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AURELIUS AUGUSTINUS
De trinitate (Bücher VIII-XI, XIV-XV, Anhang: Buch V)
Neu übersetzt und mit Einleitung herausgegeben von Johann Kreuzer
Lateinisch–deutsch
FELIX MEINER VERLAG HAMBURG
PHILOSOPHISCHE BIBLIOTHEK BAND 523
Die Deutsche Bibliothek – CIP-Einheitsaufnahme Augustinus, Aurelius: De trinitate : (Bücher VIII–XI, XIV–XV, Anhang Buch V) lateinisch/deutsch / Aurelius Augustinus. Neu übers. und mit einer Einl. hrsg. von Johann Kreuzer. – Hamburg : Meiner, 2001 (Philosophische Bibliothek ; 523) ISBN 3-7873-1578-0
© Felix Meiner Verlag 2001. Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der fotomechanischen Wiedergabe und der Übersetzung vorbehalten. Dies betrifft auch die Vervielfältigung und Übertragung einzelner Textabschnitte durch alle Verfahren wie Speicherung und Übertragung auf Papier, Transparente, Filme, Bänder, Platten und andere Medien, soweit es nicht §§ 53 und 54 URG ausdrücklich gestatten. Satz: Kusel, Hamburg. Druck: Carstens, Schneverdingen. Bindung: Lüderitz & Bauer, Berlin. Einbandgestaltung: Jens Peter Mardersteig. Werkdruckpapier: alterungsbeständig nach ANSI-Norm resp. DIN-ISO 9706, hergestellt aus 100% chlorfrei gebleichtem Zellstoff. Printed in Germany.
INHALT
Einleitung
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1. Zu dieser Ausgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Trinität als Gegenstand philosophischer Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Der Kontext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Augustinus’ Analyse des Denkens der Trinität . . 5. Zum Aufbau der ganzen Schrift . . . . . . . . . . . . . . . 6. Augustinus’ Innovationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Zur Rezeption und Fortwirkung . . . . . . . . . . . . . .
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Editorische Notiz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Auswahlbibliographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
X XIV XXI XXXII XLII LI LXIX LXXI
Aurelius Augustinus De trinitate Liber VIII / Buch VIII . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2/3
Liber IX / Buch IX . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
46/47
Liber X / Buch X . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
86/87
Liber XI / Buch XI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128/129 Liber XIV / Buch XIV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178/179 Liber XV / Buch XV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248/249 Appendix / Anhang Liber V / Buch V – Die Kategorie der Relation . . . . 370/371 Anmerkungen des Herausgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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EINLEITUNG
1. Zu dieser Ausgabe Die fünfzehn Bücher »De trinitate« sind Augustinus’ religionsphilosophisches Hauptwerk. An Argumentationskraft und Bedeutung steht es gleichrangig neben den »Confessiones« und »De civitate dei«. Und was für diese vielleicht wirkmächtigsten Schriften von Augustinus gilt, trifft gerade auch auf »De trinitate« als den in theoretischer Hinsicht zentralen Text zu: sein Werk dokumentiert in singulärer Weise das Ende antiker Denkund Lebenshaltung.1 Der damit verbundene Paradigmenwechsel zeigt sich in »De trinitate« anhand verschiedener neuer Frageund Themenstellungen, deren Bedeutung im Hinblick darauf, was man Geschichte der Philosophie des Geistes nennen mag, über den philosophiegeschichtlichen Ort von Augustinus – die Spätantike – weit hinausreicht: Grund genug, dieses sein theoretisches Hauptwerk wieder einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die folgende Edition versteht sich als Studienausgabe, die »De trinitate« im Rahmen einer Philosophischen Bibliothek präsentiert. Sie beschränkt sich bewußt auf die geisttheoretisch wie bewußtseinsphilosophisch zentralen Bücher VIII–XI, XIV und XV – und bietet im Anhang die entscheidenden Passagen des in relationstheoretischer Hinsicht wichtigen Buches V. Es sind vornehmlich die in dieser Studienausgabe enthaltenen Bücher, in denen sich der philosophische Ertrag von Augusti1
Vgl. H.I. Marrou, Augustin et la fin de la culture antique, Paris 21949, dtsch. Paderborn 1981; K. Flasch, Augustin – Einführung in sein Denken, Stuttgart 1980; J. Kreuzer, Augustinus-Einführung, Frankfurt/M.-New York 1995. Vgl. auch C. Colpe, L. Honnefelder, M. Lutz-Bachmann (Hg.), Spätantike und Christentum, Berlin 1992.
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nus’ Versuch findet, den Mythos bzw. das Mythologem der Trinität mit Hilfe der Vernunft zu rekonstruieren. Diesen philosophischen Ertrag einer breiteren Diskussion zur Verfügung zu stellen ist das primäre Ziel dieser Studienausgabe. Was diesen Ertrag angeht, so hat Hegel gewiß recht, wenn er konstatiert, daß »(u)ngeachtet ihrer tiefen und wahren Spekulation […] die Neuplatoniker doch ihre Lehre, daß die Dreieinigkeit das Wahre ist, noch nicht bewiesen (hatten), und es fehlte ihr die Form der innerlichen Notwendigkeit. […] Die Neuplatoniker fangen an von dem Einen, das sich selbst bestimmt, das sich Maß setzt, woraus das Bestimmte hervorgeht; dies ist aber selbst eine unmittelbare Weise, […] diese Dialektik ist nicht methodisch, sondern nur vereinzelt. Um das, was das Prinzip des Christentums ist, zu erkennen, muß die Wahrheit der Idee des Geistes als konkreter Geist erkannt sein; und dies ist die eigentümliche Form bei den Kirchenvätern.«2 Es ist hier nicht der Ort, um der Berechtigung dieses Hegelschen Diktums en detail nachzugehen. Wichtig ist, worauf es den Nachdruck legt: Das ist die Konkretion des Geistes – das Begreifen des konkreten Daseins des Geistes, und zwar nicht bloß seinen Denkformen nach. Gerade hier wird das Spezifikum der christlichen Fassung des Mythos ›Trinität‹, die Menschwerdung des göttlichen Logos, zum produktiven Anstoß philosophischer Reflexion.3 Es ist kein Zufall, daß Augustinus in diesem Zusammenhang dem Begriff philosophischer bzw. bewußtseinstheoretischer Spekulation 2
G.W.F. Hegel, Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie des Mittelalters. Philosophie des Mittelalters (= Theorie-Werkausgabe Bd. 19), Frankfurt/M. 1971, S. 495. – Zu Aspekten der Sachrelevanz der von Hegel so genannten ›zweiten Periode der Philosophie‹ vgl. J. Kreuzer, Gestalten mittelalterlicher Philosophie, München 2000. 3 Zu der Dreier-Struktur, die seit der Antike in der europäischen Geistes- wie Kulturgeschichte insgesamt als Grund- und Ordnungsschema fungiert, vgl. R. Brandt, D’Artagnan und die Urteilstafel. Über ein Ordnungsprinzip in der europäischen Kulturgeschichte 1,2,3/4, Wiesbaden 1991 ND München 1998; W. Burkert, Weisheit und Wissenschaft, Nürnberg 1962, S. 63ff., 170 ff.; R. Mehrlein, Art. »Drei«, in: Reallexikon für Antike und Christentum, Bd. IV, Stuttgart 1959.
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seine Etymologie und Deutung gegeben hat: in Buch XV unterscheidet er den Begriff ›Spekulation‹ von specula (Beobachtungsanhöhen) und speculari (›spähen‹, einem militärtechnischen terminus), um ihn – im Hinblick auf 1 Kor. 13,12 – von speculum abzuleiten: »speculantes dicit, per speculum uidentes, non de specula prospicientes«.4 Trinitätsspekulation erweist sich damit methodisch wie von seinem Gegenstand her als ›Spiegeldenken‹: als Reflexion der Trinität im Bewußtsein. »De trinitate« ist der erste Versuch oder Entwurf, der diese Trinitätslehre in umfassender Weise formuliert. An den von den Glaubensgewißheiten beider Testamente ausgehenden und sie ›spekulativ‹ durchdringenden bzw. bewußtseinstheoretisch rekonstruierenden fünfzehn Büchern von »De trinitate« hat Augustinus zwanzig Jahre (von 399–419 n. Chr.) gearbeitet. Der lange Zeitraum dieser Arbeit – vergleichbar nur der an dem ›großen und schwierigen Werk‹ »De civitate dei« und im Unterschied zu den 397–401 beinahe zügig geschriebenen »Confessiones« – verdeutlicht den Schwierigkeitsgrad des Gegenstandes. Augustinus hat ihn markiert, wenn er festhält, daß die christliche Religion mit den Lehren der Platoniker bei ›Veränderung weniger Wörter‹ übereinstimme.5 Das bedeutet als Anspruch wie Postulat, daß sich die Gehalte dieser Religion mit der avanciertesten Form philosophischer Reflexion,die im 5. Jahrhundert n. Chr. zugänglich war, vereinbaren – das aber heißt: mit deren Mitteln erklären und rekonstruieren – lassen. Im Hinblick auf diese erklärende Rekonstruktion hat Augustinus das Stichwort vom ›Glauben, der nach Einsicht sucht‹, formuliert: »fides quaerit, intellectus inuenit« (vgl. De trin XV,2,2, S. 250).6 Dieses nicht zufällig in »De trinitate« formulierte Stichwort hat grundlegende Bedeutung nicht bloß für den 4
Vgl. De trin. XV,8,14, diese Ausgabe S. 282. Vgl. De vera religione 4,7; Confessiones VII,9,13. 6 Das Methodenpostulat des »Fides quaerens intellectum« war der ursprüngliche Titel des »Proslogion« von Anselm v. Canterbury, in dem jenes Argument vorgetragen wird, das als ›ontologischer Gottesbeweis‹ Epoche gemacht hat (vgl. Proslogion, Prooem., Kap. I–IV). 5
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Gegenstand Trinität, sondern für die weitere Tradition ›westlicher‹ Religionsphilosophie insgesamt. Was hier fides heißt, umfaßt die Gewißheiten unmittelbarer lebensgeschichtlicher oder lebensweltlicher Art, die den motivationalen Ausgangspunkt bilden für die Frage, was Vernunft und Bewußtsein sind. Die fides steht, anders gesagt, für den lebensweltlichen Horizont der Vernunft: für die Strebungen, Interessen und Bedürfnisse, die zum Verstehen und zur Einsicht motivieren. Aber ›Geltung‹, Anspruch auf Verbindlichkeit, kann nur dieses Verstehen der Einsicht beanspruchen. Dieses Verstehen der Einsicht (der »intellectus«) hat für Augustinus Priorität. Damit ist es die »ratio« (die ›schlußfolgernde Kraft des Verstandes‹), die die Glaubensgewißheit(en) der fides zur Einsicht und Erkenntnis führt.7 Daß Augustinus mit dem »fides quaerit intellectus invenit« die Priorität des Intellekts gerade in »De trinitate« exponiert und zum Maßstab gemacht hat, kann für die weitere Tradition christlicher Religionsphilosophie gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. 2. Trinität als Gegenstand philosophischer Betrachtung Augustinus hat das Programm einer philosophischen Rekonstruktion des Gegenstandes Trinität nicht erfunden. Vorläufer sind hier insbesondere (um nur diese beiden zu nennen) Porphyrios und Marius Victorinus.8 Aber Augustinus hat – sozusagen provoziert durch das mythologische Datum, daß der ge-
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Vgl. Augustinus schon in »De vera religione« 24,45. Vgl. auch die Definition in »De ordine«: »Tempore auctoritas, re autem ratio prior est.« (De ord. 2,26) An diesem Rationalitätspostulat hat Augustinus zeitlebens festgehalten. – Zur »ratiocinans potentia« vgl. Conf. VII,17,23 (u. ö.). 8 Zur Bezugnahme auf Marius Victorinus vgl. Confessiones VIII,2,3 (und auch De civitate dei 10,29); auf Porphyrios vgl. De civitate dei 10,23ff. – Zur (kontroversen) Diskussion dieser beiden Vorläufer vgl. E. Benz, Marius Victorinus und die Entwicklung der abendländischen Willensmeta-
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glaubte Gott als trinitas zu begreifen ist9 – als erster die Frage insbesondere nach den bewußtseinsphilosophischen Gehalten und den Implikationen des Gegenstandes Trinität mit dem Versuch seiner systematischen Rekonstruktion beantwortet und dabei in originärer Weise eine Theorie entwickelt, die Bewußtsein a) – im Anschluß an Plotin – als dynamische Selbstbeziehung und b) diese Selbstbeziehung des Geistes zugleich aber von der Endlichkeit des Bewußtseins her begreift. In »De trinitate« wird die Selbstbeziehung des Bewußtseins in seiner Beziehung-aufAnderes nach Maßgabe der sich selbst begreifenden Endlichkeit der Vernunft entwickelt. Dafür steht, daß sich die mens als ›Bild‹ begreift – als ›bloßes‹ Bild jener Trinität gegenüber, die sie als göttliche denkt, aber eben doch als ihr Bild (vgl. z. B. De trin. IX,2,2, S. 50/51; X,12,19, S. 126/27). Worin besteht – was zeigt die Semantik eines Bildes? Es ist nicht das ›Abbild‹ eines daneben verfügbaren ›Urbildes‹, sondern die erscheinende Wirklichkeit eben dieses gedachten ›Urbildes‹. Für die Geiststruktur menschlichen Bewußtseins heißt das, daß es als Erscheinung eben jenes Grundes (›göttliche Trinität‹) zu begreifen ist, bezüglich dem es sich als Erscheinung (als ›Bild‹) denkt. Augustinus begreift diese Relation von der Endlichkeit dieses Bildes (das wir nach Gen. 1,26 sind) her: er denkt sie sozusagen – und das unterscheidet ihn von Plotin – ›von unten nach oben‹. Von zentraler Bedeutung sind hier die Entdeckung des »abditum mentis« als der »interior mentis memoria« oder »memoria principaphysik, Stuttgart 1932; W. Theiler, Porphyrios und Augustin, in: Forschungen zum Neo-Platonismus, Berlin 1966 (zuerst 1933); G. Madec, Augustin: Disciple et adversaire de Porphyre, in: Revue des Études Augustiniennes 10 (1964), S. 365–69; H. Dörrie, Porphyrios als Mittler zwischen Plotin und Augustinus, in: Platonismus in der Philosophie des Mittelalters, hg. v. W. Beierwaltes, Darmstadt 1969, S. 410-439, und zusammenfassend P. Hadot, Porphyre et Victorinus, Paris 1968. 9 Vgl. De trin. IX,1,1; XV,7,11; 26,45 (vgl. S. 47; 274; 348) und die bündige Definition: »Deus autem trinitas« (De trinitate VII,6,12, hg. v. W.J. Mountain/Fr. Glorie, Turnhout 1968 (CCL 50/50A), S. 266) – Die knappe Definition »Deus = trinitas« durchzieht Augustinus’ ganzes Werk (vgl. z. B. De vera religione 18,35; De civitate dei XI,26; Retractationes II,15,1).
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lis«, mit der Augustinus darüber hinausgeht, Erinnern als bloße (›innere‹) Kopie einer gegebenen (›äußeren‹) Erfahrung zu denken.10 Dieses gewandelte Verständnis der Erinnerung ist es, das den Entwurf einer Theorie endlicher Subjektivität ermöglicht, der in bzw. mit »De trinitate« vorliegt.11 Das geschieht in einem doppelten Kontext. Erstens sind es philosophische Problemlagen, in die hinein diese Rekonstruktion erfolgt.12 Zweitens hatten sich die Fragebestände und Problemstellungen theoretischer Reflexion mit der durch das Christentum aufgekommenen »neuen Religion«, wie Hegel zusammenfassend formuliert, verändert und erweitert: »Mit der Idee desselben sind wir durch die neuplatonische Philosophie ganz in Bekanntschaft getreten. Denn sie hat zu ihrem wesentlichen Prinzip, daß […] Gott nicht bloß eine Vorstellung überhaupt ist, sondern daß Gott als Geist auf konkrete Weise bestimmt wird. Nur das Konkrete ist das Wahre. […] Die nähere Gestalt desselben in der christlichen Religion ist, daß den Menschen […] zum Bewußtsein gekommen ist die Einheit der göttlichen und
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Vgl. De trin. XIV,7,9/10, S. 200; XV,21,41, S. 336. – Hier schließt »De trinitate« direkt an die »Confessiones«, und zwar insbes. Buch X, an. – Zur grundlegenden Bedeutung der Memoria bei Augustinus vgl. J. Kreuzer, Pulchritudo – Vom Erkennen Gottes bei Augustin, München 1995, insbes. S. 16-104. 11 Vgl. J. Brachtendorf, Einleitung zu, ders. (Hg.), Gott und sein Bild. Augustins De trinitate im Spiegel gegenwärtiger Forschungen, Paderborn 2000, S. 7; vgl. auch ders., Die Struktur des menschlichen Geistes nach Augustinus, Hamburg 2000. Das Konzept endlicher Subjektivität ist der Ort, an dem sich Metaphysik und Geschichte treffen, vgl. M. Schmaus, Nachwort zu: Die psychologische Trinitätslehre des Hl. Augustinus, ND Münster 1967, S. XXI. 12 Zu diesen Problemlagen vgl. H.J. Krämer, Der Ursprung der Geistmetaphysik, Amsterdam 21967; P. Courcelle, Connais-toi toi-même. De Socrate à Saint Bernard (3 Bde.), Paris 1974; W. Beierwaltes, Selbsterkenntnis und Erfahrung der Einheit. Plotins Enneade V 3. Text, Übersetzung, Interpretation, Erläuterungen, Frankfurt/M. 1991; ders., Das wahre Selbst. Studien zu Plotins Begriff des Geistes und des Einen, Frankfurt/M. 2001; K. Oehler, Subjektivität und Selbstbewußtsein in der Antike, Würzburg 1997.
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menschlichen Natur […]«.13 Diese Erweiterung bzw. Veränderung hat in zentraler Weise mit dem Glauben an die Menschwerdung des Göttlichen bzw. des göttlichen Logos zu tun, die insbesondere der Beginn des Johannes-Evangeliums aussagt (zur Inkarnation oder Fleischwerdung, die als exemplarisch geschehen im historischen Christus geglaubt wird, vgl. insbes. Joh. 1,14).14 Dem göttlichen Logos eignet damit nicht nur jene Selbstbeziehung, die dem ›Denken des Denkens‹ (spätestens) seit Aristoteles zugesprochen und an ihm reflektiert wird. Die Selbstbeziehung des göttlichen Logos ist vielmehr zu denken – oder soll gedacht werden (können) – als dynamische Struktur seiner Verendlichung und Menschwerdung im konkreten, je individuellen Sinn. Was hier Menschwerdung heißt, geht über die ›Spiegelbildlichkeit‹ zwischen ›Vater‹ und ›Sohn‹, die Plotin vor Augustinus als Relation von hen und nus reflektiert und vorgegeben hat, hinaus.15 Hier gilt es noch einmal bei Hegel innezuhalten, der die philosophiegeschichtliche Signifikanz dieser mit dem Zentrum des christlichen Trinitätsbegriffs verbundenen Veränderung (in) der Selbstreflexion dessen, was Geist ist, mit seltener Präzision festgehalten hat. »(Es) ist nicht hinreichend, daß das konkrete Moment in Gott gewußt wird; sondern es ist notwendig, daß es auch gewußt wird im Zusammenhang mit dem Menschen, daß Christus ein wirklicher Mensch war. Dies ist der Zusammenhang mit dem Menschen, als Diesem; dies Dieser ist das ungeheure Moment im Christentum, es ist das Zusammenbinden der ungeheuersten Gegensätze.«16 Deshalb stellt »De trinitate« – bei allen Vergröberungen gegenüber Plotins Analysen der Selbstreflexion des Geistes in seinen Denkformen – im Übergang zur Epoche postantiken Denkens den avanciertesten Ver13
Vgl. Hegel, Vorlesungen, a.a.O., S. 493. 14 Zur exemplarischen Menschwerdung des göttlichen Logos in Christus vgl. bei Augustinus, Confessiones X,43,68, und Enarratio in Ps. 70, s.II,10 (vgl. Anm. 131). 15 Vgl. bei Plotin z. B. Enn. III,8,11; V,8,12. 16 Vgl. Hegel, Vorlesungen, a.a.O., S. 506. Vgl. auch Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie Teil 4. Hg. v. P. Garniron u. W. Jaeschke, Hamburg 1986, S. 15.
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such einer Selbstreflexion des Geistes in seiner konkreten Endlichkeit dar. Ein Versuch, dessen Motive und Fragestellungen zugleich weit über den philosophiegeschichtlichen Ort von Augustinus hinausreichen. 3. Der Kontext Doch noch einmal zurück zu diesem philosophie- wie religionsgeschichtlichen Kontext. Auf drei Problemstellungen – eine des sich religiös äußernden Weltverständnisses, eine theologische wie schließlich die philosophische, die ihr entspricht – soll hier wenigstens hingewiesen werden, um den philosophiegeschichtlichen ›Ort‹ von »De trinitate« zu markieren. a) Was die Frage des religiösen Weltverständnisses und seiner Transformation am Ende der Antike betrifft, so war die ›marcionitische Herausforderung‹ oder zumindest ihr Nachhall gerade noch im 4. Jahrhundert präsent.17 Es ist die die Gnosis insgesamt durchziehende ›Welt-Gott-Entzweiung‹ und der sie kennzeichnende ›anthropologische Akosmismus‹, der sich in Marcions ›Evangelium vom fremden Gott‹ zeigt.18 In ihm artikuliert sich im jüdisch-christlichen Kontext die Reaktion auf die Verzögerung der Parusie, die sich zum gnostischen Protest gegen die durch Fatum oder Gesetz bestimmte Verfaßtheit dieser Welt 17
Marcion, der »von der Alten Kirche meistbekämpfte Häretiker« (vgl. Der Kleine Pauly Bd. 3, ND München 1984, Sp. 1039), der in der Mitte des 2. Jahrhunderts eine eigene, sich schnell ausbreitende Gemeinschaft gegründet hatte, stellte insbes. dem ›Schöpfergott‹ des Alten Testaments den ›Erlösergott‹ entgegen, der sich in Christus offenbart habe. Vgl. A. Harnack, Marcion. Das Evangelium vom fremden Gott, ND Berlin 1960. 18 Vgl. H. Jonas, Gnosis und spätantiker Geist Teil 1, Göttingen 1934 21954; Teil 2, Göttingen 1993, S. 364ff.; H. Blumenberg, Die mißlungene Abwendung der Gnosis als Vorbehalt ihrer Wiederkehr, in: Die Legitimität der Neuzeit, Frankfurt/M. 1988, S. 139–149; J. Taubes, Weltfremdheit. Die Gnosis und ihre Folgen, in: Vom Kult zur Kultur. Hg. v. A.u.J. Assmann, W.-D. Hartwich, W. Menninghaus, München 1996, S. 99–197.
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potenziert. Der demiurgische Schöpfer-Gott könne unmöglich mit dem geglaubten Erlöser-Gott identisch sein. Der Immanenz dieser (›unerlösten‹) Welt wird die Transzendenz eines ›fremden Gottes‹ gegenüber-, der sinnentleerten diesseitigen Natur des Geistes die Transzendenz einer schlechthin anderen Natur Gottes entgegengesetzt.19 Das ist das – gewissermaßen einen apokalyptischen Notstand artikulierende – Gegenprogramm zum (trinitarischen) Versuch, die Einheit von göttlicher und menschlicher Natur, für die die Menschwerdung des Göttlichen steht, reflexiv bzw. geisttheoretisch einzuholen. Gegenüber dem gnostischen Dualismus Marcions (oder dem der Manichäer) gilt es gerade in philosophischer Hinsicht plausibel zu machen, daß die ›Versöhnung‹ von göttlicher und menschlicher Natur in der Erkenntnis der Einheit von Transzendenz und Immanenz besteht.20 Der ›Ort‹ dieser Versöhnung ist der Begriff der Trinität.21 b) Die theologische Problemstellung, auf die Augustinus mit »De trinitate« antwortet, stellt einen Nachhall der Herausforderung durch den schroffen Dualismus Marcions dar. Es ist der Arianer-Streit, um den es hier geht – jenen Streit, der sozusagen 19
Diese marcionitische wie eine jede gnostische Negation des Sinns diesseitiger Endlichkeit antwortet »einer bestimmten geschichtlichen Konstellation […]. Je stärker der Verlust der Wirklichkeit, desto intensiver wird das negative Bewußtsein von Welt und Weltschöpfer und desto verhüllter wird das Mysterium der Erlösung.« (J. Taubes, Der dogmatische Mythos der Gnosis, in: Vom Kult zur Kultur, a.a.O., S. 111) 20 Gegen den gnostischen Dualismus von göttlicher und menschlicher Natur vgl. schon Plotin – gerade auch wegen der naheliegenden Affinität zwischen gnostischen Dualismus und ›neuplatonischer‹ Trennung der Natur des göttlich Einen vom Diesseits menschlicher Natur – in der Enneade II,9. 21 ›Versöhnung‹ bedeutet hier keine Affirmation oder Harmonisierung der Antagonismen unerlöster Endlichkeit. Diesen Antagonismus geschichtlicher Realität hat gerade Augustinus in »De civitate dei« zur Mitte des Geschichtsdenkens gemacht, vgl. J. Kreuzer, Die Aporie des Geschichtlichen: »De civitate dei«, in: Augustinus-Einführung, a.a.O., S. 120–157. ›Versöhnung‹ im geist- bzw. bewußtseinstheoretischen Sinn von »De trinitate« heißt vielmehr, daß die Vermittlung von göttlicher und menschlicher Natur nicht jenseits der Bedingungen der Endlichkeit zu suchen ist.
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das Innerste dessen betrifft, was als Trinität nicht nur geglaubt, sondern auch gedacht werden soll.22 Beim Konzil von Nizäa wurde 325 gegen Arius (gest. 336) ins Symbolon die Definition aufgenommen, daß ›der Sohn mit dem Vater wesensgleich bzw. wesenseins‹ sei: »μο-οúσιος«. Dem wurde von Seiten der östlichen Theologen – 268 war dort eben dieses μο-οúσιος verurteilt worden – als Schlagwort sofort das »μοι-οúσιος« entgegengesetzt: was die Natur oder das Wesen des Sohnes angehe, so sei dieser der väterlichen Instanz gegenüber allein ›wesensähnlich‹. Vertrat das μοοúσιος die Vermittlung von göttlicher und menschlicher Natur in der Instanz des Sohnes, so hielt das μοιοúσιος an der Transzendenz des göttlich Einen jenseits dieser Vermittlung fest. Es waren auf kirchlicher Seite Athanasios (gest. 373) und Ambrosius (gest. 397) – eben jener Ambrosius, der Augustinus in Mailand endgültig bewog, vom manichäischen Dualismus seiner Jugend abzurücken23 –, die das nizäische Symbolon und mit ihm die ›Wesensgleichheit bzw. -einheit von Vater und Sohn‹ vertraten und schließlich auch durchsetzten. Der Arianismus fiel beim 2. Ökumenischen Konzil 381 in Konstantinopel unter die verbotenen Häresien.24 Analog zum ›Evangelium vom fremden Gott‹ geht es bei der Diskussion um das ›Wesensähnlich oder Wesensgleich bzw. Wesenseins‹ von Vater und Sohn erneut um ein Denken der Vermittlung von göttlicher und menschlicher Natur. Die sich aus diesem zunächst innertheologischen Problem ergebende philosophische Pro22
Zu diesem Streit, in dem Marius Victorinus (vgl. Anm. 25) die philosophischen Argumente gegen die Arianer formulierte, vgl. P. Hadot, Einleitung zu: Marius Victorinus – Christlicher Platonismus, übers. v. P. Hadot u. U. Brenke, eingel. u. erl. v. P. Hadot, Zürich u. Stuttgart 1967, S. 44ff. 23 Vgl. Confessiones. V,13,23ff. 24 Da der Arianismus die Religion der christianisierten Germanen war, verlor er seine Wirkmächtigkeit, in der innertheologische Fragen unmittelbar politische Konsequenzen hatten – vgl. nur das Schicksal des 524 n. Chr. hingerichteten Boethius – erst nach dem Untergang der Vandalen (533) und Ostgoten (552) sowie der Bekehrung der Westgoten (587) und der Langobarden im 7. Jahrhundert (vgl. Art. »Arianismus« in: Der Kleine Pauly Bd. 1, a.a.O., 545-46).
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blemstellung ist vielleicht so zu formulieren: Inwiefern läßt sich die Vermittlung der menschlichen Natur mit der göttlichen als konkrete Einheit des göttlich Einen mit den vielfältigen Formen seines Erscheinens wie Erkanntwerdens denken, ohne die Differenz beider aufzuheben. Denn es ist diese Differenz, von der das Wissen um die Endlichkeit und zeitliche Bedingtheit gerade des menschlichen Bewußtseins faktisch zeugt. c) Vor Augustinus war es hier Marius Victorinus – Übersetzer der in den »Confessiones« erwähnten »libri platonici«, aber auch von Aristoteles (Kategorienschrift und Peri hermeneias) und Porphyrios’ Eisagogé –, der als erster das neuplatonische Begriffsinstrumentarium nutzte, um die christliche Trinitätslehre zu rekonstruieren.25 Mit Victorinus ist der Begriff der Trinität zum Gegenstand philosophischer Reflexion geworden. Plotin hatte die Trias von »hen – nus – psyché« für die Reflexion der Selbstbeziehung des Geistes vorgegeben. (Die Möglichkeit der) Selbsterkenntnis des Geistes wird gedacht als Form des Sich-selbst-Denkens der Seele in der abgestuften Trias von ›(göttlich) Einem – Geist – Seele‹.26 Die Seele erkennt sich selbst oder sich als (wahres) Selbst im Aufstieg zum Geist, der im Einen gründet. Dieses Eine ist schlechterdings transzendent in dem Sinne, daß es jenseits jeder Denkbestimmung und Aussagbarkeit liegt.27 Es ist relations- und differenzfrei: jenseits je25
In den »Confessiones« erwähnt Augustinus Marius Victorinus rühmend als Vorbild, da er als hoch angesehener Rhetor und Philosoph (353 v. Chr. war ihm eine Statue auf dem Forum Traianum gesetzt worden) in hohem Alter (»senex«) – zwischen 353 und 357 v.Chr. – öffentlich zum christlichen Glauben konvertierte und deshalb 362 seine Lehrtätigkeit aufgeben mußte (vgl. Conf. VIII,2,3-5). – Zu Marius Victorinus vgl. Marius Victorinus – Christlicher Platonismus, a.a.O. (vgl. Anm. 22), und P. Hadot, Porphyre et Victorinus, a.a.O. (vgl. Anm. 8). 26 Vgl. exemplarisch Plotins Enneade V 3. – Vgl. W. Beierwaltes, Selbsterkenntnis und Erfahrung der Einheit. Plotins Enneade V 3, a.a.O., insbes. S. 102ff.; ders., Das wahre Selbst, a.a.O. 27 Plotin insistiert hier auf der strikten Negation der ersten Hypothesis von Platons »Parmenides«, die dem ›Einen‹ jedes ›Sein‹ abspricht.
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der Vermittlung. Jenseits von allem fungiert es zugleich in der hierarchisch aufsteigenden Selbstvergewisserung des Geistes als Grund des Bewußtseins. Es ist ein Grund nicht im, sondern jenseits allen Denkens und Bewußtseins – der Vielgeschäftigkeit faktischen (sinnlichen, endlichen oder kreatürlichen) Seins entgegen. Nicht Vermittlung, sondern gegebenenfalls ekstatische Einung (Entkreatürlichung) ist die diesem transzendent Einen gemäße Verhaltensweise. Porphyrios kassiert die schlechthinnige Transzendenz des (göttlich) Einen und führt eine Triade von »Sein – Leben – Denken« ein, wobei er Plotins hen mit dem »Sein« identifiziert und dieses Sein als dynamischen Ermöglichungsgrund denkt, der sich als Leben äußert. Sein ist oder zeigt sich als dynamis, die als Leben aus sich herausgeht und im Denken bzw. qua Denken zu sich zurückkehrt. Statt des Aufstiegs zu ekstatischer Einung liegt damit ein ›Kreismotiv‹ vor: Ein ursprünglich Eines geht aus sich hervor, um sich im erkennenden Rückbezug mit sich zu vermitteln. ›Ursprung-Entfaltung-Rückkehr‹ oder ›Anfang-Entzweiung-Rückbezug‹ sind die Formen dieses Kreises.28 Damit ist, was als das ursprünglich (göttlich) Eine gedacht wird, nicht mehr jenseits einer Beziehung zu den Formen seiner Erkenntnis. Aber die Differenz zwischen dem endlichen (christlich gedacht: kreatürlichen) Bewußtsein und dem, im Hinblick worauf und in Relation wozu sich dieses Bewußtsein als endlich begreift, ist damit überspielt. Was Porphyrios in der Rekonstruktion der »Chaldäischen Orakel« erreicht, ist statt Vermittlung eine Koordination von göttlicher und menschlicher Natur.29 Marius Victorinus amalgiert diese porphyrianische Triade von ›Sein-Leben-Denken‹ mit dem trinitarischen Schema ›VaterSohn-Geist‹. Er betont – im Anschluß an Porphyrios und als philosophischer argumentierender Wortführer und Verfechter 28
Proklos wird diesem neuplatonischen Selbstentzweiungstheorem mit der Trias von »moné – proodos/odoi – epistrophé« seine klassische Formulierung geben. 29 Vgl. P. Hadot, Einleitung zu: Marius Victorinus – Christlicher Platonismus, a.a.O., s. 15
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des »homoousios« im Arianer-Streit (s. o.) – die dialektische Einheit (die Wesensgleichheit) zwischen dem Vater (der gedacht wird als ›Grund‹ göttlicher ›Kraft‹) und dem Sohn als Erscheinung und Gestalt dieses Grundes. Das zentrale Sachthema des Arianerstreits auch ist es, das die Anziehungskraft von Porphyrios Triade ›Sein-Leben-Denken‹ für Marius Victorinus erklären dürfte. Denn daß Porphyrios Plotins Hen aus seiner unvermittelten Transzendenz heraus zum Sein machte, das sich in Leben und Denken äußert, machte den Nachweis der Substanzgleichheit, des homoousios, von Vater und Sohn sozusagen problemlos denkbar. Was als kreatives Sein gedacht wird, sei mit Leben und Denken ›substanzgleich‹: Kraft oder Vermögen des ›Seins‹ werden in der Weise seines Erscheinens als ›Leben erkannt‹. Diese drei – Porpyrios‹ Trias von ›Sein, Leben, Denken‹ – seien »synonym«.30 Das prinzipiierende ›Sein‹ (des Vaters) ist das ›Erste‹ bezüglich der Erscheinung der ›Zweiten‹, das primum des Seins zusammen mit den beiden anderen ›ein einziger Gott‹.31 In dieser ersten Trinitätslehre vor Augustinus, mit der Marius Victorinus das Schema der christlichen Trinität von Porphyrios’ Triade von ›Sein-Leben-Denken‹ her erläutert, wird zwar die Kluft zwischen der Transzendenz des göttlich Einen und der dem Denken zugänglichen wie im Denken sich reflektierenden Form des Geistes überbrückt. Aber zugleich reduziert sich die trinitarische Selbstreflexion des Geistes auf die dialektische Dyas von Grund und Erscheinung, von Kraft und Gestalt. Bleibt Plotins Hen jenseits aller Vermittlung, so taucht das Problem und die Notwendigkeit der Vermittlung zwischen der Endlichkeit menschlichen Bewußtseins (und seiner Immanenz) und jenem 30
»[…] pater deus quod est esse, filius autem vita. […] Dictum […] in uno tria et idcirco eadem tria: σωνẃνωμα ρα τà τρíα […]. Etenim quod est esse et vita et intellegentia est.« (Marius Victorinus, Adversus Arium I, 53/54, hg. v. P. Henry, P. Hadot (=CSEL 83.1), Wien 1971, S. 151; Übers.: Marius Victorinus – Christlicher Platonismus, a.a.O., S. 197/98) 31 Vgl. Adversus Arium III,7 (a.a.O., S. 202); Marius Victorinus – Christlicher Platonismus (a.a.O., S. 244/45).
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göttlich Einen (und seiner Transzendenz), in Beziehung auf das sich das menschliche Bewußtsein in seiner Endlichkeit begreift, in der Triade von ›Sein-Leben-Denken‹ und in der Dyas von ›Kraft und Gestalt‹ gar nicht auf. Diese Vermittlung der Immanenz endlichen (menschlichen) Bewußtseins mit der Transzendenz der göttlichen Natur aber ist die Glaubensgewißheit und sozusagen das mythologische Datum der christlichen Trinität: sie im Hinblick auf die Endlichkeit nicht der menschlichen Natur, sondern im Hinblick auf die Endlichkeit eines jeden individuellen Bewußtseins als konkrete Menschwerdung des Göttlichen zu begreifen, ist die sich mit der christlichen Fassung des Trinitätsglaubens stellende philosophische Herausforderung. Worauf es hier ankommt ist die Vermittlung des Bewußtseins in seiner konkreten und individuellen Endlichkeit mit dem, was es als göttliche Kraft denkt (und denken muß, sofern es sich als endliche Kreatur begreift). Erst diese Vermittlung rekonstruiert, wofür der Vorstellungsgehalt der Glaubensgewißheit ›Trinität‹ steht. Gelingt diese Rekonstruktion mit philosophischen Mitteln, dann reproduziert sie in der Sphäre des sich in seiner Endlichkeit begreifenden Geistes, wovon dieser sich als Bild denkt. Die Dyas von ›Kraft und Gestalt‹ (Grund und Erscheinung) reicht hierfür nicht aus. Sie reicht aus, um die Substanzgleichheit von Vater und Sohn – den entscheidenden Punkt im Arianerstreit – zu erklären. Aber sie erklärt nicht, daß der menschliche Geist als individuell-endlicher Geist seine Einheit mit der göttlichen Substanz durch das Begreifen seiner Verschiedenheit von ihr begreift. ›Geist‹ ist die Instanz, in der sich die Einsicht in die Einheit von göttlicher und menschlicher Natur gleichsam verdoppelt zur Einsicht in die Einheit von beider Differenz und Einheit. Augustinus hat das gegen Ende der »Confessiones« auf die einprägsame Formel gebracht: »inseparabilis distinctio et tamen distinctio«.32 Um diese Einheit von Differenz und Einheit zu explizieren, ist es erforderlich, die zweite Instanz der Tri32
Vgl. Conf. XIII,11,12 (vgl. Anm. 42). – Vgl. auch die Rede von der »simplex multiplicitas uel multiplex simplicitas« in Buch VI von »De trinitate« (VI,4,6, a.a.O. (CCL), S. 234).
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nität, den Sohn, nicht nur als Fleischwerdung des göttlichen Logos zu begreifen, sondern ebensosehr von der Endlichkeit des menschlichen Bewußtseins her. Die Selbstreflexion der in der Tat dialektischen Natur dessen, was sich als Bild der göttlichen Trinität begreift, gilt es von der Endlichkeit eben dieses Bildes her zu entwickeln. Erst dadurch wird die Theorie des sich selbst denkenden Geistes zu einer Theorie des konkreten Geistes. Für diesen Schritt zur trinitarischen Selbstreflexion des sich in seiner Endlichkeit begreifenden Geistes hat Marius Victorinus mit seiner Fassung der Dyas ›Grund-Erscheinung‹ freilich auch vorgearbeitet. Was wir als creatura denken, ist nicht Hervorgang (Hypostasierung oder Emanation) einer Kraft und einer Form aus einem Sein (progressio potentiae et formae), sondern Erscheinung (apparentia).33 Was wir als ›schöpferisch Eines‹ denken, ist nicht jenseits der Gegenstände der Erfahrung, sondern ›diesseits‹. Es ist, was wir als schöpferisches Prinzip des in der Zeit Erscheinenden begreifen. Es ist, solange zeitlich Erscheinendes (Vielheit) ist. 4. Augustinus’ Analyse des Denkens der Trinität Augustinus knüpft mit seinen Überlegungen zur Trinität bei dieser Transformierung der plotinischen Einheitsmetaphysik im christlichen Platonismus von Marius Victorinus an. In »De vera religione« wird das ›Eine selbst‹ (das unum ipsum) als die ›schöpferische Trinität‹ (trinitas creatrix) gedeutet, von der jede Natur ist, sofern sie ›ist‹. ›Jedes Ding oder jede Substanz oder jede Wesenheit oder Natur oder mit welchem anderen Namen das Es selbst, das Gott ist, anzusprechen ist‹ – so Augustinus in »De trinitate«, wobei zugleich sein Desinteresse an kategorialen Festlegungen deutlich wird34 – zeige ›dreierlei‹: es ist ›Eines‹, wird 33
Vgl. Marius Victorinus, Adversus Arium III,7, a.a.O. (CSEL 83.1), S. 203. 34 »Ipsa enim natura uel substantia uel essentia uel quolibet alio nomine
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durch die ihm eigentümliche ›Form‹ von den übrigen unterschieden und gehört in die ›Ordnung‹ der Dinge. In der sich wechselseitig durchdringenden Dreiheit von unum, species, ordo erscheint die ›Ewigkeit der Trinität‹ in der ›Veränderlichkeit der Schöpfung‹ (vgl. De vera religione 7,13; 8,14). Das ›Eine‹ bedeutet als Prinzip des Erscheinens das ›Es selbst‹ (id ipsum) schöpferischer Selbstbeziehung, das im Erscheinen von creatura als unum principale wirklich ist.35 Die Struktur von ›ursprünglich Einem (Grund), Einheit als seiner förmlichen Erscheinung und Erkenntnis des ursprünglich Einen in der gestalteten Ordnung seines Erscheinens‹ deutet – kosmologisch bzw. metaphysisch gewendet – den Prozeß erscheinender Natur bzw. Kreatur als Darstellungsweise einer kreativen Kausalität. Das unum principale ist zu begreifen als trinitas creatrix. In diesem Zusammenhang steht der für die Trinität als Reflexion der Selbsteinsicht des Denkens bedeutsame Postulat, daß ›zwischen dem Geist, in dem wir Gott erkennen, und der Wahrheit, durch die wir ihn erkennen, keine Kreatur (dazwischen) gesetzt ist‹.36 Beim Denken der Trinität geht es um die ›einheitliche Natur des Geistes‹. »Wenn wir daher in ihr nach der Trinität fragen, so fragen wir nach ihr in der Natur des Geistes als ganzer und trennen die Verstandesbeschäftigung mit dem Zeitlichen nicht von der Betrachtung des Ewigen, um dann nach einem Dritten zu fragen, in dem sich die Trinität erfüllt. Sondern in der ganzen Natur des Geistes muß sich die Trinität so zeigen, daß in dem einen und ungeteilten Geist die Trinität gefunden wird.«37 Ein appelandum est idipsum quod deus est […]« (De trin. II,18,35, a.a.O. (CCL), S. 126). 35 Zum »id ipsum« als dem eigentlichen Gottesnamen bei Augustinus vgl. (neben De trin. II,18,35) De trin. III,2,8 (»Idipsum quippe hoc loco (=Ps. 121,3) illud summum et incommutabile bonum intellegitur quod deus est atque sapientia uoluntasque ipsius«, ebd., S. 133) und Conf. IX,4,11; 10,24. 36 Vgl. De vera religione 55,113. – Zum »unum principale« als »trinitas creatrix« vgl. De vera rel. 7,13; 43,81. 37 »Cum igitur disserimus de natura mentis humanae, de una quadam re disserimus […]. Itaque cum in ea quaerimus trinitatem, in tota quaerimus non separantes actionem rationalem in temporalibus a contemplatione
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Denken, das die göttliche Trinität mit der Natur unseres Geistes nur in einem Dritten vermittelt sein läßt, ist ebenso unschöpferisch wie eine Betrachtungsweise, die Ewigkeit und Zeit voneinander trennt. ›Zwischen‹ der Trinität und unserem Geist, den wir als Bild der Trinität denken ist ›keine Natur dazwischen‹: »nulla interiecta natura est«.38 Zwischen dem Geist, der die göttliche Trinität denkt, und dieser gedachten göttlichen Trinität, ist nur die Selbsterkenntnis des Geistes, der diese Beziehung denkt, und damit etwas ›Nicht-Endliches‹ in sich findet. In diesem Sinn heißt es in Buch V: »spiritus ergo et dei qui dedit et noster qui accipimus.«39 Beim Denken der Trinität geht es nicht um eine Transzendenz des Geistes und seiner Denkformen, sondern um ein Zurückkommen auf dasjenige, was wir in diesem Geist selbst finden. Denken wir der Natur des Geistes nach, so finden wir nicht, was wir nicht wußten, sondern stoßen auf etwas, was wir schon wußten, aber nicht eigens bemerkten, heißt es in Buch XIV von »De trinitate«: Denn »alles, was wir wissen, können wir nur durch den (mit dem) Geist wissen.«40 Die Denkform, in der die Trinität als Gegenstand erscheint, wird zur Explikation dieses Gegenstandes selbst. a) In Buch XIII der Confessiones – im Kommentar und der Allegorese von Gen. 1 – markiert Augustinus diese Wendung im Verständnis der Trinität, aus der sich ergibt, daß im Genitiv ›Denken der Trinität‹ diese nicht mehr nur als Objekt, sondern auch als Subjekt erscheint. Das Denken trinitarischer Beziehung ist auf Grund dieser bewußtseinstheoretischen Wendung keine mythologische (oder kosmolologische oder ontologische) Projektion. An ihre Stelle tritt vielmehr die Evidenz der sich in ihaeternorum ut tertium aliquid quaeramus quo trinitas impleatur. Sed in tota natura mentis ita trinitatem reperiri opus est ut […] in una nusquam dispertita mente trinitas inueniatur« (De trin. XII,4,4, a.a.O. (CCL), S. 358). 38 Vgl. De trin. XI,5,8, S. 152/53. 39 »Der ›Geist‹ ist also sowohl der Geist ›Gottes‹, der ihn gab, als auch unser Geist, die wir empfingen.« (De trin. V,14,15, S. 388/89) 40 »[…] cum omnia quae scimus non nisi mente scire possumus?« (De trin. XIV,5,8, S. 194/95)
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rer Endlichkeit begreifenden selbstreflexiven Natur des Geistes, die die Frage nach der Trinität zur Analyse eben dieser Form endlicher Selbstreflexion werden läßt. Die selbstbezügliche Struktur von ›Sein, Wissen und Wollen‹ – die Menschen möchten diese drei, die in ihnen selbst sind, denken: »sein, wissen, wollen«41 – sei Erscheinungs- und Reflexionsweise des ihr zugrundeliegenden ›untrennbaren Lebens‹, das ›ein Leben und ein Geist und ein Wesen‹ sei. Die ›Unterscheidung‹ (distinctio) der drei Momente des Ternars ›Sein, Wissen und Wollen‹ sei gerade Ausdruck der in der Unterscheidung sich zeigenden Einheit: inseparabilis distinctio et tamen distinctio. Zur Erläuterung dieser ›Einheit von Unterschiedenheit und Einheit‹ fügt Augustin die methodische Direktive hinzu, daß ›jeder sich selbst vor sich habe‹.42 Damit ist folgender methodischer Wandel vollzogen. 1) Die Analyse des ›Gegenstandes‹ Trinität wird zu einer Analyse des Denkens der Trinität. Denken der Trinität ist das Programm einer Theorie der Selbsteinsicht des Geistes, in der ›das Denken gedacht wird‹: »cogitatio cogitatur« (De trin. XV,9,16, vgl. S. 288/89). 2) Das Denken der Trinität ist ein Denken der ›Einheit von Unterschiedenheit und Einheit‹, der inseparabilis distinctio et tamen distinctio. Was als ›göttlich Eines‹ gedacht wird, stellt sich durch Unterscheidung dar: in sich selbst und in Relation zu dem, wovon es als kreatives Prinzip gedacht wird. 3) Das zeigt sich gerade im Zurückkommen zur Evidenz des eigenen Daseins. Diese ist kein Denkprodukt. Was wir in uns finden, ist die Kontingenz des Intelligiblen, seine Zusammengehörigkeit mit ›Sein und Wollen‹ – die wir selbst als solche zu denken ver41
»[…] Ich bin nämlich und weiß und will. Ich bin wissend und wollend und ich weiß, daß ich bin und will, und ich will, daß ich bin und weiß.« – »Vellem, ut haec tria cogitarent homines in se ipsis. […] Sum enim et scio et uolo; sum sciens et uolens et scio me esse et uelle et uolo esse et scire.« (Confessiones XIII,11,12, hg. v. L. Verheijen, Turnhout 1981, S. 247). 42 »In his igitur tribus quam sit inseparabilis uita et una uita et una mens et una essentia, quam denique inseparabilis distinctio et tamen distinctio, uideat, qui potest. Certe coram se est; attendat in se et uideat […]« (Conf. XIII,11,12, ebd., S. 247/48).
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mögen, wodurch sich die Momente der Trinität zur Selbstbeziehung des Lebendigen zusammenschließen. ›Denken, Wissen (Einsicht)‹ gehören in die Struktur von ›Sein und Wollen‹. 4) Im Denken finden wir die Abhängigkeit des Denkens von Sein und Wollen. Ohne ›Intentionalität‹ sind die Bewußtseinsakte nicht zu denken. ›Bewußtsein‹ selbst ist Ausdruck von Intentionalität. Bei dieser ›Abhängigkeit‹ geht es nicht darum, das Denken voluntaristisch dem Wollen (oder der ›Liebe‹) zu subordinieren – im Gegenteil: Der Geist soll – als Bild der Trinität – die wechselseitige Abhängigkeit von ›Sein, Wissen und Wollen‹ als wechselseitige Beziehung erkennen, um seiner selbst mächtig zu werden. Es ist die kreatürliche Relationalität von ›Sein, Wissen und Wollen‹, mit der das zu Grunde liegende ›eine Leben‹ im Geist erscheint. Die Relationalität von ›Sein, Wissen und Wollen‹ ist die ›Spur‹ der Trinität in uns, als deren Entsprechung die schöpferische Natur Gottes gedacht wird. Denken der Trinität wird zum Bild der Trinität in uns. Es wird insofern zum Bild – so Augustinus Erläuterung in De civitate dei 11,26 –, als wir ›sind und wissen, daß wir sind, und dies unser Sein und Wissen lieben‹. Diese wechselseitige Beziehung von Sein, Wissen und Lieben hat ihr Fundament und ihr Gewißheitskriterium in der unbezweifelbaren Evidenz faktischen Daseins. »Wenn ich mich täusche, bin ich.«43 Die Gewißheit faktischen Seins ist mit dem Wissen um das Wollenmüssen von Einsicht verbunden. Die Evidenz selbstbewußten Daseins also ist eine Evidenz seiner Kontingenz. Begreifen wir diese Kontingenz als ›Bild‹, so ist es gleichsam denknotwendig ursprünglich, daß wir sie als ›Bild von etwas‹ denken – sonst wäre das Bild nicht Bild. Im Bewußtsein, das sich als endliches Bild der göttlichen Trinität gedacht wird, gelangt zur Erscheinung, was als diese Trinität gedacht wird. 43
»Si enim fallor, sum. […] procul dubio in eo, quod me uovi esse, non fallor. […] Sicut enim uovi me esse, ita uovi etiam hoc ipsum, nosse me. Eaque duo cum amo, eundem quoque amorem quiddam tertium […] adiungo.« (De civ. dei 11, 26, hg. v. B. Dombart/A. Kalb, Turnhout 1955, S. 345/46) – Vgl. auch De trin. X,10,14, S. 118/19 (u. Anm. 36, S. 401).
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b) Die trinitarische Selbstentfaltung des Geistes ist eine Analyse des Grundes unserer Bewußtseinsakte. Dieser Grund der Bewußtseinsakte – und damit der Grund der Lehre der Trinität – ist die Erinnerung. Was bei Plotin als das Eine jenseits der Denkbestimmungen gedacht wird, begreift Augustinus als Moment der Struktur Erinnerung.44 Das Finden trinitarischer Strukturen im Denken ist ein Finden der in der Erinnerung fundierten und als Erinnern sich vollziehenden Beziehung des Geistes auf sich selbst. Die Memoria ist zu begreifen als Erinnern von etwas (in Relation zum Erinnerten) im gleichzeitigen Begreifen der Struktur Erinnerung. Es ist diese Doppelrelationalität der Erinnerung, durch die sie sich vom Gedächtnis – in der Funktion des Gedächtnisses wird das Erinnern mit dem Erinnerten gleichgesetzt – unterscheidet und mit der sie der Selbstreflexion des Geistes zugrundeliegt. Zugleich bedeutet diese Selbstreflexion eine Selbstentfaltung und Selbstexplikation des ›Funkens der Vernunft, in dem zum Bild Gottes gemacht‹ wir uns denken – der »scintilla rationis, in qua factus est (homo) ad imaginem Dei«.45 Es ist die Erinnerung selbst als das ›Verborgene des Geistes‹, in der die göttliche Gegenwart dieses Funkens der Vernunft immer von neuem erinnert wird. Die Erinnerung ist der Grund im Bewußtsein – wenn ›Grund‹ nicht nur Fundus, sondern auch Motiv (Strebung, Interesse, Intentionalität) heißt. Auf ihr beruht die dreigliedrige Struktur von memoria, intellegentia, voluntas, die Selbstbeziehung in der Beziehung auf Anderes erklärt: »Nichts aber ist so sehr in meiner Erinnerung wie die Erinnerung selbst. Also erinnere ich mich ihrer ganz. Ebenso weiß ich, daß ich einsehe, was immer ich einsehe, und ich weiß, daß ich will, was immer ich 44
Das verändert den Begriff der Erinnerung von Grund auf. Vgl. J. Kreuzer, Pulchritudo, a.a.O., S. 31ff.; zu den Konsequenzen (wie der möglichen Aktualität) dieses veränderten Erinnerungsbegriffs vgl. auch ders., Gestalten mittelalterlicher Philosophie, a.a.O., S. 17ff., 38ff. 45 Vgl. De civ. dei, a.a.O., S. 847. – Eckhart wird diese »scintilla rationis« mit »Seelenfunken« übersetzen.
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will; was ich aber weiß, das erinnere ich. Also erinnere ich meine ganze Einsicht und meinen ganzen Willen.« (De trin. X,11,18, vgl. S. 124/25) In den Akten des Denkens gehören Erinnern, Einsehen und der Wille (zum Erinnern, Einsehen und zum Wollen des Erinnerns und Einsehens) zusammen. In der konkreten Tätigkeit des Geistes sind Sich-Erinnern, Einsehen und Wollen ›ein Leben, ein Geist, ein Wesen‹: una vita, una mens, una essentia (De trin. X,11,18, vgl. S. 126/27). Das Vermögen der Erinnerung ermöglicht die Selbstgegenwärtigkeit des Geistes. Das besagt aber nicht, daß er in dieser Selbstgegenwärtigkeit – der augenblickshaften Akte bemerkten Erinnerns – verharren würde oder auch nur könnte. In der Erinnerung kommt das Vergehen der Zeit nicht zum Stillstand. Es hält in ihr vielmehr an. Augustinus erläutert das daran, wie ›Rhythmus‹ und ›Melodie‹ erfaßt werden. Die »numerositas soni« wird im Vergehen der Töne, mit diesen gleichzeitig als »ohne Zeit in einem gewissen verborgenen und hohen Stillschweigen stehend erfaßt«.46 An der Ästhetik des Hörens wird klar, daß das Verstehen und Erinnern eines Sinnganzen keine ›Entzeitlichung‹ des Denkens, sondern die Bereitschaft zur ›Verzeitlichung‹ voraussetzt. Erinnern vollzieht sich in vielen, wenn man so will, ›kleinen‹ (›unthematischen‹) Erinnerungsvorgängen, die jeweils nicht eigens bewußt (als solche thematisch) werden.47 Sie sind als ›geheimes Wissen‹ (arcana notitia) in der Erinnerung, die dadurch zum »Verborgenen des Geistes« wird: zum »abditum mentis« – zum ›Abgrund‹ der »abstrusior profunditas memoriae«.48 Der terminus abditum 46
»[…] soni per moras temporis transeuntis numerositas comprehendatur sine tempore stans in quodam secreto altoque silentio […]« (De trin. XII,14,23, a.a.O. (CCL), S. 377). 47 Leibniz wird mit seiner Rede von den »petites perceptions« darauf zurückkommen: vgl. Nouveaux Essais, Vorrede; II,21, § 12; II,27, § 13, 14; Monadologie §§ 14,19. 48 »sicut […] in arcana quadam notitia sunt recondita, quae memoria nuncupatur« (De trin. XIV,6,8, S. 196/97); »hinc admonemur esse nobis in abdito mentis quarundam rerum quasdam notitias« (XIV,7,9, S. 200/01). Zur »abstrusior profunditas memoriae« als »memoria principalis« vgl. XV,21,40/ 41, S. 336/37.
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mentis und die Rede von der abstrusior profunditas memoriae sind keine Formeln für etwas, was die Kraft des Denkens überstiege oder zu dem über die Grenzen des Denkens hinaus ›aufzusteigen‹ wäre. ›Abgrund des Geistes‹ heißt vielmehr, daß das Vermögen der Erinnerung nicht wieder auf einen anderen ›Grund‹ zurückgeführt werden kann. Erinnern ist nicht der sekundäre, sondern der primäre Bezug, in dem der Geist sich vorfindet.49 Deshalb konstatiert Augustinus, daß in der Erinnerung die Art und Weise des Denkens fundiert ist: »in memoria est cogitandi modus« (De trin. XI,8,14, S. 166/67). Deshalb heißt es, daß von dem, was in der Erinnerung enthalten ist, die ›Sehkraft des Denkenden‹ geformt wird: »ex memoria recordantis acies informetur« (vgl. De trin. XIV,7,10, S. 200/01). Deshalb nennt Augustinus schließlich Denken ein ›Erinnern seiner selbst‹: »memoria sui« (De trin. XIV,6,8, S. 196/97). c) Mit seinem Memoria-Konzept erklärt Augustinus die Evidenz, daß jedes Erinnern Wiedererinnern ist – diese Evidenz ist der sachliche Kern von Platons Anamnesistheorem –, ohne die von Platon hinzugefügte mythische Annahme einer Präexistenz der Seele.50 Augustinus erklärt – vornehmlich in Buch X der »Confessiones« und in »De trinitate« – das Faktum der Wiedererinnerung als innerzeitlichen Akt. Wiedererinnerung beruht darauf, daß die Erinnerung keine (innere) Kopie eines Vergangenen, sondern daß sie »ohne Absurdität« das Vermögen der Erinnerung des Gegenwärtigen ist.51 Weil die memoria das Vermögen der Erinnerung des Gegenwärtigen ist, läßt sich sowohl 49
Das gilt gerade für den Gegenstand der Trinität: das Erinnern Gottes. Vgl. Menon 82a–85b, Phaidon 72e–76d, Phaidros 249c–251d. – Leibniz wird bemerken, daß Platons Lehre von der Wiedererinnerung ausgezeichnet überlegt sei – vorausgesetzt, man reinige sie vom »Irrtum der Präexistenz (l’erreur de la preexistence)« (vgl. Discours de Métaphysique, § 26). Eben dies hat Augustinus geleistet. 51 »quapropter sicut in rebus praeteritis ea memoria dicitur qua fit ut ualeant recoli et recordari, sic in re prasenti quod sibi est mens memoria sine absurditate dicenda est qua sibi praesto est ut sua cogitatione possit intellegi et utrumque sui amore coniungi.« (De trin. XIV,11,14, S. 216/17) 50
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erklären, was Wiederinnerung heißt, als auch, inwiefern sich im Bewußtsein findet, wovon sich eben dieses Bewußtsein als endliche Entsprechung denkt. Das wird zu einem zentralen Moment in der philosophischen Rekonstruktion des Begriffs der Trinität werden. Zugleich ist diese Entdeckung, daß Erinnern einen Akt relationaler Synthesis bedeutet, eine der Innovationen von Augustinus, die weit über den philosophiegeschichtlichen Ort ›Spätantike‹ hinausreichen. Denn nicht zuletzt die Analyse von Sinn und Vermögen der Erinnerung ist es, die ihn von Plotin unterscheiden und über ihn hinausgehen lassen.52 Plotin setzt das Denken ausdrücklich dem Erinnern (dem mnemoneúein) entgegen und denkt dieses Erinnern als eine Art von Abspeichern (als ein Aufbewahren) des Wahrgenommenen. Die Seelenkraft der mnéme gehöre mit dem Vorstellungsvermögen (dem phantastikon) zusammen und sei im Unterschied zur Anamnesis, die mit der Zeit (dem chrónos) nichts zu tun habe, zeitgebunden. Aber auch für dieses zeitliche Erinnern der Seele (der konkreten Einzelseelen nur als deren Teil) sei entscheidend, daß die ›gute Seele nach oben‹ strebt, um das menschliche Mühen und mit ihm das Erinnern – dies Dasein also der Endlichkeit – zu vergessen. Insofern gelte, daß ›die gute Seele vergeßlich‹ ist. Sie flieht aus dem Vielen in die Erinnerungslosigkeit des Einen.53 Habe die Seele durch dies Vergessen den Bereich des Noetischen erreicht, dann gebe es dort nicht nur keine erinnerten Dinge, sondern auch kein Erinnern mehr. Denn Erinnern erzeugt Andersheit: es sei Ausdruck eben jenes ›Fehlers‹, daß die Seele nicht im ›Einen‹ verharrt. Erinnern hat mit dem 52
Ansätze, die in die Richtung von Augustinus’ Memoria-Analyse weisen, finden sich bei Aristoteles – etwa wenn es in »Περì μννης καì ναμνσευς (Über Gedächtnis und Erinnerung)« heißt, daß die Erinnerung ein höheres oder umfassenderes Prinzip habe als das bloß das Vergangene aufbewahrende Gedächtnis, oder wenn es heißt, daß sich diese Aufbewahrungsfunktion des Gedächtnisses bei vielen Lebewesen finde, das Vermögen der Erinnerung hingegen eine Art von Schluß (ein σωλλογισμóς) sei, der sich bei keinem anderen Lebewesen als beim Menschen finde (vgl. Περì μννης καì ναμνσευς 451b9/10, 453a14). 53 Vgl. Enneade IV,3,25–32.
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›Vielen‹ und Zeit als Form wie Bedingung des Werdens zu tun. Es verzeitlicht das Denken: daher die mnéme der Erinnerung auch dann, wenn sie sich auf ›das Beste‹ richtet, nicht selbst das Beste ist. Denn sie beziehe sich auf geschehene (gewordene) und vergangene Dinge.54 Deshalb stehe das Vermögen der Erinnerung unterhalb der Seele: Es ist die Erscheinungsweise der Vielheit des Endlichen, die gerade überwunden werden soll. Zusammengefaßt: Plotin verknüpft die Erinnerung mit Zeit als Bedingung (der Vielheit) diesseitiger Existenz, bindet dabei das Erinnern an die Zeitdimension Vergangenheit und setzt ihm Vergessen als ekstatische Einung jenseits aller Verbindung mit dem Zeitlichen entgegen. Im Aufstieg zu diesem Einen wird die Erinnerung nicht nur im Hinblick auf ihre möglichen Gegenstände (das ›Erinnerte‹), sondern auch als Methode oder der Form nach überwunden. Ist bei Plotin die gute Seele vergeßlich, so zeichnet sie sich bei Augustinus dadurch aus, daß sie erinnert.55 Sie geht über ihre Endlichkeit hinaus, indem sie sich ihrer erinnert. Die »Confessiones« insgesamt sind Dokument dieser Erinnerungsarbeit – und reflektieren sie. Dies geschieht insbesondere in Buch X, einschließlich der Definition, daß ›die Erinnerung die Kraft des Lebens im sterblichen lebenden Menschen ist‹, aus der dann 54
Vgl. Enneade IV,4,1–6. – In der Enn. IV,6 wird die Aufbewahrungsfunktion des Erinnerns (die Erinnerung als Gedächtnis der mnéme) als Mitte gedacht, in der die Seele Wahrnehmung von beidem (dem täuschenden Vielen wie dem Noetischen) hat (vgl. IV,6,3,10ff.). Zugleich wird (wie schon von Platon, vgl. Theaitetos 191d ff.) die Vorstellung kritisiert, Erinnern sei ein ›Behalten von Abdrücken‹ (vgl. IV,6,3,22ff.). In der Erläuterung, wie die ›Kraft‹ (dýnamis) der Seele, die sich im Erinnern zeigt, zu verstehen ist, gelangt Plotin freilich nicht darüber hinaus, was schon Aristoteles konstatierte: gegenüber dem ›Informationsspeicher‹, als der das Gedächtnis fungiert, habe die anamnésis des Erinnerns eine ›höhere‹ arché (vgl. Anm. 52). 55 Es geht hier um die Benennung der Differenz: Sie hat mit Begriff und Status wie Sinn und Vermögen der Erinnerung zu tun. – Daß »De trinitate« jenen Analysen der Selbstreflexion des Geistes in seinen Denkformen verpflichtet ist, die sich bei Plotin – bisweilen um vieles detaillierter – finden, bleibt hiervon unberührt.
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folgt, daß beim Hinausgehenwollen über das Vermögen der Erinnerung die memoria nicht nur Objekt, sondern immer zugleich Subjekt eben dieser Transzendenz ist. Denn woher rühre das Bedürfnis, die ›Kraft der Erinnerung‹ zu überschreiten, wenn nicht aus der Erinnerung selbst – wie könnte ›Gott gefunden werden, wäre der Geist seiner nicht eingedenk‹.56 Die Memoria enthält damit beides: die Erinnerung der eigenen Endlichkeit sowie – und zwar gerade durch diese erinnerte Endlichkeit – die Erinnerung dessen, was diese Endlichkeit transzendiert.57 Bringt Augustinus in den »Confessiones« die Erinnerung als Kraft des Lebens im sterblich lebenden Menschen zur exemplarischen Darstellung, so rückt in »De trinitate« eben diese memoria in die Mitte der begrifflichen Rekonstruktion dessen, was das menschliche Bewußtsein als göttliche Trinität in sich findet (und erinnert). Es sind namentlich die in dieser Studienausgabe enthaltenen Bücher von »De trinitate«, die der bewußtseinstheoretischen Fassung dieses Findens Gottes im Bewußtsein dienen. ›Finden‹ (inventio) bedeutet, so Augustinus’ etymologische Deutung, nichts anderes als ein ›Gehen in das, was gefragt oder gesucht wird‹: ein »in id venire quod quaeritur« (De trin. X,7,10, S. 110/111). Indem wir in den Grund des Gott denkenden Bewußtseins gehen, finden wir in uns selbst, weshalb wir unser Denken als Bild der göttlichen Trinität denken.
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»[…] tanta uis est memoriae, tanta uitae uis est in homine uiuente mortaliter! Quid igitur agam, tu uera mea uita, deus meus? Transibo et hanc uim meam, quae memoria uocatur, transibo eam […]. Transibo ergo et memoriam […], ut ubi te inueniam […]? Si praeter memoriam meam te inuenio, immemor tui sum. Et quomodo iam inueniam te, si memor non sum tui?« (Conf. X,17,26, a.a.O., S. 168/69) 57 Einsichtig und begriffen wird dieser Doppelbezug der Memoria an dem, was »pulchritudo« heißt: am Schönen erfahren wir, was Erinnern im Grunde bedeutet. Zum Ganzen vgl. Verf., Pulchritudo – Vom Erkennen Gottes bei Augustin, a.a.O.
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5. Zum Aufbau der ganzen Schrift Augustinus hat die philosophische Rekonstruktion des Trinitätstheorems nicht mit der begrifflichen Bündigkeit und noetischen Stringenz vorgetragen, die z. B. Plotins Enneaden zeigen. Man merkt den fünfzehn Büchern »De trinitate« die lange Entstehungszeit an. Der Text ist bisweilen mäandrisch, es gibt Wiederholungen in einem die Funktion des didaktischen Fingerzeigs weit übersteigenden Maß, Redundanzen und Disproportionen. Nicht zuletzt das mag es rechtfertigen, innerhalb dieser Studienausgabe nicht den ganzen Text von »De trinitate« zu präsentieren. Im folgenden soll, auch um eine Art Skizze des Gesamtaufbaus zu geben, auf die hier fehlenden Bücher von »De trinitate« zumindest hingewiesen werden. Ausgangspunkt für das ganze Unternehmen ist das Symbolon von Nizäa. Augustinus will Rechenschaft darüber geben, daß die »Dreieinheit der eine und einzige und wahre Gott ist, und daß man zurecht sagt, glaubt und einsieht, daß Vater und Sohn und Heiliger Geist von einer Substanz und eines Wesens sind.«58 Dieses Rechenschaftgeben erfolgt zunächst durch die Überprüfung wie Sicherung des biblischen Glaubensgegenstandes. Augustinus bietet hier in den Büchern I bis IV ein weitausholendes und breites Cento von einschlägigen Bibelstellen. Wird dadurch die »fides« und mit ihr der Glaubensgegenstand ›Trinität‹ exponiert, so zieht Buch V daraus eine erste Konsequenz, die philosophisch relevant ist. Das ist die mit dem Begriff der Trinität – sowohl ihrer ›inneren‹ Form nach als auch als kreative Kausalität in ihrer Beziehung ›nach außen‹ – verbundene Aufwertung der Kategorie der Relation. Die Relation (Aristoteles’ πρóς τι) ist die der Trinität sozusagen naturgemäße Kategorie. ›Beziehungs58
»Quapropter […] suscipiemus […] reddere rationem, quod trinitas sit unus et solus et uerus deus, et quam recte pater et filius et spiritus sanctus unius eiusdemque substantiae uel essentiae dicatur, credatur, intellegatur […]« (De trin. I,2,4, a.a.O. (CCL), S. 31).
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haftigkeit‹ ist nicht mehr der Ausdruck des defekten Status der sinnlichen Welt gegenüber dem göttlich Einen. Als Relation rückt vielmehr eben diese unhintergehbare Beziehungshaftigkeit ins Zentrum des kategorialen Interesses. Denn gerade im Hinblick auf Gott als kreative Instanz gebe es »[…] auch beziehentliche Aussagen […], das heißt solche, die nicht in bezug auf sich selbst selbst, sondern in bezug auf etwas, was es selbst nicht ist, gelten. So besagt Vater eine Beziehung zum Sohn oder Herr eine Beziehung zu den ihm dienenden Geschöpfen.« (XV,3,5, S. 254/55) Sowohl für die innere Form der göttlichen Trinität wie für die Rede von creator und creatura wird die Relation zur entscheidenden Kategorie.59 Trotz teilweiser verbaler Depravierung der Relation setzt Augustinus damit den Prozeß ihrer »Rehabilitierung« in Gang.60 Buch VI gilt wieder der Bibelexegese – der Sicherung des (zu rekonstruierenden) Befundes, daß der trinitarische Gott »nicht dreiteilig, sondern dreieinig« ist, wie es in der Übersicht von Buch XV heißt (vgl. S. 254/55). Bemerkenswert ist der Schluß von Buch VI. Im Kommentar der Kurzdefinitionen, die Hilarius v. Poitier bezüglich dessen, was den Personen der Trinität eigentümlich sei – die ›Ewigkeit sei im Vater, die Gestalt im Bild, der Gebrauch im Geschenk‹ –, gegeben hat, formuliert Augustinus Ansätze einer Theorie des Bildes bzw. der Semantik dessen, was ein Bild ist. »Erfüllt ein Bild dasjenige vollendet, dessen Bild es ist, dann gleicht es sich diesem an, nicht jenes seinem Bild. In diesem Bild hat er (Hilarius) die Gestalt benannt, wegen der Schönheit, die da schon von so großer Übereinstimmung und
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Vgl. übrigens auch die parallele Argumentation in Boethius’ »Quomodo trinitas unus deus ac non tres dii«: »Age nunc de relativis speculemur pro quibus omne quod dictum est sumpsimus ad disputationem […]« (Tract. I, V, zitiert nach: A.M.S.Boethius, Die Theologischen Traktate, hg. v. M. Elsässer, Hamburg 1988, S. 20). – Zum Ganzen vgl. auch Art. »Kategorie« in: Hist. Wörterbuch der Philosophie, hg. v. J. Ritter u. a. (im folgenden: HWPh), Bd. 4, Basel 1976, 716 ff. 60 Vgl. K. Flasch, Augustin, a.a.O., S. 353; vgl. auch B. Mojsisch, Art. »Relation«, in: HWPh, Bd. 8, Basel 1992, 586.
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erster Gleichheit und erster Ähnlichkeit ist, daß sie nicht abweicht und auf keine Weise ungleich und aus keinem Teil unähnlich ist, sondern bis zur Dieselbigkeit dem entspricht, dessen Bild sie ist.«61 In dieser ›Diesselbigkeit‹ bedeutenden ›Entsprechung‹ gründet die Schönheit (zum Beispiel) eines Bildes. Dieses Bildtheorem – expliziert für die innertrinitarische Form des Bildes, formuliert aber auch für die ›Spur‹, mit der die göttliche Trinität in der sie reflektierenden Schöpfung erscheint62 – wird für die weitere Tradition (zusammen mit dem neuplatonischen Denken des Bildes) entscheidend (vgl. die in 7.a) folgenden Hinweise zu Eckhart).63 Es gehört zum Bewußtsein des Bildes (wie zur Semantik des Bild-Sehens), daß in ihm erscheint, wovon es Bild gedacht wird. Was Augustinus hier in grundlegender Weise formuliert, reicht zugleich weit über die Epochengrenze ›Mittelalter‹ hinaus. Buch VII kehrt noch einmal zum biblischen Befund und der Diskussion zurück, inwiefern nicht nur der »pater« Kraft und Weisheit ist (vgl. 1 Kor. 1,24), sondern auch »filius« und »spiritus«. In diesem Zusammenhang stößt Augustinus auf den sich der Übersetzung des nizäischen »μíα οσíα, τρες ποστáσεις« mit »una substantia, tres personae« verdankenden terminus »persona«. Von ihm hatte es bereits in Buch V geheißen, daß die Rede von ›drei Personen‹ ein Elaborat großer sprachlicher Not sei: ›drei Personen‹ wäre gesagt worden, nicht, um jenen Sachverhalt auszudrücken, sondern um nicht schweigen zu müs-
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»Imago enim si perfecte implet illud cuius imago est, ipsa coaequatur ei non illud imagini suae. In qua imagine speciem nominauit, credo propter pulchritudinem ubi iam est tanta congruentia et prima aequalitas et prima similitudo nulla in re dissidens et nullo modo inaequalis et nulla ex parte dissimilis, sed ad identidem respondens ei cuius imago est […].« (De trin. VI,10,11, a.a.O. (CCL), S. 241) 62 »Oportet igitur ut creatorem per ea quae facta sunt intellecta conspicientes trinitatem intellegamus cuius in creatura quomodo dignum est apparet vestigium.« (De trin. VI,10,12, ebd., S. 242) 63 Vgl. J. Kreuzer, Der Raum des Sehens, in: Gestalten mittelalterlicher Philosophie, a.a.O., S. 169–205.
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sen.64 Nun gibt es aber mit der Übersetzung den zu erklärenden Sachverhalt ›Person‹. Er rückt sogar ins Zentrum des Interesses: Denn wenn bezüglich der göttlichen Trinität von ›drei Personen‹ die Rede ist, dann ist es eben das den dreien Gemeinsame, was Person bezeichnet.65 Freilich gerät hier die Argumentation mehrfach ins Stocken – Augustinus gesteht, daß diese Wörter aus dem Zwang heraus geboren wurden, gegen die »Angriffe und Irrtümer der Häretiker« über die Trinität als in sich unterschiedene Einheit und sich in sich unterscheidendes ›Eines‹ reden zu müssen.66 Relevant bei den Ansätzen in »De trinitate« ist, daß die Semantik von Person nicht aus einer ›Gottesebenbildlichkeit‹ deduziert, sondern aus der Analyse der funktionalen Verwendung des Begriffs abgeleitet wird. Dazu eine kurze Bemerkung. Person meint eine Beziehung und die Rede von drei Personen sage eine Beziehungsstruktur aus. Person ist nicht die Eigenschaft einer zugrundeliegenden Substanz, sondern die Art, wie diese jeweils als Subjekt erscheint. Von der Sache her denkt Augustinus damit Person – auch wenn er gelegentlich »persona« und »substantia« identifiziert – als funktionalen Begriff einer sich in sich differenzierenden Einheit, d. h. als Relation. Dies wird z. B. deutlich, wenn De trin. XV,7,11 jeder einzelne Mensch als Person bezeichnet wird – wobei »persona« für jene intentionale Struktur des Bewußtseins steht, die mit dem Ternar »mensnotitia-dilectio« reflektiert wird. Sofern Dasein diese intentionale Struktur zeigt, ist es personales Dasein. Person bezeichnet damit nicht eine Natureigenschaft, sondern ein Verhalten zu Natur: »diese drei (mens-notitia-dilectio) sind so im Menschen, daß sie nicht der Mensch selbst sind.« Im Verhalten zu Natur (auch zur eigenen) besteht die »essentia« der jeweils psycho64
Vgl. De trin. V,9,10, S. 384/85. »Quid igitur tres? Si enim tres personae, commune est eis id quod persona est.« (De trin. VII,4,7, a.a.O. (CCL), S. 257) 66 »Quid igitur restat? An ut fateamur loquendi necessitate parta haec uocabula cum opus esset copiosa disputatione aduersus insidias uel errores haereticorum?« (De trin. VII,4,9, ebd., S. 259) 65
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physischen Entität ›Person‹. Im Unterschied zu den göttlichen Personen, die als drei verschiedene gleichwohl ›eines Wesens sind‹, ist jede menschliche als »una persona« ein Wesen: »una essentia«.67 Weil kreatürliches Dasein endliches Dasein ist, unterscheidet sich jede menschliche Person von jeder anderen ihrem ›Wesen‹ nach: qua »essentia«. In seiner Endlichkeit also gründet die Singularität und Unwiederholbarkeit personalen Daseins. Dieser relationstheoretische Ansatz unterscheidet Augustinus’ Personbegriff von Boethius’ wirkmächtig gewordener Definition als »naturae rationabilis individua substantia«, die substanzontologisch verfährt und ›Person‹ wie ein Ding im Kosmos der Natursubstanzen denkt.68 Ebenfalls im Zusammenhang mit dem μíα οσíα, τρες ποστáσεις von Nizäa hält Augustinus fest, daß ›usía‹ eigentlich oder besser mit »essentia« zu übersetzen sei, nicht mit »substantia«. Was als Wesen Gottes gedacht wird, ist keine Substanz, die Eigenschaften hat, sondern zu denken als etwas, was seine Eigenschaften ist.69 Diesen Sinn von οσíα gebe das Wort »essen67
»sed haec tria ita sunt in homine ut non ipsa sint homo. […] (per naturam dei) tres personae sunt unius essentiae non sicut singulus quisque homo una persona.« (De trin. XV,7,11, S. 272–275) 68 Vgl. A.M.S. Boethius, Contra Euty. et Nest. (=Tract. V), V,3, a.a.O., S. 74 ff. – Vgl. M. Lutz-Bachmann, Person und Natur in den Opuscala Sacra des A.M.S. Boethius, in: Theologie und Philosophie 58; J. Kreuzer, Der Begriff der Person in der Philosophie des Mittelalters, in: D. Sturma (Hrsg.), Person. Philosophiegeschichte-Theoretische Philosophie-Praktische Philosophie, Paderborn 2001. 69 In den »Confessiones« referiert Augustinus seine Lektüre von Aristoteles‹ Kategorienschrift und bekennt, daß sie ihm eher geschadet habe, da er versucht habe, Gott mittels der Kategorie der Substanz zu denken, als wäre er »Träger« von Eigenschaften wie die Körper, denen ihnen zufällige Eigenschaften prädiziert werden. Gott aber sei keine Substanz, der als Träger ihre Eigenschaften akzidentell sind, sondern er sei seine Eigenschaften selbst (vgl. Conf. IV,16,29; vgl. auch Soliloquia II, 22). Inwieweit Augustinus’ Auffassung und Kritik – »aliud est substantia […] aliud qualitas eius« (vgl. De civitate dei 11,10, a.a.O., S. 331) – Aristoteles’ Kategorienschrift gerecht wird, kann hier nicht diskutiert werden (vgl. Aristoteles, Kategorien, übers. u. erl. v. K. Oehler, Berlin 31997, S. 242ff.).
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tia« insofern (besser) wieder, als es – analog dazu, wie »sapientia« von »sapere (schmecken und deshalb verständig bzw. weise sein)« und »scientia« von »scire (wissen)« komme – von dem, was »esse« (zu sein) heißt, abgeleitet sei.70 Weil Substanz etwas meine, dem seine Eigenschaften nur zufällig prädiziert würden, sei es offenkundig, daß »Gott mißbräuchlich Substanz genannt werde, um mit einem geläufigeren Namen ›essentia‹ einsichtig zu machen, wie es wahrhaft und eigentlich heißen müsse, so daß vielleicht Gott allein ›essentia‹ genannt werden sollte.«71 Gerade hier ist es mißlich, daß sich Augustinus nicht an seine begriffslogische Präzisierung hält. So setzt er nach der eben zitierten Ableitung des Begriffs »essentia« von »esse« umstandslos essentia doch wieder mit substantia gleich: beide enthielten Akzidenzien, in denen Veränderung stattfinde.72 Die Brisanz, die die substanzkritische Deutung von essentia bezüglich eines dingontologischen Substanzbegriffs hat, liegt auf der Hand. Doch läßt Augustinus das Potential dieser Kritik am traditionellen Substanzbegriff wegen seines notorischen Desinteresses an terminologischer Präzision ungenutzt. »De trinitate« gibt hier nur eine Anregung. Das gilt ebenso für die mit dem zu reformulierenden Substanzbegriff verbundene Reinterpretation der Kategorien»melius hoc appellatur essentia, quam graeci οσíαν uocant. sicut enim ab eo quod est sapere dicta est sapientia et ab eo quod est scire dicta est scientia, ita ab eo quod est esse dicta est essentia.« (De trin. V,2,3, S. 370) – Zu essentia als »nouum nomen« und »uerbum expressum a uerbo« vgl. De civitate dei 12,2 und De moribus eccl. cath. 2,2,2. Zu diesem Wort, das die ›alten‹ Lateiner nicht kannten vgl. Seneca, ep. 58,6; Quintillian Inst. or. II,14,2; III,6,23–24. 71 »Unde manifestum est deum abusiue substantiam uocari ut nomine usitatiore intellegatur essentia, quod uere ac proprie dicitur ita ut fortasse solum deum dici oporteat essentiam.« (De trin. VII,5,10, a.a.O. (CCL), S. 261) – Vgl. H. Deuser, Trinität und Relation, in: Marburger Jahrbuch Theologie X (1998). 72 Vom ›esse‹ im »ego sum qui sum« von Ex. 3,14 unterschieden sich »quae dicuntur essentiae siue substantiae« und »capiunt accidentias quibus in eis fiat […] mutatio; deo autem aliquid eiusmodi accidere non potest.« (De trin. V,2,3, S. 370) 70
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lehre, in deren Zentrum die Kategorie der Relation zu stehen hätte. Es ist Johannes Scottus Eriugena, der diese Reinterpretation und Neuformulierung der Kategorien vornehmen wird.73 Daß diese Studienausgabe mit Buch VIII einsetzt, läßt sich mit Augustinus selbst rechtfertigen: Im rückblickenden Kommentar hält er fest, daß in »De trinitate« erst mit Buch VIII der eigentliche Gegenstand erreicht werde. »Wenn wir uns nämlich erinnern, wo unserer Vernunft in diesen Büchern die Dreieinheit aufzuleuchten begann, so begegnete uns das achte Buch […], als wir zu der Liebe kamen, die in der Heiligen Schrift Gott genannt wird.«74 Buch VIII wie die Bücher IX bis XI enthält diese Studienausgabe komplett. Ihre Funktion im Aufbau und in der Abfolge der Argumentation hat Augustinus selbst erläutert (vgl. S. 256–259). Buch XII markiert einen Einschnitt in der Entstehung von »De trinitate«: dieses zwölfte Buch sei noch nicht beendet gewesen, als der unfertige Text ohne Augustinus’ Zustimmung veröffentlicht wurde, was ihn fast bewogen hätte, das ganze Unternehmen zurückzuhalten. Nur auf Druck habe er dann »De trinitate« dennoch verbessert und überarbeitet, vervollständigt und schließlich herausgegeben, heißt es im Rückblick der »Retractationes«.75 Man merkt diesen Einschnitt dem Gesamtaufbau an. Das Programm, mit dem Augustinus Buch XI abgeschlossen hatte – im ›inneren Menschen‹ sei nun jene »trinitas« zu suchen, deren Spuren vorher in den Akten sinnlicher Wahrnehmung
73
Unter ausdrücklicher Berufung auf »De trinitate« heißt es in »Periphyseon«: »Aristoteles (conclusit) innumerabiles uarietates (quae post deum sunt et ab eo creata e ) in decem uniuersalibus generibus […], quae decem kategorias, id est praedicamenta, uocauit. […] sed, ut ait sanctus pater Augustinus in libris de Trinitate, dum ad […] divinae essentiae inuestigationem (pervenitur) kategoriarum uirtus omnino extinguitur.« (J.S. Eriugena, Periphyseon I, 463A–B, hg. v. I.P. Sheldon-Williams, Dublin 21978, S. 84) 74 Vgl. De trin. XV,6,10, S. 268–71. 75 Vgl. Retract. II,15,1.
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analysiert worden waren (vgl. S. 176/77) – kommt nicht voran. So schließt Buch XII erneut mit der Absicht, ›nach innen aufzusteigen‹: »introrsum ascendere« (XII,15,25). Dem geht, sachlich relevant, vorher a) die Unterscheidung zwischen ›Weisheit und Wissenschaft‹ und b) Augustinus’ explizite Kritik an Platons Verknüpfung des Wiedererinnerungstheorems mit der mythischen Annahme einer Präexistenz der Seele (De trin. XII,15,24). Zuerst zu b): Die Kritik gilt der mythischen Präexistenzannahme, mit der der »edle Philosoph« das Anamnesistheorem zu erklären suchte. Augustinus’ Kritik gilt nicht diesem Theorem selbst. Denn die Einsicht (oder Evidenz), daß jedes Erinnern ein ›Erinnern des Erinnerns‹ in sich schließt, teilt er mit Plato gerade. Nur gebraucht er zur Erklärung nicht die zusätzliche Hypothese einer Präexistenz der Seele. Erklärt werden vielmehr Faktum wie Geltung der Wiedererinnerung aus der Analyse der innerzeitlichen Semantik des Erinnerns. Erinnern bedeutet ein Zusammenbringen von zeitlich Verschiedenem im Vorübergehen von Zeit. Am Hören wird deutlich, wie das Vermögen der Erinnerung ein ›Erinnern des Erinnerns‹ in sich schließt (vgl. o., S. XXVII).76 Die Zeitlogik oder der Zeitsinn der Erinnerung erklärt die Möglichkeit (und Notwendigkeit), daß der Geist das vorübergehende Denken einer nicht vorübergehenden Sache in sich begreift.77 Nun zu a): der Unterscheidung zwischen »Weisheit« (»sapientia« als ›geistiger Erkenntnis der ewigen Dinge‹) und »Wissenschaft« (»scientia« als der Verstandeserkenntnis der zeitlichen Dinge).78 Diese Unterscheidung hat einen handlungsorientierenden Hintergrund: Von der Betrachtung des Ewigen 76
Zu diesem ›Erinnern des Erinnerns‹ (»Ergo et meminisse me memini« usw.) vgl. ausführlicher Conf. X,13,20; zur Erläuterung J. Kreuzer, Pulchritudo, a.a.O., S. 42ff. 77 Zur »rei non transitoriae transitoria cogitatio« vgl. De trin. XII,14,23, a.a.O. (CCL), S. 376/77. – Augustinus erklärt die Gegenwartserfahrung der Erinnerung, die das vorübergehende Zeitliche in seiner Verschiedenheit verbindet, am Sinn des Hörens (vgl. Anm. 46). Dies ist einer der Beispiele, die zeigen, daß und wie Augustinus’ ›ästhetische‹ Analysen unmittelbar bewußtseins- wie erkenntnistheoretische Relevanz haben. 78 Vgl. De trin. XII,15,25.
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unterschieden sei die Tätigkeit, in der wir die zeitlichen Dinge gut gebrauchen (sollen). ›Wissen‹ ist die Erkenntnis des Bereichs geschichtlichen Handelns, für das wir Verantwortung tragen.79 Es ist der Bereich instrumenteller Vernunft – des »uti«80 –, auf den sich die »scientia« bezieht. Von diesem ›uti‹ instrumenteller Zweckrationalität ist die »contemplatio« des Ewigen unterschieden. Die ethische oder handlungsorientierende Bedeutung dieses ›sapientialen Wissens‹ ist es, die Gültigkeit und Verbindlichkeit des Urteils über geschichtliches Handeln zu gewährleisten bzw. zu sichern. Gerade im Hinblick auf diese Unterscheidung zwischen der Verstandeserkenntnis der Wissenschaft(en) und dem Begründungswissen urteilender ›Weisheit‹ gewinnt die Eingangsthese von Buch XII ihr Gewicht: Wenn wir von der »Natur des Geistes handeln«, dann komme es darauf an, »die Verstandesbeschäftigung mit dem Zeitlichen nicht von der Betrachtung des Ewigen zu trennen, um dann nach einem Dritten zu fragen, in dem sich die Trinität erfüllt. Sondern in der ganzen Natur des Geistes muß sich die Trinität so zeigen, daß in dem einen und ungeteilten Geist die Trinität gefunden wird.«81 In Buch XV heißt es dann lapidar, daß da, »wo keine Wissenschaft ist, auch auf keine Weise Weisheit ist«.82 Buch XIII bedeutet eine Zäsur. Das Programm der bewußtseinsphilosophischen Rekonstruktion der Trinität, für das das Stichwort »fides quaerit, intellectus invenit« steht, scheint sich zugunsten der »fides« zu verschieben – zugunsten der abermaligen Sicherung des Glaubens, durch den oder in dem geglaubt wird. Buch XIII formuliert gewissermaßen die fideistische Zuspitzung der Unterscheidung zwischen Wissen und Weisheit,
79
»Distat tamen ab aeternorum contemplatione actio qua bene utimur temporalibus rebus, et illa sapientiae, haec scientiae deputatur.« (De trin. XII,14,22, a.a.O. (CCL), S. 375; zur »historica cognitio« vgl. ebd. S. 376) 80 Zu »uti – frui« als regulativen Grundbegriffen von Augustinus’ ›Ethik‹ vgl. Anm. 12 zu Buch IX (S. 399) und 39 zu Buch X (S. 402). 81 De trin. XII,4,4 (vgl. Anm. 37). 82 »aut quis non uideat ubi nulla scientia est nullo modo esse sapientiam.« (De trin. XV,6,10, S. 272/73)
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die in Buch XII einsetzte. Der Selbstkommentar lautet, daß ›im dreizehnten Buch bei Empfehlung des christlichen Glaubens behandelt wurde, inwiefern die im eigentlichen Sinne sogenannte Wissenschaft niedriger steht als die Weisheit und, mag sie auch schon zum inneren Menschen gehören, doch noch nicht als Bild Gottes bezeichnet oder dafür gehalten werden darf‹ (vgl. XV,3,5, S. 260/61).83 Erst mit dem Ende von Buch XIII schließt Augustinus diesen Exkurs ab und kehrt wieder zu dem argumentativen ›Punkt‹ zurück, der mit Buch XI erreicht war.84 Buch XIV – mit dem diese Studienausgabe wieder einsetzt – beginnt (vgl. XIV,1,1–4,6) mit einer Zusammenfassung der Resultate des Exkurses, den die Bücher XII und XIII bilden. Expressis verbis knüpft Augustinus dann an den in Buch X erreichten Diskussionsstand – von dem darauf zum ›äußeren Menschen‹ übergegangen war – an: »[…] Unter anderem also sagten wir im zehnten Buch, daß der Geist des Menschen sich selbst kenne […]« (usw.).85 Damit kehrt »De trinitate« zu seinem zentralen philosophischen Gegenstand zurück: zur Selbstreflexion der konkreten Natur des Geistes, durch die sich Spuren jener Trinität in ihm finden, auf Grund derer wir ihn als Bild eben dieser Trinität und damit deren erscheinende Wirklichkeit selbst zu begreifen vermögen. Nach dem Ternar »memoria-intellegentia-voluntas«, der in Buch X Geist als dynamische Selbstbeziehung einsichtig (»evidentior«) gemacht hat, sind es vor allem die Überlegungen zum »abditum mentis« (›Verborgenen des Geistes‹), d. h. der »inneren Erinnerung des Geistes«, die sich als der reflexiv nicht hintergehbare Grund des Bewußtseins im Bewußtsein zeigt, in Buch XIV und das Theorem vom ›inneren Wort‹ (»verbum intimum«) in Buch XV, die das Programm fortsetzen, die menschliche »mens« als erscheinende Wirklichkeit, d. h. als 83
In diesem Zusammenhang formuliert Augustinus denn auch sein Erbsünden- und Prädestinationstheorem mit gnadenloser Schärfe (vgl. De trin. XIII,12,16–15,19) 84 Der Ternar »memoria-acies-voluntas« am Ende von Buch XIII (XIII,20,26) schließt fast wörtlich an den von »memoria-cogitatio-voluntas« in Buch XI an. 85 Vgl. De trin. XIV,4,7, S. 192/93.
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Bild jener Instanz zu denken, die als und derer als göttliche Trinität gedacht wird. 6. Augustinus’ Innovationen Die erste und grundlegende der Innovationen, die Augustinus’ Selbstreflexion des Geistes enthält, mit der er diesen in seiner Endlichkeit als Bild der göttlichen Trinität denkt, betrifft Sinn und Vermögen der memoria. Es ist die Erinnerung, die als »abditum mentis« bzw. »memoria principalis« zum Grund im Bewußtsein wird. Sie ist modus cogitandi. Aus und von der memoria wird die Sehkraft des Denkenden geformt. Erinnern reduziert sich nicht auf ein retentional-reproduktives Aufbewahrungssystem. Es ist vielmehr in entscheidender Weise das Vermögen der Erinnerung des Gegenwärtigen (vgl. Kap. 4.b, 4.c dieser Einleitung). Der Sinn der Erinnerung erschöpft sich nicht darin, daß sie die sekundäre (›innere‹) Kopie eines primären (›äußeren‹) Datums wäre. Wäre Erinnern die bloße Kopie einer gegebenen Erfahrung (oder einer intelligiblen Entität), dann fiele es mit dem, was wir erinnern, dem Erinnerten, zusammen – dann könnte die Erinnerung in gleicher Weise zum Gegenstand der Erkenntnis gemacht werden wie andere Objekte auch. Augustinus aber entdeckt – gewissermaßen phänomenologisch in den »Confessiones« und trinitätslogisch in »De trinitate« –, daß es eine irrige (oder reduktive) Auffassung ist, wenn man Erinnern mit dem Erinnerten identifiziert. Deshalb unterscheidet er zwischen »memoria sui et intellegentia sui« (De trin. X,12,19, S. 126). Weil sich Erinnern von dem, was erinnert wird, unterscheidet, bedeutet die Erinnerung jenen Grund im Bewußtsein, der sich restloser Explikabilität entzieht. Deshalb ist Gott nicht nur Objekt der memoria, sondern immer zugleich ihr Subjekt – er ist als der mit dem Erinnern nicht identische Grund des Erinnerns in der memoria. Dadurch wird die Erinnerung zur ›Kraft des Lebens im sterblich lebenden Menschen‹.86 Das hat Augusti86
Vgl. Anm. 56.
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nus in den »Confessiones« zur Darstellung gebracht. Daran knüpft er – nicht nur wegen der ersten systematischen Äußerungen zum Begriff der Trinität an deren Ende (vgl. Conf. XIII,11,12) – in »De trinitate« an. Augustinus reformuliert Begriff und Status der Erinnerung. Zum einen rückt er sie ihrer funktionalen Geltung nach wieder an die Stelle, die die Anamnesis bei Plato hatte, zum anderen formuliert er (insbes. auch in den »Confessiones«) jenes ›höhere Prinzip‹, nach dem Aristoteles bezüglich der Unterscheidung des Vermögens des Erinnerns von der Funktion des Gedächtnisses gefragt hatte. Auf drei bewußtseins- wie geisttheoretische Konsequenzen dieser Revaluierung des Sinns der Erinnerung soll hier zumindest hingewiesen werden. Das ist a) die Intentionalität des Geistes, b) die Frage nach seiner Relationalität (und der damit zusammenhängenden Kategorienlehre) sowie schließlich c) die Erkenntnis der Sprachlichkeit des Geistes. ›Intentionalität, Relationalität und Sprachlichkeit‹ sind im Geist die Erfahrungsdaten, auf Grund derer wir vom Denken als Bild der Trinität sprechen. a) Intentionalität. Dem Denken eignet auf Grund der Erinnerung Intentionalität. Diese Intentionalität trifft sowohl für seine ›interne‹ Verfaßtheit wie für die sich selbst reflektierende Beziehung-auf-anderes zu. Die ›innere‹ Intentionalität der Denkakte erläutert Augustin damit, daß der ›Wunsch zu wissen‹ sich nicht auf einen Gegenstand richtet, der unbekannt ist, sondern gerade dann entsteht, wenn man sein Nichtwissen bemerkt und damit aus einem (nichtwissenden) Wissen heraus verstehen will. Augustinus hat dafür das Stichwort der »docta ignorantia« geprägt.87 Die Struktur ›wissenden Nichtwissens‹ und des auf einem ›Finden beruhenden, von einem Finden ausgehenden Suchens‹ gilt insbesondere für den Willen zur Selbsterkenntnis des Geistes. Gerade hier zeigt sich eine paradoxe Zusammengehörigkeit von
87
Zum Terminus »docta ignorantia« vgl. Augustinus‹ Brief an Proba (ep. 130, in: PL 33, 505). – Vgl. auch Anm. 9 zu De trin. IX,1,1 (S. 398).
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›Suchen aus Kenntnis‹, da der Wille zur Erkenntnis auf schon vorhandenem ›Wissen‹ basiert (vgl. De trin. X,3,5). ›Zwischen‹ dem ›Subjekt‹ des Wissens und seinen ›Objekten‹ ist der Wille (als Motivation zum Erkennen). Erkennen bedeutet oder impliziert damit keine zwei-, sondern eine dreigliedrige Struktur.88 Augustinus faßt und erklärt sie als dynamische Zusammengehörigkeit von memoria, intellegentia und voluntas, die irreduzibel different, aber gerade in ihrer Differenz »una uita, una mens, una substantia« sind (vgl. De trin. X,11,18, vgl. S. 126/27). Intentionalität eignet unserem Denken nicht nur in der ›Beziehung-auf-sich‹, sondern auch in der ›Beziehung-auf-anderes‹. Wahrnehmung ist kein Ab-, sondern ein Einbildungsvorgang. In der Wahrnehmung von Sinnlichem gehören Rezeptivität und Aktivität (Spontaneität) zusammen. Nicht durch ›Dinge draußen‹ wird die ›Sehkraft des Geistes‹ in abbildrealistischer Weise geformt. Geformt wird die acies animi durch den Willen zu erinnern. Nur dann nehmen wir wahr (sehen wir wirklich), wenn wir wahrnehmen wollen. Wahrnehmung bedeutet intentionales Erinnern. Augustinus erläutert das in Buch XI stellvertretend für die übrigen Sinne am Sehen. Gerade hier zeigt sich, daß Sehen nicht heißt, etwas von ›draußen nach drinnen‹ zu kopieren. Die Sichtbarkeit einer Sache (einer res visibilis) wird zu einer visio erst durch die Aufmerksamkeit und das Streben (intentio) des Sehenden (videns). Die visio rei ist eine ›Antwort‹, die dem Willen und der intentio (zu sehen oder zu hören usw.) respondiert. In den »Confessiones« spricht Augustinus bezogen darauf von »interrogatio« und der »evidentia« der Dinge als Antwort (»responsio«) auf diese Intentionalität des Bewußtseins.89 Sehen erweist sich als Intentionalität: als Beziehung zwischen Sehendem und Gesehehem. Was sich am Sehen zeigt, gilt für sinnliches Wahrnehmen insgesamt wie für die Selbstreflexion des Denkens. 88
In neuerer Zeit hat insbes. C.S. Peirce diese dreigliedrige Struktur des Erkennens betont, vgl. z. B. Religionsphilosophische Schriften, hg. v. H. Deuser, Hamburg 1995, S. 114ff. 89 Vgl. Conf. X,6,9; XI,4,6.
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b) Relationalität. Bei der Trinität ist weder von drei Göttern, noch von einem ›dreifachen Gott‹, sondern vom Denken einer sich selbst unterscheidenden und in sich unterschiedenen ›Einheit‹ die Rede (vgl. De trin. XV,3,5). Ihrer inneren Form nach ist diese Einheit Relation (pater ad filius, usw.). Was als innere Relationalität der göttlichen Trinität gedacht wird, soll zugleich ihre schöpferische Beziehung-auf-anderes, d. h. die trinitas ›nach außen‹ als ›principium‹ erklären. Auch der Schöpfungsgedanke ist ein Beziehungsgedanke: »creator relatiue dicitur ad creaturam«.90 ›Trinität‹ steht damit für eine doppelte Relationalität – und der sich in Beziehung zur eigenen kreatürlichen Endlichkeit begreifende Geist für den Versuch ihrer (Selbst-) Explikation. Relation ist keine Eigenschaft, die diesem Prinzip noch hinzukäme. Relationalität ist die Wirklichkeit seiner Erscheinung. Im Prozeß erscheinender Natur – die als »natura creata« (= creatura) deshalb gedacht wird, weil sie im Differenz zum Denken kein intelligibles Produkt, sondern sinnliche Wirklichkeit ist – erhält sich, was wir als »natura creatrix« denken. Im Begriff der Trinität wird die kreative Kausalität dieses Prozeses gedacht. Diese kreative Kausalität ›hat‹ keine Eigenschaften, sie ›ist‹ ihre Eigenschaften und sie ›wird‹ in ihren Eigenschaften.91 Das Denken dieser mit dem Begriff der Trinität gedachten kreativen Kausalität fordert eine Kritik an einem Kategoriensy90
»dicitur ergo relatiue pater idemque relatiue principium […]; sed pater ad filium dicitur, principium uero ad omnia quae ab ipso sunt. […] Nam et creator relatiue dicitur ad creaturam […]« (De trin. V,13,14, S. 386/87). 91 Johannes Scottus Eriugena wird – sachlich wie terminologisch im direkten Anschluß an »De trinitate« – die »natura creatrix« Gottes als das »überall Ursächliche« bezeichnen – als das »ubique existentium causale« (vgl. Periphyseon III, 682D, hg. v. I.P. Sheldon-Williams, Dublin 1981, S. 170) – und die Kausalität, die dabei im Spiel ist, mit einem einfachen (und zugleich »maximum«) »argumentum« erklären: »At si creatura ex deo, erit deus causa, creatura autem effectus. Si autem nihil aliud est effectus nisi causa facta, sequitur deum causam in effectibus suis fieri. Non enim ex causa in effectus suos procedit quod a sui natura alienum sit. Siquidem in calorem et in lucem nil aliud nisi ipsa vis ignea erumpit.« (P III, 687 C, ebd., S. 182)
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stem, bei dem das Modell der Trennung von Subjekt und Prädikat auf das Verhältnis von Substanz und Akzidentien übertragen wird. Augustinus hat Aristoteles’ Kategorienlehre so rezipiert, daß in ihr eine ›Substanz‹ von ihren ›akzidentellen Eigenschaften‹, d. h. ihrer konkreten Erscheinung, getrennt wird. Er hat diese dingontologische Restriktion des mit Substanz übersetzten Usia-Begriffs nicht im Hinblick auf ihre Anwendung auf körperliche Dinge kritisiert.92 Aber er hat die Gültigkeit der dingontologischen Trennung einer Substanz von ihrer konkreten Erscheinung im Hinblick auf den intellectus und die Erkenntnismöglichkeit Gottes verneint. Gott als Substanz zu denken, die getrennt von ihren Eigenschaften existiere, ist eine ›mißbräuchliche‹ Rede.93 ›In Gott ist keine zufällig hinzukommende Eigenschaft‹. Die ›Eigenschaften‹ sind die konkrete Wirklichkeit seiner Erscheinung.94 Trinität ist das ›Ist‹ desjenigen, in Beziehung worauf wir sie schöpferisch denken – und zu denken Veranlassung haben, solange der Prozeß erscheinender Natur in seiner Endlichkeit anhält. Es ist die Begriffslogik des Prozesses erscheinender Natur, in dem die Aufwertung der Kategorie ›Relation‹ gründet. Ist Intentionalität Ausdruck der Einheit des Geistes in der Beziehung auf sich, so Relationalität die Form seiner Wirklichkeit, die Beziehung-auf-anderes bedeutet. Unter ›Beziehung‹ ist mehr zu verstehen als ein bloß äußerliches Zugleichsein von etwas, was sich gleichgültig bleibt, wie es das ›ad aliquid‹ der traditionellen Kategorienlehre anzeigt. Relation ist nicht die äußerliche Beziehung voneinander trennbarer Relata, sondern die konkrete Erscheinung der Einheit von Grund und Wirkung, Prinzip und Erscheinung (usw.). Bewußtseinstheoretisch, innertrinitarisch und – im Hinblick auf den Prozeß erscheinender creatura – prinzipienlogisch erweist sich damit Relationalität als die der Trinität substantial gemäße Denkform.
92 93 94
Vgl. Confessiones IV,16,29; vgl. auch Anm. 69. Vgl. Anm. 71. Vgl. De trin. V,4,6; V,8,9; XV,5,8: S. 370/71; 380/81; 264/65.
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c) Sprachlichkeit. Die sich aus der Sprachförmigkeit des Erinnerungsvermögens ergebende Sprachlichkeit des Geistes hat Augustinus mit seinem Theorem vom »inneren Wort« (dem verbum intimum, formuliert in erster Linie in Buch XV) reflektiert. Zugleich wird mit dem Theorem vom ›inneren Wort‹ zusammenfassend die Intentionalität und Relationalität des Geistes konkretisiert. Die Interpretation des ›inneren Wortes‹ als Reflexionsform der Sprachlichkeit des sich selbst denkenden Geistes steht im Widerspruch zu vielen doktrinalen Äußerungen über das ›innere Wort‹ in »De trinitate«. In ihnen wird zwischen einem ›inneren‹ und vorsprachlichen Wort und den ›äußeren‹ (sozusagen nur noch verlautenden) Wörtern unterschieden. Das ›verbum verum‹ sei das ›lautlose Wort, das wir inwendig sprechen‹.95 Dieses ›Unding‹ einer ›Sprache vor der Sprache‹ ist eine unschöpferische (und sozusagen geistlose) Betrachtung der Sprache als eines »toten Buchstabens«.96 Dieser unschöpferischen Betrachtung steht zweierlei entgegen. Erstens beansprucht Augustinus mit dem ›inneren Wort‹, in uns eine Entsprechung des schöpferischen Gotteswortes zu finden. Wie zeigt sich ›in uns‹, was der Prolog des Johannes-Evangeliums formuliert.97 Zweitens gibt es ein Indiz dafür, daß Sprache nicht bloß auf ein Mittel des Austauschs sprachextern zu denkender Entitäten zu reduzieren ist. Dieses Indiz ist das Prinzip des Verstehens in der Sprache, daß »wahrzunehmen leicht, zu erklären aber unmöglich ist«.98 Wör95
Vgl. De trin. XV,10,19: »[…] antequam […] in corde dicimus, quod (non) linguae alicuius«, S. 294/95; XV,11,20: »quod […] omnia quibus significatur signa praecedit«, S. 298/99; schließlich De trin. XV,14,24: »uerbum autem nostrum […] eius rei quam uidendo intus dicimus, et ideo nullius linguae est«, S. 312-15. 96 Zum logischen Unding (nihil negativum) vgl. Kant, Kritik der reinen Vernunft, B 348); zur ›geistlosen‹ Auffassung der Sprache als bloßem Buchstaben vgl. Kritik der Urteilskraft, B 198. 97 Er wird De trin. XV,11,20 zitiert: »et sicut uerbum nostrum fit uox nec mutatur in uocem, ita uerbum dei caro quidem factum est […]« (S. 294/95). 98 »(N)escio quid […] facit in nobis Deus, quod […] sentire facile est,
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ter sind als ›Zeichen‹ zu verstehen. Das heißt aber nicht, daß wir die Wörter als Zeichen auf ›Bedeutungen‹ zurückführen würden oder gleichsam automatisch zurückführen könnten.99 Gleichwohl verstehen wir die Wörter als Zeichen. Was hier wahrzunehmen leicht, zu erklären aber schwierig ist: darum geht es beim »verbum intimum«. Das Verstehen eines Wortes wie eines Satzes ist das Verstehen dessen, was er ›anzeigt‹. Dieses Anzeigen geschieht im verlautenden Wort selbst. Das Wort zeigt an, daß es etwas anzeigt. »Wie nämlich das Wort etwas anzeigt, so zeigt es auch sich selbst an. Das Wort zeigt aber nur dadurch sich selbst an, daß es anzeigt, daß es etwas anzeigt.«100 Die Wörter zeigen keine Bedeutung, sondern ihr Bedeuten an. Das Verstehen eines Wortes in der Sprache setzt die Bereitschaft zu diesem Verstehen der ›Indizierungsfunktion‹ an, die mit dem ›inneren Wort‹ reflektiert wird. Das Verstehen eines Wortes bzw. der verlautbarten Wörter ist die Bereitschaft – oder ›Intentionalität‹ (s. o.) – zum Verstehen desjenigen, was in ihnen verstanden sein und sich mitteilen will. »Ein Wort ist folglich die mit Liebe verbundene Kenntnis.«101 Diese mit Liebe verbundene Kenntnis vollzieht sich mit dem und durch das Wort – nicht vor der Sprache, sondern in der Sprache: in der Objektivation der Wörter. Hier zeigt explicare impossibile est.« (In Joh. Ev. Tract. 40,5, hg. v. R. Willems, Turnhout 1954, S. 353) 99 Daß die als Zeichen zu verstehenden Wörter nicht einfach deren Bedeutungen transportieren, hat Augustinus insbesondere in »De magistro« – seinem ersten wichtigen Beitrag zur Sprachphilosophie – dargestellt (vgl. De magistro, insbes. 10,33 ff.; vgl. Augustinus, De magistro-Über den Lehrer, übers. u. hg. v. B. Mojsisch, Stuttgart 1998, S. 94 ff., und das Nachwort des Hg., ebd., S. 143 ff.). 100 »sicut enim uerbum indicat aliquid, indicat etiam se ipsum, sed non se uerbum indicat nisi si aliquid indicare indicet« (De trin. VIII,8,12, S. 38/39). – Die Skepsis, die »De magistro« gegenüber dem Verstehen der Zeichen der Sprache radikalisiert, vollbringt sich in »De trinitate« in der Erkenntnis, daß die als Zeichen verstandenen Wörter nicht eine Bedeutung, sondern ihr Bedeuten anzeigen. 101 »uerbum est igitur […] cum amore notitia.« (De trin. IX,10,15, S. 76/77)
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sich, daß sich die Wirklichkeit der Sprache nicht im Austausch von Gedächtnisinhalten erschöpft, sondern sich übersetzende Erinnerungsarbeit bedeutet. Ihr liegt eine prinzipielle Sprachlichkeit zugrunde. Dabei geht es um die Erklärung derjenigen Struktur, von der es heißt, daß sie durch »göttliche Eingebung naturgemäß im Geist eingerichtet ist«.102 In Beziehung worauf denken wir ›unser Wort‹ als Entsprechung – denn dies, daß wir ›unser Sprechen‹ als Antwort verstehen, ist es, was naturgemäß eingerichtet ist? Augustinus antwortet damit, daß im Interesse am Verstehen eines unbekannten Wortes »die Zierde gemeinschaftlich verbundener Seelen im Hören und Erwidern bekannter Lautzeichen aufleuchtet«.103 Sprache repräsentiert die Geschichte einer Verstehensgemeinschaft. Jeder Satz der Sprache verwirklicht sie und aktualisiert diese Form ›gemeinschaftlich verbundener Geister‹. Mit dem inneren Wort wird sie reflektiert. Unterschieden ist unser Sprechen vom göttlichen verbum dadurch, daß bei unserem Wort (unseren Wörtern) eine Unschärferelation zwischen innerem (formbaren) und verlautendem (geformtem) Wort gegeben ist. Beim ›verbum dei‹ dagegen fallen ›innere und äußere Form‹ zusammen. Der schöpferische Logos, von dem das Johannes-Evangelium spricht, zeigt sich in der stillschweigenden Redekunst der Dinge.104 Diese »rerum eloquentia« will und muß übersetzt werden. Das »verbum intimum« ist die erste Instanz dieses Übersetzungsgeschehens. Es erscheint in der »abgründigeren Tiefe unserer Erinnerung, wo […] das innerste Wort gezeugt wird, das keiner Sprache angehört«.105 Dieses 102
»in […] mente naturaliter diuinitus instituta« (De trin. XV,20,39, S. 334/35). 103 Zum »decus consociandorum animorum in uocibus notis audiendis atque reddendis« vgl. De trin. X,1,2, S. 92/93. 104 Zur »non uerborum sed rerum eloquentia« vgl. De civ. dei 11,18, a.a.O, S. 337. 105 »sed illa est abstrusior profunditas nostrae memoriae ubi hoc etiam primum cum cogitaremus inuenimus, et gignitur intimum uerbum, quod nullius linguae sit tamquam scientia de scientia et uisio de uisione et intellegentia quae apparet in cogitatione de intellegentia quae in memoria iam fuerat sed latebat, quamquam et ipsa cogitatio quandam suam memoriam
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»innere Wort« ist logisch – in der logischen Rekonstruktion dessen, was in der Sprache geschieht – von den erklingenden Wörtern unterschieden. Chronologisch aber ist es mit ihnen zugleich. Der »memoria principalis« ist die Einsicht des Verstehens und die Liebe zum Verstehenwollen eigen. Verstehen heißt, daß es uns gelingt, in die verlautenden Zeichen, mit denen ein ›anderes Herz‹ sein Erinnern, Einsehen und Verstehen-Wollen ausgedrückt hat, unser Erinnern, Einsehen und Verstehen-Wollen zu übertragen. Dies verstehende Übersetzen ist das lautlose »verbum verum«, das mit den verlautenden Zeichen gleichzeitig ist. »Wie also die Einsicht, so ist auch die Liebe in jener ursprünglichen Erinnerung, in der wir bereitet und aufbewahrt finden, wozu wir im Denken zu gelangen vermögen […]. Dieses wahre Wort sprechen wir ohne die Sprache irgendeines Volkes im Innern, wenn wir das, was wir wissen, sagen.«106 Die »memoria principalis« – die Erinnerung im Grund ihres Einsehen- und Verstehenwollens – bedarf der (verlautenden) Wörter. Die prinzipielle Sprachlichkeit der Erinnerung muß immer von neuem übersetzt und dieses Übersetzen gedeutet werden. Jeder Satz der verlautenden Sprache ist Übersetzung: ein ›Satz‹ über den Abgrund der Erinnerung. Sprache ist Übersetzung von Erinnerungsarbeit, kein Austausch von Gedächtnisinhalten. Die sinnliche, das innere Wort enthaltende Sprachgestalt ist die Wirklichkeit der Erinnerung. Mit dem ›inneren Wort‹ hat Augustinus diese Sprachförmigkeit der »abgründigeren Tiefe der Erinnerung« reflektiert. Es ist das ›innere Wort‹, in dem das »Verborgene des Geistes« im Begriff zur Sprache ist. Das verbum intimum steht damit nicht für jene Internalisierung der Sprachbetrachtung, die Augustinus einen prominenten Platz in der Geschichte des europäischen ›Logozentrismus‹ einnisi haberet, non reuerteretur ad ea quae in memoria reliquerat cum alia cogitaret.« (De trin. XV,21,40, S. 336/37) 106 »sicut ergo inest intellegentia, inest dilectio illi memoriae principali in qua inuenimus paratum et reconditum ad quod cogitando possumus peruenire […]. (Q)uod uerbum uerum sine ullius gentis lingua intus dicimus quando quod nouimus dicimus.« (De trin. XV,21,41, S. 336–339)
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gebracht hat. Was er mit dem verbum intimum zu fassen versucht hat, ist keine Intelligibilisierung, keine mentalistische Trennung der logischen Innenseite von den verlautenden Wörtern. Vielmehr geht es um die konkrete Einheit des Sinnlichen und Intelligiblen in der Wirklichkeit der Sprache. Denn daß das ›innere Wort‹ keinen Laut hat, heißt, daß es nur in den Wörtern zu erscheinen vermag. Auf Grund dieser konkreten Einheit, die Verstehen heißt, läßt sich ›unser Wort‹ als das ›wenn auch ungleiche, aber eben doch als das Bild‹ des schöpferischen verbum dei auffassen. Die mit dem ›verbum intimum‹ formulierte Einsicht liegt jenem Sprachdenken zugrunde, das als mittelalterliche Logos-Metaphysik die Wendung zur Sprache im neuzeitlichen Denken vorbereitet.107 Immer dann, wenn Sprache nicht nur als ›Mittel‹ des Austauschs sprachfrei oder sprachextern gegebener Informationen behandelt wird, sondern als reflexiv nicht hintergehbare Wirklichkeit des Verstehens thematisch ist – immer dann, wenn es um eine nicht-instrumentelle Auffassung von Sprache geht, trifft man auf den Sachverhalt, den Augustinus mit dem ›inneren Wort‹ in originärer Weise reflektiert hat.108
7. Zur Rezeption und Fortwirkung Es versteht sich bei dem Gegenstand von »De trinitate« und der originären Leistung, mit der Augustinus die erste umfassende Trinitätslehre formuliert hat, das immense Maß der Rezeption gewissermaßen von selbst. Was diese Fortwirkung angeht, so 107
Vgl. z. B. K.O. Apel, Die Idee der Sprache in der Tradition des Humanismus von Dante bis Vico, Bonn 31980, S. 79, 331 und pass. 108 So hat z. B. H.G. Gadamer auf die Frage, worin der universale Aspekt der Hermeneutik gründe, geantwortet: »kurz und bündig: im verbum interius« (vgl. J. Grondin, Einführung in die philosophische Hermeneutik, Darmstadt 1991, S. IX).
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können hier nur wenige Hinweise im Sinne von Akzentsetzungen gegeben werden. Alles Andere würde den Rahmen dieser Einleitung sprengen.109 a) In signifikanter Weise haben u. a. Anselm v. Canterbury und Petrus Abaelard Augustinus’ trinitarische Selbstreflexion des Geistes fortgeführt.110 Erneute philosophische Brisanz erlangt der Augustinus’ Konzept der Trinität zugrundeliegende Gedanke der konkreten Einheit von göttlicher und menschlicher Natur nach dem 5. Jahrhundert in einer erneuten Epoche des Umbruchs – der des 13./14. Jahrhunderts. Hier ist es zunächst Dietrich von Freiberg, der auf Augustinus’ »abditum mentis«-Lehre zurückgreift.111 Im Anschluß daran findet sich bei Meister Eckhart die vielleicht markanteste Rezeption der Selbstreflexion der (göttlichen) Natur des Geistes, die mit »De trinitate« einsetzt. Eckhart hat an die programmatische Formel des »fides quaerit, intellectus invenit« mit der Absicht, »per rationes naturales philosophorum« die Glaubensgegenstände beider Testamente auszulegen, angeknüpft.112 Und mit aller Entschiedenheit hat er den Grundgedanken fortge109
Zur Rezeption der augustinischen wie der Trinitätslehre insgesamt vgl. die Arbeiten von M. Schmaus (vgl. Die psychologische Trinitätslehre des Heiligen Augustinus ND Münster 1967, S. XXIV). Zur nachidealistischen Rezeption vgl. R. Kany, Typen und Tendenzen der De trinitate-Forschung seit F.Chr. Baur, in: Gott und sein Bild, a.a.O. (vgl. Anm. 11), S. 13–28. 110 Vgl. Anselm v. Canterbury, Monologion, insbes. Kap. 33 ff.; Peter Abaelard, Theologia Summi Boni. Tractatus de unitate et trinitate divina. 111 Zur Rezeption der Lehre von der memoria als dem »abditum mentis« bei Dietrich von Freiberg vgl. De visione beatifica, in: Opera omnia I, mit einer Einl. v. K. Flasch, hg. v. B. Mojsisch, Hamburg 1977. Vgl. auch B. Mojsisch, Die Theorie des Intellekts bei Dietrich von Freiberg, Hamburg 1977, S. 39-44. 112 Zum »fides christiana et utriusque testamenti scriptura exponere per rationes naturales philosophorum« vgl. das Vorwort zur Expositio S. Evangelii sec. Iohannem. – Vgl. K. Flasch, Die Intention Meister Eckharts, in: Sprache und Begriff (= FS B. Liebrucks), hg. v. K. Röttges u. a., Meisenheim 1974, S. 292-318; B. Mojsisch, Meister Eckhart. Analogie, Univozität und Einheit, Hamburg 1983.
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führt, daß im Bewußtsein bzw. im Geist, der sich als kreatürliches (endliches) Bild der göttlichen Trinität begreift, zur Erscheinung gelangt, was eben als diese Trinität gedacht wird. Es ist das ›Bild‹, das die Erkenntnis dessen, wovon es als Bild gedacht wird, enthält. Eckhart formuliert diesen Gedanken in der Predigt über Jes. Sir. 50,10, die er mit einem Hinweis auf »sant Augustinus« beginnt und in der er über das »götlîche bilde« als »dem edelsten, daz diu sêle« zeigt, spricht, mit aller Deutlichkeit: Gott sei »auf viel edlere Weise in dem Bilde, als das Bild in Gott ist. Hier nimmt das Bild Gott nicht, wie er Schöpfer ist, sondern es nimmt ihn, wie er ein vernünftiges Sein ist.« Und Eckhart fügt hinzu: »Mehr vermag ich nun dem Bilde nicht zu geben; gäbe ich ihm aber irgend etwas mehr, so müßte es Gott selbst sein; dem aber ist nicht so, denn dann wäre Gott nicht Gott.«113 Diesen Grundgedanken der konkreten Einheit von göttlicher und menschlicher Natur im Geist, der als Bewußtsein des Bildes sich selbst wie das, wovon und im Hinblick worauf er sich als Bild denkt, enthält, hat Eckhart in der Predigt über Joh. 16,16 noch einmal mit aller Entschiedenheit formuliert: »Man kann wohl die Sonne ohne das Licht denken und das Licht ohne die Sonne. Aber man kann keinerlei Unterschied erkennen zwischen Bild und […] Bild. Mehr noch sage ich: […] Verginge das »Bild«, das nach Gott gebildet ist, so verginge auch das »Bild« Gottes.«114 Neben dieser Betonung des Bildcharakters der Vernunfterkenntnis ist Eckharts Rezeption allerdings auch deshalb mar113
»Doch ist got viel edellîcher in dem bilde, dan daz bilde sî in gote. Hie ennimet daz bilde niht got, als er ein schepfer ist, sunder ez nimet in, als er ein vernünftic wesen ist, und daz edelste der natûre erbildet sich aller eigenlîchest in daz bilde. […] Nû enmac ich niht mêr gegeben dem bilde; gæbe aber ich im iht mêr, sô müeste ez got selber sîn, und des enist niht, wan sô enwære got niht got.« (Pr. 16B, zit. nach: Meister Eckhart, Werke, hg. v. N. Largier, Frankfurt/M. 1993, I, S. 190, Übers., S. 191). 114 »Man verstât wol die sunnen âne daz lieht und daz lieht âne die sunnen. Aber man enmac keinenunderscheit verstân zwischen bilde und bilde. Ich spriche mê: […] vergienge daz bilde, daz nâch gote gebildet ist, sô vergienge ouch daz bilde gotes.« (Pr. 69, ebd., II, S. 52, Übers., S. 53)
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kant, weil sich bei ihm ganz deutlich die Spannung zwischen dem Neuplatonismus in der Tradition von Dionysius PseudoAreopagita und Augustinus’ Trinitätsdenken zeigt.115 Bei Eckhart dringt die Spannung zwischen dem in der Trinitätsspekulation seit (Marius Victorinus und) Augustinus basalen Gedanken der Einheit (wobei Einheit Differenz voraussetzt) von göttlicher und menschlicher Natur und dem neuplatonischen Pathos einer transrationalen Einung mit dem göttlichen Einen jenseits aller Bedingung der Endlichkeit durch. Indiz und Indikator dessen ist, daß er zwischen dem ›Seelengrund‹ und den ›Seelenkräften‹ nicht nur unterscheidet, sondern strikte trennt.116 In der Predigt über Ephes. 4,23 wird eingangs »De trinitate« zitiert: »Nun sagt Sankt Augustinus, Gott habe zusammen mit dem Sein der Seele in jenem obersten Teil der Seele, der da ›mens‹ heißt oder »Gemüt«, eine Kraft geschaffen, die nennen die Meister ein Behältnis oder einen Schrein geistiger Formen oder formhafter Bilder. Diese Kraft begründet die Gleichheit zwischen der Seele und dem Vater durch das Ausfließen seiner Gottheit (sine vsfliesende gotheit) […], so wie […] das Gedächtnis der Seele (die gehvgede der selen) den Schatz seiner Bilder in die Kräfte der Seele ausgießt.« Es scheint, als würde hier Augustinus bruchlos fortgesetzt. Doch dann heißt es: »Wenn immer nun die Seele mit dieser Kraft Bildhaftes schaut […], so ist dies an ihr etwas Unzulängliches (ein gebreste). Selbst wenn sie Gott schaut, […] wie er Gott ist oder wie er Bildhaftes 115
Vgl. J.A. Aertsen, Ontology and Henology, in: E.P. Bos/P.A. Meyer (Hg.), On Proclus and his influence in Medieval Philosophy, Leiden 1992, S. 120 ff.; W. Goris, Ontologie oder Henologie? Zur Einheitsmetaphysik Meister Eckharts, in: Was ist Philosophie im Mittelalter? Hg. v. J.A. Aertsen/A. Speer, Berlin/New York 1998, S. 694ff. 116 Vgl. Pr. 2: Negation ›trinitarischer Personenhaftigkeit‹ (a.a.O., I, S. 30 ff.); Pr. 7: niemals käme menschliches Wissen dahin, was die »sêle in irm grunde sî«, dazu gehöre ein übernatürliches Wissen (eine »übernatiurlîchiu kunst«) (ebd., S. 92); Pr. 52: es gebe ein »Etwas in der Seele, aus dem Erkennen und Lieben (bekennen und minnen) ausfließen; es selbst erkennt und liebt nicht, wie’s die Kräfte der Seele tun (als die krefte der sêle).« (Ebd., S. 556/57)
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oder Dreiheit ist, so ist es (ihr ein Gebresten).« Und gegen Ende der Predigt nennt Eckhart dann ausdrücklich »memoria-intellegentia-voluntas« die »obersten Kräfte der Seele«: die memoria wird dabei dem Vater verglichen, sie sei ein »Enthalten (Aufbewahren)«, der »intellectus« das »Erkennen« und die »voluntas« ein »Lieben (minnen)«. Allen diesen (Differenz und Endlichkeit setzenden) Formen der Reflexion des göttlich Einen hält Eckhart dann entgegen, daß die Seele (um der Einung mit dem göttlich Einen willen) »ungeistig und entblößt aller Geistigkeit (nichtgeistig vnd entplοzet aller geistekeite) sein soll«. Um der »einikeit« willen müsse sie »allen Geistes bar nichtgeistig sein und soll geistlos dastehen (nichtgestig sin von allen geisten vnd sol stan geisteloz […]«.117 Diese schlechthinnige Trennung des Seelengrundes von den Seelenkräften, zu denen die mit der Aufbewahrungsfunktion des Gedächtnisses identifizierte memoria gerechnet wird, geschieht um des Aufstiegs zu einer ›Einung‹ willen, in der nicht nur alles Zeitliche, sondern auch alles Denken der Trinität und mit ihm das Bewußtsein der Differenz des Endlichen vergessen sein soll. Diese Einungsmystik Eckharts macht umgekehrt und sozusagen ex negativo deutlich, daß a) Augustinus’ Trinitätsspekulation ein Konzept von Subjektivität impliziert, das deren Endlichkeit nicht negiert, was b) damit zusammenhängt – und das betrifft den sachlichen Kern dieses Konzepts –, daß Erinnern mehr ist als nur die Kraft des ›Enthaltens/Aufbewahrens‹. Weil Augustinus die Erinnerung mit dem, was erinnert wird, nicht identifiziert, kann er sie zum einen als jene ›Kraft‹ (des Bewahrens) ansprechen, die wir mit ›Gedächtnis‹ meinen. Zum anderen aber vermag er die Erinnerung zugleich als ›Grund‹ im Bewußtsein zu begreifen – als das »abditum mentis«, das nichts Transmemoriales, sondern etwas Intramemoriales bedeutet. Weil Augustinus Erinnern mit dem Erinnerten nicht gleichsetzt und ihm dadurch die memoria ›Kraft‹ und ›Grund‹ der Seele zugleich ist, wird bei ihm der Geist in seiner Endlichkeit zum Bild jener Instanz, die er als Grund seiner selbst und als Grund im Bewußtsein denkt. Bei 117
Vgl. Pr. 83, ebd., II, S. 188, 194ff.
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Eckhart hingegen wird der Geist Bild des göttlich Einen, indem er seine Endlichkeit überwindet.118 Eine solche Trennung der konkreten Natur der Erinnerung kehrt zu dem Diskussionsstand zurück, auf den zunächst Marius Victorinus und dann Augustinus mit der rationalen Rekonstruktion der Trinitätslehre geantwortet haben (vgl. o.). Allerdings macht Eckhart durch seine strikte Trennung zwischen Seelengrund und -kräften an Augustinus’ Konzept deutlich, daß das Vermögen der Erinnerung nicht restlos in gegenständliche Formen des Erkennens übersetzt werden kann, sondern sich diesen entzieht. Weil die memoria in den Akten der intelligentia nicht aufgeht, wird sie zum Grund im Bewußtsein. b) Anders als Eckhart hat Nikolaus v. Kues den geisttheoretischen wie bewußtseinsphilosophischen Kern von Augustinus’ Trinitätsspekulation – das ist die »memoria interior«-Lehre – nicht nur übernommen, sondern logisch präzisiert.119 Übernommen hat Nikolaus v. Kues auch das sprachphilosophische Äquivalent der Memoria-interior-Lehre: das ist das Theorem vom »verbum intimum«.
