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German Pages 54 Year 2019
Leon Fink Deliverance Revisited
re:work. Arbeit global – historische Rundgänge
herausgegeben von Andreas Eckert und Felicitas Hentschke
Band 2
Leon Fink
Deliverance Revisited Der Triumph von Trump, die liberalen Eliten und die weiße Zombie-Arbeiterklasse
Die kleine Buchreihe re:work. Arbeit global - historische Rundgänge dient dazu, eine öffentliche Vortragsreihe, die re:work lectures des Internationalen Forschungskollegs „Arbeit und Lebenslauf in globalgeschichtlicher Perspektive“, kurz re:work, an der HumboldtUniversität zu Berlin, zu dokumentieren und für die Arbeitsgeschichte im deutschsprachigen Raum nachhaltig zugänglich zu machen. re:work ist ein für den Zeitraum von 2009 bis 2021 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördertes Forschungsprogramm (Käte Hamburger Kollegs).
ISBN 978-3-11-063428-0 e-ISBN (PDF) 978-3-11-063874-5 e-ISBN (EPUB) 978-3-11-063465-5
Bibliografische Information der Deutsche Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutsche Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2019 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Übersetzung aus dem Englischen: Sebastian Landsberger und Kristina Vesper Photographien: Maurice Weiss Redaktion: Andreas Eckert und Felicitas Hentschke Lektorat: Lilly Kempf und Sebastian Marggraff Interview: Ralf Grötker Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck
www.degruyter.com
re:work Arbeit global - historische Rundgänge Als uns das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) Ende 2008 mitteilte, dass das Projekt „Arbeit und Lebenslauf in globalgeschichtlicher Perspektive“ als eines der insgesamt zehn Internationalen Geisteswissenschaftlichen Kollegs – später Käte Hamburger Kollegs - zur Förderung angenommen worden sei, ahnten wir noch nicht, dass wir am Anfang eines großen akademischen Abenteuers standen. Das BMBF hatte uns mit diesem neuen Format die Möglichkeit gegeben, ein innovatives Forschungsprogramm zu entwickeln und jährlich zehn bis fünfzehn Forscher und Forscherinnen aus allen Teilen der Welt einzuladen, um mit uns gemeinsam in Berlin über das Thema „Arbeit“ zu diskutieren. Doch bevor wir die ersten Ausschreibungen verschicken konnten, plagten wir uns mit der Frage, wie man in wenigen Sätzen unser neues Forschungszentrum erklären könnte. Nach langen Gesprächen mit unserem Grafiker sowie Kollegen und Kolleginnen wurde ein „Spitzname“ gefunden, der nun international in einschlägigen Zirkeln die Runde gemacht hat – re:work. In dem Wort re:work stecken unter anderem die drei Begriffe Re-flektion, Revision und Re-imagination: Wir nutzen den Freiraum, der uns gegeben worden ist, um Experimente zu wagen, und neue Wege zu gehen, um über „Arbeit“ nachzudenken. Zunächst einmal: Das Thema „Arbeit“ war alles andere als neu, als wir mit re: work begannen. Insbesondere von den 1960er bis in die frühen 1980er Jahre war die Geschichte der Arbeit und der Arbeiterbewegung hierzulande ein wichtiges Forschungsthema. Im Zentrum des Interesses stand dabei Deutschland, gegebenenfalls noch der nordatlantische Raum. Die Mehrzahl der Studien handelte vom Aufstieg des Kapitalismus, der Lohnarbeit zu einem Massenphänomen machte, von Industrialisierung und Urbanisierung. Dies ging einher mit der semantischen Verengung des Konzepts Arbeit auf Erwerbsarbeit. Arbeiterbewegungen und Gewerkschaften waren prominente Themenfelder, Arbeiterkultur im weitesten Sinne bildete einen weiteren Schwerpunkt. Zunehmend etablierten sich Genderperspektiven. In den späten 1980er Jahren hatte Arbeit als Forschungsgegenstand jedoch weitgehend seine Attraktivität verloren. Viel war vom „Ende der Labour History“ zu lesen. Mitte der 1990er Jahre kursierte in Historikerkreisen der Witz, wer möglichst wenig Studierende in seinen Seminaren haben wolle, solle sie Freitagnachmittags anbieten, und möglichst zum Thema „Arbeit“. https://doi.org/10.1515/978-3-11-063874-5-001
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Diese Zeiten sind vorbei. Arbeit ist wieder en vogue. Die Finanzkrise, generationelle Konflikte um den Zugang zu Arbeit, der Aufstieg informeller und prekärer Beschäftigungsverhältnisse auch in den westlichen Industrieländern sowie die durch rapiden technologischen Wandel geprägten Veränderungen der Arbeitswelt sind einige der Bereiche, die gesellschaftliche und akademische Debatten zum Thema Arbeit neu befeuert haben. Und nicht zuletzt mit dem Einzug der Globalgeschichte und dem damit verknüpften neuen Interesse an der nichteuropäischen Welt veränderte sich auch hierzulande der Blickwinkel auf den Forschungsgegenstand. Vor diesem Hintergrund wurde es möglich, gängige Prämissen in Frage zu stellen und neu auf „Arbeit“ zu schauen. Wenn beispielsweise in Afrika nur etwa 14% der Bevölkerung in einem formalen Lohnarbeitsverhältnis stehen, was tun die anderen 86%? Wie müssen wir unsere Fragen stellen, um angemessen auf diese Umstände zu reagieren? Bei re:work haben wir uns auf die Reise gemacht und Spezialisten und Spezialistinnen zum Thema Arbeit aus dem sogenannten „Globalen Süden“ getroffen - von China und Indien über Brasilien, Kenia und Mali, bis nach Tadschikistan und Marokko. Wir haben sie gefragt, wie sie Arbeit definieren, auf welchen Grundannahmen ihre Forschung fußt, welche Quellen sie benutzen, wohin ihre Diskussionen führen. Es haben sich auf dieser Reise einige Kernthemen herauskristallisiert, welche die Debatten bei re:work bis heute prägen: Arbeit und Nicht-Arbeit, freie und unfreie Arbeit, die kritische Reflexion der Vorstellung von „Normalarbeitsverhältnissen“, aber auch die Beziehungen zwischen verschiedenen Lebensphasen und der Arbeit. Diese Themen werden nicht zuletzt in Forschungskontexten außerhalb der westlich dominierten Forschungslandschaft lebhaft diskutiert und prägen zunehmend unser Nachdenken über Arbeit. Diese kleine Buchreihe, eine Sammlung von Vorträgen, die im Rahmen der Vortragsreihe re:work Lectures an der Humboldt-Universität zu Berlin gehalten wurden, möchte diese Debatten aufgreifen, einige neuere Ansätze und kritische Perspektiven in der Erforschung von Arbeit vorstellen und auf diese Weise das wissenschaftliche Gespräch, das im Umfeld von re:work seit nunmehr zehn Jahren geführt wird, auf kompakte Weise zugänglich machen. Andreas Eckert und Felicitas Hentschke
re:work (v.l.n.r.): Felicitas Hentschke (Programmleitung), Jürgen Kocka (Permanent Fellow), Andreas Eckert (Direktor)
Inhalt Andreas Eckert 1 Einleitung Leon Fink Deliverance Revisited: Der Triumph von Trump, die liberalen Eliten und die weiße Zombie-Arbeiterklasse 5 Gesprächsführung: Ralf Grötker Ethnologie der einfachen Leute: Ein Interview mit Leon Fink Lebenslauf Leon Fink ReM ReM Club
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Käte Hamburger Kollegs
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Buchreihe Work in Global and Historical Perspective
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re:work Impressionen 1
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Einleitung
1994 veröffentlichte Leon Fink unter dem Titel In Search of the Working Class. Essays in American Labor History and Culture einen Band, der neun seiner im Jahrzehnt zuvor publizierten Aufsätze zu einem engagierten Plädoyer für eine kulturhistorisch informierte Arbeitsgeschichte der Vereinigten Staaten vereinte. Ende der achtziger, Anfang der neunziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts war die Rede von der Krise, ja vom Ende der „Labor History“ weit verbreitet. In die Kritik geraten war nicht zuletzt die von Fink eloquent vertretene, u.a. von E.P. Thompson und Finks Mentor Herbert Gutman inspirierte Perspektive auf Erfahrungen und die Handlungsmächtigkeit von Arbeitenden.Während viele Historiker der Arbeit sich in diesen Jahren neuen Themenfeldern zuwandten, blieb Fink der Erforschung der Arbeit treu, öffnete sich nun aber verstärkt vergleichenden und transnationalen Perspektiven. Engagiert, streitbar, aber auch offen für Kritik, wurde und wird er nicht müde, die politische Dimension der Geschichte der Arbeit und ihre Bedeutung für das Verständnis der Gegenwart zu betonen. Der vorliegende Essay zur „weißen Zombie-Arbeiterklasse“ veranschaulicht eindrücklich diesen Ansatz. Finks Karriere als Hochschullehrer war vor allem von zwei Stationen geprägt. Nach seiner Promotion an der University of Rochester lehrte er von 1977 bis 2000 an der University of North Carolina in Chapel Hill (UNC), danach an der University of Illinois in Chicago, bevor er 2018 in den „Unruhestand“ wechselte. Neben seiner umfassenden wissenschaftlichen Forschungs- und Publikationstätigkeit bildeten Fragen der Vermittlung von historischer Forschung für Lehrer einen wichtigen Aspekt seiner Tätigkeit, etwa in dem 1991 an der UNC initiierten „Project for Historical Education“. In diesem Kontext entstand Finks Monografie Progressive Intellectuals and the Dilemmas of Democratic Commitment (1998). In diesem Buch analysiert er die Spannungen, die entstehen, wenn gut ausgebildete Historiker über weniger gut ausgebildete Arbeiter forschen. Anhand der Biografien einiger wichtiger Arbeitsforscher aus der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts zeigt Fink die ambivalente Rolle von Intellektuellen, die von
Im Folgenden wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit darauf verzichtet, sowohl die weibliche als auch die männliche Form der jeweils angesprochenen Personengruppe zu benutzen. Die männliche Form bezieht sich auf Personen beiderlei Geschlechts. Wenn z. B. von Wissenschaftlern gesprochen wird, sind immer auch Wissenschaftlerinnen gemeint. Der umgekehrte Fall gilt nicht. https://doi.org/10.1515/978-3-11-063874-5-002
