln – oder im Traum teilte ein Gott dem Bauherren mit, dass er nun einen Tempel bauen könne oder solle. Baurituale wurden vorgelesen. Dabei spielte der mesopotamische Ziegelgott Kulla die zentrale Rolle. Zum symbolischen Schutz legte man vom 5. Jahrtausend an bei der Anlage des Fundaments beschriftete Tafeln oder Figuren als Gründungsbeigaben bei (Abb. 42). Von etwa 2600 bis 1900 v. Chr. hatten diese Beigaben oft die Form eines in einem Nagel endenden göttlichen oder königlichen Oberkörpers. Die Nägel veranschaulichten die symbolische Verankerung des Gebäudes in festem Boden. Damit das Bauwerk weiterhin von den Göttern beschützt blieb, wurde es gleichsam „getauft“ und bekam einen Namen. So können wir heute den Tempelbestand einer Stadt wie Babylon zwar nicht archäologisch, aber doch über Texte rekonstruieren. Nach dem rituellen Baubeginn waren wichtige Stationen für den Tempel das Einsetzen des Kultbildes und des Priesters. Dabei scheint die Orientierung eine große Rolle gespielt zu haben: Tempel lagen oft in einer Achse, etwa auf dem Sonnenverlauf der Sonnen- oder Winterwende1.

왖 Abb. 42 Tello: Gründungsnagel mit knieendem Gott. Urbau, Gudeas Vater. Kupfer, um 2110 v. Chr. Paris, Louvre.

1. Bauen

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2. Baumaterial Das Baumaterial Mesopotamiens ist der Lehm. Seine einfachste Art ist Stampflehm. Sehr früh jedoch wurde Lehm zu Ziegeln verarbeitet. Handgeformte Ziegel tauchen im 9. Jahrtausend auf, in einem Model hergestellte vielleicht zwischen 7500 und 7000 v. Chr. (siehe S. 55). Sicherlich modelgeformt sind in Mesopotamien die Ziegel in Tell es-Sawwan, Schicht I–II (6200–6000 v. Chr.). Von diesem Zeitpunkt an können Ziegel unterschiedliche, länglichere oder flacherere Formen annehmen. In Tell es-Sawwan I–II sind sie mit 59–70 cm Länge, 21–30 cm Breite und 6–8 cm Höhe immer noch sehr groß. Typisch für die Uruk IV-II-Schichten ist das Riemchen, dessen Schnitt quadratisch ist. Obwohl diese Form schon bei den ältesten Ziegeln auftaucht, wird der „plankonvexe“ Ziegel in der frühdynastischen Zeit standardisiert und zu ihrem regelrechten Wahrzeichen (Abb. 14b). Eine Seite dieser kleinen, fischgrätenförmig gelegten Ziegel ist gerade, die andere plankonvex. Ihr Maß beträgt 13  19 cm, größere messen 22  31 cm. Im 1. Jahrtausend wurden ziemlich große Flachziegel von etwa 40  40 cm benutzt (Abb. 14e). Die meisten Bauten bestehen aus ungebrannten Lehmziegeln. Gebrannt wurden sie nur für außergewöhnliche Bauten, wie etwa für die Grüfte der Könige der Ur III-Dynastie in Ur oder für die Außenschale von Stufentürmen. Des weiteren mussten gebrannte Ziegel an Stellen verlegt werden, die entweder der Witterung und dem Durchzug zahlreicher Menschen ausgesetzt waren – dies gilt für Bodenplatten in Höfen oder für Schwellen – oder die mit Wasser in Berührung standen, etwa in Bädern oder im Mauerverband um Kanalisationen. Die Ziegel wurden durch Lehmmörtel zusammengehalten. Dann wurden die Wände mit Lehm oder sehr häufig mit Kalk verputzt. Da Stein in der Levante und in Anatolien vorhanden ist, lieferte er ein beliebtes Baumaterial. Die Grenze zwischen Lehm- und Steinarchitektur verläuft am Euphrat. Holz brauchte man nur für Türen und das Dach, das aus lehm- und strohbedeckten Holzbalken bestand. In einer Architektur ohne Säulen und Pfeiler konnte die Raumbreite die Höhe der größten Bäume, aus denen die Dachbalken hergestellt wurden, nicht überschreiten. In den neuassyrischen Palästen erreicht mit libanesischen Zedern die maximale Raumbreite etwas über zwölf Meter. Eine weitere Besonderheit im Alten Orient ist die statische Sicherung der Mauern oder der Ziegelverbände. Schon Ende des 3. Jahrtausends wurde der Stufenturm in Uruk mit Strohmattenschichten gegen Erdbeben stabilisiert.

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VIII. Architektur

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3. Sakral contra profan Grundsätzlich gab es eine sakrale und eine profane Raumqualität. Sakral waren Tempel und Kapellen, aber auch Quellen, Steine oder Bergkuppen, die von keiner Architektur begleitet waren und die man heute nur über schriftliche Quellen ermitteln kann. Sakraler Boden wurde zunächst durch kultische Handlungen eingegrenzt und in einem zweiten Schritt durch einen Temenos „abgeschnitten“. Die Abgrenzung erfolgte meist durch eine Mauer, die den Tempel symbolisch vor dem Unreinen und dem Bösen der irdischen Welt schützte. Profan waren Paläste und Wohnräume, aber auch Wehrarchitektur, Verwaltungsbauten, Speicher, Aquädukte, Brücken, Kanäle oder Staudämme. Wie erkennt man ein sakrales Gebäude? Es kann ungekennzeichnet sein und lediglich vom kollektiven Bewusstsein wahrgenommen werden. Das Gebäude kann aber auch in einem abgegrenzten Gebiet liegen, groß sein und eine architektonisch unerhebliche Mauerdicke, eine typische Raumabfolge und Einbauten wie Postamente, Bänke oder Opferstätten besitzen. Altorientalische profane und sakrale Architektur auseinanderzuhalten ist dennoch nicht immer leicht. Paläste heben sich wiederum durch ihre Größe, eine Kapelle oder Funde von Häusern ab. Die Grenze zwischen einem Palast und dem stattlichen Haus einer wichtigen Familie ist aber fließend. Auch innerhalb eines Gebäudes versucht man die Funktion der einzelnen Räume zu bestimmen. Zu ihrer Erfassung helfen Raumlage, Einbauten und Funde. Dennoch ist es allzu oft unmöglich. Zum einen besaßen Räume je nach Jahreszeit, Aktivität oder Familienzusammensetzung mehrere Funktionen, zum anderen waren sie nicht selten fundleer. Grundrisse lassen sich typologisch2, als Raumfunktion, bautechnisch oder als Kulturphänomen eines bestimmten Gesellschaftstyps3 betrachten.

4. Mittelsaalhaus Die ältesten Häuser des Kernlands Mesopotamien befinden sich dem jetzigen Kenntnisstand nach in Tell el-Uweili. Sie sind dreigeteilt und werden deswegen als Mittelsaalhäuser bezeichnet. Bauten desselben Grundrisses, die ein halbes Jahrhundert zuvor in Uruk freigelegt worden waren, beeindruckten ihrer Größe, ihrer symmetrischen Gliederung und ihrer Nischengliederung wegen derart, dass sie zunächst für Tempel gehalten wurden. Die Forschung der letzten zwei Jahrzehnte hat den Zweck dieser Bauten korrigiert. Zwar erlaubt ihre Stellung in Uruk keine Deutung als einfaches Wohnhaus. Diese Prachtbauten werden jedoch heute als religiöse, aber auch als politische und wirtschaftliche Kommunalgebäude angesehen. Obwohl der dreigeteilte Grundriss nach der Urukzeit nicht völlig verschwunden ist, hat er nie mehr

4. Mittelsaalhaus

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den Leitfaden gebildet, den er in der Frühzeit darstellte. Gründe für seine Entwicklung und seine langzeitige Übernahme wie auch für sein Verschwinden zu finden, ist schwierig. Vielleicht machten ihn neue Strukturen in Wirtschaft, Politik und Familie obsolet.

5. Tempel: Allgemein

Abb. 43 왔 Grundtypen der Tempelgrundrisse.

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Tempelarchitektur ist eine Antwort auf Gottesvorstellungen und kultische Abläufe. Die Gotteshäuser der monotheistischen Religionen bestehen aus festgelegten Bauteilen und Einrichtungsgegenständen. Der chalkolithische Mittelsaalgrundriss ist schon deswegen polyvalent, weil das Sakrale und das Profane ungetrennt waren. Eine vorrangige religiöse Funktion von Bauten, die wir als Tempel bezeichnen, können wir erst zu Beginn des 3. Jahrtausends feststellen. Von der frühdynastischen Zeit an besitzen die Tempel einen Hof, eine Vorcella und eine Cella. Höfe waren geräumig, mit einer Wasserquelle und häufig mit Podesten oder Bänken versehen. Der Hof war die zentrale Lichtquelle, Öffnungen an den Außenwänden gab es nicht, um sich gegen Staub und Hitze zu schützen. Für Bauten ohne Hof wird gemutmaßt, dass der zentrale Raum ein erhöhtes Dach besaß, dessen Tragmauern durchbrochen waren. Trotz miserablen archäologischen Befunds ist anzunehmen, dass sämtliche Tempel ein Tor besaßen, um das Tempelareal zu versperren. Dazu waren Tempel zu heilig und zu reich. Die Cella besaß kein Fenster, ihr Inneres war also kühl und dunkel. Auch sie konnte mit einer Tür verschlossen werden. Im deutschsprachigen Gebrauch orientiert sich die Benennung der Grundtypen am Verhältnis von Tempeleingang und Platzierung des Allerheiligsten oder des „Altars“ (Abb. 43). Bei dem Knickachstempel befindet sich der Eingang an einer Längsseite und das Allerheiligste an der entferntesten Schmalseite. Die Knickachse entsteht dadurch, dass sich der Besucher nach dem Eingang zum „Altar“ wenden muss. Dieser Typ entstand zu Beginn des 3. Jahrtausends im Diyala-Gebiet. Typisch für den sumerischen Süden ab der Ur III-Zeit (2100 v. Chr.) ist der Breitraum. Der Eingang befindet sich an einer Längsseite, unmittelbar davor der „Altar“. Schließlich gibt es im Norden den Langraum, dessen ältestes Beispiel dem heutigen Kenntnissstand nach aus dem ostsyrischen Tell Leilan des 18. Jahrhunderts v. Chr. stammt. Der Eingang liegt an einer Schmalseite und an der entgegengesetzten Schmalseite der „Altar“. Die Entfernung zwischen Eingang und „Altar“ beträgt demnach die gesamte Tempellänge. Innen scheint es einen besonderen Schmuck nur selten gegeben zu haben. Ein Orthostatenrelief mit der Darstellung eines geflügelten Genius im

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왗 Abb. 44 Uruk: Karaindasch-Tempel, H. der Figuren ca. 1,65 m, 15. Jh. v. Chr., Fassadenschmuck mit wasserspendenden Gottheiten. Berlin, VAM.

Eingang des Ninurta-Tempels in Nimrud bildet eine Ausnahme. Tempelspezifisch waren Einbauten wie Postamente und Inventar wie Räucherständer. Votivgaben, der materialisierte Ausdruck einer Beziehung zwischen zwischen Dedikant und Gottheit, waren äußerst vielgestaltig und reichten von einfachen Objekten zu aufwändigen Weihstatuetten aus Gold. Außendekor bestand in der Urukzeit in der Nischengliederung der gesamten Tempelwände, danach nur noch der Eingänge (Abb. 14d). Im 2. Jahrtausend und auf die Fassade beschränkt gab es torsadierte Halbsäulen (Abb. 14c) (siehe unten) und ausnahmsweise figürlichen Schmuck, der Gottheiten darstellte. Sie waren in Ziegel geformt wie in Uruks Karaindasch-Tempel (Abb. 44) oder kleine Steinplatten wie in Tell Rimah. Der altorientalische Tempel bestand aus viel mehr Räumen als den bisher erwähnten. Um den Hof reihten sich Räume, wo die unterschiedlichsten Funde gemacht wurden. Von der Verwahrung wichtiger Dokumente und Texte bis zur Herstellung und Speicherung von Nahrungsmitteln gab es im Tempelareal alles. Eine Unterscheidung der Tempel je nach Gottheit gab es nicht. Man erkannte die Schutzgottheit nur an beschrifteten Objekten oder an den Weihgaben. Neben den Tempeln standen kleine Heiligtümer an den Straßen, in Privathäusern oder in Palästen.

5. Tempel: Allgemein

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Exkurs: Architektur in Uruks Schichten VI–IV Über die Ursprünge von Uruk wissen wir nichts. Vielleicht wuchsen ursprünglich zwei Dörfer, Kullaba und Eanna, zusammen. Die auf einer Fläche von etwa 600 m  300 m verteilten Bauten in diesen zwei Vierteln bilden eines der großartigsten Gebäudeensembles des antiken Mesopotamien (Abb. 45). Neben den spätobeidzeitlichen Tempeln entstand, in dem Viertel Kullaba, auf Terrassen, die später die Anu-Ziqqurrat bilden werden, der wegen seiner weiß getünchten Wände sogenannte „Weiße Tempel“ (Abb. 45). Er misst 18 m  22 m (396 m2). Das halbunterirdisch angelegte Steingebäude liegt am Fuß der Terrassen und wurde im Laufe der Zeit durch neue Terrassen überdeckt. Es besteht aus Kalkstein und ist 27 m  32 m groß. Auffällig ist der labyrinthartige Grundriss mit einer Außenmauer von 2 m – 2,60 m Dicke und einer 5 m  10 m großen Mittelkammer. Alle Wände waren sorgfältig verputzt, die Kammer ausgenommen, in deren Mitte sich ein 4,40 m langes und 3,10 m – 3,20 m tiefes Postament befindet. Kenotaph und Tempel mit überirdischem Aufbau sind nur zwei Vorschläge für die bislang ungeklärte Funktion dieses Gebäudes. Das Eanna-Viertel ist dicht bebaut. Einen Ursprung in den ältesten Schichten von Eanna (Uruk VI-V4) haben das Steinstiftgebäude (früher „Steinstifttempel“ oder „Mosaiktempel“), das Kalksteingebäude sowie die Bauten C, F, G und H, sämtlich dreigeteilt. Das Steinstiftgebäude ist 27 m  36 m groß. Das Baumaterial Stein sowie die mit Steinstiften (siehe unten) verzierte Außenwand und die genischte Umfassungsmauer verweisen auf Reichtum. Das Kalksteingebäude fällt ebenso wegen des Baumaterials Kalkstein und wegen seines Maßes von etwa 75 m  30 m auf (2250 m2). Der Bau C war etwa 54 m  22 m groß (ca. 1200 m2) und durch einen quergelegten Kopfbau charakterisiert, der dem Bau eine T-Form verlieh. Zu den älteren Phasen der Schicht Uruk IV gehören die zahlreichen Bauten B, D,

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VIII. Architektur

K, J, N und das aus Riemchen über dem Steinstiftgebäude gebaute „Riemchengebäude“. Am Ende von Uruk IVa wurden die Bauten in Eanna eingeebnet und die wertvollen Gegenstände im Riemchengebäude gesammelt. Daher war die Fundbeute reichhaltig: Steinvasen, Silexwaffen und –utensilien, Metall- und Muschelobjekte, Intarsienreste und „Pfosten“. Der sehr zerstörte Bau D könnte etwa 50 m  60 m gemessen haben5. Die Längswände tragen zwei 6,45 m  5 m große Nischen mit ebenfalls gegliederten Wänden. Zwischen ihnen liegen kleinere Nischen. Als Heinrich Lenzen „den Bau mit vier Sälen“ ausgrub, nannte er diesen Bau zunächst „Tempel E“, später „Empfangssaal“. Der stark rekonstruierte und völlig symmetrische Bau ist etwa 50 m  50 m (2500 m2) groß. Sowohl die Außenecken wie auch die Ecken des 900 m2 großen Hofes sind in wahrhaftig barocker Manier geschnitten. In den Außenwänden sitzen sechsfach abgetreppte, etwa zwei Meter tiefe Nischen. Diesen einfach durch die Setzung von Lehmziegeln erlangten Formenreichtum wird es in der altorientalischen Architektur nach der Urukzeit nie wieder geben. Zur jüngeren Uruk IV-Schicht gehören die Rundpfeilerhalle, die Pfeilerhalle und der Hallenbau. Stiftmosaikverzierung charakterisiert diese Bauten, wie auch schon das Steinstiftgebäude. Die Stifte oder Nägel sind in der Regel aus Ton, selten auch aus Stein hergestellt. Sie werden in Lehm oder Gipsmörtel eingetieft und mit ihren roten, weißen oder schwarzen Köpfen zu geometrischen Motiven angeordnet. Der Stiftdekor der zwölf genischten Pfeiler der Pfeilerhalle gab Anlass, diese Halle als Begegnungsort zweier Chöre und als Kalenderhaus zu interpretieren. Ganz in dieser Technik verzierte Bauten fanden sich nur in Uruk. Stifte wurden aber in Syrien und in Anatolien gefunden, im Vergleich zu Uruk allerdings in geringen Mengen.

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6. Tempelgrundrisse in der Geschichte In Eridu, Tell Uqair oder Tepe Gaura Schicht VIII finden wir späturukzeitliche vergleichbare dreigeteilte Bauten. Diese Tradition der Dreiteiligkeit lebte in den frühen Schichten I–X von Chafadjes Sin-Tempel (Abb. 46). Allerdings machten diese Tempel kaum ein zwanzigstel der Uruk-Bauten aus, waren Knickachstempel und besaßen erstmals einen Hof. Vielfalt charakterisierte die frühdynastische Zeit. Der Inanna-Tempel von Nippur bestand aus einer Abfolge langer und schmaler Höfe und Räume mit einem Doppeltempel. In der frühdynastischen II-zeitlichen Phase waren

왖 Abb. 45 Uruk: EannaViertel im 4. Jt. v. Chr.

왗 Abb. 46 Chafadje: Sin-Tempel, ca. 32  18–25 m, frühdynastische I-Zeit.

6. Tempelgrundrisse in der Geschichte

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der Abu Tempel in Tell Asmar (Square Tempel III-I) und der Schara-Tempel in Tell Agrab ein Hofhaustempel mit bis zu drei Knickachs-Cellen. Assurs Ischtar-Tempel H (frühdynastisch III) bot bereits die typisch assyrische Längsachse. Zahlreiche Tempel der späten frühdynastischen Zeit standen über einer bisweilen ovalen Terrasse. Solche Tempelterrassen fanden sich in Chafadje („Temple Oval“), in Lagasch, dem modernen Al-Hibba (Ibgal-Tempel der Inanna) und in Tell el-Obeid, wo der Tempel der Ninhursag sehr reich mit Tieren aus getriebenem Kupfer, Steinvögeln, Einlagefriesen von schreitenden Stieren und Melkszenen, Nägeln mit blumenförmigem Kopf und Mosaiksäulen dekoriert war. Während akkadzeitliche Architektur kaum bezeugt ist, können wir feststellen, dass die Ur III-zeitliche Architektur wieder regelmäßige Grundrisse bietet. Der besterhaltene Plan stammt aus der Hauptstadt Ur. Wichtigster Bau ist die neue von Urnammu erfundene Bauform der Ziqqurrat. Südlich davon verteilen sich mehrere Bauten, darunter das annähernd quadratische, 79 m  76,50 m große giparu oder „Priesterinnenkloster“. Im südlichen Teil befindet sich ein Kultraum mit Vorcella, Hof (C7) und Vorhof (C3). Hier taucht erstmals der Breitraum auf. Andere Bauten sind das Ganunmah, zunächst Verwaltungszentrum für Tempelwirtschaft mit Magazinen, dann von der altbabylonischen Zeit an Schatzhaus, und der Kisalguen, möglicherweise ein Königspalast. Diese Gesamtanlage wird mit kleinen Verschiebungen bis zur neubabylonischen Zeit bestehen. Altbabylonischzeitliche Bauten befanden sich in zahlreichen Städten. Bemerkenswert ist der streng symmetrische, etwa 100 m  65 m große Inanna-Kititum-Tempel im Neribtum, dem modernen Ischcali (Abb. 47). Die

Abb. 47 왘 Neribtum: Inanna-KititumTempel, ca. 107  70 m, altbabylonisch.

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Tempelanlage bestand aus zwei Breiträumen und einer dritten Cella, vielleicht ein Langraum. Sämtliche wichtige Toreingänge besaßen gestufte Torlaibungen und die Türme waren mit abgetreppten Nischen geschmückt. Der Enki-Tempel in Ur fiel durch den mit einem Gang getrennten Cellabereich auf. In der zu diesem Zeitpunkt unabhängigen Stadt Eschnunna, dem modernen Tell Asmar, baute der König Naram-Sin ein erstaunliches Gebäude, das seine Ausgräber in den 1920ern „Audienzhalle“ nannten. Es kombinierte sakrale Merkmale wie die Gliederung seiner Außenfassaden mit der profanen Architektur von Hof und Räumen. Typisch für die altbabylonische Zeit waren Tempeleingänge bewachende Löwen (Abb. 48). Meist aus Ton sollten sie dem herannahenden Besucher Angst einflößen. Maris Tempeleingang bewachten zwei Metalllöwen von innen. Im altassyrischen Assyrien war der Hauptort Assur. Der wahrscheinlich in der frühdynastischen III-Zeit gegründete Assur-Tempel wurde in der Zeit Schamschi-Adads neu errichtet. Der Tempel war 108 m  54 m groß und besaß einen Hof, eine Vorcella und eine Knickachscella. Der völlig symmetrische Doppeltempel für Sin und Schamasch – möglicherweise von Assur-nirari I. (1533–1508) gebaut – zeigte einen Mittelhof mit quergelegten Vorcellae und Langraum-Cellae. In Tell Rimah, dem antiken Qatara, gliederten Türme, Vorsprünge, Nischen und Stabwerk verschiedener Formen die Außen- und Hofwände des auf Schamschi-Adad zurückgehenden Tempels (Abb. 49, 14c). Dazu kamen Halbsäulen, deren keilförmige und auf der Außenseite abgerundete Ziegel zu Torsaden gelegt waren, sowie weitere Halbsäulen, deren Lehmüberzug mit dem Palmenstämme nachahmenden Schup-

6. Tempelgrundrisse in der Geschichte

왗 Abb. 48 Tell Harmal: Sitzender Löwe, 18. Jh. v. Chr. Bagdad, Iraq Museum.

왔 Abb. 49 Tell Rimah: Tempelfassade mit Halbsäulen, Zeit SchamschiAdads (1808– 1776 v. Chr.).

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Abb. 50 왘 Babylon in der spätbabylonischen Zeit.

penmuster versehen war. Diese vor allem im Norden verbreitete Verzierung findet sich in Assur und in Tell Leilan, aber auch an der sogenannten Bastion des Warad-Sin an der Ziqqurrat in Ur. Die kassitische Architektur zeichnete sich zumindest in der Hauptstadt Aqr Quf durch ihre Größe aus. Die ausgegrabenen Überreste des Tempels an der Ziqqurrat nahmen über 100 m ein. Der König Karaindasch hinterließ in Uruk einen ungewöhnlichen Langraum-Tempel, dessen Außenfassade zudem mit aus Backsteinen zusammengesetzten Göttern und Göttinnen geschmückt war (Abb. 44). Die Aramäer errichteten prächtige Paläste aber schlichte Tempel wie die Langräume in Tell Halaf oder die syrischen Antentempel in Karkemisch und Tell Tainat. Obwohl Tempel in der neuassyrischen Zeit eine außerordentlich wichtige religiös-politische Rolle spielten, konzentrierte sich die Anstrengung der Bauherren auf die Paläste. In Assur blieb das außergewöhnliche bīt akīti erhalten, das Festhaus, wo die Götterbilder während des Neujahrfestes gelagert wurden. Sanheribs Umbau mit dem portikusgesäumten Hof, an dem sich eine Cella befindet, mutet unassyrisch an.

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Was wir aus Babylon kennen, stammt vor allem aus der Zeit der drei wichtigen spätbabylonischen Könige Nabopolassar, Nebukadnezar II. und Nabonid (Abb. 50). Große Tempel säumten Babylon, in dessen Mitte die Ziqqurrat und der dazu gehörige Marduk-Tempel standen. Das Ischtar-Tor befand sich auf der Neujahrsprozessionsstraße zwischen dem Marduk-Tempel und dem bīt akīti außerhalb der Mauern. Das Tor bestand in einer ersten Phase aus unglasierten reliefierten Ziegeln mit Schlangendrachen, einer zweiten Phase aus flachen glasierten Ziegeln und einer dritten aus reliefierten und glasierten mit Stieren und Löwendrachen dekorierten Ziegeln. Diese dritte Phase wurde, wie auch ein Teil der Prozessionsstraße, im Vorderasiatischen Museum zu Berlin rekonstruiert (Abb. 33).

7. Ziqqurrat Stufentürme werden akkadisch als Ziqqurratu bezeichnet. Das Wort ist vom Verb zaqāru „herausragend sein, hochbauen“ abgeleitet. Urnammu ist der „Erfinder“ der Ziqqurrat, die er sehr wahrscheinlich aus den seit der Obeidzeit vielerorts vorhandenen Hochterrassen entwickelte. Diese entstanden wiederum um möglicherweise die wichtigen Bauten vor Überflutungen zu schützen, aber Vorstellungen der Gottesnähe könnten ebenfalls mitgespielt haben. Während der Ur III-Zeit wurden in sämtlichen wichtigen Städten Hochterrassen zu Ziqqurraten umgebaut oder solche in Uruk, Eridu, Nippur oder Adab errichtet. Meist unterlag aber diese Bauphase in der neubabylonischen Zeit starken Änderungen. Der sumerische Ziqqurrat-Prototyp stand in Ur (Abb. 51). Die unterste Stufe war 62,40 m  43 m groß und ist auf 11 Meter Höhe erhalten. Zwei an

왗 Abb. 51 Ur: Ziqqurrat, Versuch einer Rekonstruktion.

7. Ziqqurrat

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Abb. 52 왔 Borsippa: Blick auf die nordwestliche Seite des Turms.

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der Ostseite und parallel dazu angelegte Treppen führten zur zweiten Stufe. Eine weitere, im Verhältnis zu den zwei Treppen mittig und in einem Winkel von 90° angelegte Treppe besaß ebenfalls einen Absatz auf der ersten Stufe. Die Zahl der Etagen wird auf zwei oder drei geschätzt. Auf der obersten befand sich wohl ein Heiligtum. Ziqqurrate waren von Höfen und weiteren Bauten umgeben. Für die Ur III-Zeit ist eine Begrenzung mit Temenos in Ur nicht ganz sicher. Der im 14. Jahrhundert erbaute Stufenturm in Aqr Quf war mit seiner Grundfläche von 67,60 m zu 69,00 m. und seiner Höhe von 33 m für die unterste Stufe außergewöhnlich groß. Noch weitläufiger war der berühmte, möglicherweise aus altbabylonischen Terrassen entstandene spätbabylonische „Turm von Babel“. In einer Nachgrabung 1962 wurden die Ziqqurrat-Seitenlänge von 91,53 m – sie entsprachen 180 Ellen – und das Steigungsverhältnis der Treppenwangen festgelegt. Daraus ergab sich eine Gesamthöhe, die genau der Seitenlänge entsprach und die in sechs nach oben kleiner werdende Stufen unterteilt werden kann. Auf der höchsten Stufe lag ein Tempel. Alexander der Große ließ die Ziegel der damals baufälligen Ziqqurrat abtragen und damit ein Theater in Babylon fundamentieren. 20 km südlich von Babylon, in Borsippa, dem modernen Birs Nimrud, befindet sich eine weitere zeitgleiche Ziqqurrat (Abb. 52). Diese besser erhaltene Ruine hielt man bis etwa 1850 für den biblischen „Turm von Babylon“. In Assyrien liegt die besterhaltene Ziqqurrat gegenüber von Assur auf dem anderen Tigris-Ufer in Kar-Tukulti-Ninurta, einer Stadt, die TukultiNinurta I. neu errichtete. Größter Unterschied zu Babylonien war die enge Verbindung zwischen Ziqqurrat und Tempel, die ihren Ausdruck in der in

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왗 Abb. 53 Mari: Palast in der letzten Phase vor seiner Zerstörung durch Hammurapi.

die Ziqqurrat eingetiefte Hauptkultnische hatte. Eine Außentreppe fehlte, der Zugang zum Turm verlief somit über das Tempeldach.