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Wegen der Konturierung von »De trinitate« wird hier die Differenz betont, die zwischen der Transrationalität des Seelengrundes wie der ihm gemäßen ›Einung‹ bei Eckhart und der trinitarischen Selbstreflexion des Geistes (der Einheit von Differenz und Einheit) in »De trinitate« besteht. – Zur Vermittlung zwischen Eckharts (und Taulers) Überlegungen zum Seelengrund als ›Abgrund des Geistes‹ mit dem Programm von »De trinitate«, insbes. dem »abditum mentis« als der »interior mentis memoria« vgl. J. Kreuzer, Erinnern. Eckhart und Tauler über den Seelengrund, in: Gestalten mittelalterlicher Philosophie, a.a.O., S.143–168 (vgl. auch ebd., S. 92–107 und S. 122–130). 119 Vorangegangen ist Nikolaus v. Kues hier Anselm v. Canterbury, der in Kap. 48 des »Monologion« die Trinität vollständig als Selbstentfaltung der dynamischen Struktur der memoria – als Selbstverhältnis der Erinnerung – denkt: »Est igitur filius memoria patris et memoria memoriae, id est, memoria memor patris, qui est memoria […] filius quidem memoria nata de memoria […]; pater vero du nullo nata memoria vel sapientia.« (Zit. nach: Anselm von Canterbury, Monologion, hg. v. F.S. Schmitt, Stuttgart 1964, S. 162)
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In der 1459 entstandenen Schrift »De aequalitate« lautet die Antwort auf die Frage, wie es zu verstehen sei, ›wenn der große Augustinus sagt, daß die Seele, als Bild der Dreieinheit, die Erinnerung habe, von der her die verborgene Einsicht gezeugt werde und aus beidem der Wille hervorgehe‹, wie folgt: »Ich sage, daß die geistige Erinnerung der Ursprung aller Begriffe ist, daß sie aber nur erscheint, wenn sie erkannt wird […]. (Die) Erinnerung erzeugt, als Ursprung, die Einsicht ihrer selbst.«120 Die Erinnerung ist nicht identisch mit dem Was des Erinnerten für das Bewußtsein, sondern Grund und Ursprung der Einsicht im Bewußtsein. Nikolaus v. Kues trifft denn auch die Unterscheidung zwischen der Erinnerung als behaltender Kraft (als »retentiva memoria«), die dem Erinnerten als dem Inbegriff der Gegenstände kreatürlicher Endlichkeit gilt, und den Akten des Wiedererinnerns (»reminisci«), in denen Erinnern als Vermögen und durch dies ›Erinnern des Erinnerns‹ die Erinnerung selbst als »abscondita memoria intellectualis«, d. h. eben als Grund im Bewußtsein bewußt wird. Dem gemäß lautet die Konklusion, mit der Nikolaus v. Kues den zentralen Punkt von »De trinitate« – daß sich die memoria als ›Beziehung-auf-sich in der Beziehungauf-anderes‹ erweist – ausbuchstabiert: »Wenn also die Erinnerung sich selbst erkennt und nur das Erinnerbare das Erkennbare ist, dann erkennt sie, wenn sie in sich alles Erinnerbare erkennt, alles Erkennbare.« Deshalb offenbart das Denken, daß »Denken nichts anderes ist als Denken der Erinnerung. Und der Wille ist nichts anderes als der Wille der Erinnerung und des Denkens zugleich.«121 120
»Diceres: Cum magnus Augustinus dicat animam, trinitatis imaginem, habere memoriam, a qua abdita intelligentia generatur et procedit ex his voluntas – quomodo hoc videri debeat? Dico memoriam intellectualem principium esse notionum. Sed non apparet nisi cognoscatur […]. (M)emoria, quae principium, de se generat sui intellectum […]« (De aequalitate, zit. nach: De aequalitate (Vita erat lux hominum), ed. H.G. Senger (= Nikolai de Cusa op. om., Vol. X/1: Op. II. Fasc. 1), Hamburg 2001, S. 25/26). 121 »Si igitur memoria se ipsam cognoscit et solum memorabile sit cognoscibile, utique, dum in se omne memorabile cognoscit, omne cognoscibile cognoscit. Relevat igitur intellectus absconditam memoriam, cum
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Neben dem Memoria-Konzept übernimmt Nikolaus v. Kues auch das damit verbundene Theorem vom ›inneren Wort‹. Wenn die memoria als Grund im Bewußtsein endlicher Subjektivität nicht mit dem Erinnerten gleichzusetzen ist, sondern Relationalität bedeutet, weil Erinnern mit seinen Gegenständen – seien sie sinnlicher oder noetischer Art – nicht identisch und auf sie auch nicht zurückzuführen ist, dann bedarf diese interne Relationsstruktur der Erinnerung eine Erscheinung, in der oder mit der die memoria »enthüllt« wird. Und weil nicht schon der Intellekt diese Erscheinung – oder Selbstentäußerung eines Inneren – ist, genügt die Zweiheit von memoria und intellectus nicht. Um die Beziehungsstruktur oder -natur der memoria wiederzugeben, die nicht »verbum verbi«, sondern die Relation des Verstehens ist, bedarf es über das »Wort der geistigen Erinnerung« hinaus – dieses sei, was »griechisch logos heißt« – eines Dritten. Das ist das »Wort« in seiner konkreten, sinnlichen und endlichen Erscheinung in der Sprache, in der das »sensibile verbum extrinsecum« mit dem »insensibile verbum intrinsecum« zusammengehört.122 Damit hat Nikolaus v. Kues am Ende der mittelalterlichen Periode der Philosophie neben dem Kern der Memoria-Theorie auch diese in sprachphilosophischer Hinsicht grundlegende Einsicht von Augustinus repetiert: eine Einsicht, die dieser in der ›ersten Moderne‹ nachantiken Denkens formuliert hat – und zwar gerade in »De trinitate«.
nihil sit intellectus nisi memoriae intellectus. Et voluntas nihil est nisi memoriae simul et intellectus voluntas.« (Ebd., S. 27) – Zur Übersetzung von »intellectus« vgl. die Art. »Intellectus agens/intellectus possibilis«, in: HWPh, Bd. 4, a.a.O., 432-434, und »Vernunft/Verstand«, ebd., Bd. 11, Basel 2001. 122 »Et ita intellectus est verbum memoriae intellectualis, quod logos graece dicitur. […] Dico: sicut memoria se intelligit in verbo suo, sic et verbum se intelligit in memoria, non quod memoria sit verbum verbi. […] Dico, […] quod loquens […] ipsum sensibile verbum extrinsecum intelligit per insensibile intrinsecum […]« (De aequalitate, a.a.O., S. 28–30).
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c) Die weitere philosophische Rezeption des Trinitätsgedankens gilt der Frage nach dem ›Grund im Bewußtsein‹. Sie reicht in entscheidender Weise in die Formierungsphase des Deutschen Idealismus hinein und prägt dessen Endphase. In bestimmter Hinsicht erfährt hier der Diskussionsstand der Spätantike und mit ihm die Problemstellungen, auf die Augustinus mit »De trinitate« antwortet (vgl. o., S. XIVff.), eine geist- wie bewußtseinstheoretische Renaissance. Dazu einige abschließende Bemerkungen. Bis zu Kants Zeit hat das Wort »Gemüt« im Deutschen jene trinitarische Struktur des sich in seiner Endlichkeit begreifenden Geistes transportiert, mit der Augustinus in »De trinitate« die Spur der göttlichen Trinität im Bewußtsein erklärt hat.123 Mit der Frage nach der reflexionslogischen wie subjektivitätstheoretischen Faßbarkeit der mit dem Wort ›Gemüt‹ implizit gemeinten »Bedingungen, unter denen wir zu Begriffen gelangen können«, ist der Sachgehalt der Bewußtseinsanalysen von »De trinitate« thematisch. Denn es reicht offenkundig nicht zu, die »Identität des Subjekts« (und mit ihr den »höchsten Punkt aller Transzendental-Philosophie«) durch das dem Gedanken »bloß angehängte Ich« einer ›res cogitans‹ zu bezeichnen.124 Dieses ›Ich‹ ist – mit den Worten des Augustinus-Lesers Wittgenstein – »ein Aberglaube«. Das damit Gemeinte ist »die Grenze, nicht ein Teil der Welt.«125 Seine Identität ist etwas, was sich 123
Gemüt bedeutet »bis nahe an unsere zeit heran« die Zusammengehörigkeit von »intellectus, memoria et voluntas« (vgl. Art. »Gemüt«, Grimm’sches Wörterbuch, ND München 1984, Bd. 5, 3296). – Die Formulierung ›Grund im Bewußtsein‹ greift auf den Titel von D. Henrichs Studie, Der Grund im Bewußtsein, Stuttgart 1992, zurück (vgl. auch die nachfolgenden Hinweise zu Hölderlin). 124 Vgl. I. Kant, Kritik der reinen Vernunft, B 316 , B 132–134, A 355. 125 Vgl. Logisch-Philosophische Abhandlung (Tractatus), 5.631-5.641, in: L. Wittgenstein, Werkausgabe Bd. 1, Frankfurt/M. 1984, S. 67/68. – Vgl. auch die Ergänzung: »Das wollende Subjekt aber gibt es. – Wäre der Wille nicht, so gäbe es auch nicht jenes Zentrum der Welt, das wir Ich nennen, und das der Träger der Ethik ist.« (Tagebücher 1914–1916, ebd., S. 175) Damit transponiert Wittgenstein die Frage nach der dynamischen Struktur des Bewußt-
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durch Erinnern – in der relationalen Struktur von »memoria, intellegentia, voluntas« – erst bildet. Was Augustinus in »De trinitate« (und in den »Confessiones«) mit seinem Memoria-Konzept formuliert hat, gibt diesbezüglich gute Gründe zur Hand, die sowohl auf die Frage nach diesem ›Ich‹ und seiner Identität wie auf den Zirkeleinwand, der gegen das ›Reflexionsmodell des Bewußtseins‹ erhoben worden ist, antworten lassen.126 Bewußtsein ist ›Beziehung-auf-sich‹ in der ›Beziehung-auf-anderes‹. Dieser Grundgedanke relationaler Bewußtseinstheorie ist der philosophische Kern der Trinitätsspekulation. Schelling, Hegel und Hölderlin haben hieran angeknüpft. Schelling stellt mit einiger Emphase zum einen fest, daß die »Dreieinigkeit kein Dogma, sondern Voraussetzung des Christentums ist«. Zum anderen konstatiert er (parallel zu Hegel), daß die »Lehre der Dreieinigkeit keine speziell christliche Lehre« und das »historische Christentum nur eine Entwicklung dieser Idee der Dreieinigkeit« sei. Allerdings sei die christliche Fassung der »Dreieinigkeits=Idee« deren »höchste Steigerung«. Was diese höchste Steigerung betrifft, so müsse »man bis auf Augustin herabgehen, um auf eine wissenschaftliche Erkenntnis des Christentums zu kommen.127 »Um sie philosophisch fruchtbar zu machen, muß man den Gedanken hinzufügen, daß eben das an sich Sein ins außer sich Sein sich erheben könne.«128 Damit betont Schelling das (auch bei Meister Eckhart präsente) neuplatonische Motiv des Hervorgangs des göttlich Einen in die Differenz faktischen Seins. Er tut dies im Interesse seiner ›Positivität‹. Dieses kreatürlich-geschichtliche Sein besteht in irreduseins, die Augustinus mit dem Ternar »memoria-intellegentia-voluntas« gefaßt hat, in die Sprache unserer Zeit. 126 Was die Diskussion dieses ›Reflexionsmodells des Bewußtseins‹ angeht, sei hier nur verwiesen auf D. Henrich, Fichtes ursprüngliche Einsicht, Frankfurt/M. 1967; K. Düsing, Selbstbewußtseinsmodelle, München 1997. 127 Vgl. F.W.J. Schelling, Urfassung der Philosophie der Offenbarung, hg. v. W.E. Ehrhardt, Hamburg 1992, S. 154, 151, 193, der Hinweis auf Augustinus S. 675. 128 Vgl. ebd., S. 153.
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zibler Differenz zu dem, was als sein Grund gedacht wird. Das ›positive‹ Sein (kreatürlicher Endlichkeit) ist nicht zu reduzieren auf die Denkformen der Reflexion (auf die Präsupposition einer Struktur ›Intelligibilität‹). Die Positivität des Seins gründet in seiner materiell-sinnlichen Differenz von den intelligiblen Formen, in denen es reflektiert wird. Diese Differenz ist auch nicht durch das Argument aufzulösen, daß das Andere des Geistes immer ein durch ihn selbst gesetztes Anderes ist: auch das qua Nichtidentität Bestimmte ist oder bleibt als das dem Geist gegenüber Nichtidentische. Die Kategorie ›Nichtidentität‹ reicht an es nicht heran.129 Die Hinzufügung bzw. Betonung der irreduziblen Differenz sinnlich-endlicher Kreatürlichkeit gegenüber der gedachten Kausalität eines kreativen Prinzips hat gerade in »De trinitate« ihr fundamentum in re. Denn die Differenz des Sinnlich-Materiellen (als des kreatürlich Endlichen) gegenüber den Formen seiner Reflexion ist in philosophischer Hinsicht der springende Punkt des Übergangs oder der Fortentwicklung des Trinitätsdenkens von Marius Victorinus zu Augustinus (vgl. o., S. XIXff.). Der Geist wird dadurch zum wirklich dritten Moment in der Bestimmung der Trinität, daß sich diese nicht in der Dialektik von Grund und Erscheinung erschöpft. Geist ist nicht nur die Vermittlung des Hervorgangs (der zweiten Instanz) mit dem Ursprung (als erster) – das ist der göttliche. Geist ist vielmehr ebensosehr (zu denken als) der konkret-endliche: als der sich in seiner Endlichkeit erkennende menschliche Geist. In Schellings Begriff der Positivität des Seins gegenüber der Reflexion kehrt Augustinus’ Einsicht wieder, daß dieser Geist nicht aus eigener Kraft die Bedingungen seiner Endlichkeit zu überwinden vermag. Für die Erkenntnis und Annahme der Endlichkeit steht bei Augustinus die voluntas, steht die Einsicht in seine Intentionalität und Relationalität. 129
Dieses Argument hat zuletzt Adorno als programmatisches Zentrum ›negativer Dialektik‹ formuliert, vgl. T.W. Adorno, Negative Dialektik, Frankfurt/M. 1970, S. 150ff. – Der Sache nach geht es auf Platons Kategorie des »heteron« als des inneren Nervs der ›megista géne‹ (vgl. Sophistes, 253bff.) zurück.
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Hegels Ein- und Hochschätzung der Fortentwicklung, die die neuplatonische ›Dreieinigkeitsspekulationen‹ provoziert durch das mythologische Datum der Menschwerdung des Göttlichen bei den Kirchenvätern erfahren habe, ist eingangs (vgl. S. VIII, XIII) erwähnt worden. Im Unterschied zu Schelling, dem stärker an der »Dreieinigkeits= Idee« (s. o.) und deren mythologischer Fortentwicklung gelegen ist, betont Hegel – wie vor ihm Hölderlin – das Faktum der Menschwerdung des Göttlichen, deren Konkretion »dies ungeheure Moment im Christentum ist« (vgl. o., S. XIII). Denn Menschwerdung besagt nicht bloß, daß das göttliche Wesen »von seiner ewigen Einfachheit herabgestiegen« ist, vielmehr hat es dadurch, daß es »wirkliches Selbstbewußtsein« geworden ist, »sein höchstes Wesen erreicht. […] (D)ie göttliche Natur ist dasselbe, was die menschliche ist, und diese Einheit ist es, die angeschaut wird.«130 Freilich wäre es eine »geistlose Erinnerung«, diese Menschwerdung des Göttlichen an eine »einzelne Gestalt« in einem historischen Sinn zu binden und damit zu einem Stück entrückter Vergangenheit zu machen, das mit der eigenen Zeit (außer dem historischen Glauben) nichts zu tun hätte. Der springende Punkt der Menschwerdung des Göttlichen in Christus ist, das ihr nicht historische Einmaligkeit, sondern exemplarische Einzigartigkeit eignet. Augustinus hat diese exemplarische Einzigartigkeit als Antwort auf die Frage ›Wozu Christus als der Fleisch gewordene Logos geglaubt wird‹, bündig formuliert: »Ad exemplum«.131 »De trinitate« ist der erste Versuch der begrifflichen Rekonstruktion dieser exemplarischen Einzigartigkeit der Menschwerdung des Göttlichen, der den Zusammenhang »mit dem Menschen, als Diesem« erklärt.132 Dazu
130
G.W.F. Hegel, Phänomenologie des Geistes, hg. v. H.-F. Wessels u. H. Clairmont, Hamburg 1988, S. 496/95. 131 »Quid est Christus? […] Verbum Deus apud Deum: […] Factus ille quod tu, filius hominis […]. Caro factus: […] Utquid hoc? Ad exemplum.« (Enarratio in Ps. 70, s. II, 10, hg. v. E. Dekkers/J. Fraipont, Turnhout 1990, S. 968) 132 Dies »[…] Dieser ist das ungeheure Moment im Christentum […]«. Vgl. Anm. 16.
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ist es erforderlich, daß über die zweigliedrige Struktur von Grund und Erscheinung, göttlicher und menschlicher Natur und über die Vorstellung der Versöhnung der beiden in der (als historisches Datum geglaubten) Menschwerdung des Göttlichen hinausgegangen wird. Dies Hinausgehen ist der ›Geist‹. Es war der entscheidende Schritt über Marius Victorinus’ dyadisches Konzept hinaus, daß Augustinus den Geist nicht mehr nur als einen Akt des Erkennens aufgefaßt hat, der der Einheit von göttlicher und menschlicher Natur – mythologisch der Substanzgleichheit von Vater und Sohn – sozusagen bloß noch hinzukommt. Das ›Geschenk‹ oder die ›Gabe‹ des Geistes ist vielmehr integrales Moment dieser Einheit selbst. ›Geist‹ ist die Instanz, in der sich die Einheit von göttlicher und menschlicher Natur verdoppelt zur Einsicht in die Einheit von beider Differenz und Einheit. Im Geist – nicht im historischen Faktum, das allein geglaubt werden kann – kommt deshalb die Menschwerdung des Göttlichen zu sich.133 Bezüglich dieser Konkretion des Innersten der Trinität spricht Hegel dem Karfreitagsgeschehen spekulative Bedeutung zu. Was hier (mit dem »Tod des Mittlers«) zugrundegeht, ist die »Abstraktion des göttlichen Wesens«.134 Im Begreifen der Notwendigkeit dieses Zugrundegehens wird der Geist zur konkreten Einheit von göttlicher und menschlicher Natur – zu jenem Geist, von dem es bei Augustinus heißt, daß es ›sowohl der Geist Gottes ist, der ihn gibt, wie der unsrige, die wir ihn empfangen‹.135 Vor Schelling und Hegel war es aber vor allem Hölderlin, der den sachlichen Kern des Trinitätsgedankens aufgegriffen und 133
Und da die Gabe des Geistes die Selbstmitteilung der Liebe Gottes ist, wohnt, so Augustinus gegen Ende von »De trinitate«, durch sie die »ganze Trinität in uns«: »dilectio itaque quae ex deo est deus est proprie spiritus sanctus est per quem diffunditur in cordibus nostris dei caritas per quam nos tota inhabitet trinitas.« (XV,18,32, S. 332/33) 134 Der »Tod des Mittlers ist Tod nicht nur der natürlichen Seite desselben […]«. Mit ihm stirbt vor allem »die Abstraktion des göttlichen Wesens.« (Phänomenologie des Geistes, a.a.O., S. 512) 135 Vgl. Anm. 39.
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produktiv gemacht hat. Das betrifft zunächst die Rede vom »Gott in uns« im »Hyperion« und dem jeder Reflexion vorgängigen »Seyn«.136 Das vereinigungsphilosophische Theorem eines reflexiv nicht einholbaren Seins verdankt sich jenem Schöpfungstheorem, das aus der Verbindung des neuplatonischen Gedankens der Trias von ›ursprünglich Einem-Hervorgang-Rückkehr‹ mit Augustinus’ Einsicht in die Korrelationalität von creatura und creator resultiert (vgl. S. XLV). Als Konsequenz ergibt sich daraus, daß das, was als kreative »causa« (»deus« als »natura scilicet non creata, sed creatrix« – De trin. XV,1,1, S. 248) gedacht wird – soll nicht bei der Entgegensetzung zweier Naturen stehengeblieben werden –, in ihren Wirkungen erscheint.137 Wichtiger aber – was die Frage der Einheit von göttlicher und menschlicher Natur im ›Grund im Bewußtsein‹ angeht – ist Hölderlins implizite Anknüpfung an Augustinus’ zentrale bewußtseinstheoretische Innovation: das ist sein Konzept der Erinnerung und die Reflexion der »memoria principalis« als »abditum mentis« in »De trinitate«.138 Denn Hölderlin reformuliert die Einsicht, daß die Erinnerung als der reflexiv nicht hintergehbare Grund der dynamischen Struktur Bewußtsein zu denken 136
Vgl. Hyperion I,10. – Zu diesem Konzept vgl. D. Henrich, zuerst in: Hölderlin über Urteil uns Sein, in: Hölderlin-Jahrbuch 1965-66, S. 73-96, und ausgeführt dann in: Der Grund im Bewußtsein, a.a.O. 137 Am klarsten hat diesen gerade in »De trinitate« nahegelegten Gedanken Johannes Scottus Eriugena als sein »maximum argumentum« formuliert: »At si creatura ex deo, erit deus causa, creatura autem effectus. Si autem nil aliud est effectus nisi causa facta, sequitur deum causam in effectibus suis fieri. Non enim ex causa in effectus suos procedit quod a sua natura alienum sit.« (Periphyseon III, a.a.O., S. 180/182) Vgl. Anm. 91. 138 Es ist eine Anknüpfung in der Sache, keine direkte Bezugnahme Hölderlins auf Augustinus. Freilich weist er gerade in den Gesängen, die sich am nächsten mit der Gestalt Christi beschäftigen – »Der Einzige« und »Patmos« –, explizit auf Augustinus hin: er ist »der Afrikaner« (in »Der Einzige«, 2. Fassung), zitiert wird hier auch Augustinus’ verbindlichster Gottesname (»Derselbe«: »idem ipse«) sowie schließlich in »Patmos« (3./4. Fassung) eine auffällige Formulierung aus den »Confessiones« (X,23,33: »gaudium de ueritate«: »in der Freude der Wahrheit«) – vgl. F. Hölderlin, Werke und Briefe, hg. v. M. Knaupp, München 1992,, Bd. 1, S. 459, 468, 462, 466.
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ist. Hegel ist ihm hier zunächst gefolgt, wenn er (im »Geist des Christentums«) vom »Gedächtnis« als »Beinhaus der Wirklichkeiten« spricht.139 Das ausgereifte System aber unterscheidet sich gravierend von dieser Sicht des lebendigen Sinns der Erinnerung. In der »Enzyklopädie des Geistes« fungiert die Erinnerung, von Einbildungskraft und Phantasie getrennt, nur noch als »nächtlicher Schacht der Intelligenz« und wird dem Gedächtnis subordiniert.140 Die Mitte dieses Übergangs zur Depotenzierung der Erinnerung bildet die »Phänomenologie des Geistes«. Sie kulminiert zwar geradezu in der »Er-Innerung« als jener »höheren Form der Substanz«, die zum Resultat der Erfahrung des Bewußtseins wird.141 Als bloßes Prinzip der Verinnerlichung aber – als Insichgehen im Sinne Plotins – ist die Erinnerung nicht mehr der lebendige Grund des Bewußtseins. Sie wird zum Aufbewahrungsort wahrgenommener Bilder – zum Archiv des Geistes oder zu jenem ›Beinhaus der Wirklichkeiten‹, von dem der junge Hegel die Erinnerung gerade unterschieden hatte. Im Unterschied zu Hegel hat Hölderlin an der offenen Struktur der Erinnerung festgehalten. Denn Erinnern fällt weder mit seinen Gegenständen zusammen noch erschöpft es sich im erkennenden Rückbezug des Denkens: dem Kreismotiv der epistrophé
139
Vgl. Theorie Werkausgabe, Bd. 1, Frankfurt/M. 1971, S. 346. Noch drastischer heißt es in früheren Notizen: »Gedächtnis ist das Grab, der Aufbehälter der Toten.« (Ebd., S. 432) 140 Vgl. Enzyklopädie (1830) hg. v. F. Nicolin und O. Pöggeler, Hamburg 1991, §§ 452–462, S. 364–375. 141 Sie bedeute ein »Insichgehen (des Geistes), in welchem er sein Dasein verläßt und seine Gestalt der Erinnerung übergibt. In seinem Insichgehen ist er in der Nacht seines Selbstbewußtseins verschwunden, sein verschwundenes Dasein aber ist in ihr aufbewahrt, und dies aufgehobene Dasein […] ist das neue Dasein […]. (Die) Er-Innerung hat sie aufbewahrt und ist das Innre« (Phänomenologie des Geistes, a.a.O., S. 530). – Noch in der Wesens-Logik ist es a) die »Natur des Seins«, sich zu »erinnern« und dadurch zum Wesen zu werden, b) resultiert aus der Reflexion dieser Bewegung, daß die Erinnerung, als »Zugrundegehen des unmittelbaren Daseins« zum Werden des Grundes wird, d.h. als Grund im Bewußtsein zu denken ist (vgl. Wissenschaft der Logik, hg. v. H.J. Gawoll, Hamburg 1992, S. 3, 102.
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(vgl. S. XVIII–XXI). Deshalb unterscheidet Augustinus in »De trinitate« zwischen »memoria sui et intellegentia sui« (vgl. IX,10,15; X,12,19; XIV,10,13; XV,21,40). Deshalb bedarf die Erinnerung als Grund im Bewußtsein der Relationalität des ›Wortes‹, in dem sich in Differenz zur Selbstbezüglichkeit reflexiver Einsicht die Erinnerung wirklich erhält. Auf diese sich aus der Sprachförmigkeit der Erinnerung ergebende Sprachlichkeit des Geistes, die Augustinus mit dem »verbum intimum« reflektiert hat, kommt Hölderlins Satz: »So wie die Erkenntniß die Sprache ahndet, so erinnert sich die Sprache der Erkenntniß« zurück.142 Über diese impliziten Anknüpfungen an die bewußtseinswie sprachphilosophische Deutung der Erinnerung als Bewußtseinsgrund hinaus hat sich Hölderlin aber auch explizit mit dem, was im Gedanken der Trinität reflektiert wird, auseinandergesetzt. ›Geist‹ ist kein selbstsuffizientes Prinzip. Im Geist finden sich ›Spuren‹, die es gerechtfertigt erscheinen lassen, daß wir ihn in seiner Endlichkeit als ›Bild‹ begreifen – als Bild jener göttlichen Natur, die wir in ihm erinnern. Das ist der Grundgedanke von »De trinitate«. Eben damit beginnt Hölderlin in seiner Christus-Hymne »Der Einzige«: »Viel hab‹ ich schönes gesehn, / Und gesungen Gottes Bild / Hab’ ich, das lebet unter / Den Menschen, aber dennoch / […] / Noch Einen such’ ich, den / Ich liebe […]«, heißt es zu Beginn.143 In diesem ›Einzigen‹ – in Christus und seiner exemplarischen Einzigartigkeit – hat sich der Prozeß der Menschwerdung des Göttlichen erfüllt. Sie ist als Menschwerdung begriffen. Die Spitze dieses Gedankens und der in ihm sich äußernden Konkretion bringt folgende (an Phil 2,7 anknüpfende) Formulierung auf den Punkt: »[…] Christus aber 142
»Wenn der Dichter einmal des Geistes mächtig ist ...«, zit. nach: J.Ch.F. Hölderlin, Theoretische Schriften, hg. v. J. Kreuzer, Hamburg 1998, S. 58; vgl. auch ebd., Einleitung, XXVI–XXXIV. 143 Der Einzige, zit. nach: F. Hölderlin, Werke und Briefe, a.a.O., S. 388. – Zum philosophischen wie poetologischen Gehalt dieser Hymne vgl. J. Kreuzer, Philosophische Hintergründe der Christus-Hymne ›Der Einzige‹, in: Hölderlin-Jahrbuch 32 (2000/01), Eggingen 2001.
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bescheidet sich selbst. / Wie Fürsten ist Herakles. Gemeingeist Bacchus. Christus aber ist / Das Ende. Wohl ist der noch andrer Natur; erfüllet aber / Was noch an Gegenwart / Den Himmlischen gefehlet an den andern. […]«.144 Mit dieser Gegenwart, die sich durch die Menschwerdung des Göttlichen erfüllt hat, sollen die Hinweise zur Fortwirkung des Grundgedankens von »De trinitate« schließen.
144
Der Einzige, Dritte Fassung, ebd., S. 469. – Zur »Spitze« als dem »Moment der Wirklichkeit« und dem Bewußtsein, »daß das Absolute konkret ist bis zu dieser κρóτης«, als Prinzip des Christentums, vgl. Hegels Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie. Philosophie des Mittelalters, a.a.O., S. 507/08
EDITORISCHE NOTIZ
Der lateinische Text dieser Ausgabe stammt aus dem Corpus Augustinianum Gissense (CAG). Herausgeber und Verlag danken dem CAG für die Abdruckgenehmigung und Bereitstellung der Textdaten. Ergänzt wurden im Text des CAG die Numerierung der Kapitel nach Groß- und Kleinkapitel und gelegentlich Stellennachweise. Die konsequente Kleinschreibung hingegen und der Verzicht auf sämtliche Auszeichnungen anderer Ausgaben wurde beibehalten, ebenso die Wiedergabe des lateinischen v durch u. Ausgangspunkt für den deutschen Text war die Übersetzung von M. Schmaus, die 1935/36 in der Bibliothek der Kirchenväter erschienen ist. Sie war einer gründlichen Überarbeitung und Revision zu unterziehen. Die vorliegende Studienausgabe kann eine komplette Neuübersetzung nicht ersetzen. Sie hofft aber, einen Lesetext zur Verfügung zu stellen, der zur Auseinandersetzung mit »De trinitate« anregt und sie befördert.
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AURELIUS AUGUSTINUS De trinitate (Bücher VIII-XI, XIV-XV, Anhang: Buch V)
LIBER VIII
[Prooem.1] diximus alibi ea dici proprie in illa trinitate distincte ad singulas personas pertinentia quae relatiue dicuntur ad inuicem sicut pater et filius et utriusque donum spiritus sanctus; non enim pater trinitas aut filius trinitas aut trinitas donum. quod uero ad se dicuntur singuli non dici pluraliter tres sed unum ipsam trinitatem sicut deus pater, deus filius deus spiritus sanctus; et bonus pater, bonus filius, bonus spiritus sanctus; et omnipotens pater, omnipotens filius, omnipotens spiritus sanctus; nec tamen tres dii aut tres boni aut tres omnipotentes, sed unus deus, bonus, omnipotens, ipsa trinitas, et quidquid aliud non ad inuicem relatiue sed ad se singuli dicuntur. hoc enim secundum essentiam dicuntur quia hoc est ibi esse quod magnum esse, quod bonum, quod sapientem esse, et quidquid aliud ad se unaquaeque ibi persona uel ipsa trinitas dicitur. ideoque dici tres personas uel tres substantias non ut aliqua intellegatur diuersitas essentiae, sed ut uel uno aliquo uocabulo responderi possit cum dicitur quid tres uel quid tria; tantamque esse aequalitatem in ea trinitate ut non solum pater non sit maior quam filius quod attinet ad diuinitatem, sed nec pater et filius simul maius aliquid sint quam spiritus sanctus, aut singula quaeque persona quaelibet trium minus aliquid sit quam ipsa trinitas.
15 Symb.Athan.15 16-17 Symb.Athan.13 17-18 Symb.Athan.16 18 Symb.Athan.14 18-19 Symb.Athan.16 19 Symb.Athan.14
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[Vorbemerkung. 1] Wir sagten anderswo, daß in jener Dreieinheit in einem eigentümlichen Sinne von den einzelnen Personen je gesondert ausgesagt wird, was eine gegenseitige Beziehung besagt, wie Vater, Sohn und Heiliger Geist, beider Geschenk. Denn nicht ist der Vater die Dreieinheit, nicht ist der Sohn die Dreieinheit, nicht ist das Geschenk die Dreieinheit. Was hingegen von den einzelnen Personen auf sich selbst bezogen ausgesagt wird, das wird, so stellten wir fest, von den drei Personen nicht in der Mehrheit ausgesagt, sondern von der Dreieinheit selbst als einer, so ist Gott der Vater, Gott der Sohn, Gott der Heilige Geist, und gut der Vater, gut der Sohn, gut der Heilige Geist, und allmächtig der Vater, allmächtig der Sohn, allmächtig der Heilige Geist. Dennoch sind sie nicht drei Götter oder drei Gute oder drei Allmächtige, sondern ein Gott, ein Guter, ein Allmächtiger und die Dreieinheit selbst, und was immer sonst nicht von ihren wechselseitigen Beziehungen, sondern jeweils auf sich selbst als einzelne bezogen ausgesagt wird. Diese Aussagen werden nämlich von ihnen hinsichtlich des Wesens gemacht, weil ja hier Sein dasselbe ist was Großsein, was Gutsein, was Weisesein, und was da immer sonst noch von jeder einzelnen Person oder von der Dreieinheit als solcher auf sich selbst bezogen gesagt wird. Deshalb spricht man von drei Personen oder drei Substanzen, nicht um irgendeine Verschiedenheit des Wesens einsichtig zu machen, sondern um wenigstens mit irgendeinem Worte antworten zu können, wenn gesagt wird: Um welche drei Personen oder Dinge handelt es sich denn? So bedeutsam ist weiterhin die Gleichheit in dieser Dreieinheit, daß, was die Göttlichkeit anbelangt, nicht nur der Vater nicht größer ist als der Sohn, sondern auch Vater und Sohn zusammen nicht etwas Größeres sind als der Heilige Geist und nicht irgendeine beliebige einzelne Person für sich allein etwas Kleineres ist als die (ganze) Dreieinheit selbst.
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dicta sunt haec, et si saepius uersando repetantur, familiarius quidem innotescunt; sed et modus aliquis adhibendus est deoque supplicandum deuotissima pietate ut intellectum aperiat et studium contentionis absumat quo possit mente cerni essentia ueritatis sine ulla mole, sine ulla mutabilitate. nunc itaque in quantum ipse adiuuat creator mire misericors attendamus haec quae modo interiore quam superiora tractauimus, cum sint eadem, seruata illa regula ut quod intellectui nostro nondum eluxerit a firmitate fidei non dimittatur. [1. 2] dicimus enim non esse in hac trinitate maius aliquid duas aut tres personas quam unam earum, quod non capit consuetudo carnalis non ob aliud nisi quia uera quae creata sunt sentit ut potest, ueritatem autem ipsam qua creata sunt non potest intueri; nam si posset, nullo modo esset lux ista corporea manifestior quam hoc quod diximus. in substantia quippe ueritatis quoniam sola uere est non est maior aliqua nisi quae uerius est. quidquid autem intellegibile atque incommutabile est non aliud alio uerius est quia aeque incommutabiliter aeternum est, nec quod ibi magnum dicitur aliunde magnum est quam eo quo uere est. quapropter ubi magnitudo ipsa ueritas est quidquid plus habet magnitudinis necesse est plus habeat ueritatis; quidquid ergo plus ueritatis non habet non habet etiam plus magnitudinis. porro quidquid plus habet ueritatis profecto uerius est sicut maius est quod plus habet magnitudinis; hoc ergo ibi est maius quod uerius. non autem uerius est pater et filius simul quam singulus pater aut singulus filius. non igitur maius aliquid utrumque simul quam singulum eorum. et quoniam aeque uere
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Alle diese Dinge wurden festgestellt. Wenn man sie, dabei verweilend, häufiger wiederholt, so werden sie um so eher bekannter. Freilich muß man auch ein gewisses Maß einhalten und Gott in hingebendster Frömmigkeit anflehen, daß er die Einsicht aufschließe und die Rechthaberei hinwegnehme, auf daß das Wesen der Wahrheit ohne irgendeine Beschwernis, ohne irgendeine Veränderlichkeit mit dem Geist geschaut werden könne. Jetzt also wollen wir, soweit der wunderbar barmherzige Schöpfer selbst uns hierzu verhilft, unsere Aufmerksamkeit jenen gleichen Sachverhalten zuwenden, die wir nunmehr auf eine eindringendere Weise, als es vorhin geschah, behandeln wollen, unter Wahrung der Regel, daß das, was unserer Vernunft noch nicht aufleuchtet, nicht aus der Glaubensfestigkeit entlassen wird.1 [1. 2] Wir sagen nämlich, daß in dieser Dreieinheit zwei oder drei Personen nicht etwas Größeres sind als eine von ihnen. Die fleischliche Gewohnheit kann das nicht fassen, aus keinem anderen Grund als deshalb, weil sie eben nur die Wahrheit des Geschaffenen wahrnimmt, soweit sie dazu imstande ist, die Wahrheit selbst aber, durch die es geschaffen ist, nicht zu erblicken vermag. Könnte sie es nämlich, dann wäre dieses geschaffene körperliche Licht in keiner Weise offenkundiger als das, wovon wir sprachen. In der Substanz der Wahrheit ist ja, weil sie allein wahrhaft ist, nur das größer, was wahrhafter ist. Im Geistigen und Unwandelbaren aber gibt es nichts, was wahrhafter wäre als etwas anderes, weil alles gleich und unveränderlich ewig ist. Nicht hat, was dort groß heißt, einen anderen Grund seines Großseins als eben, daß es wahrhaft ist. Wo mithin die Größe die Wahrheit selbst ist, dort muß, was immer mehr an Größe hat, auch mehr an Wahrheit haben; was also nicht mehr an Wahrheit hat, hat auch nicht mehr an Größe. Was sodann mehr an Wahrheit hat, ist in der Tat wahrhafter, wie das größer ist, was mehr an Größe hat. Größer ist also dort, was wahrhafter ist. Nun aber ist der Vater und der Sohn zusammen nicht wahrhafter als der Vater für sich allein oder der Sohn für sich allein. Also sind beide zusammen nicht etwas Größeres als einer für
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est etiam spiritus sanctus, nec pater et filius simul maius aliquid est quam ipse quia nec uerius. pater quoque et spiritus sanctus simul quoniam ueritate non superant filium, non enim uerius sunt, nec magnitudine superant. atque ita filius et spiritus sanctus simul tam magnum aliquid sunt quam pater solus quia tam uere sunt. sic et ipsa trinitas tam magnum est quam unaquaeque ibi persona; non enim ibi maior est quae uerior non est ubi est ipsa ueritas magnitudo quia in essentia ueritatis hoc est uerum esse quod est esse, et hoc est esse quod est magnum esse; hoc ergo magnum esse quod uerum esse. quod igitur ibi aeque uerum est etiam aeque magnum sit necesse est. [2. 3] in corporibus autem fieri potest ut aeque uerum sit hoc aurum atque illud, sed maius hoc sit quam illud quia non eadem ibi est magnitudo quae ueritas, aliudque illi est aurum esse, aliud magnum esse. sic et in animi natura secundum quod dicitur magnus animus, non secundum hoc dicitur uerus animus; animum enim uerum habet etiam qui non est magnanimus quandoquidem corporis et animi essentia non est ipsius ueritatis essentia sicuti est trinitas, deus unus, solus, magnus, uerus, uerax, ueritas. quem si cogitare conamur quantum sinit et donat, nullus cogitetur per locorum spatia contactus aut complexus quasi trium corporum, nulla compago iuncturae sicut tricorporem Geryonem fabulae ferunt; sed quidquid animo tale occurrerit ut maius sit in tribus quam in singulis minusque in uno quam in duobus sine ulla dubitatione respuatur; ita enim respuitur omne corporeum. in spiritalibus autem omne mutabile quod occurrerit non putetur deus. non enim paruae notitiae pars est cum de profundo isto in illam summitatem respiramus si antequam scire possimus
8 Vergil, aen. VI, 289; VIII,202
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sich allein. Und weil auf gleiche Weise auch der Heilige Geist wahrhaft ist, so sind Vater und Sohn zusammen auch nicht größer als er, da sie auch nicht wahrhafter sind. Ebenso übertreffen der Vater und der Heilige Geist zusammen den Sohn nicht an Größe, weil sie ihn nicht an Wahrheit übertreffen – sie sind ja auch nicht wahrhafter. Ebenso sind auch der Sohn und der Heilige Geist zusammen etwas so Großes wie der Vater allein, weil sie gleich wahrhaft sind. Ebenso ist dort auch die Dreieinheit selbst etwas so Großes wie jede einzelne Person. Denn nicht ist dort größer, was nicht wahrer ist, wo eben die Wahrheit die Größe ist, weil in dem Wesen der Wahrheit, wahr sein ein und dasselbe ist wie sein, und (zu) sein ein und dasselbe ist wie groß sein. Deshalb ist groß sein ein und dasselbe wie wahr sein. Was also dort in gleicher Weise wahr ist, muß auch in gleicher Weise groß sein. [2. 3] Bei den körperlichen Dingen aber kann es vorkommen, daß dieses Gold ebenso wahr ist wie jenes, daß aber das eine größer ist als das andere, weil hier die Größe nicht ein und dasselbe ist wie die Wahrheit und weil etwas anderes ist das Goldsein, etwas anderes das Großsein. So ist es auch in der Natur der Seele, wo das, was man eine große Seele nennt, nicht zugleich auch eine wahre Seele heißt.2 Denn eine wahre Seele hat auch der, welcher keine große Seele hat, da doch das Wesen des Leibes und der Seele nicht das Wesen der Wahrheit selbst ist, wie es die Dreieinheit ist, der eine, einzige, große, wahre, wahrhaftige Gott, die Wahrheit selbst. Wenn wir ihn zu denken versuchen, soweit er es zuläßt und gewährt, dann soll man an keinerlei Berührung und Umfassung in Raum und Ort wie bei drei Körpern denken, an kein Gefüge von Gliedern, wie es die Sagen von dem dreileibigen Geryon erzählen. Vielmehr muß jede in der Seele etwa auftauchende derartige Vorstellung, als ob in den drei Personen etwas Größeres wäre als in einer einzelnen, und in einer einzelnen etwas Kleineres als in zweien, ohne jedes Zaudern zurückgewiesen werden. So wird nämlich alles Körperliche zurückgewiesen. Im Geistigen aber darf nichts Wandelbares, das auftauchen sollte, für Gott gehalten werden. Denn wenn wir aus dieser Tiefe zu jener Höhe aufseufzen, dann ist es ja keines geringen Wis-
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quid sit deus, possumus iam scire quid non sit. non est enim certe nec terra nec caelum nec quasi terra et caelum, nec tale aliquid quale uidemus in caelo, nec quidquid tale non uidemus et est fortassis in caelo. nec si augeas imaginatione cogitationis lucem solis quantum potes, siue quo sit maior siue quo sit clarior, millies tantum aut innumerabiliter, neque hoc est deus. nec sicut cogitantur angeli mundi spiritus caelestia corpora inspirantes atque ad arbitrium quo seruiunt deo mutantes atque uersantes neque si omnes, cum sint milia millium, in unum conlati unus fiant, nec tale aliquid deus est. nec si eosdem spiritus sine corporibus cogites, quod quidem carnali cogitationi difficillimum est. ecce uide si potes, o anima praegrauata corpore quod corrumpitur et onusta terrenis cogitationibus multis et uariis, ecce uide si potes, deus ueritas est. hoc enim scriptum est: quoniam deus lux est, non quomodo isti oculi uident, sed quomodo uidet cor cum audit, ueritas est. noli quaerere quid sit ueritas; statim enim se opponent caligines imaginum corporalium et nubila phantasmatum et perturbabunt serenitatem quae primo ictu diluxit tibi cum dicerem, ueritas. ecce in ipso primo ictu quo uelut coruscatione perstringeris cum dicitur ueritas mane si potes; sed non potes. relaberis in ista solita atque terrena. quo tandem pondere, quaeso, relaberis nisi sordium contractarum cupiditatis uisco et peregrinationis erroribus? [3. 4] ecce iterum uide si potes. non amas certe nisi bonum quia bona est terra altitudine montium et temperamento collium et planitie camporum, et bonum praedium amoenum ac fertile, et
23 Apc 5,11 27-28 Sap 9,15 29-30 1Io 1,5
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sens Teil, wenn wir, bevor wir wissen können, was Gott ist, schon wissen können, was er nicht ist. Sicher nämlich ist er nicht Erde, nicht Himmel, nicht wie Erde und Himmel, nicht etwas von der Art, wie wir es am Himmel sehen, oder etwas von der Art, wie wir es zwar nicht sehen, wie es aber vielleicht doch am Himmel ist. Auch wenn man durch die Einbildungskraft in der Vorstellung das Licht der Sonne, soweit man kann, steigert, sei es zu größerer Fülle, sei es zu größerer Klarheit, nur tausendfach oder unendlich, auch das ist nicht Gott. Auch nicht, wie man die Engel als reine Geister denkt, die die Himmelskörper lenken und nach ihrem Gutdünken, darin sie Gott dienen, wandeln und wenden, auch nicht wenn alle, wo sie doch tausendmal tausend sind, in eins gefügt, einer würden – auch etwas Derartiges ist Gott nicht. Auch dann nicht, wenn man eben diese Geister ohne Leib denkt, was freilich dem fleischlichen Denken äußerst schwer fällt. Sieh da, schau hin, wenn du kannst, du vom vergänglichen Körper niedergebeugte Seele, du von vielen und mannigfaltigen irdischen Gedanken beladene, siehe da, schau hin, wenn du kannst: Gott ist die Wahrheit. Es steht nämlich geschrieben: »Gott ist das Licht«, nicht wie diese Augen es sehen, sondern wie das Herz es sieht, wenn es hört: er ist die Wahrheit. Frage nicht, was Wahrheit ist. Sogleich nämlich stellen sich die Dunkelheiten körperlicher Bilder und die Nebel der Einbildungen entgegen und trüben die Helligkeit, die dich im ersten Augenblick durchblitzte, als ich sagte: Wahrheit. Sieh, bleibe in eben diesem ersten Augenblick, in dem es dich wie ein Lichtblitz durchfuhr, da man sagte: Wahrheit.3 In ihm bleibe, wenn du kannst; aber du kannst nicht, du gleitest wieder zurück ins Gewohnte und Irdische. Unter welchem Gewicht, so frage ich, gleitest du zurück, wenn nicht dem Leim der Begierde aufgehäuften Schmutzes und des Wanderns in der Irre?4 [3. 4] Sieh, wiederum schau, wenn du kannst. Sicherlich liebst du nur das Gute, denn gut ist die Erde durch die hohen Berge, die sanften Hügel und die weiten Felder, gut ist ein liebliches und fruchtbares Landgut, gut ist ein gleichmäßig gegliedertes
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bona domus paribus membris disposita et ampla et lucida, et bona animalia animata corpora, et bonus aer modestus et salubris, et bonus cibus suauis atque aptus ualetudini, et bona ualetudo sine doloribus et lassitudine, et bona facies hominis dimensa pariliter et affecta hilariter et luculente colorata, et bonus animus amici consensionis dulcedine et amoris fide, et bonus uir iustus, et bonae diuitiae quia facile expediunt, et bonum caelum cum sole et luna et stellis suis, et boni angeli sancta oboedientia, et bona locutio suauiter docens et congruenter mouens audientem, et bonum carmen canorum numeris et sententiis graue. quid plura et plura? bonum hoc et bonum illud. tolle hoc et illud, et uide ipsum bonum si potes; ita deum uidebis, non alio bono bonum, sed bonum omnis boni. neque enim in his omnibus bonis uel quae commemoraui uel quae alia cernuntur siue cogitantur diceremus aliud alio melius cum uere iudicamus nisi esset nobis impressa notio ipsius boni secundum quod et probaremus aliquid et aliud alii praeponeremus. sic amandus est deus, non hoc et illud bonum, sed ipsum bonum; quaerendum enim bonum animae, non cui superuolitet iudicando, sed cui haereat amando, et quid hoc nisi deus? non bonus animus aut bonus angelus aut bonum caelum, sed bonum bonum. sic enim forte facilius aduertitur quid uelim dicere. cum enim audio uerbi gratia quod dicitur animus bonus, sicut duo uerba sunt ita ex eis uerbis duo quaedam intellego, aliud quo animus est, aliud quo bonus. et quidem ut animus esset non egit ipse aliquid; non enim iam erat qui ageret ut esset. ut autem sit bonus animus uideo agendum esse uoluntate, non quia idipsum quo animus est non est aliquid boni (nam unde iam dicitur et ueris-
16-23 Conf. VII, 11,17; 12,18 Io 1,5
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und eingeteiltes, weites und lichtes Haus, gut sind Tiere, belebte Körper, gut ist die sanfte, heilkräftige Luft, gut ist die leckere, der Gesundheit zuträgliche Speise, gut ist eine Gesundheit ohne Schmerzen und Ermüdung, gut ist das Antlitz eines Menschen mit ausgeglichenen Formen, heiterem Ausdruck und blühender Farbe, gut ist die Seele eines Freundes in der Süßigkeit der Herzenseinheit und der Treue der Liebe, gut ist ein gerechter Mann, gut sind Reichtümer, weil sie leichte Bewegungsfreiheit geben, gut ist der Himmel mit der Sonne, dem Monde und seinen Sternen, gut sind die Engel in heiligem Gehorsam, gut ist die Rede, die angenehm belehrt und den Zuhörenden passend mahnt, gut ist das Lied im Rhythmus der Töne und dem Ernst seiner Gedanken. Doch warum soll ich noch mehr aufzählen? Dieses Gute und jenes Gute? Nimm dies und jenes weg und schaue das Gute selbst, wenn du kannst; so wirst du Gott sehen, der nicht durch ein anderes Gutes gut ist, sondern das Gute eines jeglichen Guten. Von all dem Guten nämlich, das ich aufzählte oder das man sonst noch sehen oder sich vorstellen kann, würden wir, wenn wir wahrheitsgetreu urteilen, nicht das eine besser als das andere heißen, wenn uns nicht der Begriff des Guten selbst eingeprägt wäre, nach dem wir ein bestimmtes Gut prüfen und das eine dem anderen vorziehen. So ist Gott zu lieben, nicht als dieses oder jenes Gute, sondern als das Gute selbst. Zu suchen ist nämlich das Gute der Seele, nicht jenes, über das sie im Urteilen hinausfliegt, sondern dem sie in Liebe anhängt. Was ist das anderes als Gott? Nicht die gute Seele, nicht der gute Engel, nicht der gute Himmel, sondern das gute Gut. So merkt man nämlich vielleicht leichter, was ich sagen will. Wenn ich nämlich zum Beispiel höre, daß man von einer guten Seele spricht, so erkenne ich, wie es zwei Worte sind, eben aus diesen Worten zweierlei, zum einen, daß es eine Seele ist, zum anderen, daß sie gut ist. Dazu, daß sie Seele ist, trug sie selber nichts bei; sie war ja noch nicht, so daß sie ihr Sein hätte bewirken können. Aber daß sie eine gute Seele ist, dazu ist, wie ich sehe, ein Wirken mit dem Willen notwendig. Nicht als ob die Seele eben dadurch, daß sie Seele ist, nicht etwas Gutes wäre (denn wie sollte sie sonst, und zwar mit vollem Rechte, als bes-
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sime dicitur corpore melior?), sed ideo nondum dicitur bonus animus quia restat ei actio uoluntatis qua sit praestantior. quam si neglexerit, iure culpatur recteque dicitur non bonus animus; distat enim ab eo qui hoc agit, et quia ille laudabilis, profecto iste qui hoc non agit uituperabilis est. cum uero agit hoc studio et fit bonus animus, nisi se ad aliquid conuertat quod ipse non est non potest hoc assequi. quo se autem conuertit ut fiat bonus animus nisi ad bonum, cum hoc amat et appetit et adipiscitur? unde se si rursus auertat fiatque non bonus, hoc ipso quod se auertit a bono, nisi maneat in se illud bonum unde se auertit, non est quo se iterum si uoluerit emendare conuertat. [3. 5] quapropter nulla essent mutabilia bona nisi esset incommutabile bonum. cum itaque audis bonum hoc et bonum illud quae possunt alias dici etiam non bona, si potueris sine illis quae participatione boni bona sunt perspicere ipsum bonum cuius participatione bona sunt – simul enim et ipsum intellegis, cum audis hoc aut illud bonum –, si ergo potueris illis detractis per se ipsum perspicere bonum, perspexeris deum. et si amore inhaeseris, continuo beatificaberis. pudeat autem cum alia non amentur nisi quia bona sunt, eis inhaerendo non amare bonum ipsum unde bona sunt. illud etiam quod animus tantum quia est animus, etiam nondum eo modo bonus quo se conuertit ad incommutabile bonum, sed, ut dixi, tantum animus cum ita nobis placet ut eum omni etiam luci corporeae cum bene intellegimus, praeferamus, non in se ipso nobis placet sed in illa arte qua factus est. inde enim approbatur factus ubi uidetur fuisse faciendus. haec est ueritas et simplex bonum; non enim est aliud aliquid
43-52 De lib. arb. II, 18,47; III, 13,36; Conf. VII, 17,23
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ser denn der Körper bezeichnet werden?). Doch heißt sie deshalb noch nicht eine gute Seele, weil ihr noch das Wirken des Willens bleibt, durch das sie hervorragt. Wenn sie dies unterläßt, dann macht man ihr mit Recht Vorwürfe, und mit Recht heißt sie dann nicht eine gute Seele. Sie bleibt nämlich hinter der zurück, die dies wirkt; und weil diese lobenswert ist, ist in der Tat jene, welche nicht so wirkt, tadelnswert. Wenn sie aber mit Eifer so wirkt und eine gute Seele wird, so kann sie dies doch nur erreichen, wenn sie etwas zuwendet, was sie nicht selber ist. Wohin anders aber soll sie sich wenden, um eine gute Seele zu werden, als zu dem Guten, indem sie dies liebt und erstrebt und erlangt? Wenn sie sich von ihm wieder abwendet und eben dadurch, daß sie sich vom Guten abwendet, nicht gut wird, und wenn jenes Gute, von dem sie sich abwendet, nicht in sich bestehen bliebe, dann gäbe es nichts, zu dem sie sich, wenn sie wieder besser werden will, hinwenden könnte. [3. 5] Es gäbe darum keine wandelbaren Güter, wenn es kein unwandelbares Gut gäbe. Wenn du daher von diesem Gut und von jenem Gut hörst, das auch einmal nicht gut heißen kann, und wenn du dann ohne die Güter, welche durch Teilnahme am Guten selbst gut sind, das Gute selbst, durch dessen Teilnahme sie gut sind, durchschauen kannst – wenn du nämlich von diesem und jenem Gut hörst, dann siehst du zugleich das Gut selbst –, wenn du also jene Güter beiseite läßt und das Gute selbst durchschauen kannst, dann schaust du Gott. Und wenn du ihm in Liebe anhängst, wirst du dich sogleich selig machen. Eine Schande aber wäre es, anderem, das nur geliebt wird, weil es gut ist, anzuhangen und das Gut selbst, von dem jenes seine Güte hat, nicht zu lieben. Auch wenn uns die Seele, sofern sie bloß Seele ist – sofern sie also noch nicht durch ihre Hinwendung zum unwandelbaren Gut gut ist, sondern, wie ich sagte, allein Seele ist –, wenn sie uns also so gefällt, daß wir sie allem, auch dem körperlichen Licht, wenn wir es recht verstehen, vorziehen, so gefällt sie uns nicht in sich selbst, sondern in dem Kunstsinn, in dem sie geschaffen ist. Von dort nämlich muß man sie als geschaffene anerkennen, wo sie, wie es scheint, als zu schaffende gewesen ist. Das ist die Wahrheit und das einfache
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quam ipsum bonum ac per hoc etiam summum bonum. non enim minui uel augeri bonum potest nisi quod ex alio bono bonum est. ad hoc se igitur animus conuertit ut bonus sit a quo habet ut animus sit. tunc ergo uoluntas naturae congruit ut perficiatur in bono animus cum illud bonum diligitur conuersione uoluntatis unde est et illud quod non amittitur nec auersione uoluntatis. auertendo enim se a summo bono amittit animus ut sit bonus animus; non autem amittit ut sit animus cum et hoc iam bonum sit corpore melius. hoc ergo amittit uoluntas quod uoluntas adipiscitur; iam enim erat animus qui conuerti ad id uellet a quo erat; qui autem uellet esse antequam esset nondum erat. et hoc est bonum nostrum ubi uidemus utrum esse debuerit aut debeat quidquid esse debuisse aut debere comprehendimus, et ubi uidemus esse non potuisse nisi esse debuisset quidquid etiam quomodo esse debuerit non comprehendimus. hoc ergo bonum non longe positum est ab unoquoque nostrum: in illo enim uiuimus et mouemur et sumus. [4. 6] sed dilectione standum est ad illud et inhaerendum illi ut praesente perfruamur a quo sumus, quo absente nec esse possemus. cum enim per fidem adhuc ambulamus non per speciem, nondum utique uidemus deum sicut idem ait facie ad faciem. quem tamen nisi iam nunc diligamus, numquam uidebimus. sed quis diligit quod ignorat? sciri enim aliquid et non diligi potest; diligi autem quod nescitur, quaero utrum possit quia si non potest, nemo diligit deum antequam sciat. et quid est deum scire nisi eum mente conspicere firmeque percipere? non enim corpus est, ut carneis oculis inquiratur.
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Gut. Denn nicht ist es etwas anderes als das Gut selbst, und eben deshalb ist es auch das höchste Gut. Denn nur dann kann ein Gut eine Minderung oder einen Zuwachs erfahren, wenn es gut durch ein anderes Gut ist. Die Seele wendet sich also, auf daß sie gut werde, demjenigen zu, dem sie es auch verdankt, daß sie Seele ist. Dann also stimmt der Wille mit der Natur überein, wenn, auf daß die Seele im Guten vollendet werde, durch die Hinwendung des Willens jenes Gut geliebt wird, dem die Seele auch das verdankt, was nicht verlorengeht, auch nicht durch die Abwendung des Willens. Indem sich nämlich die Seele vom höchsten Gut abwendet, verliert die Seele, daß sie gut ist; nicht aber verliert sie, daß sie Seele ist, was ja schon ein dem Körper gegenüber besseres Gut ist. Der Wille verliert also das, was der Wille erlangt. Die Seele war ja schon, ehe sie sich demjenigen, von dem her sie war, zuwenden wollte. Was sie aber sein wollte, war sie noch nicht, ehe sie es war. Und das ist unser Gut, in dem wir sehen, ob sein sollte oder sein soll, was immer wir als Seinsollendes erkennen, in dem wir auch sehen, daß auch das, von dem wir nicht begreifen, wieso es sein sollte, nur sein konnte, wenn es sein sollte. Dies Gut also liegt »nicht ferne von jedem von uns, Denn in ihm leben wir, bewegen wir uns und sind wir«. [4. 6] Doch muß man in Liebe bei diesem Gut stehenbleiben und ihm anhangen, auf daß wir als gegenwärtigen den genießen, von dem wir sind und bei dessen Abwesenheit wir nicht zu sein vermöchten. Da wir nämlich »noch im Glauben wandeln, nicht im Schauen«, sehen wir, wie derselbe Apostel sagt, Gott naturgemäß noch nicht »von Angesicht zu Angesicht«. Wenn wir ihn jedoch jetzt nicht lieben, werden wir ihn niemals sehen. Wer aber liebt, was er nicht kennt? Es kann etwas zwar gewußt und nicht geliebt werden. Doch ob etwas geliebt werden kann, was man nicht kennt, das frage ich – und wenn das nicht möglich ist, dann liebt niemand Gott, bevor er ihn kennt. Und was heißt Gott kennen anders, als ihn im Geist erblicken und sicher erfassen? Er ist ja kein Körper, so daß er mit leiblichen Augen gesucht werden könnte.
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sed et priusquam ualeamus conspicere atque percipere deum sicut conspici et percipi potest, quod mundis cordibus licet: beati enim mundicordes quia ipsi deum uidebunt, nisi per fidem diligatur, non poterit cor mundari quo ad eum uidendum sit aptum et idoneum. ubi sunt enim illa tria propter quae in animo aedificanda omnium diuinorum librorum machinamenta consurgunt, fides, spes, caritas nisi in animo credente quod nondum uidet et sperante atque amante quod credit? amatur ergo et quod ignoratur sed tamen creditur. nimirum autem cauendum est ne credens animus id quod non uidet fingat sibi aliquid quod non est et speret diligatque quod falsum est. quod si fit, non erit caritas de corde puro et conscientia bona et fide non ficta, qui finis praecepti est sicut idem apostolus dicit. [4. 7] necesse est autem cum aliqua corporalia lecta uel audita quae non uidimus credimus, fingat sibi animus aliquid in lineamentis formisque corporum sicut occurrerit cogitanti, quod aut uerum non sit aut etiam si uerum est, quod rarissime potest accidere, non hoc tamen fide ut teneamus quidquam prodest, sed ad aliud aliquid utile quod per hoc insinuatur. quis enim legentium uel audientium quae scripsit apostolus Paulus uel quae de illo scripta sunt non fingat animo et ipsius apostoli faciem et omnium quorum ibi nomina commemorantur? et cum in tanta hominum multitudine quibus illae litterae notae sunt alius aliter lineamenta figuramque illorum corporum cogitet, quis propinquius et similius cogitet utique incertum est. neque ibi occupatur fides nostra qua facie corporis fuerint illi homines, sed tantum quia per dei gratiam ita uixerunt et ea gesserunt quae
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Aber auch ehe wir Gott zu erblicken und zu erfassen vermögen, wie er erblickt und erfaßt werden kann, was (mit) reinen Herzen erlaubt ist – »Selig sind« nämlich »die Herzensreinen, denn sie werden Gott anschauen« – muß er durch den Glauben geliebt werden, sonst kann das Herz nicht gereinigt werden, damit es ihn zu sehen geeignet und fähig werde. Denn wo sollen jene drei, zu deren Aufbau in der Seele alle göttlichen Bücher hergestellt sind und zusammenwirken, nämlich Glaube, Hoffnung und Liebe, anders sein als in der Seele, die glaubt, was sie noch nicht sieht, und erhofft und liebt, was sie glaubt. Geliebt also wird, was noch nicht gekannt, aber doch geglaubt wird. Dabei ist aber nicht verwunderlich, daß man darauf achten muß, daß die gläubige Seele sich hier von dem, was sie nicht schaut, nicht etwas einbildet, was nicht ist, und etwas erhofft und liebt, was falsch ist. Wenn das geschieht, dann wird es keine Liebe aus reinem Herzen und gutem Gewissen und ungeheucheltem Glauben sein, der das Endziel des Gesetzes ist, wie derselbe Apostel sagt. [4. 7] Wenn wir aber irgendwelche körperliche Dinge glauben, von denen wir gelesen oder gehört, die wir jedoch nicht gesehen haben, dann bildet sich die Seele notwendiger Weise etwas mit körperlichen Umrissen und Formen, wie es dem Nachdenken begegnet, das entweder nicht richtig ist, oder aber, was ganz selten zutreffen kann, auch wenn es richtig ist, doch jenem, der es gläubig festhält, keinen Nutzen bringt, sondern für etwas anderes nützlich sein mag, worauf durch diese Einbildung hingewiesen wird. Welcher Leser oder Hörer der Schriften des Apostels Paulus oder der Schriften über ihn würde sich etwa im Geiste nicht auch das Antlitz des Apostels selbst ausmalen und aller jener, deren Namen in den Schriften erwähnt werden? Und da sich bei der großen Menge von Menschen, denen jene Schriften bekannt sind, der eine die Umrisse und Gestalt jener Leiber so, der andere anders vorstellt, so bleibt unsicher, welche Vorstellung der Wirklichkeit am nächsten kommt und am ähnlichsten ist. Doch hält sich unser Glaube nicht auf bei dem leiblichen Aussehen jener Menschen, sondern nur bei dem Leben, das sie durch die Gnade Gottes geführt haben, bei den Taten, welche
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scriptura illa testatur. hoc utile est credere et non desperandum et appetendum. nam et ipsius facies dominicae carnis innumerabilium cogitationum diuersitate uariatur et fingitur, quae tamen una erat quaecumque erat. neque in fide nostra quam de domino Iesu Christo habemus illud salubre est quod sibi animus fingit longe fortasse aliter quam res habet, sed illud quod secundum speciem de homine cogitamus; habemus enim quasi regulariter infixam naturae humanae notitiam secundum quam quidquid tale aspicimus statim hominem esse cognoscimus uel hominis formam. [5. 7] secundum hanc notitiam cogitatio nostra informatur cum credimus pro nobis deum hominem factum ad humilitatis exemplum et ad demonstrandam erga nos dilectionem dei. hoc enim nobis prodest credere et firmum atque inconcussum corde retinere, humilitatem qua natus est deus ex femina et a mortalibus per tantas contumelias perductus ad mortem summum esse medicamentum quo superbiae nostrae sanaretur tumor et altum sacramentum quo peccati uinculum solueretur. sic et uirtutem miraculorum et ipsius resurrectionis eius, quoniam nouimus quid sit omnipotentia, de omnipotente deo credimus et secundum species et genera rerum uel natura insita uel experientia collecta de factis huiuscemodi cogitamus ut non ficta sit fides nostra. neque enim nouimus faciem uirginis Mariae ex qua ille a uiro intacta neque in ipso partu corrupta mirabiliter natus est; nec quibus membrorum lineamentis fuerit Lazarus nec Bethaniam nec sepulcrum lapidemque illum quem remoueri iussit cum eum resuscitaret uidimus; nec monumentum nouum excisum in petra unde ipse resurrexit; nec montem Oliueti unde ascendit in caelum; neque omnino scimus quicumque ista non ui-
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die Schrift von ihnen bezeugt. Es ist nützlich, das zu glauben, es ist nicht zu bezweifeln, es ist anzustreben. Denn auch das Antlitz des Herrn wird in zahllosen, verschiedenen und wechselnden Vorstellungsbildern ausgemalt, wenngleich es nur eines war, wie immer es auch war. Denn in unserem Glauben, den wir vom Herrn Jesus Christus haben, ist auch nicht die Vorstellung, die sich die Seele macht und die vielleicht von der Wirklichkeit weit entfernt ist, heilkräftig, sondern das, was wir gemäß der Erscheinung vom Menschen denken. Wir haben nämlich eine gleichsam der menschlichen Natur wie eine Regel eingeprägte Kenntnis, nach der wir etwas Derartiges erblicken und solgleich erkennen, daß es ein Mensch oder die Gestalt eines Menschen ist. [5. 7] Dieser Kenntnis gemäß wird unser Denken geformt, wenn wir glauben, daß Gott für uns Mensch wurde als Beispiel der Demut und um Gottes Liebe gegen uns zu beweisen. Ist es doch für uns nützlich, zu glauben und fest und unerschütterlich im Herzen zu bewahren, daß die Demut, in welcher Gott von einer Frau geboren und von Sterblichen durch große Schmach hindurch zum Tode geführt wurde, das größte Heilmittel ist, durch welches die Aufgeblasenheit unseres Hochmutes geheilt wird, und ein hohes Geheimnis, durch welches die Fessel unserer Sünde gelöst wird. So glauben wir vom allmächtigen Gott, weil wir wissen, was Allmacht ist, auch die Kraft seiner Wunder und seiner Auferstehung, und gemäß den Arten und Gattungen dieser Dinge denken wir auf Grund der angeborenen Natur oder der gesammelten Erfahrungen über diese Dinge nach, damit unser Glaube nicht eingebildet sei. So kennen wir ja nicht das Antlitz der Jungfrau Maria, aus welcher Christus wunderbar geboren wurde, ohne daß sie von einem Mann berührt oder in der Geburt selbst verletzt worden wäre; auch die leibliche Erscheinung des Lazarus haben wir nicht gesehen, ebensowenig Bethanien, auch nicht das Grab und jenen Stein, den er wegbewegen ließ, als er ihn auferweckte, auch nicht das neue Grabmal, welches im Felsen ausgehauen war, aus dem er selbst auferstand, auch nicht den Ölberg, von dem aus er in den Himmel aufstieg. Wir alle, die wir diese Dinge nicht gesehen haben, wissen nicht,
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dimus an ita sint ut ea cogitamus; immo uero probabilius existimamus ita non esse. namque cum alicuius facies uel loci uel hominis uel cuiuslibet corporis eadem occurrerit oculis nostris quae occurrebat animo cum eam priusquam uideremus cogitabamus, non paruo miraculo mouemur ita raro et paene numquam accidit; et tamen ea firmissime credimus quia secundum specialem generalemque notitiam quae certa nobis est cogitamus. credimus enim dominum Iesum Christum natum de uirgine quae Maria uocabatur. quid sit autem uirgo et quid sit nasci et quid sit nomen proprium non credimus sed prorsus nouimus. utrum autem illa facies Mariae fuerit quae occurrerit animo cum ista loquimur aut recordamur nec nouimus omnino nec credimus. itaque hic salua fide licet dicere: forte talem habebat faciem, forte non talem; forte autem de uirgine natus est Christus, nemo salua fide christiana dixerit. [5. 8] quamobrem quoniam trinitatis aeternitatem et aequalitatem et unitatem quantum datur intellegere cupimus, prius autem quam intellegamus credere debemus uigilandumque nobis est ne ficta sit fides nostra. eadem quippe trinitate fruendum est ut beate uiuamus; si autem falsum de illa crediderimus, inanis erit spes et non casta caritas. quomodo igitur eam trinitatem quam non nouimus credendo diligimus? an secundum specialem generalemue notitiam secundum quam diligimus apostolum Paulum? qui etiam si non ea facie fuit quae nobis occurrit de illo cogitantibus, et hoc penitus ignoramus, nouimus tamen quid sit homo. ut enim longe non eamus, hoc sumus, et illum hoc fuisse et animam eius corpori copulatam mortaliter uixisse manifestum est. hoc ergo de illo credimus quod inuenimus in nobis
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ob sie so sind, wie wir sie uns denken; wir halten es sogar für wahrscheinlicher, daß sie nicht so sind. Wenn nämlich unseren Augen die äußere Erscheinung eines Ortes oder eines Menschen oder irgendeines Körpers begegnet, welche zuerst dem Geist begegnete, da wir uns von ihr, bevor wir sie sahen, eine bestimmte Vorstellung gemacht hatten, dann erleben wir keine geringe Überraschung: so selten oder fast niemals trifft sie zu. Trotzdem haben wir den festesten Glauben an diese Dinge, weil wir sie gemäß einem Art- oder Gattungsbegriff, der uns gewiß ist, denken. Wir glauben nämlich, daß der Herr Jesus Christus aus einer Jungfrau, die Maria genannt wurde, geboren wurde. Was aber eine Jungfrau ist, was geboren werden, was ein Eigenname ist, das glauben wir nicht, sondern das wissen wir ganz genau. Ob aber Maria jenes Aussehen hatte, das unserer Seele bei dem Gespräch oder bei der Erinnerung an diese Ereignisse vorschwebt, darüber haben wir keinerlei Wissen, das gehört auch nicht zum Glauben. Hier darf man daher, ohne den Glauben zu verletzen, sagen: ›Vielleicht hatte sie ein solches Aussehen, vielleicht hatte sie es nicht‹. Niemand aber wird, ohne den christlichen Glauben zu verletzen, sagen: ›Vielleicht ist Christus von der Jungfrau geboren‹. [5. 8] Weil wir also die Ewigkeit und Gleichheit und Einheit der Dreieinheit, soweit es uns gewährt wird, einzusehen begehren, müssen wir, bevor wir sie aber einsehen, glauben und sorgfältig darauf achten, daß unser Glaube keine Einbildung sei. Diese Dreieinheit ist ja eben das, was zu genießen ist, damit wir glückselig leben; wenn wir aber von ihr Falsches glauben, dann wird nichtig unsere Hoffnung und unlauter unsere Liebe sein. Wie also können wir diese Dreieinheit, die wir nicht kennen, glaubend lieben? Etwa nach einem Art- oder Gattungsbegriff, wie wir den Apostel Paulus lieben? Wenn dieser auch nicht das Aussehen hat, das uns beim Gedanken an ihn vorschwebt, und wenn wir darüber auch in völliger Unkenntnis sind, so wissen wir doch, was ein Mensch ist. Wir brauchen da gar nicht weit zu gehen: Wir selbst sind ja Menschen. Es ist offenkundig, daß er das gleiche war und daß seine Seele mit einem Leib verbunden war und ein sterbliches Leben führte. Das also glauben wir von
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iuxta speciem uel genus quo humana omnis natura pariter continetur. quid igitur de illa excellentia trinitatis siue specialiter siue generaliter nouimus quasi multae sint tales trinitates quarum aliquas experti sumus ut per regulam similitudinis impressam uel specialem uel generalem notitiam illam quoque talem esse credamus, atque ita rem quam credimus et nondum nouimus ex parilitate rei quam nouimus diligamus? quod utique non ita est. an quemadmodum diligimus in domino Iesu Christo quod resurrexit a mortuis, quamuis inde neminem umquam resurrexisse uiderimus, ita trinitatem quam non uidemus et qualem nullam umquam uidimus, possumus credendo diligere? sed quid sit uiuere et quid sit mori utique scimus quia et uiuimus et mortuos ac morientes aliquando uidimus atque experti sumus. quid est autem aliud resurgere nisi reuiuiscere, id est ex morte ad uitam redire? cum ergo dicimus et credimus esse trinitatem, nouimus quid sit trinitas quia nouimus quid sint tria; sed hoc non diligimus. nam id ubi uolumus facile habemus, ut alia omittam uel micando digitis tribus. an uero diligimus non quod omnis trinitas sed quod trinitas deus? hoc ergo diligimus in trinitate, quod deus est. sed deum nullum alium uidimus aut nouimus quia unus est deus, ille solus quem nondum uidimus et credendo diligimus. sed ex qua rerum notarum similitudine uel comparatione credamus quo etiam nondum notum deum diligamus, hoc quaeritur. [6. 9] redi ergo mecum et consideremus cur diligamus apostolum. numquidnam propter humanam speciem quam notissimam habemus eo quod credimus eum hominem fuisse? non utique; alioquin nunc non est quem diligamus quandoquidem homo ille
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ihm, was wir in uns finden, entsprechend der Art oder Gattung, welche jede menschliche Natur in gleicher Weise umfaßt. Wissen wir also von jener erhabenen Dreieinheit etwas nach Art oder Gattung, gleich als ob es viele solche Dreieinheiten gäbe, von denen wir einige aus Erfahrung kennen, um von ihnen aus nach dem Gesetz der Ähnlichkeit gemäß dem uns eingeprägten Art- oder Gattungsbegriff zu dem Glauben zu kommen, jene Dreieinheit sei auch so, und so den Gegenstand, den wir glauben und noch nicht kennen, auf Grund der Gleichheit mit jenem Gegenstand, den wir kennen, zu lieben? So verhält es sich sicherlich nicht. Oder können wir, wie wir am Herrn Jesus Christus lieben, daß er von den Toten auferstand, obwohl wir niemals jemanden von den Toten auferstehen sahen, so auch die Dreieinheit, die wir nicht sehen und dergleichen wir nie sahen, gläubig lieben? Freilich, was sterben ist, was leben ist, das wissen wir sicherlich, weil wir leben und schon einmal Tote oder Sterbende gesehen haben und darum aus Erfahrung wissen. Was heißt aber auferstehen anderes als wieder lebendig werden, das heißt vom Tode zum Leben zurückkehren? Wenn wir also sagen und glauben, daß es eine Dreieinheit gibt, so wissen wir, was Dreieinheit ist, weil wir wissen, was drei sind. Aber das lieben wir nicht. Denn das können wir, wo wir wollen, leicht haben – etwa, um anderes zu übergehen, beim Spiel mit den drei Fingern.5 Oder aber lieben wir nicht jede Dreiheit, sondern die Dreieinheit-Gott? Das also lieben wir in der Dreieinheit, was Gott ist. Aber wir haben doch auch keinen anderen Gott gesehen und kennen keinen anderen, da es nur den einen Gott gibt, jenen allein, den wir noch nicht gesehen haben und gläubig lieben. Dann aber ist eben die Frage, von welcher Ähnlichkeit und Vergleichung bekannter Dinge her wir glauben, so daß wir auch den noch nicht bekannten Gott lieben. [6. 9] Kehre also mit mir zurück und laß uns überlegen, warum wir den Apostel lieben. Etwa wegen der menschlichen Gestalt, von der wir eine ganz genaue Kenntnis haben, weil wir glauben, daß er ein Mensch war? Sicherlich nicht. Sonst hätten wir jetzt keinen Anlaß, ihn zu lieben, da er schon kein Mensch mehr ist;
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iam non est; anima enim eius a corpore separata est. sed id quod in illo amamus etiam nunc uiuere credimus; amamus enim animum iustum. ex qua ergo generali aut speciali regula nisi quia scimus et quid sit animus et quid sit iustus? et animus quidem quid sit non incongrue nos dicimus ideo nosse quia et nos habemus animum; neque enim umquam oculis uidimus et ex similitudine uisorum plurium notionem generalem specialemue percepimus, sed potius, ut dixi, quia et nos habemus. quid enim tam intime scitur seque ipsum esse sentit quam id quo etiam cetera sentiuntur, id est ipse animus? nam et motus corporum quibus praeter nos alios uiuere sentimus ex nostra similitudine agnoscimus quia et nos ita mouemus corpus uiuendo sicut illa corpora moueri aduertimus. neque enim cum corpus uiuum mouetur aperitur ulla uia oculis nostris ad uidendum animum, rem quae oculis uideri non potest; sed illi moli aliquid inesse sentimus quale nobis inest ad mouendam similiter molem nostram, quod est uita et anima. neque quasi humanae prudentiae rationisque proprium est. et bestiae quippe sentiunt uiuere non tantum se ipsas sed etiam inuicem atque alterutrum et nos ipsos, nec animas nostras uident sed ex motibus corporis idque statim et facillime quadam conspiratione naturali. animum igitur cuiuslibet ex nostro nouimus, et ex nostro credimus quem non nouimus. non enim tantum sentimus animum, sed etiam scire possumus quid sit animus consideratione nostri; habemus enim animum. sed quid sit iustus unde nouimus? dixeramus enim apostolum nos non alia causa diligere nisi quod sit iustus animus. nouimus ergo et quid sit iustus sicut quid sit animus. sed quid sit animus,
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denn seine Seele ist vom Leib getrennt. Wir glauben aber, daß das, was wir lieben, auch jetzt noch am Leben ist. Wir lieben nämlich die gerechte Seele. Wegen welcher anderen allgemeinen oder besonderen Regel als dieser, daß wir wissen, was die Seele ist und was ein Gerechter ist? Was die Seele betrifft, so sprechen wir uns ihre Kenntnis nicht unpassend deshalb zu, weil auch wir eine Seele haben. Nie nämlich haben wir sie mit Augen gesehen und aus der Ähnlichkeit mit dem vielerlei Gesehenen einen Gattungs- oder Artbegriff gebildet, aber wir kennen sie, wie gesagt, weil auch wir eine Seele haben. Was wird denn so innerlich gewußt, und was weiß so um sein eigenes Wesen, als das, wodurch alles andere wahrgenommen wird, nämlich die Seele selbst? Die Bewegungen der Körper nämlich, durch welche wir das Leben anderer Wesen außer uns wahrnehmen, beurteilen wir auf Grund der Ähnlichkeit mit uns, da auch wir in unseren Lebenstätigkeiten unseren Körper so bewegen, wie wir jene Körper in Bewegung sehen. Wenn nämlich ein lebendiger Körper bewegt wird, dann tut sich für unsere Augen nicht irgendein Weg auf zur Schau der Seele, einer Sache, die mit Augen nicht gesehen werden kann. Wir merken vielmehr, daß jener körperlichen Masse etwas Ähnliches innewohnt wie uns, damit wir unseren Körper in Bewegung setzen können. Das ist das Leben und die Seele. Und das ist nicht eine Eigentümlichkeit etwa der menschlichen Klugheit und des menschlichen Verstandes. Auch die Tiere merken nicht nur von sich selbst, daß sie leben; sie merken es vielmehr auch voneinander, ja auch von uns. Auch sie sehen unsere Seelen nicht, sondern erfahren sie aus den Bewegungen des Körpers, und zwar schnell und leicht durch einen gewissen natürlichen Zusammenhang. Wir kennen also die Seele eines anderen aus unserer eigenen, und von unserer eigenen her glauben wir, was wir nicht kennen. Wir wissen ja nicht nur, daß die Seele ist, sondern können auch durch Selbstbeobachtung wissen, was sie ist; wir haben ja eine Seele. Woher aber wissen wir, was ein Gerechter ist? Wir sagten doch, daß wir den Apostel aus keinem anderen Grunde lieben, als deshalb, weil er eine gerechte Seele ist. Wir wissen also auch, was ein Gerechter ist, wie wir wissen, was die Seele ist. Was aber
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ut dictum est, nouimus ex nobis; inest enim animus nobis. quid autem sit iustus unde nouimus si iusti non sumus? quod si nemo nouit quid sit iustus nisi qui iustus est, nemo diligit iustum nisi iustus; non enim potest diligere quem iustum esse credit ob hoc ipsum quia iustum esse credit si quid sit iustus ignorat secundum quod superius demonstrauimus neminem diligere quod credit et non uidet nisi ex aliqua regula notitiae generalis siue specialis. ac per hoc si non diligit iustum nisi iustus, quomodo uolet quisque iustus esse qui nondum est? non enim uult quisquam esse quod non diligit. ut autem sit iustus qui nondum est uolet utique iustus esse; ut autem uelit diligit iustum. diligit ergo iustum et qui nondum iustus est. diligere autem iustum non potest si quid sit iustus ignorat. proinde nouit quid sit iustus etiam qui nondum est. ubi ergo nouit? cum oculis uidit aut ullum corpus iustum uelut album aut nigrum aut quadrum aut rotundum? quis hoc dixerit? at oculis non uidit nisi corpora; iustus autem in homine non est nisi animus, et cum homo iustus dicitur ex animo dicitur non ex corpore. est enim quaedam pulchritudo animi iustitia qua pulchri sunt homines plerique etiam qui corpore distorti atque deformes sunt. sicut autem animus non uidetur oculis ita nec pulchritudo eius. ubi ergo nouit quid sit iustus qui nondum est atque ut sit diligit iustum? an signa quaedam per motum corporis emicant quibus ille aut ille homo esse iustus apparet? sed unde nouit illa signa esse animi iusti nesciens quid omnino sit iustus? nouit ergo. sed ubi nouimus quid sit iustus etiam cum iusti nondum sumus? si extra quam nos nouimus, in corpore aliquo nouimus.
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die Seele ist, wissen wir, wie gesagt, aus uns. In uns wohnt ja eine Seele. Woher wissen wir aber, was ein Gerechter ist, wenn wir selbst nicht gerecht sind? Wenn niemand weiß, was ein Gerechter ist, außer der Gerechte selbst, dann liebt niemand den Gerechten außer der Gerechte. Man kann ja einen Menschen, den man für gerecht hält, nicht gerade deshalb, weil man ihn für gerecht hält, lieben, wenn man nicht weiß, was ein Gerechter ist. Wie wir oben gezeigt haben, kann niemand lieben, was er nur glaubt und nicht sieht, außer auf Grund der Regel eines Gattungs- oder Artbegriffs. Wenn sonach nur der Gerechte den Gerechten liebt, wie kann einer, der noch nicht gerecht ist, gerecht werden wollen? Denn nicht will jemand sein, was er nicht liebt. Damit aber der, welcher noch nicht gerecht ist, es werden kann, hat er jedenfalls den Wunsch, gerecht zu sein. Damit er aber diesen Wunsch haben kann, muß er den Gerechten lieben. Es liebt also einen Gerechten auch jener, der noch nicht gerecht ist. Einen Gerechten aber kann nicht lieben, wer nicht weiß, was ein Gerechter ist. Also weiß, was ein Gerechter ist, auch der, der es noch nicht ist. Woher also weiß er es? Sieht er es mit den Augen oder gibt es einen gerechten Körper, so wie es einen weißen, schwarzen, viereckigen oder runden gibt? Wer möchte so etwas sagen? Mit den Augen aber sieht man nur Körper. Gerecht ist aber im Menschen nur die Seele. Und wenn der Mensch gerecht heißt, dann heißt er es nur auf Grund seiner Seele, nicht seines Körpers. Die Gerechtigkeit ist nämlich eine Art Schönheit der Seele, durch welche die Menschen schön sind, vielfach auch solche, die am Körper verwachsen und unförmig sind. Wie aber die Seele mit den Augen nicht gesehen wird, so auch ihre Schönheit nicht. Woher weiß also einer, der noch nicht gerecht ist, was ein Gerechter ist, und woher liebt er den Gerechten, um selbst einer zu werden? Oder strahlen etwa durch die Bewegung des Leibes gewisse Zeichen aus, durch welche dieser und jener Mensch als gerecht erscheint? Aber woran erkennt jener, der gar nicht weiß, was überhaupt ein Gerechter ist, sie als Zeichen einer gerechten Seele? Er kennt sie also. Aber woher wissen wir, was ein Gerechter ist, auch wenn wir noch nicht gerecht sind? Wenn wir das außer uns wissen, dann
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sed non est ista res corporis. in nobis igitur nouimus quid sit iustus. non enim alibi hoc inuenio cum quaero ut hoc eloquar nisi apud me ipsum; et si interrogem alium quid sit iustus, apud se ipsum quaerit quid respondeat; et quisquis hinc uerum respondere potuit apud se ipsum quid responderet inuenit. et Carthaginem quidem cum eloqui uolo apud me ipsum quaero ut eloquar, et apud me ipsum inuenio phantasiam Carthaginis. sed eam per corpus accepi, id est per corporis sensum quoniam praesens in ea corpore fui et eam uidi atque sensi memoriaque retinui ut apud me inuenirem de illa uerbum cum eam uellem dicere. ipsa enim phantasia eius in memoria mea uerbum eius, non sonus iste trisyllabus cum Carthago nominatur uel etiam tacite nomen ipsum per spatia temporum cogitatur, sed illud quod in animo meo cerno cum hoc trisyllabum uoce profero uel antequam proferam. sic et Alexandriam cum eloqui uolo quam numquam uidi praesto est apud me phantasma eius. cum enim a multis audissem et credidissem magnam esse illam urbem sicut mihi narrari potuit, finxi animo imaginem eius quam potui, et hoc est apud me uerbum eius cum eam uolo dicere antequam uoce quinque syllabas proferam, quod nomen eius fere omnibus notum est. quam tamen imaginem si ex animo meo proferre possem ad oculos hominum qui Alexandriam nouerunt, profecto aut omnes dicerent: non est ipsa, aut si dicerent: ipsa est, multum mirarer atque ipsam intuens in animo meo, id est imaginem quasi picturam eius, ipsam tamen esse nescirem sed eis crederem qui uisam tenerent. non autem ita quaero quid sit iustus, nec ita inuenio nec ita intueor cum id eloquor, nec ita probor cum audior, nec ita probo cum audio quasi tale aliquid oculis uiderim
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wissen wir es in einem Körper. Aber es ist dies kein körperlicher Gegenstand. In uns also wissen wir, was ein Gerechter ist. Denn nicht anderswo als bei mir selbst finde ich dies, wenn ich es suche, um es auszusprechen. Und wenn ich einen anderen frage, was ein Gerechter ist, dann sucht er bei sich selbst nach einer Antwort. Und wer immer mit Wahrem antworten konnte, fand seine Antwort bei sich selbst. Wenn ich etwa Karthago aussprechen will, dann suche ich bei mir selbst, was ich aussprechen will, und bei mir selbst finde ich das Vorstellungsbild Karthagos. Aber ich habe es durch den Körper aufgenommen, das heißt durch den Leibessinn, weil ich dort mit dem Leibe anwesend war, es gesehen, mit den Sinnen wahrgenommen und in meinem Gedächtnis aufbewahrt habe, damit ich bei mir das Wort von ihm finde, wenn ich es aussprechen will. Denn dessen Vorstellungsbild in meinem Gedächtnis ist eben sein Wort, nicht der Dreisilbenklang, den man bildet, wenn man Karthago nennt oder auch schweigend seinen Namen in bestimmten Zeiträumen denkt, sondern jenes Wort, welches ich in meiner Seele sehe, wenn ich diese drei Silben mit der Stimme hervorbringe, ja noch bevor ich sie hervorbringe. So ist mir auch, wenn ich Alexandrien aussprechen will, das ich niemals gesehen habe, ein Vorstellungsbild von ihm gegenwärtig. Da ich nämlich von vielen hörte und glaubte, daß es eine große Stadt ist, so bildete ich gemäß dem, was mir erzählt wurde, in meiner Seele ein Bild von ihm, so gut ich konnte. Das ist das Wort, das ich von ihm bei mir habe, wenn ich es aussprechen will, bevor ich mit der Stimme die fünf Silben hervorbringe, diesen seinen Namen, der fast allen bekannt ist. Könnte ich dieses Bild aus meiner Seele heraus vor die Augen der Menschen hinsetzen, die Alexandrien kennen, so würden sie bestimmt entweder alle sagen: ›Das ist es nicht‹, oder wenn sie sagten: ›So ist es‹, dann würde ich mich sehr wundern, und es, das heißt sein Bild wie ein Gemälde von ihm, in meiner Seele schauend, würde ich doch nicht wissen, daß es so ist, sondern würde es denen glauben, die es gesehen habend festhalten. Nicht so aber suche ich, was der Gerechte ist, nicht so finde ich es, nicht so schaue ich es, wenn ich es ausspreche. Nicht so finde ich Bestätigung, wenn man mich hört; nicht
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aut ullo corporis sensu didicerim aut ab eis qui ita didicissent audierim. cum enim dico et sciens dico: iustus est animus qui scientia atque ratione in uita ac moribus sua cuique distribuit, non aliquam rem absentem cogito sicut Carthaginem aut fingo ut possum sicut Alexandriam, siue ita sit siue non ita; sed praesens quiddam cerno et cerno apud me etsi non sum ipse quod cerno, et multi si audiant, approbabunt. et quisquis me audit atque scienter approbat apud se et ipse hoc idem cernit etiamsi non sit et ipse quod cernit. iustus uero cum id dicit id quod ipse est cernit et dicit. et ubi etiam ipse cernit nisi apud se ipsum? sed hoc mirum non est; ubi enim se ipsum cerneret nisi apud se ipsum? illud mirabile ut apud se animus uideat quod alibi nusquam uidit, et uerum uideat, et ipsum uerum iustum animum uideat, et sit ipse animus et non sit iustus animus quem apud se ipsum uidet. num est alius animus iustus in animo nondum iusto? aut si non est, quem ibi uidet cum uidet et dicit quid sit animus iustus, nec alibi quam in se uidet, cum ipse non sit animus iustus? an illud quod uidet ueritas est interior praesens animo qui eam ualet intueri? neque omnes ualent, et qui intueri ualent hoc etiam quod intuentur non omnes sunt, hoc est non sunt etiam ipsi iusti animi sicut possunt uidere ac dicere quid sit iustus animus. quod unde esse poterunt nisi inhaerendo eidem ipsi formae quam intuentur ut inde formentur et sint iusti animi, non tantum cernentes et dicentes iustum esse animum qui scientia atque ratione in uita ac moribus sua cuique distribuit, sed etiam ut ipsi iuste uiuant iusteque morati sint sua cuique distribuendo
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so gebe ich eine Bestätigung, wenn ich höre, gleich als hätte ich etwas Derartiges mit Augen gesehen oder durch irgendeinen Leibessinn erfahren oder von denen, die so etwas erfuhren, gehört. Wenn ich nämlich sage, und zwar wissend sage: ›Gerecht ist die Seele, welche mit Wissen und Überlegung im Leben und im Verhalten jedem das Seinige zuteilt‹, so denke ich nicht ein abwesendes Ding, wie Karthago, so mache ich mir nicht, so gut ich kann, ein Vorstellungsbild wie von Alexandrien, mag es stimmen oder nicht, sondern ich sehe etwas Gegenwärtiges, und zwar sehe ich es bei mir, wenn auch ich selber nicht bin, was ich sehe; und viele werden mir zustimmen, wenn sie hören, was ich sehe. Und jeder, der mich hört und als Wissender seine Zustimmung gibt, sieht auch seinerseits bei sich das gleiche, auch wenn er selber nicht ist, was er sieht. Wenn aber der Gerechte dies sagt, dann sieht und sagt er, was er selbst ist. Wo aber schaut auch er selber es, außer bei sich selbst? Aber das ist nicht verwunderlich. Wo sollte er sich denn sehen, außer bei sich selbst? Doch das ist verwunderlich, daß die Seele bei sich sieht, was sie sonst nirgends sieht, und daß sie Wahres und eben die wahrhaft gerechte Seele sieht, und daß sie selbst zwar Seele, aber nicht die gerechte Seele ist, die sie bei sich sieht. Ist etwa eine andere gerechte Seele in der noch nicht gerechten Seele? Trifft das nicht zu, wen sieht sie da, wenn sie sieht und sagt, was eine gerechte Seele ist, und wenn sie das nicht anderswo als in sich selbst sieht, wo sie doch selbst keine gerechte Seele ist? Oder ist das, was sie sieht, eine innerliche Wahrheit, gegenwärtig der Seele, die sie zu schauen vermag? Nicht alle vermögen es, und die sie zu schauen vermögen, sind auch nicht alle, was sie schauen, das heißt, sie sind nicht auch selbst gerechte Seelen, während sie sehen und sagen können, was eine gerechte Seele ist. Woher anders wird ihnen das Vermögen hierzu kommen als daher, daß sie eben der nämlichen Gestalt, die sie schauen, anhangen, auf daß sie von ihr gestaltet und gerechte Seelen werden, denn dann werden sie nicht nur sehen und sagen, daß eine gerechte Seele jene ist, welche mit Wissen und Überlegung im Leben und im Verhalten jedem das Seinige zuteilt, sondern auch selbst gerecht handeln und gerecht wandeln, jedem das Seinige zuteilend, so
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ut nemini quidquam debeant nisi ut inuicem diligant? et unde inhaeretur illi formae nisi amando? cur ergo alium diligimus quem credimus iustum et non diligimus ipsam formam ubi uidemus quid sit iustus animus ut et nos iusti esse possimus? an uero nisi et istam diligeremus nullo modo eum diligeremus quem ex ista diligimus, sed dum iusti non sumus minus eam diligimus quam ut iusti esse ualeamus? homo ergo qui creditur iustus ex ea forma et ueritate diligitur quam cernit et intellegit apud se ille qui diligit; ipsa uero forma et ueritas non est quomodo aliunde diligatur. neque enim inuenimus aliquid tale praeter ipsam ut eam cum incognita est credendo diligamus ex eo quod iam tale aliquid nouimus. quidquid enim tale aspexeris ipsa est, et non est quidquam tale quoniam sola ipsa talis est qualis ipsa est. qui ergo amat homines, aut quia iusti sunt aut ut iusti sint amare debet. sic enim et se ipsum amare debet aut quia iustus est aut ut iustus sit; sic enim diligit proximum tamquam se ipsum sine ullo periculo. qui enim aliter se diligit iniuste se diligit quoniam se ad hoc diligit ut sit iniustus, ad hoc ergo ut sit malus, ac per hoc iam non se diligit: qui enim diligit iniquitatem odit animam suam. [7.10] quapropter non est praecipue uidendum in hac quaestione quae de trinitate nobis est et de cognoscendo deo nisi quid sit uera dilectio, immo uero quid sit dilectio. ea quippe dilectio dicenda quae uera est, alioquin cupiditas est; atque ita cupidi abusiue dicuntur diligere quemadmodum cupere abusiue dicuntur qui diligunt. haec est autem uera dilectio ut inhaerentes ueritati iuste uiuamus, et ideo contemnamus omnia mortalia prae amore hominum quo eos uolumus iuste uiuere. ita enim et mori pro
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daß sie niemandem etwas schulden, es sei denn, einander zu lieben? Wie soll man dieser Gestalt anhangen außer in Liebe? Warum also lieben wir einen anderen, den wir für gerecht halten, und lieben nicht auch die Gestalt selbst, in der wir sehen, was eine gerechte Seele ist, auf daß auch wir gerecht werden können? Oder würden wir etwa, wenn wir nicht auch diese liebten, in keiner Weise jenen lieben, den wir von ihr her lieben; lieben wir sie aber, solange wir nicht gerecht sind, zu wenig, als daß wir gerecht zu sein vermöchten? Der Mensch also, der als gerecht gilt, wird von der Gestalt und Wahrheit her geliebt, die jener, der liebt, bei sich sieht und schaut. Diese Gestalt und Wahrheit selbst jedoch kann nicht von anderswoher geliebt werden. Wir finden nämlich außerhalb ihrer nichts Derartiges, so daß wir sie, solange sie noch unbekannt ist, auf Grund dieser ihr ähnlichen Wirklichkeit, die wir schon kennen, glaubend lieben würden. Was immer nämlich du an Derartigem erblicken magst, ist sie selbst; und nicht gibt es sonst etwas Derartiges, da nur sie allein so ist, wie sie ist. Wer also die Menschen liebt, muß sie lieben, weil sie gerecht sind oder auf daß sie gerecht werden. So muß er nämlich auch sich selbst lieben: entweder weil er gerecht ist oder damit er gerecht wird; so liebt er dann seinen Nächsten wie sich selbst ohne irgendeine Gefahr. Wer sich nämlich anders liebt, liebt sich ungerecht, weil er sich darauf hin liebt, daß er ungerecht ist, dazu also, daß er böse ist, und deshalb liebt er sich schon nicht mehr. Denn »wer das Unrecht liebt, haßt seine Seele.« [7.10] Deshalb muß man in dieser Frage, in der es für uns um die Dreieinheit und die Erkenntnis Gottes geht, nicht allein zusehen, was wahre Liebe ist, sondern vielmehr, was überhaupt Liebe ist. Denn nur die wahre darf man Liebe nennen, sonst ist sie Begierlichkeit. So ist es ein sprachlicher Mißbrauch, wenn man von den Begierlichen sagt, daß sie lieben, wie es ein sprachlicher Mißbrauch ist, wenn man von denen, die lieben, sagt, daß sie begierlich sind. Das aber ist die wahre Liebe, daß wir, der Wahrheit anhangend, gerecht leben und so alles Sterbliche verachten aus Liebe zu den Menschen, in der wir wünschen, daß
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fratribus utiliter parati esse poterimus, quod nos exemplo suo dominus Iesus Christus docuit. cum enim duo praecepta sint in quibus tota lex pendet et prophetae, dilectio dei et dilectio proximi, non immerito plerumque scriptura pro utroque unum ponit. siue tantum dei sicuti est illud: scimus quoniam diligentibus deum omnia cooperantur in bonum, et iterum: quisquis autem diligit deum hic cognitus est ab illo, et illud: quoniam caritas dei diffusa est in cordibus nostris per spiritum sanctum qui datus est nobis, et alia multa quia et qui diligit deum, consequens est ut faciat quod praecepit deus et in tantum diligit in quantum facit; consequens ergo est ut et proximum diligat quia hoc praecepit deus. siue tantum proximi dilectionem scriptura commemorat sicuti est illud: inuicem onera uestra portate et sic adimplebitis legem Christi, et illud: omnis enim lex in uno sermone impletur, in eo quod scriptum est: diliges proximum tuum tamquam te ipsum, et in euangelio: omnia quaecumque uultis ut faciant uobis homines bona, haec et uos facite illis; haec est enim lex et prophetae, et pleraque alia reperimus in litteris sanctis in quibus sola dilectio proximi ad perfectionem praecipi uidetur et taceri de dilectione dei cum in utroque praecepto lex pendeat et prophetae, sed et hoc ideo quia et qui proximum diligit consequens est ut ipsam praecipue dilectionem diligat. deus autem dilectio est, et qui manet in dilectione in deo manet. consequens ergo est ut praecipue deum diligat. [7.11] quapropter qui quaerunt deum per istas potestates quae mundo praesunt uel partibus mundi auferuntur ab eo longeque iactantur non interuallis locorum sed diuersitate affectuum; exterius enim conantur ire et interiora sua deserunt quibus interior est deus. itaque etiamsi aliquam sanctam caelitem pote10-12 Mt22,37-40 13-14 Rm 8,28 14-15 1Cor 8,3 15-17 Rm 5,5 21-22 Gal 6,2 22-24 Gal 5,14 24-26 Mt 7,12 31 1Io 4,16
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sie ein gerechtes Leben führen. So werden wir nämlich auch die nützliche Bereitschaft aufbringen können, für die Brüder zu sterben, was uns der Herr Jesus Christus durch sein Beispiel lehrte. Da es nämlich zwei Gebote gibt, an denen das ganze Gesetz hängt und die Propheten, die Liebe Gottes und die Liebe des Nächsten, so setzt die Schrift nicht mit Unrecht häufig eines für beide zusammen, so als Liebe nur zu Gott in dem Wort: »Wir wissen, daß denen, die Gott lieben, alles zum Guten gereicht«, oder wiederum: »Wer aber Gott liebt, wird von ihm erkannt«, oder nochmals: »Die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist«, und an vielen anderen Stellen. Wer nämlich Gott liebt, muß folgerichtig auch tun, was Gott geboten hat; ja er liebt Gott, insofern er es tut. Es ist also folgerichtig, daß er auch den Nächsten liebt, weil das Gott geboten hat – sei es, daß die Schrift nur die Liebe zum Nächsten erwähnt, wie in dem Worte: »Tragt gegenseitig eure Lasten, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen«, oder in dem anderen: »Denn das ganze Gesetz wird mit dem einen Satz erfüllt, in dem es heißt; Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst«, oder im Evangelium: »Alles, was ihr wollt, daß euch die Menschen tun, das sollt ihr ihnen auch tun. Denn das ist das Gesetz und die Propheten.« Und viele andere Stellen finden wir in den heiligen Schriften, an denen nur die Liebe zum Nächsten als Weg zur Vollkommenheit geboten zu sein und die Liebe zu Gott verschwiegen zu werden scheint, während doch an beiden Geboten das Gesetz hängt und die Propheten. Aber auch das hat darin seinen Grund, daß derjenige, welcher den Nächsten liebt, folgerichtig vor allem auch die Liebe selbst liebt. »Gott« aber »ist die Liebe, und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott.«6 Es ist also folgerichtig, daß er vor allem Gott liebt. [7.11] Daher werden diejenigen, die Gott durch jene Mächte suchen, welche die Welt oder die Teile der Welt beherrschen, von ihm weggerissen und weit umher geschleudert, nicht durch Orte und Räume, sondern durch die Gegensätzlichkeit ihrer Neigungen. Sie versuchen nämlich nach außen zu gehen und verlassen ihr Inneres, und innerlicher noch als dieses ist Gott. Wenn sie daher auch von einer heiligen himmlischen Macht
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statem uel audierint uel utcumque cogitauerint, facta magis eius appetunt quae humana miratur infirmitas; non imitantur pietatem qua diuina requies comparatur. malunt enim superbe hoc posse quod angelus quam deuote hoc esse quod angelus. non enim sanctus quisquam potestate sua gaudet sed eius a quo habet posse quidquid congruenter potest, et nouit potentius esse coniungi omnipotenti pia uoluntate quam propria uoluntate posse quod contremescant qui talia non possunt. itaque ipse dominus Iesus Christus talia faciens ut mirantes doceret ampliora et temporalibus insolitis intentos atque suspensos ad aeterna atque interiora conuerteret: uenite, inquit, ad me qui laboratis et onerati estis, et ego uos reficiam; tollite iugum meum super uos. et non dixit: discite a me quia triduanos mortuos suscito, sed ait: discite a me quia mitis sum et humilis corde. potentior est enim et tutior solidissima humilitas quam uentosissima celsitudo. et ideo sequitur dicens: et inuenietis requiem animabus uestris. dilectio} enim non inflatur, et deus dilectio est, et fideles in dilectione adquiescunt illi reuocati ab strepitu qui foris est ad gaudia silentia. ecce, deus dilectio est. utquid imus et currimus in sublimia caelorum et ima terrarum quaerentes eum qui est apud nos si nos esse uelimus apud eum? [8.12] nemo dicat: non noui quod diligam. diligat fratrem et diligat eandem dilectionem; magis enim nouit dilectionem qua diligit quam fratrem quem diligit. ecce iam potest notiorem deum habere quam fratrem, plane notiorem quia praesentiorem, notiorem quia interiorem, notiorem quia certiorem. amplectere dilectionem deum et dilectione amplectere deum. ipsa est dilec-
48 Mt 11,28sq. 51 Mt 11,29 53 Mt 11,29 54 1Cor 13,4 54 1Io 4,8; 1Io 4,16 54-55 Sap 3,9 56 1Io 4,8; 1Io 4,16
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hören oder irgendwie an sie denken, dann verlangen sie mehr nach deren Taten, welche der menschlichen Ohnmacht Staunen abnötigen; nicht ahmen sie die Frömmigkeit nach, durch welche die göttliche Ruhe erreicht wird. Sie wollen nämlich lieber selbstherrlich das vermögen, was der Engel kann, statt demütig das zu sein, was der Engel ist. Kein Heiliger freut sich ja an seiner Macht, sondern an der Macht dessen, von dem er sein Können hat, mag er in passender Weise können was immer. Er weiß, daß es mehr Macht bedeutet, mit dem Allmächtigen in frommem Willen verbunden zu werden, als durch eigene Macht und eigenen Willen zu können, was jene erschrecken macht, die Derartiges nicht können. Daher hat der Herr Jesus Christus selbst, als er solches tat, um die erstaunten Zuschauer Größeres zu lehren und die von den ungewohnten zeithaften Vorgängen Ergriffenen und Hingerissenen zum Ewigen und Innerlichen hinzulenken, gesagt: »Kommet zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, und ich will euch erquiken. Nehmet mein Joch auf euch!« Und nicht sagte er: ›Lernet von mir, daß ich Menschen, die vier Tage lang tot sind, erwecke‹, sondern: »Lernet von mir, denn ich bin sanftmütig und demütig von Herzen.« Mächtiger ist nämlich und sicherer fest gegründete Demut als windiger Hochmut. Deshalb fährt er fort. »Und ihr werdet Ruhe finden für eure Seelen.« »Die Liebe bläht« nämlich »nicht auf«. Und »Gott ist die Liebe«, und »die Gläubigen werden in Liebe bei ihm ausruhen«, zurückgerufen von dem Lärm, der draußen ist, zu den schweigenden Freuden. Siehe »Gott ist die Liebe«. Warum gehen und laufen wir nach den Höhen des Himmels und den Tiefen der Erde, um ihn zu suchen, der bei uns ist, wenn wir bei ihm sein wollen? [8.12] Niemand soll sagen: Ich weiß nicht, was ich lieben soll. Er soll den Bruder lieben, und er wird so eben die Liebe lieben. Er kennt ja in größerem Maße die Liebe, durch die er liebt, als den Bruder, den er liebt. Siehe, schon kann ihm Gott bekannter sein als der Bruder, wirklich bekannter, weil gegenwärtiger, bekannter, weil innerlicher, bekannter, weil sicherer, Umfange die Liebe, Gott, und umfange in der Liebe Gott! Die Liebe ist es,
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tio quae omnes bonos angelos et omnes dei seruos consociat uinculo sanctitatis, nosque et illos coniungit inuicem nobis et subiungit sibi. quanto igitur saniores sumus a tumore superbiae tanto sumus dilectione pleniores. et qui nisi deo plenus est qui plenus est dilectione? at enim caritatem uideo, et quantum possum eam mente conspicio, et credo scripturae dicenti: quoniam deus caritas est, et qui manet in caritate in deo manet. sed cum eam uideo non in ea uideo trinitatem. immo uero uides trinitatem si caritatem uides. sed commonebo si potero ut uidere te uideas; adsit tantum ipsa ut moueamur caritate ad aliquod bonum. quia cum diligimus caritatem, aliquid diligentem diligimus propter hoc ipsum quia diligit aliquid. ergo quid diligit caritas ut possit etiam ipsa caritas diligi? caritas enim non est quae nihil diligit. si autem se ipsam diligit, diligat aliquid oportet ut caritate se diligat. sicut enim uerbum indicat aliquid, indicat etiam se ipsum, sed non se uerbum indicat nisi se aliquid indicare indicet; sic et caritas diligit quidem se, sed nisi se aliquid diligentem diligat non caritate se diligit. quid ergo diligit caritas nisi quod caritate diligimus? id autem ut a proximo prouehamur frater est. dilectionem autem fraternam quantum commendet Iohannes apostolus attendamus: qui diligit}, inquit, fratrem suum in lumine manet, et scandalum in eo non est. manifestum est quod iustitiae perfectionem in fratris dilectione posuerit; nam in quo scandalum non est utique perfectus est. et tamen uidetur dilectionem dei tacuisse. quod numquam faceret nisi quia in ipsa fraterna dilectione uult intellegi deum. apertissime enim in eadem epistula paulo post ita dicit: dilectissimi, diligamus inuicem quia dilectio ex de est, et omnis qui diligit ex deo natus est et cognouit deum. qui non diligit non cognouit deum quia deus dilectio est. ista contextio
13-14 1Io 4,16 18-19 1Io 2,10 34-36 1Io 4,7sq.
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welche alle guten Engel und alle Diener Gottes durch das Band der Heiligkeit vereint und uns und sie untereinander verbindet und sich untertan macht. Je mehr wir also heil sind von der Geschwulst des Stolzes, um so mehr sind wir der Liebe voll; und wessen, wenn nicht Gottes, ist jener voll, welcher der Liebe voll ist? ›Ich sehe nunmehr die Liebe und erblicke sie, soviel ich kann, in meinem Geiste, und ich glaube der Schrift, wenn sie sagt, daß »Gott die Liebe ist und der, welcher in der Liebe bleibt, in Gott bleibt«. Aber wenn ich sie sehe, sehe ich in ihr nicht die Dreieinheit‹. Doch du siehst in der Tat eine Dreieinheit, wenn du die Liebe siehst. Ich werde dir aber, so gut ich kann, einen Hinweis geben, auf daß du dich sehen siehst.7 Nur die Liebe selbst soll gegenwärtig sein, daß wir durch sie zu einem Gut hinbewegt werden. Wenn wir nämlich die Liebe lieben, dann lieben wir sie, die etwas liebt, eben deshalb, weil sie etwas liebt. Was also liebt die Liebe, so daß sie auch selbst geliebt werden kann? Die nichts liebt, ist ja keine Liebe. Wenn sie aber sich selbst liebt, dann muß sie etwas lieben, auf daß sie aus Liebe liebt. Wie nämlich das Wort etwas anzeigt, zeigt es auch sich selbst an, aber es zeigt nur dadurch sich selbst an, daß es anzeigt, etwas anzuzeigen.8 So liebt auch die Liebe zwar sich, aber wenn sie sich nicht als etwas liebende liebt, dann liebt sie sich nicht als Liebe. Was also liebt die Liebe anderes als das, was wir durch die Liebe lieben? Das aber ist, um vom Nächstliegenden auszugehen, der Bruder. Achten wir doch darauf, wie sehr der Apostel Johannes die Bruderliebe empfiehlt. Er sagt: »Wer seinen Bruder liebt, der bleibt im Lichte, und in ihm ist kein Anstoß.« Es ist offenkundig, daß er die vollkommene Gerechtigkeit in die Bruderliebe verlegt. Denn derjenige, in dem kein Anstoß ist, ist fürwahr vollkommen. Und doch scheint er von der Gottesliebe geschwiegen zu haben. Das würde er niemals tun, wenn er nicht unter der Bruderliebe auch die Gottesliebe verstanden wissen wollte. Ganz klar sagt er nämlich in dem gleichen Brief ein wenig später; »Geliebte, wir wollen einander lieben, weil die Liebe aus Gott ist; und jeder, der liebt, ist aus Gott geboren und erkennt Gott. Wer nicht liebt, hat Gott nicht erkannt. Denn Gott ist die Liebe.« Dieser
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satis aperteque declarat eandem ipsam fraternam dilectionem (nam fraterna dilectio est qua diligimus inuicem) non solum ex deo sed etiam deum esse tanta auctoritate praedicari. cum ergo de dilectione diligimus fratrem, de deo diligimus fratrem; nec fieri potest ut eandem dilectionem non praecipue diligamus qua fratrem diligimus. unde colligitur duo illa praecepta non posse sine inuicem. quoniam quippe deus dilectio est, deum certe diligit qui diligit dilectionem; dilectionem autem necesse est diligat qui diligit fratrem. et ideo quod paulo post ait: non potest deum diligere quem non uidet qui fratrem quem uidet non diligit, quia haec illi causa est non uidendi deum quod non diligit fratrem. qui enim non diligit fratrem non est in dilectione, et qui non est in dilectione non est in deo quia deus dilectio est. porro qui non est in deo non est in lumine quia deus lumen est, et tenebrae in eo non sunt ullae. qui ergo non est in lumine quid mirum si non uidet lumen, id est non uidet deum quia in tenebris est? fratrem autem uidet humano uisu quo uideri deus non potest. sed si eum quem uidet humano uisu spiritali caritate diligeret, uideret deum qui est ipsa caritas uisu interiore quo uideri potest. itaque qui fratrem quem uidet non diligit, deum, quem propterea non uidet quia deus dilectio est qua caret qui fratrem non diligit, quomodo potest diligere? nec illa iam quaestio moueat quantum caritatis fratri debeamus impendere, quantum deo. fratri enim quantum nobis ipsis; nos autem ipsos tanto magis diligimus quanto magis diligimus deum. ex una igitur eademque caritate deum proximumque diligimus, sed deum propter deum, nos autem et proximum propter deum. [9.13] quid enim est, quaeso, quod exardescimus cum audimus et legimus: ecce nunc tempus acceptabile, ecce nunc dies
43 1Io 4,8 45-46 1Io 4,20 49 1Io 4,8 50-51 1Io 1,5 9,4-17 2Cor 6,2-10
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Textzusammenhang offenbart hinreichend deutlich, daß durch eine so große Autorität verkündet wird: Eben dieselbe Bruderliebe (denn Bruderliebe ist es, durch die wir einander lieben) ist nicht nur aus Gott, sondern ist auch Gott. Wenn wir also von der Liebe her den Bruder lieben, dann lieben wir den Bruder von Gott her. Und es kann nicht geschehen, daß wir nicht insbesondere die Liebe lieben, durch die wir den Bruder lieben. Daraus ergibt sich, daß diese beiden Gebote nicht ohne einander sein können. Weil nämlich »Gott die Liebe ist«, liebt jener, welcher die Liebe liebt, sicherlich Gott. Die Liebe aber liebt notwendig, wer den Bruder liebt. Und deshalb sagt er ein wenig später: »Es kann Gott, den er nicht sieht, nicht lieben, wer den Bruder, den er sieht, nicht liebt.« Daß er den Bruder nicht liebt, ist ja für ihn der Grund, daß er Gott nicht sieht. Wer nämlich den Bruder nicht liebt, ist nicht in der Liebe. Und wer nicht in der Liebe ist, ist nicht in Gott, weil Gott die Liebe ist. Wer sodann nicht in Gott ist, ist nicht im Licht, weil »Gott das Licht ist, und Finsternisse nicht in ihm sind«. Wenn also jemand nicht im Licht ist, was nimmt es da wunder, wenn er das Licht nicht sieht, das heißt, wenn er Gott nicht sieht, weil er in der Finsternis ist? Den Bruder aber sieht er mit menschlichem Blick, mit dem Gott nicht gesehen werden kann. Würde er aber ihn, den er mit menschlichem Auge nicht sehen kann, mit geistiger Liebe lieben, dann würde er ihn, der die Liebe selber ist, mit dem inneren Auge sehen, mit dem er gesehen werden kann. Wer daher den Bruder, den er sieht, nicht liebt, wie kann der Gott, den er deshalb nicht sieht, weil Gott die Liebe ist, die derjenige, der den Bruder nicht liebt, nicht besitzt, wie kann dieser Gott lieben? Auch die Frage soll nicht mehr beunruhigen, wieviel Liebe wir dem Bruder, wieviel wir Gott schenken müssen. Dem Nächsten soviel wie uns selbst. Uns selbst aber lieben wir um so mehr, je mehr wir Gott lieben. Aus einer und derselben Liebe heraus lieben wir also Gott und den Nächsten, Gott jedoch um Gottes willen, uns aber und den Nächsten um Gottes willen. [9.13] Was ist der Grund, frage ich, daß wir entflammt werden, wenn wir hören und lesen. »Siehe, jetzt ist die willkommene Zeit, siehe, jetzt ist der Tag des
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salutis. nullam in quoquam dantes offensionem ut non reprehendatur ministerium nostrum, sed in omnibus commendantes nosmetipsos ut dei ministros, in multa patientia, in tribulationibus, in necessitatibus, in angustiis, in plagis, in carceribus, in iactationibus, in laboribus, in uigiliis, in ieiuniis, in castitate, in scientia, in longanimitate, in bonitate, in spiritu sancto, in caritate non ficta, in uerbo ueritatis, in uirtute dei, per arma iustitiae dextra et sinistra, per gloriam et ignobilitatem, per infamiam et bonam famam, ut seductores et ueraces, ut qui ignoramur et cognoscimur, quasi morientes et ecce uiuimus, ut coerciti et non mortificati, ut tristes semper autem gaudentes, sicut egeni multos autem ditantes, tamquam nihil habentes et omnia possidentes? quid est quod accendimur in dilectione Pauli apostoli cum ista legimus nisi quod credimus eum ita uixisse? uiuendum tamen sic esse dei ministris non de aliquibus auditum credimus sed intus apud nos, uel potius supra nos in ipsa ueritate conspicimus. illum ergo quem sic uixisse credimus ex hoc quod uidemus diligimus, et nisi hanc formam quam semper stabilem atque incommutabilem cernimus praecipue diligeremus, non ideo diligeremus illum quia eius uitam cum in carne uiueret huic formae coaptatam et congruentem fuisse fide retinemus. sed nescio quomodo amplius et in ipsius formae caritatem excitamur per fidem qua credimus uixisse sic aliquem, et spem qua nos quoque ita posse uiuere qui homines sumus ex eo quod aliqui homines ita uixerunt minime desperamus ut hoc et desideremus ardentius et fidentius precemur. ita et ipsorum uitam facit a nobis diligi formae illius dilectio secundum quam uixisse creduntur, et illorum uita credita in eandem formam flagrantiorem excitat caritatem ut quanto flagrantius diligimus deum, tanto certius sereniusque uideamus quia in deo conspicimus incommutabilem formam iustitiae secundum quam hominem uiuere oportere iu-
8-17 2Cor 6,5-10 21 Conf. III, 6,11; X, 26,37
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Heiles! In nichts geben wir irgendeinen Anstoß, damit auf unser Amt kein Tadel falle, sondern in allem erweisen wir uns als Diener Gottes, durch große Geduld in Drangsalen, in Nöten, in Ängsten, bei Schlägen, bei Gefängnisstrafen, bei Aufständen, in Mühen, in Nachtwachen, in Fasten, durch Erkenntnis, durch Langmut, durch Güte, im Heiligen Geist, durch ungeheuchelte Liebe, im Worte der Wahrheit, in Gottes Kraft, durch die Waffen der Gerechtigkeit, von rechts und von links, bei Ehre und Schmach, bei Schmähung und Lob, als Verführer angesehen und doch wahrhaftig, als Unbekannte und doch Anerkannte, als Sterbende und siehe, wir leben, als Gezüchtigte und doch nicht Getötete, als Betrübte und doch immer fröhlich, als Bettler und doch viele bereichernd, als Besitzlose und doch alles besitzend.« Was gibt es für einen anderen Grund, daß wir zur Liebe des Apostels Paulus entzündet werden, wenn wir dies lesen, als daß wir glauben, er habe so gelebt? Daß jedoch die Diener Gottes so leben müssen, haben wir nicht von anderen gehört, um es zu glauben, sondern das erblicken wir bei uns oder vielmehr über uns in der Wahrheit selbst. Jenen also, der, wie wir glauben, so gelebt hat, lieben wir auf Grund dessen, was wir sehen. Und wenn wir nicht diese Gestalt, die wir als stete und unwandelbare schauen, vor allem lieben, dann würden wir nicht jenen deshalb lieben, weil wir gläubig festhalten, daß sein Leben, als er im Fleische lebte, dieser Gestalt angepaßt und entsprechend gewesen sei. Aber wir werden, ich weiß nicht wie, weiterhin auch zur Liebe dieser Gestalt selbst angereizt, durch den Glauben, in dem wir glauben, daß jemand so gelebt hat; durch die Hoffnung, in der wir in keiner Weise daran verzweifeln, daß wir, wo wir doch Menschen sind, auch so leben können, wo gewisse Menschen so gelebt haben, so daß wir dies inbrünstiger ersehnen und zuversichtlicher erbitten. So bewirkt die Liebe jener Gestalt, nach der sie, wie wir glauben, gelebt haben, die Liebe auch ihres Lebens, wie auch ihr Leben, an das wir glauben, uns zu flammenderer Liebe eben dieser Gestalt anreizt, damit wir umso brennender Gott lieben, je sicherer und lichter wir ihn sehen, weil wir in Gott die unwandelbare Gestalt der Gerechtigkeit erblicken, nach der, wie wir urteilen, der Mensch leben muß. Der Glaube
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dicamus. ualet ergo fides ad cognitionem et ad dilectionem dei, non tamquam omnino incogniti aut omnino non dilecti, sed quo cognoscatur manifestius et quo firmius diligatur. [10.14] quid est autem dilectio uel caritas quam tantopere scriptura diuina laudat et praedicat nisi amor boni? amor autem alicuius amantis est, et amore aliquid amatur. ecce tria sunt, amans et quod amatur et amor. quid est ergo amor nisi quaedam uita duo aliqua copulans uel copulari appetens, amantem scilicet et quod amatur? et hoc etiam in extremis carnalibusque amoribus ita est. sed ut aliquid purius et liquidius hauriamus calcata carne ascendamus ad animum. quid amat animus in amico nisi animum? et illic igitur tria sunt, amans et quod amatur et amor. restat etiam hinc ascendere et superius ista quaerere quantum homini datur. sed hic paululum requiescat intentio non ut se iam existimet inuenisse quod quaerit, sed sicut solet inueniri locus ubi quaerendum est aliquid. nondum illud inuentum est, sed iam inuentum est ubi quaeratur. ita hoc dixisse suffecerit ut tamquam ab articulo alicuius exordii cetera contexamus.
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stärkt also zur Erkenntnis und zur Liebe Gottes, nicht als ob Gott vorher vollkommen unbekannt oder vollkommen ungeliebt wäre, sondern auf daß er klarer erkannt und inniger geliebt werde. [10.14] Was ist aber die Liebe oder Zuneigung, welche die Heilige Schrift so sehr lobt und verkündet, anderes als die Liebe zum Guten? Die Liebe nun ist die Liebe eines Liebenden, und durch die Liebe wird etwas geliebt. Siehe, da sind drei; der Liebende und das Geliebte und die Liebe. Was ist also die Liebe anderes als eine Art Leben, welches zwei miteinander vereint oder zu vereinen trachtet, den Liebenden nämlich und das Geliebte? Und das gilt auch in der äußeren und fleischlichen Liebe. Doch um aus einer reineren und klareren Quelle zu schöpfen, wollen wir das Fleisch niedertreten und zur Seele aufsteigen. Was liebt die Seele im Freunde anderes als die Seele? Auch hier sind also drei: der Liebende, das Geliebte und die Liebe. Auch von hier aus müssen wir schließlich weiter emporsteigen und nach dem Höheren suchen, soweit es Menschen gewährt wird. Doch soll sich hier unsere Aufmerksamkeit ein wenig Ruhe gönnen, nicht als ob sie glauben sollte, daß sie schon gefunden hat, was sie sucht, sondern wie man einen Ort findet, an dem man etwas suchen will. Das Gesuchte ist noch nicht gefunden, aber man hat schon gefunden, wo man suchen kann. So möge das Gesagte genügen, auf daß wir das übrige gleichsam von der Stufe eines neuen Beginns aus fortsetzen.