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den Arbeitern lernen wollten und zugleich versuchten, ihnen Ratschläge zu erteilen. Ende der neunziger Jahre etablierte Fink, noch an der UNC, ein Programm zur mündlichen Geschichte („Listening for a Change“), das die Alltagserfahrungen der Arbeiterklasse in North Carolina herauszuarbeiten suchte. In diesem Rahmen entstanden rund zwanzig Interviews mit guatemaltekischen Arbeitern in der Geflügelindustrie des Landes, welche die Quellengrundlage zu der wichtigen, 2003 publizierten Studie The Maya of Morganton. Work and Community in the Nuevo New South bildeten. Das Buch beschäftigt sich mit den zumindest teilweise erfolgreichen Kämpfen von Arbeitern aus Guatemala, viele von ihnen Flüchtlinge vor dem brutalen Bürgerkrieg in ihrer Heimat, für bessere Arbeitsbedingungen und soziale Gerechtigkeit auf einer größeren Geflügelfarm in North Carolina in den 1990er Jahren. Finks nuancierte Untersuchung porträtiert detailliert eine Arbeiterklasse politischer und wirtschaftlicher Flüchtlinge, die nicht zuletzt den demografischen Wandel der Arbeiterschaft in den USA in Zeiten der Globalisierung reflektiert. Fink situiert die Arbeitsmigranten auf den Geflügelfarmen sorgfältig in ihren Herkunftsregionen und analysiert den Einfluss transnationaler Kontexte auf die Konstruktion ethnischer Identitäten und kultureller Institutionen der Arbeiter sowohl in Guatemala als auch in den Vereinigten Staaten. Die stärkere Hinwendung zu transnationalen Dimensionen der US-Arbeitsgeschichte setzte Fink fort, etwa in dem Sammelband Workers Across the Americas: The Transnational Turn in Labor History (2011) oder zuletzt Labor Justice Across the Americas (2018, hg. mit Juan Manual Palacio), vor allem aber in der breit rezipierten Studie Sweatshops at Sea: Merchant Seamen in the World’s First Globalized Industry, from 1812 to the Present (2011). Hier zeichnet Fink am Beispiel des nordatlantischen Raums die Transformation von Arbeitsgesetzen und Arbeitsbeziehungen auf See nach. Er arbeitet deutlich heraus, wie Regierungen, Gewerkschaften und zunehmend auch internationale Organisationen die Arbeitsbedingungen für Seeleute zu regulieren versuchten. Viele Aspekte aus früheren Arbeiten von Fink finden sich hier wieder, etwa die Beziehungen zwischen Gewerkschaften und Politik, die Rolle von progressiven Intellektuellen und Reformern und die Bedeutung von Rassismus im Arbeitsalltag. Im Gegensatz zu seiner Studie über die Geflügelarbeiter aus Guatemala interessiert sich Fink hier jedoch nicht für die Arbeiter selbst, sondern vor allem für die politische Ökonomie maritimer Arbeit. Es geht primär um die strukturellen Kräfte, die den politischen, rechtlichen und ökonomischen Rahmen geprägt haben, in dem die Seeleute arbeiteten. Leon Fink gilt zurecht als einer der weltweit wichtigsten Arbeitshistoriker, dessen umfassendes Œuvre quellennah und methodisch reflektiert eine Vielfalt von Aspekten und Themen der Arbeitsgeschichte behandelt. Sein folgender Essay
Einleitung
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bietet nicht nur eine facettenreiche Analyse gegenwärtiger gesellschaftlicher Konstellationen in den USA in historischer Perspektive. Er ist auch ein Plädoyer für die große Bedeutung, die der lange an den Rand gedrängten Erforschung von Arbeit, Arbeitsverhältnissen und Arbeiterschaft weiterhin zukommt. Andreas Eckert
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Deliverance Revisited: Der Triumph von Trump, die liberalen Eliten und die weiße Zombie-Arbeiterklasse In ihrem neuen Buch White Trash ¹ beschreibt die Kulturhistorikerin Nancy Isenberg, wie während des Wirtschaftsbooms nach dem Zweiten Weltkrieg Teile der „weißen Arbeiterklasse“ von den politisch-kulturellen Eliten der USA in Form einer Identitätspolitik von oben systematisch stigmatisiert wurden.² Im Zeitalter der aufstrebenden städtischen Mittelschichten wurden die Weißen der Unterschicht (und zwar insbesondere aus dem ländlichen Raum) für gewöhnlich als eigene Klasse betrachtet, als gemeinhin ignorante und rückständige Personengruppe, die den Übergang in die Moderne noch nicht vollzogen hatte. Drei der beliebtesten Fernsehserien der 1960er Jahre nahmen sich auf eher unbeschwerte Weise des Themas an: The Andy Griffith Show, Gomer Pyle und The Beverly Hillbillies. Einen eher düsteren Blick auf die sogenannten „Rednecks“ warf der Film To Kill a Mockingbird ³ (1962), und zwar in Form des „degenerierten“ Charakters Bob Ewell (als Gegenpart zum ehrbaren Anwalt Atticus Finch). Noch finsterer war das Bild, das im 1972 in die Kinos gekommenen Film Deliverance ⁴ von der lokalen Bevölkerung Georgias gezeichnet wurde (basierend auf dem 1970 erschienenen, gleichnamigen Roman von James Dickey). Um den (fiktiven) Cahulawassee River zu sehen, bevor der Fluss in einen Stausee verwandelt werden soll, begeben sich vier Unternehmer aus Atlanta auf eine schicksalshafte Reise ins US-amerikanische Hinterland. Getrieben von einer Mischung aus Wut und Angst vor den Veränderungen, die ihr gewohntes Leben zu zerstören drohen, begegnen die Einheimischen den Eindringlingen aus der Großstadt (ebenso wie den Kinozuschauern) mit einer – von Isenberg so treffend bezeichneten – „verheerenden Zurschaustellung der Hässlichkeit des White Trash und hinterwäldlerischer Verkommenheit“.⁵ Unter den vielen denkwürdigen Szenen des Films findet sich ziemlich zu Anfang eine, in der die Großstädter an einer Tankstelle halten und einem scheinbar durch Inzucht
Anm. d. Ü.: Deutsch etwa: „Weißer Abschaum“. Ich danke Jeffrey Sklansky, Jeff Shuhrke, Elizabeth Tandy Shermer, Elliott Gorn, Susan Levine, und Regina Tunke für ihre kritischen Anmerkungen und Anregungen beim Verfassen dieses Beitrags. Anm. d. Ü.: Deutscher Titel: „Wer die Nachtigall stört“. Anm. d. Ü.: Deutscher Titel: „Beim Sterben ist jeder der Erste“. Isenberg (2016) 233 und 270. https://doi.org/10.1515/978-3-11-063874-5-003
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gezeugten, Banjo-spielenden Jungen vom Land begegnen. Diese Szene setzt den Ton für das Aufeinanderprallen der Kulturen und den um einiges tragischeren Konflikt, der noch vor ihnen liegt.⁶ Wie es für diese Art von Drehbuch-Fiktionen typisch ist, können sich die zornigen „Hinterwäldler“ auch in Deliverance nicht durchsetzen – ganz anders, könnte man jedenfalls meinen, als bei den von Donald Trump gewonnenen USPräsidentschaftswahlen von 2016. Sicherlich gibt es viele Möglichkeiten, das jüngste Wahlergebnis zu erklären: eine wenig inspirierende Hillary Clinton als Kandidatin der Demokraten; die sich global ausbreitende, „populistische“ Unzufriedenheit mit Berufspolitikern; sowie unzählige weitere Ursachen, die sich auf der Mikro-Ebene verorten lassen. Zu diesen zählen auch die in verschiedenen Bundesstaaten eingesetzten Taktiken, um Wähler von der Stimmabgabe abzuhalten, russische Hackerangriffe gepaart mit der Veröffentlichung interner EMails der Demokratischen Partei sowie das bislang einmalige Eingreifen des FBIDirektors in den Schlussakt des Wahlkampfes. Ebenfalls hinzu kommt natürlich das den Wählerwillen stark verzerrende System des US-amerikanischen Wahlmännerkollegs. Die Kommentare im Nachgang der Wahl haben sich jedoch vor allem auf den „Aufstand“ der sogenannten weißen Arbeiterklasse als entscheidenden Faktor für die Wahlen eingeschossen.⁷ Als langjähriger Historiker der Arbeit und Herausgeber von Labor ‒ einer Zeitschrift, die sich mit einigem Stolz der „Forschung zur Geschichte der Arbeiterklasse“ verschrieben hat ‐ empfinde ich diese plötzliche Beachtung eines wesentlichen Elements der Geschichte der Arbeit sowohl erfreulich als auch verstörend. Erfreulich vor allem daher, weil ironischerweise gerade Akademiker (einschließlich ehemaliger Marxisten) den Subjektcharakter von Klasse, das Kernstück der in den 1960er Jahren entstandenen „New Labor History“, bereits vor langer Zeit auf den Müllhaufen der Geschichte befördert hatten. Eine der heute immer noch bedeutendsten Anthologien der „New American Histories“ aus dem Jahr 1990, deren überarbeitete Fassung im Jahr 1997 veröffentlicht wurde, begann erst mit der Wiederauflage 2011, Arbeits- und Unternehmensgeschichte zur modischeren „Geschichte des Kapitalismus“ zu verschränken. Bis zum heutigen Tag ignoriert diese Form der Geschichtsschreibung die Sozialgeschichte arbeitender Menschen.⁸ [Ich wage zu behaupten, dass der akademische Mainstream in Europa der Arbeiterklasse sogar noch früher das Vgl. die „Dueling Banjo“-Szene, abrufbar unter: https://video.search.yahoo.com/yhs/search? fr=yhs-mozilla-001&hsimp=yhs-001&hspart=mozilla&p=deliverance+banjo+scene#id=6&vid= a4761420af24850b31 228 08 c75 a3315e&action=view. Cohn (2016). Foner/McGirr (2011).
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Totengebet gesprochen hatte.] Anzumerken wäre noch, dass selbst führende Arbeitshistoriker die Nützlichkeit der Kategorisierung der „Arbeiterklasse“ als kollektiven Akteur stark in Zweifel gezogen haben. Jefferson Cowie veröffentlichte 2010 ein Buch mit dem Untertitel Die 1970er und die letzten Tage der Arbeiterklasse. Darin kam Cowie zu dem Schluss, dass nach dem Zusammenbruch der einst mächtigen Massenorganisationen und dem Niedergang der unabhängigen Gewerkschaften Ende der 1970er Jahre, „arbeitende Menschen im gesellschaftlichen Leben weniger Raum und eine sinnerfüllte Identität beanspruchen konnten als zu jedem anderen Zeitpunkt seit der industriellen Revolution“.⁹ Wenn wir den Experten jedoch Glauben schenken wollen, dann ist es nach jenen „letzten Tagen“ vor kurzem zu einer unerwarteten (und von vielen nicht gewollten) Wiederauferstehung gekommen. „Irgendwie“, so der Kommentar am 23. November 2016 in der Washington Post, die sich damit implizit dieser neuen landläufigen Ansicht anschloss, „wurden die USA von der größten demografischen Gruppe im Land komplett überrascht.“¹⁰ Wie konnte es jedoch einem bereits zu Grabe getragenen und dermaßen in Vergessenheit geratenen gesellschaftlichem Subjekt gelingen, plötzlich wiederaufzutauchen, um die politische Ordnung in den Vereinigten Staaten zu bestimmen? Es gibt an dieser Stelle sicherlich eine ebenso linguistische wie sozio-politische Betrachtungsweise, die es uns erlauben könnte, den hier auftretenden Widerspruch einzugrenzen. Ähnlich wie Bill Clintons Verteidigung im Skandal um Monica Lewinsky, ließe sich auch hier vorbringen, dass „es davon abhängt, welche Bedeutung das Wort ’Arbeiterklasse’ hat“. Als Erstes sollten wir daher einen Blick auf die Natur und die Zusammensetzung der Arbeiterstimmen bei der Präsidentschaftswahl 2016 werfen. Mangels anderer verlässlicher Daten haben Journalisten und Kommentatoren in der Vergangenheit das politische Verhalten der Arbeiterklasse (unabhängig ihrer Hautfarbe) selten im direkten Bezug zur beruflichen Aufgabe oder der Höhe des erzielten Einkommens definiert, geschweige denn durch Selbstzuschreibungen bestimmt, sondern über den behelfsmäßigen Signifikanten des Bildungsabschlusses. Für gewöhnlich fallen in die Kategorie der Arbeiterklasse Erwachsene im arbeitsfähigen Alter (25 – 64 Jahre) ohne vierjährigen Hochschulabschluss. Ungeachtet der offensichtlichen Mängel und wahrscheinlichen Verzerrungen einer solchen Betrachtung, wollen wir für den Moment einmal annehmen, dass diese statistisch relativ einfach messbare Größe (sprich, sie wird in den meisten Umfragen abgefragt und bedarf kaum einer grundsätzlichen Auslegung oder
Cowie (2010) 209. Ehrenfreund/Guo (2016).