8. Paläste Paläste waren vielfältige Institutionen, die nicht nur als Königresidenz, sondern auch als politische Zentrale einer „Regierung“, als Verwaltung und als Produktions- und Arbeitsstätte zahlreicher Menschen dienten. Der heute am besten erhaltene Palast steht in Mari (Abb. 53). Seine erste Bauphase reicht auf etwa 2500 v. Chr. zurück, die jüngste zerstörte Hammurapi. In dieser letzten Phase maß der Palast etwa 130 m  180 m und bestand aus mindestens 300 Räumen. Architektur und Funde erlaubten es dort, zahlreiche Funktionsbereiche zu bestimmen. Ein gut ausgestatteter Palast besaß einen öffentlichen und einen privaten Bereich. Privat waren die königlichen Gemächer, die komfortabel mit Bad und Toilette ausgerüstete und bisweilen im ersten Stockwerk liegende Wohnungen umfassten. Im Mittelpunkt des politischen Lebens standen der Thronraum oder die Thronraumsuite. Dem sakralen Bereich gehörten eine oder mehrere Kapel-

8. Paläste

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len an. Oft in Syrien, aber ausnahmsweise auch in Mesopotamien wurden Könige in ihren Palästen bestattet. Unter den Räumen des häufig umgebauten „Alten Palastes“ in Assur lagen die Grüfte einiger assyrischer Könige. Der Verwaltung und dem Hofstab standen „Arbeitsstuben“ zur Verfügung. Tontafeln wurden in Archiven aufbewahrt. Zahlreiche im Palast benötigte Objekte wurden auch dort hergestellt. So zählten zu den täglichen Besuchern Schreiber, Intendanten, Wächter, Eunuchen, Opferschaupriester, Dolmetscher, Handwerker, Tänzerinnen oder Sänger und Sängerinnen. Für ihre Ernährung sorgten Köche, Bäcker und Gehilfen. Küchen und an ihrem langen und schmalen Grundriss erkennbare Speicherräume fanden sich in jedem Palast. Genauso wenig, wie wir vor der frühdynastischen Zeit den Tempel festmachen können, so gilt als ältester Bau, der vorrangig eine palatiale Funktion einnahm, das Djemdet Nasrzeitliche, auf einer Terrasse liegende Gebäude in Djemdet Nasr. Die auf etwa 45 m  105 m erhaltene Fläche mit Raumketten und zwei größeren Räumen erlaubt wegen des schlechten Erhaltungszustandes keinen schlüssigen Grundriss. Aus der frühdynastischen Zeit stammen mehrere Bauten in Eridu, Tell el-Wilayah, Uruk und Mari, die als Palast gedeutet werden. Eine prachtvolle, frühdynastisch IIIA-zeitliche Doppelanlage wurde auf dem Mound A des Tell Ingharra, dem antiken Hursagkalama, freigelegt. Der Palast A besteht aus zwei Teilen. Den Kern des nördlichen Teils bildet ein Hof, an dessen Ostseite sich mehrere Räume anschließen. Auffällig ist die fünf Meter dicke Umfassungsmauer. Im etwas jüngeren südlichen Anbau war wohl der lange Raum, dessen Decke von vier Pfeilern getragen wurde, der wichtigste. Seit Jahrzehnten beschäftigt sich die Wissenschaft mit dem „Urplan“ des bis zur neuassyrischen Zeit umgebauten „Alten Palastes“ in Assur. Der Vergleich mit dem sicher in die Akkadzeit datierten Palast im ostsyrischen Tell Brak verleitete für den quadratischen Bau in Assur zu einer akkadzeitlichen Entstehungszeit. Ein Eingangsbereich führte zum Haupthof in der Mitte. Darum verteilten sich Repräsentations- und Verwaltungräume, Privatgemächer, Küche und Magazine. Die Kontroverse über Räume, die als Höfe oder als überdachte Räume angesehen werden oder über das Vorhandensein eines ersten Stockwerks, illustriert die Interpretationsschwierigkeiten schlecht erhaltener Grundrisse. Für die altbabylonische Zeit soll der Palast genannt werden, den Sinkaschid, König in Uruk, bauen ließ. Das Gebäude ist etwa 102 m  145 m. groß. Auffällig sind die bis zu acht Meter dicken Außermauern und der Raum 28 mit sechs Pfeilern, der, je nach Auffassung, ein Atrium oder bedeckt war. Obwohl der Königspalast in Dur-Kurigalzu, dem modernen Aqr Quf, unzureichend erhalten ist, zeichnet er sich durch eine bis dato unerreichte Ausdehnung von mindestens 200 m  360 m aus.

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Exkurs: Neuassyrische Paläste Die neuassyrischen Paläste gehören zu den bekanntesten altorientalischen Bauten. Dazu haben ihre frühe Freilegung, die schönen Orthostaten und die Aufbewahrung vieler im leicht zugänglichen British Museum beigetragen. Die Paläste waren „Gesamtkunstwerke“, insofern sie als Bauteile und Baudekoration aufeinander abgestimmt konzipiert und ausgeführt wurden. An den Wänden befanden sich farbige Steinorthostaten und darüber Wandmalereien, an den Durchgängen riesige Torhüterfiguren, Türschwellen aus Stein und Holztüren mit Bronzebeschlägen und auf dem Boden, vor allem im Winter, Teppiche. Einen Palast zu errichten war eine Prestigeangelegenheit, die sich jeder neuassyrische König zu leisten versuchte. In Nimrud, dem antiken Kalchu, baute Assurnasirpal II. den „Nordwestpalast“ (Abb. 54), der nach etwa 15 Jahren Bauzeit eingeweiht wurde, und Tiglatpilesar III. den „Zenralpalast“. Sargon leitete 713 die Bauarbeiten für seine neue Hauptstadt in Khorsabad ein. Als er acht Jahre später 705 starb, war noch nicht alles fertig. Die zwei größten Paläste entstanden in Ninive. Dort riss Sanherib die „baufällige Residenz seines Vaters“ ab und baute von etwa 703 bis 692 einen neuen Palast – den „Südwestpalast“ –, der größer und schöner werden sollte, als alles bisher Bekannte. Er nannte seinen Palast „Der seinesgleichen nicht hat“ (šâninu lā išu). Zumindest ist der Thronsaal 1 mit seinen 12,25 m  51 m der größte aller neuassyrischen Paläste6. Assurbanipal übernahm in seinen Anfangsjahren 648–647 v. Chr. diesen Palast und ließ ihn mit neuen Orthostaten schmücken. Dies reichte ihm aber nicht. Deshalb erweiterte er das im Kern bereits existierende „Haus der Nachfolge“, das wir heute „Nordpalast“ nennen. Politischer Anlass waren die Einnahme Babylons 648 und die Plünderung Susas 647. Die Bauarbeiten sind in einem Prisma von 646 beschrieben, 643 war der Palast wohl fertig. Weniger als die Hälfte des Palastes ist bekannt, woran nicht nur die

unzulängliche Grabung, sondern auch die Erosion schuld ist. Der einzige große neuassyrische Palast außerhalb des assyrischen Kernlandes entstand im 8. Jahrhundert unter einem sehr unabhängigen Gouverneur in Til Barsip, dem modernen Tell Ahmar am syrischen Euphrat. Aus diesem Palast stammen die besterhaltenen neuassyrischen Wandmalereien. Die assyrischen Bauten wurden aus nicht gebrannten Lehmziegeln und daher für ihre Ausmaße erstaunlich schnell hochgezogen. Für den Palastbau wurden Tausende von besiegten Untertanen nach Assyrien deportiert und eingesetzt.

Die Fläche der Paläste ist nicht leicht zu rekonstruieren. Für den Palast Assurnasirpals II. sollte man mindestens 200 m  150 m, also 30 000 m2 ansetzen. Assurbanipals Nordpalast maß ursprünglich mindestens 125 m  250 m, also 32 250 m2 (Abb. 55). Die ausgegrabene Fläche des Palasts „Der seinesgleichen nicht hat“ beträgt 191 m  242 m. Eine doppelt so große Originalfläche wird nicht ausgeschlossen. Sobald der Rohbau stand, wurde mit der Innenausstattung begonnen.

8. Paläste

왖 Abb. 54 Nimrud: Eingangstor zum Nordwestpalast des Königs Assurnasirpal II., 9. Jh. v. Chr.

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Abb. 55 왖 Ninive, Nordpalast des Königs Assurbanipal: Löwenjagd. Relief, um 645–635 v. Chr. London, British Museum.

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Waren alle Dekorteile fertig, konnte der Palast eingeweiht werden. Im Nordwestpalast kam die sogenannte „Einweihungsstele“ aus dem 5. Regierungsjahr Assurnasirpals II. ans Licht. Zur Einweihungsfeier habe er 69 574 Menschen eingeladen, sie zehn Tage bewirtet und schließlich „in Frieden und Freude nach Hause geschickt“. Allen Einweihungsberichten ist gemeinsam, dass die Könige zu ihrer Feier die Götter und die zukünftigen Könige, selbst die noch ungeborenen, einluden. Der assyrische Palast folgte einem festgelegten Generalplan. Zwei Areale waren dem öffentlichen Leben – das babānu – und dem privaten Leben des Königs – das bītānu – vorbehalten. Jedes Areal besaß einen Hof, zwischen denen die

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Thronsaalgruppe – ein Thronsaal, ein Vorraum und ein Baderaum – lag. Zahlreiche Texte zeigen, dass der ruinöse Zustand eines Gebäudes nicht als Möglichkeit, sondern als sicher zu erwartende Tatsache angesehen wird. In ihren Bauinschriften fordern deshalb sämtliche Könige ihre Nachfolger auf, den neuen Palast in Stand zu halten oder nach Bedarf zu restaurieren. Die Bauinschriften sind oft mit Verboten verbunden. Assurnasirpal II. war hier besonders genau. Er verbot wertvolle Teile, wie Holztüren und -balken oder Metallnägel zu entfernen, das Dach abzureißen oder die Entwässerungsanlagen zu zerstören, die den Palast Regen ausgesetzt hätten. Ferner untersagte er, den Palast bei einer Belagerung zu verlassen und ihn als Warenlager, Stall oder Gefängnis zu nutzen. Assurnasirpal wäre sicher zutiefst enttäuscht gewesen, hätte er das Schicksal seines Palastes erlebt. Noch 140 Jahre, bis Sargon II., wurde er königlich bewohnt. Danach wandelte man einige Räume in eine Verwaltungsstätte mit Warenlagern um, bis er – wie auch Nimrud – 612 zerstört wurde.

Im südanatolisch-nordsyrischen Streifen ließen zwischen dem 10. und 8. Jahrhundert die aramäischen Fürsten in ihren Stadtstaaten Bit-Bachiani mit der Hauptstadt Guzana, dem heutigen Tell Halaf, oder Jaudi mit der Hauptstadt Sam’al, dem modernen Zincirli, originelle Bauten entstehen. Oft gehören die Paläste zum „bit hilani“-Typ. Dieser Grundriss definiert sich durch eine Vorhalle mit bis zu drei Säulen an der Front und einen dahinter querliegenden Hauptraum, um den sich kleinere Räume gruppieren. An einer Seite der Vorhalle schließt sich häufig ein Treppenhaus an. Oft sind die Frontwände und Torlaibungen der Gebäude mit Orthostaten und Tierplastiken versehen. Die Säulen stehen auf skulptierten Postamenten. Der Aramäer-Fürst Kapara hinterließ in Tell Halaf zahlreiche beschriftete Bildwerke, mit denen er seinen „Westpalast“ schmückte. Als Stützen für den Torsturz dienten drei mächtige Götterstandbilder auf Tierkolossen. Diese Gruppe wurde zur Gestaltung der Museumsfassade des archäologischen Museums von Aleppo ausgewählt (Abb. 56). Sie war wiederum eine Kopie der älteren Rekonstruktion im Tell Halaf-Museum in Berlin-Charlottenburg, das 1943 zerstört wurde.

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Auch das neubabylonische Babylon war eigentlich eine ständige Baustelle. An der etwa 322 m  190 m großen „Südburg“ wurde von Nabopolassar bis Nabonid gebaut. Sie besteht aus einer Abfolge von fünf großen Höfen (Abb. 57). Im größten, dem mittleren, befindet sich der Thronraum. Seine 52 m lange Fassade schmückte Nebukadnezar mit vier schreitenden Löwen und acht Volutenbäumen auf jeder Seite des Mitteltors. Die „Haupt- oder Nordburg“ befand sich nördlich der inneren Stadtmauern. Dieser Bau, der Nebukadnezar sehr am Herzen lag, ist schlecht erhalten. Möglicherweise war er, wie der etwa 2 km nördlich an der Außenmauer liegende „Sommerpalast“, ein Ort, in dem es ruhiger zuging als „in der Stadt“. Die letzten hier zu nenennden Paläste sind achämenidenzeitlich. Pasargadae liegt etwa 40 km nordöstlich von Persepolis. Dort ließ Kyros um 550 v. Chr. von ionischen und lydischen Stein-

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왔 Abb. 56

왖 Abb. 57

Aleppo: Statuen aus Tell Halaf als Fassadenschmuck des Archäologischen Museums.

Babylon: Rekonstruktion der Südburg.

8. Paläste

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Abb. 58 왖 Susa, Palast Darius des Großen: „Die unsterbliche Garde“, Prozession der Bogenschützen.

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metzen eine große Terrasse aus Steinquadern errichten, eine Bauweise, die bis dahin in Persien unbekannt war. Nahe der großen Terrasse zog er einen ausgedehnten Bezirk mit Palästen und einer Zitadelle hoch. Ob Eingangstor oder Palast, die Bauten bestanden aus Säulenhallen und Säulenportiken. Wir nennen diesen typisch achämenidischen Gebäudetypus Apadana. In assyrischer Tradition hingegen verblieben waren Mischwesen als Torhüterfiguren und weitere Reliefs mit Königsdarstellungen. Darius wollte die kalten Wintermonate der Persis vermeiden und baute sich einen Palast in Susa. Der Grundriss verbindet den neubabylonischen Palasttyp für den Wohntrakt mit einem Apadana als Repräsentationsbau. Der babylonische Teil war mit glasierten Ziegeln versehen. Neben Löwen und Mischwesen gab es am Osttor Soldaten, die der Ausgräber Marcel Dieulafoy um 1885 als die „Unsterblichen“ betitelte (Abb. 58). Diese Bezeichnung stammte von Herodot, der die Elitegarde des achämenidischen Königs als athanatoi benannte. Es war jedoch die falsche Übersetzung eines iranischen Wortes, das „Helfer, Folger“ bedeutet. Auch in der Persis wollte Darius eine neue Residenz schaffen. Er ließ ab etwa 520 v. Chr. eine rechteckige Terrasse von etwa 300 m  455 m und

Abb. 59 왘 Persepolis: Apadana, Relief der Nordseite Xerxes I. (486– 465 v. Chr.), Ausschnitt aus den Reliefs mit den Delegationen der Babylonier oben und der Lyder unten.

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fast 15 m Höhe bauen (Abb. 60). Am Fuß der Terrasse gab es in der Ebene schon eine Siedlung, die zwei Namen trug. Der eine, „Pârsa“, überlebte in seiner griechischen Form Persepolis bis heute. Als erstes Gebäude auf der Terrasse entstand ein Apadana. In seinen Portiken ruhten die Säulen auf hohen lotosblütenförmigen Basen. Die Kapitelle waren zwei miteinander verbundene Greifen- oder Stierprotomen. Der Hauptraum des Apadana stellte ein Quadrat von 60,50 m Seitenlänge dar (= 3660 m2). Während Säulen, Kapitelle und Basen aus Stein bestanden, waren die Wände aus Lehmziegeln und zumindest teilweise mit glasierten Ziegeln verdeckt. Verschlossen wurden die Zugänge durch zweiflügelige mit vergoldeten Bronzebeschlägen verzierte Holztüren. Außen schmückten Steinreliefs die Treppenläufe. Im Zentrum der vier Treppenläufe thronte der König, die weiteren Reliefs stellten Perser, Meder und „Tributbringer“ aus dem gesamten Reich dar (Abb. 59). Die Funktion der getragenen Waren ist unklar: Tribute oder Geschenke? Eine scharfe Trennung gab es wohl nicht. Am Apadana arbeiteten noch Xerxes I., Artaxerxes I. und Artaxerxes III. Darius baute einen weiteren Palast, der innen mit Reliefs, die den König und Wachen zeigten, und dreisprachigen Inschriften dekoriert wurde. An den Apadana-Reliefs entzündete sich eine lang anhaltende Debatte über den Grad ihrer Gräzisierung. Darius berichtet, dass es unter den zahlreichen Herkunftsländern auch Steinmetze aus Ionien und Lydien gab. Ein wesentlicher Aspekt bei der Bemessung des griechischen Elements ist der hellenozentrische oder orientalische Blickwinkel, wonach die achämenidische Kunst eine schlechte Kopie oder, im Gegenteil, eine qualitätsvolle, in assyrischer und babylonischer Tradition stehende Kunst ist. Als Darius starb, waren Apadana und Palast unfertig, doch sein Sohn Xerxes vollendete das Werk. Ferner entstanden als eigene Bauten das „Tor

8. Paläste

왖 Abb. 60 Persepolis: Lageplan der Ruinen.

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aller Länder“, ein Palast und ein Harem. Um seinen Vater zu übertreffen, veranlasste Xerxes die Erstellung des 4700 m2 großen „100-Säulen-Saals“. Aber auch dieses Gebäude blieb unter seinem Initiator unvollendet. Xerxes’ Sohn Artaxerxes I. führte es mit denselben Reliefs zu Ende. Die griechischen Autoren berichteten von unermesslichen Reichtümern, die im Schatzhaus aufbewahrt wurden. Die Ausgräber fanden jedoch fast nichts vor, denn die Soldaten Alexander des Großen hatten es 330 v. Chr. geplündert, danach brannte es aus. Lediglich die Tontafeln wurden liegen gelassen. Die genaue Funktion von Persepolis ist nach wie vor unklar. Krönungs-, Huldigungs- oder Audienzort? Ein Vergleich mit den neuassyrischen Palästen bringt keine Lösung. Die neuassyrischen und persischen Paläste entstammen zwar demselben Geist, Macht zu demonstrieren. Die neuassyrischen Paläste liegen jedoch in den Städten. Der assyrische Dekor befindet sich im Palast und ist erzählerisch, der achämenidische ist draußen und symbolischer. Während in Assyrien Besiegte deutlich als Gefangene und Unterworfene gekennzeichnet werden, scheinen in Persepolis die Gesandtschaften gern und freiwillig zu kommen. Der Gesamteindruck wirkt deshalb auf uns friedlicher. Der Anspruch, die Welt zu beherrschen und um sich zu sammeln, war aber am assyrischen und persischen Hof völlig vergleichbar.

9. Wohnhäuser Die ältesten Wohnhäuser waren nach dem sehr regelmäßigen Grundriss des Mittelsaals geplant und etwa gleich groß. Spätestens vom Beginn des 3. Jahrtausends an ändert sich das. Hausgröße und -grundriss variieren auch innerhalb einer Siedlung beträchtlich. Offensichtlich spiegeln sich soziale Veränderungen und der Stand einzelner Familien in der Hausgröße wider. Die Allerärmsten wohnten in Schilfhütten, die keine Spuren hinterließen. Das Hofhaus wurde zum Standard. Nach seinem Betreten kam man zuerst in einen kleinen Eingangsraum, durchschritt danach einen oder mehrere Räume und gelangte in den Hof, um den sich unterschiedlich viele und große Zimmer gruppierten. Das größte war ein Empfangsraum. Normalerweise führte im Hof eine Treppe zum Dach, im Sommer der Schlafplatz. Ein erstes Stockwerk war aber in der altorientalischen Architektur durchaus üblich. Typisch für reiche Häuser der neuassyrischen Zeit waren zwei durch einen großen Durchgangsraum verbundene Höfe. Des Weiteren lag ein Hauptraum an einer Hofseite, der wiederum zwei kleine gepflasterte Nischen aufwies. Nur wenige Wohngebiete wurden ausgegraben. Das wohl besterhaltene und dadurch im Detail bearbeitete Viertel liegt in Ur (Abb. 61). Zum Aus-

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왗 Abb. 61 Ur: Blick in die „Paternoster Row“.

grabungszeitpunkt waren nicht nur Häuser bis zum ersten Stockwerk, sondern ganze Straßenzüge erhalten, denen der Ausgräber Leonard Woolley Namen wie „Church Lane“, „Paternoster Row“ oder „Quiet Street“ gab. Die Häusergröße in dieser ersten Hälfte des 2. Jahrtausends variierte stark von 25 m2 bis zu 300 m2.

10. Aufriss und Rekonstruktion Oft genug haben sich die Mauern altorientalischer Bauten auf einer Höhe erhalten, die über die Fundamente kaum hinausragt. Möchte man ihr Erscheinungsbild rekonstruieren, können Flachbilder wie späturukzeitliche Rollsiegel und neuassyrische Orthostatenreliefs oder Hausmodelle mit Vorsicht zu Rate gezogen werden. Heute werden 3-D computergestützte Rekonstruktionen hergestellt. Sie sind umstritten, entsprechen aber den Rekonstruktionen, die schon die ersten Ausgräber versuchten. Einige, unter anderem Walter Andraes Zeichnungen aus Assur, gelten noch immer. Heute wie damals dienen sie der Anschaulichkeit. Heute wie damals bleiben viele Fragen offen.

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Müller-Karpe u.a. (2009). Heinrich (1982). Novák (1999). Die Schichtzuordnung der ersten Ausgräber ist in den Werken von R. Eichmann kritisch untersucht worden. 5 Eichmann (2007) 267. 6 Russell (1991) 47.

10. Aufriss und Rekonstruktion

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IX. Religion und Tempel

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ährend der drei historischen Jahrtausende zwischen 3300 und 300 v. Chr. gab es in der altorientalischen Götterwelt Verschiebungen, die aber das Wesen der Religion nicht berührten. Zumindest aus mesopotamischer Sicht stellte sich nicht die Frage, ob eine oder mehrere Religionen existierten. Es gab nur eine. Die heutige Wissenschaft teilt sie allerdings geographisch und zeitlich auf, etwa in die sumerische und die babylonische Religion. Die altorientalischen Religionen sind gewachsene und nicht gestiftete Religionen. Schon immer existierten die Götter im Gefühl und im Wissen der Menschen. Im Alten Orient herrschte Toleranz gegenüber den Göttern anderer Menschen und Völker. Den Herrschern war die Götterwelt ihrer Untertanen gleichgültig, solange sie ihre politischen und wirtschaftlichen Regeln respektierten. Staatsgötter gab es nur zur Zeit der Großreiche im 1. Jahrtausend v. Chr. mit Assur und Marduk. Aber auch sie erhoben nur in ihrem Territorium den Anspruch, die mächtigsten zu sein. Die altorientalischen Religionen waren ein Abbild der irdischen Gesellschaft und, anders als in Ägypten, sehr pragmatisch.

1. Götterwelt Weder im Sumerischen noch im Akkadischen gibt es ein Wort für den Begriff „Religion“. Allein die einzelnen Götter und Göttergruppen besitzen einen Namen. Um sich das Übernatürliche und das Sakrale vorzustellen, wurden die menschlichen Eigenschaften auf eine gewisse Anzahl von Götterpersönlichkeiten übertragen. Diese „Gattung“ heißt dingir auf Sumerisch

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und ilu auf Akkadisch. Wir übersetzen diese Bezeichnung mit „Gott“ oder „göttlichem Wesen“. Das Keilschriftzeichen ist ein Stern, der auch für das Hohe, das Erhöhte und für den Himmel benutzt wird. Damit wird deutlich, dass die göttliche Welt im physischen wie im qualitativen Sinne über der irdischen steht. Götter sind mächtiger und intelligenter als die Menschen. Es gibt Männer und Frauen, deren sexuelle Fähigkeit in blumigen Worten beschrieben wird. Götter haben Kinder, mit denen sie eine Familie bilden. Sie essen und trinken, sie streiten, sie waschen und schmücken sich und gehen spazieren. Sie wohnen im é (sumerisch „Haus“), im Himmel oder in der Unterwelt, aber auch in ihren Statuen, die in ihren Tempeln auf Erden verehrt werden. Sie leben wie reiche, nicht immer sorglose Menschen. Der einzige Unterschied zu ihnen besteht in ihrer Unsterblichkeit. Wahrscheinlich ordnete zuerst jedes Dorf seine Götterwelt. Um den Stadtgott gruppierten sich niedrigere Götter wie Beamte um den König. Derselbe Prozess fand bei der Bildung größerer Reiche auf Landesebene statt. Will man die Frage beantworten, wie viele Götter es im Alten Orient gab, so findet man sehr unterschiedliche Antworten, die das Problem der Zählung verdeutlichen. Insgesamt sind über 1000 Götternamen bekannt. Die meisten jedoch spielten nur eine lokale und zeitlich begrenzte Rolle als Schutzpatron eines Herrschers. Seit Hammurapi versuchte man durch die Verschmelzung von ähnlichen Göttern ihre Anzahl zu reduzieren. Das um 1200 v. Chr. verfasste „Schöpfungsepos“ nennt nur noch 600 Götter. In Wirklichkeit kann man die Zahl der wichtigen und stets aktiven Götter auf 30 beschränken.

2. Die wichtigsten Götter und Götterfamilien Einige Religionshistoriker haben versucht, die Götter in Typen einzuteilen und auf diese Weise zu systematisieren1. Kosmische, auch für die Welt- und Menschenschöpfung zuständige Götter sind An-Anu2, Enlil, Ninlil, Enki-Ea und Inanna-Ischtar. Astrale Götter sind als Verkörperung der Himmelskörper der Mond Nanna-Sin, die Sonne Utu-Schamasch und der Venusstern Inanna-Ischtar. Naturgötter sind der Vegetations- und spätere Kriegsgott Ninurta, der Wettergott Ischkur-Adad oder der Feuergott Nusku. In der Unterwelt herrschte Nergal. Die Göttin Gula heilte. Die drei ranghöchsten Götter An-Anu, Enlil und Enki-Ea werden bisweilen als eine Triade betrachtet. Aber eine so enge Beziehung wie die ägyptischen Göttergruppen besaßen sie trotz ihrer Familienzugehörigheit nicht. Sie sorgten für die Erhaltung der Schöpfung und bestätigten die Machtverhältnisse. An-Anu gründete die göttliche Dynastie, amtierte als höchster Himmelsgott, als Quelle und Garant der Autorität, trat aber im Laufe der Zeit immer

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Abb. 62 왘 Abdruck eines Rollsiegels mit Ischtar in der Mitte, rechts davon Schamasch, Ea und seinem doppelgesichtigen Gehilfen Usmu. Akkadzeit. London, British Museum.

Abb. 63 왔 Babylon: Darstellung zweier Männer und der Symbole für den Sonnengott Schamasch (geflügelte Sonnenscheibe) und für den Mondgott Sin (Mondsichel), 900–875 v. Chr.