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[1.1] trinitatem certe quaerimus, non quamlibet sed illam trinitatem quae deus est, uerusque ac summus et solus deus. exspecta ergo, quisquis haec audis; adhuc enim quaerimus, et talia quaerentem nemo iuste reprehendit si tamen in fide firmissimus quaerat quod aut nosse aut eloqui difficillimum est. affirmantem uero cito iusteque reprehendit quisquis melius uel uidet uel docet. quaerite, inquit, dominum, et uiuet anima uestra. et ne quisquam se tamquam apprehendisse temere gaudeat: quaerite, inquit, faciem eius semper. et apostolus: si quis se, inquit, putat aliquid scire, nondum scit quemadmodum scire oporteat. quisquis autem diligit deum, hic cognitus est ab illo. nec sic quidem dixit, cognouit illum, quae periculosa praesumptio est, sed cognitus est ab illo. sic et alibi cum dixisset: nunc autem cognoscentes deum, statim corrigens, immo cogniti, inquit, a deo. maximeque illo loco: fratres, inquit, ego me ipsum non arbitror apprehendisse; unum autem, quae retro oblitus, in ea quae ante sunt extentus secundum intentionem sequor ad palmam supernae uocationis dei in Christo Iesu. quotquot ergo perfecti hoc sapiamus. perfectionem in hac uita dicit non aliud quam ea quae retro sunt obliuisci et in ea quae ante sunt extendi secundum intentionem. tutissima est enim quaerentis intentio donec apprehendatur illud quo tendimus et quo extendimur. sed ea recta intentio est quae proficiscitur a fide. certa enim fides utcumque inchoat cognitionem; cognitio uero certa non perficietur nisi 6 Ps 68,33 8-9 Ps 104,4 9-11 1Cor 8,2sq. 12-13 1Cor 8,3 13-14 Gal 4,9 14 Gal 4,9 15-19 Phil 3,13–15 20-21 Conf. XI, 29,39
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[1.1] Wir suchen also ganz gewiß die Dreieinheit, nicht eine beliebige, sondern jene Dreieinheit, die Gott ist, der wahre und höchste und einzige Gott. Warte also noch zu, wer immer du bist, der du dies hörst! Wir suchen nämlich noch, und niemand tadelt einen, der solches sucht, zu Recht, wenn er nur in festestem Glauben sucht, was zu erkennen oder auszusprechen äußerst schwer ist. Einem aber, der Behauptungen aufstellt, tadelt schnell und gerecht, wer immer etwas Besseres sieht oder lehrt. »Suchet«, heißt es, »Gott, und eure Seele wird leben.« Und damit niemand sich allzu kühn darüber freut, daß er gleichsam schon ergriffen habe, heißt es: »Suchet sein Antlitz immer!« Und der Apostel sagt; »Wenn jemand glaubt, er habe erkannt, dann hat er noch nicht erkannt, wie man erkennen muß. Wer aber Gott liebt, der ist von ihm erkannt.« Er sagt also nicht: der hat ihn erkannt, was eine gefährliche Anmaßung wäre, sondern: »der ist von ihm erkannt«. So verbessert er auch anderswo sein Wort: »da ihr Gott erkannt habt« sogleich in: »Ja vielmehr ihr seid von Gott erkannt.« Am meisten trifft das zu an der Stelle; »Brüder, ich halte nicht dafür, daß ich es schon ergriffen habe, eines aber: Was hinter mir liegt, vergesse ich und strecke mich nach dem aus, was vor mir liegt; ich eile, das Ziel im Auge, dem Siegespreis zu, für den Gott im Himmel mich durch Christus Jesus berufen hat, Alle, die wir vollkommen sind, wollen wir so denken.« Vollkommenheit in diesem Leben nennt er nichts anderes als: zu vergessen, was zurückliegt, und sich nach dem, was vorausliegt, auszustrecken, dem Ziele entgegen. Am sichersten ist nämlich die Ausrichtung des Suchenden, bis jenes ergriffen wird, wohin wir uns richten und wohin wir uns ausrichten. Das aber ist die rechte Ausrichtung nach dem Ziele, welche vom Glauben ausgeht. Der sichere Glaube ist nämlich irgendwie ein Anfang des Erkennens. Die sichere Erkenntnis aber wird erst nach diesem Leben vollendet, wenn wir schauen von Angesicht
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post hanc uitam cum uidebimus facie ad faciem. hoc ergo sapiamus ut nouerimus tutiorem esse affectum uera quaerendi quam incognita pro cognitis praesumendi. sic ergo quaeramus tanquam inuenturi, et sic inueniamus tamquam quaesituri. cum enim consummauerit homo, tunc incipit. de credendis nulla infidelitate dubitemus, de intellegendis nulla temeritate affirmemus; in illis auctoritas tenenda est, in his ueritas exquirenda. quod ergo ad istam quaestionem attinet credamus patrem et filium et spiritum sanctum esse unum deum, uniuersae creaturae conditorem atque rectorem; nec patrem esse filium nec spiritum sanctum uel patrem esse uel filium, sed trinitatem relatarum ad inuicem personarum et unitatem aequalis essentiae. quaeramus hoc autem intellegere ab eo ipso quem intellegere uolumus auxilium precantes, et quantum tribuitur quod intellegimus explicare tanta cura et sollicitudine pietatis ut etiam si aliquid aliud pro alio dicimus, nihil tamen dicamus indignum. ut si quid uerbi gratia de patre dicimus quod patri proprie non conueniat, aut filio conueniat aut spiritui sancto aut ipsi trinitati; et si quid de filio quod filio proprie non congruat, saltem congruat patri aut spiritui sancto aut trinitati; item si quid de spiritu sancto quod proprietatem spiritus sancti non doceat, non tamen alienum sit a patre aut a filio aut ab uno deo ipsa trinitate, ueluti nunc cupimus uidere utrum illa excellentissima caritas proprie spiritus sanctus sit. quod si non est, aut pater est caritas aut filius aut ipsa trinitas quoniam resistere non possumus certissimae fidei et ualidissimae auctoritati scripturae dicentis: deus caritas est. non tamen debemus deuiare
25 1Cor 13,12 28-29 Ecli 18,6 51 1Io 4,8; 1Io 4,16
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zu Angesicht. So also wollen wir Weisheit üben, auf daß wir erkennen, daß sicherer die Neigung ist, Wahres zu suchen, als Unerkanntes für Erkanntes vorwegzunehmen. So also wollen wir suchen: als solche, die finden werden, und so wollen wir finden; als solche, die suchen werden.9 »Wenn« nämlich »der Mensch vollendet hat, dann beginnt er«. Über das, was zu glauben ist, wollen wir in keinerlei Unglauben zweifeln; über das, was einzusehen ist, in keinerlei Verwegenheit Behauptungen aufstellen. In jenem muß man sich an die Autorität halten, in diesem muß man die Wahrheit herausbringen.10 Was also jene Frage betrifft, so wollen wir glauben, daß der Vater, Sohn und Heilige Geist der eine Gott ist, der Schöpfer und Lenker des geschaffenen Alls – daß der Vater nicht der Sohn ist, und daß der Heilige Geist nicht der Vater oder der Sohn ist –, sondern daß es ist die Dreieinheit der aufeinander bezogenen Personen und die Einheit des gleichen Wesens. Das also wollen wir einzusehen suchen, indem wir von jenem, den wir einsehen wollen, Hilfe erflehen, und indem wir, was wir einsehen, soweit er es gewährt, mit solcher Sorgfalt und der Unruhe der Gewissenhaftigkeit zu erklären trachten, daß wir, auch wenn wir manches verwechseln, doch nichts Unwürdiges sagen. Wenn wir zum Beispiel vom Vater aussagen, was dem Vater nicht eigentlich zukommt, so soll es doch dem Sohn oder Heiligen Geist oder der Dreieinheit zukommen. Oder wenn wir vom Sohn etwas aussagen, was dem Sohn nicht eigentümlich ist, dann möge es wenigstens für den Vater oder den Heiligen Geist oder die Dreieinheit passen. Ebenso soll, wenn wir vom Heiligen Geist etwas aussagen, was für die Eigentümlichkeit des Heiligen Geistes sich nicht gehört, doch dem Vater oder dem Sohne oder dem einen Gott, eben der Dreieinheit, nicht fremd sein. So verlangen wir etwa jetzt zu sehen, ob jene über alles erhabene Liebe im eigentlichen Sinn der Heilige Geist sei; wenn das nicht zutrifft, ob dann der Vater die Liebe ist oder der Sohn oder die Dreieinheit selbst. Wir können ja dem sicheren Glauben und der machtvollen Autorität der Schrift, die sagt: »Gott ist die Liebe«, nicht widerstehen – wir dürfen jedoch nicht auf den gottlosen Irrweg geraten, daß wir von der Dreieinheit etwas behaupten,
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sacrilego errore ut aliquid de trinitate dicamus quod non creatori sed creaturae potius conueniat aut inani cogitatione fingatur. [2. 2] quae cum ita sint attendamus ista tria quae inuenisse nobis uidemur. nondum de supernis loquimur, nondum de deo patre et filio et spiritu sancto, sed de hac impari imagine attamen imagine, id est homine; familiarius enim eam et facilius fortassis intuetur nostrae mentis infirmitas. ecce ego qui hoc quaero cum aliquid amo tria sunt, ego et quod amo et ipse amor. non enim amo amorem nisi amantem amem, nam non est amor ubi nihil amatur. tria ergo sunt, amans et quod amatur et amor. quid si non amem nisi me ipsum, nonne duo erunt, quod amo et amor? amans enim et quod amatur hoc idem est quando se ipse amat, sicut amare et amari eodem modo idipsum est cum se quisque amat. eadem quippe res bis dicitur cum dicitur, amat se, et, amatur a se. tunc non est aliud atque aliud amare et amari, sicut non est alius atque alius amans et amatus. at uero amor et quod amatur etiam si duo sunt. non enim quisquis se amat amor est nisi cum amatur ipse amor. aliud est autem amare se, aliud amare amorem suum. non enim amatur amor nisi iam aliquid amans quia ubi nihil amatur, nullus est amor. duo ergo sunt cum se quisque amat, amor et quod amatur; tunc enim amans et quod amatur unum est. unde uidetur non esse consequens ut ubicumque amor fuerit iam tria intellegatur. auferamus enim ab hac consideratione cetera quae multa sunt quibus homo constat, atque ut haec quae nunc requirimus quantum in his rebus possumus liquido reperiamus, de sola mente
52-53 Rm 1,25 2,1 Cic. Catil.1, 5,10
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was nicht dem Schöpfer, sondern eher dem Geschöpf zukommt, oder daß in leerem Denken Einbildungen entstehen. [2. 2] Unter diesen Umständen wollen wir jene drei Dinge ins Auge fassen, die wir, wie uns scheint, gefunden haben. Noch nicht sprechen wir von den höheren Dingen, noch nicht von Gott Vater, Sohn und Heiligem Geist, sondern von diesem ungleichen Bild, aber immerhin vom Bild, das ist dem Menschen. Vertrauter nämlich und leichter ist vielleicht für die Ohnmacht unseres Geistes der Blick auf das Bild. Siehe, wenn ich, der ich diese Fragen stelle, etwas liebe, dann sind es drei: Ich – das, was ich liebe – und die Liebe selbst. Ich liebe ja nicht die Liebe, ohne sie als eine liebende zu lieben. Denn es gibt keine Liebe, wo nichts geliebt wird, Drei sind es also – der Liebende, das Geliebte und die Liebe. Wie sollte es etwa anders sein, wenn ich nur mich selbst liebe? Sind es da nicht bloß zwei: das, was ich liebe, und die Liebe? Denn der Liebende und das Geliebte sind ja ein und dasselbe, wenn man sich selbst liebt, wie lieben und geliebt werden in der gleichen Weise ein und dasselbe ist, wenn jemand sich liebt. Der gleiche Vorgang wird ja zweimal ausgedrückt, wenn man sagt: Er liebt sich und er wird von sich geliebt. In diesem Falle ist nämlich nicht etwas anderes das Lieben, etwas anderes das Geliebtwerden, so wie nicht ein anderer ist der Liebende, ein anderer der Geliebte. Die Liebe hingegen und das Geliebte sind auch hier zwei. Es gibt ja, wenn sich jemand liebt, keine Liebe, außer es wird die Liebe selbst geliebt. Etwas anderes aber ist es, sich zu lieben, etwas anderes, seine Liebe zu lieben. Nicht wird ja die Liebe geliebt, es sei denn, sie liebe etwas. Denn wo nichts geliebt wird, ist keine Liebe. Zwei sind es also, wenn jemand sich liebt: die Liebe und das Geliebte. Das Liebende und Geliebte sind ja in diesem Falle eines. Es scheint daher nicht folgerichtig zu sein, daß überall dort, wo Liebe ist, drei sich einsehen lassen. Nehmen wir also aus unseren Überlegungen alles, woraus der Mensch besteht – es ist viel –, heraus und handeln wir, um das, was wir jetzt suchen, klar herauszufinden, soweit man in diesen Fragen über-
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tractemus. mens igitur cum amat se ipsam duo quaedam ostendit, mentem et amorem. quid est autem amare se nisi praesto sibi esse uelle ad fruendum se? et cum tantum se uult esse quantum est, par menti uoluntas est et amanti amor aequalis. et si aliqua substantia est amor, non est utique corpus sed spiritus, nec mens corpus sed spiritus est. neque tamen amor et mens duo spiritus sed unus spiritus, nec essentiae duae sed una; et tamen duo quaedam unum sunt, amans et amor, siue sic dicas, quod amatur et amor. et haec quidem duo relatiue ad inuicem dicuntur. amans quippe ad amorem refertur et amor ad amantem; amans enim aliquo amore amat, et amor alicuius amantis est. mens uero et spiritus non relatiue dicuntur sed essentiam demonstrant. non enim quia mens et spiritus alicuius hominis est, ideo mens et spiritus est. retracto enim eo quod homo est, quod adiuncto corpore dicitur, retracto ergo corpore mens et spiritus manet. retracto autem amante nullus est amor, et retracto amore nullus est amans. ideoque quantum ad inuicem referuntur duo sunt; quod autem ad se ipsa dicuntur, et singula spiritus et simul utrumque unus spiritus, et singula mens et simul utrumque una mens. ubi ergo trinitas? attendamus quantum possumus et inuocemus lucem sempiternam ut inluminet tenebras nostras et uideamus in nobis quantum sinimur imaginem dei. [3. 3] mens enim amare se ipsam non potest nisi etiam nouerit se. nam quomodo amat quod nescit? aut si quisquam dicit ex notitia generali uel speciali mentem credere se esse talem quales alias experta est et ideo amare semetipsam, insipientissime loquitur. unde enim mens aliquam mentem nouit si se non nouit?
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haupt etwas finden kann, nur vom menschlichen Geist.11 Wenn sich also der Geist liebt, dann weist er zwei Dinge auf: den Geist und die Liebe. Was aber heißt sich lieben anderes, als sich gegenwärtig sein wollen, um sich zu genießen?12 Und wenn er in dem Maße sein will, wie er ist, dann ist der Wille dem Geist, und die Liebe dem Liebenden gleich. Und wenn die Liebe irgendeine Substanz ist, dann ist sie sicherlich kein Körper, sondern Geist, und der Geist (das Gemüt) ist kein Körper, sondern Geist.13 Und doch sind Liebe und Geist nicht zwei Geister, sondern ein Geist, nicht zwei Wesen, sondern eines, und doch sind sie in ihrer Zweiheit eins, der Liebende und die Liebe, oder wenn man es so ausdrücken will: das Geliebte und die Liebe. Und diese werden in wechselseitiger Beziehung aufeinander ausgesagt. Der Liebende steht ja in Beziehung zur Liebe und die Liebe zum Liebenden. Der Liebende liebt ja irgendwie durch die Liebe, und die Liebe ist die Liebe eines Liebenden. Der Geist aber und die Geistseele heißen nicht beziehentlich, sondern zeigen das Wesen. Denn nicht dadurch, daß sie Geist und Geistseele eines bestimmten Menschen sind, sind sie Geist und Geistseele. Abgerechnet nämlich die Tatsache, daß er Mensch ist, was durch Mitwirkung des Körpers zustandekommt, abgerechnet also den Körper, bleibt der Geist und die Geistseele. Wenn man aber den Liebenden wegdenkt, bleibt keine Liebe; und wenn man die Liebe wegdenkt, bleibt kein Liebender. Sofern sie also wechselseitig aufeinander bezogen werden, sind sie zwei; sofern man von ihnen für sich spricht, sind sie je Geist und beide zusammen nur ein Geist. Wo bleibt also die Dreiheit? Merken wir also auf, so gut wir können, und rufen das immerwährende Licht an, auf daß es unsere Finsternisse erleuchte und wir in uns, soweit wir gelassen werden, das Bild Gottes sehen!14 [3. 3] Der Geist kann sich nämlich selbst nicht lieben, würde er sich nicht auch kennen. Denn wie kann er lieben, was er nicht kennt? Oder wenn jemand sagt, aus einer allgemeinen oder besonderen Kenntnis heraus halte er sich für derart, wie nach seiner Erfahrung andere sind, und deshalb liebe er sich, so ist das ein sehr törichtes Wort. Denn woher kennt der Geist einen an-
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neque enim ut oculus corporis uidet alios oculos et se non uidet, ita mens nouit alias mentes et ignorat semetipsam. per oculos enim corporis corpora uidemus quia radios, qui per eos emicant et quidquid cernimus tangunt, refringere, ac retorquere in ipsos non possumus nisi cum specula intuemur. quod subtilissime obscurissimeque disseritur donec apertissime demonstretur uel ita se rem habere uel non ita. sed quoquo modo se habeat uis qua per oculos cernimus, ipsam certe uim, siue sint radii siue aliud aliquid, oculis cernere non ualemus; sed mente quaerimus, et si fieri potest etiam hoc mente comprehendimus. mens ergo ipsa sicut corporearum rerum notitias per sensus corporis colligit sic incorporearum per semetipsam. ergo et se ipsam per se ipsam nouit quoniam est incorporea. nam si non se nouit, non se amat. [4. 4] sicut autem duo quaedam sunt, mens et amor eius, cum se amat; ita quaedam duo sunt, mens et notitia eius, cum se nouit. ipsa igitur mens et amor et notitia eius tria quaedam sunt, et haec tria unum sunt, et cum perfecta sunt aequalia sunt. si enim minus se amat quam est ut uerbi gratia tantum se amet hominis mens quantum amandum est corpus hominis, cum plus sit ipsa quam corpus, peccat et non est perfectus amor eius. item si amplius se amet quam est uelut si tantum se amet quantum amandus est deus, cum incomparabiliter minus sit ipsa quam deus, etiam sic nimio peccat et non perfectum habet amorem sui. maiore autem peruersitate et iniquitate peccat cum corpus tantum amat quantum amandus est deus. item notitia si minor est quam est illud quod noscitur et plene nosci potest, perfecta non est. si
3,7 Plot., Enn. V, 3,1,17 sqq.
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deren Geist, wenn er sich nicht kennt? Denn nicht ist es beim Geist wie beim Auge des Leibes, das andere Augen sieht und sich nicht sieht, daß er also andere Geister kennt und sich nicht kennt. Durch die Augen des Leibes sehen wir nämlich Körperhaftes, weil wir die Strahlen, die durch die Augen herausleuchten, und alles, was wir sehen, berühren, nicht auf sie selbst zurückbiegen und zurückdrehen können, es sei denn, wir schauten in einen Spiegel. Eine Erörterung hierüber müßte freilich sehr scharfsinnig und dunkel sein, bis klar bewiesen ist, daß es sich wirklich so verhält oder daß es sich nicht so verhält.15 Aber was es immer mit der Kraft, die uns durch die Augen sehen läßt, für eine Bewandtnis hat, diese Kraft selbst, möge sie nun in Strahlen oder etwas anderem bestehen, können wir sicher mit den Augen nicht sehen. Wir suchen sie vielmehr mit dem Geist, und wenn es zu geschehen vermag, begreifen wir sie auch mit dem Geist. Wie also der Geist selbst durch die Sinne des Leibes die Kenntnis der körperlichen Dinge gewinnt, so gewinnt er die der unkörperlichen durch sich selbst. Also kennt er auch sich selbst durch sich selbst, da er ja unkörperlich ist. Denn wenn er sich nicht kennt, dann liebt er sich nicht. [4. 4] Wie aber zwei sind der Geist und seine Liebe, wenn er sich liebt, so sind zwei der Geist und seine Kenntnis, wenn er sich kennt. Also sind der Geist und seine Liebe und seine Kenntnis eine Art Dreiheit, und diese drei sind eins, und wenn sie vollkommen sind, sind sie gleich. Wenn nämlich der Geist sich weniger liebt, als er ist, wenn sich zum Beispiel der Geist des Menschen so liebt, wie der Leib des Menschen zu lieben ist, während er doch höher steht als der Leib, dann sündigt er, und seine Liebe ist nicht vollkommen. Ebenso ist es, wenn er sich mehr liebt, als er ist, wenn er sich zum Beispiel so liebt, wie Gott zu lieben ist, während er doch unvergleichlich viel weniger ist als Gott, auch so sündigt er mit einem Zuviel, und er hat keine vollkommene Selbstliebe. Durch eine größere Verkehrtheit aber und Ungerechtigkeit sündigt er, wenn er den Leib so liebt, wie Gott zu lieben ist. Ebenso ist seine Kenntnis, wenn sie geringer ist als das Gekannte und dies voll gekannt werden kann,
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autem maior est, iam superior est natura quae nouit quam illa quae nota est, sicut maior est notitia corporis quam ipsum corpus quod ea notitia notum est. illa enim uita quaedam est in ratione cognoscentis; corpus autem non est uita. et uita quaelibet quolibet corpore maior est, non mole sed ui. mens uero cum se ipsa cognoscit, non se superat notitia sua quia ipsa cognoscit, ipsa cognoscitur. cum ergo se totam cognoscit neque secum quidquam aliud, par illi est cognitio sua quia neque ex alia natura est eius cognitio cum se ipsa cognoscit. et cum se totam nihilque amplius percipit, nec minor nec maior est. recte igitur diximus haec tria cum perfecta sunt esse consequenter aequalia. [4. 5] simul etiam admonemur si utcumque uidere possumus haec in anima exsistere et tamquam inuoluta euolui ut sentiantur et dinumerentur substantialiter uel, ut ita dicam, essentialiter, non tamquam in subiecto ut color aut figura in corpore aut ulla alia qualitas aut quantitas. quidquid enim tale est non excedit subiectum in quo est. non enim color iste aut figura huius corporis potest esse et alterius corporis. mens autem amore quo se amat potest amare et aliud praeter se. item non se solam cognoscit mens sed et alia multa. quamobrem non amor et cognitio tamquam in subiecto insunt menti, sed substantialiter etiam ista sunt sicut ipsa mens quia et si relatiue dicuntur ad inuicem, in sua tamen sunt singula quaeque substantia; non sicut color et coloratum relatiue ita dicuntur ad inuicem ut color in subiecto colorato sit non habens in se ipso propriam substantiam, quoniam coloratum corpus substantia est, ille autem in substantia;
28-29 Plot., Enn. IV, 3, 20,27-29
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unvollkommen. Wenn sie aber größer ist, dann ist bereits größer die Natur, die kennt, als jene, die erkannt wird, so wie die Kenntnis des Leibes größer ist als der Leib selbst, der durch diese Kenntnis gekannt wird. Denn sie ist eine Art Leben in dem Verstande des Erkennenden. Der Leib aber ist kein Leben. Und jegliches Leben ist größer als jeglicher Körper, nicht an Masse, sondern an Kraft. Wenn der Geist sich selbst erkennt, dann überragt ihn seine Kenntnis nicht, weil er selbst erkennt und selbst erkannt wird. Wenn er also sich selbst ganz erkennt und nichts anderes mit sich, dann ist seine Erkenntnis ihm gleich, weil seine Erkenntnis auch nicht von einer anderen Natur ist, wenn er sich selbst erkennt. Und wenn er sich in seiner Ganzheit und sonst nichts erfaßt, dann ist seine Kenntnis nicht größer und nicht geringer als er selbst. Mit Recht haben wir daher gesagt, daß diese drei, wenn sie vollkommen sind, folgerichtig auch gleich sind. [4. 5] Zugleich werden wir auch darauf hingewiesen, wenn wir es irgendwie zu sehen vermögen, daß diese drei in der Seele vorhanden sind und daß sie, gleichsam zusammengefaltet, entfaltet werden, auf daß sie beachtet und gezählt werden nach Weise der Substanz oder, um mich so auszudrücken, nach Weise des Wesens, nicht gleichsam in einem Träger wie etwa die Farbe oder die Gestalt in einem Körper oder irgendeine andere Eigenschaft oder Größe.16 Was nämlich derart ist, reicht nicht über den Träger hinaus, in dem es ist. Es kann ja nicht diese Farbe oder die Gestalt dieses Körpers Farbe oder Gestalt eines anderen Körpers sein. Der Geist aber kann durch die Liebe mit der er sich liebt, auch etwas anderes außer sich lieben. Ebenso erkennt der Geist nicht nur sich, sondern auch vieles andere. Demgemäß sind Liebe und Erkenntnis im Geist nicht wie in ihrem Träger. Sie haben vielmehr ein Sein nach Weise der Substanz wie der Geist selbst. Auch wenn sie nämlich in bezug aufeinander beziehentlich heißen, so sind sie doch in sich je eine einzelne Substanz. Sie werden nicht so in bezug aufeinander beziehentlich genannt wie Farbe und Gefärbtes, wo die Farbe im gefärbten Träger ist, ohne daß sie in sich selbst ein eigenes substanzielles Sein besäße, da wohl der gefärbte Körper Substanz
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sed sicut duo amici etiam duo sunt homines quae sunt substantiae, cum homines non relatiue dicantur, amici autem relatiue. [4. 6] sed item quamuis substantia sit amans uel sciens, substantia sit scientia, substantia sit amor, sed amans et amor aut sciens et scientia relatiue ad se dicantur sicut amici; mens uero aut spiritus non sint relatiua sicut nec homines relatiua sunt; non tamen sicut amici homines possunt seorsum esse ab inuicem, sic amans et amor aut sciens et scientia. quamquam et amici corpore uidentur separari posse, non animo in quantum amici sunt, uerumtamen fieri potest ut amicus amicum etiam odisse incipiat, et eo ipso amicus esse desinat nesciente illo et adhuc amante. amor autem quo se mens amat si esse desinat, simul et illa desinit esse amans. item notitia qua se mens nouit si esse desinat, simul et illa nosse se desinet. sicut caput capitati alicuius utique caput est et relatiue ad se dicuntur quamuis etiam substantiae sint; nam et caput corpus est et capitatum, et si non sit corpus nec capitatum erit. sed haec praecisione ab inuicem separari possunt, illa non possunt. [4. 7] quod si sunt aliqua corpora quae secari omnino et diuidi nequeunt, tamen nisi partibus suis constarent corpora non essent. pars ergo ad totum relatiue dicitur quia omnis pars alicuius totius pars est et totum omnibus partibus totum est. sed quoniam et pars corpus est et totum, non tantum ista relatiue di-
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ist, die Farbe aber in der Substanz ist. Vielmehr wie zwei Freunde, die auch zwei Menschen sind und damit zwei Substanzen: als Menschen heißen sie nicht beziehentlich, als Freunde aber heißen sie beziehentlich. [4. 6] Obgleich aber ebenso Substanz ist der Liebende und Wissende, Substanz ist das Wissen, Substanz ist die Liebe, der Liebende aber und die Liebe, der Wissende und das Wissen in bezug aufeinander beziehentlich genannt werden wie zwei Freunde – der Geist aber oder die Geistseele keine beziehentlichen Wirklichkeiten sind, wie auch die Menschen keine beziehentlichen Wirklichkeiten sind –, so können doch, so wie zwei befreundete Menschen voneinander getrennt sein können, der Liebende und die Liebe, der Wissende und das Wissen nicht voneinander getrennt sein. Obwohl auch Freunde dem Körper nach voneinander scheinen getrennt werden zu können, so doch nicht der Seele nach, sofern sie Freunde sind. Es kann jedoch auch vorkommen, daß ein Freund seinen Freund zu hassen beginnt und eben dadurch aufhört, Freund zu sein, während sein Freund hiervon nichts weiß und zu lieben fortfährt. Wenn jedoch die Liebe, durch die der Geist sich liebt, zu bestehen aufhört, dann hört zugleich auch der Geist auf, ein liebender zu sein. Ebenso ist es, wenn die Kenntnis, durch die sich der Geist kennt, zu sein aufhört: da hört auch zugleich der Geist auf, ein erkennender zu sein. So ist das Haupt eines Behaupteten sicherlich Haupt, und die beiden heißen in bezug aufeinander beziehentlich, wenngleich sie auch Substanzen sind. Denn sowohl das Haupt ist ein Körper wie auch der, der ein Haupt hat, und wenn es keinen Körper gibt, dann gibt es auch keinen, der ein Haupt hat. Aber die beiden können durch Abschneiden voneinander getrennt werden, jene nicht. [4. 7] Wenn es irgendwelche Körper gibt, die überhaupt nicht auseinandergeschnitten und geteilt werden können, so bestehen sie doch aus Teilen; sonst wären sie keine Körper. Der Teil wird also in Beziehung zum Ganzen ausgesagt, weil jeder Teil Teil eines Ganzen ist, und das Ganze durch die Gesamtheit der Teile ganz ist. Weil aber sowohl der Teil als auch das Ganze ein Körper ist, werden sie nicht nur in Beziehung ausgesagt, sondern
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cuntur, sed etiam substantialiter sunt. fortassis ergo mens totum est et eius quasi partes amor quo se amat et scientia qua se nouit, quibus duabus partibus illud totum constat? an tres sunt aequales partes quibus totum unum completur? sed nulla pars totum cuius pars est complectitur. mens uero cum se totam nouit, hoc est perfecte nouit, per totum eius est notitia eius; et cum se perfecte amat, totam se amat et per totum eius est amor eius. num ergo sicut ex uino et aqua et melle una fit potio et singula per totum sunt et tamen tria sunt – nulla enim pars est potionis quae non habeat haec tria; non enim iuncta uelut si aqua et oleum essent, sed omnino commixta sunt, et substantiae sunt omnes, et totus ille liquor una quaedam est ex tribus confecta substantia –, tale aliquid arbitrandum est esse simul haec tria, mentem, amorem, notitiam? sed non unius substantiae sunt aqua, uinum, et mel, quamuis ex eorum commixtione fiat una substantia potionis. quomodo autem illa tria non sint eiusdem essentiae non uideo, cum mens ipsa se amet atque ipsa se nouerit atque ita sint haec tria ut non alteri alicui rerum mens uel amata uel nota sit. unius ergo eiusdemque essentiae necesse est haec tria sint, et ideo si tamquam commixtione confusa essent, nullo modo essent tria nec referri ad inuicem possent. quemadmodum si ex uno eodemque auro tres anulos similes facias quamuis connexos sibi, referuntur ad inuicem quod similes sunt; omnis enim similis alicui similis est, et trinitas anulorum est et unum aurum. at si misceantur sibi et per totam singuli massam suam conspergantur, intercidet illa trinitas et omnino non erit,
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sind auch in substanzhafter Weise. Ist also etwa der Geist das Ganze und sind die Liebe, durch die er sich liebt, und die Kenntnis, durch die er sich kennt, gleichsam die Teile, so daß das Ganze aus diesen zwei Teilen bestünde? Oder sind es drei gleiche Teile, durch welche dieses eine Ganze zustande kommt? Indes kein Teil umfaßt das Ganze, dessen Teil er ist. Wenn aber der Geist sich als ganzer erkennt, das heißt, wenn er sich vollkommen erkennt, dann umfaßt seine Kenntnis sein Ganzes. Und wenn er sich vollkommen liebt, dann liebt er sich ganz, und seine Liebe betrifft sein Ganzes. Muß man etwa deshalb annehmen, daß, wie aus Wein, Wasser und Honig ein Trank wird und die einzelnen Elemente über das Ganze hin sich erstrecken und doch drei sind – es gibt ja keinen Teil des Trankes, in dem nicht diese drei wären; sie sind nämlich nicht nur miteinander verbunden wie Wasser und Öl, sondern vollständig ineinander gemischt. Jeder einzelne Bestandteil ist Substanz, und die ganze Flüssigkeit ist eine aus dreien zusammengesetzte Substanz –, daß in ähnlicher Weise Geist, Liebe und Kenntnis ein solches Gebilde sind? Indes Wasser, Wein und Honig sind nicht von einer Substanz, wenngleich aus ihrer Mischung die eine Substanz des Trankes geworden ist. Wie aber jene drei nicht von demselben Wesen sein sollen, sehe ich nicht ein, da doch der Geist selbst sich liebt und der Geist selbst sich kennt und da die Dreiheit so ist, daß nicht von einem anderen der Geist geliebt oder gekannt wird. Diese drei müssen also von einem und demselben Wesen sein, und wenn sie daher gleichsam durch Vermischung miteinander vermengt wären, dann wären sie auf keine Weise mehr drei und könnten nicht wechselseitig aufeinander bezogen werden. Wenn man z.B. aus einem und demselben Gold drei einander ähnliche Ringe macht, die miteinander zusammenhängen und aufeinander bezogen werden, weil sie ähnlich sind – jedes Ähnliche ist ja einem anderen ähnlich –, so ist die Dreiheit der Ringe ein Gold. Wenn man sie aber untereinander vermischt, so daß die einzelnen Ringe eine unterschiedslose Masse bilden, so geht die Dreiheit verloren und wird in keiner Weise mehr sein; und man wird nicht mehr bloß von einem Gold sprechen, wie man bei jenen drei Ringen von einem Gold sprach,
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ac non solum unum aurum dicetur sicut in illis tribus anulis dicebatur, sed iam nulla aurea tria. [5. 8] at in illis tribus cum se nouit mens et amat se, manet trinitas, mens, amor, notitia; et nulla commixtione confunditur quamuis et singula sint in se ipsis et inuicem tota in totis, siue singula in binis siue bina in singulis, itaque omnia in omnibus. nam et mens est utique in se ipsa quoniam ad se ipsam mens dicitur, quamuis noscens uel nota uel noscibilis ad suam notitiam relatiue dicatur; amans quoque et amata uel amabilis ad amorem referatur quo se amat. et notitia quamuis referatur ad mentem cognoscentem uel cognitam, tamen et ad se ipsam nota et noscens dicitur; non enim sibi est incognita notitia qua se mens ipsa cognoscit. et amor quamuis referatur ad mentem amantem cuius amor est, tamen et ad se ipsum est amor ut sit etiam in se ipso quia et amor amatur, nec alio nisi amore amari potest, id est se ipso. ita sunt haec singula in se ipsis. in alternis autem ita sunt quia et mens amans in amore est et amor in amantis notitia et notitia in mente noscente. singula in binis ita sunt quia mens quae se nouit et amat in amore et notitia sua est, et amor amantis mentis seseque scientis in mente notitiaque eius est, et notitia mentis se scientis et amantis in mente atque in amore eius est quia scientem se amat et amantem se nouit. ac per hoc et bina in singulis quia mens quae se nouit et amat cum sua notitia est in amore et cum suo amore in notitia, amorque ipse et notitia simul sunt in mente quae se amat et nouit. tota uero in totis quemadmodum sint iam supra ostendimus cum se totam mens
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sondern so, daß man nicht mehr von drei goldenen Dingen spricht. [5. 8] In diesen Dreien aber, da der Geist sich kennt und sich liebt, bleibt die Dreiheit Geist, Liebe, Kenntnis; sie wird durch keine Vermischung vermengt, wenngleich die einzelnen in sich selbst und wechselseitig ganz in jedem anderen als Ganzem sind, sei es, daß jedes einzelne in je zweien ist oder je zwei in jedem einzelnen sind, und so alles in allen. Denn der Geist ist sicherlich in sich selbst, weil er bezogen auf sich Geist genannt wird, wenngleich er als kennender oder gekannter oder erkennbarer in bezug auf seine Kenntnis beziehentlich genannt wird; als liebender und geliebter oder liebbarer wird er auf die Liebe bezogen, durch die er sich liebt. Und auch die Kenntnis heißt, wenngleich sie auf den erkennenden oder erkannten Geist bezogen wird, doch auch bezogen auf sich gekannt und kennend. Denn die Kenntnis, durch die sich der Geist selbst erkennt, ist sich selbst nicht unbekannt. Und auch die Liebe ist, wenngleich sie auf den liebenden Geist bezogen wird, dessen Liebe sie ist, doch auch bezogen auf sich selbst Liebe, so daß sie auch in sich ist, da auch die Liebe geliebt wird und durch nichts anderes als durch die Liebe geliebt werden kann, das heißt durch sich selbst. So sind diese Einzelnen (mens, notitia, amor) je in (für) sich selbst. Wechselseitig ineinander aber sind sie so, daß der liebende Geist in der Liebe ist und die Liebe in der Kenntnis des liebenden Geistes und die Kenntnis im erkennenden Geist. Jedes einzelne ist in je zweien, weil der Geist, der sich kennt und liebt, in seiner Liebe und Kenntnis ist, und die Liebe des sich liebenden und sich selbst wissenden Geistes im Geist und in seiner Kenntnis ist, und die Kenntnis des sich wissenden und sich liebenden Geistes im Geist und in seiner Liebe ist, weil er sich als wissenden liebt und als liebenden kennt. Und darum sind auch je zwei in jedem einzelnen, weil der Geist, der sich kennt und liebt, mit seiner Kenntnis in der Liebe ist und mit seiner Liebe in der Kenntnis ist, und auch die Liebe selbst und die Kenntnis sind zugleich im Geist, der sich liebt und kennt. Wie aber jedes ganz in jedem Ganzen ist, haben wir oben schon gezeigt. Denn der
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amat et totam nouit et totum amorem suum nouit totamque amat notitiam suam quando tria ista ad se ipsa perfecta sunt. miro itaque modo tria ista inseparabilia sunt a semetipsis, et tamen eorum singulum quidque substantia est et simul omnia una substantia uel essentia cum et relatiue dicantur ad inuicem. [6. 9] sed cum se ipsam nouit humana mens et amat se ipsam, non aliquid incommutabile nouit et amat. aliterque unusquisque homo loquendo enuntiat mentem suam quid in se ipso agatur attendens; aliter autem humanam mentem speciali aut generali cognitione definit. itaque cum mihi de sua propria loquitur, utrum intellegat hoc aut illud an non intellegat, et utrum uelit an nolit hoc aut illud, credo; cum uero de humana specialiter aut generaliter uerum dicit, agnosco et approbo. unde manifestum est aliud unumquemque uidere in se quod sibi alius dicenti credat, non tamen uideat; aliud autem in ipsa ueritate quod alius quoque possit intueri, quorum alterum mutari per tempora, alterum incommutabili aeternitate consistere. neque enim oculis corporeis multas mentes uidendo per similitudinem colligimus generalem uel specialem mentis humanae notitiam, sed intuemur inuiolabilem ueritatem ex qua perfecte quantum possumus definiamus non qualis sit uniuscuiusque hominis mens, sed qualis esse sempiternis rationibus debeat. [6.10] unde etiam phantasias rerum corporalium per corporis sensum haustas et quodam modo infusas memoriae, ex quibus etiam ea quae non uisa sunt ficto phantasmate cogitantur siue aliter quam sunt siue fortuito sicuti sunt, aliis omnino regu-
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Geist liebt sich ganz und kennt sich ganz und kennt seine Liebe ganz und liebt seine Kenntnis ganz, sofern diese drei bezogen auf sich selbst vollkommen sind. Auf wunderbare Weise sind also diese drei untrennbar voneinander, und doch ist jedes von ihnen Substanz, und zusammen sind sie alle eine Substanz oder ein Wesen, während sie gleichzeitig in bezug aufeinander beziehentlich heißen. [6. 9] Wenn aber der menschliche Geist sich selbst kennt und sich selbst liebt, dann kennt und liebt er nicht etwas Unwandelbares. Und anders spricht jeder einzelne Mensch seinen Geist in Worten aus, darauf achtend, was in ihm selbst sich begibt; anders wiederum bestimmt er den Menschengeist überhaupt in einer allgemeinen oder besonderen Erkenntnis. Wenn mir daher jemand von seinem eigenen Geist sagt, daß er dies oder jenes einsehe oder nicht einsehe und ob er dies oder jenes wolle oder nicht wolle, dann glaube ich es. Wenn er aber über den menschlichen Geist überhaupt eine besondere oder allgemeine Wahrheit sagt, so anerkenne ich es und billige es. Von daher ist klar, daß es etwas anderes ist, was jeder in sich sieht, was ihm ein anderer auf sein Wort hin glaubt, ohne es jedoch zu sehen, etwas anderes aber, was er in der Wahrheit selbst sieht, was auch ein anderer erblicken kann – daß das eine sich wandelt in der Zeit, das andere aber in unwandelbarer Ewigkeit besteht. Nicht dann nämlich erlangen wir durch Ähnlichkeit eine allgemeine oder besondere Kenntnis des menschlichen Geistes, wenn wir mit körperlichen Augen viele Geister sehen, vielmehr schauen wir die unverletzliche Wahrheit, aus der wir, so vollkommen wir können, bestimmen, nicht wie der Geist eines jeden einzelnen Menschen ist, sondern wie er nach seinen immerwährenden Gründen sein muß. [10] Darum wird auch unwiderleglich dargetan, daß wir die Vorstellungsbilder körperlicher Dinge, die wir durch den Sinn des Körpers schöpften und die auf irgendeine Weise in das Gedächtnis einströmten, auf Grund deren wir auch das Nicht-Gesehene in künstlich hervorgerufenen Einbildungsbildern denken – sei es anders, als sie sind, sei es zufällig so, wie sie sind – nach
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lis supra mentem nostram incommutabiliter manentibus uel approbare apud nosmetipsos uel improbare conuincimur cum recte aliquid approbamus aut improbamus. nam et cum recolo Carthaginis moenia quae uidi et cum fingo Alexandriae quae non uidi easdemque imaginarias formas quasdam quibusdam praeferens, rationabiliter praefero. uiget et claret desuper iudicium ueritatis ac sui iuris incorruptissimis regulis firmum est, et si corporalium imaginum quasi quodam nubilo subtexitur, non tamen inuoluitur atque confunditur. [6.11] sed interest utrum ego sub illa uel in illa caligine tamquam a caelo perspicuo secludar, an sicut in altissimis montibus accidere solet inter utrumque aere libero fruens et serenissimam lucem supra et densissimas nebulas subter aspiciam. nam unde in me fraterni amoris inflammatur ardor cum audio uirum aliquem pro fidei pulchritudine et firmitate acriora tormenta tolerasse? et si mihi digito ostendatur ipse homo, studeo mihi coniungere, notum facere, amicitia conligare. itaque si facultas datur, accedo, alloquor, sermonem confero, affectum meum in illum quibus uerbis possum exprimo, uicissimque in eo fieri quem in me habeat atque exprimi uolo, spiritalemque complexum credendo molior quia peruestigare tam cito et cernere penitus eius interiora non possum. amo itaque fidelem ac fortem uirum amore casto atque germano. quod si mihi inter nostras loquelas fateatur aut incautus aliquo modo sese indicet quod uel de deo credat incongrua atque in illo quoque aliquid carnale desideret et pro tali errore illa pertulerit, uel speratae pecuniae cupiditate uel inani auiditate laudis humanae, statim amor ille quo in eum
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ganz anderen Regeln, die über unseren Geist hinaus unveränderlich bestehen, bei uns billigen oder mißbilligen, wenn wir etwas mit Recht billigen oder mißbilligen. Denn wenn ich mir die Mauern Karthagos, die ich gesehen habe, ins Gedächtnis zurückrufe und von jenen Alexandriens, die ich nicht gesehen habe, mir ein Bild mache, und von eben diesen im Bilde vorgestellten Formen die einen den anderen vorziehe, so ziehe ich sie mit gutem Grunde vor. Lebendig wirkt und leuchtet von oben her das Urteil der Wahrheit, und es steht fest durch unzerstörbare Regeln eigenen Rechts. Und wenn es von körperlichen Bildern wie von einer trüben Wolke durchwoben ist, so ist es doch nicht darin eingehüllt und fließt nicht damit zusammen. [6.11] Aber es ist ein Unterschied, ob ich unter diesem oder in jenem Dunkel gleichsam vom durchsichtigen Himmel abgetrennt bin, oder ob ich, wie es einem auf hohen Bergen zu widerfahren pflegt, zwischen beiden der freien Luft mich freuend, das heiterste Licht über mir, den dichtesten Nebel unter mir erblicke. Denn woran entzündet sich in mir das Feuer der Bruderliebe, wenn ich von irgendeinem Manne höre, daß er für die Schönheit und Unbeugsamkeit des Glaubens grausame Qualen erduldet hat? Und wenn mir dieser Mensch mit dem Finger gezeigt wird, dann bemühe ich mich, mit ihm in Verbindung zu treten, mich ihm bekanntzumachen, in Freundschaft mich ihm zu verbinden. Wenn sich daher die Möglichkeit bietet, dann trete ich hinzu, spreche ihn an, fange ein Gespräch an, drücke meine Zuneigung zu ihm, so gut ich kann, in Worten aus, wünsche, daß umgekehrt auch in ihm Zuneigung zu mir entstehe und zum Ausdruck komme, und trachte danach, daß sich die Seelen im Glauben, da ich sein Inneres nicht so schnell durchforschen und bis in die Tiefe hinein sehen kann, umfangen. Ich liebe also den treuen und tapferen Mann mit einer lauteren und echten Liebe. Wenn er mir aber in unseren Gesprächen gesteht oder unvorsichtig auf irgendeine Weise zeigt, daß er von Gott Unzutreffendes glaubt und in ihm etwas Fleischliches begehrt und für einen solchen Irrtum jene Leiden ausstand, oder daß er sie ertrug aus gieriger Hoffnung auf Geld oder aus eitler Gier nach menschlichem Lob, dann wendet sich sogleich die Liebe, von
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ferebar offensus et quasi repercussus atque ab indigno homine ablatus in ea forma permanet ex qua eum talem credens amaueram. nisi forte ad hoc amo iam ut talis sit cum talem non esse comperero. at in illo homine nihil mutatum est; mutari tamen potest ut fiat quod eum iam esse credideram. in mente autem mea mutata est utique ipsa existimatio quae de illo aliter se habebat et aliter habet, idemque amor ab intentione perfruendi ad intentionem consulendi incommutabili desuper iustitia iubente deflexus est. ipsa uero forma inconcussae ac stabilis ueritatis et in qua fruerer homine bonum eum credens et in qua consulo ut bonus sit eadem luce incorruptibilis sincerissimaeque rationis et meae mentis aspectum et illam phantasiae nubem quam desuper cerno cum eundem hominem quem uideram cogito imperturbabili aeternitate perfundit. item cum arcum pulchre et aequabiliter intortum quem uidi uerbi gratia Carthagine animo reuoluo, res quaedam menti nuntiata per oculos memoriaeque transfusa imaginarium conspectum facit. sed aliud mente conspicio secundum quod mihi opus illud placet, unde etiam si displiceret corrigerem. itaque de istis secundum illam iudicamus, et illam cernimus rationalis mentis intuitu. ista uero aut praesentia sensu corporis tangimus aut imagines absentium fixas in memoria recordamur aut ex earum similitudine talia fingimus qualia nos ipsi si uellemus atque possemus etiam opere moliremur, aliter figurantes animo imagines corporum aut per corpus corpora uidentes, aliter autem ratio-
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der ich zu ihm getrieben wurde, verletzt und gleichsam zurückgestoßen von ihm wie von einem unwürdigen Menschen ab, dauert aber in jener Form weiter, aus der heraus ich ihn, im Glauben, er sei so, geliebt hatte. Außer vielleicht, daß ich ihn nunmehr dazu liebe, daß er so werde, wie er nach meiner Erfahrung noch nicht ist. In diesem Menschen hat sich dabei nichts geändert; doch kann verändert werden, daß er wird, was ich bereits von ihm glaubte. In meinem Geist aber hat sich jedenfalls die Einschätzung von ihm gewandelt, die anders sich vorher verhielt und anders sich jetzt verhält. Desgleichen wurde die Liebe von der Absicht, sich an ihm zu erfreuen, zu der Absicht, Rat zu geben, durch die von oben her befehlende, unwandelbare Gerechtigkeit umgebogen. Die Form der unerschütterlichen und feststehenden Wahrheit selbst aber, in der ich mich an einem Menschen freue, an sein Gutsein glaubend, in der ich ihm auch ratend zur Seite stehe, daß er gut werde, durchströmt in unbeirrbarer Ewigkeit mit einem und demselben Licht unzerstörbarer und hellster Vernunft sowohl den Blick meines Geistes wie jenes Dunkel der Vorstellungsbilder, das ich von oben her sehe, wenn ich denselben Menschen, den ich sah, denkend vergegenwärtige.17 Ebenso ist es, wenn ich im Geist auf einen schön und gleichmäßig geschwungenen Bogen, den ich zum Beispiel in Karthago gesehen habe, zurückkomme: der Gegenstand, der durch die Augen dem Geist kundgetan wurde und dem Gedächtnis eingeströmt ist, bewirkt eine bildhafte Vorstellung. Aber etwas anderes schaue ich im Geist, gemäß dem mir jenes Werk gefällt und wovon her ich, wenn es mir mißfiele, Kritik übte. Wir urteilen daher über diese Dinge gemäß jener Form, und sie erkennen wir durch den Anblick unseres vernunftbegabten Geistes. Diese Dinge aber berühren wir entweder, wenn sie gegenwärtig sind, mit dem Sinn des Leibes, oder wir erinnern uns, wenn sie abwesend sind, ihrer Bilder, die im Gedächtnis haften, oder wir bilden aus ihrer Ähnlichkeit solche Vorstellungen, die wir, wenn wir wollten und könnten, auch selbst im Werke ausführen würden – wobei es etwas anderes ist, wenn wir in unserer Seele die Bilder von Körpern formen oder durch den Leib Körper sehen,
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nes artemque ineffabiliter pulchram talium figurarum super aciem mentis simplici intellegentia capientes. [7.12] in illa igitur aeterna ueritate ex qua temporalia facta sunt omnia formam secundum quam sumus et secundum quam uel in nobis uel in corporibus uera et recta ratione aliquid operamur uisu mentis aspicimus, atque inde conceptam rerum ueracem notitiam tamquam uerbum apud nos habemus et dicendo intus gignimus, nec a nobis nascendo discedit. cum autem ad alios loquimur, uerbo intus manenti ministerium uocis adhibemus aut alicuius signi corporalis ut per quandam commemorationem sensibilem tale aliquid fiat etiam in animo audientis quale de loquentis animo non recedit. nihil itaque agimus per membra corporis in factis dictisque nostris quibus uel approbantur uel improbantur mores hominum quod non uerbo apud nos intus edito praeuenimus. nemo enim aliquid uolens facit quod non in corde suo prius dixerit. [7.13] quod uerbum amore concipitur siue creaturae siue creatoris, id est aut naturae mutabilis aut incommutabilis ueritatis. [8.13] ergo aut cupiditate aut caritate, non quo non sit amanda creatura, sed si ad creatorem refertur ille amor, non iam cupiditas sed caritas erit. tunc enim est cupiditas cum propter se amatur creatura. tunc non utentem adiuuat sed corrumpit fruentem. cum ergo aut par nobis aut inferior creatura sit, inferiore utendum est ad deum, pari autem fruendum sed in deo. sicut enim te ipso non in te ipso frui debes sed in eo qui fecit te, sic etiam illo quem diligis tamquam te ipsum. et nobis ergo et fra-
8,8 Mc 12,31; Lv 19,18; Mt 19,19; Mt 22,39; Lc 10,27; Rm 13,9; Gal 5,14; Iac2,8
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etwas anderes, wenn wir die Gründe und die unaussprechlich schöne Kunst solcher Formen über die Sehkraft unseres Geistes hinaus mit einfacher Einsicht erfassen. [7.12] In jener ewigen Wahrheit also, von der alles Zeitliche geschaffen wurde, erblicken wir in der Schau des Geistes die Form, nach der wir sind und nach der wir in uns oder in den Körpern in wahrer und richtiger Verständigkeit etwas wirken. Die von dort her empfangene wahrhafte Kenntnis der Dinge haben wir gleichsam als ein Wort bei uns, und zeugen es innerlich sprechend und in seinem Geborenwerden entfernt es sich nicht von uns. Wenn wir aber mit anderen sprechen, dann gewähren wir dem Wort, das innen bleibt, den Dienst der Stimme oder irgendeines körperlichen Zeichens, damit durch eine sinnlich wahrnehmbare Erinnerung auch im Geist des Hörenden etwas Ähnliches entsteht, wie es dem Geist des Sprechenden nicht entweicht.18 Nichts also wirken wir mit den Gliedern des Leibes in unseren Taten und Worten, mit denen die menschlichen Verhaltensweisen gebilligt oder mißbilligt werden, dem wir nicht mit einem inwendig hervorgebrachten Wort zuvorkämen. Niemand nämlich tut mit Willen etwas, was er nicht zuvor in seinem Herzen gesprochen hätte. [7.13] Das Wort nun wird in Liebe empfangen – sei es das Wort eines Geschöpfes, sei es das Wort des Schöpfers, das heißt der wandelbaren Natur oder der unwandelbaren Wahrheit. [8.13] Aus Begehrlichkeit also oder aus Liebe – nicht als ob die Schöpfung nicht zu lieben sei, aber wenn diese Liebe auf den Schöpfer bezogen wird, dann ist sie nicht mehr Begehrlichkeit, sondern reine Liebe. Begehrlichkeit ist es nämlich dann, wenn das Geschöpf um seinetwillen geliebt wird. Dann hilft es nicht dem, der es gebraucht, sondern verdirbt den, der genießt.19 Da also das Geschöpf entweder uns gleich oder geringer ist als wir, so müssen wir das Geringere auf Gott hin gebrauchen, das uns gleiche genießen, aber in Gott. Wie du nämlich dich selbst genießen darfst, aber nicht in dir, sondern in jenem, der dich schuf, so auch denjenigen, den du liebst wie dich selbst. Uns und
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tribus in domino fruamur, et inde nos nec ad nosmetipsos remittere et quasi relaxare deorsum uersus audeamus. nascitur autem uerbum cum excogitatum placet aut ad peccandum aut ad recte faciendum. uerbum ergo nostrum et mentem de qua gignitur quasi medius amor coniungit seque cum eis tertium complexu incorporeo sine ulla confusione constringit. [9.14] conceptum autem uerbum et natum idipsum est cum uoluntas in ipsa notitia conquiescit, quod fit in amore spiritalium. qui enim uerbi gratia perfecte nouit perfecteque amat iustitiam, iam iustus est etiamsi nulla exsistat secundum eam forinsecus per membra corporis operandi necessitas. in amore autem carnalium temporaliumque rerum sicut in ipsis animalium fetibus alius est conceptus uerbi, alius partus. illic enim quod cupiendo concipitur adipiscendo nascitur quoniam non sufficit auaritiae nosse et amare aurum nisi et habeat, neque nosse et amare uesci aut concumbere nisi etiam id agat, neque nosse et amare honores et imperia nisi proueniant. quae tamen omnia nec adepta sufficiunt: qui enim biberit, inquit, ex hac aqua sitiet iterum; ideoque et in psalmis: concepit, inquit, dolorem et peperit iniquitatem. dolorem uel laborem dicit concipi cum ea concipiuntur quae nosse ac uelle non sufficit, et inardescit atque aegrotat animus indigentia donec ad ea perueniat et quasi pariat ea. unde eleganter in Latina lingua parta dicuntur et reperta atque comperta, quae uerba quasi a partu ducta resonant, quia concupiscentia cum conceperit parit peccatum. unde dominus clamat: uenite ad me omnes qui laboratis et onerati estis, et alio loco:
9,12-13 Io 4,13 13-14 Ps 7,15 18-19 Iac 1,14 20 Mt 11,28
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die Brüder also wollen wir im Herrn genießen und nicht es wagen, von dort her zu uns selbst abzugleiten und gleichsam nach unten abzusinken. Geboren aber wird das Wort, wenn das, was ausgedacht ist, unser Gefallen findet, sei es zum Sündigen, sei es zum Rechttun. Unser Wort also und unseren Geist, von dem es gezeugt wird, eint gleichsam als das Mittlere die Liebe und verbindet sich mit ihnen in unkörperlicher Umarmung ohne jede Vermengung als Drittes. [9.14] Das empfangene und geborene Wort aber ist ein- und dasselbe, wenn der Wille in der Kenntnis selbst ruht, was in der Liebe der geistigen Dinge geschieht. Wer nämlich zum Beispiel die Gerechtigkeit vollkommen kennt und vollkommen liebt, ist schon gerecht, auch wenn für ihn gar keine Notwendigkeit besteht, ihr entsprechend äußerlich mit den leiblichen Gliedern zu handeln. Bei der Liebe der fleischlichen und zeitlichen Dinge aber ist wie bei den leiblichen Zeugungen etwas anderes die Empfängnis des Wortes, etwas anderes seine Geburt. Hier wird nämlich, was durch Begehren empfangen wird, durch Erreichen geboren. Es genügt ja für den Geiz nicht, das Gold zu kennen und zu lieben, wenn man es nicht auch besitzt; und es genügt nicht die Speise und den Beischlaf zu kennen und zu lieben, wenn es nicht auch vollzogen wird, ebenso nicht Ehren und Macht zu kennen und zu lieben, wenn sie sich nicht einstellen. Dies alles freilich genügt auch nicht, wenn es erreicht ist. Die Schrift sagt: »Wer nämlich von diesem Wasser trinkt, den wird wieder dürsten.« Deshalb heißt es auch in den Psalmen: »Er hat den Schmerz empfangen und die Ungerechtigkeit gezeugt.« Empfängnis von Schmerz und Mühsal wird es genannt, wenn empfangen wird, was zu kennen und zu wollen nicht genügt, und dessen Mangel die Seele entzündet und krank macht, bis sie es erlangt und gleichsam gebiert. Fein redet man daher in der lateinischen Sprache von geboren, gefunden und erfahren. Alle diese Worte sind ihrem Klange nach gleichsam von Geburt herzuleiten, weil, wenn »die Begierlichkeit empfängt, dann gebiert sie Sünde«.20 Deshalb ruft auch der Herr. »Kommet zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid!« und an einer anderen Stelle:
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uae praegnantibus et mammantibus in illis diebus. cum itaque ad partum uerbi referret omnia uel recte facta uel peccata: ex ore, inquit, tuo iustificaberis et ex ore tuo condemnaberis, os uolens intellegi non hoc uisibile sed interius inuisibile cogitationis et cordis. [10.15] recte ergo quaeritur utrum omnis notitia uerbum an tantum amata notitia. nouimus enim et ea quae odimus, sed nec concepta nec parta dicenda sunt animo quae nobis displicent. non enim omnia quae quoquo modo tangunt concipiuntur, ut tantum nota sint non tamen uerba dicantur ista de quibus nunc agimus. aliter enim dicuntur uerba quae spatia temporum syllabis tenent siue pronuntientur siue cogitentur; aliter omne quod notum est uerbum dicitur animo impressum quamdiu de memoria proferri et definiri potest, quamuis res ipsa displiceat; aliter cum placet quod mente concipitur. secundum quod genus uerbi accipiendum est quod ait apostolus: nemo dicit: dominus Iesus, nisi in spiritu sancto; cum secundum aliam uerbi notionem dicant hoc et illi de quibus ipse dominus ait: non omnis qui mihi dicit: domine, domine, intrabit in regnum caelorum. uerumtamen cum et illa quae odimus recte displicent recteque improbantur, approbatur eorum improbatio et placet et uerbum est. neque uitiorum notitia nobis displicet sed ipsa uitia. nam placet mihi quod noui et definio quid sit intemperantia, et hoc est uerbum eius. sicuti sunt in arte nota uitia, et recte approbatur eorum notitia cum discernit cognitor speciem priuationemque uirtutis sicut aiere et negare et esse et non esse; attamen uirtute priuari atque in uitium deficere damnabile est. et
21 Mt 24,19; Mc 13,17; Lc 21,23 22-23 Mt 12,37 10,11-12 1Cor 12,3 14-15 Mt 7,21
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»Wehe denen, die in jenen Tagen schwanger sind und säugen!« Da also alles, sowohl die rechten Taten wie die Sünden, auf die Geburt des Wortes zu beziehen ist, so sagt er: »Aus deinem Munde wirst du gerechtfertigt werden, und aus deinem Munde wirst du verdammt werden.« Unter Mund will er dabei nicht dieses Sichtbare, sondern das inwendig Unsichtbare unseres Denkens und Herzens verstanden wissen. [10.15] Mit Recht stellt man also die Frage, ob jede Kenntnis Wort ist oder nur die geliebte Kenntnis.21 Wir kennen ja auch das, was wir hassen. Doch darf man, was uns mißfällt, weder im Geist empfangen noch geboren nennen. Denn nicht alles, was irgendwie an uns rührt, wird empfangen, so daß uns manches nur bekannt ist, ohne daß es Wort genannt werden kann, wie etwa die Dinge, über die wir jetzt handeln. In anderem Sinne nämlich spricht man von Wort bei jenen Worten, die mit ihren Silben einen bestimmten Zeitraum einnehmen, mögen sie ausgesprochen, mögen sie bloß vorgestellt werden; in anderem Sinne nennt man jede Kenntnis ein unserer Seele eingeprägtes Wort, solange es aus dem Gedächtnis hervorgeholt und umgrenzt werden kann, auch wenn die gekannte Sache selbst mißfällt; in anderem Sinne wieder spricht man von Wort, wenn das, was im Geiste empfangen wurde, gefällt. Gemäß dieser Art von Worten muß man den Ausspruch des Apostels verstehen: »Niemand sagt: Herr Jesus, außer im Heiligen Geiste.« Nach dem anderen Begriff von Wort können dies auch jene sagen, von denen der Herr selbst sagt: »Nicht jeder, der sagt: Herr, Herr, wird in das Himmelreich eingehen.« Da indes das, was wir hassen, mit Recht mißfällt und von uns mit Recht mißbilligt wird, so wird seine Mißbilligung gebilligt: sie gefällt und ist ein Wort. Nicht die Kenntnis der Fehler mißfällt uns, sondern der Fehler selbst. Es gefällt mir doch, daß ich weiß und bestimmen kann, was Unmäßigkeit ist, und das ist das Wort von ihr.22 So kennt man in der Wissenschaft die Fehler, und mit Recht wird ihre Kenntnis gebilligt, wenn der Fachmann die Schönheit und den Mangel der Tugend unterscheidet wie bejahen und verneinen, sein und nicht sein; der Tugend aber
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definire intemperantiam uerbumque eius dicere pertinet ad artem morum; esse autem intemperantem ad id pertinet quod illa arte culpatur. sicut nosse ac definire quid sit soloecismus pertinet ad artem loquendi; facere autem uitium est quod eadem arte reprehenditur. uerbum est igitur quod nunc discernere et insinuare uolumus, cum amore notitia. cum itaque se mens nouit et amat, iungitur ei amore uerbum eius. et quoniam amat notitiam et nouit amorem, et uerbum in amore est et amor in uerbo et utrumque in amante atque dicente. [10.16] sed omnis secundum speciem notitia similis est ei rei quam nouit. est enim alia notitia secundum priuationem quam cum improbamus loquimur, et haec priuationis improbatio speciem laudat ideoque approbatur. [11.16] habet ergo animus nonnullam speciei notae similitudinem siue cum ea placet siue cum eius priuatio displicet. quocirca in quantum deum nouimus similes sumus, sed non ad aequalitatem similes quia nec tantum eum nouimus quantum ipse se. et quemadmodum cum per sensum corporis discimus corpora fit aliqua eorum similitudo in animo nostro quae phantasia memoriae est – non enim omnino ipsa corpora in animo sunt cum ea cogitamus sed eorum similitudines, itaque cum eas pro illis approbamus erramus; error est namque pro alio alterius approbatio; melior est tamen imaginatio corporis in animo quam illa species corporis in quantum haec in meliore natura est, id est in substantia uitali sicuti est animus –, ita cum deum nouimus, quamuis meliores efficiamur quam eramus antequam nossemus maximeque cum eadem notitia etiam placita digneque amata uerbum est fitque aliqua dei similitudo illa notitia, tamen inferi-
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zu ermangeln und in Fehler zu fallen, ist verwerflich. Die Unmäßigkeit bestimmen und so ihr Wort aussprechen, gehört zur Sittenlehre; unmäßig sein hingegen ist das, was von dieser Wissenschaft als Schuld bezeichnet wird. Ebenso gehört es zur Redekunst, zu wissen und zu bestimmen, was der Soloezismus ist. Einen solchen zu begehen, ist jedoch ein Fehler, der eben von der Redekunst getadelt wird. Ein Wort ist also, wie wir jetzt auseinanderlegen und klarmachen wollen, eine mit Liebe verbundene Kenntnis.23 Wenn sich daher der Geist kennt und liebt, dann eint sich mit ihm in Liebe sein Wort. Und weil er seine Kenntnis liebt und seine Liebe kennt, ist sowohl das Wort in der Liebe wie auch die Liebe im Worte und beides im Liebenden und Sprechenden. [16] Aber jede Kenntnis gemäß der Gestalt ist dem Gegenstand ähnlich, den sie kennt. Es gibt nämlich auch eine andere Kenntnis, eine solche vom Fehlen einer Sache. Wenn wir dies mißbilligen, sprechen wir das Wort des Dinges aus. Diese Mißbilligung des Fehlens lobt daher und billigt die Begriffsgestalt. [11.16] Die Seele hat also irgendeine Ähnlichkeit mit dem gekannten Wesen, mag es gefallen, mag sein Fehlen mißfallen. So sind wir, soweit wir Gott kennen, ihm ähnlich; aber nicht sind wir bis zur Gleichheit ähnlich, da wir ihn nicht so kennen, wie er selbst sich kennt. Wenn wir ferner durch den Sinn des Körpers Körper kennenlernen, so entsteht in unserer Seele eine Ähnlichkeit mit ihnen , die ein Vorstellungsbild der Erinnerung ist (denn nicht sind die Körper selbst schlechthin in der Seele, wenn wir sie uns vorstellen, sondern nur Ähnlichkeiten ihrer. Wenn wir daher diese mit jenen verwechseln, irren wir. Der Irrtum ist ja die Verwechslung eines Dinges mit einem anderen. Besser ist jedoch die Vorstellung des Körpers in der Seele als die Gestalt des Körpers, sofern sich jene in einer besseren Natur befindet, das heißt in einer lebendigen Substanz, wie es die Seele ist). Wenn wir sonach Gott kennen, so werden wir zwar besser, als wir vor dieser Kenntnis waren, besonders dann, wenn diese Kenntnis auch unser Gefallen findet und gebührend geliebt wird und so Wort ist, und es entsteht durch diese Kenntnis irgendwie
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or est quia in inferiore natura est; creatura quippe animus, creator autem deus. ex quo colligitur quia cum se mens ipsa nouit atque approbat sic est eadem notitia uerbum eius ut ei sit par omnino et aequale atque identidem quia neque inferioris essentiae notitia est sicut corporis neque superioris sicut dei. et cum habeat notitia similitudinem ad eam rem quam nouit, hoc est cuius notitia est, haec habet perfectam et aequalem qua mens ipsa quae nouit est nota. ideoque et imago et uerbum est quia de illa exprimitur cum cognoscendo eidem coaequatur, et est gignenti aequale quod genitum est. [12.17] quid ergo? amor non erit imago, non uerbum, non genitus? cur enim mens notitiam suam gignit cum se nouit, et amorem suum non gignit cum se amat? nam si propterea est notionis suae causa quia noscibilis est, amoris etiam sui causa est quia est amabilis. cur itaque non utrumque genuerit difficile est dicere. haec enim quaestio etiam de ipsa summa trinitate, omnipotentissimo creatore deo, ad cuius imaginem homo factus est solet mouere homines quos ueritas dei per humanam locutionem inuitat ad fidem, cur non spiritus quoque sanctus a patre deo genitus uel creditur uel intellegitur, ut filius etiam ipse dicatur. quod nunc in mente humana utcumque uestigare conamur ut ex inferiore in qua nobis familiarius natura ipsa nostra quasi interrogata respondet exercitatiorem mentis aciem ab inluminata creatura ad lumen incommutabile dirigamus; si tamen ueritas ipsa persuaserit, sicut dei uerbum filium esse nullus christianus dubitat, ita caritatem esse spiritum sanctum. ergo ad illam imaginem quae creatura est, hoc est ad rationalem mentem diligen-
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eine Ähnlichkeit mit Gott; sie ist jedoch niedriger als er, weil sie in einer niedrigeren Natur geschieht. Die Seele ist ja Geschöpf, Gott aber Schöpfer. Daraus läßt sich schließen, daß, wenn der Geist sich kennt und billigt, diese Kenntnis sein Wort so ist, daß es ihm ganz und gar gleich und gleichförmig ist und umgekehrt, weil es nicht die Kenntnis eines niedrigeren Wesens wie des Körpers und auch nicht die eines höheren wie Gottes ist. Und da die Kenntnis Ähnlichkeit hat mit dem Ding, das sie kennt, das heißt, dessen Kenntnis sie ist, so hat sie bei jener Kenntnis, in der der erkennende Geist sich selbst kennt, vollkommene und gleiche Ähnlichkeit. Und so ist die Kenntnis sowohl Bild als Wort, weil sie Ausdruck des Geistes ist, wenn sie sich ihm in der Erkenntnis angleicht, und das Erzeugte ist dem Erzeugenden gleich.24 [12.17] Was also? Ist die Liebe kein Bild, kein Wort, nicht gezeugt? Warum soll denn der Geist seine Kenntnis zeugen, wenn er sich kennt, seine Liebe aber nicht zeugen, wenn er sich liebt? Wenn er nämlich deshalb die Ursache seiner Kenntnis ist, weil er erkennbar ist, dann ist er auch die Ursache seiner Liebe, weil er liebbar ist. Warum er also nicht beides zeugt, ist schwer zu sagen. Auch diese Frage über die erhabene Dreieinheit, den allmächtigen Schöpfer Gott, nach dessen Bild der Mensch geschaffen ist, pflegt ja die Menschen zu bewegen, welche die Wahrheit Gottes durch menschliche Rede zum Glauben einlädt. Warum glaubt oder erkennt man nicht auch vom Heiligen Geist, daß er gezeugt ist, so daß er ebenfalls Sohn genannt werden kann? Das wollen wir jetzt im menschlichen Geist irgendwie zu erspüren suchen, auf daß wir von dem tiefer stehenden Bild aus, in dem uns unsere eigene Natur, gleichsam befragt, vertrautere Antwort gibt, die so besser eingeübte Sehkraft des Geistes von dem erhellten Geschöpf zum unwandelbaren Licht hinrichten. Dabei muß uns freilich die Wahrheit selbst überzeugen, daß der Heilige Geist in der gleichen Weise die Liebe ist, wie der Sohn, woran kein Christ zweifelt, das Wort Gottes ist. Zu diesem Bilde also, das das Geschöpf ist, das heißt zum verstandesbegabten
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tius de hac re interrogandam considerandamque redeamus ubi temporaliter exsistens nonnullarum rerum notitia quae ante non erat, et aliquarum rerum amor quae antea non amabantur, distinctius nobis aperit quid dicamus quia et ipsi locutioni temporaliter dirigendae facilior est ad explicandum res quae in ordine temporum comprehenditur. [12.18] primo itaque manifestum sit posse fieri ut sit aliquid scibile, id est quod sciri possit, et tamen nesciatur; illud autem fieri non posse ut sciatur quod scibile non fuerit. unde liquido tenendum est quod omnis res quamcumque cognoscimus congenerat in nobis notitiam sui; ab utroque enim notitia paritur, a cognoscente et cognito. itaque mens cum se ipsa cognoscit sola parens est notitiae suae; et cognitum enim et cognitor ipsa est. erat autem sibi ipsa noscibilis et antequam se nosset, sed notitia sui non erat in ea cum se ipsa non nouerat. quod ergo cognoscit se parem sibi notitiam sui gignit quia non minus se nouit quam est nec alterius essentiae est notitia eius non solum quia ipsa nouit, sed etiam quia se ipsam sicut supra diximus. quid igitur de amore dicendum est cur non etiam cum se amat ipsum quoque amorem sui genuisse uideatur? erat enim amabilis sibi et antequam se amaret quia poterat se amare, sicut erat sibi noscibilis et antequam se nosset quia se poterat nosse. nam si non sibi esset noscibilis, numquam se nosse potuisset; ita si non sibi esset amabilis, numquam se amare potuisset. cur itaque amando se non genuisse dicatur amorem suum sicut cognoscendo se genuit notitiam suam? an eo quidem manifeste ostenditur hoc amoris esse principium unde procedit? ab ipsa quippe mente procedit quae sibi est amabilis antequam se amet,
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Geiste wollen wir zurückkehren, um ihn noch sorgfältiger in dieser Sache zu befragen und zu betrachten. Dort offenbart uns die zeithaft bestehende Kenntnis mancher Dinge, die vorher nicht war, und die Liebe mancher Dinge, die vorher nicht geliebt wurden, deutlicher, was wir sagen sollen. Es ist ja auch für die zeitlich gebundene Rede leichter, einen Gegenstand zu erklären, der in der Ordnung der Zeiten aufgefaßt wird. [12.18] Erstlich also ist es offenkundig, daß etwas wißbar sein kann, das heißt, daß es gewußt werden kann und doch nicht gewußt wird; unmöglich aber kann es geschehen, daß etwas gewußt wird, was nicht wißbar ist. Daher muß man klar daran festhalten, daß jedes Ding, das wir erkennen, seine Kenntnis in uns mitzeugt.25 Von beiden nämlich wird die Kenntnis geboren, vom Erkennenden und vom Erkannten. Wenn daher der Geist sich selbst erkennt, dann ist er allein der Vater seiner Kenntnis. Er ist nämlich selbst das Erkannte und der Erkenner. Er war sich aber selbst erkennbar auch, bevor er sich kannte. Die Kenntnis seiner selbst aber war nicht in ihm, da er sich selbst noch nicht gekannt hatte. Wenn er sich also erkennt, dann zeugt er eine ihm gleiche Erkenntnis seiner selbst. Er kennt sich ja nicht weniger, als er ist; und seine Kenntnis ist nicht die eines anderen Wesens, nicht nur weil er selbst es ist, der kennt, sondern auch weil er sich selbst kennt, wie wir oben gesagt haben. Was soll man also von der Liebe sagen, warum scheint jemand, wenn er sich liebt, nicht auch die Liebe zu sich selbst gezeugt zu haben? Er war sich ja liebbar auch schon, bevor er sich liebte, weil er sich lieben konnte, wie er sich erkennbar war auch schon, bevor er sich kannte, weil er sich kennen konnte. Denn wenn er sich nicht erkennbar gewesen wäre, hätte er sich niemals erkennen können. Ebenso hätte er, wenn er sich nicht liebbar gewesen wäre, niemals sich lieben können. Warum also soll man nicht sagen, daß er durch seine Selbstliebe seine Liebe gezeugt hat, wie er durch seine Selbsterkenntnis seine Kenntnis gezeugt hat? Oder wird durch diesen Sachverhalt klar bekundet, daß Ursprung der Liebe der ist, von dem sie hervorgeht? Sie geht ja vom Geist selbst hervor, der sich liebbar ist, bevor er sich
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atque ita principium est amoris sui quo se amat. sed ideo non recte dicitur genitus ab ea sicut notitia sui qua se nouit quia notitia iam inuentum est quod partum uel repertum dicitur, quod saepe praecedit inquisitio eo fine quietura. nam inquisitio est appetitus inueniendi, quod idem ualet si dicas reperiendi. quae autem reperiuntur quasi pariuntur, unde proli similia sunt. ubi nisi in ipsa notitia? ibi enim quasi expressa formantur. nam etsi iam erant res quas quaerendo inuenimus, notitia tamen ipsa non erat quam sicut prolem nascentem deputamus. porro appetitus ille qui est in quaerendo procedit a quaerente et pendet quodam modo, neque requiescit fine quo intenditur nisi id quod quaeritur inuentum quaerenti copuletur. qui appetitus, id est inquisitio, quamuis amor esse non uideatur quod id quod notum est amatur – hoc enim adhuc ut cognoscatur agitur –, tamen ex eodem genere quiddam est. nam uoluntas iam dici potest quia omnis qui quaerit inuenire uult, et si id quaeritur quod ad notitiam pertineat, omnis qui quaerit nosse uult. quod si ardenter atque instanter uult, studere dicitur, quod maxime in assequendis atque adipiscendis quibusque doctrinis dici solet. partum ergo mentis antecedit appetitus quidam quo id quod nosse uolumus quaerendo et inueniendo nascitur proles ipsa notitia, ac per hoc appetitus ille quo concipitur pariturque notitia partus et proles recte dici non potest. idemque appetitus quo inhiatur rei cognoscendae fit amor cognitae dum tenet atque amplectitur placitam prolem, id est notitiam gignentique coniungit. et est quaedam imago trinitatis, ipsa mens et notitia eius, quod est proles
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liebt, und so ist er der Ursprung seiner Liebe, durch die er sich liebt. Deshalb jedoch heißt sie nicht mit Recht von ihm gezeugt wie die Kenntnis seiner selbst, in der er sich kennt, weil durch die Kenntnis schon gefunden ist, was geboren oder entdeckt genannt wird, wie ja oft die Untersuchung dem Ziel, in dem sie zur Ruhe kommt (der Kenntnis) vorausgeht Die Untersuchung ist ja das Verlangen zu finden, was dasselbe ist wie zu entdecken. Was aber entdeckt wird, wird gleichsam geboren, weshalb es einem Sprößling ähnlich ist. Wo anders als in eben der Kenntnis? Dort wird es ja gleichsam ausdrücklich geformt. Denn wenn auch die Dinge schon waren, welche wir durch Suchen finden, so war doch die Kenntnis selbst noch nicht, die wir gleichsam für einen Sprößling, der geboren wird, erachten. Jenes Verlangen also, das im Suchen liegt, geht vom Suchenden hervor, bleibt gewissermaßen in Schwebe und ruht in dem Ziel, nach dem es sich ausspannt, erst dann, wenn das Gesuchte gefunden und mit dem Suchenden geeint ist. Dieses Verlangen, das heißt die Untersuchung, scheint zwar noch nicht Liebe zu sein, in der das, was gekannt ist, geliebt wird (darauf nämlich, daß es erkannt wird, wird erst noch hingezielt). Es ist jedoch etwas von der Art der Liebe. Es kann nämlich schon Wille genannt werden, da jeder, der sucht, finden will, und wenn etwas gesucht wird, was in den Bereich des Erkennens fällt, dann will jeder, der sucht, erkennen. Will er es glühend und heftig, dann sagt man, daß er sich eifrig müht, was man insbesondere bei der Aneignung und dem Erwerb bestimmter Wissensbereiche so zu nennen pflegt. Der Geburt im Geist geht also eine Art Verlangen voraus, durch welches das, was wir in Suchen und Finden kennen wollen, als Sprößling, eben als Kenntnis geboren wird; und eben deshalb kann dieses Verlangen, durch das die Kenntnis empfangen und geboren wird, nicht selbst mit Recht geboren und Sprößling genannt werden. Dasselbe Verlangen, darin man nach dem zu erkennenden Gegenstand lechzt, wird zur Liebe des erkannten Gegenstandes, wenn es den ersehnten Sprößling hält und umfängt, das heißt die Kenntnis mit dem Erzeuger verbindet. Und so besteht in einer gewissen Weise ein Bild der Dreieinheit: der Geist selbst, seine Kenntnis, die sein Sprößling und sein Wort
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eius ac de se ipsa uerbum eius, et amor tertius, et haec tria unum atque una substantia. nec minor proles dum tantam se nouit mens quanta est, nec minor amor dum tantum se diligit quantum nouit et quanta est.
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von ihm selbst ist, und die Liebe als Drittes, und diese drei sind eins und eine Substanz. Der Sprößling ist nicht geringer, wenn nur der Geist sich so kennt, wie er ist, und die Liebe ist nicht geringer, wenn er sich nur so liebt, wie er sich kennt und wie er ist.
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[1.1] nunc ad ea ipsa consequenter enodatius explicanda limatior accedat intentio. ac primum quia rem prorsus ignotam amare omnino nullus potest, diligenter intuendum est cuiusmodi sit amor studentium, id est non iam scientium sed adhuc scire cupientium quamque doctrinam. et in his quippe rebus in quibus non usitate dicitur studium solent exsistere amores ex auditu dum cuiusque pulchritudinis fama ad uidendum ac fruendum animus accenditur quia generaliter nouit corporum pulchritudines ex eo quod plurimas uidit, et inest intrinsecus unde approbetur cui forinsecus inhiatur. quod cum fit non rei penitus incognitae amor excitatur cuius genus ita notum est. cum autem uirum bonum amamus cuius faciem non uidimus, ex notitia uirtutum amamus quas nouimus in ipsa ueritate. ad doctrinas autem cognoscendas plerumque nos laudantium atque praedicantium accendit auctoritas, et tamen nisi breuiter impressam cuiusque doctrinae haberemus in animo notionem, nullo ad eam discendam studio flagraremus. quis enim sciendae uerbi gratia rhetoricae ullam curam et operam impenderet nisi ante sciret eam dicendi esse scientiam? aliquando etiam ipsarum doctrinarum fines auditos expertosue miramur et ex hoc inardescimus facultatem comparare discendo qua ad eos peruenire possimus, tamquam si litteras nescienti dicatur quandam esse
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[1.1] Jetzt soll unsere Aufmerksamkeit vernunftgemäß an das deutlicher und detaillierter zu Erklärende herantreten. Erstlich nun muß man, weil niemand eine vollständig unbekannte Sache überhaupt lieben kann, sorgfältig zusehen, welcher Art die Liebe der wissenschaftlich sich Mühenden ist, das heißt derer, die eine bestimmte Lehre noch nicht kennen, aber bereits kennenzulernen wünschen. In jenen Dingen also, bei denen man gewöhnlich nicht von wissenschaftlichem Bemühen spricht, pflegen die Liebesregungen hervorzutreten aus dem Hören, wenn nämlich durch das Gerücht von irgendeiner Schönheit die Seele zum Sehen und Genießen entflammt wird, weil sie die Schönheiten der Körper im allgemeinen kennt, da sie ja viel Schönes gesehen hat und ihr inwendig innewohnt, woher sie billigt, wonach sie auswendig lechzt. Wenn das geschieht, dann wird nicht die Liebe zu einer gänzlich unbekannten Sache erregt, da ja deren Art in der geschilderten Weise bekannt ist. Wenn wir aber einen guten Mann lieben, dessen Antlitz wir nicht gesehen haben, dann lieben wir ihn auf Grund der Kenntnis der Tugenden, die wir in der Wahrheit selbst kennen. Für die Erkenntnis von wissenschaftlichen Lehren aber entflammt uns meist die Glaubwürdigkeit jener, die sie rühmen und vertreten. Freilich, trügen wir nicht den Begriff einer jeden Wissenschaft flüchtig eingeprägt in der Seele, so würden wir nie in Eifer entbrennen, sie kennenzulernen. Wer würde zum Beispiel auch nur die geringste Sorgfalt und Mühe auf die Erlernung der Redekunst verwenden, wenn er nicht zuvor wüßte, daß sie die Wissenschaft vom Reden ist? Manchmal ergreift uns auch Bewunderung für das Endziel der Wissenschaften selbst, von dem wir aus Erzählung oder Erfahrung wissen; wir werden so dazu entflammt, uns durch Lernen ihre Beherrschung anzueignen, damit wir so zu diesem Endziel gelangen können. Wenn man etwa jemandem, der die Buchstaben nicht kennt, erklärt,
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doctrinam qua quisque ualeat quamuis longe absenti uerba mittere manu facta in silentio quae rursus ille cui mittuntur non auribus, sed oculis colligat idque fieri uideat. nonne dum concupiscit nosse quo id possit omni studio circa illum finem mouetur quem iam notum tenet? sic accenduntur studia discentium. nam quod quisque prorsus ignorat amare nullo pacto potest. [1. 2] ita etiam signum si quis audiat incognitum ueluti uerbi alicuius sonum quo quid significetur ignorat, cupit scire quidnam sit, id est sonus ille cui rei commemorandae institutus sit, ueluti audiat cum dicitur temetum, et ignorans quid sit requirat. iam itaque oportet ut nouerit signum esse, id est non esse inanem illam uocem sed aliquid ea significari; alioquin iam notum est hoc trisyllabum, et articulatam speciem suam impressit animo per sensum aurium. quid amplius in eo requiratur quo magis innotescat cuius omnes litterae omniaque soni spatia nota sunt nisi quia simul innotuit signum esse mouitque sciendi cupiditatem cuius rei signum sit? quo igitur amplius notum est sed non plene notum est, eo cupit animus de illo nosse quod reliquum est; si enim tantummodo esse istam uocem nosset eamque alicuius rei signum esse non nosset, nihil iam quaereret sensibili re quantum poterat sentiendo percepta. quia uero non solum esse uocem sed et signum esse iam nouit, perfecte id nosse uult; neque ullum perfecte signum noscitur nisi cuius rei signum sit cognoscatur. hoc ergo qui ardenti cura quaerit ut nouerit studioque accensus insistit, num potest dici esse sine amore? quid
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daß es wissenschaftliche Kenntnisse gibt, auf Grund deren jeder einem auch noch so weit entfernten Menschen Worte schicken kann, die er im Stillen mit seiner Hand bildete, die andererseits der Empfänger nicht mit seinen Ohren, wohl aber mit den Augen aufnimmt, und wenn er dies nun vor sich gehen sieht: wird so einer nicht, wenn er diese Kunst zu erlernen wünscht, zu all seinem Eifer um jenes Endziel bewegt eben von der Kenntnis, die er von ihm schon hat? So wird der wissenschaftliche Eifer der Lernenden entflammt. Was einer nämlich ganz und gar nicht kennt, kann er in keiner Weise lieben. [1. 2] So ist es auch, wenn jemand ein unbekanntes Zeichen hört, zum Beispiel den Klang eines Wortes, von dem er nicht weiß, was es bedeutet: er wünscht zu wissen, was es sei, das heißt, an welchen Gegenstand zu erinnern jener Klang bestimmt sei, so wenn er etwa das Wort »temetum« hört, es nicht kennt und nachfragt, was es ist. Er muß also schon wissen, daß es ein Zeichen ist, das heißt, daß es nicht ein leerer Laut ist, sondern daß es etwas bezeichnet. Abgesehen davon ist es schon als dies Dreisilbige bekannt, und prägt seine gegliederte Gestalt der Seele durch den Gehörsinn ein. Was ist nun noch weiter erforderlich, damit etwas, dessen einzelne Buchstaben und Klangteile alle bekannt sind, noch weiter erkannt werde? Was anderes, als daß zugleich erkannt werde, daß es ein Zeichen ist und daß es das Verlangen anregte, zu wissen, welcher Sache Zeichen es ist? Je umfassender also etwas bekannt ist, um so mehr verlangt die Seele, wenn es nur noch nicht voll gekannt wird, das Übriggebliebene von ihm zu kennen. Wenn sie nämlich nur wüßte, daß es sich um jenen Klanglaut handelt, nicht aber wüßte, daß er Zeichen einer bestimmten Sache ist, dann würde sie über das hinaus, was sie vom sinnlichen Gegenstand in der Wahrnehmung erfaßt hat, nichts weiter suchen. Weil sie aber weiß, daß es sich nicht bloß um einen Klanglaut handelt, sondern daß dieser zugleich ein Zeichen ist, will sie vollkommene Kenntnis gewinnen. Kein Zeichen nun kennt man vollkommen, wenn nicht erkennt ist, welcher Sache Zeichen es ist.26 Wenn jemand brennende Sorge darauf verwendet, dies zu kennen, und von Eifer entflammt darauf besteht, kann man von dem sagen, daß er
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igitur amat? certe enim amari aliquid nisi notum non potest. neque enim ille istas tres syllabas amat quas iam notas habet (quod si iam hoc in eis amat quia scit eas significare aliquid, non inde nunc agitur; non enim hoc nosse quaerit). sed in eo quod scire studet quid amet inquirimus, quod profecto nondum nouit, et propterea miramur cur amet quoniam firmissime nouimus amari nisi nota non posse. quid ergo amat nisi quia nouit atque intuetur in rationibus rerum quae sit pulchritudo doctrinae qua continentur notitiae signorum omnium; et quae sit utilitas in ea peritia qua inter se humana societas sensa communicat ne sibi hominum coetus deteriores sint quauis solitudine si cogitationes suas conloquendo non misceant? hanc ergo speciem decoram et utilem cernit anima et nouit et amat, eamque in se perfici studet quantum potest quisquis uocum significantium quaecumque ignorat inquirit; aliud est enim quod eam in ueritatis luce conspicit, aliud quod in sua facultate concupiscit. conspicit namque in luce ueritatis quam magnum et quam bonum sit omnes omnium gentium linguas intellegere ac loqui nullamque ut alienigenam audire et a nullo ita audiri. cuius notitiae decus cogitatione iam cernitur amaturque res nota, quae ita conspicitur atque inflammat studia discentium ut circa eam moueantur eique inhient in omni opera quam impendunt consequendae tali facultati ut etiam usu amplectantur quod ratione praenoscunt, atque ita quisque cui facultati spe propinquat ei feruentius amore inardescit. eis doctrinis quippe studetur uehementius quae capi posse non despe-
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ohne Liebe ist? Was also liebt er? Sicherlich kann ja nur Bekanntes geliebt werden. Er liebt natürlich nicht jene drei Silben, von denen er schon Kenntnis hat (wenn er an ihnen den Umstand liebt, daß sie, wie er weiß, etwas bezeichnen, dann dreht es sich jetzt darum nicht. Denn dies ist es nicht, was er zu kennen sucht). Sondern wir fragen danach, was er liebt an dem, was er zu wissen begehrt. Dies kennt er tatsächlich noch nicht, und deshalb wundern wir uns, daß er liebt, da wir ja aufs bestimmteste wissen, daß nur Bekanntes geliebt werden kann. Weshalb also liebt er, wenn nicht deshalb, weil er in den Vernunftgründen der Dinge weiß und erblickt, was die Schönheit einer Wissenschaft ist, die die Kenntnis aller Zeichen in sich schließt, und welcher Nutzen in jenem Können liegt, durch das die menschliche Gemeinschaft ihre Anschauungen sich gegenseitig mitteilt, damit für sie das menschliche Zusammenleben nicht schlimmer sei als irgendeine Einsamkeit, wenn die Menschen ihre Gedanken im Gespräch nicht austauschen könnten? Diese schöne und nützliche Form also erkennt und weiß und liebt die Seele, sie in sich zu vollenden, so gut man kann – danach strebt, wer immer den Bezeichnungsgehalt der Laute zu erforschen sucht, die er nicht kennt. Etwas anderes ist es nämlich, wenn jemand diese Form im Licht der Wahrheit erblickt, etwas anderes, wenn er sie in seinem eigenen Können zu besitzen wünscht. Im Licht der Wahrheit erblickt er nämlich, wie gut und groß es ist, alle Sprachen aller Völker zu verstehen und zu sprechen, keine als fremde zu vernehmen und selbst so zu sprechen, daß niemand einem den Fremden anmerkt. Das Herrliche einer solchen Kenntnis wird im Denken schon erkannt und als bekannte Sache geliebt. Diese wird nun so erblickt und entflammt so sehr den Eifer der Lernenden, daß sie ihretwegen in Bewegung geraten und in jeder Mühe, die sie für die Erlangung eines solchen Könnens aufwenden, nach ihr lechzen, daß sie sich auch in praktischer Übung mit dem befassen, was sie verstandesmäßig schon kennen, und so entbrennt, wer solchem Können in Hoffnung sich nähert, um so glühender in Liebe hierzu. Nach jenen Wissenschaften trachtet man ja mit heftigerem Eifer, an deren Erlangung man nicht verzweifelt. Wenn
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rantur. nam cuius rei adipiscendae spem quisque non gerit, aut tepide amat aut omnino non amat, quamuis quam pulchra sit uideat. quocirca quia omnium linguarum scientia fere ab omnibus desperatur, suae gentis quisque maxime studet ut nouerit. quod si et illi ad perfectum percipiendae se non sufficere sentit, nemo tamen tam desidiosus est huius notitiae qui non cum audierit incognitum uerbum uelit nosse quid illud sit et si potest quaerat ad discat. quod dum quaerit utique in studio discendi est et uidetur amare rem incognitam, quod non ita est. species namque illa tangit animum quam nouit et cogitat in qua elucet decus consociandorum animorum in uocibus notis audiendis atque reddendis, eaque accendit studio quaerentem quidem quod ignorat, sed notam formam quo id pertineat intuentem et amantem. itaque si quaerenti uerbi gratia quid sit temetum – hoc enim exempli causa posueram –, dicatur: quid ad te pertinet?, respondebit: ne forte audiam loquentem et non intellegam, aut uspiam forte id legam et quid scriptor senserit nesciam. quis tandem huic dicat et: noli intellegere quod audis; noli nosse quod legis? omnibus enim fere animis rationalibus in promptu est ad uidendum huius peritiae pulchritudo qua hominum inter se cogitata significantium uocum enuntiatione noscuntur; propter hoc notum decus et ob hoc amatum quia notum studiose quaeritur uerbum illud ignotum. itaque cum audierit atque cognouerit temetum a ueteribus uinum appellatum sed iam ex usu loquendi quem nunc habemus hoc uocabulum emortuum, propter nonnullos fortasse ueterum libros sibi necessarium deputabit. si autem et illos superuacaneos habet, forte iam nec dignum quod memoriae commendet existimat quia uidet ad illam speciem
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nämlich jemand gar keine Hoffnung hat, eine Sache zu erlangen, so liebt er sie nur lau oder er liebt sie gar nicht, so sehr er auch ihre Schönheit sieht. Weil daher fast niemand hofft, alle Sprachen beherrschen zu können, studiert jeder vor allem die Sprache seines Volkes, damit er sie kenne. Wenn man sich auch für die vollkommene Aneignung der Sprache des eigenen Volkes nicht gewachsen fühlt, so ist doch niemand dieser Kenntnis gegenüber so träge, daß er nicht, wenn er ein unbekanntes Wort hört, wissen wollte, was es ist, und, wenn er kann, danach fragt, um es zu lernen. Wenn jemand so fragt, dann ist er sicherlich eifrig bemüht, zu lernen, und er scheint eine unbekannte Sache zu lieben. Dem ist aber nicht so. Denn jene Form berührt die Seele, die von ihr gekannt und gedacht wird, in welcher die Zierde gemeinschaftlich verbundener Seelen im Hören und Erwidern bekannter Lautzeichen aufleuchtet.27 Sie ist es, die jenen entzündet, der zwar in Eifer sucht, was er nicht weiß, aber die Form kennt, schaut und liebt, zu deren Bereich jenes Unbekannte gehört. Wenn also jemand zum Beispiel fragt, was ›temetum‹ sei (dies Beispiel hatte ich ja gewählt), und man ihm sagt: ›Was geht das dich an?‹ dann wird er erwidern: ›Ich möchte nicht etwa jemanden dies Wort aussprechen hören und es nicht verstehen oder es irgendwo vielleicht lesen und nicht wissen, was der Schriftsteller damit meinte.‹ Wer möchte etwa einem solchen sagen: ›Verzichte darauf zu verstehen, was du hörst, verzichte zu wissen, was du liest?‹ Fast alle verstandesbegabten Seelen sehen ja sogleich die Schönheit jener Kenntnis, durch die die Menschen unter sich ihre Gedanken durch die Aussprache von Lauten, die bezeichnen, voneinander erfahren. Um dieser Zierde willen, die man kennt und die man liebt, weil man sie kennt, sucht man eifrig nach jenem unbekannten Worte. Wenn man nun hört und erfährt, daß ›temetum‹ bei den Alten Wein hieß, daß aber das Wort jetzt in unserem Sprachgebrauch ausgestorben ist, dann wird man seine Kenntnis doch wegen einiger alter Bücher für notwendig erachten. Wenn man sie aber auch hier für Überflüssig hält, dann wird man es vielleicht auch nicht mehr für der Mühe wert halten, das Wort dem Gedächtnis einzuprägen. Weil man sieht, daß es in keiner Weise zu jener Art von
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doctrinae quam notam mente intuetur atque amat minime pertinere. [1. 3] quamobrem omnis amor studentis animi, hoc est uolentis scire quod nescit, non est amor eius rei quam nescit sed eius quam scit propter quam uult scire quod nescit. aut si tam curiosus est ut non propter aliquam notam causam sed solo amore rapiatur incognita sciendi, discernendus quidem est ab studiosi nomine iste curiosus; sed nec ipse amat incognita, immo congruentius dicitur, odit incognita, quae nulla esse uult dum uult omnia cognita. sed ne quisquam nobis difficiliorem referat quaestionem asserens tam non posse quemquam odisse quod nescit quam non potest amare quod nescit, non resistimus ueris, sed intellegendum est non hoc idem dici cum dicitur: amat scire incognita, ac si diceretur: amat incognita; illud enim fieri potest ut amet quisque scire incognita, ut autem amet incognita non potest. non enim frustra ibi est positum scire quoniam qui scire amat incognita non ipsa incognita sed ipsum scire amat. quod nisi haberet cognitum, neque scire se quidquam posset fidenter dicere neque nescire. non solum enim qui dicit: scio, et uerum dicit necesse est ut quid sit scire sciat; sed etiam qui dicit: nescio, idque fidenter et uerum dicit et scit uerum se dicere, scit utique quid sit scire quia et discernit ab sciente nescientem cum ueraciter se intuens dicit: nescio. et cum id se scit uerum dicere, unde sciret si quid sit scire nesciret?
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Kenntnissen gehört, die man im Geist als etwas Bekanntes erblickt und liebt. [1. 3] Daher ist alle Liebe einer eifrig sich mühenden Seele, das heißt eines Menschen, der wissen will, was er nicht weiß, nicht Liebe zu einem Gegenstand, den er nicht kennt, sondern zu einem Gegenstand, den er kennt und um dessentwillen er wissen will, was er noch nicht weiß. Wenn jemand so wißbegierig ist, daß er nicht von einer anderen ihm schon bekannten Ursache, sondern einzig und allein von der Liebe, Unbekanntes zu wissen, getrieben wird, dann ist dieser Wißbegierige zwar zu unterscheiden von dem, der den Namen eines eifrig sich Mühenden trägt. Aber Unbekanntes liebt auch er nicht, weshalb man vielleicht zutreffender sagen sollte: ›Er haßt das Unbekannte‹, von dem er nicht will, daß es es gibt, da er alles erkannt haben will. Damit uns indes niemand eine noch schwierigere Frage vorlege, indem er mit der Behauptung kommt, daß man ebensowenig hassen könne, was man nicht wisse, wie man lieben könne, was man nicht wisse, so wollen wir uns gegen die Wahrheit nicht sträuben; man muß aber verstehen, daß es nicht dasselbe ist, wenn man sagt: ›Er liebt Unbekanntes zu wissen‹, und wenn man sagt: ›Er liebt Unbekanntes‹. Das erste kann es nämlich geben, daß jemand Unbekanntes zu wissen liebt; daß er aber Unbekanntes liebt, ist nicht möglich. Es ist nämlich nicht ohne Grund ›zu wissen‹ hinzugefügt worden. Wer nämlich Unbekanntes zu wissen liebt, liebt nicht das Unbekannte, sondern eben das Wissen. Wenn ihm dies nicht bekannt wäre, könnte er zuversichtlich weder sagen, daß er ein Wissen besitzt, noch, daß er keines besitzt. Denn nicht nur, wer sagt: ›Ich weiß‹, und dabei die Wahrheit sagt, muß wissen, was Wissen ist, sondern auch derjenige, welcher sagt: ›Ich weiß nicht‹, und dies zuversichtlich und der Wahrheit gemäß sagt und weiß, daß er die Wahrheit spricht, muß sicherlich wissen, was Wissen ist, da er vom Wissenden den Nichtwissenden unterscheidet, wenn er der Wahrheit gemäß, in sich selbst hineinblickend, sagt: ›Ich weiß nicht‹. Und wenn er weiß, daß er dabei die Wahrheit sagt, woher sollte er dies wissen, wenn er nicht wüßte, was Wissen ist?
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[2. 4] quilibet igitur studiosus, quilibet curiosus non amat incognita etiam cum ardentissimo appetitu instat scire quod nescit. aut enim iam genere notum habet quod amat idque nosse expetit etiam in aliqua singula uel in singulis rebus quae illi nondum notae forte laudantur, fingitque animo imaginariam formam qua excitetur in amorem. (unde autem fingit nisi ex his quae iam nouerat? cuius tamen formae animo figuratae atque in cogitatione notissimae si eam quae laudabatur dissimilem inuenerit, fortasse non amabit; quod si amauerit, ex illo amare incipiet ex quo didicit. paulo ante quippe alia erat quae amabatur quam sibi animus formans exhibere consueuerat. si autem illi formae similem inuenerit quam fama praedicauerat cui uere possit dicere: iam te amabam, nec tunc utique amabat incognitam quam in illa similitudine nouerat). aut in specie sempiternae rationis uidemus aliquid et ibi amamus, quod cum expressum in aliqua rei temporalis effigie illis qui experti sunt laudantibus credimus et amamus, non aliquid amamus incognitum unde iam supra satis disseruimus. aut aliquid notum amamus propter quod ignotum aliquid quaerimus, cuius ignoti amor nequaquam nos tenet sed illius cogniti quo pertinere nouimus ut illud etiam quod adhuc ignotum quaerimus nouerimus sicut de incognito uerbo paulo ante locutus sum. aut ipsum scire quisque amat, quod nulli scire aliquid cupienti esse incognitum potest. his causis uidentur amare incognita qui scire aliquid uolunt quod nesciunt et propter ardentiorem quaerendi appetitum sine amore esse dici non possunt. sed quam se res aliter habeat neque omnino quidquam
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[2. 4] Jeder eifrig sich Mühende also, jeder Neugierige, liebt nicht etwas Unbekanntes, auch nicht, wenn er mit brennendstem Verlangen darauf besteht, zu wissen, was er nicht weiß. Entweder hat er nämlich schon eine allgemeine Kenntnis dessen, was er liebt, und verlangt nun danach, es auch in einem bestimmten Einzelding oder in verschiedenen Einzeldingen kennenzulernen, die er noch nicht kennt, die ihm aber vielleicht gerühmt werden, und er bildet sich nun in der Seele eine bildhafte Gestalt, durch die er zur Liebe erregt wird. (Woher anders aber bildet er diese Gestalt als aus jenen Elementen, die er schon kennt? Wenn er jedoch die Sache, die gerühmt wurde, der in der Seele gebildeten und im Denken ganz bekannten Form unähnlich findet, dann wird er sie vielleicht nicht lieben. Liebt er aber, dann beginnt er in dem Augenblick zu lieben, in dem er sie kennenlernt. Kurz zuvor war ja das, was geliebt wurde und was die Seele formte und sich selbst vorzustellen pflegte, etwas anderes. Wenn er aber die Sache, von der ihm Kunde geworden war, jener Form ähnlich findet und wahrhaft zu ihr sagen kann: ›Ich liebte dich schon‹, dann liebte er sicherlich nicht als etwas Unbekanntes, was er in jener Ähnlichkeit schon gekannt hatte.) Oder wir sehen in der Gestalt des ewigen Vernunftgrundes etwas und lieben es dort, was wir dann, gelangt es in der Gestalt eines zeitlichen Dinges zum Ausdruck, jenen, die es auf Grund ihrer Erfahrung loben, glauben und lieben: auch da lieben wir nicht etwas Unbekanntes, worüber wir schon oben hinlänglich gehandelt haben. Oder wir lieben etwas Bekanntes, um dessentwillen wir etwas Unbekanntes suchen, wobei uns keineswegs die Liebe zum Unbekannten gefangenhält, sondern zu jenem Bekannten, zu dessen Kenntnis, wie wir wissen, die Kenntnis auch des Unbekannten gehört, das wir noch suchen, wie bei dem unbekannten Wort, von dem ich eben vorhin sprach. Oder es liebt schließlich jemand das Wissen selbst, was keinem, der etwas zu wissen wünscht, unbekannt sein kann. Aus diesen Gründen scheinen das Unbekannte jene zu lieben, die etwas wissen wollen, was sie nicht wissen, und von denen man wegen ihres brennenden Verlangens, das Unbekannte zu suchen, nicht sagen kann, daß sie ohne Liebe seien. Daß aber die Sache anders
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ametur incognitum, arbitror me persuasisse uerum diligenter intuentibus. sed quia exempla quae dedimus eorum sunt qui aliquid quod ipsi non sunt nosse cupiunt, uidendum est ne forte aliquod nouum genus appareat cum se ipsa mens nosse desiderat. [3. 5] quid ergo amat mens cum ardenter se ipsam quaerit ut nouerit dum incognita sibi est? ecce enim mens semetipsam quaerit ut nouerit et inflammatur hoc studio. amat igitur. sed quid amat? si se ipsam, quomodo cum se nondum nouerit, nec quisquam possit amare quod nescit? an ei fama praedicauit speciem suam sicut de absentibus solemus audire? forte ergo non se amat, sed quod de se fingit hoc amat longe fortasse aliud quam ipsa est. aut si se mens sui similem fingit et ideo cum hoc figmentum amat se amat antequam nouerit quia id quod sui simile est intuetur, nouit ergo alias mentes ex quibus se fingat et genere ipso sibi nota est. cur ergo cum alias mentes nouit se non nouit cum se ipsa nihil sibi possit esse praesentius? quod si ut oculis corporis magis alii oculi noti sunt quam ipsi sibi, non se ergo quaerat numquam inuentura; numquam enim se oculi praeter specula uidebunt, nec ullo modo putandum est etiam rebus incorporeis contemplandis tale aliquid adhiberi ut mens tamquam in speculo se nouerit. an in ratione ueritatis aeternae uidet quam speciosum sit nosse se metipsam, et hoc amat quod uidet studetque in se fieri quia, quamuis sibi nota non sit, notum ei tamen est quam bonum sit ut sibi nota sit? et hoc quidem permirabile est nondum se nosse et quam sit pulchrum se nosse iam
17 1Cor 13,12; Iac 1,23 17-25 Conf. VII, 17,23; X, 21,31
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liegt und daß schlechthin nichts Unbekanntes geliebt wird, das glaube ich für alle, die sorgfältig zusehen, überzeugend dargetan zu haben. Weil aber die Beispiele, die wir anführten, sich nur auf jene Fälle beziehen, wo jemand, was er selbst nicht ist, zu wissen wünscht, muß man zusehen, ob nicht etwas ganz Neues erscheint, wenn der Geist sich danach sehnt, sich selbst kennenzulernen.28 [3. 5] Was also liebt der Geist, da er sich inbrünstig sucht, um sich kennenzulernen, solange er sich unbekannt ist? Siehe, der Geist sucht sich selbst, um sich kennenzulernen, und wird zu diesem Bemühen entflammt. Er liebt also. Aber was liebt er? Sich selbst? Wie kann das sein, da er sich noch nicht kennt, und niemand lieben kann, was er nicht weiß? Hat ihm ein Gerücht Kunde zugetragen von seiner Gestalt, wie wir in dieser Weise von Abwesenden zu hören pflegen? Vielleicht liebt er also gar nicht sich selbst, sondern die Vorstellung, die er sich von sich macht, und die vielleicht ganz anders ist als er selbst. Oder wenn der Geist sich etwas ihm selbst Ähnliches sich einbildet und daher, wenn er diese Einbildung liebt, sich liebt, bevor er sich kennt, weil er etwas, was ihm ähnlich ist, erblickt, dann kennt er also andere Geister, auf Grund deren er sich diese Vorstellung bildet, und ist sich in diesem Allgemeinen bekannt. Warum also kennt er, da er andere Geister kennt, sich selbst nicht, da ihm doch nichts gegenwärtiger sein kann als er selbst? Wenn es so wäre wie bei den Augen des Leibes, denen andere Augen bekannter sind als sie sich selbst, dann würde er sich nicht suchen, da er ja niemals sich finden würde. Niemals werden sich ja die Augen außerhalb des Spiegels sehen, und man darf in keiner Weise glauben, daß man auch für die Schau unkörperlicher Dinge solche Mittel anwenden kann, so daß der Geist sich gleichsam im Spiegel kennt. Oder sieht er etwa im Vernunftgrund der ewigen Wahrheit, wie schön es ist, sich selbst zu kennen, und liebt er dann, was er sieht, und bemüht sich darum, daß es in ihm werde – wenn er auch sich selbst unbekannt ist, so wäre ihm doch bekannt, wie gut es ist, sich selbst bekannt zu sein? Und da wäre es doch sehr verwunderlich, daß der Geist sich
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nosse. an aliquem finem optimum, id est securitatem et beatitudinem suam, uidet per quandam occultam memoriam quae in longinqua eam progressam non deseruit, et credit ad eundem finem nisi se ipsam cognouerit se peruenire non posse? ita dum illud amat hoc quaerit, et notum amat illud propter quod quaerit ignotum. sed cur memoria beatitudinis suae potuit et memoria sui cum ea perdurare non potuit ut tam se nosset quae uult peruenire quam nouit illud quo uult peruenire? an cum se nosse amat, non se quam nondum nouit sed ipsum nosse amat acerbiusque tolerat se ipsam deesse scientiae suae qua uult cuncta comprehendere? nouit autem quid sit nosse, et dum hoc amat quod nouit etiam se cupit nosse, ubi ergo nosse suum nouit si se non nouit? nam nouit quod alia nouerit, se autem non nouerit; hinc enim nouit et quid sit nosse. quo pacto igitur se aliquid scientem scit quae se ipsam nescit? neque enim alteram mentem scientem scit sed se ipsam. scit igitur se ipsam. deinde cum se quaerit ut nouerit, quaerentem se iam nouit. iam se ergo nouit. quapropter non potest omnino nescire se quae dum se nescientem scit se utique scit. si autem se nescientem nesciat, non se quaeret ut sciat. quapropter eo ipso quo se quaerit magis se sibi notam quam ignotam esse conuincitur. nouit enim se quaerentem atque nescientem dum se quaerit ut nouerit. [3. 6] quid ergo dicemus? an quod ex parte se nouit, ex parte non nouit? sed absurdum est dicere non eam totam scire quod scit. non dico: totum scit, sed: quod scit tota scit. cum itaque aliquid de se scit quod nisi tota non potest, totam se scit. scit autem se aliquid
34 sqq. Plot., Enn. V, 3,1,17-19; Porphy., sent., 40,5-6 44 1Cor13,19; Plot., Enn. V, 3,5,5-6
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selbst noch nicht kennt, ihm aber schon bekannt ist, wie schön es ist, sich zu kennen. Oder sieht er etwa ein sehr gutes Ziel, nämlich seine Geborgenheit und Seligkeit, durch irgendeine geheime Erinnerung, die ihn, als er in die Fernen fortging, nicht verließ, und glaubt er nun, daß man zu diesem Ziele nur gelangen könne, wenn man sich selbst erkennt?29 Während er so das eine liebt, sucht er dies andere; das eine liebt er als Bekanntes, um seinetwillen sucht er das Unbekannte. Warum aber konnte die Erinnerung an seine Seligkeit fortdauern, während mit ihr die Erinnerung an ihn selbst nicht zugleich fortdauern konnte, so daß er, der zum Ziel gelangen will, sich ebenso kennt, wie jenes Ziel, zu dem er gelangen will? Oder ist es so, daß er, wenn er es liebt, sich zu kennen, nicht sich, den er noch nicht kennt, sondern das Kennen selbst liebt, und daß er bitter daran trägt, daß er selbst seinem Wissen fehlt, mit dem er alles umfassen will? Er kennt aber, was Kennen ist, und während er das liebt, was er kennt, wünscht er auch sich zu kennen. Wie soll er also sein Kennen kennen, wenn er sich nicht kennt? Er kennt ja, daß er anderes kennt, sich aber nicht kennt; daher weiß er ja auch, was Kennen ist. Wie also weiß er sich als einen Wissenden, wo er von sich selbst nichts weiß? Er weiß ja nicht einen anderen Geist als Wissenden, sondern sich selbst. Er weiß also von sich selbst. Denn, wenn er sich sucht, um sich zu kennen, dann kennt er sich schon als Suchenden. Also kennt er sich schon. Deshalb kann er sich nicht ganz und gar nicht kennen, da er, wenn er sich als Nichtwissenden weiß, sich sicherlich weiß. Wüßte er sich aber nicht als Nichtwissenden, dann würde er sich nicht suchen, um sich zu wissen. Eben dadurch also, daß er sich sucht, wird dargetan, daß er sich mehr bekannt als unbekannt ist. Er kennt sich ja als einen Suchenden und Nichtwissenden, wenn er sich sucht, um sich zu kennen. [3. 6] Was sollen wir also sagen? Etwa, daß er sich teilweise kennt, teilweise nicht kennt? Aber es ist töricht, zu behaupten, daß er nicht als ganzer weiß, was er weiß. Ich sage nicht: Er weiß das Ganze’, sondern: ›Was er weiß, weiß er als ganzer‹. Wenn er also etwas von sich weiß, dann kann er es nur als ganzer wissen, und daher weiß er sich ganz. Er weiß aber, daß er
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scientem, nec potest quidquam scire nisi tota. scit se igitur totam. deinde quid eius ei tam notum est quam se uiuere? [4.6] non potest autem et mens esse et non uiuere quando habet etiam amplius ut intellegat, nam et animae bestiarum uiuunt sed non intellegunt. sicut ergo mens tota mens est, sic tota uiuit. nouit autem uiuere se; totam se igitur nouit. postremo cum se nosse mens quaerit, mentem se esse iam nouit; alioquin utrum se quaerat ignorat, et aliud pro alio forsitan quaerat. fieri enim potest ut ipsa non sit mens, atque ita dum mentem nosse quaerit non se ipsam quaerat. quapropter quoniam cum quaerit mens quid sit mens nouit quod se quaerat, profecto nouit quod ipsa sit mens. porro si hoc in se nouit quod mens est et tota mens est, totam se nouit. sed ecce non se nouerit esse mentem cum autem se quaerit; hoc tantummodo nouerit quod se quaerat. potest enim etiam sic aliud pro alio quaerere si hoc nescit; ut autem non quaerat aliud pro alio, procul dubio nouit quid quaerat. at si nouit quid quaerat et se ipsam quaerit, se ipsam utique nouit. quid ergo adhuc quaerit? quod si ex parte se nouit, ex parte autem adhuc quaerit, non se ipsam sed partem suam quaerit; cum enim ea ipsa dicitur, tota dicitur. deinde quia nouit nondum se a se inuentam totam, nouit quanta sit tota. atque ita quaerit quod deest quemadmodum solemus quaerere ut ueniat in mentem quod excidit, nec tamen penitus excidit quia potest recognosci cum uenerit hoc esse quod quaerebatur. sed quomodo mens ueniat in mentem quasi possit mens in mente non esse? huc accedit quia si parte inuenta, non se totam quaerit; tamen tota se quaerit. tota ergo sibi
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etwas weiß, und er kann etwas nur als ganzer wissen. Also weiß er sich ganz. Was ist ihm sodann von sich selbst so bekannt, wie die Tatsache, daß er lebt? [4.6] Er kann aber nicht zugleich Geist sein und zugleich nicht leben, da er sogar noch darüber hinaus Einsicht hat, denn Leben besitzen auch die Seelen der Tiere, aber sie haben keine Einsicht. Wie also der Geist ganz Geist ist, so ist er auch als ganzer lebendig. Er weiß aber, daß er lebt. Also kennt er sich als ganzen. Schließlich, wenn der Geist sich zu kennen sucht, dann weiß er schon, daß er Geist ist: sonst wüßte er ja nicht, ob er sich sucht, und vielleicht etwas anderes statt seiner suchen. Es könnte ja sein, daß er gar nicht Geist ist und daß er daher, indem er den Geist sucht, sich selbst gar nicht sucht. Wenn daher der Geist, da er sucht, was Geist ist, sich sucht, so weiß er in der Tat, daß er selbst Geist ist. Wenn er also von sich weiß, daß er Geist ist und daß er ganz Geist ist, so kennt er sich als ganzen. Aber einmal unterstellt, der Geist wisse nicht, daß er Geist ist, wenn er sich aber sucht, dann wisse er nur, daß er sich sucht. So könnte er dann auch etwas anderes suchen, da er das Gesuchte nicht kennt; damit er aber nicht das eine statt des anderen sucht, weiß er ohne jeden Zweifel, was er sucht. Wenn er aber weiß, was er sucht, und sich selbst sucht, dann kennt er doch sicher sich selbst. Was soll er also noch weiter suchen? Wenn er sich teilweise kennt, teilweise aber sich noch sucht, dann sucht er nicht sich, sondern einen Teil von sich. Wenn nämlich von ihm selbst die Rede ist, dann ist von ihm als ganzem die Rede. Wenn er sodann weiß, daß er von sich noch nicht ganz gefunden ist, dann weiß er, wie groß er als ganzer ist. Und so sucht er, was ihm noch fehlt, wie wir gewöhnlich zu erreichen suchen, daß wieder in unseren Geist zurückkehre, was uns entfallen, aber doch noch nicht gänzlich entwichen ist, denn wenn es kommt, können wir wiedererkennen, daß es das ist, was gesucht wird.30 Wie kann indes der Geist in den Geist zurückkehren, gleich als ob der Geist nicht im Geist sein könnte? Dazu kommt, daß der Geist, wenn ein Teil gefunden ist und er sich nicht als ganzen sucht, er sich doch als ganzer
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praesto est, et quid adhuc quaeratur non est; hoc enim deest quod quaeritur, non illa quae quaerit. cum itaque tota se quaerit, nihil eius deest. aut si non tota se quaerit sed pars quae inuenta est quaerit partem quae nondum inuenta est, non se ergo mens quaerit cuius se nulla pars quaerit. pars enim quae inuenta est non se quaerit; pars autem quae nondum inuenta est nec ipsa se quaerit quoniam ab ea quae iam inuenta est parte quaeritur. quocirca quia nec tota se quaerit mens nec pars eius ulla se quaerit, se mens omnino non quaerit. [5. 7] utquid ergo ei praeceptum est ut se ipsa cognoscat? credo ut se cogitet et secundum naturam suam uiuat, id est ut secundum suam naturam ordinari appetat, sub eo scilicet cui subdenda est, supra ea quibus praeponenda est; sub illo a quo regi debet, supra ea quae regere debet. multa enim per cupiditatem prauam tamquam sui sit oblita sic agit. uidet enim quaedam intrinsecus pulchra in praestantiore natura quae deus est. et cum stare debeat ut eis fruatur, uolens ea sibi tribuere et non ex illo similis illius sed ex se ipsa esse quod ille est auertitur ab eo, moueturque et labitur in minus et minus quod putatur amplius et amplius quia nec ipsa sibi nec ei quidquam sufficit recedenti ab illo qui solus sufficit. ideoque per egestatem ac difficultatem fit nimis intenta in actiones suas et inquietas delectationes quas per eas colligit; atque ita cupiditate adquirendi notitias ex his quae foris sunt, quorum cognitum genus amat et sentit amitti posse nisi impensa cura teneantur, perdit securitatem, tantoque
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sucht. Also ist er sich als ganzer gegenwärtig, und es gibt weiter nichts zu suchen; es ist nämlich nichts mehr da, was gesucht wird, nur noch der Geist ist da, der sucht. Wenn er sich also als ganzer sucht, dann fehlt ihm nichts von sich selbst. Wenn er sich aber nicht als ganzer sucht, sondern so, daß der Teil, der gefunden ist, den Teil sucht, der noch nicht gefunden ist, dann sucht der Geist nicht sich, da ja kein Teil von ihm sich sucht. Der Teil nämlich, der gefunden ist, sucht sich nicht; der Teil aber, der noch nicht gefunden ist, sucht sich ebenfalls nicht, weil er von dem Teil, der schon gefunden ist, gesucht wird. Weil daher weder der Geist als ganzer sich sucht noch irgendein Teil von ihm sich sucht, sucht sich der Geist überhaupt nicht. [5. 7] Wozu wurde ihm dann das Gebot gegeben, daß er sich selbst erkennen soll? Ich glaube, damit er sich selbst denke und seiner Natur gemäß lebe, das heißt, gemäß seiner Natur geordnet zu werden verlange, unter jenem nämlich, dem er sich zu unterwerfen hat, über jenes, über das er gesetzt sein soll, unter jenem, von dem er beherrscht werden muß, über jenes, das er beherrschen soll. Vieles nämlich treibt er in verkehrter Gier so, als wäre er seiner selbst vergessen. Er sieht nämlich in seinem Innern manches Schöne in der über alles erhabenen Natur, die Gott ist. Während er aber dabei stehenbleiben sollte, um dies zu genießen, wendet er sich, da er das Schöne sich selbst zuschreiben und nicht von Gott her Gott ähnlich sein, sondern aus sich selbst heraus sein will, was jener ist, von ihm ab, wird fortgetrieben und gleitet in das Weniger und Weniger, das er für ein Mehr und Mehr hält, immer tiefer ab, da ja weder er noch irgend etwas ihm genügen kann, wenn er sich von dem entfernt, der allein genügt. Deshalb wird er von seiner Not und seinem Mangel getrieben, allzu sehr beschäftigt mit seinem Handeln und den unruhigen Vergnügungen, die er durch sein Handeln gewinnt; und so verliert er in der Gier, Wissen zu erwerben aus den Dingen, die draußen sind, deren Art er kennt und liebt und von denen er doch fühlt, daß sie verlorengehen können, wenn man nicht alle Sorge auf sie verwendet, so verliert er die Sorglosigkeit
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se ipsam minus cogitat quanto magis secura est quod se non possit amittere. ita cum aliud sit non se nosse, aliud non se cogitare – neque enim multarum doctrinarum peritum ignorare grammaticam dicimus cum eam non cogitat quia de medicinae arte tunc cogitat –, cum ergo aliud sit non se nosse, aliud non se cogitare, tanta uis est amoris ut ea quae cum amore diu cogitauerit eisque curae glutino inhaeserit attrahat secum etiam cum ad se cogitandam quodam modo redit. et quia illa corpora sunt quae foris per sensus carnis adamauit eorumque diuturna quadam familiaritate implicata est, nec secum potest introrsus tamquam in regionem incorporeae naturae ipsa corpora inferre, imagines eorum conuoluit et rapit factas in semetipsa de semetipsa. dat enim eis formandis quiddam substantiae suae; seruat autem aliquid quo libere de specie talium imaginum iudicet, et hoc est magis mens, id est rationalis intellegentia quae seruatur ut iudicet. nam illas animae partes quae corporum similitudinibus informantur etiam cum bestiis nos communes habere sentimus. [6. 8] errat autem mens cum se istis imaginibus tanto amore coniungit ut etiam se esse aliquid huiusmodi existimet. ita enim conformatur eis quodam modo non id exsistendo sed putando, non quo se imaginem putet sed omnino illud ipsum cuius imaginem secum habet. uiget quippe in ea iudicium discernendi corpus quod foris relinquit ab imagine quam de illo secum gerit nisi cum ita exprimuntur eaedem imagines tamquam foris sentiantur non intus cogitentur sicut dormientibus aut furentibus aut in
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und denkt um so weniger sich selbst, je unbesorgter er ist, daß er sich nicht verlieren kann. Da es also etwas anderes ist, sich nicht zu kennen, etwas anderes, nicht sich zu denken (so sagen wir auch von einem, der in vielen Wissenschaften bewandert ist, nicht, daß er die Sprachkunde nicht kennt, weil er nicht daran denkt, da er gerade an die Heilkunst denkt), da es also etwas anderes ist, sich nicht zu kennen, etwas anderes, nicht an sich zu denken, ist die Kraft der Liebe so groß, daß sie das, was er (der Geist) mit Liebe lange überdachte und dem er mit engster Sorge verhaftet war, ebenfalls mit heranzieht, wenn er irgendwie zum Denken seiner selbst zurückkehrt.31 Und weil es Körper sind, die er draußen durch die Leibessinne lieb gewann, und weil er in ihren lange dauernden, vertrauten Umgang verstrickt ist, in sein Inneres jedoch, also gleichsam in das Land der körperlosen Natur die Körper selbst nicht mittragen kann, hat er Bilder von ihnen zusammengebracht und reißt sie, die er aus sich selbst machte, in sich selbst hinein. Er gibt ihnen nämlich, bildet er sie, etwas von seiner Substanz. Er bewahrt aber auch etwas in sich, womit er frei über die Gestalt solcher Bilder urteilt, und das ist in höherem Maße Geist, das heißt die des Denkens fähige Einsicht, die aufbewahrt wird, damit sie urteilt.32 Jene Seelenteile, welche durch die Bilder von Körpern geformt werden, haben wir ja auch, wie wir wissen, mit den Tieren gemeinsam. [6. 8] Es irrt aber der Geist, wenn er sich mit diesen Bildern in einer so starken Liebe verbindet, daß er auch sich selbst für etwas Derartiges hält. So wird er ihnen nämlich irgendwie angeglichen, nicht in seiner Wirklichkeit, sondern in seiner Meinung, nicht als ob er sich für ihr Bild hielte, sondern indem er sich ganz und gar für das hält, dessen Bild er in sich trägt. Die Urteilskraft in ihm ist ja kräftig genug, um den Körper, den er draußen zurückließ, von dem Bild zu unterscheiden, das er von ihm in sich trägt, es sei denn, daß eben diese Bilder so ausgeprägt sind, daß sie als draußen existierend empfunden, nicht im Innern gedacht werden, wie es bei Schlafenden oder Rasenden oder auch in irgendeiner Entrückung zu geschehen pflegt.
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aliqua extasi accidere solet. [7. 9] cum itaque se tale aliquid putat, corpus esse se putat. et quia sibi bene conscia est principatus sui quo corpus regit, hinc factum est ut quidam quaererent quid corporis amplius ualet in corpore, et hoc esse mentem uel omnino totam animam existimarent. itaque alii sanguinem, alii cerebrum, alii cor – non sicut scriptura dicit: confitebor tibi, domine, in toto corde me, et: diliges dominum deum tuum ex toto corde tuo; hoc enim abutendo uel transferendo uocabulo dicitur a corpore ad animum –, sed ipsam omnino particulam corporis quam in uisceribus dilaniatis uidemus eam esse putauerunt. alii ex minutissimis indiuiduisque corpusculis quas atomos dicunt concurrentibus in se atque cohaerentibus eam confici crediderunt. alii aerem, alii ignem substantiam eius esse dixerunt. alii eam nullam esse substantiam quia nisi corpus nullam substantiam poterant cogitare et eam corpus esse non inueniebant, sed ipsam temperationem corporis nostri uel compagem primordiorum quibus ista caro tamquam connectitur esse opinati sunt. eique omnes eam mortalem esse senserunt quia siue corpus esset siue aliqua compositio corporis non posset utique immortaliter permanere. qui uero eius substantiam uitam quandam nequaquam corpoream, quandoquidem uitam omne uiuum corpus animantem ac uiuificantem esse repererunt, consequenter et immortalem quia uita carere uita non potest ut quisque potuit, probare conati sunt. nam de quinto illo nescio quo corpore quod notissimis quattuor huius mundi elementis quidam coniungentes hinc animam esse dixerunt, hoc loco diu disserendum non puto; aut enim hoc uocant corpus quod nos cuius in loci spatio pars toto minor est, et in illis adnumerandi sunt qui mentem corpoream
2-18 Cicero, Tusc. I, 9,18-11,22 5 Ps 9,2; Ps 110,1; Ps 137,1 6 Dt 6,5; Mt 22,37
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[7. 9] Wenn sich also der Geist für etwas Derartiges hält, dann hält er sich für einen Körper. Und weil er sich gut seines Vorranges bewußt ist, nach dem er über den Körper herrscht, so kam es, daß manche fragten, was am Körper am meisten wert sei, und dies hielten sie dann für den Geist oder überhaupt für die ganze Seele. Die einen hielten so das Blut, die anderen das Gehirn, wieder andere das Herz – nicht wie die Schrift das Wort gebraucht, wenn sie sagt: »Ich preise dich, Herr, in meinem Herzen«, und: »Du sollst Gott, deinen Herrn, lieben aus deinem ganzen Herzen«; hier wird nämlich das Wort mißbräuchlich oder in übertragenem Sinne vom Körper her auf die Seele angewendet –, damit aber ein Körperteilchen, wie wir es an zerrissenen Eingeweiden sehen können, für eins mit der Seele. Andere glaubten, sie bestehe aus ganz kleinen, unteilbaren Körperchen, die sie Atome nannten, die sich gegenseitig anziehen und zusammenhängen. Andere sagten, ihre Substanz sei Luft, andere, sie sei Feuer. Andere glaubten, sie habe gar keine Substanz, da sie eine Substanz nur als Körper denken konnten und nicht fanden, daß sie ein Körper sei; sie sei vielmehr das geordnete Maß unseres Körpers oder der Zusammenhalt der Urstoffe, aus denen dieses Fleisch gleichsam gefügt ist. Folgerichtig glaubten auch alle diese Leute, sie sei sterblich, weil sie, mag sie ein Körper sein, mag sie irgendein Gefüge des Körpers sein, auf keinen Fall unsterblich fortdauern kann. Diejenigen aber, die zu der Einsicht kamen, daß ihre Substanz eine Art Leben ist, und zwar kein körperliches – das Leben beseelt und belebt ja jeden lebendigen Körper –, versuchten folgerichtig auch nachzuweisen, so gut es jeder konnte, daß sie unsterblich ist, weil das Leben das Leben nicht entbehren kann. Sie sagten nämlich, die Seele sei aus einem, ich weiß nicht welchem, fünften Stoff, den manche zu den bekannten vier Elementen dieser Welt hinzufügen, worüber an dieser Stelle lange handeln zu sollen ich nicht glaube. Sie nennen nämlich entweder das gleiche Körper wie wir, jenes nämlich, von dem ein Teil, der einen bestimmten Raum einnimmt, kleiner ist als das Ganze – zu ihnen sind zu rechnen jene, die den Geist für körperlich
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esse crediderunt; aut si uel omnem substantiam uel omnem mutabilem substantiam corpus appellant, cum sciant non omnem locorum spatiis aliqua longitudine et latitudine et altitudine contineri, non cum eis de uocabuli quaestione pugnandum est. [7.10] in his omnibus sententiis quisquis uidet mentis naturam et esse substantiam et non esse corpoream, id est non minore sui parte minus occupare loci spatium maiusque maiore, simul oportet uideat eos qui opinantur esse corpoream non ob hoc errare quod mens desit eorum notitiae, sed quod adiungunt ea sine quibus nullam possunt cogitare naturam; sine phantasiis enim corporum quidquid iussi fuerint cogitare nihil omnino esse arbitrantur, ideoque non se tamquam sibi desit mens requirat. quid enim tam cognitioni adest quam id quod menti adest, aut quid tam menti adest quam ipsa mens? unde et ipsa quae appellatur inuentio si uerbi originem retractemus, quid aliud resonat nisi quia inuenire est in id uenire quod quaeritur? propterea quae quasi ultro in mentem ueniunt non usitate dicuntur inuenta, quamuis cognita dici possint quia non in ea quaerendo tendebamus ut in ea ueniremus, hoc est ea inueniremus. quapropter sicut ea quae oculis aut ullo alio corporis sensu requiruntur ipsa mens quaerit – ipsa enim etiam sensum carnis intendit, tunc autem inuenit cum in ea quae requiruntur idem sensus uenit –, sic alia quae non corporeo sensu internuntio sed per se ipsam nosse debet cum in ea uenit, inuenit aut in superiore substantia, id est in deo, aut in ceteris animae partibus sicut de ipsis imaginibus corporum cum iudicat; intus enim in anima eas inuenit per corpus impressas.
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hielten –, oder sie nennen Körper jede Substanz oder wenigstens jede wandelbare Substanz, da sie wissen, daß nicht jede Substanz in Höhe, Breite und Tiefe von Raum umschlossen ist. In diesem Falle will ich mich mit ihnen nicht in einen Wortstreit einlassen. [7.10] Wer in all diesen Meinungen sieht, daß die Natur des Geistes eine Substanz ist, und zwar keine körperliche, das heißt, daß sie nicht mit einem kleineren Teile von sich einen kleineren Raum einnimmt, mit einem größeren einen größeren, der sollte zugleich sehen, daß diejenigen, welche den Geist für eine körperliche Substanz halten, nicht deshalb irren, weil der Geist ihrer Kenntnis fehlen würde, sondern weil sie etwas hinzufügen, ohne das sie sich eine Natur nicht denken können. Wenn man sie nämlich etwas ohne körperliche Vorstellungsbilder denken heißt, dann glauben sie, daß dies ganz und gar nichts sei. Daher sucht der Geist nicht nach sich, als ob er sich fehlen würde. Was sollte denn der Erkenntnis so gegenwärtig sein wie das, was dem Geist gegenwärtig ist? Oder was wäre dem Geist so gegenwärtig wie eben der Geist? Was klingt uns denn in dem, was wir Erfindung heißen, wenn wir dem Ursprung des Wortes nachgehen, anderes wider, als daß finden soviel ist wie in das zu gehen, was gesucht wird? Daher ist es nicht ungebräuchlich von dem, was gleichsam von selbst in den Geist gelangt, zu sagen, daß es gefunden wird, obgleich es erkannt genannt werden kann, weil wir nicht suchend zu ihm hingetrachtet haben, daß wir zu ihm hingelangten, das heißt es fanden. Wie daher das, was man mit den Augen oder irgendeinem anderen Leibessinn sucht, der Geist selbst sucht (er nämlich gibt auch dem Leibessinn Antrieb und Richtung, dann aber findet er, wenn eben dieser Sinn zu dem Gesuchten hingelangt), so findet er anderes, das er nicht durch die vermittelnde Kunde des körperlichen Sinnes, sondern durch sich selbst erkennen muß, so findet er dies, wenn er zu ihm hingelangt: er findet entweder in einer höheren Substanz, das heißt in Gott, oder in den übrigen Teilen der Seele, so wenn er über die Bilder der Körper ein Urteil fällt; drinnen nämlich in der Seele findet er sie, durch den Körper eingeprägt.