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Anpassung) tatsächlich im Wesentlichen jene Gruppe beschreibt, nach der wir suchen.¹¹ Es scheint offensichtlich, dass Trump nicht nur die demografische Gruppe der weißen Arbeiterklasse (die rund 42 Prozent aller Wahlberechtigten ausmacht) für sich gewinnen konnte, sondern dass es zudem diese Wähler waren, die ihm den hauchdünnen Vorsprung verschafft haben, mit dem er den Sieg in den Bundesstaaten des Rust Belt („Rostgürtel“) im Mittleren Westen einfahren konnte. Waren es doch gerade diese Erfolge, die ihm die Mehrheit der Wahlmännerstimmen sicherten. Die Nachwahlbefragungen (die einzigen wirklich aussagekräftigen Wahldaten, die uns bislang zur Verfügung stehen), zeigen, dass Trump in dieser demografischen Gruppe einen Vorsprung von erstaunlichen 39 Punkten gegenüber Clinton erzielte.¹² Als traditionelles Bollwerk der Demokratischen Partei, sowohl finanziell als auch an den Wahlurnen, hielten die Gewerkschaften zwar die Stellung, erwiesen sich in Bezug auf die Klassendynamik am Ende jedoch als uneffektiv. Die Nachwahlbefragung von CNN zeigt, dass 43 Prozent der Wähler aus Gewerkschaftshaushalten für Trump stimmten, während 51 Prozent Clinton ihre Stimme gaben. Die offiziellen Gewerkschaftsverlautbarungen (die fast einhellig für Clinton ausfielen) zeigten jedoch gerade in den stark umkämpften Bundesstaaten am wenigsten Wirkung. In Wisconsin und Michigan wählten Gewerkschaftshaushalte genau 50:50, während in Ohio das Abstimmverhalten mit 49:44 Prozent sogar zugunsten von Trump ausfiel.¹³ Vor der weiteren Analyse sollten jedoch zwei Einwände Berücksichtigung finden, die das Ausmaß des von der weißen Arbeiterklasse verursachten „Erdbebens“ von 2016 etwas eingrenzen. Zum einen geht es um den Faktor Hautfarbe: Unter allen weißen Wählern erhielt Trump insgesamt nur 1 Prozentpunkt mehr als Mitt Romney, der bei den Wahlen 2012 bei den insgesamt abgegebenen Stimmen um 4 Prozentpunkte zurückgelegen hatte. Laut dem Politologen Jim Naureckas liegt dies darin begründet, dass sich „Trumps Stimmenzugewinn von 14 Prozent
Teixeira/Abramowitz (2008). Trotz des Fehlens einer überzeugenden heuristischen Alternative, gibt es Gründe, die Ausschluss-Kategorie des Bildungsabschlusses zur Definition der Arbeiterklasse abzulehnen. Neben der Tatsache, dass die Gruppe so durch eine negative Eigenschaft definiert wird, d. h. nicht durch eine Fähigkeit, sondern durch eine Unfähigkeit, ignoriert die angenommene Klassentrennung zwischen Menschen mit und solchen ohne Hochschulabschluss (wie mein Freund Jeff Sklansky mir in Erinnerung rief) die entschiedene und beständige politische Forderung und das lang zurückliegende Bedürfnis innerhalb der Arbeiterklasse, ihren Kindern Zugang zu weiterführender Bildung zu gewähren. Und in der Tat standen genau solche Forderungen im Zentrum des New Deals und der Gewerkschaftspolitik. Ehrenfreund/Guo (2016). Greenhouse (2016); McIntosh (2016).
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unter Weißen ohne Hochschulabschluss und sein Verlust von 10 Prozent bei Weißen mit Hochschulabschluss beinahe die Waage hielten“.¹⁴ In der Tat lässt sich auf solider statistischer Grundlage argumentieren, dass die Stimmen der weißen Arbeiterklasse keinen derartigen Unterschied ausgemacht hätten, wäre die Basis der multikulturellen Obama-Koalition von 2012 im Jahr 2016 in ähnlich entschlossener Weise angetreten. Diese Gruppen haben zwar weiterhin klar für die demokratische Kandidatin gestimmt, doch gegenüber dem Ergebnis der Wahl Obamas, der 2012 gegen Romney angetreten war, verlor Clinton 7 Prozentpunkte bei afroamerikanischen Wählern, 8 Prozent bei den Latinos und 11 Prozent bei Wählern asiatischer Herkunft.¹⁵ Darüber hinaus verlor Clinton bei den Jungwählern (18 bis 29 Jahre) 5 Prozentpunkte gegenüber Obamas Erfolg gegen Romney im Jahr 2012 und sogar 11 Prozent gegenüber Obamas Erdrutschsieg gegen McCain im Jahr 2008. Angesichts dieser nachlassenden demokratischen Mehrheiten konnte Clintons Zugewinn von einem Prozentpunkt unter Wählerinnen im Vergleich zu Obamas Ergebnis die sonstigen Verluste nicht kompensieren.¹⁶ Angesichts dieser Überlegungen ließe sich, obgleich dies nicht im Fokus dieses Beitrags steht, argumentieren, dass eine demokratische Kandidatin oder ein Kandidat, der die junge, multikulturelle, überwiegend weibliche und an der Universität ausgebildete Parteibasis entsprechend motiviert hätte, den Trump-Effekt bei diesen Wahlen durchaus hätte überwinden können.¹⁷ Der zweite Einwand betrachtet das von der weißen Arbeiterklasse verursachte „Erdbeben“ von 2016 innerhalb eines längeren Zeitrahmens. Denn ungeachtet der Sturm- und Drangphase 2016 lässt sich bereits seit Längerem beobachten, dass die einst mächtige New-Deal-Koalition und insbesondere ihr Herzstück, die – ursprünglich sowohl Weiße als auch Schwarze umfassende – Arbeiterbasis in Auflösung begriffen sind. Fakt ist, dass die Demokratische Partei bereits vor einiger Zeit begonnen hat, ihre Wählerbasis unter den weißen Arbeitern zu verlieren. Bei den drei zurückliegenden Präsidentschaftswahlen, angefangen mit der Wahl 2004 (George W. Bush gegen John Kerry), schnitten die demokratischen Kandidaten bei weißen Wählern ohne Hochschulabschluss jeweils im Durchschnitt um 22 Prozent schlechter ab als die republikanische Konkurrenz. Vor Hillary Clinton war es Barack Obama selbst, der 2012 mit einem Rückstand von 26 Prozentpunkten für das bis dato schlechteste Ergebnis unter diesen Wählern gesorgt hatte.¹⁸ Wenn wir den Trump-Effekt auf das Abstimmverhalten weißer
Naureckas (2016). Tyson/Maniam (2016). Ebd. Holland (2016). Teixera/Halpin (2014).
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Arbeiter begrenzen wollen, dann können wir von einem Abstand von etwa 14 Prozentpunkten ausgehen, der sich in dieser demografischen Gruppe seit 2012 manifestiert. Kurz gesagt handelt es sich beim Niedergang der US-amerikanischen weißen Arbeiterklasse weniger um ein plötzliches Abrutschen als um einen längerfristigen und langanhaltenden Rückgang. Sowohl in den Kampagnen von Trump als auch von Sanders wurde dieser Niedergang mit den Auswirkungen der Globalisierung in den 1990er Jahren in Verbindung gebracht, die in den Vereinigten Staaten für gewöhnlich mit NAFTA (1994) assoziiert werden. Dies wurde durch Trumps direkte Ansprache der „vergessenen“ Menschen und der von ihm so umworbenen „schlecht Ausgebildeten“ nur noch weiter unterstrichen. Es war der unabhängige Präsidentschaftskandidat Ross Perot, der als erster äußerst eloquent Alarm schlug und darauf hinwies, welch „gigantisches Sauggeräusch“ im Zeitalter des globalen Freihandels aus Mexiko (und implizit aus anderen Produktionszentren in der Dritten Welt) zu hören sein würde. Der Basislohn in der USamerikanischen Produktion betrug zu Beginn von NAFTA 15 USD/h, im Gegensatz zum Durchschnittslohn von etwas mehr als 1 USD/h in den mexikanischen Produktionsstätten nahe der Grenze. Ein Gewerkschafter versuchte die Freihandelszone USA/Mexiko zu veranschaulichen, indem er sie mit einer imaginären Grenze um die Stadt Chicago verglich, wobei „der US-Mindestlohn und die Gesetze zur Kinderarbeit innerhalb der Stadtgrenze nicht gelten würden, Arbeitsschutzvorschriften nicht länger beachtet werden müssten, weder Arbeitsunfallversicherung noch Arbeitslosengeld gezahlt würden und Umweltschutzauflagen ignoriert werden könnten“.¹⁹ Und es gibt sicherlich mehr als genügend ganz reales Leid sowie ein berechtigtes Gefühl von herrschenden Missständen. Interessanterweise stimmt die aktuelle Darstellung der weißen US-amerikanischen Arbeiterklasse von links und von rechts in einigen zentralen Punkten überein. In seiner Studie Coming Apart: The State of White America 1960 – 2010 aus dem Jahr 2012 sorgt sich der ultrakonservative Politologe Charles Murray folgerichtig um das aktuelle Schicksal der weißen Arbeiterklasse. Murray, Co-Autor des umstrittenen Werks The Bell Curve, das sich mit der Erforschung von „rassebedingten“ Unterschieden menschlicher Intelligenz befasst, beobachtet in den letzten Jahrzehnten in seinem statistischen Konstrukt zur Lage der Arbeiter in Fishtown, einem Ortsteil von Philadelphia, einen „jähen Rückgang des sozialen Kapitals“. Konkret sieht er Kriminalität, Arbeitslosigkeit und unehelich geborene Kinder, die er und andere einst als Krankheitsbilder einer schwarzen Unterklasse zugeschrieben hatten, in großem
Fink (1993).
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Umfang auch in der weißen Bevölkerung angekommen. Die Arbeiterklasse, so wie er sie definiert, ist sowohl sozial als auch zivilgesellschaftlich abgehängt, was er an den drastisch fallenden Zahlen von Eheschließungen, Kirchenbesuchen und an der sinkenden Wahlbeteiligung abliest. Nur wenige Jahre vor dem TrumpPhänomen waren die Zukunftsaussichten laut Murray düster: „Das Rohmaterial, durch das Gemeinschaft überhaupt erst möglich wird, hat so sehr nachgelassen […], dass die Situation vielleicht nicht mehr zu retten ist.“²⁰ Obgleich sie ihren Forschungssubjekten aus dem Südwesten Louisianas mehr Sympathie entgegenbringt, ähnelt das Bild, das Arlie Hochschild, Soziologie-Professorin in Berkeley, von den Tea-Party-Wählern im Südwesten Louisianas zeichnet, der Wahrnehmung eines sozio-kulturellen „Zusammenbruchs“. In einer nach den Wahlen in The New Republic erschienenen Zusammenfassung ihres kürzlich veröffentlichten Buchs Strangers in Their Own Land schreibt Hochschild: „Arbeiter zahlen einen hohen Preis für ihren Mangel an Möglichkeiten. […] Die Sterblichkeitsrate unter Weißen ohne Hochschulabschluss ist für die Altersgruppe zwischen 45 und 54 Jahren seit 1999 um 22 Prozent angestiegen. Die Sterblichkeitsrate für Personen mit Hochschulabschluss ist im selben Zeitraum hingegen gesunken. In einer weiteren Studie entdeckte der Journalist Jeff Guo eine Korrelation zwischen Landkreisen (Counties) mit einer höheren Anzahl vorzeitiger Todesfälle unter Weißen mittleren Alters – oft hervorgerufen durch Alkohol, Drogenmissbrauch und Suizid – und der Unterstützung für Donald Trump.“²¹
Die Entfremdung der weißen Arbeiterklasse von der Demokratischen Partei begann allerdings lange vor NAFTA. Tatsächlich lässt sich, wenn es um die politische Orientierung von Weißen aus der Arbeiterschicht im 20. und 21. Jahrhundert geht, dieser Zeitraum grob in zwei Phasen unterteilen: In der ersten Phase (1932– 1967) wurde die New-Deal-Koalition geschmiedet, und in der zweiten Phase (1968 – 2016) halfen die Arbeiter dabei, einen „rein weißen Block“ zu bilden. Die New-Deal-Koalition, die während der Präsidentschaft von Franklin D. Roosevelt in der Zeit der großen Depression ihren Anfang nahm, ist sowohl implizit als auch explizit allzu lange als quasi-sozialdemokratische „Norm“ für das Wahlverhalten von Arbeitern angesehen worden, die aber von anderen Strukturen irgendwie untergraben oder übernommen worden ist. Die New-Deal-Koalition war auf jeden Fall beeindruckend – solange sie bestand. Indem sie Gewerkschaften, Arbeiter, ethnische Minderheiten (z. B. Juden und Katholiken), Menschen nicht-weißer Hautfarbe (zunächst Afroamerikaner, später auch Latinos) und den Klientelismus der großen Städte mit dem traditio-
Murray (2012) 247. Hochschild (2017).