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stärker in den Hintergrund. Sein Hauptsitz lag in Uruk. Enlil, sein Sohn, war der regierende König, der die Autorität ausübte. Er waltete über die Geschicke der Welt und war für die positive Wirkung der Naturkräfte verantwortlich. Andererseits konnte er auch zerstörend wirken. Im GilgameschEpos etwa fasste er die Vernichtung der Menschheit ins Auge. In der altbabylonischen Zeit verlor er Teile seiner Macht an Marduk und Assur. Sein Haupttempel stand in Nippur. Enki-Ea verkörperte Intelligenz und Schöpfungskraft. Er war der Gott des Süßwassers, Erfinder aller Techniken und Verteidiger des Menschen. Im GilgameschEpos überzeugte er die anderen Götter, es sei ein Fehler, die Menschen zu vernichten. Daher müsse eine Lösung gefunden werden, um sie zu retten. Eas Hauptsitz war Eridu. Die wichtigste Göttin war Inanna-Ischtar, was Sumerisch „Dame des Himmels“ bedeutet (Abb. 62). Die Verbindung zwischen ihr und dem Planeten Venus war klar ausgeprägt. Sie bezeichnete sowohl den Abend- als auch den Morgenstern, den man in Sumer als weibliche Gottheit, in der zeitgleichen semitischen Welt aber als eine männliche betrachtete. Als beide Kulturen in eine Symbiose traten, blieben beide Aspekte lebendig. So kombinierte Ischtar Intelligenz mit einem aggressiven Charakter, der sie auch für Krieg zuständig machte. Sie schuf Leben und war deshalb mit Fruchtbarkeit, Liebe und Sexualität verbunden. Sie besaß überall Tempel. Einer der bedeutendsten lag in Uruk. Der Mondgott Nanna-Sin war im Zusammenhang mit der Zeitmessung wichtig (Abb. 63). Deswegen wurde er die in den letzten Tagen des Monats besonders

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geehrt. Für die semitischen Nomaden der mesopotamischen und syrischen Wüste bedeutete Sin besonders viel. Er zeigte ihnen den Weg oder auch die Trächtigkeitsdauer ihrer Herdentiere. Sein Hauptkultort befand sich in Ur. In der neubabylonischen Zeit unter Nabonid erlebte Sin eine Renaissance. Der Sonnengott Utu spielte im sumerischen Pantheon eine untergeordnete Rolle. Von der Larsazeit an war Schamasch ein häufiger Bestandteil in Personennamen und wurde auf zahlreichen Rollsiegeln abgebildet (Abb. 62, 64). Als Sonnengott wanderte er täglich von der einen Erdseite über den Himmel zur anderen und während der Nacht durch die Unterwelt zurück. Seine Reisen erlaubten ihm, alle Bereiche des Kosmos zu sehen; sie befähigten ihn somit, oberster Richter zu sein. Er half den Unterdrückten, trat für Witwen und Waisen ein. Diese Gerechtigkeit sollte auch der Herrscher ausüben. Deswegen ist Hammurapi auf seiner Kodexstele vor Schamasch abgebildet (Abb. 30). Wichtigste Kultzentren waren Larsa und Sippar. Ischkur-Adad war je nach Gegend Wetteroder Regengott. Im Norden und im Westen brachte dieser Gott den segenbringenden Regen, aber auch Überschwemmungen und Zerstörung durch Gewitterstürme. Das Ausbleiben des Wettergottes verursachte Dürre und Hungersnot. Ein wichtiges Heiligtum gab es in Assur. Im syrisch-palästinischen Raum war er überall vertreten. Als im 2. Jahrtausend v. Chr. Babylonien an Bedeutung gewann, musste ein neuer Gott die Führungsrolle übernehmen. Er war Anus Enkel und Eas Sohn Marduk, der in dem Schöpfungsmythos enūma eliš verherrlicht wurde (Abb. 65). Bevor er Anu und Enlil ablöste, war er ein lokaler nordbabylonischer Gott, der bei der Bekämpfung von Krankheiten durch Beschwörungen half. Im 1. Jahrtausend war Marduk der bēlu, der Herr schlechthin. Er übernahm Enlils kämpferische Züge und Schamaschs Rolle des gerechten Richters. Die gleiche Herausbildung eines „frischen“ Gottes fand in Assyrien statt. Es ging sogar so weit, dass der Name des neuen Nationalgottes Assur den Namen Marduk im Schöpfungsepos ersetzte. Assur war anfangs der völlig unbedeutende Gott der Stadt Assur. Als Stadtgott fehlten ihm eigenständige

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왗 Abb. 64 Mari: Rollsiegel, 1. Hälfte 18. Jh. v. Chr., Darbringung eines Opfertiers an Schamasch.

왖 Abb. 65 Abrollung eines 19 cm hohen Rollsiegels, das Marduk-zakirSchumi als Kette für eine MardukStatue fertigen ließ. Marduk und sein Schlangendrache. 9. Jh. v. Chr. Berlin, VAM.

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Charaktermerkmale. Im Laufe der Zeit übernahm er Qualitäten von Enlil und Marduk sowie, verbunden mit der militärischen Expansion der assyrischen Könige, solche eines Kriegsgottes. Er blieb auf das assyrische Territorium beschränkt. Im Iran hatte Zarathustra, griechisch Zoroaster, eine Religion gegründet, in deren Mittelpunkt der gute Geist Ahuramazda stand. Auf ihn beriefen sich seit Darius I. die Könige. Die ältesten bekannten Kopien des heiligen zoroastrischen Buches Avesta sind sasanidisch.

Abb. 66 왔

3. Mischwesen Neben den Göttern gab es eine Fülle von Mischwesen, unter ihnen einige niedere Gottheiten. Denn hohe Götter wurden im Alten Orient, anders als in Ägypten, nie tiergestaltig dargestellt. Menschen- und Tierelemente kombinierte man schon im Neolithikum und somit sehr viel früher als unterschiedliche Tierelemente, die erst Ende des 4. Jahrtausends verbunden wurden. Die Mischwesen entstanden einem Prinzip entsprechend, dass die Stärken unterschiedlicher Tiere vereint werden sollten. Ein Löwenteil etwa stand für Macht, ein Stierteil für Kraft. Neben der schützenden Seite besaßen sie manchmal aber gleichzeitig eine zerstörerische. Auf diese Art wurde die Komplementarität der Gegensätze Bedrohung und Schutz angemessen ausgedrückt. Für einige dieser Wesen ist der akkadische Name bekannt. Falls unbekannt, werden behelfsmäßig moderne, problematische Bezeichnungen gewählt, weil unsere Gefühle nicht den antiken entsprechen. In der modern angewandten Terminologie besteht ein Dämon aus menschlichen und nicht-menschlichen Teilen, während ein Monster nur aus Tierelementen zusammengesetzt ist. Ein Genius ist ganz Mensch und besitzt Flügel (Abb. 66). Lediglich bestimmte Texte, Figuren und Bilder waren für magische Praktiken relevant. An ihnen führte man Handlungen durch, damit das Böse, also Krankheit, Tod und Zauberei aus dem Hause eines Menschen wich oder grundsätzlich von ihm ferngehalten wurde. Der „sechslockige Held“, der auf Akkadisch lahmu also „der Haarige“ heißt, (

(

Nimrud: Palast Assurnasirpals II., geflügelter Genius, 9. Jh. v. Chr. London, British Museum.

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왗 Abb. 67 Plakette mit Kopf des Pazuzu. Obere Reihe: Schutzgottheiten, Mitte: Fischgestaltige Priester an einem Krankenlager, unten: Pazuzu vertreibt Lamaschtu. Bronze. H. 13,3 cm. Paris, Louvre.

wurde häufig auf Siegeln abgebildet. Umgekehrt waren die Hauptopfer der krank machenden Lamaschtu, der Tochter des Gottes Anu, ungeborene oder gerade geborene Kinder (Abb. 67). Pazuzu, mit einem Hundegesicht, magerem Körper und zwei Flügeln charakterisiert, spielte eine positive Rolle, indem er Lamaschtu wieder in die Unterwelt zwang.

4. Theologie und Glaube Die mesopotamische Religion bemühte sich niemals um eine Definition des Göttlichen. Eine kohärente Darlegung der Theologie oder Formen des theoretischen Diskurses fehlten. Sie tauchten erst in der griechischen Kultur auf. Die allem Existierenden innewohnende göttliche Idee, die göttlichen Kräfte hießen auf Sumerisch me, das „sein“ bedeutet. Die me waren

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etwa 110 konkret fassbare, grundlegende kulturelle Einrichtungen wie Hirtentum oder Königtum, abstrakte Begriffe wie Verstand, Wissen und Alter oder kulturelle Einrichtungen wie die Schreiberkunst, Musik, Berufe und harte Arbeit. Die Menschen waren von ihren Göttern abhängig und mussten mit ihnen auskommen. Götter schützten und halfen in schwierigen Momenten, aber sie straften auch. Menschen hofften und bangten und mussten sich diese göttliche Unterstützung erarbeiten oder verdienen. Götter mussten gelockt, durch Opfer „bestochen“ und durch Gebete umschmeichelt werden. Eine pragmatische „Ich gebe, damit Du gibst“-Mentalität prägte das Verhältnis zwischen Mensch und Gott. Sämtliche Texte heben das Gefühl der Bewunderung, des Respekts und der Scheu vor den Göttern hervor: Man hat Angst vor ihnen und erniedrigt sich, auf keinen Fall liebt man sie. Der einfache Mensch fühlte sich vor einem Gott genauso wie vor seinem Herrscher, der wiederum ein gehorsamer Untertan der Götter war. Dieses von der weltlichen Machtstruktur übernommene Bild prägte die religiöse Grundeinstellung und damit das gesamte religiöse Verhalten. Gottesgehorsam war naturgegeben, aber die Liste dessen, was zu beachten oder verboten war, war unübersichtlich. Jederzeit war es möglich, eine kultische Vorschrift oder gar einen Gotteswunsch zu übersehen. Das Verbotene zu überschreiten, willkürlich oder unwillkürlich, diente als Erklärung für das Unglück, das einen treffen konnte. Dieses Unglück war dann die Bestrafung durch die Götter. Oft wusste der Mensch aber nicht, weswegen ihm Unglück widerfuhr und hatte kein Unrechtsbewusstsein. Erst in der Unglückssituation mussten Vermutungen oder deduktive Ketten von Vermutungen eingeschaltet werden. Man schloss daraus, dass die Götter einen guten Grund hatten, den Menschen zu bestrafen. Eine Entsühnung hoffte man durch Rituale zu erreichen. Mit dieser Auffassung konnten sich der Begriff „Sünde“ und die Vorstellung einer persönlichen Erlösung nach dem Tod nicht entwickeln. Dennoch wandelte sich die babylonische Religion insofern, als die Menschen erfuhren, dass sie durch Tugend und Demut das Erbarmen der Götter stärker herausforderten. Im Mittelpunkt des im 12. Jahrhundert v. Chr. verfassten Textes Ludlul bēl nēmeqi, „Ich will preisen den Herrn der Weisheit“, steht der weise und gerechte Schubschi-meschre-Schakkan. Der „altorientalische Hiob“ ist seinen religiösen Pflichten gewissenhaft nachgegangen und versteht deshalb nicht, warum ihm nur Unglück widerfährt, warum er also von den Göttern so hart bestraft wird – und zweifelt an Marduks Gerechtigkeit. Zum zentralen Thema wird die Erkenntnis, dass die Menschen den göttlichen Willen nicht ergründen können. Dennoch errettet Marduk schließlich den Dulder aus seiner aussichtslosen Lage. Das Gedicht endet mit einer Lobpreisung Marduks.

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5. Leben nach dem Tod Götter sind unsterblich, Menschen nicht, auch wenn der Wunsch danach vorhanden war. Das Motiv der Suche nach der Unsterblichkeit des Menschen bildet das zentrale Thema in zwei mythisch-epischen Erzählungen. Beide, Etana und Gilgamesch, versuchten das ewige Leben durch den Genuss einer magischen Pflanze zu erlangen. Jedoch scheiterten sie. Nur einem Menschen, Utanapischtim, gelang es, unsterblich zu werden. Er wurde zwar der menschlichen Sphäre entzogen, aber nicht, um in die göttliche zu gelangen, sondern um in das mythische Land „am Mund des Flusses“ hinter dem „Meer des Todes“ geschickt zu werden. Nach dem Tod trennte sich Materie von Nicht-Materie. Das irdische Leben ging zu Ende, jeder Mensch lebte in Form eines schattenhaften Selbstbilds in der Unterwelt weiter. Die Gestalt des Menschen im Jenseits wurde als gidim/et.emmu, „Totengeist“ bezeichnet. Das Wortzeichen gidim ist dem Wortzeichen udug/utukku, „Unterweltsdämon“, ähnlich. Doch meinte et.emmu überwiegend den guten Totengeist und utukku den Totendämon. Ein et.emmu entsprach zwar einer immateriellen Größe; im 1. Jahrtausend v. Chr. stellte man es sich dennoch als etwas Körperliches vor, etwa als ein geflügeltes Mischwesen oder als Wesen mit dem Kopf eines Rindes und den Händen und Füßen eines Menschen. Der et.emmu des Verstorbenen erreichte über eine trostlose Steppe den Ort, wo die Sonne unterging. Dort musste er das Gewässer Chubur mit einer Barke überqueren. Dahinter erstreckte sich das festungsartig ummauerte „Land ohne Rückkehr“, in dessen Mitte ein Palast mit sieben Mauern und sieben Toren lag. Darin lebten die Unterweltgötter. Die Unterwelt selbst war ein staubiger, dunkler, düsterer und konturloser Ort, wo Lehm und Brackwasser als Nahrung dienten. Dieses Weiterleben nach dem Tod wurde nur durch die ordnungsgemäße Bestattung in einem Grab und durch die Versorgung und Erinnerung seitens der Familie garantiert, sonst wäre der Tote ein namenloser Totendämon, der als herumirrender Geist seine Familie bedrohte. Das Grab war der Eingang zur Unterwelt, Grabbeigaben – Gefäße für feste und flüssige Nahrung sowie Waffen, Siegel und Schmuck – versorgten den Toten auf seiner Reise in die Unterwelt in seinem jenseitigen Leben und stellten zugleich Geschenke an die Götter dar. Gräber waren unauffällig und durch nichts an der Oberfläche gekennzeichnet.

6. Tempel und religiöse Praxis Die Götter wohnen in ihrem Haus, auf Sumerisch é und Akkadisch bîtum, was wir mit „Tempel“ übersetzen. Jeder Tempel war einer Hauptgottheit gewidmet. Aber er beherbergte viele weitere Gottheiten, die durch Familien-,

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Wesens- oder Funktionsverwandschaft zusammenpassten. In Babylon hieß Marduks Hauptheiligtum e.temen.an.ki, was „Haus, das Fundament von Himmel und Erde ist“ bedeutet. Es war die Achse, die den Himmel, die Erdoberfläche und die Erde verband, und ähnelte somit Jerusalem als „Achse der Welt“. Die Ziqqurrat war eine horizontale Achse zu der vertikalen des Tempels. Um die von den Göttern den Menschen gegebene gesellschaftliche Ordnung zu bewahren und das Wohlergehen aller nach Kräften zu garantieren, mussten Riten und Zeremonien stattfinden. Private Gottesergebenheit und individuelle Frömmigkeit bildeten entscheidende Momente des religiösen Lebens. Noch wichtiger aber waren öffentliche Kultakte. Dabei gab es zwischen Staats- und Volksreligion im Alten Orient inhaltlich wenig Unterschied. Zahlreiche Rituale waren ohne die Anwesenheit des Königs undurchführbar und dienten dem Wohlergehen des Staates, des Königs und des Volkes. Die offizielle Religion berührte somit weniger Glaubensinhalte als die religiös-politische Tätigkeit des Königs, der wiederum als Privatperson genauso handelte wie ein normaler Bürger. Für den Einzelnen fanden Gebete und Opfer im Tempelhof statt. Die weiteren Räume und das Allerheiligste waren nur dem Kultpersonal zugänglich. Beten und Kulthandlungen bildeten die Grundpflichten der religiösen Praxis. Im 3. Jahrtausend verfasste man kollektive oder offizielle Gebete, in denen man die Götter anflehte, die gesamte Gesellschaft treffende Unglücksfälle abzuwenden. Vom 2. Jahrtausend an wurde eine persönlichere Beziehung zwischen Beter und Gott möglich. Doch sind wir immer noch weit entfernt von einer individuellen Begegnung zwischen einem Menschen und seinem Gott, die überall stattfinden kann und die auch ohne Kultgegenstände oder Opfer ihre volle Gültigkeit besitzt. Im Tempelbereich wurden diese Gebete mit Musik, Kulthandlungen und Rauchwerk umrahmt. Insbesondere während der großen Feste wurden auch Mythen rezitiert, wenn nicht sogar als Kultdrama inszeniert. Tieropfer sind als wichtigstes Kommunikationsmittel zwischen den Menschen und den Göttern erkannt worden (Abb. 64). Tieropfer stellten eine, wenn nicht sogar die wesentliche Handlung im mesopotamischen Kultgeschehen dar. Vom 3. Jahrtausend bis zur Hellenisierung des Orients listen zahllose Texte Tiere auf, die einer Gottheit geopfert werden sollten. Meistens waren es Schafe und Rinder, aber auch Hirsche, Gazellen oder kleine Tiere. Das Opfermahl wurde sorgfältig nach einem festgelegten Ritus vorbereitet. Dafür war der Mundschenk (šāqū) verantwortlich. Zahlreiche weitere Kultpriester, Sänger (nāru), Klagesänger (kalû), Wahrsager (bārū, „Seher“) und Beschwörer (āšipu) standen im Dienste der Gottheit. Der wichtigste Kultpriester hieß sangû. Als Tempelvorsteher und somit ranghöchster Repräsentant der Gottheit war er für den reibungslosen Kultablauf zuständig. Weibliches Personal bestand aus Priesterinnen (nadītum,

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qadištum) und weiteren Dienerinnen, deren Amt oft als das Prostituierter angesehen wird. Die antiken Gegebenheiten entsprechen nicht immer den Vorstellungen, die wir mit einem Wort verbinden. So war eine „Prostituierte“, die sich einem Gott hingab, eine privilegierte Dienerin. Die Analyse der kultischen Kalender dokumentiert, dass man im Alten Orient unzählige große und kleine Feste feierte. Sie trugen je nach Ort und Zeit unterschiedliche Namen. Diese konnten wie Opferdarbringungen täglich stattfinden, wöchentlich – etwa Kulte, die mit dem Wachsen und Abklingen des Mondes zusammenhingen –, monatlich mit Kulten, die ebenfalls mondabhängig waren, oder schließlich jährlich. Der landwirtschaftliche Zyklus von Aussaat und Ernte, der Wasserstand der Flüsse, das Erscheinen und Verschwinden von Fixsternen, aber auch die Ahnenverehrung und der Herrscherkult bestimmten die Daten dieser Feste. Das größte, jährlich nur einmal stattfindende Fest war das zumindest im 1. Jahrtausend gut bekannte Neujahrsfest, während dessen die Tempel und ihre Statuen gereinigt wurden.

7. Tempelinventar, Götter- und Kultbilder Den Kulthandlungen dienten im Hof, in der Cella und in anderen Räumen vorhandene Postamente, Bänke und allerlei Geräte wie Räucherständer und Gefäße. In der Cella waren Kultbilder und Götterstühle, Tische, Kästen, Truhen sowie das Bett der Gottheit aufgestellt. Kein Götterbild wurde je in situ gefunden. Dennoch muss man heute annehmen, dass es in jedem Heiligtum seit dem 3. Jahrtausend v. Chr. Götterstatuen oder -embleme gab. Die Götter lebten in ihren Statuen und garantierten die göttliche Präsenz unter den Menschen. Wie Menschen behandelt, aßen, schliefen und wachten sie. Sie wurden gereinigt, bekleidet, begleiteten Feldzüge, wurden deportiert, gefangengenommen, verstümmelt, getötet oder auch zurückgegeben. Die göttlichen Begleittiere oder Symbole nahmen ab etwa 1300 v. Chr. den Platz der Statuen ein, besaßen aber denselben religiösen Wert wie die anthropomorphe Statuen, die es weiterhin gab. Der Unterschied zwischen menschlicher und symbolischer Form für einen Gott ist für uns heute schwer zu ergründen.

1 Römer (1969) 125–142. 2 Der erste Name ist sumerisch, der zweite akkadisch.

7. Tempelinventar, Götter- und Kultbilder

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X. Ausbildung und Arbeit 1. Schreiben Die Schrift ist die größte Errungenschaft der Menschheit. Sie setzt voraus, dass die Objekte einen Namen tragen, gezählt werden und dass der Mensch fähig ist, Kategorien zu bilden. Deswegen ist sie eine vergleichsweise junge Erfindung. Die ältesten beschrifteten Tafeln in Mesopotamien werden mit der Schicht IVa in Uruk verbunden. Diese Schicht wird zwischen 3300 und 3100 v. Chr. datiert. Die Schrift wurde in Ägypten und dem Vorderen Orient ungefähr zum selben Zeitpunkt und unabhängig voneinander erfunden. Beide Kulturen sind wohl die ältesten Schriftkulturen der Welt. Im Epos Enmerkar und der Herr von Aratta, das im 3. Jahrtausend entstand, möchte Enmerkar, Herrscher von Uruk, Rohstoffe aus der sehr weit entfernten und reichen Gegend von Aratta holen. Ihr Herrscher gab Enmerkar zahlreiche Rätsel auf, deren Antwort Enmerkar mündlich mit der Hilfe der für die Schrift zuständigen Göttin Nisaba über seinen Boten dem Herrscher von Aratta zukommen ließ. Aber eines Tages war die Botschaft so schwierig, dass der Bote sie sich nicht merken konnte, so dass sie Enmerkar niederschrieb. Wie erstaunt war der Herrscher von Aratta! Der griechische Historiker Berossos berichtet, dass die Schrift vor ewigen Zeiten durch das zivilisationsbringende Mensch- und Fischmischwesen Oannes der Menschheit gebracht worden sei. Für Utanapischtim, den einzigen Überlebenden der Sintflut, waren Schrift und Schrifttum so wertvoll, dass er sie vor der endgültigen Vernichtung rettete, indem er vor der Flut Tontafeln in die Erde vergrub (Gilgamesch-Epos, Tafel XI). In Mesopotamien war das Schreiben die Folge einer wirtschaftlichen Notwendigkeit. Vielleicht deswegen hatten die Menschen dort schon vor der

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X. Ausbildung und Arbeit

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Schrift ein gedächtnisstützendes System entwickelt. Seit etwa 9000 v. Chr. gibt es im Vorderen Orient die sogenannten tokens oder calculi (Abb. 68). Es sind kleine Tonobjekte, die unterschiedliche Formen aufweisen und von denen bisher etwa 10 000 bekannt sind. Von 4500 v. Chr. an wurden sie mit Stempelsiegeln auf Tonkugeln abgedrückt. Obwohl einige tokens späteren Piktogrammen ähneln, werden tokens allgemein nicht als Schriftvorläufer, sondern als Notierungssystem für Objekte und Zahlwert betrachtet. Nach heutigem Wissensstand wurde die mesopotamische Schrift in Uruk erfunden. Wegen ihrer Einheitlichkeit von Anfang an ist sie für die meisten Forscher die Erfindung eines Individuums oder einer kleinen Gruppe. Der gedankliche Überbau für den Schriftgebrauch war mit dem Notierungssystem bereits vorhanden. Es gibt keine Versuchsphase zwischen dem Gebrauch der tokens und den Tontafeln in Uruk. Darüber hinaus veranschaulichen sowohl die Enmerkar- wie auch die Oannes-Variante eine schnelle Erfindung der Schrift.

왖 Abb. 68 Uruk: Tokens aus dem 4. Jt. v. Chr., 1–3 cm groß. Berlin, VAM.

2. Schriftbild und Schriftsystem Bei der Schrift müssen wir zwischen Form und System unterscheiden. Die Form betrifft das Bild, also die graphische Form der einzelnen Zeichen; das System betrifft die Kombination dieser Bilder. Es gibt im Alten Orient drei Hauptsysteme: das piktographische, das syllabische und das alphabetische System. Ein Piktogramm ist ein Bildzeichen, welches das abzubildende Objekt meist ziemlich getreu wiedergibt (Abb. 69 linke Spalte). Die Vielfalt der Zeichen ist jedoch unendlich. Selbst bei Piktogrammen, die dasselbe Objekt wiedergeben, springen die Unterschiede von einer Kultur zur anderen ins Auge. Das mesopotamische Wasser-Piktogramm beispielsweise besteht aus gewellten Linien. Die entsprechende ägyptische Hieroglyphe ist eine von der Seite gesehene Welle, die das Nilufer verkörpert. In China sind es senkrechte Striche, die den Regen wiedergeben. Die Zeichen selbst hatten in Mesopotamien einen Namen. Das Bild eines Fußes zum Beispiel heißt „Fuß“. Diese Bilder geben die semantische Bedeutung (logos) wieder, nicht den Klang der Worte. Deswegen spricht man von einer logographischen Schrift. Diese Zeichen können in allen Sprachen gelesen werden. Das hat zur Folge, dass man die ältesten mesopotamischen Texte zwar deuten, aber nicht lesen kann.

2. Schriftbild und Schriftsystem

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Abb. 69 왖 Entwicklung einiger Keilschriftzeichen.

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Die Schwierigkeit, Adjektive, Verben oder Zustände durch Piktogramme auszudrücken, wird in der ersten Hälfte des 3. Jahrtausends mit dem Übergang zur Silbenschrift behoben. Vom Bildzeichen liest man nun nicht mehr die Bedeutung, sondern seinen Lautwert ohne Zusammenhang mit dem ursprünglichen Wort. Daher spricht man von einer phonetischen Schrift. Da man bei Homophonen nicht unbedingt sofort weiß, um welches Wort es sich handelt, wurden Zusatzzeichen, die sogenannten Determinative, für Wortkategorien hinzugefügt. Es werden etwa 1200 Zeichen für die früheste Schriftstufe veranschlagt. Die Phonetisierung der Schrift hatte zur Folge, dass die Zeichenzahl abnahm. Bereits um 2600 v. Chr. gibt es nur noch 800 Zeichen. In der altbabylonischen Zeit sind es 600, von denen 400 gebräuchlich sind. Um die Mitte des 3. Jahrtausends kamen die semitischen Akkader. Die Anpassung der Keilschrift an die akkadische Sprache war nicht unproblematisch, denn Akkadisch besitzt ganz andere Laute als Sumerisch. So blieben Unklarheiten bestehen. Keilschrift stellt ein ziemlich kompliziertes Schreibsystem dar. Trotz der Erfindung des Alphabets im westlichen Vorderen Orient hat sich die Keil-

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schrift im südlichen Mesopotamien noch lange gehalten. Die jüngste datierbare akkadisch geschriebene Tafel wurde in Babylon gefunden und datiert auf das Jahr 75 n. Chr. Akkadische und sumerische Gebete und Beschwörungen gab es jedoch bis in das 1. oder sogar bis in das 3. Jahrhundert n. Chr.1

3. Sprache und Inhalt der ältesten Tontafeln Die Zahl der bekannten Uruk IV- und III-zeitlichen Tafeln steigt (Abb. 70): Zur Zeit sind es etwa 58202. Etwa 85 % davon sind Wirtschaftstafeln und Verwaltungsaufzeichnungen. Es werden Institutionen, Waren, Personen und Götter stichwortartig und in nicht festgelegter Reihenfolge genannt. Die verbleibenden 15 % der Tafeln sind sogenannte lexikalische Listen. Noch einige hundert Jahre sollten vergehen bis zu den ersten religiösen, historischen und literarischen Texten in der frühdynastischen II-Zeit. Das Zählen und das Schreiben von Zahlen ist genau so wenig selbstverständlich wie das Schreiben von Wörtern und Texten. Die Zahlzeichen wurden zunächst mit unterschiedlicher Bedeutung verwendet und gehörten mehreren verschiedenen Zahlen- und Maßsystemen an. In den frühesten Uruk IV-zeitlichen Texten gab es etwa 60 verschiedene Zahlzeichen und fünf grundlegende Systeme mit 15 Untersystemen, die sich je nachdem, was gemessen wurde – Weizen oder Milch, Hohlmaße, Flächen oder kalendarische Angaben – unterschieden. Erst im 3. Jahrtausend v. Chr. bildete sich in Mesopotamien ein von den gezählten Gegenständen unabhängiger Zahlbegriff heraus.

왖 Abb. 70 Uruk: Tontafel aus der Uruk-IV-Zeit, Liste mit Titeln und Berufen. 8,7  6,1 cm. Berlin, VAM.

4. Alphabet Das Prinzip, wonach der erste Laut eines Wortes sich verselbständigt und als Einzelbuchstabe benutzt wird, heißt Akrophonie. Zugleich bekommt dieser Einzelbuchstabe den Namen des Wortes, von dem er stammt. Zu Beginn des 2. Jahrtausends ließen sich in Palästina oder in Ägypten lebende Westsemiten von der Akrophonie inspirieren und erfanden ein ganzes Alphabet. Sie wählten einige westsemitische Wörter und schrieben diese mit den entsprechenden ägyptischen Hieroglyphen. Das „B“ stammt vom Wort

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Abb. 71 왘 Tell el-Amarna: Tontafel mit Brief des Fürsten Aziru an den Pharao. 10  7 cm, um 1365 v. Chr. Berlin, VAM.

beit, das „Haus“ bedeutet, das „A“ von alpum, „Rind“. „A“ und „B“ wurden jeweils mit der Hieroglyphe für Haus und Stierkopf geschrieben. Die ältesten bekannten kurzen alphabetischen Inschriften stammen aus dem Sinai und Kanaan.

5. Wie viele Tontafeln kennt man heute? Die Antwort auf die Frage, wie viele Keilschrifttafeln wir heute kennen, fällt unterschiedlich aus. Je nach Zählweise übersteigt die Zahl der publizierten Tafeln 50 0003, jene der ausgegrabenen Tafeln 550 0004 oder sogar eine Million5. Angesichts dieser stark auseinanderklaffenden Daten ist es aufschlussreicher, die Zahl der Wörter zu erfassen. Es sind etwa 9,9 Millionen im Akkadischen (Babylonisch und Assyrisch) und 2,8 Millionen im Sumerischen. Im Vergleich: Ägyptisch-Hieratisch zählt fünf Millionen, ÄgyptischDemotisch eine Million und Latein zehn Millionen Wörter. Unter Berücksichtigung aller Texte bis 400 n. Chr. und sämtlicher Kirchenväter zählt das Griechische 57 Millionen Wörter.