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[8.11] ergo se ipsam quemadmodum quaerat et inueniat, mirabilis quaestio est quo tendat ut quaerat aut quo ueniat ut inueniat. quid enim tam in mente quam mens est? sed quia in his est quae cum amore cogitat, sensibilibus autem, id est corporalibus, cum amore assuefacta est, non ualet sine imaginibus eorum esse in semetipsa. hinc ei oboritur erroris dedecus dum rerum sensarum imagines secernere a se non potest ut se solam uideat; cohaeserunt enim mirabiliter glutino amoris. et haec est eis immunditia quoniam dum se solam nititur cogitare hoc se putat esse sine quo se non potest cogitare. cum igitur ei praecipitur ut se ipsam cognoscat, non se tamquam sibi detracta sit quaerat, sed id quod sibi addidit detrahat. interior est enim ipsa non solum quam ista sensibilia quae manifeste foris sunt, sed etiam quam imagines eorum quae in parte quadam sunt animae quam habent et bestiae, quamuis intellegentia careant, quae mentis est propria. cum ergo sit mens interior, quodam modo exit a semetipsa cum in haec quasi uestigia multarum intentionum exerit amoris affectum. quae uestigia tamquam imprimuntur memoriae quando haec quae foris sunt corporalia sentiuntur ut etiam cum absunt ista, praesto sint tamen imagines eorum cogitantibus. cognoscat ergo semetipsam, nec quasi absentem se quaerat, sed intentionem uoluntatis qua per alia uagabatur statuat in se ipsa et se cogitet. ita uidebit quod numquam se non amauerit, numquam nescierit, sed aliud secum amando cum eo se confudit et concreuit quodam modo, atque ita dum sicut unum diuersa complectitur, unum putauit esse quae diuersa sunt. [9.12] non itaque uelut absentem se quaerat cernere, sed praesentem se curet discernere. nec se quasi non norit cognoscat, sed
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[8.11] Wie sich also der Geist selbst sucht und findet, ist eine seltsame Frage: Wohin trachtet er, um zu suchen, wohin gelangt er, um zu finden? Was ist so sehr im Geist wie der Geist selbst? Weil er aber in dem ist, woran er mit Liebe denkt, den sinnlichen Dingen, das heißt den körperlichen, mit Liebe gewöhnt, vermag er ohne deren Bilder nicht in sich selbst zu sein. Von daher entsteht sein schmählicher Irrtum, da er die Bilder der wahrgenommenen Dinge nicht mehr von sich unterscheiden kann, auf daß er sich allein sähe. Sie hängen nämlich durch den Klebstoff der Liebe auf erstaunliche Weise mit ihm zusammen. Und das ist seine Unreinheit, daß er, während er versucht, sich allein zu denken, sich für das hält, ohne das er sich nicht denken kann. Wenn ihm also geraten wird, daß er sich selbst erkennt, so soll er sich nicht suchen, als ob er sich selbst weggenommen worden wäre, sondern er soll das wegnehmen, was er sich hinzufügte. Er ist nämlich innerlicher nicht nur als das Sinnliche, das offenkundig draußen ist, sondern auch als dessen Bilder, die in einem bestimmten Teile der Seele sind, den auch die Tiere haben, wenngleich sie keine Einsicht haben, die eine Eigentümlichkeit des Geistes ist. Da also der Geist innerlicher ist, geht er gewissermaßen aus sich selbst heraus, wenn er die Zuneigung seiner Liebe nach diesen sinnlichen Dingen gleichsam als Spuren vieler Willenshinrichtungen ausschickt. Diese Spuren werden gleichsam dem Gedächtnis eingeprägt, wenn man die körperlichen Dinge, die draußen sind, wahrnimmt, so daß auch, wenn sie abwesend sind, doch ihre Bilder für die Vorstellung gegenwärtig sind. Der Geist erkenne sich also selbst und suche sich nicht wie einen Abwesenden, sondern richte die Aufmerksamkeit seines Willens, die über andere Dinge hinschweifte, auf sich selbst und denke sich selbst. So wird er sehen, daß er niemals sich nicht liebte, niemals sich nicht kannte. Indem er aber anderes mit sich liebte, verwechselte er es mit sich und wuchs mit ihm gleichsam zusammen, und während er so das Verschiedene wie Eines umfaßte, hielt er für Eines, was verschieden ist. [9.12] Nicht also wie einen Abwesenden suche er sich zu erblicken, sondern sorge darum, daß er sich wie einen Gegenwär-
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ab eo quod alterum nouit dinoscat. ipsum enim quod audit: cognosce te ipsam, quomodo agere curabit si nescit aut quid sit cognosce aut quid sit te ipsam? si autem utrumque nouit, nouit et se ipsam quia non ita dicitur menti: cognosce te ipsam sicut dicitur: cognosce Cherubim et Seraphim; de absentibus enim illis credimus secundum quod caelestes quaedam potestates esse praedicantur. neque sicut dicitur: cognosce uoluntatem illius hominis, quae nobis nec ad sentiendum ullo modo nec ad intellegendum praesto est nisi corporalibus signis editis, et hoc ita ut magis credamus quam intellegamus. neque ita ut dicitur homini: uide faciem tuam, quod nisi in speculo fieri non potest. nam et ipsa nostra facies absens ab aspectu nostro est quia non ibi est quo ille dirigi potest. sed cum dicitur menti: cognosce te ipsam, eo ictu quo intellegit quod dictum est te ipsam cognoscit se ipsam, nec ob aliud quam eo quod sibi praesens est. si autem quod dictum est non intellegit, non utique facit. hoc igitur ei praecipitur ut faciat quod cum praeceptum ipsum intellegit facit. [9.13] non ergo adiungat aliud ad id quod se ipsam cognoscit cum audit ut se ipsam cognoscat. certe enim nouit sibi dici, sibi scilicet quae est et uiuit et intellegit. sed est et cadauer, uiuit et pecus; intellegit autem nec cadauer nec pecus. sic ergo se esse et uiuere scit quomodo est et uiuit intellegentia. [10.13] cum ergo uerbi gratia mens aerem se putat, aerem intellegere putat, se tamen intellegere scit; aerem autem se esse non scit sed putat. secernat quod se putat, cernat quod scit; hoc ei re-
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tigen unterscheide. Und nicht erkenne er sich, als ob er sich noch nicht kännte, sondern von dem, was er als anderes kennt, soll er sich wegkennen. Wenn er nämlich das Gebot hört: ›Erkenne dich selbst‹, wie wird er sich darum kümmern können, wenn er nicht weiß, was heißt ›Erkenne‹, oder was heißt ›dich selbst‹? Wenn er aber beides kennt, dann kennt er auch sich selbst, da dem Geist nicht in der Weise gesagt wird: ›Erkenne dich selbst‹, wie ihm gesagt wird: ›Erkenne die Cherubim und Seraphim‹. Von diesen nämlich, die ja selber abwesend sind, glauben wir, was uns verkündet wird, daß sie nämlich gewisse himmlische Mächte sind. Auch heißt es ja nicht: ›Erkenne den Willen dieses Menschen‹, der sowohl unserer Wahrnehmung als auch unserer Einsicht allein durch körperliche Zeichen gegenwärtig ist, die er von sich gibt, und auch dann sind wir mehr auf den Glauben als auf die Einsicht angewiesen. Auch heißt es nicht, wie einem Menschen gesagt wird: ›Schaue dein Antlitz‹, was nur im Spiegel zu geschehen vermag. Denn auch unser Antlitz ist für unseren Blick abwesend, weil es da keinen Ort gibt, zu dem er hingerichtet werden könnte. Wenn man aber dem Geist sagt: ›Erkenne dich selbst‹, so erkennt er sich eben in dem Augenblick, in dem er das Wort ›dich selbst‹ versteht, und er erkennt sich aus keinem anderen Grund als deshalb, weil er sich gegenwärtig ist. Wenn er aber dieses Wort nicht versteht, dann wird er auch nicht danach handeln. Das also zu tun wird ihm geboten, was er eben tut, wenn er das Gebot selbst versteht. [9.13] Der Geist soll also nichts Fremdes seiner Selbsterkenntnis hinzufügen, wenn er vernimmt, daß er sich erkennen soll. Mit Sicherheit weiß er nämlich, daß er es ist, dem dieses Gebot gilt, er, der ist, lebt und einsieht.33 Aber es ist auch der Leichnam, es lebt auch das Tier, Einsicht aber hat weder der Leichnam noch das Tier. Er weiß also, daß er so ist und lebt, wie die Einsicht ist und lebt. [10.13] Wenn sich also der Geist etwa für Luft hält, dann glaubt er, daß die Luft Einsicht hat, weiß jedoch, daß er Einsicht hat; daß er aber Luft sei, weiß er nicht, sondern glaubt er. Er unterscheide also, was er von sich glaubt, er erkenne, was er weiß.
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maneat unde ne illi quidem dubitauerunt qui aliud atque aliud corpus esse mentem putauerunt. neque enim omnis mens aerem se esse existimat, sed aliae ignem, aliae cerebrum, aliaeque aliud corpus et aliud aliae sicut supra commemoraui; omnes tamen se intellegere nouerunt et esse et uiuere, sed intellegere ad quod intellegunt referunt, esse autem et uiuere ad se ipsas. et nulli est dubium nec quemquam intellegere qui non uiuat, nec quemquam uiuere qui non sit. ergo consequenter et esse et uiuere id quod intellegit, non sicuti est cadauer quod non uiuit, nec sicut uiuit anima quae non intellegit, sed proprio quodam eodemque praestantiore modo. item uelle se sciunt neque hoc posse quemquam qui non sit et qui non uiuat pariter sciunt, itemque ipsam uoluntatem referunt ad aliquid quod ea uoluntate uolunt. meminisse etiam se sciunt simulque sciunt quod nemo meminisset nisi esset ac uiueret, sed et ipsam memoriam referimus ad aliquid quod ea meminimus. duobus igitur horum trium, memoria et intellegentia, multarum rerum notitia atque scientia continetur; uoluntas autem adest per quam fruamur eis uel utamur. fruimur enim cognitis in quibus uoluntas ipsis propter se ipsa delectata conquiescit; utimur uero eis quae ad aliud referimus quo fruendum est. nec est alia uita hominum uitiosa atque culpabilis quam male utens et male fruens, de qua re non est nunc disserendi locus. [10.14] sed quoniam de natura mentis agitur, remoueamus a consideratione nostra omnes notitias quae capiuntur extrinsecus per sensus corporis, et ea quae posuimus omnes mentes de se ipsis nosse certasque esse diligentius attendamus. utrum enim aeris sit uis uiuendi, reminiscendi, intellegendi, uolendi, cogitandi, sciendi, iudicandi; an ignis, an cerebri, an sanguinis, an
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Dann wird ihm verbleiben, was auch jene nicht bezweifeln können, die den Geist bald für diesen, bald für jenen Körper hielten. Nicht jeder Geist glaubt ja, daß er Luft sei, sondern die einen glauben, daß der Geist Feuer, die anderen, daß er Gehirn, wieder andere, daß er irgendein anderer Körper sei, wie wir oben erwähnten. Alle jedoch wissen, daß sie einsehen, sind und leben. Das Einsehen aber beziehen sie auf die Dinge, die sie einsehen, Sein und Leben jedoch auf sich selbst. Niemandem ist ferner zweifelhaft, daß niemand Einsicht hat, der nicht lebt, und daß niemand lebt, der nicht ist. Jeder weiß also, daß, was Einsicht hat, ist und lebt, nicht wie der Leichnam ist, der nicht lebt, auch nicht wie die Seele (eines Tieres) lebt, aber nicht einsieht, sondern auf eigene und eben deshalb ausgezeichnete Weise. Ebenso wissen alle, daß sie wollen, und in gleicher Weise wissen sie, daß dies niemand kann, der nicht ist und nicht lebt; ebenso ordnen sie auch den Willen auf das hin, was sie mit dem Willen wollen. Auch erinnert zu haben wissen alle, und zugleich wissen sie, daß niemand sich erinnern könnte, wäre und lebte er nicht; aber die Erinnerung beziehen sie auf das, was wir durch sie erinnern. In zweien von diesen dreien also, in der Erinnerung und in der Einsicht, ist die Kenntnis und das Wissen vieler Dinge enthalten; der Wille aber ist da, auf daß wir durch ihn diese Dinge genießen oder gebrauchen. Die Dinge nämlich genießen wir, wenn wir sie erkannt haben, in denen, haben wir sie erkannt, der Wille, um ihrer selbst willen erfreut, ruht; jene aber gebrauchen wir, die wir auf anderes, das zu genießen ist, beziehen. Das fehlerhafte und schuldhafte Leben der Menschen besteht in nichts anderem als darin, daß sie schlecht gebrauchen und schlecht genießen. Doch ist hier nicht der Ort, darüber zu handeln.34 [10.14] Weil jedoch über die Natur des Geistes gehandelt wird, wollen wir aus unseren Überlegungen alle Kenntnisse ausscheiden, welche von außen durch die Leibessinne gewonnen werden, und noch sorgfältiger unsere Aufmerksamkeit dem zuwenden, was, wie wir festgestellt haben, jeder Geist von sich selbst weiß und worüber er Sicherheit besitzt. Ob nämlich die Kraft zu leben, sich zu erinnern, einzusehen, zu wollen, zu denken, zu wissen, zu urteilen, der Luft zukomme oder dem Feuer
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atomorum, an praeter usitata quattuor elementa quinti nescio cuius corporis, an ipsius carnis nostrae compago uel temperamentum haec efficere ualeat dubitauerunt homines, et alius hoc, alius illud affirmare conatus est. uiuere se tamen et meminisse et intellegere et uelle et cogitare et scire et iudicare quis dubitet? quandoquidem etiam si dubitat, uiuit; si dubitat, unde dubitet meminit; si dubitat, dubitare se intellegit; si dubitat, certus esse uult; si dubitat, cogitat; si dubitat, scit se nescire; si dubitat, iudicat non se temere consentire oportere. quisquis igitur alicunde dubitat de his omnibus dubitare non debet quae si non essent, de ulla re dubitare non posset. [10.15] haec omnia qui uel corpus uel compositionem seu temperationem corporis esse mentem putant in subiecto esse uolunt uideri ut substantia sit aer uel ignis siue aliud aliquod corpus quod mentem putant, intellegentia uero ita insit huic corpori sicut qualitas eius ut illud subiectum sit, haec in subiecto, subiectum scilicet mens quam corpus esse arbitrantur, in subiecto autem intellegentia siue quid aliud eorum quae certa nobis esse commemorauimus. iuxta opinantur etiam illi qui mentem ipsam negant esse corpus sed compaginem aut temperationem corporis. hoc enim interest quod illi mentem ipsam dicunt esse substantiam in quo subiecto sit intellegentia; isti autem ipsam mentem in subiecto esse dicunt, corpore scilicet cuius compositio uel temperatio est. unde consequenter etiam intellegentiam quid aliud quam in eodem subiecto corpore existimant?
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oder dem Gehirn oder dem Blute oder den Atomen oder einem von den vier gewöhnlichen Grundstoffen verschiedenen fünften von ich weiß nicht welcher stofflichen Beschaffenheit, oder ob das Gefüge oder das geordnete Maß unseres Fleisches diese Vorgänge zu bewirken vermögen, darüber zweifelten die Menschen: der eine versuchte dies, der andere jenes zu behaupten.35 Wer möchte jedoch zweifeln, daß er lebe, sich erinnere, einsehe, wolle, denke, wisse und urteile? Auch wenn man nämlich zweifelt, lebt man; wenn man zweifelt, erinnert man sich, woran man zweifelt; wenn man zweifelt, sieht man ein, daß man zweifelt; wenn man zweifelt, will man Gewißheit haben; wenn man zweifelt, denkt man; wenn man zweifelt, weiß man, daß man nicht weiß; wenn man zweifelt, urteilt man, daß man nicht voreilig seine Zustimmung geben dürfe. Wenn also jemand an allem anderen zweifelt, an all dem darf er nicht zweifeln, daß, wenn es all dies nicht gäbe, er an keiner Sache zu zweifeln vermöchte.36 [10.15] Alle diese Vorgänge wollen jene, die den Geist für einen Körper oder für den Zusammenhalt oder das Ordnungsmaß des Leibes halten, in einem Träger sein lassen, so daß die Substanz die Luft oder das Feuer oder irgendein anderer Körper wäre, den sie mit dem Geist gleichsetzen, die Einsicht hingegen diesem Körper anhafte als seine Eigenschaft, so daß das eine der Eigenschaftsträger, das andere im Eigenschaftsträger wäre, und der Geist, den sie für einen Körper halten, wäre der Eigenschaftsträger; im Eigenschaftsträger aber wären die Einsicht oder die sonstigen Vorgänge, von denen wir, wie wir uns erinnert haben, Sicherheit besitzen. Ähnlich argumentieren auch jene, die den Geist nicht für einen Körper halten, sondern für das Gefüge oder das Ordnungsmaß des Körpers. Der Unterschied liegt nur darin, daß die einen den Geist selbst als die Substanz bezeichnen, in der die Einsicht als in ihrem Träger ist, die anderen aber behaupten, der Geist selbst sei in einem Träger, im Körper nämlich, dessen Zusammenhalt oder Ordnungsmaß er ist. Was sollten sie daher folgerichtig anderes glauben, als daß auch die Einsicht in dem gleichen Körper als dem Eigenschaftsträger ist.37
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[10.16] qui omnes non aduertunt mentem nosse se etiam cum quaerit se sicut iam ostendimus. nullo modo autem recte dicitur sciri aliqua res dum eius ignoratur substantia. quapropter dum se mens nouit substantiam suam nouit, et cum de se certa est de substantia sua certa est. certa est autem de se sicut conuincunt ea quae supra dicta sunt. nec omnino certa est utrum aer an ignis sit an aliquod corpus uel aliquid corporis. non est igitur aliquid eorum. totumque illud quod se iubetur ut nouerit, ad hoc pertinet ut certa sit non se esse aliquid eorum de quibus incerta est, idque solum esse se certa sit quod solum esse se certa est. sic enim cogitat ignem aut aerem et quidquid aliud corporis cogitat, neque ullo modo fieri posset ut ita cogitaret id quod ipsa est quemadmodum cogitat id quod ipsa non est. per phantasiam quippe imaginariam cogitat haec omnia, siue ignem siue aerem siue illud uel illud corpus partemue ullam seu compaginem temperationemque corporis, nec utique ista omnia sed aliquid horum esse dicitur. si quid autem horum esset, aliter id quam cetera cogitaret, non scilicet per imaginale figmentum sicut cogitantur absentia quae sensu corporis tacta sunt, siue omnino ipsa siue eiusdem generis aliqua, sed quadam interiore non simulata sed uera praesentia – non enim quidquam illi est se ipsa praesentius –, sicut cogitat uiuere se et meminisse et intellegere et uelle se. nouit enim haec in se, nec imaginatur quasi extra se illa sensu tetigerit sicut corporalia quaeque tanguntur. ex quorum cogitationibus si nihil sibi affingat ut tale aliquid esse se putet, quidquid ei de se remanet hoc solum ipsa est. [11.17] remotis igitur paulisper ceteris quorum mens de se ipsa certa est, tria haec potissimum considerata tractemus, memo-
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[10.16] Alle diese Leute beachten nicht, daß der Geist sich kennt, auch wenn er sich sucht, wie wir schon gezeigt haben. In keiner Weise aber kann man mit Recht von einer Sache behaupten, daß man sie kennt, wenn man ihre Substanz nicht kennt. Wenn sich daher der Geist kennt, dann kennt er seine Substanz, und wenn er seiner gewiß ist, dann ist er seiner Substanz gewiß. Gewiß ist er über sich, das haben die obigen Ausführungen bewiesen. Nicht ist er gewiß, ob er Luft oder Feuer oder sonst etwas Körperhaftes ist. Er ist also nichts von dem. Und dies ganze Gebot, daß der Geist sich selbst erkenne, zielt darauf ab, daß er gewiß werde dessen, daß er nichts von dem sei, worüber er ungewiß ist, und daß er gewiß werde, nur das zu sein, was allein zu sein er gewiß ist. In der gleichen Weise nämlich denkt er Feuer oder Luft oder, was er sonst Körperhaftes denkt, aber es könnte auf keine Weise geschehen, daß er das, was er selbst ist, so dächte, wie er das denkt, was er selbst nicht ist. Durch die Einbildungskraft denkt er ja dies alles, sei es das Feuer, sei es die Luft, sei es dieser oder jener Körper oder auch dieser Teil, sei es das Gefüge oder das Ordnungsmaß des Körpers. Freilich sagt man nicht, daß der Geist dies alles ist, sondern, daß er etwas hiervon ist. Wenn er aber etwas hiervon wäre, dann dächte er dies anders als das übrige, nicht nämlich durch eine bildhafte Vorstellung der Einbildungskraft, wie Abwesendes gedacht wird, das mit dem Sinn des Körpers berührt wurde, mag es selbst oder mag etwas von derselben Art gedacht werden, sondern in einer Art innerer, nicht eingebildeter, sondern wahrhafter Gegenwart (nichts ist ihm nämlich gegenwärtiger als er sich selbst), wie er denkt, daß er lebt, sich erinnert, einsieht und will. Er kennt nämlich dies alles in sich und stellt es nicht durch seine Einbildungskraft vor, als ob er es gleichsam außer sich mit dem Sinn berührte, wie alles Körperhafte berührt wird. Wenn er sich nun von solchen Gedanken nichts andichtet, daß er sich für etwas Derartiges hielte, dann ist dies, was ihm von sich noch übrig bleibt, er allein selbst. [11.17] Wenn wir also das übrige, dessen der Geist in bezug auf sich sicher ist, ein wenig wegdenken, dann haben wir für unsere
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riam, intellegentiam, uoluntatem. in his enim tribus inspici solent etiam ingenia paruulorum cuiusmodi praeferant indolem. quanto quippe tenacius et facilius puer meminit quantoque acrius intellegit et studet ardentius, tanto est laudabilioris ingenii. cum uero de cuiusque doctrina quaeritur, non quanta firmitate ac facilitate meminerit uel quanto acumine intellegat, sed quid meminerit et quid intellegat quaeritur. et quia non tantum quam doctus sit consideratur laudabilis animus sed etiam quam bonus, non tantum quid meminerit et quid intellegat, uerum etiam quid uelit attenditur; non quanta flagrantia uelit, sed quid uelit prius, deinde quantum uelit. tunc enim laudandus est animus uehementer amans cum id quod amat uehementer amandum est. cum ergo dicuntur haec tria, ingenium, doctrina, usus, primum horum consideratur in illis tribus quid possit quisque memoria, intellegentia, uoluntate. secundum eorum consideratur quid habeat quisque in memoria et intellegentia, quo studiosa uoluntate peruenerit. iam uero usus tertius in uoluntate est pertractante illa quae memoria et intellegentia continentur, siue ad aliquid ea referat siue eorum fine delectata conquiescat. uti est enim assumere aliquid in facultatem uoluntatis; frui est autem uti cum gaudio non adhuc spei sed iam rei. proinde omnis qui fruitur utitur; assumit enim aliquid in facultatem uoluntatis cum fine delectationis. non autem omnis qui utitur fruitur si id quod in facultatem uoluntatis assumit non propter illud ipsum sed propter aliud appetiuit. [11.18] haec igitur tria, memoria, intellegentia, uoluntas, quoniam non sunt tres uitae sed una uita, nec tres mentes sed una mens, consequenter utique nec tres substantiae sunt sed una substantia. memoria quippe quod uita et mens et substantia dici-
15 Quint., Inst. 6,2,3 22-24 De doctr. christ. I, 4,4
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Überlegung vorzüglich diese drei zu behandeln: Erinnerung, Einsicht und Wille. Aus diesen dreien pflegt man auch die Begabung der kleinen Kinder zu ersehen, welche Anlage immer sie aufweisen. Je treuer und leichter nämlich ein Knabe erinnert, je schärfer er einsieht, je glühender er sich müht, um so lobenswerter ist seine Begabung.38 Wenn man aber nach der Fachkenntnis eines Menschen fragt, dann fragt man nicht, mit welcher Sicherheit und Leichtigkeit er erinnert oder mit welcher Schärfe er einsieht, sondern was er erinnert und was er einsieht. Und weil das Urteil über die Lobwürdigkeit des Geistes nicht bloß von seiner Gelehrtheit abhängt, sondern auch davon, wie gut er ist, achtet man nicht nur darauf, was er erinnert und einsieht, sondern auch, was er will: nicht primär auf das Feuer des Willens, sondern was er will, dann mit welcher Kraft er will. Nur dann nämlich ist ein heftig liebender Geist zu loben, wenn das, was er liebt, auch heftig zu lieben ist. Wenn man also von diesen dreien spricht, von der Begabung, den Fachkenntnissen und dem praktischen Verhalten, so hängt das Urteil über die erste davon ab, was die Erinnerung, die Einsicht und der Wille vermögen. Das zweite ist zu beurteilen danach, was man im Gedächtnis und in der Einsicht hat, und danach, wohin sich der eifrig sich mühende Wille richtet. Dazu kommt nun als drittes das im Willen zu untersuchende praktische Verhalten, das das, was in Gedächtnis und Einsicht behalten wird, entweder auf etwas anderes hinordnet oder in ihm, sich an ihm als dem Endziele freuend, ruht. Gebrauchen heißt nämlich etwas in das Vermögen des Willens aufnehmen, genießen aber heißt gebrauchen mit Freude, nicht in der Hoffnung, sondern in der Wirklichkeit. Jeder also, der genießt, gebraucht; er nimmt ja etwas in das Vermögen des Willens auf mit dem Endziel des Genusses. Nicht jeder aber, der gebraucht, genießt, wenn er nämlich das, was er in das Vermögen des Willens aufnimmt, nicht um dieses Dinges selbst willen, sondern um eines anderen willen erstrebte.39 [18] Diese drei also, Erinnerung, Einsicht und Wille, sind, da sie nicht drei Leben sind, sondern ein Leben und nicht drei Geister, sondern ein Geist, folgerichtig auch nicht drei Substanzen, sondern eine Substanz.40 Erinnerung heißt ja, sofern sie Leben,
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tur ad se ipsam dicitur; quod uero memoria dicitur ad aliquid relatiue dicitur. hoc de intellegentia quoque et de uoluntate dixerim, et intellegentia quippe et uoluntas ad aliquid dicitur. uita est autem unaquaeque ad se ipsam et mens et essentia. quocirca tria haec eo sunt unum quo una uita, una mens, una essentia; et quidquid aliud ad se ipsa singula dicuntur etiam simul, non pluraliter sed singulariter dicuntur. eo uero tria quo ad se inuicem referuntur. quae si aequalia non essent non solum singula singulis sed etiam omnibus singula, non utique se inuicem caperent. neque enim tantum a singulis singula, uerum etiam a singulis omnia capiuntur. memini enim me habere memoriam et intellegentiam et uoluntatem, et intellego me intellegere et uelle atque meminisse, et uolo me uelle et meminisse et intellegere, totamque meam memoriam et intellegentiam et uoluntatem simul memini. quod enim memoriae meae non memini non est in memoria mea. nihil autem tam in memoria quam ipsa memoria est. totam igitur memini. item quidquid intellego intellegere me scio, et scio me uelle quidquid uolo; quidquid autem scio memini. totam igitur intellegentiam totamque uoluntatem meam memini. similiter cum haec tria intellego tota simul intellego. neque enim quidquam intellegibilium non intellego nisi quod ignoro. quod autem ignoro nec memini nec uolo. quidquid itaque intellegibilium non intellego consequenter etiam nec memini nec uolo. quidquid ergo intellegibilium memini et uolo consequenter intellego. uoluntas etiam mea totam intellegentiam totamque memoriam meam capit dum toto utor quod intellego et memini. quapropter quando inuicem a singulis et tota et omnia capiun-
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Geist und Substanz heißt, auf sich selbst bezogen. Sofern sie indes als Gedächtnis betrachtet wird, besagt das eine beziehentliche Wirklichkeit.41 Das gleiche möchte ich auch von der Einsicht und vom Willen behaupten. Auch Einsicht und Wille werden ›in Beziehung auf‹ ausgesagt.42 Leben aber ist jedes in seiner ›Beziehung auf sich‹, ebenso Geist und Wesen.43 Diese drei sind daher dadurch eins, daß sie ein Leben, ein Geist, ein Wesen sind; und was man immer sonst noch von ihnen bezogen auf sich selbst als einzelne aussagt, gilt von ihnen zusammen auch gleichzeitig, nicht in der Mehrzahl, sondern in der Einzahl. Drei indes sind sie dadurch, daß sie aufeinander bezogen werden. Wenn sie nicht gleich wären, nicht nur jedes einzelne jedem einzelnen, sondern auch jedes einzelne allen, so würden sie einander sicherlich nicht gegenseitig fassen. Es wird ja nicht bloß jedes einzelne von jedem einzelnen, sondern auch alle von jedem einzelnen erfaßt. Ich erinnere mich nämlich, daß ich Erinnerung, Einsicht und Willen habe, und ich sehe ein, daß ich einsehe, will und mich erinnere, und ich will, daß ich will, mich erinnere und einsehe, ich erinnere mich schließlich zugleich meiner ganzen Erinnerung, meiner ganzen Einsicht und meines ganzen Willens. Was ich nämlich meines Erinnerns nicht erinnere, das ist nicht in meiner Erinnerung. Nichts aber ist so sehr in meiner Erinnerung wie die Erinnerung selbst. Also erinnere ich mich ihrer ganz. Ebenso weiß ich, daß ich einsehe, was immer ich einsehe, und ich weiß, daß ich will, was immer ich will; was ich aber weiß, das erinnere ich. Also erinnere ich meine ganze Einsicht und meinen ganzen Willen. Ebenso sehe ich, wenn ich diese drei einsehe, sie gleichzeitig ganz ein. Von Einsichtigem sehe ich nämlich nur das nicht ein, was ich nicht weiß. Was ich aber nicht weiß, das erinnere ich weder, noch will ich es. Was immer ich daher von Einsichtigem nicht einsehe, das erinnere ich folgerichtig nicht und will es auch nicht. Was immer an Einsichtigem aber ich erinnere und will, das sehe ich folgerichtig auch ein. Auch mein Wille umfaßt meine ganze Einsicht und meine ganze Erinnerung, solange ich nur die Gesamtheit dessen, was ich einsehe und erinnere, gebrauche. Wenn daher von jedem Einzelnen alle insgesamt und ganz erfaßt werden, dann
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tur, aequalia sunt tota singula totis singulis et tota singula simul omnibus totis, et haec tria unum, una uita, una mens, una essentia. [12.19] iamne igitur ascendendum est qualibuscumque intentionis uiribus ad illam summam et altissimam essentiam cuius impar imago est humana mens sed tamen imago? an adhuc eadem tria distinctius declaranda sunt in anima per illa quae extrinsecus sensu corporis capimus ubi temporaliter imprimitur rerum corporearum notitia? mentem quippe ipsam in memoria et intellegentia et uoluntate suimetipsius talem reperiebamus ut quoniam semper se nosse semperque se ipsam uelle comprehendebatur, simul etiam semper sui meminisse semperque se ipsam intellegere et amare comprehenderetur, quamuis non semper se cogitare discretam ab eis quae non sunt quod ipsa est. ac per hoc difficile in ea dinoscitur memoria sui et intellegentia sui. quasi enim non sint haec duo sed unum duobus uocabulis appelletur, sic apparet in ea re ubi ualde ista coniuncta sunt et aliud alio nullo praeceditur tempore; amorque ipse non ita sentitur esse cum eum non prodit indigentia quoniam semper praesto est quod amatur. quapropter etiam tardioribus dilucescere haec possunt dum ea tractantur quae ad animum tempore accedunt et quae illi temporaliter accidunt cum meminit quod antea non meminerat et cum uidet quod antea non uidebat et cum amat quod antea non amabat. sed aliud haec tractatio iam poscit exordium propter huius libelli modum.
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ist jedes einzelne als ganzes jedem anderen als ganzem gleich; ebenso ist jedes einzelne als ganzes zugleich allen als ganzen gleich, und diese drei sind eins, ein Leben, ein Geist, ein Wesen. [12.19] Dürfen wir nun also, unter Anspannung unserer Kräfte, seien sie wie immer, zu jenem hohen und erhabenen Wesen emporsteigen, dessen ungleiches Bild zwar der menschliche Geist, dessen Bild er aber doch ist? Oder müssen diese drei in der Seele noch deutlicher erklärt werden durch jene Tatbestände, die wir draußen mit dem Sinn des Körpers erfassen, wo in einem zeithaften Vorgang die Kenntnis körperlicher Dinge sich einprägt? Den Geist selbst fanden wir bei Erinnerung, Einsicht und Wille als einen solchen, daß er, da er immer sich kennt und immer sich will, wie sich ersehen ließ, zugleich, wie sich ebenfalls ersehen läßt, immer sich seiner erinnert, immer sich selbst einsieht und liebt, wenngleich er sich nicht immer in seiner Verschiedenheit von dem denkt, was nicht ist, was er ist. Deshalb ist es auch schwer, in ihm die Erinnerung seiner selbst und die Einsicht seiner selbst voneinander zu unterscheiden. Es entsteht nämlich in der Wirklichkeit, in der beide innig miteinander verbunden sind und keines dem anderen zeitlich irgendwie vorangeht, der Anschein, als ob sie nicht zwei wären, sondern eines, das mit zwei Namen benannt wird. Und auch die Existenz der Liebe wird nicht so empfunden, weil sie durch kein Bedürfnis angezeigt wird, da ja, was geliebt wird, immer gegenwärtig ist. Es werden daher diese Sachverhalte auch Geistern von langsamerer Fassungskraft aufleuchten können, wenn man behandelt, was an die Seele in der Zeit herantritt und was ihr zeithaft widerfährt, wenn sie sich dessen erinnert, dessen sie sich vorher nicht erinnerte, sieht, was sie vorher nicht sah, liebt, was sie vorher nicht liebte. Die Abhandlung hierüber verlangt jedoch einen neuen Beginn, damit diesem Büchlein sein Maß gewahrt bleibt.
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[1.1] nemini dubium est sicut interiorem hominem intellegentia sic exteriorem sensu corporis praeditum. nitamur igitur si possumus in hoc quoque exteriore indagare qualecumque uestigium trinitatis, non quia et ipse eodem modo sit imago dei. manifesta est quippe apostolica sententia quae interiorem hominem renouari in dei agnitionem declarat secundum imaginem eius qui creauit eum cum et alio loco dicat: et si exterior homo noster corrumpitur, sed interior renouatur de die in diem. in hoc ergo qui corrumpitur quaeramus quemadmodum possumus quandam trinitatis effigiem, et si non expressiorem tamen fortassis ad dinoscendum faciliorem. neque enim frustra et iste homo dicitur nisi quia inest ei nonnulla interioris similitudo, et illo ipso ordine conditionis nostrae quo mortales atque carnales effecti sumus facilius et quasi familiarius uisibilia quam intellegibilia pertractamus cum ista sint exterius, illa interius, et ista sensu corporis sentiamus, illa mente intellegamus; nosque ipsi animi non sensibiles simus, id est corpora, sed intellegibiles quoniam uita sumus; tamen, ut dixi, tanta facta est in corporibus consuetudo et ita in haec miro modo relabens foras se nostra proicit intentio ut cum ab incerto corporum ablata fuerit, ut in spiritu multo certiore ac stabiliore cognitione figatur, refugiat ad ista et ibi appetat requiem unde traxit infirmitatem. cuius aegritudini congruendum est ut si quando interiora spiritalia adcommodatius distinguere atque facilius insinuare conamur, de
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[1.1] Niemandem ist es zweifelhaft, daß, wie der innere Mensch mit der Einsicht, so der äußere mit dem Leibessinn begabt ist. Versuchen wir also, wenn wir können, auch in diesem äußeren Menschen irgendeine Spur der Dreieinheit aufzufinden, nicht als ob auch der äußere Mensch in derselben Weise Bild Gottes wäre. Bekannt ist ja der Ausspruch des Apostels, in dem erklärt wird, daß der innere Mensch erneuert wird zur Erkenntnis Gottes nach dem Bilde dessen, der ihn schuf. An einer anderen Stelle sagt er ähnlich: »Auch wenn der äußere Mensch zugrundegeht, wird doch der innere von Tag zu Tag erneuert.« In dem also, der zugrundegeht, wollen wir, so gut wir können, ein gewisses Abbild der Dreieinheit suchen, und wen auch kein ausgeprägteres, so doch vielleicht ein dem Verständnis leichteres. Nicht grundlos wird nämlich auch dieses Äußere Mensch genannt, aus keinem anderen Grunde nämlich als deshalb, weil es einige Ähnlichkeit mit dem inneren Menschen besitzt. Infolge der Ordnung unseres jetzigen Zustandes, durch die wir sterblich und fleischlich wurden, beschäftigen wir uns leichter und gleichsam vertrauter mit dem Sichtbaren als mit dem geistig Einsichtigen, da jenes außen ist, dieses innen, da wir jenes mit dem Leibessinn spüren, dieses mit dem Geiste einsehen. Und obgleich wir nicht sinnliche Seelen, das heißt Körper sind, sondern der Einsicht fähige, weil wir Leben sind, wurde dennoch, wie ich sagte, die Gewöhnung an die Körper so stark, daß sich unsere Aufmerksamkeit, seltsamerweise immer wieder darauf zurückkommend, nach außen wandte, daß sie, wenn sie sich einmal von dem unsicheren Reich der Körper wegwendet, um sich in viel sicherer und beständigerer Erkenntnis an den Geist zu heften, wieder zum Leiblichen zurückflieht und dort Ruhe sucht, wo sie sich Ohnmacht zuzog. Dieser Krankheit muß man sich anbequemen.44 Wenn wir also das Innere und Geistige in geeigneterer Weise verständlich zu machen und leichter nahe zu
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corporalibus exterioribus similitudinum documenta capiamus. sensu igitur corporis exterior homo praeditus sentit corpora, et iste sensus quod facile aduertitur quinquepertitus est, uidendo, audiendo, olfaciendo, gustando, tangendo. sed et multum est et non necessarium ut omnes hos quinque sensus id quod quaerimus interrogemus; quod enim nobis unus eorum renuntiat etiam in ceteris ualet. itaque potissimum testimonio utamur oculorum; is enim sensus corporis maxime excellit et est uisioni mentis pro sui generis diuersitate uicinior. [2. 2] cum igitur aliquod corpus uidemus, haec tria, quod facil.limum est, consideranda sunt et dinoscenda. primo ipsa res quam uidemus siue lapidem siue aliquam flammam siue quid aliud quod uideri oculis potest, quod utique iam esse poterat et antequam uideretur. deinde uisio quae non erat priusquam rem illam obiectam sensui sentiremus. tertio quod in ea re quae uidetur quamdiu uidetur sensum detinet oculorum, id est animi intentio. in his igitur tribus non solum est manifesta distinctio sed etiam discreta natura. primum quippe illud corpus uisibile longe alterius naturae est quam sensus oculorum quo sibimet incidente fit uisio, ipsaque uisio quae quid aliud quam sensus ex ea re quae sentitur informatus apparet? quamuis re uisibili detracta nulla sit nec ulla omnino esse possit talis uisio si corpus non sit quod uideri queat, nullo modo tamen eiusdem substantiae est corpus quo formatur sensus oculorum cum idem corpus uidetur et ipsa forma quae ab eodem imprimitur sensui, quae uisio uocatur. corpus enim a
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bringen versuchen, dann müssen wir vom Leiblichen und Äußeren her die Beispiele der Veranschaulichung nehmen. Mit dem Sinn des Leibes also begabt, nimmt der äußere Mensch Körperliches wahr, und dieser Sinn ist, was sich leicht beobachten läßt, fünffach geteilt: in Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Berühren. Es würde aber zu weit führen und ist auch nicht notwendig, alle diese fünf Sinne in unserer Untersuchung zu befragen. Was uns nämlich einer von ihnen meldet, das gilt auch von den übrigen. Deshalb bedienen wir uns vorzüglich des Zeugnisses der Augen. Dieser Leibessinn überragt nämlich die übrigen am meisten und steht dem Sehen des Geistes, obgleich er von ihm artverschieden ist, am nächsten. [2. 2] Wenn wir also einen Körper sehen, so lassen sich – es ist dies ganz leicht – folgende drei Dinge beobachten und auseinanderhalten. Erstlich der Gegenstand, den wir sehen, sei es ein Stein oder eine Flamme oder irgend sonst etwas, was man mit den Augen sehen kann, was natürlich schon da sein konnte, auch bevor es gesehen wurde. Ferner das Sehen, das nicht da war, bevor wir den dem Sinnesvermögen begegnenden Gegenstand wahrnahmen. Drittens jene Wirklichkeit, welche den Gesichtssinn auf dem geschauten Gegenstand, solange er gesehen wird, festhält, das ist die Aufmerksamkeit des Geistes.45 Zwischen diesen dreien besteht nun nicht nur ein offenkundiger Unterschied, sondern auch Naturverschiedenheit. Erstlich ist ja jener sichtbare körperliche Gegenstand von einer ganz anderen Natur als der Sehsinn, der auf jenen fallen muß, damit es zum Sehen kommt: denn dieses Sehen, was ist es anderes denn der Sinn, der von dem wahrgenommenen Gegenstand geformt erscheint? Denn wenn auch, sobald der sichtbare Gegenstand entfernt wird, kein Sehen mehr ist, ja auf keine Weise mehr ein solches Sehen sein kann, wenn kein Körper vorhanden ist, der gesehen werden kann, so ist doch der körperliche Gegenstand, durch den der Sehsinn geformt wird, wenn eben dieser Körper erblickt wird, in keiner Weise von derselben Substanz wie die Form, die von ihm dem Sinne eingeprägt wird und Sehen genannt wird. Der Körper kann nämlich in seiner Natur
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uisu in sua natura separabile est; sensus autem qui iam erat in animante etiam priusquam uideret quod uidere posset cum in aliquid uisibile incurreret, uel uisio quae fit in sensu ex uisibili corpore cum iam coniunctum est et uidetur, sensus ergo uel uisio, id est sensus non formatus extrinsecus uel sensus formatus extrinsecus, ad animantis naturam pertinet omnino aliam quam est illud corpus quod uidendo sentimus, quo sensus non ita formatur ut sensus sit sed ut uisio sit. nam sensus et ante obiectum rei sensibilis nisi esset in nobis non distaremus a caecis dum nihil uidemus siue in tenebris siue clausis luminibus. hoc autem distamus quod nobis inest et non uidentibus quo uidere possimus, qui sensus uocatur; illis uero non inest, nec aliunde nisi quod eo carent caeci appellantur. itemque illa animi intentio quae in ea re quam uidemus sensum tenet atque utrumque coniungit non tantum ab ea re uisibili natura differt quandoquidem iste animus, illud corpus est, sed ab ipso quoque sensu atque uisione quoniam solius animi est haec intentio. sensus autem oculorum non ob aliud sensus corporis dicitur nisi quia et ipsi oculi membra sunt, corporis, et quamuis non sentiat corpus exanime, anima tamen commixta corpori instrumentum sentit corporeum et idem instrumentum sensus uocatur. qui etiam passione corporis cum quisque excaecatur, interceptus exstinguitur, cum idem maneat animus, et eius intentio luminibus amissis non habeat quidem sensum corporis quem uidendo extrinsecus corpori adiungat atque in eo uiso figat aspectum, nisu tamen ipso indicet se adempto corporis sen-
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vom Sehen getrennt werden; der Sinn aber, der schon in einem belebten Wesen war, noch bevor es sah, was es sehen konnte, als ihm etwas Sichtbares begegnete, oder das Sehen, das im Sinn vom sichtbaren körperlichen Gegenstand her entsteht, wenn er mit dem Sinn verbunden ist und geschaut wird, der Sinn also oder das Sehen, das heißt der von außen her nicht geformte oder äußerlich geformte Sinn, gehört zur Natur des Lebewesens, die etwas ganz anderes ist als jener körperliche Gegenstand, den wir im Sehen wahrnehmen und der durch den Sinn nicht so geformt wird, daß er Sinn wird, sondern so, daß er Sehen wird. Wäre nämlich der Sinn nicht schon vor dem sinnlichem Ding als seinem Gegenstand in uns, dann würden wir uns nicht von den Blinden unterscheiden, solange wir nichts sehen, sei es, weil es finster ist, sei es, weil dem Licht der Zutritt versperrt ist. Dadurch unterscheiden wir uns ja von ihnen, daß uns, auch wenn wir nicht sehen, das Vermögen eigen ist, durch das wir sehen können und das eben (Seh-)Sinn genannt wird; ihnen ist es nicht eigen – aus keinem anderen Grund, als weil sie dessen entbehren, werden sie blind genannt. Ebenso ist jene Aufmerksamkeit des Geistes, welche den Sinn an dem Gegenstand, den wir sehen, festhält und beide miteinander verbindet, durch ihre Natur nicht nur von dem sichtbaren Gegenstand verschieden – sie ist ja Geist –, sondern auch vom (Seh-)Sinn und vom Sehen selbst. Denn die Aufmerksamkeit ist allein dem Geist eigen. Der Sehsinn aber wird aus keinem anderen Grund Leibessinn genannt als deshalb, weil auch die Augen Glieder des Leibes sind, und obgleich der entseelte Leib keine Wahrnehmung vollzieht, so vollzieht doch die mit dem Leib vermischte Seele durch ein leibliches Mittel eine Wahrnehmung und dieses Mittel heißt eben Sinn. Auch wenn dieser unter körperlichen Leiden, wenn jemand geblendet wird, entfernt und ausgelöscht wird, so bleibt doch der Geist, und seine Aufmerksamkeit kann zwar nach dem Verlust des Augenlichtes den Sinn des Körpers nicht mehr nach außen auf einen Körper lenken, den es im Sehen mit ihm vereint und in ihm den Blick auf ihn heftet – durch ihr Hintrachten jedoch weist sie darauf hin, daß sie, auch wenn der Leibessinn entfernt wurde, weder zugrunde-
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su nec perire potuisse nec minui; manet enim quidam uidendi appetitus integer siue id possit fieri siue non possit. haec igitur tria, corpus quod uidetur et ipsa uisio et quae utrumque coniungit intentio, manifesta sunt ad dinoscendum non solum propter propria singulorum uerum etiam propter differentiam naturarum. [2. 3] atque in his cum sensus non procedat ex corpore illo quod uidetur sed ex corpore sentientis animantis cui anima suo quodam miro modo contemperatur, tamen ex corpore quod uidetur gignitur uisio, id est sensus ipse formatur ut iam non tantum sensus qui etiam in tenebris esse integer potest dum est incolumitas oculorum, sed etiam sensus informatus sit, quae uisio uocatur. gignitur ergo ex re uisibili uisio, sed non ex sola nisi adsit et uidens. quocirca ex uisibili et uidente gignitur uisio ita sane ut ex uidente sit sensus oculorum et aspicientis atque intuentis intentio; illa tamen informatio sensus quae uisio dicitur a solo imprimatur corpore quod uidetur, id est a re aliqua uisibili. qua detracta nulla remanet forma quae inerat sensui dum adesset illud quod uidebatur; sensus tamen ipse remanet qui erat et priusquam aliquid sentiretur uelut in aqua uestigium tamdiu est donec ipsum corpus quod imprimitur inest, quo ablato nullum erit cum remaneat aqua quae erat et antequam illam formam corporis caperet. ideoque non possumus quidem dicere quod sensum gignat res uisibilis; gignit tamen formam uelut similitudinem suam quae fit in sensu cum aliquid uidendo sentimus. sed formam corporis quod uidemus et formam quae ab illa in sensu uidentis fit per eundem sensum non discernimus quoniam
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gehen noch gemindert werden konnte. Es bleibt nämlich ein gewisses Verlangen zu sehen, unversehrt erhalten, ob es nun verwirklicht werden kann oder nicht. Diese drei also, der körperliche Gegenstand, der erblickt wird, das Sehen selbst und die beide verbindende Aufmerksamkeit, lassen sich offensichtlich voneinander unterscheiden, nicht nur wegen der Eigentümlichkeit eines jeden, sondern auch wegen der Verschiedenheit ihrer Naturen. [2. 3] Wenn bei dem Wahrnehmungsvorgang der Sinn auch nicht vom Körper herkommt, der erblickt wird, sondern vom Leib des wahrnehmenden Lebewesens, dem die Seele auf eine gewisse, ihr eigentümliche, wunderbare Weise angepaßt ist, so wird doch das Sehen vom Körper gezeugt, der erblickt wird, das heißt von ihm wird der Sinn selbst geformt, so daß er nicht mehr bloß ein Sinn ist, der auch im Dunkeln unversehrt sein kann, wenn nur die Augen wohlbehalten sind, sondern daß er auch geformter Sinn ist, der Sehen genannt wird. Es wird also das Sehen vom sichtbaren Ding gezeugt – aber nicht von ihm allein, sondern nur, wenn ein Sehender da ist.46 Daher wird das Sehen vom sichtbaren Gegenstand und vom Sehenden gezeugt, so nämlich, daß vom Sehenden der Sehsinn und die Aufmerksamkeit des Hinschauenden und Aufmerkenden stammt – jene Formung des Sinnes jedoch, die Sehen genannt wird, allein vom Körper eingeprägt wird, der gesehen wird, das heißt von einem sichtbaren Ding. Wenn man dieses wegnimmt, dann bleibt von der Form nichts mehr übrig, die dem Sinn innewohnte, solange das, was geschaut wurde, da war. Der Sinn selber jedoch bleibt, da er war, auch bevor man etwas mit den Sinnen wahrnahm, so wie im Wasser eine Spur solange bleibt, als der Körper, der sie eindrückt, darinnen ist; wird er entfernt, dann bleibt keine Spur mehr, während das Wasser, das war, auch schon bevor es jene Form des Körpers aufnahm, zurückbleibt. Deshalb können wir zwar nicht sagen, daß das sichtbare Ding den Sinn zeuge; es zeugt jedoch die Form bzw. eine Ähnlichkeit mit sich, die im Sinn entsteht, wenn wir sehend etwas wahrnehmen. Wir können aber die Form des Körpers, den wir sehen, und die Form, die von jener im Sinne des Sehenden entsteht, durch
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tanta coniunctio est ut non pateat discernendi locus. sed ratione colligimus nequaquam nos potuisse sentire nisi fieret in sensu nostro aliqua similitudo conspecti corporis. neque enim cum anulus cerae imprimitur ideo nulla imago facta est quia non discernitur nisi cum fuerit separata. sed quoniam post ceram separatam manet quod factum est ut uideri possit, propterea facile persuadetur quod inerat iam cerae forma impressa ex anulo et antequam ab illa separaretur. si autem liquido humori adiungeretur anulus, eo detracto nihil imaginis appareret. nec ideo tamen discernere ratio non deberet fuisse in illo humore antequam detraheretur anuli formam factam ex anulo, quae distinguenda est ab ea forma quae in anulo est unde ista facta est quae detracto anulo non erit, quamuis illa in anulo maneat unde ista facta est. sic sensus oculorum non ideo non habet imaginem corporis quod uidetur quamdiu uidetur quia eo detracto non remanet. ac per hoc tardioribus ingeniis difficillime persuaderi potest formari in sensu nostro imaginem rei uisibilis cum eam uidemus, et eandem formam esse uisionem. [2. 4] sed qui forte aduerterunt quod commemorabo non ita in hac inquisitione laborabunt. plerumque cum diuscule attenderimus quaeque luminaria et deinde oculos clauserimus, quasi uersantur in conspectu quidam lucidi colores uarie sese commutantes et minus minusque fulgentes donec omnino desistant, quas intellegendum est reliquias esse formae illius quae facta erat in sensu cum corpus lucidum uideretur, paulatimque et quodam
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eben diesen Sinn nicht auseinanderhalten, weil die Verbindung so innig ist, daß für das Auseinanderhalten keine Stelle sich zeigt. Aber mit dem Verstand schließen wir, daß wir in keiner Weise etwas hätten wahrnehmen können, wenn nicht in unserem Sinne irgendeine Ähnlichkeit des erblickten Körpers entstünde. So ist ja auch, wenn ein Ring in Wachs eingedrückt wird, dadurch kein Bild von ihm entstanden, weil es erst unterschieden werden kann, wenn das Wachs vom Ring entfernt ist. Weil jedoch nach der Entfernung des Wachses bleibt, was entstand, damit es gesehen werden kann, deshalb ist man überzeugt, daß dem Wachs die Form vom Ring auch schon eingedrückt war, bevor der Ring von ihm weggenommen wurde. Wenn aber der Ring in eine durchsichtige Flüssigkeit gegeben würde, so würde, nachdem er entfernt ist, nichts von einem Bild erscheinen. Und doch müßte der Verstand trotzdem auseinanderhalten, daß in jener Flüssigkeit, bevor der Ring herausgenommen wurde, die durch den Ring bewirkte Form war, die zu unterscheiden ist von jener Form, die dem Ring selbst eigen ist, aus der eben jene Form gebildet wurde, die nach der Wegnahme des Ringes nicht weiter bestehen kann, wenngleich sie im Ring, aus dem sie entstanden ist, selbst bleibt. So hat der Sehsinn nicht deshalb nicht ein Bild des Körpers, der gesehen wird, solange er gesehen wird, weil es, ist er entfernt, nicht bleibt.47 Das ist aber der Grund, warum es so schwer ist, Geister von langsamerer Fassungskraft davon zu überzeugen, daß in unserem Sinn ein Bild des sichtbaren Dinges gebildet wird, wenn wir es sehen, und daß eben diese Form das Sehen ist. [2. 4] Wer aber etwa beachtet, was ich nun erwähnen werde, wird mit dieser Untersuchung keine so große Mühe haben. Wenn wir lange Zeit hindurch angespannt auf einen Lichtkörper hinschauen und dann die Augen schließen, dann kommt es häufig vor, daß in unserem Auge gewisse lichte Farben gleichsam hin und her zucken, mannigfaltig wechselnde Formen annehmend, immer weniger und weniger leuchtend, bis sie zuletzt ganz aufhören. Man muß das so erklären, daß es sich um Überreste jener Form handelt, die im Sinne entstand, als der lichte Körper gesehen wurde, und daß diese nach und nach und
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modo gradatim deficiendo uariari. nam et insertarum fenestrarum cancelli si eos forte intuebamur, saepe in illis apparuere coloribus ut manifestum sit hanc affectionem nostro sensui ex ea re quae uidebatur impressam. erat ergo etiam cum uideremus, et illa erat clarior et expressior sed multum coniuncta cum specie rei eius quae cernebatur ut discerni omnino non posset, et ipsa erat uisio. quin etiam cum lucernae flammula modo quodam diuaricatis radiis oculorum quasi geminatur, duae uisiones fiunt, cum sit res una quae uidetur. singillatim quippe afficiuntur idem radii de suo quisque oculo emicantes dum non sinuntur in illud corpus intuendum pariter coniuncteque concurrere ut unus fiat ex utroque contuitus, et ideo si unum oculum clauserimus, non geminum ignem sed sicuti est unum uidebimus. cur autem sinistro clauso illa species uideri desinit quae ad dextrum erat uicissimque dextro clauso illa intermoritur quae ad sinistrum erat, et longum est et rei praesenti non necessarium modo quaerere atque disserere. quod enim ad susceptam quaestionem sat est nisi fieret in sensu nostro quaedam imago simillima rei eius quam cernimus, non secundum oculorum numerum flammae species geminaretur cum quidam cernendi modus adhibitus fuerit qui possit concursum separare radiorum. ex uno quippe oculo quolibet modo deducto aut impresso aut intorto si alter clausus est, dupliciter uideri aliquid quod sit unum nullo pacto potest. [2. 5] quae cum ita sint, tria haec quamuis diuersa natura quemadmodum in quandam unitatem contemperentur memineri-
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gleichsam schrittweise in ihrem Verschwinden wechseln. Oft sind uns nämlich auch die Gitter der in die Mauer eingesetzten Fenster, wenn wir sie zufällig anschauten, in solchen Farben erschienen, weshalb es offenkundig ist, daß diesen Zustand in unserem Sinn der Gegenstand, der gesehen wird, verursacht. Diese Form war also auch schon vorhanden, als wir den Gegenstand schauten; ja sie war da sogar deutlicher und ausgeprägter. Sie war aber so vielfältig mit der Gestalt des Gegenstandes, der gesehen wurde, verbunden, daß sie überhaupt nicht von ihm unterschieden werden konnte. Sie selbst war das Sehen. Wie auch, wenn das Flämmchen einer Lampe, sofern man die Strahlen der Augen gewissermaßen auseinanderlaufen läßt, gleichsam verdoppelt wird, zwei Sehweisen entstehen, obwohl das geschaute Ding eines ist. Je für sich einzeln werden ja jene aus dem Auge hervorleuchtenden Strahlen angeregt, wenn man sie nicht auf den anzuschauenden Körper gleichmäßig und verbunden hineilen läßt, so daß aus den gedoppelten Strahlen ein Blick wird – so daß, wenn wir ein Auge schließen, wir dann nicht einen doppelten Lichtschein, sondern so, wie es auch ist, einen sehen.48 Warum aber, wenn wir das linke Auge schließen, jene Erscheinung, welche rechts war, nicht mehr gesehen wird, und umgekehrt, wenn wir das rechte Auge schließen, jene dem Blicke entschwindet, die links war, das zu untersuchen und zu erörtern, würde zu weit führen und ist auch für unsere augenblickliche Frage nicht notwendig. Denn für die in Angriff genommene Frage genügt es, daß, wenn in unserem Sinn nicht ein gewisses, der Sache, die wir sehen, ähnliches Bild entstünde, dann nicht entsprechend der Zahl der Augen die Lichterscheinungen verdoppelt würden, wenn eine gewisse Weise des Schauens angewandt wird, welche die zusammenlaufenden Strahlen voneinander zu trennen vermag. Mit einem Auge kann ja, mag man es wie immer zum Gegenstand hinwenden, auf ihn lenken, es verdrehen, wenn das andere geschlossen ist, in keiner Weise, was eines ist, doppelt gesehen werden. [2. 5] Da dies so ist, wollen wir uns darauf besinnen, wie diese drei, wenngleich sie verschiedener Natur sind, doch zu einer gewissen Einheit sich zusammenfügen: das ist die Gestalt des
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mus, id est species corporis quae uidetur et imago eius impressa sensui quod est uisio sensusue formatus et uoluntas animi quae rei sensibili sensum admouet, in eoque ipsam uisionem tenet. horum primum, id est res ipsa uisibilis, non pertinet ad animantis naturam nisi cum corpus nostrum cernimus. alterum autem ita pertinet ut et in corpore fiat et per corpus in anima; fit enim in sensu qui neque sine corpore est neque sine anima. tertium uero solius animae est quia uoluntas est. cum igitur horum trium tam diuersae substantiae sint, tamen in tantam coeunt unitatem ut duo priora uix intercedente iudice ratione discerni ualeant, species uidelicet corporis quod uidetur et imago eius quae fit in sensu, id est uisio. uoluntas autem tantam habet uim copulandi haec duo, ut et sensum formandum admoueat ei rei quae cernitur et in ea formatum teneat. et si tam uiolenta est ut possit uocari amor aut cupiditas aut libido, etiam ceterum corpus animantis uehementer afficit, et ubi non resistit pigrior duriorque materies in similem speciem coloremque commutat. licet uidere corpusculum chamaeleontis ad colores quos uidet facillima conuersione uariari. aliorum autem animalium, quia non est ad conuersionem facilis corpulentia, fetus plerumque produnt libidines matrum quid cum magna delectatione conspexerint. quam enim teneriora atque ut ita dixerim formabiliora sunt primordia seminum, tam efficaciter et capaciter sequuntur intentionem maternae animae et quae in ea facta est phantasia per corpus quod cupide aspexit. sunt exempla quae copiose commemorari possint, sed unum sufficit de fidelissimis libris quod fecit Iacob ut oues et caprae uarios coloribus parerent sup-
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Körpers, den man sieht, das Bild, das von ihm dem Sinn eingedrückt ist, was das Sehen oder der geformte Sinn ist, und der Wille des Geistes, der den Sinn zum sinnlichen Gegenstand hinbewegt und das Sehen selbst in ihm festhält. Das erste hiervon, das ist der sichtbare Gegenstand selbst, gehört nicht zur Natur des Lebewesens, wenn wir nicht gerade unseren Körper betrachten. Das zweite aber gehört in der Weise zu ihm, daß es im Leibe entsteht und vermittels des Körpers im Geist. Es entsteht nämlich im Sinnesvermögen, das weder ohne Leib noch ohne Seele ist. Das dritte aber gehört allein zur Seele, weil es Wille ist. Sind also diese drei von so verschiedenen Substanzen, so fügen sie sich doch zu einer solchen Einheit zusammen, daß man die beiden ersten kaum mit der sondernden Urteilskraft des Verstandes auseinanderhalten kann, die Gestalt des Körpers nämlich, der geschaut wird, und sein Bild, das im Sinne entsteht, das ist das Sehen. Der Wille aber hat eine solche Kraft, diese beiden zu verbinden, daß er den Sinn sowohl zur Formung an den Gegenstand, der gesehen wird, heranbewegt, wie auch, ist er geformt, in ihm festhält. Und wenn er so machtvoll ist, daß er Liebe genannt werden kann oder Begierde oder Lust, dann erregt er auch den übrigen Körper des Lebewesens heftig; und wo ihm nicht ein etwas träger oder schwerfälliger Stoff widersteht, da wandelt er ihn zu entsprechender Gestalt und Farbe. So kann man sehen, daß der kleine Leib des Chamäleons sehr leicht nach den Farben, die es sieht, sich wandelt und ändert. Bei anderen Tieren aber, deren körperliche Beschaffenheit einer Umwandlung nicht günstig ist, weisen die Jungen häufig die Spuren von dem auf, was die Mütter mit großer Lust bei der Begattung anschauten. Je zarter nämlich und sozusagen gestaltungsfähiger die Urkeime sind, um so wirksamer und bereitwilliger folgen sie der Richtung der mütterlichen Seele und der Vorstellung, die in dieser durch den Körper entstand, als sie begehrlich auf ihn hinblickte. Hierfür ließen sich Beispiele in großer Zahl anführen. Aber eines aus den getreuesten Büchern genügt, welches Jakob bietet, der, damit die Schafe und Ziegen gesprenkelte Jungen würfen, vor sie verschiedenfarbige Stäbe in
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ponendo eis uariata uirgulta in canalibus aquarum quae potantes intuerentur eo tempore quo conceperant. [2. 6] sed anima rationalis deformiter uiuit cum secundum trinitatem exterioris hominis uiuit, id est cum ad ea quae forinsecus sensum corporis formant non laudabilem uoluntatem qua haec ad utile aliquid referat, sed turpem cupiditatem qua his inhaerescat accommodat. [3. 6] quia etiam detracta specie corporis quae corporaliter sentiebatur remanet in memoria similitudo eius quo rursus uoluntas conuertat aciem ut inde formetur intrinsecus sicut ex corpore obiecto sensibili sensus extrinsecus formabatur. atque ita fit illa trinitas ex memoria et interna uisione et quae utrumque copulat uoluntate, quae tria cum in unum coguntur ab ipso coactu cogitatio dicitur. nec iam in his tribus diuersa substantia est. neque enim aut corpus illud sensibile ibi est quod omnino discretum est ab animantis natura, aut sensus corporis ibi formatur ut fiat uisio, aut ipsa uoluntas id agit ut formandum sensum sensibili corpori admoueat, in eoque formatum detineat. sed pro illa specie corporis quae sentiebatur extrinsecus succedit memoria retinens illam speciem quam per corporis sensum combibit anima, proque illa uisione quae foris erat cum sensus ex corpore sensibili formaretur succedit intus similis uisio cum ex eo quod memoria tenet formatur acies animi et absentia corpora cogitantur, uoluntasque ipsa quomodo foris corpori obiecto formandum sensum admouebat formatumque iungebat, sic
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die Wasserrinnen legte, welche sie beim Trinken zu der Zeit, als sie empfingen, anschauen sollten. [2. 6] Die verstandesbegabte Seele führt indes ein schimpfliches Leben, wenn sie nach der Dreiheit des äußeren Menschen lebt, das heißt, wenn sie sich mit den Dingen, die von außen her den Sinn des Leibes formen, einläßt, nicht in lobenswertem Willen, in welchem sie das Äußere auf irgendeinen Nutzen hinordnet, sondern in schmählicher Gier, in der sie sich diesen Dingen anpaßt. [3. 6] Auch wenn nämlich die Gestalt des Körpers, der mittels des Leibes wahrgenommen wurde, entfernt wird, bleibt in der Erinnerung sein ihm ähnliches Abbild zurück, auf das der Wille die Sehkraft wiederum hinlenken kann, so daß sie hierdurch von innen her geformt wird, wie der Sinn von dem ihm begegnenden sinnlichen Körper von außen her geformt wurde. Und so entsteht eine Dreiheit aus Erinnerung, innerer Schau und dem Willen, der beide eint. Und weil diese drei sich zu Einem zusammenfügen, so nennt man dieses Zusammenfügen Denken.49 Bei diesen dreien nun herrscht keine Substanzverschiedenheit mehr. Weder ist dort nämlich jener sinnfällige Körper, der von der Natur des Lebewesens ganz und gar verschieden ist, noch wird dort der Leibessinn geformt, auf daß das Sehen geschehe, noch bewirkt der Wille, daß er den Sinn zur Formung an den sinnlichen Gegenstand hinbewegt und in ihm, ist er geformt, festhält. Auf die körperliche Gestalt, die draußen wahrgenommen wurde, folgt vielmehr die die Gestalt, welche die Seele durch den Leibessinn in sich hineintrinkt, aufbewahrende Erinnerung – und auf das Sehen, das sich nach außen richtete, als der Sinn vom sinnlichen Körper geformt wurde, folgt ein ähnliches inneres Sehen, da von dem, was die Erinnerung festhält, die Sehkraft des Geistes geformt wird, und abwesende Körper gedacht werden – und der Wille selbst wendet, wie er den Sinn zu dem ihm gegenüberstehenden Körper nach außen zur Formung hinbewegte und nach der Formung mit dem Körper verband, so die Sehkraft des sich erinnernden Geistes der Erinnerung zu, auf daß sie von dem, was diese festge-
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aciem recordantis animi conuertit ad memoriam ut ex eo quod illa retinuit ista formetur, et fit in cogitatione similis uisio. sicut autem ratione discernebatur species uisibilis qua sensus corporis formabatur et eius similitudo quae fiebat in sensu formato ut esset uisio – alioquin ita erant coniunctae ut omnino una eademque putaretur, sic illa phantasia, cum animus cogitat speciem uisi corporis, cum constet ex corporis similitudine quam memoria tenet et ex ea quae inde formatur in acie recordantis animi, tamen sic una et singularis apparet ut duo quaedam esse non inueniantur nisi iudicante ratione qua intellegimus aliud esse illud quod in memoria manet etiam cum aliunde cogitamus et aliud fieri cum recordamur, id est ad memoriam redimus, et illic inuenimus eandem speciem. quae si iam non ibi esset, ita oblitos nos esse diceremus ut omnino recolere non possemus; si autem acies recordantis non formaretur ex ea re quae erat in memoria, nullo modo fieret uisio cogitantis. sed utriusque coniunctio, id est eius quam memoria tenet et eius quae inde exprimitur ut formetur acies recordantis, quia simillimae sunt, ueluti unam facit apparere. cum autem cogitantis acies auersa inde fuerit atque id quod in memoria cernebatur destiterit intueri, nihil formae quae impressa erat in eadem acie remanebit, atque inde formabitur quo rursus conuersa fuerit ut alia cogitatio fiat. manet tamen illud quod reliquit in memoria, quo rursus cum id recordamur conuertatur, et conuersa formetur atque unum cum eo fiat unde formatur.
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halten, geformt werde und im Denken ein ähnliches Sehen geschehe.50 Wie aber durch den Verstand die sichtbare Gestalt, durch die der Sinn des Leibes geformt wurde, und sein ihm ähnliches Abbild, welches im geformten Sinn entstand, auf daß sich das Sehen vollziehe, unterschieden wurden (im übrigen waren sie ja so innig verbunden, daß sie vollkommen für ein und dasselbe gehalten wurden), so ist es auch mit der Vorstellung, wenn der Geist die Gestalt des geschauten Körpers denkt. Wenn sie auch aus dem ähnlichen Abbild besteht, welches das Gedächtnis festhält und aus dem herrührt, was hiervon in der Sehkraft der sich erinnernden Seele geformt wird, so erscheinen diese beiden so einig und einzig, daß nur durch den urteilenden Verstand gefunden wird, daß es sich um zweierlei handelt. Mit ihm sehen wir ein, daß etwas anderes ist, was in der Erinnerung bleibt, auch wenn unsere Gedanken anderswo sind, und daß etwas anderes entsteht, wenn wir uns erinnern, das heißt zur Erinnerung (als Gedächtnis) zurückkehren und dort die gleiche Gestalt finden.51 Wenn sie nicht mehr dort wäre, dann würden wir sagen, daß wir sie so sehr vergessen haben, daß wir uns überhaupt nicht mehr entsinnen können.52 Wenn aber die Sehkraft des sich Erinnernden nicht von dem Gegenstand, der in der Erinnerung war, geformt würde, dann könnte sich kein Sehen für den Denkenden erfüllen. Aber die Verbindung der beiden, das heißt jenes Bildes, welches die Erinnerung festhält, und jenes Bildes, das als Ausdruck von ihm entstand, so daß die Sehkraft des sich Erinnernden geformt wurde, läßt die beiden, weil sie einander ganz ähnlich sind, wie eines erscheinen. Wenn sich aber die Sehkraft des Denkenden abwendet und aufhört, das, was in der Erinnerung erkannt wurde, anzuschauen, dann bleibt von der Form, die eben dieser Sehkraft eingeprägt war, nichts mehr übrig, vielmehr wird sie wieder von dieser Form geformt werden, wenn sie sich ihr erneut zuwendet, auf daß ein neuer Gedanke entstehe. Es bleibt aber, was sie in der Erinnerung zurückließ, wohin sie sich, wenn wir uns an es erinnern, wieder hinwendet, und wird, sich ihm zuwendend, geformt und eins mit dem, von dem sie geformt wird.
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[4. 7] uoluntas uero illa quae hac atque hac fert et refert aciem formandam coniungitque formatam, si ad interiorem phantasiam tota confluxerit atque a praesentia corporum quae circumiacent sensibus atque ab ipsis sensibus corporis animi aciem omnino auerterit atque ad eam quae intus cernitur imaginem penitus conuerterit, tanta offunditur similitudo speciei corporalis expressa ex memoria ut nec ipsa ratio discernere sinatur utrum foris corpus ipsum uideatur an intus tale aliquid cogitetur. nam interdum homines nimia cogitatione rerum uisibilium uel inlecti uel territi etiam eiusmodi repente uoces ediderunt quasi reuera in mediis talibus actionibus seu passionibus uersarentur. et memini me audisse a quodam quod tam expressam et quasi solidam speciem feminei corporis in cogitando cernere soleret ut ei se quasi misceri sentiens etiam genitalibus flueret. tantum habet uirium anima in corpus suum et tantum ualet ad indumenti qualitatem uertendam atque mutandam quomodo afficiatur indutus qui cohaeret indumento suo. ex eodem genere affectionis etiam illud est quod in somnis per imagines ludimur. sed plurimum differt utrum sopitis sensibus corporis sicuti sunt dormientium, aut ab interiore compage turbatis sicuti sunt furentium, aut alio quodam modo alienatis sicuti sunt diuinantium uel prophetantium, animi intentio quadam necessitate incurrat in eas quae occurrunt imagines siue ex memoria siue alia aliqua occulta ui per quasdam spiritales mixturas similiter spiritalis substantiae, an sicut sanis atque uigilantibus interdum contingit ut cogitatione occupata se uoluntas auertat a sensibus atque ita formet animi aciem uariis imaginibus rerum sensibili-
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[4. 7] Wenn aber der Wille, der die Sehkraft zur Formung hierhin und dorthin trägt und von da und dort wieder wegträgt und sie nach der Formung mit dem Gegenstand verbunden hält, ganz mit dem inneren Vorstellungsbild zusammenfließt und die Sehkraft der Seele von der Gegenwart der Körper, die im Umkreis der Sinne liegen, und von diesen Sinnen selbst ganz und gar wegwendet und jenem Bild, das inwendig gesehen wird, gänzlich zuwendet, dann erfüllt sich eine so große Ähnlichkeit (des Vorstellungsbildes) mit der körperlichen, aus der Erinnerung hervorgebrachten Gestalt, daß auch der Verstand nicht zu unterscheiden vermag, ob der Körper draußen selbst gesehen oder dergestalt inwendig gedacht wird. Bisweilen haben nämlich die Menschen, von einem allzu lebhaften Denken an sichtbare Dinge gelockt oder erschreckt, plötzlich auch solche Laute ausgestoßen, als ob sie sich wirklich mitten in derartigem Tun oder Erleiden befänden. Ich erinnere mich, von jemandem gehört zu haben, daß er in seinen Denken so deutlich und gleichsam so festumrissen die Gestalt eines weiblichen Körpers zu sehen pflegte, daß er sich gewissermaßen mit ihm vereinigt fühlte und auch der Same zu fließen begann. So groß sind die Kräfte der Seele im Körper und so sehr vermag sie die Beschaffenheit ihrer Hülle zu wandeln und zu ändern, daß einer diese Hülle annimmt, mit der er zusammenhängt. Zur selben Art der Einwirkung gehört es auch, wenn wir im Traum durch Vorstellungsbilder genarrt werden. Es ist aber ein großer Unterschied, ob die Leibessinne schlummern wie bei Schlafenden, oder ob sie vom inneren Gefüge gestört sind, wie bei Rasenden, oder ob sie sonst irgendwie sich selbst entfremdet sind, wie bei Weissagenden oder Vorhersagenden, wenn die Aufmerksamkeit des Geistes in einer Art Notwendigkeit auf die Bilder stößt, die ihr begegnen, sei es aus der Erinnerung, sei es durch irgendeine geheime Kraft, durch gewisse geistige Mischungen ähnlicher geistiger Substanzen, oder ob, wie es Gesunden und Wachen bisweilen widerfährt, der vom Denken ganz ergriffene Wille sich von den Sinnen wegwendet und die Sehkraft des Geistes durch die verschiedenen Bilder sinnlicher Dinge in solcher Weise formt, als ob sie selbst als sinnliche Gegenstände wahrgenommen würden.
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um tamquam ipsa sensibilia sentiantur. non tantum autem cum appetendo in talia uoluntas intenditur fiunt istae impressiones imaginum, sed etiam cum deuitandi et cauendi causa rapitur animus in ea contuenda quae fugiat. unde non solum cupiendo sed etiam metuendo infertur uel sensus ipsis sensibilibus uel acies animi formanda imaginibus sensibilium. itaque aut metus aut cupiditas quanto uehementior fuerit tanto expressius formatur acies siue sentientis ex corpore quod in loco adiacet siue cogitantis ex imagine corporis quae memoria continetur. quod ergo est ad corporis sensum aliquod corpus in loco, hoc est ad animi aciem similitudo corporis in memoria; et quod est aspicientis uisio ad eam speciem corporis ex qua sensus formatur, hoc est uisio cogitantis ad imaginem corporis in memoria constitutam ex qua formatur acies animi; et quod est intentio uoluntatis ad corpus uisum uisionemque copulandam ut fiat ibi quaedam unitas trium quamuis eorum sit diuersa natura, hoc est eadem uoluntatis intentio ad copulandam imaginem corporis quae inest in memoria et uisionem cogitantis, id est formam quam cepit acies animi rediens ad memoriam, ut fiat et hic quaedam unitas ex tribus non iam naturae diuersitate discretis sed unius eiusdemque substantiae quia hoc totum intus est et totum unus animus. [4. 8] sicut autem cum forma et species corporis interierit non potest ad eam uoluntas sensum reuocare cernentis, ita cum imago quam memoria gerit obliuione deleta est non erit quo animi aciem formandam uoluntas recordando retorqueat.
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Aber nicht nur dann, wenn der Wille strebend sich nach solchen Gegenständen ausstreckt, entstehen diese Einprägungen von Bildern, sondern auch wenn der Geist, um sie zu meiden und sich davor zu bewahren, sich hinreißen läßt, anzuschauen, was er flieht. Daher verbindet sich nicht nur aus Gier, sondern auch aus Furcht sowohl der Sinn mit diesem Sinnlichen als auch die Sehkraft des Geistes mit den Bildern des Sinnlichen, um von ihnen geformt zu werden. Je heftiger daher sowohl die Furcht als auch die Gier wird, um so ausgeprägter formt sich die Sehkraft, sei es des vom Körper her, der ihn im Raum umgibt, her Wahrnehmenden, sei es vom Bild des Körpers, das im Gedächtnis enthalten ist, her Denkenden. Was daher für den Leibessinn ein Körper an einem bestimmten Ort ist, das ist für die Sehkraft des Geistes das dem Körper ähnliche Abbild in der Erinnerung; und was für die Gestalt des Körpers, aus der der Sinn geformt wird, das Sehen des Hinblickenden ist, das ist das Sehen des Denkenden für das in der Erinnerung geschaffene Bild des Körpers, aus dem die Sehkraft des Geistes geformt wird; und was die Aufmerksamkeit des Willens ist bezüglich der Einung des erblickten Körpers und des Sehens – damit hier eine Art Einheit der drei wird, wenngleich ihre Natur verschieden ist –, das bedeutet eben diese Aufmerksamkeit des Willens für die Einung des Bildes des Körpers, das in der Erinnerung ist, und des Sehens des Denkenden, das heißt der Form, welche die Sehkraft des Geistes, zur Erinnerung zurückkehrend, in sich aufnahm, damit auch hier eine Art Einheit aus den dreien entsteht, die ja ohnehin schon nicht mehr durch Naturverschiedenheit gesondert, sondern von einer und derselben Substanz sind, weil dies Ganze innen ist und das Ganze der eine Geist. [4. 8] Wie aber der Wille, wenn die Form und Gestalt des Körpers zugrundegeht, den Sinn des Sehenden nicht mehr dahin zurückrufen kann, so wird es, wenn das Bild, das die Erinnerung trägt, vom Vergessen ausgelöscht ist, keinen Ort mehr geben, an den der Wille im Erinnern die Sehkraft des Geistes zur Formung zurückwendet.
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[5. 8] sed quia praeualet animus non solum oblita uerum etiam non sensa nec experta confingere ea quae non exciderunt augendo, minuendo, commutando, et pro arbitrio componendo, saepe imaginatur quasi ita sit aliquid quod aut scit non ita esse aut nescit ita esse. in quo genere cauendum est ne aut mentiatur ut decipiat aut opinetur ut decipiatur. quibus duobus malis euitatis nihil ei obsunt imaginata phantasmata sicut nihil obsunt experta sensibilia et retenta memoriter si neque cupide appetantur si iuuant neque turpiter fugiantur si offendunt. cum autem in his uoluntas relictis melioribus auida uolutatur, immunda fit, atque ita et cum adsunt perniciose et cum absunt perniciosius cogitantur. male itaque uiuitur et deformiter secundum trinitatem hominis exterioris quia et illam trinitatem quae licet interius imaginetur, exteriora tamen imaginatur, sensibilium corporaliumque utendorum causa peperit. nullus enim eis uti posset etiam bene nisi sensarum rerum imagines memoria tenerentur, et nisi pars maxima uoluntatis in superioribus atque interioribus habitet, eaque ipsa quae commodatur siue foris corporibus siue intus imaginibus eorum nisi quidquid in eis capit ad meliorem uerioremque uitam referat atque in eo fine cuius intuitu haec agenda iudicat adquiescat. quid aliud facimus nisi quod nos apostolus facere prohibet dicens: nolite conformari huic saeculo? quapropter non est ista trinitas imago dei. ex ultima quippe, id est corporea creatura qua superior est anima, in ipsa anima fit per sensum corporis. nec tamen est omni modo dissimilis. quid enim non pro suo genere ac pro suo modulo habet similitudinem dei quandoquidem deus fecit omnia bona ualde non ob
22 Rm 12,2 26-27 Gn 5,1; Iac 3,9
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[5. 8] Weil aber der Geist die große Macht hat, nicht nur vom Vergessenen, sondern auch vom weder Wahrgenommenem noch Erfahrenem sich ein Bild zu machen, indem er, was ihm noch nicht entfiel, vergrößert, verringert, umwandelt, nach Belieben zusammenfügt, bildet er sich oft etwas ein, es sei so der so, wobei er entweder weiß, daß es nicht so ist, oder nicht weiß, daß es so ist. Hierbei muß er sich davor hüten, daß er weder lüge und Unwahres sagt, noch sich etwas einbildet und so getäuscht wird. Wenn er diese zwei Fehler vermeidet, dann schaden ihm diese eingebildeten Vorstellungen in keiner Weise, wie auch die Erfahrung und erinnerungsweise Aufbewahrung von Sinnlichem in keiner Weise schadet, wenn man weder gierig nach ihm trachtet, sofern es Lust verursacht, noch schmählich vor ihm flieht, wenn es Unlust bereitet. Wenn aber der Wille das Bessere aufgibt und begierig sich in diesen Dingen umhertreibt, wird er unrein, und so denkt man an sie mit Schaden, wenn sie anwesend sind, und mit noch größerem Schaden, wenn sie abwesend sind. Schlecht und schimpflich lebt man daher, wenn man nach der Dreiheit des äußeren Menschen lebt, weil auch diese Dreiheit, auch wenn sie sinnlich vorgestellt wird, doch Äußeres vorstellt und um des Gebrauchs sinnlicher und körperlicher Dinge wegen erzeugt wird. Keiner nämlich könnte diese (auch nicht in guter Weise) gebrauchen, wenn nicht die Bilder der wahrgenommenen Dinge in der Erinnerung festgehalten würden – wenn nicht auch der größte Teil des Willens, der im Höheren und Inneren wohnte, und soweit er den Körpern draußen oder deren Bildern drinnen sich anpaßt, alles, was er dabei aufnimmt, auf ein besseres und wahreres Leben bezöge und in diesem Ziel, in dessen Anblick er so tätig sein zu müssen urteilt, zur Ruhe käme. Was würden wir da anderes tun als das, was zu tun der Apostel uns abhalten will, wenn er sagt; »Werdet nicht gleichförmig dieser Welt?« Deshalb ist diese Dreiheit kein Bild Gottes. Aus der untersten, das heißt aus der körperlichen Schöpfung, der gegenüber höher die Seele ist, entsteht sie ja eben in der Seele durch den Sinn des Körpers. Doch ist sie auch nicht ganz unähnlich.53 Was hätte nämlich nicht in seiner Art und nach seinem Maß eine Ähnlichkeit mit Gott, wo Gott doch alles sehr gut schuf, aus
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aliud nisi quia ipse summe bonus est? in quantum ergo bonum est quidquid est in tantum scilicet quamuis longe distantem habet tamen nonnullam similitudinem summi boni, et si naturalem utique rectam et ordinatam; si autem uitiosam utique turpem atque peruersam. nam et animae in ipsis peccatis suis non nisi quandam similitudinem dei superba et praepostera et, ut ita dicam, seruili libertate sectantur. ita nec primis parentibus nostris persuaderi peccatum posset nisi diceretur: eritis sicut dii. non sane omne quod in creaturis aliquo modo simile est deo etiam eius imago dicenda est, sed illa sola qua superior ipse solus est. ea quippe de illo prorsus exprimitur inter quam et ipsum nulla interiecta natura est. [5. 9] uisionis igitur illius, id est formae quae fit in sensu cernentis, quasi parens est forma corporis ex qua fit. sed parens illa non uera, unde nec ista uera proles est; neque enim omnino inde gignitur quoniam aliquid aliud adhibetur corpori ut ex illo formetur, id est sensus uidentis. quocirca id amare alienari est. itaque uoluntas quae utrumque coniungit quasi parentem et quasi prolem magis spiritalis est quam utrumlibet illorum. nam corpus illud quod cernitur omnino spiritale non est; uisio uero quae fit in sensu habet admixtum aliquid spiritale quia sine anima fieri non potest, sed non totum ita est quoniam ille qui formatur corporis sensus est. uoluntas ergo quae utrumque coniungit magis, ut dixi, spiritalis agnoscitur, et ideo tamquam personam spiritus insinuare incipit in illa trinitate. sed magis pertinet ad sensum formatum quam ad illud corpus unde formatur. sensus enim animantis et uoluntas animae est non lapidis aut alicuius corporis quod uidetur. non ergo ab illo quasi parente procedit,
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keinem anderen Grund als deshalb, weil er selbst in höchster Weise gut ist? Insofern also gut ist, was immer ist, insoweit hat es eine, wenn auch entfernte, so doch irgendeine Ähnlichkeit mit dem höchsten Gut, und wenn es natürlich bleibt, so ist es richtig und geordnet; wenn es fehlerhaft wird, so ist es freilich häßlich und verkehrt.54 Denn die Seelen jagen auch in ihren Sünden, in ihrer hochmütigen und verkehrten, ich möchte sagen: knechtischen Freiheit, einer Ähnlichkeit mit Gott nach. So hätten auch unsere Stammeltern nicht zur Sünde überredet werden können, wenn man ihnen nicht gesagt hätte: »Ihr werdet sein wie Gott.« Es ist indes nicht alles, was in der Schöpfung irgendwie Gott ähnlich ist, auch sein Bild zu nennen, sondern nur jenes, jenseits dessen allein noch er ist. Im Bild wird Gott ja nur dadurch vollständig ausgedrückt, daß zwischen ihm und Gott keine Natur dazwischen ist.55 [5. 9] Hinsichtlich jenes Sehens also, das ist der Form, die im Sinn des Sehenden entsteht, ist die Form des Körpers, aus welcher das Sehen entsteht, gleichsam die Erzeugerin. Doch ist sie nicht die wahre Erzeugerin, wie jene auch nicht wahrer Sprößling ist. Sehen wird nämlich nicht vollständig von der Form des Körpers erzeugt, da ja noch etwas anderes zu dem Körper in Beziehung tritt, damit es von ihm geformt werde, das ist der Sinn des Sehenden. Sonach heißt ihn zu lieben sich selbst entfremdet werden.56 Daher ist der Wille, der beide eint, den gleichsam Erzeugenden und gleichsam den Sprößling, geistiger als jeder von diesen beiden. Denn jener Körper, der gesehen wird, ist überhaupt nicht geistig. Dem Sehen hingegen, das im Sinn geschieht, ist zwar etwas Geistiges beigemischt, weil es ohne Seele nicht geschehen kann, doch ist es nicht als ganzes so, weil das, was dabei geformt wird, der Sinn des Körpers ist. Der Wille also, der beide eint, ist, wie gesagt, in höherem Maße als geistig anzuerkennen; deshalb beginnt er in dieser Dreiheit gleichsam auf die Person des Geistes hinzudeuten.57 Er gehört aber mehr zum geformten Sinn als zu jenem Körper, von dem her er geformt wird. Der Sinn gehört ja zum Lebewesen und der Wille zur Seele – nicht zum Stein oder zu sonst einem Körper, der gesehen wird. Er geht also nicht vom Körper wie von seinem Erzeuger
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sed nec ab ista quasi prole, hoc est uisione ac forma quae in sensu est. prius enim quam uisio fieret iam erat uoluntas quae formandum sensum cernendo corpori admouit, sed nondum erat placitum. quomodo enim placeret quod nondum erat uisum? placitum autem quieta uoluntas est. ideoque nec quasi prolem uisionis possumus dicere uoluntatem quia erat ante uisionem, nec quasi parentem quia non ex uoluntate sed ex uiso corpore formata et expressa est. [5.10] finem fortasse uoluntatis et requiem possumus recte dicere uisionem ad hoc dumtaxat unum; neque enim propterea nihil aliud uolet quia uidet aliquid quod uolebat. [6.10] non itaque omnino ipsa uoluntas hominis cuius finis non est nisi beatitudo, sed ad hoc unum interim uoluntas uidendi finem non habet nisi uisionem siue id referat ad aliud siue non referat. si enim non referat ad aliud uisionem sed tantum uoluit ut uideret, non est disputandum quomodo ostendatur finem uoluntatis esse uisionem; manifestum est enim. si autem referat ad aliud, uult utique aliud nec iam uidendi uoluntas erit, aut si uidendi, non hoc uidendi. tamquam si uelit quisque uidere cicatricem ut inde doceat uulnus fuisse, aut si uelit uidere fenestram ut per fenestram uideat transeuntes; omnes istae atque aliae tales uoluntates suos proprios fines habent qui referuntur ad finem illius uoluntatis qua uolumus beate uiuere et ad eam peruenire uitam quae non referatur ad aliud sed amanti per se ipsa sufficiat. uoluntas ergo uidendi finem habet uisionem, et uoluntas hanc rem uidendi finem habet huius rei uisionem. uoluntas
1-2 De beata vita 2,10; De lib. arb. II, 9,26; 19,52; De civ. dei 19,1; 19,26 12 Sen. dial. 7,1
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hervor, aber auch nicht von dem, was gleichsam sein Sprößling ist, das heißt vom Sehen und der Form, die im Sinn ist. Bevor nämlich das Sehen geschah, war schon der Wille, der den Sinn, damit er im Sehen geformt werde, auf den Körper hinrichtete, aber es war noch kein Gefallen. Wie sollte denn gefallen, was noch nicht gesehen ist? Gefallen aber ist zur Ruhe gekommener Wille. Deshalb können wir den Willen nicht gleichsam den Sprößling des Sehens nennen, weil er schon vor dem Sehen war, und auch nicht gleichsam dessen Erzeuger, weil es nicht vom Willen, sondern vom geschauten Körper geformt und geprägt wurde. [10] Das Sehen können wir vielleicht mit Recht das Endziel des Willens und seine Ruhe nennen, bis jetzt wenigstens dies eine. Er wird ja nicht deswegen, weil er sieht, was er wollte, nichts anderes mehr wollen. [6.10] Nicht hat daher der Wille des Menschen, dessen Endziel nichts anderes ist als die Glückseligkeit, überhaupt kein anderes Endziel, sondern nur für diesen einen Fall hat der Wille zum Sehen vorläufig kein anderes Endziel als das Sehen, mag er dieses auf ein anderes Ziel beziehen oder nicht beziehen. Wenn er nämlich das Sehen nicht auf ein anderes Ziel bezieht, sondern nur zu sehen begehrte, dann braucht man nicht weiter zu erörtern, wie das Sehen als das Endziel des Willens dargelegt werden könne; denn es ist offenkundig. Wenn er es aber auf ein anderes Ziel bezieht, dann will er sicherlich dies andere Ziel, und er ist nicht mehr bloß der Wille zum Sehen, oder, wenn schon zum Sehen, dann doch nicht mehr Wille, dies zu sehen. Es ist so, wie wenn einer eine Narbe sehen wollte, um hieran zu lehren, daß eine Wunde da war, oder wie wenn jemand das Fenster sehen wollte, um durch das Fenster die Vorübergehenden zu sehen. Alle diese und andere derartige Willensregungen haben ihre Eigenziele, die auf das Endziel jenes Willens bezogen werden, in dem wir glückselig leben und zu jenem Leben gelangen wollen, das nicht mehr auf etwas anderes bezogen ist, sondern dem Liebenden durch sich selbst genügt. Der Wille also zum Sehen hat das Sehen zum Ziel, und der Wille, diesen Gegenstand zu sehen, hat sein Ziel im Sehen dieses Gegenstandes. Der Wille, eine
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itaque uidendi cicatricem finem suum expetit, hoc est uisionem cicatricis, et ad eam ultra non pertinet; uoluntas enim probandi uulnus fuisse alia uoluntas est, quamuis ex illa religetur, cuius item finis est probatio uulneris. et uoluntas uidendi fenestram finem habet fenestrae uisionem; altera est enim quae ex ista nectitur uoluntas per fenestram uidendi transeuntes, cuius item finis est uisio transeuntium. rectae autem sunt uoluntates et omnes sibimet religatae si bona est illa quo cunctae referuntur; si autem praua est, prauae sunt omnes. et ideo rectarum uoluntatum conexio iter est quoddam ascendentium ad beatitudinem quod certis uelut passibus agitur; prauarum autem atque distortarum uoluntatum implicatio uinculum est quo alligabitur qui hoc agit ut proiciatur in tenebras exteriores. beati ergo qui factis et moribus cantant canticum graduum, et uae his qui trahunt peccata sicut restem longam. sic est autem requies uoluntatis quem dicimus finem si adhuc refertur ad aliud quemadmodum possumus dicere requiem pedis esse in ambulando cum ponitur unde alius innitatur cum passibus pergitur. si autem aliquid ita placet ut in eo cum aliqua delectatione uoluntas adquiescat, nondum est tamen illud quo tenditur, sed et hoc refertur ad aliud; deputetur non tamquam patria ciuis sed tamquam refectio uel etiam mansio uiatoris. [7.11] iam uero in alia trinitate interiore quidem quam est ista in sensibilibus et in sensibus sed tamen quae inde concepta est, cum iam non ex corpore sensus corporis sed ex memoria formatur acies animi cum in ipsa memoria species inhaeserit corporis quod forinsecus sensimus, illam speciem quae in memoria est
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Narbe zu sehen, erstrebt also das ihm eigene Ziel, das heißt das Sehen der Narbe, und zu ihm gehört weiter nichts mehr. Der Wille nämlich nachzuweisen, daß eine Wunde da war, ist ein anderer Wille, wenngleich er sich aus jenem ableitete, ebenso ist sein Ziel der Nachweis einer Wunde. Und der Wille, das Fenster zu sehen, hat als Ziel das Sehen des Fensters. Ein anderer nämlich ist der daran sich knüpfende Wille, durch das Fenster die Vorübergehenden zu sehen, ebenso ist sein Ziel das Sehen der Vorübergehenden. Richtig aber sind diese Willensregungen und alle mit ihnen verflochtenen, wenn jene gut ist, auf die alle bezogen sind; wenn diese aber schlecht ist, sind alle schlecht. Und deshalb ist die Verknüpfung der richtigen Willensbewegungen eine Art Weg für die zur Glückseligkeit Emporsteigenden, der gleichsam mit sicheren Schritten zurückgelegt wird. Die Verwicklung aber in schlechte und verkehrte Willensregungen ist eine Fessel, durch die der gebunden ist, der so handelt, daß er in die äußerste Finsternis geworfen wird: Selig also, die in Tun und Verhalten den ›Stufengesang‹ singen, und ›wehe denen, die Sünden mit sich schleppen wie ein langes Seil!‹ So aber ist, was wir Ziel nennen, die Ruhe des Willens, wenn er noch auf etwas anderes bezogen wird, wie wir von der Ruhe des Fußes beim Wandern sprechen können, wenn wir ihn niedersetzen, so daß der andere Fuß sich darauf stütze, und mit Schritten die Wanderung fortgesetzt wird. Wenn aber etwas so gefällt, daß der Wille mit einigem Gefallen darin ausruht, so ist es doch noch nicht dasjenige, wohin man strebt, sondern auch dies wird auf etwas anderes bezogen; es ist nicht wie die Heimat des Bürgers anzusehen, sondern gleichsam als Erfrischung oder auch Herberge des Wanderers. [7.11] Bei jener Dreiheit hingegen, die zwar innerlicher ist als die im Sinnlichen und in den Sinnen sich vollziehende, die aber doch von daher empfangen wurde, da ja dabei nicht mehr vom Körper der Sinn des Körpers, sondern aus der Erinnerung die Sehkraft des Geistes geformt wird, wenn die Gestalt des Körpers, den wir draußen wahrgenommen haben, in der Erinnerung selbst festhängt, bei dieser Dreiheit also nennen wir die Gestalt,
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quasi parentem dicimus eius quae fit in phantasia cogitantis. erat enim in memoria et priusquam cogitaretur a nobis sicut erat corpus in loco et priusquam sentiretur ut uisio fieret. sed cum cogitatur ex illa quam memoria tenet, exprimitur in acie cogitantis et reminiscendo formatur ea species quae quasi proles est eius quam memoria tenet. sed neque illa uera parens, neque ista uera proles est. acies quippe animi quae formatur ex memoria cum recordando aliquid cogitamus non ex ea specie procedit quam meminimus uisam quandoquidem eorum meminisse non possemus nisi uidissemus; acies autem animi quae reminiscendo formatur erat etiam priusquam corpus quod meminimus uideremus. quanto magis priusquam id memoriae mandaremus. quamquam itaque forma quae fit in acie recordantis ex ea fiat quae inest memoriae, ipsa tamen acies non inde exsistit, sed erat ante ista. consequens est autem ut si non est illa uera parens, nec ista uera sit proles. sed et illa quasi parens et ista quasi proles aliquid insinuant unde interiora atque ueriora exercitatius certiusque uideantur. [7.12] difficilius iam plane discernitur utrum uoluntas quae memoriae copulat uisionem non sit alicuius eorum siue parens siue proles, et hanc discretionis difficultatem facit eiusdem naturae atque substantiae parilitas et aequalitas. neque enim sicut foris facile discernebatur formatus sensus a sensibili corpore et uoluntas ab utroque propter naturae diuersitatem quae inest ab inuicem omnibus tribus, de qua satis supra disseruimus, ita et hic potest. quamuis enim haec trinitas de qua nunc quaeritur forinsecus inuecta est animo, intus tamen agitur et non est quid-
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die in der Erinnerung ist, gleichsam die Erzeugerin der Gestalt, die in der Einbildungskraft des Denkenden ist. Sie war in der Erinnerung, noch bevor sie von uns gedacht wurde, wie der Körper im Raum und Ort war, auch bevor er wahrgenommen wurde, wodurch dann das Sehen geschah. Aber wenn sie gedacht wird, dann prägt sie sich von der Gestalt, die die Erinnerung festhält, in der Sehkraft des Denkenden aus, und durch das Wieder-Sichentsinnen wird jene Form gebildet, die gleichsam der Sproß ist jener, die die Erinnerung festhält. Aber auch hier ist die eine keine wahre Erzeugerin, die andere kein wahrer Sproß. Die Sehkraft des Geistes nämlich, die aus der Erinnerung geformt wird, wenn wir, uns erinnernd, etwas denken, geht nicht aus der Gestalt hervor, die wir als gesehene erinnern – dieser Dinge könnten wir uns ja nicht erinnern, hätten wir sie nicht gesehen. Die Sehkraft des Geistes aber, die im Wiedersichentsinnen geformt wird, war schon, auch ehe wir den Körper, den wir erinnern, gesehen haben. Um wieviel mehr, bevor wir ihn dem Gedächtnis anvertrauten? Wenngleich daher die Form, die in der Sehkraft des sich Erinnernden entsteht, aus jener Form entsteht, die in der Erinnerung ist, so hat diese Sehkraft doch nicht hier ihren Ursprung, sondern war schon vorher. Es ist aber folgerichtig, daß, wenn die eine nicht wahre Erzeugerin ist, die andere nicht wahrer Sproß ist. Aber da sowohl die eine gleichsam Erzeugerin und die andere gleichsam Sproß ist, deuten sie einen Sachverhalt an, von dem her sich Innerlicheres und Wahreres geübter und sicherer sehen läßt. [7.12] Besonders schwierig ist es, zu unterscheiden, ob der Wille, der die Schau mit der Erinnerung eint, nicht einer von beiden, sei es der Erzeuger, sei es der Sproß ist. Die Schwierigkeit dieser Unterscheidung kommt von der Gleichförmigkeit und Gleichheit derselben Natur und Substanz. Denn nicht ist, wie bei der äußeren Sinneswahrnehmung der geformte Sinn vom sinnlichen Körper und der Wille von beiden wegen der allen dreien zukommenden Naturverschiedenheit (worüber wir oben hinlänglich gesprochen haben) leicht unterschieden wurde, dies auch hier möglich. Wenngleich nämlich diese Dreiheit, von der jetzt die Rede ist, von außen in den Geist hereingekommen
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quam eius praeter ipsius animi naturam. quo igitur pacto demonstrari potest, uoluntatem nec quasi parentem nec quasi prolem esse, siue corporeae similitudinis quae memoria continetur siue eius quae inde cum recordamur exprimitur, quando utrumque in cogitando ita copulat ut tamquam unum singulariter appareat et discerni nisi ratione non possit? atque illud primum uidendum est non esse posse uoluntatem reminiscendi nisi uel totum uel aliquid rei eius quam reminisci uolumus in penetralibus memoriae teneamus. quod enim omni modo et omni ex parte obliti fuerimus, nec reminiscendi uoluntas exoritur quoniam quidquid recordari uolumus recordati iam sumus in memoria nostra esse uel fuisse. uerbi gratia si recordari uolo quid heri cenauerim, aut recordatus iam sum cenasse me, aut si et hoc nondum, certe circa ipsum tempus aliquid recordatus sum, si nihil aliud ipsum saltem hesternum diem et eius eam partem qua cenari solet et quid sit cenare. nam si nihil tale recordatus essem, quid heri cenauerim recordari uelle non possem. unde intellegi potest uoluntatem reminiscendi ab his quidem rebus quae memoria continentur procedere adiunctis simul eis quae inde per recordationem cernendo exprimuntur, id est ex copulatione rei cuiusdam quam recordati sumus et uisionis quae inde facta est in acie cogitantis cum recordati sumus. ipsa quae utrumque copulat uoluntas requirit et aliud quod quasi uicinum est atque contiguum recordanti. tot igitur huius generis trinitates quot recordationes quia nulla est earum ubi non haec tria sint, illud quod in memoria reconditum est etiam antequam cogitetur, et illud quod fit in cogitatione cum cernitur, et uoluntas utrumque
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ist, so verwirklicht sie sich doch drinnen, und nichts an ihr liegt außerhalb der Natur des Geistes selbst. Wie läßt sich also zeigen, daß der Wille nicht gleichsam der Erzeuger und nicht gleichsam der Sproß ist, sei es der körperhaften Ähnlichkeit, die in der Erinnerung enthalten ist, sei es dessen, was sich hiervon, wenn wir uns erinnern, ausprägt, wo er doch beides im Denken so sehr eint, daß sie gleichsam wie eine einzige Wirklichkeit erscheinen und nur der Verstand sie zu unterscheiden vermag? Erstlich nun muß man beachten, daß es einen Willen zum Wiedererinnern nur geben kann, wenn wir entweder das Ganze oder einen Teil dessen, was wir wieder erinnern wollen, in den Gemächern unserer Erinnerung festhalten. Wenn wir nämlich etwas auf jede Weise und in allen Teilen vergessen haben, so kann auch kein Wille entstehen, sich daran zu erinnern, denn was immer wir erinnern wollen, von dem haben wir schon erinnert, daß es in unserer Erinnerung ist oder war. Wenn ich mich zum Beispiel erinnern will, was ich gestern zu Abend aß, so habe ich mich entweder schon daran erinnert, daß ich überhaupt zu Abend aß, oder wenn auch nicht hieran, dann habe ich mich sicher an etwas erinnert, was um diese Zeit herum geschah; wenn an nichts anderes, dann wenigstens an den gestrigen Tag selber und jenen Teil von ihm, an dem man zu Abend ißt, und was es heißt, zu Abend zu essen. Denn wenn ich mich an nichts Derartiges erinnert hätte, dann könnte ich mich nicht daran erinnern wollen. Es läßt sich sonach ersehen, daß der Wille, sich zu erinnern, zwar von jenen Dingen ausgeht, die in der Erinnerung enthalten sind, und zugleich von jenen, die hiervon beim Sich-Erinnern ausgeprägt werden, das heißt, daß er hervorgeht aus der Verbindung des Gegenstandes, an den wir uns erinnert haben, und des Sehens, das von daher in der Sehkraft des Denkenden verursacht wurde, als wir uns erinnerten. Zum Willen selbst aber, der beide eint, gehört noch etwas Anderes, was dem sich Erinnernden gleichsam nachbarlich und nahe verbunden ist. Es gibt also soviele Dreiheiten dieser Art, als es Arten des Erinnerns gibt, weil es keine solche gibt, wo nicht diese drei wären: das, was in der Erinnerung verborgen ist, auch bevor es gedacht wird – das, was hieraus im Denken entsteht, wenn es
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coniungens et ex utroque ac tertia se ipsa unum aliquid complens. an potius ita cognoscitur una quaedam in hoc genere trinitas ut unum aliquid generaliter dicamus quidquid corporalium specierum in memoria latet, et rursus unum aliquid generalem uisionem animi talia recordantis atque cogitantis quorum duorum copulationi tertia coniungitur copulatrix uoluntas ut sit hoc totum unum quiddam ex quibusdam tribus? [8.12] sed quoniam non potest acies animi simul omnia quae memoria tenet uno aspectu contueri, alternant uicissim cedendo ac succedendo trinitates cogitationum, atque ita fit ista innumerabiliter numerosissima trinitas, nec tamen infinita si numerus in memoria reconditarum rerum non excedatur. ex quo enim coepit unusquisque sentire corpora quolibet corporis sensu, etiam si posset adiungere quae oblitus est, certus ac determinatus profecto numerus foret quamuis innumerabilis. dicimus enim innumerabilia non solum infinita sed etiam quae ita finita sunt ut facultatem numerantis excedant. [8.13] sed hinc aduerti aliquanto manifestius potest aliud esse quod reconditum memoria tenet et aliud quod inde in cogitatione recordantis exprimitur, quamuis cum fit utriusque copulatio unum idemque uideatur, quia meminisse non possumus corporum species nisi tot quot sensimus et quantas sensimus et sicut sensimus – ex corporis enim sensu eas in memoria combibit animus –; uisiones tamen illae cogitantium ex his quidem rebus quae sunt in memoria, sed tamen innumerabiliter atque omnino infinite multiplicantur atque uariantur. unum quippe solem memini quia sicuti est unum uidi; si uoluero autem duos cogito
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erblickt wird – und der Wille, der beide verbindet, und aus beiden sowie als drittes sich selbst als etwas Eines erfüllt. Oder soll man lieber nur eine einzige Dreiheit dieser Art gelten lassen, in der Weise, daß etwas Eines wir allgemein das nennen, was immer an körperlichen Gestalten in der Erinnerung verborgen ruht, und wiederum Eines das allgemeine Sehen des Geistes, der sich an solches erinnert und es denkt, wobei sich der Vereinigung der beiden als drittes der einigende Wille verbinden würde, so daß dieses Ganze ein aus dreien gewordenes (einheitliches) Eines wäre? [8.12] Weil aber die Sehkraft des Geistes nicht zugleich alles, was die Erinnerung festhält, mit einem einzigen Blick schauen kann, wechseln die Dreiheiten der Denkweisen ab, indem die einen kommen, die anderen gehen, und so entsteht jene unzählbar zahlreiche Dreiheit, die dennoch nicht unendlich ist, sofern die Zahl der in der Erinnerung bewahrten Dinge nicht überschritten wird.58 Ab da nämlich, wo man anfing, Körper durch irgendeinen körperlichen Sinn wahrzunehmen, auch wenn man hinzunimmt, was vergessen ist, ergibt sich in der Tat eine bestimmte und begrenzte, gleichwohl unzählbare Zahl. Unzählbar nennen wir ja nicht nur das Unendliche, sondern auch, was so endlich ist, daß es die Fähigkeit des Zählenden übersteigt. [8.13] Von hier aus läßt sich aber ein wenig klarer erkennen, daß etwas anderes ist, was die Erinnerung aufbewahrt festhält, und etwas anderes, was hiervon im Denken des sich Erinnernden ausgedrückt wird, wenngleich beides, da eine Einung der beiden stattfindet, als ein und dasselbe erscheint, da wir uns nur an soviele Körpergestalten erinnern können, als wir wahrgenommen haben und in welcher Größe und in der Weise, wie wir sie wahrgenommen haben (aus dem Sinn des Körpers nämlich trinkt sie der Geist in die Erinnerung hinein). Die mit dem Denken verknüpften Sehweisen jedoch entstehen zwar auf Grund der Dinge, die in der Erinnerung sind, aber werden unzählbar und gänzlich unendlich vervielfältigt und abgewandelt. So erinnere ich mich nur einer Sonne, weil ich auch, wie es nur eine gibt, nur eine gesehen habe; wenn ich aber will, denke ich zwei
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uel tres uel quotquot uolo, sed ex eadem memoria qua unum memini formatur acies multos cogitantis. et tantum memini quantum uidi; si enim maiorem uel minorem memini quam uidi, iam, non memini quod uidi et ideo nec memini. quia uero memini, tantum memini quantum uidi. uel maiorem tamen pro uoluntate cogito uel minorem. et ita memini ut uidi, cogito autem sicut uolo currentem et ubi uolo stantem, unde uolo et quo uolo uenientem. quadrum etiam mihi cogitare in promptu est cum rotundum meminerim, et cuiuslibet coloris cum solem uiridem numquam uiderim et ideo non meminerim, atque ut solem ita cetera. hae autem rerum formae quoniam corporales atque sensibiles sunt, errat quidem animus cum eas opinatur eo modo foris esse quomodo intus cogitat uel cum iam interierunt foris et adhuc in memoria retinentur, uel cum aliter etiam quod meminimus non recordandi fide sed cogitandi uarietate formatur. [8.14] quamquam saepissime credamus etiam uera narrantibus quae ipsi sensibus perceperunt. quae cum in ipso auditu quando narrantur cogitamus, non uidetur ad memoriam retorqueri acies ut fiant uisiones cogitantium; neque enim ea nobis recordantibus sed alio narrante cogitamus. atque illa trinitas non hic uidetur expleri quae fit cum species in memoria latens et uisio recordantis tertia uoluntate copulantur. non enim quod latebat in memoria mea sed quod audio, cogito cum aliquid mihi narratur. non ipsas uoces loquentis dico ne quisquam putet in illam me exisse trinitatem quae foris in sensibilibus et in sensibus agitur, sed eas cogito corporum species quas narrans uerbis so-
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oder drei oder soviel ich eben will; aber aus derselben Erinnerung, mit der ich die eine erinnere, wird die Sehkraft geformt, mit der ich mir viele denke. Und ich erinnere die Größe, die ich sah. Wenn ich mich nämlich an eine größere oder kleinere erinnere, als ich sah, dann erinnere ich mich nicht mehr dessen, was ich sah, und deshalb erinnere ich mich überhaupt nicht mehr. Weil ich mich aber erinnere, erinnere ich mich an jene Größe, die ich sah. Je nach Willen denke ich sie aber größer oder kleiner. Ich erinnere die Sonne so, wie ich sie sah, denke sie aber als laufende oder wo ich will als stehende, von woher ich will oder wohin ich will, daß sie kommt. Leicht ist es mir auch, sie viereckig zu denken, während ich sie als runde erinnere; ebenso denke ich sie in irgendeiner Farbe, während ich doch niemals eine grüne Sonne gesehen habe und mich daher auch nicht daran erinnere – und wie mit der Sonne, so ist es mit allem übrigen. Freilich irrt der Geist, wenn er diese Formen der Dinge, weil sie körperlich und sinnlich sind, für in der gleichen Weise draußen gegeben hält, wie er sie innen denkt, und sie doch, während sie draußen schon untergegangen sind, immer noch in der Erinnerung aufbewahrt werden, oder doch das, was wir erinnern, nicht in der Treue des Erinnerns, sondern in der Verschiedenheit des Denkens seine Gestalt erhält. [8.14] Sehr häufig glauben wir freilich auch Wahres denen, die erzählen, was sie mit den Sinnen selbst wahrgenommen haben. Wenn wir uns dies beim Zuhören, solange erzählt wird, überlegen, dann scheint sich die Sehkraft nicht der Erinnerung zuzuwenden, damit die Sehweisen des Denkens sich vollziehen. Wir denken sie nicht, indem wir uns selbst erinnern, sondern während jemand anderer erzählt. So scheint sich hier jene Dreiheit nicht zu erfüllen, die entsteht, wenn die in der Erinnerung verborgene Gestalt und das Sehen des sich Erinnernden durch den Willen als Drittes geeint werden. Nicht das nämlich, was in meiner Erinnerung verborgen war, sondern was ich höre, überlege ich, wenn mir etwas erzählt wird. Ich beziehe mich nicht auf die sinnlichen Laute des Sprechenden, damit man nicht glaube, ich sei zu der Dreiheit hinausgegangen, die draußen im Sinnlichen und in den Sinnen bewirkt wird, sondern die Gestalten
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nisque significat, quas utique non reminiscens sed audiens cogito. sed si diligentius consideremus, nec tunc exceditur memoriae modus. neque enim uel intellegere possem narrantem si ea quae dicit et si contexta tunc primum audirem, non tamen generaliter singula meminissem. qui enim mihi narrat uerbi gratia aliquem montem silua exutum et oleis indutum, ei narrat qui meminerim species et montium et siluarum et olearum. quas si oblitus essem, quid diceret omnino nescirem et ideo narrationem illam cogitare non possem. ita fit ut omnis qui corporalia cogitat, siue ipse aliquid confingat, siue audiat aut legat uel praeterita narrantem uel futura praenuntiantem, ad memoriam suam recurrat et ibi reperiat modum atque mensuram omnium formarum quas cogitans intuetur. nam neque colorem quem numquam uidit neque figuram corporis nec sonum quem numquam audiuit nec saporem quem numquam gustauit nec odorem quem numquam olefecit nec ullam contrectationem corporis quam numquam sensit potest quisquam omnino cogitare. at si propterea nemo aliquid corporale cogitat nisi quod sensit, quia nemo meminit corporale aliquid nisi quod sensit, sicut in corporibus sentiendi sic in memoria est cogitandi modus. sensus enim accipit speciem ab eo corpore quod sentimus et a sensu memoria, a memoria uero acies cogitantis. [8.15] uoluntas porro sicut adiungit sensum corpori, sic memoriam sensui, sic cogitantis aciem memoriae. quae autem conciliat ista atque coniungit, ipsa etiam disiungit ac separat, id est uoluntas. sed a sentiendis corporibus motu corporis separat corporis sensus ne aliquid sentiamus aut ut sentire desinamus
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der Körper überlege ich, welche der Erzählende mit seinen Worten und Lauten bezeichnet, die ich mir gewiß nicht mich erinnernd, sondern hörend überlege. Wenn wir indes sorgfältiger achtgeben, dann wird auch in diesem Fall das Maß der Erinnerung nicht überschritten. Ich könnte nämlich einen Erzählenden, wenn ich, was er sagt und dessen Zusammenhang dabei zum erstenmal hörte, nicht verstehen, wenn ich nicht auf allgemeine Weise das Einzelne erinnern würde. Wenn mir zum Beispiel jemand von einem des Waldes beraubten und mit Ölbäumen bepflanzten Berg erzählt, dann erzählt er das einem Manne, der die Gestalt von Bergen, Wäldern, Ölbäumen erinnert. Hätte ich dies alles vergessen, dann würde ich gar nicht wissen, was er sagt, und daher könnte ich mir bei seiner Erzählung nichts denken. So kommt es, daß jeder, der Körperliches denkt, mag er sich selbst ein Bild hiervon machen, mag er hören oder lesen, was jemand an Vergangenem erzählt oder an Zukünftigem vorhersagt, auf seine Erinnerung zurückgreift und dort die Weise und das Maß aller Formen findet, die er denkend einsieht. Denn niemand kann eine Farbe oder eine körperliche Gestalt, die er niemals sah, oder einen Ton, den er niemals hörte, oder einen Geschmack, den er niemals kostete, oder einen Geruch, den er niemals roch, oder irgendeine körperliche Betastung, die er niemals spürte, sich irgendwie denken. Wenn sonach niemand etwas Körperliches denkt, wenn er es nicht wahrgenommen hat, weil niemand etwas Körperliches erinnert, außer er hat es wahrgenommen, so ist, wie in den Körpern das Maß des Wahrnehmens, in der Erinnerung das Maß des Denkens.59 Der Sinn empfängt nämlich die Gestalt von dem Körper, den wir wahrnehmen, und vom Sinn empfängt sie die Erinnerung, von der Erinnerung aber schließlich die Sehkraft dessen, der denkt. [8.15] Der Wille sodann eint, wie er den Sinn mit dem Körper verbindet, so die Erinnerung mit der Sehkraft des Denkenden. Der aber diese Wirklichkeiten vereint und verbindet, der ist es auch, der sie sondert und scheidet, das ist der Wille. Von den wahrzunehmenden Körpern scheidet er durch eine körperliche Bewegung die Leibessinne, damit wir nichts wahrnehmen oder
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ueluti cum oculos ab eo quod uidere nolumus auertimus uel claudimus; sic aures a sonis, sic nares ab odoribus. ita etiam uel os claudendo uel aliquid ex ore respuendo a saporibus auersamur. in tactu quoque uel subtrahimus corpus ne tangamus quod nolumus, uel si iam tangebamus, abicimus aut repellimus. ita motu corporis agit uoluntas ne sensus corporis rebus sensibilibus copuletur. et agit hoc quantum potest. nam cum in hac actione propter conditionem seruilis mortalitatis difficultatem patitur, cruciatus est consequens ut uoluntati nihil reliqui fiat nisi tolerantia. memoriam uero a sensu uoluntas auertit cum in aliud intenta non ei sinit inhaerere praesentia. quod animaduertere facile est cum saepe coram loquentem nobis aliquem aliud cogitando non audisse nobis uidemur. falsum est autem; audiuimus enim sed non meminimus subinde per aurium sensum labentibus uocibus alienato nutu uoluntatis per quem solent infigi memoriae. uerius itaque dixerimus cum tale aliquid accidit: non meminimus, quam: non audiuimus. nam et legentibus euenit et mihi saepissime ut perlecta pagina uel epistula nesciam quid legerim et repetam. in aliud quippe intento nutu uoluntatis non sic est adhibita memoria sensui corporis quomodo ipse sensus adhibitus est litteris. ita et ambulantes intenta in aliud uoluntate nesciunt qua transierint. quod si non uidissent, non ambulassent aut maiore intentione palpando ambulassent, praesertim si per incognita pergerent; sed quia facile ambulauerunt, utique uide-
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etwas wahrzunehmen aufhören, so zum Beispiel, wenn wir die Augen von dem, was wir nicht sehen wollen, wegwenden oder schließen, oder wenn wir die Ohren von den Lautklängen oder die Nase vom Geruch wegwenden. Ebenso wenden wir uns, indem wir den Mund schließen oder etwas aus dem Munde ausspucken, von den Geschmäcken weg. Handelt es sich um die Berührung, so ziehen wir entweder den Leib zurück, damit wir nicht berühren, was wir nicht wollen, oder wenn wir es schon berührten, werfen wir den Gegenstand weg oder stoßen ihn zurück. So bewirkt der Wille durch eine körperliche Bewegung, daß der Sinn des Körpers sich mit den sinnlichen Dingen nicht vereint. Er bewirkt dies, so gut er kann. Denn da er bei diesem Wirken wegen der Beschaffenheit der knechtischen Sterblichkeit Mühsal erleidet, so ist die Folge für ihn Qual, so daß dem Willen nichts übrig bleibt als Geduld. Die Erinnerung aber wendet der Wille vom Sinn ab, wenn er, auf etwas anderes aufmerksam, ihr nicht erlaubt, sich dem Gegenwärtigen anzuhängen. Das läßt sich leicht wahrnehmen, denn oft scheint es uns, wenn jemand mit uns spricht, während wir an etwas anderes denken, als hätten wir ihn nicht gehört. Das ist jedoch falsch; wir haben ihn nämlich gehört, aber wir erinnern nicht, da die Klanglaute zwar durch den Gehörsinn glitten, die Neigung des Willens aber, durch den sie der Erinnerung eingeprägt zu werden pflegen, anderswohin ging. Wenn so etwas vorkommt, ist es sonach richtiger, zu sagen: ›wir erinnern uns nicht‹, statt: ›wir haben nicht gehört‹. Auch beim Lesen kommt es ja vor (und mir sehr oft), daß ich, wenn ich eine Seite oder einen Brief durchgelesen habe, nicht weiß, was ich gelesen habe, und es wiederholen muß. Wenn nämlich die Neigung des Willens sich auf etwas anderes hinwendet, dann ist die Erinnerung nicht in der Weise auf den Leibessinn hingerichtet, wie dieser selbst auf die Buchstaben hingerichtet ist. So weiß man, wenn man spazieren geht, ist die Aufmerksamkeit des Willens anderswohin gerichtet, nicht, wo man vorübergegangen ist. Hätte man die betreffenden Orte nicht gesehen, dann wäre man gar nicht vorbeigekommen oder man hätte beim Gehen zu große Aufmerksamkeit auf das Auftreten verwendet, zumal wenn es über unbekannte Wege ging;
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runt. quia uero non sicut sensus oculorum locis quacumque pergebant ita ipsi sensui memoria iungebatur, nullo modo id quod uiderunt etiam recentissimum meminisse potuerunt. iam porro ab eo quod in memoria est animi aciem uelle auertere nihil est aliud quam non inde cogitare. [9.16] in hac igitur distributione cum incipimus ab specie corporis et peruenimus usque ad speciem quae fit in contuitu cogitantis, quattuor species reperiuntur quasi gradatim natae altera ex altera, secunda de prima, tertia de secunda, quarta de tertia. ab specie quippe corporis quod cernitur exoritur ea quae fit in sensu cernentis, et ab hac ea quae fit in memoria, et ab hac ea quae fit in acie cogitantis. quapropter uoluntas quasi parentem cum prole ter copulat: primo speciem corporis cum ea quam gignit in corporis sensu, et ipsam rursus cum ea quae ex illa fit in memoria, atque istam quoque tertio cum ea quae ex illa paritur in cogitantis intuitu. sed media copula quae secunda est, cum sit uicinior, non tam similis est primae quam tertiae. uisiones enim duae sunt, una sentientis, altera cogitantis. ut autem possit esse uisio cogitantis ideo fit in memoria de uisione sentientis simile aliquid quo se ita conuertat in cogitando acies animi, sicut se in cernendo conuertit ad corpus acies oculorum. propterea duas in hoc genere trinitates uolui commendare, unam cum uisio sentientis formatur ex corpore, aliam cum uisio cogitantis formatur ex memoria. mediam uero nolui quia non ibi solet uisio dici cum memoriae commendatur forma quae fit in sensu cernentis. ubique tamen uoluntas non apparet nisi copulatrix quasi parentis et
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aber weil man leicht dahingegangen ist, hat man sie sicherlich gesehen. Da aber, wie der Gesichtssinn jedem Ort, wohin immer man sich wandte, zugewandt war, nicht auch das Erinnern mit dem Sinn geeint war, konnte man sich auf keine Weise an das, was man sah, erinnern, obgleich es eben geschah. Von dem, was in der Erinnerung ist, die Sehkraft des Geistes abwenden wollen, heißt sonach nichts anderes als nicht daran denken. [9.16] Wenn wir also bei dieser Analyse mit der Gestalt des Körpers beginnen und bis zur Gestalt gelangen, die im Blick des Denkenden entsteht, dann finden sich vier Gestalten, gleichsam stufenweise eine aus der anderen sich ableitend, die zweite von der ersten, die dritte von der zweiten, die vierte von der dritten. Von der Gestalt des Körpers, der gesehen wird, entsteht nämlich die Gestalt, die im Sinn des Erkennenden wird, und von dieser jene, die in der Erinnerung wird, und von dieser jene, die in der Sehkraft des Denkenden wird. Deshalb verbindet der Wille dreimal gleichsam den Erzeuger mit dem Sprossen: erstens die Gestalt des Körpers mit jener, die diese im Leibessinne erzeugt, und diese wiederum mit jener, die aus ihr in der Erinnerung entsteht, und diese drittens mit derjenigen, die aus ihr im Blick des Denkenden geboren wird. Die mittlere Einung aber, die zweite also, ist der ersten, obgleich sie nachbarlicher ist, nicht so ähnlich wie die dritte. Sichtweisen nämlich sind es zwei, die eine beim Wahrnehmen, die andere beim Denken. Damit aber die im Denken sich vollziehende Sichtweise möglich wird, entsteht deshalb in der Erinnerung aus dem beim Wahrnehmen sich vollziehenden Sehen etwas Ähnliches, zu dem sich die Sehkraft des Geistes beim Denken so hinwendet, wie sich die Sehkraft der Augen beim Sehen dem Körper zuwendet. Deshalb wollte ich in diesem Bereich zwei Dreiheiten namhaft machen: die eine, da das Sehen des Wahrnehmenden vom Körper geformt wird, die andere, da das Sehen des Denkenden aus der Erinnerung geformt wird. Die mittlere hingegen wollte ich nicht vorlegen, weil man hier nicht von Sehen zu sprechen pflegt, wenn der Erinnerung die Form anvertraut wird, die im Sinn des Erkennenden entsteht. Überall jedoch erscheint der Wille nur
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prolis. et ideo undecumque procedat, nec parens nec proles dici potest. [10.17] at enim si non meminimus nisi quod sensimus neque cogitamus nisi quod meminimus, cur plerumque falsa cogitamus cum ea quae sensimus non utique falso meminerimus nisi quia uoluntas illa quam coniunctricem ac separatricem huiuscemodi rerum iam quantum potui demonstrare curaui formandam cogitantis aciem per condita memoriae ducit ut libitum est, et ad cogitanda ea quae non meminimus ex eis quae meminimus aliud hinc, aliud inde, ut sumat impellit? quae in unam uisionem coeuntia faciunt aliquid quod ideo falsum dicatur quia uel non est foris in rerum corporearum natura uel non de memoria uidetur expressum cum tale nihil nos sensisse meminimus. quis enim uidit cygnum nigrum? et propterea nemo meminit. cogitare tamen quis non potest? facile est enim illam figuram quam uidendo cognouimus nigro colore perfundere quem nihilominus in aliis corporibus uidimus, et quia utrumque sensimus, utrumque meminimus. nec auem quadrupedem memini quia non uidi, sed phantasiam talem facillime intueor dum alicui formae uolatili qualem uidi adiungo alios duos pedes quales itidem uidi. quapropter dum coniuncta cogitamus quae singillatim sensa meminimus, uidemur non id quod meminimus cogitare, cum id agamus moderante memoria unde sumimus omnia quae multipliciter ac uarie pro nostra uoluntate componimus. nam neque ipsas magnitudines corporum quas numquam uidimus sine ope memoriae
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als Einiger gleichsam des Erzeugers und des Sprosses. Und deshalb kann er, von wo immer er ausgeht, weder Erzeuger noch Sproß genannt werden. [10.17] Wenn wir aber nur das erinnern, was wir wahrgenommen haben, und nur das denken, woran wir uns erinnern, warum denken wir dann so oft Falsches, da wir uns doch an das, was wir wahrgenommen haben, nicht falsch erinnern? Warum anders als deshalb, weil der Wille, den ich bei diesen Vorgängen als einende und sondernde Kraft so gut ich konnte aufzuweisen besorgt war, die zu formende Sehkraft des Denkenden nach Belieben durch die geheimen Bereiche des Gedächtnisses führt und sie antreibt, aus dem, was wir erinnert haben, bald hier, bald dort etwas zu nehmen, damit sie das zu denken vermag, was wir nicht erinnern? Wenn sich nun das zu einem Sehen zusammenfügt, dann stellt es ein Gebilde dar, das deshalb falsch genannt wird, weil es entweder draußen in der Natur der körperlichen Dinge nicht existiert oder nicht von der Erinnerung ausgedrückt erscheint, wenn wir uns nicht erinnern, etwas Derartiges wahrgenommen zu haben. Wer etwa hat schon einen schwarzen Schwan gesehen? Deshalb erinnert sich auch niemand an ihn. Wer könnte sich jedoch keinen solchen denken? Es ist ja leicht, die Gestalt, die wir vom Sehen kennen, in schwarze Farbe zu tauchen, die wir wiederum an anderen Körpern gesehen haben; und weil wir beides wahrgenommen haben, erinnern wir uns an beides. Ich erinnere mich auch keines vierfüßigen Vogels, weil ich keinen gesehen habe. Aber ganz leicht kann ich ein solches Vorstellungsbild schauen, indem ich zu einer fliegenden Gestalt, die ich gesehen habe, zwei weitere Füße, die ich ebenfalls gesehen habe, hinzudenke.60 Wenn wir sonach verbunden denken, was als einzeln wahrgenommen wir erinnern, dann scheint es, als ob wir etwas dächten, woran wir uns nicht erinnern, während wir dies doch gerade unter der Leitung der Erinnerung tun, von der wir alles nehmen, was wir vielfältig und verschiedenartig nach unserem Willen zusammenfügen. Denn auch die Größen der Körper, die wir nicht gesehen haben, denken wir niemals ohne Hilfe der Erinnerung. So viel Raum nämlich unser
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cogitamus. quantum enim spatii solet occupare per magnitudinem mundi noster obtutus, in tantum extendimus quaslibet corporum moles cum eas maximas cogitamus. et ratio quidem pergit in ampliora, sed phantasia non sequitur. sequitur quippe cum infinitatem quoque numeri ratio renuntiet, quam nulla uisio corporalia cogitantis apprehendit. eadem ratio docet minutissima etiam corpuscula infinite diuidi; cum tamen ad eas tenuitates uel minutias peruentum fuerit quas uisas meminimus, exiliores minutioresque phantasias iam non possumus intueri, quamuis ratio non desinat persequi ac diuidere. ita nulla corporalia nisi aut ea quae meminimus aut ex his quae meminimus cogitamus. [11.18] sed quia numerose cogitari possunt quae singillatim sunt impressa memoriae, uidetur ad memoriam mensura, ad uisionem uero numerus pertinere quia licet innumerabilis sit multiplicitas talium uisionum, singulis tamen in memoria praescriptus est intransgressibilis modus. mensura igitur in memoria, in uisionibus numerus apparet sicut in ipsis corporibus uisibilibus mensura quaedam est cui numerosissime coaptatur sensus uidendi, et ex uno uisibili multorum cernentium formatur aspectus ita ut etiam unus propter duorum oculorum numerum plerumque unam rem geminata specie uideat sicut supra docuimus. in his ergo rebus unde uisiones exprimuntur quaedam mensura est, in ipsis autem uisionibus numerus. uoluntas uero quae ista coniungit et ordinat et quadam unitate copulat, nec sentiendi aut cogitandi appetitum nisi in his rebus unde uisiones formantur adquiescens conlocat, ponderi similis est. quapropter haec tria, mensuram, numerum, pondus, etiam in ceteris omnibus rebus animaduertenda praelibauerim.
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Blick über die Größe der Welt hin zu umgreifen vermag, so weit lassen wir die Masse der Körper ausgedehnt sein, wenn wir sie uns möglichst groß denken. Und der Verstand kann dann noch weiter voranschreiten, aber die Vorstellungskraft folgt nicht. Er folgt ja auch der Unendlichkeit der Zahl und meldet sie, die noch kein Sehen dessen, der Körperliches denkt, erfaßt hat. Eben der Verstand belehrt uns auch, daß auch noch die winzigsten Körperchen unendlich geteilt werden können; wenn man jedoch zu jenen Feinheiten und Winzigkeiten gekommen ist, die wir als gesehene noch zu erinnern vermögen, können keine schmächtigeren und winzigeren Vorstellungsbilder mehr in unseren Blick treten, obgleich der Verstand nicht aufhört, weiterzugehen und weiterzuteilen. So denken wir Körperliches nur, entweder soweit wir es erinnern, oder auf Grund dessen, woran wir uns erinnern. [11.18] Weil aber in zahlreichen Vorstellungen gedacht werden kann, was sich einzeln der Erinnerung einprägte, scheint zur Erinnerung das Maß, zum Sehen aber die Zahl zu gehören. Wenn nämlich auch die Vielfalt solcher Sehweisen unzählbar ist, so ist doch jeder einzelnen in der Erinnerung ein unüberschreitbares Maß vorgeschrieben. Das Maß erscheint also in der Erinnerung, bei den Sehweisen erscheint die Zahl, wie auch in den sichtbaren Körpern selbst eine Art Maß ist, dem auf zahllose Weisen der Sinn des Sehens sich anpaßt, und aus einem Sichtbaren wird der Blick vieler Sehenden geformt, häufig etwa in der Weise, daß man wegen der Zweizahl der Augen einen Gegenstand in doppelter Gestalt sieht, wie wir oben gezeigt haben. In den Dingen also, von denen her sich die Sehweisen ausprägten, ist eine Art Maß, in diesen Sehweisen selbst aber eine Art Zahl. Der Wille aber, der jene verbindet und ordnet und zu einer Art Einheit vereint und das Verlangen nach Wahrnehmung oder Denken nur den Gegenständen widmet, von denen Sehweisen gebildet werden, in denen er zur Ruhe kommt, ist dem Gewicht ähnlich. Deshalb möchte ich diese drei: Maß, Zahl und Gewicht hervorheben als jene (Strukturprinzipien), die auch in allen übrigen Dingen zu beachten sind.
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nunc interim uoluntatem copulatricem rei uisibilis atque uisionis quasi parentis et prolis, siue in sentiendo siue in cogitando, nec parentem nec prolem dici posse quomodo ualui et quibus ualui demonstraui. unde tempus admonet hanc eandem trinitatem in interiore homine requirere atque ab isto de quo tamdiu locutus sum animali atque carnali qui exterior dicitur introrsus tendere. ubi speramus inuenire nos posse secundum trinitatem imaginem dei, conatus nostros illo ipso adiuuante quem omnia sicut res ipsae indicant, ita etiam sancta scriptura in mensura et numero et pondere disposuisse testatur.