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nell „soliden Süden“ zusammenbrachte, gelang es der Demokratischen Partei, lange Zeit die dominierende Partei zu sein – mit Ausnahme der dem Kalten Krieg geschuldeten Präsidentschaft von Dwight Eisenhower, der es ostentativ unterließ, innenpolitische Initiativen seiner unmittelbaren Vorgänger im Amt zurückzunehmen. Und in der Tat versuchte Lyndon B. Johnson im Jahr 1964, auf einer Welle aufblühenden Wohlstands reitend, den Rooseveltschen New Deal mit einer Reihe neuer Regierungsprogramme zu erweitern. Ziel dieser Programme war ein „Krieg gegen die Armut“, bis schließlich der echte Krieg in Vietnam in Kombination mit den Rassenunruhen in den Vereinigten Staaten dazu führte, dass Johnson, der lange Zeit als unüberwindbares politisches Schwergewicht gegolten hatte, einen verheerenden Absturz erlitt. In den Jahren des New Deal konsolidierte sich eine erstmals wirklich organisierte Arbeiterklasse durch den Auftritt der Industriegewerkschaft CIO mit ihren militanten Arbeitskämpfen, wie dem Flint-Sitzstreik, aber auch der Erweiterung des traditionelleren AFL-Dachverbands der Handwerkergewerkschaften. Die nach dem Zweiten Weltkrieg entstandenen Gewerkschaftsverbände erreichten damals ein historisches Hoch und vertraten etwa 35 Prozent der nicht-landwirtschaftlichen Arbeitskräfte und umfassten beinahe alle Schlüsselindustrien des Landes. Wie der Historiker Richard Jensen hervorhebt, bestand während dieser Jahre „ein Zusammenhang zwischen politischem Liberalismus […] und Klasse; die Armen waren liberaler, die Besserverdienenden konservativer“. 82 Prozent der Wähler, die 1936 von Fürsorge und staatlichen Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (relief) abhängig waren, hatten im Jahr 1932 für Roosevelt gestimmt.²² Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang, dass die CIO, deren Beiträge zu Roosevelts Wahlkampagne die Gewerkschaftsunterstützung früherer Zeiten weit in den Schatten stellte, 1944 in Roosevelts Auftrag das erste politische Aktionskomitee (PAC) gründete. Selbst nach Roosevelt gehörten jene, die keinen Hochschulabschluss hatten, zu den loyalsten Mitgliedern der Demokratischen Partei. Im Zeitraum 1948 – 1964 erreichte die Partei Mehrheiten von bis zu 65 Prozent unter jenen, die Trump freudestrahlend die „bildungsfernsten Schichten“ nennen würde, das heißt, diejenigen, die nur über einen Grundschulabschluss verfügen.²³ Auch der Produktionssektor gehörte stets zu den verlässlichsten Wirtschaftssektoren der Demokraten, wo sie unter den Gewerkschaftsmitgliedern Mehrheiten von 60 bis 70 Prozent erreichten. Zum Höhepunkt der zweiten Welle der New-Deal-Koalition 1964 – als sich zu steigenden Löhnen auch eine wegweisende Verbesserung der Bürgerrechte gesellte – erreichte Lyn-
Jensen (1981) 204 und 212. Wahlumfragen von Gallup – Präsidentschaftsvotum nach Gruppen, 1952– 2012, abrufbar unter: http://www.gallup.com/poll/139880/election-polls-presidential-vote-groups.aspx
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don B. Johnson Umfragewerte von 77 Prozent unter Gewerkschaftsmitgliedern und 71 Prozent unter allen Beschäftigten im Produktionssektor; nur unter Afroamerikanern konnten die Demokraten eine breitere Mehrheit vorweisen, nämlich satte 94 Prozent aller Stimmen.²⁴ Im Rückblick erscheint es sinnvoller, die zwölf Jahre von 1968 bis 1980 – und nicht jene Jahre seit 2000, geschweige denn das Jahr 2016 – als kritische Phase zu begreifen, in der die weiße Arbeiterklasse mit ihrem vermeintlich sozialdemokratischen Erbe gebrochen hat. Der Einbruch der Stimmen weißer Wähler ohne Hochschulabschluss von 55 Prozent in den Jahren 1960 – 64 (Kennedy/Johnson) auf 35 Prozent in den Jahren 1968 – 72 (Humphrey/MacGovern) belief sich auf drastische 20 Prozent. Die Politologen Ruy Teixera und Alan Abramowitz kommen auf Grundlage dieser Daten zu dem Schluss: „Die Demokraten waren nicht länger die Partei der weißen Arbeiterklasse.“²⁵ Gewiss gab es eine Vielzahl von Gründen für diese Entwicklung. Verschiedene bürgerrechtliche Initiativen aus jener Zeit befeuerten die Wut und die Ressentiments unter den Weißen. Hierzu gehörten die verwaltungsrechtliche Durchsetzung von Abschnitt VII des Civil Rights Acts von 1964 gegen die Diskriminierung am Arbeitsplatz und die als Mittel zur Aufhebung der Rassentrennung in den städtischen Schulen gedachte Unterstützung der Busbeförderung von Schulkindern in andere Bezirke durch die Gerichte. In noch größerem Maße traf dies auf die Ghetto-Unruhen 1965 in Watts und 1967 in Detroit und Newark zu und später dann auf die landesweiten Aufstände aufgrund der Ermordung von Martin Luther King am 4. April 1968. Darüber hinaus führte der Vietnamkrieg einen neuen Generationenfaktor ein, der die Verortung sowohl hinsichtlich der eigenen Klassenzugehörigkeit als auch der politischen Einstellung beeinflusste. Obwohl sie keinesfalls für die Gesamtheit der Wähler der Arbeiterklasse standen (die in der Frage der Kriegsbeteiligung gespalten war), zeigten die Demonstration von Bauarbeitern in New York sowie die Angriffe auf Antikriegsdemonstranten im Frühjahr 1970 (mit Schildern, auf denen zu lesen stand „Gott segne das Establishment“ und „Wir unterstützen Nixon und Agnew“), den emotionalen Bruch innerhalb der Koalition.²⁶ In ähnlicher Weise luden dann die Spannungen angesichts der Kriegsfrage sowie der soziokulturelle Riss, der durch die Demokratische Partei ging, die Republikaner praktisch dazu ein, den demokratischen Kandidaten George McGovern als „Triple-A“-Kandidaten zu bezeichnen: „Acid, Amnesty, Abortion“ (LSD, Amnestie und Abtreibung). Diese Entwicklungen halfen bei der Wiederwahl Nixons mit stattlichen 70 Prozent der
Ebd. Teixeira/Abramowitz (2008) 10. Cowie (2010) 135.
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Stimmen der weißen Arbeiterklasse. Um das Jahr 1980 herum bewirkte der ökonomische Wandel, einst das entscheidende Bindemittel einer von Hautfarben unabhängigen Mehrheitskoalition der Arbeiterklasse, das genaue Gegenteil. Die Stagflation (gleichzeitige Inflation und Arbeitslosigkeit), die am Ende der BoomÄra hereinbrach, ließ liberale Parlamentarier ohne ihre todsicher geglaubten keynesianischen Instrumente zurück. Die weiße Gegenreaktion, die im vorausgegangenen Jahrzehnt ihren Anfang genommen hatte, stemmte sich weiter gegen die sogenannte „Politik der Steuern und Ausgaben“ (tax and spend), mit der üblicherweise die Wohlfahrtsmaßnahmen für Minderheiten in den Stadtzentren assoziiert wurden. Von Kalifornien aus setzte sich Ronald Reagan dann an die Spitze eines weißen, klassenübergreifenden Steueraufstands, der ihn schließlich ins Weiße Haus beförderte. Mit einem Vorsprung von 25 Prozentpunkten gegenüber seinen demokratischen Kontrahenten (Carter und Mondale) verdeutlichten Reagans Siege von 1980 und 1984, wie sich die politischen Verhältnisse und Loyalitäten geändert hatten.²⁷ Wenn von der (mysteriösen) weißen Arbeiterklasse die Rede ist, klingen die journalistischen Obduktionen im Nachgang der Wahl von 2016 sehr nach Neuauflagen der Erkenntnisse von 1980. In den 1970er Jahren führte die New York Times wiederholt Interviews mit einem Automobilarbeiter aus Detroit namens Dewey Burton – als Indikator für die wachsenden Spannungen innerhalb der alten New-Deal-Koalition. Als langjähriges Mitglied der Demokratischen Partei, das 1972 noch dem Ratschlag der Gewerkschaftsführer gefolgt war, für George McGovern zu stimmen, war er zunehmend erzürnt über die von Gerichten angeordneten Schulbusfahrten zur Überwindung der Rassentrennung sowie über die stetig ansteigenden Steuern. Um 1976 fühlte er sich bereits von dem seiner Auffassung nach frischen und freimütigen Geist des kalifornischen Gouverneurs Ronald Reagan angesprochen. Und um 1980 herum war er wie viele seiner Nachbarn bereit, Teil der „Reagan-Demokraten“ zu werden. „Carter hatte vier Jahre Zeit“, sagte Burton. „Er hat es nicht geschafft, das Land zu stabilisieren. Ich will nicht noch mehr Versprechungen. Lass mich zur Abwechslung mal die Versprechungen von jemand anderem ausprobieren.“ Inmitten einer Wirtschaft, die von Stagflation und Energiekrisen geplagt war, traf Reagans Wahlkampfslogan „Let’s Make America Great Again“ (ein Motto, das 2016 erneut Verwendung fand) einen Nerv. Jefferson Cowie analysierte das Dewey-Burton-Phänomen folgendermaßen:
Eine umfassende Analyse der politischen Auswirkungen der Klassen- und Rassenspannungen innerhalb einer Gemeinde findet sich in: Durr (2003).