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6. Schrifttum Im Alten Orient wurde viel und vielerorts im Palast, im Tempel und privat geschrieben: Wirtschafts- und Verwaltungstafeln, private und öffentliche Rechtsdokumente, Briefe, historische (Königshymnen, Chroniken), literarische (Epen, Mythen), religiöse (Gebete) und medizinische Texte, Omina und Listen, Weisheitsliteratur, Liebeslieder, Sprichwörter und Fabeln. In Assurbanipals Tafelsammlungen bilden mit 25 % die voraussagenden „magischen“ Texte die wichtigste Kategorie. Es folgen mit jeweils etwa 20 % Rituale und Gebete, Verwaltungs- und Rechtsurkunden sowie lexikalische Texte. Von etwa 26 000 Texten in Ninive haben nur 1000 einen Geschichtsbezug und 40 einen Bezug zu Epen und Mythen, die wir als literarisch definieren und empfinden. Während alltägliche Texte dem momentanen Bedarf entsprachen, galt dies nicht für religiöse und literarische Texte. Die ältesten sumerischen und frühsemitischen Mythen waren unbestimmt in „früher Zeit“ entstanden und wurden vor ihrer schriftlichen Fixierung um 2500 v. Chr. mündlich tradiert. Auch nach der Schrift erzählten oder sangen wahrscheinlich „Barden“ die Epen zu begleitender Musik. Vom 1. Jahrtausend an befassten sich die Gelehrten lediglich mit erlernten Formeln. Bestehende Mythen wurden kopiert. Die Literatur ist anonym überliefert; die Frage des Verfassers spielte wie im europäischen Mittelalter eine untergeordnete Rolle. Viele Texte waren von Göttern einem Schreiber im Traum diktiert worden. Erst vom Ende des 2. Jahrtausends an wurden einige Texte Autoren zugeschrieben. So galt Sin-leqe-unnini der babylonischen Tradition nach als Autor des GilgameschEpos. Doch ist dieses Epos mindestens ein Jahrtausend älter als Sin-leqeunnini, der um 1100 lebte und wohl als dichterischer Bearbeiter wirkte. Kabti-ili-Marduk soll in einer einzigen Nacht die Dichtung Ischum und Erra offenbart worden sein.

7. Lernen Die Fähigkeit zu schreiben und zu lesen erwarben Kinder in der Schule. Der Schule oblag nicht nur, das gesammelte Wissen zu vermitteln, sondern auch Kultur, Religion, Normen, Werte und Interpretationsmuster weiterzugeben. Die Jungen wurden zwischen dem fünften und siebten Lebensjahr eingeschult und blieben dort bis zur „Mannwerdung“. Der übliche Schriftträger im Alten Orient war der Ton. Aus ihm wurden nicht nur Tafeln geformt und beschriftet, sondern auch Zylinder, Prismen, Backsteine, Knäufe oder Kegel. Das Tontafelformat hing teilweise vom Inhalt ab. Wegen ihrer Handlichkeit hatten Alltagstafeln über Transaktionen eine durchschnittliche Seitenlänge von 10 bis 25 cm. Gründungstafeln in Funda-

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Abb. 72 왘 Nimrud: Wachstafel, H. 34 cm, Ende 8. Jh. v. Chr. London, British Museum.

menten maßen hingegen 40  40 cm. Schultafeln waren oft linsenförmig. Neben Ton wurden auch Metall- und Steinobjekte beschriftet. Von 1400 v. Chr. an schrieb man zusätzlich auf Wachstafeln (Abb. 72) und im 1. Jahrtausend – vorzugsweise alphabetische Sprachen – mit Tinte auf Pergament (Abb. 10). Als Wachstafeln dienten mit Wachs gefüllte Holzrahmen. Die erste Handlung eines Schülers bestand in der Tafelvorbereitung. Vor der Beschriftung einer Tafel zeichneten Schüler und Schreiber Orientierungslinien. In den noch feuchten Ton wurde mit einem Griffel geschrieben. Die Tafeln trocknete man in der Sonne, nur äußerst wichtige Verträge wurden gebrannt.

8. Schulstufen, Schulstoff und „Schulgebäude“ Im 1. Jahrtausend v. Chr. gab es für ganz Babylonien zwei Schulstufen und einheitliche Lehrpläne. In der ersten Schulstufe, einer Art Grundschule, lernten alle Kinder zunächst mit Listen und dann mit einfachen Texten Lesen und Schreiben. Danach konnte sich jedes Kind unterschiedlich orientieren: ent-

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weder die erste Schulstufe weiterführen und sich „humanistischer“ ausbilden lassen oder eine zweite Schulstufe besuchen, die auf technischere Berufe vorbereitete. In der Weiterführung der ersten Schulstufe wurde der Schüler mit dem Schreiben administrativer Texte vertraut gemacht. Ein nicht ganz so begabter Schüler konnte früher aufhören und einen etwas niedrigeren Beruf ergreifen. Diejenigen, die die gesamte Laufbahn vollendet hatten, bekamen verantwortungsvolle Posten in der Verwaltung oder im königlichen Apparat. In der praxisorientierteren zweiten Schulstufe wurden, je nach zukünftigem Beruf, weitere Felder erforscht. Dabei sind wir über den Beruf des Beschwörungspriesters am besten informiert. Schulen erkennt man bei Ausgrabungen nicht am Bau, sondern lediglich an der Anwesenheit von Schülertafeln und Abschriften. Die Schreiberausbildung fand bis zum Ende des 3. Jahrtausends überwiegend in der Familie statt. Erst in der Ur III-Zeit um 2100 v. Chr. entstanden Schulen, die der staatlichen Kontrolle unterlagen. Der Fund zahlreicher Schülertafeln und Archive in Palästen und Privathäusern weist jedoch darauf hin, dass von 2000 v. Chr. an der Unterricht sehr oft auch privat war.

9. Der arbeitende Mensch Im „Gedicht des Atramhasis“, das um 1700 v. Chr. geschrieben wurde, erfahren wir, dass die Göttergesellschaft in zwei Gruppen eingeteilt war: Die Anunnaki ließen sich bedienen und die Igigi bedienten. Erschöpft von dieser Last rebellierten sie und streikten. Ea schlug die Schaffung eines Wesens vor, das genauso gut arbeiten wie die Igigi, zugleich aber fügsamer sein sollte. Dieses Substitut wurde der Mensch. Um die gewünschten Qualitäten zu erreichen, wurde das Blut eines geopferten Gottes mit Lehm vermengt. Das Blut gewährleistete die gute Arbeit der Menschen und der Lehm ihre Sterblichkeit. Im Alten Orient wurde der Mensch zum Arbeiten erschaffen. Die große Mehrheit der Städter arbeitete als Handwerker. Dabei gehörten sie je nach Spezialisierung durchaus der Mittel- und der Oberschicht an. Am besten angesehen waren wohl die Schreibberufe. Allerdings ist es nicht sicher, ob der Verdienst in diesen „akademischen“ Berufen immer der höchste war. Denn Händlermargen waren erheblich. Wenige Textstellen lassen eindeutig darauf schließen, dass der Beruf von Generation zu Generation, also von Vater und Mutter auf Sohn und Tochter, überging. Die Dauer des Lernprozesses hing von dem zu erlernenden Handwerk ab. Goldschmiede brauchten länger als Töpfer. Die Ausbildungszeit variierte von 16 Monaten für den Koch bis zu acht Jahren für den Architekten. Ein Siegelschneider benötigte nach einem Brief aus achämenidischer Zeit vier Jahre.

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Berufe ohne Schrift Das Aufkommen und die Verbreitung von Fachkräften im Alten Orient gingen mit der Bildung einer Tempel- und Palastorganisation einher. Spätestens vom Ende des 4. Jahrtausends an arbeiteten sie nunmehr den ganzen Tag in ihrem Handwerk und verdienten damit ihren Lebensunterhalt. Spinnen, Weben, Nähen und Stricken blieben überwiegend den Frauen vorbehalten. Spezialisierte Bereiche wie Färben, die Herstellung besonderer Stoffe, ihre Ausschmückung und das Waschen kostbarer Gewänder lagen wohl eher in männlichen Händen. Im Lederhandwerk gab es Gerber, Sattler und Schuster, die auch die Ausstattung für Soldaten fertigten. Schilfrohr wurde zu Matten, Körben, Zäunen oder sogar Hütten, zu Häuserteilen wie Türen, Möbeln und zu Booten geflochten. Schreiner bearbeiteten Holz für Möbel, Türrahmen und Dachbalken im Hausbau, für Schiffe und Wagen (Abb. 73). Stets begehrt waren Töpfer. Obwohl Lehmziegel überall und ständig gebraucht wurden, gehörte ihre Fertigstellung zu den niedrigsten Beschäftigungen.

Abb. 73 왘 Uruk; Terrakotta mit einem Handwerker (Schreiner), H. 8 cm. Altbabylonisch. Paris, Louvre.

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왗 Abb. 74 Nimrud, Palast Assurnasirpals II.: Reliefierte Steinplatten mit Kriegsszenen. London, British Museum.

Noch ausgefeiltere Kunstfertigkeit verlangte die Stein- und Metallverarbeitung. Aus Stein bestanden zahlreiche Kunstwerke, aber auch Siegel und Schmuck. Kupfer- und Goldschmiede stellten nicht nur schwierige, sondern auch kostspielige Produkte her. Zu den niedrigen, aber geschätzten Berufen gehörten weibliche und männlicheTänzer, Sänger und Musiker. Ebenso wenig ehrenhaft war es, eine Kneipenwirtin zu sein. Immerhin wird aber eine solche im Gilgamesch-Epos erwähnt. Kneipen waren auch Orte der Prostitution, die sicherlich als unfein galt, aber nicht tabuisiert war.

Das Kriegswesen Obwohl große oder kleine kriegerische Auseinandersetzungen im Alten Orient zur Tagesordnung gehörten, gab es kaum Berufssoldaten. Die Masse der Soldaten stammte von Fall zu Fall aus der normalen Bevölkerung. Für die frühdynastische Zeit vermutet man, dass einige tausend Soldaten für einen Krieg mobilisiert wurden. Sargon von Akkade erwähnt, dass ihm stets 5400 Mann zur Verfügung standen (Abb. 27). Die altbabylonischen Briefe von Mari berichten über eine Koalition von 30 000 Mann. Das assyrische Heer zählte mehrere 10 000 Soldaten. Die neuassyrischen Könige rekrutierten Truppen aus den Vasallen und den Besiegten, zusätzlich verpflichteten sie wesentlich mehr Söldner als früher.

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Bis zum 1. Jahrtausend wurde überwiegend zu Fuß gekämpft. Der seit 1500 v. Chr. bekannte, von Pferden gezogene Kriegswagen wurde vermehrt erst in der neuassyrischen Zeit mit Kavallerie eingesetzt (Abb. 74). Neben Waffen bestand die Kriegsmaschinerie nunmehr aus Rammböcken, Leitern und mobilen Türmen. Bewegung und Verpflegung der Truppen verlangten eine Logistik, über die wir nicht viel wissen. Zur Kriegsvorbereitung setzten die Assyrer Spione und Agenten ein. In der Achämenidenzeit hießen sie „die Augen und die Ohren des Königs“.

Berufe mit Schrift Die Verwaltung war ein wichtiger Arbeitgeber für Schriftkundige. Die zwei zu verwaltenden Haupteinheiten waren der Tempel und der Palast. Dort gab es eine Fülle von Amtsträgern, die vom Minister und Statthalter bis zum kleinen Aufseher reichten. Sie beurkundeten die Feldverwaltung, vermaßen Böden, dienten in den Aufsichtsbehörden für Viehwirtschaft, Jagd und Fischfang sowie für Anlage und Instandhaltung des Kanalsystems. Es gab eine Eichstelle für Gewichte und Maße sowie Behörden für Abgaben aus Handel und Gewerbe. Der Richter (dajjânu) erscheint schon in der frühdynastischen Zeit als Beruf. Ein Protokollführer und Gehilfen standen ihm bei. Ein Herold, gleichsam ein „Regierungssprecher“, verkündete amtliche Informationen. Für Ärzte gab es Schulen, in denen besonders erfolgreiche Ärzte unterrichteten. Eine solche Schule befand sich im Gula-Tempel von Isin. Die meisten Ärzte lernten jedoch sehr wahrscheinlich durch Praxis und Erfahrung von ihren Vätern. Im Arbeitsalltag spielten Titel und Hierarchien eine wesentliche Rolle. Wir kennen den Arzt, den Chefarzt und den abgeordneten Arzt. Chirurgen konnten Knochenbrüche heilen. Frauen arbeiteten als Hebammen. „Ärzte für Rinder und Esel“, also Tierärzte, werden ebenfalls erwähnt. Die Ärzte arbeiteten für den Palast oder den Tempel und von 2000 v. Chr. an auch unabhängig. Ihre Bezahlung hing vom sozialen Status des Patienten und von ihrem Erfolg ab. Exzellente Beobachtungsgabe und Ganzheitsmethode charakterisieren die antike Medizin. Dennoch erkannte man nur selten den Zusammenhang zwischen Krankheit und Ursache. Krankheit galt deswegen als eine Strafe der Götter. Lediglich Tafeln mit eingeritzten Grundrissen von Wohnhäusern und Tempeln gestatten uns einen Hinweis über die Art und Weise, wie Architekten arbeiteten. Kurze keilschriftliche Notizen verweisen auf den Bautyp und beschreiben Raumform, Durchgänge und Raumfunktion. Ingenieure bleiben in den Texten unerwähnt. Ohne sie wären jedoch viele Bauten, Einrichtungen der Infrastruktur wie Kanäle, Aquädukte (Abb. 40), Straßen oder Brücken und Kriegsmaschinen (Abb. 74) nicht denkbar.

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10. Erfindungen und Wissen Erfindungen und Techniken Mesopotamien ist ein Land der Erfindungen. Um 7000 v. Chr. wurde die Keramik erfunden. Zu den späteren wegweisenden neuen Techniken zählt die Schrift, vom Piktogramm zum Alphabet. Rad und Pflug kommen als Zeichen bereits auf den Uruk IV-zeitlichen Tafeln vor. Als Wagenräder wurden im 4. und im 3. Jahrtausend Scheibenräder (Abb. 25) und vom 2. Jahrtausend an Speichenräder verwendet (Abb. 74). Was Techniken und Handwerk betrifft, so erreichten sie einen hohen Stand. Metallguss, die Granulationstechnik der frühdynastischen Juweliere, Stein- und Elfenbeinverarbeitung oder die Stoffherstellung verdienen noch heute Bewunderung. Von etwa 5500 v. Chr. an wurde glasiert, zunächst Steatitperlen und vom 2. Jahrtausend an Glaspasten und Ton. Die Glasurtechnik erreichte ihren Höhepunkt in Babylon und Susa, wo ganze Bauten mit glasierten Ziegeln verziert wurden. Glasfunde tauchen in Syrien und der Levante zu Beginn des 3. Jahrtausends auf. In Mesopotamien waren sie vor allem im 1. Jahrtausend verbreitet.

Wissenschaft Wie geforscht oder über Wissenschaft im Alten Orient gedacht wurde, erahnen wir nur anhand der Funde. Eine Systematisierung des Wissens fand in Form von lexikalischen Listen bereits am Ende des 4. Jahrtausends statt. Von der Botanik und Heilkunde zur Mineralogie, vom Recht zur Wetterkunde und Zoologie interessierten sämtliche Bereiche. Einige hundert Tontafeln informieren uns über den Stand der Mathematik. Das System war dezimal, in Babylonien allerdings von 2100 v. Chr. an sexagesimal. Mit Addition, Substraktion und Multiplikation sowie den Kenntnissen über die Eigenschaften des Rechtecks, des Dreiecks und des Kreises wurden Längen-, Flächen- und Hohlmaße, Volumina und Gewichte berechnet, die man auf die Kubatur eines Baus, die Berechnung von Erträgen und Rationen, auf Feldflächen oder Geldzins anwandte. Zugleich Beruf und Wissenschaft waren Mantik, Astronomie und Astrologie. Astrologie, die Beobachtung der Bewegungen der Himmelskörper im Hinblick auf Weissagungen, und Astronomie, eine neutrale, wissenschaftliche Beobachtung des Himmels, ergänzten sich in der Antike und bildeten eine zumindest im 1. Jahrtausend alles beherrschende Wissenschaft (Abb. 75). Für jede friedliche und kriegerische Handlung war es erforderlich, den von den Göttern gewünschten Zeitpunkt zu erkennen und die Zukunft zu interpretieren. Dazu bedienten sich die Babylonier ihrer Himmelsbeobachtungen. Von 750 v. Chr. an kennen wir tägliche Notizen über den nächtlichen Himmel. Mondfinsternisse konnten im Voraus genauestens festgelegt wer-

10. Erfindungen und Wissen

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Abb. 75 왘 Assyrische Tontafel mit Keilschrift, die eine Sonnenfinsternis vorhersagt, 6,9  5 cm, 7. Jh. v. Chr., London, British Museum.

den. Die fünf Planeten Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn werden bereits zu Beginn des 2. Jahrtausends erwähnt. Des Weiteren erlaubte diese Wissenschaft, den Kalender zu kontrollieren und dafür die Bahnen der Himmelskörper zu bestimmen. Die Verbindung einiger Sterne oder Sterngruppen mit den Monaten kennen wir von der altbabylonischen Zeit an. Um 400 v. Chr., während der Achämenidenzeit, bekamen einige Sterngruppen einen Namen, von denen zwölf noch heute die Tierkreiszeichen benennen. Mit den Fortschritten und der damit verbundenen Vorstellung, die himmlischen Körper besäßen ein Eigenleben, begannen die Menschen auch an den Einfluss der Sterne und Planeten auf sie zu glauben. Die ersten individuellen „Horoskope“ kamen in dieser Zeit auf.

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11. Gelehrte und Geheimwissen Sehr früh erkannten die Menschen, dass sie Wissen besser ausrüstete, um die Unwägbarkeiten des Lebens zu meistern. Während noch im 2. Jahrtausend vor allem geschrieben wurde, um das Wissen an die kommenden Generationen weiterzugeben, unterstützte im 1. Jahrtausend die schwierig gewordene Keilschrift die Tendenz, Wissen lediglich einer kleinen Elite zugänglich zu machen. Leberschau-Spezialisten, Astronomen und Astrologen dienten dem König, anders als etwa das delphische Orakel, das als unabhängige Institution im Rahmen der Polis für Apollo arbeitete. Je stärker die Kontrolle über Wissen war, umso uneingeschränkter die Macht. Das Wissen wurde zum Geheimnis und zum Geheimwissen.

12. Archive, Bibliotheken und Depots Im Alten Orient gab es Archive, Bibliotheken und Depots. Ein Archiv ist die für einen bestimmten Zeitraum stattfindende Aufbewahrung von „Arbeitstafeln“ aus dem Bereich der Verwaltung, des Rechtsverkehrs, der Wirtschaft und der Korrespondenz. In einer Bibliothek hingegen fand man literarische, historische, religiöse und wissenschaftliche Texte sowie Listen und Omina, die man zu Studienzwecken konsultieren konnte. Gewollte Text- und daher Wissenssammlungen scheint es nur unter Assurbanipal gegeben zu haben. Wenn heute die Textsammlungen gemischt sind oder ihre Genese unklar bleibt, spricht man auch von Depot. Tempel, Paläste und Privatpersonen besaßen Archive und Bibliotheken. Das altbabylonische Privatarchiv des Ur-Utu in Sippar barg etwa 2000 über mehrere Jahrhunderte geschriebene Texte, das „Haus des Beschwörungspriesters“ in Assur um die 1200 fachrelevante Tontafeln aus dem 7. Jahrhundert v. Chr. Tafelräume und ihr Aufbewahrungssystem können dank guter archäologischer Beobachtungen rekonstruiert werden. In einem Raum aus dem königlichen Palast der Schicht IIB1 von Ebla (2500 v. Chr.) standen die Tafeln thematisch geordnet auf Holzregalen, im altbabylonischen Mari in Schilfkörben, wo Tonetiketten eine schnelle Übersicht erlaubten. Im Schamasch-Tempel von Sippar wurde ein 4,40 m  2,70 m großer Raum mit mindestens 56 jeweils 70 cm tiefen Nischen ausgegraben, in denen man die Tafeln hochkant hintereinander ordnete. Tafeln konnten auch in Tongefäßen und Holzkisten aufbewahrt werden.

12. Archive, Bibliotheken und Depots

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13. Rationalität und Irrationalität In den letzten Abschnitten wurde der intellektuelle Horizont eines altorientalischen Gelehrten umrissen. Die in der Literatur vertretenen Meinungen über das Niveau der altorientalischen Wissenschaft pendeln zwischen der Unterstreichung dessen, was nicht erreicht wurde und der Bewunderung des Erreichten. Wissenschaftliches Denken heißt durch Zusammenfassen und Abstrahieren nach einem zusammenhängenden Wissen suchen und Modelle bilden. Heute finden wir die altorientalische Mantik mit ihren Omina befremdlich. Doch gibt uns ihr Aufbau, nicht ihr Inhalt, einen Einblick in altorientalische Wissenschaftlichkeit. Ausgangsbasis der Omina waren Beobachtungen, meist an Schafslebern, aber auch an sämtlichen Erscheinungen an himmlischen und irdischen Körpern. Diese Texte sind wie der Kodex-Hammurapi aufgebaut und beginnen mit dem Satzteil „Wenn, im Falle dass …“ oder „Nehmen wir an …“. Sie gibt ein wahres Faktum wieder und beschreibt den Gegenstand, mit dem es möglich sein wird, die Zukunft vorauszusagen. Die Schlussfolgerung steht in der Zukunft und beschreibt, was passieren wird. Die Beziehung zwischen beiden Satzteilen ist empirisch-logisch geordnet. Oft gehen Omina von ein und derselben Ausgangssituation aus, die aber unter unterschiedlichen Aspekten betrachtet wird und zu verschiedenen Ergebnissen führt. Dies nennen wir Systematik. Dadurch nähert sich die Wahrsagung einer universellen Kenntnis, die auf logischen Zusammenhängen beruht. Waren die Omina negativ, griff der Wahrsager zu den Löseritualen namburbi. Damit sollte das schlechte Los „aufgelöst, wegradiert“ werden. Diese namburbi entsprechen unserem Empfinden nach Beschwörungen oder Exorzismen, zeugen aber lediglich von einer nicht vorhandenen Trennung zwischen systematischem Wissen und magischen Praktiken. Diese können wir auch in der medizinischen Praxis beobachten. Wer es sich leisten konnte, hatte einen Arzt, den asū, der mit Medikamenten arbeitete, und einen āšipu, der Rituale durchführte. Mittel und Zweck müssen unterschieden werden. Aberglaube und Wahrsagekunst sind irrational, die dazu eingesetzten Mittel jedoch völlig rational durchstrukturiert. Glaube, Aberglaube, Ratio und Irrationalität bilden eine Einheit und ergeben miteinander den intellektuellen Horizont eines Mesopotamiers.

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Westenholz (2007) 293 contra Geller (1997) 47. Englund (1996) 7. Van de Mieroop (1999) 10–12. Streck (2010). Huehnergard – Woods (2004) 218.

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XI.

Bilder und Kunst

B

ilder, Motive, Kunst und Schönheit unterliegen gesellschaftlichen Konventionen und Vorstellungen. Gerade im Alten Orient ist jedes Motiv von der Rosette bis zur Löwenjagd auch symbolisch und religiös bedeutungsvoll. Jedes Kunstobjekt erfüllt einen Zweck. Dies heißt nicht, dass die Bilder ohne ästhetische Vorstellungen entstanden und auch nicht, dass die Herrschenden den ausführenden Handwerkern ausschließlich ihre Vorstellungen aufzwangen oder dass individuelle Freiräume und Fähigkeiten unterdrückt wurden. Die ersten Studien der noch jungen vorderasiatischen Archäologie waren vor allem chronologischer und stilistischer Natur. Die letzten Jahrzehnte brachten neue Ansätze, worin symbolische und politische Funktion sowie die gesellschaftliche Relevanz von Kunst und Künstlern, Arbeitsaufteilung und -vorgänge oder Aufstellungsort mit berücksichtigt wurden. Im Vergleich zur ägyptischen Kunst führt heute die altorientalische ein stiefmütterliches Dasein. Es liegt an der unstabilen politischen Lage der Ursprungsländer, die ägyptische Materialfülle fehlt und spiegelt trotz aller Zerstörung eine antike Wirklichkeit wider. In Mesopotamien wurde zwar sehr viel Kunst, aber im Vergleich zu Ägypten weniger produziert. Nur vor einigen Objekten gerät der heutige Betrachter in Entzückung. Und doch stammen aus dem Alten Orient Kunstobjekte der Weltklasse, ob es Stelen, Statuen, Reliefs, Rollsiegel oder Schmuckstücke sind.

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1. Das Viele und das Einzige Die Zahl der erhaltenen Denkmäler ist selbst innerhalb einer Gattung sehr unregelmäßig. Bei den Statuen sind beispielsweise etwa 600 vollständige oder fragmentarische frühdynastische „Beterstatuetten“ erhalten, während wir nur eine bis auf den Kopf vollständige Statue aus achämenidischer Zeit kennen. Die neuassyrischen Orthostaten bilden ein umfangreiches Korpus.

Abb. 76 왔 Assur: Akkadzeitliche Statue. Diorit. Berlin, VAM (Körper), und Bagdad, Iraq Museum (Kopf ).

2. Formen und Material Die Bildträger weisen sehr unterschiedliche Formen auf. Zur Flachkunst gehören Stelen, Orthostaten, reliefierte oder glasierte Ziegel, kleine Reliefs, Vasen oder Siegel. Rundplastisch hingegen sind Statuen, die Götter, Menschen und Tiere darstellen. Die altorientalische Kunst ist bis auf wenige Ausnahmen vergleichsweise kleinformatig. Die Statuen sind meistens unter einem Meter groß. Die akkadzeitliche Statue aus Assur (Abb. 76) misst jedoch 1,37 m ohne Kopf, der Ur III-zeitliche Puzur-Ischtar 1,73 m (Abb. 77). Wenige Statuen, etwa einige neuassyrische Statuen, sind lebensgroß, andere (eine Statue Darius I. sowie einige Torhüterfiguren) sogar überlebensgroß. Stelen sind in der Regel größer als Statuen und bewegen sich zwischen zwei und drei Metern. Naram-Sins Stele (Abb. 28) misst zwei Meter, der Kodex Hammurapi 2,25 m (Abb. 30), Urnammus Stele etwa 3,05 m (Abb. 29) und Asarhaddons aus Zincirli 3,18 m. Die größeren Kunstobjekte bestehen mehrheitlich aus Stein, die kleineren aus Ton. Kleine Metallplastiken oder Schmuck aus Metall und wertvollen Steinen waren sicherlich sehr verbreitet, haben die Zeiten jedoch zufallsüberlassen überdauert.

3. Plastik Von Terrakotten und kleinen Metallplastiken abgesehen, sind bei sehr ungleichmäßiger Verteilung etwa 100 Götter- sowie 900 Menschen- und Tierplastiken für den Zeitraum zwischen Neolithikum und Achämenidenzeit bekannt. Sie bilden allerdings lediglich einen Bruchteil der antiken Produktion. Aus unzähligen Texten erfahren wir nämlich, dass die Könige zahlreiche, bisweilen aus den kostbarsten Metallen hergestellte und sie darstellende Statuen den Göttern weihten.

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왗 왗 Abb. 77 Kopf des Fürsten Puzur-Ischtar von Mari. Berlin VAM. Der Körper wird im Archäologischen Museum in Istanbul aufbewahrt.

왗 Abb. 78 Uruk: Frauenkopf aus weißem Kalkstein, H. 20,1 cm, um 3200 v. Chr. Bagdad, Iraq Museum.

Die ältesten Menschenplastiken gehen auf die Natufische Zeit (12.–11. Jahrtausend) zurück, in der noch Tierbilder überwiegen. Im 10. Jahrtausend tauchen in Syrien und Palästina für uns erkennbare Frauenbilder auf und im 9. Jahrtausend die „klassischen“ neolithischen fettleibigen Frauen. Diese beleibten Frauen sind zeitgleich mit den ersten in Bänken eingelassenen Stierhörnern sowie den ersten Versuchen des Protoackerbaus, der Vorratswirtschaft und der rechteckigen Unterteilung eines runden Hauses. Wen sie darstellen, wissen wir nicht. Sicher ist nur die Wichtigkeit ihrer Schutzfunktion. Bis ins 4. Jahrtausend zeigen die Bilder eine religiös-politisch und hierarchisch kaum differenzierte Gesellschaft. Dies änderte sich spätestens am Ende der Urukzeit. Von nun an erkennen wir Themenkreise mit religiösen Handlungen oder solche, die die weltliche Elite umfassen. Die Plastiken sind auch aus Stein gefertigt, während bisher vor allem Ton gebraucht wurde. Am besten erhalten sind die sogenannte „Uruk-Maske“ (Abb. 78), Frauen- und Männerstatuetten, Gefangene und stehende nackte Männer, fast alle aus Uruk. Für den Abschnitt der frühdynastischen Zeit sind die „Beterstatuetten“ typisch (Abb. 26). Durchschnittlich zwischen 10 und 30 cm große, meist stehende Männer und Frauen halten ihre Hände vor der Brust verschränkt. Sie stammen vor allem aus dem Diyala-Gebiet, Assyrien und Nordsyrien. Ihre drei Stilstufen – frühdynastisch II-, IIIa- und IIIb-Zeit – hängen von der Stratigraphie ab, die in den Diyala-Grabungen erkannt wurde. Unrealistische Proportionen, ein dreieckiger Oberkörper, große, mit Lapis, Muscheln und Perlmutt eingelegte Augen, eine große Nase und kleine Hände charakterisieren die ältere Gruppe (2700–2600 v. Chr.) (Abb. 79), naturnaher Körperbau und eine größere Modellierung die jüngere (2600–2350

3. Plastik

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Abb. 79 왘 Tell Asmar: Männliche und weibliche Beterstatuette, H. 72 und 59 cm, um 2700–2600 v. Chr. Bagdad, Iraq Museum.