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Jetzt habe ich einstweilen, so gut ich konnte und vermochte, und für die, für die ich es vermochte, gezeigt daß der Wille der Einiger des sichtbaren Gegenstandes und des Sehens ist, gleichsam des Erzeugers und des Sprosses, sei es beim Wahrnehmen, sei es beim Denken, und daß er nicht Erzeuger und nicht Sproß genannt werden kann. So mahnt denn nun die Zeit, diese selbe Dreiheit im inneren Menschen zu suchen, und von dem irdischen und sinnlichen Menschen her, über den ich nun so lange gesprochen habe, welcher der äußere Mensch heißt, nach innen zu trachten.61 Dort hoffen wir, gemäß der Dreieinheit ein Bild Gottes finden zu können; er selbst wird unseren Versuchen beistehen, er, von dem, wie die Dinge selbst es anzeigen, so auch die Heilige Schrift bezeugt, daß er alles nach ›Maß, Zahl und Gewicht‹ geordnet hat.
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[1.1] nunc de sapientia nobis est disserendum, non illa dei quae procul dubio deus est – nam sapientia dei filius eius unigenitus dicitur –, sed loquemur et hominis sapientia, uera tamen quae secundum deum est et uerus ac praecipuus cultus eius est, quae uno nomine èεοσéβεια Graece appellatur. quod nomen nostri sicut iam commemorauimus uolentes et ipsi uno nomine interpretari pietatem dixerunt, cum pietas apud Graecos εσéβεια usitatius nuncupetur, èεοσéβεια uero quia uno uerbo perfecte non potest, melius interpretatur duobus ut dicatur potius dei cultus. hanc esse hominis sapientiam, quod et in duodecimo huius operis uolumine iam posuimus, scripturae sanctae auctoritate monstratur in libro serui dei Iob ubi legitur dei sapientiam dixisse homini: ecce pietas est sapientia; abstinere autem a malis scientia – siue etiam ut nonnulli de Graeco πιστμην interpretati sunt, disciplina, quae utique a discendo nomen accepit, unde et scientia dici potest; ad hoc enim quaeque res discitur ut sciatur, quamuis alia notione in his quae pro peccatis suis mala quisque patitur ut corrigatur dici soleat disciplina. unde illud est in epistula ad Hebraeos: quis enim est filius cui non det disciplinam pater eius?, et illud euidentius in eadem: omnis uero disciplina ad tempus non gaudii uidetur esse sed tristitiae; postea uero fructum pacificum his qui per eam certarunt reddet iustitiae –. deus ergo ipse summa sapientia; cultus autem dei
5-15 Iob 28,28 22-23 Hbr 12,7 23-26 Hbr 12,11
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[1.1] Jetzt müssen wir über die Weisheit handeln, nicht über die Weisheit Gottes, die zweifellos Gott ist (denn Weisheit Gottes wird sein eingeborener Sohn genannt), sondern über die Weisheit des Menschen werden wir reden, über die wahre jedoch, die Gott gemäß ist und die der wahre und vorzüglichste Gottesdienst ist, was mit einem Worte im Griechischen Gottesscheu genannt wird. Dieses Wort haben die Unsrigen, wie wir schon erwähnten, in dem Wunsch, es auch mit einem lateinischen Ausdruck wiederzugeben, mit Frömmigkeit übersetzt, während für Frömmigkeit bei den Griechen das Wort eusébeia gebräuchlicher ist, theosébeia hingegen gibt man, weil es mit einem Worte nicht vollkommen ausgedrückt werden kann, besser mit zwei Worten wieder, so daß man lieber Dienst Gottes sagt. Daß dies die Weisheit des Menschen sei, was wir auch im zwölften Buch dieses Werkes schon dargelegt haben,62 wird durch die Autorität der Heiligen Schrift bezeugt, so im Buch des Dieners Gottes Job, wo man liest, daß die Weisheit zum Menschen sprach: »Siehe, Frömmigkeit ist Weisheit, sich aber vom Bösen enthalten, ist Wissenschaft« – oder, wie manche das griechische epistémen verstanden haben, Lehre; dies Wort kommt natürlich vom Lernen, weswegen sie auch Wissenschaft genannt werden kann; dazu wird man in einem Fach erzogen, daß man es kennt. Freilich in einem anderen Sinne pflegt man bei den Übeln, die jemand für seine Sünden erduldet, auf daß er sich bessere, von Zucht zu sprechen. So wird das Wort im Briefe an die Hebräer verwendet: »Wo wäre ein Sohn, dem der Vater keine Zucht angedeihen ließe?« Und noch ersichtlicher an der Stelle: »Jede Züchtigung scheint nämlich für den Augenblick nicht Freude, sondern Betrübnis zu bringen, nachher aber gewährt sie denen, die durch sie geübt wurden, die friedenspendende Frucht der Gerechtigkeit.« Gott selbst also ist die höchste Weisheit, der Dienst Gottes aber ist die Weisheit des Menschen,
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sapientia est hominis de qua nunc loquimur. nam sapientia huius mundi stultitia est apud deum, secundum hanc itaque sapientiam quae dei cultus est ait sancta scriptura: multitudo sapientium sanitas est orbis terrarum. [1. 2] sed si de sapientia disputare sapientium est, quid agemus? numquidnam profiteri audebimus sapientiam ne sit nostra de illa impudens disputatio? nonne terrebimur exemplo Pythagorae qui cum ausus non fuisset sapientem profiteri, philosophum potius, id est amatorem sapientiae, se esse respondit, a quo id nomen exortum ita deinceps posteris placuit ut quantalibet de rebus ad sapientiam pertinentibus doctrina quisque uel sibi uel aliis uideretur excellere non nisi philosophus uocaretur? an ideo sapientem profiteri talium hominum nullus audebat quia sine ullo peccato putabant esse sapientem? hoc autem nostra scriptura non dicit quae dicit: argue sapientem, et amabit te; profecto enim iudicat habere peccatum quem censet arguendum. sed ego nec sic quidem sapientem me audeo profiteri. satis est mihi quod etiam ipsi negare non possunt, esse etiam philosophi, id est amatoris sapientiae, de sapientia disputare. non enim hoc illi facere destiterunt qui se amatores sapientiae potius quam sapientes esse professi sunt. [1. 3] disputantes autem de sapientia definierunt eam dicentes: sapientia est rerum humanarum diuinarumque scientia. unde ego quoque in libro superiore utrarumque rerum cognitionem, id est diuinarum atque humanarum, et sapientiam et scientiam dici posse non tacui. uerum secundum hanc distinctionem qua dixit apostolus: alii datur sermo sapientiae, alii sermo scientiae, ista definitio diuidenda est ut rerum diuinarum scientia sa-
25-26 1Cor 3,19 26-27 Sap 6,26 29-43 Cic., Hort., fr.100 Müller 40 Prv 9,8 47 Chrysipp., Stoic. SVF 2,35; Cic., De fin.bon.mal. II, 12,37; Tusc. IV, 26,57 51-52 1Cor 12,8 52 De trin. XIII, 1,2
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von der wir jetzt reden. Denn »die Weisheit dieser Welt ist Torheit bei Gott«. Diese Weisheit also, die Dienst Gottes ist, meint die Heilige Schrift in dem Worte: »Der Weisen Menge ist das Heil des Erdkreises.« [1. 2] Wenn es aber Sache der Weisen ist, über die Weisheit zu handeln, was sollen wir da tun? Sollen wir es wagen, uns zur Weisheit zu bekennen, damit unsere Erörterung über sie nicht ein unverschämtes Beginnen sei? Soll uns nicht das Beispiel des Pythagoras schrecken, der, da er es nicht wagte, sich als Weisen zu bekennen, zur Antwort gab, er sei eher ein Philosoph, das ist ein Liebhaber der Weisheit. So entstand dieses Wort, und es gefiel dann den Späteren so gut, daß jeder, mochte es ihm oder anderen auch scheinen, daß er sich durch eine noch so bedeutsame Lehre über die zur Weisheit gehörigen Gegenstände auszeichne, nicht anders denn Philosoph genannt wurde. Oder wagte es deshalb niemand von diesen Menschen, sich als Weisen zu bekennen, weil sie glaubten, daß man nur weise ist, wenn man ohne Sünde ist? Doch dies lehrt unsere Schrift nicht, die da sagt: »Weise zurecht einen Weisen, und er wird dich lieben.« Sie urteilt also in der Tat, daß eine Sünde habe, wer nach ihrer Meinung zurechtgewiesen werden muß. Aber ich wage auch so nicht, mich als Weisen zu bekennen. Es genügt mir, daß es, was auch jene nicht leugnen können, Aufgabe des Philosophen, das heißt des Liebhabers der Weisheit ist, über die Weisheit zu handeln. Denn dies zu tun unterließen nicht, die sich eher als Liebhaber der Weisheit denn als Weise bekennen wollten. [1. 3] Die über die Weisheit handelten, bestimmten aber ihr Wesen mit den Worten: ›Die Weisheit ist die Wissenschaft von den göttlichen und menschlichen Dingen.‹ Deshalb habe auch ich im vorhergehenden Buch nicht verschwiegen, daß die Kenntnis beider Arten von Dingen, das heißt der göttlichen und menschlichen, Weisheit und Wissenschaft genannt werden kann.63 Nach der Unterscheidung, aus der heraus der Apostel sagt: »Dem einen wird gegeben die Rede der Weisheit, dem anderen die Rede der Wissenschaft« muß man diese Bestimmung so verteilen, daß die Wissenschaft der göttlichen Dinge im ei-
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pientia proprie nuncupetur, humanarum autem proprie scientiae nomen obtineat, de qua uolumine tertio decimo disputaui, non utique quidquid sciri ab homine potest in rebus humanis ubi plurimum superuacaneae uanitatis et noxiae curiositatis est huic scientiae tribuens, sed illud tantummodo quo fides saluberrima quae ad ueram beatitudinem ducit gignitur, nutritur, defenditur, roboratur. qua scientia non pollent fideles plurimi, quamuis polleant ipsa fide plurimum. aliud est enim scire tantummodo quid homo credere debeat propter adipiscendam uitam beatam quae non nisi aeterna est, aliud autem scire quemadmodum hoc ipsum et piis opituletur et contra impios defendatur, quam proprio appellare uocabulo scientiam uidetur apostolus. de qua prius cum loquerer ipsam praecipue fidem commendare curaui, a temporalibus aeterna breuiter ante distinguens atque ibi de temporalibus disserens, aeterna uero in hunc librum differens, etiam de rebus aeternis fidem temporalem quidem et temporaliter in credentium cordibus habitare, necessariam tamen propter adipiscenda ipsa aeterna esse monstraui. fidem quoque de temporalibus rebus quas pro nobis aeternus fecit et passus est in homine quem temporaliter gessit atque ad aeterna peruexit ad eandem aeternorum adeptionem prodesse disserui, uirtutesque ipsas quibus in hac temporali mortalitate prudenter, fortiter, temperanter et iuste uiuitur, nisi ad eandem licet temporalem fidem quae tamen ad aeterna perducit referantur, ueras non esse uirtutes. [2. 4] quapropter, quoniam sicut scriptum est: quamdiu sumus in corpore peregrinamur a domino; per fidem enim ambulamus non per speciem, profecto quandiu iustus ex fide uiuit, quamuis secundum interiorem hominem uiuat, licet per eandem temporalem fidem ad ueritatem nitatur et tendat aeternam, tamen in
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gentlichen Sinne Weisheit nennt, die der menschlichen Dinge aber im eigentlichen Sinne den Namen Wissenschaft besitzt. Darüber habe ich im dreizehnten Buch gehandelt, wobei ich allerdings nicht alles, was vom Menschen in den menschlichen Dingen gewußt werden kann, wo es sehr viel überflüssige Eitelkeit und schädliche Neugierde gibt, dieser Wissenschaft zugeteilt habe, sondern nur jenes, wodurch der heilsame Glaube, der zur wahren Seligkeit führt, erzeugt, genährt, verteidigt, gestärkt wird. Dieser Wissenschaft sind nicht sehr viele Gläubige mächtig, wenngleich sie im Glauben sehr mächtig sind. Etwas anderes ist es nämlich, nur zu wissen, was der Mensch glauben muß, um das selige Leben zu erlangen, das allein das ewige ist, etwas anderes aber ist es, die Glaubensinhalte zu wissen, wie sie den Frommen dargeboten, gegen die Unfrommen verteidigt werden, was der Apostel im eigentlichen Sinne Wissenschaft zu nennen scheint. Als ich vorher darüber sprach, habe ich mich bemüht, vor allem den Glauben zu empfehlen, indem ich dabei zuvor das Ewige kurz vom Zeitlichen unterschied und dann das Zeitliche erörterte, das Ewige aber für dieses Buch aufschob. Dabei habe ich gezeigt, daß zwar auch hinsichtlich der ewigen Dinge ein zeithafter Glaube auch zeithaft in den Herzen der Glaubenden wohne, daß er jedoch notwendig ist für die Erlangung eben des Ewigen. Ebenso habe ich dargelegt, daß der Glaube an die zeitlichen Dinge, die der Ewige für uns tat und erlitt in der Menschengestalt, die er zeithaft trug und in die Ewigkeit mit sich führte, eben zur Erreichung des Ewigen nütze, ebenso daß die Tugenden, durch die man in dieser zeitlichen Sterblichkeit klug, tapfer, maßvoll und gerecht lebt, nur wahre Tugenden sind, wenn sie auf den Glauben, der zwar zeitlich ist, aber doch zum Ewigen hinführt, bezogen sind. [2. 4] Da wir also, wie geschrieben steht, »solange wir im Leibe sind, fern vom Herrn wandeln – im Glauben wandeln wir ja, nicht im Schauen« –, so ist doch in der Tat, solange der Gerechte aus dem Glauben lebt, wenngleich er nach dem inneren Menschen lebt, mag er auch durch eben diesen zeitlichen Glauben nach der Wahrheit trachten und dem Ewigen sich entgegenstre-
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eiusdem fidei temporalis retentione, contemplatione, dilectione nondum talis est trinitas ut dei iam imago discenda sit ne in rebus temporalibus constituta uideatur quae constituenda est in aeternis. mens quippe humana cum fidem suam uidet qua credit quod non uidet non aliquid sempiternum uidet. non enim semper hoc erit. quod utique non erit quando ista peregrinatione finita qua peregrinamur a domino ut per fidem ambulare necesse sit species illa succedet per quam uidebimus facie ad faciem, sicut modo non uidentes, tamen quia credimus, uidere merebimur atque ad speciem nos per fidem perductos esse gaudebimus. neque enim iam fides erit qua credantur quae non uidentur, sed species qua uideantur quae credebantur. tunc ergo etsi uitae huius mortalis transactae meminerimus et credidisse nos aliquando quae non uidebamus memoriter recoluerimus, in praeteritis atque transactis deputabitur fides ista non in praesentibus rebus semperque manentibus, ac per hoc etiam trinitas ista quae nunc in eiusdem fidei praesentis ac manentis memoria, contuitu, dilectione consistit tunc transacta et praeterita reperietur esse, non permanens. ex quo colligitur ut si iam imago dei est ista trinitas, etiam ipsa non in eis quae semper sunt sed in rebus sit habenda transeuntibus. [3. 4] absit autem ut cum animae natura sit immortalis nec ab initio quo creata est umquam deinceps esse desistat, id quo nihil melius habet non cum eius immortalitate perduret. quid uero melius in eius natura creatum est quam quod ad sui creatoris imaginem facta est? non igitur in fidei retentione, contemplatione, dilectione, quae non erit semper, sed in eo quod semper erit inuenienda est quam dici oporteat imaginem dei.
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ken, in der Aufbewahrung der Betrachtung und der Liebe noch nicht eine solche Dreiheit gegeben, daß man schon vom Bild Gottes sprechen darf, damit nicht von zeitlichen Dingen her bestimmt erscheint, was nur in ewigen zu bestimmen ist. Der menschliche Geist sieht ja, wenn er seinen Glauben sieht, durch den er glaubt, was er nicht sieht, nicht etwas Immerwährendes. Denn nicht immer wird bleiben, was sicherlich nicht mehr sein wird, wenn diese Pilgerschaft beendet ist, in der wir fern vom Herrn pilgern, so daß wir eben im Glauben wandeln müssen, jene Schau dann aber nachfolgt, in der wir von Angesicht zu Angesicht sehen, so wie wir jetzt nicht sehen – wir werden dennoch, weil wir glauben, verdienen, zu sehen, und uns freuen, daß wir durch den Glauben zur Schau gelangt sind. Dann wird es nämlich keinen Glauben mehr geben, durch den geglaubt wird, was man nicht sieht, sondern nur noch die Schau, in der gesehen wird, was man glaubte. Wenn wir uns dann auch dieses vorübergegangenen sterblichen Lebens erinnern und aus dem Gedächtnis zurückrufen, daß wir einst glaubten, was wir nicht sahen, so wird doch dieser Glaube zu den vergangenen und vollbrachten, nicht zu den gegenwärtigen und immer bleibenden Dingen gerechnet werden, und so wird auch diese Dreiheit, die jetzt in der Erinnerung, im Anblick und in der Liebe eben dieses gegenwärtigen und anhaltenden Glaubens besteht, dann als vollbracht und vergangen sich herausstellen, nicht als bleibend. Daraus ergibt sich, daß diese Dreiheit, wenn sie schon ein Bild Gottes ist, doch auch noch nicht zu den immerwährenden, sondern zu den vorübergehenden Dingen zu rechnen ist. [3. 4] Ferne sei es aber, daß, da die Natur der Seele unsterblich ist und von dem Augenblick an, da sie geschaffen wurde, hinfort nie mehr zu sein aufhört, nicht auch das, worüber hinaus sie nichts Besseres hat, an ihr mit ihrer Unsterblichkeit fortdauert. Was aber ist in ihrer Natur Besseres geschaffen, als daß sie als Bild ihres Schöpfers geformt ist? Nicht also in der Bewahrung der Betrachtung und der Liebe des Glaubens, der nicht immer ist, sondern in dem, was immer sein wird, ist aufzufinden, was man Bild Gottes heißen darf.
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[3. 5] an adhuc utrum ita se res habeat aliquanto diligentius atque abstrusius perscrutabimur? dici enim potest non perire istam trinitatem etiam cum fides ipsa transierit quia sicut nunc eam et memoria tenemus et cogitatione cernimus et uoluntate diligimus, ita etiam tunc cum eam nos habuisse memoria tenebimus et recolemus et hoc utrumque tertia uoluntate iungemus, eadem trinitas permanebit – quoniam si nullum in nobis quasi uestigium transiens reliquerit, profecto nec in memoria nostra eius aliquid habebimus quo recurramus eam praeteritam recordantes atque id utrumque intentione tertia copulantes, et quod erat scilicet in memoria non inde cogitantibus nobis et quod inde cogitatione formatur –. sed qui hoc dicit non discernit aliam nunc esse trinitatem quando praesentem fidem tenemus, uidemus, amamus in nobis; aliam tunc futuram quando non ipsam sed eius uelut imaginarium uestigium in memoria reconditum recordatione contuebimur, et duo haec, id est quod erat in memoria retinentis et quod inde imprimitur in acie recordantis, tertia uoluntate iungemus. quod ut possit intellegi, sumamus exemplum de corporalibus rebus de quibus in libro undecimo satis locuti sumus, nempe ab inferioribus ad superiora ascendentes uel ab exterioribus ad interiora ingredientes primam reperimus trinitatem in corpore quod uidetur et acie uidentis quae cum uidet inde formatur et in uoluntatis intentione quae utrumque coniungit. huic trinitati similem constituamus cum fides quae nunc inest nobis tamquam corpus illud in loco ita in nostra memoria constituta est, de qua informatur cogitatio recordantis sicut ex illo corpore acies intuentis, quibus duobus ut trinitas impleatur adnumeratur tertia
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[3. 5] Sollen wir noch etwas sorgfältiger und gründlicher erforschen, ob sich die Sache so verhält? Man kann nämlich sagen, daß jene Dreiheit nicht zugrunde geht, auch wenn der Glaube selbst vorübergeht – denn, so wie wir sie sowohl in der Erinnerung haben als auch im Denken sehen und mit dem Willen lieben, so wird auch dann, wenn wir in der Erinnerung festhalten werden, daß wir sie gehabt haben, und das überdenken und mit dem Willen als drittem diese beiden einen, dieselbe Dreiheit fortdauern (denn wenn sie in uns bei ihrem Vorübergang nicht irgendeine Spur zurückgelassen hätte, dann würden wir doch sicher auch in unserem Gedächtnis nichts mehr haben, wohin wir zurückkommen, wenn wir sie als vergangene erinnern und beide mit der Aufmerksamkeit als drittem verbinden, was nämlich in der Erinnerung war, auch als wir nicht daran dachten, und was daraus durch das Denken geformt wurde). Wer das aber sagt, der unterscheidet nicht, daß es eine andere Dreiheit ist, wenn wir jetzt in uns den gegenwärtigen Glauben festhalten, schauen und lieben, und daß eine andere Dreiheit jene zukünftige sein wird, wenn wir nicht den Glauben selbst, sondern seine gleichsam eingebildete, in der Erinnerung bewahrte Spur durch Wiedererinnern erblicken werden, und diese beiden, das heißt, was in der Erinnerung war des Aufbewahrenden und was davon sich in der Sehkraft des sich Erinnernden ausdrückt, durch den Willen als Drittes verbinden. Um dies verstehen zu können, wollen wir ein Beispiel aus dem Bereich der stofflichen Dinge nehmen, über die wir im elften Buch hinlänglich gesprochen haben. Wenn wir nämlich vom Niederen zum Höheren aufsteigen oder vom Äußeren in das Innere eintreten, dann finden wir zunächst die Dreiheit, die aus dem Körper, der gesehen wird, aus der Sehkraft des Sehenden, die beim Sehen vom Körper geformt wird, und aus der Aufmerksamkeit des Willens besteht, der beides eint. Etwas dieser Dreiheit Ähnliches können wir annehmen, wenn der Glaube, der jetzt in uns ist wie jener Körper im Raum, in unserer Erinnerung entstanden ist und von ihm das Denken des sich Erinnernden geformt wird wie von jenem Körper die Sehkraft des Einsehenden, welchen beiden, damit die Dreiheit zustandekommt, der Wille als
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uoluntas quae fidem in memoria constitutam et quandam eius effigiem in contuitu recordationis impressam conectit et iungit sicut in illa corporalis trinitate uisionis formam corporis quod uidetur et conformationem quae fit in cernentis aspectu coniungit intentio uoluntatis. faciamus ergo corpus illud quod cernebatur interisse dilapsum nec eius remansisse aliquid in ullo loco ad quod uidendum recurrat aspectus. numquid quia imago rei corporalis iam transactae atque praeteritae remanet in memoria unde informetur cogitantis obtutus atque id utrumque tertia uoluntate iungatur, eadem trinitas esse dicenda est quae fuerat quando species in loco positi corporis uidebatur? non utique, sed prorsus alia. nam praeter quod illa erat extrinsecus, haec intrinsecus, illam profecto faciebat species praesentis corporis, hanc imago praeteriti. sic et in hac re de qua nunc agimus et propter quam putauimus adhibendum illud exemplum, fides quae nunc in animo nostro est uelut illud corpus in loco dum tenetur, aspicitur, amatur quandam efficit trinitatem; sed non ipsa erit quando fides haec in animo sicut corpus illud in loco iam non erit. quae uero tunc erit quando eam recordabimur in nobis fuisse, non esse, alia profecto erit. hanc enim quae nunc est facit res ipsa praesens et animo credentis affixa, at illam quae tunc erit faciet rei praeteritae imaginatio in recordantis memoria derelicta. [3. 6] nec illa igitur trinitas quae nunc non est imago dei erit, nec ista imago dei est quae tunc non erit, sed ea est in-
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drittes hinzugezählt wird, der den in der Erinnerung erzeugten Glauben und dessen dem Blick des sich Erinnernden eingeprägtes Abbild verknüpft und verbindet, wie bei jener Dreiheit im körperlichen Sehen die Aufmerksamkeit des Willens die Form des Körpers, der gesehen wird, und die Gestaltung, die daraus im Blick des Sehenden entsteht, miteinander vereint. Nehmen wir also an, daß jener Körper, der gesehen wurde, entschwunden und untergegangen sei und daß von ihm im Raum gar nichts übrig geblieben sei, dem sich der Blick zuwenden könnte: darf man nun, weil das Bild des bereits entschwundenen und vergangenen körperlichen Gegenstandes in der Erinnerung zurückbleibt und von daher der Blick des an ihn Denkenden geformt wird, und diese beiden vom Willen als drittem geeint werden, darf man diese Dreiheit als die gleiche erklären wie jene, die vorhanden war, als die Gestalt des im Raume aufgestellten Körpers gesehen wurde? Sicherlich nicht, vielmehr ist sie eine ganz andere. Denn abgesehen davon, daß die eine draußen, die andere drinnen ist, wird eben in Wirklichkeit jene Dreiheit gebildet von der Gestalt des gegenwärtigen Körpers, diese aber vom Bild des vergangenen. So bildet auch in dem Bereich, über den wir jetzt handeln, und um dessentwillen wir dieses Beispiel anführen zu müssen glaubten, der Glaube, der jetzt in unserer Seele ist wie jener Körper im Raume, während er festgehalten, geschaut und geliebt wird, eine Art Dreiheit. Aber sie wird nicht mehr bestehen, wenn dieser Glaube nicht mehr in der Seele sein wird, wie jener Körper nicht mehr im Raum war. Die dann bestehen wird, wenn wir uns daran erinnern werden, daß der Glaube in uns war, nicht in uns ist, wird in der Tat eine andere sein. Jene nämlich, die jetzt besteht, bildet der gegenwärtige, der Seele des Glaubenden anhaftende Gegenstand selbst; die aber, die dann sein wird, wird die in der Erinnerung des sich Erinnernden zurückgelassene Vorstellung eines vergangenen Gegenstandes bilden. [3. 6] Es wird also weder die Dreiheit, die jetzt noch nicht besteht, Bild Gottes sein, noch ist jene Bild Gottes, die dann nicht mehr bestehen wird. Vielmehr muß man in der Seele des Menschen, das heißt in der der Verstandeserkenntnis oder der Vernunfteinsicht fähigen Seele, das Bild des
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uenienda in anima hominis, id est rationali siue intellectuali, imago creatoris quae immortaliter immortalitati eius est insita. [4. 6] nam sicut ipsa immortalitas animae secundum quendam modum dicitur – habet quippe et anima mortem suam cum uita beata caret quae uere animae uita dicenda est, sed immortalis ideo nuncupatur quoniam qualicumque uita etiam cum miserrima est numquam desinit uiuere –, ita quamuis ratio uel intellectus nunc in ea sit sopitus, nunc paruus, nunc magnus appareat, numquam nisi rationalis et intellectualis est anima humana; ac per hoc si secundum hoc facta est ad imaginem dei quod uti ratione atque intellectu ad intellegendum et conspiciendum deum potest, profecto ab initio quo esse coepit ista tam magna et mira natura, siue ita obsoleta sit haec imago ut paene nulla sit siue obscura atque deformis siue clara et pulchra sit, semper est. denique deformitatem dignitatis eius miserans diuina scriptura: quamquam, inquit, in imagine ambulat homo, tamen uane conturbatur; thesaurizat et nescit cui congregabit ea. non itaque uanitatem imagini dei tribueret nisi deformem cerneret factam. nec tantum ualere illam deformitatem ut auferat quod imago est satis ostendit dicendo: quamquam in imagine ambulat homo. quapropter ex utraque parte ueraciter pronuntiari potest ista sententia, ut quemadmodum dictum est: quamquam in imagine ambulat homo, tamen uane conturbatur, ita dicatur: quamquam uane conturbatur homo, tamen in imagine ambulat. quamquam enim magna natura sit, tamen uitiari potuit quia summa non est; et quamquam uitiari potuerit quia summa non est, tamen quia summae naturae capax est et esse particeps potest, magna natura est. quaeramus igitur in hac imagine dei quandam sui generis trinitatem adiuuante ipso qui nos fecit ad imaginem suam. non
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Schöpfers finden, das unsterblich ihrer Unsterblichkeit eingepflanzt ist. [4. 6] Denn wie man bei der Unsterblichkeit der Seele selbst von einer gewissen Stufung sprechen muß – es hat ja auch die Seele ihren Tod, wenn sie des seligen Lebens entbehrt, welches das wahre Leben der Seele zu nennen ist; unsterblich aber wird sie deshalb genannt, weil sie irgendein Leben zu führen, auch wenn es noch so elend ist, niemals aufhört –, so ist die menschliche Seele, wenngleich Verstand und Vernunft in ihr bald betäubt, bald klein, bald groß erscheint, niemals ohne Verstand und Vernunft; wenn sie daher nach dem Bild Gottes geschaffen ist, sofern sie ihren Verstand und ihre Vernunft zur Erkenntnis und zur Schau Gottes gebrauchen kann, so ist in der Tat von Beginn an, in dem diese so große und wunderbare Natur zu sein anfing, das Bild Gottes, mag es so verbraucht sein, daß es beinahe nicht mehr ist, mag es verdunkelt und entstellt sein, mag es hell und schön sein, immer da. Eben die Entstellung ihrer Würde beklagend sagt die Heilige Schrift: »Wenngleich der Mensch als Bild einhergeht, so verirrt er sich doch in Eitles; er sammelt Schätze und weiß nicht, für wen er sie sammelt.« Nicht würde sie dem Bild Gottes Eitelkeit zuschreiben, wenn sie es nicht entstellt sähe. Daß aber diese Entstellung nicht so schwer wiegt, daß sie das ganze Bild vernichtet, zeigt die Schrift hinlänglich durch das Wort: »Wenngleich der Mensch als Bild einhergeht.« Deshalb kann jener Ausspruch in zweifacher Hinsicht wahrhaft vorgetragen werden, so daß, wie es auf der einen Seite heißt: »Wenngleich der Mensch als Bild einhergeht, verirrt er sich doch in Eitles«, so auch gesagt werden kann; Wenngleich sich der Mensch in Eitles verirrt, so geht er doch als Bild einher. Wenngleich nämlich die Natur groß ist, so konnte sie doch befleckt werden, weil sie nicht die höchste ist; und wenngleich sie befleckt werden konnte, weil sie nicht die höchste ist, so ist sie doch, weil sie für die höchste Natur aufnahmefähig ist und ihrer teilhaft werden kann, eine große Natur. Also wollen wir in diesem Bild Gottes eine Dreiheit eigener Art suchen mit Hilfe dessen, der uns nach seinem Bild geschaf-
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enim aliter possumus haec salubriter uestigare et secundum sapientiam quae ab illo est aliquid inuenire, sed ea quae in superioribus libris et maxime in decimo et anima humana uel mente diximus si lectoris uel memoria teneantur atque recolantur uel diligentia in eisdem locis in quibus conscripta sunt recenseantur, non hic desiderabit prolixiorem de rei tantae inquisitione sermonem. [4. 7] inter cetera ergo in libro decimo diximus hominis mentem nosse semetipsam. nihil enim tam nouit mens quam id quod sibi praesto est, nec menti magis quidquam praesto est quam ipsa sibi. et alia quantum satis uisum est adhibuimus documenta quibus hoc certissime probaretur. [5. 7] quid itaque dicendum est de infantis mente ita adhuc paruuli et in tam magna demersi rerum ignorantia ut illius mentis tenebras mens hominis quae aliquid nouit exhorreat? an etiam ipsa se nosse credenda est, sed intenta nimis in eas res quas per corporis sensus tanto maiore quanto nouiore coepit delectatione sentire, non ignorare se potest sed cogitare se non potest? quanta porro intentione in ista quae foris sunt sensibilia feratur uel hinc solum conici potest quod lucis huius hauriendae sic auida est ut si quisquam minus cautus aut nesciens quid inde possit accidere nocturnum lumen posuerit ubi iacet infans, in ea parte ad quam iacentis oculi possint retorqueri nec ceruix possit inflecti, sic eius inde non remouetur aspectus ut nonnullos ex hoc etiam strabones fieri nouerimus eam formam tenentibus oculis quam teneris et mollibus consuetudo quodam modo infixit. ita et in alios corporis sensus quantum sinit illa aetas intentione se quasi coartant animae paruulorum ut quidquid per carnem of-
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fen hat. Nicht anders nämlich können wir dies zu unserem Heil aufspüren und gemäß der Weisheit, die von ihm ist, etwas finden. Wenn aber der Leser das, was wir in den vorhergehenden Büchern und besonders im zehnten Buch über die menschliche Seele oder über den Geist gesagt haben, noch in Erinnerung hat und wiedererinnert oder mit Sorgfalt an den Stellen, an denen es geschrieben steht, nochmal nachsieht, dann wird er hier kein ausführlicheres Wort über die Untersuchung dieser großen Sache wünschen. [7] Unter anderem also sagten wir im zehnten Buch, daß der Geist des Menschen sich selbst kenne. Nichts kennt nämlich der Geist so wie das, was ihm gegenwärtig ist, und nichts ist dem Geist gegenwärtiger als er sich selbst. Wir haben, wie hinlänglich ersichtlich ist, auch noch andere Beweise angeführt, durch welche diese Tatsache sichergestellt wurde. [5. 7] Was soll man nun sagen von dem Geist des Kindes, das noch so klein und in so große Unkenntnis der Dinge hinabgetaucht ist, daß vor der Finsternis dieses Geistes der Geist des Menschen, der etwas kennt, aufschaudert? Muß man etwa glauben, daß auch er sich kennt, aber allzusehr an die Dinge hingegeben ist, die er durch die Leibessinne mit umso größerem Ergötzen wahrzunehmen anfängt, je ungewohnter sie sind, und daher zwar nicht sich nicht kennen kann, aber nicht an sich denken kann? Wie groß in der Tat die Aufmerksamkeit ist, mit der er zum Sinnfälligen, das draußen ist, hingetrieben wird, kann man schon allein daraus erschließen, daß das Kind so gierig darauf aus ist, das Licht in sich hineinzutrinken, daß sein Blick, wenn jemand aus Unvorsichtigkeit oder in Unkenntnis der eintretenden Folgen in der Nacht ein Nachtlicht neben ein liegendes Kind stellt, und zwar auf die Seite, nach der sich die Augen des Kindes drehen können, während es den Kopf nicht dorthin wenden kann, daß dann sein Blick sich von dem Licht nicht wegwendet, so daß, wie wir wissen, schon manche auf diese Weise schielend wurden, indem die Augen jene Form beibehielten, die ihnen, da sie noch zart und biegsam waren, die Gewohnheit gewissermaßen beibrachte. So sind die Seelen der Kinder in ihrer Aufmerksamkeit auch an die anderen Leibessinne
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fendit aut allicit hoc solum abhorreant uehementer aut appetant; sua uero interiora non cogitent nec possint admoneri ut hoc faciant quia nondum admonentis signa nouerunt ubi praecipuum locum uerba obtinent quae sicut alia prorsus nesciunt. quod autem aliud sit non se nosse, aliud non se cogitare iam in eodem uolumine ostendimus. [5. 8] sed hanc aetatem omittamus quae nec interrogari potest quid in se agatur et nos ipsi eius ualde obliti sumus. hinc tantum certos nos esse suffecerit quod cum homo et animi sui natura cogitare potuerit atque inuenire quod uerum est, alibi non inueniet quam penes se ipsum. inueniet autem non quod nesciebat sed unde non cogitabat. quid enim scimus si quod est in nostra mente nescimus cum omnia quae scimus non nisi mente scire possimus? [6. 8] tanta est tamen cogitationis uis ut nec ipsa mens quodam modo se in conspectu suo ponat nisi quando se cogitat, ac per hoc ita nihil in conspectu mentis est nisi unde cogitatur ut nec ipsa mens qua cogitatur quidquid cogitatur aliter possit esse in conspectu suo nisi se ipsam cogitando. quomodo autem quando se non cogitat in conspectu suo non sit cum sine se ipsa numquam esse possit quasi aliud sit ipsa, aliud conspectus eius, inuenire non possum. hoc quippe de oculo corporis non absurde dicitur. ipse quippe oculus loco suo est fixus in corpore; aspectus autem eius in ea quae extra sunt tenditur et usque in sidera extenditur. nec est oculus in conspectu suo quandoquidem non conspicit se ipsum nisi speculo obiecto unde iam locuti sumus. quod non fit utique quando se mens in suo conspectu sui cogi-
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gebunden, soweit dies Alter überhaupt eine Aufmerksamkeit zuläßt, so daß sie nur das, was sie durch das Fleisch kränkt oder lockt, heftig verabscheuen oder begehren; an ihr Inneres aber denken sie nicht und können auch gar nicht ermahnt werden, dies zu tun, weil sie die Zeichen des Mahnenden noch nicht verstehen, unter denen den ausgezeichneten Platz die Worte einnehmen, die sie wie anderes durchaus nicht verstehen. Daß es aber etwas anderes ist, sich nicht zu kennen, etwas anderes, nicht an sich zu denken, habe ich im selben Buch schon gezeigt.64 [5. 8] Aber wir wollen dies Alter übergehen, das man nicht darüber befragen kann, was in ihm vorgeht, und das wir selbst schon in hohem Maß vergessen haben.65 Daher mag für uns genug sein, sicher zu wissen, daß der Mensch, wenn er imstande ist, über die Natur seiner Seele nachzudenken und die Wahrheit zu finden, sie nirgend anderswo findet als bei sich selbst. Er findet aber, nicht was er nicht wußte, sondern woran er nicht dachte. Was sollten wir denn wissen, wenn wir nicht wissen, was in unserem Geist ist, da wir doch alles, was wir wissen, nur mit unserem Geist wissen können? [6. 8] So groß ist jedoch die Kraft des Denkens, daß sich auch der menschliche Geist selbst gewissermaßen nur dann in sein Blickfeld stellt, wenn er an sich denkt. Und so ist nichts im Blickfeld des Geistes außer dem, woran gedacht wird, so daß auch der Geist selbst, mit dem man denkt, was immer man denkt, nicht anders in seinem Blickfeld sein kann als dadurch, daß er sich denkt. Wieso er aber, wenn er sich nicht denkt, nicht in seinem Blickfeld ist, wo er doch ohne sich niemals sein kann, gleich als wäre etwas anderes er selbst, etwas anderes sein Blick, können wir nicht ausfindig machen. Es ist nicht töricht, so etwas vom Auge des Körpers zu behaupten. Dieses Auge ist ja im Körper an seinen Platz gebunden, sein Blick aber langt nach dem, was draußen ist, und langt aus bis zu den Sternen. Nicht aber ist das Auge in seinem (eigenen) Blickfeld, da es sich ja nur sieht, wenn ihm ein Spiegel vorgehalten wird, worüber wir schon sprachen. Dies geschieht sicherlich nicht, wenn sich der
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tatione constituit. numquid ergo alia sua parte aliam suam partem uidet cum se conspicit cogitando sicut aliis membris nostris qui sunt oculi alia nostra membra conspicimus quae in nostro possunt esse conspectu? quid dici absurdius uel sentiri potest? unde igitur aufertur mens nisi a se ipsa, et ubi ponitur in conspectu suo nisi ante se ipsam? non ergo ibi erit ubi erat quando in conspectu suo non erat quia hic posita, inde sublata est. sed si conspicienda migrauit, conspectura ubi manebit? an quasi geminatur ut et illic sit et hic, id est et ubi conspicere et ubi conspici possit, ut in se sit conspiciens ante se conspicua? nihil horum nobis ueritas consulta respondet quoniam quando isto modo cogitamus non nisi corporum fictas imagines cogitamus, quod mentem non esse paucis certissimum est mentibus a quibus potest de hac re ueritas consuli. proinde restat ut aliquid pertinens ad eius naturam sit conspectus eius, et in eam quando se cogitat non quasi per loci spatium sed incorporea conuersione reuocetur. cum uero non se cogitat, non sit quidem in conspectu suo nec de illa suus formetur obtutus, sed tamen nouerit se tamquam ipsa sibi sit memoria sui. sicut multarum disciplinarum peritus ea quae nouit eius memoria continentur, nec est inde aliquid in conspectu mentis eius nisi unde cogitat; cetera in arcana quadam notitia sunt recondita quae memoria nuncupatur. ideo trinitatem sic commendabamus ut illud unde formatur cogitantis obtutus in memoria poneremus, ipsam uero conformationem tamquam imaginem quae inde imprimitur, at illud quo utrumque coniungitur amorem seu uoluntatem. mens igitur quando cogitatione se conspicit, intellegit se et recognoscit; gignit ergo hunc intellectum et cognitio-
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Geist durch sein Denken in sein Blickfeld stellt. Sieht also etwa der Geist mit einem Teil von sich einen anderen Teil von sich, wenn er sich im Denken erblickt, wie wir mit den einen unserer Glieder, den Augen, andere unserer Glieder erblicken, welche in unserem Blickfeld sein können? Was könnte Törichteres gesagt oder wahrgenommen werden? Wovon soll sich denn der Geist abkehren, außer von sich selbst – und wo tritt er in sein Blickfeld, außer vor sich selbst? Also wird er nicht mehr dort sein, wo er war, als er nicht in seinem Blickfeld stand, da er ja hier in seinem Blickfeld steht, von dort sich aber abkehrte. Wenn er aber, um sich zu erblicken, herumwanderte – wo wird er, um sich zu erblicken, bleiben? Wird er etwa verdoppelt, so daß er hier und dort ist, das heißt dort, wo er erblicken, und da, wo er erblickt werden kann, so daß er hier in sich blickend, dort erblickbar vor sich steht? Keine solche Auskunft gibt die Wahrheit, die wir befragen, denn auf diese Weise denken wir nur die eingebildeten Bilder der Körper; so aber ist der Geist nicht, wie es den wenigen Geistern ganz sicher ist, von denen man die Wahrheit hierüber erfragen kann. Demnach bleibt nur übrig: sein Blick ist etwas zu seiner Natur Gehöriges; der Geist wird zu ihr, wenn er sich denkt, nicht gleichsam durch eine Ortsbewegung im Raum, sondern durch unkörperliche Hinwendung zurückgerufen. Wenn er sich aber nicht denkt, dann ist er zwar nicht in seinem Blickfeld, und sein Auge wird nicht von seiner Natur geformt, dennoch aber kennt er sich, da er gleichsam die Erinnerung seiner selbst ist. So wie bei einem vieler Wissensgebiete Kundigen das, was er kennt, in der Erinnerung enthalten ist, und davon erst dann etwas im Blick des Geistes, wenn er daran denkt. Das übrige aber ist in einer Art geheimen Wissens verborgen, das Erinnerung heißt.66 Daher haben wir eine Dreiheit dergestalt aufgezeigt, daß wir das, wovon das Auge des Denkenden geformt wird, in die Erinnerung verlegten; die Formung selbst aber ist als das Bild zu verstehen, das sich von daher abprägt, und als drittes Glied muß man den Willen oder die Liebe verstehen, wodurch beide geeint werden. Wenn sich also der Geist durch das Denken erblickt, dann sieht er und erkennt er sich; er zeugt also diese Einsicht
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nem suam. res quippe incorporea intellecta conspicitur et intellegendo cognoscitur. nec ita sane gignit istam notitiam suam mens quando cogitando intellectam se conspicit tamquam sibi ante incognita fuerit, sed ita sibi nota erat quemadmodum notae sunt res quae memoria continentur etiamsi non cogitentur – quoniam dicimus hominem nosse litteras etiam cum de aliis rebus, non de litteris cogitat –. haec autem duo, gignens et genitum, dilectione tertia copulantur quae nihil est aliud quam uoluntas fruendum aliquid appetens uel tenens. ideoque etiam illis tribus nominibus insinuandam mentis putauimus trinitatem, memoria, intellegentia, uoluntate. [6. 9] sed quoniam mentem semper sui meminisse semperque se ipsam intellegere et amare, quamuis non semper se cogitare discretam ab eis quae non sunt quod ipsa est, circa eiusdem libri decimi finem diximus, quaerendum est quonam modo ad cogitationem pertineat intellectus, notitia uero cuiusque rei quae inest menti etiam quando non de ipsa cogitatur ad solam dicatur memoriam pertinere. si enim hoc ita est, non habebat haec tria ut et sui meminisset et se intellegeret et amaret, sed meminerat sui tantum, et postea cum cogitare se coepit tunc se intellexit atque dilexit. [7. 9] quapropter diligentius illud consideremus exemplum quod adhibuimus ubi ostenderetur aliud esse rem quamque non nosse, aliud non cogitare, fierique posse ut nouerit homo aliquid quod non cogitat quando aliunde, non inde cogitat. duarum ergo uel plurium disciplinarum peritus quando unam cogitat, aliam uel alias etiam si non cogitat nouit tamen. sed numquid recte possumus dicere: iste musicus nouit quidem musicam sed nunc eam non intellegit quia non eam cogitat: intellegit autem nunc geometricam, hanc enim nunc cogitat? absurda est quan-
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und seine Erkenntnis. Ein unkörperlicher Gegenstand wird ja durch Einsicht geschaut und durch Einsehen erkannt. Nicht so freilich zeugt der Geist diese seine Kenntnis, wenn er sich im Denken einsichtig erblickt, als wäre er sich vorher unbekannt gewesen. Er war sich vielmehr so bekannt, wie die Dinge, die in der Erinnerung enthalten sind, bekannt sind, auch wenn man nicht daran denkt (wie wir auch sagen, ein Mensch kenne die schönen Wissenschaften, auch wenn er an andere Dinge, nicht an die schönen Wissenschaften denkt). Diese beiden aber, das Zeugende und das Erzeugte, werden durch die Liebe als drittes geeint, welche nichts anderes ist als der Wille, der etwas zum Genuss erstrebt oder festhält. Deshalb glaubten wir mit den drei Namen Erinnerung, Einsicht und Wille auf die Dreiheit des Geistes hinweisen zu sollen. [6. 9] Daß aber der Geist sich seiner immer erinnert, sich immer einsieht und liebt, wenngleich er sich nicht immer von dem, was er nicht ist, gesondert denkt, haben wir gegen Ende eben des zehnten Buches gesagt. Nun ist zu fragen, wieso die Einsicht zum Denken gehört, die Kenntnis einer Sache hingegen, die der Geist besitzt, auch wenn er nicht an die Sache denkt, sich bloß auf die Erinnerung erstreckt. Wenn dem nämlich so ist, dann hatte der Geist diese drei nicht immer, daß er sich nämlich seiner erinnerte, sich einsah und sich liebte, sondern er erinnerte sich bloß seiner, und erst hernach, als er anfing, sich zu denken, sah er sich ein und liebte er sich. [7. 9] Wir wollen daher das Beispiel, das wir anführten, sorgfältiger überlegen. Es wurde darin gezeigt, daß es etwas anderes sei, eine Sache nicht zu kennen, etwas anderes, an sie nicht zu denken, und daß es geschehen könne, daß der Mensch etwas weiß, woran er nicht denkt, wenn er nämlich an etwas anderes, nicht an dies denkt. Wenn also jemand in zwei oder mehreren Wissensgebieten bewandert ist, so kennt er, wenn er nur an eines denkt, doch das andere oder die anderen, auch wenn er nicht daran denkt. Aber können wir zu Recht sagen: ›Dieser Musiker kennt zwar die Musik, aber jetzt sieht er sie nicht ein, weil er nicht an sie denkt; die Geometrie aber sieht er ein, weil er jetzt
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tum apparet ista sententia. quid etiam illa si dicamus: iste musicus nouit quidem musicam sed nunc eam non amat quando non eam cogitat; amat autem nunc geometricam quoniam nunc ipsam cogitat? nonne similiter absurda est? rectissime uero dicimus: iste quem perspicis de geometrica disputantem etiam perfectus est musicus. nam et meminit eius disciplinae et intellegit et diligit eam, sed quamuis eam nouerit et amet, nunc illam non cogitat quoniam geometricam de qua disputat cogitat. hinc admonemur esse nobis in abdito mentis quarundam rerum quasdam notitias, et tunc quodam modo procedere in medium atque in conspectu mentis uelut apertius constitui quando cogitantur; tunc enim se ipsa mens et meminisse et intellegere et amare inuenit etiam unde non cogitabat quando aliunde cogitabat. sed unde diu non cogitauerimus et unde cogitare nisi commoniti non ualemus, id nos nescio quo eodemque miro modo si potest dici scire nescimus. denique recte ab eo qui commemorat ei quem commemorat dicitur: scis hoc sed scire te nescis; commemorabo et inuenies te scientem quod te nescire putaueras. id agunt et litterae quae de his rebus conscriptae sunt, quas res duce ratione ueras esse inuenit lector, non quas ueras esse credit ei qui scripsit sicut legitur historia, sed quas ueras esse etiam ipse inuenit siue apud se siue in ipsa mentis duce ueritate. qui uero nec admonitus ualet ista contueri magna caecitate cordis tenebris ignorantiae demersus est altius, et mirabiliore diuina ope indiget ut possit ad ueram sapientiam peruenire. [7.10] propter hoc itaque uolui de cogitatione adhibere qualecumque documentum quo posset ostendi quomodo ex his quae memoria continentur recordantis acies informetur et tale aliquid gignatur ubi homo cogitat quale in illo erat ubi ante cogitationem meminerat, quia facilius dinoscitur quod tempore ac-
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an sie denkt‹? Absurd ist, soviel sich sagen läßt, eine solche Meinung. Was hat es ferner auf sich, wenn wir sagen: ›Dieser Musiker kennt zwar die Musik, aber er liebt sie jetzt nicht, da er nicht an sie denkt; er liebt aber jetzt die Geometrie, weil er jetzt an sie denkt‹. Ist das nicht vergleichbar töricht? Mit vollem Recht hingegen sagen wir: ›Der, den du jetzt über die Geometrie sich unterhalten siehst, ist auch ein vollendeter Musiker; denn er erinnert sich auch dieser Kunst, er sieht sie ein und liebt sie; aber wenngleich er sie kennt und liebt, so denkt er doch jetzt nicht daran, weil er an die Geometrie denkt, über die er sich unterhält‹. So werden wir darauf hingewiesen, daß für uns in dem Verborgenen des Geistes bestimmte Kenntnisse gewisser Dinge sind und daß diese dann in bestimmter Art in die Mitte hervorschreiten und im Blickfeld des Geistes gleichsam offenkundiger entstehen, wenn man an sie denkt.67 Dann nämlich findet der Geist, daß er sich erinnerte, einsah und liebte, woran er nicht dachte, als er an etwas anderes dachte. Aber wenn wir an etwas lange nicht denken und nur auf besondere Ermahnung hin daran zu denken vermögen, dann weiß ich nicht, auf welch seltsame Weise wir, wenn man so sagen kann, nicht wissen, daß wir wissen. Schließlich wird mit Recht von demjenigen, der erinnert, jenem, den er erinnert, gesagt: ›Du weißt dies, aber du weißt nicht, daß du es weißt; ich will dich erinnern, und du wirst finden, daß du weißt, wovon du glaubtest, es nicht zu wissen‹. So machen es auch die wissenschaftlichen Werke, die über solche Dinge geschrieben sind, deren Wahrheit der Leser unter der Führung des Verstandes findet, die er also nicht wie bei der Geschichte, die man liest, ihrem Verfasser glaubt, sondern selbst findet, sei es bei sich, sei es im Geist selbst unter Führung der Wahrheit. Wer hingegen auch auf eine Erinnerung hin die Wahrheit nicht zu sehen vermag, der ist in großer Blindheit des Herzens zu tief in die Finsternisse der Unwissenheit hinabgetaucht und bedarf einer wunderbareren göttlichen Hilfe, auf daß er zur wahren Weisheit gelangen kann. [7.10] Aus diesem Grund also wollte ich hinsichtlich des Denkens ein Beispiel anführen, durch das gezeigt werden kann, wie-
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cedit et ubi parens prolem spatio temporis antecedit. nam si nos referamus ad interiorem mentis memoriam qua sui meminit et interiorem intellegentiam qua se intellegit et interiorem uoluntatem qua se diligit, ubi haec tria simul sunt et simul semper fuerunt ex quo esse coeperunt siue cogitarentur siue non cogitarentur, uidebitur quidem imago illius trinitatis et ad solam memoriam pertinere. sed quia ibi uerbum esse sine cogitatione non potest – cogitamus enim omne quod dicimus etiam illo interiore uerbo quod ad nullius gentis pertinet linguam –, in tribus potius illis imago ista cognoscitur, memoria scilicet, intellegentia, uoluntate. hanc autem nunc dico intellegentiam qua intellegimus cogitantes, id est quando eis repertis quae memoriae praesto fuerant sed non cogitabantur cogitatio nostra formatur, et eam uoluntatem siue amorem uel dilectionem quae istam prolem parentemque coniungit, et quodam modo utrisque communis est. hinc factum est ut etiam per exteriora sensibilia quae per oculos carnis uidentur legentium ducerem tarditatem, in undecimo scilicet libro, atque inde cum eis ingrederer ad hominis interioris eam potentiam qua ratiocinatur de temporalibus rebus differens illam principaliter dominantem qua contemplatur aeterna. atque id duobus uoluminibus egi, duodecimo utrumque discernens quorum unum est superius, alterum inferius quod superiori esse subditum debet; tertio decimo autem de munere inferioris quo humanarum rerum scientia salubris continetur ut in hac tempo-
57-58 De trin. XI, 2,2-6; 3,6-7; 11,18 61-62 De trin. XII, 14,22-23 63-65 De trin. XIII, 19,24-26
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so von dem, was in der Erinnerung enthalten ist, die Sehkraft des sich Erinnernden geformt wird und wieso, wenn der Mensch denkt, etwas Derartiges erzeugt wird, wie es in ihm war, als er es vor dem Denken erinnerte, denn leichter hält man auseinander, was sich in zeitlichem Nacheinander folgt, und wo der Erzeugende dem Sprößling in zeitlichem Auseinander vorhergeht. Denn wenn wir uns auf das innere Erinnern des Geistes beziehen, durch das er sich seiner erinnert, und auf die innere Einsicht, durch die er sich einsieht, und auf den inneren Willen, durch den er sich liebt, wo diese drei immer gleichzeitig sind und gleichzeitig waren, seit sie zu sein anfingen, mochte man an sie denken, mochte man nicht an sie denken, dann wird zwar der Anschein entstehen, als ob das Bild, das diese Dreiheit darstellt, auch selbst wieder allein zur Erinnerung gehöre. Weil aber dort ein Wort nicht sein kann ohne Denken (wir denken nämlich alles, was wir sprechen, auch durch jenes innere Wort, das zur Sprache keines Volkes gehört), so wird dies Bild eher in den genannten drei Dingen erkannt, in der Erinnerung nämlich, in der Einsicht und im Willen.68 Diese Einsicht nenne ich nun aber jenes Vermögen, durch welches wir denkend einsehen, das heißt, wenn unser Denken von den wiederaufgetauchten Dingen, die der Erinnerung gegenwärtig gewesen waren, aber nicht gedacht wurden, geformt wird – und Wille oder Liebe oder Zuneigung das, was diesen Sprößling mit seinem Ursprung eint und in gewisser Weise beiden gemeinsam ist. So ist es geschehen, daß ich die Schwerfälligkeit der Leser durch die äußeren sinnlichen Dinge führte, die mit den Augen des Fleisches gesehen werden, im elften Buch nämlich, und von da aus mit ihnen in jenes Vermögen des inneren Menschen eintrat, mit dem man über die zeitlichen Dinge nachdenkt und dabei die Erörterung des ursprünglich beherrschenden Vermögens, mit dem Ewiges betrachtet wird, aufschob. Dies habe ich dann in den zwei folgenden Büchern behandelt, wobei ich im zwölften das eine als das höhere von dem anderen als dem niedrigeren, das dem höheren untergeordnet sein muß, unterschied; im dreizehnten Buch aber habe ich die Aufgabe des niedrigeren, das die heilbringende Wissenschaft
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rali uita id agamus quo consequamur aeternam quanta potui ueritate ac breuitate disserui, quandoquidem rem tam multiplicem atque copiosam, multorum atque magnorum disputationibus multis magnisque celebratam uno strictim uolumine inclusi, ostendens etiam in ipsa trinitatem sed nondum quae dei sit imago dicenda. [8.11] nunc uero ad eam iam peruenimus disputationem ubi principale mentis humanae quo nouit deum uel potest nosse considerandum suscepimus ut in eo reperiamus imaginem dei. quamuis enim mens humana non sit eius naturae cuius est deus, imago tamen naturae illius qua natura melior nulla est ibi quaerenda et inuenienda est in nobis quo etiam natura nostra nihil habet melius. sed prius mens in se ipsa consideranda est antequam sit particeps dei et in ea reperienda est imago eius. diximus enim eam etsi amissa dei participatione obsoletam atque deformem dei tamen imaginem permanere. eo quippe ipso imago eius est quo eius capax est eiusque esse particeps potest, quod tam magnum bonum nisi per hoc quod imago eius est non potest. ecce ergo mens meminit sui, intellegit se, diligit se. hoc si cernimus, cernimus trinitatem, nondum quidem deum sed iam imaginem dei. non forinsecus accepit memoria quod teneret, nec foris inuenit quod aspiceret intellectus sicut corporis oculus, nec ista duo uelut formam corporis et eam quae inde facta est in acie contuentis uoluntas foris iunxit. nec imaginem rei quae foris uisa est quodam modo raptam et in memoria reconditam cogitatio cum ad eam conuerteretur inuenit, et inde informatus est recordantis obtutus iungente utrumque tertia uoluntate, sicut in eis ostendebamus trinitatibus fieri quae in rebus
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von den menschlichen Dingen in sich schließt, so daß wir in diesem zeitlichen Leben das betreiben, womit wir das ewige erreichen, mit der mir möglichen Sachlichkeit und Kürze erörtert. Ich habe den so vielseitigen und weitverzweigten Gegenstand, der von vielen Großen in vielen großen Abhandlungen rühmlichst behandelt wurde, in den engen Raum eines Buches hineingezwängt, dabei auch hier eine Dreiheit aufdeckend, freilich noch nicht eine solche, die Bild Gottes zu nennen ist. [8.11] Jetzt aber haben wir unsere Erörterungen bis zu dem Punkt gebracht, wo wir die Überlegungen über den Hauptteil des menschlichen Geistes, mit dem man Gott erkennt oder erkennen kann, in Angriff nehmen, um in ihm ein Bild Gottes zu finden. Wenngleich nämlich der menschliche Geist nicht von derselben Natur ist wie Gott, so ist doch das Bild jener Natur, bezüglich der es keine bessere gibt, dort in uns zu suchen und zu finden, wo auch unsere Natur nichts Besseres hat.69 Zuerst aber ist der Geist in sich selbst zu betrachten, bevor er Gottes teilhaftig ist, und so in ihm Gottes Bild zu entdecken. Wir sagten ja schon, daß er auch nach dem Verlust der Teilnahme an Gott ein zwar abgebrauchtes und entstelltes, aber eben doch ein Bild Gottes bleibt. Eben dadurch ist er ja Bild Gottes, daß er Gottes aufnahmefähig ist und seiner teilhaftig werden kann, was ein so großes Gut ist, daß er es nur dadurch, daß er dessen Bild ist, vermag. Sieh nun, der Geist erinnert sich seiner, sieht sich ein, liebt sich. Wenn wir das erkennen, erkennen wir eine Dreiheit, noch nicht zwar Gott, aber doch schon Gottes Bild. Nicht draußen empfing die Erinnerung, was sie festhält, nicht draußen fand die Einsicht, was sie erblickt wie das Auge des Leibes; nicht einte diese beiden der Wille draußen wie die Form des Körpers und die in der Sehkraft des Erblickenden hiervon gebildete Form. Nicht hat das Denken das Bild des Gegenstandes, der draußen gesehen wurde, gewissermaßen erbeutet und im Gedächtnis aufbewahrt und nun, als es sich ihm zuwandte, wiedergefunden, so daß das Auge des sich Erinnernden hiervon geformt wurde, indem der Wille als drittes beide einte, wie das, wie wir zeigten,
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corporalibus reperiebantur uel ex corporibus per sensum corporis introrsus quodam modo trahebantur, de quibus omnibus in libro undecimo disseruimus. nec sicut fiebat uel apparebat quando de illa scientia disserebamus iam in hominis interioris opibus constituta, quae distinguenda fuit a sapientia, unde quae sciuntur uelut aduenticia sunt in animo, siue cognitione historica inlata ut sunt facta et dicta quae tempore peraguntur et transeunt uel in natura rerum suis locis et regionibus constituta sunt, siue in ipso homine quae non erant oriuntur aut aliis docentibus aut cogitationibus propriis sicut fides quam plurimum in libro tertio decimo commendauimus, sicut uirtutes quibus si uerae sunt in hac mortalitate ideo bene uiuitur ut beate in illa quae diuinitus promittitur immortalitate uiuatur. haec atque huiusmodi habent in tempore ordinem suum, in quod nobis trinitas memoriae, uisionis et amoris facilius apparebat. nam quaedam eorum praeueniunt cognitionem discentium; sunt enim cognoscibilia et antequam cognoscantur suique cognitionem in discentibus gignant. sunt autem uel in locis suis uel quae tempore praeterierunt, quamuis quae praeterierunt non ipsa sint sed eorum quaedam signa praeteritorum quibus uisis uel auditis cognoscantur fuisse atque transisse. quae signa uel in locis sita sunt sicut monumenta mortuorum et quaecumque similia, uel in litteris fide dignis sicut est omnis grauis et approbandae auctoritatis historia, uel in animis eorum qui ea iam nouerunt (eis quippe iam nota, et aliis utique sunt noscibilia quorum scientiam praeuenerunt et qui ea nosse illis quibus nota sunt docentibus possunt). quae omnia et quando discuntur quandam faciunt trinitatem specie sua quae noscibilis fuit etiam
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bei jenen Dreiheiten geschieht, die sich in den körperlichen Dingen fanden oder von den Körpern her durch den Leibessinn gleichsam nach innen geschleppt wurden, was wir im elften Buch erörtert haben. Es ist auch nicht so, wie es sich begab oder zu sein schien, als wir jene Wissenschaft erörterten, die schon in den Werken des inneren Menschen entsteht und von der Weisheit zu unterscheiden ist, sofern das, was Gegenstand der Wissenschaft wird, wie ein Ankömmling in der Seele ist, mag es in geschichtlicher Erkenntnis dort eingetreten sein, wie Geschehnisse und Worte, die sich in der Zeit ereignen und vorübergehen, oder wie Dinge, die in der Natur an ihrem Ort und in ihrem Raum stehen, mag im Menschen selbst, was nicht war, entstehen, sei es auf Belehrung durch andere hin, sei es durch eigenes Nachdenken wie der Glaube, auf den wir ganz eingehend im dreizehnten Buch hinwiesen, oder wie die Tugenden, durch die man, wenn sie echt sind, in dieser Sterblichkeit deshalb gut lebt, damit man in jener Unsterblichkeit, die von Gott verheißen ist, selig lebt. Dies und Derartiges hat in der Zeit seine Ordnung, in der uns die Dreiheit von Erinnerung, Sehen und Liebe leichter erschien. Manches hiervon geht nämlich der Erkenntnis der Lernenden voraus; es gibt ja Dinge, die erkennbar sind, auch bevor man sie erkennt, und die ihre Erkenntnis im Lernenden erzeugen. Es sind Dinge, die entweder an einem bestimmten Ort sind oder in der Zeit vergingen, wobei freilich, was vergangen ist, nicht mehr selbst, sondern in gewissen Zeichen des Vergangenen weiterbesteht, die man schaut und hört und durch die man so erkennt, was war und vorüberging. Diese Zeichen finden sich entweder an bestimmten Orten, wie die Grabmäler der Toten oder Ähnliches, oder in glaubwürdigen Schriften, wie sie jede ernsthafte und durch das Gewicht ihrer Stimme Zustimmung heischende Geschichtschreibung darstellt, oder in den Herzen jener, die das Vergangene noch kennen (was nämlich einmal jemandem bekannt ist, das ist sicherlich auch anderen erkennbar, da es ihrem eigenen Wissen vorausging und von ihnen durch die Belehrung derer, denen es bekannt ist, gewußt werden kann).70 All dies verwirklicht, wenn es gelehrt wird, eine Art Dreiheit, durch sei-
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antequam nosceretur eique adiuncta cognitione discentis quae tunc esse incipit quando discitur ac tertia uoluntate quae utrumque coniungit. et cum cognita fuerint, alia trinitas dum recoluntur fit iam interius in ipso animo ex his imaginibus quae cum discerentur sunt impressae in memoria et informatione cogitationis ad ea conuerso recordantis aspectu et ex uoluntate quae tertia duo ista coniungit. ea uero quae orientur in animo ubi non fuerunt sicut fides et cetera huiusmodi, etsi aduenticia uidentur cum doctrina inseruntur, non tamen foris posita uel foris peracta sunt sicut illa quae creduntur, sed intus omnino in ipso animo esse coeperunt. fides enim non est quod creditur, sed qua creditur, et illud creditur, illa conspicitur. tamen quia esse coepit in animo qui iam erat animus antequam in illo ista esse coepisset, aduenticium quiddam uidetur et in praeteritis habebitur quando succedente specie iam esse destiterit, aliamque nunc trinitatem facit per suam praesentiam, retenta, conspecta, dilecta; aliam tunc faciet per quoddam sui uestigium quod in memoria praeteriens dereliquerit sicut iam supra dictum est. [9.12] utrum autem etiam tunc uirtutes quibus in hac mortalitate bene uiuitur quia et ipsae incipiunt esse in animo qui cum sine illis prius esset, tamen animus erat, desinant esse cum ad aeterna perduxerint nonnulla quaestio est. quibusdam enim uisum est desituras, et de tribus quidem, prudentia, fortitudine, temperantia cum hoc dicitur non nihil dici uidetur. iustitia uero
70 De trin. XIII, 20,25/26
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ne Gestalt nämlich, die erkennbar war, auch bevor sie erkannt wurde, ferner durch die zu ihr hinzukommende Erkenntnis des Lernenden, die dann zu sein beginnt, wenn man lernt, und durch den Willen als dritten, der beide eint. Wenn diese Dinge einmal erkannt worden sind, dann entsteht, da man sich an sie erinnert, eine andere Dreiheit, schon inwendiger in der Seele – bestehend aus jenen Bildern, die, als sie gelernt wurden, der Erinnerung eingeprägt worden sind, aus der inneren Formbildung des Denkens, da sich der Blick des sich Erinnernden ihnen wieder zuwendet, und dem Willen, der als drittes die beiden eint. Das aber, was in der Seele, wo es nicht war, entsteht, wie der Glaube und das übrige Derartige, auch wenn es wie ein Ankömmling erscheint, da es durch Belehrung eingepflanzt wird, so ist es doch nicht draußen gewesen oder draußen vollzogen worden wie das, was man glaubt, sondern ganz und gar innen in der Seele hat es zu sein begonnen. Der Glaube ist hier nämlich nicht der Inhalt, der geglaubt wird, sondern der Vorgang, in dem geglaubt wird; jener wird geglaubt, in diesem (dem Vorgang) wird erblickt. Weil jedoch der Glaube in der Seele zu sein beginnt, die schon Seele war, bevor diese Dinge in ihr zu sein begonnen hatten, scheint er etwas Ankömmlinghaftes zu sein und wird zum Vergangenen gerechnet werden, weil er zu sein aufhören wird, folgt ihm die Gestalt, und er verwirklicht jetzt eine andere Dreiheit durch seine Gegenwart, indem er bewahrt, erblickt und geliebt wird; eine andere wird er dann durch eine Art Spur von sich verwirklichen, die er durch sein Vorübergehen in der Erinnerung zurückläßt, wie oben schon gesagt wurde. [9.12] Ob dann aber auch die Tugenden, durch die man in dieser Sterblichkeit gut lebt – auch sie fangen ja einmal in der Seele an, die, obgleich sie ehedem ohne die Tugenden war, doch Seele war –, zu sein aufhören, wenn sie zum Ewigen hingeführt haben, ist eine Frage, die mit einigen Schwierigkeiten behaftet ist. Manche nämlich sehen es so, daß sie aufhören werden, und von dreien, nämlich der Klugheit, Tapferkeit und Mäßigkeit scheint das mit einigem Recht behauptet werden zu können.
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immortalis est et magis tunc perficietur in nobis quam esse cessabit. de omnibus tamen quattuor magnus auctor eloquentiae Tullius in Hortensio dialogo disputans: si nobis, inquit, cum ex hac uita migrauerimus, in beatorum insulis immortale aeuum, ut fabulae ferunt, degere liceret, quid opus esset eloquentia, cum iudicia nulla fierent; aut ipsis etiam uirtutibus? nec enim fortitudine egeremus, nullo proposito aut labore aut periculo; nec iustitia, cum esset nihil quod appeteretur alieni; nec temperantia, quae regeret eas quae nullae essent libidines; nec prudentia quidem egeremus, nullo delectu proposito bonorum et malorum. una igitur essemus beati cognitione naturae et scientia, qua sola etiam deorum est uita laudanda. ex quo intellegi potest, cetera necessitatis esse, unum hoc uoluntatis. ita ille tantus orator cum philosophiam praedicaret recolens ea quae a philosophis acceperat et praeclare ac suauiter explicans in hac tantum uita quam uidemus aerumnis et erroribus plenam omnes quattuor necessarias dixit esse uirtutes, nullam uero earum cum ex hac uita emigrabimus si liceat ibi uiuere ubi uiuitur beate, sed bonos animos sola beatos esse cognitione et scientia, hoc est contemplatione naturae in qua nihil est melius et amabilius ea natura quae creauit omnes ceteras instituitque naturas. cui regenti esse subditum si iustitiae est, immortalis est omnino iustitia nec in illa esse beatitudine desinet sed talis ac tanta erit ut perfectior et maior esse non possit. fortassis et aliae tres uirtutes, prudentia sine ullo iam periculo erroris, fortitudo sine molestia tolerandorum malorum, temperantia sine repugnatione libidinum erunt in illa felicitate ut
8-9 Lucan, Phars., 7,62sq. 9-19 Cic., Hort.fr.110 Grilli
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Die Gerechtigkeit hingegen ist unsterblich und wird dann eher zu ihrer Vollendung in uns gelangen, als daß sie zu sein aufhört. Von allen vieren aber sagt der große Meister der Beredsamkeit Tullius im Zwiegespräch ›Hortensius‹: »Wenn es uns, sobald wir von diesem Leben scheiden, vergönnt wäre, auf den Inseln der Seligen ein unsterbliches, immerwährendes Leben zu verbringen, wie die Legenden erzählen, wozu bräuchte man da die Beredsamkeit, da es keine Prozesse mehr gibt, oder auch die Tugenden? Der Tapferkeit nämlich bedürften wir nicht mehr, da keine Mühe und keine Gefahr mehr vor uns liegt; der Gerechtigkeit nicht mehr, da es kein fremdes Eigentum mehr gäbe, das man begehrte; nicht mehr der Mäßigkeit, welche die Lüste ordnet, da es solche nicht mehr gibt; auch der Klugheit würden wir nicht mehr bedürfen, da keine Wahl des Guten oder Bösen mehr vor uns liegt. Einzig durch die Erkenntnis der Natur also wären wir selig und durch die Wissenschaft, um derentwillen allein auch das Leben der Götter zu preisen ist. Daraus kann man erschließen; daß alles übrige der Notdurft dient, dies eine allein aber dem Willen angehört.« So also jener große Redner, als er Philosophie vortrug, indem er sich an das, was er von Philosophen gehört hatte, erinnerte und sehr klar und einnehmend erklärte, daß nur in diesem Leben, das wir mit Mühsal und Irrtum angefüllt sehen, alle vier Tugenden notwendig sind, keine von ihnen aber mehr, wenn wir aus diesem Leben scheiden, ist es uns nur vergönnt, dort zu leben, wo man selig lebt. Die guten Seelen sind vielmehr glücklich allein durch Erkenntnis und Wissen, das heißt durch die Beschauung der Natur, in der es nichts Besseres und Lieblicheres gibt als jene Natur, die alle übrigen Naturen schuf und einrichtete. Wenn ihrer Leitung sich zu unterwerfen Gerechtigkeit ist, dann ist die Gerechtigkeit gänzlich unsterblich, und sie wird in jener Seligkeit nicht zu bestehen aufhören, sondern wird solchergestalt und so groß sein, daß sie nicht vollkommener und größer sein könnte. Vielleicht werden auch die anderen drei Tugenden in jenem Glück sein – die Klugheit ohne irgendeine Gefahr des Irrtums, die Tapferkeit ohne Belästigung durch Übel, die zu ertragen
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prudentiae sit nullum bonum deo praeponere uel aequare, fortitudinis ei firmissime cohaerere, temperantiae nullo defectu noxio delectari. nunc autem quod agit iustitia in subueniendo miseris, quod prudentia in praecauendis insidiis, quod fortitudo in perferendis molestiis, quod temperantia in coercendis delectationibus prauis non ibi erit ubi nihil omnino mali erit. ac per hoc ista uirtutum opera quae huic mortali uitae sunt necessaria sicut fides ad quam referenda sunt in praeteritis habebuntur, et aliam nunc faciunt trinitatem, cum ea praesentia tenemus, aspicimus, amamus; aliam tunc factura sunt cum ea non esse sed fuisse per quaedam eorum uestigia quae praetereundo in memoria derelinquent reperiemus, quia et tunc trinitas erit cum illud qualecumque uestigium et memoriter retinebitur et agnoscetur ueraciter et hoc utrumque tertia uoluntate iungetur. [10.13] in omnium istarum quas commemorauimus temporalium rerum scientia quaedam cognoscibilia cognitionem interpositione temporis antecedunt sicut sunt ea sensibilia quae iam erant in rebus antequam cognoscerentur uel ea omnia quae per historiam cognoscuntur; quaedam uero simul esse incipiunt uelut si aliquid uisibile quod omnino non erat ante nostros oculos oriatur, cognitionem nostram utique non praecedit, aut si aliquid sonet ubi adest auditor, simul profecto incipiunt esse simulque desinunt et sonus et eius auditus. uerumtamen siue tempore praecedentia siue simul esse incipientia cognoscibilia cognitionem gignunt, non cognitione gignuntur. cognitione uero facta cum ea quae cognouimus posita in memoria recordatione reuisuntur, quis non uideat priorem esse tempore in me-
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sind, die Mäßigkeit ohne den Widerstand der Lüste: so daß es Gegenstand der Klugheit wäre, kein Gut Gott vorzuziehen oder gleichzusetzen, der Tapferkeit, ihm auf das Festeste anzuhängen, der Mäßigkeit, ohne schändliches Fehl sich zu erfreuen. Was aber jetzt die Gerechtigkeit tut, indem sie den Elenden zu Hilfe kommt, die Klugheit, indem sie Anschläge im voraus abwendet, die Tapferkeit, indem sie Beschwerden erträgt, die Mäßigkeit, indem sie verkehrten Genuß unterdrückt, das wird dort nicht mehr sein, wo es keinerlei Übel mehr gibt.71 Und deshalb werden diese Werke der Tugenden, die für dieses sterbliche Leben notwendig sind, gleich dem Glauben, auf den sie hinzuordnen sind, dort zum Vergangenen gerechnet werden; und sie bilden eine andere Dreiheit jetzt, wo wir sie als gegenwärtig festhalten, erblicken und lieben; eine andere werden sie dann bilden, wenn wir durch eine Art von Spur, die sie durch ihr Vorübergehen in der Erinnerung zurücklassen, finden, daß sie nicht mehr sind, sondern gewesen sind. Denn auch dann wird eine Dreiheit sein, wenn jene wie immer beschaffene Spur gedächtnismäßig festgehalten, wahrhaft erkannt und beides durch den Willen als drittes verbunden wird. [10.13] Bei der Wissenschaft all der zeitlichen Dinge, die wir erwähnen, gehen manche Wissensgegenstände der Erkenntnis in zeitlichem Abstand voran – wie das Sinnliche, das in den Dingen schon war, ehe es erkannt wurde, oder all das, was durch die Geschichte erkannt wird. Manches beginnt zugleich mit seiner Erkenntnis zu sein, wie z.B. etwas Sichtbares, das gar nicht war und vor unseren Augen entsteht, unserer Erkenntnis gewiß nicht vorhergeht – oder wenn etwas ertönt, wo ein Zuhörer ist: da beginnen in der Tat der Ton und seine Hörbarkeit gleichzeitig und hören gleichzeitig auf. Mag nun das Erkennbare der Erkenntnis zeitlich vorangehen, mag es zugleich mit ihr entstehen, so erzeugt gleichwohl das Erkennbare die Erkenntnis, nicht wird es durch die Erkenntnis erzeugt. Wenn die Erkenntnis erzeugt und das, was wir erkannt haben, in der Erinnerung hinterlegt ist, um durch Erinnern wieder erblickt zu werden, wer sähe da nicht, daß die Bewahrung in der Erinnerung der Zeit
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moria retentionem quam in recordatione uisionem et huius utriusque tertia uoluntate iunctionem? porro autem in mente non sic est; neque enim aduenticia sibi ipsa est quasi ad se ipsam quae iam erat uenerit aliunde eadem ipsa quae non erat, aut non aliunde uenerit sed in se ipsa quae iam erat nata sit ea ipsa quae non erat sicut in mente quae iam erat oritur fides quae non erat, aut post cognitionem sui recordando se ipsam uelut in memoria sua constitutam uidet quasi non ibi fuerit antequam se ipsam cognosceret, cum profecto ex quo esse coepit, numquam sui meminisse, numquam se intellegere, numquam se amare destiterit sicut iam ostendimus. ac per hoc quando ad se ipsam cogitatione conuertitur fit trinitas in qua iam et uerbum possit intellegi. formatur quippe ex ipsa cogitatione, uoluntate utrumque iungente. ibi ergo magis agnoscenda est imago quam quaerimus. [11.14] sed dicet aliquis: non est ista memoria qua mens sui meminisse perhibetur quae sibi semper est praesens; memoria enim praeteritorum est non praesentium. nam quidam cum de uirtutibus agerent in quibus est etiam Tullius in tria ista prudentiam diuiserunt, memoriam, intellegentiam, prouidentiam, memoriam scilicet praeteritis, intellegentiam praesentibus, prouidentiam rebus tribuentes futuris quam non habent certam nisi praescii futurorum, quod non est munus hominum nisi detur desuper, ut prophetis. unde scriptura sapientiae de hominibus agens: cogitationes, inquit, mortalium timidae, et incertae prouidentiae nostrae. memoria uero de praeteritis et intellegentia de praesentibus certa est (sed praesentibus utique incorporalibus rebus, nam cor-
4-8 Cic., De inv. II, 53,160 9-11 Sap 9,14
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nach früher ist als das Sehen in der (Wieder-)Erinnerung und die Verbindung dieser beiden durch den Willen als drittes? Im Geist aber ist es nicht so.72 Er ist sich nämlich kein Ankömmling, als ob er zu sich selbst, sofern er schon war, von anderswoher käme in eben sich selbst, sofern er noch nicht war, oder als ob er zwar nicht von anderswoher käme, sondern in sich selbst, sofern er schon war, eben er selbst geboren worden wäre, der er noch nicht war – wie im Geist, der schon war, der Glaube entsteht, der noch nicht war, oder als ob er sich, wenn er sich nach seiner Selbsterkenntnis seiner erinnert, in seiner Erinnerung so sähe, als wäre er dort erzeugt worden und sozusagen nicht dort gewesen, bevor er sich selbst erkannte, während er doch in der Tat, seit er zu sein begann, niemals aufhörte, sich seiner zu erinnern, niemals aufhörte, sich einzusehen, niemals aufhörte, sich zu lieben, wie wir schon gezeigt haben. Wenn er sich sonach durch das Denken zu sich selbst wendet, dann entsteht eine Dreiheit, in der auch schon ein Wort eingesehen werden kann. Es wird ja durch das Denken gebildet, während der Wille beides eint. Hier also läßt sich eher das Bild feststellen, das wir suchen.73 [11.14] Es könnte aber jemand sagen: ›Nicht die Erinnerung ist es, durch die sich der Geist, der sich selbst gegenwärtig ist, wie behauptet wird, erinnert; denn die Erinnerung gilt Vergangenem, nicht Gegenwärtigem.‹ Manche, zu denen auch Tullius gehört, haben nämlich, als sie von den Tugenden handelten, die Klugheit in diese drei zerlegt: Gedächtnis, Einsicht und Voraussicht, das Gedächtnis dem Vergangenen, die Einsicht dem Gegenwärtigen, die Voraussicht dem Zukünftigen zuordnend, wobei Sicherheit nur jene haben, welche die Zukunft vorauswissen, was nicht in den Bereich des menschlichen Könnens fällt, außer es wird, wie den Propheten, von oben gegeben.74 Daher sagt die Schrift, wo sie mit der Weisheit über die Menschen spricht; »Die Gedanken der Sterblichen sind furchtsam und unsicher unsere Voraussichten.« Die Erinnerung an das Vergangene hingegen und die Einsicht des Gegenwärtigen ist sicher (die Einsicht der gegenwärtigen
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porales corporalium praesentes sunt aspectibus oculorum). sed qui dicit memoriam non esse praesentium attendat quemadmodum dictum sit in ipsis saecularibus litteris ubi maioris curae fuit uerborum integritas quam ueritas rerum:
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nec talia passus Vlixes, oblitusue sui est Ithacus discrimine tanto. Vergilius enim cum sui non oblitum diceret Vlixem, quid aliud intellegi uoluit nisi quod meminerit sui? cum sibi ergo praesens esset, nullo modo sui meminisset nisi et ad res praesentes memoria pertineret. quapropter sicut in rebus praeteritis ea memoria dicitur qua fit ut ualeant recoli et recordari, sic in re praesenti quod sibi est mens memoria sine absurditate dicenda est qua sibi praesto est ut sua cogitatione possit intellegi et utrumque sui amore coniungi. [12.15] haec igitur trinitas mentis non propterea dei est imago quia sui meminit mens et intellegit ac diligit se, sed quia potest etiam meminisse et intellegere et amare a quo facta est. quod cum facit sapiens ipsa fit. si autem non facit, etiam cum sui meminit seque intellegit ac diligit, stulta est. meminerit itaque dei sui ad cuius imaginem facta est eumque intellegat atque diligat. quod ut breuius dicam, colat deum non factum cuius ab eo capax facta est et cuius esse particeps potest; propter quod scriptum est: ecce dei cultus est sapientia, et non sua luce sed summae illius lucis participatione sapiens erit, atque ubi aeterna, ibi beata regnabit. sic enim dicitur ista hominis sapientia ut etiam
19 Verg Aen. 3,628sq. 12,9 Iob 28,28
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unkörperlichen Dinge natürlich, denn die körperlichen Dinge sind den Blicken der leiblichen Augen gegenwärtig). Wer aber sagt, daß die Erinnerung nicht dem Gegenwärtigen gelte, der achte einmal auf die Ausdrucksweise in der weltlichen schönen Literatur, wo man größere Sorge trägt um die Unversehrtheit der Sprache als um die Wahrheit der Sache: »Nicht duldete solches Odysseus, noch vergaß sein’ selbst der Ithaker, als die Gefahr rief.« Als Vergil sagte, daß Odysseus seiner nicht vergessen war, was wollte er da anderes einsichtig machen, als daß er sich seiner erinnerte? Als er sich selbst gegenwärtig war, hätte er sich auf keine Weise seiner selbst erinnert, wenn sich die Erinnerung nicht auch auf gegenwärtige Dinge erstreckte. Deshalb wird, ebenso wie bei vergangenen Dingen das Erinnerung genannt wird, durch das sich vollzieht, daß die vergangenen Dinge wiederholt und erinnert zu werden vermögen, auch bei einer gegenwärtigen Sache, wie der Geist es für sich ist, ohne Absurdität Erinnerung jenes Vermögen genannt, durch das er sich gegenwärtig ist, so daß er in seinem Denken eingesehen werden kann und beide in der Liebe zu sich verbunden werden können. [12.15] Diese Dreiheit des Geistes ist also nicht deshalb Bild Gottes, weil der Geist sich seiner erinnert, sich einsieht und liebt, sondern weil er zu erinnern, einzusehen und zu lieben vermag, von dem er geschaffen ist. Wenn er dies tut, wird er selbst weise. Tut er es nicht, dann ist er, auch wenn er sich seiner erinnert, sich einsieht und liebt, töricht. Er erinnere sich daher seines Gottes, nach dessen Bild er geschaffen ist, sehe ihn ein und liebe ihn. Um es kürzer zu sagen: Er möge Gott verehren, der nicht geschaffen ist, von dem er jedoch so geschaffen wurde, daß er aufnahmefähig ist für ihn und seiner teilhaftig werden kann. Deshalb steht geschrieben: »Siehe, der Dienst Gottes ist Weisheit«, und nicht durch sein Licht, sondern durch Teilnahme an jenem höchsten Licht wird der Geist weise sein, und wo das ewige Licht ist, wird er selig herrschen. So nämlich heißt diese Weisheit des Menschen Weisheit, daß sie zugleich Gottes Weis-
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dei sit. tunc enim uera est; nam si humana est, uana est. uerum non ita dei qua sapiens est deus; neque enim participatione sui sapiens est sicut mens participatione dei. sed quemadmodum dicitur etiam iustitia dei non solum illa qua ipse iustus est sed quam dat homini cum iustificat impium, quam commendans apostolus ait de quibusdam: ignorantes enim dei iustitiam et suam iustitiam uolentes constituere iustitiae dei non sunt subiecti, sic enim dici etiam de quibusdam potest: ignorantes dei sapientiam et suam uolentes constituere sapientiae dei non sunt subiecti. [12.16] est igitur natura non facta quae fecit omnes ceteras magnas paruasque naturas eis quas fecit sine dubitatione praestantior, ac per hoc hac etiam de qua loquimur rationali et intellectuali quae hominis mens est ad eius qui eam fecit imaginem facta. illa autem ceteris natura praestantior deus est, et quidem non longe positus ab unoquoque nostrum sicut apostolus dicit adiungens: in illo enim uiuimus et mouemur et sumus. quod si secundum corpus diceret, etiam de isto corporeo mundo posset intellegi. nam et in illo secundum corpus uiuimus et mouemur et sumus. unde secundum mentem quae facta est ad eius imaginem debet hoc accipi excellentiore quodam eodemque non uisibili sed intellegibili modo. nam quid non est in ipso de quo diuine scriptum est: quoniam ex ipso et per ipsum et in ipso sunt omnia? proinde si in ipso sunt omnia, in quo tandem possunt uiuere quae uiuunt et moueri quae mouentur nisi in quo sunt? non tamen omnes cum illo sunt eo modo quo ei dictum est: ego semper tecum nec ipse cum omnibus eo modo quo dicimus: dominus uobiscum. magna itaque hominis miseria est cum illo non esse sine quo non potest esse. in quo enim est procul dubio sine
17-19 Rm 10,3 27 Act 17,27 28 Act 17,28 34-35 Rm 11,36 37-38 Ps 72,23
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heit ist. Dann nämlich ist sie wahre Weisheit; ist sie menschlich Weisheit, ist sie eitel. Indes nicht so ist sie Gottes Weisheit, daß Gott durch sie weise ist, denn nicht ist Gott durch Teilnahme an seiner eigenen Weisheit weise, wie der Geist durch Teilnahme an Gott. Vielmehr heißt z. B. auch Gerechtigkeit Gottes nicht bloß jene Gerechtigkeit, durch die er selbst gerecht ist, sondern auch jene, die er dem Menschen gibt, wenn er den Gottlosen rechtfertigt, worauf der Apostel hinweist, wenn er von gewissen Menschen sagt: »Indem sie nämlich die Gerechtigkeit Gottes nicht kannten und ihre Gerechtigkeit aufrichten wollten, haben sie sich der Gerechtigkeit Gottes nicht unterworfen«, so kann man von manchen auch sagen: ›Indem sie die Weisheit Gottes nicht kannten und die ihrige errichten wollten, haben sie sich der Weisheit Gottes nicht unterworfen‹. [12.16] Es gibt also eine nicht geschaffene Natur, die alle übrigen Naturen, die großen und die kleinen, schafft, und ohne Zweifel jene, die sie schafft, überragt – und dadurch auch jene, über die wir sprechen, die verstandes- und vernunftbegabte (Natur), die der zum Bild dessen, der sie schuf, geschaffene Geist des Menschen ist.75 Die Natur aber, welche die übrigen überragt, ist Gott. Er »ist nicht weit von einem jeden von uns«, wie der Apostel sagt; er fügt hinzu: »In ihm nämlich leben wir, bewegen wir uns und sind wir.« Würde er das gemäß dem Körper sagen, dann könnte es auch von dieser körperlichen Welt verstanden werden. Denn auch in ihr leben, bewegen uns und sind wir gemäß dem Körper. Daher muß es vom Geist, der nach seinem Bild geschaffen ist, verstanden werden, und zwar auf eine erhabenere, nicht sichtbare und geistige Weise. Denn was wäre nicht in ihm, von dem das göttliche Schriftwort gilt: »Denn aus ihm, durch ihn und in ihm ist alles.« Wenn sonach alles in ihm ist, worin anders sollte denn da leben, was lebt, sich bewegen, was sich bewegt, als in ihm, in dem es ist? Nicht jedoch ist alles bei ihm auf jene Weise, die in dem an ihn gerichteten Worte gemeint ist: »Ich werde immer bei dir sein.« Auch er selbst ist nicht mit allen auf jene Weise, die wir mit dem Wort meinen: ›Der Herr sei mit euch‹. Ein großes Elend ist es also für den Menschen, nicht mit dem zu sein, ohne den er nicht sein kann. Ohne
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illo non est, et tamen si eius non meminit eumque non intellegit neque diligit, cum illo non est. quod autem quisque penitus obliuiscitur nec commoneri eius utique potest. [13.17] de uisibilibus rebus ad hanc rem sumamus exemplum. dicit tibi quispiam quem non recognoscis: nosti me, et ut commoneat dicit ubi, quando, quomodo tibi innotuerit. omnibusque adhibitis signis quibus in memoriam reuoceris si non recognoscis ita iam oblitus es ut omnis illa notitia penitus deleta sit animo, nihilique aliud restet nisi aut credas ei qui tibi hoc dicit quod aliquando eum noueras, aut ne hoc quidem si fide dignus tibi esse qui loquitur non uidetur. si autem reminisceris, profecto redis in memoriam tuam et in ea inuenis quod non fuerat penitus obliuione deletum. redeamus ad illud propter quod adhibuimus humanae conuersationis exemplum. inter cetera psalmus nonus: conuertantur, inquit, peccatores in infernum, omnes gentes quae obliuiscuntur deum. porro autem uicesimus primus: commemorabuntur, inquit, et conuertentur ad dominum uniuersi fines terrae. non igitur sic erant oblitae istae gentes deum ut eius nec commemoratae recordarentur. obliuiscendo autem deum tamquam obliuiscendo uitam suam conuersae fuerant in mortem, hoc est in infernum. commemoratae uero conuertuntur ad dominum tamquam reuiuiscentes reminiscendo uitam cuius eas habebat obliuio. item legitur in nonagesimo tertio: intellegite nunc qui insipientes estis in populo, et stulti aliquando sapite. qui plantauit aurem non audiet?, et cetera. eis enim dictum est qui deum non intellegendo de illo uana dixerunt.
13-14 Ps 9,18 14-15 Ps 21,28 21-23 Ps 93,8sq.
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Zweifel ist er nämlich nicht ohne den, in dem er ist, und dennoch ist er, wenn er sich seiner nicht erinnert, ihn nicht einsieht, ihn nicht liebt, nicht bei ihm. Was man aber vollständig vergißt, daran kann man sicherlich auch nicht erinnert werden.76 [13.17] Aus dem Bereich der sichtbaren Dinge wollen wir hierfür ein Beispiel nehmen. Es sagt dir jemand, den du nicht wieder erkennst: ›Du kennst mich‹, und um deiner Erinnerung nachzuhelfen, sagt er, wo, wann und wie er deine Bekanntschaft gemacht hat. Wenn du ihn nun trotz aller aufgebotenen Zeichen, durch die deine Erinnerung wachgerufen werden soll, nicht wieder erkennst, dann bist du seiner schon so vergessen, daß die ganze Bekanntschaft von ehedem aus deiner Seele vollständig getilgt ist, und es bleibt dir nichts anderes übrig, als dem, der dir sagt, du habest einmal seine Bekanntschaft gemacht, zu glauben, oder auch nicht, wenn nämlich, der so spricht, dir unglaubwürdig erscheint. Wenn du dich aber wieder darauf besinnst, dann kehrst du wirklich in deine Erinnerung zurück und findest in ihr, was nicht vollständig durch das Vergessen ausgetilgt war. Kehren wir zu dem zurück, um dessentwillen wir das Beispiel aus dem menschlichen Zusammenleben anführten. Unter anderem sagt der neunte Psalm: »Zur Hölle sollen fahren die Sünder, alle Völker, die Gott vergessen.« Weiter sagt der einundzwanzigste: »Dann sollen erinnert werden und zum Herrn sich wenden alle Enden der Erde.« Nicht so also hatten die Völker Gott vergessen, daß sie sich, auch an ihn gemahnt, seiner nicht mehr erinnerten. Indem sie aber Gott und so gleichsam ihr Leben vergaßen, wandten sie sich in den Tod, das heißt in die Hölle. Wenn sie indes erinnert werden, wenden sie sich, gleichsam wieder auflebend im Wiedererinnern, zum Herrn, dessen Leben wie sie das Vergessen hatte.77 Ebenso liest man im dreiundneunzigsten Psalm: »Nehmet jetzt Einsicht an, die ihr unweise seid im Volke, und die ihr Toren seid, werdet einmal weise! Der das Ohr schafft, soll nicht hören?« usw. Das Wort ist nämlich an die gerichtet, die ohne Einsicht von Gott Eitles über ihn sagten.
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[14.18] de dilectione autem dei plura reperiuntur in diuinis eloquiis testimonia. ibi enim et illa duo consequenter intelleguntur quia nemo diligit cuius non meminit et quod penitus nescit. unde illud est notissimum praecipuumque praeceptum: diliges dominum deum tuum. sic itaque condita est mens humana ut numquam sui non meminerit, numquam se non intellegat, numquam se non diligat. sed quoniam qui odit aliquem nocere illi studet, non immerito et mens hominis quando sibi nocet odisse se dicitur. nesciens enim sibi uult male dum non putat sibi obesse quod uult, sed tamen male sibi uult quando id uult quod obsit sibi, unde illud scriptum est: qui diligit iniquitatem odit animam suam. qui ergo se diligere nouit deum diligit; qui uero non diligit deum etiam si se diligit, quod ei naturaliter inditum est, tamen non inconuenienter odisse se dicitur cum id agit quod sibi aduersatur et se ipsum tamquam suus inimicus insequitur. qui profecto est error horrendus ut cum sibi omnes prodesse uelint, multi non faciant nisi quod eis perniciosissimum sit. similem morbum mutorum animalium cum poeta describeret: dii, inquit, meliora piis, erroremque hostibus illum! discissos nudis laniabant dentibus artus. cum morbus ille corporis fuerit, cur dixit errorem nisi quia omne animal cum sibi natura conciliatum sit ut se custodiat quantum potest, talis ille erat morbus ut ea quorum salutem appetebant sua membra laniarent? cum autem deum diligit meus et sicut dictum est consequenter eius meminit eumque intellegit, recte illi de proximo suo praecipitur ut eum sicut se diligat. iam enim se non peruerse sed recte diligit cum deum diligit cuius participatione imago illa non
4-5 Dt 6,5; Mt 22,37; Mc 12,30; Lc 10,27 11-12 Ps 10,6 19-20 Verg., Georg. 3,513sq. 22-24 Cic., De fin. bon. mal. III, 5,16
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[14.18] Über die Liebe Gottes aber finden sich mehrere Zeugnisse in den göttlichen Aussprüchen. Dabei sind folgerichtig auch die zwei anderen Vorgänge mitgemeint, weil niemand liebt, wessen er sich nicht erinnert und was er gänzlich nicht weiß. Deshalb ist dies das bekannteste und bedeutsamste Gebot; »Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben.« So ist also der menschliche Geist geschaffen, daß er niemals sich seiner nicht erinnert, niemals sich nicht einsieht, niemals sich nicht liebt. Weil aber, wer jemanden haßt, ihm zu schaden sucht, sagt man nicht mit Unrecht auch vom menschlichen Geist, wenn er sich schadet, daß er sich haßt. Ohne es nämlich zu wissen, will er sich Übles, da er nicht glaubt, daß ihm schadet, was er will; aber doch will er sich Übles, wenn er will, was ihm schadet, weshalb geschrieben steht: »Wer das Unrecht liebt, haßt seine Seele.« Wer also weiß, daß er sich liebt, liebt Gott. Wer aber Gott nicht liebt, von dem sagt man, auch wenn er sich liebt, was ihm naturhaft angeschaffen ist, doch nicht unzutreffend, daß er sich haßt, da er treibt, was sich gegen ihn kehrt, und er sich wie sein eigener Feind verfolgt. Das ist in der Tat ein schrecklicher Irrtum, wenn nämlich, obgleich alle sich nützen wollen, viele nur tun, was ihnen höchst schädlich ist. Als der Dichter ein ähnliches Siechtum bei stummen Tieren beschrieb, sagte er: »Gnade, o Götter; den Frommen und Frevelnden jene Verirrung! Sie zerrissen mit bleckenden Zähnen die verstümmelten Glieder.« Warum anders sprach er, wo es sich doch um ein Siechtum des Leibes handelte, von einem Irrtum als deswegen, weil jedes Lebewesen von Natur aus so mit Neigung zu sich erfüllt ist, daß es sich, so gut es kann, bewahren will, jene Krankheit aber derart war, daß die, welche sich nach Gesundheit sehnten, ihre Glieder zerrissen? Wenn aber der Geist Gott liebt und folgerichtig, wie ich sagte, sich seiner erinnert und ihn einsieht, dann ergeht mit Recht das Gebot an ihn, den Nächsten zu lieben wie sich selbst. Denn nicht mehr liebt er sich verkehrt, sondern richtig, wenn er Gott
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solum est, uerum etiam ex uetustate renouatur, ex deformitate reformatur, ex infelicitate beatificatur. quamuis enim se ita diligat ut si alterutrum proponatur, malit omnia quae infra se diligit perdere quam perire, tamen superiorem deserendo ad quem solum posset custodire fortitudinem suam eoque frui lumine suo, cui canitur in psalmo: fortitudinem meam ad te custodiam, et in alio: accedite ad eum et inluminamini, sic infirma et tenebrosa facta est ut a se quoque ipsa in ea quae non sunt quod ipsa et quibus superior est ipsa infelicius laberetur per amores quos non ualet uincere et errores a quibus non uidet qua redire. unde iam deo miserante paenitens clamat in psalmis: deseruit me fortitudo mea et lumen oculorum meorum non est mecum. [14.19] non tamen in his tantis infirmitatis et erroris malis amittere potuit naturalem memoriam, intellectum et amorem sui. propter quod merito dici potuit quod supra commemoraui: quamquam in imagine ambulat homo, tamen uane conturbatur. thesaurizat et nescit cui congregabit ea. cur enim thesaurizat nisi quia fortitudo eius deseruit eum per quam deum habens rei nullius indigeret? et cur nescit cui congregabit ea nisi quia lumen oculorum eius non est cum eo? et ideo non uidet quod ueritas ait: stulte, hac nocte animam tuam repetunt abs te. haec quae praeparasti cuius erunt? uerumtamen quia etiam talis in imagine ambulat homo, et habet memoriam et intellectum et amorem sui hominis mens, si ei manifestaretur quod utrumque habere non posset et unum e duobus permitteretur eligere alterum perditurus, aut thesauros quos congregauit aut mentem, quis usque
34 Ps 58,10 35 Ps 33,6 39-40 Ps 37,11 44-45 Ps 38,7 45 Ps 38,7 47 Ps 38,7 49-50 Lc 12,20
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liebt – durch Teilnahme an ihm gibt es nicht bloß jenes Bild, sondern es wird aus seiner Überalterung wieder erneuert, aus seiner Entstellung wieder hergestellt, aus seiner Unseligkeit wieder glückhaft. Wenngleich er sich nämlich so liebt, daß er, wenn er vor die Wahl gestellt würde, es vorzöge, alles, was er unter sich liebt, zu verlieren, als verlorenzugehen, so ist er doch, indem er den Höheren verließ, in dessen Verbindung allein er seine Tapferkeit wahren und seines Lichtes sich freuen kann – an ihn wendet sich das Psalmwort: »Meine Tapferkeit will ich mit dir wahren«, und das andere: »Tretet zu ihm hin und ihr werdet erleuchtet« –, so ohnmächtig und finster geworden, daß er auch von sich selbst zu den Dingen, die nicht sind, was er selbst ist, und denen gegenüber er höher ist, abgeglitten ist durch die Liebesneigungen, die er nicht zu besiegen vermochte, und durch die Irrtümer, von denen loszukommen er keinen Weg sieht. Deshalb ruft, schon vom Erbarmen Gottes getroffen, der Büßer in den Psalmen: »Verlassen hat mich meine Tapferkeit, und das Licht meiner Augen ist nicht mehr mit mir.« [14.19] Nicht jedoch konnte er in diesen großen Übeln der Ohnmacht und des Irrtums die natürliche Erinnerung, Einsicht und Liebe seiner selbst verlieren. Mit Recht konnte daher, worauf ich oben hinwies, gesagt werden: »Wenngleich der Mensch als Bild einhergeht, so verirrt er sich doch in Eitles. Er sammelt Schätze und weiß nicht, wem er sie sammelt.« Warum anders nämlich sammelt er Schätze als deshalb, weil seine Tapferkeit ihn verließ, in deren Besitz er, Gott besitzend, nichts bedurfte. Und warum anders ›weiß er nicht, wem er die Schätze sammelt‹, als deshalb, weil das Licht seiner Augen nicht mehr mit ihm ist? Deshalb sieht er nicht, was die Wahrheit sagt: »Du Tor, in dieser Nacht wird deine Seele von dir gefordert werden. Was du aufgespeichert hast, wem wird es sein?« Doch geht auch ein solcher Mensch im Bild einher, und sein Geist hat Erinnerung, Einsicht und Liebe seiner selbst; wenn man ihm klarmachte, daß er beides nicht haben kann, und ihm gestattete, eines von beiden zu wählen, das andere fahren zu lassen, entweder die Schätze, die er sammelte, oder den Geist: wer hätte da so wenig Geist, daß er
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adeo non habet mentem ut thesauros mallet habere quam mentem? thesauri enim possunt mentem plerumque subuertere, et mens quae thesauris non subuertitur sine ullis thesauris facilius et expeditius potest uiuere. quis uero ullos thesauros nisi per mentem poterit possidere? si enim puer infans quamuis ditissimus natus, cum sit dominus omnium quae iure sunt eius, nihil possidet mente sopita, quonam tandem modo quisquam quidquam mente possidebit amissa? sed de thesauris quid loquor quod eius quilibet hominum si talis optio proponatur mauult carere quam mente cum eos nemo praeponat, nemo comparet luminibus corporis quibus non aurum rarus quisque homo sed omnis homo possidet caelum? per lumina enim corporis quisque possidet quidquid libenter uidet. quis ergo si tenere utrumque non possit et alterutrum cogatur amittere, non thesauros quam oculos malit? et tamen si ab eo simili conditione quaeratur utrum oculos malit amittere an mentem, quis mente non uideat eum oculos malle quam mentem? mens quippe sine oculis carnis humana est; oculi autem carnis sine mente belluini sunt. quis porro non hominem se malit esse etiam carne caecum quam belluam uidentem? [14. 20] haec dixi ut etiam tardiores quamuis breuiter commonerentur a me in quorum oculos uel aures hae litterae uenerint quantum mens diligat se ipsam etiam infirma et errans male diligendo atque sectando quae sunt infra ipsam. diligere porro se ipsam non posset si se omnino nesciret, id est si sui non meminisset nec se intellegeret. qua in se imagine dei tam potens est ut ei cuius imago est ualeat inhaerere. sic enim ordinata est natura-
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die Schätze lieber hätte als den Geist? Die Schätze können nämlich den Geist vielfach zu Fall bringen; der Geist aber, der durch Schätze nicht zu Fall gebracht wird, kann ohne Schätze leichter und ungehinderter leben. Wer aber kann überhaupt Schätze besitzen, es sei denn durch den Geist? Wenn nämlich ein kleiner Knabe, mag er von Geburt noch so reich sein, da er der Herr des ganzen Besitzes ist, der ihm von Rechts wegen zusteht, doch nichts besitzt, weil sein Geist noch schläft, wie kann denn dann jemand etwas besitzen, wenn er seinen Geist verloren hat? Aber was rede ich davon, daß jedermann lieber auf Schätze als auf den Geist verzichtet, wenn er vor eine solche Wahl gestellt würde, wo doch niemand den Schätzen den Vorzug gibt, ja niemand sie mit dem Augenlicht des Leibes vergleicht, durch das nicht bloß hin und wieder einmal ein Mensch den Himmel besitzt, wie hin und wieder einmal einer Gold besitzt, durch das vielmehr jeder Mensch den Himmel besitzt? Durch das Augenlicht besitzt nämlich jeder Mensch, was immer er gerne sieht. Wer also wollte, wenn er beides nicht behalten kann und gezwungen ist, eines zu verlieren, nicht lieber Schätze als seine Augen verlieren? Und doch, wenn er unter den gleichen Umständen gefragt würde, ob er lieber die Augen oder den Geist verliert, wer sähe da nicht in seinem Geist, daß er lieber die Augen als den Geist verlieren wollte? Denn der Geist bleibt ohne die Augen des Fleisches menschlich, die Augen des Fleisches aber werden ohne den Geist tierisch. Wer aber würde es nicht vorziehen, ein Mensch zu sein, wenn er auch leiblich blind wäre, als ein sehendes Tier? [14. 20] Dies sagte ich, damit auch die Schwerfälligeren, vor deren Augen oder Ohren dies Werk kommt, wenn auch nur in Kürze, von mir darauf hingewiesen würden, wie sehr der Geist sich selbst liebt, auch wenn er ohnmächtig und irrend ist, auch wenn er auf schlechte Weise liebt und zu erjagen sucht, was unter ihm ist. Sich lieben nun könnte er nicht, würde er sich ganz und gar nicht kennen, das heißt, würde er sich seiner nicht erinnern noch sich einsehen. Durch dieses Bild Gottes, das er in sich trägt, ist er so mächtig, daß er dem, dessen Bild er ist, anzuhangen vermag. Eine solche Stelle nimmt er nämlich in der Ord-
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rum ordine non locorum ut supra illam non sit nisi ille. denique cum illi penitus adhaeserit, unus erit spiritus, cui rei attestatur apostolus dicens: qui autem adhaeret domino unus spiritus est, accedente quidem ista ad participationem naturae, ueritatis et beatitudinis illius, non tamen crescente illo in natura, ueritate et beatitudine sua. in illa itaque natura cum feliciter adhaeserit immutabile uidebit omne quod uiderit. tunc sicut ei diuina scriptura promittit satiabitur in bonis desiderium eius, bonis immutabilibus, ipsa trinitate deo suo cuius imago est, et ne uspiam deinceps uioletur erit in abscondito uultus eius tanta ubertate eius impleta ut eam numquam peccare delectet. si ipsam uero nunc quando uidet non aliquid immutabile uidet. [15. 21] quod ideo certe non dubitat quoniam misera est et beata esse desiderat, nec ob aliud fieri sperat hoc posse nisi quia est mutabilis. nam si mutabilis non esset, sicut ex beata misera sic ex misera beata esse non posset. et quid eam fecisset miseram sub omnipotente et bono domino nisi peccatum suum et iustitia domini sui? et quid eam faciet beatam nisi meritum suum et praemium domini sui? sed et meritum eius gratia est illius cuius praemium erit beatitudo eius. iustitiam quippe sibi dare non potest quam perditam non habet. hanc enim cum homo conderetur accepit et peccando utique perdidit. accipit ergo iustitiam propter quam beatitudinem accipere mereatur. unde ueraciter ei dicitur ab apostolo quasi de suo bono superbire incipienti: quid enim habes quod non accepisti? si autem accepisti, quid gloriaris quasi non acceperis?
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nung der Naturen, nicht der Räume ein, daß über ihn hinaus nur jener ist.78 Schließlich wird er, wenn er ihm gänzlich anhängt, ein Geist mit ihm. Diesen Sachverhalt bezeugt der Apostel mit den Worten: »Wer aber dem Herrn anhängt, wird ein Geist mit ihm«, und zwar dadurch, daß der menschliche Geist zur Teilnahme an jener Natur, Wahrheit und Seligkeit hinzutritt, nicht aber, indem Gott in seiner Natur, Wahrheit und Seligkeit wächst. In jener Natur also wird der Mensch, wenn er ihr glückselig anhängt, unwandelbar sehen alles, was er gesehen haben. Dann wird, wie ihm die Heilige Schrift verheißt, sein Verlangen mit Gütern gesättigt werden, mit unwandelbaren Gütern, mit der Dreieinheit selbst, seinem Gott, dessen Bild er ist, und damit hinfort nichts ihn verletze, wird er in der Verborgenheit seines Antlitzes sein, so von Gottes Überfluß erfüllt, daß es ihn nie mehr gelüstet zu sündigen. Wenn er hingegen jetzt sich selbst sieht, sieht er nichts Unwandelbares. [15. 21] Wenn also der Geist sicher nicht daran zweifelt, daß er elend ist und glücklich zu sein begehrt, so kann er darauf, daß dies einmal geschehen könne, nur deshalb hoffen, weil er wandelbar ist. Denn wenn er nicht wandelbar wäre, so könnte er nicht, wie aus dem Glück ins Elend, so aus dem Elend zum Glück kommen. Und was anderes hätte ihn unter der Herrschaft seines allmächtigen und guten Herrn elend gemacht, als seine Sünde und die Gerechtigkeit seines Herrn? Und was anderes wird ihn selig machen als sein Verdienst und die Belohnung seines Herrn? Aber auch sein Verdienst ist Gnade dessen, dessen Belohnung seine Seligkeit sein wird. Die Gerechtigkeit, die er verlor und nicht mehr besitzt, kann er sich ja nicht selbst geben. Der Mensch empfing sie, als er geschaffen wurde, und indem er sündigte, verlor er sie. Er empfängt also die Gerechtigkeit, um derentwillen er verdient, die Seligkeit zu empfangen. Deshalb wird jenem, der auf seinen Besitz zu pochen beginnt, als stamme er von ihm, der Wahrheit gemäß vom Apostel gesagt: »Was hast du, das du nicht empfangen hast? Wenn du es aber empfangen hast, was rühmst du dich, als hättest du es nicht empfangen?«
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quando autem bene recordatur domini sui spiritu eius accepto, sentit omnino quia hoc discit intimo magisterio, non nisi eius gratuito effectu posse se surgere, nonnisi suo uoluntario defectu cadere potuisse. non sane reminiscitur beatitudinis suae. fuit quippe illa et non est, eiusque ista penitus oblita est, ideoque nec commemorari potest. credit autem de illa fide dignis litteris dei sui per eius prophetas conscriptis narrantibus de felicitate paradisi atque illud primum et bonum hominis et malum historica traditione indicantibus. domini autem dei sui reminiscitur. ille quippe semper est, nec fuit et non est, nec est et non fuit, sed sicut numquam non erit ita numquam non erat. et ubique totus est, propter quod ista in illo et uiuit et mouetur et est, et ideo eius reminisci potest. non quia hoc recordatur quod eum nouerat in Adam aut alibi alicubi ante huius corporis uitam aut cum primum facta est ut insereretur huic corpori; nihil enim horum omnino reminiscitur; quidquid horum est obliuione deletum est. sed commemoratur ut conuertatur ad dominum, tamquam ad eam lucem qua etiam cum ab illo auerteretur quodam modo tangebatur. nam hinc est quod etiam impii cogitant aeternitatem et multa recte reprehendunt recteque laudant in hominum moribus. quibus ea tandem regulis iudicant nisi in quibus uident quemadmodum quisque uiuere debeat etiamsi nec ipsi eodem modo uiuant? ubi eas uident? neque enim in sua natura, cum procul dubio mente ista uideantur, eorumque mentes constet esse mutabiles, has uero regulas immutabiles uideat quisquis in eis et hoc uidere potuerit; nec in habitu suae mentis cum illae regulae sint iustitiae, mentes uero eorum esse constet iniustas. ubinam
26 Plot., Enn. VI, 4 (inscr.); VI, 5 (inscr.); Aug., Conf. IV, 9,14; En. in Ps. 74,9 27 Act. 17,28
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Wenn er sich aber seines Herrn, dessen Geist er empfangen hat, gut erinnert, dann merkt er durchaus, weil er dies durch innere Unterweisung lernt, daß er sich nur durch Gottes unverdiente Zuneigung wieder erheben könne, daß er nur durch seinen eigenen freiwilligen Abfall fallen konnte. Nicht freilich erinnert er sich seiner Seligkeit. Denn diese ist einmal gewesen und ist nicht mehr, und ihrer hat er gänzlich vergessen, so daß sie auch nicht mehr erinnert werden kann.80 Er glaubt aber hierüber den des Glaubens würdigen Schriften seines Gottes, die durch dessen Propheten verfaßt sind und von der Glückseligkeit des Paradieses erzählen und jenes erste Heil und Unheil des Menschen mit geschichtlicher Treue anzeigen. Des Herrn aber, seines Gottes erinnert er sich. Er ist ja immer, weder ist er gewesen und ist jetzt nicht, noch ist er jetzt und vorher nicht gewesen, sondern wie er niemals nicht sein wird, so ist er auch niemals nicht gewesen. Und überall ist er ganz, woher es rührt, daß er in ihm lebt und sich bewegt und ist, und deshalb sich seiner erinnern kann. Nicht als ob er sich daran erinnerte, daß er ihn in Adam kennengelernt hatte oder sonst irgendwo vor dem Leben in diesem Leben oder bei seiner ursprünglichen Erschaffung, nach der er erst mit dem Körper verbunden werden sollte; von diesen Dingen erinnert er nämlich gar nichts mehr. Jede Spur hiervon ist durch das Vergessen getilgt. Aber daran wird er gemahnt, daß er sich zum Herrn wende, wie zu dem Licht, von dem er auch, als er sich von ihm abwandte, in einer gewissen Weise berührt wurde. Denn von ihm kommt es, daß auch die Gottlosen die Ewigkeit denken und vieles an dem menschlichen Gehaben richtig tadeln und richtig loben. Nach welchen Regeln sollten sie denn darüber urteilen, es sei denn nach denen, in denen sie sehen, wie man leben sollte, auch wenn sie selbst nicht in dieser Weise leben? Wo sehen sie diese? Nicht in ihrer Natur, da man sie ohne Zweifel mit dem Geist sieht, es aber feststeht, daß ihr Geist wandelbar ist, diese Regeln jedoch, wer immer auch dies in ihnen sehen kann, als unwandelbare sieht – auch nicht im Verhalten seines Geistes, da dies Regeln der Gerechtigkeit sind, es aber feststeht, daß die Geister un-
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sunt istae regulae scriptae, ubi quid sit iustum et iniustus agnoscit, ubi cernit habendum esse quod ipse non habet? ubi ergo scriptae sunt, nisi in libro lucis illius quae ueritas dicitur unde omnis lex iusta describitur et in cor hominis qui operatur iustitiam non migrando sed tamquam imprimendo transfertur, sicut imago ex anulo et in ceram transit et anulum non relinquit? qui uero non operatur et tamen uidet quid operandum sit, ipse est qui ab illa luce auertitur, a qua tamen tangitur. qui autem nec uidet quemadmodum sit uiuendum excusabilius quidem peccat quia non est transgressor legis incognitae, sed etiam ipse splendore aliquotiens ubique praesentis ueritatis attingitur quando admonitus confitetur. [16. 22] qui uero commemorati conuertuntur ad dominum ab ea deformitate qua per cupiditates saeculares conformabantur huic saeculo reformantur ex illo audientes apostolum dicentem: nolite conformari huic saeculo sed reformamini in nouitate mentis uestrae, ut incipiat illa imago ab illo reformari a quo formata est; non enim reformare se ipsam potest sicut potuit deformare. dicit etiam alibi: renouamini spiritu mentis uestrae et induite nouum hominem qui secundum deum creatus est in iustitia et sanctitate ueritatis. quod ait, secundum deum creatum, hoc alio loco dicitur, ad imaginem dei. sed peccando iustitiam et sanctitatem ueritatis amisit, propter quod haec imago deformis et decolor facta est; hanc recipit cum reformatur atque renouatur. quod autem ait, spiritu mentis uestrae, non ibi duas res intellegi uoluit quasi aliud sit mens, aliud spiritus mentis, sed quia omnis mens spiritus est, non autem omnis spiritus mens est. est
53-54 De civ. dei, 18,32 16,4-5 Rm 12,2 7-9 Eph 4,23sq. 9 Eph 4,24 10 Gn 1,27 14 Gn 1,27; Gn5,1; Gn 9,6
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gerecht sind. Wo also sind diese Regeln geschrieben, wo erkennt auch der Ungerechte, was gerecht ist, wo sieht er, daß er haben müßte, was er nicht hat? Wo anders sind sie geschrieben als im Buch jenes Lichtes, das die Wahrheit heißt, von dem her jedes gerechte Gesetz abgeschrieben wird und in das Herz des Menschen, der Gerechtigkeit wirkt, nicht durch Wandern, sondern gleichsam sich eindrückend übertragen wird, wie das Bild vom Ring auch in das Wachs eingeht und den Ring nicht verläßt? Wer hingegen nicht wirkt und doch sieht, was zu wirken ist, der ist es, der sich von diesem Licht abwendet und doch von ihm berührt wird. Wer aber nicht einmal sieht, wie man leben müsse, der ist zwar entschuldbarer, wenn er sündigt, weil er nicht ein Übertreter des erkannten Gesetzes ist, aber auch er wird bisweilen von dem Glanz der überall gegenwärtigen Wahrheit berührt, wenn er auf eine Mahnung bekennt. [16. 22] Diejenigen aber, die auf eine Mahnung hin sich von jener Entstellung weg, in der sie durch ihre weltlichen Gelüste dieser Welt gleichförmig wurden, dem Herrn zuwenden, werden von ihm wiederhergestellt, und hören den Apostel sagen: »Macht euch nicht gleichförmig dieser Welt, sondern gestaltet euch um durch die Erneuerung eures Geistes,« damit jenes Bild von dem umgestaltet zu werden beginnt, von dem es gestaltet wurde. Nicht kann nämlich der Geist sich selbst umgestalten, wie er sich entstellen konnte. Anderswo sagt der Apostel auch: »Erneuert euch im Geiste eures Denkens und ziehet den neuen Menschen an, den, der nach Gott geschaffen ist in Gerechtigkeit und Heiligkeit der Wahrheit.« Was er hier »nach Gott geschaffen« heißt, nennt die Schrift an einer anderen Stelle »nach dem Bilde Gottes«. Aber indem er sündigte, verlor er die Gerechtigkeit und Heiligkeit der Wahrheit, weshalb dieses Bild entstellt und ungestalt wurde. Er erhält es wieder, wenn er umgestaltet und erneuert wird. Wenn er aber sagt, ›im Geist eures Denkens‹, so wollte er damit nicht zwei Dinge verstanden wissen, als ob etwas anderes das Denken, etwas anderes der Geist des Denkens wäre, sondern ausdrücken, daß jedes Denken Geist, aber nicht jeder Geist
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enim spiritus et deus qui renouari non potest quia nec ueterescere potest. dicitur etiam spiritus in homine qui mens non sit, ad quem pertinent imaginationes similes corporum, de quo dicit ad Corinthios ubi dicit: si autem orauero lingua, spiritus meus orat; mens autem mea infructuosa est. hoc enim ait quando id quod dicitur non intellegitur quia nec dici potest nisi corporalium uocum imagines sonum oris in spiritus cogitatione praeueniant. dicitur et hominis anima spiritus, unde est in euangelio: et inclinato capite tradidit spiritum, quo significata est mors corporis anima exeunte. dicitur spiritus etiam pecoris, quod in ecclesiaste libro Salomonis apertissime scriptum est ubi ait: quis scit spiritus filiorum hominis si ascendet ipse sursum et spiritus pecoris si descendet ipse deorsum in terram? scriptum est etiam in genesi ubi dicit diluuio mortuam uniuersam carnem quae habebat in se spiritum uitae. dicitur spiritus etiam uentus, res apertissime corporalis, unde illud est in psalmis: ignis, grando, nix, glacies, spiritus tempestatis. quia ergo tot modis dicitur spiritus, spiritum mentis dicere uoluit eum spiritum quae mens uocatur. sicut ait etiam idem apostolus: in exspoliatione corporis carnis. non duas utique res intellegi uoluit quasi aliud sit caro, aliud corpus carnis, sed quia corpus multarum rerum nomen est quarum nulla caro est – nam multa sunt excepta carne corpora caelestia et corpora terrestria –, corpus carnis dixit, corpus quae caro est. sic itaque spiritum mentis eum spiritum quae mens est. alibi quoque apertius etiam imaginem nominauit, scilicet aliis uerbis idipsum praecipiens: exspoliantes uos, inquit, ueterem hominem cum actibus eius induite nouum hominem qui renouatur in agnitione dei secundum imaginem eius qui creauit eum. quod ergo ibi legitur: induite nouum hominem qui secun20-21 1Cor 14,14 25 Io 19,30 27-29 Ecl 3,21 30-31 Gn 7,22 32-33 Ps 148,8 35 Col 2,11 42-45 Col 3,9sq. 45-46 Eph 4,24
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Denken ist. Geist ist nämlich auch Gott, der nicht erneuert werden kann, weil er auch nicht altern kann. Man spricht auch von einem Geist im Menschen, der nicht Denken ist, zu ihm gehören die bildhaften Körpervorstellungen. Von diesem redet er in dem Schreiben an die Korinther, wo er sagt: »Wenn ich aber mit den Lippen bete, dann betet mein Geist, mein Verstand aber bleibt ohne Frucht.« Dies sagt er, wenn man das, was man sagt, nicht versteht, weil nichts gesagt werden kann, wenn nicht die Bilder der körperlichen Laute dem Klang der Stimme im Denken des Geistes vorangehen. Auch die Seele des Menschen heißt Geist. Daher steht im Evangelium: »Und mit geneigtem Haupte gab er seinen Geist auf«, womit der Tod des Leibes bezeichnet ist, wenn die Seele auszieht. Man spricht auch vom Geist des Tieres, was im Buche Salomons, im Prediger ganz klar ausgesprochen ist. »Wer kennt den Geist der Menschensöhne, ob er zur Höhe emporsteigt, und den Geist der Tiere, ob er nach unten zur Erde hinabsteigt?« Auch in der Genesis steht dort, wo es vom Fleisch heißt, daß das gesamte Fleisch durch die Flut getötet wurde, »das in sich den Geist des Lebens hatte«. Geist heißt auch der Wind, eine offenbar körperliche Sache. Deshalb steht in den Psalmen; »Feuer, Hagel, Schnee, Eis, Geist des Sturmes.« Weil also das Wort Geist in so vielfachem Sinne verwendet wird, wollte er Geist des Denkens jenen Geist heißen, der Denken genannt wird. So sagt derselbe Apostel auch: ›In der Ablegung des Körpers des Fleisches.‹ Sicherlich wollte er dabei nicht zwei Dinge verstanden wissen, gleich als ob das eine das Fleisch, das andere der Körper des Fleisches ist. Aber weil Körper eine Bezeichnung für viele Dinge ist, von denen keines Fleisch ist (denn es gibt außer dem Fleisch viele Körper am Himmel und viele Körper auf der Erde), nannte er jenen Körper, der Fleisch ist, Körper des Fleisches. So also nannte er Geist des Denkens jenen Geist, der Denken ist. Anderswo sprach er noch offenkundiger vom Bilde Gottes, dort nämlich, wo er mit anderen Worten dasselbe gebot. »Indem ihr«, sagt er, »den alten Menschen mit seinem Tun und Treiben auszieht, ziehet den neuen Menschen an, der erneuert wird zur Erkenntnis Gottes nach dem Bilde dessen, der ihn schuf.« Wenn man also dort liest: »Ziehet
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dum deum creatus est, hoc isto loco: induite nouum hominem qui renouatur secundum imaginem eius qui creauit eum. ibi autem ait, secundum deum; hic uero, secundum imaginem eius qui creauit eum. pro eo uero quod ibi posuit, in iustitia et sanctitate ueritatis, hoc posuit hic, in agnitione dei. fit ergo ista renouatio reformatioque mentis secundum deum uel secundum imaginem dei. sed ideo dicitur secundum deum ne secundum aliam creaturam fieri putetur; ideo autem secundum imaginem dei ut in ea re intellegatur fieri haec renouatio ubi est imago dei, id est in mente, quemadmodum dicimus secundum corpus mortuum, non secundum spiritum, eum qui de corpore fidelis et iustus abscedit. quid enim dicimus secundum corpus mortuum nisi corpore uel in corpore, non anima uel in anima mortuum? aut si dicamus: secundum corpus est pulcher, aut: secundum corpus fortis, non secundum animum, quid est aliud quam, corpore non animo pulcher aut fortis est? et innumerabiliter ita loquimur. non itaque sic intellegamus secundum imaginem eius qui creauit eum quasi alia sit imago secundum quam renouatur, non ipsa qua renouatur. [17. 23] sane ista renouatio non momento uno fit ipsius conuersionis sicut momento uno fit illa in baptismo renouatio remissione omnium peccatorum; neque enim uel unum quantulumcumque remanet quod non remittatur. sed quemadmodum aliud est carere febribus, aliud ab infirmitate quae febribus facta est reualescere, itemque aliud est infixum telum de corpore demere, aliud uulnus quod eo factum est secunda curatione sanare. ita prima curatio est causam remouere languoris, quod per omnium fit indulgentiam peccatorum; secunda ipsum sanare languorem, 46-47 Col 3,10 48 Eph 4,24 48-49 Col 3,10 49-50 Eph 4,24 50 Col 3,10 52 Eph 4,24 53 Col 3,10 62-63 Col 3,10
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den neuen Menschen an, der nach Gott geschaffen ist,« so bedeutet das soviel wie das Wort: »Ziehet den neuen Menschen an, der erneuert wird nach dem Bilde dessen, der ihn schuf.« Dort sagt er: ›nach Gott‹, hier aber ›nach dem Bild dessen, der ihn schuf‹. Für den Ausdruck, den er dort verwendete: »in Gerechtigkeit und Heiligkeit der Wahrheit«, sagt er hier: »zur Erkenntnis Gottes«. Jene Erneuerung also und Umgestaltung des Geistes geschieht nach Gott oder nach dem Bild Gottes. Deshalb aber heißt es ›nach Gott‹, damit man nicht glaube, sie geschehe nach einem Geschöpf; ›nach dem Bild Gottes‹ aber, damit das Geschehen dieser Erneuerung dort eingesehen wird, wo der Mensch Bild Gottes ist, das ist im Geist. So nennen wir ja auch jenen, der vom Leib als Gläubiger und Gerechter geschieden ist, dem Körper nach, nicht dem Geist nach tot. Was anderes nämlich wollen wir mit dem Ausdruck ›dem Körper nach tot‹ sagen als dies: am Körper oder im Körper, nicht an der Seele oder in der Seele tot? Oder wenn wir sagen: ›er ist dem Körper nach schön‹, oder: ›er ist dem Körper nach tapfer, nicht der Seele nach‹, was anderes bedeutet dies als: ›Am Körper, nicht an der Seele ist er schön oder tapfer‹? Und unzählige Male reden wir in dieser Weise. Nicht so also wollen wir das Wort: »nach dem Bild dessen, der ihn schuf«, verstehen, als ob es ein anderes Bild sei, nach dem er erneuert wird, und nicht das Bild selbst, das erneuert wird.80 [17. 23] Freilich geschieht diese Erneuerung nicht in dem einen Augenblick der Bekehrung, wie in einem Augenblick jene Erneuerung in der Taufe durch die Nachlassung aller Sünden geschieht. Da bleibt nämlich auch nicht eine einzige, wenn auch noch so kleine Sünde zurück, die nicht vergeben würde. Aber wie es etwas anderes ist, vom Fieber frei zu sein, etwas anderes, von der Schwachheit, die das Fieber im Gefolge hatte, sich zu erholen, wie es ebenso etwas anderes ist, das im Körper steckende Geschoß zu entfernen, etwas anderes, die Wunde, die es verursachte, durch die nachfolgende Pflege zu heilen, so ist die erste Pflege, die Ursache der Mattigkeit zu beseitigen, was durch die Nachsicht aller Sünden geschieht, die zweite, dieses Matt-
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quod fit paulatim proficiendo in renouatione huius imaginis. quae duo demonstrantur in psalmo ubi legitur: qui propitius fit omnibus iniquitatibus tuis, quod fit in baptismo; deinde sequitur: qui sanat omnes languores tuos, quod fit cotidianis accessibus cum haec imago renouatur. de qua re apostolus apertissime locutus est dicens: et si exterior homo noster corrumpitur, sed interior renouatur de die in diem. renouatur autem in agnitione dei, hoc est in iustitia et sanctitate ueritatis, sicut sese habent apostolica testimonia quae paulo ante memoraui. in agnitione igitur dei iustitiaque et sanctitate ueritatis qui de die in diem proficiendo renouatur transfert amorem a temporalibus ad aeterna, a uisibilibus ad intellegibilia, a carnalibus ad spiritalia, atque ab istis cupiditatem frenare atque minuere illisque se caritate alligare diligenter insistit. tantum autem facit quantum diuinitus adiuuatur. dei quippe sententia est: sine me nihil potestis facere. in quo prouectu et accessu tenentem mediatoris fidem cum dies uitae huius ultimus quemque compererit, perducendus ad deum quem coluit et ab eo perficiendus excipietur ab angelis sanctis, incorruptibile corpus in fine saeculi non ad poenam sed ad gloriam recepturus. in hac quippe imagine tunc perfecta erit dei similitudo quando dei perfecta erit uisio. de qua dicit apostolus Paulus: uidemus nunc per speculum in aenigmate, tunc autem facie ad faciem. item dicit: nos autem reuelata facie gloriam domini speculantes in eandem imaginem transformamur de gloria in gloriam tamquam a domini spiritu; hoc est quod fit de die in diem bene proficientibus. [17. 24] apostolus autem Iohannes: dilectissimi, inquit, nunc filii dei
11-12 Ps 102,3 13 Ps 102,3 15-16 2Cor 4,16 16-17 Col 3,10 17 Eph 4,24 24-25 Io 15,5 31-32 1Cor 13,12 32-34 2Cor 3,18 36-37 1Io 3,2
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sein selbst zu heilen, was allmählich geschieht, indem man in der Erneuerung dieses Bildes vorankommt. Auf beides ist im Psalm hingewiesen, wo zu lesen ist: »der Nachsicht hatte mit all deinem Unrecht«, was in der Taufe geschieht, worauf dann folgt: »der all dein Mattsein heilt«, was in täglichen Anläufen geschieht, wenn dies Bild erneuert wird.81 Darüber spricht der Apostel ganz offen, indem er sagt: »Wenn auch unser äußerer Mensch aufgerieben wird, so wird doch der innere von Tag zu Tag erneuert. Er wird« aber »erneuert zur Erkenntnis Gottes«, das heißt »in der Gerechtigkeit und Heiligkeit der Wahrheit.« So ergänzen sich die Zeugnisse des Apostels, die ich kurz vorher erwähnte. Wer also in der Erkenntnis Gottes, in der Gerechtigkeit und Heiligkeit der Wahrheit, von Tag zu Tag voranschreitet und so erneuert wird, überträgt die Liebe vom Zeitlichen auf das Ewige, vom Sichtbaren auf das Einsichtige, vom Fleischlichen auf das Geistige, und sorgfältig trachtet er danach, die Gier nach dem einen zu zügeln und zu mindern und sich in Liebe an das andere zu binden. Soweit aber bringt er das zustande, als ihm göttliche Hilfe zuteil wird. Gottes Ausspruch ist es ja: »Ohne mich könnt ihr nichts tun.« Wenn bei diesem Fortschritt und Annähern der letzte Tag dieses Lebens jemanden im Besitz des Glaubens an den Mittler vorfindet, dann muß er hingeführt werden zu Gott, dem er diente, und damit er von ihm zur Vollendung geführt werde, wird er aufgenommen von den heiligen Engeln, um einen unvergänglichen Leib am Ende der Welt zu empfangen, nicht zur Strafe, sondern zur Herrlichkeit. In diesem Bild wird dann die Ähnlichkeit mit Gott vollkommen sein, wenn das Sehen Gottes vollkommen sein wird. Von ihm sagt der Apostel: »Wir schauen jetzt im Spiegel und im Rätsel, dann aber von Angesicht zu Angesicht.« Ebenso sagt er: »Wir alle aber schauen mit unverhülltem Antlitz die Herrlichkeit des Herrn und werden so in dieses Bild umgewandelt von Herrlichkeit zu Herrlichkeit, eben durch den Geist des Herrn.« Das ist es, was von Tag zu Tag an den im Guten Voranschreitenden geschieht. [17. 24] Der Apostel Johannes aber sagt: »Geliebteste, jetzt sind wir Kinder Gottes, und es ist noch nicht offenbar, was wir sein werden; wir wissen aber,
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sumus, et nondum apparuit quod erimus. scimus quia cum apparuerit similes ei erimus quoniam uidebimus eum sicuti est. hinc apparet tunc in ista imagine dei fieri eius plenam similitudinem quando eius plenam perceperit uisionem, [18. 24] quamquam possit hoc a Iohanne apostolo etiam de immortalitate corporis dictum uideri. et in hac quippe similes erimus deo sed tantummodo filio quia solus in trinitate corpus accepit in quo mortuus resurrexit atque id ad superna peruexit. nam dicitur etiam ista imago filii dei in qua sicut ille immortale corpus habebimus conformes facti in hac parte non patris imaginis aut spiritus sancti sed tantummodo filii quia de hoc solo legitur et fide sanissima accipitur: uerbum caro factum est. propter quod apostolus: quos ante, inquit, praesciuit et praedestinauit conformes imaginis filii sui ut sit ipse primogenitus in multis fratribus. primogenitus utique a mortuis secundum eundem apostolum; qua mor-te seminata est caro eius in contumelia, resurrexit in gloria. secundum hanc imaginem filii cui per immortalitatem conformamur in corpore etiam illud agimus quod item dicit idem apostolus: sicut portauimus imaginem terreni portemus et imaginem eius qui de caelo est, ut scilicet qui secundum Adam mortales fuimus secundum Christum immortales nos futuros esse fide uera et spe certa firmaque teneamus. sic enim nunc eandem imaginem portare possumus, nondum in uisione sed in fide, nondum in re sed in spe. de corporis quippe resurrectione tunc loquebatur apostolus cum haec diceret. [19. 25] at uero illa imago de qua dictum est: faciamus hominem ad imaginem et similitudinem nostram, quia non dictum est, ad meam uel tuam, ad imaginem trinitatis factum hominem
10 Io 1,14 11,12 Rm 8,29 17-18 1Cor 15,49 19,1-2 Gn 1,26
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daß wir, wenn es offenbar sein wird, ihm ähnlich sein werden, weil wir ihn sehen werden, wie er ist.« Hier wird deutlich, daß in diesem Bild Gottes sich die volle Ähnlichkeit mit ihm verwirklichen wird, wenn das volle Sehen seiner ergriffen worden sein wird. [18. 24] Freilich könnte es scheinen, als ob dies Wort vom Apostel Johannes auch von der Unsterblichkeit des Körpers gemeint sei. Auch in dieser werden wir ja Gott ähnlich sein, aber nur dem Sohn, weil er allein in der Dreieinheit einen Körper annahm, in welchem er starb, auferstand und dies zum Höheren hinführte. Es ist nämlich auch von jenem Bild des Sohnes Gottes die Rede, in dem wir wie er einen unsterblichen Körper haben werden, die wir in diesem Bereich gleichförmig geworden sind nicht dem Bild des Vaters oder Heiligen Geistes, sondern nur dem des Sohnes, weil man allein von ihm liest und in völlig gesundem Glauben versteht: »Das Wort ist Fleisch geworden.« Deshalb sagt der Apostel: »Die er vorher erkannte, hat er auch vorher bestimmt, dem Bild seines Sohnes gleichförmig zu werden, auf daß er selbst der Erstgeborene unter vielen Brüdern sei.« »Als Erstgeborener« ist er sicherlich nach demselben Apostel »von den Toten«; im Tode ist sein Fleisch in Schande gesät worden, auferstanden in Herrlichkeit. Nach diesem Bild des Sohnes, dem wir durch die Unsterblichkeit im Leibe gleichförmig werden, tun wir auch das, was der gleiche Apostel so ausdrückt: »Wie wir das Bild des irdischen Menschen tragen, so werden wir auch das Bild dessen tragen, der vom Himmel ist,« damit wir nämlich, wie wir in Adam sterblich waren, so in wahrem Glauben und sicherer und fester Hoffnung daran festhalten, daß wir in Christus unsterblich sein werden. So nämlich können wir jetzt dieses Bild tragen: nicht im Sehen, sondern im Glauben, nicht in Wirklichkeit, sondern in Hoffnung. Von der Auferstehung des Körpers sprach ja damals der Apostel, als er dies sagte. [19. 25] Von jenem Bild aber, von dem es heißt: »Lasset uns den Menschen machen nach unserem Bild und Gleichnis,« glauben wir, daß der Mensch, weil es nicht heißt: nach ›meinem‹ oder
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credimus, et quanta potuimus inuestigatione comprehendimus. et ideo secundum hanc potius et illud intellegendum est quod ait apostolus Iohannes: similes ei erimus quoniam uidebimus eum sicuti est, quia et de illo dixit de quo dixerat: filii dei sumus. et immortalitas carnis illo perficietur momento resurrectionis de quo ait apostolus Paulus: in ictu oculi, in nouissima tuba et mortui resurgent incorrupti et nos immutabimur. in ipso namque ictu oculi ante iudicium resurget in uirtute, in incorruptione, in gloria corpus spiritale quod nunc seminatur in infirmitate, corruptione, contumelia corpus animale. imago uero quae renouatur in spiritu mentis in agnitione dei non exterius sed interius de die in diem, ipsa perficietur uisione quae tunc erit post iudicium facie ad faciem, nunc autem proficit per speculum in aenigmate. propter cuius perfectionem dictum intellegendum est: similes ei erimus quoniam uidebimus eum sicuti est. hoc enim donum tunc nobis dabitur cum dictum fuerit: uenite, benedicti patris mei, possidete paratum uobis regnum. tunc quippe tolletur impius ut non uideat claritatem domini quando ibunt sinistri in supplicium aeternum euntibus dextris in uitam aeternam. haec est autem, sicut ait ueritas, uita aeterna ut cognoscant te, inquit, unum uerum deum et quem misisti Iesum Christum. [19. 26] hanc contemplatiuam sapientiam, quam proprie puto in litteris sanctis ab scientia distinctam sapientiam nuncupari dumtaxat hominis, quae quidem illi non est nisi ab illo cuius participatione uere sapiens fieri mens rationalis et intellectualis potest, Cicero commendans in fine dialogi Hortensii: quae nobis, inquit, dies noctesque considerantibus acuentibusque intel6-8 1Io 3,2 9-11 1Cor 15,52 14 Col 3,10 15 2Cor 4,16 16-17 1Cor 13,12 18-19 1Io 3,2 20 Mt 25,34 23-25 Io 17,3 30-42 Cic., Hort. frg.115 Grilli
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›deinem‹ Bild, nach dem Bild der Dreieinheit geschaffen wurde, und so gut wir können, wollen wir dies durch Nachsinnen begreifen. Und so ist richtiger in Übereinstimmung damit auch das Johanneswort zu verstehen: »Wir werden ihm ähnlich sein, weil wir ihn sehen werden, wie er ist«, weil er dies von dem gleichen Sachverhalt sagte, den er mit dem Worte meinte: »Wir sind Söhne Gottes.« Die Unsterblichkeit des Fleisches wird in jenem Augenblick der Auferstehung vollendet sein, von dem der Apostel Paulus sagt: »In einem Augenblick, beim letzten Posaunenschall werden auch die Toten auferstehen in Unverweslichkeit, und wir werden verwandelt werden.« In diesem Augenblick nämlich vor dem Gericht wird in Kraft, Unverweslichkeit, Herrlichkeit der geistige Körper auferstehen, der jetzt als lebendiger Körper gesät wird in Schwachheit, Verweslichkeit und Schande. Das Bild aber, das im Geist des Denkens in der Erkenntnis Gottes von Tag zu Tag erneuert wird, nicht draußen, sondern drinnen, wird vollendet werden im Sehen, das dann nach dem Gericht von Angesicht zu Angesicht sein wird, jetzt aber voranschreitet durch Spiegel und im Rätsel. Von dieser Vollendung ist das Wort zu verstehen: »Wir werden ihm ähnlich sein, weil wir ihn sehen werden, wie er ist.« Dies Geschenk nämlich wird uns dann gegeben werden, wenn das Wort gesprochen sein wird: »Kommet, ihr Gesegneten meines Vaters, und nehmet in Besitz das Reich, das euch bereitet ist.« Dann wird der Gottlose hinweggenommen werden, daß er nicht sieht die Herrlichkeit des Herrn, wenn die zur Linken eingehen werden in die ewige Pein, die zur Rechten in das ewige Leben. »Das aber ist«, wie die Wahrheit sagt, »das ewige Leben, daß sie dich erkennen, den einen wahren Gott, und den du gesandt hast, Jesus Christus.« [19. 26] Auf diese betrachtende Weisheit, die, wie ich glaube, in den heiligen Schriften von der Wissenschaft unterschieden und im eigentlichen Sinne Weisheit genannt wird, natürlich nur die Weisheit des Menschen – er kann sie freilich nur von jenem haben, durch dessen Anteilnahme der verstandes- und vernunftbegabte Geist wahrhaft weise zu werden vermag –, weist Cicero am Ende seines Zwiegesprächs »Hortensius« mit den Worten hin: »Wenn wir dies Tag und Nacht überdenken und unsere Ein-
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legentiam quae est mentis acies cauentibusque ne quando illa hebescat, id est in philosophia uiuentibus, magna spes est, aut si hoc quod sentimus et sapimus mortale et caducum est, iucundum nobis perfunctis muneribus humanis occasum neque molestam extinctionem et quasi quietem uitae fore; aut si ut antiquis philosophis hisque maximis longeque clarissimis placuit aeternos animos ac diuinos habemus sic existimandum est, quo magis hi fuerint semper in suo cursu, id est in ratione et inuestigandi cupiditate, et quo minus se admiscuerint atque implicauerint hominum uitiis et erroribus, hoc his faciliorem ascensum et reditum in caelum fore. deinde addens hanc ipsam clausulam repetendoque sermonem finiens: quapropter, inquit, ut aliquando terminetur oratio, si aut exstingui tranquille uolumus cum in his artibus uixerimus, aut si ex hac in aliam haud paulo meliorem domum sine mora demigrare, in his studiis nobis omnis opera et cura ponenda est. hic miror hominem tanti ingenii perfunctis muneribus humanis hominibus in philosophia uiuentibus quae contemplatione ueritatis beatos facit iucundum promittere occasum si hoc quod sentimus et sapimus mortale et caducum est, quasi hoc moriatur et intercidat quod non diligebamus uel potius quod atrociter oderamus ut iucundus nobis sit eius occasus. uerum hoc non didicerat a philosophis quos magnis laudibus praedicat, sed ex illa noua Academia ubi ei dubitare etiam de rebus manifestissimis placuit ista sententia redolebat. a philosophis autem sicut ipse confitetur, maximis longeque clarissimis, aeternos esse animos acceperat. aeterni quippe animi non inconuenienter hac exhortatione excitantur ut in suo cursu reperiantur cum uenerit
43-47 Cic., Hort. frg.115 Grilli 50-51 Cic., Hort. frg.115 Grilli 56 Cic Hort. frg.115 Grilli 56-58 Plat., Phaidr., 245b-246a; Rep. 611a-b
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sicht, welche die Schärfe des Geistes ist, schärfen und uns davor hüten, daß sie stumpf werde, das heißt, wenn wir in der Philosophie leben, dann haben wir große Hoffnung, daß uns, wenn das, was wir wahrnehmen und wissen, sterblich und vergänglich ist, nach der Erfüllung unserer menschlichen Aufgaben ein willkommener Untergang bevorsteht, nicht ein schmerzliches Erlöschen, sondern gleichsam das Ausruhen vom Leben. Wenn wir aber, wie die alten Philosophen, und zwar gerade die größten und weitaus berühmtesten glaubten, unsterbliche und göttliche Seelen haben, dann muß man annehmen, daß diesen, je mehr sie immer in ihrer Bahn waren, das heißt im vernünftigen Überlegen und im Verlangen nach Forschung, und je weniger sie sich in die Fehler und Irrtümer der Menschen verstrickten und verwickelten, um so leichter der Aufstieg und die Rückkehr in den Himmel sein werde.«82 Schließlich fügte er, die ganze Abhandlung zusammenfassend und beendigend, diesen kurzen Schluß hinzu: »Deshalb müssen wir, um meine Darlegungen einmal zu schließen, ob wir nun ruhig verlöschen wollen, wenn wir in diesem Getriebe gelebt haben, oder ob wir aus diesem in ein anderes vielleicht besseres Haus ungesäumt ausziehen wollen, auf solche Bemühungen unsere ganze Arbeit und Sorge verwenden.« Hier wundere ich mich, daß ein Mensch von solcher Begabung den Menschen, die mit der Philosophie ihr Leben verbringen, die doch durch die Schau der Wahrheit selig macht, nach der Erfüllung der menschlichen Aufgaben einen willkommenen Untergang verheißt, wenn das, was wir wahrnehmen und wissen, sterblich und vergänglich ist, als ob dabei das sterben und untergehen würde, was wir nicht liebten, sondern schrecklich haßten, so daß uns sein Untergang willkommen ist. Das aber hatte er nicht von den Philosophen gelernt, die er mit großem Lob rühmt, diese Ansicht riecht vielmehr nach jener neuen Akademie, in der man sich gefiel, auch die offenkundigsten Dinge zu bezweifeln.83 Von den größten und berühmtesten Philosophen aber hatte er, wie er selbst gesteht, gelernt, daß unsere Seelen ewig seien. Die ewigen Seelen freilich werden durch diese Ermahnung nicht unpassenderweise aufgeweckt, daß sie sich in
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uitae huius extremum, id est in ratione et inuestigandi cupiditate, minusque se admisceant atque implicent hominum uitiis et erroribus ut eis facilior sit regressus ad deum. sed iste cursus qui constituitur in amore atque inuestigatione ueritatis non sufficit miseris, id est omnibus cum ista sola ratione mortalibus sine fide mediatoris, quod in libris superioribus huius operis, maxime in quarto et tertio decimo quantum potui demonstrare curaui.