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„Zu einer Zeit, da der traditionelle Bündnispartner der Arbeiterklasse, die Demokratische Partei, den arbeitenden Menschen nur wenig materielle Sicherheit bot, versprach Ronald Reagans Neue Rechte eine Rückkehr zu den glorreichen Zeiten, getragen von einem moralischen Gerüst auf der Grundlage von Patriotismus, Gott, Hautfarbe, Patriarchat und Nostalgie für die Gemeinschaft.“²⁸
Heute, 36 Jahre später, erklingt inmitten der politischen Berichterstattung aus der Bergbauregion der Appalachen ein ähnliches Credo. Einem Bericht zufolge betonten Trump-Unterstützer „immer wieder, dass, obgleich die Kohle vielleicht nie wieder das sein würde, was sie einmal war, der Geschäftsmann, dem sie dabei geholfen hatten ins Weiße Haus einzuziehen, ihnen dennoch zu Arbeit verhelfen könne – wenn nicht im Bergbau, dann in einer anderen industriellen Branche“. „Wir sind die Vergessenen“, so beschreibt die Lokalunternehmerin Natalie Taylor die Situation ihrer Heimatstadt, aus der in den letzten zwei Jahrzehnten mehr als ein Viertel der Bewohner weggezogen sind: „Er erwähnt West Virginia, er erwähnt die Kohlekumpel, und mehr musste er nicht tun, um sich unsere Unterstützung zu sichern.“²⁹ Der Vergleich zwischen der weißen Arbeiterrevolte von 1980 und der von 2016 ist, um es mit Yogi Berra, dem unvergleichlichen Catcher des Baseballteams New York Yankees zu sagen, „schon wieder wie ein Déjà-vu.“ Ungeachtet seiner sich ändernden Gestalt und des scheinbaren Anwachsens, bleibt dennoch die Frage offen, was von diesem beachtenswerten Block republikanisch wählender, weißer Arbeiter zu halten ist. Als allererstes gilt es vielleicht die Frage der „Klasse“ zu klären. Verfügen diese Wähler tatsächlich über eine authentische „Klassenidentität“ oder haben sie sich – in einer Phase einer zerklüfteten Gewerkschaftslandschaft und der damit einhergehenden gewerkschaftlichen Schwäche – von einer klassenbasierten Identität und Solidarität nachhaltig verabschiedet und sich anderen, kraftvolleren identitätsstiftenden Signifikanten zugewandt, wie etwa Hautfarbe, Religion, Maskulinität und/oder Nativismus? Genau das scheint Cowie mit seiner provokativen Anspielung auf „die letzten Tage der Arbeiterklasse“ zu meinen: Aus einer gewissen Perspektive lässt sich der Zusammenbruch der New-Deal-Koalition (mitsamt ihres wichtigsten Motors, der organisierten Arbeiterbewegung) als der buchstäbliche Tod einer sozialen Identität der Arbeiterklasse deuten. Indem er The Hidden Injuries of Class zitiert, einen von Richard Sennett und Jonathan Cobb verfassten Klassiker der Soziologie von 1972, fasst Cowie das Thema so zusammen: „Während sich Klasse in Ethnizität und Ressentiments auflöst, wird Ungleichheit nicht länger als kollektive Verantwortung, sondern als persönliches Schicksal begriffen. […] Dies Dewey Burton, zitiert in: Cowie (2010) 13 und 16. Stolberg (2016).
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stellt die ’Internalisierung’ des Klassenkonflikts dar, also den Prozess, durch den der Kampf zwischen Menschen zu einem Kampf in jedem Menschen wird.“ Ihmzufolge erklärt dieser „innere Klassenkampf“, auf welche Weise Figuren wie George Wallace, Richard Nixon und Ronald Reagan die Arbeiter in ihren Bann ziehen konnten, indem sie ihnen „seelischen Balsam für ihren verletzten Stolz“ boten.³⁰ In vielerlei Hinsicht entwickelt Thomas Frank in seinem viel beachteten Buch What’s the Matter with Kansas? How Conservatives Won the Heart of America (2004) eine vergleichbare These. In seiner Analyse konzentriert er sich auf die Vormachtstellung konservativer Republikaner, die schließlich zu einem überwältigenden Sieg von George W. Bush im Jahr 2000 in seinem Bundesstaat führte. Frank kommt zu der Schlussfolgerung, dass die kulturelle Identität unter einfachen Leuten stets wichtiger gewesen sei als ökonomische Gruppeninteressen. Vor nicht allzu langer Zeit [schreibt er], als Unternehmen die Bauern und Arbeiter betrogen – indem sie monopolistische Strategien einsetzten, die invasiver waren als alles, was sich die Populists [sprich, die Bauernrevolte von 1890] je hätten vorstellen können, als sie die Kapitaleigner ausnahmen und beiläufig Tausende in die Arbeitslosigkeit entließen – war eigentlich glasklar, was passieren würde. Nicht so heute. Hier draußen weist die schiere Unzufriedenheit nur in eine Richtung: nach rechts, nach rechts und nochmals nach rechts. Nimm den heutigen Bewohnern von Kansas die Arbeitsplatzsicherheit und sie lassen sich garantiert als republikanische Wähler registrieren. Nimm ihnen ihr Land und als nächstes protestieren sie vor Abtreibungskliniken. Verprasse ihre Ersparnisse für die Maniküre von CEOs und es besteht eine realistische Chance, dass sie der [rechtsgerichteten, Anm. d. Ü.] John Birch Society beitreten. Aber frag sie zu den Ansätzen, die ihre Vorfahren verfolgt haben (Gewerkschaften, Kartellrecht, öffentliches Eigentum), und du könntest dich ebenso gut auf die Zeit beziehen, als das Rittertum modern war.³¹
Neben seinen Überlegungen, wonach die Wähler der Arbeiterklasse mit kulturell kontroversen und spaltenden Themen von ihrem eigentlichen Interesse des wirtschaftlichen Wohlergehens abgelenkt werden, argumentiert Frank, dass die Demokratische Partei „entweder die ökonomische Agenda der Konservativen längst akzeptiert hat oder so wahrgenommen wird, als ob sie dies längst getan hätte. In jedem Fall sind die wirtschaftlichen Fragen damit praktisch vom Tisch, wohingegen soziale Themen in den Vordergrund rücken“.³² Aus einer solchen Perspektive sind die Identitätskategorien „Klasse“ und insbesondere „Arbeiterklasse“ in jedem konventionellen Sinn als „nützliche Ka-
Cowie (2010) 217. Frank (2004) 67– 68. Frank (2005).
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tegorie der historischen Analyse“ praktisch verschwunden, um es mit Joan Scotts Formulierung auszudrü cken. Die Personengruppe, die im populären Diskurs weiterhin mit dem Begriff „Arbeiterklasse“ oder gar „weiße Arbeiterklasse“ bezeichnet wird, sollte eher als inkorrekte und irreführende Nachahmung zurückgewiesen werden: Diese von den kollektiven Lebensformen der historischen Arbeiterklasse losgelöste Neubildung sollten wir daher vielleicht lieber die „weiße Zombie-Arbeiterklasse“ nennen. Damit würde einer der prominentesten Figuren der modernen Popkultur immerhin ein weiterer Signifikant hinzugefügt werden: Das Bild des willenlosen, bewegten Leichnams bevölkert nicht nur Filme und TVSerien wie The Walking Dead, sondern wurde bereits mitten in der Krise seit dem Zusammenbruch der Finanzmärkte nach 2008 im Konzept des „Zombie-Kapitalismus“ aufgegriffen.³³ Interessanterweise hatte schon Barack Obama während seiner ersten Präsidentschaftskampagne im Jahr 2008 die Grundannahmen verinnerlicht, die das unvermeidlich falsche (Klassen‐)Bewusstsein einer ZombieKlasse bestimmen. Bei dem Versuch, die damaligen Schwierigkeiten seitens der Demokraten zu erklären, weiße Wähler mit niedrigem Einkommen zu erreichen, sprach Obama von denen, die „nicht über Wirtschaftsfragen abstimmen, weil sie nicht erwarten, dass ihnen jemand helfen wird“. Und er fügte hinzu: „Deswegen stimmen die Leute schließlich über Themen wie Waffen ab und über das Recht, Waffen zu tragen. Sie wählen wegen der gleichgeschlechtlichen Ehe. Und sie suchen Zuflucht in ihrem Glauben, ihrer Community und bei ihren Familien und den Dingen, auf die sie zählen können. Aber sie glauben nicht, dass sie auf Washington zählen können.“³⁴
Es gibt jedoch ein weiteres Problem mit der Zombie-Hypothese bzw. der mit dem Tod der Arbeiterklasse. Das Problem wird deutlich, wenn man sich die Wählermotivation der letzten Wahlen genau anschaut, und noch deutlicher, wenn man die politischen Muster unter die Lupe nimmt, die heute nicht nur die Situation in den USA, sondern auch in ganz Europa bestimmen. Larry M. Bartels, ein Politologe aus Princeton, ließ in einer Reihe kritischer und sogar kampfeslustiger Wortwechsel mit Thomas Frank (von denen ich hier nur einen einzelnen Punkt herausgreifen möchte) verlauten, dass sich die vorgeblich wertorientierten, kulturell und psychologisch getriebenen Wähler ohne Hochschulabschluss in den
Vgl. http://www.forbes.com/sites/allenstjohn/2014/10/13/the-walking-dead-season-5-premierebreaks-ratings-record-as-the-most-watched-cable-show-of-all-time/#e4da3c572b81; http://www. academia.edu/2191848/_Zombie_Narratives_Critics_on_Capitalism_from_Dawn_of_the_Dead_to_ Resident_Evil_; Zombie-Kapitalismus, abrufbar unter: http://socialistreview.org.uk/338/zombie-ca pitalism. Barack Obama zitiert in: Bartels (2008).
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Jahren 2005 – 2006 letztendlich doch auf wirtschaftliche Fragen konzentrierten. In den Umfragedaten des American National Election Studies (NES), einem gemeinsamen Projekt der Universitäten Stanford und Michigan, findet Bartels keinen Beleg dafür, dass weiße Wähler ohne Hochschulabschluss „sich stärker auf soziale und kulturelle Fragen denn auf grundlegende wirtschaftliche Fragen stützen“. Stattdessen – und das ist vielleicht besorgniserregender als die scheinbaren „Klassenverräter“ als Zombies zu brandmarken, die wie dressierte Hunde durch Themen wie Abtreibung, Waffenkontrolle, gleichgeschlechtliche Ehe und Migration von ihren eigentlichen Interessen abgelenkt würden – stimmten die republikanisch wählenden Arbeiter in der Tat fast geschlossen mit der Haltung der Republikanischen Partei zu Fragen wie der überein, welche Ausgaben und welche Aufgaben der Staat übernehmen sollte. In der Tat äußerten etwa „60 bis 85 Prozent der Wähler, die Unterschiede zwischen ihrer und der Haltung der Demokratischen Partei erkannten, zu jedem dieser Wirtschaftsthemen, dass die Demokratische Partei zu liberal, nicht zu konservativ sei“.³⁵ Zugegebenermaßen mögen sich Bedeutung und Stellenwert solcher Fragen seit der Analyse von Bartels 2006 bis heute verändert haben. Der wesentliche Punkt dieses Ansatzes jedoch wurde bei der jüngsten Wahl wohl weiter bestätigt. Unbeeindruckt von den republikanischen Kandidaten, die bei den Vorwahlen stärker auf „Familienwerte“ setzten (insbesondere Ted Cruz, Ben Carson, Rick Santorum, Mike Huckabee), haben Trumps Fans aus der Arbeiterklasse sich freudig für einen zweifach geschiedenen Kandidaten entschieden, der sich noch vor ein paar Jahren für Familienplanung und das Recht auf Abtreibung eingesetzt hatte. Es ging ihnen offenkundig um Jobs - insbesondere in der Industrie - sowie um einen allgemeinen Wirtschaftsaufschwung. In diesem Sinne waren sie – zumindest aus der Logik der Wahlkampfrhetorik – bereit, sich Trumps „Lösungen“ zur Eindämmung der Migration („Baut die Mauer!“) und einem Ende der Freihandelsabkommen anzuschließen. Es handelt sich also weniger um die Abwendung von klassenorientierten Wirtschaftsargumenten, als um das lautstarke, wenn auch substanziell minimalistische Programm eines ökonomischen Nationalismus. Trumps Arbeiterwählerschaft vertritt eine bestimmte Version des weißen Arbeiterkonservatismus – eine Version, die am ehesten als rechter Populismus zu bezeichnen ist.³⁶ Wie der Autor John Judis scharfsinnig in Bezug auf die jüngsten populistischen Aufstände in den Vereinigten Staaten und Europa bemerkte, ist „der linke Populismus dyadisch“ (d. h. die Bevölkerung steht einer Elite bzw. dem Establishment gegenüber), „rechter Populismus jedoch triadisch.