Abb. 80 왔 Mari: Stark restaurierte Statue von Salim, dem älteren Bruder des Königs. H. 55 cm, 25./ 24. Jh. v. Chr. Damaskus, National Museum.

v. Chr.) (Abb. 80). Sie waren in der Tempelcella aufgestellt. Dank ihrer Inschriften – etwa 90 sind erhalten – wissen wir heute, dass Könige sowie Mitglieder der königlichen Familie und der Elite die Statuetten einer Gottheit mit der Bitte um ein langes Leben weihten. Die Statuette stellt also den Stifter dar, steht stellvertretend für ihn vor der Gottheit und übernimmt somit eine Mittlerrolle. Der eingebürgerte Begriff „Beterstatuette“1 gilt demnach nur eingeschränkt. Neben Steinstatuetten wurden auch Metallstatuetten hergestellt. Dabei erlaubt das Material einen freieren Stil. Unter ihnen ist eine frühdynastischzeitliche, aus Mari stammende, an ihrer Hörnerkrone als Göttin zu erkennende Figur bemerkenswert (Abb. 81). Spätestens von etwa 3000 v. Chr. an wurden nämlich die großen Götter wie die Menschen dargestellt. Um Götter und Menschen bildlich auseinanderzuhalten, bekamen die Götter eine Krone, deren Tierhörner Stärke verbildlichen. Die kleine Göttin aus Mari gehört zu den ältesten bekannten rundplastischen Götterbildern. Die Gründungsbeigaben in den Tempelfundamenten waren ebenso oft aus Metall gefertigt (Abb. 42).

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Obwohl die akkadzeitlichen Statuen im Laufe der Zeit sehr beschädigt wurden, lassen etwa Manischtusus Statuen ihre einstige Schönheit ahnen. Die meisten Fragmente stammen aus Susa und sind aus Diorit. Neu ist das Wickelgewand mit Troddeln am Saum. Neu ist ebenfalls die größere Länge der Inschriften, die nunmehr von Feldzügen und Siegen berichten und mit einem Fluch auf den Schänder enden. Die Zahl der Statuen von Privatpersonen ging stark zurück. Dies kann als königlicher Wunsch interpretiert werden, die Erlaubnis, eine Statue zu weihen, nicht mehr freizügig zu verteilen. Zu den archäologischen Krimis gehört die Zusammenfügung eines 1905 in Assur gefundenen, heute im Pergamon-Museum aufbewahrten 1,37 m großen Torsos mit einem 1982 in Assur geborgenen 30 cm hohen Kopf (Abb. 76)2. Akkadzeitlich ist weiterhin ein Meisterwerk des antiken Metallgusses (Abb. 82). Der im Ischtar-Tempel 왖 Abb. 81 Mari: Statuette einer Göttin aus dem sog. „Schatz von Ur“. Kupfer, Silber, Elektron, Lapislazuli und Perlmutt, H. 11,3 cm, 25./ 24. Jh. v. Chr. Damaskus, National Museum.

왗 Abb. 82 Ninive: Männlicher Kopf aus Kupfer. H. 36,6 cm, späte Akkadzeit. Bagdad, Iraq Museum.

3. Plastik

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왗 Abb. 84 Mari: Statue der „Wassergöttin“, H. 142 cm. Anfang des 2. Jts. Aleppo, National Museum.

Abb. 85 왘 Susa: Sitzstatuette eines Herrschers von Eschnunna, H. 89 cm, Diorit, um 2000 v. Chr. Paris, Louvre.

Abb. 83 왖 Tello: Sitzstatuette des Gudea, H. 46 cm, um 2100 v. Chr. Paris, Louvre.

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von Ninive gefundene Kopf besteht zu 99 % aus Kupfer und wurde im Wachsausschmelzverfahren mit separat angegossenen Ohren hergestellt. 1880/81 gruben in Tello Ernest de Sarzec und Léon Heuzey den kleinen Palast des Adad-nadin-ahhe aus, eines Herrschers aus dem 2. Jahrhundert v. Chr., und fanden dort acht Statuen, die laut Inschrift einen Herrscher namens Gudea darstellten. Gudea ist der altorientalische Herrscher, der uns mit 16, vielleicht sogar 22 Statuen die größte Statuenanzahl hinterließ (Abb. 83). Sie stellen ihn stehend oder sitzend dar und messen im heutigen Zustand von 1,68 m bis 0,40 m. Sie geben Anlass zu folgender Überlegung: Ein Portrait im Sinne einer getreuen Wiedergabe der Gesichtszüge oder einer bildlichen Übertragung der wichtigsten Charakterzüge gab es im Alten Orient nicht. Die dargestellten Personen wurden dennoch sicherlich erkannt, aber an ihren Attributen, an ihren Kleidern, ihrer Haltung oder ihrem bildlichen oder textlichen Umfeld. Während die Statuen der Mari-Könige Idi-Ilum und Puzur-Ischtar (Abb. 77) sicherlich Ur-III-zeitlich sind, bietet die „Wassergöttin“ aus Mari ein typisch altbabylonisches Bild (Abb. 84). Neben dem Falbelgewand ist auch

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die dicke Perlenkette charakteristisch. Unter den Göttern sind noch die Könige einführenden Gottheiten Lama häufig, selten hingegen viergesichtige Götter, die wohl zu Eas Umkreis gehören. Größere Königsstatuen stellen Könige von Eschnunna dar (Abb. 85). Nur wenige neuassyrische Plastiken haben die Zeiten überdauert, unter ihnen die Statue des Wächtergottes Kidudu, die 1847 in Assur im Tabira-Tor gefunden wurde, sowie weitere Schutzgötter aus Nimrud und Khorsabad. Typisch assyrisch und archäologisch erstmals unter Assurnasirpal II. bezeugt sind meist kolossale Torhüterfiguren (Abb. 86). Sie befanden sich paarweise an Torlaibungen, in Palästen, seltener in Tempeln und Stadttoren. Sie stellten Löwen, Stiere oder Mischformen dar. In diesem Fall bestand ihr Körper aus einem Stier oder einem geflügelten Löwen, ihr Kopf oder auch ihr gesamter Oberkörper war anthropomorph. Die älteste assyrische Königsstatue geht vielleicht auf das 11. Jahrhundert v. Chr. zurück. Schon dieser König trägt das Fransengewand. Sein linker Arm ist angewinkelt, die rechte Hand hält einen Krummstab. Bezeugt sind ferner Statuen der Könige Assurnasirpal II. (Abb. 31) und Salmanassar III. Private Plastik und Frauenbilder sind sehr selten.

3. Plastik

왖 Abb. 86 Khosabad: Monumentaler geflügelter Stier mit menschlichem Kopf. Torhüterfigur am Eingang zur Zitadelle Sargons II., H. 410 cm, um 721–705 v. Chr. Paris, Louvre.

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Die späthethitischen Könige ließen ebenso wie die assyrischen große Stand- oder Sitzbilder meißeln, die oft aus Basalt bestehen. Anders als in Mesopotamien befanden sie sich auch in Grabanlagen. An einem Tor stand die 1972 in Susa entdeckte Statue Darius I. Achämenidisch sind weiterhin kleine, nicht identifizierbare Büsten und Köpfe.

4. Flachkunst Wandmalereien und Glasuren Tempel, Paläste und Privathäuser wurden oft auch mit Wandmalereien dekoriert. Hinzu kam die starke symbolische Wirkung von Farben. Prominentes Beispiel für das Neolithikum sind die Häuser in Çatal Hüyük, auch berühmt wegen der Lebendigkeit und Abwechslung ihrer Jagdszenen. Vom Chalkolithikum an fügten sich die bemalten Szenen in eine Registereinteilung und zeigten nunmehr einen auf die Elite beschränkten Personenkreis in politisch-religiösen Szenen. Gut erhalten sind die Wandmalereien im Palast von Mari und im neuassyrischen Palast von Til Barsip. Großflächige Glasuren fanden sich in Babylon (Abb. 33) und Susa (Abb. 58).

Stelen, Kudurru, Obelisken Stelen, die in Tempeln standen, waren meist einseitig bebilderte, oben rund oder eckig abgeschnittene Steinblöcke. Sie sind bereits seit der späten Urukzeit gut bekannt. Die späturukzeitliche, 0,80 m hohe Löwenjagdstele aus Uruk ist bemerkenswert, weil sie als erstes Kunstwerk das „urmesopotamische“ Thema der königlichen Löwenjagd, hier gleich zweimal, darbietet. Die ebenfalls für ihre detailreich wiedergegebene Kriegsszene wichtige, 1,80 m hohe „Geierstele“ Eanatums von Lagasch wurde bereits erwähnt (Abb. 25). Auf der sogenannten „mythologischen Seite“ hält der Gott Ningirsu die Feinde in einem Netz fest. Auf der anderen, der „historischen Seite“ wird die Schlacht, verteilt über mehrere Register, dargestellt. Akkadzeitliche Gegenstücke sind die Sargon-Stele (Abb. 27) und die Naram-Sin-Stele (Abb. 28), deren ursprünglicher Inschrift Schutruk-Nahhunte eine eigene hinzufügte. Darin berichtet er, dass er dieses seit Jahrhunderten im Schamasch-Tempel zu Sippar aufbewahrte Denkmal nach Elam entführt und seinem Gott Inschuschinak geweiht habe. Einmalig ist die freie Flächeneinteilung des Motivs. In der Ur III-Zeit waren Stelen sehr beliebt. Neu ist die Thematik aus dem königlich-kultischen Bereich. Auf einer im Hof des Sin-Heiligtums in Ur gefundenen Stele berichtet Urnammu über seine Bautätigkeit (Abb. 29). Wir sehen ihn vor einer Gottheit sitzen und wie er vor zwei Göttern ein

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Trankopfer darbringt. Eine altbabylonische, in der Nähe von Tell Asmar gefundene Stele zeigt Daduscha, den König von Eschnunna, in Siegespose. Der Text berichtet über Städteeroberungen und geglückte Verhandlungen mit Schamschi-Adad von Ekallatum. Ebenfalls altbabylonisch ist die Gesetzesstele, auf der Hammurapi vor dem Gott Schamasch steht (Abb. 30). Sie wurde 1901/02 in Susa mit acht weiteren Steinfragmenten entdeckt, die auf die Existenz von mindestens zwei bis drei Stelen schließen lassen. In der neuassyrischen und der spätbabylonischen Zeit zeigen sich die Könige – etwa Assurnasirpal II., Salmanassar III. oder Adad-nirari III. – betend vor Göttersymbolen. Wer es sich leisten konnte, ließ sich in den aramäischen Fürstentümern eine Grabstele errichten, wo der oder die Verstorbene steht oder vor einem Tisch sitzt; bisweilen werden sie mit Diener abgebildet. Charakteristisch für den Zeitraum zwischen dem 14. Jahrhundert v. Chr. und der Regierungszeit von Schamasch-schumu-ukin (667–648 v. Chr.) sind die sogenannten „Kudurrus“ (Abb. 87). Einige dieser eigentlich als narû (Stein) bezeichneten Steinblöcke sind doch aus Ton und messen durchschnittlich unter 50 cm. Sie heben sich durch den Inhalt der Inschriften um Landbesitz und Streifen hervor, auf denen Göttersymbole aufgereiht sind. Ab und an kommen figürliche Bilder vor, die den Begünstigten vor dem König oder vor einer Gottheit zeigen. Symbole bestätigen und verstärken die göttliche Teilnahme, die ein gerechtes Urteil gewährleisten soll. Heute sind etwa 160 ganze oder fragmentarische Kudurrus bekannt. Die Hälfte davon stammt aus Susa, wohin sie durch antike Plünderungen der Elamiter gelangten. Weitere 18 wurden in Nordbabylonien, ihrem Ursprungsland, ausgegraben. Eine besondere Stelenform ist die des Obelisken, die besonders unter Assurnasirpal II. und Salmanassar III. geschätzt wurde, auch wenn sie, wie der Broken Obelisk, bereits im 11. Jahrhundert v. Chr. existierte. Der 2,90 m hohe und aus Kalkstein bestehende „Weiße Obelisk“ trägt einen Text, in dem Assurnasirpal, wahrscheinlich II., genannt wird (Abb. 88). In Registern aufgeteilte Bilder zeigen Eroberungen und Jagderfolge. Obeliske wurden in Tempeln und Palästen gefunden und boten neben glasierten Bildern, Orthostaten und Toren eine weitere Möglichkeit, an militärische Taten zu erinnern.

4. Flachkunst

왖 Abb. 87 Susa: Kudurru des Melischischu II. mit Symbolen der Hauptgötter: oben die Mondsichel des Mondgottes, der Stern der Ischtar und die Sonne des Schamasch, 68  28 cm, schwarzer Kalkstein, um 1202– 1188 v. Chr. Paris, Louvre.

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Orthostaten Ebenfalls typisch für die neuassyrische Zeit sind an den Wandsockeln angebrachte große Steinplatten, die man Orthostaten nennt. Damit schmückten in Nimrud Assurnasirpal II. zahlreiche Räume in seinem Nordwestpalast und Tiglatpilesar III. in seinem Zentralpalast. Sargons Palast lag in Khorsabad. In Ninive ließ Sanherib Platten für seinen Südwestpalast herstellen. Dort ersetzte sein Enkel Assurbanipal einige Platten durch eigene, bevor er die heute bekanntesten Orthostaten für seinen Nordpalast anfertigen ließ. Nicht alle Könige besaßen die finanzielle Kraft oder auch die Muße, einen Palast zu bauen oder, falls sie doch einen bauten, ihn mit Orthostaten zu schmücken. So verwendete Asarhaddon ältere Orthostaten in seinem Südwestpalast in Nimrud wieder. An die Wand gestellte Steinblöcke gibt es im Vorderen Orient seit dem Beginn des 2. Jahrtausends. Da die ältesten unter ihnen aus Alalakh im Hatay stammen und nicht verziert waren, bestand ihre Hauptfunktion im Schutz der Lehmziegelmauer in einem verhältnismäßig feuchten Klima. Von der zweiten Hälfte des 2. Jahrtausends an sind Orthostaten in Anatolien, etwa in Alaca Hüyuk, in Malatya oder in Karkemisch häufig bebildert. Es scheint, dass Assurnasirpal II. sie auf Feldzügen gesehen hatte. Dennoch ahmte er sie nicht nach, sondern verwandelte sie in Symbole für Expansion, Macht und Reichtum. Außerdem hatte schon Tiglatpilesar I. den

왗 Abb. 89 Ninive: Relief aus dem Südwestpalast Sanheribs, H. ca. 225 cm, hier eine Lithographie von Austin Henry Layard. Sie zeigt den Transport einer Wächterfigur in Form eines geflügelten Stieres mit Hilfe eines Schlittens.

Abb. 88 왖 Ninive: Sog. „Weißer Obelisk“ mit Kampf-, Jagdund Kultszenen König Assurnasirpals (wahrscheinlich des II.), H. 290 cm. Kalkstein, London, British Museum.

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왗 Abb. 90 Ninive: Relief, das die Belagerung der Stadt Lachisch durch Sanherib zeigt. um 700– 680 v. Chr. London, British Museum.

„Alten Palast“ in Assur mit kleinen beschrifteten, aber bildlosen Steinplatten versehen. Zahlreiche Orthostatenplatten wurden im 19. Jahrhundert für den Transport zerlegt. Ihr Durchschnittsmaß lag zwischen 1,5 m und 2,5 m. Im Laufe der zweieinhalb Jahrhunderte von Assurnasirpal bis Assurbanipal stellen Orthostaten königliche Eroberungen (Abb. 74), Jagd- und Opferszenen dar. Lediglich Sanherib interessierte sich für den Palastbau (Abb. 89). Die Bildprogramme der assyrischen Paläste sind auffallend arm an religiöser Ikonographie. Den Gott in der geflügelten Scheibe ausgenommen, werden hohe Götter nicht dargestellt, selten niedere in Form von Genien, Mischwesen und Helden. Dafür änderten sich aber Stil und Bildgestaltung. Während unter Assurnasirpal die Reliefierung noch betont und kantig ist, sticht die sehr feine Modellierung unter Assurbanipal ins Auge. Von Tiglatpilesar III. an entfalten sich die Szenen immer freier über die Grenzen der Orthostatenplatte hinweg (Abb. 10), um unter Sanherib und Assurbanipal ganze Räume umfassende Zyklen zu bilden. Besonders eindrucksvoll sind im Südwestpalast Sanheribs Platten mit der Belagerung von Lachisch (Abb. 90) und der Errichtung seines Palastes sowie Assurbanipals Kriege in Babylonien. Seinem Sieg über den elamischen König widmete Assurbanipal eine außergewöhnlich dichte und reichhaltige Bildserie. Im Thronraum des Nordpalastes sehen wir Feldzüge nach Babylon, Susa und Ägypten, in einem anderen Raum die Feldzüge gegen Araber und an der zum Hintereingang langsam herabfallenden Rampe den König und Menschenzüge, die von der Jagd zurückkommen. Im Korridor und im Hintereingang wurden außerordentlich qualitätvolle Jagdszenen mit verendenden Löwen, Onagern und Gazellen gezeigt. Die berühmten Bilder der sogenannten Kleinen Löwenjagd (Abb. 91) und der

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Abb. 91 왘 Ninive: Orthostat Assurbanipals mit der „Kleinen Löwenjagd“. In der unteren Reihe gießt er ein Trankopfer über den erlegten Löwen aus. London, British Museum.

Abb. 92 왔 Tell Halaf: Kapara-Palast. Orthostat mit einem geflügelten Genius als Atlanten, 9. Jh. v. Chr. H. 56 cm. Basalt. Paris, Louvre.

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„Gartenszene“ (Abb. 32), wo Assurbanipal und seine Gattin Libbali-scharrat unter einer Laube trinken und in deren Nähe Teummans Kopf hängt, gehörten wohl zur Dekoration des oberen Geschosses. Unter Perspektive verstehen wir seit der Renaissance eine Raumwiedergabe, die durch die Verkürzung des Dargestellten erreicht wird. Diese Perspektive gab es schon allein wegen der Symbolik im Alten Orient nicht, nach der beispielsweise die Größe der dargestellten Personen – Kinder ausgenommen – von ihrer Bedeutung abhing. Eine seit Tiglatpilesar III. immer größer werdende Staffelung und Überschneidung führten jedoch zu Tiefeneindruck und freierer Komposition (Abb. 10). Der „geistige Blick“ gestattete es, in einen Bau und aus der Vogelperspektive von oben zu sehen. Während unter Assurnasirpal II. die einheitliche, ohne Bildbezug stehende „Standardinschrift“ den oberen Bildstreifen vom unteren trennt, haben die Könige von Sargon an den Text als Erklärungsmöglichkeit voll ausgeschöpft und ihn als regelrechte Sprechblasen dem Bildinhalt angepasst. Der anatolischen Tradition verpflichtet, aber auch von den assyrischen Machthabern beeinflusst, ließen zahlreiche aramäische Fürsten ihre Paläste mit Orthostaten schmücken. In Tell Halaf war der Palast Kaparas mit etwa 240 Orthostaten von 60 cm bis 80 cm Höhe versehen, von denen 182 in situ wiedergefunden wurden. Es waren abwechselnd dunkle Basalt- und rotgefärbte Kalksteinplatten. Die Bilder zeigen religiös-symbolische Szenen mit Stiermenschen, Sphingen, Genien (Abb. 92), kriegerische Szenen mit Soldaten und friedliche Szenen mit einem Kamelreiter oder einem Tierkonzert.

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왗 Abb. 93 Balawat: Tor, um 850 v. Chr. London, British Museum.

Holztore Tempel und Paläste besaßen zweiflügelige Holztore, die bei entsprechendem Reichtum mit Bronzebeschlägen versehen waren. Die drei besterhaltenen sind neuassyrisch und kamen 1877 und 1956 in Balawat, dem antiken Imgur-Enlil, etwa 40 km südöstlich von Mossul, ans Licht. Das Tor, das am besten rekonstruiert werden kann, geht auf König Salmanassar III. zurück (Abb. 93). Es war etwa 2,30 m breit und etwa 6,00 m hoch. Acht bebilderte, jeweils etwa 1,45 m breite Bronzestreifen wurden auf einen Holzhintergrund genagelt. Dieses Tor verschloss wahrscheinlich den Eingang zu Salmanassars Palast. Ein ähnliches, von Assurnasirpal II. angebrachtes Tor verschloss die Vorcella zum Tempel des für Träume zuständigen Gottes Mamu. Dort waren Eroberungszüge der Könige dargestellt.

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Felsreliefs Die einzigen in der Landschaft noch sichtbaren Monumente sind Felsreliefs. Sie befinden sich in bisweilen schwer zugänglichen Berggegenden an Straßen, Pässen und Furten und stellen möglicherweise zugleich Grenzmarkierung, Erinnerungsdenkmal und auch symbolischen Schutz dar. Zu den ältesten gehören die Reliefs von Bitwata, Darband i-Gaur, Sheikhan und Sar-i-Pul-i Zohab, die nördlich und südlich von Sulaimaniya liegen. Sie zeigen einen über liegenden Feinden in Siegespose stehenden Herrscher, bisweilen mit Ischtar und gefesselten Kriegsgefangenen. Trotz der Nennung Anubaninis, des Königs der Lulubäer, kann die Datierung dieser Reliefs nicht genauer als zwischen der Akkad- und der frühen altbabylonischen Zeit eingegrenzt werden. Die etwa 50 assyrischen Felsreliefs erstrecken sich zeitlich von Tiglatpilesar I. an der „Tigrisquelle“ nahe Lice bis Asarhaddon. Dabei geht die Hälfte auf Sanherib zurück. Üblich ist der König vor den als Symbole wiedergegebenen Göttern. Ungewöhnlich ist wie in Maltai und Bawian hingegen das Bild des vor den anthro pomorph dargestellten Göttern betenden Königs Sanherib.

Weitere Objekte der Flachkunst Zu den weiteren kunstvollen Objekten der Flachkunst zählt die späturukzeitliche Vase aus Uruk (Abb. 94), wo uns über vier Register die geistige Welt des zu Ende gehenden 4. Jahrtausends v. Chr. mit Natur, Tieren sowie Menschenzügen mit Opfergaben und Handlungen um den InannaKult vor Augen geführt wird. Der Stil der auf Mesilims Keule abgebildeten Löwenmähnen und der Adlerflügel ist zum Leitfaden für die frühdynastisch II-zeitliche „Mesilim-Zeit“ geworden. Ebenfalls frühdynastisch II- und III-zeitlich sind quadratische Steinplatten, die mittels Pflöcken in der Wand befestigt wurden. Diese sogenannten „Weihplatten“ sind mit Bankettszenen, Wagen,

Abb. 94 왖 Uruk: Vase mit Reliefverzierungen, die eine Opferszene darstellen, Fund aus dem Schatzhaus des Tempelbezirks der Göttin Innana, H. 120 cm, Alabaster. Ende 4. Jt. v. Chr. Bagdad, Iraq Museum.

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왗 Abb. 95 Nippur: Weihplatte mit Bankettszene, um 2500– 2400 v. Chr. Breite 28,3 cm, Gipsstein. Bagdad, Iraq Museum.

Menschenzügen und „Sportlern“ bebildert (Abb. 95). Das Festmachen und Sicherstellen – dabei kann es sich um Verträge handeln oder um die Handlungen, die auf den Weihplatten abgebildet sind – verbindet sie strukturell mit der assyrischen Gattung der Knaufnägel und Knaufplatten. Knaufplatten sind quadratische in der Mitte durchbohrte Platten. Durch diese Durchbohrung wird ein Knaufnagel – ein Tonnagel mit einem runden Kopf – geschoben. Platte und Knauf sind mit einem glasierten floralen und geometrischen Dekor geschmückt. Die Sumerer liebten eine farbige Kunst. Ausdruck dafür sind kunstvoll intarsierte Objekte, deren Holzschale mit einer Bitumenschicht überzogen war, in die Muschel-, Lapislazuli- und Jaspisintarsien gesetzt wurden. Eine Standarte aus Ur zeigt kulturprägende Themen mit einer Kriegsszene auf der einen und einer friedlichen Bankettszene auf der anderen Seite (Abb. 96). Von den neun im „königlichen Friedhof “ von Ur gefundenen Leiern sticht der Klangkörper der Leier aus dem P(rivate)G(rave) 798 hervor (Abb. 102). Im obersten Register packt ein sechslockiger Held zwei menschengesichtige Stiere. Darunter befinden sich Szenen, die wie Menschen

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Abb. 96 왖 Ur: Mosaikstandarte mit Bankettszene, um 2600/ 2500 v. Chr. L. 47 cm. London, British Museum. Abb. 97 왔 Babylon: Terrakottafigur einer stillenden Mutter, H. 5,2 cm. 7.–6. Jh. v. Chr. Berlin, VAM.

agierende Tiere zeigen und die wir als Fabelillustrationen bezeichnen würden: ein Wolf und ein Löwe bringen Opfergaben, ein kleines Tier hält ein Rasselinstrument und ein Esel spielt eine Leier. In Assur kamen sechs mittelassyrische, zur Aufstellung von Göttersymbolen dienende Symbolsockel ans Licht. Der berühmteste trägt eine Weihung Tukulti-Ninurtas I. an den Gott Nusku, dessen Symbol die Lampe ist. Als Bild sehen wir einen Symbolsockel, in dem jedoch nicht Nuskus Lampe, sondern ein Griffel und eine Tafel stecken, die die Symbole des Schreibgottes Nabu sind. Davor ist der König, einmal stehend, einmal kniend, gleichsam in „kinematographischer Erzählform“ abgebildet.

5. Terrakotten Rundplastische Terrakotten gibt es seit dem Neolithikum. Ende des 3. Jahrtausends wurde die Modeltechnik erfunden, welche die serienmäßige Herstellung flacher Terrakotten ermöglichte. Von da an bildeten sie eine wichtige Gattung der Volkskunst mit unterschiedlichen religiösen Themen wie Gottheiten, nackten Frauen, stillenden Frauen (Abb. 97), aber auch alltäglichen Themen wie Musikern (Abb. 103), Handwerkern (Abb. 73) und Tieren. Sie wurden vor allem in Wohnräumen gefunden und sind als kleine Schutzobjekte der privaten Pietät zu interpretieren.

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6. Stempelsiegel, Rollsiegel Stempel- und Rollsiegel bilden die vielfältigste Gattung der altorientalischen Kleinkunst. Sie gehörten Privatpersonen, aber auch Königen und selten sogar Göttern und waren ebenso eine wohl behütete „Visitenkarte“ in wirtschaftlichen und rechtlichen Transaktionen wie ein um den Hals hängendes oder ins Grab mitgegebenes Schutzobjekt. Zum einem gewähren sie wegen ihrer hauptsächlich auf Götter-, Helden- und Mischwesenbilder beschränkten Thematik einen Einblick in die mythisch-mythologische und religiöse Welt, aber auch in zahlreiche Kultobjekte, Trachten, Frisuren, Möbel oder Waffen, bisweilen sogar Alltagsszenen. Zum anderen erlaubt die Gegenüberstellung von Text und Bild sowie die Tatsache, dass Siegel auf Tontafeln und Gefäße, Kisten und Körbe schließende Tonbullen abgedruckt wurden, kulturhistorische Schlüsse und die Rekonstruktion von Verwaltungspraktiken. Ihr Material gibt Aufschluss über Handelswege, ihre Schneidetechnik über das verwendete Werkzeug, etwa den Kugelbohrer. Die bekannten Siegel stammen leider häufig aus dem Kunsthandel. Da es kein Handbuch über altorientalische Glyptik gibt, gelten die Kataloge der größten Sammlungen in Berlin, London und Paris als Nachschlagewerke. Zog man zu Beginn der Siegelforschung vor allem Originale zu Rate, so rückten in den letzten Jahrzehnten ihre Abdrücke auf datierte Tontafeln stark in den Vordergrund.