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ihrer Bahn finden lassen sollen, wenn das Ende dieses Lebens kommt, das heißt in der Bahn des Verstandes und des Verlangens nach Forschung, und sich weniger verstricken und verwickeln in die Fehler und Irrtümer der Menschen, damit ihnen die Rückkehr zu Gott leichter fällt. Diese Bahn aber, die in der Liebe und dem Aufspüren der Wahrheit besteht, genügt nicht für die Elenden, das heißt für alle Sterblichen, die sich ohne Glauben an den Mittler allein auf ihren Verstand stellen. Das habe ich in den vorhergehenden Büchern dieses Werkes, vor allem im vierten und dreizehnten, so gut ich konnte, mich zu beweisen bemüht.
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[1.1] uolentes in rebus quae factae sunt ad cognoscendum eum a quo factae sunt exercere lectorem iam peruenimus ad eius imaginem quod est homo in eo quo ceteris animalibus antecellit, id est ratione uel intellegentia, et quidquid aliud de anima rationali uel intellectuali dici potest quod pertineat ad eam rem quae mens uocatur uel animus. quo nomine nonnulli auctores linguae Latinae id quod excellit in homine et non est in pecore ab anima quae inest et pecori suo quodam loquendi more distinguunt. supra hanc ergo naturam si quaerimus aliquid et uerum quaerimus, deus est, natura scilicet non creata, sed creatrix. quae utrum sit trinitas non solum credentibus diuinae scripturae auctoritate, uerum etiam intellegentibus aliqua si possumus ratione iam demonstrare debemus. cur autem si possumus dixerim res ipsa cum quaeri disputando coeperit melius indicabit. [2. 2] deus quippe ipse quem quaerimus adiuuabit, ut spero, ne sit infructuosus labor noster et intellegamus quemadmodum dictum sit in psalmo sancto: laetetur cor quaerentium dominum. quaerite dominum et confirmamini; quaerite faciem eius semper. uidetur enim quod semper quaeritur numquam inueniri, et quomodo iam laetabitur et non potius contristabitur cor quaerentium si non potuerint inuenire quod quaerunt? non enim ait: laetetur cor inuenientium sed quaerentium dominum. et tamen deum dominum inueniri posse dum quaeritur testatur
1-2 Rm 1,20 2,3-5 Ps 104,3-5 8 Ps 104,3
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[1.1] Erfüllt von dem Wunsch, den Leser in den Dingen, die geschaffen sind, einzuüben für die Erkenntnis dessen, von dem sie geschaffen sind, sind wir schon bis zu seinem Bild gelangt, das der Mensch darstellt in jenem Bereich, in dem er aus den übrigen Lebewesen hervorragt, das ist in seinem Verstand oder seiner Einsicht, und was man sonst von seiner verstandes- und vernunftbegabten Seele aussagen kann, was zu jenem Gegenstand gehört, den man Geist oder Geistseele nennt. Mit diesem Wort unterscheiden einige lateinisch schreibende Schriftsteller in einer ihnen eigentümlichen Ausdrucksweise das, was im Menschen das Auszeichnende ist und sich im Tiere nicht findet, von der Seele, die auch dem Tier zukommt. Wenn wir nun über diese Natur hinaus etwas suchen, und wenn wir dabei Wahres suchen, so ist das Gott, eine natürlich nicht geschaffene, sondern schöpferische Natur. Ob sie eine Dreieinheit ist, das müssen wir nun nicht bloß für die Gläubigen durch das Gewicht der Heiligen Schrift, sondern auch für die, die Einsicht wollen, durch Verstandesüberlegungen, wenn wir dazu fähig find, aufweisen. Warum ich aber sage: wenn wir dazu fähig sind, das wird die Sache selbst, wenn die Erörterung der Frage begonnen hat, anzeigen. [2. 2] Gott selbst, den wir suchen, wird, wie ich hoffe, helfen, daß unsere Mühe nicht fruchtlos bleibe, und wir einsehen, wieso es im heiligen Psalm heißt: »Freuen soll sich das Herz derer, die den Herrn suchen; suchet den Herrn und werdet stark, suchet sein Antlitz immerdar!« Es scheint nämlich, daß das, was immer gesucht wird, nie gefunden wird – und wie soll sich da freuen und nicht vielmehr traurig sein das Herz derer, die suchen, wenn sie nicht finden können, was sie suchen? Die Schrift sagt ja nicht: »Freuen soll sich das Herz derer«, die ihn finden, sondern. »das Herz derer, die den Herrn suchen«. Und doch be-
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Esaias propheta cum dicit: quaerite dominum et mox ut inueneritis inuocate eum, et cum appropinquauerit uobis derelinquat impius uias suas et uir iniquus cogitationes suas. si ergo quaesitus inueniri potest, cur dictum est: quaerite faciem eius semper? an et inuentus forte quaerendus est? sic enim sunt incomprehensibilia requirenda ne se existimet nihil inuenisse qui quam sit incomprehensibile quod quaerebat potuerit inuenire. cur ergo sic quaerit si incomprehensibile comprehendit esse quod quaerit nisi quia cessandum non est quamdiu in ipsa incomprehensibilium rerum inquisitione proficitur, et melior meliorque fit quaerens tam magnum bonum quod et inueniendum quaeritur et quaerendum inuenitur? nam et quaeritur ut inueniatur dulcius et inuenitur ut quaeratur auidius. secundum hoc accipi potest quod dictum est in libro ecclesiastico dicere sapientiam: qui me manducant adhuc esurient et qui bibunt me adhuc sitient. manducant enim et bibunt quia inueniunt, et quia esuriunt ac sitiunt adhuc quaerunt. fides quaerit, intellectus inuenit; propter quod ait propheta: nisi credideritis, non intellegetis. et rursus intellectus eum quem inuenit adhuc quaerit: deus enim respexit super filios hominum, sicut in psalmo sacro canitur ut uideret si est intellegens aut requirens deum. ad hoc ergo debet esse homo intellegens ut requirat deum. [2.3] satis itaque remorati fuerimus in his quae deus fecit ut per ea cognosceretur ipse qui fecit: inuisibilia enim eius a creatura mundi per ea quae facta sunt intellecta conspiciuntur. unde arguuntur in libro sapientiae qui de his quae uidentur bona non potuerunt scire eum qui est neque operibus attendentes agnouerunt artificem, sed aut ignem aut spiritum aut citatum aerem aut gyrum stellarum aut uiolentiam aquarum aut luminaria caeli 10-12 Is 55,6sq. 13 Ps 104,4 23-24 Ecli 24,29 27 Is 7,9 28-30 Ps 13,2 33-34 Rm 1,20 35-44 Sap 13,1-5
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zeugt der Prophet Isaias, daß der Herr gefunden werden könne, wenn man ihn nur sucht, und zwar mit diesen Worten: »Suchet den Herrn und, sobald ihr ihn findet, ruft ihn an, und wenn er euch nahe kommt, soll der Gottlose seine Wege verlassen und der Ungerechte seine Gedanken.« Wenn er also, so man ihn sucht, gefunden werden kann, warum heißt es dann: »Suchet sein Antlitz immerdar?« Ist er etwa, auch wenn er gefunden ist, immer noch zu suchen? So nämlich ist das Unbegreifliche zu suchen: nicht soll glauben, nichts gefunden zu haben, wer finden konnte, wie unbegreiflich ist, was er suchte.84 Warum also sucht er, wenn er begreift, daß unbegreiflich ist, was er sucht, warum anders als deshalb, weil man nicht nachlassen darf, solange man in suchendem Bemühen um die unbegreiflichen Dinge voranschreitet, und weil besser und besser wird, wer ein so großes Gut sucht, das man sucht, um es zu finden, das man findet, um es weiter zu suchen? Denn es wird gesucht, auf daß es süßer gefunden wird, und gefunden, auf daß es begieriger gesucht wird. In diesem Sinn kann man verstehen, wenn es im Buch Jesus Sirach heißt, daß die Weisheit sagt: »Die mich essen, hungern noch, und die mich trinken, dürsten noch.« Sie essen und trinken nämlich, weil sie suchen, und weil sie hungern und dürsten, suchen sie noch. Der Glaube sucht, die Einsicht findet.85 Daher sagt der Prophet: »Wenn ihr nicht glaubt, werdet ihr nicht einsehen.« Und wiederum sucht die Vernunft weiter, den sie schon gefunden hat: »Gott hat« nämlich »herniedergeschaut auf die Menschenkinder«, wie im heiligen Psalm gesungen wird, »um zu sehen, ob einer ist, der Gott einsieht und dazu also muß der Mensch einsichtig sein, damit er sich suchend um Gott müht. [2. 3] Lange genug sind wir nun in dem verweilt, was Gott schuf, um durch dies ihn selbst zu erkennen, der es schuf: »Das Unsichtbare an ihm ist ja seit der Erschaffung der Welt durch das, was geschaffen ist, in Einsicht schaubar.« Deshalb werden im Buch der Weisheit jene getadelt, die »aus den sichtbaren Vollkommenheiten den nicht zu erkennen vermochten, der da ist, und nicht, auf die Werke achtend, den Künstler erkannten, sondern das Feuer oder den Wind oder die schnelle Luft oder den Umkreis der Sterne oder das gewaltige Wasser oder die Him-
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rectores orbis terrarum deos putauerunt. quorum quidem si specie delectati haec deos putauerunt, sciant quanto dominator eorum melior est; speciei enim generator creauit ea. aut si uirtutem et operationem eorum mirati sunt, intellegant ab his quanto qui haec constituit fortior est. a magnitudine enim speciei et creaturae cognoscibiliter poterit horum creator uideri. haec de libro sapientiae propterea posui ne me fidelium quispiam frustra et inaniter existimet in creatura prius per quasdam sui generis trinitates quodam modo gradatim donec ad mentem hominis peruenirem quaesisse indicia summae illius trinitatis quam quaerimus cum deum quaerimus. [3. 4] sed quoniam disserendi et ratiocinandi necessitas per quattuordecim libros multa nos compulit dicere quae cuncta simul aspicere non ualemus ut ad id quod apprehendere uolumus ea celeri cogitatione referamus, faciam quantum domino adiuuante potuero ut quidquid in singulis uoluminibus ad cognitionem disputatione perduxi remota disputatione breuiter congeram, et tamquam sub uno mentis aspectu non quemadmodum res quaeque persuasit sed ipsa quae persuasa sunt ponam ne tam longe sint a praecedentibus consequentia ut obliuionem praecedentium faciat inspectio consequentium, aut certe si fecerit, cito possit quod exciderit relegendo recolligi. [3. 5] in primo libro secundum scripturas sanctas unitas et aequalitas summae illius trinitatis ostenditur. in secundo et tertio et quarto eadem, sed de filii missione et spiritus sancti diligenter quaestio pertractata tres libros fecit, demonstratumque est non ideo minorem mittente qui missus est quia ille misit, hic missus est cum trinitas quae per omnia aequalis est pariter quo-
3,24 Is 48,16; Io 3,17 27 Io 5,7
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melslichter für die Götter hielten, die Lenker des Erdkreises: Hielten sie diese schon, ergötzt durch ihre Schönheit, für Götter, dann sollten sie doch wissen, um wieviel besser als sie ihr Gebieter ist. Der Erzeuger ihrer Schönheit hat sie ja geschaffen. Und wenn sie Kraft und Wirksamkeit bewunderten, dann sollen sie daran einsehen, um wieviel mächtiger jener ist, der sie bildete. Aus der Größe und Schönheit der Geschöpfe kann nämlich deren Schöpfer erkennbar geschaut werden.« Diesen Text aus dem Weisheitsbuch habe ich deshalb hierhergesetzt, damit kein Gläubiger glaube, es sei vergebliche und eitle Mühe gewesen, wenn ich in der Schöpfung durch mancherlei Arten von Dreiheiten gewissermaßen stufenweise bis zum menschlichen Geist gelangte, Anzeichen jener höchsten Dreieinheit suchte, die wir suchen, wenn wir Gott suchen. [3. 4] Weil uns aber die Notwendigkeit der Erörterungen und Überlegungen die vierzehn Bücher hindurch vieles zu sagen zwang, was alles zusammen wir nicht gleichzeitig zu überschauen vermögen, will ich, um das bisher Gesagte in schneller Zusammenschau auf das, was wir begreifen wollen, hinzuordnen, so gut ich mit Gottes Hilfe kann, alles, was ich in den einzelnen Büchern im Hin und Her der Erörterungen einsichtig machen konnte, nun ohne diese Erörterung kurz und gleichsam unter einem einzigen Blick des Geistes zusammenfassen, nicht indem ich den Gegenstand, der überzeugte, sondern indem ich das, wovon sich eine Überzeugung gewinnen ließ, selbst darlege, damit das Folgende nicht soweit vom Vorhergehenden entfernt ist, daß die Sicht auf das Folgende das Vergessen des Vorausgehenden bewirkt, oder daß doch, wenn dies geschieht, durch Wiederlesen schnell wieder gesammelt werden könne, was entfallen ist. [3. 5] Im ersten Buch wird gemäß der Heiligen Schrift die Einheit und Gleichheit jener höchsten Dreieinheit gezeigt. Ebenso im zweiten, dritten und vierten, doch zieht sich durch die letzten drei Bücher die sorgfältig behandelte Frage über die Sendung des Sohnes und Heiligen Geistes hindurch, wobei gezeigt wurde, daß nicht etwa deshalb, weil der eine sandte, der andere
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que in sua natura immutabilis et inuisibilis et ubique praesens inseparabiliter operetur. in quinto propter eos quibus ideo uidetur non eandem patris et filii esse substantiam quia omne quod de deo dicitur secundum substantiam dici putant, et propterea gignere et gigni uel genitum esse et ingenitum quoniam diuersa sunt contendunt substantias esse diuersas, demonstratur non omne quod de deo dicitur secundum substantiam dici sicut secundum substantiam dicitur bonus et magnus et si quid aliud ad se dicitur, sed dici etiam relatiue, id est non ad se sed ad aliquid quod ipse non est, sicut pater ad filium dicitur uel dominus ad creaturam sibi seruientem; ubi si quid relatiue, id est ad aliquid quod ipse non est, etiam ex tempore dicitur sicuti est: domine, refugium factus es nobis, nihil ei accidere quo mutetur sed omnino ipsum in natura uel essentia sua immutabilem permanere. in sexto quomodo dictus sit Christus ore apostolico dei uirtus et dei sapientia sic disputatur ut differatur eadem quaestio diligentius retractanda, utrum a quo est genitus Christus non sit ipse sapientia sed tantum sapientiae suae pater, an sapientia sapientiam genuerit. sed quodlibet horum esset etiam in hoc libro apparuit trinitatis aequalitas, et non deus triplex sed trinitas; nec quasi aliquid duplum esse patrem et filium ad simplum spiritum sanctum ubi nec tria plus aliquid sunt quam unum horum. disputatum est etiam quomodo possit intellegi quod ait Hilarius
30 eos: arianos 40-41 Ps 89,1 43-44 1Cor 1,24 51-53 Hil., trin. 2,1
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gesandt wurde, der Gesandte geringer ist als der Sendende, da die Dreieinheit, die in allem ist, in gleicher Weise auch in ihrer Natur unwandelbar und unsichtbar und überall gegenwärtig und in ihrem Wirken untrennbar ist. Im fünften Buch wird – um derer willen, die die Dieselbigkeit der Substanz des Vaters und Sohnes ablehnen, weil alle Aussagen über Gott die Substanz betreffen, und weil insofern zeugen und gezeugt werden oder gezeugt und ungezeugt sein, da diese Aussagen verschiedene Dinge betreffen, eine Substanzverschiedenheit zur Folge haben – gezeigt, daß nicht alles, was von Gott ausgesagt wird, gemäß der Substanz ausgesagt wird, wie die Aussagen gut und groß oder sonstige auf sich bezügliche gemäß der Substanz erfolgen, sondern daß es auch beziehentliche Aussagen gibt, das heißt solche, die nicht in bezug auf sich selbst, sondern in bezug auf etwas, was es selbst nicht ist, gelten. So besagt Vater eine Beziehung zum Sohn oder Herr eine Beziehung zu den ihm dienenden Geschöpfen. Wenn im Bereich der Schöpfung eine beziehentliche Aussage von Gott gemacht wird, das heißt eine, die sich auf etwas, was er selbst nicht ist, bezieht, und auch in der Zeit erst gilt, wie in dem Satz: »Herr, du bist unsere Zuflucht geworden,« so kommt ihm, wie gezeigt wurde, nichts hinzu, wodurch er gewandelt würde, sondern er verharrt ganz und gar als das unveränderlich Selbe in seiner Natur oder als das ganz und gar Selbe, als das in seiner Natur oder in seinem Wesen Unwandelbare. Im sechsten Buch wurde, in welchem Sinn Christus durch den Mund des Apostels die Kraft Gottes und die Weisheit Gottes heißt, so erörtert, daß die sorgfältigere Behandlung der Frage, ob derjenige, von dem Christus gezeugt ist, nicht auch selbst Weisheit sei, sondern nur der Vater seiner Weisheit, oder ob die Weisheit die Weisheit zeugte, auf später verschoben wurde. Mochte dem sein wie immer, auch in diesem Buch zeigte sich die Gleichheit der Dreieinheit und daß Gott nicht dreiteilig, sondern dreieinig ist; denn Vater und Sohn sind nicht gleichsam das Doppelte dessen, was der Heilige Geist für sich ist, da hier drei nicht mehr sind als eines von ihnen. Es wurde auch erörtert, wie man das Wort des Bischofs Hilarius verstehen
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episcopus: aeternitas in patre, species in imagine, usus in munere. in septimo quaestio quae dilata fuerat explicatur ita ut deus qui genuit filium non solum sit pater uirtutis et sapientiae suae sed etiam ipse uirtus atque sapientiae, sic et spiritus sanctus; nec tamen simul tres sint uirtutes aut tres sapientiae sed una uirtus et una sapientia sicut unus deus et una essentia. deinde quaesitum est quomodo dicantur una essentia, tres personae, uel ut a quibusdam Graecis, una essentia, tres substantiae; et inuentum est elocutionis necessitate dici ut aliquo uno nomine enuntiaretur cum quaeritur quid tres sint, quos tres esse ueraciter confitemur, patrem scilicet et filium et spiritum sanctum. in octauo ratione etiam reddita intellegentibus clarum est in substantia ueritatis non solum patrem filio non esse maiorem, sed nec ambos simul aliquid maius esse quam solum spiritum sanctum, aut quoslibet duos in eadem trinitate maius esse aliquid quam unum, aut omnes simul tres maius aliquid esse quam singulos. deinde per ueritatem quae intellecta conspicitur et per bonum summum a quo est omne bonum et per iustitiam propter quam diligitur animus iustus ab animo etiam nondum iusto ut natura non solum incorporalis uerum etiam immutabilis quod est deus quantum fieri potest intellegeretur admonui, et per caritatem quae in scripturis sanctis deus dicta est, per quam coepit utcumque etiam trinitas intellegentibus apparere sicut sunt amans et quod amatur et amor. in nono ad imaginem dei quod est homo secundum mentem peruenit disputatio, et in ea quaedam trinitas inuenitur, id est mens et notitia qua se nouit et amor quo se notitiamque suam
62-63 Symb. Nicaen. 2,5,18 69 Rm 1,20 74 1Io 4,8-16 75-76 De trin. VIII, 8,12; 10,14 77-81 De trin. IX, 2,2-4,4
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solle: »Ewigkeit im Vater, Gestalt im Bild, Gebrauch im Geschenk.«86 Im siebten Buch wird die zunächst aufgeschobene Frage erklärt, und zwar so, daß Gott, der den Sohn zeugte, nicht nur der Vater seiner Kraft und Weisheit, sondern auch selbst Kraft und Weisheit ist, und so auch mit dem Heiligen Geist; daß sie aber zusammen nicht drei Kräfte und Weisheiten sind, sondern eine Kraft und eine Weisheit, wie auch ein Gott und ein Wesen. Dann wurde die Frage aufgeworfen, in welchem Sinne man von einem Wesen und drei Personen spricht oder in welchem Sinne manche Griechen von einem Wesen und drei Substanzen reden. Dabei stellte sich heraus, daß man der Not gehorchend so spricht, damit irgendein einziges Wort zur Verfügung steht, wenn man fragt, was denn die drei sind, von denen wir der Wahrheit gemäß bekennen, daß es drei sind, nämlich Vater, Sohn und Heiliger Geist.87 Im achten Buch wurden den der Einsicht Fähigen Verstandesgründe vorgelegt, und es wurde klar, daß in der Substanz der Wahrheit nicht nur der Vater nicht größer ist als der Sohn, sondern auch beide zusammen nicht etwas Größeres sind als der Heilige Geist allein, sowie daß irgendwelche beliebige zwei in eben dieser Dreieinheit nicht etwas Größeres sind als einer und daß alle drei zusammen nicht etwas Größeres sind als ein einzelner. Dann wies ich darauf hin, daß unter der Wahrheit, die in Einsicht geschaut wird, und unter dem höchsten Gut, von dem jedes Gut ist, und unter der Gerechtigkeit, um derentwillen eine gerechte Seele auch von einer noch nicht gerechten Seele geliebt wird, die nicht bloß unstoffliche, sondern auch unwandelbare Natur, die Gott ist, soweit dies geschehen kann, zu verstehen ist, und ebenso auch unter der Liebe, welche nach dem Ausspruch der Heiligen Schrift Gott ist. In ihr begann für die der Einsicht Fähigen auch schon eine Dreiheit aufzuleuchten, die Dreiheit nämlich des Liebenden, des Geliebten und der Liebe. Im neunten Buch gelangte unsere Untersuchung zum Bild Gottes, das der Mensch nach seinem Geist ist. In ihm findet sich eine Art Dreiheit, nämlich der Geist, die Kenntnis, in der er sich kennt, und die Liebe, mit der er sich und seine Kenntnis liebt; es
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diligit, et haec tria aequalia inter se et unius ostenduntur esse essentiae. in decimo hoc idem diligentius subtiliusque tractatum est atque ad id perductum ut inueniretur in mente euidentior trinitas eius, in memoria scilicet et intellegentia et uoluntate. sed quoniam et hoc compertum est quod mens numquam esse ita potuerit ut non sui meminisset, non se intellegeret et diligeret, quamuis non semper se cogitaret, cum autem cogitaret non se a corporalibus rebus eadem cogitatione discerneret, dilata est de trinitate cuius haec imago est disputatio ut in ipsis etiam corporalibus uisis inueniretur trinitas et distinctius in ea lectoris exerceretur intentio. in undecimo ergo electus est sensus oculorum in quo id quod inuentum esset etiam in ceteris quattuor sensibus corporis et non dictum posset agnosci, atque ita exterioris hominis trinitas primo in his quae cernuntur extrinsecus, ex corpore scilicet quod uidetur et forma quae inde in acie cernentis imprimitur et utrumque copulantis intentione uoluntatis, apparuit. sed haec tria non inter se aequalia nec unius esse substantiae claruerunt. deinde in ipso animo ab his quae extrinsecus sensa sunt uelut introducta inuenta est altera trinitas ubi apparerent eadem tria unius esse substantiae, imaginatio corporis quae in memoria est et inde informatio cum ad eam conuertitur acies cogitantis et utrumque coniungens intentio uoluntatis. sed ideo et ista trinitas ad exteriorem hominem reperta est pertinere quia de corporibus inlata est quae sentiuntur extrinsecus. in duodecimo discernenda uisa est sapientia ab scientia, et in ea quae proprie scientia nuncupatur quia inferior est prius quaedam sui generis trinitas inquirenda, quae licet ad interiorem
82-83 De trin. X, 12,18/19 100 Symb. Nicaen. 10
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wurde gezeigt, daß diese drei unter sich gleich und von einem und demselben Wesen sind. Im zehnten Buch wurde dies sorgfältiger und gründlicher behandelt und dahin geführt, daß im Geist eine einsichtigere Dreiheit seiner gefunden wurde, in Erinnerung, Einsicht und Wille nämlich. Weil sich dabei aber auch herausstellte, daß der Geist niemals so sein konnte, daß er sich seiner nicht erinnern, sich nicht einsehen und sich nicht lieben würde, obgleich er nicht immer sich denkt und, wenn er sich denkt, nicht sich in demselben Denken von den körperlichen Dingen unterscheidet, deshalb wurde die Erörterung über die Dreieinheit, deren Bild diese Dreiheit ist, aufgeschoben, damit gerade auch im körperlichen Sehen eine Dreiheit gefunden und an ihr die geschärftere Aufmerksamkeit des Lesers geübt werde. Im elften Buch wurde hierfür der Sinn der Augen gewählt, denn was sich in ihm findet, das ließe sich auch in den übrigen vier Sinnen finden, auch wenn es nicht ausdrücklich ausgesprochen wird. Und so erschien zuerst im äußeren Menschen eine Dreiheit aus dem, was draußen gesehen wird, aus dem Körper nämlich, der gesehen wird, ferner aus der Form, die sich hiervon in der Sehkraft des Schauenden abprägt, und aus der Aufmerksamkeit des Willens, der beide eint. Diese drei aber sind, wie klar wurde, unter sich nicht gleich und nicht von einer Substanz. Darauf ließ sich in der Seele selbst im Bereiche dessen, was draußen wahrgenommen und gleichsam in sie hineingeführt wurde, eine zweite Dreiheit auffinden, bei der dieselben drei sich als Wirklichkeiten von einer Substanz offenbarten: die Vorstellung des Körpers, die in der Erinnerung ist, die hiervon gebildete innere Form, wenn die Sehkraft des Denkenden auf sie hingewendet wird, und die beide einende Aufmerksamkeit des Willens. Aber auch diese Dreiheit gehörte, wie sich zeigte, zum äußeren Menschen, weil sie von den Körpern stammt, die draußen wahrgenommen werden. Im zwölften Buch war, wie mir scheint, die Wissenschaft von der Weisheit zu unterscheiden, und zunächst in der im eigentlichen Sinne sogenannten Wissenschaft, weil sie niedriger steht, eine Dreiheit eigener Art zu suchen, die, mag sie auch schon zum inneren Menschen gehören, doch noch nicht als Bild Got-
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hominem iam pertineat, nondum tamen imago dei uel appellanda sit uel putanda. et hoc agitur in tertio decimo per commendationem fidei christianae. in quarto decimo autem de sapientia hominis uera, id est dei munere in eius ipsius dei participatione donata, quae ab scientia distincta est disputatur, et eo peruenit disputatio ut trinitas appareat in imagine dei quod est homo secundum mentem quae renouatur in agnitione dei secundum imaginem eius qui creauit hominem ad imaginem suam et sic percipit sapientiam ubi contemplatio est aeternorum. [4. 6] iam ergo in ipsis rebus aeternis, incorporalibus et immutabilibus in quarum perfecta contemplatione nobis beata quae non nisi aeterna est uita promittitur trinitatem quae deus est inquiramus. neque enim diuinorum librorum tantummodo auctoritas esse deum praedicat, sed omnis quae nos circumstat, ad quam nos etiam pertinemus, uniuersa ipsa rerum natura proclamat habere se praestantissimum conditorem qui nobis mentem rationemque naturalem dedit qua uiuentia non uiuentibus, sensu praedita non sentientibus, intellegentia non intellegentibus, immortalia mortalibus, impotentibus potentia, iniustis iusta, speciosa deformibus, bona malis, incorruptibilia corruptibilibus, immutabilia mutabilibus, inuisibilia uisibilibus, incorporalia corporalibus, beata miseris praeferenda uideamus. ac per hoc quoniam rebus creatis creatorem sine dubitatione praeponimus, oportet ut eum et summe uiuere et cuncta sentire atque intellegere, et mori, corrumpi mutarique non posse; nec corpus esse sed spiritum omnium potentissimum, iustissimum, speciosissimum, optimum beatissimumque fateamur.
114-115 Col 3,10 4,6-7 Conf. X, 6,9; XI, 4,6; De civ. dei 11,4
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tes bezeichnet oder dafür gehalten werden darf. Das wurde im dreizehnten Buch bei Empfehlung des christlichen Glaubens behandelt. Im vierzehnten Buch wird die wahre Weisheit des Menschen, das heißt die durch Gottes Freigebigkeit in der Teilnahme an ihm selbst geschenkte, die von der Wissenschaft verschieden ist, erörtert, und von da ist die Darlegung nun dahin gelangt, daß die Dreiheit im Bild Gottes aufleuchtet, das der Mensch in seinem Geist ist, der erneuert wird zur Erkenntnis Gottes nach dem Bild dessen, der den Menschen nach seinem Bild schuf und so die Weisheit erfaßt, in der sich die Betrachtung des Ewigen vollzieht. [4. 6] Nun wollen wir also in den ewigen Dingen selbst, in den unkörperlichen und unwandelbaren, in deren vollkommener Betrachtung das selige Leben, das nicht anders als ewig sein kann, besteht und das uns verheißen ist, die Dreiheit, die Gott ist, erforschen. Nicht bloß die Gewährschaft der göttlichen Bücher nämlich sagt aus, daß Gott ist, sondern alles, was uns umgibt, die gesamte Natur der Dinge, zu der auch wir gehören, verkündet laut, daß sie einen alles überragenden Schöpfer hat, der uns den Geist und die natürliche Kraft des Verstandes gab, durch die wir sehen, daß das Lebendige dem Nichtlebendigen, das Sinnenbegabte dem nicht mit Sinnen Begabten, das mit Einsicht Begabte dem nicht mit Einsicht Begabten, das Unsterbliche dem Sterblichen, das Mächtige dem Ohnmächtigen, dem Ungerechten das Gerechte, das Wohlgestalte dem Entstellten, das Gute dem Bösen, das Unvergängliche dem Vergänglichen, das Unwandelbare dem Wandelbaren, das Unsichtbare dem Sichtbaren, das Unkörperliche dem Körperlichen, das Selige dem Elenden vorzuziehen ist. Daher müssen wir, weil wir ohne Zweifel den geschaffenen Dingen den Schöpfer vorziehen und bekennen, daß er im höchsten Maße lebendig ist, alles wahrnimmt und einsieht, daß er nicht sterben, vergehen und sich ändern kann, daß er kein Körper ist, sondern der mächtigste, gerechteste, schönste, beste und seligste Geist.
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[5. 7] sed haec omnia quae dixi et quaecumque alia simili more locutionis humanae digne de deo dici uidentur et uniuersae trinitati qui est unus deus et personis singulis in eadem trinitate conueniunt. quis enim uel unum deum, quod est ipsa trinitas, uel patrem uel filium uel spiritum sanctum audeat dicere aut non uiuentem aut nihil sentientem uel intellegentem, aut in ea natura qua inter se praedicantur aequales quemquam eorum esse mortalem siue corruptibilem siue mutabilem siue corporeum? aut quisquam ibi neget aliquem potentissimum, iustissimum, speciosissimum, optimum, beatissimum? si ergo haec atque huiusmodi omnia et ipsa trinitas et in ea singuli dici possunt, ubi aut quomodo trinitas apparebit? redigamus itaque prius haec plurima ad aliquam paucitatem. quae uita enim dicitur in deo ipsa est essentia eius atque natura. non itaque deus uiuit nisi uita quod ipse sibi est. haec autem uita non talis est qualis inest arbori ubi nullus intellectus, nullus est sensus. nec talis qualis inest pecori; habet enim uita pecoris sensum quinquepertitum sed intellectum habet nullum, at illa uita quae deus est sentit atque intellegit omnia, et sentit mente, non corpore quia spiritus est deus. non autem sicut animalia quae habent corpora per corpus sentit deus; non enim ex anima constat et corpore, ac per hoc simplex illa natura sicut intellegit sentit, sicut sentit intellegit, idemque sensus qui intellectus est illi. nec ita ut aliquando esse desistat aut coeperit; immortalis est enim. nec frustra de illo dictum est quod solus habeat immortalitatem. nam immortalitas eius uere immortalitas est in cuius natura nulla est commutatio. ipsa est etiam uera aeternitas qua est immutabilis deus sine initio, sine fine, consequenter et incorruptibilis. una ergo eademque res dicitur siue dicatur aeternus deus
7 Symb. Nicaen. 19e (anath.) 21-22 Cic., De fin.bon.mal. V, 12,34
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[5. 7] All das aber, was ich angeführt habe und was sonst in ähnlicher menschlicher Redeweise würdig von Gott scheint ausgesagt werden zu können, kommt sowohl der Dreieinheit insgesamt, die der eine Gott ist, wie auch den einzelnen Personen in dieser Dreieinheit zu. Wer nämlich würde zu sagen wagen, daß der eine Gott, der eben gerade die Dreieinheit ist, oder der Vater oder der Sohn oder der Heilige Geist nicht lebendig oder wahrnehmend oder einsehend sei, oder daß in der Natur, in der sie alle untereinander gleich sind, einer von ihnen sterblich oder vergänglich oder wandelbar oder körperlich sein könne? Oder wollte jemand leugnen, daß jeder von ihnen am mächtigsten, gerechtesten, schönsten, gütigsten, besten und seligsten ist? Wenn also all dies und alles dergleichen sowohl von der Dreieinheit selbst wie auch von den einzelnen Personen in ihr ausgesagt werden kann, wo oder wie soll da die Dreieinheit erscheinen? Führen wir also zunächst diese vielen Aussagen auf eine kleinere Zahl zurück. Was nämlich in Gott Leben heißt, ist eben sein Wesen und seine Natur. Nur durch das Leben, das er sich selbst ist, also lebt Gott. Dieses Leben aber ist nicht ein solches, wie es dem Baum innewohnt, der keine Vernunft und keine Wahrnehmung hat. Auch nicht wie das, das dem Tier eigen ist; das Leben des Tieres hat wohl einen fünfgeteilten Sinn, aber es hat keine Vernunft, jenes Leben aber, das Gott ist, nimmt alles wahr und sieht alles ein, und es nimmt mit dem Geist wahr, nicht mit dem Körper, weil Gott ein Geist ist. Nicht aber nimmt Gott wie die Lebewesen, die einen Körper haben, durch den Körper wahr; er besteht ja nicht aus Körper und Seele, und deshalb nimmt diese eine, einfache Natur so wahr, wie sie einsieht, und wie sie wahrnimmt, sieht sie ein, und dasselbe ist bei ihr die Wahrnehmung wie die Vernunft. Es ist auch nicht so, als ob er einmal aufhören oder anfangen würde zu sein; er ist ja unsterblich. Nicht grundlos heißt es von ihm, daß er allein Unsterblichkeit besitzt. Denn seine Unsterblichkeit ist wahre Unsterblichkeit, da in seiner Natur keine Veränderung ist. Sie ist auch wahre Ewigkeit, durch die Gott unwandelbar ist ohne Anfang, ohne Ende, folgerichtig auch unvergänglich. Ein und derselbe Sachverhalt kommt also zum Ausdruck, mag man Gott ewig oder
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siue immortalis siue incorruptibilis siue immutabilis, itemque cum dicitur uiuens et intellegens quod est utique sapiens, hoc idem dicitur. non enim percepit sapientiam qua esset sapiens, sed ipse sapientia est. et haec uita eademque uirtus siue potentia, eademque species qua potens atque speciosius dicitur. quid enim potentius et speciosius sapientia quae attingit a fine usque in finem fortiter et disponit omnia suauiter? bonitas etiam atque iustitia numquid inter se in dei natura sicut in eius operibus distant tamquam duae diuersae sint qualitates dei, una bonitas, alia iustitia? non utique. sed quae iustitia ipsa bonitas, et quae bonitas ipsa beatitudo. incorporalis autem uel incorporeus ideo dicitur deus ut spiritus credatur uel intellegatur esse, non corpus. [5. 8] proinde si dicamus: aeternus, immortalis, incorruptibilis, immutabilis, uiuus, sapiens, potens, speciosus, iustus, bonus, beatus, spiritus, horum omnium nouissimum quod posui quasi tantummodo uidetur significare substantiam, cetera uero huius substantiae qualitates; sed non ita est in illa ineffabili simplicique natura. quidquid enim secundum qualitates illic dici uidetur secundum substantiam uel essentiam est intellegendum. absit enim ut spiritus secundum substantiam dicatur deus et bonus secundum qualitatem, sed utrumque secundum substantiam. sic omnia cetera quae commemorauimus unde in superioribus libris multa iam diximus. de quattuor igitur primis quae modo a nobis enumerata atque digesta sunt id est aeternus, immortalis, incorruptibilis, immutabilis, unum aliquid eligamus quia unum quattuor ista significant sicut iam disserui, ne per multa distendatur intentio, et illud potius quod positum est prius, id est aeternus. hoc faciamus et de quattuor secundis quae sunt uiuus, sapiens,
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unsterblich oder unvergänglich oder unwandelbar heißen. Ebenso wird, wenn man ihn lebendig oder einsehend nennt, was sicherlich soviel ist wie weise, ein und dasselbe ausgesagt. Nicht hat er ja die Weisheit sich angeeignet, durch die er weise wäre, sondern er ist selbst Weisheit. Und dieses Leben wird ebenso auch Kraft oder Macht, ebenso auch Schönheit, durch die er mächtig und schön ist, genannt. Was wäre denn mächtiger und prächtiger als die Weisheit, die von einem Ende zum anderen kraftvoll sich erstreckt und alles in Sanftmut ordnet? Oder liegen etwa die Güte und Gerechtigkeit innerhalb der Natur Gottes auseinander, wie sie sich in seinen Werken unterscheiden, gleich als wären es zwei verschiedene Eigenschaften Gottes, die eine die Güte, die andere die Gerechtigkeit? Sicherlich nicht. Vielmehr ist die Gerechtigkeit das gleiche wie die Güte, und die Güte das gleiche wie die Seligkeit. Unkörperlich aber und unkörperhaft heißt Gott deshalb, damit man glaubt und einsieht, daß er Geist, nicht Körper ist. [5. 8] Wenn wir mithin sagen: Er ist ›ewig, unsterblich, unvergänglich, unwandelbar, lebendig, weise, mächtig, schön, gerecht, gut, selig, ein Geist‹, dann scheint die letzte von all den Bezeichnungen, die ich hierhergesetzt habe, gleichsam nur die Substanz zu betreffen, die übrigen hingegen die Eigenschaften dieser Substanz. Aber so ist es nicht in dieser unaussprechlichen und einfachen Natur. Alle Aussagen nämlich, welche dort eine Eigenschaft zu betreffen scheinen, sind von der Substanz oder vom Wesen zu verstehen. Ferne sei es, daß wir die Aussage: Gott ist ein Geist, nur von der Substanz, die Aussage: er ist gut, von einer Eigenschaft meinen; vielmehr ist beides von der Substanz zu verstehen. So ist es mit allen anderen Aussagen, die ich anführte; ich habe darüber in den vorausgehenden Büchern schon vieles gesagt.88 Von den vier ersten Aussagen nun, die wir eben aufzählten und zusammenstellten, das ist von den Aussagen: ewig, unsterblich, unvergänglich, unwandelbar, wollen wir eine auswählen, weil eine die vier anderen bezeichnet, wie ich schon dargelegt habe89, damit unsere Aufmerksamkeit nicht durch ein Vielerlei zerstreut werde – und zwar am besten die zuerst angeführte, das ist ewig. So wollen wir auch mit den nachfolgenden
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potens, speciosus. et quoniam uita qualiscumque inest et pecori cui sapientia non inest, duo uero ista, sapientia scilicet atque potentia, ita sunt inter se in homine comparata ut sancta scriptura diceret: melior est sapiens quam fortis, speciosa porro etiam corpora dici solent; unum ex his quattuor quod eligimus sapiens eligatur, quamuis haec quattuor in deo non aequalia dicenda sint; nomina enim quattuor, res autem una est. de tertiis uero ultimis quattuor, quamuis in deo idem sit iustum esse quod bonum, quod beatum, idemque spiritum esse quod iustum et bonum et beatum esse, tamen quia in hominibus potest esse spiritus non beatus, potest et iustus et bonus nondum beatus, qui uero beatus est profecto et iustus et bonus et spiritus est; hoc potius eligamus quod nec in hominibus esse sine illis tribus potest, quod est beatus. [6. 9] num igitur cum dicimus: aeternus, sapiens, beatus, haec tria sunt trinitas quae appellatur deus? redigimus quidem illa duodecim in istam paucitatem trium, sed eo modo forsitan possumus et haec tria in unum aliquid horum. nam si una eademque res in dei natura potest esse sapientia et potentia aut uita et sapientia, cur non una eademque res esse possit in dei natura aeternitas et sapientia aut beatitudo et sapientia? ac per hoc sicut nihil intererat utrum illa duodecim an ista tria diceremus quando illa multa in istam redegimus paucitatem, ita nihil interest utrum tria ista dicamus an illud unum in cuius singularitate duo cetera similiter redigi posse monstrauimus. quis itaque disputandi modus, quaenam tandem uis intellegendi atque potentia, quae uiuacitas rationis, quae acies cogita-
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vier Aussagen verfahren, als da sind lebendig, weise, mächtig und wohlgestalt. Und weil irgendein Leben auch dem Tier eigen ist, dem die Weisheit nicht eigen ist, die beiden anderen aber, nämlich Weisheit und Macht im Menschen so zueinander stehen, daß die Heilige Schrift sagt: »Besser ist der Weise als der Tapfere,« und wohlgestalt auch die Körper genannt zu werden pflegen: so soll die eine Aussage, die wir aus den vieren auswählen, die sein, daß er weise ist, auch wenn diese vier in Gott nicht ungleich genannt werden dürfen. Es sind ja nur vier Namen, die Sache aber ist eine. Was aber die dritte und letzte Viererreihe betrifft, so wollen wir, wenngleich in Gott gerecht sein dasselbe ist wie gut sein und selig sein, wenngleich Geist sein dasselbe ist wie gerecht und gut und selig sein, dennoch, weil bei den Menschen der Geist auch nicht selig, weil selbst der Gerechte und Gute auch nicht selig sein kann, derjenige aber, der selig ist, in der Tat auch gerecht und gut und Geist ist, so wollen wir also lieber das auswählen, was auch im Menschen nicht ohne die drei übrigen sein kann, nämlich daß er selig ist. [6. 9] Wenn wir also sagen: Gott ist ›ewig, weise, selig‹, bilden diese drei dann die Dreieinheit, die Gott genannt wird? Wir führen zwar jene Zwölfzahl auf diese kleine Zahl von dreien zurück. Aber vielleicht können wir auf die gleiche Weise auch diese drei Aussagen auf eine einzige von ihnen zurückführen. Denn wenn in der Natur Gottes die Weisheit und die Macht Gottes oder das Leben und die Weisheit ein und derselbe Gegenstand sein kann, warum sollte in der Natur Gottes nicht auch ein und derselbe Gegenstand sein können die Ewigkeit und die Weisheit oder die Seligkeit und die Weisheit? Wie es sonach keinen Unterschied bedeutete, ob wir jene zwölf oder diese drei Aussagen machten, als wir jene Vielzahl auf diese kleine Zahl zurückführten, so bedeutet es keinen Unterschied, ob wir diese drei Aussagen machen oder die eine, in der Einzahl stehende, auf die in ähnlicher Weise die beiden anderen, wie wir gezeigt haben, zurückgeführt werden können. Welche Art der Darlegung, welche Kraft und Stärke der Einsicht, welche Lebhaftigkeit des Verstandes, welche Sehkraft des
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tionis ostendet, ut alia iam taceam, hoc unum quod sapientia dicitur deus quomodo sit trinitas? neque enim sicut nos de illo percipimus sapientiam ita deus de aliquo, sed sua est ipse sapientia quia non est aliud sapientia eius, aliud essentia cui hoc est esse quod sapientem esse. dicitur quidem in scripturis sanctis Christus dei uirtus, et dei sapientia, sed quemadmodum sit intellegendum ne patrem filius uideatur facere sapientem in libro septimo disputatum est, et ad hoc ratio peruenit ut sic sit filius sapientia de sapientia quemadmodum lumen de lumine, deus de deo. nec aliud potuimus inuenire spiritum sanctum nisi et ipsum esse sapientiam, et simul omnes unam sapientiam sicut unum deum, unam essentiam. hanc ergo sapientiam quod est deus, quomodo intellegimus esse trinitatem? non dixi: quomodo credimus? – nam hoc inter fideles non debet habere quaestionem –, sed si aliquo modo per intellegentiam possumus uidere quod credimus, quis iste erit modus? [6.10] si enim recolamus ubi nostro intellectui coeperit in his libris trinitas apparere, octauus occurrit. ibi quippe ut potuimus disputando erigere temptauimus mentis intentionem ad intellegendam illam praestantissimam immutabilemque naturam quod nostra mens non est. quam tamen sic intuebamur ut nec longe a nobis esset et supra nos esset, non loco sed ipsa sui uenerabili mirabilique praestantia ita ut apud nos esse suo praesenti lumine uideretur. in qua tamen nobis adhuc nulla trinitas apparebat quia non ad eam quaerendam in fulgore illo firmam mentis aciem tenebamus; tantum quia non erat aliqua moles ubi credi oporteret magnitudinem duorum uel trium plus esse quam unius cernebamus utcumque. sed ubi uentum est ad caritatem quae
19 1Cor 1,24 21-23 De trin. VII, 1,2-3,6 22-23 Symb. Nicaen. 8
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Denkens, um anderes nicht zu nennen, wird also nun zu zeigen vermögen, wieso dieses Eine, das man Weisheit nennt, Gott als Dreieinheit ist? Nicht empfängt, wie wir die Weisheit von ihm empfangen, Gott die Weisheit von irgend jemandem, sondern er ist selbst seine Weisheit, weil nicht etwas anderes seine Weisheit, etwas anderes seine Wesenheit ist, da bei ihm (zu) sein dasselbe ist wie weise sein. In den heiligen Schriften wird zwar Christus die Kraft Gottes und die Weisheit Gottes genannt; wie dies aber zu verstehen sei, damit nicht der Eindruck entstehe, als ob der Sohn den Vater weise mache, wurde im siebten Buch dargelegt, und unsere Verstandesüberlegungen haben zu der Feststellung geführt, daß der Sohn in der Weise Weisheit von der Weisheit ist, wie er Licht vom Lichte, Gott von Gott ist.90 Und nichts anderes konnten wir vom Heiligen Geist finden, als daß auch er Weisheit ist, und daß alle zusammen eine Weisheit sind, wie ein Gott und eine Wesenheit. Wie also können wir in dieser Weisheit, die Gott ist, erkennen, daß eine Dreieinheit ist? Ich sage nicht: ›Wie können wir an eine Dreieinheit glauben‹? (Denn darüber wird es unter Gläubigen keine Frage geben.) Aber wenn wir auf irgendeine Weise durch unsere Einsicht sehen können, was wir glauben, welches wird diese Weise sein? [6.10] Wenn wir uns nämlich erinnern, wo unserer Vernunft in diesen Büchern die Dreieinheit aufzuleuchten begann, so begegnet uns das achte Buch. Dort versuchten wir ja, so gut wir konnten, durch unsere Erörterungen die Aufmerksamkeit des Geistes zu jener über alles erhabenen, unwandelbaren Natur, die unser Geist nicht ist, emporzurichten. Wir erblickten sie jedoch in der Weise, daß sie nicht ferne von uns und daß sie über uns war, nicht räumlich, sondern gerade durch ihre eigene, verehrungswürdige und wunderbare Erhabenheit, so daß sie durch ihr gegenwärtiges Licht bei uns zu sein schien. Jedoch leuchtete uns in ihr noch keine Dreieinheit auf, weil wir die gestärkte Sehkraft unseres Geistes nicht, um sie zu suchen, in jenem Aufblitzen festhielten; daß es da nicht eine stoffliche Masse gibt, bei der man die Größe zweier oder dreier Teile für mehr halten muß als die Größe eines einzigen, sahen wir freilich. Als wir aber zu der Liebe kamen, die in der Heiligen Schrift Gott genannt wird,
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in sancta scriptura deus dicta est eluxit paululum trinitas, id est amans et quod amatur et amor. sed quia lux illa ineffabilis nostrum reuerberabat obtutum et ei nondum posse contemperari nostrae mentis quodam modo conuincebatur infirmitas, ad ipsius nostrae mentis secundum quam factus est homo ad imaginem dei uelut familiariorem considerationem reficiendae laborantis intentionis causa inter coeptum dispositumque refleximus, et inde in creatura quod nos sumus ut inuisibilia dei per ea quae facta sunt conspicere intellecta possemus immorati sumus a nono usque ad quartum decimum librum. et ecce iam quantum necesse fuerat aut forte plus quam necesse fuerat exercitata in inferioribus intellegenda ad summam trinitatem quae deus est conspiciendam nos erigere uolumus nec ualemus. num enim sicut certissimas uidemus trinitates, siue quae forinsecus de rebus corporalibus fiunt, siue cum ea ipsa quae forinsecus sensa sunt cogitantur; siue cum illa quae oriuntur in animo nec pertinent ad corporis sensus sicut fides, sicut uirtutes quae sunt artes agendae uitae manifesta ratione cernuntur et scientia continentur; siue cum mens ipsa qua nouimus quidquid nosse nos ueraciter dicimus sibi cognita est uel se cogitat; siue cum aliquid quod ipsa non est, aeternum atque incommutabile conspicit; num ergo sicut in his omnibus certissimas uidemus trinitates quia in nobis fiunt uel in nobis sunt, cum ista meminimus, aspicimus, uolumus ita uidemus etiam trinitatem deum quia et illic intellegendo conspicimus tamquam dicentem et uerbum eius, id est patrem et filium, atque inde procedentem caritatem utrique communem, sanctum scilicet spiritum? an trinitates istas ad sensus nostros uel animum pertinentes uidemus potius quam credimus, deum uero esse trinitatem credimus po-
46-47 Gn 1,27; Gn 5,1; Gn 9,6 49-50 Rm 1,20
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leuchtete ein wenig eine Dreiheit auf, die Dreiheit des Liebenden, des Geliebten und der Liebe.91 Aber weil jenes unaussprechliche Licht unseren Blick blendete und die Schwachheit unseres Geistes auf gewisse Weise überführt wurde, daß sie ihm noch nicht angemessen ist, wandten wir uns zwischen dem Begonnenhaben und der geordneten Durchführung wieder der gleichsam vertrauteren Betrachtung unseres eigenen Geistes zu, in dem der Mensch nach dem Bild Gottes geschaffen ist, damit die sich mühende Aufmerksamkeit sich wieder zu erholen vermochte, und haben uns vom neunten bis zum vierzehnten Buch bei der Schöpfung, die wir selbst sind, aufgehalten, damit wir das Unsichtbare Gottes durch das, was geschaffen ist, in Einsicht schauen könnten. Und siehe, auch jetzt, wo wir schon, wie es notwendig war, oder vielleicht mehr als notwendig war, die Einsicht im Bereich des Niederen eingeübt haben, haben wir weder den Willen noch das Vermögen, uns zur Schau der höchsten Dreieinheit, die Gott ist, emporzurecken. Ist es denn so, daß wir ganz sichere Dreiheiten sehen, mögen sie von draußen von körperlichen Dingen stammen, mag das, was draußen wahrgenommen wurde, gedacht werden – mag es wie das, was in der Seele entsteht und nicht zum Sinn des Körpers gehört, wie der Glaube oder die Tugenden, welche die Kunst der Lebensführung betreffen, in klarer Verstandeserkenntnis gesehen und Inhalt der Wissenschaft sein – mag der Geist selbst, durch den wir wissen, was immer wir in Wahrheit zu wissen behaupten, sich bekannt sein oder sich denken – mag er etwas Ewiges und Unwandelbares erblicken, was er selbst nicht ist: ist es also so, daß wir, in all dem unzweifelhaft gewisse Dreiheiten sehen, die in uns entstehen oder in uns sind, wenn wir an jene Vorgänge uns erinnern, sie erblicken und wollen, daß wir so auch die Dreieinheit, Gott sehen, weil wir auch hier durch unsere Einsicht gleichsam einen Sprechenden und sein Wort, das ist Vater und Sohn, und die von ihnen hervorgehende, beiden gemeinsame Liebe, nämlich den Heiligen Geist erblicken? Oder ist es so, daß wir jene zum Bereich unserer Sinne oder der Seele gehörigen Dreiheiten eher sehen als glauben, Gott hingegen, die Dreieinheit, eher glauben als sehen? Wenn es
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tius quam uidemus? quod si ita est, profecto aut inuisibilia eius per ea quae facta sunt nulla intellecta conspicimus, aut si ulla conspicimus, non in eis conspicimus trinitatem, et est illic quod conspiciamus, est quod etiam non conspectum credere debeamus. conspicere autem nos immutabile bonum quod nos non sumus liber octauus ostendit, et quartus decimus cum de sapientia quae homini ex deo est loqueremur admonuit. cur itaque ibi non agnoscimus trinitatem? an haec sapientia quae deus dicitur non se intellegit, non se diligit? quis hoc dixerit aut quis est qui non uideat ubi nulla scientia est nullo modo esse sapientiam? aut uero putandum est sapientiam quae deus est scire alia et nescire se ipsam, uel diligere alia nec diligere se ipsam? quae siue dici siue credi stultum et impium est. ecce ergo trinitas, sapientia scilicet et notitia sui et dilectio sui. sic enim et in homine inuenimus trinitatem, id est mentem et notitiam qua se nouit et dilectionem qua se diligit. [7.11] sed haec tria ita sunt in homine ut non ipsa sint homo. homo est enim sicut ueteres definierunt animal rationale, mortale. illa ergo excellunt in homine, non ipsa sunt homo. et una persona, id est singulus quisque homo, habet illa tria in mente uel mentem. quod si etiam sic definiamus hominem, ut dicamus: homo est substantia rationalis constans ex anima et corpore, non est dubium hominem habere animam quae non est corpus, habere corpus quod non est anima. ac per hoc illa tria non homo sunt sed hominis sunt uel in homine sunt. detracto etiam corpore si sola anima cogitetur, aliquid eius est mens tamquam caput eius uel oculus uel facies, sed non haec ut corpora cogitanda sunt. non igitur anima sed quod excellit in anima mens uocatur.
2-3 Quint., Inst. 7,3,15 7,6 Cic., De fin.bon.mal. V, 12,34 12 Cic., De fin.bon.mal. V, 13,36
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so ist, dann erblicken wir in der Tat durch das, was geschaffen ist, in geistiger Einsicht nichts von dem Unsichtbaren an ihm, oder wenn wir etwas erblicken, dann erblicken wir in diesem Bereich des Unsichtbaren an Gott keine Dreieinheit; und es gibt in ihm etwas, was wir erblicken, und etwas, was wir nicht erblicken und darum glauben müssen. Daß wir aber das unwandelbare Gut erblicken, das wir nicht sind, zeigte das achte Buch; und das vierzehnte erinnerte daran, als wir von der Weisheit sprachen, die der Mensch von Gott hat. Warum also können wir da keine Dreieinheit feststellen? Sieht etwa die Weisheit, welche Gott ist, sich nicht ein, liebt sie sich nicht? Wer möchte so etwas sagen? Oder wo gäbe es einen, der nicht sähe, daß da, wo keine Wissenschaft ist, auch keine Weisheit ist?92 Oder muß man annehmen, daß die Weisheit, die Gott ist, zwar um anderes, aber nicht sich selbst weiß, daß sie anderes, aber sich selbst nicht liebt? Das zu sagen oder zu glauben ist töricht und gottlos. Siehe, so gibt es eine Dreieinheit, die Weisheit nämlich und ihre Selbsterkenntnis und ihre Selbstliebe. So finden wir ja auch im Menschen eine Dreiheit, das ist den Geist, die Kenntnis, in der er sich kennt, und die Liebe, in der er sich liebt. [7.11] Diese drei aber sind so im Menschen, daß sie nicht selbst der Mensch sind. Der Mensch ist nämlich, wie die Alten definierten, ein verstandesbegabtes, sterbliches Lebewesen. Jene drei ragen also im Menschen hervor und sind nicht selbst der Mensch. Und eine Person, das heißt jeder einzelne Mensch, hat diese drei in seinem Geist oder als Geist. Auch wenn wir den Menschen so bestimmen: ›Der Mensch ist eine verstandesbegabte Substanz, die aus Leib und Seele besteht‹, so ist es doch nicht zweifelhaft, daß der Mensch eine Seele hat, die nicht der Leib ist, daß er einen Leib hat, der nicht die Seele ist. Und so sind diese drei nicht der Mensch, sondern sind (Eigenschaften) des Menschen oder im Menschen. Auch wenn man den Körper beiseite läßt und nur die Seele denkt, so ist der Geist etwas an ihr, gleichsam ihr Haupt oder ihr Auge oder ihr Antlitz; man darf das nur nicht wie Körper denken. Nicht also die Seele, sondern das, was in der Seele hervorragt, heißt Geist. Können wir aber
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numquid autem possumus dicere trinitatem sic esse in deo ut aliquid dei sit nec ipsa sit deus? quapropter singulus quisque homo qui non secundum omnia quae ad naturam pertinent eius sed secundum solam mentem imago dei dicitur una persona est et imago est trinitatis in mente. trinitas uero illa cuius imago est nihil aliud est tota quam deus, nihil aliud est tota quam trinitas. nec aliquid ad naturam dei pertinet quod ad illam non pertineat trinitatem, et tres personae sunt unius essentiae non sicut singulus quisque homo una persona. [7.12] itemque in hoc magna distantia est quod siue mentem dicamus in homine eiusque notitiam et dilectionem, siue memoriam, intellegentiam, uoluntatem, nihil mentis meminimus nisi per memoriam nec intellegimus nisi per intellegentiam nec amamus nisi per uoluntatem. at uero in illa trinitate quis audeat dicere patrem nec se ipsum nec filium nec spiritum sanctum intellegere nisi per filium, uel diligere nisi per spiritum sanctum, per se autem meminisse tantummodo uel sui uel filii uel spiritus sancti; eodemque modo filium nec sui nec patris meminisse nisi per patrem, nec diligere nisi per spiritum sanctum, per se autem non nisi intellegere et patrem et se ipsum et spiritum sanctum; similiter et spiritum sanctum per patrem meminisse et patris et filii et sui, et per filium intellegere et patrem et filium et se ipsum, per se autem non nisi diligere et se et patrem et filium, tamquam memoria sit pater et sua et filii et spiritus sancti, filius autem intellegentia et sua et patris et spiritus sancti, spiritus uero sanctus caritas et sua et patris et filii? quis haec in illa trinitate opinari uel affirmare praesumat? si enim solus ibi filius intellegit et sibi et patri et spiritui sancto, ad illam reditur absurditatem ut pater non sit sapiens de se ipso sed de filio, nec sapientia sapientiam genuerit sed ea sapientia pater
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sagen, daß die Dreieinheit so in Gott ist, daß sie etwas an Gott ist und nicht Gott selbst? Sonach ist jeder einzelne Mensch, der nicht in bezug auf alles, was zu seiner Natur gehört, sondern nur in bezug auf den Geist Bild Gottes heißt, eine Person und in seinem Geist Bild der Dreieinheit. Jene Dreieinheit aber, deren Bild er ist, ist als ganze nichts anderes als Gott, als ganze ist sie nichts anderes als Dreieinheit. Nicht gehört etwas zur Natur Gottes, was nicht zu jener Dreieinheit gehören würde, und die drei Personen sind eines Wesens, nicht wie jeder einzelne Mensch eine einzige Person.93 [7.12] Ebenso liegt darin ein großer Unterschied, daß wir, mögen wir vom Geist im Menschen reden, von seiner Kenntnis und Liebe oder von der Erinnerung, der Einsicht und dem Willen, nichts von dem, was des Geistes ist, erinnern, es sei denn durch die Erinnerung, nichts einsehen, es sei denn durch die Einsicht, nichts lieben, es sei denn durch den Willen. Wer aber wagte zu behaupten, daß in jener Dreieinheit der Vater sich, den Sohn und den Heiligen Geist nur einsehe durch den Sohn, nur liebe durch den Heiligen Geist, durch sich aber sich seiner, des Sohnes und Heiligen Geistes bloß erinnere – daß auf die gleiche Weise der Sohn sich seiner und des Vaters nur erinnere durch den Vater, daß er nur liebe durch den Heiligen Geist, durch sich aber den Vater, sich selbst und den Heiligen Geist nur einsehe – daß ähnlich der Heilige Geist durch den Vater sich des Vaters, des Sohnes und seiner selbst nur erinnere, durch den Sohn den Vater, den Sohn und sich selbst nur einsehe, durch sich aber sich selbst, den Vater und den Sohn nur liebe, gleich als ob der Vater die Erinnerung seiner selbst, des Sohnes und des Heiligen Geistes wäre, der Sohn die Einsicht des Vaters, seiner selbst und des Heiligen Geistes, der Heilige Geist aber die Liebe seiner selbst, des Vaters und des Sohnes? Wer würde sich vornehmen, Derartiges in dieser Dreieinheit anzunehmen oder zu behaupten? Wenn nämlich dort nur der Sohn einsieht, sowohl für sich als auch für den Vater wie für den Heiligen Geist, dann führt das wieder auf den Unsinn zurück, daß der Vater nicht von sich selbst weise ist, sondern vom Sohn, und daß nicht die Weisheit die Weisheit zeugte, sondern der Va-
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dicatur sapiens esse quam genuit. ubi enim non est intellegentia nec sapientia potest esse, ac per hoc si pater non intellegit ipse sibi sed filius intellegit patri, profecto filius patrem sapientem facit. et si hoc est deo esse quod sapere et ea illi essentia est quae sapientia, non filius a patre, quod uerum est, sed a filio potius habet pater essentiam, quod absurdissimum atque falsissimum est. hanc absurditatem nos in libro septimo discussisse, conuicisse, abiecisse certissimum est. est ergo deus pater sapiens ea qua ipse sua est sapientia, et filius sapientia patris de sapientia quod est pater de quo est genitus filius. quocirca consequenter est et intellegens pater ea qua ipse sua est intellegentia; neque enim esset sapiens qui non esset intellegens. filius autem intellegentia patris de intellegentia genitus quod est pater. hoc et de memoria non inconuenienter dici potest. quomodo est enim sapiens qui nihil meminit, uel sui non meminit? proinde quia sapientia pater, sapientia filius, sicut sibi meminit pater ita et filius; et sicut sui et filii meminit pater memoria non filii sed sua, ita sui et patris meminit filius memoria non patris sed sua. dilectio quoque ubi nulla est quis ullam dicat esse sapientiam? ex quo colligitur ita esse patrem dilectionem suam ut intellegentiam et memoriam suam. ecce ergo tria illa, id est memoria, intellegentia, dilectio seu uoluntas in illa summa et immutabili essentia quod est deus, non pater et filius et spiritus sanctus sunt, sed pater solus. et quia filius quoque sapientia est genita de sapientia, sicut nec pater ei nec spiritus sanctus intellegit sed ipse sibi, ita nec pater ei meminit nec spiritus sanctus ei diligit sed ipse sibi; sua enim est et ipse memoria, sua intellegentia, sua dilectio, sed
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ter durch jene Weisheit weise heißt, die er zeugte. Wo nämlich keine Einsicht ist, kann auch keine Weisheit sein. Wenn deshalb der Vater selbst für sich keine Einsicht hat, sondern sie der Sohn für den Vater hat, dann macht in der Tat der Sohn den Vater weise. Und wenn für Gott sein das gleiche ist wie weise sein, und das Wesen für ihn dasselbe ist wie Weisheit, dann hat nicht der Sohn vom Vater, wie es wahrhaft ist, sondern vielmehr der Vater vom Sohn das Wesen, was ganz und gar unsinnig und falsch ist. Diesen Unsinn haben wir im siebten Buch erörtert, widerlegt und verworfen, ein Ergebnis, das völlig gewiß ist. Es ist also Gott Vater weise durch die Weisheit, die er selbst ist, und der Sohn ist die Weisheit des Vaters, gezeugt von der Weisheit, die der Vater ist, von dem der Sohn gezeugt ist. Folgerichtig sieht daher der Vater auch ein durch die Einsicht, die er selbst ist, er wäre ja nicht weise, wenn er keine Einsicht hätte; der Sohn aber ist die Einsicht des Vaters, gezeugt von der Einsicht, die der Vater ist. Das gleiche kann man nicht unzutreffenderweise auch von der Erinnerung sagen. Wie sollte denn jemand weise sein, der sich an nichts erinnert oder sich seiner nicht erinnert? Wie mithin Weisheit ist der Vater, Weisheit der Sohn, so erinnert sich seiner, wie der Vater sich seiner erinnert, so auch der Sohn; und wie der Vater sich seiner und des Sohnes erinnert nicht durch die Erinnerung des Sohnes, sondern durch seine, so erinnert sich seiner und des Vaters auch der Sohn nicht durch des Vaters Erinnerung, sondern durch seine. Wer möchte weiterhin behaupten, daß da, wo es keine Liebe gibt, irgendeine Weisheit sei? Daraus läßt sich schließen, daß der Vater so seine Liebe ist, wie er seine Einsicht und seine Erinnerung ist. Sieh da, jene drei, das ist Erinnerung, Einsicht, Liebe oder Wille, sind in jenem höchsten und unwandelbaren Wesen, das Gott ist, nicht Vater, Sohn und Heiliger Geist, sondern der Vater allein. Und weil auch der Sohn Weisheit ist, gezeugt von der Weisheit, so gilt: Wie weder der Vater noch der Heilige Geist für ihn einsieht, sondern er selbst für sich Einsicht hat, so erinnert sich auch der Vater nicht für ihn, noch liebt der Heilige Geist für ihn, sondern er selbst hat für sich Einsicht, er selbst liebt für sich. Er ist nämlich sein eigenes Erinnern selbst, seine eigene
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ita se habere de patre illi est de quo natus est. spiritus etiam sanctus quia sapientia est procedens de sapientia non patrem habet memoriam et filium intellegentiam et se dilectionem; neque enim sapientia esset si alius ei meminisset eique alius intellegeret ac tantummodo sibi ipse diligeret; sed ipse habet haec tria et ea sic habet ut haec ipsa ipse sit. uerumtamen ut ita sit inde illi est unde procedit. [7.13] quis ergo hominum potest istam sapientiam qua nouit deus omnia ita ut nec ea quae dicuntur praeterita ibi praetereant, nec ea quae dicuntur futura quasi desint exspectentur ut ueniant, sed et praeterita et futura cum praesentibus sint cuncta praesentia; nec singula cogitentur et ab aliis ad alia cogitando transeatur, sed in uno conspectu simul praesto sint uniuersa; quis, inquam, hominum comprehendit istam sapientiam eandemque prudentiam eandemque scientiam quandoquidem a nobis nec nostra comprehenditur? ea quippe quae uel sensibus uel intellegentiae nostrae adsunt possumus utcumque conspicere; ea uero quae absunt et tamen adfuerunt per memoriam nouimus, quae obliti non sumus. nec ex futuris praeterita sed futura ex praeteritis non tamen firma cognitione conicimus. nam quasdam cogitationes nostras quas futuras uelut manifestius atque certius proximas quasque prospicimus memoria faciente id agimus cum agere ualemus quantum ualemus, quae uidetur non ad ea quae futura sunt sed ad praeterita pertinere. quod licet experiri in eis dictis uel canticis quorum seriem memoriter reddimus; nisi enim praeuideremus cogitatione quod sequitur non utique diceremus. et tamen ut praeuideamus non prouidentia nos instruit sed memoria. nam donec finiatur omne quod dicimus siue
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Einsicht und seine eigene Liebe; aber daß es sich verhält, verdankt er dem Vater, von dem er geboren ist. Auch der Heilige Geist hat, weil er die von der Weisheit hervorgehende Weisheit ist, nicht den Vater als seine Erinnerung, nicht den Sohn als Einsicht und sich selbst als Liebe; er wäre ja nicht Weisheit, wenn ein anderer für ihn sich erinnerte, ein anderer für ihn einsähe und er bloß für sich liebte; sondern er hat alle diese drei Tätigkeiten, und zwar so, daß er selbst sie ist. Daß das aber so ist, verdankt er dem, von dem er hervorgeht. [7.13] Welcher Mensch also kann diese Weisheit, in der Gott alles kennt, und zwar so, daß auch, was vergangen heißt, dort nicht vergeht, und daß die Ankunft dessen, was zukünftig heißt, nicht erst erwartet wird, gleich als ob es noch fehlen würde, sondern daß sowohl das Vergangene wie das Zukünftige mit dem Gegenwärtigen insgesamt gegenwärtig ist, daß ferner nicht das Einzelne für sich gedacht und von dem einen zum anderen im Denken weitergeschritten wird, sondern in einem einzigen Blick alle Dinge insgesamt gegenwärtig sind, wer, sage ich, begreift diese Weisheit und ebenso diese Klugheit und diese Wissenschaft, wo doch von uns nicht einmal die unsrige begriffen wird? Das, was vor unseren Sinnen oder unserer Einsicht liegt, können wir irgendwie erblicken; das hingegen, was nicht vor ihnen steht, aber einmal vor ihnen stand, wissen wir durch die Erinnerung, soweit wir es nicht vergessen haben.94 Und nicht erschließen wir aus der Zukunft die Vergangenheit, sondern die Zukunft aus der Vergangenheit, wenn auch nicht in fester Erkenntnis. Denn wenn wir manches Zukünftige in unserem Denken als deutlich und sicher bevorstehend gleichsam voraussehen, so tun wir das, wenn wir es zu tun vermögen, soweit wir es vermögen, unter Mitwirkung der Erinnerung, die sich nicht auf das Zukünftige, sondern auf das Vergangene zu beziehen scheint. Das kann man bei solchen Sprüchen und Liedern erfahren, deren Abfolge wir gedächtnisweise vortragen. Wenn wir nämlich in unserem Denken nicht voraussähen, was nachfolgt, dann könnten wir sie sicherlich nicht hersagen. Und dennoch, daß wir voraussehen, dazu befähigt uns nicht die Voraussicht, sondern die Erinnerung.95 Denn bis alles, was wir hersagen oder
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canimus nihil est quod non prouisum prospectumque proferatur. et tamen cum id agimus non dicimur prouidenter sed memoriter canere uel dicere, et qui hoc in multis ita proferendis ualent plurimum, non solet eorum prouidentia sed memoria praedicari. fieri ista in animo uel ab animo nostro nouimus et certissimi sumus. quomodo autem fiant quanto attentius uoluerimus aduertere tanto magis noster et sermo succumbit et ipsa non perdurat intentio ut ad liquidum aliquid nostra intellegentia etsi non lingua perueniat. et putamus nos utrum dei prouidentia eadem sit quae memoria et intellegentia qui non singula cogitando aspicit sed una, aeterna et immutabili atque ineffabili uisione complectitur cuncta quae nouit, tanta mentis infirmitate posse comprehendere? in hac igitur difficultate et angustiis libet exclamare ad deum uiuum: mirificata est scientia tua ex me; inualuit, et non potero ad illam. ex me quippe intellego quam sit mirabilis et incomprehensibilis scientia tua qua me fecisti quando nec me ipsum comprehendere ualeo quem fecisti, et tamen in meditatione mea exardescit ignis ut quaeram faciem tuam semper. [8.14] incorporalem substantiam scio esse sapientiam et lumen esse in quo uidentur quae oculis carnalibus non uidentur, et tamen uir tantus tamque spiritalis: uidemus nunc, inquit, per speculum in aenigmate, tunc autem facie ad faciem. quale sit et quod sit hoc speculum si quaeramus, profecto illud occurrit quod in speculo nisi imago non cernitur. hoc ergo facere conati sumus ut per hanc imaginem quod nos sumus uideremus utcumque a quo facti sumus tamquam per speculum. hoc significat etiam illud quod ait idem apostolus: nos autem reuelata
112-113 Ps 138,6 115-116 Ps 38,4 3-4 1Cor 13,12 8 1Cor 13,12 9-11 2Cor 3,18
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singen, beendigt ist, gibt es nichts, das nicht vorausgesehen und vorausgeschaut und so vorgebracht würde. Und doch, wenn wir dies tun, heißt es nicht, daß wir in voraussehender, sondern daß wir in gedächtnishafter Weise singen oder hersagen. Und wenn jemand vieles so vorbringen kann und darin besonders stark ist, dann pflegt man nicht seine Voraussicht, sondern seine Erinnerung zu rühmen. Daß dies im Geist oder vom Geist geschieht, das wissen wir und sind uns ganz sicher. Wie es aber geschieht, daran reicht, je mehr wir darauf achten wollen, um so mehr unsere Rede nicht hin, und auch die Aufmerksamkeit hält nicht durch, damit, wenn schon nicht die Sprache, so doch unsere Einsicht eine Klarheit erreichte. Und da meinen wir, bei einer solchen Schwäche des Geistes begreifen zu können, ob die Voraussicht Gottes, der nicht eins nach dem andern im Denken anschaut, sondern mit einem einzigen, ewigen, unwandelbaren und unaussprechlichen Blick alles, was er kennt, umfaßt, dasselbe ist wie seine Erinnerung und seine Einsicht? In dieser Schwierigkeit also und Bedrängnis mag man aufschreien zum lebendigen Gott: »Zu wunderbar ist mir dein Wissen, zu gewaltig; ich vermag es nicht zu fassen!« Aus mir freilich sehe ich, wie wunderbar und unbegreiflich dein Wissen ist, in dem du mich schufst, da ich nicht einmal mich selbst zu begreifen vermag, den du schufst, und »doch lodert, wenn ich daran denke, das Feuer in mir auf«, daß ich dein Antlitz suche immerdar. [8.14] Ich weiß, daß die unkörperliche Substanz Weisheit ist, und daß sie das Licht ist, in dem gesehen wird, was mit den fleischlichen Augen nicht gesehen wird; und doch sagte ein so großer und so geistlicher Mann: »Jetzt sehen wir im Spiegel und im Rätsel, dann aber von Angesicht zu Angesicht.« Wenn wir fragen, wie und was dieser Spiegel ist, dann stoßen wir in der Tat darauf, daß in einem Spiegel nur ein Bild erblickt wird. Das also haben wir zu verwirklichen gesucht, daß wir durch das Bild, das wir selbst sind, irgendwie jenen sehen, von dem wir geschaffen sind gleichwie in einem Spiegel. Das gleiche will das Wort desselben Apostels besagen: »Wir schauen aber mit unver-
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facie gloriam domini speculantes in eandem imaginem transformamur de gloria in gloriam tamquam a domini spiritu. speculantes dixit, per speculum uidentes, non de specula prospicientes. quod in Graeca lingua non est ambiguum unde in Latinam translatae sunt apostolicae litterae. ibi quippe speculum ubi apparent imagines rerum ab specula de cuius altitudine longius aliquid intuemur etiam sono uerbi distat omnino. satisque apparet apostolum ab speculo, non ab specula dixisse gloriam domini speculantes. quod uero ait, in eandem imaginem transformamur, utique imaginem dei uult intellegi eandem dicens, istam ipsam scilicet id est quam speculamur, quia eadem imago est et gloria dei sicut alibi dicit: uir quidem non debet uelare caput cum sit imago et gloria dei, de quibus uerbis iam in libro duodecimo disseruimus. transformamur ergo dixit, de forma in formam mutamur atque transimus de forma obscura in formam lucidam, quia et ipsa obscura imago dei est, et si imago, profecto etiam et gloria in qua homines creati sumus praestantes ceteris animalibus. de ipsa quippe natura humana dictum est: uir quidem non debet uelare caput cum sit imago et gloria dei. quae natura in rebus creatis excellentissima cum a suo creatore ab impietate iustificatur a deformi forma formosam transformatur in formam. est quippe et in ipsa impietate quanto magis damnabile uitium tanto certius natura laudabilis. et propter hoc addidit de gloria in gloriam, de gloria creationis in gloriam iustificationis. quamuis possit hoc et aliis modis intellegi quod dictum est de gloria in gloriam: de gloria fidei in gloriam speciei, de gloria qua
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hülltem Antlitz die Herrlichkeit des Herrn und werden dadurch in das nämliche Bild umgewandelt, von Herrlichkeit zu Herrlichkeit, eben durch den Geist des Herrn.« »Wir schauen« hat er in dem Sinn gesagt, daß wir durch einen Spiegel schauen, nicht in dem Sinne, daß wir von einer Anhöhe herabschauen.96 Im Griechischen, aus dem die apostolischen Schriften ins Lateinische übertragen wurden, ist das nicht doppeldeutig. Dort ist nämlich das Wort für Spiegel, in dem die Bilder der Dinge erscheinen, von dem Worte für Warte, von deren Höhe aus wir etwas in weiterer Entfernung sehen, auch schon rein klanglich durchaus verschieden. Und so ist es hinlänglich klar, daß der Apostel vom Spiegel, nicht von der Warte gesprochen hat bei dem Wort: »Wir schauen die Herrlichkeit des Herrn«. Wenn er aber sagt: »Wir werden in dasselbe Bild umgewandelt«, dann will er sicherlich das Bild Gottes verstanden wissen, wenn er »dasselbe« sagt, eben jenes ist es nämlich, welches wir erblicken, da eben dies Bild ja auch die Herrlichkeit Gottes ist, wie er anderswo sagt: »Der Mann muß sein Haupt nicht verhüllen, da er das Bild und die Herrlichkeit Gottes ist.« Über diese Worte habe ich schon im zwölften Buch gehandelt.97 Er sagt also: Wir werden umgewandelt, wir werden von einer Form in die andere gewandelt, wir gehen von der dunklen Form hinüber in die helle. Auch die dunkle Form ist ja Bild Gottes, und wenn Bild, dann in der Tat auch die Herrlichkeit Gottes, in welcher wir Menschen erschaffen wurden, uns darin vor den übrigen Lebewesen auszeichnend. Von der Natur des Menschen nämlich gilt das Wort: »Der Mann muß das Haupt nicht verhüllen, da er das Bild und die Herrlichkeit Gottes ist.« Wenn diese unter den geschaffenen Dingen hervorragendste Natur von ihrem Schöpfer aus ihrer Gottlosigkeit heraus gerechtfertigt wird, wird sie von einer ungestalten Gestalt zu einer wohlgestalteten Gestalt hingeführt. Auch mitten in der Gottlosigkeit ist nämlich, je verdammenswerter ein Fehler ist, um so sicherer die Natur zu preisen. Und deshalb fügte er hinzu: »von Herrlichkeit zu Herrlichkeit«, von der Herrlichkeit der Schöpfung zur Herrlichkeit der Rechtfertigung. Freilich könnte man das Wort; »von Herrlichkeit zu Herrlichkeit« auch anders verstehen, so: von der Herr-
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filii dei sumus in gloriam qua similes ei erimus quoniam uidebimus eum sicuti est. quod uero adiunxit, tamquam a domini spiritu, ostendit gratia dei nobis conferri tam optabilis transformationis bonum. [9. 15] haec dicta sunt propter quod ait apostolus nunc per speculum nos uidere. quia uero addidit in aenigmate, multis hoc incognitum est qui eas litteras nesciunt in quibus est doctrina quaedam de locutionum modis quos Graeci tropos uocant eoque Graeco uocabulo etiam nos utimur pro Latino. sicut enim schemata usitatius dicimus quam figuras ita usitatius tropos quam modos. singulorum autem modorum siue troporum nomina ut singulis singula referantur difficillimum est et insolentissimum Latine enuntiare. unde quidam interpretes nostri quod ait apostolus, quae sunt in allegoria, nolentes Graecum uocabulum ponere circumloquendo interpretati sunt dicentes, quae sunt aliud ex alio significantia. huius autem tropi, id est allegoriae, plures sunt species in quibus est etiam quod dicitur aenigma. definitio autem ipsius nominis generalis omnes etiam species complectatur necesse est. ac per hoc sicut omnis equus animal est, non omne animal equus est, ita omne aenigma allegoria est, non omnis allegoria aenigma est. quid est ergo allegoria nisi tropus ubi ex alio aliud intellegitur, quale illud est ad Thessalonicenses: itaque non dormiamus sicut et ceteri sed uigilemus et sobrii simus. nam qui dormiunt nocte dormiunt, et qui inebriantur nocte ebrii sunt; nos autem qui diei sumus sobrii simus? sed haec allegoria non est aenigma.
36-37 1Io 3,2 37-38 2Cor 3,18 9,1-2 1Cor 13,12 10 Gal 4,24 11-12 Ambrosiast.in Gal. 4,24,1 19-22 1Th 5,6–8
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lichkeit des Glaubens zur Herrlichkeit des Anblicks, von der Herrlichkeit, in der wir Kinder Gottes sind, zur Herrlichkeit, in der wir ihm ähnlich sein werden, weil wir ihn sehen werden, wie er ist. Wenn er aber hinzufügte »eben durch den Geist des Herrn«, so zeigte er, daß uns das Gut einer so wünschenswerten Umgestaltung durch die Gnade Gottes verliehen wird. [9.15] Diese Ausführungen machte ich wegen des Apostelwortes, daß wir jetzt im Spiegel sehen. Wenn er aber hinzufügt: »im Rätsel«, so ist diese Ausdrucksweise vielen unverständlich, weil sie die Wissenschaft nicht kennen, in der die Lehre von jenen Redefiguren behandelt wird, welche die Griechen Tropus nennen, wobei auch wir dieses griechische Wort statt des lateinischen verwenden.98 Wie nämlich der Ausdruck ›Schema‹ gebräuchlicher ist als der Ausdruck ›Figur‹, so ist auch der Ausdruck ›Tropus‹ gebräuchlicher als der Ausdruck ›Weise‹. Die Bezeichnungen für die einzelnen Weisen und Tropen aber im Lateinischen wiederzugeben, so daß die Worte einander genau entsprechen, ist äußerst schwer und ganz ungewohnt. Daher haben manche unserer Übersetzer für das Wort des Apostels: »Das ist allegorisch zu verstehen«, da sie das griechische Wort nicht beibehalten wollten, in ihrer Übertragung eine Umschreibung gewählt und gesagt: »Wobei etwas durch etwas anderes ausgedrückt wird«. Von diesem Tropus, nämlich der Allegorie, gibt es mehrere Formen, zu denen auch das gehört, was wir Rätsel heißen. Die Bestimmung einer allgemeinen Bezeichnung muß nun auch alle Arten umfassen. Wie sonach jedes Pferd ein Lebewesen ist, nicht aber jedes Lebewesen ein Pferd, so ist jedes Rätsel eine Allegorie, nicht aber jede Allegorie ein Rätsel. Was anderes also ist eine Allegorie als ein Tropus, bei dem etwas durch etwas anderes einsichtig gemacht wird, wie es in dem Worte an die Thessaloniker ist. »Wir wollen daher nicht schlafen wie die übrigen, sondern wachsam und nüchtern sein. Denn die schlafen, schlafen in der Nacht, und die trunken sind, sind in der Nacht betrunken. Wir aber, die wir dem Tage angehören, wollen nüchtern sein.« Aber diese Allegorie ist kein Rätsel. Ihr Verständnis
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nam nisi multum tardis iste sensus in promptu est. aenigma est autem ut breuiter explicem obscura allegoria sicuti est: sanguisugae tres erant filiae, et quaecumque similia. sed ubi allegoriam nominauit apostolus non in uerbis eam reperit sed in facto cum ex duobus filiis Abrahae, uno de ancilla, altero de libera, quod non dictum sed etiam factum fuit duo testamenta intellegenda monstrauit. quod antequam exponeret obscurum fuit. proinde allegoria talis, quod est generale nomen, posset specialiter aenigma nominari. [9.16] sed quia non soli qui eas litteras nesciunt quibus discuntur tropi quaerunt quid dixerit apostolus nunc in aenigmate nos uidere, uerum etiam qui sciunt, tamen quod sit illud aenigma ubi nunc uidemus, nosse desiderant; ex utroque una est inuenienda sententia, et ex illo scilicet quod ait, uidemus nunc per speculum, et ex isto quod addidit, in aenigmate. una est enim cum tota sic dicitur: demus nunc per speculum in aenigmate. proinde quantum mihi uidetur sicut nomine speculi imaginem uoluit intellegi, ita nomine aenigmatis quamuis similitudinem tamen obscuram et ad perspiciendum difficilem. cum igitur speculi et aenigmatis nomine quaecumque similitudines ab apostolo significatae intellegi possint quae accommodatae sunt ad intellegendum deum eo modo quo potest, nihil tamen est adcommodatius quam id quod imago eius non frustra dicitur. nemo itaque miretur etiam in isto uidendi modo qui concessus est huic uitae, per speculum scilicet in aenigmate, laborare nos ut quomodocumque uideamus. nomen quippe hic non sonaret aenigmatis si esset facilitas uisionis. et hoc est grandius aenigma ut non uideamus quod non uidere non possumus. quis
23-24 Quint., Inst. 8,6,52 24-25 Prv 30,15 25-29 Gal 4,22-24 33-34 1Cor 13,12 36-38 1Cor 13,12 47 1Cor 13,12
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liegt nämlich außer für ganz schwerfällige Geister auf der Hand. Das Rätsel aber ist, um es kurz zu erklären, eine dunkle Allegorie, so in dem Satz: »Blutsaugerinnen waren die drei Töchter«, und in ähnlichen Aussagen.99 Wo aber der Apostel von der Allegorie spricht, da findet er sie nicht in Worten, sondern in einem Sachverhalt, etwa wenn er zeigt, daß unter den zwei Söhnen Abrahams – der eine von der Magd, der andere von der Freien (was nicht bloß gesagt, sondern auch so geschehen war) – die zwei Testamente zu verstehen sind. Bevor er dies auseinandersetzte, war es unklar. Mithin könnte diese Allegorie, was eine Gattungsbezeichnung ist, in besonderer Weise als Rätsel bezeichnet werden. [9.16] Weil aber nicht nur jene, welche die Bücher nicht kennen, aus denen man die Tropen lernen kann, fragen, was der Apostel mit dem Wort meinte, daß wir jetzt im Rätsel sehen, sondern auch jene, die sie kennen, jedoch zu wissen begehren, was das für ein Rätsel ist, in dem wir jetzt sehen, so muß man aus den beiden Angaben des Apostels seine einheitliche Meinung herausfinden, aus der Angabe nämlich: »Wir sehen jetzt im Spiegel« und aus der anderen, die er hinzufügt: »und im Rätsel«. Es ist nämlich nur eine einzige Aussage, die als ganze so lautet: »Wir sehen jetzt im Spiegel und im Rätsel.« Wie er also, wie mir scheint, mit dem Wort Spiegel das Bild verstanden wissen wollte, so wollte er mit dem Wort Rätsel die Ähnlichkeit verstanden wissen, jedoch eine dunkle, schwer zu durchschauende. Da also unter dem Wort Spiegel und Rätsel irgendwelche vom Apostel bezeichnete Ähnlichkeiten verstanden werden können, welche geeignet sind, zur Einsicht Gottes zu führen, so wie er erkannt werden kann, so ist doch nichts geeigneter als das, was nicht vergeblich sein Bild genannt wird. Niemand soll sich daher wundern, daß auch diese Weise zu sehen, die uns in diesem Leben gewährt ist, im Spiegel nämlich und im Rätsel, mühsam ist für uns, damit wir auf irgendeine Weise sehen. Es würde ja hier nicht das Wort Rätsel erklingen, wenn es um dies Sehen etwas Leichtes wäre. Ja, es ist ein größeres Rätsel, daß wir nicht sehen, was wir wohl sehen können.100 Wer sieht denn sein Denken nicht? Und wer sieht sein Denken
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enim non uidet cogitationem suam? et quis uidet cogitationem suam (non oculis carnalibus dico sed ipso interiore conspectu)? quis non eam uidet, et quis eam uidet? quandoquidem cogitatio uisio est animi quaedam siue adsint ea quae oculis quoque corporalibus uideantur uel ceteris sentiantur sensibus, siue non adsint et eorum similitudines cogitatione cernantur; siue nihil eorum sed ea cogitentur quae nec corporalia sunt nec corporalium similitudines sicut uirtutes et uitia, sicut ipsa denique cogitatio cogitatur; siue illa quae per disciplinas traduntur liberalesque doctrinas; siue omnium istorum causae superiores atque rationes in natura immutabili cogitentur; siue etiam mala et uana ac falsa cogitemus uel non consentiente sensu uel errante consensu. [10.17] sed nunc de his loquamur quae nota cogitamus et habemus in notitia etiam si non cogitemus, siue ad contemplatiuam scientiam pertineant quam proprie sapientiam, siue ad actiuam quam proprie scientiam nuncupandam esse disserui. simul enim utrumque mentis est unius et imago dei una. cum uero de inferiore distinctius et seorsus agitur tunc non est uocanda imago dei, quamuis et tunc in ea nonnulla reperiatur similitudo illius trinitatis, quod in tertio decimo uolumine ostendimus. nunc ergo simul de uniuersa scientia hominis loquimur in qua nobis nota sunt quaecumque sunt nota, quae utique uera sunt alioquin nota non esset. nemo enim falsa nouit nisi cum falsa esse nouit. quod si nouit, uerum nouit; uerum est enim quod illa falsa sint. de his ergo nunc disserimus quae nota cogitamus et nota sunt nobis etiam si non cogitentur a nobis. sed certe si ea dicere uelimus,
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(nicht mit den fleischlichen Augen, sage ich, sondern mit dem inneren Blick)? Wer sieht es nicht und wer sieht es? Ist doch das Denken eine Art Sehen des Geistes, mag vor ihm stehen, was auch mit körperlichen Augen gesehen oder mit den übrigen Sinnen wahrgenommen wird, mag es nicht vor ihm stehen und dessen Bild im Denken erblickt werden; oder es mag nichts Derartiges, sondern das gedacht werden, was weder körperlich ist noch Körperlichem ähnlich, wie die Tugenden und Laster, wie schließlich auch das Denken selbst gedacht wird; mag das, was in der Schule und in den freien Künsten gelehrt wird, mögen die höheren Ursachen von all dem und seine Gründe in der unwandelbaren Natur gedacht werden; mögen wir selbst Böses und Eitles und Falsches denken, sei es mit nicht zustimmendem Sinn, sei es mit irrender Zustimmung. [10.17] Jetzt aber wollen wir über die Dinge sprechen, die uns schon bekannt sind, wenn wir an sie denken, und die in unserem Wissensbesitz verbleiben, auch wenn wir nicht an sie denken, mögen sie zur betrachtenden Wissenschaft gehören, die, wie ich darlegte, im eigentlichen Sinn Weisheit, mögen sie zur tätigen Wissenschaft gehören, die Wissenschaft im eigentlichen Sinne genannt werden muß. Beide gehören ja zusammen dem einen Geist an und sind ein Bild Gottes. Wenn man hingegen vom niederen Teil des Geistes gesondert und für sich handelt, dann darf man ihn nicht Bild Gottes heißen, wenngleich auch dann in ihm irgendeine Ähnlichkeit mit jener Dreieinheit sich vorfindet. Ich habe das im dreizehnten Buch gezeigt.101 Jetzt sprechen wir also vom gesamten Wissen des Menschen zugleich, in dem uns alles bekannt ist, was immer uns bekannt ist. Sicherlich ist dies alles wahr, sonst wäre es ja nicht bekannt. Niemand hat nämlich von Falschem ein Wissen, es sei denn, daß er weiß, daß es sich um Falsches handelt. Wenn er dies weiß, dann ist wahr, was er weiß; wahr ist nämlich, daß jenes falsch ist.102 Über die Dinge also handeln wir jetzt, die wir als bekannte denken und die uns bekannt sind, auch wenn sie nicht von uns gedacht werden. Gewiß, wenn wir sie aussprechen wollen, dann können wir das sicherlich nur, wenn sie gedacht sind. Denn wenn auch
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nisi cogitata non possumus. nam etsi uerba non sonent, in corde suo dicit utique qui cogitat. unde illud est in libro sapientiae: dixerunt apud se cogitantes non recte. exposuit enim quid sit, dixerunt apud se, cum addidit cogitantes. huic simile est in euangelio quod quidam scribae cum audissent a domino dictum paralytico: confide, fili, remittuntur tibi peccata tua. dixerunt intra se: hic blasphemat. quid est enim, dixerunt intra se, nisi cogitando? denique sequitur: et cum uidisset Iesus cogitationes eorum dixit: utquid cogitatis mala in cordibus uestris? sic Matthaeus. Lucas autem hoc idem ita narrat: coeperunt cogitare scribae et Pharisaei dicentes: quis est hic qui loquitur blasphemias? quis potest dimittere peccata nisi solus deus? ut cognouit autem Iesus cogitationes eorum respondens dixit ad illos: quid cogitatis in cordibus uestris? quales est in libro sapientiae, dixerunt cogitantes, tale hic est, cogitauerunt dicentes. et illic enim et hic ostenditur intra se atque in corde suo dicere id esse cogitando dicere. dixerunt quippe intra se, et dictum est eis: quid cogitatis? et de illo diuite cuius uberes fructus ager attulit ait ipse dominus: et cogitabat intra se dicens. [10.18] quaedam ergo cogitationes locutiones sunt cordis ubi et os esse dominus ostendit cum ait: non quod intrat in os coinquinat hominem, sed quod procedit ex ore, hoc coinquinat hominem. una sententia duo quaedam hominis ora complexus est, unum corporis, alterum cordis. nam utique unde illi hominem putauerant inquinari in os intrat corporis; unde autem dominus dixit inquinari hominem de cordis ore procedit. ita quippe exposuit ipse quod dixerat. nam paulo post de hac re discipulis suis: adhuc et uos, inquit, sine intellectu estis? non intellegitis quia 17-19 Sap 2,1 20-24 Mt 9,2-4 25-28 Lc 5,21sq. 29 Sap 2,1 29-30 Lc 5,21 32 Mt 9,4; Mc 2,8; Lc 5,22 33 Lc 12,17 35-37 Mt 15,11 41-42 Mt 15,16-17
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keine Worte ertönen, so spricht doch, wer denkt, in seinem Herzen. Daher heißt es im Buch der Weisheit: »Sie sprechen bei sich, indem sie verkehrt denken.« Die Schrift erklärt nämlich die Worte: »Sie sprechen bei sich«, indem sie hinzufügt: »indem sie denken.« Ähnlich heißt es im Evangelium, daß einige Schriftgelehrte, als sie hörten, wie der Herr zum Gichtbrüchigen sprach. »Habe Vertrauen, mein Sohn, deine Sünden werden dir vergeben«, bei sich sagten; »Dieser lästert Gott.« Was heißt: »Sie sagten bei sich« anderes als: im Denken. Schließlich folgt: »Als Jesus ihre Gedanken sah, sagte er: Warum denkt ihr Böses in euren Herzen?« So Matthäus, Lukas aber berichtet diesen Vorgang so: »Da begannen die Pharisäer und Schriftgelehrten zu denken, indem sie sagten. Wer ist dieser, der da Lästerungen ausspricht? Wer kann Sünden vergeben, als Gott allein? Als er aber ihre Gedanken erkannte, antwortete er und sagte zu ihnen: Was denkt ihr Böses in euren Herzen?« Was im Buch der Weisheit das Wort besagt: »Sie sprechen, indem sie denken«, das besagt hier das Wort: »Sie dachten, indem sie sagten.« Hier und dort wird nämlich gezeigt, daß sie unter sich in ihrem Herzen sprechen, das heißt, daß sie sprechen, indem sie denken. Sie sprachen nämlich bei sich, und es wurde ihnen gesagt: »Was denkt ihr?« Und von jenem Reichen, dessen Acker eine reichliche Ernte brachte, sagte der Herr: »Und er dachte bei sich, indem er sprach.« [10.18] Manches Denken ist also ein Sprechen des Herzens. Daß dabei auch der Mund eine Rolle spielt, zeigte der Herr mit den Worten: »Nicht was in den Mund eingeht, verunreinigt den Menschen, sondern was aus dem Munde herauskommt, verunreinigt ihn.« In einem Satz hat er gewissermaßen den zweifachen Mund des Menschen zusammengefaßt, den Mund des Leibes und den Mund des Herzens. Denn sicherlich geht das, wovon jene Leute geglaubt haben, daß es den Menschen verunreinigt, durch den Mund des Leibes ein; wovon aber der Herr gesagt hat, daß es den Menschen verunreinigt, kommt aus dem Munde des Herzens heraus. So erklärte er ja selbst, was er gesagt hatte. Denn gleich darauf sagte er zu seinen Jüngern hierüber: »Seid auch ihr noch ohne Verständnis? Seht ihr denn nicht
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omne quod in os intrat in uentrem uadit et in secessum emittitur? hic certe apertissime demonstrauit os corporis. at in eo quod sequitur os cordis ostendens: quae autem procedunt, inquit, de ore de corde exeunt et ea coinquinant hominem. de corde enim exeunt cogitationes malae, et cetera. quid hac expositione lucidius? nec tamen quia dicimus locutiones cordis esse cogitationes ideo non sunt etiam uisiones exortae de notitiae uisionibus quando uerae sunt. foris enim cum per corpus haec fiunt aliud est locutio, aliud uisio; intus autem cum cogitamus utrumque unum est. sicut auditio et uisio duo quaedam sunt inter se distantia in sensibus corporis, in animo autem non est aliud atque aliud uidere et audire. ac per hoc cum locutio foris non uideatur sed potius audiatur, locutiones tamen interiores, hoc est cogitationes, uisas dixit a domino sanctum euangelium, non auditas. dixerunt, inquit, intra se: hic blasphemat, deinde subiunxit: et cum uidisset Iesus cogitationes eorum. uidit ergo quod dixerunt. uidit enim cogitatione sua cogitationes eorum quas illi soli se putabant uidere. [10.19] quisquis igitur potest intellegere uerbum non solum antequam sonet, uerum etiam antequam sonorum eius imagines cogitatione uoluantur – hoc est enim quod ad nullam pertinet linguam, earum scilicet quae linguae appellantur gentium quarum nostra Latina est –, quisquis, inquam, hoc intellegere potest iam potest uidere per hoc speculum atque in hoc aenigmate aliquam uerbi illius similitudinem de quo dictum est: in principio erat uerbum, et uerbum erat apud deum, et deus erat uerbum. necesse est enim cum uerum loquimur, id est quod scimus loquimur, ex ipsa scientia quam memoria tenemus nascatur uerbum quod eiusmodi sit omnino cuiusmodi est illa scientia de qua nascitur. formata quippe cogitatio ab ea re quam scimus uer43-45 Mt 15,18-19 54-55 Mt 9,3 56 Mt 9,4 66 1Cor 13,12 67-69 Io 1,1
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ein, daß alles, was in den Mund eingeht, in den Magen kommt und dann seinen natürlichen Ausgang nimmt?« Hier meinte er ganz offenkundig den Mund des Leibes. Im folgenden jedoch weist er auf den Mund des Herzens bin, wenn er sagt: »Was aber aus dem Munde herauskommt, das kommt vom Herzen, und das verunreinigt den Menschen. Vom Herzen nämlich kommen die bösen Gedanken« usw. Was ist einleuchtender als diese Erklärung? Doch sind die Gedanken nicht, weil wir sagen, daß sie Sprechweisen des Herzens sind, deshalb nicht auch schon Sehweisen, entsprungen aus den Sehweisen der Kenntnis, wenn sie wahr sind.103 Draußen nämlich, wenn sie durch den Körper geschehen, dann ist etwas anderes das Sprechen, etwas anderes das Sehen. Wenn wir aber drinnen einen Gedanken bilden, dann ist beides eins. So wie Hören und Sehen in den Leibessinnen zwei voneinander verschiedene Vorgänge sind, ist in der Seele aber nicht etwas anderes das Sehen, etwas anderes das Hören. Während daher das äußere Sprechen nicht gesehen, sondern vielmehr gehört wird, wurden, wie das Evangelium sagt, die inneren Worte, das heißt die Gedanken, vom Herrn gesehen, nicht gehört: »Sie sprachen«, so erzählt es, »bei sich: Dieser lästert Gott,« Dann fügt es bei: »Und als der Herr ihre Gedanken sah«. Er sah also, was sie sagten. Er sah nämlich durch sein Denken ihre Gedanken, die sie allein zu sehen glaubten. [10.19] Wer also das Wort einsehen kann, nicht nur bevor es erklingt, sondern auch bevor die Bilder seiner Klanglaute im Denken hin und her gewendet werden – das ist nämlich etwas, was zu keiner Sprache gehört, derer nämlich, die man die Nationalsprachen nennt, deren unsrige die lateinische ist –, wer, sage ich, dies einsehen kann, der kann in diesem Spiegel und in diesem Rätsel schon eine ferne Ähnlichkeit mit jenem Wort sehen, von dem es heißt: »Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort.« Es muß nämlich, wenn wir Wahres sagen, das heißt, wenn wir sagen, was wir wissen, aus eben dem Wissen, das wir in der Erinnerung festhalten, das Wort geboren werden, das durchaus von jener Art ist, von der das Wissen ist, von dem es geboren wird. Der von dem Gegenstand, den wir wissen, geformte Ge-
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bum est quo in corde dicimus, quod nec Graecum est nec Latinum nec linguae alicuius alterius, sed cum id opus est in eorum quibus loquimur perferre notitiam aliquod signum quo significetur assumitur. et plerumque sonus, aliquando etiam nutus, ille auribus, ille oculis exhibetur ut per signa corporalia etiam corporis sensibus uerbum quod mente gerimus innotescat. nam et innuere quid est nisi quodam modo uisibiliter dicere? est in scripturis sanctis huius sententiae testimonium. nam in euangelio secundum Iohannem ita legitur: amen, amen dico uobis quia unus ex uobis tradet me. aspiciebant ergo ad inuicem discipuli haesitantes de quo diceret. erat ergo unus ex discipulis eius in sinu Iesu quem diligebat Iesus. innuit ergo huic Simon Petrus et dicit ei: quis est de quo dicit? ecce innuendo dixit quod sonando dicere non audebat. sed haec atque huiusmodi signa corporalia siue auribus siue oculis praesentibus quibus loquimur exhibemus. inuentae sunt etiam litterae per quas possemus et cum absentibus conloqui, sed ista signa sunt uocum, cum ipsae uoces in sermone nostro earum quas cogitamus signa sint rerum. [11. 20] proinde uerbum quod foris sonat signum est uerbi quod intus lucet cui magis uerbi competit nomen. nam illud quod profertur carnis ore uox uerbi est, uerbumque et ipsum dicitur propter illud a quo ut foris appareret assumptum est. ita enim uerbum nostrum uox quodam modo corporis fit assumendo eam in qua manifestetur sensibus hominum sicut uerbum dei caro factum est assumendo eam in qua et ipsum manifestaretur sensibus hominum. et sicut uerbum nostrum fit uox nec mutatur in uocem, ita uerbum dei caro quidem factum est, sed absit
80-84 Io 13,21–24 90-91 Arist., De interpr. 1,16a 11,6-9 Io 1,14
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danke ist nämlich das Wort, das wir im Herzen sprechen, was weder griechisch ist, noch lateinisch, noch einer sonstigen Sprache zugehörig, sondern dann, wenn es nötig ist, daß es denen, mit denen wir sprechen, zur Kenntnis gebracht wird, irgendein Zeichen, mit dem es bezeichnet wird, annimmt. Meist wird ein Klanglaut, manchmal auch ein Wink, der erste für die Ohren, der zweite für die Augen, verwendet, damit durch körperliche Zeichen auch den Leibessinnen das Wort, das wir im Herzen tragen, bekannt werde.104 Denn bedeutet Winken etwas anderes, als auf eine gewisse Weise sichtbar sprechen? In der Heiligen Schrift findet sich ein Zeugnis für diese Meinung. Im Johannesevangelium liest man nämlich so: »Wahrlich, wahrlich, ich sage euch, einer von euch wird mich verraten. Da schauten die Jünger einander an und wußten nicht, von wem er rede. Einer von seinen Jüngern, der, den Jesus liebte, lag an seiner Brust. Dem winkte Simon Petrus zu und sagte zu ihm: Wer ist es, von dem er spricht?« Siehe, indem er winkte, sagte er, was er mit Worten nicht laut zu sagen wagte. Diese und ähnliche körperliche Zeichen verwenden wir für die Ohren und Augen derer, die anwesend sind, wenn wir mit ihnen sprechen. Es wurden desgleichen die Buchstaben erfunden, damit wir uns auch mit den Abwesenden unterhalten können, aber sie sind Zeichen der Laute, während die Laute in unserer Rede selbst Zeichen der Dinge sind, die wir denken.105 [11. 20] Demnach ist das Wort, das draußen erklingt, Zeichen des Wortes, das drinnen leuchtet, dem mit größerem Recht die Bezeichnung Wort zukommt. Denn was mit dem Mund des Fleisches vorgebracht wird, ist der Laut des Wortes. Er heißt auch selbst Wort wegen jenes Wortes, von dem er, damit es draußen erscheinen könne, angenommen wurde. In der Weise nämlich wird unser Wort gewissermaßen Laut des Körpers, indem es diesen annimmt, um so für die Sinne der Menschen wahrnehmbar zu werden, wie das Wort Gottes Fleisch wurde, indem es dies annahm, um sich so auch selbst den Sinnen der Menschen zu offenbaren. Und wie unser Wort Laut wird und sich nicht in den Laut verwandelt, so ist das Wort Gottes zwar
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ut mutaretur in carnem. assumendo quippe illam, non in eam se consumendo, et hoc nostrum uox fit et illud caro factum est. quapropter qui cupit ad qualemcumque similitudinem dei uerbi quamuis per multa dissimilem peruenire non intueatur uerbum nostrum quod sonat in auribus nec quando uoce profertur nec quando silentio cogitatur. omnium namque sonantium uerba linguarum etiam in silentio cogitantur, et carmina percurruntur animo tacente ore corporis, nec solum numeri syllabarum uerum etiam modi cantilenarum cum sint corporales et ad eum qui uocatur auditus sensum corporis pertinentes per incorporeas quasdam imagines suas praesto sunt cogitantibus et tacite cuncta ista uoluentibus. sed transeunda sunt haec ut ad illud perueniatur hominis uerbum per cuius qualemcumque similitudinem sicut in aenigmate uideatur utcumque dei uerbum. non illud quod factum est ad illum uel illum prophetam (et de quo dictum est: uerbum autem dei crescebat et multiplicabatur, et de quo iterum dictum est: igitur fides ex auditu, auditus autem per uerbum Christi, et iterum: cum accepissetis a nobis uerbum auditus dei, accepistis non ut uerbum hominum sed sicuti est uere uerbum dei. et innumerabilia similiter in scripturis dicuntur de dei uerbo quod in sonis multarum diuersarumque linguarum per corda et ora disseminatur humana. ideo autem uerbum dei dicitur quia doctrina diuina traditur, non humana). sed illud uerbum dei quaerimus qualitercumque per hanc similitudinem nunc uidere de quo dictum est: deus erat uerbum; de quo dictum est: omnia per ipsum facta sunt; de quo dictum est: et uerbum caro factum est; de quo dictum est: fons sapientiae uerbum dei in excelsis.