Bartels (2006) 204 und 222. Die beste Analyse zum Thema findet sich in: Judis (2016).
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Denn er blickt nach oben, aber auch nach unten, auf eine Gruppe herab, die nicht dazu gehört“. Sicher trifft dies auf den Populismus à la Trump zu, der eine weit verbreitete Wut, die der Demokrat Bernie Sanders gegen die Wall Street gelenkt hatte, nun geschickt gegen Muslime, Mexikaner und andere dienliche Ziele wandte. Kurzum, es ist der Partei von Franklin D. Roosevelt im Laufe der Zeit nicht gelungen, sich an die Herausforderungen einer im Wandel begriffenen Weltwirtschaft anzupassen – es gab keine Industriepolitik, keine effektive Eingrenzung der Finanzialisierung, keine Verbesserung der Lebensqualität für die meisten Familien in den Bereichen Bildung, Gesundheitsversorgung oder Kinderbetreuung –, wodurch den Demokraten die Loyalität eines großen Teils ihrer langjährigen Basis unter weißen (und insbesondere weißen und männlichen) Arbeitern verloren ging.³⁷ Mit dem weiteren Anstieg der Regierungsausgaben und der entsprechend steigenden Steuerlast verlor auch der regulatorische Wohlfahrtsstaat – der Dreh- und Angelpunkt der Demokratischen Partei des New Deal, der nun von den rechtsgerichteten Medien und Unternehmensinteressen unter Dauerbeschuss genommen wurde – unter weißen Arbeitern immer mehr an Legitimität. Unterdessen hat sich der Charakter der Arbeiterklasse an sich radikal verändert, ebenso wie sich die Behörden und die Regierungsstrukturen rings um die Arbeiterklasse verändert haben. Ab den 1960er Jahren trat die Produktion ihren Rang als wichtigster Wirtschaftssektor an den Dienstleistungs- und den öffentlichen Sektor ab. In der Produktion gingen seit den 2000er Jahren mehr Arbeitsplätze verloren, als durch den Aufbau des Gesundheitswesens sowie im Bildungssektor und in anderen Bereichen entstanden sind. Die post-industrielle Erwerbsbevölkerung ist deutlich weiblicher geprägt und zählt mehr Zuwanderer lateinamerikanischer und jüngst auch asiatischer Herkunft. Das weltweit größte Unternehmen im Jahr 1965 war General Motors mit mehr als 600.000 Beschäftigten allein in den USA. Die Arbeiter waren zum größten Teil männlich, bis zum Zweiten Weltkrieg ausschließlich weiß, bis in die 1960er Jahre hinein dann etwas gemischter. Sie hatten größtenteils „gewerkschaftlich organisierte Arbeitsplätze mit einem anständigen Gehalt, guten Arbeitgeberleistungen und angemessener Sicherheit“.³⁸ Sie bildeten gleichzeitig das Rückgrat der lange dominierenden Demokratischen Partei in Michigan. Seit 1979 ist die Zahl der Arbeitsplätze in der Produktion landesweit um 36 Prozent gefallen und insgesamt gingen trotz einer
Vgl. Stein (2010). Rosin (2012); Thomas Sugrue, zitiert in: Sawyers (2008).
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rapide steigenden Bevölkerungszahl 8 Millionen Stellen verloren.³⁹ Allein in den 1980er Jahren sank die Zahl der Beschäftigten in der Stahl- und Elektrobranche ebenso wie im Maschinenbau um die Hälfte; in der Textil- und Bekleidungsindustrie gingen zwei Drittel aller Arbeitsplätze verloren. Die Belegschaft von General Motors umfasst heute nur noch zwei Fünftel der Beschäftigten von 1955. Seitdem sind vor allem im Dienstleistungssektor und im Einzelhandel neue Jobs entstanden, die zwar mehr Beschäftigungsmöglichkeiten für Frauen bieten, jedoch niedrigere Gehälter und keine Vollzeitanstellung vorsehen.⁴⁰ Da versteht es sich fast von selbst, dass die Mitgliedschaft in Gewerkschaften, die durch den Arbeitsplatzverlust ihrer Mitglieder sowie durch feindselige und aggressive Arbeitergeber geschwächt sind, rapide abgenommen hat und seit 1955 von 35 Prozent auf bloße 11 Prozent gesunken ist. Gewerkschaftlich organisierte Angestellte finden sich heute vor allem im öffentlichen Sektor. Staaten wie Wisconsin (der für den Wahlerfolg von Trump von entscheidender Bedeutung war) haben zudem die Verhandlungsmacht der Gewerkschaften erheblich beschränkt bis hin zur Bedrohung ihrer finanziellen Existenz. Das größte Unternehmen der Welt ist heute mit 2,3 Millionen Beschäftigten weltweit, davon allein 1,5 Millionen in den USA, der Einzelhandelsriese Walmart. Das dezidiert gewerkschaftsfeindliche Unternehmen wurde 1962 in Bentonville, Arkansas, gegründet. Es schwor seine Angestellten bereits früh auf eine sogenannte „Associate“-Kultur (durch Beteiligung der Arbeitnehmer am Unternehmen) ein, mit „Associate“-Versammlungen im Stadionformat (evangelikalen Erweckungszeremonien nicht unähnlich), die den Fokus auf individuelle Mobilität sowie auf einen strengen Service-Gedanken im Unternehmen legt. Im Gegensatz zur alten Automobilindustrie sind 57 Prozent der Beschäftigten bei Walmart und mehr als ein Drittel des Aufsichtspersonals Frauen. Im Zuge seiner Strategie von Niedrigpreisen für Konsumenten hat das Unternehmen die Ausgaben für seine Angestellten radikal gekürzt. Die Unternehmensregeln sehen keine bezahlten Überstunden vor und lange Zeit bevorzugte das Unternehmen zudem Leiharbeiter. Gleichzeitig wird die Anzahl der Vollzeitstunden häufig unter dem Niveau gehalten, das die Arbeiter für Gesundheits- und weitere Leistungen qualifizieren würde. Viele Walmart-Angestellte sind daher von staatlich subventionierten Lebensmittelgutscheinen abhängig.⁴¹ Politisch geht es für die Arbeiterbewegung in den USA und sicherlich auch für die Demokratische Partei darum, ob es ihnen gelingt, die heutige, wütende weiße
Edsall (2016). Rosin (2012). Lichtenstein (2006) 3 – 30.
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Arbeiterklasse – besonders in Kleinstädten und ländlichen Gebieten – zu erreichen, und falls ja: wie? Oder sollten sich die progressiven Kräfte lieber auf die demografische Entwicklung verlassen, sich den Frauen, der Jugend und der neuen multi-ethnischen Arbeiterklasse zuwenden und einfach abwarten, dass die Natur ihren Lauf nimmt?⁴² Sollten sie sich für Ersteres entscheiden, kommt ganz gewiss eine Menge Arbeit auf sie zu.Wie in Nancy Isenbergs Buch nachzulesen ist, war der Schauspieler Billy Redden gerade mal 15 Jahre alt, als er von den Filmemachern in seiner Schule in Georgia aufgegabelt wurde, um den Part des Banjo-spielenden Jungen in Deliverance zu spielen. Der 2012 zum 40. Jubiläum des Films in Clayton, Georgia, wiederentdeckte Redden gab zu Protokoll, dass er „nicht viel Geld für die Rolle bekommen hatte. Andernfalls“, so der heute 56Jährige, „würde ich heute nicht bei Walmart arbeiten. Und es ist wirklich hart für mich, über die Runden zu kommen“.⁴³ Kurz gesagt sind die Billy Reddens dieser Welt mit echten Problemen konfrontiert, die jahrzehntelang von den Mainstream-Parteien nicht angegangen wurden. Die Frage, die sich stellt, ist jedoch: Können die Bedürfnisse dieser weißen Arbeiter-Gemeinden mit Orten wie Flint in Michigan zusammengebracht werden, wo eine mehrheitlich afroamerikanische Einwohnerschaft seit fast drei Jahren ohne sauberes Wasser auskommen muss? Die Antwort auf diese Frage wird vermutlich das Schicksal der progressiven Politik in den USA entscheiden.
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Gesprächsführung: Ralf Grötker
Ethnologie der einfachen Leute: Ein Interview mit Leon Fink Ein Interview über die Geschichte der Arbeit, den Liberalismus der Arbeiterbewegung, Chancen der Oral History, und darüber, was ein Historiker zur Analyse der aktuellen globalen politischen Situation beitragen kann. Was können Historiker zum Verständnis der Motive von Wählern beitragen? Den Vortrag „Deliverance Revisited“ habe ich nur wenige Wochen nach dem Wahlsieg von Donald Trump geschrieben. Dabei habe ich eher die Rolle eines politischen Kommentators oder Journalisten eingenommen als die eines Historikers. Was ein Historiker zur Analyse der aktuellen Situation beisteuern kann, unterscheidet sich zunächst einmal nicht großartig von dem Beitrag eines Journalisten oder Politikwissenschaftlers – bis auf die Langzeitperspektive vielleicht. In diesem Fall ging es mir darum aufzuzeigen, dass der häufig beschworene Wählerumschwung bei der Wahl von Trump seine Wurzeln eben nicht in einem globalen Trend zur Anti-Politik hatte oder einem plötzlichen Rechtsruck. Vielmehr ist der Umschwung auf einen Transformationsprozess zurückzuführen, der in den USA schon vor Jahrzehnten eingesetzt hat – bereits Ende der 1960er Jahre! Was können Parteien tun, die nicht auf Populismus setzen, um auf die Abwanderung von Wählerstimmen an Akteure wie Trump oder die AfD in Deutschland zu reagieren? Im Nachhinein wissen es natürlich immer alle besser. Viele Leute, besonders in der Linken, haben darauf verwiesen, dass die Demokratische Partei in den USA sich nicht hinreichend um Probleme wie Deindustrialisierung und sinkende Lebensstandards gekümmert hat. Da hätte sicher einiges getan werden können. Wenn Sie mich jedoch als Historiker oder Forscher zur Geschichte der Arbeit fragen, möchte ich zuerst einmal darauf verweisen, dass die Mainstream-Medien zwar die Stimme der breiten Masse sein möchten, dies allerdings nur in Form von Schnellumfragen und anderen Momentaufnahmen tun. Forscher zur Geschichte der Arbeit haben einen viel direkteren Zugang zu den Erfahrungen und Gefühlswelten der Leute als die meisten anderen politischen Akteure oder akademischen Disziplinen, vielleicht mit Ausnahme der Ethnologie. Nichtsdestotrotz haben auch wir keine Zauberformel anzubieten. Immerhin sind wir jedoch gut gerüstet, es zu probieren … https://doi.org/10.1515/978-3-11-063874-5-004
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Wie gehen Sie bei Interviews mit Nicht-Akademikern mit dem Gefälle in Bezug auf Hintergrund und Bildungsstand um? Ich habe im Laufe der Jahre viele Interviews im Kontext der Oral History geführt – mit Krankenhausangestellten, Gewerkschaftsmitgliedern, spanischsprachigen Migranten und anderen Gruppen. Fast immer haben dabei solche Menschen die besten Interviewpartner abgegeben, die nicht aus gewissen Kreisen stammten, die nicht über Ruhm und Macht verfügten und auch nicht einem besonders angesehen Beruf nachgingen. Diese „einfachen Leute“, wenn man sie so nennen will, sind am stärksten dazu motiviert, ihre Geschichte zu erzählen. Sie fühlen sich geschmeichelt und geehrt, wenn jemand sie nach ihren Meinungen und Erfahrungen fragt. Je weiter es allerdings auf der gesellschaftlichen Leiter nach oben geht, desto vorsichtiger agieren die Menschen. Sie fangen an, ihre Geschichten als Ware oder als Besitz zu begreifen, und sie wägen enorm berechnend ab, ob sie etwas davon preisgeben. Allgemein gesehen ist es bei allen Menschen – egal mit welchem Hintergrund – so, dass es ihnen einfacher fällt, sachliche Beschreibungen ihrer Erfahrungen abzugeben. Tiefergehende Gefühle einem Fremden gegenüber zu offenbaren, kann sich dagegen wie ein Übergriff auf die eigene Privatsphäre anfühlen. Dennoch würde ich sagen, dass die meisten Menschen, insbesondere in der Retrospektive, sehr gerne weitergeben, was sie in ihrem Leben erfahren haben. Worin unterscheidet sich, ganz allgemein gesprochen, die Geschichte der Arbeit von den übrigen Geschichtswissenschaften? Forscher zur Geschichte der Arbeit legen einen ausgesprochenen Fokus auf die praktischen Tätigkeiten, die Menschen verrichten. Außerdem sind sie interessiert daran, wie soziale Beziehungen aus der Welt der Arbeit – Autorität, Fähigkeiten, Einkommen, Sicherheit oder Unsicherheit – sich auf die Gesellschaft auswirken. Allgemein gesprochen lässt sich sagen, dass Forscher zur Geschichte der Arbeit von einer Position des Mitgefühls und der Sorge um die Rechte und das Wohlergehen einfacher Menschen ausgehen. Deshalb liegt der Fokus ihrer Forschung sowohl auf Erklärungen von Leid und Ausbeutung als auch den Versuchen der Leute, sich zu wehren. Welche Rolle sollten Ihrer Meinung nach Forscher zur Geschichte der Arbeit einnehmen? Die des ehrlichen Maklers? Oder ist die Geschichte der Arbeit in jedem Fall mit einem politischen Standpunkt verknüpft? Kann ein Forscher zur Geschichte der Arbeit neutral sein? Ich glaube nicht, dass hier Rollenwidersprüche bestehen. Die historischen Themen, denen wir uns widmen, wählen wir häufig mit Blick auf solche Fragen und Besorgnisse, die uns aktuell umtreiben. Insofern sind wir sozusagen parteiisch.