Frühe Amulettsiegel, Perlensiegel, Stempelsiegel Apotropäische und glückbringende Amulettsiegel tauchen bereits in der natufischen Zeit (12 000–10 200) auf und zeigen als Form Tiere, Doppelaxt, Kleeblatt, Keil, Fuß und Niere. Perlensiegel sind langoval, rautenförmig oder rechteckig. Aus dem Amulett sollte sich in Syrien im 7. Jahrtausend das Stempelsiegel ableiten. Stempelsiegel sind geometrisch oder figürlich und bestehen aus Stein, Fritte oder Knochen. Formschönheit und Praxis kombinierten die urukzeitlichen, sehr unterschiedliche Tiere darstellenden Stempelsiegel. Sie sind schon lange aus dem syrischen Tell Brak bekannt, ein jüngerer Fundort ist das 75 km östlich von Tell Brak liegende Hamoukar. Andere Stempelsiegel zeigen gesellschaftlich relevante Themen mit Menschen und Tieren (Abb. 22).

Rollsiegel Der markanteste Unterschied zwischen dem Stempel- und dem Rollsiegel besteht darin, dass man ein Rollsiegel endlos abrollen kann. In Mesopotamien verschwand das Stempelsiegel zu Beginn der frühdynastischen Zeit, wurde aber im 1. Jahrtausend wieder geläufig. In westlichen Regionen überwog das Stempelsiegel.

6. Stempelsiegel, Rollsiegel

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Ihr Material ist meistens Stein, häufig Fritte, aber auch Knochen, Elfenbein, Glas, Ton und Metall wurden verwendet. Die Vorliebe für den dunklen und glänzenden Hämatit in der altbabylonischen Zeit sowie für den pastellfarbenen Chalzedon im 1. Jahrtausend ist wohl eher geschmacklich als wirtschaftlich bedingt. Die Siegel sind im Laufe der Zeit kleiner geworden. Die ältesten messen über 5 cm, später häufig zwischen 2 und 3 cm. Je nach der Epoche sind mehr Rollsiegel oder Abdrücke überliefert. Jedenfalls gibt es kaum ein Beispiel für ein Siegel, von dem sowohl das Original als auch sein Abdruck bekannt ist. Funde aus Susa, Schicht 21, Habuba Kabira, dem fast gegenüber liegenden Scheich Hassan und Tell Brak gestatten es heute, die Erfindung des Rollsiegels nicht mehr mit der Schicht Uruk IV, sondern mit den Schichten Uruk VI, vielleicht sogar Uruk VII zu verbinden. In Uruk selbst gehen die ältesten Siegel(-Abrollungen)auf die Schicht V zurück (Abb. 98a). Ihre Motive sind relativ flach bearbeitete Löwenbezwinger, Gabenbringer, Tempelfassaden, Kriegsszenen sowie Menschen- und Tierreihen. Noch jüngere Motive (Uruk IVa) sind narrativer, plastischer und ohne Kugelbohrer bearbeitet. Tierhütten und Tierernährer sowie Götter und Schiffe (Abb. 98b) zählen dazu. Zum Uruk III- und Djemdet Nasr-Zeithorizont gehören die aus glasiertem Steatit und Chlorit in Kerbschnitt geschnittenen Siegel der „Piemont-Glyptik“, deren Stil wegen seiner geometrischen floralen Motive „Brokat-Stil“ heißt. Die große Neuigkeit der frühdynastischen II-Zeit ist das „Figurenband“, wo kämpfende Helden und Tiere aneinandergereiht werden (Abb. 98c). Einige Helden sind nackt oder tragen einen Schlitzrock, eine flache Kappe oder eine zweizipflige Mütze. Neu und zugleich typisch sind der Stiermensch und der Wisent. Der Stiermensch besteht aus einem menschlichen Oberkörper mit Stierbeinen und Stierohren, und der Wisent ist ein Rind mit starken Hörnern, gewaltigem Vorderkörper und langer Behaarung am Kopf, am Hals und am Kinn. Ebenfalls neu sind Trinkszenen, die in der frühdynastischen III-Zeit eine zunehmende Rolle spielen werden. In diesem Zeitabschnitt unterscheiden sich die Motive stilistisch durch mehr Körperlichkeit und kompositorisch durch eine größere Bewegung. Dank Beschriftung können einige Siegel einer Person zugeordnet werden. Barnamtara, Frau des Königs von Lagasch, besaß ebenfalls ihr eigenes Siegel (Abb. 98c). Die äußerst qualitative akkadzeitliche Glyptik (Abb. 62) ist durch die Reduzierung der Figurenzahl, die Einführung zahlreicher mythologischer Szenen, eine teilweise raffinierte Komposition, die Einbindung der Legende und schließlich einen plastischen Stil charakterisiert. Wichtig wird der sechslockige Held. Für die Ur III-Zeit sind die „Einführungsszene“, eine Szene, in der die Göttin Lama vor dem Beter steht und ihn der Hauptgottheit „einführt“, und die „Adorationszene“, in der Lama hinter dem Beter steht (Abb. 98d), zugleich neu und die Hauptmotive.

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왗 Abb. 98

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Die altbabylonische Zeit zeichnet sich durch die bereits bekannte Einführung und Kampfszenen aus, in denen sechslockiger Held, Stiermensch und Löwendrache besonders beliebte Akteure sind. Bereits gegen Ende der altbabylonischen Zeit wich die auf eine oder zwei geschrumpfte Figurenzahl einem längeren Gebetstext. Um die Mitte des 2. Jahrtausends entwickeln sich unterschiedliche Glyptikgruppen, unter ihnen die kassitische in Babylonien. Die älteste kassitische Gruppe des 15.–13. Jahrhunderts weist auf wenige Figuren und einen

6. Stempelsiegel, Rollsiegel

Rollsiegelabrollungen a) Uruk: Menschen mit Schlangen an einem großen Bauwerk b) Uruk: En vor einem Kultaufbau in einem Schiff c) Tell el-Hiba/ Lagasch: Siegel der Banamtara, um 2370 v. Chr. d) Tello/Girsu: Gudea wird dem Gott Ningirsu eingeführt. e) Nuzi: Siegel des Königs Sauschtatar, Mischwesen bändigt zwei Löwen. f ) Neuassyrisch (Ende 9.–8. Jh. v. Chr.), ein Beter steht vor einem Gott, dahinter eine kriegerische Göttin. g) Nimrud, NabuTempel: Held bezwingt zwei Mischwesen, Ende 7. Jh. v. Chr. h) Persepolis: Held bezwingt zwei Tiere. i) Stempelsiegel aus Nimrud: Beter steht vor den Symbolen der Götter Nabu (Schreibgriffel?) und Marduk (Dreieck), Ende 7. Jh. v. Chr.

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langen Text, zwischen die Füllelemente wie Heuschrecke, Fliege, Fisch und Raute eingestreut wurden. Die motivrahmenden Dreiecke ahmen die am Siegel angebrachte Aufhängevorrichtung nach. Die zweite Gruppe wird in das 14. und 13. Jahrhundert datiert und zeigt einen reichen, von der zeitgleichen mittanischen und ägäischen Glyptik beeinflussten Motivschatz mit Landschaften, Mischwesen und Vögeln. Zur dritten, vom 13. Jahrhundert bis ins 1. Jahrtausend währenden Gruppe gehören Siegel minderwertiger Qualität aus Fritte oder weichem Stein. Tiere um den Lebensbaum und Wagenszenen sind die häufigsten Motive. Die Glyptik der Isin II-Zeit führt die kassitische Glyptik fort. Eine Fülle von fantasievollen Mischwesen und geflügelten Helden und Tieren, die die Registerlinien nicht immer respektieren, charakterisieren die mittanische Glyptik des 15.–14. Jahrhunderts (Abb. 98e). Ob die Siegel aus billiger Fritte und glasiertem Steatit oder aus Steinen bestehen, sie zeigen Götter, eine nackte Frau en face, Tiere bezwingende Helden, Menschen und Tiere. Unsere Kenntnis der mittelassyrischen Glyptik des 14.–12. Jahrhunderts fußt auf datierten Tontafeln aus Assur. Die noch mittanisch beeinflusste Glyptik des 14. Jahrhunderts besteht vor allem aus wappenartig und häufig paarweise angeordneten Helden und Mischwesen, die ein Tier bezwingen. Für das 13. Jahrhundert sind der Kentaur und Tiere, die „im Knielauf “ nach vorne stürzen, neu. Bisweilen geflügelte Pferde spielen eine große Rolle. Plastische Körper und ausgewogene Bewegungen bescheren dieser Glyptik eine herausragende Qualität. Im 12. Jahrhundert kommen der König im Streitwagen, der Held mit Skorpionenschwanz, der Beter vor einem Tempel und Tempelfassaden hinzu. Edith Porada und Anton Moortgat teilten die neuassyrische Glyptik in vier Stile auf, die auf jeweils unterschiedlich harte Materialien verweisen. Inzwischen wird das neuassyrische Themenrepertoire meist unabhängig von Stilen betrachtet. Häufig sind Götter und Helden, die bisweilen Mischwesen bekämpfen oder bezwingen, Jagdszenen, und – im rituellen Bereich – Opfertrankszenen mit dem König sowie der Beter vor Gott oder Symbolen (Abb. 98f). Die neubabylonische Glyptik kann nach wie vor schwer von der neuassyrischen auseinander gehalten werden. Helden und Mischwesen sind weiterhin beliebte Themen (Abb. 98g). 1933 und 1934 wurden etwa 20 000 bis 30 000 Tafeln in den Befestigungsanlagen von Persepolis gefunden (Persepolis Fortification Tablets). Viele dieser elamischen Tafeln tragen eine Siegelabrollung, die uns mit den Originalsiegeln einen umfassenden Einblick in die achämenidenzeitliche Glyptik geben. Sie umfasst die altorientalischen Themen mit Göttern und Mischwesen, den Tiere bezwingenden Helden (Abb. 98h), den König im Wagen und Jagdszenen.

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XI. Bilder und Kunst

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Stempelsiegel des 1. Jahrtausends Während des 8. Jahrhunderts v. Chr. werden die Rollsiegel durch die Stempelsiegel verdrängt. Auf den assyrischen kommen nun eine geflügelte nackte Göttin, Mischwesen, Göttersymbole, der König, Beter vor Göttersymbolen (Abb. 98i) und Tiere vor. Auf den neu- und spätbabylonischen sowie auf den achämenidischen Stempelsiegeln ist der Beter vor Göttersymbolen vorherrschend. Darüberhinaus kommen Mischwesen, Tiere und Tierbezwinger vor.

7. Bilder Inhaltliche und formale Konventionen, Ästhetik In den antiken Kulturen sind Bilder Denkbilder, hinter denen Konzepte stehen. So gab es im Alten Orient keine „l’art pour l’art“. Selbst geometrische Muster, Flechtmuster, Rosetten oder Zinnen gehörten auch zum weiten Gebiet des zugleich Ästhetik und Schutz bringenden Dekors. Die Zweckmäßigkeit der Bilder war möglicherweise der Grund, weswegen das Themenrepertoire beschränkt blieb. Obwohl der religiöse und der politische Aspekt im altorientalischen Kulturverständnis nicht getrennt werden sollte, besaßen Bilder von Göttern, Betern und Gabenbringern, Einführungs-, Opfer-, Bankett- und Bauszenen oder von Mischwesen und Helden eine tiefreligiöse, bisweilen offiziell-religiöse Bedeutung. Genauso religiös, aber auch Ausdruck von privaten Wünschen, waren Bilder mit stillenden Frauen, erotischen Szenen oder Kranken. Feindestötung, Kriegszüge, Jagdszenen und die wenigen Alltagsdetails können hingegen eher dem Historisch-Politischen zugeordnet werden. Dies minderte keineswegs die symbolische Bedeutung dieser Bilder, in denen Gottesergebenheit und Schutzbedürfnis, aber auch kulturelles Selbstverständnis, Kommunikation und Selbstpräsentation mitspielten. Ein Symbol für Macht, kulturelle Überlegenheit und andauernde Stärke war der Kampf zwischen einem starken Sieger und einem schwächeren Besiegten in den unzähligen Varianten des Tierkampfs und des Tierbezwingers. Wie ein Bild entsteht, warum es modisch bleibt und wieder verschwindet, ist auch für moderne Zeiten schwierig zu bestimmen. Bilder und Texte entstehen und bleiben bestehen, weil die Übereinstimmung zwischen ihrer Aussage und den gesellschaftlichen Belangen gelungen ist. Die symbolische Deutlichkeit von Bildern, wie der König als Löwenjäger oder der König als Bauherr mit einem Korb auf dem Kopf, sticht noch heute hervor. Andere Bilder hingegen, wie die Bankettszene oder Szenen an Lebensbäumen sowie unzählige Einzelgesten, Haltungen oder Bildzusammenstellungen entziehen

7. Bilder

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Abb. 99 왖 Borsippa: Stele mit König Assurbanipal als Korbträger, vor 648 v. Chr. H. 39 cm, Sandstein. London, British Museum.

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sich unserer genauen Erklärung. Impulse zu Bildern kamen sicherlich nicht nur von den Königen, hohen Beamten oder Priestern, sondern von der gesamten Gesellschaft. Bilder wurden über einen (langen) Zeitraum kopiert (survivals) oder sie gingen verloren und wurden wieder aufgegriffen (revivals). Der König als Löwenjäger oder in der Siegespose Feinde niedertrampelnd gehörte zu den Bildern, die ununterbrochen wirksam blieben. Tauchten Bilder wieder auf, waren sie entweder neu erfunden worden oder aber es mussten noch ältere bildliche oder schriftliche Vorlagen bekannt gewesen sein. Ein Beispiel für ein wiederaufgegriffenes Bild ist der „König als Bauherr“. Die Ur III-zeitlichen Könige zeigten sich mit einem Korb auf dem Kopf und nach ihnen wieder Assurbanipal (Abb. 99) und sein Bruder Schamasch-schumu-ukin. Ein weiteres schönes Beispiel liefert das Bild des Königs unter dem Sonnenschirm. Lediglich der akkadische König Sargon (Abb. 27) und 1500 Jahre später die neuassyrischen Könige Assurnasirpal II. (Abb. 74) und Assurbanipal schmückten sich mit diesem königlichen Symbol. Bilder entsprachen nicht nur inhaltlichen, sondern auch formalen Konventionen. Das Band ist die älteste geordnete Ausdrucksform in der mesopotamischen Kunst. Spätestens ab der Urukzeit werden die Bilder in Register geordnet. Auch das abgerollte Rollsiegel bildet ein endloses Band. Die Registeraufteilung blieb bis zum Ende der mesopotamischen Kunst bestehen, allerdings änderte sich im Laufe der Zeit die anfänglich parataktische Gliederung des Bildstreifens und wurde allmählich mit Überschneidungen oder Differenzierungen in den Figurenhöhen aufgelockert. Wesentlich seltener kommt es vor, dass die gegebene Fläche als Ganzes betrachtet und sie mit einer durchdachten Komposition gefüllt wurde. Diesen Kriterien entspricht die Naram-Sin-Stele (Abb. 28). Schließlich kann eine Fläche mit nicht geordneten Elementen gefüllt werden – nach dem horror vacui genannten Prinzip. Es wurde schon viel darüber spekuliert, ob das für die mittanische Kunst typische Fehlen der Trennungs- und Standlinien das Abbild einer neuen

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Weltanschauung, einer neuen Religion, eines neuen Volkes oder eine absichtlich gewählte Erscheinung sei. Auf den Orthostaten, auf denen die TeummanSchlacht abgebildet wird, ist es eindeutig, dass diese linienfreie Anordnung, gepaart mit einer unübersichtlichen Bildfülle, den Tumult, die Bewegung und den Staub der Schlacht absichtlich wiedergeben soll. Mit der Flächeneinteilung scheint auch die Wiedergabe der Zeit im Alten Orient verbunden zu sein. Die Ethnologie spricht von einer „sakralen“ und einer „profanen“ Zeit. Die sakrale Zeit ist das Fundament der zahlreichen und vielfältigen Ritensysteme. Sie schließt die Idee der ewigen Wiederkehr in sich ein. Die profane Zeit besteht hingegen aus allen punktuellen historischen Ereignissen, das heißt aus Geschehnissen, die kein archetypisches Beispiel besitzen. In gestalterischen Schemata wurde zeitlose Gültigkeit mit großflächigen Bildern ausgedrückt. Verdoppelung und unterschiedliche Symmetrieformen betonen Wiederholung und Wiederholbarkeit. Auf der Urnammu-Stele ist das zweite Register auf der Vorderseite (Abb. 29), worauf der König einer rituellen Handlung nachgeht, symmetrisch gestaltet. Die weiteren Register mit Bauszenen, Opferritualen, Tempelreinigungsszenen und Musikanten sind nicht symmetrisch. In der neuassyrischen Zeit haben sich nur Assurnasirpal II. und Salmanassar III. spiegelsymmetrisch darstellen lassen. Aufs engste mit den Bildern verwoben ist der Text. Die Inschriften übernehmen ebenso wie Bilder einen visuellen Ausdruck, sie unterstützen und ergänzen die bildliche Aussage. Auch Texte dienen dazu, das Gezeigte dauerhaft und unverletzt zu sichern. Zweifelsohne gab es eine Ästhetik. Sich ändernder Stil und häufige Einführung von neuen Motiven oder die Änderung alter zeigen, dass weder Kunst- noch Stilvorstellungen starr waren. Motiv- und Stilanalysen weisen darauf hin, dass die altorientalische Kunst Vieles über einen langen Zeitraum aufbewahrte, sich dadurch jedoch nicht so sehr als konservativ, vielmehr als traditionsbewusst offenbart. Man kopierte und behielt Motive nicht, um die Tradition unverändert zu erhalten – die unzähligen kreativen Umformungen zeigen es heute –, sondern weil die Tradition Stabilität brachte und sie es wert war, im Gedächtnis erhalten zu bleiben. Darin spielte auch die Tatsache, dass Bilder sehr viel mehr waren als nur ein Abbild der dargestellten Personen. Diese lebten in ihren Bildern. Statuen, Stelen, wie auch Bauten bekamen einen Namen und wurden somit aus der „Taufe“ gehoben. Die Zerstörung einer Statue entsprach der Tötung der abgebildeten Person. Dies ist der Hintergrund für die unzähligen, von der frühdynastischen Zeit an belegten Deportierungen von Statuen und für die Beschädigungen an Gesichtern, etwa auf neuassyrischen Orthostatenreliefs, durch die der abgebildete König etwa nach dem Prinzip der condemnatio memoriae ausgeschaltet wurde.

7. Bilder

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Entstehung der Bilder

Abb. 100 왔 Balawat: Tor, Torbeschläge aus der Zeit Salmanassars III., Ausschnitt von Abb. 93. Unten ist ein Steinmetz bei der Arbeit an einem Felsrelief zu sehen.

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Wie Bilder geschaffen wurden, wissen wir für Mesopotamien kaum, weil Äußerungen darüber fehlen. Eine Szene auf dem kurz nach 848 v. Chr. gebauten Tor Salmanassars III. in Balawat zeigt uns einen Steinmetz, der ein Felsrelief am Tigris-Tunnel bei Lice (80 km nordwestlich von Diyarbakır) einmeißelt, und einen Schreiber, der dem Steinmetz Weisungen für die anzubringende Inschrift erteilt (Abb. 100). Eine ähnliche Szene findet sich auf zwei Orthostaten Tiglatpilesars III. (744–727 v. Chr.) (Abb. 10). Anhand solcher Bilder, von Arbeitsspuren, von Handwerkermarken und von heutigen Beobachtungen an den Bildern kann man in etwa den Entstehungsprozess in den neuassyrischen Palästen oder in Persepolis rekonstruieren. Auch wenn der König die Richtlinien und die Bildthemen als Auftraggeber bestimmte und das Ergebnis billigen musste, war er doch von den ausführenden Künstlern und Handwerkern abhängig. Handwerkergruppen wurden in Meister und Gesellen eingeteilt. Begabte Handwerker bekamen die schwierigsten und die symbolisch wichtigsten Motive, wie das Königsgesicht.

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Aufbewahren, Zugänglichkeit und Zerstörung von Bildern Zahlreiche bebilderte oder beschriftete Werke blieben über Jahrhunderte an ihrer ursprünglichen Stelle, meistens in einem Tempel. So blieb die NaramSin-Stele etwa 1000 Jahre im Hof des Schamasch-Tempels von Sippar, wo auch der Kodex Hammurapi 600 Jahre lang aufgestellt war. Diese Werke wurden sicherlich so lange aufbewahrt, weil sie den Inbegriff der Kultur darstellten. Während viele Menschen eine bebilderte Terrakotta oder ein Rollsiegel besaßen, war es wohl das Privileg weniger, Statuen und Orthostaten zu sehen, die in den der Mehrheit unzugänglichen Tempelcellae und Palästen aufgestellt waren. Deswegen wurden Statuen im Rahmen des Neujahrsfestes durch die Stadt getragen. Heutzutage werden Kunstwerke dazu geschaffen, gesehen zu werden. Das war im Alten Orient ebenso, aber die Zuschauerschaft bestand aus Göttern und Menschen. So waren in Gründungsdepots unsichtbar deponierte Objekte oder abgelegene Felsreliefs auch oder vor allem für Götter gedacht. Kultbilder, die man nicht mehr brauchte, aber nicht wegwerfen wollte, wurden gleichsam in Gruben beigesetzt. Eine solche Grube im Sin-Tempel von Tell Asmar barg elf frühdynastische „Beterstatuetten“. Die meisten heute bekannten altorientalischen Werke sind beschädigt. Die Ursache dafür ist oft unklar. Denn neben dem Zahn der Zeit war ein Motiv für die Zerstörungen die gewollte Vernichtung feindlichen Kulturgutes. Dabei reichte bereits das Herauskratzen der Inschrift, um den Feind zu schädigen. Wertvolles Metall wurde wieder eingeschmolzen. Um Werke vor der Zerstörung zu schützen, wurden sie mit einem Fluch versehen. Der Fluch musste so konzipiert werden, dass er wirksam einen potenziellen Zerstörer traf. Dabei gab es zahlreiche Möglichkeiten, den Fluch zu formulieren. So sollte etwa der Wunsch, durch seine Nachkommenschaft im Gedächtnis der Menschen weiter zu leben, beeinträchtigt werden. Genau darauf zielten vor allem die akkadzeitlichen Fluchformeln, wonach die „Götter die Wurzeln (desjenigen, der die Inschrift entfernte,) herausreißen und seinen Samen aufpicken“ sollten.

1 Von Moortgat (1967) 38. 2 Klengel-Brandt (1993).

7. Bilder

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XII. Alltag und Familie 1. Der Alltag Das bisher erwähnte archäologische Material – Baugrundrisse, Gräber, Statuen, Stelen, Rollsiegel, Terrakotten und Keramik, aber auch naturwissenschaftliche Analysen von Knochen, Erde oder Pollen – bilden die Grundlage für eine Betrachtung des altorientalischen Alltags. Obwohl mehr Dokumente das Leben der Elite schildern, gesellen sich zum archäologischen Material schriftliche Zeugnisse wie private Wirtschafts- und Rechtsurkunden oder Gebete, die es erlauben, den täglichen Ablauf einer Durchschnittsfamilie zu rekonstruieren. Klimatisch bedingt begann die Tagesarbeit sehr früh. Zunächst wurde noch in der Morgenfrische gefrühstückt. Danach ging man zur Arbeit. Zum Zeitpunkt der größten Hitze gönnte man sich eine Siesta, die am späten Nachmittag endete. Bis zum Einbruch der Dunkelheit arbeitete man wieder. Mit dem Sonnenuntergang versammelte sich die Familie zur Hauptmahlzeit. Die Stadttore wurden mit der Dunkelheit geschlossen und erst bei Sonnenaufgang wieder geöffnet. Die meisten Menschen konnten ihre Haustüren verriegeln und sich zur Nachtruhe begeben. Auch die Götter gingen schlafen. Die Körperpflege spielte eine große Rolle. Wer sich und wie oft im Alltag außer an großen Festtagen mit Wasser wusch, ist allerdings schwer rekonstruierbar. Seife bestand aus Pottasche oder Natron mit Öl oder feinem Lehm. Körper und Haar wurden häufig auch wegen der Hitze mit Öl eingerieben. Kleider wurden im Alten Orient nicht zugeschnitten und kaum genäht, vielmehr wurden Stoffbahnen gewickelt, eingesteckt und mit Gürtel, Nadeln und Fibeln gehalten. Sterbliche trugen das Wickelgewand (Abb. 83), Gott-

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XII. Alltag und Familie

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왗 Abb. 101 Assur: Halskette aus Gold, Karneol, Lapislazuli sowie Imitationen von Bergkristall und Malachit, 20 cm Durchmesser, 14./13. Jh. v. Chr. Berlin, VAM.

heiten das so genannte „Falbelgewand“, weil es aus vielen, übereinander angeordneten, nicht hoch geschnittenen fransigen Stoffbahnen bestand (Abb. 62). Während sich neuassyrische Könige und Männer mit einem mehr oder weniger aufwändigen Schalgewand schmückten (Abb. 31), trugen die zeitgenössischen Babylonier ein glattes Hemd mit Falten. Die zu Stoffen verarbeiteten Materialien waren vor allem Flachs und Schafswolle, sehr viel seltener Palmenfaser. Die meisten Menschen im Alten Orient, aber auch Götter, Helden und Könige wurden barfuß dargestellt und trugen wohl keine Schuhe. Erst auf den neuassyrischen Bildern werden sie häufiger mit Sandalen gezeigt. Ein Haarknoten oder lange, auch nach vorne hängende Haare für eine Sterbliche oder unter einer Hörnerkrone für Göttinnen, das waren jene Frisurtypen, die viele Jahrhunderte für Frauen, die ihre Haare nicht unter einer Haube versteckten, modisch blieben. Aber es gab auch kunstvolle Flechtfrisuren. Götter und Männer, deren Haare nicht durch eine Hörnerkrone oder eine Kappe völlig bedeckt waren, hatten auf den Rücken fallende Locken und einen ebenfalls lockigen Bart. Schmuck war im höchsten Maße ein Kennzeichen für soziale Hierarchien. Neben diesem Aspekt war Schmuck aber auch ein Schutzelement, wobei Form oder Steinfarbe eine wesentliche Rolle spielten. Die meisten heute bekannten Schmuckstücke, Ohrringe, Ketten, Ringe, Armreife, Stirnbänder und Fibeln stammen aus Gräbern (Abb. 101). Die Perlen der Reichen bestanden vor allem aus Achat, Onyx, Bergkristall, Amethyst, Karneol und Lapislazuli, diejenigen der Armen aus Ton, Muscheln, Knochen und ab 1400 v. Chr. aus dem feingranuliertem Glas Fritte. Am teuersten war Metallschmuck aus Gold und Silber.

1. Der Alltag

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Das Essen bestand für fast alle vorwiegend aus Gerste. Sie wurde zu Grütze, Mehl und Brot verarbeitet und diente als Gärmittel für das Bier der mittleren Qualität. Schon feiner und teurer war der Emmer, noch feiner der Weizen, den man auch für gute süße Biersorten verwendete. Unter den Gemüsesorten waren Zwiebeln, Lauch, Erbsen und Linsen die gängigsten, auch Knoblauch, den die Altorientalen in Mengen verzehrten. In den Gemüsegärten wuchsen daneben noch Sesam, Kornwicke, Saubohnen und Kichererbsen, Salat, Kresse, Rauke, Fenchel, Kohl, Rüben, Radieschen, Beete, Stengelklee, Klee und Gurken. An Gewürzen gab es Minze, Oregano, Kreuzkümmel, Safran, Koriander und Thymian, Salz und Bienenhonig. In Babylonien im Schatten der Dattelpalmen und im milderen Klima Assyriens gediehen Äpfel, Granatäpfel, Sandbeeren, Feigen, Johannisbrot, Mandeln, Pistazien, Trauben, Birnen, Quitten und Pflaumen. Die drei letzteren Obstsorten scheinen der Elite vorbehalten gewesen zu sein. Wegen der Hitze gab es weder Olivenbäume noch Weinstöcke. Deren Produkte mussten aus Assyrien und dem Westen importiert werden. Die sehr nahrhaften Linsen, Erbsen und Kichererbsen wurden vielseitig zubereitet: roh, getrocknet, gekocht, püriert, geröstet, salzig oder süß. In Babylonien war die Dattelpalme die zweite Hauptnahrungsquelle. Die Datteln wurden frisch oder getrocknet gegessen. Aus ihnen bereitete man Wein, Essig, Mehl, eine süße Paste und Sirup, der in Speisen und Wasser als Süßstoff diente. Öl stammte fast ausschließlich aus Sesamsamen. Wasser und Bier waren die Hauptgetränke. Das Schaf war das wichtigste Nutztier und wurde für Milch, Fleisch und vor allem wegen seiner Wolle gehalten. Gezüchtete Tiere waren zu wertvoll, um täglich verspeist zu werden. Das Schwein ist zwischen etwa 5500 und 2000 v. Chr. gut bekannt. Es wurde als Jungtier geschlachtet. Schweine brauchten jedoch Schatten und Feuchtigkeit und vertrugen leichte klimatische Erwärmungen nicht. Deswegen tauchen sie vom 1. Jahrtausend v. Chr. an nur noch selten auf. Hühner wurden erst im 1. Jahrtausend abgebildet und vielleicht auch gegessen. Man wohnte in kleineren oder größeren Häusern. Während es in den Palästen Tische, Stühle, Hocker, Betten und Schränke gab, war die Möbeleinrichtung in den Häusern sicher spärlicher.