25 Act 6,7 26-27 Rm 10,17 27-29 1Th 2,13 34 Io 1,1 35 Io 1,3 36 Io 1,14 36-37 Ecli 1,5
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Fleisch geworden, aber ferne sei es, daß es in das Fleisch verwandelt wurde. Durch seine Annahme also, nicht durch die Weggabe seiner selbst in das Fleisch wurde sowohl dieses unser Wort Laut wie jenes Fleisch. Wer immer also eine wenngleich ferne und in vielem unähnliche Ähnlichkeit mit dem Wort Gottes aufzufinden begehrt, der schaue nicht auf unser Wort, das in den Ohren erklingt, weder wenn es im Laut hervorgebracht noch wenn es im Schweigen gedacht wird. Denn die Wörter aller ertönenden Sprachen werden auch im Schweigen gedacht, und Lieder ziehen durch die Seele, auch wenn der Mund des Leibes schweigt; nicht allein die Rhythmen der Silben, sondern auch die Weisen der Melodie sind, obgleich sie körperlich sind und zu jenem Sinn des Körpers gehören, den Gehör genannt wird, doch durch eine Art unkörperlicher Bilder gegenwärtig, wenn man sie denkt und schweigend sie alle hin und her wendet.106 Doch wir wollen über diese Dinge hinausschreiten, um zu jenem Wort des Menschen zu gelangen, durch dessen wie immer geartete Ähnlichkeit wie in einem Rätsel das Wort Gottes wenn auch nur von ferne gesehen wird. Nicht jenes, das an diesen oder jenen Propheten erging (und von dem es heißt: »Das Wort Gottes aber wuchs und mehrte sich,« von dem es wiederum heißt; »Der Glaube also kommt vom Hören, das Hören aber durch das Wort Christi,« und wiederum: »Als ihr die Predigt des Wortes Gottes von uns empfangen habt, da habt ihr es angenommen nicht als Menschenwort, sondern – was sie ja auch wahrhaftig ist – als Gotteswort.« Unzählige Male wird in ähnlicher Weise in der Heiligen Schrift vom Wort Gottes gesprochen, das in den Klanglauten vieler und verschiedener Sprachen durch menschliche Herzen und Münder verbreitet wird. Wort Gottes aber heißt es deshalb, weil da eine göttliche Lehre überliefert wird, nicht eine menschliche). Sondern jenes Wort Gottes suchen wir jetzt durch diese Ähnlichkeit wie auch immer zu sehen, von dem es heißt: »Gott war das Wort,« von dem es heißt: »Alles ist durch es geworden,« von dem es heißt: »Das Wort ist Fleisch geworden,« von dem es heißt: »Quell der Weisheit ist das Wort Gottes in der Höhe.«
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perueniendum est ergo ad illud uerbum hominis, ad uerbum rationalis animantis, ad uerbum non de deo natae sed a deo factae imaginis dei, quod neque prolatiuum est in sono neque cogitatiuum in similitudine soni quod alicuius linguae esse necesse sit, sed quod omnia quibus significatur signa praecedit et gignitur de scientia quae manet in animo quando eadem scientia intus dicitur sicuti est. simillima est enim uisio cogitationis uisioni scientiae. nam quando per sonum dicitur uel per aliquod corporale signum, non dicitur sicuti est sed sicut potest uideri audiriue per corpus. quando ergo quod est in notitia hoc est in uerbo, tunc est uerum uerbum et ueritas qualis exspectatur ab homine ut quod est in ista, hoc sit et in illo; quod non est in ista, non sit et in illo. hic agnoscitur: est, est; non, non. sic accedit quantum potest ista similitudo imaginis factae ad illam similitudinem imaginis natae qua deus filius patri per omnia substantialiter similis praedicatur. animaduertenda est in hoc aenigmate etiam ista uerbi dei similitudo quod sicut de illo uerbo dictum est: omnia per ipsum facta sunt, ubi deus per unigenitum uerbum suum praedicatur uniuersa fecisse, ita hominis opera nulla sunt quae non prius dicantur in corde. unde scriptum est: initium omnis operis uerbum. sed etiam hic cum uerum uerbum est, tunc est initium boni operis. uerum autem uerbum est cum de scientia bene operandi gignitur ut etiam ibi seruetur: est, est; non, non, ut si est in ea scientia qua uiuendum est, sit et in uerbo per quod operandum est; si non, non; alioquin mendacium erit uerbum tale, non ueritas, et inde peccatum, non opus rectum. est et haec in iste similitudine uerbi nostri similitudo uerbi dei quia potest esse uer-
50 Mt 5,37 55-56 Io 1,3 / Io 1,3; 1,14 56 Symb. Nicaen. 6 57-59 Ecli 37,20 61 Mt 5,37
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Hinzugelangen gilt es also zu jenem menschlichen Wort, zum Wort des verstandesbegabten Lebewesens, zum Wort des nicht von Gott geborenen, sondern von Gott geschaffenen Bildes Gottes, das weder im Lautklang hervorgebracht, noch in der Ähnlichkeit des Lautklanges gedacht ist, was alles notwendigerweise in einer bestimmten (gesprochenen) Sprache geschieht, sondern das allen Zeichen, mit denen es bezeichnet wird, vorangeht und vom Wissen, das in der Seele bleibt, gezeugt wird, wenn eben dieses Wissen innerlich ausgesprochen wird, wie es ist. Ganz ähnlich ist nämlich das Sehen des Denkens dem Sehen des Wissens. Wenn nämlich das Wissen durch einen Klanglaut gesprochen wird oder durch irgendein körperliches Zeichen, dann wird es nicht gesprochen, wie es ist, sondern wie es durch den Leibessinn gesehen oder gehört werden kann. Wenn also, was im Wissen ist, im Wort ist, dann ist es ein wahres Wort und die Wahrheit, die vom Menschen erwartet wird, so daß, was im Wissen ist, auch im Wort ist; was nicht in jenem ist, das ist auch nicht in diesem. So wird erkannt: »Ja, ja, nein, nein.« In dieser Weise kommt, so gut es möglich ist, die Ähnlichkeit des geschaffenen Bildes an die Ähnlichkeit des geborenen Bildes heran, in dem Gott der Sohn dem Vater durch die Einheit der Substanz in allem ähnlich ist. Zu beachten ist in diesem Rätsel auch folgende Ähnlichkeit mit dem Wort Gottes, wenn es von diesem Wort heißt: »Alles ist durch es geworden,« da Gott nach unserem Bekenntnis durch sein eingeborenes Wort das gesamte All geschaffen hat, deshalb gibt es auch keine menschlichen Werke, die nicht vorher im Herzen gesprochen werden. Daher steht geschrieben: »Der Anfang eines jeglichen Werkes ist das Wort.« Wenn das auch noch ein wahres Wort ist, dann ist es der Anfang eines guten Werkes. Wahr aber ist das Wort, wenn es vom Wissen, gut zu handeln, gezeugt wird, so daß auch hier die Mahnung erfüllt wird: »Ja, ja, nein, nein.« Ist Ja in dem Wissen, aus dem heraus zu leben ist, dann soll es auch in dem Wort sein, durch welches das Werk zu vollbringen ist. Wenn Nein, Nein. Sonst wird ein solches Wort Lüge, nicht Wahrheit sein, und daher Sünde, kein rechtes Werk. Denn auch in der Ähnlichkeit unseres Wortes findet sich die
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bum nostrum quod non sequatur opus; opus autem esse non potest nisi praecedat uerbum sicut uerbum dei potuit esse nulla exsistente creatura; creatura uero nulla esse posset nisi per ipsum per quod facta sunt omnia. ideoque non deus pater, non spiritus sanctus, non ipsa trinitas, sed solus filius quod est uerbum dei caro factum est quamuis trinitate faciente, ut sequente atque imitante uerbo nostro eius exemplum recte uiueremus, hoc est nullum habentes in uerbi nostri uel contemplatione uel operatione mendacium. uerum haec huius imaginis est quandoque futura perfectio. ad hanc consequendam nos erudit magister bonus fide christiana pietatisque doctrina ut reuelata facie a legis uelamine quod est umbra futurorum gloriam domini speculantes, per speculum scilicet intuentes, in eandem imaginem transformemur de gloria in gloriam tamquam a domini spiritu secundum superiorem de his uerbis disputationem. [11. 21] cum ergo hac transformatione ad perfectum fuerit haec imago renouata similes deo erimus quoniam uidebimus eum non per speculum sed sicuti est, quod dicit Paulus apostolus, facie ad faciem. nunc uero in hoc speculo, in hoc aenigmate, in hac qualicumque similitudine quanta sit etiam dissimilitudo quis potest explicare? attingam tamen aliqua ut ualeo quibus id possit aduerti. [12. 21] primo ipsa scientia de qua ueraciter cogitatio nostra formatur quando quae scimus loquimur, qualis aut quanta potest homini prouenire quamlibet peritissimo atque doctissimo? exceptis enim quae in animum ueniunt a sensibus corporis in quibus tam multa aliter sunt quam uidentur ut eorum uerisimilitudine nimium constipatus sanus sibi uideatur esse qui insanit – unde
70-71 Io 1,14 76-79 2Cor 3,18 80 De trin. XIV, 17,23 81-83 1Io 3,2 84 1Cor 13,12
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Ähnlichkeit des Wortes Gottes, weil es unser Wort geben kann, ohne daß ihm ein Werk folgt; kein Werk aber kann geschehen, wenn ihm nicht ein Wort vorausgeht, wie das Wort Gottes bestehen konnte, ohne daß ein Geschöpf existierte, während kein Geschöpf sein kann außer durch das Wort, durch das alles geworden ist. So ist nicht Gott Vater, nicht der Heilige Geist, nicht die Dreieinheit selbst, sondern allein der Sohn, der das Wort Gottes ist, Fleisch geworden, obgleich die Dreieinheit dies wirkte, damit unser Wort seinem Beispiel nachfolge und es nachahme, auf daß wir recht leben, das heißt weder in der Betrachtung noch in der Äußerung unseres Wortes Lüge haben. Aber das ist einmal die zukünftige Vollendung dieses Bildes. Sie zu erreichen unterweist uns der gute Meister im christlichen Glauben und in der Wissenschaft der Frömmigkeit, damit wir mit dem vom Schleier des Gesetzes, das der Schatten des Zukünftigen ist, »entblößten Antlitz die Herrlichkeit des Herrn schauen«, das heißt im Spiegel erblicken, »so daß wir in das gleiche Bild umgestaltet werden, von Herrlichkeit zu Herrlichkeit, eben durch den Geist des Herrn«, wie wir diese Worte weiter oben erörtert haben. [11. 21] Wenn also durch diese Umgestaltung das Bild zu seinem Vollendungszustand erneuert sein wird, dann werden wir Gott ähnlich sein, weil wir ihn sehen werden nicht im Spiegel, sondern wie er ist, was der Apostel Paulus mit dem Wort »Von Angesicht zu Angesicht« aussagt. Wer vermag jetzt aber zu erklären, welche große Unähnlichkeit zugleich in diesem Spiegel, in diesem Rätsel, in dieser wie immer gearteten Ähnlichkeit ist? Ich will jedoch, so gut ich es vermag, einiges berühren, damit man sich dem zuwende. [12. 21] Erstlich, wie beschaffen und wie umfangreich ist das Wissen, von dem unser Denken wahrhaft geformt wird, wenn wir sprechen, was wir denken, das vom Menschen, und zwar vom kundigsten und gelehrtesten, erworben werden kann? Wenn wir nämlich von dem absehen, was von den Leibessinnen her in die Seele kommt – worunter so vieles anders ist, als es scheint, so daß, wer durch seine Wahrscheinlichkeit allzusehr
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Academica philosophia sic inualuit ut de omnibus dubitans multo miserius insaniret –, his ergo exceptis quae a corporis sensibus in animum ueniunt, quantum rerum remanet quod ita sciamus sicut nos uiuere scimus? in quo prorsus non metuimus ne aliqua uerisimilitudine forte fallamur quoniam certum est etiam eum qui fallitur uiuere, nec in eis uisis habetur hoc quae obiciuntur extrinsecus ut in eo sic fallatur oculus quemadmodum fallitur cum in aqua remus uidetur infractus et nauigantibus turris moueri et alia sexcenta quae aliter sunt quam uidentur, quia nec per oculum carnis hoc cernitur. intima scientia est qua nos uiuere scimus ubi ne illud quidem Academicus dicere potest: fortasse dormis et nescis et in somnis uides. uisa quippe somniantium simillima esse uisis uigilantium quis ignorat? sed qui certus est de suae uitae scientia non in ea dicit: scio me uigilare, sed: scio me uiuere. siue ergo dormiat siue uigilet, uiuit. nec in ea scientia per somnia falli potest quia et dormire et in somnis uidere uiuentis est. nec illud potest Academicus aduersus istam scientiam dicere: furis fortassis et nescis quia sanorum uisis simillima sunt etiam uisa furentium, sed qui furit uiuit. nec contra Academicos dicit: scio me non furere, sed: scio me uiuere. numquam ergo falli nec mentiri potest qui se uiuere dixerit scire. mille itaque fallacium uisorum genera obiciantur ei qui dicit: scio me uiuere. nihil horum timebit quando et qui fallitur uiuit. sed si talia sola pertinent ad humanam scientiam, perpauca sunt nisi quia in unoquoque genere ita multiplicantur ut non
7-15 Cic., Acad. II,6,18; Aug., c. Acad. II,5,11; III,11,26; Conf., V,10,19; 14,25 18-20 Cic., Acad. II, 17,52 20-30 De civ. dei 11,26
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beeindruckt ist, sich gesund vorkommt, während er verrückt ist (deshalb hat die akademische Philosophie so sehr sich im Recht geglaubt, daß sie, an allem zweifelnd, noch einem viel elenderen Wahn verfiel)107 –, wenn wir also von dem absehen, was von den Leibessinnen her in die Seele kommt, wieviele Dinge sind es denn da noch, von denen wir ein solches Wissen haben wie von der Tatsache, daß wir leben? Hier fürchten wir durchaus nicht, daß wir durch irgendeine Wahrscheinlichkeit getäuscht werden, da gewiß ist, daß auch der, welcher sich täuscht, lebt. Bei diesem Sehen stellt sich auch nicht ein, was draußen begegnet, daß sich nämlich hier das Auge in der Weise täuscht, wie es sich täuscht, wenn das Ruder im Wasser gebrochen erscheint, und wenn es den Seefahrern so vorkommt, als ob die Türme sich bewegten, und bei unzähligen anderen Dingen, die anders sind, als sie erscheinen, denn hier sieht man nicht mit den Augen des Fleisches. Das innerste Wissen ist es, durch das wir wissen, daß wir leben. Da kann nicht einmal einer dieser Akademiker sagen: ›Vielleicht schläfst du und weißt es nicht und siehst nur in Träumen‹. Wer wüßte nicht, daß die Sehweisen der Träumenden den Sehweisen der Wachenden ganz ähnlich sind? Aber wer gewiß ist über das Wissen um sein Leben, sagt darin nicht: ›Ich weiß, daß ich wache‹, sondern: ›Ich weiß, daß ich lebe‹. Ob er also schläft oder wacht, er lebt. In diesem Wissen kann er auch nicht durch Träume getäuscht werden; denn auch das Schlafen und das Leben im Traum ist Werk eines Lebenden. Gegen dieses Wissen kann auch kein Akademiker einwenden: ›Vielleicht bist du wahnsinnig und weißt es nicht; denn die Sehweisen der Wahnsinnigen sind den Sehweisen der Gesunden ganz ähnlich. Aber wer wahnsinnig ist, lebt‹. Und er sagt gegen die Akademiker nicht: ›Ich weiß, daß ich nicht wahnsinnig bin‹, sondern: ›Ich weiß, daß ich lebe‹. Nie also kann sich täuschen oder lügen, wer sagt, er wisse, daß er lebe. Tausend Arten trügerischen Sehens mögen also dem, der sagt: ›Ich weiß, daß ich lebe‹, vorgehalten werden. Nichts davon wird er fürchten, da auch der, der sich täuscht, lebt. Aber wenn nur Derartiges zum Bereich des menschlichen Wissens gehört, so ist dies sehr klein, es sei denn, es vervielfälti-
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solum pauca non sint, uerum etiam reperiantur per infinitum numerum tendere. qui enim dicit: scio me uiuere, unum aliquid scire se dicit. proinde si dicat: scio me scire me uiuere, duo sunt. iam hoc uero quod scit haec duo tertium scire est. sic potest addere et quartum et quintum et innumerabilia si sufficiat. sed quia innumerabilem numerum uel comprehendere singula addendo uel dicere innumerabiliter non potest. hoc ipsum certissime comprehendit ac dicit, et uerum hoc esse et tam innumerabile ut uerbi eius infinitum numerum non possit comprehendere ac dicere. hoc et in uoluntate certa similiter aduerti potest. quis est enim cui non impudenter respondeatur, forte falleris, dicenti: uolo beatus esse? et si dicat: scio me hoc uelle et hoc me scire scio, iam his duobus et tertium potest addere quod haec duo sciat; et quartum quod haec duo scire se sciat, et similiter in infinitum numerum pergere. item si quispiam dicat: errare nolo, nonne siue erret siue non erret, errare tamen eum nolle uerum erit? quis est qui huic non impudentissime dicat: forsitan falleris, cum profecto ubicumque fallatur, falli se tamen nolle non fallitur. et si hoc scire se dicat, addit quantum uult rerum numerum cognitarum et numerum esse perspicit infinitum. qui enim dicit: nolo me falli et hoc me nolle scio et hoc me scire scio, iam etsi non commoda elocutione potest hinc infinitum numerum ostendere. et alia reperiuntur quae aduersus Academicos ualeant qui nihil ab homine sciri posse contendunt. sed modus adhibendus est praesertim quia opere isto non hoc suscepimus. sunt inde libri tres nostri primo nostrae conuersio-
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ge sich in jedem Gebiet so, daß es nicht nur nicht gering ist, sondern sich auch herausstellt, daß es in algebraisch Unendliche strebt. Wer nämlich sagt: ›Ich weiß, daß ich lebe‹, sagt damit, daß er etwas weiß. Wenn er mithin sagt: ›Ich weiß, daß ich weiß, daß ich lebe‹, so sind das zwei (Evidenzen). Daß er aber diese zwei weiß, ist schon ein drittes Wissen. So kann man auch ein viertes, ein fünftes hinzufügen und unzählige mehr, wenn hierzu die Kräfte ausreichen. Weil er aber eine unzählbare Zahl, indem er eins zum anderen hinzufügt, nicht zu erfassen, noch sie in unzählbarer Weise auszusprechen vermag, so erfaßt er doch und bringt diesen Sachverhalt ganz gewiß zum Ausdruck, und daß dies wahr ist und so unzählbar, daß er die unendliche Zahl seines Wortes nicht zu erfassen und auszusagen vermag. Das läßt sich ähnlich auch an der Gewißheit des Willens bemerken. Wer nämlich würde nicht die Antwort: ›Vielleicht täuschst du dich‹, als Unverschämtheit empfinden, wenn er sagt: ›Ich will glücklich sein‹? Und wenn er sagt: ›Ich weiß, daß ich dies will, und ich weiß, daß ich dies weiß‹, so kann er diesem zweifachen Wissen als drittes hinzufügen, daß er auch um dieses zweifache Wissen weiß, und als viertes, daß er weiß, daß er diese zwei Gegenstände weiß, und ähnlich ins Unendliche fortfahren. Ist es ebenso, wenn jemand sagt: ›Ich will mich nicht irren‹, wahr, daß er, mag er sich irren oder mag er sich nicht irren, sich doch nicht irren will? Wäre es nicht unverschämt, wenn man ihm sagte: ›Vielleicht täuschst du dich‹, wo er doch in der Tat, mag er sich täuschen wie immer, darin sich nicht täuscht, daß er sich nicht täuschen will? Und wenn er sagt, daß er dies weiß, dann fügt er eine beliebig große Zahl erkannter Gegenstände hinzu und sieht, daß es eine unendliche Zahl ist. Wer nämlich sagt: ›Ich will mich nicht täuschen, und ich weiß, daß ich dies nicht will, und ich weiß, daß ich dies weiß‹, kann auch schon von hier aus, wenn auch nicht in gefälliger Redeweise, auf die Unendlichkeit der Zahl hinweisen. Es läßt sich noch anderes finden, was gegen die Akademiker gilt, die behaupten, der Mensch könne gar nichts wissen. Aber hier gilt es, Beschränkung zu üben, zumal ich diese Frage in diesem Werk zu behandeln mir nicht vorgenommen habe.
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nis tempore scripti, quos qui potuerit et uoluerit legere lectosque intellexerit, nihil eum profecto quae ab eis contra perceptionem ueritatis argumenta multa inuenta sunt permouebunt. cum enim duo sint genera rerum quae sciuntur, unum earum quae per sensum corporis percipit animus, alterum earum quae per se ipsum, multa illi philosophi garrierunt contra corporis sensus; animi autem quasdam firmissimas per se ipsum perceptiones rerum uerarum, quale illud est quod dixi: scio me uiuere, nequaquam in dubium uocare potuerunt. sed absit a nobis ut ea quae per sensus corporis didicimus uera esse dubitemus. per eos quippe didicimus caelum et terram et ea quae in eis nota sunt nobis quantum ille qui et nos et ipsa condidit innotescere nobis uoluit. absit etiam ut scire nos negemus quae testimonio didicimus aliorum; alioquin esse nescimus Oceanum; nescimus esse terras atque urbes quas celeberrima fama commendat; nescimus fuisse homines et opera eorum quae historica lectione didicimus; nescimus quae quotidie undecumque nuntiantur et indiciis consonis constantibusque firmantur; postremo nescimus in quibus locis uel ex quibus hominibus fuerimus exorti, quia haec omnia testimoniis credidimus aliorum. quod si absurdissimum est dicere, non solum nostrorum uerum etiam et alienorum corporum sensus plurimum addidisse nostrae scientiae confitendum est. [12. 22] haec igitur omnia, et quae per se ipsum et quae per sensus sui corporis et quae testimoniis aliorum percepta scit animus humanus, thesauro memoriae condita tenet. ex quibus gignitur uerbum uerum quando quod scimus loquimur, sed uerbum ante omnem sonum, ante omnem cogitationem soni. tunc enim est uerbum simillimum rei notae, de qua gignitur et imago
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Darüber gibt es drei Bücher von uns, die in der Frühzeit unserer Bekehrung verfaßt sind.108 Wer sie lesen und bei der Lektüre verstehen kann und will, auf den werden in der Tat die von jenen erfundenen vielfältigen Beweise gegen das Begreifen der Wahrheit keinen Eindruck mehr machen. Da es nämlich für unser Wissen zwei Arten von Dingen gibt, solche, welche die Seele durch die Leibessinne wahrnimmt, und solche, welche sie durch sich selbst wahrnimmt, so haben jene Philosophen vieles gegen die Leibessinne geplappert; was aber die allergewissesten Erkenntnisse wahrer Dinge des Geistes durch sich selbst angeht, wozu gehört, daß ich sage ›Ich weiß, daß ich lebe‹, so haben sie das in keiner Weise in Zweifel zu ziehen vermocht. Ferne aber sei es uns, daß wir daran zweifeln, daß das, was wir durch die Leibessinne gelernt haben, wahr ist!109 Denn durch sie haben wir Himmel und Erde und das, was uns in ihnen bekannt ist, erfahren, soweit der, der uns und sie schuf, es uns bekannt werden lassen wollte. Ferne sei es auch, daß wir zu wissen leugnen, was wir durch das Zeugnis anderer erfahren haben! Sonst wüßten wir nicht, daß es einen Ozean gibt, sonst wüßten wir nicht, daß es Länder und Städte gibt, die ihr glänzender Ruf empfiehlt. Wir wüßten nicht, daß es die Menschen gab und ihre Werke, von denen wir aus der Lektüre von Geschichtsbüchern erfuhren – wir wüßten nicht, was Tag für Tag von irgendwoher gemeldet und durch die übereinstimmenden Angaben der Zeugen bestätigt wird – schließlich wüßten wir nicht, wo und von wem wir geboren wurden, da wir dies alles dem Zeugnis anderer geglaubt haben. Ist es aber ganz unsinnig, dies zu leugnen, so müssen wir gestehen, daß nicht nur unsere, sondern auch fremde Leibessinne unserem Wissen überaus viel hinzugefügt haben. [12. 22] Dies alles also, was der menschliche Geist entweder durch sich selbst oder durch die Sinne seines Leibes oder durch das Zeugnis anderer erfaßt hat und weiß, hält er in der Schatzkammer der Erinnerung verwahrt. Daraus wird das wahre Wort gezeugt, wenn wir, was wir wissen, aussprechen, aber jenes Wort vor jeglichem Klanglaut, vor jeglichem Denken eines Klanglautes. Dann nämlich ist das Wort der gewußten Sache, von der auch ihr Bild gezeugt wird, ganz ähnlich, da ja aus der Schau des
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eius quoniam de uisione scientiae uisio cogitationis exoritur, quod est uerbum linguae nullius, uerbum uerum de re uera, nihil de suo habens sed totum de illa scientia de qua nascitur. nec interest quando id didicerit qui quod scit loquitur – aliquando enim statim ut discit hoc dicit –. dum tamen uerbum sit uerum, id est de notis rebus exortum. [13. 22] sed numquid deus pater de quo natum est uerbum de deo deus, numquid ergo deus pater in ea sapientia quod est ipsa sibi alia didicit per sensum corporis sui, alia per se ipsum? quis hoc dicat qui non animal rationale sed supra animam rationalem deum cogitat quantum ab eis cogitari potest qui eum omnibus animalibus et omnibus animis praeferunt, quamuis per speculum et in aenigmate coniciendo uideant, nondum facie ad faciem sicuti est? numquid deus pater ea ipsa quae non per corpus quod ei nullum est sed per se ipsum scit aliunde ab aliquo didicit aut nuntiis uel testibus ut ea sciret indiguit? non utique. ad omnia quippe scienda quae scit sufficit sibi illa perfectio. habet quidem nuntios, id est angelos, non tamen qui ei quae nescit annuntient – non enim sunt ulla quae nesciat –, sed bonum eorum est de operibus suis eius consulere ueritatem, et hoc est quod ei dicuntur nonnulla nuntiare, non ut ipse ab eis discat sed ut ab illo ipsi per uerbum eius sine corporali sono. nuntiant etiam quod uoluerit ab eo missi ad quos uoluerit totum ab illo per illud uerbum eius audientes, id est in eius ueritate inuenientes quid sibi faciendum, quid, quibus, quando nuntiandum sit. nam et nos oramus eum, nec tamen necessitates nostras docemus eum. nouit enim, ait uerbum eius, pater uester quid uobis
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Wissens die Schau des Denkens entspringt, was das keiner Sprache angehörige Wort ist, das wahre Wort eines wahren Inhalts, nichts aus eigenem besitzend, sondern alles von jenem Wissen, von dem es geboren ist. Es ist dabei nicht von Bedeutung, wann dies Wissen lernte, wer, was er weiß, ausspricht (manchmal nämlich spricht er, so wie er lernt, dies sogleich aus), wenn es nur ein wahres Wort ist, das heißt von gewußten Dingen stammt.110 [13. 22] Hat indes Gott Vater, von dem das Wort geboren ist, als Gott von Gott, hat Gott Vater in jener Weisheit, die er sich selbst ist, das eine durch den Sinn seines Leibes, das andere durch sich selbst erfahren? Wer möchte so etwas behaupten, wenn er Gott nicht als ein verstandesbegabtes Lebewesen, sondern als ein Wesen jenseits der verstandesbegabten Seele denkt, soweit Gott von denen gedacht werden kann, die ihm vor allen Lebewesen und allen Seelen den Vorrang einräumen, obgleich sie ihn nur im Spiegel und Rätsel durch Mutmaßung schauen, noch nicht aber von Angesicht zu Angesicht sehen, wie er ist?111 Hat etwa Gott Vater das, was er nicht durch den Leib (den er nicht hat) weiß, sondern durch sich selbst, anderswo von jemand anderem erfahren oder der Boten und Zeugen bedurft, um es zu erkennen? Sicherlich nicht. Für das gesamte Wissen, das er besitzt, genügt ihm ja seine Vollkommenheit. Er hat zwar Boten, nämlich die Engel, nicht jedoch, damit sie ihm, was er nicht weiß, melden (es gibt ja schlechthin nichts, was er nicht weiß), sondern ihr Gutsein besteht darin, Gottes eigene Wahrheit über seine Werke zu befragen; und das wird gemeint, wenn es von ihnen heißt, daß sie manches melden, nicht als ob er es von ihnen erfahren würde, sondern weil sie es durch sein Wort ohne körperlichen Klanglaut erfahren. Sie melden auch, was er will, wenn sie von ihm zu jenen gesandt werden, die er hierfür mit seinem Willen bestimmt, indem sie das Ganze von ihm durch sein Wort hören, das heißt in seiner Wahrheit finden, was sie zu tun, was sie, wem und wann sie zu melden haben. Auch wir beten zu ihm, lehren ihn jedoch nicht unsere Bedürfnisse. »Es weiß ja«, so sagt sein Wort, »euer Vater, was euch
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necessarium sit priusquam petatis ab eo. nec ista ex aliquo tempore cognouit ut nosset, sed futura omnia temporalia atque in eis etiam quid et quando ab illo petituri fueramus et quos et de quibus rebus uel exauditurus uel non exauditurus esset sine initio ante praesciuit. uniuersas autem creaturas suas et spiritales et corporales non quia sunt ideo nouit, sed ideo sunt quia nouit. non enim nesciuit quae fuerat creaturus. quia ergo sciuit creauit, non quia creauit sciuit. nec aliter ea sciuit creata quam creanda; non enim eius sapientiae aliquid accessit ex eis, sed illis exsistentibus sicut oportebat et quando oportebat illa mansit ut erat. ita et scriptum est in libro ecclesiastico: antequam crearentur omnia nota sunt illi, sic et postquam consummata sunt. sic, inquit, non aliter; et antequam crearentur et postquam consummata sunt sic ei nota sunt. longe est igitur huic scientiae scientia nostra dissimilis. quae autem scientia dei est ipsa et sapientia, et quae sapientia ipsa essentia siue substantia quia in illius naturae simplicitate mirabili non est aliud sapere, aliud esse, sed quod est sapere hoc est et esse sicut et in superioribus libris saepe iam diximus. nostra uero scientia in rebus plurimis propterea et amissibilis est et receptibilis quia non hoc est nobis esse quod scire uel sapere, quoniam esse possumus etiam si nesciamus neque sapiamus ea quae aliunde didicimus. propter hoc sicut nostra scientia illi scientiae dei, sic et nostrum uerbum quod nascitur de nostra scientia dissimile est illi uerbo dei quod natum est de patris essentia. (tale est autem ac si dicerem, de patris scientia, de patris sapientia; uel quod est expressius, de patre scientia, de patre sapientia).
32-33 Ecli 23,29 34-35 Ecli 23,29
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nötig ist, bevor ihr etwas von ihm verlangt.« Er hat es nicht erst von einer bestimmten Zeit an erkannt, so daß er es nun weiß, sondern alle künftigen Zeiten und in ihnen auch, was wir von ihm erbitten würden, und wann wir es erbitten würden, sowie wem und in welchen Angelegenheiten er Erhörung gewähren und versagen werde, wußte er ohne zeithaften Beginn schon im voraus. Alle seine Geschöpfe insgesamt, die geistigen und die körperlichen, kennt er nicht, weil sie sind, sondern sie sind, weil er sie kennt.112 Nicht war ihm nämlich unbekannt, was er erschaffen werde. Weil er also wußte, schuf er; nicht weil er schuf, wußte er. Nicht anders wußte er die Dinge als erschaffene denn als zu erschaffende; nicht hat nämlich seine Weisheit von den Dingen einen Zuwachs erhalten, sondern sie ist, als diese ihr Dasein begannen, wie sie mußten und als sie mußten, geblieben, wie sie war. So steht ja auch im Buch Ekklesiastikus geschrieben: »Alles ist ihm, bevor es geschaffen wurde, bekannt und ebenso auch, wenn es vollendet ist.« ›Ebenso‹, sagt er, nicht anders; und ›es ist ihm bekannt, bevor es erschaffen wurde und wenn es vollendet ist‹. Ganz unähnlich also ist diesem Wissen unser Wissen. Was aber das Wissen Gottes ist, eben das ist auch Weisheit, und was die Weisheit ist, eben das ist sein Wesen oder seine Substanz, weil in der wunderbaren Einfachheit seiner Natur nicht etwas anderes ist, weise zu sein, und etwas anderes (zu) sein, sondern dies Weisesein ist auch das Sein, wie wir in den vorhergehenden Büchern schon oft gesagt haben. Unser Wissen jedoch ist hinsichtlich der meisten Inhalte deswegen sowohl verlierbar wie erwerbbar, weil für uns (zu) sein nicht dasselbe ist wie zu wissen oder weise zu sein, da wir ja sein können, auch wenn wir die Dinge, die wir von anderswoher erfahren haben, weder wissen noch wirklich verstehen.113 Deshalb ist, wie unser Wissen dem Wissen Gottes, so unser Wort, das von jenem Wissen geboren wird, dem Wort Gottes unähnlich, das vom Wesen des Vaters geboren ist. (Das bedeutet soviel, wie wenn ich sagen würde: ›vom Wissen des Vaters, von der Weisheit des Vaters‹ oder, um mich genauer auszudrücken: vom ›Vater-Wissen, von der VaterWeisheit‹.)
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[14. 23] uerbum ergo dei patris unigenitus filius per omnia patri similis et aequalis, deus de deo, lumen de lumine, sapientia de sapientia, essentia de essentia, est hoc omnino quod pater non tamen pater quia iste filius, ille pater. ac per hoc nouit omnia quae nouit pater, sed ei nosse de patre est sicut esse. nosse enim et esse ibi unum est. et ideo patri sicut esse non est a filio ita nec nosse. proinde tamquam se ipsum dicens pater genuit uerbum sibi aequale per omnia. non enim se ipsum integre perfecteque dixisset si aliquid minus aut amplius esset in eius uerbo quam in ipso. ibi summe illud agnoscitur, est, est; non, non. et ideo uerbum hoc uere ueritas est quoniam quidquid est in ea scientia de qua est genitum et in ipso est; quod autem in ea non est nec in ipso est. et falsum habere aliquid hoc uerbum numquam potest quia immutabiliter sic se habet ut se habet de quo est. non enim potest filius a se facere quidquam nisi quod uiderit patrem facientem. potenter hoc non potest, nec est infirmitas ista sed firmitas quia falsa esse non potest ueritas. nouit itaque omnia deus pater in se ipso, nouit in filio, sed in se ipso tamquam se ipsum, in filio tamquam uerbum suum quod est de his omnibus quae sunt in se ipso. omnia similiter nouit et filius, in se scilicet tamquam ea quae nata sunt de his quae pater nouit in se ipso, in patre autem tamquam ea de quibus nata sunt quae ipse filius nouit in se ipso. sciunt ergo inuicem pater et filius, sed ille gignendo, ille nascendo. et omnia quae sunt in eorum scientia, in eorum sapientia, in eorum essentia unusquisque eorum simul uidet, non particulatim aut singillatim uelut alternante conspectu hinc illuc et inde huc et rursus inde uel inde in aliud atque aliud ut aliqua uidere non possit nisi non uidens alia, sed ut dixi simul omnia uidet quorum nullum est quod non semper uidet. [14. 24] uerbum autem nostrum, illud quod non habet sonum neque cogitationem soni, sed eius rei quam uidendo intus dici-
2 Symb. Nicaen. 8 10 Mt 5,37; Iac 5,12 14-16 Io 5,19
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[14. 23] Das Wort Gottes des Vaters ist also der eingeborene Sohn, in allem dem Vater ähnlich und gleich, Gott von Gott, Licht vom Licht, Weisheit von Weisheit, Wesen von Wesen, es ist genau das, was der Vater, jedoch nicht Vater, weil er Sohn, jener Vater ist. Deshalb kennt es alles, was der Vater kennt. Aber es hat sein Wissen wie auch sein Sein vom Vater. Wissen und Sein nämlich ist dort eines. Wie daher der Vater sein Sein nicht vom Sohn hat, so auch nicht sein Wissen. Mithin zeugte der Vater, indem er gleichsam sich selbst aussprach, sein ihm in allem gleiches Wort. Er hätte sich nämlich nicht vollständig und vollkommen ausgesprochen, wenn er weniger oder mehr in seinem Wort ausgesprochen hätte, als in ihm ist. Hier wird im höchsten Maße erkannt: »Ja, ja; nein, nein.« Deshalb ist dies Wort wahrhaft Wahrheit, weil, was immer in dem Wissen ist, von dem es gezeugt wurde, das ist auch in ihm; was aber in jenem nicht ist, das ist auch nicht in ihm. Einen falschen Inhalt kann dies Wort nie haben, weil es sich unwandelbar so verhält, wie sich jener verhält, von dem es ist. »Nicht« nämlich »kann der Sohn etwas von sich tun, außer was er den Vater tun sieht.« Vermag er das, fähig dazu, nicht, dann ist das nicht Schwäche, sondern Stärke, weil die Wahrheit nicht falsch sein kann. Alles weiß daher Gott Vater in sich selbst, alles weiß er im Sohn, in sich selbst aber wie sich selbst, im Sohn wie sein Wort, das von all dem gezeugt ist, das im Vater selbst ist. In ähnlicher Weise weiß alles auch der Sohn, in sich selbst nämlich als das, was von dem geboren ist, das der Vater in sich weiß, im Vater aber als das, von dem geboren ist, was der Sohn in sich selbst weiß. Es kennen sich also wechselseitig Vater und Sohn, jener durch Zeugen, dieser durch Gezeugtwerden. Und alles, was in ihrem Wissen, in ihrer Weisheit, in ihrem Wesen ist, sieht jeder von ihnen gleichzeitig, nicht teilweise oder nacheinander, gleich als ginge der Blick abwechselnd bald hierhin, bald dorthin und von dorther wieder hierher, und bald zu diesem, bald zu jenem, so daß er das eine nur sehen könnte, indem er das andere nicht sieht, sondern alles sieht er, wie ich gesagt habe, zugleich, weil es nichts gibt, was er nicht immer sähe. [14. 24] Unser Wort aber, jenes, das weder einen Klanglaut noch das Denken eines Klanglautes hat, sondern das Wort eines Ge-
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mus, et ideo nullius linguae est atque inde utcumque simile est in hoc aenigmate illi uerbo dei quod etiam deus est quoniam sic et hoc de nostra nascitur quemadmodum et illud de scientia patris natum est. nostrum ergo tale uerbum quod inuenimus esse utcumque illi simile, quantum sit etiam dissimile sicut a nobis dici potuerit non pigeat intueri. [15. 24] numquid uerbum nostrum de sola scientia nostra nascitur? nonne multa dicimus etiam quae nescimus? nec dubitantes ea dicimus sed uera esse arbitrantes. quae si forte uera sunt, in ipsis rebus de quibus loquimur non in uerbo nostro uera sunt quia uerbum uerum non est nisi quod de re quae scitur gignitur. falsum est ergo isto modo uerbum nostrum non cum mentimur sed cum fallimur. cum autem dubitamus nondum est uerbum de re de qua dubitamus, sed de ipsa dubitatione uerbum est. quamuis enim non nouerimus an uerum sit unde dubitamus, tamen dubitare nos nouimus, ac per hoc cum hoc dicimus uerum uerbum est quoniam quod nouimus dicimus. quid quod etiam mentiri possumus? quod cum facimus utique uolentes et scientes falsum uerbum habemus ubi uerum uerbum est mentiri nos; hoc enim scimus. et cum mentitos non esse confitemur uerum dicimus; quod scimus enim dicimus. scimus namque nos esse mentitos. uerbum autem illud quod est deus et potentius est nobis hoc non potest. non enim potest facere quidquam nisi quod uiderit patrem facientem. et non a se ipso loquitur sed a patre illi est omne quod loquitur cum ipsum pater unice loquitur. et magna illius uerbi potentia est non posse mentiri quia non potest esse illic est et non sed est, est; non, non. at enim nec uerbum dicendum est quod uerum non est. sic ita libens assentior. quid cum uerum est uerbum nostrum et ideo
33 Io 1,1 15,17-18 Io 5,19 21 2Cor 1,19 21 Mt 5,37; Iac 5,12
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genstandes ist, den wir innen durch Sehen sprechen, und das deshalb keiner Sprache angehört und so, wie auch immer, in diesem Rätsel dem Wort Gottes ähnlich ist, das auch Gott ist, da ja auch dies unser Wort von unserem Wissen geboren, wie jenes Wort vom Wissen des Vaters geboren ist – unser so beschaffenes Wort also, das, wie wir gefunden haben, irgendwie jenem Wort ähnlich ist, ist ihm auch in hohem Maße unähnlich – es möge niemand verdrießen einzusehen, wie das von uns gesagt werden konnte. [15. 24] Wird unser Wort allein von unserem Wissen geboren? Sagen wir nicht auch vieles, was wir nicht wissen? Nicht zweifelnd sagen wir es, sondern in der Annahme, es sei wahr. Wenn es vielleicht wahr ist, dann liegt seine Wahrheit in den Dingen, von denen wir sprechen, nicht in unserem Wort, weil ein Wort nur wahr ist, wenn es von dem Ding, das gewiß wird, gezeugt wird. Falsch ist also auf diese Weise unser Wort nicht, wenn wir lügen, sondern wenn wir uns täuschen. Wenn wir aber zweifeln, so ist das noch nicht ein Wort von dem Gegenstand, auf den sich unser Zweifel bezieht, sondern ein Wort von dem Zweifel selbst. Wenngleich wir nämlich nicht wissen, ob das, woran wir zweifeln, wahr ist, so wissen wir doch, daß wir zweifeln; und deshalb liegt, wenn wir dies aussprechen, ein wahres Wort vor, da wir sagen, was wir wissen. Was heißt es dann, daß wir auch lügen können? Wenn wir dies tun, dann haben wir mit Wissen und Willen ein falsches Wort, wobei es ein wahres Wort ist, daß wir lügen. Dies wissen wir nämlich. Und wenn wir gestehen, daß wir gelogen haben, dann sagen wir Wahres; wir sagen dabei nämlich, was wir wissen. Wir wissen ja, daß wir gelogen haben. Das Wort aber, das Gott ist und das mächtiger ist als wir, kann dies nicht. »Es kann« ja »nichts tun, außer was es den Vater tun sieht«. Und nicht von sich aus spricht es, sondern vom Vater hat es alles, was es verkündet, da es der Vater auf einzigartige Weise spricht; und groß ist das Vermögen dieses Wortes, so daß es nicht zu lügen vermag, weil in ihm nicht sein kann ›ja und nein‹, sondern nur ›ja, ja; nein, nein‹. ›Denn Wort ist gar nicht zu nennen, was nicht ein wahres Wort ist.‹114 Wenn es wahr ist, stimme ich ihm gerne zu. Wie ist
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recte uerbum uocatur, numquid sicut dici potest uel uisio de uisione uel scientia de scientia, ita dici potest essentia de essentia sicut illud dei uerbum maxime dicitur maximeque dicendum est? quid ita? quia non hoc est nobis esse quod nosse. multa quippe nouimus quae per memoriam quodam modo uiuunt, ita et obliuione quodam modo moriuntur, atque ideo cum illa iam non sint in notitia nostra, nos tamen sumus, et cum scientia nostra animo lapsa perierit a nobis, nos tamen uiuimus. [15. 25] illa etiam quae ita sciuntur ut numquam excidere possint quoniam praesentia sunt et ad ipsius animi naturam pertinent ut est illud quod nos uiuere scimus; manet enim hoc quamdiu animus manet, et quia semper manet animus et hoc semper manet; id ergo et si qua reperiuntur similia in quibus imago dei potius intuenda est, etiamsi semper sciuntur, tamen quia non semper etiam cogitantur, quomodo de his dicatur uerbum sempiternum, cum uerbum nostrum nostra cogitatione dicatur, inuenire difficile est. sempiternum est enim animo uiuere, sempiternum est scire quod uiuit, nec tamen sempiternum est cogitare uitam suam uel cogitare scientiam uitae suae quoniam cum aliud atque aliud coeperit, hoc desinet cogitare quamuis non desinat scire. ex quo fit ut si potest esse in animo aliqua scientia sempiterna, et sempiterna esse non potest eiusdem scientiae cogitatio, et uerbum uerum nostrum intimum nisi nostra cogitatione non dicitur, solus deus intellegatur habere uerbum sempiternum sibique coaeternum. nisi forte dicendum est ipsam possibilitatem cogitationis, quoniam id quod scitur etiam quando non cogitatur potest tamen ueraciter cogitari, uerbum esse tam perpetuum quam scientia ipsa perpetua est. sed quomodo
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es nun weiter? Wenn unser Wort wahr ist und deshalb mit Recht Wort genannt wird, kann es da, wie es Schau von der Schau oder Wissen vom Wissen genannt werden kann, auch Wesen vom Wesen genannt werden, wie jenes Wort Gottes mit größtem Recht heißt und mit größtem Recht zu nennen ist? Wie also? Denn bei uns ist Sein nicht das gleiche wie Wissen. Freilich kennen wir vieles, was durch die Erinnerung auf gewisse Weise lebt, und so (wie es lebt) durch das Vergessen auf gewisse Weise stirbt; wenn sonach dies alles auch nicht mehr in unserem Wissen ist, so sind wir doch, und wenn unser Wissen unserem Geist entglitten und vergangen sein wird, so leben wir doch noch. [15. 25] Auch was jene Dinge betrifft, die so gewußt werden, daß sie niemals entfallen können, weil sie gegenwärtig sind und zur Natur der Seele selbst gehören, wie die Tatsache, daß wir wissen, daß wir leben – dies Wissen bleibt nämlich bestehen, solange die Seele bleibt, und weil die Seele immer bleibt, bleibt auch dies Wissen immer bestehen –, dies also und wenn Ähnliches entdeckt wird, in dem das Bild Gottes einsichtig wird, bei dem ist es schwer herauszufinden, wieso man bei diesen Dingen, die zwar immer gewußt, aber nicht immer gedacht werden, von einem immerwährenden Wort sprechen kann, da unser Wort durch unser Denken gesprochen wird. Ein immerwährender Vorgang ist es nämlich für die Seele zu leben; immerwährend ist es für sie, zu wissen, daß sie lebt; aber nicht immerwährend ist es, daß sie ihr Leben denkt oder daß sie das Wissen um ihr Leben denkt, da sie, wenn sie wieder etwas anderes beginnt, aufhört, dies zu denken, wenn sie auch nicht aufhört, es zu wissen. Daraus ergibt sich: Wenn in unserer Seele ein immerwährendes Wissen sein kann, und wenn das Denken dieses Wissen nicht immerwährend sein kann, unser wahres inneres Wort aber nur durch unser Denken gesprochen werden kann, dann ist ersichtlich, daß allein Gott ein immerwährendes, mit ihm ewiges Wort hat. Man müßte schon etwa sagen, daß die Möglichkeit des Denkens, da ja das, was man weiß, auch wenn man nicht daran denkt, dennoch wahrheitsgemäß gedacht werden kann, so ein stets fortdauerndes Wort ist, wie das Wissen selbst stets fortdauernd ist. Aber auf welche Weise ist ein Wort, was
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est uerbum quod nondum in cogitationis uisione formatum est? quomodo erit simile scientiae de qua nascitur si eius non habet formam et ideo iam uocatur uerbum quia potest habere? tale est enim ac si dicatur ideo iam uocandum esse uerbum quia potest esse uerbum. sed quid est quod potest esse uerbum et ideo iam dignum est uerbi nomine? quid est, inquam, hoc formabile nondumque formatum nisi quiddam mentis nostrae quod hac atque hac uolubili quadam motione iactamus cum a nobis nunc hoc, nunc illud sicut inuentum fuerit uel occurrerit cogitatur? et tunc fit uerum uerbum quando illud quod nos dixi uolubili motione iactare ad id quod scimus peruenit atque inde formatur eius omnimodam similitudinem capiens ut quomodo res quaeque scitur sic etiam cogitetur, id est sine uoce, sine cogitatione uocis quae profecto alicuius linguae est sic in corde dicatur. ac per hoc etiam si concedamus, ne de controuersia uocabuli laborare uideamur, iam uocandum esse uerbum quiddam illud mentis nostrae quod de nostra scientia formari potest etiam priusquam formatum sit quia iam ut ita dicam formabile est, quis non uideat quanta hic sit dissimilitudo ab illo dei uerbo quod in forma dei sic est ut non ante fuerit formabile postque formatum, nec aliquando esse possit informe, sed sit forma simplex et simpliciter aequalis ei de quo est et cui mirabiliter coaeterna est? [16. 25] quapropter ita dicitur illud dei uerbum ut dei cogitatio non dicatur ne aliquid esse quasi uolubile credatur in deo, quod nunc accipiat, nunc recipiat formam ut uerbum sit eamque possit amittere atque informiter quodam modo uolutari. bene
4-8 Verg., Aen.10,159sq.
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in der Schau des Denkens noch nicht geformt ist? Wie kann es dem Wissen, von dem es geboren wird, ähnlich sein, wenn es dessen Form noch nicht hat und schon deshalb Wort heißt, weil es diese bekommen kann? Das wäre so, wie wenn man sagen würde, deshalb sei etwas Wort zu nennen, weil es Wort sein kann. Aber was ist das für ein Ding, das erst Wort sein kann und deshalb schon der Benennung des Wortes fähig ist? Was ist, frage ich, dieses Formbare und noch nicht Geformte, wenn nicht etwas in unserem Geist, das wir dahin und dorthin in einer Art kreisender Bewegung werfen, wenn von uns jetzt das, dann jenes gedacht wird, so wie es gefunden wurde und sich darbot? Und dann entsteht ein wahres Wort, wenn dasjenige, von dem ich sagte, daß wir es in einer kreisenden Bewegung hin und her werfen, zu dem, was wir wissen, gelangt und von ihm her, dessen gänzliche Ähnlichkeit annehmend, geformt wird, so daß auf die gleiche Weise, wie ein Ding gewußt wird, es auch gedacht wird, das ist ohne Laut, ohne das Denken des Lautes, der in der Tat irgendeiner Sprache bedarf, im Herzen gesprochen wird. Und wenn wir sonach, damit nicht der Eindruck entsteht, als ob wir uns in Wortstreiterein abmühen würden, auch zugeben, daß man schon jenes Etwas in unserem Geist, das aus unserem Wissen geformt werden kann, auch ehe geformt ist, eben weil es, um es so zu sagen, gestaltbar ist, Wort nennen darf: wer sähe da nicht ein, wie groß die Unähnlichkeit mit jenem Wort Gottes ist, das in der Gestalt Gottes so ist, daß es nicht vorher gestaltbar und nachher gestaltet gewesen sein wird, und das niemals ungestaltet sein konnte, sondern einfache Gestalt ist und einfachhin jenem gleich, von dem es ist und mit dem es in wunderbarer Weise gleichewig ist? [16. 25] Demgemäß spricht man so vom Wort Gottes, daß man es nicht das Denken Gottes heißt, damit es nicht gleichsam als etwas in Gott Kreisendes geglaubt wird, das bald diese Gestalt an-, bald jene aufnimmt, damit es ein Wort ist, und sie verlieren kann und dann gewissermaßen gestaltlos umherschwebt. Gut kannte die Worte und gut hatte die Kraft des Denkens durch-
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quippe nouerat uerba et uim cogitationis inspexerat locutor egregius qui dixit in carmine:
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secumque uolutat euentus belli uarios; id est, cogitat. non ergo ille dei filius cogitatio dei sed uerbum dei dicitur. cogitatio quippe nostra perueniens ad id quod scimus atque inde formata uerbum nostrum uerum est. et ideo uerbum dei sine cogitatione dei debet intellegi ut forma ipsa simplex intellegatur, non aliquid habens formabile quod esse etiam possit informe. dicuntur quidem etiam in scripturis sanctis cogitationes dei sed eo locutionis modo quo ibi et obliuio dei dicitur, quae utique ad proprietatem in deo nulla est. [16. 26] quamobrem cum tanta sit nunc in isto aenigmate dissimilitudo dei et uerbi dei in qua tamen nonnulla similitudo comperta est, illud quoque fatendum est quod etiam cum similes ei erimus quando eum uidebimus sicuti est (quod utique qui dixit hanc procul dubio quae nunc est dissimilitudinem attendit), nec tunc natura illi erimus aequales. semper enim natura minor est faciente, quae facta est. et tunc quidem uerbum nostrum non erit falsum quia neque mentiemur neque fallemur. fortassis etiam non erunt uolubiles nostrae cogitationes ab aliis in alia euntes atque redeuntes, sed omnem scientiam nostram uno simul conspectu uidebimus. tamen cum et hoc fuerit, si et hoc fuerit, formata erit creatura quae formabilis fuit ut nihil iam desit eius formae ad quam peruenire deberet; sed tamen coaequanda non erit illi simplicitati ubi non formabile aliquid formatum uel reformatum est sed forma. neque informis neque formata ipsa ibi aeterna est immutabilisque substantia. [17. 27] satis de
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schaut der hervorragende Sprachkünstler, der in seinem Gesang sagte: »Im Herzen er wendet hin und her des Kriegs vielfältigen Gang«, das heißt: denkt. Nicht also heißt der Sohn Gottes Gedanke Gottes, sondern Wort Gottes. Unser Denken freilich ist, wenn es an einen Gegenstand gerät, den wir kennen, und wenn es von daher geformt wird, unser wahres Wort. Und deshalb muß man einsehen, daß das Wort Gottes ohne Denken Gottes besteht, so daß man in ihm eine einfache Gestalt sieht, die nichts Gestaltbares besitzt, das auch ungestaltet sein könnte.115 In der Heiligen Schrift ist freilich auch von Gedanken Gottes die Rede, aber nach jener Redeweise, nach der dort auch vom Vergessen Gottes die Rede ist, Aussagen, die ganz gewiß nicht einer Eigenschaft in Gott gelten. [16. 26] Da mithin in diesem Rätsel sich jetzt eine so tiefgreifende Unähnlichkeit mit Gott und mit dem Wort Gottes zeigt, in dem sich allerdings auch einige Ähnlichkeit feststellen ließ, so müssen wir zugestehen, daß wir auch dann, wenn wir ihm ähnlich sein werden, da wir ihn sehen werden, wie er ist (wobei der, der dies sagte, ohne Zweifel die jetzt bestehende Unähnlichkeit im Auge gehabt hat), ihm dann nicht in der Natur gleich sein werden. Immer ist nämlich die geschaffene Natur geringer gegenüber der schaffenden. Dann wird freilich unser Wort nicht mehr falsch sein, da wir nicht mehr lügen und nicht mehr uns täuschen werden. Vielleicht werden unsere Gedanken nicht mehr umherschweifen, von einem zum anderen gehend und zurückkehrend, sondern wir werden unser ganzes Wissen mit einem Blick gleichzeitig sehen. Aber dennoch wird, auch wenn dies einmal geschehen sein wird, wenn es überhaupt geschehen sein wird, ein Geschöpf gestaltet sein, das gestaltbar war, so daß seiner Gestalt, zu der es gelangen sollte, nun nichts mehr fehlt; dennoch aber wird es nicht gleichzustellen sein jener Einfachheit, in der nichts Gestaltbares gestaltet oder umgestaltet wurde, sondern allein Gestalt ist. Weder ungestaltet noch gestaltet ist dort die ewige und unwandelbare Substanz selbst. [17. 27] Nun
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patre et filio quantum per hoc speculum atque in hoc aenigmate uidere potuimus locuti sumus. nunc de spiritu sancto quantum deo donante uidere conceditur disserendum est. qui spiritus sanctus secundum scripturas sanctas nec patris est solius nec filii solius sed amborum, et ideo communem qua inuicem se diligunt pater et filius nobis insinuat caritatem. ut autem nos exerceret sermo diuinus non res in promptu sitas sed in abdito scrutandas et ex abdito eruendas maiore studio fecit inquiri. non itaque dixit scriptura: spiritus sanctus caritas est, quod si dixisset non paruam partem quaestionis iustius abstulisset, sed dixit: deus caritas est, ut incertum sit et ideo requirendum utrum deus pater sit caritas, an deus filius, an deus spiritus sanctus, an deus ipsa trinitas. neque enim dicturi sumus non propterea deum dictam esse caritatem quod ipsa caritas sit ulla substantia quae dei digna sit nomine, sed quod donum sit dei sicut dictum est deo: quoniam tu es patientia mea. non utique propterea dictum est quia dei substantia est nostra patientia, sed quod ab ipso nobis est sicut alibi legitur: quoniam ab ipso est patientia mea. hunc quippe sensum facile refellit scripturarum ipsa locutio. tale est enim tu es patientia mea quale est domine, spes mea et deus meus misericordia mea et multa similia. non est autem dictum domine, caritas mea aut tu es caritas mea aut deus, caritas mea, sed ita dictum est: deus caritas est sicut dictum est: deus spiritus est. hoc qui non discernit intellectum a domino, non expositionem quaerat a nobis; non enim apertius quidquam possumus dicere. [17. 28] deus ergo caritas est. utrum autem pater an filius an spiritus sanctus an ipsa trinitas quia et ipsa non tres dii sed deus 9 1Io 4,8; 1Io 4,16 14-15 Ps 70,5 17 Ps 61,6 18-19 Ps 70,5 19 Ps 90,9 19 Ps 58,18 21-22 1Io 4,8; 1Io 4,16 22 Io 4,24 25 1Io 4,8; 1Io 4,16
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haben wir, soweit unser Auge in diesem Spiegel und in diesem Rätsel etwas finden konnte, hinlänglich vom Vater und vom Sohn gesprochen. Jetzt müssen wir, soweit Gottes Schenken uns Einblick gewährt, vom Heiligen Geist handeln. Der Heilige Geist ist nach der Heiligen Schrift nicht der Geist des Vaters allein, nicht der Geist des Sohnes allein, sondern beider Geist und zeigt deshalb die gemeinsame Liebe des Vaters und Sohnes an, in der sie sich gegenseitig lieben. Das göttliche Sprechen erging aber zu unserer Einübung so, daß wir uns nicht um Dinge, die offen auf der Hand liegen, sondern mit um so größerem Eifer um Dinge, die im Verborgenen zu erspüren und aus Verborgenem ans Licht zu ziehen sind, forschend bemühen müssen.116 Deshalb sagte die Schrift nicht: ›Der Heilige Geist ist die Liebe‹. Hätte sie dies gesagt, so hätte sie uns keinen kleinen Teil unserer Frage erspart, sondern sie sagte: »Gott ist die Liebe«, so daß Ungewißheit besteht und man untersuchen muß, ob Gott Vater die Liebe ist oder Gott Sohn oder Gott der Heilige Geist oder Gott die Dreieinheit. Wir werden ja nicht sagen, daß Gott nicht in dem Sinne Liebe genannt wurde, daß eben die Liebe eine Substanz ist, die eine Gottes würdige Benennung besagt, sondern bloß deshalb, weil sie Gottes Geschenk ist, wie es von Gott heißt: »Denn du bist meine Geduld.« So heißt es nämlich nicht deshalb, weil die Substanz Gottes unsere Geduld ist, sondern weil unsere Geduld von ihm stammt, bis man dann auch anderswo liest: »Denn von ihm ist meine Geduld.« Eine andere Erklärung läßt ja die Sprechweise der Schrift selbst leicht zurückweisen. Das Wort: »Du bist meine Geduld«, ist nämlich so (zu verstehen) wie das Wort: »Du, o Herr, bist meine Hoffnung«, und das andere: »Mein Gott ist mein Erbarmen«, und Ähnliches mehr. Nicht aber heißt es: ›O Herr, meine Liebe‹, oder: ›Du bist meine Liebe‹, oder: ›Gott ist meine Liebe‹, sondern es heißt: »Gott ist die Liebe«, wie es auch heißt: »Gott ist Geist«. Wer dies nicht auseinanderhalten kann, der möge Einsicht von Gott, nicht Erklärung von mir verlangen. Denn wir können es nicht mehr deutlicher erklären. [17. 28] ›Gott ist also die Liebe‹: Ob aber der Vater oder der Sohn oder der Heilige Geist oder die ganze Dreieinheit, die
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unus, hoc quaeritur. sed iam in hoc libro superius disputaui non sic accipiendam esse trinitatem quae deus est ex illis tribus quae in trinitate nostrae mentis ostendimus ut tamquam memoria sit omnium trium pater et intellegentia omnium trium filius et caritas omnium trium spiritus sanctus, quasi pater non intellegat sibi nec diligat, sed ei filius intellegat et spiritus sanctus ei diligat, ipse autem et sibi et illis tantum meminerit; et filius nec meminerit nec diligat sibi, sed meminerit ei pater et diligat ei spiritus sanctus, ipse autem et sibi et illis tantummodo intellegat; itemque spiritus sanctus nec meminerit nec intellegat sibi, sed meminerit ei pater et intellegat ei filius, ipse autem et sibi et illis non nisi diligat; sed sic potius ut omnia tria et omnes et singuli habeant in sua quisque natura. nec distent in eis ista, sicut in nobis aliud est memoria, aliud intellegentia, aliud dilectio siue caritas; sed unum aliquid sit quod omnia ualeat sicut ipsa sapientia, et sic habetur in uniuscuiusque natura ut qui habet hoc sit quod habet sicut immutabilis simplexque substantia. si ergo haec intellecta sunt et quantum nobis in rebus tantis uidere uel coniectare concessum est uera esse claruerunt, nescio cur non sicut sapientia et pater dicitur et filius et spiritus sanctus, et simul omnes non tres sed una sapientia, ita et caritas et pater dicatur et filius et spiritus sanctus, et simul omnes una caritas. sic enim et pater deus et filius deus et spiritus sanctus deus, et simul omnes unus deus. [17. 29] et tamen non frustra in hac trinitate non dicitur uerbum dei nisi filius, nec donum dei nisi spiritus sanctus, nec de quo genitum est uerbum et de quo procedit principaliter spiritus
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nicht drei Götter, sondern den einen Gott besagt, danach wird hier gefragt. Aber ich habe schon weiter oben in diesem Buch dargelegt, daß man die Dreieinheit, die Gott ist, nicht so nach jenen Dreien, die wir in der Dreiheit unseres Geistes aufgewiesen haben, auffassen dürfe, daß der Vater gleichsam die Erinnerung aller drei sei, der Sohn die Einsicht aller drei, der Heilige Geist die Liebe aller drei, als ob der Vater für sich weder Einsicht noch Liebe hätte, sondern der Sohn für ihn einsähe und der Heilige Geist für ihn liebte, er selbst aber nur Erinnerung hätte für sich und für jene – als ob weiterhin der Sohn für sich keine Erinnerung und keine Liebe hätte, sondern als ob der Vater sich für ihn erinnerte und der Heilige Geist für ihn liebte, er selbst aber nur Einsicht hätte für sich und für jene – als ob ebenso der Heilige Geist für sich keine Erinnerung und keine Einsicht hätte, sondern der Vater für ihn Erinnerung und der Sohn für ihn Einsicht hätte, er selbst aber nur Liebe hätte für sich und für jene –, vielmehr muß man dies so verstehen, daß sie alle insgesamt und jeder einzeln für sich in ihrer Natur jenes dreifache Tun besitzen. Nicht fällt dieses bei ihnen zur Dreiheit auseinander, wie bei uns etwas anderes ist die Erinnerung, etwas anderes die Einsicht, etwas anderes die Zuneigung oder die Liebe, sondern es ist etwas Eines, das alles dies in sich schließt wie etwa die Weisheit, und dies (Eine) verhält sich so in der Natur eines jeden, daß, wer dies hat, eben das ist, was er hat wie einfache und unwandelbare Substanz. Wenn dies eingesehen ist und seine Wahrheit, soweit uns in so großen Dingen zu sehen oder zu mutmaßen gestattet ist, klar geworden ist, dann weiß ich nicht, warum nicht, wie der Vater Weisheit heißt, auch der Sohn und der Heilige Geist Weisheit heißen, und alle zugleich nicht drei Weisheiten, sondern eine, wie auch Liebe heißen sollte der Vater, der Sohn und der Heilige Geist und alle zugleich eine Liebe. So ist ja auch der Vater Gott, ist der Sohn Gott und ist der Heilige Geist Gott, und alle zugleich ein Gott. [17. 29] Und dennoch ist es nicht vergeblich, daß in dieser Dreieinheit Wort Gottes allein der Sohn, Geschenk Gottes allein der Heilige Geist, und der, von dem das Wort gezeugt und von dem der Heilige Geist ursprünglich hervorgeht, allein Gott
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sanctus nisi deus pater. ideo autem addidi, principaliter, quia et de filio spiritus sanctus procedere reperitur. sed hoc quoque illi pater dedit – non iam exsistenti et nondum habenti –, sed quidquid unigenito uerbo dedit gignendo dedit. sic ergo eum genuit ut etiam de illo donum commune procederet et spiritus sanctus spiritus esset amborum. non est igitur accipienda transeunter sed diligenter intuenda inseparabilis trinitatis ista distinctio. hinc enim factum est ut proprie dei uerbum etiam dei sapientia diceretur, cum sit sapientia et pater et spiritus sanctus. sic ergo proprie aliquid horum trium caritas nuncupanda est, quid aptius quam ut hoc sit spiritus sanctus? ut scilicet in illa simplici summaque natura non sit aliud substantia et aliud caritas, sed substantia ipsa sit caritas et caritas ipsa substantia siue in patre siue in filio siue in spiritu sancto, et tamen proprie spiritus sanctus caritas nuncupetur. [17. 30] sicut legis nomine aliquando simul omnia ueteris instrumenti sanctarum scripturarum significantur eloquia. nam ex propheta Esaia testimonium ponens apostolus ubi ait: in aliis linguis et in aliis labiis loquar populo huic, praemisit tamen: in lege scriptum est. et ipse dominus: in lege, inquit, eorum scriptum est quia oderunt me gratis, cum hoc legatur in psalmo. aliquando autem proprie uocatur lex quae data est per Moysen, secundum quod dictum est: lex et prophetae usque ad Iohannem, et: in his duobus praeceptis tota lex pendet et prophetae. hic utique proprie lex appellata est de monte Sina. prophetarum autem nomine etiam psalmi significati sunt, et tamen alio loco ipse saluator: oportebat, inquit, impleri omnia quae scripta sunt in lege et in prophetis et in psalmis de me. hic rursus prophetarum
71-72 1Cor 14,21; Is 28,11 72-73 1Cor 14,21 73-74 Io 15,25 76 Mt 11,13 77 Mt 22,40 80-81 Lc 24,44
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Vater heißt. ›Ursprünglich‹ habe ich aber deshalb beigefügt, weil sich feststellen läßt, daß der Heilige Geist auch vom Sohn hervorgeht. Aber dies gab ihm auch der Vater (nicht als er schon Dasein hatte und es noch nicht besaß), sondern alles, was er dem eingeborenen Wort gab, gab er ihm durch Zeugung. So also zeugte er ihn, daß auch von diesem das gemeinsame Geschenk hervorgehen und der Heilige Geist der Geist beider sein sollte. Man darf also diese Unterscheidung der untrennbaren Dreieinheit nicht bloß im Vorübergehen annehmen, sondern man muß sie sorgfältig betrachten. Von hier nämlich ist es begründet, daß im eigentlichen Sinn das Wort Gottes auch Weisheit Gottes heißt, da doch auch der Vater und der Heilige Geist Weisheit ist. Wenn also eine von den drei Personen in eigentlicher Weise Liebe zu nennen ist, was wäre da passender als den Heiligen Geist so zu heißen? In der Weise freilich, daß in jener einfachen und höchsten Natur nicht etwas anderes ist die Substanz, etwas anderes die Liebe, sondern daß die Substanz selbst die Liebe ist und die Liebe selbst die Substanz, sei es im Vater, sei es im Sohn, sei es im Heiligen Geist, und daß dennoch in eigentlicher Weise der Heilige Geist Liebe genannt wird. [17. 30] So werden bisweilen mit dem Wort Gesetz alle Aussprüche der Alten Urkunde der heiligen Schriften zugleich bezeichnet. So hat der Apostel Paulus, als er ein Zeugnis aus dem Propheten Isaias anführte, wo er sagt: »In anderen Sprachen und in anderen Zungen werde ich zu diesem Volk reden«, doch vorausgeschickt: »Im Gesetz steht geschrieben«. Und der Herr selbst sagte: »In ihrem Gesetz steht geschrieben, daß sie mich grundlos hassen,« während man dies Wort doch in den Psalmen liest. Bisweilen aber ist Gesetz der Eigenname für das durch Moses gegebene Gesetz, in dem Wort nämlich: »Das Gesetz und die Propheten bis zu Johannes« und an der Stelle: »An diesen zwei Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten.« Hier ist sicherlich das Gesetz vom Berg Sinai im eigentlichen Sinn benannt. Mit dem Wort Propheten werden auch die Psalmen bezeichnet, und dennoch sagt der Heiland an einer anderen Stelle selbst: »Es mußte alles erfüllt werden, was im Gesetz, in den Propheten und in den Psalmen über mich geschrieben steht.«
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nomen exceptis psalmis intellegi uoluit. dicitur ergo lex uniuersaliter cum prophetis et psalmis, dicitur et proprie quae per Moysen data est. item dicuntur communiter prophetae simul cum psalmis, dicuntur et proprie praeter psalmos. et multis aliis exemplis doceri potest multa rerum uocabula et uniuersaliter poni et proprie quibusdam rebus adhiberi nisi in re aperta uitanda sit longitudo sermonis. hoc ideo dixi ne quisquam propterea nos inconuenienter existimet caritatem appellare spiritum sanctum quia et deus pater et deus filius potest caritas nuncupari. [17. 31] sicut ergo unicum dei uerbum proprie uocamus nomine sapientiae, cum sit uniuersaliter et spiritus sanctus et pater ipse sapientia, ita spiritus proprie nuncupatur uocabulo caritatis, cum sit et pater et filius uniuersaliter caritas. sed dei uerbum, id est unigenitus dei filius, aperte dictus est dei sapientia ore apostolico ubi ait: Christum dei uirtutem et dei sapientiam. spiritus autem sanctus ubi sit dictus caritas inuenimus si diligenter Iohannis apostoli scrutemur eloquium, qui cum dixisset: dilectissimi, diligamus inuicem quia dilectio ex deo est, secutus adiunxit: et omnis qui diligit ex deo natus est. qui non diligit non cognouit deum quia deus dilectio est. hic manifestauit eam se dixisse dilectionem deum quam dixit ex deo. deus ergo ex deo est dilectio. sed quia et filius ex deo patre natus est et spiritus sanctus ex deo patre procedit, quem potius eorum hic debeamus accipere dictum esse dilectionem deum merito quaeritur. pater enim solus ita deus est ut non sit ex deo, ac per hoc dilectio quae ita deus est ut ex deo sit aut filius est aut spiritus sanctus.
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Hier wollte er die Bezeichnung Prophet von den Psalmen ausgeschlossen wissen. Die Bezeichnung Gesetz schließt also in einem umfassenden Sinn die Propheten und die Psalmen ein; im eigentlichen Sinn wird sie von jenem Gesetz verstanden, das durch Moses gegeben wurde. Ebenso schließt die Bezeichnung Prophet in einem allgemeinen Sinn auch die Psalmen ein, im eigentlichen Sinn wird sie von den Propheten ohne die Psalmen verwendet. Noch aus vielen anderen Beispielen könnte man zeigen, daß viele Sachbezeichnungen einen umfassenden Sinn haben und doch für manche Dinge in spezifischem Sinn verwendet werden, außer wenn der Sachverhalt offenkundig so ist, daß man die Deutung des Wortes im weiteren Sinne vermeiden muß. Ich habe das deshalb gesagt, damit niemand glaubt, es sei deshalb unpassend, daß wir den Heiligen Geist Liebe nennen, weil auch Gott Vater und Gott Sohn Liebe genannt werden können. [17. 31] Wie wir also das einzige Wort Gottes in eigentlicher Weise mit dem Namen Weisheit benennen, während in einem umfassenden Sinn Weisheit sowohl der Heilige Geist als auch der Vater selbst ist, so wird auch mit dem Wort Liebe der Heilige Geist im spezifischen Sinn bezeichnet, während in umfassender Weise sowohl der Vater als auch der Sohn Liebe ist. Aber das Wort Gottes, das heißt der eingeborene Sohn Gottes, heißt ganz offenkundig Weisheit Gottes, im Mund des Apostels nämlich, der »Christus die Kraft Gottes und die Weisheit Gottes« nennt. Wo aber der Heilige Geist Liebe genannt wurde, finden wir, wenn wir sorgfältig einem Wort des Apostels Johannes nachspüren. Als dieser gesagt hatte: »Geliebte, wollen wir uns gegenseitig lieben, weil die Liebe aus Gott ist,« fuhr er fort und fügte hinzu: »Jeder, der liebt, ist aus Gott geboren, und wer nicht liebt, kennt Gott nicht, weil Gott die Liebe ist.« Hier offenbarte er, daß er jene Liebe Gott geheißen hat, von der er sagt, sie sei aus Gott. Gott aus Gott also ist Liebe. Weil aber auch der Sohn von Gott Vater geboren ist und der Heilige Geist von Gott Vater hervorgeht, so fragt man mit Recht, von welchem von ihnen wir eher annehmen sollen, daß er hier Liebe genannt wurde. Der Vater allein ist ja in der Weise Gott, daß er nicht aus Gott ist; und deshalb ist die Liebe, die so Gott ist, daß sie aus Gott ist, entwe-
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sed in consequentibus cum dei dilectionem commemorasset, non qua nos eum sed qua nos ipse dilexit et misit filium suum litatorem pro peccatis nostris, et hinc exhortatus esset ut et nos inuicem diligamus atque ita deus in nobis maneat quia utique dilectionem deum dixerat, statim uolens de hac re apertius aliquid eloqui: in hoc, inquit, cognoscimus quia in ipso manemus et ipse in nobis quia de spiritu suo dedit nobis. sanctus itaque spiritus de quo dedit nobis facit nos in deo manere et ipsum in nobis. hoc autem facit dilectio. ipse est igitur deus dilectio. denique paulo post cum hoc ipsum repetisset atque dixisset: deus dilectio est, continuo subiecit: et qui manet in dilectione in deo manet, et deus in eo manet, unde supra dixerat: in hoc cognoscimus quia in ipso manemus et ipse in nobis quia de spiritu suo dedit nobis. ipse ergo significatur ubi legitur: deus dilectio est. deus igitur spiritus sanctus qui procedit ex deo cum datus fuerit homini accendit eum in dilectionem dei et proximi, et ipse dilectio est. non enim habet homo unde deum diligat nisi ex deo. propter quod paulo post dicit: nos diligamus quia ipse prior dilexit nos. apostolus quoque Paulus: dilectio, inquit, dei diffusa est in cordibus nostris per spiritum sanctum qui datus est nobis. [18. 32] nullum est isto dei dono excellentius. solum est quod diuidit inter filios regni aeterni et filios perditionis aeternae. dantur et alia per spiritum munera, sed sine caritate nihil prosunt. nisi ergo tantum impertiatur cuique spiritus sanctus ut eum dei et proximi faciat amatorem, a sinistra non transfertur ad dextram. nec spiritus proprie dicitur donum nisi propter dilectionem quam qui non habuerit si linguis hominum loquatur et angelorum, sonans aeramentum est et cymbalum tinniens; et si habuerit prophetiam et scierit omnia sacramenta et omnem 108-109 1Io 4,16 109-110 1Io 4,10 117-119 1I o4,16 119-121 1Io 4,13 125-126 1Io 4,7
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der der Sohn oder der Heilige Geist. Im folgenden aber sagt er, nachdem er die Liebe Gottes erwähnt hatte, nicht jene, durch die wir ihn lieben, sondern jene, durch die »er uns liebt und in der er seinen Sohn als Lösegeld für unsere Sünden sandte«, und von daher die Mahnung gegeben hatte, daß auch wir uns lieben, damit Gott in uns bleibe, da wollte er zugleich über diesen Gegenstand etwas deutlicher sagen: »Daran erkennen wir, daß wir in ihm bleiben und er in uns, daß er uns von seinem Geist gab.« Der Heilige Geist also, von dem er uns gab, bewirkt, daß wir in Gott bleiben und daß Gott in uns bleibt. Das aber bewirkt die Liebe. Es ist also Gott die Liebe. Schließlich fügte er, gleich nachdem er wiederholt und gesagt hatte: »Gott ist die Liebe«, unverzüglich hinzu: »Und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott, und Gott bleibt in ihm.« Deswegen hatte er ja oben gesagt: »Daran erkennen wir, daß wir in ihm bleiben und er in uns, daß er uns von seinem Geist gab.« Dieser also ist gemeint, wo man liest: »Gott ist die Liebe.« Gott der Heilige Geist also, der von Gott hervorgeht, entzündet den Menschen, wenn er ihm gegeben wird, zur Liebe Gottes und des Nächsten, und er ist selbst die Liebe. Nicht kann nämlich der Mensch Gott lieben, es sei denn aus Gott. Deshalb sagt der Apostel gleich darauf: »Wir lieben ihn, weil er uns zuerst geliebt hat.« Auch der Apostel Paulus sagt: »Die Liebe Gottes ist in unsere Herzen ausgegossen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist.« [18. 32] Kein Geschenk Gottes ist erhabener als dieses. Dies allein scheidet die Söhne des ewigen Reiches und die Söhne des ewigen Verderbens. Es werden durch den Heiligen Geist auch andere Geschenke gegeben, aber ohne die Liebe nützen sie nichts. Wenn also jemandem nicht der Heilige Geist in dem Maße verliehen wird, daß er ihn zu einem Liebhaber Gottes und des Nächsten macht, dann wird er nicht von der linken auf die rechte Seite hinübergeführt. Auch wird der Geist im eigentlichen Sinn Geschenk genannt allein wegen der Liebe: wenn die einer nicht hat, dann ist er, auch wenn er mit den Zungen der Menschen und Engel redete, ein tönendes Erz und eine klingende Schelle; und wenn er die Gabe der Prophetie hätte und alle
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scientiam et habuerit omnem fidem ita ut montes transferat, nihil est; et si distribuerit omnem substantiam suam et si tradiderit corpus suum ut ardeat, nihil ei prodest. quantum ergo bonum est sine quo ad aeternam uitam neminem bona tanta perducunt? ipsa uero dilectio siue caritas – nam unius rei est nomen utrumque –, si habeat eam qui non loquitur linguis nec habet prophetiam nec omnia scit sacramenta omnemque scientiam nec distribuit omnia sua pauperibus uel non habendo quod distribuat uel aliqua necessitate prohibitus, nec tradit corpus suum ut ardeat si talis passionis nulla temptatio est, perducit ad regnum ita ut ipsam fidem non faciat utilem nisi caritas. sine caritate quippe fides potest quidem esse sed non et prodesse. propter quod et apostolus Paulus: in Christo, inquit, Iesu neque circumcisio aliquid ualet neque praeputium, sed fides quae per dilectionem operatur, sic eam discernens ab ea fide qua et daemones credunt et contremescunt. dilectio igitur quae ex deo est et deus est proprie spiritus sanctus est per quem diffunditur in cordibus nostris dei caritas per quam nos tota inhabitet trinitas. quocirca rectissime spiritus sanctus, cum sit deus, uocatur etiam donum dei. quod donum proprie quid nisi caritas intellegenda est quae perducit ad deum et sine qua quodlibet aliud dei donum non perducit ad deum? [19. 33] an et hoc probandum est donum dei dictum esse in sacris litteris spiritum sanctum? […]
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Geheimnisse wüßte und alle Wissenschaft besäße, und wenn er allen Glauben hätte, so daß er Berge versetzen könnte, wäre er dennoch nichts, und wenn er auch all sein Vermögen verteilte und seinen Leib zum Verbrennen hingäbe, es nützte ihm nichts. Wie groß muß also jenes Gut sein, ohne das selbst so große Güter niemanden zum ewigen Leben führen können! Sie aber, die Zuneigung oder die Liebe – denn die beiden Namen sind Bezeichnung einer Sache –,117 sie führt jenen, der sie hat – auch wenn er nicht in Sprachen spricht, nicht die Gabe der Prophetie, nicht alle Geheimnisse weiß und alle Wissenschaft besitzt, nicht alles an die Armen verteilt, entweder weil er nichts hat, um es zu verteilen, oder weil er durch irgendeine Not gehindert ist, auch wenn er seinen Leib nicht zum Verbrennen hingibt, weil es für ein solches Leiden keinen Anlaß gibt – sie führt ihn zum Reich so, daß auch den Glauben selbst nur die Liebe nützlich macht. Ohne Liebe kann der Glaube zwar sein, aber nicht nützlich sein. Deshalb sagt auch der Apostel Paulus: »In Christus Jesus bedeutet weder die Beschnittenheit etwas noch die Vorhaut, sondern nur der Glaube, der durch die Liebe wirksam ist«, und unterscheidet ihn so von jenem Glauben, in dem auch die Dämonen gläubig sind und zittern. Die Liebe also, die aus Gott ist und Gott ist, ist in eigentlicher Weise der Heilige Geist, durch den die Liebe Gottes in unseren Herzen ausgegossen ist, durch welche die ganze Dreieinheit in uns wohnt. Deshalb wird mit vollem Recht der Heilige Geist, obgleich er Gott ist, auch Geschenk Gottes genannt. Was soll man unter Geschenk eigentlich verstehen wenn nicht die Liebe, die zu Gott führt und ohne welche ein beliebiges anderes Geschenk Gottes nicht zu Gott führt? [19. 33] Muß man etwa auch das erst nachweisen, daß der Heilige Geist in den heiligen Schriften Geschenk Gottes heißt? […]*
* [Der durch Bibel-Zitate belegte Nachweis, daß der Heilige Geist Geschenk genannt wird, ufert nun allerdings über die Maaßen aus. Die Exuberanz der Zitate führt in den Kapiteln 19,33–20,38 inhaltlich oder argumen-
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[20. 39] uideo me de spiritu sancto in isto libro secundum scripturas sanctas hoc disputasse quod fidelibus sufficit iam scientibus deum esse spiritum sanctum nec alterius substantiae nec minorem quam est pater et filius, quod in superioribus libris secundum easdem scripturas uerum esse docuimus. de creatura etiam quam fecit deus quantum ualuimus admonuimus eos qui rationem de rebus talibus poscunt ut inuisibilia eius per ea quae facta sunt sicut possent intellecta conspicerent, et maxime per rationalem uel intellectualem creaturam quae facta est ad imaginem dei, per quod uelut speculum quantum possent, si possent. cernerent trinitatem deum in nostra memoria, intellegentia, uoluntate. quae tria in sua mente naturaliter diuinitus instituta quisquis uiuaciter perspicit et quam magnum sit in ea unde potest etiam sempiterna immutabilisque natura recoli, conspici, concupisci – reminiscitur per memoriam, intuetur per intellegentiam, amplectitur per dilectionem –, profecto reperit, illius summae trinitatis imaginem. ad quam summam trinitatem reminiscendam, uidendam, diligendam ut eam recordetur, eam contempletur, ea delectetur totum debet referre quod uiuit. uerum ne hanc imaginem ab eadem trinitate factam, et suo uitio in deterius commutatam ita eidem comparet trinitati ut omni modo existimet similem, sed potius in qualicumque ista similitudine magnam quoque dissimilitudinem cernat quantum satis esse uidebatur admonui.
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[20, 39] Wie ich sehe, habe ich nun in diesem Buch über den Heiligen Geist soviel gesagt, daß es für die Gläubigen genügt, die wissen, daß der Heilige Geist Gott ist, daß er nicht von einer anderen Substanz und nicht geringer ist als Vater und Sohn, was wir als wahr in den vorhergehenden Büchern nach der Schrift gelehrt haben. Von der Schöpfung her haben wir auch an den, der sie schuf, Gott, so gut wir es vermochten, jene, die Verstandesgründe über solche Dinge verlangen, erinnert, damit sie das Unsichtbare an ihm durch das, was geschaffen ist, so gut sie können, einsichtig schauen mögen, und zwar vor allem durch die verstandes- und vernunftbegabte Schöpfung, die nach dem Bild Gottes geschaffen ist, durch die sie wie durch einen Spiegel, so gut sie können, wenn sie könnten, Gott die Dreieinheit schauen sollten in unserer Erinnerung, in unserer Einsicht und in unserem Willen. Wer lebendig durchschaut, daß diese drei durch göttliche Eingebung naturgemäß in seinem Geist eingerichtet sind, und welch großes Gut es ist, daß von daher auch die immerwährende und unveränderliche Natur wieder gepflegt, erblickt und begehrt werden kann (erneut erinnert durch die Erinnerung, eingesehen durch die Einsicht, umfangen durch die Liebe), der entdeckt fürwahr das Bild jener höchsten Dreieinheit. Dieser höchsten Dreieinheit sich wieder zu erinnern, sie zu schauen und zu lieben, daß man ihrer gedenke, sie erblicke und an ihr sich erfreue, darauf muß man das Ganze beziehen, was lebt.118 Daß aber niemand dieses von eben dieser Dreieinheit geschaffene und durch eigene Schuld in das Schlechtere verkehrte Bild so sehr dieser selben Dreieinheit gleichsetzt, daß er es in jeder Hinsicht für ähnlich hält, daß vielmehr jeder in dieser Ähnlichkeit, wie immer sie sein mag, auch die große Unähnlichkeit sehe, dazu habe ich, wie mir scheint, genügend gemahnt.
tativ nicht weiter. Deshalb sind sie hier – abweichend vom editorischen Prinzip dieser Studienausgabe: die jeweiligen Bücher von De trinitate ganz zu präsentieren – ausgelassen. Das Überborden der Zitaten-Montage bekennt Augustin dann mit dem Eingangssatz von 20,39 selbst.]
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[21. 40] sane deum patrem et deum filium, id est deum genitorem qui omnia quae substantialiter habet in coaeterno sibi uerbo suo dixit quodam modo, et ipsum uerbum eius deum qui nec plus nec minus aliquid habet etiam ipse substantialiter quam quod est in illo qui uerbum non mendaciter sed ueraciter genuit, quemadmodum potui, non ut illud iam facie ad faciem, sed per hanc similitudinem in aenigmate quantulumcumque coniciendo uideretur in memoria et intellegentia mentis nostrae significare curaui, memoriae tribuens omne quod scimus etiamsi non inde cogitemus, intellegentiae uero proprio modo quandam cogitationis informationem. cogitando enim quod uerum inuenerimus, hoc maxime intellegere dicimur et hoc quidem in memoria rursus relinquimus. sed illa est abstrusior profunditas nostrae memoriae ubi hoc etiam primum cum cogitaremus inuenimus et gignitur intimum uerbum quod nullius linguae sit tamquam scientia de scientia et uisio de uisione et intellegentia quae apparet in cogitatione de intellegentia quae in memoria iam fuerat sed latebat, quamquam et ipsa cogitatio quandam suam memoriam nisi haberet, non reuerteretur ad ea quae in memoria reliquerat cum alia cogitaret. [21. 41] de spiritu autem sancto nihil in hoc aenigmate quod et simile uideretur ostendi nisi uoluntatem nostram, uel amorem seu dilectionem quae ualentior est uoluntas, quoniam uoluntas nostra quae nobis naturaliter inest sicut ei res adiacuerint uel occurrerint quibus allicimur aut offendimur ita uarias affectiones habet. quid ergo est? numquid dicturi sumus uoluntatem nostram quando recta est nescire quid appetat, quid deuitet? porro si scit profecto inest ei sua quaedam scientia, quae sine memoria et intellegentia esse non possit. an uero audiendus est quispiam dicens caritatem nescire quid agat quae non agit perperam? sicut ergo inest intellegentia, inest dilectio illi memoriae principali in
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[21. 40] Daß man sonach Gott Vater und Gott Sohn, das ist Gott den Erzeuger, der alles, was er substanzgemäß besitzt, gewissermaßen in seinem gleichewigen Wort aussprach, und Gott als sein Wort selbst, das weder mehr noch weniger substanzgemäß besitzt als das, was im Vater ist, der das Wort nicht lügnerisch, sondern wahrhaftig zeugte, in der Erinnerung und in der Einsicht unseres Geistes nicht von Angesicht zu Angesicht, sondern durch die Ähnlichkeit im Gleichnis und Rätsel, wie wenig auch immer durch Mutmaßung schaue, das habe ich, so gut ich konnte, darzulegen mich bemüht. Der Erinnerung wies ich dabei alles zu, was wir wissen, auch wenn wir nicht daran denken, der Einsicht hingegen in ihr eigentümlicher Weise eine gewisse Formung des Denkens. Was wir nämlich denkend an Wahrem auffinden, von dem vor allem finden wir, daß wir es einsehen, und dies wiederum hinterlegen wir dann in der Erinnerung. Aber dort ist die abgründigere Tiefe unserer Erinnerung, wo wir auch das zum ersten Mal finden, wenn wir denken, und das innerste Wort gezeugt wird, das keiner Sprache angehört, wie Wissen von Wissen und Schau von der Schau und Einsicht, die im Denken erscheint, von der Einsicht, die schon in der Erinnerung war, aber verborgen war. Dennoch: hätte das Denken nicht auf gewisse Weise seine Erinnerung, würde es nicht zu dem zurückgewendet, was es in der Erinnerung zurückließ, als es anderes dachte. [21. 41] In Bezug auf den Heiligen Geist aber habe ich in diesem Rätsel als Gleichnis nur unseren Willen oder unsere Zuneigung oder Liebe aufgezeigt, die ein kraftvollerer Wille ist, weil unser Wille, der uns naturgemäß eigen ist, verschiedene Einwirkungen erfährt, je nachdem die Dinge, die in seinem Umkreis liegen oder ihm begegnen, ihn locken oder abstoßen. Wie ist es also? Sollen wir sagen, daß unser Wille, wenn er recht ist, nicht weiß, was er erstreben, was er vermeiden soll? Wenn er es aber weiß, dann ist ihm in der Tat eine Art Wissen eigen, das ohne Erinnerung und Einsicht nicht sein kann. Oder soll man auf einen hören, der die Behauptung aufstellt, die Liebe, die nicht verkehrt handelt, wisse nicht, was sie tue? Wie also die Einsicht, so ist auch die Liebe in jener ursprünglichen Erinnerung, in der wir
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qua inuenimus paratum et reconditum ad quod cogitando possumus peruenire quia et duo ista inuenimus ibi quando nos cogitando inuenimus et intellegere aliquid et amare quae ibi erant et quando inde non cogitabamus. et sicut inest memoria, inest dilectio huic intellegentiae quae cogitatione formatur, quod uerbum uerum sine ullius gentis lingua intus dicimus quando quod nouimus dicimus. nam nisi reminiscendo non redit ad aliquid, et nisi amando redire non curat nostrae cogitationis intuitus. ita dilectio quae uisionem in memoria constitutam et uisionem cogitationis inde formatam quasi parentem prolemque coniungit, nisi haberet appetendi scientiam quae sine memoria et intellegentia non potest esse, quid recte diligeret ignoraret. [22. 42] uerum haec quando in una sunt persona sicut est homo potest nobis quispiam dicere: tria ista, memoria, intellectus et amor mea sunt, non sua; nec sibi sed mihi agunt quod agunt, immo ego per illa. ego enim memini per memoriam, intellego per intellegentiam, amo per amorem. et quando ad memoriam meam aciem cogitationis aduerto ac sic in corde meo dico quod scio uerbumque uerum de scientia mea gignitur, utrumque meum est et scientia utique et uerbum. ego enim scio, ego dico in meo corde quod scio. et quando in memoria mea cogitando inuenio iam me intellegere, iam me amare aliquid, qui intellectus et amor ibi erant et antequam inde cogitarem, intellectum meum et amorem meum inuenio in memoria mea quo ego intellego, ego amo, non ipsa. item quando cogitatio mea memor est et uult redire ad ea quae in memoria reliquerat eaque intellecta conspicere atque intus dicere, mea memoria memor est et mea uult uoluntate, non sua. ipse quoque amor meus cum meminit
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bereit und aufbewahrt finden, wozu wir im Denken zu gelangen vermögen, weil wir dort auch jene beiden finden, wenn wir im Denken finden, daß wir etwas einsehen und lieben, die dort schon waren, auch als wir sie nicht von daher dachten.119 Und wie die Erinnerung, so ist auch die Liebe in dieser Einsicht, die im Denken geformt wird.120 Dieses wahre Wort sprechen wir ohne die Sprache irgendeines Volkes im Innern, wenn wir das, was wir wissen, sagen. Denn nur durch Wiedererinnerung kehrt der Blick unseres Denkens zu etwas zurück, und nur durch Lieben müht sich der Blick unseres Denkens zurückzukehren. So würde nun die Liebe, welche das in der Erinnerung vollzogene Sehen und das von daher geformte Sehen des Denkens wie Erzeuger und Sproß eint, nicht wissen, was sie mit Recht lieben darf, wenn sie nicht das Wissen des zu Erstrebenden hätte, was wiederum ohne Erinnerung und Einsicht nicht der Fall sein kann. [22. 42] Da indes diese drei Vorgänge in einer Person sind, wie es der Mensch ist, kann uns jemand einwerfen: ›Diese drei, Erinnerung, Einsicht und Liebe, gehören mir, nicht sich selbst. Sie tun für mich, nicht für sich, was sie tun; ja ich tue es durch sie. Ich nämlich bin es, der sich durch die Erinnerung erinnert, durch die Einsicht einsieht, der durch die Liebe liebt; und wenn ich die Sehkraft des Denkens auf meine Erinnerung hinwende und so in meinem Herzen ausspreche, was ich weiß, und ein wahres Wort von meinem Wissen gezeugt wird, dann gehört beides mir, mein Wissen und mein Wort. Ich nämlich weiß, ich spreche im Herzen, was ich weiß. Und wenn ich beim Denken finde, daß ich in meiner Erinnerung etwas bereits einsehe, bereits etwas liebe, da ja Vernunft und Liebe schon dort waren, auch bevor ich daran dachte, dann finde ich meine Vernunft und meine Liebe in meiner Erinnerung, mit der ich (als Ich) erkenne, mit der ich liebe, nicht jene (die Einsicht). Ebenso, wenn mein Denken sich erinnert und zu dem zurückkehren will, was es in der Erinnerung zurückgelassen hatte, und es in Einsicht durchschauen und inwendig sagen will, dann ist es mein Erinnern, das erinnert und durch den Willen will, nicht ihres (der Erinne-
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atque intellegit quid appetere debeat, quid uitare, per meam, non per suam memoriam meminit. et per intellegentiam meam, non suam, quidquid intellegenter amat intellegit. quod breuiter dici potest: ego per omnia illa tria memini, ego intellego, ego diligo, qui nec memoria sum nec intellegentia nec dilectio, sed haec habeo. ista ergo dici possunt ab una persona quae habet haec tria, non ipsa est haec tria. in illius uero summae simplicitate naturae quae deus est, quamuis unus sit deus, tres tamen personae sunt, pater et filius et spiritus sanctus. [22. 43] aliud est itaque trinitas res ipsa, aliud imago trinitatis in re alia. propter quam imaginem simul et illud in quo sunt haec tria imago dicitur, sicut imago dicitur simul et tabula et quod in ea pictum est, sed propter picturam quae in ea est simul et tabula nomine imaginis appellatur. [23. 43] uerum in illa summa trinitate quae incomparabiliter rebus omnibus antecellit tanta est inseparabilitas ut cum trinitas hominum non possit dici unus homo, illa unus deus et dicatur et sit, nec in uno deo sit illa trinitas, sed unus deus. nec rursus quemadmodum ista imago quod est homo habens illa tria una persona est ita est illa trinitas, sed tres personae sunt, pater filii et filius patris et spiritus patris et filii. quamuis enim memoria hominis et maxime illa quam pecora non habent, id est qua res intellegibiles ita continentur ut non in eam per sensus corporis uenerint, habeat pro modulo suo in hac imagine trinitatis incomparabiliter quidem imparem sed tamen qualemcumque similitudinem patris, itemque intellegentia hominis quae per intentionem cogitationis inde formatur quando quod scitur dicitur et
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rung). Wenn schließlich meine Liebe sich erinnert und einsieht, was sie erstreben, was sie vermeiden muß, dann erinnert sie sich durch meine, nicht durch ihre Erinnerung. Und durch meine Einsicht, nicht durch die ihrige sieht sie ein, was immer sie einsichtig liebt.‹121 Man kann das kurz also ausdrücken: ›Ich bin es, der sich durch diese drei erinnert, ich liebe, der ich weder Erinnerung, noch Einsicht, noch Liebe bin, sondern diese drei besitze‹. Diese drei können also von einer Person ausgesagt werden, welche diese drei hat, nicht diese drei ist. In der Einfachheit jener höchsten Natur hingegen, die Gott ist, sind, wenngleich nur ein Gott ist, doch drei Personen, der Vater, Sohn und Heilige Geist. [22. 43] Etwas anderes ist daher die Dreieinheit als eigener, etwas anderes das Bild der Dreieinheit in einem anderen Gegenstand. Wegen dieses Bildes wird auch dasjenige, in dem diese drei sind, Bild genannt, so wie Bild zugleich die Tafel und das, was auf ihr gemalt ist, heißt, wobei aber wegen des Gemäldes, das auf ihr ist, auch die Tafel selbst mit dem Namen des Bildes benannt wird. [23. 43] In jener höchsten Dreieinheit hingegen, die alle Dinge unvergleichlich überragt, herrscht eine solche Untrennbarkeit, daß, während eine Dreiheit von Menschen nicht ein Mensch genannt werden kann, jene Dreieinheit ein Gott genannt wird und ist, und daß jene Dreieinheit nicht in einem Gott ist, sondern der eine Gott. Und wiederum ist nicht wie das Bild, welches der jene drei Vermögen habende Mensch als Person ist, so jene Dreieinheit eine Person, sondern es sind drei Personen, der Vater des Sohnes, der Sohn des Vaters und der Geist des Vaters und Sohnes. Wenngleich nämlich die Erinnerung des Menschen, vor allem jene, welche die Tiere nicht haben, das heißt jene, in der die geistigen Dinge so enthalten sind, daß sie nicht durch die Leibessinne in sie gelangen, in diesem Bild der Dreieinheit nach seinem kleinen Maß eine zwar unvergleichlich ungleiche, aber doch irgendwelche Ähnlichkeit mit dem Vater hat, obgleich ebenso die Einsicht des Menschen, welche durch die Aufmerksamkeit des Denkens von dorther geformt wird, wenn man, was man weiß,
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nullius linguae cordis uerbum est habeat in sua magna disparilitate nonnullam similitudinem filii, et amor hominis de scientia procedens et memoriam intellegentiamque coniungens tamquam parenti prolique communis, unde nec parens intellegitur esse nec proles, habeat in hac imagine aliquam licet ualde imparem similitudinem spiritus sancti; non tamen sicut in ista imagine trinitatis non haec tria unus homo sed unius hominis sunt, ita in ipsa summa trinitate cuius haec imago est unius dei sunt illa tria, sed unus deus est et tres sunt illae, non una persona. quod sane mirabiliter ineffabile est uel ineffabiliter mirabile, cum sit una persona haec imago trinitatis, ipsa uero summa trinitas tres personae sint, inseparabilior est illa trinitas personarum trium quam haec unius. illa quippe in natura diuinitatis, siue id melius dicitur deitatis, quod est hoc est, atque incommutabiliter inter se ac semper aequalis est, nec aliquando non fuit aut aliter fuit, nec aliquando non erit aut aliter erit. ista uero tria quae sunt in impari imagine, etsi non locis quoniam non sunt corpora, tamen inter se nunc in ista uita magnitudinibus separantur. neque enim quia moles nullae ibi sunt ideo non uidemus in alio maiorem esse memoriam quam intellegentiam, in alio contra; in alio duo haec amoris magnitudine superari siue sint ipsa duo inter se aequalia siue non sint. atque ita a singulis bina et a binis singula et a singulis singula maioribus minora uincuntur. et quando inter se aequalia fuerint ab omni languore sanata, nec tunc aequabitur rei natura immutabili ea res quae per gratiam non mutatur quia non aequatur creatura creatori, et quando ab omni languore sanabitur mutabitur.
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ausspricht, was das keiner Sprache angehörige Wort des Herzens ist, in seiner großen Ungleichheit irgendeine Ähnlichkeit mit dem Sohn hat, und auch die Liebe des Menschen, die aus dem Wissen hervorgeht und Erinnerung und Einsicht verknüpft, gleichsam dem Erzeuger und dem Sprößling gemeinsam, woraus man ersieht, daß sie weder Erzeuger noch Sprößling ist, in diesem Bild irgendeine, obschon sehr ungleiche Ähnlichkeit mit dem Heiligen Geist hat – so sind doch nicht, wie in diesem Bild der Dreieinheit die drei Kräfte nicht ein Mensch, sondern einem Menschen eigen sind, so auch in der höchsten Dreieinheit selbst, deren Bild dies ist, jene drei dem einen Gott eigen, sondern der eine Gott ist, und drei Personen sind jene, nicht eine Person. Das ist freilich wunderbar unaussprechlich oder unaussprechlich wunderbar, da eine Person Bild der Dreieinheit ist, die höchste Dreieinheit selbst hingegen drei Personen ist. Untrennbarer ist jene Dreieinheit der drei Personen als diese Dreiheit einer einzigen Person. Jene Dreieinheit in der Natur der Göttlichkeit oder, um es besser zu sagen, der Gottheit, ist das, was ist, und sie ist in sich unwandelbar und immer gleich, und weder war sie irgendwann nicht oder anders, noch wird sie irgendwann nicht oder anders sein. Jene drei aber, die sich im ungleichen Bild finden, sind, wenn auch nicht räumlich, da sie keine Körper sind, so doch durch ihre Größen jetzt in diesem Leben in sich verschieden. Denn wenn es da auch keinerlei Massen gibt, so sehen wir doch, daß in dem einen die Erinnerung größer ist als die Einsicht, in dem anderen umgekehrt; in einem anderen wiederum werden diese beiden durch die Größe der Liebe übertroffen, mögen sie selbst unter sich gleich sein oder nicht. Und so werden je zwei von einem einzelnen, ein einzelnes von je zweien, je eines von je einem, von den größeren die kleineren an Größe überragt. Und auch wenn sie, von jeder Trägheit geheilt, einmal in sich gleich sein werden, auch dann wird dieser Gegenstand, der durch Gnade nicht (mehr) verändert wird, nicht jener von Natur unveränderlichen Wirklichkeit gleichgekommen sein, weil das Geschöpf dem Schöpfer nicht gleichkommt, auch wenn es von jeder Trägheit geheilt sein und verändert werden wird.
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[23. 44] sed hanc non solum incorporalem uerum etiam summe inseparabilem uereque immutabilem trinitatem cum uenerit uisio quae facie ad faciem nobis promittitur, multo clarius certiusque uidebimus quam nunc eius imaginem quod nos sumus. per quod tamen speculum et in quo aenigmate qui uident sicut in hac uita uidere concessum est non illi sunt qui ea quae digessimus et commendauimus in sua mente conspiciunt, sed illi qui eam tamquam imaginem uident ut possint ad eum cuius imago est quomodocumque referre quod uident et per imaginem quam conspiciendo uident etiam illud uidere coniciendo quoniam nondum possunt facie ad faciem. non enim ait apostolus: uidemus nunc speculum, sed: uidemus per speculum. [24. 44] qui ergo uident suam mentem quomodo uideri potest et in ea trinitatem istam de qua multis modis ut potui disputaui nec tamen eam credunt uel intellegunt esse imaginem dei. speculum quidem uident, sed usque adeo non uident per speculum qui est per speculum nunc uidendus ut nec ipsum speculum quod uident sciant esse speculum, id est imaginem. quod si scirent, fortassis et eum cuius est hoc speculum per hoc quaerendum et per hoc utcumque interim uidendum esse sentirent fide non ficta corda mundante ut facie ad faciem possit uideri qui per speculum nunc uidetur. qua fide cordium mundatrice contempta quid agunt intellegendo quae de natura mentis humanae subtilissime disputantur nisi ut ipsa quoque intellegentia sua teste damnentur? in qua utique non laborarent et uix ad certum aliquid peruenirent nisi poenalibus tenebris inuoluti et onerati corpore corruptibili quod aggrauat animam. quo tandem merito inflicto malo isto nisi peccati? unde tanti mali magni-
43 1Cor 13,12 51-52 1Cor 13,12 24,8-9 1Tm 1,5 10 1Cor 13,12
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[23. 44] Aber diese nicht nur unkörperliche, sondern auch höchst untrennbare und wahrhaft unwandelbare Dreieinheit werden wir, wenn jenes Sehen kommt, das uns als Sehen von Angesicht zu Angesicht verheißen ist, viel klarer und sicherer sehen als jetzt ihr Bild, das wir sind. Diejenigen jedoch, welche in diesem Spiegel und Rätsel zu sehen vermögen, soweit uns in diesem Leben zu sehen gewährt ist, sind nicht jene, die das, was wir ausgeführt und aufgezeigt haben, in ihrem Geist erblicken, sondern jene, die den Geist gleichsam als Bild sehen, so daß sie, was sie sehen, irgendwie auf jenen beziehen können, dessen Bild er ist, und durch das Bild, das sie durch Erblicken sehen, auch jenes durch Mutmaßen sehen, da sie dasselbe noch nicht von Angesicht zu Angesicht vermögen.122 Denn nicht sagt der Apostel: ›Wir sehen jetzt einen Spiegel‹, sondern: ›Wir sehen jetzt durch einen Spiegel.‹ [24. 44] Die also ihren Geist sehen, wie er gesehen werden kann, und in ihm jene Dreiheit, von der ich in vielerlei Weisen, so gut ich konnte, gesprochen habe, glauben nicht oder sehen nicht ein, daß er Bild Gottes ist. Sie sehen zwar den Spiegel, aber so wenig sehen sie durch den Spiegel jenen, der jetzt durch den Spiegel zu sehen ist, daß sie nicht einmal vom Spiegel, den sie jetzt sehen, wissen, daß er Spiegel ist, das ist ein Bild. Wüßten sie es, dann würden sie vielleicht auch wahrnehmen, daß jener, dessen Spiegelbild sie sehen, durch diesen Spiegel zu suchen und durch ihn, wie auch immer, inzwischen zu sehen ist ›in ungeheucheltem Glauben‹ und reinen Herzens, auf daß von Angesicht zu Angesicht gesehen werden kann, der durch den Spiegel jetzt gesehen wird. Die diesen die Herzen reinigenden Glauben verachten, was tun die im Einsehen dessen, was über die Natur des menschlichen Geistes mit höchstem Scharfsinn erörtert wird, anderes, als daß sie auch durch das Zeugnis dieser ihrer eigenen Einsicht verdammt werden? Sie würden an ihr nicht leiden und kaum etwas Sicheres erreichen, wenn sie nicht zur Strafe in Finsternis gehüllt wären und an der Last eines vergänglichen Leibes trügen, der die Seele beschwert. Mit welcher Schuld haben sie sich dieses Übel zugefügt, wenn nicht der Sünde? Daher müßten sie, von der Größe eines solchen Übels
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tudine admoniti sequi deberent agnum qui tollit peccatum mundi. [25. 44] ad eum namque pertinentes etiam longe istis ingenio tardiores quando fine uitae huius resoluuntur a corpore ius in eis retinendis non habent inuidae potestates. quas ille agnus sine ullo ab eis peccati debito occisus non potentia potestatis priusquam iustitia sanguinis uicit. proinde liberi a diaboli potestate suscipiuntur ab angelis sanctis a malis omnibus liberati per mediatorem dei et hominum hominem Christum Iesum, quoniam consonantibus diuinis scripturis et ueteribus et nouis et per quas praenuntiatus et per quas annuntiatus est Christus, non est aliud nomen sub caelo in quo oportet homines saluos fieri. constituuntur autem purgati ab omni contagione corruptionis in placidis sedibus donec recipiant corpora sua, sed iam incorruptibilia quae ornent non onerent. hoc enim placuit optimo et sapientissimo creatori ut spiritus hominis deo pie subditus habeat feliciter subditum corpus et sine fine permaneat ipsa felicitas. [25.45] ibi ueritatem sine ulla difficultate uidebimus eaque clarissima et certissima perfruemur. nec aliquid quaeremus mente ratiocinante, sed contemplante cernemus quare non sit filius spiritus sanctus, cum de patre procedat. in illa luce nulla erit quaestio. hic uero ipsa experientia tam mihi apparuit esse difficilis, quod et illis qui haec diligenter atque intellegenter legent procul dubio similiter apparebit, ut cum me in secundo huius operis libro alio loco inde dicturum esse promiserim, quotienscumque in ea creatura quae nos sumus aliquid illi rei simile ostendere uolui, qualemcumque intellectum meum sufficiens
17-18 Io 1,29 25,9-10 Act 4,12
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gemahnt, dem Lamm folgen, das die Sünde der Welt hinwegnimmt. [25. 44] Wenn nämlich jene, die zu ihm gehören, mögen sie auch an Begabung gegenüber diesen weit langsamer sein, am Ende dieses Lebens von ihrem Leib gelöst werden, dann haben die neidischen Mächte kein Recht, sie zu behalten. Denn das Lamm, das ohne irgendeine Sündenschuld getötet wurde, hat diese nicht so sehr durch die Macht der Gewalt als durch die Gerechtigkeit des Blutes besiegt. Frei mithin von der Gewalt des Teufels, werden sie von den heiligen Engeln aufgenommen, von allen Übeln befreit durch den Mittler zwischen Gott und den Menschen, den Menschen Christus Jesus. Wie nämlich die göttlichen Schriften, die alten und die neuen, jene, durch die Christus vorherverkündet, und jene, durch die er verkündet wurde, einhellig bezeugen, »ist kein anderer Name unter dem Himmel, in dem die Menschen gerettet werden könnten.« Gereinigt aber von jeder Befleckung durch die Verweslichkeit, werden sie auf friedsame Sitze gesetzt, bis sie ihre Körper wieder empfangen, nun aber unvergängliche, die zieren und nicht mehr beschweren. So nämlich gefiel es dem besten und weisesten Schöpfer, daß der Gott fromm unterworfene Geist des Menschen selig den unterworfenen Körper besitze und daß diese Seligkeit ohne Ende fortdaure. [25. 45] Dort werden wir die Wahrheit ohne jede Schwierigkeit sehen und sie in vollster Klarheit und Sicherheit genießen. Nicht werden wir mit überlegendem Geist suchen, sondern mit erkennendem Geist sehen, warum der Heilige Geist nicht Sohn ist, da er doch vom Vater hervorgeht. In diesem Licht wird es keine Frage mehr geben. Hier aber erschien mir schon die Erfahrung so schwierig – auch jenen, die dies sorgfältig und einsichtig lesen werden, wird es ohne Zweifel ähnlich erscheinen –, daß – nachdem ich im zweiten Buch dieses Werkes versprochen habe, so oft nur immer ich in der Schöpfung, die wir sind, etwas diesem Gegenstand Ähnliches zeigen wollte, es hierauf dann darzustellen – meine (vielleicht) ausreichende Darstellungsfähigkeit meinem Verständnis, wie beschaffen es auch immer sein
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elocutio mea secuta non fuerit, quamuis et in ipso intellectu conatum me senserim magis habuisse quam effectum, et in una quidem persona quod est homo inuenisse imaginem summae illius trinitatis, et in re mutabili tria illa ut facilius intellegi possint etiam per temporalia interualla maxime in libro nono monstrare uoluisse. sed tria unius personae non sicut humana poscit intentio tribus illis personis conuenire potuerunt sicut in hoc libro quinto decimo demonstrauimus. [26. 45] deinde in illa summa trinitate quae deus est interualla temporum nulla sunt per quae possint ostendi aut saltem requiri utrum prius de patre natus sit filius et postea de ambobus processerit spiritus sanctus quoniam scriptura sancta spiritum eum dicit amborum. ipse est enim de quo dicit apostolus: quoniam autem estis filii, misit deus spiritum filii sui in corda nostra, et ipsa est de quo dicit idem filius: non enim uos estis qui loquimini, sed spiritus patris uestri qui loquitur in uobis. et multis aliis diuinorum eloquiorum testimoniis comprobatur patris et filii esse spiritum qui proprie dicitur in trinitate spiritus sanctus, de quo item dicit ipse filius: quem ego mitto uobis a patre, et alio loco: quem mittet pater in nomine meo. de utroque autem procedere sic docetur quia ipse filius ait: de patre procedit, et cum resurrexisset a mortuis et apparuisset discipulis suis, insufflauit et ait: accipite spiritum sanctum, ut eum etiam de se procedere ostenderet, et ipsa est uirtus quae de illo exibat sicut legitur in euangelio, et sanabat omnes. [26. 46] quid uero fuerit causae ut post resurrectionem suam et in terra prius daret et de caelo postea mitteret spiritum sanctum, hoc ego existimo quia per ipsum donum diffunditur caritas in cordibus nostris qua diligamus deum et proximum secundum 5-6 Gal 4,6 7-8 Mt 10,20 11 Io 15,26 12 Io 14,26 13 Io 15,26 15 Io 20,22 16-17 Lc 6,19
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mag, nicht gefolgt ist. Freilich habe ich empfunden, daß ich auch in diesem Verstehen mehr versucht als erreicht habe: teils habe ich in eben einer Person, was der Mensch ist, ein Bild jener höchsten Dreieinheit gefunden, teils wollte ich diese in einem wandelbaren Gegenstand, damit sie leichter eingesehen werden kann, auch durch ihre zeitlichen Abstände hindurch (insbesondere im neunten Buch) zeigen. Indessen konnten diese drei nicht so, wie es die menschliche Aufmerksamkeit fordert, mit jenen drei Personen übereinstimmen, wie wir in diesem fünfzehnten Buch gezeigt haben. [26. 45] Ferner gibt es in jener höchsten Dreieinheit, die Gott ist, keine zeitlichen Zwischenräume, so daß man zeigen oder wenigstens untersuchen könnte, ob zuerst der Sohn vom Vater geboren sei und dann von beiden der Heilige Geist hervorgehe, da die Heilige Schrift ihn den Geist der beiden nennt. Er nämlich ist es, von dem der Apostel sagt: »Weil ihr aber Söhne seid, sandte Gott den Geist seines Sohnes in eure Herzen.« Und er ist es, von dem derselbe Sohn sagt: »Denn nicht ihr seid es, die reden, sondern der Geist eures Vaters, der wird in euch reden.« Durch viele andere Zeugnisse der göttlichen Worte wird erhärtet, daß der Geist des Vaters und Sohnes es ist, der in der Dreieinheit im eigentlichen Sinn Heiliger Geist genannt wird. Von ihm sagt wiederum der Sohn selbst: »Den ich euch vom Vater senden werde«, und an einer anderen Stelle: »Den der Vater in meinem Namen senden wird.« Daß er aber von beiden hervorgeht, wird dadurch gelehrt, daß der Sohn selbst sagt: »Er geht vom Vater hervor.« Als er von den Toten auferstanden und seinen Jüngern erschienen war, hauchte er sie an und sprach: »Empfanget den Heiligen Geist!«, um zu zeigen, daß der Geist auch von ihm hervorgehe. Dieser ist auch »die Kraft«, die »von ihm ausging«, wie man im Evangelium liest, »und alle heilte«. [26. 46] Was aber die Ursache dafür betrifft, daß er nach seiner Auferstehung den Heiligen Geist zunächst auf der Erde gab und hernach vom Himmel her sandte, so sehe ich sie darin, daß durch dieses Geschenk die Liebe in unseren Herzen ausgegossen wird, in der wir Gott und den Nächsten lieben, gemäß jenen
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duo illa praecepta in quibus tota lex pendet et prophetae. hoc significans dominus Iesus bis dedit spiritum sanctum, semel in terra propter dilectionem proximi et iterum de caelo propter dilectionem dei. et si forte alia ratio reddatur de bis dato spiritu sancto, eundem tamen spiritum datum cum insufflasset Iesus de quo mox ait: ite, baptizate gentes in nomine patris et filii et spiritus sancti, ubi maxime commendatur haec trinitas, ambigere non debemus. ipse est igitur qui etiam de caelo datus est die pentecostes, id est post dies decem quam dominus ascendit in caelum. quomodo ergo deus non est qui dat spiritum sanctum? immo quantus deus est qui dat deum? neque enim aliquis discipulorum eius dedit spiritum sanctum. orabant quippe ut ueniret in eos quibus manum imponebant, non ipsi eum dabant. quem morem in suis praepositis etiam nunc seruat ecclesia. denique et Simon magus offerens apostolis pecuniam, non ait: date et mihi hanc potestatem ut dem spiritum sanctum, sed: cuicumque, inquit, imposuero manus accipiat spiritum sanctum, quia neque scriptura superius dixerat: uidens autem Simon quod apostoli darent spiritum sanctum, sed dixerat: uidens autem Simon quod per impositionem manuum apostolorum datur spiritus sanctus. propter hoc et dominus ipse Iesus spiritum sanctum non solum dedit ut deus sed etiam accepit ut homo, propterea dictus est plenus gratia. et manifestius de illo scriptum est in actibus apostolorum: quoniam unxit eum deus spiritu sancto, non utique oleo uisibili sed dono gratiae quod uisibili significatur unguento quo baptizatos ungit ecclesia. nec sane tunc unctus est Christus spiritu sancto quando super eum baptizantum uelut columba descendit; tunc enim corpus suum, id est ecclesiam
27-28 Mt 28,19 37-39 Act 8,19 41-42 Act 8,18 46 Act 10,38
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zwei Geboten, an denen das ganze Gesetz und die Propheten hängt. Um dies auszudrücken, hat der Herr Jesus den Heiligen Geist zweimal gegeben, einmal auf der Erde wegen der Nächstenliebe und dann vom Himmel her wegen der Gottesliebe. Und wenn vielleicht auch ein anderer Grund dafür angegeben werden kann, daß der Heilige Geist zweimal gegeben wurde, so dürfen wir doch nicht zweifeln, daß es derselbe Heilige Geist war, der gegeben wurde, als Jesus sie anhauchte, und von dem er später sagte: »Gehet hin und taufet alle Völker im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes«, wo diese Dreieinheit, woran wir nicht zweifeln dürfen, uns am meisten übergeben wird. Er ist es also, der auch am Pfingsttag, das heißt zehn Tage, nachdem der Herr in den Himmel aufgefahren war, vom Himmel her gegeben wurde. Wie soll also der nicht Gott sein, der den Heiligen Geist gibt? Ja, wie groß ist der Gott, der Gott gibt? Nicht konnte ja einer seiner Jünger den Heiligen Geist geben. Sie beteten zwar, daß er auf jene herabkomme, denen sie die Hand auflegten, aber sie gaben ihn nicht. Diesen Brauch wahrt die Kirche heute noch in ihren Vorstehern. Auch als Simon, der Zauberer, den Aposteln Geld anbot, sagte er nicht: »Gebt auch mir die Gewalt«, den Heiligen Geist zu verleihen, sondern: »daß jeder, dem ich die Hände auflege, den Heiligen Geist empfange«, weil auch die Schrift vorher nicht gesagt hatte: ›als Simon sah, daß die Apostel den Heiligen Geist gaben‹, vielmehr hatte sie gesagt: »Als Simon sah, daß durch die Handauflegung der Apostel der Heilige Geist gegeben wurde.« Deshalb hat auch unser Herr Jesus selbst den Heiligen Geist nicht nur als Gott gegeben, sondern auch als Mensch empfangen. Deshalb heißt er voll der Gnade und des Heiligen Geistes. Offenkundiger noch steht von ihm in der Apostelgeschichte geschrieben: »Es salbte ihn Gott mit dem Heiligen Geist.« Nicht mit sichtbarem Öl, sondern mit dem Geschenk der Gnade, das durch die sichtbare Salbung versinnbildet wird, mit der die Kirche die Getauften salbt. Nicht freilich wurde Christus damals mit dem Heiligen Geist gesalbt, als er auf ihn bei der Taufe in Gestalt einer Taube herabstieg. Damals nämlich würdigte er
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suam, praefigurare dignatus est in qua praecipue baptizati accipiunt spiritum sanctum. sed ista mystica et inuisibili unctione tunc intellegendus est unctus quando uerbum dei caro factum est, id est quando humana natura sine ullis praecedentibus bonorum operum meritis deo uerbo est in utero uirginis copulata ita ut cum illo fieret una persona. ob hoc eum confitemur natum de spiritu sancto et uirgine Maria. absurdissimum est enim ut credamus eum cum iam triginta esset annorum – eius enim aetatis a Iohanne baptizatus est – accepisse spiritum sanctum, sed uenisse ad illud baptisma sicut sine ullo omnino peccato ita non sine spiritu sancto. si enim de famulo eius et praecursore ipso Iohanne scriptum est: spiritu sancto replebitur iam inde ab utero matris suae, quoniam quamuis seminatus a patre, tamen spiritum sanctum in utero formatus accepit, quid de homine Christo intellegendum est uel credendum cuius carnis ipsa conceptio non carnalis sed spiritalis fuit? in eo etiam quod de illo scriptum est, quod acceperit a patre promissionem spiritus sancti et effuderit utraque natura monstrata est, et humana scilicet et diuina. accepit quippe ut homo, effudit ut deus. nos autem accipere quidem hoc donum possumus pro modulo nostro; effundere autem super alios non utique possumus, sed ut hoc fiat deum super eos a quo id efficitur inuocamus. [26. 47] numquid ergo possumus quaerere utrum iam processerat de patre spiritus sanctus quando natus est filius, an nondum processerat et illo nato de utroque processit ubi nulla sunt tempora sicut potuimus quaerere ubi inuenimus tempora uoluntatem prius de humana mente procedere ut quaeratur quod inuentum proles uocetur, quia iam parta seu genita uoluntas illa perficitur eo fine requiescens ut qui fuerat appetitus quaerentis
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sich, seinen Leib, das heißt seine Kirche, im voraus darzustellen, in welcher vorzüglich die Getauften den Heiligen Geist empfangen. Man muß vielmehr verstehen, daß er damals mit dieser geheimnisvollen und unsichtbaren Salbung gesalbt wurde, als das Wort Fleisch geworden ist, das heißt, als die menschliche Natur ohne vorangehende Verdienste guter Werke mit Gott dem Wort im Schoß der Jungfrau verbunden wurde, so daß es mit diesem zu einer Person wurde.123 Deshalb bekennen wir von ihm, daß er geboren ist vom Heiligen Geist und von Maria der Jungfrau. Völlig töricht wäre es, zu glauben, er habe, als er dreißig Jahre alt war (in diesem Alter wurde er nämlich von Johannes getauft), den Heiligen Geist empfangen, er sei aber zur Taufe wie ohne jede Sünde so auch ohne den Heiligen Geist gekommen. Wenn nämlich selbst von seinem Diener und Vorläufer Johannes geschrieben steht: »Er wird mit dem Heiligen Geist erfüllt werden schon vom Mutterleib an«, weil er, wenngleich von einem Vater gezeugt, doch den Heiligen Geist empfing, sobald er im Mutterleib gebildet war, was soll man da vom Menschen Christus annehmen oder glauben, wo doch die Empfängnis seines Fleisches nicht auf fleischliche, sondern auf geistige Weise erfolgte? Wenn von ihm geschrieben steht, daß er vom Vater den verheißenen Heiligen Geist empfing und daß er ihn ausgoß, wird auf seine zwei Naturen hingewiesen, auf seine menschliche und auf seine göttliche. Er empfing ihn nämlich als Mensch, er goß ihn aus als Gott. Wir aber können dieses Geschenk zwar nach unserem bescheidenen Maß empfangen, über andere es ausgießen aber können wir nicht, vielmehr rufen wir, damit das geschieht Gott über sie an, von dem es bewirkt wird. [26. 47] Können wir also fragen, ob der Heilige Geist vom Vater schon ausgegangen war, als der Sohn geboren wurde, oder ob er noch nicht ausgegangen war und ob er nach der Geburt des Sohnes von beiden hervorging – dort gibt es ja keine Zeiten –, wie wir dort, wo wir Zeiten fanden, schließen konnten, daß der Wille vorher vom menschlichen Geist hervorgeht, so daß man sucht, was, wenn es gefunden ist, Sprößling genannt wird – wenn dieser geboren oder gezeugt ist, dann kommt jener Wille zur Vollendung, indem er in seinem Ziel ausruht, so daß,
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sit amor fruentis qui iam de utroque, id est de gignente mente et de genita notione, tamquam de parente ac prole procedat? non possunt prorsus ista ibi quaeri ubi nihil ex tempore inchoatur ut consequenti perficiatur in tempore. quapropter qui potest intellegere sine tempore generationem filii de patre intellegat sine tempore processionem spiritus sancti de utroque. et qui potest intellegere in eo quod ait filius: sicut habet pater uitam in semetipso sic dedit filio uitam habere in semetipso, non sine uita exsistenti iam filio uitam patrem dedisse sed ita eum sine tempore genuisse ut uita quam pater filio gignendo dedit coaeterna sit uitae patris qui dedit, intellegat sicut habet pater in semetipso ut et de illo procedat spiritus sanctus sic dedisse filio ut de illo procedat idem spiritus sanctus et utrumque sine tempore, atque ita dictum spiritum sanctum de patre procedere ut intellegatur quod etiam procedit de filio, de patre esse filio. si enim quidquid habet de patre habet filius, de patre habet utique ut et de illo procedat spiritus sanctus. sed nulla ibi tempora cogitentur quae habent prius et posterius quia ibi omnino nulla sunt. quomodo ergo non absurdissime filius diceretur amborum cum sicut filio praestat essentiam sine initio temporis, sine ulla mutabilitate naturae de patre generatio, ita spiritui sancto praestet essentiam sine ullo initio temporis, sine ulla mutabilitate naturae de utroque processio? ideo enim cum spiritum sanctum genitum non dicamus, dicere tamen non audemus ingenitum ne in hoc uocabulo uel duos patres in illa trinitate uel duos qui non sunt de alio quispiam suspicetur. pater enim solus non est de alio, ideo solus appellatur ingenitus non quidem in scripturis
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was vorher das Streben des Suchenden war, nun die Liebe des Genießenden ist, der nun von beiden, das ist vom zeugenden Geist und von der gezeugten Erkenntnis wie von Ursprung und Sproß hervorging? Nicht wahrhaftig kann Derartiges hier gefragt werden, wo nichts in der Zeit anfängt, so daß es in der Folgezeit vollendet würde. Wer sonach die Zeugung des Sohnes vom Vater zeitlos verstehen kann, der verstehe zeitlos den Hervorgang des Heiligen Geistes von beiden. Und wer das Wort des Sohnes: »Wie der Vater das Leben in sich selbst hat, so gab er dem Sohne, das Leben in sich selbst zu haben«, im wahren Sinne zu verstehen vermag, daß nämlich der Vater nicht dem ohne Leben schon existierenden Sohn das Leben gab, sondern daß er ihn zeitlos so zeugte, daß das Leben, welches der Vater dem Sohn durch die Zeugung gab, so ewig ist wie das Leben des Vaters, der es gab: der möge einsehen, daß der Vater, wie er in sich den Grund hat, daß der Heilige Geist von ihm hervorgeht, so es auch dem Sohn verlieh, daß der gleiche Heilige Geist von ihm hervorgeht, und daß beides zeitlos geschieht, daß es vom Heiligen Geist deshalb heißt, er gehe vom Vater hervor, damit man einsehe, daß er auch vom Sohn hervorgeht, daß er vom Vater dem Sohn ist. Wenn nämlich der Sohn etwas vom Vater hat, so hat er es gänzlich vom Vater, damit auch von ihm der Heilige Geist hervorgehe. Dabei aber sollen keine Zeiten gedacht werden, die ein Vorher und Nachher haben, weil es hier keinerlei Zeiten gibt. Wäre es auf diese Weise nicht die größte Torheit, ihn den Sohn der beiden zu nennen, da, ebenso wie dem Sohn ohne zeitlichen Beginn, ohne irgendeine Wandelbarkeit der Natur die Zeugung vom Vater das Wesen verleiht, so dem Heiligen Geist ohne irgendeinen zeitlichen Beginn, ohne irgendeine Wandelbarkeit der Natur der Hervorgang von beiden das Wesen verleiht? Wenn wir sonach den Heiligen Geist auch nicht gezeugt nennen, so wagen wir es doch nicht, ihn ungezeugt zu heißen, damit niemand durch dies Wort auf die Vermutung komme, es gebe in dieser Dreieinheit zwei Väter oder zwei, die nicht von einem anderen sind. Nur der Vater nämlich ist nicht von einem anderen. Deshalb wird er allein ungezeugt genannt, nicht zwar
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sed in consuetudine disputantium et de re tanta sermonem qualem ualuerint proferentium. filius autem de patre natus est, et spiritus sanctus de patre principaliter, et ipso sine ullo interuallo temporis dante, communiter de utroque procedit. diceretur autem filius patris et filii si, quod abhorret ab omnium sanorum sensibus, eum ambo genuissent. non igitur ab utroque est genitus sed procedit ab utroque amborum spiritus. [27. 48] uerum quia in illa coaeterna et aequali et incorporali et ineffabiliter immutabili atque inseparabili trinitate difficillimum est generationem a processione distinguere, sufficiat interim eis qui extendi non ualent amplius id quod de hac re in sermone quodam proferendo ad aures populi christiani diximus dictumque conscripsimus. inter cetera enim cum per scripturarum sanctarum testimonia docuissem de utroque procedere spiritum sanctum: si ergo, inquam, et de patre et de filio procedit spiritus sanctus, cur filius dixit: de patre procedit? cur, putas, nisi quemadmodum solet ad eum referre et quod ipsius est de quo et ipse est? unde illud est quod ait: mea doctrina non est mea sed eius qui me misit. si igitur hic intellegitur eius doctrina quam tamen dixit non suam sed patris, quanto magis illic intellegendus est et de ipso procedere spiritus sanctus ubi sic ait: de patre procedit, ut non diceret: de me non procedit? a quo autem habet filius ut sit deus – est enim de deo deus –, ab illo habet utique ut etiam de illo procedat spiritus sanctus, ac per hoc spiritus sanctus ut etiam de filio procedat sicut procedit de patre ab ipso habet patre. hic utcumque etiam illud intellegitur quantum a talibus quales nos sumus intellegi potest cur non dicatur natus esse
8-35 In Ioh. euang. tract. 99,8-9 8-9 Io 15,26 11-12 Io 7,16 14-15 Io 15,26
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in der Schrift, wohl aber in der Gewohnheit der darüber Redenden und derer, die über einen so bedeutenden Gegenstand eine ihrer Fähigkeit entsprechende Rede vorbringen. Der Sohn aber ist vom Vater geboren, und der Heilige Geist geht ursprünglich vom Vater und, da dieser es ohne irgendeinen zeitlichen Abstand verleiht, von beiden gemeinsam hervor. Er würde aber der Sohn des Vaters und Sohnes heißen, wenn ihn, was jeden gesunden Sinn abschreckt, beide gezeugt hätten. Nicht also ist beider Geist von beiden gezeugt, sondern er geht von beiden hervor. [27. 48] Weil es indes so schwer ist, in dieser gleichewigen und gleichförmigen und unkörperlichen und unsagbar unwandelbaren wie untrennbaren Dreieinheit die Zeugung von der Hauchung zu unterscheiden, möge denen, die sich nicht weiter emporzustrecken vermögen, vorläufig genügen, was wir über diese Frage in einer Predigt, die für die Ohren des christlichen Volkes bestimmt war, sagten und hernach niederschrieben. Unter anderem sagte ich, nachdem ich durch Zeugnisse der Heiligen Schrift bewiesen hatte, daß der Heilige Geist von beiden hervorgehe, folgendes: »Wenn also der Heilige Geist sowohl vom Vater als auch vom Sohn hervorgeht, warum sagte dann der Sohn: ›Er geht vom Vater hervor?‹ Warum anders als deshalb, weil er, auch was sein ist, auf den zurückzuführen pflegt, von dem auch er selbst ist? Dahin gehört auch sein Wort: ›Meine Lehre ist nicht die meinige, sondern die Lehre dessen, der mich sandte.‹ Wenn also hier seine Lehre gemeint ist, die er doch nicht die seinige nennt, sondern die Lehre des Vaters, um wieviel mehr ist seine Aussage dort so zu verstehen, daß der Heilige Geist auch von ihm hervorgeht, dort, wo er in der Weise sagt: ›Er geht vom Vater hervor‹, daß er nicht sagt: Er geht von mir hervor! Von demjenigen aber, von dem der Sohn sein Gottsein hat – er ist ja Gott von Gott –, von dem empfing er, daß der Heilige Geist auch von ihm hervorgeht. Und so hat der Heilige Geist, daß er auch vom Sohn ausgeht, wie er auch vom Vater ausgeht, ebenfalls vom Vater. Da läßt sich nun einigermaßen auch begreifen, soweit das von Leuten unserer Art überhaupt begriffen werden kann, warum es vom Heiligen Geist nicht heißt, daß er geboren
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sed potius procedere spiritus sanctus quoniam si et ipse filius diceretur, amborum utique filius diceretur, quod absurdissimum est. filius quippe nullus est duorum nisi patris et matris. absit autem ut inter deum patrem et deum filium tale aliquid suspicemur quia nec filius hominum simul et ex patre et ex matre procedit, sed cum in matrem procedit ex patre non tunc procedit ex matre, et cum in hanc lucem procedit ex matre non tunc procedit ex patre. spiritus autem sanctus non de patre procedit in filium et de filio procedit ad sanctificandam creaturam, sed simul de utroque procedit, quamuis hoc filio pater dederit ut quemadmodum de se ita de illo quoque procedat. neque enim possumus dicere quod non sit uita spiritus sanctus cum uita pater, uita sit filius. ac per hoc sicut pater cum habeat uitam in semetipso dedit et filio habere uitam in semetipso, sic ei dedit uitam procedere de illo sicut procedit et de ipso. haec de illo sermone in hunc librum transtuli sed fidelibus non infidelibus loquens. [27. 49] uerum si ad hanc imaginem contuendam et ad uidenda ista quam uera sint quae in eorum mente sunt nec tria sic sunt ut tres personae sint sed omnia tria hominis sunt quae una persona est minus idonei sunt, cur non de illa summa trinitate quae deus est credunt potius quod in sacris litteris inuenitur quam poscunt liquidissimam reddi sibi rationem quae ab humana mente tarda scilicet infirmaque non capitur? et certe cum inconcusse crediderint scripturis sanctis tamquam ueracissimis testibus, agant orando et quaerendo et bene uiuendo ut intellegant, id est ut quantum uideri potest uideatur mente quod tenetur fide. quis hoc prohibeat? immo uero ad hoc quis non hortetur? si autem propterea negandum putant ista esse quia ea non
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ist, sondern vielmehr, daß er hervorgeht, weil er, würde auch er Sohn genannt, offensichtlich beider Sohn genannt würde, was höchst töricht ist. Keiner nämlich ist Sohn von zweien, außer von Vater und Mutter. Ferne aber sei es, zwischen Gott Vater und Gott Sohn ein solches Verhältnis zu vermuten, weil auch ein menschlicher Sohn nicht zugleich von Vater und Mutter hervorgeht, sondern, wenn er vom Vater in die Mutter ausgeht, dann geht er nicht von der Mutter aus; und wenn er von der Mutter ans Tageslicht hervorgeht, dann geht er nicht vom Vater hervor. Der Heilige Geist aber geht nicht vom Vater in den Sohn aus, und nicht geht er vom Sohn aus zur Heiligung der Schöpfung, er geht vielmehr von beiden zugleich hervor, wenngleich der Vater es dem Sohn verlieh, daß der Heilige Geist wie von ihm, so auch vom Sohn hervorgeht. Wir können nämlich nicht sagen, daß der Heilige Geist nicht Leben sei, während der Vater Leben ist und auch der Sohn Leben ist. Denn so hat der Vater, wie er das Leben in sich selbst hat und dem Sohn verlieh, das Leben in sich selbst zu haben, auch diesem verliehen, daß das Leben von ihm hervorgeht, wie es von ihm selbst hervorgeht.« Diese Worte habe ich aus jener Predigt in dies Buch übernommen, indes predigte ich da für Gläubige, nicht für Ungläubige. [27. 49] Wenn sie aber dazu, weniger fähig sind, dies Bild zu schauen und zu sehen, wie wahr jene Dinge sind, die in ihrem Geist sind und dreierlei nicht auf die Weise sind, daß sie drei Personen sind, sondern so, daß sie eine Dreiheit in einem Menschen sind, der eine Person ist – warum wollen sie von jener höchsten Dreieinheit, die Gott ist, nicht lieber glauben, was sich in den heiligen Schriften findet, statt zu verlangen, daß man ihnen völlig durchsichtige Verstandesgründe darbietet, die vom menschlichen Geist, langsam und schwach, wie er ist, nicht erfaßt werden können?124 Wenn sie allerdings den heiligen Schriften als den wahrhaftigsten Zeugen unerschütterlich glauben, dann sollen sie durch Gebet, Forschung und gutes Leben darauf hinarbeiten, daß sie zur Einsicht kommen, das heißt, daß sie, soweit es gesehen werden kann, im Geist sehen, was sie im Glauben festhalten. Wer soll sie daran hindern? Wer soll im Gegenteil nicht dazu mahnen? Wenn sie aber meinen, diese Wirklichkeiten
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ualent caecis mentibus cernere, debent et illi qui ex natiuitate sua caeci sunt esse solem negare. lux ergo lucet in tenebris, quod si eam tenebrae non comprehendunt, inluminentur dei dono prius ut sint fideles et incipiant esse lux in comparatione infidelium, atque hoc praemisso fundamento aedificentur ad uidenda quae credunt ut aliquando possint uidere. sunt enim quae ita creduntur ut uideri iam omnino non possint. non enim Christus iterum in cruce uidendus est, sed nisi hoc credatur quod ita factum atque uisum est ut futurum ac uidendum iam non speretur, non peruenitur ad Christum qualis sine fine uidendus est. quantum uero attinet ad illam summam, ineffabilem, incorporalem immutabilemque naturam per intellegentiam utcumque cernendam, nusquam se melius regente dumtaxat fidei regula acies humanae mentis exerceat quam in eo quod ipse homo in sua natura melius ceteris animalibus, melius etiam ceteris animae suae partibus habet, quod est ipsa mens cui quidam rerum inuisibilium tributus est uisus, et cui tamquam in loco superiore atque interiore honorabiliter praesidenti iudicanda omnia nuntiant etiam corporis sensus, et qua non est superior cui subdita regenda est nisi deus. [27.50] uerum inter haec quae multa iam dixi et nihil illius summae trinitatis ineffabilitate dignum me dixisse audeo profiteri, sed confiteri potius mirificatam scientiam eius ex me inualuisse nec potuisse me ad illam. o tu, anima mea, ubi te esse sentis, ubi iaces aut ubi stas donec ab eo qui propitius factus est omnibus iniquitatibus tuis sanentur omnes languores tui? agnoscis te certe in illo esse stabulo quo Samaritanus ille perduxit eum quem reperit multis a latronibus inflictis uulneribus semiuiuum.