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Um aber das Handeln von Akteuren in der Vergangenheit zu verstehen, müssen wir versuchen, die Welt aus ihren Augen zu sehen und ihr Verhalten auf allen Ebenen vor dem Hintergrund ihrer Zeit zu begreifen. Hier rücken wir also von unserem eigenen Standpunkt entschieden ab. Aber ist dies gleichbedeutend mit einer neutralen Haltung? Mein Freund Eric Forner hat dieses Verhältnis einmal sehr passend auf den Punkt gebracht: Wir sollten die Vergangenheit mit offenem Geist betrachten, nicht jedoch mit leerem Geist. Waren Sie mal für Gewerkschaften oder andere Organisationen tätig? Ich habe bei verschiedenen Gelegenheiten in enger Kooperation mit Gewerkschaften gearbeitet. Einmal ging es dabei darum, ein Archiv der Lebensgeschichten von Krankenhausangestellten in New York City aufzubauen. Später war ich auch Co-Autor eines Buches über diese Gewerkschaft. Als Voraussetzung dafür ließ ich mir jedoch zusichern, dass ich vollständigen Zugang zu den Dokumenten der Gewerkschaft haben würde und dass diese keinerlei Einfluss auf die Herausgabe des Werkes nehmen würde. Die Gewerkschaftsführung war von dem Projekt übrigens alles andere als begeistert. Weder mein Co-Autor noch ich wurden je dazu eingeladen, vor Gewerkschaftsmitgliedern über das Buch zu sprechen, obwohl wir wussten, dass viele es gelesen hatten.Wir hatten es nämlich nicht zugelassen, dass die Gewerkschaftsbosse bestimmte Punkte unter den Tisch kehrten. Ich erinnere mich auch an einen weiteren Vorfall mit dem Gewerkschaftsverband Teamsters, der lange eine der mächtigsten Arbeitervertretungen im Land war, aber auch eine der korruptesten. Der damalige Vorsitzende von Teamsters wollte das Image der Gewerkschaft aufpolieren und schickte seinen Berater, einen katholischen Priester, um Kontakt zu einer Gruppe von Forschern zur Geschichte der Arbeit herzustellen. Wir sollten ihn beraten. Unsere Antwort lautete jedoch: Gebt das Archiv in unabhängige Hände, die Forscher müssen freien Zugang haben! Haben Sie diesen Auftrag schließlich angenommen? Das kam leider ganz anders, denn kurz bevor wir den Vorsitzenden am nächsten Morgen treffen sollten, wurde er wegen eines Steuer- oder Rentenbetrugs unter Anklage gestellt. Das Treffen wurde daraufhin abgesagt. Glücklicherweise vereinbarte die Gewerkschaft Jahre später eine offizielle Kooperation mit einer Universitätsbibliothek.
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Wie sind Sie überhaupt zum Thema der Geschichte der Arbeit gekommen? Als Sie an einem gemeinschaftlichen Mittagessen mittwochs bei re:work an der Reihe waren, für die gesamte Mannschaft Essen zuzubereiten, haben Sie ein „Arme-Leute-Essen“ auf den Tisch gebracht… Als kleinen Tribut an meine Großmutter habe ich bei meinem Kochtag bei re:work einen Wacky Cake als Dessert gemacht. Ein Wacky Cake, also ein „verrückter Kuchen“, ist ein ganz einfacher Schokoladenkuchen, der in der Ära der Weltwirtschaftskrise Ende der 1920er Jahre entstand und ganz ohne Eier, Butter und Milch auskommt. Wenn ich über meine Lebensentscheidungen nachdenke sowie darüber, in welche Richtung ich mich entwickelt habe, merke ich, dass mein familiärer Hintergrund da eine große Rolle gespielt hat. Meine Großeltern waren jüdische Einwanderer. Mütterlicherseits stammten sie aus Litauen, väterlicherseits aus Polen. Erst vor dem Ersten Weltkrieg ließen sie sich in Ohio nieder. Die Mutter meiner Mutter war Textilarbeiterin und Schneiderin. Für kurze Zeit war sie auch Mitglied der Kommunistischen Partei. Väterlicherseits besaß meine Familie einen kleinen Laden, den Fink’s Fashion Shop. Ich wurde in Indianapolis, Indiana, von liberalen, jüdischen Eltern großgezogen, die als erste Generation ihrer Familien an einer Hochschule studiert hatten. Ich denke, dass ich von meiner Familie ein Streben nach sozialer Gerechtigkeit mitbekommen habe und ebenso einen gewissen Ehrgeiz und Neugier auf die große, weite Welt. Obwohl mein Vater in seiner Rechtsanwaltspraxis einige Mandanten aus dem Gewerkschaftsbereich hatte, begegnete ich der Geschichte der Arbeit zum ersten Mal als konkretes Thema an der Harvard University. Dort las ich im zweiten Studienjahr E. P. Thompsons Klassiker The Making of the English Working Class. Das Buch begeisterte mich auf Anhieb. Ich entschied mich, zum Institut für Sozialgeschichte an der Warwick University in Großbritannien zu wechseln, um bei Thompson zu studieren. Das Bild von den sozialen Bewegungen des 18. und 19. Jahrhunderts, das er und andere zu rekonstruieren versuchten, verschmolz in meinem Kopf mit den Verheißungen der Bürgerrechts- und Antikriegsbewegungen meiner Zeit. Kurioserweise war es erstmals in Warwick, als Student der britischen Geschichte, dass ich mich eingehender mit meiner eigenen US-amerikanischen Geschichte beschäftigte. Wann haben Sie denn definitiv entschieden, sich der Geschichte der Arbeit zu verschreiben? Meine Erfahrungen in Warwick waren nicht nur der Ausgangspunkt für mein Interesse an der Geschichte der Arbeit, sondern hatten darüber hinaus auch einen starken Einfluss auf mein Leben. Wie die meisten meiner männlichen Alterskollegen drohte mir zu jener Zeit die Wehrpflicht mit der damit verbundenen Ungewissheit während des Vietnam-Krieges. In Warwick spielte ich damals im
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Basketball-Team der Universitätsliga. Dabei brach ich mir einen Finger (der danach nie wieder richtig verheilte). In der Folge durfte ich direkt nach meinem Abschluss an der Universität ins Graduiertenkolleg gehen statt zur Armee. Andernfalls hätte ich mich wohl um einen Lehrerjob im Stadtzentrum bemüht. Dies wäre die einzige Hoffnung gewesen, eine Einberufung weiter hinauszuschieben. Die anderen Alternativen, die mir damals vorschwebten, waren die Wehrdienstverweigerung oder die Flucht nach Kanada. Mit dem kaputten Finger jedenfalls kehrte ich in die USA zurück und ging an die University of Rochester, einer Bastion der von der Neuen Linken geprägten Geschichtswissenschaft, insbesondere der neuen Sozialgeschichte. Dort wollte ich mit Herbert Gutman zusammenarbeiten, der gemeinsam mit David Montgomery, dem ich bereits in Warwick begegnet war, Thompsons Ansatz auf die US-amerikanische Geschichte der Arbeit übertrug. Mit meinem Abschluss in Rochester war klar, dass die Geschichte der Arbeit mein Arbeitsfeld sein würde. Was haben Sie aus der internationalen Kooperation mitgenommen? Bereits zu Schulzeiten war es mir vergönnt gewesen, einen wunderbaren Sommer lang bei einer französischen Familie in der Bretagne mit Lernen zu verbringen. Seitdem haben Reisen, persönliche Kontakte und auch das Sprachstudium meinen Horizont deutlich erweitert. Zu Beginn der 1990er Jahre festigte sich meine Überzeugung, dass ein Verständnis der Arbeiterklasse in den USA nicht ohne Einbezug der neuen spanischsprachigen Migranten erfolgen konnte. Bald lernte ich also nicht nur eine neue Sprache, sondern war auch an einem – am Ende mehrjährigen – Projekt zu guatemaltekischen Arbeitern in der Geflügelindustrie von North Carolina beteiligt. Seit jener Zeit sind die meisten meiner Projekte transnational inspiriert. Außerdem begann ich mehr und mehr, direkt mit Menschen aus ganz verschiedenen Weltgegenden in Kontakt zu treten – mit Historikern aus Indien, Brasilien und anderen lateinamerikanischen Ländern. Ganz am Ende erst führte mich mein Weg zu re:work – mit seinem typischen Mix aus unterschiedlichsten Forschern. Haben Sie eine besondere Beziehung zu Deutschland? Das könnte man so sagen. Französisch war während meiner Schulzeit meine große Leidenschaft, und als ich dann nach Harvard kam, spielte ich mit dem Gedanken, meinen Abschluss in französischer Geschichte zu machen. Doch wie das Leben so spielt, war der ansässige Professor für französische Geschichte, Patrice Higonnet, just in diesem Jahr nicht an der Universität. Mir wurde nahegelegt, europäische Geschichte zu studieren, an deren Anfang einige Kurse in deutscher Geschichte standen. „Auf keinen Fall!“, dachte ich und entschied mich stattdessen für britische Geschichte als Hauptfach. Jahre später, als ich gerade
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meine Doktorarbeit über die Knights of Labor abfasste, traf ich den deutschen Historiker Hartmut Keil, der eine sehr gewissenhafte Forschung zur deutschamerikanischen Arbeiterbewegung des 19. Jahrhunderts betrieb. Seiner Initiative verdanke ich, dass meine Ehefrau Susan Levine und ich ein Jahr lang mit einem Fullbright-Stipendium an der Münchner Universität lehren konnten und dabei eine wunderbare Generation junger deutscher Studenten kennenlernten. Viele dieser Kontakte hielten noch recht lange, und ich hatte mir immer vorgenommen, noch einmal nach Deutschland zurückzukommen. Mein aktuelles Interesse am Liberalismus der Arbeiterbewegung und an der sozialdemokratischen Bewegung der Nachkriegszeit waren schließlich der Anlass dafür, dass ich 2015 der Einladung von Andreas Eckert, als Gast des Direktors zu re:work zu kommen, so freudig nachkam. Wenn es an Ihnen wäre, heute ein anderes re:work aufzubauen … was würden Sie anders machen? Das Konzept von re:work legt absichtlich keinen starken Fokus auf politische Ansätze. Ich selbst tendiere jedoch in diese Richtung und würde mir daher verständlicherweise wünschen, dass re:work gesellschaftspolitischen Ansätzen in verschiedenen Bereichen größeren Raum bieten und Geschichte auf eine Art und Weise betrachten würde, die reale Auswirkungen auf die aktuellen Verhältnisse hat. Dabei ginge es etwa um die Architektur globaler Institutionen, aber auch um Mikrothemen der Arbeitswelt. Im Fokus zukünftiger Studien müssten insbesondere die aktuelle, weltweit zu verzeichnende Krise der Demokratie, ihre Beziehung zu Arbeits- und Wirtschaftssystemen sowie ihre kulturelle Legitimation stehen. Welche aktuellen Trends können Sie als Herausgeber der Zeitschrift Labor auf dem Gebiet der Arbeit erkennen? Der Imperialismus, Fragen des Rassismus und des Zusammenlebens verschiedener Ethnien sowie das Thema der unfreien Arbeit – das sind noch immer zentrale Themen. Dabei kann sich „unfrei“ auf die Arbeit als Coolies oder Sklaven beziehen, auf den Menschenhandel oder die Situation von Migranten und Geflüchteten. Auch das Thema der Ausbeuterbetriebe ist wieder präsent. Das ganze Studienfeld versucht, die aktuellen Realitäten abzubilden. Ironisch dabei ist, dass während das Fach der Arbeitsforschung floriert, Arbeiterbewegungen in der Stagnation begriffen sind. Entfaltet das Fach der Arbeitsforschung auch politische Wirkung? Der Einfluss der Forschung, einschließlich der zum Thema Arbeit, auf die Politik ist fast immer indirekt. Die Gegenrichtung ist jedoch deutlich präsenter und di-