2. Die Familie Die Familie bildete den Kern der altorientalischen Gesellschaft. Sie war vaterrechtlich strukturiert. Mehrehe gab es nicht, jedoch besaßen die Männer der Oberschicht teilweise viele Nebenfrauen. Meist wurden Ehen von den Eltern des Brautpaars vereinbart. Die Mitgift eines Vaters an seine Tochter entsprach der Finanzkraft der Familie und umfasste Kleider, Schmuck,

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Geräte für den Haushalt und die private Pflege, aber auch Geld, Diener oder Grundbesitz. Jede Geburt eines Kindes gab Anlass zu einem Fest. Sofort nach der Geburt bekam das Kind einen Namen, der einen Wunsch oder die Bindung an einen Gott zum Ausdruck brachte oder an einen Vorfahren erinnerte. Männer arbeiteten und Frauen blieben häufiger zu Hause und sorgten für eine gute Haushaltsführung und die Erziehung der Kinder. Allerdings zeigen Lohnabrechnungen, dass auch viele Frauen berufstätig waren. Bis die Kinder etwa sechs Jahre alt waren, durften sie spielen. Danach, abhängig vom sozialen Status, gingen Jungen in die Schule, Mädchen blieben zu Hause, oder Jungen und Mädchen erlernten ein Handwerk. Das Leben einer durchschnittlichen altorientalischen Frau bewegte sich zwischen Respekt und Unterdrückung. Sie war nie völlig entmachtet und besaß einen Freiraum, in dessen Rahmen sie sich, falls energisch und intelligent, behaupten konnte.

왔 Abb. 102 Ur: Resonanzkörper einer Leier aus dem Grab 789, auf dem wie Menschen agierende Tiere abgebildet sind, um 2500 –2400 v. Chr. H. 33 cm. Philadelphia University Museum.

3. Die „Freizeit“ Die Menschen arbeiteten hart und viel. Doch wissen wir aus Texten über den Schulalltag, dass die Schulkinder etwa sechs freie Tage im Monat hatten. Überträgt man den Schulrhythmus auf alle, so legten auch Erwachsene Pausen ein. Sicher gab es einige Feiertage anlässlich des Neujahrsfestes. Jedenfalls gab es nach dem Kalender unzählige kleine und größere Feste. Diese steckten auch den Rahmen ab, in dem die Menschen freie Zeit genossen. Denn auch bei für uns profan anmutende Beschäftigungen in dieser freien Zeit – etwa Sport oder Spiele – waren die Götter zugegen. Festessen, auch Symposien genannt, fanden zu verschiedenen Anlässen – einem Sieg, einem Vertragsabschluss oder auch zu religiösen Festen – statt. Sie wurden von Musik begleitet. Dass im Alten Orient viel gespielt und gesungen wurde, lässt sich den Texten deutlich entnehmen. Einige Instrumente wie Leiern (Abb. 102) und Harfen (Abb. 103) waren kostspielig und daher am Hofe üblich. Trommeln und Rohrflöten waren vermutlich sehr geläufig und umrahmten musikalisch

3. Die „Freizeit“

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Abb. 103 왘 Eschnunna: Terrakottarelief, Musiker mit siebensaitiger Harfe, H. 12 cm, frühes 2. Jt. Paris, Louvre.

auch das Essen einfacher Menschen. Während der Feste fanden sicherlich auch Vorstellungen mit Tänzern und Tänzerinnen, mit Akrobaten, Spaßmachern und Sportlern statt. Zur Unterhaltung gab es auch Brettspiele. Sie waren so angelegt, dass mehr die Würfel als das Geschick des einzelnen Spielers den Spielausgang bestimmten. Verlieren oder Gewinnen war ein Zeichen des göttlichen Willens wie das gesamte Leben auch.

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XIII.

Lebensgefühl im Alten Orient

1. Die gemessene und die gefühlte Zeit Die Zeit besaß in antiken Kulturen je nach Beschäftigung eine unterschiedliche Qualität, die sich in der Zeitmessung niederschlug. Für den Alten Orient war in der Landwirtschaft das Sonnenjahr von 365 Tagen, für die tägliche Zeiteinteilung hingegen der Mond mit seinen klar messbaren Phasen maßgeblich. Für den landwirtschaftlichen Kalender orientierte sich der Jahresanfang am Frühling nach Abschluss der Ernte ungefähr zur Zeit der Tagundnachtgleiche. Jeder Monat begann mit dem Erscheinen der Sichel des Neumondes am Abendhimmel. Ein Mondjahr dauert 354 Tage. Um den Mondkalender mit dem Sonnenjahr in Übereinstimmung zu halten, wurden in bestimmten Zeitabständen nach dem sechsten oder dem zwölften Monat Schaltmonate eingefügt. Monatsnamen sind seit der Mitte des 3. Jahrtausends bezeugt. Der Tag begann bei Sonnenuntergang. Er war in drei „Doppelstunden“ am Tag und drei in der Nacht aufgeteilt. Ihre Länge hing von der Dauer des Sonnenscheins ab, so dass die „Doppelstunden“, die zugleich der Arbeitszeit entsprachen, im Sommer doppelt so lang waren wie im Winter. Die Zeit wurde mit Wasser- und Sonnenuhren gemessen. Das Akkadische kennt zahlreiche Zeitausdrücke, etwa für „Tag“, den „richtigen Zeitpunkt“, eine „ferne Zeit“, „unbestimmte Zeit“ oder die „Zeit“ des menschlichen Lebens. Die Wörter „gestern“ und „morgen“ gibt es auch, nicht aber die abstrakten Begriffe von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Der altorientalische Mensch stand mit dem Gesicht zur Vergangenheit und wandte der Zukunft den Rücken zu. Weil er nach vorn in die Vergangenheit schaute, entfernte er sich zwar von dem, was war, aber er ließ es nicht

1. Die gemessene und die gefühlte Zeit

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hinter sich. Alles was geschieht, was geschehen ist oder noch geschehen wird, wurde unter dem Aspekt der Dauer und der andauernden Gültigkeit betrachtet. Die Gegenwart fußte auf Vergangenheit, die ein Instrument der Orientierung und der Kontrolle war. Daraus erklärt sich, warum man so streng an der Tradition festhielt.

2. Lebenserwartung und Lebenseinstellung Die höchste Sterblichkeitsrate lag bei Kindern im Alter bis zu vier Jahren. Wer die Kinderkrankheiten und später als Frau die Geburt eines Kindes überlebt hatte, dem war eine Lebenserwartung zwischen 30 und 40 Jahren vergönnt. Anthropologische Untersuchungen an den Knochen weisen dennoch immer wieder auf 40- bis 60-Jährige hin. Jedenfalls wurde es als Gottesstrafe angesehen, zu früh zu sterben. Man sorgte für das Alter durch Nachkommen, Anschaffung von Wertgegenständen oder die Anwesenheit einer Pflegeperson vor. Erreichten die Menschen ein höheres Alter, galt ihnen Respekt. Solidarität zwischen den Mitgliedern einer Familie wurde erwartet; wer sich nicht um die Älteren kümmerte, setzte sich Gottesstrafen aus. Die Mesopotamier betrachteten Altern und Sterblichkeit als Teil ihres Menschseins. Der Menschheit hatten die Götter den Tod zugewiesen, allein die Götter genossen das Vorrecht der Unsterblichkeit. Die wenigen Götter, die trotzdem sterben sollten, taten es zumindest nicht am Ende einer Alterungsphase, sondern wurden getötet. Dennoch konnten damals wie heute die Menschen durch ihre Taten – seien sie kriegerisch, kulturell oder durch Bauten – ihren Namen verewigen und somit im kulturellen Gedächtnis ihres Volkes lebendig bleiben. Die zahlreichen Verhaltensregeln, die das menschliche Zusammenleben ordneten, sind uns in sehr unterschiedlichen Texten erhalten geblieben, die unter dem Begriff „Weisheitsliteratur“ gesammelt sind. Die Spruchdichtungen oder Sprichwörter zeugen von Lebensweisheit und von einem äußerst gesunden Menschenverstand, der sich von dem heutigen nicht unterscheidet. Die Menschen waren lebenstüchtig und hatten eine vortreffliche Beobachtungsgabe. Das Leben war für die Mehrheit der Menschen wegen der täglichen Unwägbarkeiten sicher nicht einfach. Die meisten lebten in einer kleinen dörflichen oder städtischen Gemeinschaft und feierten in der Hoffnung auf gute Erdentage religiöse Feste. Obwohl die Menschen den Willen der Götter und der Könige nicht ergründen konnten, vertrauten sie darauf, dass die Mächtigen – Götter und Könige – ihnen helfen würden und hofften auf deren Gerechtigkeit. So erlöste Marduk den Leidenden nach einer langen Phase der Hoffnungslosigkeit schließlich doch. Durch vielerlei Praktiken, Opfer und Gebete versuchten die Mesopotamier die nicht verständlichen Mächte

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XIII. Lebensgefühl im Alten Orient

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zu beeinflussen und so aktiv auf das Gelingen ihres Lebens hinzuwirken. Dank ihrer Neugierde entdeckten sie ständig Neues. Obwohl es keine altorientalische Autobiographie und kaum einen niedergeschriebenen wissenschaftlichen Diskurs gibt, müssen die Menschen diskutiert und nach neuen Lösungen gesucht haben. Zur Lebendigkeit des geistigen Lebens gehört auch das kritische Betrachten. So gab es Menschen, die es wagten, an der Wirksamkeit der Rituale zu zweifeln. Nach dem Tod erwartete man kein großes Glück. Das Erdendasein kam den Menschen so kurz wie ein Augenblick vor, umso wichtiger war es, das Leben zu genießen. Humor und Ironie, in Form von Witzen, Wortspielen oder Sozialsatiren, konnten dabei helfen. Eine berühmte Sozialsatire heißt „Der arme Mann aus Nippur“. Darin geht es um Rachegelüste von willkürlich behandelten Menschen. Der arme Gimil-Ninurta tauscht eine dreijährige Ziege gegen seine letzten Kleider. Er möchte sie dem Bürgermeister schenken und verspricht sich davon eine angemessene Gegengabe. Der knauserige Bürgermeister gibt Gimil-Ninurta von der geschlachteten Ziege jedoch lediglich einen Knochen, eine Sehne und dazu drittklassiges Bier. Daraufhin verkleidet sich Gimil-Ninurta als königlicher Gesandter, findet Zutritt zum Bürgermeister, sorgt dafür, dass er sich betrinkt und verprügelt ihn. Als weitere Handlung gibt sich Gimil-Ninurta für einen „Arzt, gebürtig aus Isin“ aus, befestigt fünf Pflöcke im Fußboden, bindet den Bürgermeister daran fest und „verprügelt ihn dann vom Kopf bis zu seinen Füßen“. GimilNinurta flieht zwar anschließend in die Steppe, aber der Bürgermeister kann diese lächerlichen Vorgänge nicht ahnden, ohne sich eine Blöße zu geben. Situationskomik findet man in der Geschichte „Der Doktor aus Isin“. Ninurta-Paqidat aus dem akkadischsprachigen Nippur wurde von einem Hund gebissen und vom Priester-Arzt Amil-Baba in Isin geheilt. Als Dank lud Ninurta-Paqidat Amil-Baba zu sich nach Nippur ein, gab seinem Gast eine genaue Beschreibung des Weges und verwies ihn auf eine Frau, die ihm sein Haus zeigen sollte. Amil-Baba fand die Frau, die jedoch seinen akkadischen Dialekt aus Isin nicht begriff und für Sumerisch hielt. Deswegen beantwortete sie seine Fragen auf Sumerisch. Amil-Baba verstand aber seinerseits kein Sumerisch und dachte, dass die Frau ihn beschimpft, was die Frau wiederum beleidigte. Diese warf Amil-Baba kurzerhand aus der Stadt hinaus. Menschenähnlich agierende Tiere wie auf einer Leier aus Ur (Abb. 102) oder auf einigen Orthostatenplatten führen uns den Humor bildlich vor. Außerdem war man sich der Bedeutung der eigenen Kultur sehr bewusst und pflegte stolz die Traditionen weiter. Heute sind die altorientalischen Kulturen den meisten Menschen fremd geworden. Und doch verbergen sich hinter den allzu oft unspektakulären Hinterlassenschaften zahlreiche Erfindungen, die ihre Schatten bis in die heutige Zeit hinein werfen. So veranlasst ihre Wiederentdeckung zugleich eine lohnende Überlegung über unsere eigene Vergangenheit.

2. Lebenserwartung und Lebenseinstellung

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Zur Chronologie

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Terminologie im Irak

Kebarisch 18 000 –12 000

Baradostien Bis 12 000

Natufische Zeit 12 000–10 200

Zarzische Zeit 12 000–10 200

Akeramisch

Terminologie der Levante

KhiamischPPNA 10 200–8800

Frühes

Spätes Epipaläolithikum

Tabelle 1: Das Neolithikum im Irak und der Levante

Mléfatien / Nemrikien Früh 10200–8900

Art der Bewohnung

Lebensart

Besondere Funde

Zarzi Schanidar

Höhle Höhle

Jäger und Sammler

Werkzeug

Zawi Chemi Schanidar

Siedlung

Hütte Halbsesshaftigkeit

17 Vogelbestattungen

Karim Shahir

Siedlung

Hütten? Halbsesshaftigkeit

Mlefaat

Siedlung

ca. 10 runde Häuser

Qermez Dere

Siedlung

Runde Häuser, 1 mit Pfeilern

Nemrik, 1.–2. Phase

Siedlung

Runde Häuser

Nemrik, 3.– 4. Phase

Siedlung

Runde Häuser, auch mit Pfeilern

Jarmo

Siedlung

Rundes Haus

Nemrik, 5. Phase

Siedlung

Eckige Häuser

Überall Obsidian und Pfeilspitzen

Maghzalia

Siedlung

Eckige Häuser

Tonfigurinen Weiße Ware

Tell Rihan

Siedlung

Eckige Häuser

Keramik

Jarmo

Siedlung

Grill-Plan

Umm Dabaghiya

Siedlung

Magazine

Tonfigurinen Keramik und Obsidian

PPNB

Keramisch

Übergang

Mittleres Neolithikum

Früh 8800–8200

Spätes

Einige Orte im Irak

Mittel 8200–7600

Mittel 8900–7500

Spät 7600–7000

Spät 7500–7000

PPNC/EPN 7000–6400

Umm DabaghiyaSotto (oder Proto-Hassuna) 7000–6500

E: Early. N: Neolithic. P: Pottery. PP: Pre-Pottery.

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Zur Chronologie

Überall Obsidian und Pfeilspitzen. In Mlefaat und Nemrik, ZigarrenZiegel

Vogelköpfe aus Flussgestein

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Tabelle 2: Obeid-, Uruk- und Djemdet Nasr-Zeit Süden

Norden

Obeid 0: 6500 o. älter–5900

Hassuna: 6500–6000

Tepe Gaura

Zentrum

Obeid 1–2: 5900–5400

Halaf: 6000–5300

XX

Nord-Obeid: 5300

XIX XVIII

Elam

Samarra: 6200-5700

Westen Pottery Neolithic: 6500–5500

Coga Mami Transitional (CMT): 5700–5300

XVII

Obeid 3: 5400–4700 Obeid 4: 4700–4300

Uruk

XVI

XVIII–XVI

XV

XV

XIV–XIII

XIV

End-Obeid

XII–IX

Mitteluruk: 3750–3500

VIII–VI

Späturuk: 3500–3100

V

Susa 27

XII A

26–25 (A)

XII

XIII Frühuruk: 4300–3750

Obeid

Gaura-Zeit

XI

24–23/Ba Uruk

22 (B)

X–IX

22–21

VIII

20–19 18

IVc

Frühe Bronzezeit-I: 3500–3000

IVb 17

IVa Djemdet Nasr: 3100–2900

Chalkolithikum: 5500–3500

Djemdet Nasr: 3100–2900

III

16–14

Tabelle 3: Frühdynastische (FD) und die Ninive 5-Zeit Im Norden: Ninive 5-Zeit: 2900–2300 Im Süden: Frühdynastische Zeit: 2900–2340 FD I: 2900–2700 FD II: 2700–2600

Enmebaragesi König von Kisch

FD IIIa: 2600–2500

In Ur Meskalamdug Akalamdug (∞ Schu-Am)

In Lagasch Urnansche: 2470

FD IIIb: 2500–2340

Mesanepada (∞ Ninbanda u. Nugig) Aanepada Meskiagnunna Elulu Balulu

A(ja)kurgal: 2490 Eannatum: 2420 Enanatum I.: 2450 Entemena / Enmetena: 2430 Enanatum II.: 2400 Enentarzi: 2380 Lugalanda: 2370 (∞ Barnamtara) Urukagina (Irikagina, Uru-inimgina): 2350

In Kisch Mesilim: ca. 2530

In Umma

Usch Enakale

Lugalzagesi Urzababa

Zur Chronologie

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Tabelle 4: Akkad- und Ur III-Zeit Akkad-Zeit: ca. 2320–2172/66

Sargon: 2343–2314 Rimusch: 2313–2305 Manischtusu: 2304–2292 Naram-Sin: 2291–2236 Scharkalischarri: 2235–2211 Vier Könige Dudu, dann Schudurul: 2210–2172/2166

Guti: ca. 2210–2110

Guti-Herrschaft durch Utuhengal von Uruk beendet

Ur III-Zeit: 2110–2003

In Ur Urnammu: 2110–2093 Schulgi: 2092–2045 Amar-Sin: 2044–2036 Schu-Sin: 2035–2027 Ibbi-Sin: 2026–2003

In Lagasch Urbau/Urbaba Gudea: um 2100 Urningirsu Pirigme

In Mari Idi-Ilum Puzur-Ischtar

Tabelle 5: Altbabylonische und altassyrische Zeit (Auswahl) Isin-Zeit: 2019–1933. Larsa-Zeit: 1933–1763. Altbabylonische Dynastie: 1792–1750 Isin

Larsa

Syrien

Ischbi-Erra: 2019–1987

Naplanum: 2025–2005

Mittlere Bronzezeit: ca. 2000–1600

Schuilischu: 1986-1977 Iddin-Dagan: 1976–1956 Ischme-Dagan: 1955–1937

Assur

Lipit-Ischtar: 1936–1926

Gungunum: 1933-1907

Urninurta: 1925–1898

Abisare: 1906-1896

Bur-Sin: 1897–1876 Lipit-Enlil: 1875–1871

Nur-Adad: 1866-1851

Erra-imitti: 1862–1839 Enlil-bani: 1838–1815

Warad-Sin: 1835–1823 Rim-Sin: 1822–1763

Babylon Sumuabum: 1894–1881 Sumulael: 1880–1845

Mari

Apil-Sin: 1830–1813

Assur

Jachdun-Lim: ca. 1810–1794

Sin-muballit: 1812–1793

Schamschi-Adad: 1808–1776

Sumujamam: ca. 1793–ca. 1792

Hammurapi: 1792–1750

Ischme-Dagan: 1775–1762

Jasmach-Addu 1792–1775

Samsuiluna: 1749–1712

Ammisaduqa: 1646–1626 Samsuditana: 1625–1595

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Uruk Sin-kaschid: ca. 1860-1802

Sabium: 1844–1831

Ammiditana : 1683–1647

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Sargon I. ca. 1920-1880

Zimri-Lim 1775–1759

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Tabelle 6: Der Alte Orient zwischen etwa 1580 und 1000 v. Chr. (Auswahl) Babylonien

Ägypten

Mittani

Assyrien

Kassitische Zeit ca. 1580–1155

Altassyrische Zeit bis ca. 1400

Agum II. ca. 1580

Assur-nirari I. 1516–1491

Burnaburiasch I. ca. 1470

18. Dynastie 1539–1292

Paratarna ca. 1470

Puzur-Assur III. 1490–1477

Karaindasch I. ca. 1440–1405

Tutmosis III. 1479–1425

Schutarna I. ca. 1460

Assur-nadin-ahhe I. ca. 1440/1430

Amenophis II. 1425–1401

Sauschtatar ca. 1450–1410

Mittelassyrische Z. ca. 1000

Tutmosis IV. 1401-1391 ∞ T. Aratarma I.

Aratarma I. ca. 1390

Assur-belnischeschu 1407–1399

Amenophis III. 1391–1353 ∞ Gilu-Hepa, T. Schutarna II. ∞ T. KadaschmanEnlil I. ∞ Taduhepa, T. Tuschrata

Schutarna II. ∞ T. Amenophis III.

Assur-nadin-ahhe II. 1390–1381

Kurigalzu I. ca. 1400–1370 Kadaschman-Enlil I. ca. 1374–1360 ∞ T. Amenophis III.

Burnaburiasch II. ca. 1359–1333 ∞ T. Amenophis III. ∞ Muballitat-Scherua, T. Assur-uballit I.

Amenophis IV. 1353–1335 ∞ T. Burnaburiasch Kurigalzu II. ca. 1332–1308

Anatolien

Hethiter werden stark

Artaschumara

Tuschrata ca. 1360–1330

Assur-uballit I. 1353–1318

Enlil-nirari 1317–1308

II.Tutanchamun 1333–1323

Suppiluliuma I. ca. 1350–1324 Mursili II. ca. 1321–1298

Aya 1323–1319 Nazimaruttasch ca. 1307–1282

19. Dynastie 1292–1190

Kadaschman-Turgu ca. 1281–1264

Ramses II. 1279-1213 ∞ T. Hattusili III.

Kadaschman-Enlil II. ca. 1263–1255

Artatama II. ca. 1300 Adad-nirari I. 1295–1264 Elam

Kaschtiliasch IV. 1232–1225 Isin II-Zeit 1157–1026

Schutruk-Nahhunte ca. 1185–1155

Nebukadnezar I. 1125–1104

Kutir-Nahhunte II. ca. 1155–1150

Die zweite Meerland-Dynastie 1026–1006

Muwatalli II. ca. 1297–1273 ∞ T. Ramses

Salmanassar I. 1263–1234

Hattusili III. ca. 1267–1239

Tukulti-Ninurta I. 1233–1197

Tuthaliya IV. ca. 1239–1209

Tiglatpilesar I. 1114–1076 Assurnasirpal I. 1049–1031 Assur-nirari IV. 1019–1013

T. = Tochter von

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Tabelle 7: Von der neuassyrischen Zeit bis zum Ende der Achämenidenzeit Neuassyrische Zeit: ca. 1000–609

Neubabylonische Zeit: ca. 1000–627

Adad-nirari II.: 911–891

Nabu-apla-iddina: ca. 887–855/851

Tukulti-Ninurta II.: 890–884 Assurnasirpal II.: 883–859 Salmanassar III.: 858–824 Schamschi-Adad V.: 823–811 Adad-nirari III.: 810–783 Salmanassar IV.: 782–773 Assur-dan III.: 772–755 Assur-nirari V.: 754–745 Tiglatpilesar III.: 744–727 Salmanassar V.: 726–722 Marduk-apla-iddina II.: 722–710

Sargon II.: 721–705 Sanherib: 704–681 1. Sohn: Assur-nadin-schumi 2. Sohn: Urdu-Mullissi

Schamasch-schumu-ukin: 668–648 Kandalanu: 647–627

Asarhaddon: 680–669 Assurbanipal: 668–631/627? ∞ Libbali-scharrat

Spätbabylonische Zeit: 626–539 Nabupolassar: 626–605

Assur-etel-ilani: 627–625?

Nebukadnezar II.: 605–562

Sin-schar-ischkun: 628/7–612

Awil-Marduk: 562–559

Assur-uballit II.: 612–609

Neriglissar: 559–556 Labaschi-Marduk: 556 Nabonid: 555–539 Sohn: Bel-schara-usur

Die Achämenidenzeit: 559–331 Kyros I.: ca. 610–585? Kyros II. (der Große): 559–530 in Persien, 539–530 in Mesopotamien Kambyses II.: 529–522 Darius I. (der Große): 521–486 Xerxes I.: 485–465 Artaxerxes I.: 464–424 Darius II.: 423–405 Artaxerxes II.: 404–359 // Kyros der Jüngere Artaxerxes III.: 358–338 Artaxerxes IV.: 337–336 Darius III. Kodomannus: 335–331

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Auswahlbibliographie

Enzyklopädien und Nachschlagewerke Das fachspezifische Arbeitsinstrument ist das Reallexikon der Assyriologie und der Vorderasiatischen Archäologie (RlA) (Hg. M. P. Streck), bisher erschienen Bd. 1–12 (A–Sch), Leipzig/München 1928ff. Letztes Abkürzungsverzeichnis im Band 11. Der Neue Pauly (DNP). Enzyklopädie der Antike, Bd. 1–16, Hg. H. Cancik, H. Schneider u. M. Landfester, Stuttgart/Weimar 1996–2003. Encyclopaedia Iranica (EI), bisher erschienen Bd. 1–15 (A–Ka), Hg. E. Yarshater, New York, 1985ff. E. M. Meyers (Hg.), The Oxford Encyclopedia of Archaeology in the Near East, Bd. 1–5, Oxford 1997. J. M. Sasson (Hg.), Civilizations of the Ancient Near East (CANE), I–IV, New York 1995. Tübinger Atlas des Vorderen Orients (TAVO), Karten (1965–1993) und Beihefte (1972ff.), Tübingen.

Kurze Zusammenfassungen E. Cancik-Kirschbaum, Die Assyrer. Geschichte – Gesellschaft – Kultur, München 2003. M. Jursa, Die Babylonier. Geschichte – Gesellschaft – Kultur, München 2004. G. J. Selz, Sumerer und Akkader. Geschichte – Gesellschaft – Kultur, München 2005.

Auswahlbibliographie

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Allgemeine bebilderte Einführungen Historisches Museum der Pfalz (Hg.), Das Persische Weltreich. Pracht und Prunk der Großkönige, Ausstellungskatalog, Speyer 2006. B. Hrouda (Hg.), Der Alte Orient. Geschichte und Kultur des alten Vorderasiens, München 1991. J. Marzahn – G. Schauerte (Hg.), Babylon – Mythos und Wahrheit, Ausstellungskatalog Berlin 2008, 2 Bde., München 2008. W. Orthmann (Hg.), Der Alte Orient, Propyläen Kunstgeschichte Bd. 14, Berlin 1975. M. Roaf, Weltatlas der alten Kulturen: Mesopotamien, München 1991 (englisch, Oxford 1990).

Textübersetzungen S. M. Maul, Das Gilgamesch-Epos, München 2005. Texte aus der Umwelt des Alten Testaments (TUAT), Bd. I–III/1–6, Gütersloh 1982–1997, und Neue Folge Bd. 1–5, 2004–2010.

I. Archäologie im Vorderen Orient Allgemein C. Renfrew – P. Bahn, Basiswissen Archäologie. Theorien, Methoden, Praxis, Mainz 2009. B. Trigger, A history of archaeological thought, Cambridge 1989. Einzelne Titel R. Bernbeck, Theorien in der Archäologie, Tübingen 1997. P. Briant, From Cyrus to Alexander. A History of the Persian Empire, Winona Lake 2002. N. Crüsemann, Vom Zweistromland zum Kupfergraben. Vorgeschichte und Entstehungsjahre (1899–1918) der Vorderasiatischen Abteilung der Berliner Museen vor fach- und kulturpolitischen Hintergründen, Berlin 2001. D. O. Edzard, s. u. Keilschrift, RlA 5, 1976–1980, 544–568. R. K. Englund, Texts from the Late Uruk Period, in: P. Attinger – M. Wäfler (Hg.), Mesopotamien. Späturuk-Zeit und Frühdynastische Zeit, OBO 160/1, 1998, 15-233. E. Fontan – N. Chevalier (Hg.), De Khorsabad à Paris. La découverte des Assyriens, Paris 1994. I. Klock-Fontanille – E. Monville, De cuneatis, quas vocant, inscriptionibus persepolitanis legendis et explicandis relatio ou comment Grotefend perça le mystère du vieux-perse, R(es)ANT(iquae) IV, 2007, 65–76.