51 Io1,5 70-71 Sermo 117,5,7; 10,15
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leugnen zu sollen, weil sie sie mit ihrem blinden Geist nicht zu sehen vermögen, dann müssen auch jene, die von Geburt an blind sind, die Sonne leugnen. Das Licht leuchtet also in der Finsternis, daß sie, wenn es die Finsternis nicht begreift, durch das Geschenk Gottes vorher erleuchtet werden, damit sie gläubig werden und, mit den Ungläubigen verglichen, Licht zu sein beginnen, und damit sie, wenn einmal diese Grundlage vorher geschaffen ist, auferbaut werden, damit sie einmal sehen können, was sie glauben. Es gibt nämlich Dinge, die so geglaubt werden, daß sie überhaupt nie gesehen werden können. Nicht nämlich kann Christus ein zweites Mal am Kreuz geschaut werden; wenn man aber nicht glaubt, daß dies einmal geschah und gesehen wurde, und so nicht darauf hofft, daß dies sein und zu sehen sein wird, gelangt man nicht zu Christus, wie er ohne Ende zu sehen ist. Was aber jene höchste, unaussprechliche, unstoffliche, unwandelbare Natur angeht, die durch die Einsicht irgendwie zu erkennen ist, so übt sich die Sehkraft des menschlichen Geistes nirgends besser, wenn sie nur unter der Leitung der Glaubensregel bleibt, als in dem, worin die Natur des Menschen den Vorrang hat vor den übrigen Lebewesen, ja was auch über die sonstigen Teile der Seele hinausragt: das ist eben der Geist, dem eine Art Sehen der unsichtbaren Dinge zugesprochen wurde, und dem, der gleichsam an einem höheren und innerlicheren Ort ehrenvoll den Vorsitz führt, während die Sinne des Körpers alles zu Beurteilende melden. Über ihm ist kein Höherer, dem er zur Leitung untertan wäre, als Gott allein.125 [27. 50] Aber inmitten all des vielen, das ich nun schon gesagt habe, wage ich zu gestehen, daß ich nichts der Unaussprechlichkeit jener höchsten Dreieinheit Würdiges gesagt habe, vielmehr ist, das wage ich mehr noch zu bekennen, ihr wunderbares Wissen über mich hinausgewachsen, und nicht vermag ich zu ihr hin.126 Du, meine Seele, wo bist du nach deiner Meinung, wo liegst du, wo stehst du, bis von dem, der all deinen Sünden gnädig ist, alle deine Schwermut geheilt wird? Erkenne doch, daß du in der sicheren Obhut jener Herberge bist, in die dich der Samaritaner führte, da er dich von vielen Wunden bedeckt fand, welche dir die Wegelagerer schlugen, und dich halbtot aufhob!
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et tamen multa uera uidisti, non his oculis quibus uidentur corpora colorata, sed eis pro quibus orabat qui dicebat: oculi mei uideant aequitatem. nempe ergo multa uera uidisti eaque discreuisti ab illa luce qua tibi lucente uidisti. attolle oculos in ipsam lucem et eos in ea fige si potes. sic enim uidebis quid distet natiuitas uerbi dei a processione doni dei propter quod filius unigenitus non de patre genitum, alioquin frater eius esset, sed procedere dixit spiritum sanctum. unde cum sit communio quaedam consubstantialis patris et filii amborum spiritus, non amborum, quod absit, dictus est filius. sed ad hoc dilucide perspicueque cernendum non potes ibi aciem figere. scio, non potes. uerum dico, mihi dico, quid non possim scio. ipsa tibi tamen ostendit in te tria illa in quibus te summae ipsius quam fixis oculis contemplari nondum uales imaginem trinitatis agnosceres. ipsa ostendit tibi uerbum uerum esse in te quando de scientia tua gignitur, id est quando quod scimus dicimus, etsi nullius gentis lingua significantem uocem uel proferamus uel cogitemus; sed ex illo quod nouimus cogitatio nostra formetur, sitque in acie cogitantis imago simillima cognitionis eius quam memoria continebat, ista duo scilicet uelut parentem ac prolem tertia uoluntate siue dilectione iungente. quam quidem uoluntatem de cognitione procedere – nemo enim uult quod omnino quid uel quale sit nescit –, non tamen esse cognitionis imaginem, et ideo quandam in hac re intellegibili natiuitatis et processionis insinuari distantiam quoniam non hoc est cogitatione conspicere quod appetere uel etiam perfrui uoluntate, cernit discernitque qui potest. potuisti et tu quamuis non potueris neque possis explicare sufficienti eloquio quod inter nubila similitudinum cor-
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Und doch hast du viel Wahres gesehen, nicht mit diesen Augen, mit denen man die Körper in ihrer Farbe seht, sondern mit jenen, für die gebetet hat, der sagte; »Meine Augen mögen Gerechtigkeit schauen!« Viel Wahres also hast du wahrhaftig gesehen, du hast es von jenem Licht, in dessen Leuchten dein Sehen geschah. Erhebe deine Augen zu diesem Licht und hefte sie an es, wenn du kannst! So nämlich wirst du sehen, was die Geburt des Wortes Gottes unterscheidet von dem Hervorgang des Geschenkes Gottes, weshalb der eingeborene Sohn Gottes sagte, daß der Heilige Geist nicht vom Vater geboren wurde – er wäre sonst sein Bruder –, sondern daß er hervorging. Da sonach der Geist beider eine Art gleichwesentlicher Gemeinschaft des Vaters und Sohnes ist, heißt er nicht – ferne sei dies – der beiden Sohn. Aber daran, dies deutlich und klar zu erkennen, kannst du dann die Sehkraft nicht klammern. Ich weiß, du kannst es nicht. Wahres sage ich, ich sage es mir selbst, ich weiß, was ich nicht kann. Sie selbst zeigte dir danach in dir jene drei, in denen du das Bild der höchsten Dreieinheit erkennst, die du noch nicht mit darauf gehefteten Augen zu betrachten vermagst. Sie zeigte dir, daß ein wahres Wort in dir ist, wenn es von deinem Wissen gezeugt wird, das heißt, wenn wir aussprechen, was wir wissen, auch wenn wir nicht in der Sprache irgendeines Volkes einen bezeichnenden Stimmlaut aussprechen oder denken; sondern es wird aus dem, was wir wissen, unser Denken geformt, und das sei in der Sehkraft des Denkenden ein ganz ähnliches Bild jener Erkenntnis, die die Erinnerung enthielt, wobei diese beiden wie Erzeuger und Sprößling nämlich der Wille oder die Liebe als Drittes vereint. Daß der Wille selbst freilich aus der Erkenntnis hervorgeht (niemand nämlich will, wovon er gänzlich nicht weiß, was es oder wie beschaffen es ist) – und daß dadurch in diesem intelligiblen Gegenstand irgendein Unterschied zwischen Geburt und Hervorgang nahegelegt wird, weil ja im Denken etwas zu schauen nicht das gleiche ist wie es mit dem Willen zu erstreben oder auch mit dem Willen zu genießen: das erkennt und kennt auseinander, wer es vermag. Auch du hast es vermocht, freilich konntest du nicht und kannst es nicht hinreichend mit Worten erklären, was du unter den Nebeln körperli-
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poralium quae cogitationibus humanis occursare non desinunt uix uidisti. sed illa lux quae non est quod tu et hoc tibi ostendit aliud esse illas incorporeas similitudines corporum et aliud esse uerum quod eis reprobatis intellegentia contuemur. haec et alia similiter certa oculis tuis interioribus lux illa monstrauit. quae igitur causa est cur acie fixa ipsam uidere non possis nisi utique infirmitas, et quis eam tibi fecit nisi utique iniquitas? quis ergo sanat omnes languores tuos nisi qui propitius fit omnibus iniquitatibus tuis? librum itaque istum iam tandem aliquando precatione melius quam disputatione concludam. [38. 51] domine deus noster, credimus in te patrem et filium et spiritum sanctum. neque enim diceret ueritas: ite, baptizate gentes in nomine patris et filii et spiritus sancti nisi trinitas esses. nec baptizari nos iuberes, domine deus, in eius nomine qui non est dominus deus. nec diceretur uoce diuina: audi, Israhel: dominus deus tuus deus unus est nisi trinitas ita esses ut unus dominus deus esses. et si tu deus pater ipse esses et filius uerbum tuum Iesus Christus ipse esses et donum uestrum spiritus sanctus, non legeremus in litteris ueritatis: misit deus filium suum, nec tu, unigenite, diceres de spiritu sancto: quem mittet pater in nomine meo, et: quem ego mittam uobis a patre. ad hanc regulam fidei dirigens intentionem meam quantum potui, quantum me posse fecisti, quaesiui te et desideraui intellectu uidere quod credidi et multum disputaui et laboraui. domine deus meus, una spes mea, exaudi me ne fatigatus nolim te quaerere, sed quaeram faciem tuam semper ardenter. tu da quaerendi uires, qui inueniri
113-115 Ps 102,3 2-3 Mt 28,19 5-6 Dt 6,4 9 Io 3,17; Gal 4,4 10-11 Io 14,26 11 Io 15,26
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cher Ähnlichkeiten, die dem menschlichen Denken einzufallen nicht aufhören, mit Mühe gesehen hast. Aber jenes Licht, das nicht ist, was du bist, zeigte dir auch dies, daß etwas anderes sind die unkörperlichen Ähnlichkeiten der Körper und etwas anderes das Wahre ist, das wir, sind jene Ähnlichkeiten zurückgewiesen, mit Einsicht schauen. Dies und anderes in ähnlicher Weise Gewisse zeigte jenes Licht deinen inneren Augen. Was also ist der Grund, daß du dies mit darauf gerichteter Sehkraft nicht zu sehen vermagst, wenn nicht vor allem deine Schwachheit, und hat diese Schwäche dir nicht deine Unbilligkeit bewirkt?127 Wer anders heilt deine Gebrechen als der, der all deiner Schuld vergibt? So will ich denn nun endlich dieses Buch besser mit einem Gebet als mit einer wissenschaftlichen Erörterung schließen. [38. 51] Herr, mein Gott, wir glauben an dich, den Vater, Sohn und Heiligen Geist. Nicht würde ja die Wahrheit sagen: »Gehet hin und taufet alle Völker im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes«, wenn du nicht Dreieinheit wärst. Nicht würdest du, Herr, Gott, gebieten, daß wir getauft werden im Namen eines Wesens, das nicht Gott der Herr ist. Und es würde die göttliche Stimme nicht sprechen: »Höre, Israel, der Herr dein Gott, ist ein Gott«, wenn du nicht in der Weise Dreieinheit wärst, daß du der eine Herr Gott bist. Wenn du selbst sowohl Gott der Vater wärst wie auch der Sohn, dein Wort, Jesus Christus und euer Geschenk, der Heilige Geist, dann läsen wir nicht in den Büchern der Wahrheit: »Gott sandte seinen Sohn.« Nicht würdest dann du, Eingeborener, vom Heiligen Geist sagen: »Den der Vater in meinem Namen senden wird«, nicht: »Den ich euch vom Vater senden werde.« Auf diese Regel des Glaubens meine Aufmerksamkeit richtend habe ich, so gut ich es vermochte, so gut du mir Vermögen gabst, dich gesucht und mit der Vernunft zu sehen verlangt, was ich glaubte, und viel habe ich erörtert und viel mich gemüht. Herr, mein Gott, meine einzige Hoffnung, erhöre mich, daß ich nicht, müde geworden, dich nicht mehr suchen will, sondern mit Inbrunst dein Antlitz suche immerdar. Die Kraft zu suchen, gib du sie,
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te fecisti et magis magisque inueniendi te spem dedisti. coram te est firmitas et infirmitas mea; illam serua, istam sana. coram te est scientia et ignorantia mea; ubi mihi aperuisti suscipe intrantem; ubi clausisti aperi pulsanti. meminerim tui; intellegam te; diligam te. auge in me ista donec me reformes ad integrum. scio scriptum esse: in multiloquio non effugies peccatum. sed utinam praedicando uerbum tuum et laudando te tantummodo loquerer. non solum fugerem peccatum sed meritum bonum adquirerem quamlibet multum sic loquerer. neque enim homo de te beatus peccatum praeciperet germano in fide filio suo cui scripsit dicens: praedica uerbum; insta opportune, importune. numquid dicendum est istum non multum locutum qui non solum opportune uerum etiam importune uerbum tuum, domine, non tacebat? sed ideo non erat multum quia tantum erat necessarium. libera me, deus meus, a multiloquio quod patior intus in anima mea misera in conspectu tuo et confugiente ad misericordiam tuam. non enim cogitationibus taceo etiam tacens uocibus. et si quidem non cogitarem nisi quod placeret tibi, non utique rogarem ut me ab hoc multiloquio liberares. sed multae sunt cogitationes meae tales quales nosti cogitationes hominum quoniam uanae sunt. dona mihi non eis consentire, et si quando me delectant, eas nihilominus improbare nec in eis uelut dormitando immorari. nec in tantum ualeant apud me ut aliquid in opera mea procedat ex illis, sed ab eis mea saltem sit tuta sententia, tuta conscientia te tuente. sapiens quidam cum de te loqueretur in libro suo qui ecclesiasticus proprio nomine iam uocatur: multa, inquit, dicimus et non peruenimus, et consummatio sermonum uniuersa est ipse. cum ergo peruenerimus ad te, cessa-
22 Prv 10,19 27 2Tm 4,2 43-44 Ecli 43,29
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der du dich finden ließest und die Hoffnung gabst, dich mehr und mehr zu finden. Vor dir steht meine Kraft und meine Schwäche: jene wahre, diese heile! Vor dir ist mein Wissen und mein Nichtwissen: Wo du mir geöffnet hast, nimm den Eintretenden auf; wo du mir den Zugang verschlossen hast, öffne, wenn ich anklopfe.128 Deiner möge ich mich erinnern, dich einsehen, dich lieben. Mehre das in mir, bis du mich zur Vollendung umgestaltest. Ich weiß, daß geschrieben steht: »In Vielrederei wirst du der Sünde nicht entgehen.« Möchte ich doch nur von dir sprechen, dein Wort verkündigend und dich preisend! So würde ich nicht nur der Sünde entrinnen, sondern auch heilbringendes Verdienst erwerben, soviel ich auch so spräche. Nicht hat nämlich der durch dich selige Mensch seinem echten Sohn im Glauben eine Sünde zu tun geboten, als er in einem Brief sagte: »Verkündige das Wort, tritt auf, ob gelegen oder ungelegen.« Soll man etwa sagen, jener habe gar nicht viele Worte gemacht, da er nicht nur gelegen, sondern auch ungelegen dein Wort, o Herr, nicht verschwieg? Aber es waren deshalb nicht viele Worte, weil es nur die notwendigen waren. Befreie mich, o Herr, von der Vielrederei, die ich innen in meiner Seele, die elend in deinem Anblick ist und zu deinem Erbarmen flieht, leide. Ich schweige ja nicht in meinen Gedanken, auch wenn ich mit dem Mund schweige. Würde ich nur denken, was dir wohlgefällig ist, dann würde ich freilich nicht darum beten, daß du mich von dieser Vielrederei befreiest. Aber viele meine Gedanken sind so, wie die Gedanken der Menschen eitel sind: du kennst sie. Gib mir, ihnen nicht zuzustimmen, und wenn sie mich erfreuen, daß ich sie dennoch mißbillige und in ihnen nicht, gleichsam schlafend, verweile. Nicht sollen sie so große Gewalt über mich bekommen, daß von ihnen etwas eingehe in meine Werke, vielmehr möge wenigstens mein Urteil sicher, es möge unter deinem Schutz mein Gewissen vor ihnen sicher sein! Ein Weiser sagte, als er in seinem Buch, das Ekklesiastikus betitelt ist, von dir redete, dieses: »Vieles sagen wir, und wir gelangen nicht zu ihm, und die umfassende Vollendung der Reden ist er selbst«.129 Wenn wir also zu dir gelangt sein werden, dann wird das »viele«,
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bunt multa ista quae dicimus et non peruenimus, et manebis unus omnia in omnibus, et sine fine dicemus unum laudantes te in unum et in te facti etiam nos unum. dominus deus une, deus trinitas, quaecumque dixi in his libris de tuo agnoscant et tui; si qua de meo, et tu ignosce et tui. amen.
45 Ecli 43,29 46 1Cor 15,28
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das »wir sagen« und zu dem »wir nicht gelangen«, zu Ende sein, und bleiben wirst als der Eine du, der du alles in allem bist. Ohne Ende werden wir dann das Eine sagen, dich ins Eine preisend, in dir auch wir Eines geworden. Herr Gott Einer, Gott Dreieinheit, was immer ich in diesen Büchern von deinem gesagt habe, mögen auch die Deinen anerkennen; habe ich etwas von mir gesagt, verzeihe du es und die Deinen!130 Amen.
APPENDIX LIBER V
[...] [2. 3] est tamen sine dubitatione substantia uel si melius hoc appellatur essentia, quam Graeci οσíαν uocant. sicut enim ab eo quod est sapere dicta est sapientia et ab eo quod est scire dicta est scientia, ita ab eo quod est esse dicta est essentia. et quis magis est quam ille qui dixit famulo suo: ego sum qui sum, et: dices filiis Israhel: qui est misit me ad uos? sed aliae quae dicuntur essentiae siue substantiae capiunt accidentias quibus in eis fiat uel magna uel quantacumque mutatio; deo autem aliquid eiusmodi accidere non potest. et ideo sola est incommutabilis substantia uel essentia quae deus est, cui profecto ipsum esse unde essentia nominata est maxime ac uerissime competit. quod enim mutatur non seruat ipsum esse, et quod mutari potest etiamsi non mutetur potest quod fuerat non esse, ac per hoc illud solum quod non tantum non mutatur uerum etiam mutari omnino non potest sine scrupulo occurrit quod uerissime dicatur esse. […] [4. 6] quamobrem nihil in eo secundum accidens dicitur quia nihil ei accidit; nec tamen omne quod dicitur secundum substantiam dicitur. in rebus enim creatis atque mutabilibus quod non secundum substantiam dicitur restat ut secundum accidens dicatur. omnia enim accidunt eis, quae uel amitti possunt uel minui et magnitudines et qualitates, et quod dicitur ad aliquid sicut amicitiae, propinquitates, seruitutes, similitudines, aequalitates et si qua huiusmodi et situs et habitus et loca et tempora et opera atque passiones.
2,2-3 Seneca, ep 58,6,15; Quint., Inst. III, 6,23-24 6-7 Ex 3,14 4,4-9 Arist, Categ. IV, 1b25-2a3
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ANHANG Die Kategorie der Relation (De trinitate V)
[...] [2. 3] Ohne Zweifel aber ist Gott Substanz oder, wenn der Ausdruck besser ist, Wesen, was die Griechen usia nennen. Wie nämlich von weise sein Weisheit abgeleitet ist, und von wissen Wissenschaft, so ist von dem, was sein ist, Wesen abgeleitet.131 Und wer ›ist‹ mehr als jener, der zu seinem Diener Moses sagte: ›Ich bin, der ich bin‹ und: ›Sage den Kindern Israels: Der da ist, hat mich zu euch gesandt‹? Was man aber sonst Wesen oder Substanz nennt, begreift Akzidenzien in sich, in denen eine Veränderung zum Großen oder sonst welcher Art geschieht; Gott aber kann etwas Derartiges nicht zukommen. Daher ist nur die Substanz oder das Wesen, das Gott ist, unwandelbar, dem in der Tat das Sein selbst, von dem das Wesen her benannt ist, im höchsten und wahrsten Sinne zukommt. Was nämlich verändert wird, bewahrt nicht das Sein selbst, und was verändert werden kann, auch wenn es nicht verändert wird, kann doch, was es gewesen war, nicht (mehr) sein, und deshalb kann allein das ohne Bedenken und in wahrster Weise Sein genannt werden, was nicht nur nicht verändert wird, sondern auch überhaupt nicht verändert werden kann. [...] [4. 6] Und deshalb wird in Gott nichts gemäß Akzidens ausgesagt, weil ihm nichts hinzukommt; freilich wird nicht alles, was über ihn ausgesagt wird, bezüglich der Substanz ausgesagt. In den geschaffenen und veränderlichen Dingen zwar betrifft das, was nicht hinsichtlich der Substanz ausgesagt wird, notwendig ein Akzidens. Alles nämlich kommt ihnen hinzu, was verloren oder verringert werden kann wie Größen und Qualitäten und das, was ›in Beziehung auf Anderes‹ ausgesagt wird wie Freundschaft, Verwandtschaft, Dienst, Ähnlichkeit, Gleichheit und was immer dieser Art, auch Lage und Gestalt und Ort und Zeit und Wirken und Leiden.
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[5. 6] in deo autem nihil quidem secundum accidens dicitur quia nihil in eo mutabile est; nec tamen omne quod dicitur secundum substantiam dicitur. dicitur enim ad aliquid sicut pater ad filium et filius ad patrem, quod non est accidens quia et illa semper pater et ille semper filius, et non ita semper quasi ex quo natus est filius aut ex eo quod numquam desinat esse filius pater esse non desinat pater, sed ex eo quod semper natus est filius nec coepit umquam esse filius. quod si aliquando esse coepisset aut aliquando esse desineret filius, secundum accidens diceretur. si uero quod dicitur pater ad se ipsum diceretur non ad filium, et quod dicitur filius ad se ipsum diceretur non ad patrem, secundum substantiam diceretur et ille pater et ille filius. sed quia et pater non dicitur pater nisi ex eo quod est ei filius et filius non dicitur nisi ex eo quod habet patrem, non secundum substantiam haec dicuntur quia non quisque eorum ad se ipsum sed ad inuicem atque ad alterutrum ista dicuntur; neque secundum accidens quia et quod dicitur pater et quod dicitur filius aeternum atque incommutabile est eis. quamobrem quamuis diuersum sit patrem esse et filium esse, non est tamen diuersa substantia quia hoc non secundum substantiam dicuntur sed secundum relatiuum, quod tamen relatiuum non est accidens quia non est mutabile. [6. 7] si autem huic sic putant resistendum esse sermoni quod pater quidem ad filium dicitur et filius ad patrem, ingenitus tamen et genitus ad se ipsos dicuntur non ad alterutrum; non enim hoc est dicere ingenitum quod est patrem dicere quia et si filium non genuisset nihil prohiberet dicere eum ingenitum, et si gignat quisque filium non ex eo ipse est ingenitus quia geniti homines ex aliis hominibus gignunt et ipsi alios – inquiunt ergo:
5,3 Aristoteles, Categ. 7 (6a 36 sqq.)
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Anhang: Buch V
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[5. 6] In Gott aber wird nichts gemäß Akzidens ausgesagt, weil nichts in ihm veränderlich ist, und dennoch wird nicht alles gemäß Substanz ausgesagt. Ausgesagt nämlich wird eine ›Beziehung auf Anderes‹ wie die des Vaters zum Sohn und des Sohnes zum Vater, was kein Akzidens ist, weil der eine immer Vater und der andere immer Sohn ist, und dies nicht so, daß der Vater, von dem der Sohn geboren ist, niemals aufhört, Vater zu sein, weil der Sohn niemals aufhört, Sohn zu sein, sondern aus dem Grund, daß der Sohn immer geboren ist, und niemals anfing, Sohn zu sein. Hätte der Sohn jemals angefangen oder würde er jemals aufhören, es zu sein, dann würde Sohn als Akzidens ausgesagt. Und wenn der Vater Vater hieße in Beziehung auf sich selbst, nicht in Beziehung auf den Sohn, und wenn der Sohn in Beziehung auf sich selbst, nicht in Beziehung auf den Vater Sohn hieße, so würden die Aussagen Vater und Sohn die Substanz betreffen. Weil jedoch der Vater nur aus dem Grund Vater heißt, weil ihm ein Sohn ist, und der Sohn aus keinem anderen Grund als dem, daß er einen Vater hat, so gelten diese Aussagen nicht bezüglich der Substanz, weil keiner der beiden in Beziehung auf sich selbst, sondern wechselseitig und in Beziehung auf den je anderen so genannt wird. Auch wird dies nicht gemäß Akzidens ausgesagt, weil sowohl, was Vater genannt wird, als auch, was Sohn genannt wird, ewig und unveränderlich ist. Und wenn daher auch Vater und Sohn verschieden sind, so ist doch keine verschiedene Substanz, weil dies nicht gemäß Substanz ausgesagt wird, sondern gemäß der Beziehung. Die Beziehung aber ist kein Akzidens, weil sie nicht veränderbar ist. [6. 7] Dieser Darlegung glauben sie damit begegnen zu sollen, daß Vater sich war auf den Sohn bezieht und Sohn auf den Vater, ungezeugt aber und gezeugt in Beziehung auf sich, nicht in Beziehung auf Anderes ausgesagt werden.132 Ungezeugt heißt nämlich das gleiche wie Vater sagen, da auch dann, wenn er keinen Sohn gezeugt hätte, nichts verbieten würde, ihn ungezeugt zu nennen, und wenn er einen Sohn zeugt, ist er nicht deshalb schon ungezeugt, weil auch die Menschen, die von anderen gezeugt sind, ihrerseits wieder andere zeugen – sie sagen also: ›Va-
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pater ad filium dicitur et filius ad patrem; ingenitus autem ad se ipsum et genitus ad se ipsum dicitur. et ideo si quidquid ad se ipsum dicitur secundum substantiam dicitur; diuersum est autem ingenitum esse et genitum esse; diuersa igitur substantia est. hoc si dicunt non intellegunt de ingenito quidem aliquid se dicere quod diligentius pertractandum sit, quia nec ideo quisque pater quia ingenitus nec ingenitus ideo quia pater, et propterea non ad aliquid sed ad se dici putatur ingenitus; genitum uero mira caecitate non aduertunt dici non posse nisi ad aliquid. ideo quippe filius quia genitus et quia filius utique genitus. sicut autem filius ad patrem sic genitus ad genitorem refertur, et sicut pater ad filium ita genitor ad genitum. ideoque alia notio est qua intellegitur genitor, alia qua ingenitus. nam quamuis de patre deo utrumque dicatur, illud tamen ad genitum, id est ad filium dicitur, quod nec illi negant; hoc autem quod ingenitus dicitur ad se ipsum dici perhibent. dicunt ergo: si aliquid ad se ipsum dicitur pater quod ad se ipsum dici non potest filius, et quidquid ad se ipsum dicitur secundum substantiam dicitur, et ad se ipsum dicitur ingenitus quod dici non potest filius, ergo secundum substantiam dicitur ingenitus quod filius quia dici non potest non est eiusdem substantiae. cui uersutiae respondetur ita ut ipsi cogantur dicere secundum quid sit aequalis filius patri, utrum secundum id quod ad se dicitur an secundum id quod ad patrem dicitur. non enim secundum id quod ad patrem dicitur quoniam ad patrem filius dicitur; ille autem non filius sed pater est – quia non sic ad se
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ter bezieht sich auf den Sohn, Sohn auf den Vater; ungezeugt aber auf sich selbst und gezeugt auf sich selbst. Und wenn das, was auf sich selbst bezogen ausgesagt wird, die Substanz betrifft, ungezeugt sein aber und gezeugt sein verschieden ist, dann also ist die Substanz verschieden‹. Wenn sie das so sagen, dann begreifen sie nicht, daß sie zwar vom Begriff ›ungezeugt‹ etwas behaupten, was sorgfältiger zu untersuchen ist, da niemand deshalb Vater ist, weil er ungezeugt ist, und niemand deswegen ungezeugt ist, weil er Vater ist, und die Aussage ungezeugt daher nicht in Beziehung auf anderes, sondern in Beziehung auf sich gilt. In merkwürdiger Blindheit jedoch bemerken sie nicht, daß ›gezeugt‹ nur in Beziehung auf Anderes ausgesagt werden kann. Denn Sohn ist jemand deshalb, weil er gezeugt ist, und weil er Sohn ist, ist er gezeugt. So wie sich Sohn auf Vater bezieht, so bezieht sich gezeugt auf einen Erzeuger, und so wie Vater auf Sohn Erzeuger auf gezeugt. Es ist ein anderer Gedanke, der als Erzeuger, ein anderer, der als ungezeugt begriffen wird. Wenngleich auch von Gott dem Vater beides ausgesagt werden kann, so bezieht sich die erste Bestimmung doch auf den Gezeugten, das heißt auf den Sohn, was jene auch nicht leugnen. Das aber, was ungezeugt genannt wird, wollen sie auf sich selbst bezogen anwenden. Sie sagen also: ›Wenn vom Vater etwas in Beziehung auf sich selbst ausgesagt wird, was vom Sohn nicht in Beziehung auf sich selbst ausgesagt werden kann, und wenn was immer auf sich selbst bezogen ausgesagt wird, in Beziehung auf die Substanz ausgesagt wird, und auf sich selbst bezogen ungezeugt ausgesagt wird, was vom Sohn nicht gesagt werden kann, dann also wird ungezeugt bezüglich der Substanz ausgesagt, was vom Sohn nicht ausgesagt werden kann, der deshalb nicht von ›derselben Substanz ist‹. Dieser List läßt sich erwidern, indem man ihre Vertreter zwingt zu sagen, in Beziehung worauf der Sohn dem Vater gleich ist, ob gemäß dem, was er in Beziehung auf sich selbst heißt, oder gemäß dem, was er in Beziehung auf den Vater heißt. Nicht gemäß dem, was er in Beziehung zum Vater heißt, denn in seiner Beziehung zum Vater heißt er Sohn; jener aber ist nicht Sohn, sondern Vater – denn Vater und Sohn heißen nicht so in
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dicuntur pater et filius quomodo amici aut uicini. relatiue quippe amicus dicitur ad amicum, et si aequaliter se diligunt, eadem in utroque amicitia est; et relatiue uicinus dicitur ad uicinum et quia aequaliter sibi uicini sunt – quantum enim iste illi, tantum et ille huic uicinatur –, eadem in utroque uicinitas. quia uero filius non ad filium relatiue dicitur sed ad patrem, non secundum hoc quod ad patrem dicitur aequalis est filius patri. restat ut secundum id aequalis sit quod ad se dicitur. quidquid autem ad se dicitur secundum substantiam dicitur. restat ergo ut secundum substantiam sit aequalis. eadem est igitur utriusque substantia. cum uero ingenitus dicitur pater, non quid sit sed quid non sit dicitur. cum autem relatiuum negatur, non secundum substantiam negatur quia ipsum relatiuum non secundum substantiam dicitur. [7. 8] hoc exemplis planum faciendum est. ac primum uidendum est hoc significari cum dicitur genitus quod significatur cum dicitur filius. ideo enim filius quia genitus, et quia filius utique genitus. quod ergo dicitur ingenitus, hoc ostenditur quod non sit filius. sed genitus et ingenitus commode dicuntur; filius autem Latine dicitur, sed infilius ut dicatur non admittit loquendi consuetudo. nihil tamen intellectui demitur si dicatur non filius quemadmodum etiam si dicatur non genitus pro eo quod dicitur ingenitus nihil aliud dicitur. sic enim et uicinus et amicus relatiue dicuntur, nec tamen potest inuicinus dici quomodo dicitur inimicus. quamobrem non est in rebus considerandum quid uel sinat uel non sinat dici usus sermonis nostri sed quis rerum ipsarum intellectus eluceat. non ergo iam dicamus ingenitum quamuis dici Latine possit, sed pro eo dicamus non genitum quod tantum ualet. num ergo
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Beziehung aufeinander wie Freund und Nachbar. Freund wird nämlich beziehentlich zu einem Freund ausgesagt, und wenn sie sich in gleicher Weise lieben, dann ist die Freundschaft in beiden gleich. Nachbar wird beziehentlich zu einem Nachbarn ausgesagt, und da sie einander in gleicher Weise Nachbarn sind – wie nämlich der erste dem zweiten, so ist auch der zweite dem ersten benachbart –, so ist die Nachbarschaft in beiden gleich. Weil aber der Sohn beziehentlich nicht zum Sohn, sondern zum Vater heißt, so ist er nicht gemäß dem, was er in seiner Beziehung zum Vater heißt, dem Vater gleich. Folglich ist er ihm gemäß dem, was er in Beziehung auf sich selbst heißt, gleich. Was aber immer in Beziehung auf sich ausgesagt wird, wird gemäß der Substanz ausgesagt. Folglich ist er ihm gemäß der Substanz gleich. Beiden ist also dieselbe Substanz eigen. Wenn aber der Vater ungezeugt heißt, so wird von ihm nicht, was er ist, sondern was er nicht ist, ausgesagt. Wenn aber Beziehentliches verneint wird, dann wird es nicht gemäß der Substanz verneint, weil das Beziehentliche selbst nicht gemäß der Substanz ausgesagt wird. [7. 8] Das läßt sich an Beispielen klarmachen. Zunächst ist zu beachten, daß, wenn es gezeugt heißt, dasselbe bezeichnet wird wie, wenn es Sohn heißt. Deshalb nämlich ist er Sohn, weil er gezeugt, und weil er Sohn ist, ist er gezeugt. Wenn also jemand ungezeugt heißt, dann wird damit angezeigt, daß er nicht Sohn ist. Gezeugt und ungezeugt sind übliche Ausdrücke; ›Sohn‹ nun ist im Lateinischen gebräuchlich, aber ›Unsohn‹ läßt der Sprachgebrauch nicht zu. Dennoch verändert sich der Sinn der Aussage nicht, wenn man ›Nichtsohn‹ sagt, ebenso wie nichts anderes gesagt wird, wenn man für ungezeugt nicht gezeugt sagt. So sind auch Nachbar und Freund beziehentliche Begriffe, dennoch kann man nicht ›Unnachbar‹ sagen, wie man Feind sagen kann. Doch soll man in den Gegenständen nicht betrachten, was unser Sprachgebrauch zu sagen zuläßt oder nicht zuläßt, sondern was als Sinn der Gegenstände selbst hervorleuchtet. Wir wollen also nicht mehr von ungezeugt sprechen, obwohl das lateinisch gesagt werden kann, sondern dafür ›nicht gezeugt‹
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aliud dicimus quam non filium? negatiua porro ista particula non id efficit ut quod sine illa relatiue dicitur eadem praeposita substantialiter dicatur, sed id tantum negatur quod sine illa aiebatur sicut in ceteris praedicamentis. uelut cum dicimus: homo est, substantiam designamus. qui ergo dicit: non homo est, non aliud genus praedicamenti enuntiat sed tantum illud negat. sicut ergo secundum substantiam aio: homo est, sic secundum substantiam nego cum dico: non homo est. […] et omnino nullum praedicamenti genus est secundum quod aliquid aiere uolumus nisi ut secundum idipsum praedicamentum negare conuincamur si praeponere negatiuam particulam uoluerimus. quae cum ita sint, si substantialiter aierem dicendo filius; substantialiter negarem dicendo non filius. quia uero relatiue aio cum dico: filius est, ad patrem enim refero; relatiue nego si dico: non filius est, ad parentem enim eandem negationem refero uolens ostendere quod ei parens non sit. at si quantum ualet quod dicitur filius, tantundem ualet quod dicitur genitus sicut praelocuti sumus, tantundem ergo ualet quod dicitur non genitus quantum ualet quod dicitur non filius. relatiue autem negamus dicendo non filius; relatiue igitur negamus dicendo non genitus. ingenitus porro quid est nisi non genitus? non ergo receditur a relatiuo praedicamento cum ingenitus dicitur. sicut enim genitus non ad se ipsum dicitur sed quod ex genitore sit, ita cum dicitur ingenitus non ad se ipsum dicitur sed quod ex genitore non sit ostenditur. in eodem tamen praedicamento quod relatiuum uocatur utraque significatio uertitur. quod autem relatiue pronuntiatur non indicat substantiam. ita quamuis diuersum sit genitus et ingenitus, non indicat diuersam substantiam, quia sicut filius ad patrem et non filius ad non patrem re-
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sagen, was das gleiche bedeutet. Sagen wir nun etwas anderes als ›nicht Sohn‹? Die Verneinungspartikel bewirkt doch nicht dies, daß, was ohne sie ein beziehentlicher Begriff ist, durch ihre Voranstellung substanzhaft ausgesagt wird, vielmehr wird mit ihr nur verneint, was ohne sie wie bei den übrigen Aussagen bejaht wird. Wenn wir zum Beispiel sagen: ›Er ist ein Mensch‹, so bezeichnen wir eine Substanz. Wer also sagt: ›Er ist kein Mensch‹, der spricht keine andere Art der Aussage aus, sondern verneint allein jene. Wenn ich also gemäß der Substanz sage: ›Er ist ein Mensch‹, so verneine ich gemäß der Substanz, wenn ich sage: ›Er ist kein Mensch‹.133 [...] Es gibt also überhaupt keine Art der Aussageweise, gemäß der wir etwas aussagen wollen, von der wir nicht zugestehen müssen, daß wir gemäß genau derselben Aussageweise verneinen, wenn wir die Verneinungspartikel davorsetzen. Da das so ist, so würde ich, wenn ich mit dem Wort ›Sohn‹ der Substanz nach bejahe, mit dem Wort ›Nichtsohn‹ der Substanz nach verneinen. Weil ich aber von einer Beziehung spreche, wenn ich sage: ›Er ist Sohn‹ – auf den Vater beziehe ich diese Aussage ja –, so verneine ich auch die Beziehung, wenn ich sage: ›Er ist nicht Sohn‹, auf den Vater beziehe ich nämlich dieselbe Verneinung, indem ich anzeigen will, daß er keinen Vater hat. Wenn nun aber ›Sohn‹ das gleiche bedeutet wie ›gezeugt‹, wie wir vorhin gesagt haben, dann bedeutet auch ›nicht gezeugt‹ das gleiche wie ›nicht Sohn‹. Das Beziehungsgemäße aber verneinen wir, wenn wir sagen ›nicht Sohn‹, folglich betrifft unsere Verneinung auch die Beziehung, wenn wir sagen ›nicht gezeugt‹. Was aber bedeutet ungezeugt anderes als nicht gezeugt? Man verläßt also die Beziehungsaussage nicht, wenn man sagt ›ungezeugt‹. Wie nämlich ›gezeugt‹ nicht in Beziehung auf sich ausgesagt wird, sondern besagt, daß jemand von einem Erzeuger ist, so wird ungezeugt nicht in Beziehung auf sich ausgesagt, sondern zeigt an, daß jemand nicht von einem Erzeuger ist. Beide Bezeichnungen bewegen sich jedoch im Bereich derselben Kategorie, die Beziehung heißt. Was jedoch beziehentlich ausgesagt wird, zeigt nicht die Substanz an. Wenn sonach gezeugt und ungezeugt auch verschieden sind, so zeigen sie doch nicht ver-
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fertur, ita genitus ad genitorem et non genitus ad non genitorem referatur necesse est. [8. 9] quapropter illud praecipue teneamus, quidquid ad se dicitur praestantissima illa et diuina sublimitas substantialiter dici; quod autem ad aliquid non substantialiter sed relatiue; tantamque uim esse eiusdem substantiae in patre et filio et spiritu sancto ut quidquid de singulis ad se ipsos dicitur non pluraliter in summa sed singulariter accipiatur. quemadmodum enim deus est pater et filius deus est et spiritus sanctus deus est, quod secundum substantiam dici nemo dubitat, non tamen tres deos sed unum deum dicimus eam ipsam praestantissimam trinitatem. ita magnus pater, magnus filius, magnus et spiritus sanctus; nec tamen tres magni sed unus magnus. non enim de patre solo sicut illi peruerse sentiunt, sed de patre et filio et spiritu sancto scriptum est: tu es solus deus, magnus. et bonus pater, bonus filius, bonus et spiritus sanctus; nec tres boni sed unus bonus de quo dictum est: nemo bonus nisi unus deus. etenim dominus Iesus ne ab illo qui dixerat: magister bone, tamquam hominem compellans secundum hominem tantummodo intellegeretur ideo non ait: nemo bonus nisi solus pater, sed: nemo bonus nisi unus deus. in patris enim nomine ipse per se pater pronuntiatur, in dei uero et ipse et filius et spiritus sanctus quia trinitas unus deus. situs uero et habitus et loca et tempora non proprie sed translate ac per similitudines dicuntur in deo. nam et sedere super Cherubim dicitur, quod ad situm dicitur; et abyssus tamquam uestimentum amictus ipsius, quod ad habitum; et: anni tui non 4 Symb. Nicaen.10 6-7 Symb. Athan.17 8-9 Symb. Athan.18 13 Ps 85,10 15 Mc 10,18; Lc 18,19 16 Mt 19,16; Mc 10,17; Lc 18,18 18-19 Mc 10,18; Lc 18,19 24-25 Ps 103,6 25-26 Ps 101,28; Hbr 1,12
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schiedene Substanzen an. Denn wie sich Sohn auf Vater und ›nicht Sohn‹ auf ›nicht Vater‹ bezieht, so bezieht sich notwendigerweise ›gezeugt‹ auf ›Erzeuger‹ und ›nicht gezeugt‹ auf ›nicht Erzeuger‹. [8. 9] Deshalb wollen wir vor allem daran festhalten, daß alles, was von der herrlichen und göttlichen Erhabenheit ›in Beziehung auf sie selbst‹ gesagt wird, substanzhaft, alles aber, was ›in Beziehung auf Anderes‹ nicht substanzhaft, sondern beziehentlich ausgesagt wird; weiter daß die Kraft der gleichen Substanz im Vater, Sohn und Heiligem Geist so groß ist, daß alles, was von den einzelnen in Beziehung auf sie selbst ausgesagt wird, von ihnen nicht mehrheitlich in einer Summe, sondern je einzeln aufzufassen ist. Wie nämlich der Vater Gott ist, der Sohn Gott ist, der Heilige Geist Gott ist – niemand zweifelt daran, daß das gemäß der Substanz ausgesagt wird –, so heißen wir diese erhabene Dreieinheit doch nicht drei Götter, sondern einen Gott. Ebenso ist der Vater groß, der Sohn groß und der Heilige Geist groß, doch sind es nicht drei Große, sondern er ist ein Großer. Denn nicht vom Vater allein, wie jene in verkehrter Weise glauben, sondern vom Vater, Sohn und Heiligem Geist gilt das Schriftwort: »Du allein bist groß, o Gott.« Ferner ist der Vater gut, der Sohn gut und gut der Heilige Geist, und doch sind nicht drei Gute, sondern ein Guter, von dem es heißt: »Niemand ist gut als Gott allein.« Denn der Herr Jesus, der, damit er von jenem, der zu ihm sagte: »Guter Meister«, wie man einen Menschen anredet, nicht gleich einem Menschen nur verstanden würde, sagte nicht: »Niemand ist gut als der Vater allein«, sondern: »Niemand ist gut als Gott allein«. Mit dem Wort Vater wird nämlich nur der Vater für sich angezeigt, mit dem Wort Gott jedoch der Vater, der Sohn und der Heilige Geist, weil die Dreieinheit der einige Gott ist. Lage aber und Haben und Örter und Zeiten werden von Gott nicht in eigentlicher, sondern in übertragener Weise und durch Ähnlichkeiten ausgesagt. Denn es heißt von ihm auch, daß er ›über den Cherubim sitze‹, was sich auf die Lage bezieht. Auch heißt es, daß ›der Abgrund wie ein Kleid sein Umwurf‹ ist, was
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deficient, quod ad tempus; et: si ascendero in caelum, tu ibi es, quod ad locum. quod autem ad faciendum attinet fortassis de solo deo uerissime dicatur; solus enim deus facit et ipse non fit, neque patitur quantum ad eius substantiam pertinet qua deus est. itaque omnipotens pater, omnipotens filius, omnipotens spiritus sanctus, nec tamen tres omnipotentes sed unus omnipotens; ex quo omnia, per quem omnia, in quo omnia; ipsi gloria. quidquid ergo ad se ipsum dicitur deus et de singulis personis ter dicitur patre et filio et spiritu sancto, et simul de ipsa trinitate non pluraliter sed singulariter dicitur. quoniam quippe non aliud est deo esse et aliud magnum esse, sed hoc idem illi est esse quod magnum esse, propterea sicut non dicimus tres essentias, sic non dicimus tres magnitudines, sed unam essentiam et unam magnitudinem. essentiam dico quae οσíα Graece dicitur, quam usitatius substantiam uocamus. [8.10] dicunt quidem et illi πóστασιν, sed nescio quid uolunt interesse inter οσíαν et πóστασιν ita ut plerique nostri qui haec Graeco tractant eloquio dicere consuerint μíαν οσíαν τρες ποστáσεις, quod est Latine, unam essentiam tres substantias. [9.10] sed quia nostra loquendi consuetudo iam obtinuit ut hoc intellegatur cum dicimus essentiam quod intellegitur cum dicimus substantiam, non audemus dicere unam essentiam, tres substantias, sed unam essentiam uel substantiam. tres autem personas multi Latini ista tractantes et digni auctoritate dixerunt cum alium modum aptiorem non inuenirent quo enuntiarent uerbis quod sine uerbis intellegebant. reuera enim quod pater non sit filius et filius non sit pater et spiritus sanctus ille qui etiam donum dei uocatur nec pater sit nec filius, tres utique sunt. ideoque pluraliter dictum est: ego et pater unum su-
26 Ps 138,8 30-32 Symb. Athan.13sq. 32 Rm 11,36 9,5 Act 8,20; Io 4,10 6-7 Io 10,30
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sich auf das Haben bezieht.134 Ferner: ›Deine Jahre werden kein Ende nehmen‹, was sich auf die Zeit und: ›Wenn ich in den Himmel aufsteige, bist du da‹, was sich auf den Ort bezieht. Was die Kategorie des Tuns betrifft, so kann das Tun vielleicht von Gott allein im wahrsten Sinne ausgesagt werden. Er allein ist nämlich wirkt und wird selbst nicht, noch erleidet er, was seine Substanz betrifft, durch die er Gott ist, etwas.135 Daher ist ›allmächtig der Vater, allmächtig der Sohn, allmächtig der Heilige Geist, und doch sind es nicht drei Allmächtige, sondern ein Allmächtiger, aus dem und durch den und für den alles ist, ihm sei Ehre‹. Alles also, was von Gott für sich gesagt wird, wird auch von den einzelnen Person dreimal gesagt, vom Vater, Sohn und Heiligen Geist, und wird gleichzeitig von der ganzen Dreieinheit nicht mehrheitlich, sondern je einzeln ausgesagt. Für Gott ist ja nicht etwas anderes das Sein, etwas anderes das Großsein, vielmehr ist für ihn das Sein dasselbe wie das Großsein. Wie wir daher nicht von drei Wesen reden, so reden wir nicht von drei Größen, sondern von einem Wesen und von einer Größe. Wesen heiße ich dabei das, was im Griechischen usía heißt, was wir üblicherer Weise Substanz nennen. [8.10] Die Griechen sprechen freilich auch von Hypostase. Doch weiß ich nicht wie sie Usía und Hypostasis unterscheiden wollen, so daß manche der Unseren, die diese Frage in griechischer Frage behandeln, sich gewöhnt haben zu sagen: mían usía treis hypostáseis was lateinisch ›ein Wesen drei Substanzen‹ heißt. [9.10] Weil jedoch nach unserem Sprachgebrauch daran festzuhalten ist, daß Wesen die gleiche Bedeutung hat wie Substanz, so wagen wir es nicht, die Formel zu verwenden: ein Wesen, drei Substanzen, sondern ›ein Wesen‹ oder ›Substanz‹. ›Drei Personen‹ aber wurde von vielen lateinischen Schriftstellern gebraucht, die sich hohen Ansehens erfreuen, da sie keine andere passendere Weise fanden, mit Worten auszudrücken, was sie ohne Worte einsahen. Da nämlich der Vater nicht der Sohn, der Sohn nicht der Vater, der Heilige Geist, der auch ›Geschenk Gottes‹ heißt, nicht der Vater oder der Sohn ist, so sind auf jeden Fall drei. Deshalb heißt es auch in der Mehrzahl: ›Ich und
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mus. non enim dixit unum est, quod Sabelliani dicunt, sed unum sumus. tamen cum quaeritur quid tres, magna prorsus inopia humanum laborat eloquium. dictum est tamen tres personae non ut illud diceretur sed ne taceretur. [10.11] sicut ergo non dicimus tres essentias, ita non dicimus tres magnitudines neque tres magnos. in rebus enim quae participatione magnitudinis magnae sunt quibus aliud est esse, aliud magnas esse sicut magna domus et magnus mons et magnus animus, in his ergo rebus aliud est magnitudo, aliud quod ab ea magnitudine magnum est, et prorsus non hoc est magnitudo quod est magna domus. sed illa est uera magnitudo qua non solum magna est domus quae magna est et qua magnus est mons quisquis magnus est, sed etiam qua magnum est quidquid aliud magnum dicitur, ut aliud sit ipsa magnitudo, aliud ea quae ab illa magna dicuntur. quae magnitudo utique primitus magna est multoque excellentius quam ea quae participatione eius magna sunt. deus autem quia non ea magnitudine magnus est quae non est quod ipse ut quasi particeps eius sit deus cum magnus est – alioquin illa erit maior magnitudo quam deus; deo autem non est aliquid maius –, ea igitur magnitudine magnus est qua ipse est eadem magnitudo. et ideo sicut non dicimus tres essentias sic nec tres magnitudines; hoc est enim deo esse quod est magnum esse. eadem causa nec magnos tres dicimus sed unum magnum quia non participatione magnitudinis deus magnus est sed se ipso magno magnus est quia ipse sua est magnitudo. hoc et de bonitate et de aeternitate et de omnipotentia dei dictum sit omnibusque omnino praedicamentis quae de deo possunt pronuntiari, quod ad se ipsum dicitur non translate ac per similitudinem sed proprie, si tamen de illo proprie aliquid ore hominis dici potest.
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der Vater sind eins‹. Er sagte nicht: ›Er ist eins‹, wie die Sabellianer lehren, sondern: ›Wir sind eins‹.136 Wenn man aber fragt, was diese drei sind, dann bringt große Not die menschliche Rede hervor. Immerhin ist ›drei Personen‹ gesagt worden, aber nicht, um jenen Sachverhalt auszudrücken, sondern um nicht zu schweigen. [10.11] Wie wir also nicht drei Wesen aussagen, so sagen wir nicht drei Größen und nicht drei Große aus. In den Dingen nämlich, die durch Teilhabe an der Größe groß sind, für die das Sein etwas anderes ist als das Großsein, wie es zum Beispiel bei einem großen Haus, bei einem großen Berg, bei einer großen Seele ist, in diesen Dingen also ist etwas anderes die Größe, etwas anderes, was durch die Größe groß ist, und so ist die Größe nicht, was ein großes Haus ist. Die wahre Größe aber ist jene, durch welche nicht nur das große Haus groß ist und der große Berg groß ist, sondern durch welche alles, was immer groß genannt wird, groß ist, so daß die Größe selber etwas anderes ist als die Dinge, die durch sie groß sind.137 Diese Größe ist jedenfalls erstlich und in viel höherem Maße groß als die Dinge, die durch Teilhabe an ihr groß sind. Weil aber Gott nicht durch eine Größe groß ist, die nicht ist, was er selbst ist, so daß er gleichsam an ihr teil hätte, wenn er groß ist – sonst wäre ja jene Größe größer als Gott, es gibt aber nichts Größeres als Gott138 –, so ist er durch diese Größe groß, durch die er selber eben diese Größe ist. Wir wir daher nicht von drei Wesen reden, so reden wir auch nicht von drei Größen; für Gott ist nämlich ›zu sein‹ das gleiche wie, groß zu sein. Aus dem gleichen Grund reden wir nicht von drei Großen, sondern von einem Großen. Gott ist ja nicht durch Teilhabe an der Größe groß, sondern er ist durch sich selbst groß, weil er seine Größe selbst ist. Das gilt auch von der Güte, der Ewigkeit und der Allmacht Gottes und von allen Prädikamenten, die man von Gott aussagen kann, was (von ihm) in Beziehung auf sich selbst, nicht im übertragenen oder gleichnishaften Sinn, sondern eigentlich ausgesagt wird, wenn denn mit dem Menschenmund überhaupt etwas im eigentlichen Sinn ausgesagt werden kann.
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[11.12] quod autem proprie singula in eadem trinitate dicuntur nullo modo ad se ipsa sed ad inuicem aut ad creaturam dicuntur, et ideo relatiue non substantialiter ea dici manifestum est. […] [13.14] dicitur ergo relatiue pater idemque relatiue dicitur principium et si quid forte aliud; sed pater ad filium dicitur, principium uero ad omnia quae ab ipso sunt. item dicitur relatiue filius; relatiue dicitur et uerbum et imago, et in omnibus his uocabulis ad patrem refertur; nihil autem horum pater dicitur. et principium dicitur filius; cum enim diceretur ei: tu quis es?, respondit: principium quia et loquor uobis. sed numquid patris principium? creatorem se quippe ostendere uoluit cum se dixit esse principium, sicut et pater principium est creaturae quod ab ipso sunt omnia. nam et creator relatiue dicitur ad creaturam sicut dominus ad seruum. et ideo cum dicimus et patrem principium et filium principium, non duo principia creaturae dicimus quia pater et filius simul ad creaturam unum principium est sicut unus creator, sicut unus deus. si autem quidquid in se manet et gignit aliquid uel operatur principium est ei rei quam gignit uel ei quam operatur, non possumus negare etiam spiritum sanctum recte dici principium quia non eum separamus ab appellatione creatoris. et scriptum est de illo quod operetur, et utique in se manens operatur; non enim in aliquid eorum quae operatur ipse mutatur et uertitur. et quae operatur uide: unicuique autem, inquit, datur manifestatio spiritus ad utilitatem. alii quidem datur per spiritum sermo sapientiae; alii sermo scientiae secundum eundem spiritum; alteri autem fides in eodem spiritu; alii donatio curationum in uno spiritu; alii operationes uirtutum; alii prophetia; alii diiudicatio
6-7 Io 8,25 14 Ecli 1,8 14 Symb. Athan.16 20 Cic., de orat. 3,177 21-27 1Cor 12,7–11
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[11.12] Die Aussagen jedoch, welche die Einzelnen in der Dreieinheit eigentümlich betreffen, werden auf keinerlei Weise für sich selbst, sondern in Beziehung entweder aufeinander oder auf die Schöpfung gemacht, und dadurch ist es offenkundig, daß sie beziehentlich, nicht substanzhaft ausgesagt werden. [...] [13.14] Vater ist also ein beziehentlicher Ausdruck, ebenso Ursprung und was noch immer anderes dergleichen; Vater aber besagt eine Beziehung zum Sohn, Ursprung zu allem, was von ihm her ist. Ebenso ist Sohn ein beziehentlicher Ausdruck; desgleichen heißen beziehentlich Wort und Bild, und in allen diesen Bezeichnungen bezieht man auf den Vater, keine von ihnen aber heißt Vater. Der Sohn heißt Ursprung, als man ihn nämlich fragte: ›Wer bist du?‹, da antwortete er: ›Der Ursprung, der auch zu euch spricht‹. Ist er etwa der Ursprung des Vaters? Nein, er wollte auf sich als Schöpfer hinweisen, als er sich Ursprung nannte, wie auch der Vater Ursprung der Schöpfung ist, weil alles von ihm her ist. Denn auch Schöpfer besagt eine Beziehung zum Geschöpf wie Herr zu Diener. Wenn wir daher den Vater Ursprung nennen und ebenso den Sohn, so sprechen wir nicht von zwei Ursprüngen der Schöpfung, weil gleichzeitig auf die Schöpfung bezogen deren einer Ursprung sind, so wie sie ein Schöpfer, ein Gott sind. Wenn jedoch das, was in sich bleibt und ein anderes zeugt oder wirkt, Ursprung für das gezeugte oder bewirkte Ding ist, dann können wir nicht verneinen, daß man mit Recht auch den Heiligen Geist Ursprung nennt, da wir ihn von der Bezeichnung Schöpfer nicht ausschließen. Auch von ihm steht geschrieben, daß er wirkt und daß er gänzlich in sich bleibend wirkt, denn er wird in etwas von dem, was er wirkt, selbst nicht verwandelt oder umgestaltet. Siehe die Werke, die er wirkt: »Jedem wird die Offenbarung des Geistes verliehen, damit er Nutzen stifte. Dem einen wird durch den Geist die Gabe der Weisheit verliehen, dem anderen die Gabe der Erkenntnis gemäß dem nämlichen Geist, einem anderen der Glaube im selben Geist, einem anderen die Gabe die Gabe der Heilung im selben Geist, diesem die Wunderkraft, jenem die Prophetengabe, einem anderen die Un-
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spirituum; alteri genera linguarum. omnia autem haec operatur unus atque idem spiritus diuidens propria unicuique prout uult, utique sicut deus. quis enim tanta illa potest operari nisi deus? idem autem deus qui operatur omnia in omnibus. nam et singillatim si interrogemur de spiritu sancto, uerissime respondemus quod deus sit, et cum patre et filio simul unus deus est. unum ergo principium ad creaturam dicitur deus, non duo uel tria principia. [14.15] ad se autem inuicem in trinitate si gignens ad id quod gignit principium est, pater ad filium principium est quia genuit eum. utrum autem et ad spiritum sanctum principium sit pater quoniam dictum est: de patre procedit, non parua quaestio est. quia si ita est, non iam principium ei tantum rei erit quam gignit aut facit sed etiam ei quam dat. ubi et illud elucescit ut potest quod solet multos mouere, cur non sit filius etiam spiritus sanctus cum et ipse a patre exeat sicut in euangelio legitur. exit enim non quomodo natus sed quomodo datus, et ideo non dicitur filius quia neque natus est sicut unigenitus neque factus ut per gratiam in adoptionem nasceretur sicuti nos. quod enim de patre natum est ad patrem solum refertur cum dicitur filius, et ideo filius patris est non et noster. quod autem datum est et ad eum qui dedit refertur et ad eos quibus dedit; itaque spiritus sanctus non tantum patris et filii qui dederunt sed etiam noster dicitur qui accepimus, sicut dicitur domini salus qui dat salutem, eadem etiam nostra salus est qui accepimus. spiritus ergo et dei qui dedit et noster qui accepimus. non ille spiritus noster quo sumus, quia ipse spiritus est hominis qui in ipso est, sed alio modo iste noster quo dicimus et: panem no-
29 1Cor 12,6 31 Symb. Athan.16 14,4 Io 15,26 11-12 Symb. Nicaen. 6 16 Ps 3,9 20-21 Mt 6,11
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terscheidung der Geister, diesem die Sprachengabe. Dies alles wirkt ein und derselbe Geist, der einem jeden zuteilt, wie er will«, eben wie Gott ist. Wer anderes kann so Großes bewirken als Gott? »Es ist derselbe Gott, der alles wirkt in allen«. Auch wenn wir je einzeln über den Heiligen Geist befragt werden, müssen wir wahrheitsgemäß sagen, daß er Gott ist und daß er mit Vater und Sohn der eine Gott ist. Ein Ursprung heißt also Gott in Beziehung auf die Schöpfung, nicht zwei oder mehr Ursprünge. [14.15] Wechselweise auf sich bezogen aber ist der Vater, wenn der Zeugende der Ursprung des Gezeugten ist, Ursprung des Sohnes, weil er ihn zeugte. Ob aber der Vater deshalb, weil es vom Heiligen Geist heißt: ›Er geht vom Vater aus‹, auch Ursprung des Heiligen Geistes ist, das ist keine geringe Frage. Wenn er es ist, dann ist er nicht nur Ursprung eines Gegenstandes, den er zeugt oder schafft, sondern auch eines solchen, den er gibt. Von hier aus fällt auch Licht, soweit das möglich ist, auf die viele beunruhigende Frage, warum nicht auch der Heilige Geist Sohn ist, da er doch auch vom Vater ausgeht, wie im Evangelium zu lesen ist. Der Heilige Geist ging nämlich vom Vater aus, nicht als einer, der geboren wurde, sondern als einer, der geschenkt wurde. Und deshalb heißt er nicht Sohn, weil er weder geboren ist wie der Eingeborene noch geschaffen, um durch Gnade in die Annahme der Kindschaft geboren zu werden wie wir. Was nämlich vom Vater geboren ist, bezieht sich allein auf den Vater, wenn man vom Sohn spricht, und deshalb ist er der Sohn des Vaters, nicht auch der unsere. Was aber geschenkt wurde, das hat eine Beziehung sowohl zu dem, der gibt, als auch zu denen, denen er gegeben hat. Deshalb heißt der Heilige ›Geist‹ nicht nur Geist ›des Vaters und Sohnes‹, die ihn schenkten, sondern auch unser Geist, die wir empfingen, ebenso wie man vom ›Heil des Herrn‹ spricht, weil er das Heil gab, und dasselbe auch ›unser Heil‹ ist, die wie empfingen. Der Geist ist also sowohl der Geist Gottes, der ihn gab, als auch unser Geist, die wir empfingen. Nicht jener Geist unser, in dem wir sind, weil es der Geist des Menschen ist, der in ihm ist,
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strum da nobis. quamquam et illum spiritum qui hominis dicitur utique accepimus. […] [16.17] nec moueat quod spiritus sanctus, cum sit coaeternus patri et filio, dicitur tamen aliquid ex tempore ueluti hoc ipsum quod donatum diximus. nam sempiterne spiritus donum, temporaliter autem donatum. nam et si dominus non dicitur nisi cum habere incipit seruum, etiam ista appellatio relatiua ex tempore est deo; non enim sempiterna creatura est cuius est ille dominus. quomodo ergo obtinebimus nec ipsa relatiua esse accidentia, quoniam nihil accidit deo temporaliter quia non est mutabilis sicut in exordio huius disputationis tractauimus? ecce dominum esse non sempiternum habet ne cogamur etiam creaturam sempiternam dicere, quia ille sempiterne non dominaretur nisi etiam ista sempiterne famularetur. sicut autem non potest esse seruus qui non habet dominum, sic nec dominus qui non habet seruum. et quisquis exstiterit qui aeternum quidem deum solum dicat, tempora autem non esse aeterna propter uarietatem et mutabilitatem, sed tamen tempora non in tempore esse coepisse – non enim erat tempus antequam inciperent tempora, et ideo non in tempore accidit deo ut dominus esset quia ipsorum temporum dominus erat quae utique non in tempore esse coeperunt –, quid respondebit de homine qui in tempore factus est cuius utique dominus non erat antequam esset cui esset? certe uel ut dominus hominis esset ex tempore accidit deo, et ut omnis auferri uideatur controuersia, certe ut tuus dominus esset aut meus qui modo esse coepimus ex tempore accidit deo. aut si et hoc propter obscuram quaestionem animae uidetur incertum, quid ut esset dominus populi Israhel? quia etsi
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sondern auf andere Weise ist dieser Geist unser, in der wir sagen: ›Unser tägliches Brot gib uns heute‹. Wir haben freilich auch jenen Geist, der der des Menschen heißt, empfangen. [...] [16.17] Nicht zu beunruhigen braucht es, daß vom Heiligen Geist, der doch mit Vater und Sohn gleichewig ist, zeithafte Aussagen gemacht werden, eben wenn wir zum Beispiel dies ›geschenkt‹ aussagen. Denn der Geist ist immerwährend Geschenk, gegeben aber wird er zeitlich. Denn etwa auch von Herr kann man nur sprechen, wenn er einen Diener zu haben beginnt, so daß auch diese beziehentliche Benennung Gott erst von der Zeit her zukommt. Die Schöpfung nämlich, deren Herr er ist, ist nicht immerwährend. Wie können wir folglich aufrechterhalten, daß die Beziehungen keine Akzidenzien sind, da doch Gott zeitlich nichts hinzukommt, weil er nicht veränderlich ist, wie wir das zu Beginn unserer Erörterung behandelt haben? Siehe, er hat, daß er Herr ist, nicht immerwährend, sonst müßten wir sagen, daß auch die Schöpfung immerwährend ist, da Gott nicht immerwährend Herr sein könnte, würde die Schöpfung nicht immerwährend Diener sein. Wie es keinen Diener geben kann, der keinen Herrn hat, so keinen Herrn, der keinen Diener hat. Und sollte es jemand geben, der sagen würde, Gott allein sei zwar ewig, die Zeiten aber seien wegen ihrer Verschiedenheit und Veränderlichkeit nicht ewig, und dennoch hätten die Zeiten nicht in der Zeit zu sein angefangen – es gibt nämlich keine Zeit, ehe die Zeiten anfingen, und daher kommt es Gott nicht in der Zeit zu, daß er Herr ist, weil er auch der Herr der Zeiten war, die überhaupt nicht in der Zeit zu sein begannen –, was will er vom Menschen erwidern, der in der Zeit geworden ist, dessen Herr Gott also sicher nicht war, ehe es den Menschen gab, dem er Herr sein sollte? Gewiß also kam es Gott erst in der Zeit zu, daß er Herr des Menschen war. Um aber jeden Widerstreit wegzuschaffen, kann man festhalten: dein oder mein Herr zu sein, kam Gott zweifelsohne erst in der Zeit zu, da wir eben zu sein angefangen haben.139 Und sollte auch dies, wegen der dunklen Frage nach der Seele, ungewiß scheinen, was ist dann damit, daß er Herr des Volkes Israel war? Auch wenn es
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iam erat animae natura quam ille populus habebat – quomodo non quaerimus – tamen ille populus nondum erat et quando esse coepit apparet. postremo ut dominus esset huius arboris et huius segetis ex tempore accidit quae modo esse coeperunt. quia etsi materies ipsa iam erat, aliud est tamen dominum esse materiae, aliud esse dominum iam factae naturae. alio enim tempore est etiam homo dominus ligni et alio tempore est dominus arcae quamuis ex ipso ligno fabricatae, quod utique non erat cum ligni dominus iam esset. quomodo igitur obtinebimus nihil secundum accidens dici deum nisi quia ipsius naturae nihil accidit quo mutetur, ut ea sint accidentia relatiua quae cum aliqua mutatione rerum de quibus dicuntur accidunt? sicut amicus relatiue dicitur, neque enim esse incipit nisi cum amare coeperit; fit ergo aliqua mutatio uoluntatis ut amicus dicatur. nummus autem cum dicitur pretium relatiue dicitur, nec tamen mutatus est cum esse coepit pretium neque cum dicitur pignus et si qua similia. si ergo nummus potest nulla sui mutatione totiens dici relatiue ut neque cum incipit dici neque cum desinit aliquid in eius natura uel forma qua nummus est mutationis fiat, quanto facilius de illa incommutabili dei substantia debemus accipere ut ita dicatur relatiue aliquid ad creaturam ut, quamuis temporaliter incipiat dici, non tamen ipsi substantiae dei accidisse intellegatur sed illi creaturae ad quam dicitur? domine, inquit, refugium factus es nobis. refugium ergo nostrum deus relatiue dicitur; ad nos enim refertur; et tunc refugium nostrum fit cum ad eum refugimus. numquid tunc fit aliquid in eius natura quod antequam ad eum refugeremus non erat? in nobis ergo fit aliqua mutatio; deteriores enim
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die Natur der Seele, die dieses Volk hatte, schon gab – auf welche Weise fragen wir jetzt nicht –, so gab es dieses Volk doch erst dann, als es zu sein begann. Schließlich kommt es Gott erst in der Zeit zu, daß er Herr dieses Baumes oder dieser Saat ist, die eben zu sein begonnen haben. Wenn es nämlich auch schon die Materien gab, so ist es doch etwas anderes, Herr zu sein der Materie, etwas anderes Herr zu sein der schon gewordenen Natur. Zu einer anderen Zeit nämlich ist der Mensch Herr des Holzes, und zu einer anderen Zeit ist er Herr des Kastens, der zwar aus diesem Holz hergestellt, aber nicht gegeben war, als der Mensch der Herr des Holzes war. Wie können wir also aufrechterhalten, daß von Gott nichts gemäß der Akzidens ausgesagt werden kann, wenn nicht deshalb, weil seiner Natur nichts hinzukommt, worin sie verändert würde, und dies eben beziehentliche Akzidenzien sind, die mit irgendeiner Veränderung den Dingen hinzukommen, von denen sie ausgesagt werden? So wird Freund beziehentlich gesagt, man kann es nämlich zu sein beginnen, wenn man nicht zu lieben beginnt; es geschieht also irgendeine Veränderung des Willens, soll man Freund genannt werden können. Wenn eine Münze ein Wert heißt, so heißt sie das beziehentlich, sie wurde aber nicht verändert, als sie einen Wert zu haben anfing, auch nicht, als sie Pfand oder Ähnliches hieß. Wenn also eine Münze ohne Veränderung ihrerseits so oft beziehentlich heißen kann, daß weder durch den Beginn noch durch das Aufhören dieses Beziehens ihre Natur oder ihre Form, durch welche sie Münze ist, eine Veränderung erfährt, um wieviel leichter können wir das von jener unveränderlichen Substanz Gottes annehmen, so daß von ihm etwas beziehentlich zur Schöpfung so ausgesagt werden kann, daß, wenn es auch zeitlich zu sein beginnt, dies so zu verstehen ist, daß dennoch nicht der Substanz Gottes etwas hinzukommt, sondern jener Schöpfung, bezüglich der es ausgesagt wird? »Herr«, sagt der Psalmist, »du bist meine Zuflucht geworden«. Unsere Zuflucht heißt Gott beziehentlich; auf uns nämlich wird dies bezogen; Gott wird dann unsere Zuflucht, wenn wir uns zu ihm flüchten. Geschieht da etwas in seiner Natur, was noch nicht war, ehe wir zu ihm flüchteten? In uns also ge-
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fuimus antequam ad eum refugeremus, et efficimur ad eum refugiendo meliores; in illo autem nulla. sic et pater noster esse incipit cum per eius gratiam regeneramur quoniam dedit nobis potestatem filios dei fieri. substantia itaque nostra mutatur in melius cum filii eius efficimur; simul et ille pater noster esse incipit, sed nulla suae commutatione substantiae. quod ergo temporaliter dici incipit deus quod antea non dicebatur manifestum est relatiue dici, non tamen secundum accidens dei quod ei aliquid acciderit, sed plane secundum accidens eius ad quod dici aliquid deus incipit relatiue. et quod amicus dei iustus esse incipit ipse mutatur; deus autem absit ut temporaliter aliquem diligat quasi noua dilectione quae in ipso ante non erat apud quem nec praeterita transierunt et futura iam facta sunt. itaque omnes sanctos suos ante mundi constitutionem dilexit sicut praedestinauit, sed cum conuertuntur et inueniunt illum, tunc incipere ab eo diligi dicuntur ut eo modo dicatur quo potest humano affectu capi quod dicitur. sic etiam cum iratus malis dicitur et placidus bonis, illi mutantur non ipse; sicut lux infirmis oculis aspera, firmis lenis est, ipsorum scilicet mutatione non sua.
57-58 Io 1,12 64 Idt 8,22; Iac 2,23 68-69 Eph 1,4-5
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schieht eine Veränderung; schlechter nämlich waren wir, ehe wir zu ihm flüchteten, und wir wurden besser durch unser Fliehen zu ihm. In ihm aber geschieht keine Veränderung. So fängt auch Gott unser Vater zu sein an, wenn wir durch seine Gnade wiedergeboren werden, weil er uns die Macht gab, Kinder Gottes zu werden. Unsere Substanz also wird zum Besseren verändert, wenn wir seine Söhne werden; zugleich begann er, unser Vater zu sein, aber durch keine Veränderung seiner Substanz. Beginnt man also von Gott etwas zeitlich zu sagen, was vorher nicht gesagt wurde, so ist es offenkundig, daß das eine beziehentliche Aussage ist, nicht jedoch gemäß einer Eigenschaft Gottes, als käme ihm etwas hinzu, sondern offenkundig gemäß der Eigenschaft desjenigen, von dem es heißt, daß Gott zu ihm in Beziehung tritt. Wenn also der Gerechte Freund Gottes zu sein beginnt, dann ist er es, der sich verändert. Fern aber sei es, daß Gott jemand zeitlich liebt, gleichsam mit neuer Liebe, die in ihm vorher nicht war, wo doch bei ihm das Vergangene nicht vorübergegangen und das Zukünftige schon geschehen ist. Er liebte also alle seine Heiligen vor Erschaffung der Welt, wie er sie auch vorherbestimmte.140 Aber wenn sie sich bekehren und ihn finden, dann beginnen sie nach unserer Ausdrucksweise von ihm geliebt zu werden, um es in einer Weise auszudrücken, in der das Gesagte dem menschlichen Empfinden faßlich wird. Wenn man so auch von Gott sagt, daß er den Bösen zürnt und den Guten gnädig ist, so verändern sich jene, nicht er; ebenso wie das Licht für schwache Augen grell, für starke mild ist, so ist es dies durch die Verschiedenheit der Augen, nicht durch seine.
ANMERKUNGEN
Vgl. den das ganze Werk leitenden methodischen Imperativ, daß der Glaube sucht, der Akt der Einsicht aber Instanz und Kriterium des Findens ist: »fides quaerit, intellectus invenit« (De trin. XV,2,2, vgl. S. 250). Vgl. auch Einleitung, S. IX/X. 2 Die Übersetzung »Seele« für »animus« (statt mit Geist) läßt sich etymologisch rechtfertigen (vgl. auch M. Schmaus zu seiner Übersetzung von Buch VIII, S. 16, Anm. 1). »Animus« begreift »Seele, Geist, Gesinnung, Gemüt, Mut« in sich (vgl. Walde-Hofmann, Lat.-etymol. Wörterbuch, Heidelberg 1982, Bd. 1, S. 49). Als »lebendiger Geist« ist animus »Lebensgeist«, eine »belebende Kraft«, die das Wort »Seele« in sich begreift (vgl. Grimm’sches Wörterbuch Art. »Geist«, ND München 1984, Bd. 5, insbes. S. 2624–2626, Art. »Seele«, ebd., Bd. 15, 2851–54, 2864ff., 2876ff.). 3 Bei dem, was in diesem rhetorisch forcierten Abschnitt sehendes Erkennen heißt, geht es nicht um eine Suche nach Verborgenem (einen ›mystischen Aufstieg‹), sondern um die Aufmerksamkeit auf das Offenkundige bzw. Gegenwärtige, für die das »ecce vide« – eigentlich ein Pleonasmus (vgl. Walde-Hofmann, Lat.-Etymol. Wörterbuch, a.a.O, S. 390) – steht. Diese Aufmerksamkeit auf das Offenkundige zeigt sich insbesondere in der Selbstreflexion des sich in seinen Akten erkennenden Geistes. 4 Unter neuplatonischen Vorzeichen ist es der Makel der aus dem mundus intelligibilis herabgefallenen Seele, daß sie ins ›Gewohnte und Irdische‹ zurückgleitet. Augustinus steigert diese Disposition noch, wenn er mit der »cupiditas sordium contractarum« auf sein Erbsündenmythologem anspielt. – Parallel scheint eine Stelle in Buch VII der »Confessiones«, wo die »ratiocinans potentia« der Urteilskraft in einem Akt der Selbsteinsicht an das gelangt, »was ist im Blitz eines erzitternden Blicks«. Von der Sehkraft dieser Augenblicke bzw. -blitze bliebe nichts denn die »liebende und wiederbegehrende Erinnerung« (vgl. Conf. VII,17,26). Das aber verändert die Dichotomie zwischen mundus sensibilis und intelligibilis von Grund auf. Denn es ist das Endlichkeisbewußtsein der Erinnerung, das die Transzendenz des mundus intelligibilis nicht nur nicht ausschließt, sondern in sich begreift (vgl. J. Kreuzer, Pulchritudo, a.a.O, S. 83ff.). 1
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Anmerkungen des Herausgebers
Die Finger schnell auszustrecken und andere ihre Zahl raten zu lassen, war ein bei den Römern beliebtes Spiel (vgl. M. Schmaus, Über die Dreieinigkeit VIII, a.a.O, S. 27, Anm.). 6 Andernorts hat Augustinus aus dieser Definition des JohannesEvangeliums den berühmten und berüchtigten Satz »Liebe, und tue, was du willst« gefolgert: »Dilige, et quod uis fac […]« (In ep. Joannis ad Parth., VII,4,8, in: PL 35, 1841, 2033). 7 Erst hier beginnt die Analyse, die die These von VIII,12 (»uides trinitatem si caritatem uides«) einlöst und der weiteren Argumentation den ›Boden‹ bereitet. 8 Daß das Verstehen eines Wortes darin bestehe, daß man es darauf zurückführt, was es anzeigt (die Bedeutung, für die das Wort steht) ist ein reduktives Verständnis von Sprache bzw. »die Vorstellung einer primitiveren Sprache als der unsern« (so Wittgenstein im § 2 der »Philosophischen Untersuchungen«: in der Kritik an der primitiven Spracherwerbstheorie dient Augustinus als Vorwand, mit dem Locke kritisiert wird, vgl. An Essay on human understanding, III,2,1ff.). Die Einsicht, daß wir ein Wort dann verstehen, wenn wir verstehen, daß es sein Anzeigen anzeigt, ist sprachphilosophisch von einschneidender Bedeutung. Augustinus hat sie mit der Lehre vom »verbum intimum« in Buch XV reflektiert. Vgl. auch Anm. 18 u. 104. 9 Es klingt hier die Denkfigur der »docta ignorantia« an, die darauf beruht, daß dasjenige, was man schon bzw. via negationis kennt, auch erkannt werde, die, anders gesagt, das unthematisch Erinnerte zu einem eigens Erinnerten werden läßt. 10 Mag der Glaube zeitlich früher sein, so hat der Sache nach die ratio, d. h. die diskursive Prüfung den Vorrang: vgl. De ordine II,9,26. 11 In Buch VI bezeichnet Augustinus die »mens« als das »principale hominis«, weshalb sie auch »gleichsam das Haupt der menschlichen Substanz« genannt werde: »[…] mentem recte dicimus principale hominis, id est tamquam caput humanae substantiae […]« (De trin. VI,9,10, a.a.O. (CCL), S. 240). »Mens« wird üblicherweise mit »Geist« übersetzt. Angemessener wäre »Gemüt«, sofern darunter der Bedeutungsgehalt verstanden wird, den dieses Wort bis zu Kants Zeit hatte (vgl. Walde/ Hofmann, Lat.-etymol. Wörterbuch, a.a.O., Bd. 2,S. 69/70; Grimm’sches Wörterbuch, a.a.O., Bd. 5, Art. »Gemüt«, 3296; vgl. auch I. Kant, Kritik der reinen Vernunft, B 33). Meister Eckhart etwa übersetzt Eph. 4,23 wie folgt: »›Ihr sollt erneuert werden in eurem Geiste, der da mens heißt‹, will sagen ein »Gemüt«.« (Pr. 83, zit. nach: Werke, hg. v. N. Largier, Frankfurt/M. 1993, Bd. II, S. 189) 5
Anmerkungen des Herausgebers
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Augustinus unterscheidet zwischen »gebrauchen (uti)« und »genießen (frui)«: Eine Sache gebrauchen, heißt sie auf etwas anderes hinordnen, das zu genießen ist. Genießen aber heißt, eine Sache um ihrer selbst willen zu gebrauchen (vgl. De trin. X,10,13; De doctrina christiana I,4,4; De diversis quaestionibus LXXXIII, q. 30.; De civ. 11,25). Das »uti« ist eine Form der Zweckrationalität, in der wir uns fremdbestimmt verhalten, das »frui« dagegen die Forderung, Selbstbestimmung zum Gegenstand wie zur Form des Handelns zu machen. Insofern könne allein Gott zum Gegenstand des »frui« werden. Vgl. Anm. 39. 13 Der Geist, der mit »mens« bezeichnet wird, fügt dem mit »spiritus« bezeichneten Geist Wissen um sich hinzu. Daß die »mens« als um sich wissendes Selbstverhältnis ›Geist‹ ist, gäbe Augustinus’ Definition »mens = spiritus« vielleicht am besten wieder. Die dynamische Struktur des Bewußtseins, in der sich diese Natur des Geistes bzw. Gemütes (vgl. Anm. 11) zeigt, analysiert Augustinus insbesondere in den Büchern De trin. X und XV. 14 Vgl. Anm. 17. 15 Buch XI trägt die Erörterungen über die schon dem sinnlichen Wahrnehmen eigene Intentionalität nach (für den Sinn des Sehens vgl. insbesondere XI,2,3). 16 Was als Substanz zu denken ist, ist kein Subjekt, das (ihm äußerlich bleibende) Eigenschaften hat. Substanz ist vielmehr ein Subjekt, das seine Eigenschaften ›ist‹ (wie »essentia« von »esse« abgeleitet ist). Hier wird das ausdrückliche Gegenmodell zu einem dingontologischen Verständnis von Substanz formuliert. 17 Wirkliche Einsicht bzw. Urteilskraft schließt einen Akt der ›Einleuchtung‹ oder ›Erleuchtung‹ in sich. Diese ›Illuminationslehre‹ steht in der Tradition platonischer Theoreme: vgl. Art. »Einsprechung« und »Erleuchtung«, in: HWPh, Bd. 2, Basel 1972, 416/17; 712–717, und »Licht«, »Lichtmetaphysik«, ebd., Bd. 5, Basel 1980, 282–289. – Zur Modifikation, die Augustinus dieser Lehre gibt, vgl. Anm. 4. 18 Die Wörter sind ›nur‹ Zeichen. In »De magistro« hat Augustinus gezeigt, daß wir mit den Zeichen (z. B. der Sprache) nicht automatisch deren Bedeutungen verstehen (vgl. De mag. 10,33ff.). Mit dem Theorem vom« verbum intimum« (vgl. De trin. XV) reflektiert er diese Verstehensleistung. Sie bedarf der sinnlichen Erscheinung. Insofern sind die als Zeichen zu verstehenden Wörter die Einheit von Sinnlichem (vox) und Unsinnlichem (das Wort, das ›intus‹ bleibt). Vgl. auch Anm. 70, 104. 19 Vgl. Anm. 12. 12
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Anmerkungen des Herausgebers
Der klangliche Bezug, den »parta, reperta, comperta« zu »partus« haben, läßt sich im Deutschen nicht wiedergeben. 21 Hier setzt, auch terminologisch, die Frage nach der Intentionalität der Bewußtseinsakte ein. 22 Das ›Wort einer Sache, das innen bleibt‹, ist dasjenige, was zum Urteilen befähigt und in jedem Urteil aktualisiert wird. 23 Daß ein »Wort eine mit Liebe verbundene Kenntnis« ist eine der ersten entscheidenden Definitionen in »De trinitate« (vgl. Einleitung, XLVIII ff.). 24 Vgl. die quaestio 74 der »83 verschiedenen Fragen«, in der zwischen »Bild, Gleichheit und Ähnlichkeit« unterschieden wird: ›Bild‹ impliziere Ähnlichkeit, aber nicht Gleichheit; ›Gleichheit‹ bedeutet nicht Bild, aber Ähnlichkeit; ›Ähnlichkeit‹ schließlich impliziere weder Bild noch Gleichheit (vgl. De div. quaest. LXXXIII, q. 74). 25 Meister Eckhart zitiert diese für den Begriff der Trinität grundlegende Einsicht und folgert daraus, daß »Sehen und Gesehenwerden eines und dasselbe sind«: »videre et videri unum sunt, idem« (In Joh., n. 107, in: Lat. Werke Bd. III, hg. v. A. Zimmermann/L. Sturlese, Stuttgart 1994, S. 92). – Ab hier setzt mit der Einsicht in das »Daß« der Selbsterkenntnis des Geistes die Frage nach der Bedingung der Möglichkeit eben dieser Erkenntnis ein. 26 Diese Feststellung kann man a) konventionell verstehen – die Bedeutung eines Zeichens ist die ›Sache‹, die unabhängig von diesem Zeichen besteht –, oder b) im Hinblick darauf, daß Augustinus ›entdeckt‹, daß sich die Bezeichnungsfunktion der Wörter nicht in einem solchen Bedeutungswissen erschöpft. Würde sie sich in solchem Bedeutungswissen erschöpfen, entstünde nicht die ›Liebe‹ des Verstehenwollens. Der Zeichencharakter der Wörter der Sprache und die Verstehensleistung des Erinnerns gehören zusammen: Zeichen verstehen wir dann, wenn wir verstehen, daß sie ihr »Anzeigen anzeigen« (vgl. VIII,10,14), das aber heißt, wenn sie uns zum Erinnern anregen. 27 Gleichsam en passant kommt der soziale Gehalt bzw. die ›Intersubjektivität‹ des Zeichenverstehens zur Sprache. Augustinus thematisiert hier, der Sprung in die Sprache unserer Zeit sei erlaubt, der Sache nach das Apriori der Verstehensgemeinschaft, das sich durch kein Bedeutungswissen hintergehen läßt. Denn es sind immer Zeichen, in denen wir uns (durch Hören und Erwidern) zu verstehen versuchen. 28 Damit ist die transzendentale Wendung der Fragestellung erreicht, sofern Reflexion der »Zustand des Gemüts (ist)«, in dem es um die Bedingungen geht, »unter denen wir zu Begriffen gelangen können.« 20
Anmerkungen des Herausgebers
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(I. Kant, Kritik der reinen Vernunft, B 316) Es ist das Wort »Gemüt«, das bis zu Kants Zeit das Ineinander von »memoria, intellectus und voluntas« transportiert (vgl. Anm. 11 und Einleitung, S. LIX) – jenen Ternar, den Augustinus gerade in Buch X erläutert. 29 Mit der semantischen Evidenz, daß jedes Erinnern Wiedererinnerung ist, steht Augustinus in platonisch-neuplatonischer Tradition. Vgl. insbes. Platons »Phaidros«, wo von der »vierten Art des Wahnsinns« derer die Rede ist, denen die »Erinnerung stark genug gegenwärtig« ist (vgl. 249c–250d). Daß sich das Faktum, daß jedes Erinnern Wiedererinnern in sich schließt, ohne die mythische Annahme einer Präexistenz der Seele erklären läßt, hat Augustinus in den »Confessiones« mit der Analyse der zeittheoretischen Implikationen dessen, was Erinnern heißt, gezeigt. In »De trinitate« nun reflektiert er die bewußtseinstheoretischen Folgerungen dieses Sinns der Erinnerung, auf Grund dessen der menschliche Geist sich als Bild der göttlichen Trinität erinnert. 30 In vergleichbarer Weise heißt es in Platons »Theiatetos«, daß Erinnern ein Wiederkennen (anagnórisis) in sich schließe (vgl. Theait. 193c). 31 Zu diesem Motiv des »redire« (der neuplatonischen epistrophé) vgl. den berühmten, auf Plotin zurückgehenden Satz in »De vera religione«: »Noli foras ire, in te ipsum redi« (De vera rel. 39,72; vgl. Plotin, Enn. I,6,9,7ff.). 32 Die Frage nach der Selbsterkenntnis des Geistes ist die nach dem Grund der (z. B. ästhetischen) Urteilskraft (vgl. Conf. VII,17,26; X,24,35–27,38). 33 Der Ternar von »esse, vivere, intellegere«, der hier en passant erwähnt wird, geht auf Marius Victorinus zurück (vgl. z. B. Adversus Arium I,32; I,52). Vgl. Einleitung, S. XVIII ff. 34 Das Begriffspaar »uti-frui« ist als Instrument der Beurteilung faktischen Verhaltens von zentraler Bedeutung. Augustinus setzt es als regulativen Maßstab ethischer Maximen ein. Vgl. Anm. 12,39. 35 Der Bezug zu gegenwärtigen Diskussionen liegt auf der Hand, wenn man z. B. die antike Formulierung »geordnetes Maß des Fleisches« durch das Wort »Synapse« (und die entsprechenden Gegenstände der Philosophy of Mind und KI-Forschung) ersetzt. 36 Ein diesem »dubito ergo sum« ähnliches Argument trägt Augustinus in »De civitate dei« vor: Hier hat das Argument die Form: »si enim fallor sum« (vgl. De civ. dei 11,26). Auf die mögliche Parallele zu Descartes ist oft hingewiesen worden.
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Anmerkungen des Herausgebers
Was hier anklingt, ist Augustinus’ Kritik an einer Form der Kategorienlehre, die eine jeweilige Substanz als das Zugrundeliegende von ihren Eigenschaften trennt. Es ist die Kritik an einer Dingontologie, die das ›Subjekt‹ des Geistes wie eine ›Substanz‹, der ihre Eigenschaften zufällig (akzidentell) sind, denkt. Das ›Subjekt‹ des Geistes hat keine Eigenschaften, sondern ist seine Eigenschaften: es ist in seinen Eigenschaften wirklich. Übertragen auf das Theologumenon der Trinität heißt das, daß das Bild, als das sich der menschliche Geist denkt, nicht eine zufällige Eigenschaft ist dessen, wovon er sich als Bild denkt. Das menschliche Bewußtsein/die Struktur des Geistes ist vielmehr die Erscheinungsweise dessen, wovon es sich als Bild denkt. Deshalb bedeutet die Analyse der Akte des tätigen Geistes eine Analyse der Spuren der göttlichen Trinität selbst. Diese Spuren sind keine zufälligen Eigenschaften. Das ist die Perspektive, in der Augustinus’ transzendentale Wendung der Analyse des Bewußtseins erfolgt. 38 Das »ingenium« hängt mit dem Bewußtseinsternar »memoria, intellegentia, voluntas« zusammen. Insbesondere auf der Erinnerung als der Fähigkeit des »invenire« (vgl. X,7,10) beruht das Ingenium der Erfindungskraft. Es ist Vico, der an diesen Zusammenhang von »memoria, ingegno, fantasia« erinnert hat, ehe das Wort ingenium zum Begriff des Genies mutierte. 39 Die ›fruitio‹ schließt den ›usus‹ (d. h. die Zweckrationalität instrumenteller Vernunft) in sich: »frui« heißt eine Sache um ihrer selbst willen gebrauchen. Der Hinweis auf die zentrale Fassung von Kants kategorischem Imperativ drängt sich auf. Sie lautet, daß im Handeln jeder »sich selbst und alle andern niemals bloß als Mittel, sondern jederzeit zugleich als Zweck an sich selbst behandeln solle.« (I. Kant, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, B 74/75) 40 »Una substantia« ist die (endlich erreichte) Übersetzung und Begründung des »mía ousía« aus dem nizäischen Symbolon. In sachlicher Hinsicht zeigt die Bestimmung, daß »memoria-intelligentia-voluntas« in ihrer Verschiedenheit eine Substanz sind, daß die mens auf einer dynamischen Struktur beruht, die sich in den Akten des Geistes zeigt: ›Geist‹ ist kein Ding (auch kein den Körpern entgegengesetztes geistiges Ding), sondern Relation. Das gilt nun gerade auch für die Relation zwischen dem menschlichen Bewußtsein, das sich als Bild begreift, und der göttlichen Trinität, als deren Bild es sich begreift: erinnert, einsieht und will. Deshalb folgt exakt hier in »De trinitate« der für die Bewußtseins- und Trinitätsanalyse entscheidende Ternar ›Erinnerung, Einsicht, Wille‹. 41 Die Übersetzung ›Erinnerung‹ für das Vermögen der memoria 37
Anmerkungen des Herausgebers
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gibt wieder, daß Erinnern ein produktiver, die Übersetzung ›Gedächtnis‹ für memoria gibt wieder, daß es ein reproduktiver Akt ist. 42 Vgl. das »pros ti« seit Aristoteles. 43 Zur Ableitung von »essentia« von »esse« vgl. De trin. V,2,3 (vgl. Anhang, S. 370). 44 ›Sich anbequemen‹ heißt nicht (die Positionen eines ›common sense Realismus‹) ›übernehmen‹. Vielmehr muß sich in den »documenta« äußerer Wahrnehmung zeigen lassen, wie auch sie von jener dynamischen Struktur zeugen, die als ›Geist‹ (mens) reflektiert wird. 45 Für »animus« hier vielleicht besser: »Geist«. ›Seele‹ ist das belebende Prinzip im Sehen (=Aspekt 2), das von der »intentio animi« (=Aspekt 3) unterschieden wird. Zur Unterscheidung zwischen »anima« und »animus« vgl. XV,1,1. 46 Die Argumentation wendet sich gegen ein ›inneres Sehen‹, wie es in der (neu-)platonischen Tradition, etwa bei Plotin, der von einem Sehen »mýsasta ópsis« (vgl. Enn. I,6 (1),4,1–6,44) spricht, üblich ist. Augustinus geht dagegen vom faktischen Sehen und seinen objektiven Gegenständen aus und weist nach, daß Sehen ein Akt der Relation ist, der auf keines der Relata – weder auf das Äußere noch auf das Innere – zu reduzieren ist. Im Sehen zeigt sich vielmehr – stellvertretend für die anderen Sinne –, daß schon sinnlicher Wahrnehmung Intentionalität eignet. 47 Sehen gibt es zwar nicht ohne die visuelle Präsenz seiner Gegenstände. Was wir sehen, ist aber mit dem visuell Präsenten nicht identisch. Das Bild, das wir sehen, schließt das Verschwinden der Präsenz des gesehenen Gegenstandes (und damit Zeit) in sich. 48 Zur ›Sehstrahltheorie‹ des Sehens vgl. insbes. Platon, Timaios 45cff.; zu den doxographischen Hintergründen und Kontexten vgl. z. B. Art. »Sehen«, in: HWPh, Bd. 9, Basel 1995, 121–141. 49 Zu dieser etymologischen Deutung von »cogitare« vgl. auch Conf. X,11,18. Dort begründet Augustinus die erkenntnistheoretische Deutung mit der Zeitstruktur des Sinns der Erinnerung: Denken heißt, zeitlich Verschiedenes (=Erinnertes) aus seiner zeithaften Zerstreuung zusammenzubringen: »[…] modestis temporum intervallis recolere […] id est uelut ex quadam dispersione conlige(re), unde dictum est cogitare.« (Confessiones X, 11,18, a.a.O., S. 164) 50 Die Erinnerung ist mit dem, was erinnert wird, nicht zu identifizieren (vgl. De trin X,10,13; XI,2,4). Deshalb böte sich hier an, »memoria« einmal mit ›Erinnertes‹ und einmal mit ›Erinnerung‹ zu übersetzen. Der Satz hieße dann: »und der Wille wendet […] so die Sehkraft des sich
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erinnernden Geistes dem Erinnerten zu, auf daß sie von dem, was die Erinnerung festgehalten hat, geformt werde.« 51 Vgl. die vorige Anmerkung zur Differenz zwischen der Erinnerung, dem Erinnern (als »recordari«) und dem Erinnerten (dem Gedächtnis: dem Raum des Memorierten). 52 Zur Semantik des Vergessens, das nicht einfach als bloßer Gegensatz des Erinnerns (wie seit Platon üblich, der das Vergessen als ›Ausgehen einer Erkenntnis‹ deutet, vgl. Phaidon 75d, Symposion 208a) zu denken ist, vgl. Conf. X,16,24–24,35. Würden wir nicht vergessen, bräuchten wir nicht zu erinnern: Am Vergessen(en) also bemerken wir, was Erinnern ist (zum Ganzen vgl. J. Kreuzer, Erinnerung – Vergessen, in: Pulchritudo, a.a.O, 49ff.). 53 Dieser Satz überrascht. Trotz des ganzen argumentativen Aufwands, der das sinnliche Wahrnehmen als etwas Niederes, gar Schimpfliches charakterisieren soll – als Verfall an die Vielgeschäftigkeit in und mit Niederem, als polypragmosýne im neuplatonischen Sinn –, leitet Augustinus nun doch wieder dazu über, auch im sinnlichen Wahrnehmen jene Spuren zu finden, die es erlauben, dieses Wahrnehmen als Entsprechung trinitarisch explizierter Bewußtseinsphänomenologie zu deuten. Den Hintergrund bildet, daß die ›Schöpfung‹ – und zwar gerade in ihrer sinnlichen Gestalt – für den christlichen Mythos Erscheinung jener kreativen Instanz ist, deren innere Struktur als Trinität reflektiert wird. Der mundus sensibilis dieser Welt steht nicht im Gegensatz zum mundus intelligibilis, sondern bildet seine Erscheinung. 54 Zu dem Theorem, daß »alles was ist, insofern es ist, gut ist« – »quaecumque sunt, bona sunt« –, vgl. auch Conf. VII,12,18. 55 Bild ist etwas dann, wenn es dasjenige, was wir als seinen Grund (oder ›Urbild‹) denken, zur Erscheinung bringt. Ein Bild ist keine Kopie, kein bloßes Abbild eines daneben noch verfügbaren Urbildes. Zu diesem – nicht zuletzt im Hinblick auf die Ästhetik sich als Bild begreifenden Daseins – basalen Vermittlungstheorem vgl. auch De vera religione 55,113 (vgl. auch Einl., S. XI, XXXIII f., LIII). 56 Es wäre ein Mißverständnis, aus diesem Satz eine antisensualistische Verurteilung dieser sinnlich erscheinenden Welt abzuleiten. Einer solchen gnostischen Verdammung widerspricht Augustinus in den »Retractationes« expressis verbis: Es sei durchaus keine Selbstentfremdung, zum Lobe des Schöpfers körperliche Schönheit zu lieben, wenn darin Gott als die kreative Instanz genossen wird, deren Erscheinung sie ist (vgl. Retr. II,15,2).
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»Persona(e)« ist die lateinische Übersetzung des »τρες ποστáσεις« aus dem nizäischen Symbolon. Seine Schwierigkeiten mit Begriff und Sinn des Wortes Person gesteht Augustin in Buch VII von »De trinitate« (vgl. ins. VII,4,9ff.). 58 Erinnern ist ohne erinnerte Objekte nicht denkbar. Doch übersteigt die Selbstreferentialität des Erinnerungsvermögens die Zahl des Erinnerten aus einem prinzipiellen Grund. Deshalb ist die sich hier zeigende Dreiheit ›unzählbar zahlreich‹. 59 Es ist, als klinge diese Bestimmung Augustinus’ nach, wenn Kant parenthetisch bemerkt: »tantum scimus, quantum memoria tenemus« (Anthropologie in pragmatischer Hinsicht, § 34 (Von dem Vermögen der Vergegenwärtigung des Vergangenen und Künftigen durch die Einbildungskraft), zit. nach: Anthropologie […], hg. v. R. Brandt, Hamburg 2000, S. 83) 60 Es sei hier nicht von den Flügelwesen von Lev. 11,20/21 die Rede, ergänzt Augustinus in Retr. II,15. 61 Hier wird der Übergang zu Buch XII (wie zu Buch XIII) markiert. In ihnen freilich gerät die Analyse der dynamischen Struktur des Bewußtseins, wie sie in Buch X erreicht ist und durch Buch XI anhand der aufgezeigten Intentionalität sinnlicher Wahrnehmung konkretisiert wurde (u. a. mit dem impliziten Ergebnis, daß Erinnern nicht die ›sekundäre‹ Kopie eines ›primären, vormemorialen‹ Wahrnehmens bedeutet), ins Stocken. Das ist der sachliche Grund, weshalb die Bücher XII und XIII in diese Studienausgabe nicht mit aufgenommen sind (vgl. auch Augustinus’ Selbstkommentar in XV,3,5; vgl. S. 258– 261). 62 Vgl. De trin. XII,14,21–23. 63 Vgl. De trin. XIII,1,2; 19,24. 64 Vgl. De trin. X,5,7. 65 Vgl. auch Conf. I,6,7–6,10. 66 »Vieles haben wir in der Erinnerung, was wir nicht immer betrachten«, hält Augustinus in »De genesi ad litteram« fest (vgl. De gen. ad litt., XII,13,27). Der Sache nach wird Leibniz hieran anknüpfen (vgl. Einl., S. XXVII). 67 Das »abditum mentis« als das ›Verborgene des Geistes‹ ist eine Entdeckung von Augustinus mit enormer Ausstrahlungskraft, die (insbesondere über Meister Eckhart und Tauler) zum ›Grund im Bewußtsein‹ mutiert – eine der nach Begriff und Sache prägenden Formeln in der Diskussion des Deutschen Idealismus im Gespräch zwischen Schelling, Hegel und Hölderlin (vgl. auch Einleitung, S. LIX ff.). 57
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Zur Sprachförmigkeit des Bewußtseins vgl. das Theorem vom »inneren Wort« in Buch XV (vgl. auch Einleitung, S. XLVII ff.). 69 Zu dem Finden, das die Selbstreflexion des Bewußtseins begleitet, vgl. die Deutung von »invenire« als ein ›Hineingehen in das, was gesucht wird‹ in Buch X,7,10. 70 Der Begriff einer als Zeichen verstandenen Wirklichkeit verhält sich komplementär zum Sinn des Erinnerns. (Zum) Zeichen wird etwas dann, wenn es zu erinnern anregt. Alles – vom stummen Ort bis zum prononcierten Wort – kann so zum Zeichen (d. h. ›bedeutend‹) – werden. Vgl. auch Anm. 104. 71 ›In diesem Leben‹ sind die Tugenden nicht die Abschaffung der Not, sondern betreffen die Notwendigkeit ihrer Regelung. Darauf weist Augustinus nachdrücklich insbesondere in »De civitate dei« hin (vgl. De civ. 14,25; 14,28; 19,21). Vgl. J. Kreuzer, Augustinus-Einführung, a.a.O., S. 120ff. (Die Aporie des Geschichtlichen: »De civitate dei«). 72 Die Selbstreflexivität des Geistes unterscheidet sich auf Grund der Selbstreferentialität der Erinnerung von der sinnlichen Wahrnehmung und der Zeitbedingung der Sukzession. Es ist das sinnlich Wahrgenommene (=Erinnerte), das der Zeitbedingung der Sukzession unterliegt. Erinnern aber enthält diese Zeitbedingung in sich (vgl. auch die Anm. 49–52). 73 Hier wird deutlich, daß es beim ›inneren Wort‹ – dessen dann in Buch XV entfaltetes Theorem hier anklingt – nicht um das logische Unding einer Sprache vor der Sprache geht, sondern um jene Sprachförmigkeit, die der Selbstreflexion des Geistes prinzipiell eigen ist. Vgl. Einleitung, S. XLIX–LI. 74 Es ist quasi common sense, sich die Bewußtseinsreihe ›Gedächtnis-Einsicht-Voraussicht‹ bzw. ›Gedächtnis-Aufmerksamkeit-Erwartung‹ als Parallele zur Zeitreihe ›Vergangenheit-Gegenwart-Zukunft‹, als Parallele also zum Zeitschema der Sukzession vorzustellen. Vor diesem Hintergrund erlangt Augustinus’ kurz darauf folgende Einsicht, daß die memoria nicht an die Zeitdimension Vergangenheit gebunden ist, sondern sich als Vermögen der Erinnerung des Gegenwärtigen erweist, ihre Bedeutung. Denn wodurch wissen wir, daß das Gegenwärtige vom Vergangenen (wie vom Zukünftigen) unterschieden ist, wenn nicht durch Erinnern? Vgl. auch Anm. 95. 75 Diese Stelle ist einer der Ansatzpunkte für die ›Einteilung der Natur‹, die Johannes Scottus Eriugena in »Periphyseon« vornehmen wird – die Einteilung in die »nicht geschaffene und schaffende – die geschaffene und schaffende – die geschaffene und nicht-schaffende – die nicht68
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geschaffene und nicht-schaffende Natur« (vgl. Johannes Scottus Eriugena, Periphyseon/De divisione naturae I, 441 B). 76 Mit diesem naiven Begriff des Vergessens ist Augustinus nicht auf der Höhe seiner eigenen Bestimmungen (vgl. z. B. De trin. X,4,6; XI,7,12; Conf. X,16,24–19,28). 77 Die ›Hölle‹ des Infernum wird in der Vulgata mit der »terra oblivionis« geradezu gleichgesetzt bzw. damit erklärt (vgl. Ps. 87,13 nach der Septuaginta). 78 Der »ordo naturarum« wird hier vom »ordo locorum« unterschieden: ›Natur‹ meint also nicht bloß ein räumliches Aus- oder Nebeneinander ausgedehnter Dinge. 79 Augustinus kassiert hier – aus durchsichtigen strategischen Gründen – eigene Analysen und Einsichten. In den »Confessiones« etwa heißt es, daß das glückselige Leben eine Sache sei, die nicht erfahren zu haben niemand sagen könne, deshalb werde sie als aufgefundene in der Erinnerung wiedererkannt, wenn der Name des glückseligen Lebens gehört wird: »Quae quoniam res est, quam se expertum non esse nemo potest dicere, propterea reperta in memoria recognoscitur, quando beatae uitae nomen auditur.« (Conf. X,21,31, a.a.O, S. 172) 80 Vor allem der zweite Abschnitt von XIV,16,22 ist ein gutes Beispiel dafür, wie in »De trinitate« bisweilen die mäandrische Reihung von Zitaten (hier aus Paulus-Briefen) dem Gang des Gedankens nicht eben förderlich ist. 81 Augustinus übersetzt abweichend von der Vulgata Ps. 102,3 mit »omnes languores tuos« (die Vulgata hat: »infirmitates tuas«). »Languor« ließe sich auch mit »Schwermut« übersetzen. (Die Gefährdung durch diese sich bis zur Verzweiflung steigernde) Schwermut ist ein untergründiges Motiv in Buch X der »Confessiones« (vgl. X,40,65–43,69). Vgl. J. Kreuzer, Der Abgrund des Bewußtseins. Erinnerung und Selbsterkenntins im zehnten Buch, in: Die Confessiones des Augustinus von Hippo. Einführung und Interpretationen zu den dreizehn Büchern. Hg. v. N. Fischer u. C. Mayer, Freiburg/Basel/Wien 1998, S. 481. 82 Daß mit diesem Cicero-Zitat in »De trinitate« an markanter Stelle vom »reditus« der Seele – und kurz darauf vom »regressus ad deum« (vgl. Z. 62) – die Rede ist, scheint mir, gerade auch terminologisch eine wichtige Brücke für die Reformulierung der neuplatonischen Trias von »moné-próodos-epistrophé« in der »Reditus«-Lehre bei Johannes Scottus Eriugena (insbes. in den Büchern IV und V von »Periphyseon«). In ihr werden eschatologische Motive auf Grund des trinitarischen Vermittlungsgedankens bewußtseinstheoretisch reflektiert. Die Rückkehr
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der Seele zu Gott ist das Begreifen ihrer Beziehung zu jenem ursprünglich Einen, aus dem hervorgegangen sie sich denkt bzw. erinnert. 83 Augustinus bezieht sich hier wohl auf die Skepsis der von Arkesilaos (gest. 241/40 v.Chr.) und Karneades (gest. 129/28 v.Chr.) ausgehenden mittleren und neuen Akademie; ›Quelle« dürften vor allem Ciceros »Academica« gewesen sein. Die pejorative Erwähnung der ›Akademiker‹ an dieser Stelle – und stärker noch De trin. XV,12,21 (vgl. Anm. 107 zu Buch XV) –, sollte nicht darüber hinwegtäuschen, daß die radikale Skepsis des »dubitans de omnibus« für Augustinus ein höchst wichtiges biographisches Stadium bildete: Sie war entscheidend für die Ablösung vom Manichäismus (vgl. Conf. V,10,19–14,25). 84 Die ›Unbegreiflichkeit‹, von der hier die Rede ist, ist aus der Perspektive des Wissens als dessen bestimmte Negation zu begreifen. Nikolaus v. Kues wird dies mit der Denkfigur der »docta ignorantia« explizieren (vgl. z. B. De docta ignorantia I, 3–5; De venatione sapientiae XII). Es ist kein Zufall, daß er dabei eine auf Augustin (aus dem Brief an Proba, ep. 130) zurückgehende Formulierung zum programmatischen Stichwort erhebt. 85 Das ist eine der zentralen Formeln für die Art philosophischer Rationalität, die Augustinus nicht zuletzt mit »De trinitate« begründet hat. Anselm v. Canterbury etwa wird sie wie ein Leitmotiv seinem »Proslogion« voranstellen. Vgl. auch Einl., S. IX, X. 86 In Buch VI wird in diesem Zusammenhang auch definiert, daß ein Bild nicht Abbild im Sinne einer Kopie ist, sondern zu begreifen ist als die erscheinende Wirklichkeit desjenigen, als dessen Bild es gedacht wird. Bild ist etwas dann, wenn es bis zur Dieselbigkeit dem entspricht, dessen Bild es ist: darin, daß es sich als »ad identidem respondens ei cuius imago est« (vgl. De trin. VI,10,11, a.a.O, S. 241) erweist, gründet seine Schönheit. Das ist eine sowohl rücksichtlich Gen. 1,26 wie im Hinblick auf die Analyse des menschlichen Bewußtseins, sofern es sich als ›Spur‹ und endliches Bild der Trinität begreift, entscheidende Bestimmung. 87 Spricht Augustinus hier (wie in Buch VII) noch vom Wort Person als einem terminologischen Notbehelf, so wird Boethius später diesen Terminus in einer Weise definieren, die Augustinus’ Bedenken, daß sich das im Begriff Person Gemeinte dingontologisch nicht fassen läßt, übergeht. Vgl. auch Anm. 93 und 123. 88 Vgl. De trin. V,4,5–5,8; V,8,9; VI,6,8. – Gott hat keine (ihm zufälligen) Eigenschaften, sondern ist seine Eigenschaften. Die logische Struktur, die das impliziert, wird nach dem Obsoletwerden des Theolo-
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gumenons Trinität zum Grundgedanken des spekulativen Satzes in Hegels »Phänomenologie des Geistes« (vgl. insbes. die Abschnitte 58–66 der Vorrede, vgl. Phänomenologie des Geistes, hg. v. H.-F. Wessels u. H. Clairmont, Hamburg 1988, S. 43–49). Aus gutem Grund also ist das von Hegel für einen spekulativen Satz gegebene Beispiel der Satz »Gott ist das Sein« (ebd., S. 46). 89 Vgl. De trin. XV,5,7. 90 Vgl. De trin. VII,3,4. 91 Vgl. De trin. VIII,2,3. 92 Daß ›Weisheit‹ (»sapientia«) kein Jenseits der Vernunft und des Wissens (der »scientia«) bedeutet, ist ein für beider Diskurssysteme zentrales Kriterium. 93 In den Büchern V und VII gesteht Augustinus seine Schwierigkeiten mit dem theologischen Sinn des Terminus »persona« – die »große Not der menschlichen Rede« spreche von »drei Personen«, nicht aber, um etwas auszudrücken, sondern allein, um nicht zu schweigen (De trin. V,9,10; vgl. Anhang, S. 384; vgl. auch De trin. VII,4,9–6,11). Hier in XV,7,11 heißt er jeden einzelnen Menschen Person. Als Person wird also, quasi umstandslos, die Singularität einer psycho-physischen Entität definiert, der »mens, notita, amor« eigen ist. 94 Vgl. Anm. 76. 95 Das ist eine der Stellen, an denen die geläufige Parallelisierung der Zeitreihe ›Vergangenheit-Gegenwart-Zukunft‹ mit der Bewußtseinsreihe ›Erinnerung-Aufmerksamkeit-Erwartung‹ von Augustinus kritisiert und sozusagen prinzipiell unterlaufen wird. Daß die Memoria nicht bloß vergangenheitsgebunden, sondern das Vermögen der Erinnerung des Gegenwärtigen ist (vgl. De trin. XIV,11,14), ist auch und gerade für die Zeitanalysen im Buch XI der »Confessiones« von zentraler Bedeutung. Vgl. Verf., Pulchritudo, a.a.O, S. 170–223. 96 Augustinus gibt hier, soweit ich sehe, die erste etymologische Deutung dessen, was spekulatives Denken‹ heißt. Das spekulative Denken ist ›Spiegeldenken‹ im Sinn der Reflexion der Reflexion, die Denken ist, sofern es sich als Bild begreift. 97 Vgl. De trin. XII,7,9/10. 98 Augustinus läßt hier seine Ausbildung als Rhetor aufblitzen. Das Schulwissen der Rhetorik ist eine wichtige Quelle für sein Werk. 99 Bei einem »tropus« wird an die Stelle des ›eigentlich‹ Gemeinten ein semantisch nicht-verwandtes Wort gesetzt (vgl. H. Lausberg, Handbuch der literarischen Rhetorik, München 21973, S. 282). »Allegorien« realisieren in Sätzen, was die Metaphern als Wörter leisten: den Ver-
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gleich zwischen Bezeichnetem und Bezeichnendem (vgl. ebd., S 441/42). Ein »Aenigma« schließlich meint als Redefigur eine nicht-ironische Allegorie, deren Bezug undurchsichtig bleibt (vgl. ebd., S. 444). 100 Die doppelte Verneinung »quod non uidere non possumus« dürfte als verstärkte Bejahung zu lesen sein. 101 Vgl. De trin. XIII,1,2; 20,26. 102 Ausführlicher trägt Augustinus dieses Argument – der Evidenz der Gewißheit, die aus dem »Si enim fallor sum« folgt – in »De civitate dei« vor (vgl. De civ. dei 11,26). Vgl. Anm. 36. 103 Die doppelte Verneinung – »nec tamen […] non sunt« – ist nicht einfach in dem Sinn aufzulösen, daß ›die Gedanken, weil sie Sprechweisen des Herzens sind, deshalb auch schon Sehweisen sind‹. Für die Sprachförmigkeit des Denkens gilt, daß in ihm »visio« und »locutio« eins sind. Das heißt aber nicht, nicht zu wissen, daß das ›Sehen des Denkens‹ ein ›inneres Sehen‹ ist. Deshalb bedarf die Sprachförmigkeit (des »inneren Wortes« wie) der »cogitationes« der konkreten Sprachform, in der sie erst und jeweils erscheinen. 104 Zeichen‹ ist für Augustinus also alles, was etwas zu verstehen gibt. Die sprachlichen Zeichen sind (sozusagen nur) ein Sonderfall einer insgesamt als Zeichenprozeß zu verstehenden Wirklichkeit. Augustinus unterscheidet deshalb in »De doctrina christiana« die sprachlichen Zeichen als »gegebene Zeichen«, als »signa data«, von den »natürlichen Zeichen«, den »signa naturalia«: vgl. De doctrina christiana II,1,1–4,5. 105 Hier wird Aristoteles‹ Bestimmung repetiert, daß die Buchstaben Zeichen jener Zeichen sind, mit denen wir den »pathemáta« (den ›Widerfahrnissen‹ (in) der Seele‹) sinnlich-lautliche Gestalt geben. Vgl. Aristoteles, De interpr. I,16a3-5. 106 Auf die Affinität zwischen Sprache und Musik – beides sind Formen artikulierter Zeitlogik – kommt Augustinus immer wieder zu sprechen. Der Sinn eines Satzes (wie einer Melodie) erfüllt sich im Vorübergehen von Zeit und bedarf der Artikulation der Töne wie ihres zeitlichen Vorübergehens. Der Rhythmus einer Melodie, die »numerositas soni«, wird im Vorübergehen der vergehenden Zeit (der einzelnen Töne) »ohne Zeit in einem gewissen verborgenen und hohen Schweigen stehend erfaßt«, heißt es in Buch XII: »[…] soni per moras temporis transeuntis numerositas comprehendatur sine tempore stans in quodam secreto altoque silentio« (De trin. XII,14,23, a.a.O. (CCL), S. 377). Dies silentium ist kein Schweigen (und kein ›inneres Wort‹) vor oder jenseits der Sprache. Es zeigt sich im Ertönen der Laute. Die Zusammen-
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gehörigkeit von Stille und artikulierten Lauten erst macht musikalische wie sprachliche Gebilde sinnvoll. 107 Diese die Verbalinjurie nicht scheuende Polemik gegen die »Akademiker« zeigt via negationis die schon erwähnte Bedeutung der akademischen Skepsis für Augustinus an (vgl. De trin. XIV,19,26 und Anm. 83 zu Buch XIV). – »Verisimile« ist die Übersetzung für »πèνóς« (überzeugend) bzw. »ε!λογος«, was nicht nur ›wohlklingend‹, sondern auch ›wohlbegründet‹ heißt (vgl. auch Cicero, Tusc. 2,5; 4,7; De off. 2,8.). 108 Vgl. Gegen die Akademiker, eingel, übers. u. erl. v. B. R. Voss, in: Augustinus, Philosophische Frühdialoge, Zürich 1972 (u.ö.), S. 42–143. 109 Es ist schon überraschend, wie umstandslos Augustinus hier die eigenen Analysen in Buch XI kassiert und plötzlich – paßt es nur in den gerade gegebenen strategischen Argumentationsrahmen – einem naiven Wahrnehmungsrealismus unreflektiertester Art das Wort redet. 110 De trin. XV,12,22 ist einer der Stellen, an denen Augustinus eindeutig von einer Vorsprachlichkeit und Sprachfreiheit des »verbum verum« spricht (vgl. Einleitung, S. XLVII). Es ist kein Zufall, daß das mit einer naiven Abbildtheorie der Wahrnehmung einhergeht, in der die memoria zugleich nur als Speicher (als Schatzkammer) dieser Abbilder fungiert. 111 Vgl. Anm. 84 u. 122. 112 Der Gedanke der Trinität ist kreatürliche Selbstreflexion: Bewußtsein, das sich als zu sich selbst verhaltende Natur kennt bzw. erkennt und sich damit in seiner Endlichkeit begreift und sieht. Zum ›sehenden Begreifen‹ dieser Endlichkeit vgl. auch die Parallelstelle am Schluß der »Confessiones«: »Wir freilich sehen die Dinge, die du gemacht hast, weil sie sind, sie aber sind, weil du sie siehst. Und wir sehen draußen, daß sie sind, und drinnen, daß sie gut sind.« – »Nos itaque ista quae fecisti uidemus, quia sunt, tu autem quia uides ea, sunt. Et nos foris uidemus, quia sunt, et intus quia bona sunt […].« (Confessiones XIII,38,53, a.a.O., S. 272) 113 Wörtlich: die Dinge weder wissen noch »schmecken«. Weisheit ist ›schmeckendes Wissen‹ (vgl. Conf. IV,12,18). Wirkliches Verstehen läßt sich insofern deuten als: Geschmack haben. Vgl. Anm. 92, 131. 114 Bei aller Mäandrik von Augustinus’ Argumentation wird doch deutlich, daß er als ›wahres Wort‹ nicht das isolierte Einzelwort in seinem Bezug zu dinglichen Gegebenheiten denkt, sondern den semiotischen Akt der Aussage. 115 Für das, was wir als Wort Gottes denken, gilt, daß in ihm sinnli-
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che und intelligible Erscheinung deckungsgleich sind. Im menschlichen ›inneren Wort‹ sind sie es nicht, ihm eignet eine Art Unschärferelation zwischen sinnlicher und intelligibler Gestalt. Deshalb bedarf ›unser Wort‹ a) der sinnlichen Übersetzung in Formen der Äußerung und b) der intelligiblen Leistung des Verstehens. 116 Das Verborgene, um das es hier geht, ist nichts Geheimnisvolles oder Obskurantistisches, sondern das »abditum mentis« (vgl. De trin. XIV,7,9), mit dem Augustinus faßt, daß wir mehr erinnert haben als das ›clare et distincte‹ Perzipierte. Das ›Verborgene des Geistes‹ ist kein defizienter Modus der Perzeption(en), sondern deren Grund im Sinne der Bedingung der Möglichkeit (vgl. auch Anm. 28, 66). 117 In »De civitate dei« ergänzt Augustinus das Bezeichnungsdoppel »caritas/dilectio« noch durch »amor«: Dort heißt es, daß auch »scripturas religionis nostrae […] non aliud dicere amorem, aliud dilectionem vel caritatem.« (De civ. dei, 14,7, a.a.O., S. 422) Die Liebe, von der hier die Rede ist, enthält also durchaus, was im Griechischen als Eros gedacht worden ist. 118 Wovon das Bewußtsein sich als Bild denkt, das hat (oder findet) es als trinitarische Struktur des Geistes in sich. Hieran wird Meister Eckhart mit der Lehre von der Gottesgeburt im Grunde der Seele anknüpfen. Vgl. Einl., S. LIII–LVI. 119 Das Spiel mit der dynamischen Relation zwischen ›Finden-In‹ (invenire) und ›Gelangen zu‹ (pervenire) kann die Übersetzung nicht wiedergeben. 120 Damit ist das »verbum verum« definiert als ›Einsicht, die im Denken geformt wird‹: als »intellegentia, quae cogitatione formatur«. 121 Augustinus macht durch die fiktive Einrede deutlich, daß die dynamische Struktur des Bewußtseins, die als und als die die Spur der göttlichen Trinität in uns gedacht werden soll, nicht gleichzusetzen ist mit einem Bewußtseinsmodell, in dem ein (gleichsam autark vorgegebenes) ›Ich‹ als (wie Descartes formulieren wird) ›denkendes Ding‹ Erinnerung, Einsicht und Wille wie Instrumente nur noch benutzt. Nicht ein solches ›Ich‹ ist die Spur der Trinität in uns, sondern jene Identität des Bewußtseins, die sich jenseits (oder diesseits) der Autarkie eines bloß unterstellten Ich durch das Zusammenspiel von Erinnerung, Einsicht und Wille erst jeweils bildet. In den »Confessiones« beginnt Augustinus die (den logischen Kern des Gedankens der Trinität betreffende) Analyse der Memoria damit, daß über das vorausgesetzte Ich – die Vorstellung einer psychophysischen Entität, die durch die Akte der Wahrnehmung hindurch tätig und diesen vorgängig sei (»quae diuersa per eos
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ago unus ego animus«) – gerade hinauszugehen ist, soll begriffen werden können, was Erinnern ist: soll begriffen werden, was das Bewußtsein als Gott in sich findet und liebt (vgl. Conf. X,6,9–8,12). Die Identität des Ich ist kein voraussetzbares Subjekt, sondern Resultat jener Geschichte(n), in denen es sich erinnert. Das Bild der göttlichen Trinität in uns hängt nachgerade daran, daß die Identität des Bewußtseins mit dem Willen eines ›unterstellten Subjekts‹ nicht erklärt werden kann. Tauler wird in unübersetzbarer Abbreviatur diesen Gedanken mit der figura etymologica formulieren: »der wille der ist recht das subjectum, der under stant des hindernisses« (vgl. J. Tauler, Predigten, hg. v. F. Vetter, Pr. 64, Dublin/Zürich 1968, S. 348). 122 Hier liegt – wie für die Denkfigur der »docta ignorantia« (vgl. Anm. 84) – der Sache nach eine der Quellen für die »ars coniecturalis« als methodischer Konsequenz des sich in seiner Endlichkeit begreifenden und aus der Perspektive seiner Endlichkeit reflektierenden Bewußtseins, die Nikolaus v. Kues als Erbe ›mittelalterlichen‹ Denkens formuliert hat (vgl. »De coniecturis«). 123 Dies ist eine der ganz wenigen Stellen, an denen in Augustinus Werk das Adjektiv »mystisch« auftaucht. – Wichtiger dürfte freilich die gleichsam en passant gegebene Definition des Begriffs »Person« sein: Diese wird definiert als Verbindung der menschlichen Natur mit derjenigen, die wir als göttliche auf Grund der Spuren in unserem Bewußtsein denken. 124 Deutlich meldet sich hier Augustinus’ Resignation an, der gestellten Aufgabe, das Mythologem der Trinität rational zu rekonstruieren, doch nicht gerecht werden zu können. 125 Noch einmal – und trotz der vielerlei Einschränkungen, Zurücknahmen, Kautelen und der eben angemerkten Resignation – bezeichnet Augustinus den menschlichen Geist als Grund der Urteilskraft: ›Über‹ diesem Grund der Urteilskraft ist ›nur Gott allein‹. 126 Die Übersetzung verdankt sich Ps. 138,6 (Vulg.), auf den sich Augustinus hier bezieht. 127 »Unbillig(keit)« hängt etymologisch mit »Unbildlichkeit« zusammen und geht, gerade auch im ethischen Sinn selbst zu verantwortender Nicht-Ebenbildlichkeit u. a. auf »iniquitas« zurück (vgl. Grimm’sches Wörterbuch, Art. »Unbild, Unbill«, a.a.O., Bd. 24, 390–394). 128 Vgl. die parallelen Schlußformulierungen in den »Confessiones«: »A te petatur, in te quaeratur, ad te pulsetur: sic, sic accipietur, sic inuenietur, sic aperitur.« (Conf. XIII,38,53, a.a.O, 273) 129 Augustinus liest »Ecclessiasticus« nicht nach Vulg. (Sir. 43,29), son-
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dern (insbes. am Schluß) in Anlehnung an die Septuaginta: »σωντéλεια λóγυν Τò πν στιν ατóς.« (Sir. 43,27) 130 Das »tui« ist in den beiden Schlußsatzhälften als Nominativ Plural und als Subjekt aufgefasst (auch wenn es dann im zweiten Satz ohne kongruente Verbform bleibt). 131 »sapere« heißt ursprünglich ›schmecken‹, vgl. Walde-Hofmann, Lat.-Etymol. Wörterbuch, a.a.O., Bd. 2, S. 477. Vgl. z. B. »Confessiones« IV,12,18: ›Weise sein‹ in diesem Sinne heißt, ›Geschmack haben‹. 132 Sie = die Arianer, die glaubten, daß der Sohn dem Vater nicht wesensgleich, sondern allein wesensähnlich sei. 133 Augustinus dekliniert im folgenden an der aristotelisch-porphyrianischen Kategorientafel durch, daß keine der Kategorienarten (Quantität, Qualität, Beziehung, Lage, Haben, Zeit, Ort, Tun, Leiden) durch Negationen geändert wird: ›Vierfüßig oder nicht‹ bejaht oder verneint eine Quantität, ›weiß oder nicht‹ eine Qualität (usw.). 134 In der Enarratio in Ps. 103, s.II, 6 deutet Augustinus diesen Satz zeittheoretisch: Die Antwort auf die Frage – ›Wenn Gott mit Licht bekleidet ist, wessen Kleid ist dann der Abgrund?‹ – lautet, daß der ›Abgrund die ungeheure Menge der Wasser der Sintflut‹ bedeute, die wie ein ›Kleid die Erde umgeben habe‹. Augustinus fährt fort: »Vielleicht hat dieser Psalm die Zeit selbst bezeichnet, wenn es heißt: Der Abgrund ist wie ein Kleid sein Umwurf.« (Vgl. En. in Ps. 103, s.II,6; hg. v. B. Dekkers/J. Fraipont, Turnhout 1956, 1494) Was sich in der Zeit und zeithaft entfaltet, ist die Erscheinungsweise schöpferisch gedachter Ewigkeit (vgl. neben Conf. XI,14,17 ff. z. B. auch De genesi ad litteram V,10/11; zum Ganzen vgl. J. Kreuzer, Pulchritudo. a.a.O., 125 ff.). Gerade hier zeigt sich Relationalität als Bestimmung daseiender Wirklichkeit. 135 Was wird als schöpferische Ursache von allem denken, wird selbst nicht (etwas). Es ist Eriugena, der die aus dem Begriff der Trinität folgenden Konsequenzen gezogen hat, etwa wenn es heißt, daß »Gott über allem zu sein nicht aufhört, weil er in allem wird«: »Et dum in omnibus fit super omnia esse non desinit […].« (Periphyseon III, PL 122, 683 B, hg. v. I.P. Sheldon-Williams, Dublin 1981, S. 172) 136 Zu den »Sabellianern« vgl. Der Kleine Pauly, ND München 1979, Bd. 4, 1481. 137 Bei der Größe Gottes ist die Rede von dem, was über alle Größenschätzung hinaus groß ist, das aber ist das Prinzip der Größenschätzung, das sich selbst der Maßstab ist. Augustinus thematisiert, was Zahl und Maß als Prinzip der Größenschätzung meinen, unter Einbeziehung von Sap. 11,21 in der Enarratio in Ps. 146,11: »Die Zahl selbst,
Anmerkungen des Herausgebers
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wer zählt sie? […] Wird alles, was gezählt wird, durch die Zahl gezählt, […] so kann die Zahl auf keinen Fall selbst gezählt werden. […] Oder wer kann das Maß selbst, und die Zahl selbst, und das Gewicht selbst, worin Gott alles verteilte, zählen oder messen oder erfassen?« (En. in. Ps. 146,11, a.a.O, 2129/30) Nicht komparativ, sondern über alle Vergleichung groß ist das Unendliche. Dieses über alle Vergleichung große Unendliche erfährt unsere Einbildungskraft an dem, was seit Longinus das ›Erhabene‹ heißt. Kant führt in der »Kritik der Urteilskraft« aus, daß wir für das »Erhabene […] keinen ihm angemessenen Maßstab außer ihm, sondern bloß in ihm zu suchen verstatten. Es ist eine Größe, die bloß sich selber gleich ist.« Durch die »Komprehension der Einbildungskraft zur Einheit des Maßes« findet sich das »gegebene Unendliche im menschlichen Gemüt« (vgl. die §§ 26 und 27 in der Kritik der Urteilskraft). »Gemüt« bedeutete nicht zuletzt deshalb bis zu Kants Zeit den dynamischen bzw. relationalen Zusammenhang von Erinnerung, Einsicht und Wille, es transportierte Augustinus’ Erklärung der Trinität als Ineinander von »memoria, intellegentia, voluntas« (vgl. auch Anm. 11, 28). 138 Hier wird – ähnlich wie in »De libero arbitrio« – der Kerngedanke jenes Arguments formuliert, das Anselm v. Canterbury im »Proslogion« vortragen wird und das unter der Bezeichnung ontologischer Gottesbeweis Geschichte gemacht hat. 139 Der Schluß von Buch V kreist um eine Konsequenz, die aus dem relationalen Grundgedanken der Trinität folgt, von der Augustinus aber in »De civitate dei« gesteht, daß diese Konsequenz zu ziehen – daß nämlich aus der Relationalität von creator und creatura die Gleichewigkeit der creatura folge – »über seine Kräfte« gehe (vgl. De civ. dei 12,16). Johannes Scottus Eriugena wird genau diese Konsequenz ziehen: »Gott war also nicht, ehe er alles schuf? – Er war nicht.« (Periphyseon I, PL 122, 517 C, hg. v. I. P. Sheldon-Williams, Dublin 1978, 208) 140 Dies ist eine der Stellen, an denen Augustinus seine Prädestinationslehre in kompromißloser Offenheit und Schärfe vorträgt.