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rekter zu spüren. Sprich: Unser Studienobjekt taucht häufig direkt nach den Schlagzeilen des Vorabends auf. Im Bereich der Arbeitsforschung beispielsweise haben Themen wie moderne Kinderarbeit und die explosionsartig anwachsende Gefängnispopulation in den USA zu einem Wiedererwachen des Forschungsinteresses für unfreie Arbeit, Rassismus und den Gefängnisstaat geführt. Damit Forschung jedoch einen Einfluss auf aktuelle politische Prozesse oder Bewegungen haben kann – was sehr selten der Fall ist –, bedarf es sowohl eines vielseitigen und aufmerksamen Forschers als auch der nötigen Portion Glück. Sie sind vor Kurzem, nach Beendigung Ihrer Lehrtätigkeit, von Chicago nach Washington umgezogen. Warum Washington? Der Hauptgrund dafür war, dass die Familie einer unserer Töchter dort wohnt.Wir wollten einfach mehr davon mitbekommen, wie unsere Enkeltöchter Fußball spielen, tanzen und zur Schule gehen. In welcher Form werden Sie Ihre geschichtliche Forschung in Washington fortsetzen? Diese Frage habe ich mir auch schon gestellt. Zurzeit begreife ich das Ende meiner Lehrtätigkeit als eine Art Sabbatjahr oder als Fellowship. Aktuell bin ich hochgradig von dem motiviert, was ich lese und schreibe. Ich widme mich auch dem Abfassen von journalistischen Kommentaren für Tageszeitungen, in denen ich politische und kulturelle Analysen miteinander verknüpfe. In D.C. selbst bin ich mit anderen Personen daran beteiligt, Stadttouren zum Thema Arbeit zu entwickeln. Ich möchte gerne ins Theater gehen, Musik hören, Romane lesen. Das ist meine Chance, dem Ideal eines Renaissance-Menschen nachzueifern!
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Lebenslauf Leon Fink Leon Fink ist Professor emeritus an der University of Illinois in Chicago, USA. Seine Ausbildung als Geschichtswissenschaftler begann an der University of Rochester, wo er im Jahr 1977 unter der Leitung von Herbert Gutman seine Dissertation ablegte. Wenngleich er zunächst zwischen 1972 und 1974 eine Lehrtätigkeit am City College of New York ausübte, erfolgte seine wissenschaftliche Laufbahn doch überwiegend an der University of North Carolina in Chapel Hill (1977– 2000) sowie seit dem Jahr 2000 als Distinguished Professor für Geschichte an der University of Illinois in Chicago. Leon Fink ist Experte für Arbeits- und Migrationsgeschichte. Er ist Verfasser, Mitverfasser bzw. Herausgeber von zahlreichen Büchern. Zu seinen bisherigen akademischen Auszeichnungen zählen ein Lloyd Lewis Fellowship an der Newberry Library (2012– 13), ein Guggenheim-Stipendium (2009), ein Stipendium des Charles Warren Center an der Harvard University (1998– 1999), ein National Humanities Fellowship (1990 – 1991) und ein Senior Fulbright Lectureship an der Universität München (1983– 1984). An der University of Chicago begründete Leon Fink das Doktorandenprogramm zur Geschichte von Arbeit, Race und Gender in der urbanen Welt. Seit 2003 ist er Herausgeber von Labor: Studies in Working Class History of the Americas, der offiziellen Zeitschrift der Labor and Working Class History Association. Leon Fink verbrachte 2014/15 ein akademisches Jahr am Forschungskolleg „Arbeit und Lebenslauf in globalgeschichtlicher Perspektive“ (re:work) und forschte zu dem Thema The Rise and Fall of Social Liberalism: State-Making and Re-Making in the Postwar World, 1945– 1973.
Publikationen (Auswahl) mit Juan Manuel Palacio. Hrsg. Labor Justice Across the Americas. Urbana, IL: University of Illinois Press, 2018. The Long Gilded Age. American Capitalism and the Promise of a New World Order. Philadelphia, PA: University of Pennsylvania Press, 2015. Sweatshops at Sea. Merchant Seamen in the World’s First Globalized Industry, from 1812 to the Present. Chapel Hill, NC: University of North Carolina Press, 2011. The Maya of Morganton. Work and Community in the Nuevo New South. Winner of the Thomas Wolfe Literary Award. Chapel Hill, NC: University of North Carolina Press, 2003. Progressive Intellectuals and the Dilemmas of Democratic Commitment. Cambridge, MA: Harvard University Press, 1998. In Search of the Working Class. Essays in American Labor History and Political Culture. Urbana, IL: University of Illinois Press, 1994.
https://doi.org/10.1515/978-3-11-063874-5-005
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Der ReM ReM Club
ReM ReM Club ‒ Remember Re:work Members Der ReM ReM Club ist eine Initiative des Käte Hamburger Kollegs „Arbeit und Lebenslauf in globaler Perspektive“ an der Humboldt-Universität zu Berlin, kurz re:work. ReM ReM steht für „Remember Re:work Members“. Der ReM ReM Club ist in erster Linie ein Alumni Verein und mit dem Zweck gegründet, um einen Austausch mit aktiven und ehemaligen re:work Fellows zu ermöglichen, gemeinsame Ideen zu entwickeln und umzusetzen. Der Verein lebt durch die Ideen und Beiträge seiner Mitglieder. Sämtliche Spenden werden zu 100 Prozent für re:work-nahe Aktivitäten verwendet, wie zum Beispiel Workshops, Publikationen, thematische Exkursionen und kulturelle Veranstaltungen. Wir sind für jede finanzielle Unterstützung dankbar! Spendenkonto: IBAN: DE09 1001 0010 0889 0081 06 SWIFT/BIC: PBNKDEFF Postbank Hamburg Der ReM ReM Club e.V. ist vom Amtsgericht Berlin (Charlottenburg) als gemeinnützig anerkannt. Spendenbescheinigungen können ausgestellt werden. Sie wollen Mitglied werden? Bitte schreiben Sie uns: [email protected] Weitere Informationen finden Sie hier: http://remember-rework.de *** ReM ReM Club ‒ ReMember Rework Members e.V. Georgenstr. 23 D ‒ 10117 Berlin Steuernummer: 27 676 / 51430 Vereinsregisternummer: VR 34517
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Käte Hamburger Kollegs Im Jahr 2007, dem Jahr der Geisteswissenschaften, startete das deutsche Bundesministerium für Forschung und Bildung (BMBF) die Initiative „Freiraum für die Geisteswissenschaften“. Sie bot neue Möglichkeiten, geisteswissenschaftliche Leistungen auf nationaler und internationaler Ebene sichtbar herauszustellen und voranzutreiben. Zwischen 2007 und 2011 wählte ein internationales Expertengremium neben re:work neun weitere Käte Hamburger Kollegs zu folgenden Themen: Internationales Kolleg für Kulturtechnikforschung und Medienphilosophie (Bauhaus-Universität Weimar) Verflechtungen von Theaterkulturen (Freie Universität Berlin) Schicksal, Freiheit und Prognose. Bewältigungsstrategien in Ostasien und Europa (Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg) Morphomata. Genese, Dynamik und Medialität kultureller Figurationen (Universität zu Köln) Rachel Carson Center für Umwelt und Gesellschaft (Ludwig-Maximilians-Universität München) Imre Kertész Kolleg: Europas Osten im 20. Jahrhundert: Historische Erfahrungen im Vergleich (Friedrich-Schiller-Universität Jena) Dynamiken der Religionsgeschichte zwischen Asien und Europa (Ruhr-Universität Bochum) Recht als Kultur (Universität Bonn) Politische Kulturen der Weltgesellschaft/Centre for Global Cooperation Research (Universität Duisburg-Essen)
Buchreihe
Work in Global and Historical Perspective The series Work in Global and Historical Perspective is edited by Andreas Eckert (Humboldt University of Berlin), Mahua Sarkar (Binghamton University), Sidney Chalhoub (Harvard University), Dmitri van den Bersselaar (Leipzig University), and Christian De Vito (University of Bonn). Work in Global and Historical Perspective is an interdisciplinary series that welcomes scholarship on work/labour that engages a historical perspective in and from any part of the world. The series advocates a definition of work/labour that is broad, and especially encourages contributions that explore interconnections across political and geographic frontiers, time frames, disciplinary boundaries, as well as conceptual divisions among various forms of commodified work, and between work and ‘non-work’.
Nitin Varma Edited by Andreas Eckert GLOBAL HISTORIES OF WORK COOLIES OF CAPITALISM Assam Tea and the Making of Coolie Labour Volume Volume , approx. pp. , approx. pp. HC € . [D] / HC € . [D] / RRP US $ . / RRP US $ . / RRP £ . RRP £ . ISBN ---- ISBN ----
https://doi.org/10.1515/978-3-11-063874-5-007
Edited by Mahua Sarkar WORK OUT OF PLACE
Volume , approx. pp. HC € . [D] / RRP US $ . / RRP £ . ISBN ----
Work in Global and Historical Perspective
Edited by Felicitas Hentschke, James Williams TO BE AT HOME House, Work, and Self in the Modern World Volume Volume , approx. pp., fig. , pp., c images. HC € . [D] / HC € [D] . / RRP US $ . / RRP US $ . / RRP £ . RRP £ .* ISBN ---- ISBN ---- Adrian Grama LABORING ALONG Industrial Workers and the Making of Postwar Romania
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Ju Li ENDURING CHANGE The Labor and Social History of One Third-front Industrial Complex in China Volume , approx. pp., fig. HC € . [D] / RRP US $ . / RRP £ . ISBN ----
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