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Auswahlbibliographie

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I. Götter-, Königs-, Personen- und Völkernamen Achämeniden 20, 47, 94 Adad 123, 125 Adad-nadin-ahhe 152 Adad-nirari II. 38 Adad-nirari III. 155 Adda-guppi 88 Agum II. 84 Ahuramazda 126 Akkader 84, 134 Alexander der Große 20, 24, 91, 112, 120 Alexander Polyhistor 37 Amar-Sin 80 Amenophis III. 45, 84, 96 Amenophis IV./Echnaton 16, 45, 96 Ammisaduqa 38, 82 Amurriter, amurritisch 43 f., 48, 76, 81 An (sum.), s. Anu (akk.) Andrae, Walter 16, 19, 121 Antiochos I. 37 Antoninus Pius 37 Anu 65, 106, 123, 125, 127 Anubanini 160 Aramäer 25, 42, 45 f., 86, 110, 116 Aratarma I. 84 Artaxerxes I. 119 f. Artaxerxes II. 91 Artaxerxes III. 119 Asarhaddon 87, 148, 156, 160 Assur 77, 109, 122, 124 f. Assurbanipal 15, 18, 87, 115 f., 137, 145, 156 ff., 168

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Assurnasirpal II. 86, 93, 115 f., 126, 141, 153, 155–159, 168 f. Assur-nirari I. 109 Assur-uballit I. 84 f. Assur-uballit II. 87 Aya 45 Baba 70 Barnamtara 164 Bau 72 Bel-schara-usur/Belschazzar 88 Benjamin von Tudela 12 Berossos 11, 37, 41, 132 Botta, Paul-Emile 13 ff. Braidwood, Robert 94 Brydges, Harford Jones 13 Bubu 71 Burnaburiasch II. 84 Champollion, Jean-François 18 Childe, Gordon 22, 50, 95 Dadailum 42 Daduscha 155 Darius I. der Große 12, 18, 90 f., 118 f., 126, 148, 154 Darius III. Kodomannus 20, 91 Delitzsch, Friedrich 18 f. Delougaz, Pinhas 16 Dudu 76 Dunand, Maurice 16 Ea 123 ff., 139, 153 Eanatum 70 f., 79, 154 Egibi 91

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Elamiter 47, 80 f., 85, 155 Enheduana 74 Enki (sum.), s. Ea (akk.) Enlil 73 f., 76, 123–126, 155 Enlil-bani 78 Enmerkar 132 f. Erra-imitti 78 Erridupizir 76 Etana 129 Eusebius von Cäsarea 37 Falkenstein, Adam 22 Flavius Josephus 37 Frankfort, Henri 95 Gilgamesch 28, 95, 97, 124, 129, 132, 137, 141 Grotefend, Friedrich 17 f. Gudea 15, 76, 80, 101, 152 Güterbock, Hans Gustav 22 Gula 123, 142 Gungunum 81 Gutäer, Gutium 76, 79, 100 Hall, Harry Reginald Holland 61 Hammurapi 31 f., 37, 39, 43, 78, 81 ff., 85, 113, 123, 125, 146, 148, 155, 171 Hebräer, hebräisch 12 f., 42, 45 Herodot 18, 118 Herzfeld, Ernst 19, 22, 59 Hethiter, hethitisch 16, 18, 38, 45, 47 f., 81, 83 f., 154 Heuzey, Léon 152 Hincks, Edward 18 Hurriter, hurritisch 47 f., 84 Hyde, Thomas 17 Ibbi-Sin 80 Idi-Ilum 152 Inanna (sum.)37, 65, 74, 96, 107 f., 123 f., 160, s. Ischtar (akk.) Indoarier 84 Inschuschinak 154 Ischbi-Erra 80 f. Ischkur (sum.), s. Adad (akk.) Ischme-Dagan 81 Ischtar 16, 74, 108, 111, 123 f., 151, 155, 160 Jasmach-Addu 81 Jastrow, Morris 41 Jordan, Julius 16, 22 Kabti-ili-Marduk 137 Kadaschman-Enlil I. 84 Kaempfer, Engelbert 17 Kapara 116, 158 Karaindasch 105, 110 Kassiten, kassitisch 46 f., 54, 77, 81, 83 ff., 110, 165 f. Kidudu 153

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King, Leonard William 41 Koldewey, Robert 16, 99 Kulla 101 Kurigalzu I. 84 Kyros II. der Große 20, 88, 91, 117 Kyros der Jüngere 91 Lama 153, 164 Lamaschtu 127 Landsberger, Benno 22 Langdon, Stephen 16 Layard, Austin Henry 14 f., 156 Lenzen, Heinrich 22, 106 Leviathan 45 Libbali-scharrat 158 Lipit-Ischtar 82 Loftus, William Kennet 16 Lugalzagesi 71, 73, 77 Luther, Martin 48 Mallowan, Max 58, 63 Mamu 159 Manischtusu 74, 77, 151 Marduk 37, 85–88, 94, 111, 122, 124 ff., 128, 130, 165, 178 Marduk-apla-iddina II. 87 McAdams, Robert 95 Meder 86 ff., 119 Mesanepada 42 Mesilim 70 f., 77, 160 Montet, Pierre 16 Moortgat, Anton 19, 166 Moses 73 Muraschu 91 Mursili 38, 81 Nabonid 11, 88, 111, 117, 125 Nabu 162, 165 Nabupolassar 87 Nanna (sum.), s. Sin (akk.) Naram-Sin 11, 74, 76 f., 79, 85, 96, 100, 109, 148, 154, 168, 171 Naram-Sin I. von Eschnunna 77 Nebukadnezar I. 85 Nebukadnezar II. 87 f., 100, 111, 117 Nergal 123 Niebuhr, Carsten 12 Ningirsu 70, 154, 165 Ninhursag 77, 108 Ninlil 123 Ninurta 105, 123 Nisaba 132 Nusku 123, 162 Oannes 11, 41, 132 f. Oppert, Jules 41 Panofsky, Erwin 22 Parrot, André 16

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Parther 20, 25 Perser 88, 91, 119 Petachiah 12 Place, Victor 14 f. Porada, Edith 166 Preußer, Conrad 16 Ptolemaeus 24 Puabi 42 Puzur-Ischtar 148 f., 152 Ramses II. 96 Rassam, Ormuz 15 Rawlinson, Henry Creswicke 13, 15, 18, 41 Rich, Claudius James 13 Rim-Sin 46, 81 Rimusch 74 Salmanassar I. 85 Salmanassar III. 45, 86, 153, 155, 159, 169 f. Salomon 88 Samsuditana 81 Samsuiluna 81 f. Sanherib 87, 99, 110, 115, 156 f., 160 Sargon von Akkad 11, 34, 42, 71, 73 f., 141, 154, 168 Sargon I. von Assur 77 Sargon II. von Assyrien 14, 77, 86, 96, 115 f., 153, 156, 158 Sarzec, Ernest Chocquin de 15, 152 Sasaniden 20 Sauschtatar 84, 165 Schaeffer, Claude 16 Schamasch 11, 54, 109, 123 ff., 145, 154 f., 171 Schamasch-schumu-ukin 87, 155, 168 Schamschi-Adad 77, 81, 109, 155 Schara 108 Scharkalischarri 76 f. Schliemann, Heinrich 15 Schrader, Eberhard 19 Schudurul 76 Schulgi 44, 48, 77, 80 Schutarna II. 84 Schutruk-Nahhunte 85, 154 Seleukiden 20 Sin 88, 107, 109, 123 ff., 154, 171 Sin-kaschid 114 Sin-leqe-unnini 137 Sin-schar-ischkun 87 Smith, George 18 Sumerer 40–43, 48, 62, 161 Sumuabum 81 Suppiluliuma I. 84 Taduhepa 84 Teumman 158, 169 Thompson, Campbell 16 Tiglatpilesar I. 45, 86, 156, 160 Tiglatpilesar III. 45 f., 86, 115, 156 ff., 170 Tischatal 47

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Tukulti-Ninurta I. 85, 112, 162 Tukulti-Ninurta II. 86 Tupkisch 47 Tuschrata 84 Tutanchamun 45, 84 Tutmosis IV. 84 Ugbaru 20 Unger, Eckhard 19 Uqnitum 47 Urdu-Mullissi 87 Urnammu 76, 79 f., 82, 108, 111, 148, 154, 169 Urukagina 70, 72 Urzababa 73 Usch 71 Utanapischtim 129, 132 Utu (sum.), s. Schamasch (akk.) Valle, Pietro della 12 Warad-Sin 110 Wilhelm II. 16 Winkelmann, Johann Joachim 22 Winkler, Hugo 19 Wittvogel, Karl 41 Woolley, Sir Leonard 16, 61, 121 Xenophon 91 Xerxes I. 91, 118 ff. Zarathustra 126

II. Länder, Orte, Gebirge und Gewässer Antike Namen sind kursiv Abu Salabikh (Irak) 42, 63, 67, 70, 95, 98 Adab (Irak) 67, 70, 111 Ägypten 9, 25, 28, 32, 84 f., 87 f., 122, 126, 132, 135, 147, 157 Afghanistan 19, 32, 72 Ain Mallaha (Israel) 51 Akkad (Land) 11, 38, 41 ff., 71, 74, 76, 80 f. Akkade (Stadt) 73 f., 76, 96, 141 Alaca Hüyük (Türkei) 156 Alalakh, heute Tell Acana (Türkei) 47, 156 Aleppo (Syrien) 30, 43, 116 Amanus 41 Anatolien 32, 37, 47 f., 50 f., 53, 55, 57 f., 68, 102, 106, 156 Anschan, heute Tell-i Malyan (Iran) 80 Aqr Quf, s. a. Dur-Kurigalzu (Irak) 84, 110, 112, 114 Assur (Irak) 16, 19, 25, 30, 72, 74, 77, 81, 84, 86, 108–110, 112, 114, 121, 125, 145, 148, 151, 153, 157, 162, 166, 173

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Assyrien (Irak) 15, 25, 27, 32, 37, 45 f., 77, 81, 84–88, 92, 95, 98, 109, 112, 115, 120, 125, 149, 174 Babylon (Irak) 11 ff., 16, 19 f., 25, 31, 37 f., 81, 83 f., 86 ff., 91, 94 f., 99 ff., 110 ff., 115, 117, 124, 130, 135, 143, 154, 157, 162 Babylonien (Irak) 25, 27, 32, 41–45, 72 f., 80 f., 84–88, 91 ff., 98, 112, 125, 138, 143, 155, 157, 165, 174 Badachschan (Afghanistan) 32 Bagdad (Irak) 13, 16, 22, 24 f., 28 ff., 43, 49, 55, 59, 74, 84, 97 Balawat, s. a. Imgur-Enlil (Irak) 159, 170 Balich (Syrien) 27, 35, 81 Basra (Irak) 14 f. Bawian (Irak) 160 Behistun (Iran) 12 f., 18, 47 Berlin 16, 18 f., 111, 116, 163 Birs Nimrud, s. Borsippa (Irak) Bit-Bachiani 116 Bitwata (Irak) 160 Boğazköy, s. Hattusa (Türkei) Borsippa (Irak) 12, 112, 168 Bosporus 28 Byblos (Libanon) 16 Çatal Hüyük (Türkei) 94, 154 Chabur (Syrien) 24, 27, 33, 35, 45, 84 Chafadje, s. Tutub (Irak) Chaldäa (Irak) 25 Chicago 16, 39 Choga Mami (Irak) 60 Choga Zanbil (Iran) 47 Çiftlik (Türkei) 57 Damaskus (Syrien) 30, 46 Darband i-Gaur (Irak) 160 Demawend (Iran) 26 Dilmun (Bahrain) 11 Diyala(-Gebiet) (Irak) 16, 28, 43, 69 f., 81, 84, 104, 149 Dizful (Iran) 33 Djebel Bischri (Syrien) 76 Djemdet Nasr (Irak) 68 f., 114, 164 Drehem, s. Puzrisch-Dagan (Irak) Dur-Katlimmu (Syrien) 45 Dur-Kurigalzu (Irak) 84, 96, 114 Dur-Scharrukin (Irak) 14, 96 Ebla (Syrien) 42, 47, 145 Ein Gev (Israel) 51 Ekallatum 81, 155 Elam, elamisch (Iran) 12, 47 f., 74, 76, 80, 84 f., 154, 157 Elazığ (Türkei) 28 Elephantine (Ägypten) 46 El-Khiam (Palästina) 52

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Eridu (Irak) 16, 34, 61 ff., 65, 67, 70, 93 f., 107, 111, 114, 124 Eschnunna (Irak) 73, 85, 109, 152 f., 176 Euphrat 14, 24–32, 45, 49, 61, 68, 76, 81, 84, 94, 97, 102, 115 Fara s. Schuruppak (Irak) Gasur (Irak) 42 Girsu (Irak) 15, 41, 70, 72, 165 Göttingen 17 Golfstaaten 19 Guzana (Syrien) 116 Habuba Kabira (Syrien) 164 Hadji Ibrahim (Irak) 26 Haifa (Israel) 51 Hamoukar (Syrien) 163 Hamrin (Irak) 55, 64 Haradum, heute Khirbet ed-Diniye (Irak) 97 Harran (Türkei) 87 f. Hassuna (Irak) 57, 63 Hatay (Türkei) 25, 47, 156 Hattusa (Türkei) 48 Hit (Irak) 28, 31 f. Hule-See (Israel) 51 Hursagkalama (Irak) 114 Imgur-Enlil (Irak) 159 Indus-Tal (Pakistan) 32, 48 Irak 15 f., 19 f., 24 ff., 28, 47, 49–53, 55-59, 61, 63 Iran 12, 19 f., 22, 32 ff., 44, 58 f., 61, 72, 91, 126 Iraq ez-Zigan (Irak) 51 Ischcali, s. Neribtum (Irak) Isin (Irak) 70, 78, 80 f., 85, 142, 166, 179 Israel 19, 25, 31, 56, 87 Jarmo (Irak) 54, 56 Jaudi 116 Jemen 14, 19 Jena 98 Jerf el-Ahmar 51 Jericho (Palästina) 34, 52, 54 f., 94 Jerusalem 88, 130 Jerwan (Irak) 99 Jordanien 16, 19, 32 Kalchu (Irak) 115 Kanisch (Türkei) 48, 72 Kara-Su (Türkei) 27 Karim Shahir (Irak) 52 Karkemisch, heute Karkamış (Türkei) 110, 156 Kar-Tukulti-Ninurta, heute Tulul al-Aqar (Irak) 96, 112 Kaukasus 32 Kayseri (Türkei) 72

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Kermanschah (Iran) 12 Khorsabad, s. a. Dur-Scharrukin (Irak) 14, 41, 77, 115, 153, 156 Kirkuk (Irak) 52 Kisch (Irak) 16, 42, 69 f., 73 f. Konstantinopel 12 Kültepe, s. a. Kanisch (Türkei) 44, 48, 72 Kunaxa (Irak) 91 Kuyundjik, s. Ninive (Irak) Lachisch, heute Tell ed-Duwer (Israel) 157 Lagasch (Irak) 15, 29, 70 f., 76, 80, 108, 154, 164 f. Larsa (Irak) 54, 61, 70, 81, 94, 125 Levante 25, 30, 32, 51 ff., 57, 87, 102, 143 Libanon 16, 19 f., 34 Lice (Türkei) 160, 170 London 14, 18, 163 Magan (Oman) 74, 80 Maghzalia (Irak) 54 f. Makedonien 91 Malatya (Türkei) 156 Malqata (Ägypten) 96 Maltai (Irak) 160 Marathon 91 Mari (Syrien) 16, 31, 70, 73, 80 f., 109, 113 f., 125, 141, 145, 149-152, 154 Maschkan-Schapir, heute Tell Abu-Dhuwari (Irak) 94 Masnaa (Irak) 49 Mittani, mittanisch 45, 84, 166, 168 Mittelmeer 25, 28, 35, 37, 45, 49, 58, 63, 76, 94 Mlefaat (Irak) 52, 55 Mossul (Irak) 13 f., 24, 52 f., 57, 64, 159 Murat (Türkei) 27 Mureybet (Syrien) 51 Nabada (Syrien) 43 Nagar (Syrien) 42, 47 Nebi Yunus, s. Ninive (Irak) Nemrik (Irak) 53 ff. Neribtum (Irak) 108 Netiv Hagdud (Palästina) 55 Nil (Ägypten) 28 f., 133 Nimrud, s. a. Kalchu (Irak) 15, 46, 86, 93, 115 f., 126, 138, 141, 153, 156, 165 Ninive (Irak) 12–15, 17 f., 41, 63f., 67, 70, 77, 87, 95 f., 99 f., 115 f., 137, 151 f., 156 ff. Nippur, heute Nuffar (Irak) 15, 41, 43, 54, 67, 69 f., 73 f., 76, 80, 91, 97, 100, 107, 111, 161, 179 Nubien 32 Nuzi (Irak) 47, 100, 165 Ohalo (Israel) 51 Oman 19, 31 f., 74, 80

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Pakistan 19, 34 Palästina 16, 19, 46, 135, 149 Palmyra (Syrien) 26, 45 Pasargadae (Iran) 100, 117 Persepolis, heute Takht i-Djamschid 17 f., 90, 117–120, 165 f., 170 Persien 12 f., 118 Persischer Golf 25, 27, 31, 63, 74, 93 Piramesse (Ägypten) 96 Puzrisch-Dagan (Irak) 80 Qatara (Irak) 109 Qermez Dere (Irak) 52 Qurna (Irak) 14, 28 Ramad (Syrien) 55 Ras-Schamra, s. Ugarit (Syrien) Rotes Meer 14 Rowanduz (Irak) 26, 49, 52 Salamis 91 Sam’al (Türkei) 116 Samarra (Irak) 27, 59 f., 74, 81 Sar-i-Pul-i Zohab (Irak) 160 Saudi-Arabien 19 Schaduppum (Irak) 97 Schanidar (Irak) 49 f., 52 Scheich Hassan (Syrien) 164 Schiraz 13 Schuruppak (Irak) 42 Schwarzes Meer 28 Sheikhan 160 See Genezareth 49, 51 Sinai (Ägypten) 32, 136 Sippar (Irak) 11, 80, 125, 145, 154, 171 Sistan (Iran) 48 Sotto (Irak) 57 Sumer 25 f., 31, 33 ff., 38, 40 ff., 61 f., 69 ff., 80, 85, 92 f., 95, 124 Susa, Susiana (Iran) 41 f., 47 f., 66, 73 f., 80, 82, 85, 94, 115, 118, 143, 151 f., 154 f., 157, 164 Syrien 16, 19 f., 24, 26 f., 30, 43–47, 51, 55, 58, 61, 64, 68, 70, 74, 84, 106, 113, 143, 149, 163 Taurus 25, 27, 32, 41, 47 Teheran (Iran) 26 Teima (Saudi-Arabien) 88 Tell Abada (Irak) 64 Tell Agrab (Irak) 108 Tell Ahmar, s. Til Barsip (Syrien) Tell Arpatchiyah (Irak) 58, 63 f. Tell Asmar, s. a. Eschnunna (Irak), 54, 70, 73, 108 f., 150, 155, 171 Tell Beydar, s. a. Nabada (Syrien) 47 Tell Brak, s. a. Nagar (Syrien), 42, 47, 73, 114, 163 f. Tell Buqras (Syrien) 55

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Tell el-Amarna (Ägypten) 16, 45, 47, 96, 136 Tell el-Hiba, s. a. Lagasch (Irak) Tell el-Kowm (Syrien) 55 Tell el-Obeid (Irak) 61, 108 Tell el-Uweili (Irak) 26, 34 f., 41, 61 f., 66, 103 Tell el-Wilayah (Irak) 114 Tell es-Sawwan (Irak) 59 f., 102 Tell Halaf, s. a. Guzana (Syrien) 58, 110, 116 f., 158 Tell Hariri, s. Mari (Syrien) Tell Harmal, s. a. Schaduppum (Irak) 96 f., 109 Tell Ingharra, s. Hursagkalama (Irak) Tell Leilan (Syrien) 104, 110 Tell Mardikh, s. Ebla (Syrien) Tell Mozan, s. Urkisch (Syrien) Tell Rihan (Irak) 55 Tell Rimah, s. a. Qatara (Irak) 54, 105, 109 Tell Tainat (Türkei) 110 Tell Uqair (Irak) 67, 107 Tello, s. a. Girsu (Irak), 15, 41, 70 ff., 80, 101, 165 Tepe Gaura (Irak) 63 ff., 67 f., 73, 107 Thrakien 91 Tigris 14, 24–31, 61, 76, 81, 112, 160, 170 Til Barsip 115, 154 Totes Meer 35 Troja (Türkei) 15 Türkei 19, 24, 26, 68 Tutub (Irak) 107 Ubaidiya (Israel) 49 Ugarit (Syrien) 16, 45, 47 Umma (Irak) 70 f., 73, 80 Umm Dabaghiya (Irak) 54, 56 f. Ur (Irak) 16, 29, 31, 42, 61, 65, 67, 70 ff., 74, 76, 79 ff., 94, 98, 102, 108–112, 120 f., 125, 151, 154, 161, 175, 179 Urartu 87 Urkisch 42, 47 Uruk (Irak) 16, 26, 30, 32, 42, 61 ff., 67 f., 70 f., 77, 94 f., 97, 102 f., 105 ff., 110 f., 114, 124, 132 f., 135, 140, 149, 154, 160, 164 f. Van-See (Türkei) 57 Yarmuk-Tal (Jordanien) 26 Yorghan Tepe, s. a. Gasur, Nuzi (Irak) 73 Zab 28, 52 Zagros (Iran) 25, 28, 32, 41, 47, 52 Zarzi (Irak) 52 Zawi Chemi Schanidar (Irak) 52 Zincirli, s. a. Sam’al (Türkei) 116, 148 Zypern 19, 32

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III. Korrespondenz der hier wichtigen Städtenamen Antiker Name

Moderner Name

Adab Assur

Tell Bismaya Qal’at Schergat

Borsippa

Birs Nimrud

Dur-Kurigalzu Dur-Scharrukin

Aqr Quf Khorsabad

Ebla Eridu Eschnunna

Tell Mardich Abu Schahrain Tell Asmar

Gasur dann Nuzi Girsu Guzana

Yorghan Tepe Tello Tell Halaf

Hattusa Hursagkalama

Boğazköy Tell Ingharra

Isin

Ischan al-Bahriyat

Kalchu Kanisch Kisch

Nimrud Kültepe Tell Uhaimir

Lagasch Larsa

Tell el-Hiba Tell Senkereh

Mari

Tell Hariri

Nabada Nagar Neribtum Ninive Nuzi

Tell Beydar Tell Brak Ischcali Kuyundjik, Nebi Yunus Yorghan Tepe

Puzrisch-Dagan

Drehem

Qatara

Tell Rimah

Schaduppum Sippar Schuruppak

Tell Harmal Tell Abu Habba Fara

Til Barsip Tutub

Tell Ahmar Chafadje

Umma Ur Urkisch Uruk

Tell Djocha Tell Muqayyar Tell Mozan Warka

Register

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Abbildungsnachweis

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Abbildungsnachweis

151, 253, 293; Abb. 38b nach: J. Heisel, Antike Bauzeichnungen, Darmstadt 1993, 37; Abb. 40, 55, 62, 88, 91, 93 British Museum, London; Abb. 41 nach: T. J. Meek, Old Akkadian, Sumerian, and Cappadocian Texts from Nuzi, Harvard Semitic Series Bd. X, 1935, Cambridge/Mass., Tf. I1; Abb. 45 nach: U. Finkbeiner, TAVO Karte B IV 17.5, Wiesbaden 1990; Abb. 50 nach: J. Marzahn, G. Schauerte (Hrsg.), Babylon, Wahrheit.Ausstellungskatalog, Berlin 2008, 619; Abb. 53 nach: J.-C. Margueron, Mari. Métropole de l‘Euphrate au IIIe et au début du IIe millénaire av. J. C., Paris 2004, 460; Abb. 57 ullstein bild; Abb. 60 nach: Historisches Museum der Pfalz (Hrsg.), Das Persische Weltreich. Pracht und Prunk der Großkönige. Ausstellungskatalog, Speyer 2006, 104; Abb. 61 nach: L. Woolley, M. Mallowan, Ur Excavations VII. The Old Babylonian Period, London 1976, Tf. 19a; Abb. 69 nach: L. Jakob-Rost, Das Vorderasiatische Museum, Berlin 1987, 21; Abb. 72, 102 nach: A.Nunn, Alltag im Alten Orient, Mainz 2006; Abb. 74 nach: J. Meuszyński, Die Rekonstruktion der Reliefdarstellungen und ihrer Anordnung im Nordwestpalast von Kalhu (Nimrūd), BaF 2, 1981, Tf. 1–2; Abb. 76 Fotomontage Christina Eickhoff; Abb. 89 Bridgeman Art Library; Abb. 98a nach: R. M. Boehmer, Uruk. Früheste Siegelabrollungen, AUWE 24, Mainz 1999, Tf. 41; Abb. 98b nach: E. Rova, Ricerche sui sigilli a cilindro vicino-orientali del periodo di Uruk/Jemdet Nasr, Rom 1994, Tf. 34, Nr. 602; Abb. 98c, d, e, g nach: D. Collon, First Impressions. Cylinder Seals in the Ancient Near East, London 1987, Nr. 525, 531, 548, 356; Abb. 98f nach: S. Herbordt, Neuassyrische Kunstperiode. IV. Glyptik, RlA 9, 1998–2001, 266,4; Abb. 98h nach: M. B. Garrison, S. E. Qualline, M. Cool Root, Seals on the Persepolis Fortification Tablets I: Images of Heroic Encounter, Bd. 1–2, OIP 117, 2001, Tf. 179b. (

Abb. 1, 10, 16, 18, 19, 23, 28, 30, 31, 32, 34, 35, 38a, 44, 48, 56, 58, 59, 63, 64, 66, 67, 73, 75, 78, 79, 80, 81, 83, 86, 87, 90, 92, 96, 99, 100, 103 akg-images; Abb. 2, 5 nach: E. Fontan, N. Chevalier (Hrsg.), De Khorsabad à Paris. La découverte des Assyriens, 1994, 95 u. 168; Abb. 3 nach: J. Reade, Assyrian Sculpture, Cambridge/Mass. 1999; Abb. 4 nach: S. Loyd, Foundations in the Dust. The Story of Mesopotamian Exploration, 21980, 127; Abb. 6, 52, 54 pa picture-alliance; Abb. 7, 8, 9, 11, 43 Astrid Nunn; Abb. 12, 13 nach: O. Aurenche, S. Kozlowski, La naissance du néolithique au Proche Orient, Paris 1999, 239,1, 235,5 u. 7; Abb. 14: M. Sauvage, La brique et sa mise en œuvre en Mésopotamie: Des origines à l’époque achéménide, Paris 1998, 41,20, Tf. 21a, 40, 39a u. 53d.; Abb. 15 nach D. Kirkbride, Umm Dabaghiyah. A Fourth Preliminary Report, Iraq 37, 1975, Tf. 7a; Abb. 17 nach: C. Bréniquet, Tell esSawwan. Réalités et problèmes, Iraq 53, 1991, 78; Abb. 20 Field Museum Chicago; Abb. 21: S. Jasim, The Ubaid Period in Iraq. Recent excavations in the Hamrin region, BAR IS 267, 1985, Bd. II, 9; Abb. 22 nach: P. Amiet, La Glyptique Mésopotamienne Archaïque, Paris 1961, Nr. 119; Abb. 24 nach: R. K. Englund, Texts from the Late Uruk Period, in: P. Attinger, M. Wäfler (Hrsg.), Mesopotamien. SpäturukZeit und Frühdynastische Zeit, OBO 160/1, Freiburg/CH 1998, 93; Abb. 25 nach: U. Seidl, s. u. Relief, RlA Bd. 11, 2006–2008, 312–313; Abb. 26, 33, 42, 68, 70, 71, 77, 82, 84, 85, 94, 95, 97, 101 bpk Bildarchiv Preußischer Kulturbesitz; Abb. 27 nach: P. Amiet, L‘art d‘Agadé au Musée du Louvre, Paris 1976, 8; Abb. 29, 65, 98i nach: W. Orthmann (Hrsg.), Der Alte Orient. Propyläen Kunstgeschichte, Bd. 14, Berlin 1975, 203, 362, 360.107o; Abb. 36, 51 Interfoto; Abb. 37, 39, 46, 47, 49 nach: E. Heinrich, Die Tempel und Heiligtümer im alten Mesopotamien. Typologie, Morphologie und Geschichte, Berlin 1982, 254, 163,